Kunstgeschichte in den besetzten Gebieten 1939–1945 9783412502355, 9783412501686

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Kunstgeschichte in den besetzten Gebieten 1939–1945
 9783412502355, 9783412501686

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Brüche und Kontinuitäten Forschungen zu Kunst und Kunstgeschichte im Nationalsozialismus Band 2

Herausgegeben von Magdalena Bushart und Christian Fuhrmeister

Magdalena Bushart | Agnieszka Ga˛sior | Alena Janatková (Hg.)

Kunstgeschichte in den besetzten Gebieten 1939–1945

2016 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar.

Umschlagabbildungen: Abb. links: Abnahme der Kirchenfenster aus dem Hochchor der Kirche St. Gudula in Brüssel, 17. Januar 1941. Foto: Henry Koehn, Archives Nationales Paris, © Helga Oschatz. Abb. rechts: Das zerstörte, teilweise abgestützte Rathaus in Middelburg im Juni 1940. Collection of the Netherlands Agency for Cultural Heritage at Amersfoort.

© 2016 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Ulrike Weingärtner, Gründau Satz: Punkt für Punkt · Mediendesign, Düsseldorf Druck und Bindung: Finidr, Cesky Tesin Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-412-50168-6

Inhalt

7

Magdalena Bushart, Agnieszka Ga˛sior, Alena Janatková

Einleitung 15

Christian Fuhrmeister

Deutsche Kunstgeschichte, Kulturpolitik und Kulturpropaganda in Italien vor und nach 1943. Eine Problemskizze 27

Almut Goldhahn

Von der Kulturpolitik zur Kulturpropaganda. Das Kunsthistorische Institut in Florenz in den Jahren des Nationalsozialismus 47

Alena Janatková

Museumspolitik im „Protektorat Böhmen und Mähren“. Die Prager Galerie alter Kunst/Nationalgalerie/Landesgalerie

71

Volker Mohn

„Eine Schau vom Erbe der Vergangenheit“. Die Propagandaausstellung „Deutsche Größe“ in Prag (1941) 91

Sabine Arend

„Besondere Aufgaben der Kunstgeschichte im Warthegau“. Tätigkeitsfelder und Handlungsspielräume deutscher Kunsthistoriker im besetzten Polen am Beispiel des Kunstgeschichtlichen Seminars Posen 111

Agnieszka Ga˛ sior

Zwischen Okkupation und Konspiration. Streiflichter auf die Situation von Kunsthistorikern im besetzten Polen (1939–1945) 141

Marieke Kuipers

Art Protection and Architectural Preservation in the Netherlands (1938–1945) 163

Christina Kott

Die Denkmalpflege im belgischen Wiederaufbaukommissariat unter deutscher Besatzung (1940–1944)

Inhalt I 5

185

Magdalena Bushart

Dienstreisen in Zeiten des Krieges. Wilhelm Pinder als Kulturbotschafter des Deutschen Reiches 211

Juliane Marquard-Twarowski

Ex Libris Dr. Dagobert Frey. Beobachtungen zur „kunstgeschichtlichen Ostforschung“ .

.

239 Giedre Jankevicˇ iu¯ te Lithuanian Art History under Nazi Occupation. Mikalojus Vorobjovas (1903–1954) and his Views on the Vilnius Baroque School 255

Jens Hoppe

Dr. Karl Heinz Esser. Selbstverständnis und Tätigkeit eines beim Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg tätigen Kunsthistorikers im besetzten Baltikum 275

Robert Born

Zwischen Siebenbürgen und Norwegen. Die Forschungen von Hermann Phleps zur Holzarchitektur und deren politische Instrumentalisierung im Nationalsozialismus 309

Inga Lena Ångström Grandien

“The Art History of Sweden” (1944–1946). Andreas Lindblom’s Private War 319

Abbildungsnachweis

321 Personenregister

6 I Inhalt

Magdalena Bushart, Agnieszka Ga˛ sior, Alena Janatková

Einleitung Im Jahre 1946 beschrieb Karl Maria Swoboda, zwischen 1934 und 1945 Ordinarius für Kunstgeschichte an der Deutschen Universität in Prag, wie er während der deutschen Besatzungszeit gegen alle politischen Widerstände die Erforschung und Bewahrung der mährischen und böhmischen Kunst vorangetrieben habe: „Einen ziemlich schweren Stand hatte ich in der Naziherrschaft. [...] Doch war ich als einziger deutscher Fachmann im Lande [...] nicht gut entbehrlich. Darauf baute ich meine Position weiter auf. Ich verhinderte in meinem Wirkungsbereich nach Tunlichkeit nazistische Übergriffe. Es wurden bis auf einige historische Waffen keine dem Staat gehörigen Kunstwerke aus dem Lande verschleppt. Ich konnte ausserdem einen grossen Teil der museal und auch allgemein für die Kultur der Länder Böhmen und Mähren wertvollen Kunstwerke, die enteigneten Juden und Tschechen weggenommen wurden, in Museen und separaten Lagern auffangen. Die zugehörigen Inventare und Protokolle habe ich vor der Vernichtung bewahrt und nach der Revolution dem zuständigen Ministerium in Prag übergeben. Ganz neu habe ich die ‚Graphische Sammlung‘ gegründet und aus den verschiedenartigen Beständen des Landes Böhmen aufgebaut.“1

Swobodas Rechenschaftsbericht entspricht in vielerlei Hinsicht den historischen Tatsachen. Der Kunsthistoriker hatte tatsächlich den Abtransport von Kunstwerken ins „Altreich“ verhindert und die Prager Museen neu strukturiert. Allerdings war das, was er rückblickend als Beharren auf spezifische, fachliche Kompetenzen und damit als Akt des Widerstands beschrieb, Teil einer äußerst erfolgreichen wissenschaftspolitischen Strategie, mit der er an die Spitze der im Reichsprotektorat tätigen Kunsthistoriker gelangt war. Schon vor 1938 hatte sich der Deutsch-Prager als Vertreter einer „kunstgeschichtlichen Landesforschung“2 nach dem Muster der deutschen „Kulturbodenforschung“ profiliert. Seine Untersuchungen zum „Sudeten- und Karpathenraum“ dienten nach der Zerschlagung der Tschechoslowakei der kulturellen Legitimation der Annexion und Besatzung; sie wurden nun von der Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften und Künste gefördert.3 Zugleich übertrug man Swoboda neben seiner Professur eine ganze Reihe von zusätzlichen Ämtern, die ihm eine bemerkenswerte Machtfülle bescherten: Die Ausgrabungen und ­Restaurierungsarbeiten auf der Prager Burg fielen ebenso in seine Zuständigkeit wie das Kuratorium des Dombauvereins oder die Verwaltung des „reichseigenen Kunstgutes“ in den Prager Museen. Dabei sollten die Kunstverwaltung und die Neugestaltung der Samm-

Einleitung I 7

lungen in erster Linie den Einfluss und Bestand deutschen Kulturgutes in Böhmen und Mähren im Sinne einer „deutschen Sonderlandschaft“4 demonstrieren. Mit seinem Versuch, die politische Dimension seiner Tätigkeit im Reichsprotektorat zu marginalisieren, stand Swoboda nicht allein. Kaum ein Kunsthistoriker, der im Vorfeld und während des Zweiten Weltkrieges unter den Bedingungen der deutschen Besatzung tätig war, hat sein eigenes Handeln in der Nachkriegszeit kritisch reflektiert. Dabei hatten die deutschen Fachvertreter auf die eine oder andere Weise von den Kriegsereignissen profitiert: als Professoren an den „Reichsuniversitäten“, die von Deutschland während des Krieges in Prag, Straßburg und Posen als Werbe- und „Germanisierungsmaßnahme“ neu gegründet bzw. im Sinne der Besatzungsmacht neu strukturiert worden waren, als Mitarbeiter des „Kunstschutzes“, der sich der Bewahrung nicht beweglichen Kunstgutes vor Kriegsschäden verschrieben hatte und Deutschland als Kulturnation ausweisen sollte, oder als Teilnehmer an den großen Fotokampagnen, die während des Krieges im Auftrag des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung im besetzten Frankreich, später auch im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren sowie im Baltikum durchgeführt und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert wurden. In enger Abstimmung mit den Kollegen im Deutschen Reich stellten die Kunsthistoriker ihre Fachkompetenz in den Dienst der nationalsozialistischen Expansionspolitik, ­indem sie die internationale Perspektive, die das Fach eigentlich auszeichnet, durch eine nationale ersetzten, die sich propagandistisch für die deutschen Interessen verwerten ließ. Dabei orientierten sie sich interdisziplinär, um im Zusammenschluss mit anderen geisteswissenschaftlichen Disziplinen als „dritte Front“ – neben der militärischen und der industriell-ökonomischen – in einem „geistigen Feldzug“ gegen Frankreich, Großbritannien, die USA oder gegen den Feind im Osten zu ziehen. Das gleiche Spezialistentum, das sie vor 1945 einsetzten, um ihre Anpassung an das nationalsozialistische Regime im beruflichen Alltag zu legitimieren, diente ihnen nach 1945 als Argument der Entlastung. Man habe sich, so die immer wiederkehrende Erklärung, stets nur für die Kunst eingesetzt; das Fach insgesamt sei, da überzeitlich definiert, politisch kaum korrumpierbar. Zugeständnisse an das politische System seien auf äußeren Druck geschehen und dem allzu menschlichen Bedürfnis nach Überleben zuzuschreiben. Komplexer stellt sich das Bild auf Seiten der besetzen Länder dar, zumal die deutschen Besatzer hier unterschiedliche Interessen verfolgten: Während sie in „Rest“-Polen und in der Sowjetunion im Zuge ihrer Vertreibungs- und Vernichtungsstrategie eine Politik der Dekulturation betrieben, versuchten sie in den übrigen Gebieten, die Bevölkerung gerade durch eine Intensivierung des kulturellen und wissenschaftlichen Engagements für Deutschland einzunehmen. Die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen führten zu unterschiedlichen Formen der Auseinandersetzung mit der Besatzungsmacht. Es war die deutsche Außenpolitik im Reichsprotektorat, die Karl Maria Swoboda den oben beschriebenen Karrieresprung ermöglichte. Für Swobodas polnische Professorenkollegen hingegen war diese Form der Anpassung von vornherein ausgeschlossen. Sie wurden aus ihren offizi-

8 I Magdalena Bushart, Agnieska Ga˛sior, Alena Janatková

ellen Ämtern entlassen und auf untergeordnete Posten abgeschoben, mussten ihre Lehrtätigkeit an geheime Universitäten verlagern oder sich – freiwillig oder unter Druck – ganz aus dem Berufsleben zurückziehen.5 Abhängig von den jeweiligen militärischen und politischen Rahmenbedingungen tut sich in den besetzten Gebieten die ganze Bandbreite ­zwischen Kollaboration und Verweigerung auf. Allerdings scheint es, als habe sich die Mehrzahl der Wissenschaftler auf eine mehr oder weniger enge Kooperation mit den deutschen Dienstvorgesetzten und kollaborierenden Kollegen eingelassen, zumal man sich oft genug aus Vorkriegsjahren kannte und, gerade im Bereich des Kunstschutzes, durchaus ähnliche Interessen verfolgte.6 So erstaunt es wenig, dass nach Kriegsende das Verhalten der Fachvertreter auch hier in der Regel keiner kritischen Revision unterzogen wurde. Swobodas tschechische Kollegen beispielsweise, durchwegs alte Gefährten aus der Wiener Studienzeit, bescheinigten dem Prager Ordinarius 1945 „unbescholtenes Verhalten“7 in den Jahren des Reichsprotektorats. Diese „Unbescholtenheit“ schloss das eigene Handeln mit ein: Wer wie der Direktor der Prager Galerie alter Kunst, Josef Cibulka, in seinem Amt geblieben war, hatte sich – freiwillig oder nicht – mit den neuen Machtverhältnissen arrangiert.8 Das Bild von der ganz auf den Gegenstand fokussierten, politikfernen Disziplin, das auf beiden Seiten die Selbstwahrnehmung lange dominiert hat, ist für die Kunstgeschichte im nationalsozialistischen Deutschland längst revidiert; mittlerweile lassen eine ganze Reihe institutionsgeschichtlicher, biographischer und methodenkritischer Untersuchungen die problematische Vergangenheit des Faches und seiner Protagonisten erahnen.9 Auch für die Zeit während des Krieges sind in den letzten 20 Jahren wichtige Vorarbeiten geleistet worden. Der „Aktion Ritterbusch“ ist eine (erstmals 1998 erschienene und seither mehrfach überarbeitete) Monographie von Frank-Rutger Hausmann gewidmet;10 den Anteil der Kunstgeschichte an dieser Aktion hat Hans Aurenhammer dokumentiert.11 Für den Bereich der Auslandsinstitute und der drei „Reichsuniversitäten“ sind vor allem Sabine ­Arends vergleichende Studie zur Kunstgeschichte an den Universitäten Breslau und Posen und Nicola Hilles Untersuchung zur Kunstgeschichte an der „Reichsuniversität Straßburg“ und ihrem Rektor Hubert Schrade hervorzuheben.12 Ebenfalls bearbeitet (wenn auch keineswegs erschöpfend) sind die vom Bonner Kunsthistorischen Institut und seinem Ordinarius Alfred Stange betriebene Gründung der „Kunsthistorischen Forschungsstätte in Paris“13 und die Fotokampagnen des Kunsthistorischen Instituts in Marburg14. Der ­Geschichte der Kampagne zur Dokumentation künstlerisch wertvoller Decken- und Wandmalereien, die das Reichministeriums für Volksaufklärung und Propaganda zwischen 1943 und 1945, nachdem Deutschland selbst zum Kriegsschauplatz geworden war, ­betrieb, geht der Band „Führerauftrag Monumentalmalerei“ nach; die Bilder sind online verfügbar.15 Und schließlich hat die von Christian Fuhrmeister und anderen herausgegebene Publikation zum Kunstschutz in Italien ein Thema aufgegriffen, das die ambivalente Rolle der deutschen Kunstgeschichte bei den Schutzmaßnahmen für das nicht bewegliche Kunstgut in Zeiten des Krieges beleuchtet.16

Einleitung I 9

An diese Forschungen möchte der vorliegende Band anschließen, dabei jedoch die Perspektive erweitern: Gefragt wird nicht nur nach den Handlungen und Diskursen der Vertreter der Besatzungsmacht, sondern auch nach der Situation in den betroffenen Ländern. Hier sahen sich die Fachvertreter mit reichsdeutschen Kollegen konfrontiert, die den Krieg als Möglichkeit begriffen, ihre eigenen Forschungsperspektiven und -interessen durchzusetzen. Der Verdrängungsdruck führte zu Konflikten  – persönlichen Konkurrenzen, fachinternen Kontroversen, kulturpolitischen Machtkämpfen  –, deren Folgen von der Marginalisierung „unbequemer“ (im Sinne der deutschen Besatzer) Positionen bis hin zur offenen Repression reichten. Doch nicht alle Diskurse der Zwischenkriegszeit wurden mit der Besetzung unterbrochen; gerade im Bereich regionalgeschichtlicher Studien konnten sie, wie das Beispiel Swobodas zeigt, neu ausgerichtet und unter veränderten Vorzeichen fortgeführt werden. Damit boten sich in einigen Ländern auch Möglichkeiten der Kollaboration mit deutschen Stellen und der Profilierung in gemeinsamen Projekten. In den Beiträgen geht es um diese Prozesse der Umstrukturierung, Neuorientierung, Anpassung oder Auflösung, um die gesetzlichen Vorgaben, personellen Veränderungen und natürlich auch um die Protagonisten und ihre Handlungsmuster. In der Fokussierung auf den ­Forschungs-, Museums- und Denkmalpflege„alltag“ – soweit es einen solchen unter den Bedingungen von Krieg und Besatzung überhaupt geben konnte – liegt auch der Grund, warum der Bereich des organisierten Kunstraubs, dem mittlerweile über die Grenzen unseres Faches hinaus breite Aufmerksamkeit zuteil wird, hier nur am Rande thematisiert wird: Es geht uns um das Beharren auf professioneller Normalität angesichts der Monstrosität des Krieges und zugleich um die sukzessive Umwandlung und Umwertung akade­ mischer Diskurse, die sich auch weiterhin über die Tradition des Spezialistentums definierten, nun allerdings Annexionen, Eroberungen und den Abtransport von Kunstgütern ins „Altreich“ wissenschaftlich legitimierten. Die Konfrontation zwischen Besatzern und Besetzten und ihre Folgen in den kunsthistorischen Praxisfeldern Lehre, Museen, Denkmalpflege und Publizistik wird dabei aus einer transnationalen Perspektive betrachtet, die sich auf die besetzten Gebiete im Osten (mit Beispielen für Polen, das Baltikum und die Tschechoslowakei) und im Westen (die Niederlande und Belgien) ebenso richtet wie auf das zunächst verbündete, dann besetzte Italien sowie das neutrale, aber militärisch bedrängte Schweden. Der vorliegende Band basiert auf einer Tagung, die 2012 in Kooperation zwischen dem Fachgebiet Kunstgeschichte am Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik der TU Berlin und dem Geisteswissenschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig für das Projekt „Post-Panslavismus: Slavizität, Slavische Idee und Antislavismus im 20. und 21. Jahrhundert“ an der TU Berlin stattgefunden hat. Nicht alle relevanten Themen können abgedeckt werden – so kommt weder die Lage an Museen und Universitäten in den heutigen Benelux-Staaten zu Wort noch die Situation in Dänemark, um nur zwei Desiderate zu nennen. Dennoch hoffen wir, dass der Band einen Anstoß für weitere dialogisch-vergleichende Studien geben möge.

10 I Magdalena Bushart, Agnieska Ga˛sior, Alena Janatková

Anmerkungen 1 2 3

4 5 6

7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

K. M. Swoboda: Curriculum. ÖstA/AdR, Personalakte, fol. 218, zit. nach CANZ 2001, 186 f. Ebd., zit. nach CANZ 2001, 181. Swoboda war im Auftrag der Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften und Künste in Prag Herausgeber der „Beiträge zur Geschichte der Kunst im Sudeten- und Karpathenraum“, von denen in den Jahren 1939–1943 insgesamt sieben Bände erschienen. JANATKOVÁ 2012, 433–437. Zu Swobodas Beteiligung am „Vorbereitenden Ausschuss der Kunstgeschichtlichen Arbeitsgemeinschaft des Kriegseinsatzes“, der von Wilhelm Pinder und Richard Sedlmaier geleitet wurde, vgl. AURENHAMMER 2003, 169 f. SWOBODA 1938, Vorwort. Vgl. dazu den Beitrag von Agnieszka Gąsior in diesem Band. Die damals berufstätigen Kunsthistoriker ziehen als Exponenten des Faches auch heute das Interesse auf sich, während ihre in den Kriegsjahren – aus welchen Gründen auch immer – wenig „sichtbaren“ Kollegen archivalisch nur schwer zu fassen sind und daher weiterhin meist unbeachtet bleiben. CANZ 2001, 187. Siehe den Beitrag von Alena Janatková in diesem Band. Vgl. hier insbesondere die Beiträge in HELD/PAPENBROCK 2003; DOLL/FUHRMEISTER/ SPRENGER 2005 und HEFTRIG/PETERS/SCHELLEWALD 2008. HAUSMANN 2007. AURENHAMMER 2003. AREND 2010. – HILLE 2005; vgl. ferner zu den italienischen Auslandsinstituten: HUBERT 1997; THOENES 2007; CARAFFA/GOLDHAHN 2012; EBERT-SCHIFFERER 2013. DOLL 2002; DOLL 2005; HILLE 2008. TRALLES 2005. FUHRMEISTER u. a. 2006; http://www.zi.fotothek.org/ (27.11.2015). FUHRMEISTER u. a. 2012; Christian Fuhrmeisters Monographie zum gleichen Thema ist derzeit im Druck FUHRMEISTER 2016.

Literatur AREND, Sabine: Studien zur deutschen kunsthistorischen „Ostforschung“ im Nationalsozialismus –

die Kunsthistorischen Institute an den (Reichs-)Universitäten Breslau und Posen und ihre Protagonisten im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik, Diss. Humboldt-Universität Berlin 2010; http://edoc.hu-berlin.de/dissertationen/arend-sabine-2009-07-15/PDF/arend.pdf (31.8.2015). AURENHAMMER, Hans H.: Hans Seldmayr und die Kunstgeschichte an der Universität Wien 1938– 1945. In: HELD/PAPENBROCK 2003, 161–194. CANZ, Sigrid: Karl Maria Swoboda (1889–1977) Kunsthistoriker. Wissenschaftler zwischen Wien und Prag. In: GLETTLER/MIŠKOVÁ 2001, 175–195. CARAFFA, Costanza/GOLDHAHN, Almut: Zwischen Kunstschutz und Kulturpropaganda. Ludwig Heinrich Heydenreich und das Kunsthistorische Institut in Florenz 1943–1945. In: FUHRMEISTER/GRIEBEL/KLINGEN/PETERS 2012, 93–110.

Einleitung I 11

EBERT-SCHIFFERER, Sybille: 100 Jahre Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstge-

schichte. Bd. 1: Die Geschichte des Instituts 1913–2013. München 2013. DOLL, Nikola: Die „Rhineland-Gang“. Ein Netzwerk kunsthistorischer Forschung im Kontext des Kunst- und Kulturgutraubes in Westeuropa. In: HÄDER 2002, 53–78. DOLL, Nikola/FUHRMEISTER, Christian/SPRENGER, Michael H. (Hgg.): Kunstgeschichte im Nationalsozialismus: Beiträge zur Geschichte einer Wissenschaft zwischen 1930 und 1950. Weimar 2005. DOLL, Nikola: „[...] das beste Kunsthistorische Institut Grossdeutschlands.“ Das Kunsthistorische ­Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn im Nationalsozialismus. In: DOLL/ FUHRMEISTER/SPRENGER 2005, 49–60. FUHRMEISTER, Christian: Die Abteilung „Kunstschutz“ in Italien. Kunstgeschichte, Politik und ­Propaganda 1936–1963. Köln/Weimar/Wien 2016 (im Druck; Brüche und Kontinuitäten: ­Forschungen zu Kunst und Kunstgeschichte im Nationalsozialismus 1). FUHRMEISTER, Christian u. a. (Hgg.): „Führerauftrag Monumentalmalerei“. Eine Fotokampagne 1943–1945. Köln/Weimar/Wien 2006 (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München 18). FUHRMEISTER, Christian u. a. (Hgg.): Kunsthistoriker im Krieg. Deutscher Militärischer Kunstschutz in Italien 1943–1945. Köln/Weimar/Wien 2012. GLETTLER, Monika/MIŠKOVÁ, Alena (Hgg.): Prager Professoren 1938–1948. Zwischen Wissenschaft und Politik. Essen 2001 (Veröffentlichungen zur Kultur im östlichen Europa 17). HÄDER, Ulf (Hg.): Museen im Zwielicht. Ankaufspolitik 1933–1945. Kolloquium vom 11. und 12. Dezember 2001 in Köln. Magdeburg 2002 (Veröffentlichung der Koordinierungsstelle für ­Kulturgutverluste 2). HAUSMANN, Frank-Rutger: „Deutsche Geisteswissenschaft“ im Zweiten Weltkrieg. Die „Aktion Ritterbusch“. Heidelberg 32007 (11998; Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte 12). HEFTRIG, Ruth/PETERS, Olaf/SCHELLEWALD, Barbara (Hgg.): Kunstgeschichte im „Dritten Reich“. Theorien, Methoden, Praktiken. Berlin 2008 (Schriften zur modernen Kunsthistoriographie 1). HELD, Jutta: Kunstgeschichte im „Dritten Reich“. Wilhelm Pinder und Hans Jantzen an der Münchner Universität. In: HELD/PAPENBROCK 2003, 32–40. HELD, Jutta/PAPENBROCK, Martin (Hgg.): Schwerpunkt: Kunstgeschichte an den Universitäten im Nationalsozialismus. Göttingen 2003 (Kunst und Politik 5). HILLE, Nikola: Beiträge zur Geschichte einer Wissenschaft zwischen 1930 und 1950. Begleitband zur Wanderausstellung „Kunstgeschichte im Nationalsozialismus“, Bonn, Kunsthistorisches Institut, 16. März–29. April 2005; München, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, 11. Mai–15. Juni 2005; Tübingen, Schloss Hohentübingen, 22. Juni–30. Juli 2005. Weimar 2005. HILLE, Nikola: „Deutsche Kunstgeschichte“ an einer „deutschen Universität“. Die Reichsuniversität Straßburg als nationalsozialistische Frontuniversität und Hubert Schrades dortiger Karriereweg. In: HEFTRIG/PETERS/SCHELLEWALD 2008, 87–102. HRUZA, Karel (Hg.): Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900–1945. Bd. 2. Wien/ Köln/Weimar 2012. HUBERT, Hans W.: Das Kunsthistorische Institut in Florenz von der Gründung bis zum hundertjährigen Jubiläum (1987–1997). Florenz 1997. JANATKOVÁ, Alena: Karl Maria Swoboda (1889–1977). In: HRUZA 2012, 411–450.

12 I Magdalena Bushart, Agnieska Ga˛sior, Alena Janatková

MATHEUS, Michael (Hg.): Deutsche Forschungs- und Kulturinstitute in Rom in der Nachkriegszeit.

Tübingen 2007 (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 112). SWOBODA, Karl Maria: Zum deutschen Anteil an der Kunst der Sudetenländer. Brünn u. a. 1938

(Beiträge zur Geschichte der Kunst im Sudeten- und Karpathenraum 1). THOENES, Christoph: Metamorphosen der Bibliotheca Hertziana in den 1940er und 1950er Jahren.

In: MATHEUS 2007, 211–234. TRALLES, Judith: Die Fotokampagnen des Preußischen Forschungsinstituts für Kunstgeschichte Mar-

burg während des Zweiten Weltkriegs. In: DOLL/FUHRMEISTER/SPRENGER 2005, 263–282; http://www.zi.fotothek.org/ (31.8.2015).

Einleitung I 13

Christian Fuhrmeister

Deutsche Kunstgeschichte, Kulturpolitik und Kulturpropaganda in Italien vor und nach 1943 Eine Problemskizze Muss die Geschichte der Kunstgeschichte in den besetzten Ländern Europas anders ­geschrieben werden als die Geschichte der Kunstgeschichte im „Altreich“? Und wenn ja, inwiefern? Mit welchen wissenschaftlichen Konzepten nähern wir uns so unterschiedlichen – ebenso konkreten wie alltagspraktischen – Phänomenen wie etwa Ausstellungen des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg1 oder des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda in den besetzten Gebieten? Wie bewerten wir Lehrstuhlbesetzungen und Forschungsstrategien in den „Grenzlanduniversitäten“ und Reichsuniversitäten wie etwa Breslau, Königsberg, Graz, Innsbruck, Posen, Prag und Straßburg? In welcher Beziehung steht das akademische Fach zu Kunstschutz und Kunstraub, zu Sammlungspolitik und Kulturpropaganda? Wie erfassen wir die Dimensionen und interdependenten Beziehungen von Fachwissenschaft und zeitgeschichtlichem Kontext? Sind die tradierten Modelle von Export, kultureller Hegemonie, Transferprozessen und Netzwerken ausreichend, oder müssen bilaterale Abstimmungen, Kooperation und Kollaboration, Seilschaften, Transformationen und Amalgamieren stärker als bisher berücksichtigt werden? Anhand meines Fallbeispiels  – Kunstgeschichte, Kunstschutz (als kunsthistorisches Praxisfeld) und Kulturpropaganda in Italien – können nicht alle diese Fragen erörtert werden, aber dennoch bilden sie die Ausgangsbasis. Dieser Fragenhorizont ist schon deshalb nötig, weil die traditionelle Fachgeschichtsschreibung oftmals in zu engen Grenzen operiert.2 Grundsätzlich scheint mir, dass wir bei der Bearbeitung der Kunstgeschichte in den besetzten Ländern Europas nicht anders als multiperspektivisch vorgehen können. Es ist also mindestens nach dem Verhältnis zu fragen, in dem die Geschichte der deutschen Kunstgeschichte zu Faktoren steht wie: der Wissenschaftsgeschichte (allgemein und generell), der Exil- und Emigrationsgeschichte, der Besatzungs-, Kriegs-, Militär- und Zeit­ geschichte, zu den nationalen Geschichten der Kunstgeschichte in diesen Ländern, den jeweiligen nationalen kunsthistorischen Arbeitspraxen in Museen und Galerien, Behörden

Deutsche Kunstgeschichte, Kulturpolitik und Kulturpropaganda in Italien I 15

und Ministerien, Hochschulen und Institutionen der Denkmalpflege, in Verlagen und im Kunsthandel, zur Institutions- und Organisationsgeschichte der einschlägigen Institutionen, Organisationen, Gruppierungen, Netzwerke, Initiativen und Allianzen (wie Deutsche Wissenschaftliche Institute, Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften, Kunstschutz des Oberkommandos des Heeres, Sonderauftrag Linz, ERR, Sonderkommando Künsberg etc.)3, zur Propagandaforschung, zu Studien über auswärtige Kulturarbeit und -politik, zur Diplomatiegeschichte und Geschichte internationaler Beziehungen und zu biographischen Forschungen über einzelne Akteure oder Protagonisten. Zwar können wir zahlreiche Verbindungen, Parallelen und Überlappungen zwischen der Kunstgeschichte im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten feststellen. Vergegenwärtigt man sich jedoch Bedingungsgefüge und Alltagspraxis kunsthistorischer Arbeit in den besetzten Gebieten, wird man unweigerlich zu dem Schluss kommen müssen, dass wir hier einer wesentlich größeren historiographischen Herausforderung gegenüberstehen. Die herkömmliche, in der Regel auf Publikationen, Institutionen oder individuelle Biographien bezogene Fachgeschichtsschreibung kann nicht einfach übertragen und fortgeschrieben werden; vielmehr müssen bei der Erforschung der Kunstgeschichte in den besetzten Gebieten in wesentlich stärkerem Maße externe Faktoren und Interdependenzen berücksichtigt werden, und muss die Öffnungsbewegung der Fachgeschichtsschreibung, wie sich etwa im Vergleich von Heinrich Dillys Binnenperspektive in „Altmeister Moderner Kunstgeschichte“ (11990, 2 1999) mit dem Ausstellungsbegleitband „Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte einer Wissenschaft zwischen 1930 und 1950“ (2005) manifestiert, der die Schnittstellen von Fach- und Zeitgeschichte viel stärker akzentuierte, fortgesetzt werden.4 Denn trotz der rigiden, oft genug rücksichtslosen oder herablassenden Besatzungsherrschaft prägten in den besetzten Gebieten weitere, im Reich nicht vorhandene Faktoren die kunsthistorische Praxis, gab es dort zusätzliche – verwaltungstechnische, militärische, (geo)strategische, wirtschaftliche, finanzadministrative, (kultur)politische etc. – Rahmenbedingungen. Zugespitzt ließe sich sagen: Der Kontext war dort schlicht reichhaltiger, die Notwendigkeit für landesspezifische Adaptionen und gegebenenfalls bilaterale Aushandlungen war dort ebenso größer wie die Entwicklungsdynamik ab 1939. Noch stärker überspitzend ließe sich die These vertreten, dass die Bearbeitung der Kunstgeschichte in den besetzten Gebieten im Kern ,doppelte Arbeit‘ macht, weil das Agieren deutscher KunsthistorikerInnen nicht monokausal und als Export gewohnten oder tradierten Handelns in eine fremde Umgebung beschrieben werden kann. Vielmehr gilt es, die vielfältigen Rückkoppelungen von Vorgaben und Anpassungsdruck prinzipiell bilateral zu denken. Nur so können Transferprozesse und Resonanzen – und ihre Veränderungen im Laufe der Besatzungsherrschaft – in den Blick kommen: Aktion, Reaktion, Gegenaktion, Überformung, Umkehrung, Radikalisierung. Dabei haben wir es mit einer hochgradig disparaten Situation zu tun, die mal auf Ausnutzung vorhandener kunsthistorischer Arbeitsstrukturen, mal auf Entkulturalisation und Entmündigung abzielte, mal die Zusammenarbeit unter deutscher Führung ins Zentrum stellte. Entscheidend waren dabei nicht

16 I Christian Fuhrmeister

zuletzt übergeordnete Gesichtspunkte kultureller Hegemonie sowie der Umstand, ob eine Militärverwaltung (wie in Frankreich, Belgien oder Italien) oder eine Zivilverwaltung von deutscher Seite installiert wurde. Bestimmte Zuspitzungen und Radikalisierungstendenzen treten jedenfalls vor allem früher oder sogar nur in den besetzten Gebieten auf. So agierte auch die einzelfallbezogene, zielgruppenorientierte Kulturpropaganda – des Auswärtigen Amtes, der Wehrmacht, des Propagandaministeriums etc., die durchaus um Deutungshoheit miteinander konkurrierten – in den Niederlanden anders als in Polen, in Norwegen anders als in der Ukraine. Dies wiederum hatte unmittelbare Rückwirkungen auf die kuratorische Arbeit, auf denkmalpflegerische Maßnahmen, auf das kulturgeschichtliche und kunsthistorische Vortragsund Publikationswesen. Die Praxisfelder des akademischen Faches Kunstgeschichte im Zweiten Weltkrieg können also nur jeweilig, innerhalb der gegebenen Rahmenbedingungen vor Ort, untersucht und analysiert werden, und dies erfordert einen größeren Aufwand als die Auseinandersetzung mit der – trotz markanter regionaler Unterschiede – eher homogenen Situation im Reich. Eine Herausforderung zukünftiger Forschung besteht folglich auch darin, die strukturellen Gemeinsamkeiten dieser so unterschiedlichen Ausprägungen und Manifestationen herauszuarbeiten und zu analysieren.

Das Fallbeispiel Italien 5 Kunstgeschichte, Kulturpolitik und Kulturpropaganda waren bereits vor dem Zweiten Weltkrieg eng aufeinander bezogen, nicht nur in Italien. In der auswärtigen Kulturpolitik spielt Wissenschaft traditionell eine große Rolle – davon zeugt nicht zuletzt die ausgesprochen reichhaltige Dokumentation der intensiven Bemühungen der deutschen Botschaften, Gesandtschaften und Konsulate im Ausland und des Auswärtigen Amtes in Berlin, wie sie im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes überliefert ist.6 Die Berücksichtigung dieser Wechselwirkung von Kulturpolitik und fachwissenschaftlicher Entwicklung erscheint schon deshalb wichtig, weil die Initiativen der deutschen Kunstgeschichte und die Aktivitäten deutscher Kunsthistoriker im Ausland – sei diese Arbeit institutionell verankert oder nicht – immer in einem größeren kulturpolitischen Kontext stehen, vor und nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“, vor und nach dem bilateralen Abkommen von Oktober 1936 („Achse Berlin-Rom“), vor und nach dem deutsch-italienischen Kulturabkommen vom 23. November 1938,7 vor und nach der italienischen Kriegserklärung an Großbritannien und Frankreich am 10. Juni 1940, vor und nach der gemeinsamen Kriegserklärung Deutschlands und Italiens an die Vereinigten Staaten am 11. Dezember 1941, vor und nach der Landung der Alliierten in Sizilien im Juli 1943. Andrea Hoffend hat die außerordentlich große Spannweite der bilateralen Kulturprojekte und die starke Intensivierung der deutsch-italienischen Austauschprozesse nach 1938 detailliert beschrieben und analysiert, von der Gründung der Deutsch-Italienischen Gesell-

Deutsche Kunstgeschichte, Kulturpolitik und Kulturpropaganda in Italien I 17

schaft mit Hugo Bruckmann (1863–1941) als Präsidenten der Münchner Zweigstelle und dem notorischen Nationalsozialisten Adolf Dresler (1898–1971) als Vizepräsidenten und Redakteur des Mitteilungsblatts der Deutsch-Italienischen Gesellschaft8 über die Associazione Italo-Germanica di Cultura bis zur geplanten Zusammenarbeit im Bereich der Bildenden Kunst9, dem Premio Cremona und der Städtepartnerschaft Hannover-Cremona, Zeitschriften, Editionsprojekten und Wanderausstellungen oder dem Austausch zwischen Vereinigungen von Amateurfotografen etc. In diesem Zusammenhang kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass gerade im Bereich der Außenpolitik auch die Grenzen zwischen Kultur- und Wissenschaftspolitik oftmals fließend sind, wie an den Förder-, Kontroll- und Steuerungsmaßnahmen des Auswärtigen Amtes – teils vermittelt durch die Botschaft in Rom und die Konsulate – deutlich wird. Es würde zu weit führen, hier genauer beispielsweise auf das Vortragswesen im Kaiser-Wilhelm-Institut für Kunstwissenschaft in Rom (vormals Bibliotheca Hertziana) einzugehen oder auf das Paradebeispiel für eine genuin kulturpolitische und kulturpropagandistische Institutionalisierungstendenz, nämlich die Gründung einer Kulturwissenschaftlichen Abteilung der Bibliotheca Hertziana im Oktober 1933 durch den Kunsthistoriker und Blutordensträger Werner Hoppenstedt (1883– 1971).10 Auch auf die sowohl in Florenz am Kunsthistorischen Institut wie in Rom schon 1934 vollzogene Um- bzw. Neuorientierung von reiner Italienforschung zum „Zentralproblem [...], nämlich [...] die durch fast alle Jahrhunderte gehenden mannigfachen Wechselbeziehungen zwischen der Deutschen und Italienischen Kunst“11 kann hier nicht weiter eingegangen werden. Festzuhalten bleibt, dass lange vor dem Krieg eine intensive kulturpolitische Durchdringung kunstgeschichtlicher Arbeit in Italien zu konstatieren ist. Dies geht beispielsweise aus einer Denkschrift vom 11. Juni 1934 hervor, in der die Ausrichtung von Hoppenstedts Abteilung mit dem Hinweis verbunden wird: „In dieser Form wäre Italienern hier erstmals Gelegenheit geboten, sich an einer deutschen wissenschaftlichen Stelle in Italien über deutsche Kultur, deutschen Geist und damit auch deutschen Zukunftswillen eingehend zu informieren. Es wäre zu hoffen, dass damit eine Stelle in Rom geschaffen wäre, die, ohne das Wort ,Propaganda‘ über ihre Pforten geschrieben zu haben, doch für die deutsche Sache und auch die deutsche Politik in bedeutsamer und entscheidender Weise werben könnte.“12 Die Grenzen von Kulturpolitik zu Propaganda sind fließend; zu bedenken ist, dass selbst dann, wenn ein Vorhaben genuinen Propagandaabsichten entsprach, die kunsthistorische Arbeit dennoch die maximale Differenz zu politischen Parolen betonen musste, um ihre wissenschaftliche Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren.13 Der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung präzisierte seinen Runderlass vom 10. Oktober 1939 im Sommer 1940 dahingehend, dass jede Aktivität vermieden werden sollte, „die im Ausland als auffällig empfunden, als bestellte politische Arbeit gedeutet und damit mehr schädlich als nützlich wirken würde“. Selbstverständlich sei hingegen, dass die „wissenschaftlichen und künstlerischen Institute im Ausland [...] sich ohne weiteres ihrer Pflicht zu stärkstem kulturpolitischem Einsatz während des Krieges

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bewusst sind“.14 Dass diese Pflicht auch für den militärischen Kunstschutz selbst galt, räumte deren Leiter (bis Juni 1942) Franz Graf Wolff Metternich in seinem Abschlussbericht vom März 1945 unumwunden ein: „Es war eine dringende propagandistische Notwendigkeit, durch die Tat zu beweisen, dass das deutsche Reich nicht gegen Kultur und Kunst Krieg führte, sondern gewillt war, in den besetzten Ländern die Dokumente der Kultur in vorbildlicher Weise zu schützen und das Kulturleben nicht zu behindern, es sogar in den Grenzen des Möglichen und der Kriegsnotwendigkeiten zu fördern. Damit gewann der militärische Kunstschutz eine nicht zu unterschätzende politische Bedeutung.“15 Die Ausgangssituation in Rom war dabei eine andere als in Florenz, wo das Institut von einem Verein getragen wurde, der staatliche Zuschüsse erhielt: Die Einflussnahme der nationalsozialistischen Kultur- und Wissenschaftspolitik war – gerade wegen der staats- und regierungsnahen Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft – schon früh strukturell im römischen Institut verankert. Auch auf der Ebene des wissenschaftlichen Arbeitsprogramms fand die Hinwendung sowohl zu den deutsch-italienischen Austauschbeziehungen als auch zur deutschen Kunst in Italien in Rom offenkundig früher statt als in Florenz. Hinzu kommt eine – trotz der entscheidenden Anstöße des Auswärtigen Amtes – weniger genuin kulturpolitisch motivierte, sondern eher wissenschaftsimmanente Forschungsausrichtung. Schon im Jahresbericht 1934/35 hielt der Direktor der kunstgeschichtlichen Abteilung Leo Bruhns (1884–1957) fest, dass die „Aufgabe eines mit deutschen Mitteln in Italien erhaltenen Forschungsinstituts in der jetzigen Zeit in einem staerkeren Maasse [sic] als früher eine nationale sein“ müsse.16 Im Zuge der zunehmenden Radikalisierung der Forschungsagenden stand jedenfalls nicht mehr das rezeptive Aufnehmen und Verarbeiten fremder Einflüsse, sondern umgekehrt eine – behauptete – europaweite „Ausstrahlung“ deutscher Kunst im Mittelpunkt. Die Einbindung der beiden deutschen kunsthistorischen Institute in Florenz und Rom in die Kultur- und Wissenschaftspolitik des Dritten Reiches war umfassend. Diese historische Tiefendimension fachwissenschaftlicher Arbeit in Italien ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Auseinandersetzung mit allen kunsthistorischen Tätigkeitsfeldern. Mit der „Anordnung des Führers über die Bestellung eines Bevollmächtigten des Großdeutschen Reiches in Italien und die Gliederung des besetzten italienischen Gebietes vom 10. September 1943“17 und der Ernennung des Gesandten Rudolf Rahn (1900–1975) endet die alte Allianzpolitik. Gleichwohl werden verschiedene Vorhaben, nur leicht modifiziert, fortgeführt, und selbst wenn man ausschließlich die deutsche Seite in den Blick nimmt, ist mit einer Vielzahl teils konvergierender, teils konkurrierender Initiativen zu rechnen, und zwar in allen vier miteinander verbundenen Bereichen Kulturpolitik, Kulturpropaganda, Kulturgüterschutz und Kulturgüterraub. Es handelt sich um eine komplexe, synchron und diachron zu untersuchende Gemengelage von partikularen Interessen. Was Kulturpolitik und Kulturpropaganda betrifft, liegt die größte Veränderung des Jahres 1943 sicherlich in der Reduktion der lediglich bilateralen deutsch-italienischen Aspekte, parallel zur gesteigerten Bezugnahme auf Vorstellungen von einem gemeinsamen europäischen

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Kulturbewusstsein bzw. dem Rekurs auf das Abendland. Das Bild von Italien und italienischer Kultur, das im Frühjahr und Sommer 1943 auf deutscher Seite gezeichnet wird, ist durch eine merkwürdige Mischung von klassischer Sehnsucht und Durchhalteparolen, von Kampfbereitschaft und nüchterner Dokumentation, von Betonung der Gemeinsamkeiten und Hervorhebung der Unterschiede gekennzeichnet. Wie schon im Ersten Weltkrieg war dabei gerade der Kunstschutz durch seine grundsätzlich kulturpolitische und kulturpropagandistische Dimension gekennzeichnet. Die vom und durch den Krieg bedingten Veränderungen der Rahmenbedingungen sowie der Rückhalt in einer Militärverwaltungsstruktur verschafften (auch) den Kunsthistorikern Gelegenheiten und Chancen, die es zu nutzen galt. Dazu zählen beispielsweise die Konsultation und fallweise die Reproduktion von Bildarchiven, Inventaren und Dokumentationen der Denkmalpflege oder der Museen. Ein allgemeines Verantwortungsbewusstsein für ‚europäische Kulturgüter‘ ist zwar keineswegs ausgeschlossen, aber an erster Stelle wird offenkundig darauf geachtet, dass eigene partikulare, nationale und (macht-) politische Interessen gewahrt werden, was in gleichem Maße für die Kommunikation der Kunstschutzarbeit zutrifft. Insofern ist das ‚Prinzip Propaganda‘ kein äußerliches, willkürliches, nachträgliches Phänomen, sondern der Kunstschutzarbeit strukturell inhärent, und das von Beginn an.18 Nichts belegt dies deutlicher als die wiederholte Bemerkung, dass über diesen Vorgang oder jenes Ereignis (vorläufig oder überhaupt) Stillschweigen gewahrt werden müsse. Die fach- und wissenschaftspolitische Nutzung fremder Ressourcen unter Besatzungsbedingungen sind in vielen (und die Funktionalisierung von Schutz- und Transportmaßnahmen für politische Ziele in fast allen) Fällen bestimmendes movens des deutschen militärischen Kunstschutzes im Zweiten Weltkrieg. Dies gilt vor allem für jene besetzten Länder, in denen eine Militärverwaltung eingerichtet wurde (Belgien, Frankreich, Serbien, Griechenland – und Italien). Keinen Kunstschutz im engeren Sinne (aber natürlich Institutionen der Denkmal- und Heimatpflege, Luftschutzmaßnahmen, Auslagerungen von Museumsbeständen etc.) gab es in den Protektoraten (wie Böhmen und Mähren) und im Reichsgau Wartheland, auch nicht im Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete, in den Reichskommissariaten (Niederlande, Ostland, Ukraine, Norwegen) und in den annektierten Gebieten wie dem Sudetenland, Luxemburg oder Lothringen und Elsass. Nichtsdestotrotz existierte auch in diesen Ländern, ohne formale Institutionalisierung und feste Verankerung in den administrativen Strukturen der Verwaltungsstellen, zumindest in rudimentärer Form ein kunstschutzähnlicher Verhaltenskodex, wie die Beispiele Lettland, Norwegen und Sowjetunion zeigen. Ungeachtet der entscheidenden militärischen und administrativen Handlungslogiken wird man nicht fehlgehen, in diesem Panorama unterschiedlicher Vorgehensweisen auch einen Reflex damaliger kunsthistorischer Werthorizonte und Kanonbildungen zu erkennen. Doch worin bestand das spezifische Profil des Kunstschutzes in Italien im Hinblick auf kunsthistorische Traditionen und Anforderungen der Kulturpropaganda?

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Der offenkundigste Unterschied ist, dass in den anderen Ländern im Rahmen der ­Militärverwaltung bereits im Sommer 1940 eine Abteilung für Kunstschutz eingerichtet wurde, was in Italien erst volle vier Jahre nach dem deutschen Angriff auf Polen am 1. September 1939 geschah, in einer – nach der Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad Anfang Februar 1943 und nach der Kapitulation der Achsenmächte in Nordafrika im Mai 1943 – nicht nur militärstrategisch grundsätzlich anderen Situation. In Belgien, Frankreich, ­Serbien und Griechenland waren die Arbeitsstrukturen des Kunstschutzes von vornherein auf Dauer angelegt. Begleitet von fotografischen Dokumentationskampagnen und wissenschaftlichen Arbeitsprogrammen  – in Paris auch und gerade in Abstimmung mit der Kunsthistorischen Forschungsstätte (beim Deutschen Institut Paris) unter der Leitung des Stange-Schülers Hermann Bunjes (1911–1945) – wurde proaktiv und, soweit möglich, systematisch kunst- und architekturhistorische Forschung betrieben. In Italien mit seiner langen Tradition deutscher Italienforschung und den zwei Instituten in Florenz und Rom wurde paradoxerweise genau diese wissenschaftliche Dimension nicht realisiert, was in erster Linie der hohen Dynamik des Kriegsverlaufs auf der Apenninhalbinsel geschuldet ist, in zweiter Linie der wesentlich geringeren Zahl an Mitarbeitern. Der Kunstschutz in ­Italien ist durch Reaktionen weitaus stärker geprägt denn durch Eigeninitiative (wobei es freilich Ausnahmen gab). Bemerkenswert ist ferner, dass gerade im an archäologischen Stätten so reichen Italien keine Abteilung bzw. kein Referat für Archäologie bzw. für antike Monumente etabliert wurde. Insgesamt muss eine grundsätzliche und prinzipielle Nähe, ja partielle Kongruenz von militärischem Kunstschutz und politischer Propaganda konstatiert werden. Dabei ist klar, dass Phänomene wie Nähe, Distanz und Opposition zum nationalsozialistischen System nicht auf die Frage einer Mitgliedschaft in der NSDAP begrenzt werden können (wie es nach Ende des Nationalsozialismus vielfach geschehen ist). Hier ist Differenzierung geboten, zumal auch die Propaganda selbst nicht länger auf den „tradierten Befund von der ebenso perfiden wie perfekten Manipulationsmacht des NSMediensystems“ reduziert werden kann.19 Es erscheint indes nicht sinnvoll oder lohnend, den Propagandakrieg als solchen näher zu betrachten. Die zirkuläre Argumentation, das Aufbauschen von Petitessen, die seman­ tische Kriminalisierung des Gegners, die Betonung gegnerischer Greuel und das Lob eigener Anständigkeit sind fraglos die Ingredienzien dieser Berichte. Instruktiv sind lediglich besondere Irrtümer oder Zuspitzungen, weil sie paradoxerweise zugleich den (gegensei­ tigen) Informationsmangel belegen. Erwähnt sei jedoch, dass auch in den in Italien ein­ gesetzten Propagandastaffeln der Wehrmacht studierte, teils promovierte Kunsthistoriker wie Walter Hotz (1912–1996), Henri Nannen (1913–1996) und Edmund Theil (1913– nach 1985?) tätig waren. Anders als vor 1943 agierten die deutschen Kunsthistoriker zwangsläufig innerhalb des Systems der Militärverwaltung in einem von militärischen Logiken wie von außenpolitischen Vorgaben beherrschten Land. Doch trotz der vielfältigen und massiven Zwänge, denen sie bei ihrer Zusammenarbeit mit italienischen Behörden unterworfen waren, hat-

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ten sie Gestaltungsspielräume, die sie wahrnahmen, anstrebten oder zurückwiesen. Der entscheidende Unterschied zwischen der deutschen kunsthistorischen Praxis in Italien vor 1943 und nach 1943 liegt demnach auch im Grad der individuellen Akzeptanz stark veränderter struktureller, politischer, militärischer und administrativer Vorgaben. In der Regel erfüllten die deutschen Kunsthistoriker nach 1943 jedenfalls die Aufgabe, einen Beitrag zur Kulturpropaganda zu leisten, denn sowohl die Forschung zu den Spuren deutscher Künstler in Italien in vergangenen Jahrhunderten wie die Anordnung von Schutz- oder Reparaturmaßnahmen an beschädigten Baudenkmälern – ob in persönlichen Interessen, in professionellem Arbeitsethos oder Anweisungen der Militärverwaltung begründet – trugen zum Selbstbild des nationalsozialistischen Deutschen Reiches als europäische Kulturnation bei. Diese teils unterschwellige, teils explizite Dimension kunsthistorischer Arbeit war nach der Kapitulation Italiens am 8. September 1943 und durch die Besetzung des ehemaligen Achsenpartners in außerordentlichem Maße potenziert worden.

Abkürzungen PA AA BA MA

Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Berlin Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg/Breisgau

Anmerkungen 1

2

3

4 5

Zur Ausstellung „Deutsche Plastik der Gegenwart“ in der Kroatischen Akademie in Agram (Zagreb) von April bis Mai 1942 (Izložba „Njemačka plastika sadašnjosti“, Hrvatska Akademija) siehe FUHRMEISTER 2011. Dies gilt selbst dann, wenn es nicht um Faschismus und Nationalsozialismus geht, sondern um das 19. Jahrhundert, wie einige Reaktionen auf Steffi Roettgens Vortrag „Der Vasari-Komplex und die blinden Flecken der frühen deutschen Italienforschung“ in der Plenarsektion „Sehnsuchtswissenschaft“ der Dritten Arbeitstagung des „Forums Kunstgeschichte Italiens“ in München am 3. April 2012 zeigten: Schon die Andeutung, dass auch außerwissenschaftliche Faktoren Einfluss auf die Fachentwicklung gehabt haben, wurde dort von einigen Diskutanten zurückge­wiesen. Zu den Deutschen Wissenschaftlichen Instituten siehe HAUSMANN 2002; zum Sonderauftrag Linz, SCHWARZ 2004, LÖHR 2005 und ISELT 2010; zum Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften, AURENHAMMER 2003 und HAUSMANN 2007; zum Sonderkommando Künsberg, HARTUNG 1997 und HEUSS 1997. DILLY 1999; DOLL/FUHRMEISTER/SPRENGER 2005. Diese Überlegungen habe ich im Rahmen meiner Habilitationsschrift „Der Deutsche Militärische Kunstschutz in Italien 1943–1945 als kunsthistorisches Praxisfeld. Ein Beitrag zur Geschichte der Kunstgeschichte in den Jahren 1936–1963“, LMU München 2012, entwickelt, die 2016 erscheinen wird. Zum Thema Kunstschutz ferner FUHRMEISTER 2012.

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6

Dazu jetzt auch TROMMLER 2014, 522–534 (Unterkapitel „Die Rolle der Wissenschaft für die Außenwirkung deutscher Kultur“), und passim. 7 Dazu PETERSEN 1988; vgl. CARAFFA/GOLDHAHN 2012. 8 HOFFEND 1998, 138; zu Bruckmann auch STÖPPEL 2010. 9 HOFFEND 1998, 266. 10 Hierzu jetzt ausführlich SCHIEDER 2013. 11 PA AA, Rom Quirinal, 1322b (Leo Bruhns: Bericht über die Neuorganisation des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Kunst- und Kulturwissenschaft, November 1934; drei Seiten, Zitat S. 2). 12 PA AA, Rom Quirinal, 1322b (6 Seiten, hier S. 4). 13 Einschätzung von George Orwell (1941), dass selbst die Abgrenzungen zwischen Kunst und Propaganda in den 1930er-Jahren und besonders seit 1939 verwischt und teilweise aufgelöst worden seien. ORWELL 1968. 14 PA AA, Rom Quirinal, 1390b, AA an Botschaft Rom (Eingangsstempel Rom 4.8.1940); der undatierte Brief zitiert die rezente Erläuterung des REM zum Runderlass vom 10.10.1939. 15 BA MA, RH 3/154, Metternich: Abschließender Bericht, März 1945 (Bl. 5–39), hier Bl. 14. 16 Jahresbericht der Bibliotheca Hertziana 1934/1935, S. 5; vgl. THOENES 1991, 22; TESCHE 2002, 2–38, und DOBLER 2013. 17 MOLL 1997, 357–358 (Dokument 267). 18 Vgl. dazu auch die Differenzierung von Metternich in BA MA, RH 3/154, Abschließender Bericht, März 1945 (Bl. 5–39), hier Bl. 33: „Die hohe propagandistische Bedeutung des militärischen Kunstschutzes ist unter I bereits gewürdigt worden. Es war nicht Aufgabe der Militärverwaltung, unmittelbar Propaganda zu treiben. Hiermit waren die amtlichen Propagandastellen beauftragt. Die Militärverwaltung hatte jedoch dafür zu sorgen, dass diesen das nötige Material jederzeit zur Verfügung stand und dass sie rechtzeitig über alle irgendwie wertvollen Vorgänge unterrichtet wurden. So ist im Laufe der Zeit ein überaus reichhaltiges Material geliefert worden.“ 19 So MÜHLENFELD 2010, 160.

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Almut Goldhahn

Von der Kulturpolitik zur Kulturpropaganda Das Kunsthistorische Institut in Florenz in den Jahren des Nationalsozialismus Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Herbst 1939 führte nicht nur zur Besetzung zahlreicher europäischer Länder durch die deutsche Wehrmacht, sondern auch zur geistigen Knebelung und Unterordnung unter die deutschen Hegemonialansprüche im kulturellen und wissenschaftlichen Bereich, wie die Beiträge in diesem Band zeigen. Etwas anders stellte sich jedoch die Lage in Italien dar, denn bis zu seiner Kapitulation im September 1943 war das Land der wichtigste Verbündete Deutschlands. Bereits seit 1936 wurde von beiden Seiten die Achse „Berlin–Rom“ beschworen, was schließlich in dem im Mai 1939 geschlossenen „Stahlpakt“ mündete, der die gegenseitige militärische Unterstützung im Kriegsfall vorsah. Dieses Militärbündnis war im Vorfeld von weiteren Abkommen eingeleitet worden, um die beiden Länder sowohl wirtschaftlich als auch kulturell einander näher zu bringen. Eine der wichtigsten Vereinbarungen stellte das Kulturabkommen dar, das am 23. November 1938 in Rom mit dem „Ziel des Ausbaus der wechselseitigen kulturellen Beziehungen und der Förderung der gegenseitigen Kenntnis des Geisteslebens beider ­Völker“ nach zweijährigen Verhandlungen abgeschlossen worden war.1 Für die kulturellen und wissenschaftlichen Institutionen, welche die beiden Achsenmächte in dem jeweils ­anderen Land unterhielten, bedeutete dies vor allem den offenen politischen Zugriff und die stärkere Einbindung ihrer Tätigkeiten in propagandistische Aufgaben, denen besonders die deutschen Einrichtungen in Italien seit der Machtergreifung Hitlers ausgesetzt waren. Davon war auch das Kunsthistorische Institut in Florenz nicht ausgenommen. An dieser Stelle soll deshalb anhand von Quellen aus dem Institutsarchiv die Instrumentalisierung des Florentiner Instituts durch die nationalsozialistischen Machthaber als propagandistischer Kulturapparat nachgezeichnet werden.2 Die nachfolgenden Ausführungen erheben dabei keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit, da dafür ein weitaus umfassenderes Dokumentenstudium nötig gewesen wäre, als in diesem Rahmen geleistet werden konnte. Deshalb ist dieser Beitrag als eine Annäherung an die Geschichte des Instituts zur Zeit des Nationalsozialismus zu verstehen, die Anstoß zu weiteren Forschungen geben soll. Im Jahr der Machtergreifung Adolf Hitlers bestand das Kunsthistorische Institut in Florenz seit 36 Jahren. Es wurde 1897 durch deutsche Gelehrte als Forschungsstätte der

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italienischen Kunstgeschichte gegründet und von einem privaten Verein finanziell getragen. Von Anfang an war es mit seiner Bibliothek und Abbildungssammlung (später: ­Photothek) sowie den regelmäßig veranstalteten Vorträgen und Seminaren ein Ort des intensiven wissenschaftlichen Austausches zwischen dem deutschen und italienischen und einem in Florenz ansässigen internationalen Fachpublikum. Die Schließung während des Ersten Weltkrieges stellte nur eine kurze Zäsur im wissenschaftlichen Dialog dar, an den nach der Wiedereröffnung im Jahre 1924 fast nahtlos angeknüpft werden konnte. Obwohl das I­nstitut keine staatlich geführte Institution war, folgte es hinsichtlich seiner Tätigkeit der Position der deutschen Kulturpolitik der Weimarer Jahre, die nach dem verlorenen Krieg und dem geschädigten Ansehen Deutschlands nun vor allem auf einen Dialog mit dem Ausland setzte.3 Dies entsprach auch der Haltung des Kieler Kunsthistorikers Arthur ­Haseloff, der 1932, kurz vor dem Regierungswechsel in Deutschland, zum kommissarischen Leiter des Instituts ernannt worden war.4 Doch anders als sein Amtsvorgänger Heinrich Bodmer, dessen wissenschaftliche Interessen vor allem im Bereich der italienischen Malerei der Renaissance und des Barock angesiedelt waren, lagen Haseloffs Schwerpunkte auf dem Gebiet der deutschen Buchmalerei und der staufischen Architektur und Skulptur Süditaliens – Themen, mit denen er den transalpinen Kulturtransfer in den Blick nahm und die sich wenig später bestens für die aggressiv vorangetriebene Kulturpolitik des Dritten Reiches vereinnahmen ließen. Nur ein Jahr nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler im Januar 1933 und damit schon vor den offiziellen Verhandlungen zum Kulturabkommen zwischen Deutschland und Italien, die 1936 begannen, lässt sich anhand der Jahresberichte des Florentiner Instituts eine Ausweitung des Themenspektrums konsta­ tieren, die sicherlich nicht nur den Interessen des amtierenden Direktors, sondern auch bereits den ideologischen Bestrebungen der neuen Regierung geschuldet war. Der im Frühjahr 1934 für Studenten deutscher Hochschulen veranstaltete fünfwöchige Studienkurs widmete sich nicht wie in den vorangegangenen Jahren der toskanischen Kunstgeschichte, sondern war inhaltlich so ausgerichtet, dass, wie es im Jahresbericht heißt, „die für die deutsche Kunstgeschichte wichtigen Denkmälerkreise besonders berücksichtigt wurden“. Neben Werken der Völkerwanderungszeit, der gotischen und langobardischen Herrschaft, welche die Teilnehmer in Monza, Pavia und Ravenna vor Ort studierten, ­wurden auch „alle diejenigen [Werke] hervorgehoben, die mit der deutschen Kunst in Zusammenhang stehen oder sich überhaupt als deutsches Kunstgut erweisen“.5 Dazu hielt Haseloff im Rahmen des Studienkurses eine Überblicksvorlesung zu Werken deutscher Künstler in italienischen Kirchen und Sammlungen, da die Studierenden nicht nur „in das Wesen italienischer Kunstart mit seinen großen Gegensätzen nach Landschaft und Bevölkerung“ eingeführt werden sollten, sondern man ihnen auch eine „Vorstellung von der Vielartigkeit der italienisch-deutschen Kunstbeziehungen“ geben wollte. 6 Hatte Bodmer noch im März 1932 Friedrich Seebass, der über die Kunst Südtirols referieren sollte, gebeten, er möge den Schwerpunkt seinen Vortrages auf die italienischen, statt auf die deutschen Kunstwerke der Region legen, da das Institut „in erster Linie der Erforschung italie-

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nischer Kunst dient“ und die Institutsleitung deshalb darauf zu achten habe, „dass das unsere Tätigkeit vorgezeichnete Studiengebiet auch in unseren Vorträgen in den Vordergrund tritt“,7 so änderte sich die Akzentuierung unter Haseloff. Auch in den öffentlichen Vorträgen, die der Direktor am Institut und an der Florentiner Universität hielt, dominierten Themen der deutschen Kunstgeschichte.8 Im Jahresbericht von 1933/34 wurde außerdem bekannt gegeben, dass man plane, in der Bibliothek eine eigene Abteilung zur deutschen Kunst aufzubauen.9 In Bezug auf all diese Bemühungen kam Haseloff schließlich zu dem Fazit, „die Institutsleitung habe sich alle erdenkliche Mühe gegeben, um das Institut nicht nur zu einer fachwissenschaftlichen Anstalt von hoher Bedeutung, sondern darüber hinaus zu einem Mittelpunkt deutschen Geisteslebens auszugestalten“.10 Es ist zu berücksichtigen, dass die Jahresberichte als offizielle Rechenschaftsberichte des Direktors und seiner Mitarbeiter angesichts der politischen Verhältnisse in Deutschland auch rhetorischen Zwängen unterworfen waren. Dennoch entsteht der Eindruck, dass bereits unter Haseloff das Institut stärker nach außen geöffnet und damit in den Dienst der politisch motivierten deutsch-italienischen Kulturbeziehungen gestellt wurde. Dies wird u. a. 1934 an der Einrichtung eines jährlich am 16. November, dem Gründungstag des Kunsthistorischen Instituts im Jahr 1897, in italienischer Sprache stattfindenden öffent­ lichen Vortrags deutlich, der den „italienischen Gästen einen Einblick in das Wesen, die Aufgaben und den Wirkungskreis des Instituts“ gewähren sollte und die „Förderung der deutsch-italienischen kulturellen Beziehungen, in deren Rahmen die engere wissenschaftliche Wirksamkeit des Instituts erst ihre volle Bedeutung erlangt“,11 zum Ziel hatte. Der Eröffnungsvortrag am 16. November 1934, an dem Vertreter der zivilen und militärischen Behörden von Florenz teilnahmen, wurde von Ulrich von Hassel, deutscher Botschafter in Rom, über „Die deutsch-italienischen Kulturbeziehungen in Vergangenheit und Gegenwart“ gehalten.12 Bereits im Frühjahr 1935 endete Haseloffs kommissarische Leitung des Instituts, da das Kultusministerium eine weitere Beurlaubung von den Lehrverpflichtungen in Kiel ablehnte. Zum Nachfolger wurde Friedrich Kriegbaum ernannt, der schon als Stipendiat der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaften (der heutigen DFG) von 1927 bis 1931 am Institut in Florenz gearbeitet hatte. 1931 hatte er sich mit einer Arbeit über Florentiner Bildhauer des 16. Jahrhunderts habilitiert und lehrte seitdem als Privatdozent an der Berliner Universität.13 Anhand der uns bisher zur Verfügung stehenden Quellen lässt sich nicht sagen, ob der Vorstand des Vereins des Kunsthistorischen Instituts dem neuen Direktor konkrete Vorgaben zu Ausrichtung und Positionierung des Instituts vorgeschrieben hat. Doch vor dem Hintergrund der politischen Allianz zwischen Italien und Deutschland schien es Kriegbaum angemessen, zumindest offiziell die inhaltlichen Arbeitsschwerpunkte seines Instituts auf den künstlerischen Austausch beider Länder zu legen, zumal er selbst mit einer Arbeit aus diesem Themenfeld promoviert worden war.14 Hierfür schienen ihm vor allem die vom Institut herausgegebenen „Mitteilungen“ ideal, deren Redaktion er 1934 nach dem Tod Curt Weigelts übernommen hatte. Am 22. Februar 1935 schrieb er in

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seinem „Memorandum über die Fortsetzung der ‚Florentiner Mitteilungen‘“, das sich vermutlich an den Vereinsvorstand richtete, neben florentinisch-toskanischen Themen müssten „mehr als bisher die beiderseitigen Beziehungen zwischen deutscher und italienischer künstlerischer Kultur [...] in den Vordergrund treten“.15 Dies liest sich wie eine Vorwegnahme des drei Jahre später auf höchster politischer Ebene ratifizierten Kulturabkommens und zeigt, dass Kriegbaum versuchte, die inhaltliche Arbeit des Instituts den zeithistorischen Umständen anzupassen, und gleichzeitig die fundamentale Bedeutung solcher Themen für den Fortbestand des Instituts erkannte, welches aufgrund großer finanzieller Schwierigkeiten immer wieder von Schließung oder Zusammenlegung bedroht war.16 Als Grundlage für die Fokussierung auf den kulturellen Austausch in den „Mitteilungen“ sollten Abbildungen der Photothek dienen, die den Bestand deutscher Kunstwerke in Italien dokumentierten.17 So bat er bereits vor Amtsantritt Ulrich Middeldorf, der die Photothek betreute,18 anhand der vorhandenen Fotografien eine Statistik „über alles Deutsche in ­Italien“ zu erstellen. „Solche Themen“, schrieb er, „werden von ausschlaggebender Bedeutung für die Existenz des Institutes überhaupt sein.“19 Allerdings fand Kriegbaums schriftlich geäußertes Vorhaben, den Anteil an deutschen Themen in den „Mitteilungen“ zu erhöhen, in der Praxis kaum Umsetzung. Obwohl er zumindest 1935 gezielt nach Autoren Ausschau hielt, erschienen bis 1941, als die Zeitschrift kriegsbedingt ihr Erscheinen vorübergehend einstellen musste, hauptsächlich Beiträge zu genuin italienischen Forschungsfeldern.20 Kriegbaum setzte aber die bereits von Haseloff organisierten öffentlichen Institutsvorträge zur deutschen Kunstgeschichte fort. Ob er damit konkreten Vorgaben aus Berlin entsprach, kann nur vermutet werden. Die Kosten für die Beschaffung des Lichtbildmaterials zu dieser Reihe wurden jedenfalls ab 1935 vom Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung in Berlin übernommen, welches auch die Anschaffung eines Projektionsapparates finanzierte.21 Kriegbaum selbst gestaltete im akademischen Jahr 1935/36 eine Reihe zur Kunst der deutschen Reformationszeit, in welcher er über Albrecht Dürer, Veit Stoß, Tilman Riemenschneider und Matthias Grünewald sprach. Im darauf folgenden Jahr 1936/37 fanden die Vorträge unter dem Titel „Deutsche Kunst des 13. Jahrhunderts“ ihre Fortsetzung, diesmal in italienischer Sprache, um „die Florentiner Öffentlichkeit, insbesondere Studenten, Gelehrte und Künstler, in weiterem Masse [sic!] zu erfassen“.22 Behandelt wurden Themen wie die Kunst der Stauferzeit, die Entwicklung der Gotik in Deutschland sowie Kunst und Architektur in Straßburg, Magdeburg, Bamberg und Naumburg.23 Zudem berichtete die lokale Presse über die laufende Vortragstätigkeit am Institut.24 Auch die Florentiner Universität betrachtete die Veranstaltungen als „willkommene Ergänzung zum Lehrplan, da in Florenz wie an fast allen italienischen Universitäten, über ausländische Kunstgeschichte nie gelesen wird“, wie Kriegbaum in einem detaillierten Bericht an Hans Werner von Oppen, Regierungsrat im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (im Folgenden: Reichserziehungsministerium) und Vorstandsmitglied des Vereins des Kunsthistorischen Instituts, notierte.25 1937/38 lautete der Titel der Vortragsreihe schließlich „Deutsche

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Kunst im Barockzeitalter“ und widmete sich, wiederum auf Italienisch, u. a. dem barocken Schlossbau, dem süddeutschen Sakralbau sowie dem preußischen Barock. Außerdem lud Kriegbaum wiederholt Gastreferenten aus Deutschland ein, die in öffentlichen Vorträgen am Institut sprachen. Dazu gehörte Wilhelm Pinder, einer der führenden Kunsthistoriker des nationalsozialistischen Deutschlands, der seit 1935 als Ordinarius das Kunstgeschichtliche Institut der Kaiser-Wilhelm-Universität in Berlin leitete. Am 18. März 1936 referierte er in Florenz über „Das Wesen salischer Kunst“. Ihm folgte am 26. Oktober 1936 der Vereinsvorsitzende des Instituts, der Hallenser Lehrstuhlinhaber Wilhelm Waetzold, mit einem Vortrag über „Das Heroische in der deutschen und italienischen Kunst“. Kriegbaum selbst referierte am 29.  November 1936 über „Das alte Nürnberg“. Schließlich sprach am 20. Februar 1937 der Münchner Ägyptologe Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing über „Neue Entdeckungen aus nachchristlicher Zeit in Nubien“.26 Im Hinblick auf all diese Tätigkeiten resümierte Kriegbaum: „Ich kann wohl behaupten, dass die von mir eingeführte Vorlesungstätigkeit im Institut dieses [...] endgültig zu einem Propagandainstitut für deutsche Kultur erweitert hat.“27 Mit dieser Äußerung gegenüber von Oppen reagierte er, zumindest rhetorisch, auf die jüngeren kulturpolitischen Entwicklungen, die auch das Institut in Florenz betrafen. Bereits im Juni 1936 hatte im Zuge der sogenannten ‚Gleichschaltung‘ der endgültige poli­ tische Zugriff auf das Institut stattgefunden, indem der in Berlin ansässige Vorstand des Vereins rigoros von vormals 30 auf sechs Personen ‚verschlankt‘ und mit ‚politisch zuverlässigen‘ Personen besetzt wurde, wodurch die direkte Einflussnahme von Regierungs- und Parteistellen gesichert war.18 Zu den sechs Vorstandsmitgliedern gehörte auch ein Vertreter des Reichserziehungsministeriums, so dass das Institut mehr denn je vom Ministerium abhängig war.29 Auch die Vereinssatzung wurde in wesentlichen Punkten verändert. Zur Kernaufgabe des Instituts zählte nun nicht mehr nur die Beschäftigung mit der italienischen Kunstgeschichte, die 1897 zur Gründung des Instituts geführt hatte, sondern darüber hinaus das „Studium der Wechselbeziehungen zwischen deutscher und italienischer Kultur“, für welches das Institut nun einen „Sammelpunkt“ darstellte.30 Damit ließ sich die Einrichtung vonseiten des Reichserziehungsministeriums, welches aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen seit November 1934 offiziell auch für die Pflege des akademischen Austauschs mit dem Ausland zuständig war,31 für kulturpolitische Aufgaben instrumentalisieren. Schon am 11. November 1935 hatte Kriegbaum gegenüber Regierungsrat von Oppen das Potenzial der propagandistischen Vermarktung wissenschaftlicher Arbeit als Argument für die Etablierung eines im Etat fest verankerten Stipendiums angeführt, welches „für den wissenschaftlichen Betrieb und damit die propagandistische Durchschlagskraft des Instituts“ dringend notwendig sei.32 Die Anfang 1936 von deutscher Seite angeregten Verhandlungen mit Rom hinsichtlich des Abschlusses eines Kulturabkommens, wodurch nicht zuletzt eine direkte Einflussnahme auf die Vermittlung der deutschen ­Kultur in Italien erreicht werden sollte, trugen zusätzlich zur Politisierung der deutschen Institute im Ausland und damit auch des Florentiner Instituts bei. Für die Ausarbeitung

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des Kulturvertrags war nun nicht mehr das Reichserziehungsministerium zuständig wie noch beim Kulturvertrag zwischen Deutschland und Ungarn 1935, sondern das Auswärtige Amt. Dieses beanspruchte zunehmend die Kontrolle über die deutsche Kulturarbeit im Ausland. Dadurch kam es vermehrt zu Konflikten mit dem Reichserziehungs- und auch mit dem Propagandaministerium.33 Im Mai 1936 wurde innerhalb des Auswärtigen Amtes eine eigene „Kulturpolitische Abteilung“ gegründet, die von nun an u. a. für die Erarbeitung kulturpolitischer Richtlinien und den Abschluss von Kulturverträgen zuständig war.34 Als der italienische Außenminister Galeazzo Ciano anlässlich seines Deutschlandbesuchs am 26. Oktober 1936 in München vor die Presse trat und verkündete, dass beide Länder ihre kulturellen Beziehungen künftig intensivieren wollen, um „das heilige Erbe der europäischen Kultur“35 zu verteidigen, nahm der politische Druck auf die wissenschaftlichen Einrichtungen in Italien merklich zu. Ob Kriegbaums Gesuch um Aufnahme in die NSDAP, das er am 1. Juli 1937, kurz nach Lockerung der Aufnahmesperre für Neumitglieder, gestellt hatte, in diesem Kontext gesehen werden muss, kann allerdings nur vermutet werden.36 Auf jeden Fall entsprachen seine Bemühungen um eine Erweiterung der inhaltlichen Ausrichtung des Florentiner Instituts den kulturpolitischen Vorgaben. Referenten wie Pinder oder der überzeugte Nationalsozialist Freiherr von Bissing37 vertraten darüber hinaus vor dem meist nicht nur italienisch-deutschen, sondern internationalen Auditorium die ‚offiziellen‘ deutschen Geisteswissenschaften. Dadurch wurde das Institut zwangsläufig zur Bühne für die Auftritte der nationalsozialistisch geprägten Wissenschaft in Florenz. Der Vortrag von Bissings über nubische Kunst am 20. Februar 1937 kann zudem als kulturelle Verstärkung der angestrebten Achsenpolitik angesehen werden, da dieser thematisch einen aktuellen politischen Bezug aufwies: 1935 hatten italienische Truppen Abessinien, das heutige Äthiopien und Eritrea, besetzt; ein Jahr später wurde das Kolonialreich Italienisch-Ostafrika ausgerufen. Das einstige nubische Königreich lag geographisch im unmittelbar daran angrenzenden britischen Kolonialgebiet. Vermutlich deswegen hatte Kriegbaum in der Korrespondenz mit von Bissing dem geplanten Auftritt besonderen „propagandistischen Wert“ zugeschrieben.38 Dass gleichzeitig die Veranstaltungen des Instituts instrumentalisiert werden sollten, um die Deutsche Kolonie in Florenz mittels kulturpropagandistischer Aktivitäten auf die politische Linie des Deutschen Reiches einzuschwören, zeigt die Aufforderung der Florentiner NSDAP-Ortsgruppe, sie vom Nachmittag auf den Abend zu verlegen. Dies sollte möglichst vielen in Florenz lebenden Deutschen die Teilnahme ermöglichen.39 Ob die von den Institutsmitarbeitern seit 1936 monatlich angebotenen öffentlichen Führungen durch die Florentiner Museen40 ebenfalls auf direkte Anweisungen der Ortsgruppe zurückzuführen sind, ist zu vermuten, da sie in deren Veranstaltungskalender aufgeführt werden, der regelmäßig im „Italien-Beobachter“, dem „Parteiamtlichen Organ der Landesgruppe Italien der AO der NSDAP“, erschien. Dort stehen die Führungen neben von der Ortsgruppe organisierten Konzerten, Lesungen, den Turn- und Singstunden, Mütterkreisen, Handarbeitsnachmittagen und kollektiven Eintopf-Essen.

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Die Deutschlandreise Benito Mussolinis im September 1937 und der Gegenbesuch Adolf Hitlers in Italien im Mai 1938 verstärkten schließlich noch einmal die beiderseitigen Propagandabestrebungen mit dem Ziel der Proklamation einer gemeinsamen Achse.41 Nun griff auch die italienische Seite auf das Institut zurück, um das Bündnis, um welches auf politischer Ebene hart gerungen worden war, kulturell zu untermauern. Gemeinsam mit italienischen Kollegen übernahmen die Mitarbeiter des Instituts die Führung Hitlers und Mussolinis durch die Sammlung der Uffizien und des Palazzo Pitti. In der Sonderausgabe der „Rassegna del Comune di Firenze“, die ausführlich über das Ereignis berichtete und aus diesem Anlass zweisprachig (italienisch/deutsch) publiziert wurde, waren auch zwei Mitarbeiter des Instituts, der Stipendiat Werner Haftmann und der für die Photothek verantwortliche Robert Oertel, mit Beiträgen vertreten.42 Bereits im Herbst 1937 war Kriegbaum vom Florentiner Istituto di Cultura Fascista zu einem Vortrag eingeladen worden, der jedoch mehrmals aufgrund terminlicher Überschneidungen verschoben werden musste und schließlich am 30. Mai 1938 stattfand. Kriegbaums auf Italienisch gehaltenen Ausführungen über „Ausstellungen und Museen in Deutschland“ folgte die Aufführung von zwei deutschen Kulturfilmen über den Lüneburger Silberschatz und den Pommerschen Kunstschrank, beides herausragende Exponate der Berliner Museen.43 Die Vorführung der 1934 von Hans Cürlis gedrehten Filme ging auf eine Initiative Kriegbaums ­zurück, der sich beim Leiter des Außenamtes der Berliner Museen Niels von Holst nachdrücklich für eine Projektion in Florenz eingesetzt hatte: „Es besteht hier das größte Interesse an diesem in Italien gänzlich unbekannten Filmtyp. [...] Da die hiesigen Museumsleute anwesend sein werden, so wäre diese Gelegenheit günstig, deutsche Kulturarbeit ausländischen Kreisen bekannt zu machen.“44 Diese durch den Film verbreitete „deutsche Kulturarbeit“ stand wiederum ganz im Geist der nationalsozialistischen Kulturpropaganda. Der Film über den Pommerschen Kunstschrank („Eine Welt im Schrank“) war 1935 vom Berliner Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda für die Filmbiennale in Venedig als Beispiel eines herausragenden deutschen Kulturfilms nominiert und dort in einer französischsprachigen Fassung gezeigt worden. Im gleichen Jahr war er auch noch im französischen Kino angelaufen.45 Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erreichten die kulturpropagandistischen Be­ mühungen Deutschlands in Italien ihren Höhepunkt. Mussolinis noch am 1. September 1939 erfolgte öffentliche Erklärung, trotz des mit Deutschland nur wenige Monate zuvor geschlossenen militärischen Bündnisses („Stahlpakt“) nicht aktiv in das Kriegsgeschehen eingreifen zu wollen, führte aufgrund der Erfahrungen mit dem italienischen „Bündnispartner“ während des Ersten Weltkrieges zu einiger Besorgnis.46 In der Folge wurde alles daran gesetzt, die Italiener auf die gemeinsame Politik einzuschwören und zu einem Kriegseintritt auf deutscher Seite zu bewegen. Hitler, für den die Propaganda besonders in Kriegszeiten eines der wichtigsten Instrumente politischer Führung darstellte, befahl ­bereits am 8. September 1939, die gesamte Auslandspropaganda dem Auswärtigen Amt zu unterstellen. Am 22. März 1940 ordnete Außenminister Joachim von Ribbentrop die Ver-

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stärkung der politischen und kulturpolitischen Propaganda an.47 Damit reagierten die Deutschen auch auf kulturpolitische Bemühungen der Westmächte, Italien von einem Kriegseintritt auf deutscher Seite abzubringen, wofür die britischen und französischen Kulturinstitute vor Ort ihre Tätigkeiten deutlich intensivierten.48 In der deutschen Botschaft in Rom wurden deshalb die Bereiche „Presse“ und „Kultur“ personell verstärkt und ein eigener Kulturreferent ernannt. Zusätzlich wurde zur Koordinierung der verschiedenen Aktivitäten das Amt eines „Sonderbeauftragten für alle Kultur- und Propagandafragen in Italien“ eingerichtet.49 Den in Italien gut vernetzten deutschen Institutionen kam dabei eine besondere Rolle zu. Sie sollten nach Auffassung der Botschaft in Rom, „durch ihre Verbindungen und persönlichen Beziehungen dazu beitragen, dass der deutsche Standpunkt in geeigneter Weise [...] vertreten wird“.50 Für den Leiter des Deutschen Akademischen ­Austauschdienstes (DAAD) in Rom, Thomas Blahut, stellte Kulturpolitik im April 1940 „die Totalmobilmachung für den geistigen Kampf zur Erreichung der von der Politik ­gewiesenen Ziele“ dar.51 „Kulturpolitik“, resümiert Jens Petersen in seiner grundlegenden Studie über das Kulturabkommen zwischen Deutschland und Italien, wurde so zur „Kulturpropaganda“.52 Die politische Entwicklung bedeutete für das Kunsthistorische Institut eine verstärkte Einbindung der Institutsarbeit in die zunehmend aggressiver werdenden propagandistischen Tätigkeiten Deutschlands, wobei die Abhängigkeit vom Auswärtigen Amt den Mitarbeitern immer weniger Handlungsspielraum bot. Zehn Monate nach Kriegsbeginn schrieb der Institutsdirektor an den Vereinsvorsitzenden Heinrich Zimmermann nach Berlin: „Nach wie vor stehen wir übrigens zur Verfügung der Botschaft und müssen uns ganz nach deren Weisungen verhalten. Das Interesse an einer wirksamen Kulturpropaganda durch Vorträge, Sitzungen, Führungen etc. ist nach dem Eintritt des Krieges noch gewachsen.“53 In anderen Briefen ist von neuen Dienstaufträgen des Auswärtigen Amtes die Rede, die darauf abzielten, die „Auslandspropaganda mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu steigern“.54 Vonseiten der Botschaft wurde besonders die Veranstaltung öffentlicher Lichtbildervorträge von prominenten deutschen und italienischen Wissenschaftlern gefordert. Sie sollten sich an ein breites Publikum richten. Es wurden dafür Sondermittel des Auswärtigen Amtes zur Verfügung gestellt.55 So kam es zur Wiederaufnahme der öffentlichen Vorträge, die merkwürdigerweise in den Jahren 1937/38 und 1938/39, in welchen fieberhaft am Zustandekommen des Kulturabkommens gearbeitet worden war, fast gänzlich geruht hatten.56 Bis zur Kapitulation Italiens 1943 fanden die Vorträge während des akademischen Jahres regelmäßig statt. Sie beinhalteten sowohl deutsche als auch italienische Themen.57 Im Anschluss an die Referate lud der Direktor regelmäßig zu Empfängen in seine Wohnung – auch das war expliziter Wunsch der Botschaft, da so der persönliche Kontakt zwischen Italienern und Deutschen noch intensiver gepflegt werden konnte.58 Es scheint, als hätte Kriegbaum bei der Auswahl seiner Referenten gewisse Freiheiten gehabt, obwohl er mehrmals darüber klagte, dass ihm die Auflage der Botschaft, möglichst viele Vorträge auf Italienisch anzubieten, immer wieder vor Probleme

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stelle, da nur wenige der angefragten Kollegen die Sprache fließend beherrschten.59 Auch war im Vorfeld jeder Veranstaltung stets die Kulturabteilung in Rom zu informieren.60 Mehrfach wurde seitens der Kulturabteilung der Deutschen Botschaft als auch des DAAD in Rom der Versuch unternommen, dem Vortragsprogramm weitere Redner hinzuzufügen. Bereits Anfang Februar 1939 hatte Kriegbaum die Anfrage erreicht, ob Hubert Schrade, der sich gerade auf Kosten des Propagandaministeriums auf Vortragsreise zur deutschen Kunst der Gegenwart in Italien befand, auch in Florenz sprechen könne.61 Zu dem Vortrag kam es wegen angeblicher Terminüberschneidungen auf Seiten des Instituts nicht. Der Wissenschaftler scheint allerdings ein Favorit der Organisatoren der nationalsozialistischen Kulturpropaganda gewesen zu sein, da diese ihn 1942 ohne Rücksprache erneut auf die Referentenliste des Instituts setzten. Ein in den Augen der politischen Machthaber willkommener Redner war auch Dagobert Frey von der Universität Breslau. Schon vor Kriegsbeginn war er auf kultureller Ebene am Institut für deutsche Ostarbeit in Breslau an der Planung des Überfalls auf Polen und der Tschechoslowakei beteiligt. Seit der Besetzung Polens durch die deutschen Truppen spielte er als „Fachgutachter und Beschlagnahmer“ eine aktive Rolle bei der Durchführung des Kunstraubs.62 Am 11. November 1942 erreichte Kriegbaum von der Deutschen Botschaft die Anfrage, ob Frey, der eine Woche später in Rom einen Vortrag über „De[n] Anteil Deutschlands an der künstlerischen Kultur Osteuropas“ hielt, auch in Florenz sprechen könne – eine Anfrage, die Kriegbaum unter Verweis auf die Kurzfristigkeit des Termins ablehnte.63 Obwohl keine Angaben zum genauen Inhalt von Freys Ausführungen vorliegen, lässt allein schon der Vortragstitel darauf schließen, dass mit diesem Vortrag die deutsche Okkupationspolitik auch auf kulturellem Gebiet propagiert werden sollte. Welche Auffassung Frey diesbezüglich vertrat, zeigt ein Blick in seinen Beitrag „Kunstdenkmäler im besetzten Polen“, den er im Oktober 1939 für die Zeitschrift „Deutsche Kunst und Denkmalpflege“ verfasst hatte: „Es geht ebenso darum, deutschen Kulturboden, was räumlich weit mehr bedeutet als deutschen Volksboden, zu bewahren [...].“64 Sein Fazit lautete bezeichnenderweise: „Einen guten Teil deutscher Kunstgeschichte gilt es hier als unveräußerlichen deutschen Kulturbesitz wissenschaftlich zurückzugewinnen.“65 Der schwierigen Frage, inwieweit das kulturpolitische Engagement der Mitarbeiter des Instituts im Dienste der nationalsozialistischen Hegemonialbestrebungen Ausdruck ihrer persönlichen Geisteshaltung war, kann sich nur durch monographische Studien genähert werden. Die zeitpolitischen Umstände forderten von den Mitarbeitern einen Spagat zwischen ihrer inhaltlichen Arbeit und der Erfüllung offizieller propagandistischer Aufgaben, letzteres war auch Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des Institutsbetriebes. Vor diesem Hintergrund betonten Kriegbaum und seine Mitarbeiter ganz gezielt ihre propagandistische Tätigkeit, z. B. bei der Papierbeschaffung für den Druck der „Mitteilungen“ oder dem Einwerben finanzieller Mittel für die Fertigstellung eines Handbuches zu Florentiner Kirchenbauten, das von Walther Paatz und seiner Frau Elisabeth, geborene Valentiner, herausgegeben wurde.66 Obwohl Kriegbaum wie auch sein Vorgänger Haseloff den Aufbau

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einer „Deutschen Abteilung“ in der Bibliothek und der Photothek offiziell befürworteten, wurde dieses Vorhaben laut Inventarbüchern nicht umgesetzt. Zwischen 1932 und 1943 wurden nur in geringem Umfang Abbildungen und Literatur zur deutschen Kunstgeschichte angeschafft.67 Für beide Amtszeiten lässt sich zudem feststellen, dass die Direktoren zumindest versuchten, die wissenschaftlichen Sitzungen, welche wie die öffentlichen Vorträge regelmäßig stattfanden und die wie die „Mitteilungen“ dem inhaltlichen Austausch unter Fachkollegen dienten und weniger öffentlichkeitswirksam waren, der ideo­ logischen Indienstnahme zu entziehen. In welchem Maße die Arbeit der am Institut tätigen Wissenschaftler über Florenz ­hinaus in die kulturpropagandistischen Bestrebungen des Dritten Reiches eingebunden waren, kann hier nur noch in wenigen Punkten umrissen werden. Hierzu gehören Kriegbaums Vortragsreisen für die Deutsch-Italienische Gesellschaft durch Deutschland,68 die Einbindung der Mitarbeiter in nationalsozialistische Publikationen und prestigeträchtige Wissenschaftsprojekte des Regimes. 1939 wandte sich beispielsweise die Prüfkommission zum Schutz des NS-Schrifttums an den Institutsdirektor, da sie in der „Nationalsozialistischen Bibliographie“ Beiträge zur Kunstgeschichte Deutschlands, Italiens und Japans plante. Den Beitrag zur deutschen Kunstgeschichte sollte Wilhelm Pinder schreiben, für Italien hatte man Kriegbaum ins Auge gefasst.69 Obwohl nicht bekannt ist, wie sich Kriegbaum zu dem Auftrag verhielt, da der Ausbruch des Krieges das Projekt verhinderte,70 zeigt die Anfrage, dass er als repräsentativer Vertreter seines Faches galt. Kriegbaums Name wird auch im Zusammenhang mit einem wissenschaftlichen Großprojekt der NS-Zeit genannt, das unter dem Titel „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“ operierte.71 Dieses auch als „Aktion Ritterbusch“ bezeichnete Projekt hatte ab Februar 1940 die Mobilisierung sämtlicher intellektueller Kräfte zum Ziel, um die globalen Bestrebungen des Dritten Reiches geistesgeschichtlich und über den Krieg hinaus zu manifestieren. Geplant war, in einem interdisziplinären und mehrbändigen Gemeinschaftswerk aus der Perspektive der jeweiligen Fachrichtung heraus argumentativ das Primat der deutschen Kultur herauszuarbeiten. Für die kunstgeschichtliche Sektion unter der Leitung von Pinder und dem Kieler Kunsthistoriker Richard Sedlmaier waren als Autoren u. a. Kriegbaum, sein Assistent Herbert Siebenhüner und der dem Institut eng verbundene Ludwig Heinrich Heydenreich vorgesehen.72 1944 erschien jedoch nur der Beitrag von Herbert Siebenhüner über „Die deutschen Künstler am Mailänder Dom“ beim Verlag Brockhaus in München. Durch die Landung der alliierten Truppen auf Sizilien am 10. Juli 1943 und den Sturz Mussolinis am 25. Juli 1943 änderte sich für die Deutschen die Lage in Italien und damit auch für das Institut. Nach der Kapitulation Italiens und der Kriegserklärung an Deutschland am 13. Oktober 1943 besetzte die Wehrmacht weite Teile des Landes ihres einstigen Bündnispartners.73 Obwohl das Institut mit seiner Bibliothek und Photothek vorerst weiterhin für das wissenschaftliche Publikum geöffnet blieb, hatte der Verein in Berlin bereits die Rückführung der Bestände angeordnet, um sie bei Ausweitung des Kampfgebietes zu schützen bzw. ihre Konfiszierung durch die italienische Regierung zu vermeiden.74 Öffent-

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liche Vorträge fanden hingegen keine mehr statt.75 Nach dem plötzlichen Tod Kriegbaums, der bei einem Bombenangriff der Alliierten auf Florenz am 25. September 1943 ums Leben gekommen war, übernahm Heydenreich die Leitung des Instituts mit der anfänglichen Aufgabe, den Rücktransport der Bestände zu organisieren. Der Panofsky-Schüler Heydenreich, der schon 1935 neben Kriegbaum als möglicher Kandidat für das Direktorenamt gehandelt worden war, war selbst von 1928 bis 1930 Stipendiat am Institut gewesen und unterrichtete seit 1937 an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin, wo er 1941 auf Betreiben Pinders zum außerplanmäßigen Professor ernannt worden war.76 Darüber hinaus war er bereits Mitglied im Verwaltungsausschuss des Instituts und Mitherausgeber der „Mitteilungen“. Er genoss in Italien als Leonardo-Spezialist einen hervorragenden Ruf.77 Als solcher war er seit Ausbruch des Krieges wiederholt zu Gastvorträgen in Italien gewesen, die auch von der NSDAP-Ortsgruppe unterstützt worden waren.78 Die Bedeutung, die Heydenreichs wissenschaftliche Tätigkeit und seine gute Vernetzung mit den italienischen Kollegen für die Nationalsozialisten hatte, erschließt sich bestens aus den Dankesworten des Mailänder Generalkonsuls Gustav Adolph von Halem, der ihn nach einem Vortrag in Mailand als einen „der erfolgreichsten ,Kulturpropagandisten‘“ bezeichnete.79 Heydenreichs Aufgaben in Florenz sollten jedoch bald über die Organisation des Abtransports der Institutsbestände hinausgehen. Aufgrund der von Süden vorrückenden Frontlinie wurde das Institut im November 1944 zum Sitz der Abteilung „Kunstschutz“ der deutschen Wehrmacht und Heydenreich zu ihrem Mitarbeiter bestimmt. In den ­Arbeitsbereich des Kunstschutzes fielen neben der Sicherung und Bergung von Kunstwerken in durch Kampfhandlung gefährdeten Gebieten auch kulturpropagandistische Tätigkeiten. Anhand von Berichten v. a. der italienischen Presse über erfolgreich durchgeführte Bergungsarbeiten und der Dokumentation der von den Alliierten zerstörten Kunstwerke sollten deren tatsächliche militärische Erfolge und der Status der Deutschen als Besatzungsmacht verschleiert werden.80 Zu Heydenreichs Aufgaben gehörte nicht nur der Aufbau eines Fotoarchivs, das die zerstörten Kunstwerke dokumentieren sollte, sondern auch die „Abwehr der feindlichen Hetzpropaganda“ durch gezielte kulturpolitische Gegenpropaganda, der er selbst noch nach der Verlegung der Abteilung nach Mailand im Sommer 1944 nachkam.81 Damit blieben das Institut und seine Mitarbeiter bis zur Kapitulation Deutschlands in die nationalsozialistische Propaganda eingebunden.

Anmerkungen 1 2

Zit. nach ITALIEN-JAHRBUCH 1 (1938), 31. Vgl. auch PETERSEN 1988, 56. Die insgesamt 20 für diesen Beitrag konsultierten Schachteln enthalten die offizielle Korrespondenz der Institutsdirektoren und ihrer Mitarbeiter in den Jahren 1933 bis 1944 mit dem Trägerverein in Berlin, politischen Institutionen in Deutschland, deutschen und italienischen Kollegen sowie zahlreiche Unterlagen administrativen Charakters. Momentan befindet sich das Archiv in

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einer Phase der Neuordnung. Deshalb handelt es sich bei den im Folgenden angegebenen Archivsiglen z. T. noch um provisorisch vergebene Signaturen. Eine diesbezügliche Konkordanz wird gepflegt. 3 Grundlegend dazu DÜWELL 1976; LAITENBERGER 1981. 4 Zu Haseloff siehe DAVID-SIROCKO/KARGE/MÖLLER 1994. 5 Kunsthistorisches Institut in Florenz, Jahresbericht 1933/34, 4. 6 Ebd., 5. 7 Bodmer an Seebass, Archiv des KHI, A I, 7 (1.3.1932). 8 Auf Einladung der Facoltà di Scienze e Lettere der Universität Florenz hielt Haseloff im akademischen Jahr 1933/34 eine zwölfteilige Dürer-Vorlesung in italienischer Sprache, der 1934/35 eine Vortragsreihe zur deutschen mittelalterlichen Plastik folgte. Darüber hinaus sprach er in zwei vom Institut veranstalteten öffentlichen Vorträgen über „Das Wesen der gotischen Malerei“ und über „Das Schicksal deutscher Kunst und Künstler im Zeitalter Dürers“. Kunsthistorisches Institut in Florenz, Jahresbericht 1933/34, 4, 6; Kunsthistorisches Institut in Florenz, Jahresbericht 1934/35, 4. 9 Kunsthistorisches Institut in Florenz, Jahresbericht 1933/34, 8; siehe auch HUBERT 1997, 56. 10 Kunsthistorisches Institut in Florenz, Jahresbericht 1933/34, 3. 11 Kunsthistorisches Institut in Florenz, Jahresbericht 1934/1935, 4. 12 Ebd. 13 Dazu vor allem mit Bezug auf das Kunstgeschichtliche Seminar AREND/SCHAEFF 2010. 14 Kriegbaum hatte bereits seine Dissertation bei Adolph Goldschmidt über den süddeutschen Bildhauer Hans Reichle geschrieben, der als Schüler Giambolognas mehrere Jahre in Florenz gewirkt hatte. 15 Memorandum über die Fortsetzung der „Florentiner Mitteilungen“ von Friedrich Kriegbaum, Archiv des KHI, A I, 13 (22.2.1935). 16 Die Zusammenlegung von Bibliotheca Hertziana in Rom und Kunsthistorischem Institut in Florenz wurde zu unterschiedlichen Zeitpunkten immer wieder diskutiert. Vgl. HUBERT 1997, 55. 17 „Die Florentiner Photographiensammlung, die zu dieser Fragestellung umfangreiches Material besitzt, kann dazu ausgenützt [sic!] werden. Stilistische und lostenmässige [sic!] Zusammenstellungen deutscher Kunstwerke in Italien könnten wichtige Grundlagen zur Weiterarbeit bieten. Es ist vorläufig an Themen wie die folgenden gedacht: Deutsche Kunstwerke auf toskanischem Boden (später event. auf ganz Italien zu erweitern)/Deutsche Miniaturhandschriften in italienischen Bibliotheken/Deutsches Kunstgewerbe des Mittelalters in italienischen Museen und Kirchenschätzen/ Das Vorkommen deutscher Druckgraphik in italienischen Sammlungen.“ Aus: Memorandum über die Fortsetzung der „Florentiner Mitteilungen“ von Friedrich Kriegbaum, Archiv des KHI, A I, 13 (22.2.1935). 18 Zu Ulrich Middeldorf, der von 1926–1935 am Institut tätig war, siehe DERCKS 2013. 19 Kriegbaum an Middeldorf, Archiv des KHI, A I, 13 (27.1.1935). 20 So z. B. Kriegbaums Anfrage an den Kunsthistoriker Theodor Müller: „Was ihr [den „Mitteilungen“; Anm. d. Verf.] bisher ausgesprochen fehlt, ist die größere Betonung der Frage der Beziehungen zwischen Deutschland und Italien. Und in diesem Zusammenhang denke ich ganz besonders an Sie und Ihren Interessenkreis, der ja oft nach Italien hineinschneidet. Prinzipiell möchte ich Sie bitten, sich doch der ‚Mitteilungen‘ zu erinnern, wenn Sie einmal etwas Interessantes aus diesem Fragenkomplex haben oder wenn Sie von derartigen Arbeiten hörten, die irgendwo im Gange

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sind.“ Kriegbaum an Müller, Archiv des KHI, A I, 13 (2.2.1935). Ausnahmen bilden in den „Mitteilungen“ die Beiträge von OTTO 1939 sowie KRIEGBAUM 1939. Allerdings wurden den Jahresberichten 1935/36 und 1936/37, die als Doppelheft erschienen, kleinere, von Kriegbaum und seinen Mitarbeitern verfasste Beiträge über deutsche Kunstwerke in italienischen Kirchen und Sammlungen angehängt. Ob sich dahinter taktische Überlegungen verbargen, ist nur zu vermuten. Denn während die „Mitteilungen“ als Fachorgan über einen eher eingeschränkten Leserkreis verfügten, richteten sich die Jahresberichte in ihrer Funktion eines Rechenschaftsberichts gegenüber den Vereinsmitgliedern an ein weitaus breiteres und nicht genuin kunsthistorisches Publikum. Vgl. auch HUBERT 1997, 60. 21 Kunsthistorisches Institut in Florenz, Jahresbericht 1935/36 und 1936/37 [ein Band], 4 sowie Jahresbericht 1937/38, 4. 22 Kriegbaum an Regierungsrat von Oppen, Archiv des KHI, A I, 22 (31.7.1937). 23 Kunsthistorisches Institut in Florenz, Jahresbericht 1935/36 und 1936/37 [ein Band], 4. 24 Ebd. 25 Kriegbaum an Regierungsrat von Oppen, Archiv des KHI, A I, 22 (31.7.1937). 26 Kunsthistorisches Institut in Florenz, Jahresbericht 1935/36 und 1936/37 [ein Band], 5. 1942 erschien in der Zeitschrift „Erziehung und Bildung im Haus“ ein Beitrag Waetzolds unter dem Titel „Der heroische Typus in der deutschen und in der italienischen Kunst“. SCHUNK 1984, 134. Es ist zu vermuten, dass er auf seinen mündlichen Ausführungen in Florenz basiert. 27 Kriegbaum an Regierungsrat von Oppen, Archiv des KHI, A I, 22 (31.7.1937). 28 Vgl. HUBERT 1997, 58. Vorstandsmitglieder waren neben dem 1935 nach Berlin an die FriedrichWilhelms-Universität berufenen Wilhelm Pinder, dem 1934 ernannten Generaldirektor der Preußischen Museen Otto Kümmel und einem Vertreter des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (Regierungsrat Hans Werner von Oppen bzw. Ministerialdirektor Wolfgang von Staa), die qua ihres Amtes dem Vorstand angehörten, Heinrich Zimmermann, Eberhard Hanfstaengel und Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing. 29 Zum Reichserziehungsministerium siehe NAGE 2012. 30 Statut des Instituts 1936, publiziert bei HUBERT 1997, 180. 31 So stellt das Ministerium 1937 einen Sonderetat für den Studienkurs zur Verfügung. Kriegbaum an Klaus Graf von Baudissin, Reichserziehungsministerium, Archiv des KHI A I, 1 (19.10.1937). 32 Kriegbaum an Regierungsrat von Oppen, Archiv des KHI, A I, 16 (11.11.1935). 1936 wurde tatsächlich ein Stipendium des Ministeriums eingerichtet. Dies erhielt im Studienjahr 1936/37 Günther Schiedlausky. 1937/38 gab es zwei Stipendiaten: Christian Wolthers und Wolfgang Lotz. 1938/39 war es Christian Peé. Außerdem vergab das Reichsministerium des Inneren in diesem Jahr zwei Stipendien an Helmut Eisenlohr und Erwin Kluckhorn. 1939/40 erhielt Wilfried Thöllden das Stipendium des Bildungsministeriums und Georg Scheja das des Innenministeriums. Jahrbuch des Kunsthistorischen Instituts 1935/36 und 1936/37 [ein Band], 3; 1937/38, 3; 1938/39, 3; 1939/40, 5. 33 Vgl. PETERSEN 1988, 52–54; HOFFEND 1998, 66 f. 34 Ebd., 67. 35 PETERSEN 1988, 45. 36 Bundesarchiv, BArch (ehem. BDC), NSDAP-Gaukartei, Kriegbaum, Friedrich. Kriegbaum wurde am 1. November 1937 mit der Mitgliedsnummer 4679152 in die NSDAP aufgenommen. Ich danke Christian Fuhrmeister für diese Auskunft.

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37 Zu Friedrich Wilhelm von Bissing als „homo politicus“ siehe GRIMM/SCHOSKE 2010, 40–44. Von Bissing wurde allerdings am 24. Mai 1937 aus der Partei ausgeschlossen, da er sich drei Jahre zuvor in einem Brief an den Hitler-Sympathisanten Abt Alban Schachleiter kritisch über den Reichsbischof der Deutschen Evangelischen Kirche geäußert und Hitlers nachgiebige Haltung diesem gegenüber angeprangert hatte. Das gab Anlass für eine Reihe von Denunziationen gegen von Bissing. 38 Kriegbaum an von Bissing, Archiv des KHI, A I, 13 (8.1.1937). 39 NSDAP-Ortsgruppenleiter W. Gehlhar an Kriegbaum, Archiv des KHI, A I, 13 (28.11.1935). Gehlhar bietet darüber hinaus an, eventuelle, durch die Abendöffnung des Instituts entstehende Mehrkosten zu übernehmen bzw. die Vorträge ganz in das Deutsche Haus in der Via Faentina zu verlegen. 40 HUBERT, 1997, 60; Jahresbericht des Kunsthistorischen Instituts 1935/36 und 1936/37 [ein Band], 6. 41 HOFFEND 1998, 27. Zum Besuch Hitlers in Florenz siehe CARAFFA/SHALEM 2013. 42 OERTEL 1938, HAFTMANN 1938. Vgl. auch SPAGNOLO-STIFF 2013. 43 Der Film „Eine Welt im Schrank“, der im Jahrbuch als „Der Pommersche Kunstschrank“ aufgeführt wird, hatte am 31.5.1935 im Berliner Gloria-Palast Premiere. Zu Cürlis siehe DÖGE 2005, 36–49. Cürlis war auch als künstlerischer und fotografischer Gutachter an der monumentalen Fotokampagne „Führerauftrag“ beteiligt. Dazu KLINGEN 2006, 71. 44 Kriegbaum an Niels von Holst, Archiv des KHI, A I, 11 (22.2.1938). Niels von Holst war Mitarbeiter im Reichserziehungsministerium und im Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) tätig. Ab 1936 leitete er das Außenamt der Staatlichen Museen in Berlin, was für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Berliner Museen zuständig war. KITSCHEN 2011, 148 f. 45 DÖGE 2005, 41. Der hohe Stellenwert, den die Nationalsozialisten dem Medium Film für die Auslandspropaganda zuschrieben, wird noch in den späteren Tagebucheintragungen Joseph Goeb­ bels’ ersichtlich, der 1941 festhielt: „Der Film im Ausland ist eines unserer wirkungsvollsten ­Propagandamittel. Er braucht nicht unbedingt Geld zu bringen. Er kann sogar Geld kosten.“ Zit. nach DÖGE 2005, 42. Zur Filmpropaganda siehe auch PETERSEN 1990, 525. 46 Zur italienischen Politik in den Jahren 1914/15, die schließlich zum Kriegseintritt des ursprünglichen Dreibundmitglieds Italien auf Seiten der Entente führte, siehe grundlegend AFFLERBACH 2007. 47 PETERSEN 1990, 519 f. Dies galt allerdings nicht nur für Italien, sondern für alle Deutschland gegenüber neutralen Staaten. 48 HOFFEND 1998, 279. 49 PETERSEN 1990, 520. 50 Zit. nach HOFFEND 1998, 279. Das Zitat stammt aus einem Vermerk über eine Besprechung zwischen der deutschen Botschaft mit den Direktoren der deutschen Institutionen in Rom am 25.9.1939. 51 Zit. nach PETERSEN 1988, 62. 52 So formulierte es Blahut in seinen „Gedanken zu einer Kulturpolitik im Kriege“, die in den Rundmitteilungen der Zweigstelle Rom des DAAD, Nr. 6, 1.4.1940 erschienen. PETERSEN 1988, 62. 53 Kriegbaum an Zimmermann, Archiv des KHI, A I, 20 (30.6.1940). 54 Kriegbaum an das Wehrbezirkskommando Schöneberg, Archiv des KHI, A I, 22 (8.3.1940). 55 Für das Jahr 1942 stellte das Auswärtige Amt 3000 RM Sondermittel für die Vortragstätigkeit zur Verfügung. Abschrift Auswärtiges Amt, Archiv des KHI, A I, 00 (pr.) (19.1.1942).

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56 Den einzigen für diese Zeit nachweisbaren öffentlichen Vortrag hielt am 18. Februar 1938 Leo Bruhns, der über Tintoretto sprach. Jahresbericht des Kunsthistorischen Instituts 1937/38, 3. Die Unterbrechung der Vortragsreihe lässt sich eigentlich nur mit der desaströsen finanziellen Lage des Instituts in diesen Jahren erklären, wodurch Kriegbaum auch die notwendigen Mittel fehlten, um Referenten einzuladen. 57 Nachdem die ersten Vorträge von den Institutsmitarbeitern selbst bestritten worden waren, bemühte sich Kriegbaum intensiv um Referenten aus Deutschland. An Interessenten für diese Aufgabe mangelte es nicht, da eine Einladung nach Florenz den an den Universitäten, Museen und Archiven verbliebenen Wissenschaftlern die Möglichkeit zu einer Ausreisegenehmigung nach Italien bot, die nach Ausbruch des Krieges immer schwieriger zu erhalten war. Nur so konnten sie ihre wissenschaftliche Arbeit vorantreiben und das inhaltliche Gespräch mit ihren italienischen Kollegen, mit denen sie schon vor Ausbruch des Krieges in Kontakt gestanden hatten, fortsetzen. Aus der Korrespondenz werden die beiderseitigen Interessen schnell ersichtlich. Während Kriegbaum in den offiziellen Einladungsschreiben an die Redner die kulturpropagandistische Relevanz der jeweiligen Vorträge herausstrich, waren die vorausgegangenen Briefe häufig von taktischen Überlegungen hinsichtlich der Durchführung einer geplanten Studienreise nach Italien bestimmt. Die Übernahme eines Vortrages machte diese dann überhaupt erst möglich. Zwischen Herbst 1940 und Sommer 1943 sprachen (sofern der genaue Vortragstermin und das Vortragsthema ermittelt werden konnten, sind diese in Klammern vermerkt) Wilhelm Waetzold, Lehrstuhlinhaber in Halle und ehemaliger Vereinsvorsitzender des KHI (1940: „Homer in der nachantiken Malerei“); Leo Bruhns, Direktor der zum Kaiser-Wilhelm-Institut für Kunstgeschichte umbenannten Bibliotheca Hertziana in Rom (4.12.1940: „La cattedrale di Strasburgo“, Anfang April 1943: „La diffusione dell’Architettura italiana in Europa“); Theodor Hetzer, Lehrstuhlinhaber in Leipzig (1941: „Giotto“); Otto Helmut Förster, Kölner Museen (7.5.1941: „Bramante“); Richard Kurt Donin, Wiener Kunsthistoriker und Jurist (Herbst 1941: „Der Dom von Pienza und die Ostmark“); Wilhelm Waetzold (10.10.1941: „Die Umgestaltung von Paris unter Baron von Hausman“); Götz von Pölnitz, Historiker (6.12.1941: „Die Fugger“); Eckart Peterich, Schriftsteller und Journalist (8.1.1942: „L’Immagine del Diavolo“); Wilhelm Pinder (19.3.1942: „Selbstporträt Rembrandts“; 18.4.1942: „Die Landschaftsmalerei im Deutschland der Dürerzeit“); Walther Paatz, Lehrstuhlinhaber Heidelberg (Herbst 1942); Ernst Kühnel, Direktor des islamischen Museums in Berlin (4.11.1942: „L’Arte Medievale e l’Oriente Islamico“); Paul Clemen, Bonner Denkmalpfleger (November oder Dezember 1942); Herbert Siebenhüner, Florentiner Institutsassistent (28.1.1943: „Barockbaukunst der Ostmark“); Friedrich Kriegbaum (Anfang Februar 1943: „Elementi Düreriani nella pittura italiana in Europa“); Walter-Herwig Schuchardt, Lehrstuhlinhaber Archäologie in Freiburg und Dekan (31.3.1943: „Die Epochen der griechischen Plastik“); Kurt Bauch, Lehrstuhlinhaber in Freiburg (1.6.1942: „Die geschichtliche Bedeutung in Giottos Frühstil“). Doch auch italienische Kollegen bestimmten das Format: Roberto Salvini, Denkmalpfleger in Palermo (November 1941: „Panorama della Pittura Tedesca del Quattrocento“); Mario Salmi, Florenz (27.2.1942: „Civiltà fiorentina del primo Rinascimento“); Federico Hermanin, Rom (5.5.1942: „Rocche baronali e Monasteri in Roma Medievale“); Roberto Longhi, Florenz (13.6.1943: „Stefano Fiorentini“); erneut Roberto Salvini (18.6.1943: „Cimabue“). Pressemitteilungen Vorträge KHI 1940–43, Archiv des KHI, A I, 18; Zahlreiche Belege auch in KHI, A I, 26. 58 „Ich muss jede Gelegenheit ergreifen zu Rednern zu kommen, man wünscht von der Botschaft möglichst viel öffentliche Vorträge. Ich gebe nach den Vorträgen in meiner Wohnung Empfänge,

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worauf die Botschaft ebenfalls größten Wert legt.“ Kriegbaum an Zimmermann, Archiv des KHI, A I, 22 (25.5.1940). So hatte Kriegbaum bei Wilhelm Waetzold angefragt, ob er seinen Vortrag über „Die Umgestaltung von Paris und Baron Hausmann“ nicht auf Italienisch halten könne, da dies „im Interesse der augenblicklich erwünschten Kulturpolitik“ läge. Kriegbaum an Waetzold, Archiv des KHI, A I, 00 (pr.), (7.7.1941). Es liegt auf der Hand, dass es sich bei der Auswahl der Referenten ausschließlich um nationalsozialistisch angepasste Wissenschaftler handelte. Nach dem Erlass des Gesetzes zum Berufsbeamtentum vom April 1933 und den darauf erfolgten ‚Säuberungsaktionen‘ an den Universitäten hatten etwa ein Viertel der Kunsthistoriker Deutschland oder zumindest die Universitäten verlassen müssen. Vgl. HILLE 2010, 281; MÖLLER 1984, 87–90. DAAD an Kriegbaum, Archiv des KHI, A I, 22 (11.2.1939). Schrade, der bereits 1933 dem Kampfbund für Deutsche Kultur beigetreten war, galt als überzeugter Nationalsozialist. Seit 1935 lehrte er als ordentlicher Professor in Heidelberg. Zur Person Schrades siehe SCHUBERT 2008. Schrades Buch über deutsche Nationaldenkmäler war 1934 von der Reichsschrifttumskammer zum „Buch des Monats“ gewählt worden. DILLY 1994, 2 Anm. 1. Zu Frey siehe MARQUARD-TWAROWKI 2007 und den Beitrag von Juliane Marquard-Twarowski in diesem Band; AREND 2012, 218–222. Kriegbaum an die Deutsche Botschaft, Rom, Archiv des KHI, A I, 26 (11.11.1942). FREY 1939/40, 98. Ebd., 103. Kriegbaum an Reichert, Deutsche Botschaft, Rom, Archiv des KHI, A I, 23 (28.3.1940). Die statistische Auswertung der Phototheksinventare ergibt, dass von den zwischen 1932 (Amtsantritt Haseloffs) und 1943 (vorübergehende Schließung des Instituts) insgesamt 57.182 neu katalogisierten Fotografien nur 1.537 Abbildungen der „Deutschen Abteilung“ zugeordnet werden können, was 2,7 % des Gesamtvolumens ausmacht. Etwas höher ist der Prozentsatz mit 11,2 % bei den Neuzugängen der Bibliothek: Von den insgesamt 5.368 Neuzugängen dieser Jahre behandeln etwa 600 Bände Themen der deutschen Kunstgeschichte. Es überrascht nicht, dass von diesem Material ein Großteil in den Jahren 1937, 1940 und 1941 in den Bestand einging, denn zu diesen Zeitpunkten (kurz vor Abschluss des Kulturabkommens und den ersten beiden Kriegsjahren) wurde die deutsche Propaganda in Italien besonders intensiv betrieben. In der Photothek wurden 1940 und 1941 jeweils 420 bzw. 249 Fotografien inventarisiert. Allerdings waren 372 der 1940 neu verzeichneten Abbildungen bereits in der Photothek vorhanden, jedoch bisher nicht katalogisiert worden. In der Bibliothek waren es 1937 insgesamt 117 Titel (davon 88 Schenkungen), 1941 hingegen 208 Titel (davon 108 Schenkungen). Ich danke Miriam Jesske für ihre Unterstützung bei der Auswertung der Inventarbücher der Photothek. Ende 1941/Anfang 1942 war Kriegbaum auf Vortragsreise für die Deutsch-Italienische Gesellschaft in Deutschland. Kriegbaum an Schuchhardt, Archiv des KHI, A I, 27 (24.2.1942). Schreiben der Prüfkommission an Kriegbaum, Archiv des KHI, A I, 23 (10.8.1939). „So wird für die Zeit des Krieges auf den Aufsatzteil verzichtet.“ Nationalsozialistische Bibliographie 1/2 (1940), 2. AURENHAMMER 2003, 233 und 237. HAUSMANN 1998, 204–211. – AURENHAMMER 2003, 233 und 237. Kriegbaum, Heydenreich und Siebenhüner sollten als Autoren der „Abteilung 7: Italien“, die von Leo Bruhns herausgegeben

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wurde, gemeinsam mit Theodor Hetzer das Thema „Dürer in Italien“ bearbeiten, Heydenreich sollte zusätzlich über die „Beziehungen der italienischen Architektur der Gotik zur deutschen Hallenkirche“ schreiben. Siehe dazu KLINKHAMMER 1993. Diese Erfahrung hatte man im Ersten Weltkrieg machen müssen, wo die Institutsbestände durch die italienische Regierung konfisziert worden waren und es erst nach zähen Verhandlungen gelang, sie zurückzubekommen. HUBERT 1997, 37 f. Als potenzielle Referenten für das akademische Jahr 1943/44 hatte Kriegbaum u. a. Hans Jantzen, Wilhelm Pinder und Wilhelm Waetzold ins Auge gefasst. Handschriftliche Notiz Kriegbaums, Archiv des KHI, A I, 17. AREND/SCHAEFF 2010, 318. So gehörte Heydenreich zum wissenschaftlichen Beirat der großen Leonardo-Ausstellung 1939 in Mailand. Kriegbaum an Hoppe, Rektor der Universität Berlin, UA HUB, UK PA H 297, Bd. 2, Bl. 162 (4.4.1940), zit. nach GKNS-WEL, http://www.welib.de/gknsapp/displayDetails.do?id=4%3 A4%3Agknsbase20476 (29.8.2012). Einmal mehr danke ich Christian Fuhrmeister, der mir großzügig dieses und weiteres Material aus der Datenbank der GKNS zur Verfügung stellte, die derzeit nicht online zu konsultieren ist. Generalkonsul Halem an Heydenreich, UA HUB, UK PA H 297, Bd. 2, Bl. 211 (7.5.1942), zit. nach GKNS-WEL, http://www.welib.de/gknsapp/displayDetails.do?id=4%3A4%3Agknsbase1 77056 (29.8.2012). Allgemein zum Kunstschutz KLINKHAMMER 1992; FUHRMEISTER 2012; KLINKHAMMER 2012; FUHRMEISTER im Druck. Zum Florentiner Institut als Sitz des Kunstschutzes CARAFFA/ GOLDHAHN 2012. CARAFFA/GOLDHAHN 2012, 94–103; PETERS 2012.

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Alena Janatková

Museumspolitik im „Protektorat Böhmen und Mähren“ Die Prager Galerie alter Kunst/Nationalgalerie/ Landesgalerie 1 Die Galerie alter Kunst, die sich seit 1931 am provisorischen Ausstellungsort in der Stadtbücherei am Marienplatz in Prag befand und während der Jahre 1934 bis 1937 in staat­ liche Verwaltung überführt wurde, sollte in der Tschechoslowakei zur Nationalgalerie und damit zur Repräsentantin der jungen Republik ausgebaut werden (Abb. 1).2 Dieses Vorhaben wurde von Josef Cibulka3, der Anfang Februar 1939 die Direktion übernommen hatte, zunächst weiterverfolgt. Allerdings sah sich das Protektorat Böhmen und Mähren nach dem 16. März 1939 mit veränderten Modalitäten konfrontiert: Unter dem deutschen Protektorat wurden die Konzeption und die organisatorische Ausrichtung der Prager Galerie alter Kunst, ihre Sammlungsstrukturen wie Sammlungsstandorte und die verwaltungstechnischen Abläufe neu verhandelt. Die weitere Entwicklung stand ganz im Zeichen der komplexen Realität des Protektorats. Sie beinhaltete das Ausloten von Handlungsspielräumen der tschechischen Protektoratsregierung gegenüber dem Amt des Reichsprotektors und dessen Interessen. Die bürokratischen Facetten dieses Austauschs sind vielfältig dokumentiert. Es liegen informelle Hinweise, Anträge, Anfragen, Sitzungsprotokolle und Gutachten vor, aber auch Dokumente zum offiziellen Schriftverkehr mit der Protektoratsregierung und Anweisungen aus dem Amt des Reichsprotektors. Am Beispiel der Prager Galerie alter Kunst und ihrer Sammlungsbestände soll im Folgenden gezeigt werden, welchen Änderungen die Museumsarbeit mit Beginn des deutschen Protektorats unterlag. In diesem Zusammenhang sind verschiedene Fragen zu klären: Zum einen, welche Rahmenbedingungen des Kunst- und Kulturschutzes im Protektorat galten, und zwar insbesondere für die nun offiziell in „Landesgalerie“ umbenannte, inoffiziell jedoch weiterhin unter ihrem angestammten Namen, bisweilen auch als „Nationalgalerie“ firmierende Galerie alter Kunst. Des Weiteren soll festgehalten werden, wie sich diese auf den Umgang mit Kunst generell auswirkten, und zum anderen wird nach den Regeln gefragt, die für den Zugang und die Aufbewahrung beschlagnahmter bzw. übergebener Kunst ­galten. Inwiefern gab es hierbei vonseiten der deutschen Kulturpolitik konkrete Vorgaben und Strategien zu Ausstellungspraxis, Ankaufspolitik und Neustrukturierung der Sammlungsbestände? Wie wirkten sich diese auf das Wertesystem aus? Welche Rolle spielten

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1  Galerie am Marienplatz, Ausstellung „Karel Škréta“, 1939.

dabei das Deutsche Reich und Berlin als sein Machtzentrum? Und wie wurde über Personalangelegenheiten der Galerie, ins­be­sondere über bestimmte Verantwortungsbereiche und Mitspracherechte entschieden?

Der Besuch des Generaldirektors der Berliner Staatlichen Museen Anfang 1940 wurde in der Sache der Prager Galerie alter Kunst Otto Kümmel4, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, hinzugezogen. Kümmel selbst hatte den Wunsch geäußert, verschiedene Prager Sammlungen zu besichtigen, um bei dieser Gelegenheit nach bestimmten Bildern Ausschau zu halten, vor allem nach dem „Hohenfurther Altar, der sich leihweise in Prag befin­det und dessen Rückgabe nach Hohenfurth (Gau Oberdonau) merkwürdigen Schwierigkeiten zu begegnen scheint“.5 Seine Einladung als Gutachter erfolgte durch den Kulturreferenten Hans Reinhold, der im März 1939 aus dem Reichserziehungsministerium nach Prag ins Amt des Reichsprotektors gewechselt, jedoch weiterhin für seinen alten Arbeitgeber im Zusammenhang mit kulturpolitischen Angelegenheiten des Reiches, beispielsweise der „Rückgabe von deutschem Kunstbesitz“, tätig

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war.6 Reinhold war es auch gewesen, der eine Führung bei Direktor Cibulka durch das „unfertige Museum der älteren Gemälde und Skulpturen“ vermittelte, die Kümmel im Nachhinein kritisch kommentierte: „Die Sammlungen enthalten nach meiner Meinung namentlich in den Bildern den Stoff zu ­einem hervorragenden Museum von ausgesprochener Eigenart [...] Der Schwerpunkt liegt selbstverständlich in den Beständen an böhmischen Bildern, die in ihrer Gesamtheit den ­anschaulichen und unwiderlegbaren Beweis für die völlige Beherrschung des böhmischen Kunst­ lebens durch die Deutschen führen. Die eigene Leistung der Tschechen ist verschwindend ­gering, ja kaum zu spüren. [...] Aber ich kann mich angesichts der neueren Erwerbungen und der ge­legentlich angedeuteten Erwerbungsabsichten des Dir. Cibulka eines leisen Unbehagens nicht erwehren. Ich setze dabei voraus, daß die Protektoratsregierung auch das Museum bei der Neugestaltung der alten Reichshauptstadt mit einsetzen, also in seiner Bedeutung er­ halten oder ­steigern will. Ist es doch geradezu ein Preislied auf die deutsche Kulturarbeit in Böhmen.“

Unter derselben Prämisse verlangte Kümmel weiter eine gezielte Auswahl von Kunstwerken: „Er [Cibulka; Anm. d. Verf.] sieht die Schausammlung noch mit den Augen eines Universitätsprofessors an, der naturgemäß den Wunsch hat, das ganze Material so vollständig und bequem wie möglich bei einander zu haben. [...] Ein Zuviel ermüdet, selbst wenn ein Meisterwerk neben dem anderen hängt, und gar Mittelmäßigkeiten neben den Meisterwerken dienen nicht etwa diesen als Folie, sondern lenken von ihnen ab, ich möchte beinahe sagen: stecken diese mit ihrer Mittelmäßigkeit an. Daher: in der Schausammlung eine streng gesichtete Auswahl des Besten [...].“7

Die hervorragende Schausammlung von ausgewählten Kunstwerken, auf welche Kümmel für Prag den Akzent legte, beschränkte sich auf die Repräsentation der „alten Reichshauptstadt“. Eine solche „deutsche Kulturarbeit“ hatte Konsequenzen auf die Auswahl, Hängung und Beschriftung der Kunstwerke. Dem kulturpolitischen Zweck diente in der Konsequenz auch eine entsprechende Ausgliederung von Meisterwerken wie Albrecht Dürers „Rosenkranzfest“ oder von ausgewählten Werken italienischer und niederländischer Künstler, die gemäß ihrer nationalen Identifizierung nicht den böhmischen Raum repräsentierten. Diese Kunstwerke konnten somit problemlos dem „Sonderauftrag Linz“8 zur Verfügung gestellt werden. Neben dem „hervorragenden Museum von ausgesprochener Eigenart“ wurde außerhalb Prags, in Königsaal (Zbraslav), ein zweiter, aber weniger bedeutsamer Standort der Galerie eröffnet (Abb. 2).9 Für die Auslagerung von Kunstobjekten hatte sich besonders Cibulka engagiert, der die Strategie verfolgte, verschiedene Galeriestandorte und Depotniederlassungen zu errichten.

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2  Protektoratspräsident Emil Hácha zu Besuch in Königsaal (Zbraslav), ca. 1939/40.

Damit wurden die Sammlungen zerstreut und rückten aus dem Fokus. In seinem Arbeitsbericht der Galeriedirektion hebt Cibulka dieses Vorgehen wiederholt als Kunstschutzmaßnahme hervor.10

Kultur- und Kunstschutz Kümmels Empfehlung, das Museum als „ein Preislied auf die deutsche Kulturarbeit in Böhmen“ in Szene zu setzen,11 ging mit verwaltungstechnischen Konsequenzen einher, die das Vorhaben befördern sollten. Auf der Objektebene wurden noch zum Jahresende ­Bestimmungen in Kraft gesetzt, die den Kultur- und Kunstschutz betrafen. Am 1. Oktober 1940 wurde mit der „Verordnung zum Schutze der Kulturdenkmäler im Protektorat Böhmen und Mähren“ prinzipiell festgelegt, dass Kulturdenkmäler aus dem Protektorat bis auf Weiteres nur mit Genehmigung des Reichsprotektors ausgeführt werden durften. Kulturdenkmäler im Sinne dieser Verordnung waren Gegenstände von künstlerischem oder lokalhistorischem Wert im Sinne der deutschen Kulturbodenforschung oder solche, die für die Wissenschaft von besonderer Bedeutung waren.12 „Da es nicht im Interesse des Deutschtums des Landes gelegen sein kann, solche Werte, die doch fast ausschließlich

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deutschen Ursprunges sind und Bedeutung für den böhm.-mähr. Raum haben, im täg­ lichen Gebrauch zu benutzen oder in das Reichsgebiet zu versenden“, drängte der Wehrmachtbevollmächtigte auf die Hinzuziehung einer „fachkundigen Kommission“ zur ­Sicherstellung der Objekte von kulturellem und historischem Wert, wobei er den Vorzug der militärischen Dienststellen gegenüber der Geheimen Staatspolizei durch einen Wehrmachtvertreter gewahrt wissen wollte.13 Ende 1941 wurde durch das Amt des Reichsprotektors die verbindliche Allgemeingültigkeit der Verordnung zum Kultur- und Kunstschutz auch für nicht museal wertvolle Kunstwerke bestätigt. „Entsprechend der Anordnung des Herrn Staatssekretärs wird in Zukunft der Blick nicht nur auf die museal wertvollen Kunstwerke dieser Art zu legen sein, sondern auch darauf, inwieweit solche Stücke für die Zwecke des Reichsprotektors verwendbar sind.“14 Die Maßnahmen zum Verbleib der Kunst- und Kulturgüter waren ein wichtiger Faktor in der deutschen Kunst- und Museumspolitik im Protektorat.15 Sie betrafen die Bestände der Kultureinrichtungen ebenso wie die neu hinzugekommenen, weit unter Wert erworbenen Kunstwerke16 und alle Objekte aus konfisziertem „Juden- und Feindvermögen“, denen der Status von „Reichseigentum“ zugesprochen wurde. Die praktische Umsetzung dieser Verordnung wurde von der Reichskammer der Bildenden Künste, die auch Anlaufstelle für Schmuck- und Kunstgegenstände aus jüdischem Besitz war, im Antwortbrief auf das „Rundschreiben Nr. 25 v. 14.10.41“ genauer erklärt: „Laut Verfügung des Staatssekretärs, Herrn SS-Gruppenführer K. H. Frank, sollen sämtliche Kunstwerke nach Möglichkeit im Protektorat Böhmen und Mähren verbleiben, um daselbst die Kunstpotenz zu steigern. Seitens der geheimen Staatspolizei sind in Zusammenarbeit mit dem Amt des Reichsprotektors rechtzeitig alle Massnahmen getroffen worden, dass sämtliche künstlerisch hochwertige Kunstgegenstände aus jüdischem Besitz den entsprechenden Stellen zugeführt werden. Einige der wertvollsten Bilder wurden zur Verfügung des Führers an das Linzer Museum gesandt. Die Sammlung ‚Morawetz‘ wurde als Leihgabe des Reiches in der Landes­ galerie [= Prager Galerie alter Kunst/Nationalgalerie; Anm. d. Verf.] untergebracht. Gleichzeitig wurden eine Reihe geschlossener Sammlungen in der Modernen Galerie in Prag deponiert. Zweit und drittrangige Bilder sind im Münchner Aktionshaus [!] Weinmüller für 2 Millionen Kronen versteigert worden. Genaue Verzeichnisse können auf Wunsch von der geheimen Staatspolizei nachgereicht werden. Als künstlerischer Begutachter für diese Aktionen [!] zeichnen verantwortlich der Kunsthistoriker Graf Waldburg beim Amt des Reichsprotektors und Universitätsprofessor Swoboda.“17

Johannes Graf von Waldburg und Karl Maria Swoboda18 erhielten als Fachgutachter Sonderrechte, die ihnen manche Tür öffnete. So wurde bei der Gestapo die Besichtigung und gesonderte Verfügungsgewalt über eingezogene Kunstgüter erzielt, um aus dem proklamierten „Reichseigentum“ wertvolle Kunstobjekte als Leihgaben für die Galerie auszusuchen.19

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3  Bericht über die „Ausstellung der Neuzugänge der Galerie“, Pestrý týden [Bunte Woche], 17.6.1939.

Unter den Bedingungen des Kultur- und Kunstschutzes und der schützenden Hand des Protektoratsministeriums prosperierte die Galerie wie noch nie in ihrer 150-jährigen Geschichte (Abb. 3).20 Die Bilanz des Galeriedirektors Josef Cibulka von Mai 1945 bezeugt für die Zeit des Protektorates eine enorme Expansion der Sammlungsbestände. Die Galerie hatte die wertvollsten Objekte aus staatlichem, öffentlichem und kirchlichem Eigentum übernommen, sie war Aufbewahrungsort ganzer Sammlungen aus jüdischem Besitz wie der von Jindřich Waldes21 oder Richard Morawetz und von politisch verfolgten Personen. Cibulka konstatiert, dass unter seiner Leitung des Museums die Zahl der Gemälde und Skulpturen auf 9.600 und der Zeichnungen auf 20.000 um mehr als das Vierfache angewachsen sei. Die Zahl der Grafiken sei mit 100.000 sogar um das Dreizehnfache gestiegen.22

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Beschäftigung deutscher Fachkräfte Die Kultur- und Kunstschutzmaßnahmen dienten primär der Bekräftigung bzw. der Demon­stration von Prämissen der Kulturbodenforschung.23 Im Kontext der Volksabstimmungen und territorialen Abtretungen in den Grenzgebieten des Deutschen Reiches und Österreich-Ungarns waren die Begriffe Volks- und Kulturboden als machtpolitische Instrumente eingesetzt worden, die aus politischer Sicht eine Revision der Versailler Friedensverträge zum Ziel hatten.24 Im März 1939 wurden die Optionen der Kulturbodenforschung sogleich von deutschen Kunsthistorikern aus dem Sudetengau, beispielweise Rudolf Hönigschmid25, Beauftragter für Denkmalschutz in der Dienststelle des Reichsstatthalters Konrad Henlein, eingefordert. Hönigschmid machte sich bei der Ausübung des Denkmalschutzes in Böhmen und Mähren für die „unverfälschte Erhaltung deutschen Kunst- und Kulturbesitzes“ stark, um die über die „völkischen Grenzen“ hinweg „einheitlichen Kunstlandschaften“ von „ausgeprägt deutschem Charakter“ zur Geltung zu bringen.26 „Was sich auf dem Boden des Protektorats an Kunst- und Kulturdenkmalen befindet, das ist in weitaus überwiegendem Masse deutschen Ursprunges. Das gilt für die Zeit der romanischen Kunst ebenso wie für die Zeit der Gotik, wo ein Parler aus Gmünd und Benedikt Ried aus Piesting die führenden Meister waren, und für die Zeit des Barocks, dem die deutschen Baumeister Dienzenhofer[!], die Bildhauer Brokoff und Braun und die deutschen Maler Brandl, ­Willmann und Rainer[!] das Gepräge ihrer Kunst aufdrückten. Ja bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinauf waren es ausschliesslich deutsche Künstler, welchen selbst in Prag die wichtig­ sten öffentlichen Aufträge zufielen. [...] Wer im Protektorat Denkmal- oder Museumspflege ­betreibt, der hat daher für die unverfälschte Erhaltung deutschen Kunst- und Kulturbesitzes zu sorgen.“27

Diese Darstellung ignoriert nicht nur tschechische und andere Künstler, sondern gleich­ zeitig auch jegliche fremde Einflüsse in den böhmischen Ländern, beispielsweise die zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert im Kunstbetrieb maßgeblich mitwirkenden Ita­ liener. Die Herausstellung deutschen Kunstschaffens folgte einer Argumentation, die letztlich auf Einschnitte personeller Art in der Kunst- und Kulturverwaltung abzielte, ­gemäß dem Zirkelschluss, dass deutsche Kunst ebenfalls von Deutschen verwaltet werden müsse. „Die gleichen Gesichtspunkte werden auch massgebend sein bei der Beurteilung der Frage, inwieweit dem Protektorat die bisher in rein tschechischen Händen liegende Verwaltung der Kunstsammlungen und Museen auch weiterhin überlassen werden soll. Zum mindesten wird die Forderung gestellt werden müssen, dass bei der Verwaltung der staatlichen Galerie alter Kunst in Prag [...] durch Anstellung deutscher Fachleute in führenden Stellungen dem deutschen Volk ein angemessener Anteil gesichert wird.“28

Museumspolitik im „Protektorat Böhmen und Mähren“ I 53

Darüber hinaus ging es auch um die Verwaltung von Kunstwerken aus dem konfiszierten „Juden- und Feindvermögen“, die im Protektorat ohnehin als „Reichseigentum“ deklarierter „deutscher Kunstbesitz“ waren. Mit der Einstellung deutscher Fachkräfte, die dem „Leitgedanken unserer kulturpolitischen und Verwaltungsarbeit auf dem Gebiet des Museumswesens“ folgte, wurde der Sachbearbeiter Reinhold beauftragt. Reinhold wandte sich gemäß einer Empfehlung Kümmels mit einer diskreten Anfrage direkt an Dr. Eberhard Freiherr Schenk zu Schweinsberg, Museumsdirektor in Gotha: „Würden Sie grundsätzlich geneigt sein, den Posten des stellvertretenden Direktors der sogenannten ‚Nationalgalerie‘ (ehemals ‚Staatliche Sammlungen alter Kunst‘) in Prag zu übernehmen, wobei ich gleich betonen will, dass die Protektoratsregierung bereits davon unterrichtet ist, dass dieser deutsche stellvertretende Direktor ausdrücklich ‚cum iure successionis‘ einzusetzen ist. Nach Lage der Dinge dürfte der Zeitpunkt der Ablösung des derzeitigen Galeriedirektors durch den künftigen deutschen Vicedirektor wohl in absehbarer Zeit erfolgen. Die heutigen staatsrechtlichen Verhältnisse und die Machtstellung des Reichsprotektors würden aber dem betr. deutschen Fachmanne auch schon vor einer Bestellung zum Leiter der Galerie praktisch einen massgebenden Einfluss auf die Führung der Galerie gewährleisten – wenn er sich nur dem sehr klugen tschechischen Direktor gegenüber durchzusetzen versteht.“29

Nach dieser unverhohlenen Einschätzung der Sachlage stellte Reinhold die in dieser Position zu übernehmenden Aufgaben und Verantwortungsbereiche genauer vor: „Der deutsche Museumsmann, von dem ich hier spreche, würde außerdem die Leitung zunächst der deutschen Abteilung und (bei Übernahme der Leitung der Nationalgalerie) später die Gesamtleitung der allerdings erst im Aufbau begriffenen Galerie des 19. Jahrhunderts erhalten; dazu würde die Mitverwaltung und spätere Alleinverwaltung der graphischen Bestände der ­Nationalgalerie sowie von vornherein die selbständige Leitung der (z. Zt. noch bescheidenen) Deutschen Sektion der ‚Modernen Galerie‘ treten. Ich übertreibe nicht, wenn ich ausspreche, daß der Posten des stellvertretenden deutschen Direktors der Nationalgalerie (die voraussichtlich den Namen ‚Sammlungen alter Kunst in Prag‘ erhalten wird) der bei weitem wichtigste ist und von allem sein wird, den das Protektorat zu vergeben hat. [...] Zum Schluß muß ich aber auch noch besonders darauf hinweisen, daß der deutsche ‚Vicedirektor‘ und spätere Direktor unstreitig sehr viel Arbeit vorfinden wird, daß es sich hier aber um eine ganz außergewöhnlich lohnende und im Interesse unserer Volkstumsarbeit im Protektorat wie im Interesse der deutschen Kunstwissenschaft und Museumsarbeit höchst bedeutsame wahre Aufbautätigkeit handelt.“30

Das war eindeutig eine Offerte, die auf die Einsetzung des deutschen Fachmanns als Verantwortlichen für die Prager Kunstsammlungen abzielte. Zwar gefiel Schenk zu Schweinsberg die Bezeichnung „Vice“ nicht, er zeigte sich jedoch an der Option, über größere

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Geldmittel zu verfügen, durchaus interessiert.31 Reinhold ließ mit einer Antwort nicht lange auf sich warten und war auch in diesem Punkt durchaus auskunftsbereit: „Der ausschließlich für den Ankauf von Kunstwerken bestimmte Betrag im ordentlichen Haushalt des Ministeriums für Schulwesen und Volkskultur (dem die Nationalgalerie untersteht) lautet seit einer Reihe von Jahren – feststehend – auf 105.000 RM nur für die Nationalgalerie. Daneben erscheinen fast regelmäßig im außerordentlichen Haushalt Beträge für besondere Ankäufe, die ratenweise beglichen werden – hier lassen sich natürlich keine bestimmten Summen nennen, 1940 aber sind fast 250.000 RM für die Nationalgalerie ausgeworfen worden, – freilich eine ungewöhnlich reichliche Dotierung! Für die ‚Galerie des 19. Jahrhunderts‘ und die ‚Graphische Sammlung‘, die beide als solche noch nicht bestehen, vermag ich heute noch keine Zahlen anzugeben. Die ‚Moderne Galerie‘ ist Nutznießerin der Erträgnisse des Stiftungskapitals mit einer regelmäßigen Dotation des Ministeriums, ihre deutsche Sektion wird in Zukunft außerdem auch einen namhaften Betrag aus Reichsmitteln erhalten, dessen Höhe im Augenblick aber ebenfalls noch nicht feststeht.“32

Ungeachtet der beachtlichen Beträge im außerordentlichen Haushalt und der in Aussicht gestellten zusätzlichen Reichsmittel kamen die Verhandlungen mit dem Gothaer Museumsdirektor zu keinem Abschluss. Die offensive Vorgehensweise bei der Suche nach einem deutschen Leiter für die Kunstsammlungen wie auch weitere Bemühungen blieben erfolglos, so dass Reinhold wohl „in mehr oder minder gelindem Zorne“ sein Amt niederlegte, wie Schenk gegenüber dessen Nachfolger, Regierungsrat von Both, bemerkte.33 Schließlich wurde dem Antrag des Ministeriums für Schulwesen und Volkskultur auf Weiterbeschäftigung des tschechischen Galeriedirektors Josef Cibulka34 mit einjähriger Verzögerung und dem Vermerk stattgegeben, dass von Both Cibulka für unersetzlich erklärt habe.35

Vorbereitungen zur Wiedereröffnung der Prager Galerie Schon Mitte des Jahres 1940 drängte das Amt des Reichsprotektors auf eine Beschleunigung der Vorbereitungen zur Galeriewiedereröffnung. Es bestand auf verschiedene Änderungen, die sich letztlich an den Hinweisen Otto Kümmels orientierten: „Es handelt sich in erster Linie um die Aufhängung der Bilder und Aufstellung der Plastiken unter Berücksichtigung der mehrfach an Ort und Stelle von meinem Sachbearbeiter sowie auch dem von mir als Gutachter hinzugezogenen Generaldirektor der staatlichen Museen in Berlin vertretenen Notwendigkeit, in den ziemlich beschränkten Räumlichkeiten der Galerie nur eine streng gesichtete Auswahl des Besten zur Schau zu stellen. In diesem Zusammenhang teile ich übrigens mit, daß sich – ebenso, wie neuerdings Malereien und Skulpturen geringerer Qualität aus dem 16. bis 19. Jahrhundert im ehemaligen Kloster Königsaal ein recht befriedigendes Un-

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terkommen gefunden haben, die [...] ,Studiensammlung mittelalterlicher Malerei und Plastik‘ im Rudolphinum unterbringen lässt und zwar voraussichtlich im Saal der ehemaligen Parlamentsbibliothek. Sodann bitte ich [...] dafür Sorge zu tragen, daß nunmehr baldigst die zweisprachige Beschriftung der ausgestellten Kunstwerke – und zwar nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung – vervollständigt wird, bevor die Wiedereröffnung stattfindet. Hier ist an allen Stücken, die seinerzeit aus dem Eigentum der ‚Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde‘ in Staatsbesitz übergegangen sind, eine entsprechende Bezeichnung anzubringen [...] Diese Herkunftsbezeichnungen sind [...] auch anzubringen an allen Werken, die z. T. aus der Sammlung Dr. Hoser stammen, oder durch Stiftung des Fürsten zu Liechtenstein oder anderer Persönlichkeiten in die Galerie gelangt sind.“36

Kennzeichnung und Beschriftung der Exponate sollten aber nicht nur den „deutschen Kunst- und Kulturbesitz“ in Böhmen und Mähren demonstrieren, sondern darüber hinaus die unter Reinholds Verantwortung angebahnte „Rückgabe von deutschem Kunstbesitz“37 vorbereiten. Die Maßnahmen einer programmatischen deutschen Restauration betrafen ebenfalls das Rudolfinum als vormaligen Ausstellungsort der Sammlungen der „Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde“ und erneut ins Spiel gebrachten Galeriestandort. „Gleichzeitig mit der Frage der endgültigen Auswahl der auszustellenden Kunstwerke bitte ich die beschleunigte Durchführung des für die spätere Wirkung der Museumsräume besonders wichtigen Wandanstriches zu veranlassen. Zu diesem Zwecke möge der Direktor der Galerie ebenfalls rechtzeitig vorher im Einvernehmen mit meinen Sachbearbeitern und Gutachtern handeln, die hierbei die Funktion des zur Zeit noch nicht nach Prag berufenen stellvertretenden (deutschen) Direktors übernehmen würden.“38

Damit wurde den Sachbearbeitern aus dem Amt des Reichsprotektors und den Gutachtern letztlich die Aufsichtsfunktion zugewiesen. „Da [...] der stellvertretende (deutsche) Direktor noch nicht ernannt worden ist, bitte ich den Direktor der Nationalgalerie anzuweisen, alle Ankäufe, nicht nur die in der sogenannten ‚Ankaufskommission‘ verhandelten Angelegenheiten, einstweilen mit dem Professor für Kunst­ geschichte an der deutschen Karls-Universität, K. M. Swoboda, vorher zu besprechen.“39

Karl Maria Swoboda, Leiter des Kunsthistorischen Instituts an der Deutschen Universität in Prag, wurde somit beauftragt, die Tagesgeschäfte der Galerie anstelle eines deutschen Vizedirektors fachlich zu beaufsichtigen und zu kontrollieren. Es ist bekannt, dass Cibulka mit Swoboda in der Ankaufskommission und darüber hinaus bei der Sicherstellung von Kunstwerken sehr effizient kooperiert hatte.40 Die Tätigkeit Swobodas ging weit über die offizielle Aufgabe, Verantwortung für die Ankäufe zu übernehmen, hinaus. Sein fachkundiger wissenschaftlicher Rat nach dem „gegenwärtigen Stand der Forschung“ war insofern

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gefragt, als sich Swoboda in der Volks- und Kulturbodenforschung mit einschlägigen ­Arbeiten gerade zum „deutschen Anteil an der Kunst der Sudentenländer“, genauer zu Böhmen und Mähren als historischen deutschen Gebieten, einen Namen gemacht hatte.41 Der so ausgewiesene Fachmann sollte zur Profilierung der Prager Galerie beitragen. Die diffizile personale Konstellation von tschechischer Museumsdirektion unter deutscher Aufsicht führte zwangsläufig zu unterschiedlichen bzw. gegenläufigen Interessenlagen. Cibulka hat diesen Konflikt in seinen handschriftlichen Notizen „pro memoria“ an einem Beispiel dokumentiert. Während eines Besuchs des Sachbearbeiters Reinhold aus dem Amt des Reichsprotektors in Begleitung Swobodas als künftigem reichsdeutschen „Vertrauensmann in allen Kunst- und Museumsfragen in Prag“42 in der Galeriedirektion am 11. Dezember 1940 war es demnach zu einer Auseinandersetzung mit Cibulka gekommen. Die Besprechung beinhaltete primär die Beschriftung der Exponate, wobei Reinhold auf die Änderung der Kennzeichnung „böhmisch/český durch deutscher Meister in Böhmen/německý mistr v Čechách“ drängte, wohingegen Cibulka für eine regionale bzw. lokale Deklaration eintrat. Bei Objekten aus den Sammlungen der „Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde Böhmens“, die zum Bestand der Galerie gehörten, wollte Reinhold nur die deutsche Beschriftung stehen lassen, da diese Gesellschaft durch den deutschen Adel gegründet worden sei, doch ließ er sich von Cibulka überzeugen, dass die Zweisprachigkeit wegen der Präsenz unterschiedlicher Nationen in dieser Gesellschaft richtig sei. Vielleicht gab aber auch Cibulkas Verweis auf die Empfindlichkeit der tschechischen Galeriebesucher letztlich den Ausschlag, war doch eine offensichtliche Provokation dieser Besuchergruppe nicht erwünscht. Swoboda hüllte sich bei diesem Gespräch in Schweigen, wie Cibulka notierte.43 Etwa einen Monat später richtete Swoboda sein Fachgutachten zur Beschriftung der Kunstwerke in der Prager Gemäldegalerie an den Reichsprotektor, in dem er deutlich die deutsche Position artikulierte: „Über die selbstverständliche Zweisprachigkeit (Deutsch-tschechisch) und entsprechende Herkunftsbezeichnungen (Gesellschaft der patriotischen Kunstfreunde in Böhmen, Sammlung Hoser usw.) hinaus wird bei der Beschriftung Folgendes besonders zu berücksichtigen sein: Die dem böhmisch-mährischen Raum entstammenden Kunstwerke im Galeriebesitz aller Epochen sind, soweit nachgeprüft werden kann, mit Ausnahme der Werke eines einzigen Malers (Skreta [!], 17. Jahrhundert), von deutschen Künstlern geschaffen. Sie gehören durch entscheidende künstlerische Charakterzüge der deutschen Kunst an. Der böhmisch-mährische Raum ist eine deutsche Kunstlandschaft. [...] Die Doppeldeutigkeit des Wortes český=tschechisch und böhmisch ist in der Vergangenheit von tschechischer Seite planmäßig zur Irreführung des Altreichs und noch viel mehr des Auslandes dazu mißbraucht worden, die ganze Kunst des böhmisch-mährischen Raumes als český=tschechische Kulturleistung in Anspruch zu nehmen. [...] Dieser Betrug muß durch eine Ausmerzung der Beschriftung český mistr, česká škola ein für allemal unmöglich gemacht werden. Die anonymen Werke böhmisch-mährischer Herkunft sollten daher mit deutscher Meister in Böhmen (in Mähren) – německý mistr v Čechách (na Moravě) bezeichnet werden.“44

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Als am 15.  Februar 1941 ein Schreiben aus dem Amt des Reichsprotektors an das Schulministerium erging, das die Beschriftung der Gemälde in der Galerie regelte, wurde im Vermerk zum Brief zwar die „wesentliche Ergänzung“ durch „eine gutachtliche Äußerung des hiesigen deutschen Ordinarius für Kunstgeschichte“ festgehalten,45 im Brief an das tschechische Ministerium wurde jedoch Swoboda nicht genannt. Unter Berufung auf die dazu stattgefundene Vorbesprechung zwischen Cibulka und Reinhold sollte demnach „böhmisch/český“ durch „deutscher Meister aus Böhmen/ německý mistr v Čechách“ ersetzt werden, insbesondere bei den anonymen Werken des Mittelalters aus dem böhmischmährischen Raum. Bei Werken unbekannter Meister, die in einem „geschlossenen deutschen Siedlungsgebiet“ entstanden seien, sollte der lokale Kontext angegeben werden: „Salzburger Meister/mistr Solnohradský“. Hinsichtlich der „Angelegenheiten des Rudolphinums“ hieß es ferner, dass Werke aus dem Eigentum der „Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde in Böhmen“ in Klammern mit der tschechischsprachigen Angabe Společnost vlasteneckých přátel umění v Čechách auszuweisen seien.46 Als die Galerie am 8. September 1941 in der Stadtbücherei am Marienplatz wiedereröffnet wurde, präsentierte sie sich in den vorderen Räumen mit Kunstwerken böhmischer Provenienz (Abb. 4). Gemäß den tschechischsprachigen Artikeln zur Eröffnung waren diese Räume der Exposition mit Kunst des Mittelalters und des böhmischen Barocks bestückt. Die weiteren Räume 4  „Wiedersehen mit zeigten außer Kunstwerken der sogenannten deutschen ReMeisterwerken“, Der Neue naissance und der rudolfinischen Epoche Arbeiten italieniTag, 3.9.1941. scher, niederländischer oder auch spanischer Künstler. In derselben positiv gestimmten Presse erntete die ausgewählte Installation, beispielsweise die Präsentation von Dürers „Rosenkranzfest“ auf einem Altarunterbau, viel Anerkennung, den Neuzugängen wurde eine ausführliche  – jedoch un­ kritische – Vorstellung gewidmet, zur neuen Beschriftung wurde hingegen keinerlei Kommentar abgegeben.47 Bei der Präsentation von böhmischer und europäischer Kunst und der Ausweisung der Exponate hatte es letztlich einen Kompromiss zwischen den deutschen Sachverständigen und der tschechischen Museumsleitung gegeben, der für die ­öffentliche Inszenierung des Protektorats vor dem Amtsantritt Reinhard Heydrichs bezeichnend ist.

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Neuordnung der Prager Museen Zu Jahresbeginn 1941 hatte Edmund Wilhelm Braun48, Museumsdirektor des Schlesischen Landesmuseums in Troppau (Opava), auf Bitten Reinholds eine kurze Skizze zu den Zielsetzungen der künftigen Verwaltung deutscher wie tschechischer Museen im Protektorat erstellt. Braun riet zur Bestandsaufnahme einzelner Einrichtungen, um dann in einer Denkschrift an den Reichsprotektor und das Schulministerium „Vorschläge für die lebendige Einwirkung dieser Museen und ihrer Sammlungen auf die Bevölkerung“ zu machen. „Erst dann, wenn diese Museen ein Bild des historischen lokalen Werdens und der Entwicklung bieten, haben sie einen praktischen Zweck und können für die Volkserziehung herbeigezogen werden.“49 Ohne weitere Differenzierung wurden hier Museen in den Dienst einer „Volkserziehung“ gestellt, die sich an die Gesamtbevölkerung richtete und eine Popularisierung der Kulturbodenforschung bezweckte. Der von Braun intendierte Überblick des „bildungshistorischen lokalen Werdens“ sollte anhand von Plänen, Modellen, gewerblichen und kunstgewerblichen Erzeugnissen, Beispielen der bürgerlichen Kultur sowie des volkskundlichen Elements aus der ländlichen Umgebung und einer naturwissenschaftlich-landschaftlichen Ergänzung erfolgen. Sein Zukunftskonzept orientierte sich primär am Modell des Heimatmuseums. Aufgrund seiner Ideen zur Neugestaltung des Museumswesens im Protektorat „im deutschen Sinne“ wurde Braun zum „Sonderbeauftragten für Museumsfragen im Protektorat“ befördert,50 eine Funktion, in der er für alle Museen außerhalb Prags verantwortlich zeichnete. Aus demselben Interesse der Kulturbodenforschung wurden die Museen im Protektorat als Landeseinrichtungen zusammengeführt. Sie sollten nunmehr gemeinsam der Veranschaulichung der sogenannten „geopolitischen“ Bedingtheiten, d. h. der geographischen, geschichtlichen und kulturkundlichen Betrachtung des Lebensraumes dienen. Für diesen Zweck wurden die Museen neu strukturiert und einzelne Ausstellungen verschiedener Häuser aufeinander abgestimmt. Vorbereitende Schritte wurden diesbezüglich im Zusammenhang mit der Sonderschau „Deutsche Größe“51 und einer Neugestaltung der Vorund Frühgeschichtsabteilung des Prager Böhmischen Landesmuseums (Nationalmuseums) ­unternommen. Im Frühjahr 1941 kam es im Institut für Vorgeschichte der Deutschen Universität unter Beteiligung der Sachbearbeiter von Both und Graf Waldburg zu einer abschließenden Sitzung, in der über die Neugestaltung der Vor- und Frühgeschichts-­ ab­teilung des Böhmischen Landesmuseums debattiert wurde. „Ziel müsse es sein“, hieß es, „die kultur- und bevölkerungsgeschichtliche Stellung Böhmens in einem größeren poli­tischen Zusammenhange [...] von der Urzeit bis an die Gegenwart heran wissenschaftlich einwandfrei und volkstümlich faßbar, doch auch für die allgemeinere fachliche Einführung noch ausreichend zur Darstellung zu bringen“, nämlich insbesondere „über die seit der Urzeit so reiche besiedlungs- und kulturgeschichtliche Vergangenheit Böhmens mit ihren vielfachen Verflechtungen, Ausstrahlungen und Beeinflussungen zusammen­ hängend und anschaulich zu unterrichten“.52 Ansatzweise stand damit die Umsetzung

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e­ iner während der Ausstellung „Deutsche Größe“ von den Kulturlenkern im Amt des Reichsprotektors e­ r­wogenen, jedoch wegen anders gelagerten Interessen vonseiten des „Amts Rosenberg“ nicht realisierten Sonderschau zur deutschen Geschichte im böhmischmäh­rischen Raum auf dem Plan.53 Übereinstimmung herrschte hingegen in Fragen der „Volkserziehung“, die in den Schausammlungen mit Blick auf die tschechischen wie deutschen Besucher aller Bildungsschichten Berücksichtigung finden sollten. Nach Abschluss der Vorberatungen sollten deshalb tschechische Sachbearbeiter einbezogen und sogar in leitenden Stellungen beteiligt werden, um angeblich ein befriedigendes Ergebnis „für alle“ zu erreichen und die Schau zum gemeinsamen Projekt beider Nationen zu erklären. Diese Hinweise sind Otto Kunkels umfassenden Ausführungen zum Prager Museumskonzept zu entnehmen. ­Kunkel, Leiter des Stettiner Landesmuseums, hatte auf Einladung des Reichs­ protektors das Volkskunde-Museum, die Galerie alter Kunst, das Stadtgeschichtliche ­Museum, das Kunstgewerbemuseum und das Archäologische Landesamt in Prag besucht und im Juni 1941 einen Lösungsansatz zur Strukturierung eines „Böhmischen Landesmuseums“ vorgelegt. Seine Idee war es, hervorragende Leistungen in Kunst und Kultur vom Standpunkt der böhmischen Geschichte und Wirtschaftskunde aus zur Anschauung zu bringen. Die Expositionen der unterschiedlichen Prager Museen sollten unter dieser Prämisse aufeinander Bezug nehmen und womöglich auch untereinander Exponate austauschen. „Die Nationalgalerie z. B. wird immer Schausammlung zum Kunstgenuß und zur kunstwissenschaftlichen Belehrung bleiben; aber die so ungemein wichtigen geschichtlich-politischen Bedingtheiten und Verflechtungen der Kunst- und Kulturpflege, ihrer Blüteepochen usw., sowie die Künstlergeschichte mit ihren volkstumsmäßigen sozialen und wirtschaftlichen Seiten, die gesamte Architekturgeschichte usw., um nur Beispiele zu streifen, haben in einer Galerie keinen Raum – sie können nur in den Zusammenhängen eines historischen Museums richtig zur Geltung gebracht werden. [...] Freilich wäre die mitunter vertretene Meinung ebenso verfehlt, als seien erstrangige Kunstwerke für ein historisch-kulturgeschichtliches Museum ‚zu schade‘ und sie gehörten ausschließlich in die Umgebung hoher Kunst: denn es ist sehr die Frage, ob ein hochwertiges Kunstwerk in der geballten Reihung einer Galerie und hier im bloß kunstwissenschaftlichen Zusammenhang den Beschauer mehr zu erheben vermag als dort, wo es, gute Darbietung vorausgesetzt, ebenfalls ‚genossen‘ werden kann, doch in erster Linie wegen einer besonderen inhaltlichen oder entstehungsgeschichtlichen Aussagefähigkeit die Funktion beispielsweise eines historisch-politischen Denkmals zu erfüllen hat. So könnte m.E., um einen recht extremen Fall zu wählen, etwa ein Hünengrabgemälde der Romantikzeit sehr wohl in der Vorgeschichtsabteilung eines Museums zu seiner vielseitigsten und tiefsten Wirkung gelangen.“54

Ein Gemälde der Romantik konnte wegen seines ganz anders gearteten historisch-politischen Aussagewertes allerdings in der Vorgeschichtsabteilung kaum „den Zwecken anschaulicher Bildung dienen“, eine solche Präsentationskonzeption verlangte vielmehr nach

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der gezielten Verwertung einer romantisch verklärten Darstellung der prähistorischen Zeit für aktuelle kulturpolitische Belange. „Es wären folglich nur wenige Einzelstücke, die anderen Sammlungen zu entlehnen wären, wenn das Böhmische Landesmuseum, wie ich es mir als Ideallösung denke, verwirklicht würde.“55 Kunkel bevorzugte aber nicht nur diese Art von Kunstwerken, überdies sollten eigens für die Schau Gemälde und Dioramen mit passenden Figuren angefertigt werden und gegenüber einer fotografischen Bebilderung den Vorzug haben, weil ja die „lebendige“ und „gute Darbietung“ als Ganzes „genossen“ werden sollte. „In einiger Hinsicht käme ihm [dem Landesmuseum; Anm. d. Verf.] eine gewisse Mittlerrolle zwischen den musealen Fachinstituten zu, die es nach wichtigen Seiten hin zusammenfassend ergänzen würde.“56 Ein Sgraffito im Eingangsbereich des großen Saals des künftigen Landesmuseums sollte die zentrale Dimension dieser geopolitischen Bedingtheiten wiedergeben und Böhmen zusammen mit Großdeutschland zeigen. Mit dem Zusammenführen der kulturhistorischen Fachgebiete und der angestrebten kunstwissenschaftlichen Präsentationsweise hätte das Museumsprojekt die interdisziplinäre Forschungsstrategie der Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften berücksichtigt und museal inszeniert. Grundsätzlich hielt aber Kunkel am Modell des Heimatmuseums fest, das jedoch mit ausgewählten Kunstobjekten aufgewertet werden sollte. Die Neuordnung der Prager Museen blieb ein dringendes Anliegen der Besatzer, an dem seitens der Kunsthistoriker nunmehr unter Herausstellung kunsthistorischer Interessen gearbeitet wurde. Daher wurde Mitte des Jahres 1942 der bereits als Wunschkandidat für den stellvertretenden Direktorenposten der Galerie gehandelte Freiherr Schenk zu Schweinsberg nach Prag eingeladen, „um Professor Swoboda und mir [v. Both; Anm. d. Verf.] die Möglichkeit zu geben, Ihnen unsere Museumspläne darzustellen und Ihren Sachverständigen Rat dazu zu hören“.57 Laut offizieller Einladung sollte es bei diesem Besuch um „Fragen der Neugliederung der Prager Museen“ gehen.58 Der Gothaer Museumsdirektor schlug bei dieser Begegnung vor, dass alle Prager Museen eine gemeinsame Ausstellung zum Thema „Prags Anteil an der Kunst des Reiches“ konzipieren sollten. Damit griff er Otto Kümmels Gedanken von der „Neugestaltung der alten Reichshauptstadt“ aus kunsthistorischer Sicht mit Fokus auf die höfische bzw. sakrale Kunst auf. Die Idee Schenks zu Schweinsberg, bei der das Protektorat mit seiner Hauptstadt zum „kulturellen Kernland“ des Deutschen Reiches avancierte, fand erwartungsgemäß viele Befürworter. Aufgrund der angespannten Kriegssituation wurde sie aber Ende 1943 für undurchführbar erklärt.59

Die Graphische Sammlung Ein entscheidender Einschnitt bei der Restrukturierung der Galerie alter Kunst (den neuen Titel „Landesgalerie“ benutzte selbst Reinhold nur sporadisch) im Zusammenhang mit den Prager Museen war die Gründung der Graphischen Sammlung. Die Initiative zu dieser Gründung ging Ende des Jahres 1941 von Karl Maria Swoboda aus. Im Brief vom

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18. November 1941 eröffnete er dem Reichsprotektor sein dringendes Anliegen mit der Behauptung, dass die Graphik als solche von besonderer kulturpolitischer Bedeutung für die deutsche Kunst und das Protektorat sei: „Die graphischen Künste: Zeichnung, Aquarell, Holzschnitt, Kupferschnitt, Radierung u.s.w., spielen im Rahmen gerade der deutschen Kunst, u. zw. in deren ganzer Geschichte, eine ganz besonders hervorragende Rolle. So kommt es, dass die Pflege und das Studium der Graphik ­gerade auf deutschem Boden besonders angelegentlich betrieben werden. Alle grösseren, die bildenden Künste pflegenden deutschen Städte haben daher graphische Sammlungen, bis auf Prag. Es mag nach dem eben Gesagten kein Zufall sein, dass die Tschechen es unterliessen, die in öffentlichen Besitz in Prag befindlichen Bestände an Graphik zu sammeln und an einer Stelle zu vereinigen, trotzdem ihnen einzelne gute Ansätze zu graphischen Sammlungen, besonders mit der widerrechtlichen Besitzergreifung der Sammlungen der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde, die im ‚Rudolfinum‘ ein kleines Kupferstichkabinett gegründet hatte, zugefallen waren. Sie wurden bis zur Machtergreifung geflissentlich vernachlässigt. Es gehört zu den wichtigsten deutschen kulturellen Aufgaben in Prag, dass diese Unterlassung wieder gut gemacht wird und eine deutsch geleitete, graphische Sammlung eingerichtet wird.“60

Nach Swobodas Vorstellung sollte eine Graphische Sammlung neu gegründet und deren Ausstellungsstücke (Zeichnungen und Graphiken) aus den Beständen verschiedener Museumseinrichtungen zusammengetragen werden. Die Sammlung sollte vom Protektorat mit dem Status eines selbstständigen Instituts ausgestattet werden und eine herausragende Position einnehmen. Ihr Aufbau sollte von deutscher Seite übernommen werden. Das Kupferstichkabinett und seine Graphische Sammlung sollten in lockerer Anbindung an die „Böhmische Landesgalerie“ entstehen und in ferner Zukunft zusammen mit den übrigen Prager Museen ein gemeinsames Gebäude beziehen. Vorerst jedoch präferierte Swoboda als Standort das Rudolfinum,61 das von der Böhmischen Sparkasse zur Förderung der Kultur Böhmens finanziert und als Gemäldegalerie für die Sammlungen der „Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde Böhmens“ einschließlich eines Kupferstichkabinetts gebaut worden war (Abb. 5). „Diese Räume wären baulich in den dazu entsprechenden Stand zu setzen, der in vieler Hinsicht der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Rudolfinums als alter deutscher Kunstanstalt entspräche. Diese Erfordernisse dazu, sowie zur entsprechenden Einrichtung mit Möbeln hätte die Protektoratsregierung zu tragen, wie auch den laufenden Personalaufwand“,62

heißt es weiter im Schreiben Swobodas. Im Folgenden präzisiert er die Zusammensetzung und Herkunft des künftigen Museumsbestandes: Die Basis der Graphischen ­Sammlung sollte durch Übergabe von Zeichnungen, Aquarellen, Holzschnitten, Kupferstichen, R ­ adierungen usw. aus den Beständen der Landesgalerie (21.000 Blatt), der deutschen und der tschechischen Sektionen der Modernen Galerie (10.000 Blatt), des Landes-

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5  Rudolfinum in Prag, um 1900.

museums (77.000 Blatt) und des Kunstgewerbemuseums der Handels- und Gewerbe­ kammer (150 Blatt) erfolgen und außerdem alle in Protektorats- bzw. Reichsbesitz befindlichen Bestände an alten und neuen Graphikblättern beinhalten. Auf diese Weise sollte auf institutioneller Ebene eine Überführung dieser Bestände unter deutsche Verwaltung vor­ genommen werden. Des Weiteren plante Swoboda, in den ersten zwei Jahren günstige ­Ankäufe aus „reichseigenen“ (vorwiegend beschlagnahmten) Beständen zu tätigen. Dafür beanspruchte er jeweils 660.000 Kronen. Danach bestand er auf eine jährliche Zahlung von 300.000 Kronen. Die genannten Beträge sollten im „Protektoratsvoranschlage des Schulministeriums des jeweiligen Jahres“ sichergestellt werden. Swobodas Vorschlag schloss zudem noch eine weitere institutionelle Anbindung der Graphischen Sammlung ein: „In den benachbarten Räumen könnte das dem künstlerischen Range Prags entsprechende und noch fehlende kunsthistorische Institut der deutschen Karls-Universität untergebracht werden, was für beide Institute eine Reihe von Vorteilen hätte: für die Beamten und Benützer der graphischen Sammlung die Nähe der grossen kunstwissenschaftlichen Bibliothek des Universitätsinstituts, für die Dozenten und Studenten dieses Instituts die Anregungen aus dem Umgang mit künstlerischen Originalen, aus der Mitwirkung am Aufbau von Ausstellungen u.s.w.“63

Museumspolitik im „Protektorat Böhmen und Mähren“ I 63

Im Rudolfinum sollten beide Institute unter Swobodas Leitung zusammengeführt und gemäß dem Standpunkt, „dass die weiteren Kräfte aus dem hier in Prag in Erziehung begriffenen Kreise der deutschen Kunsthistoriker zu nehmen wären“, eine neue Kunsthistorikergeneration für die Aufgaben in Museen unter deutschem Protektorat ausgebildet werden.64 Swobodas Vorstoß erntete Beifall: Im April 1942 wurde ihm schriftlich vom Reichsprotektor die Aufgabe übertragen, im Rudolfinum mit der Einrichtung eines ­Kupferstichkabinetts zu beginnen. Es sollte der „Anfang einer Neuordnung der Museumsbestände in Prag“65 sein. Die Gründung des Kupferstichkabinetts wurde vom Amt des Reichsprotektors mit der Aufforderung unterstrichen, „daß die Landesgalerie und das ­Landesmuseum, die Moderne Galerie und das Kunstgewerbemuseum ihre entsprechenden Bestände als Leihgaben an dieses neu errichtete Institut abgeben“ sollten.66 Swobodas Aufbauarbeit wurde großzügig durch zusätzliche Finanzierungsmittel gefördert. Im Juni 1943 erging an die Direktion der Graphischen Sammlung die Genehmigung des Staatssekretärs zur Tätigung von Ankäufen auch wertvoller deutscher Graphik aus Mitteln des „Sonderfonds des Führers“.67 Zudem wurde direkt bei der Abteilung Kulturpolitik im Staatsministerium für die „kulturpolitisch nützlichen und wichtigen“ Wechselausstellungen der Graphischen Sammlung im Rudolfinum finanzielle Unterstützung angefordert.68 Zwar war das neu gegründete Kupferstichkabinett formal an die Prager Galerie alter Kunst gebunden, durch die Trennung der leitenden Funktionen und den eigenständigen Status als Protektoratsinstitut entstand aber neben dem tschechischen Personalbetrieb der Galerie ein eigener deutscher Personalbetrieb der Graphischen Sammlung. Damit war eindeutig ein weiterer Schritt zur Durchsetzung deutscher Kulturinteressen im Protektorat vollzogen worden. Die in den vorausgehenden Anmerkungen skizzierte Neustrukturierung der Sammlungen der Prager Galerie alter Kunst, die in der Tschechoslowakei unter der Bezeichnung „Nationalgalerie“ und im Protektorat Böhmen und Mähren als „Landesgalerie“ bekannt war, vollzog sich gemäß ideologischen Prämissen, die zunehmend an Relevanz gewannen. Die Kulturbodenforschung hatte nämlich auf theoretischer Ebene systematisch die Sicht auf Böhmen und Mähren als „kulturelles Kernland“ des Deutschen Reiches mit der „alten Reichshauptstadt“ Prag vorbereitet. Unter deutschem Protektorat wurde dann die Umsetzung dieser Forschungsinteressen in der kunsthistorischen Praxis der Museen vorangetrieben. Deren Ausstellungen sollten den „deutschen Kunst- und Kulturbesitz“ demonstrieren und der „Volkserziehung“ von Tschechen wie Deutschen dienen. In diesem Sinn erfolgte die konsequente Neuordnung nicht nur der Sammlungen der Prager Galerie alter Kunst, sondern auch weiterer Museen in Prag und dem Protektorat. Unter der Prämisse der Kulturbodenforschung reichte diese von der Installation über die Objektbeschriftung bis zur Überführung einer Sammlungsgattung aus den Prager Museen in das neu gegründete Protektoratsinstitut der Graphischen Sammlung. Gleichzeitig wurden auf der Personalebene zunehmend deutsche Fachleute in die Verantwortung einbezogen. Am 28. September 1944 ordnete schließlich Karl Hermann Frank, deutscher Staatsminister für Böhmen und Mähren, an, dass Swoboda nunmehr zum „Verwalter des reichseigenen Kunstgutes in den Prager Museen“ zu bestellen sei.69 Die Durchsetzung

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der gesonderten Verwaltung des „reichsdeutschen Kunstbesitzes“ musste allerdings mit der Galeriedirektion geklärt werden, denn diese behielt sich vor, alle Entscheidungen über die Verfügbarkeit der Kunstobjekte selbst zu treffen.70 So wurden Veränderungen in den Sammlungen der Prager Galerie alter Kunst letztlich weiterhin zwischen Cibulka und Swoboda, und damit zwischen tschechischer und deutscher Seite, ausgehandelt.

Abkürzungen AÚDU AV ČR Archiv des Kunsthistorischen Instituts der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik ANG Archiv der Nationalgalerie Prag NA Nationalarchiv der Tschechischen Republik

Anmerkungen 1 2

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Der vorliegende Beitrag ist eine Kurzfassung der Publikation JANATKOVÁ 2013. Die Galerie alter Kunst entstand aus der 1796 gegründeten Gemäldegalerie der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde (Obrazárna Společnosti vlasteneckých přátel umění). Ihre Sammlungen zogen 1885 in das Rudolfinum, 1929 mussten sie jedoch dieses wieder räumen und wurden 1931 provisorisch in der Stadtbibliothek am Marienplatz untergebracht. Unter dem Namen „Galerie alter Kunst“ firmierten die Sammlungen seit ihrer Überführung in die staatliche Verwaltung. VLNAS 1996. Josef Cibulka, 1886 in Wildenschwert (Ústí nad Orlicí) geboren, absolvierte ein Theologiestudium am böhmischen Studienkolleg in Rom mit abschließender Priesterweihe und Promotion. Anschließend studierte er Kunstgeschichte in Wien bei Josef Strzygowski und Max Dvořák, wo er gleichfalls promovierte. 1922 wurde er Professor für Kirchliche Kunstgeschichte und Christliche Archäologie an der Theologischen Fakultät, 1927 folgte die Habilitation in Kunstgeschichte an der Philosophischen Fakultät der Prager Tschechischen Universität. Im Februar 1939 wurde Cibulka Direktor der Prager Galerie alter Kunst. 1945 kehrte er an die Prager Universität zurück, wurde jedoch 1948 nach Auflösung seines Seminars an der Philosophischen Fakultät zusammen mit der Katholischen Theologie aus Prag nach Leitmeritz (Litoměřice) versetzt. Zu Cibulka VLNAS 2001. Otto Kümmel (1874–1952) war Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin. Im Dritten Reich organisierte er die sogenannte Rückführaktion deutscher Kunst (Kümmel-Bericht): HAASE 2008, 200; vgl. KÜMMEL, Otto [Geraubte Kunstgüter]: 2. Bericht auf Erlass des Herrn Reichsministers RK 118 II A vom 19. August 1940 und auf Erlass des Herrn Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda BK 9900-02/13.8.40/89-1/6 vom 20. August 1940: Betr. Kunstwerke und geschichtlich bedeutsame Gegenstände, die seit 1500 ohne unseren Willen oder auf Grund zweifelhafter Rechtsgeschäfte in ausländischen Besitz gelangt sind. Teil I-III, abgeschlossen 31. Dezember 1940/Otto Kümmel. Der Generaldirektor der Staatlichen Museen, An den Herrn Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, 21.2.1940. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 536.

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Reinholds Karriere führte nach eigener Angabe von der Assistenz beim Provinzialkonservator Dr. Graf Metternich in Bonn über das Reichserziehungsministerium in Berlin in das Amt des Reichsprotektors. Dr. Reinhold, Herrn Museumsdirektor Dr. Eberhard Frhr. Schenk zu Schweinsberg, 13.2.1941. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 534. Die Rückgabe von deutschem Kunstbesitz war Gegenstand der Antwort auf den Eilbrief des Reichserziehungsministeriums. Reinhold, Herrn Unterstaatssekretär d. d. H. des Herrn Gruppenleiters, Gruppe kulturpolitische Angelegenheiten, 27.8.1940. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 536. Der Generaldirektor der Staatlichen Museen, gez. Kümmel, Hochverehrter Herr Unterstaatssekretär, 12.3.1940. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 534. Zum Sonderauftrag Linz BACKES 1998, 101 f. Zur Eröffnung Nová galerie v zámku na Zbraslavi [Neue Galerie im Schloss Königsaal], Pestrý týden Praha, 4.11.1939. ANG, Kniha výstřižků státní galerie [Buch der Ausschnitte der Staatsgalerie] 2, 1937–1947. Ředitel galerie Cibulka, Ministerstvu školství a osvěty [Galeriedirektor Cibulka, An das Ministerium für Schulwesen und Volksbildung], 14.5.1945 (Typoskript, 12 S.) Abschnitt I. AÚDU AV ČR Josef Cibulka, Galerie 1939–1961, K. 30, Inv. Nr. 1347. Der Generaldirektor der Staatlichen Museen Kümmel an den Unterstaatssekretär, 12.3.1940. NA Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 534. Verordnung zum Schutze der Kulturdenkmäler im Protektorat Böhmen und Mähren vom 1.10.1940, gez. K. H. Frank. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939– 1945, K. 535. POTTHAST 2002, 194. Der Wehrmachtsbevollmächtigte, An den Herrn Reichsprotektor in Böhmen und Mähren, 23.11.1940. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 535. Dr. Graf Waldburg, Dem Herrn Unterstaatssekretär, 15.11.1941. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 535. POTTHAST 2002, 193–204. Die Verkaufsmodalitäten waren aufgrund des § 934 der Reichsbürgergesetze festgelegt. Reichskammer der bildenden Künste, gez. Vietze, An den Herrn Reichsprotektor in Böhmen und Mähren. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 535. Zur Reichskammer der Bildenden Künste als Anlaufstelle für Schmuck- und Kunstgegenstände aus jüdischem Besitz siehe die Verordnung des Reichswirtschaftsministers vom 25.4.1941, Zeitungsausschnitt. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 535. Karl Maria Swoboda, 1889 in Prag geboren, studierte in Wien bei Josef Strzygowski und Max Dvořák, bei dem er 1913 auch promovierte, Kunstgeschichte. Nach der Fortbildung am Institut für Österreichische Geschichtsforschung folgte 1923 die Habilitation und 1931 die Mitgliedschaft in der Südostdeutschen Forschungsgemeinschaft. 1934 wurde Swoboda als Ordinarius für Kunstgeschichte an die Prager Deutsche Universität berufen. Im Juli 1940 wurde er mit der Aufsicht der Prager Galerie alter Kunst/damals „Landesgalerie“ beauftragt. Zwei Jahre später, im Juli 1942, erhielt er den Auftrag, im Rudolfinum eine graphische Sammlung einzurichten. Im November 1942 wurde Swoboda zum Verwalter von Kunstobjekten der deutschen Sektion der Modernen Galerie und im September 1944 zum Verwalter des reichsdeutschen Kunstbesitzes in den Prager Museen bestellt. Im Mai 1945 von seinen Funktionen suspendiert, wurde er 1946 als Direktor des Kunsthistorischen Instituts an die Wiener Universität berufen. Zuletzt JANATKOVÁ 2012.

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19 „Die Geheime Staatspolizei hat bisher jederzeit dem Sachbearbeiter einen Einblick in das bei ihr aufbewahrte beschlagnahmte Kunstgut gewährt“, berichtete Waldburg. Dr. Graf Waldburg, Dem Herrn Unterstaatssekretär, 15.11.1941. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 535. 20 VLNAS 2001, 158. 21 ŠIMON 2001. 22 Ph. a Th. Dr. Josef Cibulka, řádný profesor bohoslovecké fakulty Karlovy university, Ministerstvu školství a osvěty [Dr. Josef Cibulka, ordentlicher Professor der Theologischen Fakultät an der Karlsuniversität, An das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur], 24.5.1945 (Typoskript, 18 S.), Abschnitt II, AÚDU AV ČR Josef Cibulka, Galerie 1939–1961, K. 30, Inv. Nr. 1347. 23 Die Kulturbodenforschung wurde in der Zeit der Weimarer Republik von Geographen, Landeskundlern und Volkstumspolitikern begründet und von den Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften mitgestaltet. FAHLBUSCH 1999, 55–64 (Hintergründe der NS-Volkstums- und Kulturpolitik). 24 Die „volkstumspolitischen“, großdeutsch orientierten Strategien der Organisation wurden ausschließlich durch die Berliner Ministerien und den Verein für das Deutschtum im Ausland finanziert. Ebd., 40. 25 Rudolf Hönigschmid studierte an der Deutschen Universität in Prag Kunstgeschichte, war 1922– 1945 Geschäftsführer des Verbandes deutscher Museen in der Tschechoslowakei, 1925–1936 ­Leiter des staatlichen Denkmalamtes für Böhmen, 1936 Museumsinspektor, seit 1938 NSDAPMitglied, 1938–1940 in der Dienststelle des Reichsstatthalters Konrad Henlein Beauftragter für den Denkmalschutz, 1940–1945 Gauoberverwaltungsrat und Leiter des Denkmalamtes des Reichsgaues Sudetenland in Reichenberg (Liberec). FRANZEN/PEŘINOVÁ 2008, 235. 26 Dr. Hönigschmid, 24.3.1939. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939– 1945, K. 536. 27 Ebd. 28 Ebd. 29 Dr. Reinhold, Herrn Museumsdirektor Dr. Eberhard Frhr. Schenk zu Schweinsberg, 13.2.1941. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 534. 30 Ebd. 31 Herzogliche Anstalten für Kunst und Wissenschaft in Gotha, Der Direktor, 19.2.1941. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 534. 32 Dr. Reinhold, 28.2.1941. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 534. 33 Herzogliche Anstalten für Kunst und Wissenschaft in Gotha, Der Direktor, Herrn Dr. Reg. Rat von Both beim Reichsprotektor in Böhmen und Mähren, 9.6.1941. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 534. 34 Ministerium für Schulwesen und Volkskultur, Antrag, 15.10.1941. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 536. 35 Der Reichsprotektor, An das Ministerium für Schulwesen, 27.10.1942. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 536. 36 Der Reichsprotektor, An das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur, 30.7.1940. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 536. 37 Reinhold, Herrn Unterstaatssekretär d. d. H. des Herrn Gruppenleiters, Gruppe kulturpolitische Angelegenheiten, 27.8.1940. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939– 1945, K. 536.

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38 Der Reichsprotektor, An das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur, 30.7.1940. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 536. 39 Ebd. 40 VLNAS 2001, 169. 41 SWOBODA 1937, 209–249; SWOBODA 1969, 258–265. 42 So die Kennzeichnung von Herr Prof. Swoboda im Amt des Reichsprotektors, siehe Amt des Reichsprotektors, Gruppe Unterricht, An den Beauftragten für Organisationen (I 12), 24.10.1942. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 535; vgl. auch Amt des Reichsprotektors, An Frau Dr. Anna Spitzmüller, 13.1.1943. ANG, Graphische Sammlung, K II. Josef Cibulka, pro memoria (Manuskript, 7 S.). AÚDU AV ČR, Josef Cibulka, Galerie 1939– 1961, K. 30, Inv. Nr. 1347. 43 Ebd. 44 Kunsthistorisches Institut, gez. Swoboda, An den Herrn Reichsprotektor in Böhmen und Mähren, Fachgutachten zur Beschriftung der Kunstwerke in der Prager Gemäldegalerie, 18.1.1941. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 536. 45 Amt des Reichsprotektors, Vermerk, 15.2.1941. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 536. 46 Amt des Reichsprotektors, An das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur, 15.2.1941. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 536. 47 PEČÍRKA (1941); VESELÝ (1941). Kniha výstřižků státní galerie [Buch der Ausschnitte der Staatsgalerie] 2, 1937–47. ANG. 48 Edmund Wilhelm Braun (1870–1957), Kunsthistoriker, promovierte 1894 an der Universität Heidelberg, war 1895–1897 am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg tätig und nachfolgend Kustos, dann Direktor des Schlesischen Landesmuseums in Troppau (Opava). STURM 1979, 136 f. Zu Braun zuletzt ŠOPÁK 2008. 49 Museumsdirektor Dr. E. W. Braun, Herrn Dr. Hans Reinhold, Abschrift, 27.1.1941 und Rundschreiben zum Erlass vom 12.6.1941 I 10 – Nr. V/3-2-128/41, 23.6.1941. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 534. 50 Ebd. 51 MOHN 2011. Siehe auch den Beitrag von Volker Mohn in diesem Band. 52 Pommersches Landesmuseum Stettin, Der Direktor, An den Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, 20.6.1941 (Typoskript, 32 S.), hier insb. Blatt 7 und 8. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 534. 53 Zur nicht realisierten Erweiterung der Ausstellung „Deutsche Größe“ in Prag siehe ebd., 47. Dabei handelte es sich auch um eine Entgegnung auf Prämissen der „čechoslovakischen“ Sicht auf die Kunstgeschichte, vgl. WIRTH 1926, 5–24. 54 Pommersches Landesmuseum Stettin, Der Direktor, An den Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, 20.6.1941 (Typoskript, 32 S.), hier insb. Blatt 7 und 8. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 534. 55 Ebd. 56 Ebd. 57 Amt des Reichsprotektors, Oberregierungsrat Dr. v. Both, An den Herrn Direktor der Herzoglichen Anstalten für Kunst und Wissenschaft, 8.9.1942. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 534.

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58 Amt des Reichsprotektors, Sachbearbeiter Dr. v. Both, An Herrn Dr. Freiherrn von Schenck [!] zu Schweinsburg [!], 4.2.1943. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939– 1945, K. 534. 59 Der Deutsche Staatsminister für Böhmen und Mähren, Sachbearbeiter ORR. Dr. v. Both, An den Herrn Direktor der Herzoglichen Anstalten für Kunst und Wissenschaft, 20.11.1943. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 534. 60 An den Reichsprotektor für Böhmen und Mähren, 18.11.1941 (Typoskript, 3 S.). ANG, Graphische Sammlung, K II. 61 VYBÍRAL 1991. 62 An den Reichsprotektor für Böhmen und Mähren, 18.11.1941 (Typoskript, 3 S.). ANG, Graphische Sammlung, K II. 63 Ebd. 64 Kunsthistorisches Institut der Deutschen Karlsuniversität in Prag, Prof. Dr. Karl M. Swoboda, An den Herrn Reichsprotektor (Abschrift), 1.6.1943. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 536. 65 Amt des Reichsprotektors, im Auftrage gez. Fitzek, An das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur/An Herrn Prof. Dr. Karl Swoboda (Abschrift), 16.4.1942. ANG, Graphische Sammlung, K II. 66 Ebd. 67 Der Reichsprotektor in Böhmen und Mähren, An Herrn Prof. Dr. Karl M. Swoboda, 5.6.1943. ANG, Graphische Sammlung, K II. 68 Graphische Sammlung, gez. Swoboda, An den Deutschen Staatsminister für Böhmen und Mähren, Abteilung Kulturpolitik, Herrn Oberregierungsrat Ing. Zankl, 19.10.1943. ANG, Graphische Sammlung, K II. 69 „Für die Verwaltung reichseigenen Kunstgutes ausserhalb der Prager Museen sind Sie nur dann zuständig, wenn ein ausdrücklicher Auftrag von mir vorliegt“, hieß es weiter. Der Deutsche Staatsminister für Böhmen und Mähren, gez. Heckel, An Herrn Professor Dr. Karl M. Swoboda, 28.9.1944. NA, Úřad říšského protektora [Amt des Reichsprotektors] 1939–1945, K. 535. 70 Přeorganisace galerie, ředitel galerie v. r. Cibulka [Reorganisation der Galerie, Galeriedirektor ­Cibulka], 26.2.1943 (Typoskript, 3 S.). ANG, čMZG/0, AA-2040/5.

Literatur ALBRECHT, Stefan/MALÍŘ, Jiří/MELVILLE, Ralph (Hgg.): Die „Sudetendeutsche Geschichtsschrei-

bung“ 1918–1960. Zur Vorgeschichte und Gründung der Historischen Kommission der Sudetenländer. München 2008 (Veröff. des Collegium Carolinum 114). BACKES, Klaus: Hitler und die bildenden Künste. Kulturverständnis und Kunstpolitik im Dritten Reich. Köln 1998. FAHLBUSCH, Michael: Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik? Die „Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften“ von 1931–1945. Baden-Baden 1999. FRANZEN, Erik/PEŘINOVÁ, Helena: Biogramme der Mitglieder der Historischen Kommission der Sudetenländer im Gründungsjahr 1954. In: ALBRECHT/MALÍŘ/MELVILLE 2008, 219– 276.

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GLETTLER, Monika/MIŠKOVÁ, Alena (Hgg): Prager Professoren 1938–1948. Zwischen Wissenschaft

und Politik. Essen 2001 (Veröff. zur Kultur und Geschichte im östlichen Europa 17). HAASE, Günther: Kunstraub und Kunstschutz. Band 2: Eine Dokumentation. Norderstedt ²2008 [1991]. HRUZA, Karel (Hg.): Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900–1945. Bd. 2. Wien/Köln/ Weimar 2012. JANATKOVÁ, Alena: Karl Maria Swoboda (1889–1977). „Von einem kulturgeschichtlich-biologischen Perspektivismus her“. In: HRUZA 2012, 411–450. JANATKOVÁ, Alena: Die Umstrukturierung der Prager Nationalgalerie im Protektorat. In: JANATKOVÁ/VLNAS 2013, 5–62. JANATKOVÁ, Alena/VLNAS, Vít (Hgg.): Die Prager Nationalgalerie im Protektorat Böhmen und Mähren. Praha 2013. MOHN, Volker: Kulturně politické zájmy úřadu Rosenberg v Protektorátu Čechy a Morava na příkladu propagandistické výstavy Deutsche Größe [Die kulturpolitischen Interessen des Amtes Rosenberg im Protektorat Böhmen und Mähren am Beispiel der Propagandaausstellung „Deutsche Größe“]. In: Marginalia Historica Časopis pro dějiny vzdělanosti a kultury (2011) 2, 41–67. PEČÍRKA, Jaromír: V národní galerii [In der Nationalgalerie]. In: Eva-Praha, 15.10.1941. PIRCHAN, Gustav/WEIZSÄCKER, Wilhelm/ZATSCHEK, Heinz (Hgg.): Das Sudetendeutschtum. Sein Wesen und Werden im Wandel der Jahrhunderte. FS zur Fünfundsiebzigjahrfeier des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen. Band 1: Mittelalter. Brünn u. a. 1937. POTTHAST, Jan Björn: Das Jüdische Zentralmuseum der SS in Prag. Gegnerforschung und Völkermord im Nationalsozialismus. Frankfurt a. M./New York 2002. STURM, Heribert (Hg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Band 1: A–H. München/Wien 1979. SWOBODA, Karl Maria: Zum deutschen Anteil an der Kunst der Sudetenländer. In: PIRCHAN/WEIZSÄCKER/ZATSCHEK 1937, 209–249. SWOBODA, Karl Maria: Kunst und Geschichte. Vorträge und Aufsätze. Wien/Köln/Graz 1969, 258–265. ŠIMON, Patrik: Jindřich Waldes sběratel umění [Der Kunstsammler Jindřich Waldes]. Praha 2001. ŠOPÁK, Pavel: Edmund Wilhelm Braun. Opava 2008 (Acta historica Universitatis silesianae opaviensis – Supplementa I). VESELÝ, Vladimír: Nová instalace pražské zemské galerie [Neuinstallation der Prager Landesgalerie]. In: Světozor Praha, 21.11.1941. VLNAS, Vít (Hg.): Obrazárna v Čechách 1796–1918. Katalog výstavy, uspořádané Národní galerií v Praze u příležitosti dvoustého založení Obrazárny Společnosti vlasteneckých přátel umění v Čechách [Bildergalerie in Böhmen 1796–1918. Ausstellungskatalog der Nationalgalerie anlässlich der zweihundertjährigen Gründung der Bildergalerie der Gesellschaft patriotischer Kunstfreunde]. Praha 1996. VLNAS, Vít: Josef Cibulka (1886–1968) Kunsthistoriker. Zwischen Resistenz und Zusammenarbeit. In: GLETTLER/MIŠKOVÁ 2001, 153–173. VYBÍRAL, Jindřich: „Městu na ozdobu, umění ke cti, sobě pro slávu“. Tři kapitoly o architektuře Rudolfina [„Der Stadt zur Zierde, der Kunst zur Ehre und sich selbst zum Ruhm“. Drei Kapitel über die Architektur des Rudolfinum]. In: Umění 39 (1991), 384–401. WIRTH, Zděněk: Die čechoslovakische Kunst von der Urzeit bis zur Gegenwart. Eine Auswahl hervorragender Werke der Architektur, Plastik, Malerei, sowie des Kunstgewerbes in der Čechoslovakei. Prag 1926, 5–24.

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Volker Mohn

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Die Propagandaausstellung „Deutsche Größe“ in Prag (1941)

„Zweitausend Jahre deutscher Geschichte, Zeiten der Kämpfe um den deutschen und euro­ päischen Raum, Tage, die wir bedrückt oder jubelnd miterlebten, ziehen in dieser großartigen Schau an uns vorüber. Sie ist uns eine Bestätigung für unser Wollen, ein Beweis für den Anspruch, den wir auf die politische Gestaltung des Kontinents besitzen. Reichsleiter Alfred Rosenberg sagte bei der Eröffnung dieser Schau in München, daß sie ihren Weg von der Hauptstadt der Bewegung in alle jene Städte nehmen solle, die willig und fähig sind, dieser Ausstellung ein würdiges Haus zu bieten. Daß Prag die erste dieser Städte ist, sei uns Mahnung und Verpflichtung.“2

Der Kulturschriftleiter der Zeitung „Der Neue Tag“ Wilhelm Formann war nicht der einzige Journalist, der in seinem Kommentar die Eröffnung der Ausstellung „Deutsche Größe“ in Prag überschwänglich herausstellte. Neben der umfassenden Berichterstattung in den Medien erwecken auch mehrere andere Faktoren den Eindruck, dass das Besatzungsregime der Schau überaus große Bedeutung beimaß und bei der Planung nichts dem Zufall überließ: Mit dem 15. März 1941, dem zweiten Jahrestag der Errichtung des Protektorates, hatten die Veranstalter für die Eröffnungszeremonie bewusst ein symbolträch­ tiges Datum gewählt. Als Ausstellungsort entschieden sie sich für das Prager Nationalmuseum3 und damit für eines der repräsentativsten Gebäude der Stadt. Auf den ersten Blick bestätigen auch die Zahlen die Bedeutung der Schau: Mehr als 110.000 Besucher, darunter zahlreiche Tschechen, sahen sich in den folgenden zwei Monaten die Exponate an. Vor allem die im Prager Nationalarchiv vorhandenen Akten zur Vorbereitung der Schau ergeben dagegen ein völlig anderes Bild. Die Planungen verliefen chaotisch und waren von Kompetenzstreitigkeiten der beteiligten Stellen geprägt: Wenige Wochen vor der Eröffnung stand weder die Finanzierung von „Deutsche Größe“ fest, noch konnten sich die Organisatoren darauf einigen, welche Zielgruppe sie überhaupt ansprechen wollten. Die folgende Analyse soll helfen, den Widerspruch zwischen gravierenden Planungsmängeln und positiver Außendarstellung zu beleuchten.

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„Sendungsauftrag“ – Die Hintergründe der Ausstellung Bereits als die als Wanderausstellung konzipierte „Deutsche Größe“ im November 1940 in München erstmalig eröffnet wurde, hatte die „Dienststelle des Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten weltanschaulichen und geistigen Schulung und Erziehung der NSDAP“ als Veranstalter der Schau fungiert. Hierbei handelte es sich um eine Organisation, der mit Alfred Rosenberg einer der berüchtigtsten und radikalsten Ideologen des NS-Regimes vorstand.4 Für die Planung von „Deutsche Größe“ zeichnete Reichsamtsleiter Hans Hagemeyer verantwortlich.5 Verglichen mit München als erster Station, blieb die Wanderausstellung in Prag nahezu unverändert. Mit dem Ausstellungskonzept sollte der Versuch unternommen werden, die Exponate in Räumen zu präsentieren, die in ihrer Einrichtung dem Ambiente der jeweils behandelten Epoche entsprachen. Während beispielsweise der Ausstellungsteil „Österreich und das Reich“ im Stil „des Innenraumes von Schloss Belvedere in Wien gehalten“6 war, entsprach der Saal, der die Befreiungskriege gegen die napoleonische Herrschaft thematisierte, „dem strengen Stil der 1817 erbauten Schinkel’schen Wache in Berlin“.7 Diese Art der Präsentation war keineswegs neu, sondern orientierte sich u. a. an der Gestaltung des Bayerischen Nationalmuseums.8 Ausgestellt wurden neben Fotomontagen und kurzen Texten vor allem ausgewählte historische Dokumente, Karten, Gemälde und Skulpturen. Originale bekamen die Besucher nicht zu sehen, denn angesichts der laufenden Kriegshandlungen hatten sich die Veranstalter gegen einen Transport der Exponate entschieden. Gezeigt wurden stattdessen ausschließlich Nachbildungen. Farblich stimmten diese durchaus mit ihren Vorbildern überein, in den Größenverhältnissen hingegen nicht. Für die Initiatoren der Schau stellte dies kein Problem dar, bewusst hatten sie sich dazu entschlossen, die Objekte der übrigen Raumgestaltung anzupassen.9 Auch sonst ging es den Verantwortlichen von „Deutsche Größe“ weder um künstlerische Authentizität noch um historische Vollständigkeit. Die Gestaltung der Räume sowie die Auswahl einer bewusst begrenzten Anzahl an Exponaten orientierten sich stattdessen hauptsächlich daran, wie sich die propagandistische Aussageabsicht am effektivsten illustrieren und durch historische Quellen „belegen“ ließ. Hinweise darauf finden sich nicht nur in internen Einschätzungen der beteiligten Stellen, sondern auch im Ausstellungskatalog: Bei der Schau gehe es nicht um „Probleme oder Details deutscher Geschichte“, so Hans Hagemeyer im Schlusswort des Bandes. Stattdessen „zeigen uns deutsche Persönlichkeiten, Kaiser, Feldherrn, Denker und Dichter, zu welchen Aufgaben und Leistungen unser Volk fähig ist. Jede Generation tritt wieder mit der Verpflichtung an, nicht nur Erhalter, sondern Mehrer deutscher Leistungen zu sein“.10 Die Ausstellung zeigte die deutsche Geschichte als einen linearen und scheinbar logisch auf die jeweils vorhergehenden Entwicklungen aufbauenden Prozess. Als Erstes betraten die Besucher die sogenannte „Säulenhalle“, in der die deutsche Geschichte in neun Epo-

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chen unterteilt war und mit ebenso vielen überdimensionalen Adlern präsentiert wurde. Entsprechend aufgebaut waren die Folgeräume. Im „Kartenraum“ zeigten große Wandkarten eine scheinbar kontinuierliche geographische Entwicklung des Deutschen Reiches vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Der benachbarte „Ehrenraum“ enthielt eine Reihe von heroisiert dargestellten „Führerfiguren“: Ausgewählte historische Persönlichkeiten wurden hier als „Führer“ ihrer jeweiligen Epoche vorgestellt. Eine Statue zeigte beispielsweise Otto den Großen als „Führer des Altdeutschen Kaiserreiches der Sachsen und ­Salier“.11 Wie die einzelnen Epochen propagandistisch eingeordnet und der intendierten Gesamtaussage der Ausstellung angepasst wurden, wird anhand der dazugehörigen, bewusst kurz gehaltenen Texttafeln sowie ergänzenden Hinweisen im Ausstellungskatalog deutlich. Die Exponate sollten diese Aussagen „belegen“. Es sei das erste Mal „seit vielen Jahrhunderten [...], daß alle Stämme einig sind in einem Kampf für das Reich der Deutschen“, fasst beispielsweise die Hinweistafel im Raum zu den Befreiungskriegen zusammen: „Das deutsche Volk steht auf und schüttelt das französische Joch ab“.12 In unmittelbarer Umgebung der Erklärung waren nicht nur zahlreiche Gemälde, Büsten und Kopien historischer Dokumente aus Berliner und Wiener Archiven zu sehen, die diese Aussage scheinbar ­untermauerten,13 auch Namen und Zitate prominenter zeitgenössischer Persönlichkeiten befanden sich in direkter Nähe zu den Parolen der NS-Propaganda.14 Ähnlich konzipiert war der Raum „Das 19. Jahrhundert und das Bismarckreich“. Die diesem zugehörige Erklärungstafel gewinnt der dargestellten Zeit nur bedingt Positives ab – sie sei „wie ein wilder Wald, in dem vieles und Herrliches wächst“. Allerdings hätten „zerstörerische Ideen artfremder politischer Welten [...] den Bau des Reiches“ gefährdet. Auch hier griffen die Macher der Schau zur Untermalung auf Büsten, Portraits und Zitate von Prominenten wie Wilhelm I., Otto von Bismarck, Arthur Schopenhauer oder Werner von Siemens zurück. Sie wurden in einem verzerrten Zusammenhang gezeigt und ihre Aussagen mit Führersprüchen und Phrasen der NS-Propaganda kombiniert.15 Als nächstes gelangten die Besucher in zwei Säle mit den Titeln „Weltkrieg“ und „Los von Versailles“. Ein Rundfries, der den „Marsch des deutschen Heeres [...] in den vier Jahren des Weltkrieges“ zeigte, dominierte den ersten Ausstellungsraum, während im „Los von Versailles“ Diagramme und Fotomontagen mit Überschriften wie „Englische Truppen in der deutschen Stadt Köln“ oder „Farbige Truppen werden [...] zur Unterdrückung der deutschen Bevölkerung eingesetzt“ die „Not“ Deutschlands nach dem Vertrag von Versailles beklagten. Zudem fanden sich in diesem Raum zeitgenössische Dokumente wie der Waffenstillstandsvertrag vom 11. November 1918 sowie Ausschnitte aus dem „Versailler Friedensdiktat“ direkt neben Schriftstücken aus den Anfangsjahren der NSDAP.16 Offenkundig war das Material für den Raum „Los von Versailles“ zu großen Teilen aus einer früheren gleichnamigen Ausstellung übernommen worden, die dem Ausstellungskatalog zufolge noch in Kooperation zwischen dem Amt Rosenberg und dem Propagandaministerium entstanden und im April 1940 in Danzig eröffnet worden war.17

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Im letzten Raum wurden als Kontrast zu „Los von Versailles“ auf beinahe sakral anmutende Weise die „Erfolge“ des NS-Regimes seit der Machtübernahme 1933 präsentiert. Hier wurde mit den Statuen „Die Wehrmacht“ und „Die Partei“ des Bildhauers Arno Breker18 die Formensprache des Eingangsbereichs der Schau wiederaufgenommen. Während an den Wänden mehrere Landkarten die territoriale Vergrößerung des Deutschen Reiches (inklusive Protektorat und Generalgouvernement) zeigten, stand im Zentrum des Raumes eine Darstellung von Hitler als „Führer“. Auf die Besucher sollte dieser letzte Raum wie der vorläufige Abschluss einer bislang linear verlaufenden Geschichte wirken. Hitler wurde im gleichen Stil wie die übrigen historischen Herrscher als „Führerfigur“ präsentiert. Der Nationalsozialismus stilisierte sich somit selbst als eine Epoche, die an die neun Adler in der Säulenhalle anknüpft. „Deutsche Größe“ war nicht die erste vom Amt Rosenberg organisierte Propagandaausstellung. Bereits 1938 hatte das Amt während des Reichsparteitages der NSDAP in Nürnberg die Propagandaschau „Europas Schicksalskampf im Osten“ gezeigt. Zwar hatten ihre Planer bei der konkreten geographischen Verortung von Feindbildern noch Zurückhaltung geübt, doch waren Kommunismus und Judentum bereits unschwer als solche erkennbar. Diese Schwarz-Weiß-Zeichnung enthielt eine unmissverständliche Botschaft: Die deutsche „Volksgemeinschaft“ habe die Aufgabe, die vermeintliche „Bedrohung aus dem Osten“ aufzuhalten.19 Im Anschluss an die Schau „Deutsche Größe“ bemühte sich das Amt Rosenberg 1942 um die Realisierung eines weiteren größeren Ausstellungsprojektes. Nach den ersten militärischen Misserfolgen der Wehrmacht an der Ostfront änderten die Planer die Propaganda: Antisemitische und antikommunistische Parolen wurden im „Schicksalskampf“ gegen die Sowjetunion eingesetzt. Das Ausstellungskonzept hatte Ähnlichkeit mit der Schau „Europas Schicksalskampf im Osten“, ging aber inhaltlich noch darüber hinaus.20 Zur Ausführung der Planungen kam es allerdings nicht. Gegen die Realisierung sprachen nicht nur die angesichts der Kriegslage unverhältnismäßig hohen Kosten. Die Kritiker des Projektes, die sich vor allem in den Reihen des Auswärtigen Amtes und des Propagandaministeriums fanden, mochten sich auch nicht mit Rosenbergs Plänen abfinden, vor allem ihm persönlich vertraute, fachlich jedoch völlig ungeeignete Personen mit der „wissenschaftlichen“ Vorbereitung zu beauftragen. Letztendlich waren es entschiedene Proteste vonseiten des Auswärtigen Amtes an der inhaltlichen Ausrichtung des Ausstellungskonzeptes, die dazu führten, dass das Projekt im September 1942 von Hitler persönlich untersagt wurde.21 Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde die Konkurrenz zwischen dem Amt Rosenberg und mehreren anderen NS-Behörden offensichtlich. Insbesondere die Beziehungen Rosenbergs zum Propagandaministerium waren alles andere als gut.22 Beide Behörden gehörten zu den wichtigsten Organisatoren propagandistischer Ausstellungen im „Dritten Reich“ und gerieten nach anfänglicher partnerschaftlicher Zusammenarbeit in diesem Bereich schnell aneinander.23 Die in diesem Zusammenhang entstandenen Interessenkonflikte sind auch für das Protektorat Böhmen-Mähren zu beobachten. Während das Amt Rosenberg mit „Deutsche

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Größe“ erstmals eine Propagandaschau in Prag ausrichtete, hatten das Propagandaministerium bzw. ihm unterstellte Behörden hierin bereits Erfahrungen gesammelt, denn üblicherweise arbeitete die Berliner Behörde bei der Planung mit der Kulturabteilung (IV) im Amt des Reichsprotektors zusammen. Das Propagandaministerium organisierte beispielsweise jährlich deutsche Buchausstellungen in Prag.24 Üblicherweise beinhaltete die Kooperation eine Übernahme eines großen Teils der Kosten. Das Ministerium bestimmte nicht nur über die Exponate, sondern stellte gleichzeitig den größeren Teil an Ausstellungsstücken zur Verfügung, wobei die Prager Abteilung IV dann in der Regel einen eigenen Ausstellungsteil über Böhmen und Mähren ergänzte. Andere deutsche Ausstellungen wurden von den Prager Kulturplanern in Eigenregie initiiert.25 „Deutsche Größe“ war keineswegs die einzige propagandistische Wanderausstellung, die zunächst in deutschen Städten und anschließend im Protektorat gezeigt wurde: 1942 folgte die unter Federführung der Reichspropagandaleitung der NSDAP konzipierte und vom Berliner Institut für Deutsche Kultur- und Wirtschaftspropaganda umgesetzte Schau „Das Sowjetparadies“.26 Im Gegensatz zu den Buchausstellungen war die Abteilung IV in diesem Fall so gut wie gar nicht in die Planungen involviert und hatte zudem keinerlei Möglichkeiten, die Ausstellung regionalen propagandistischen Konzepten anzupassen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie Planung und Durchführung von „Deutsche Größe“ in Prag abliefen. Inwieweit wurde die Kulturabteilung im Amt des Reichsprotektors, die zumindest offiziell das Monopol für kulturpolitische Entscheidungen im Protektorat innehatte, einbezogen?27 Welche Interessen verfolgte das Amt Rosenberg im Protektorat, und wie reagierte das Amt des Reichsprotektors darauf?

„Völlig unklar“ – Widersprüche und Konflikte bei der Planung der Ausstellung in Prag Nach den Akten der Abteilung IV ging die Entscheidung, „Deutsche Größe“ nach Prag zu holen, auf eine Reise von Karl Freiherr von Gregory28 nach München zurück. Der damalige Leiter der Prager Kulturabteilung war im November 1940 an die Isar gefahren, hatte die kurz zuvor in der bayerischen Metropole eröffnete Propagandaausstellung besichtigt und vor Ort die verantwortlichen Funktionäre des Amtes Rosenberg getroffen. Nach seiner Rückkehr in die Hauptstadt des Protektorats unterrichtete er am 22. November Staatssekretär Karl Hermann Frank von einer mündlichen Vereinbarung, die er in München mit Reichsamtsleiter Hans Hagemeyer geschlossen hatte: Vorbehaltlich der Zustimmung des Reichsprotektors sollte „Deutsche Größe“ nach München in Prag Station machen. Die Absprache beinhaltete zwei zentrale Punkte: Erstens sei „daran gedacht, die Ausstellung in Prag durch eine Sonderschau der deutschen Geschichte im böhmisch-mährischen Raum zu ergänzen“.29 De facto bedeutete dies ein zunächst unverbindliches Zugeständnis an das Amt des Reichsprotektors, die Schau um regionale Aspekte zu erweitern und die Prager

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Behörde auf diesem Weg auch hinsichtlich inhaltlicher Fragen an der Vorbereitung zu beteiligen. Zweitens kamen Gregory und Hagemeyer grundsätzlich überein, wie die veranschlagten Kosten von 100.000 RM finanziert werden sollten: Für die Rechnung sollten „im Rahmen der Erziehung des tschechischen Volkes zum Reichsgedanken“ vor allem die Protektoratsregierung, daneben zu kleineren Teilen die Landesbehörden sowie die Stadt Prag aufkommen.30 Bereits drei Tage später stimmte Reichsprotektor Konstantin von Neurath dem Vorhaben zu, so dass Gregory die weiteren Planungen in die Wege leiten konnte. Wie ist aber der Hinweis auf die „Erziehung des tschechischen Volkes zum Reichsgedanken“ zu verstehen? Gregory bezieht sich in diesem Punkt auf die gleichnamige Propagandakampagne, die das Amt des Reichsprotektors bereits seit 1939 betrieb.31 Unklar bleibt indes, ob Gregory und Hagemeyer die Tschechen tatsächlich als Zielgruppe der Schau betrachteten. Fest steht aber, dass dieser Hinweis als Vorlage für eine Begründung gedacht war, mit der die tschechische Protektoratsregierung zur Zahlung eines Großteils der Kosten herangezogen werden sollte. Demzufolge sollte der tschechische Steuerzahler dafür aufkommen, dass die Propagandaausstellung nach Böhmen geholt werden konnte. Ansatzweise wurde diese Übereinkunft wenige Tage später auch schriftlich fixiert: Am 26.  November bestätigte Hagemeyer nach Rücksprache mit Rosenberg dem Amt des Reichsprotektors, „dass Prag als erste Stadt nach München die Ausstellung ‚Deutsche Größe‘ erhalten kann“.32 Allerdings blieben in dieser Zusage Details zu inhaltlichen Zugeständnissen sowie der Finanzierung unerwähnt – ein folgenreiches Versäumnis der Prager Kulturplaner, wie in den anschließenden Monaten deutlich wurde. Der Reichsamtsleiter ließ lediglich verlauten, dass er im Dezember 1940 ohnehin nach Prag kommen werde und diese Reise zu weiteren Besprechungen nutzen wolle.33 Ohne weitere schriftliche Zusagen abzuwarten, informierte die Abteilung IV am gleichen Tag den Kulturreferenten des Prager Oberlandrates Theodor Dorn über den Stand der Vorbereitungen. Diesem sollte in den folgenden Wochen eine Schlüsselrolle bei den Vorbereitungen der Schau zukommen.34 Tatsächlich wurden die Planungen zunächst unter der Regie Dorns fortgesetzt, der seine Dienststelle von der Abteilung IV „mit der Organisation [...] in Prag beauftragt“ sah. Zunächst setzte Dorn in einem Dossier sämtliche beteiligten Stellen über die vorgesehene Schau in Kenntnis, deren Ziel es sei, „den Weg des deutschen Volkes von seinen Anfängen zum Reich Adolf Hitlers, die wirkenden Kräfte unserer Geschichte, den Gestaltungswillen der deutschen Seele, den Sieg deutschen Geistes sichtbar zu machen“. Es gehe weder um Vollständigkeit noch um allzu detaillierte Beschreibungen einzelner Ereignisse. Stattdessen würden „die entscheidenden Wendepunkte des deutschen Schicksals in ihrer das Gesamtleben umfassenden Wirkung beschworen“, fasste Dorn zusammen. Es gehe nicht darum, „historische Innenräume sklavisch nachzubilden“, sondern Besonderheiten und den „künstlerischen Stil“ jeder Epoche herauszustellen, „der ihr Form und Ausdruck gab“.35 Der Kulturreferent stellte sich hierbei hinter das Konzept der Schau: Veränderungen an den ausgestellten Nachbildungen waren seiner Meinung nach legitim, wenn sie der Gestaltung der Räume und der Wirkung auf die Besucher dienten. Im Schlussraum sah er den

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Höhepunkt des vorangegangenen geschichtlichen Überblicks: „Die Bronzetafeln, die die Taten des Führers verzeichnen, die monumentalen Plastiken, die den Gang durch die Schau abschließen, lassen uns spüren, dass mit der Wiederaufrichtung des Reiches die Nation auch einen neuen, ihrer Haltung entsprechenden Stil gewinnt“, ließ der Referent wissen. Wer die Ausstellung besuche, stehe „nicht einer verwirrenden Vielfalt von Einzelheiten gegenüber: In ihm erwacht das Gefühl von Ehrfurcht und dem gewaltigen Erbe, das auch ihm übergeben ist, [...] und er begreift noch tiefer den Sinn des Ringens unserer Tage“. Besonders gelungen fand der Kulturreferent die Texte der Ausstellungstafeln, die „in knappester Formulierung, in strenger, aber schöner Sprache den Sinn einer Zeit, die Taten der Großen formulieren“. Dorn äußerte sich zu keinem Zeitpunkt zu der Frage, welche Zielgruppe in Prag avisiert werden sollte; eine Sonderschau über Böhmen und Mähren erwähnte er nicht. Stattdessen ließ er sich nur vage darüber aus, warum einzelne Exponate gerade für das Protektorat von Interesse seien wie beispielsweise die Kopie des „Ottokarschwert[s], das wahrscheinlich ein Geschenk des Deutschordens an den Böhmenkönig Ottokar II. für geliehene Waffenhilfe darstellt“, oder auch der Ausstellungsteil über den Dreißigjährigen Krieg, Wallenstein und „das deutsche Bluterbe, das er in sich trug“. Derart verzerrte Geschichtsdarstellungen sollten dazu dienen, beim Besucher das Bild einer historischen Verankerung Böhmens und Mährens im deutschen Raum zu erzeugen. Auch als sich Hagemeyer im Dezember 1940 in Prag aufhielt, wurden keine verbindlichen Vereinbarungen zur Durchführung der Ausstellung getroffen. Stattdessen vertrauten die Prager Propagandaplaner offenkundig auf Gregorys Strategie, Protektoratsregierung und lokale Behörden zur Finanzierung heranzuziehen. Tatsächlich informierte Gregory wenig später schriftlich Ministerpräsident Alois Eliáš über die geplante Ausstellung und griff die bereits im November 1940 verwendete Argumentation auf, die Schau gebe „einen umfassenden Überblick über die Geschichte des Reiches“ und sei daher „in besonderem Maße geeignet, der Erziehung zum Reichsgedanken zu dienen“. Daraus leitete Gregory erstens die Beteiligung der Protektoratsregierung bei der Finanzierung ab, ohne allerdings deren Höhe zu beziffern. Zweitens gab er an, er lege großen Wert auf die rege Teilnahme von tschechischen „Beamten, öffentlichen Angestellten, Schulen und Vereinen“.36 Es war nicht ungewöhnlich, dass auf diese Weise Druck auf tschechische Stellen ausgeübt wurde: In mehreren Fällen lässt sich nachweisen, wie diese zum Besuch deutscher Ausstellungen, Kundgebungen oder auch zum Kinobesuch genötigt wurden, wenn dort deutsche Propagandastreifen gezeigt wurden. Entsprechende Vorsicht ist deshalb bei der Bewertung der Teilnehmerzahlen dieser Veranstaltungen angebracht.37 Knapp eineinhalb Monate vor der offiziellen Eröffnung der Ausstellung im Prager Landesmuseum waren die Planungen der Kulturabteilung noch sehr vage: Grundlegende Fragen wie die Finanzierung der Schau waren ungeklärt. Auch das Amt Rosenberg beteiligte sich nicht an den Kosten und sah von verbindlichen Zusagen ab. Völlig offen war zudem, inwieweit sich die Prager Kulturabteilung inhaltlich einbringen und ob die Sonderschau zu

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Böhmen und Mähren überhaupt realisiert werden konnte. Anfang Februar 1941 regte sich an diesem Zustand auch im eigenen Hause massive Kritik: So wies die Gruppe Finanz im Amt des Reichsprotektors am 6. Februar direkt auf gravierende organisatorische Mängel hin. Vor allem fehle es an schriftlichen Zusagen. „Ebensowenig scheinen bisher [...] die technischen, organisatorischen und finanziellen Vorfragen ordnungsgemäß gelöst zu sein.“38 Die Finanzierung der Schau sei bislang „völlig unklar“, monierte die Gruppe. Lediglich der von Gregory beauftragte Theodor Dorn sei bereits bei mehreren NS-Behörden vorstellig geworden, habe dabei aber alles andere als koordiniert gewirkt. Dennoch habe der Kulturreferent bereits erste kostspielige Aufträge zur Vorbereitung der Ausstellung vergeben, darunter die Übersetzung des Münchener Ausstellungskataloges ins Tschechische sowie die Räumung der vorgesehenen Ausstellungsfläche im Nationalmuseum. Unabhängig von der Finanzierungsfrage stießen beide Vorstöße Dorns im Amt des Reichsprotektors auf massive Kritik: Die Abteilung „Unterricht und Kultus“ wehrte sich gegen die „Zerstörung wertvoller Museumswerte“ durch die Umbaumaßnahmen im Museum. Der Gruppe Finanz wiederum missfiel, dass das Vorwort von Alfred Rosenberg aus dem deutschen Ausstellungskatalog übernommen werden sollte, stattdessen plädierte sie vehement für eine Widmung durch Neurath als Schirmherrn der Schau. Die massive Kritik aus den ­eigenen Reihen sechs Wochen vor dem geplanten Eröffnungstermin weist auf die Unprofessionalität der Planungen hin.39 Nach Gregorys Rückkehr aus München hatte sich die Kulturabteilung offenkundig über mehrere Monate hinweg aus den Vorarbeiten herausgehalten und diese Theodor Dorn überlassen. Erst am 28. Februar 1941, zwei Wochen vor Ausstellungsbeginn, reagierten die Prager Kulturplaner auf die Kritik der Gruppe Finanz und stellten das Budget der Schau sicher. Mit den ursprünglichen Vorstellungen Gregorys, die Hauptlast der Protektoratsregierung aufzubürden, hatte die Kalkulation indes nicht mehr viel gemeinsam: Von den nunmehr auf 130.000 RM gestiegenen Kosten übernahm mit 70.000 RM der sogenannte Volkstumsfond40 den Löwenanteil. Hinzu kamen 15.000 RM von der Protektoratsregierung, 20.000  RM vom Land Böhmen, 15.000  RM vom Land Mähren sowie 10.000 RM aus dem Haushalt der Stadt Prag.41 Doch auch nach diesem Kompromiss konnte von einem einheitlichen und mit allen Akteuren abgestimmten Ausstellungskonzept keine Rede sein. Zu den Streitpunkten gehörten unverändert grundlegende Fragen wie der Titel der Ausstellung. Während das Amt Rosenberg davon ausging, dass für Prag der Name „Deutsche Größe“ beibehalten würde, war Karl Hermann Frank, ein Spitzenfunktionär des deutschen Besatzungsregimes, anderer Ansicht. Er halte es „aus politischpropagandistischen Gründen für unerlässlich“, den Ausstellungsnamen stattdessen in „Das Reich“ zu ändern. Mit dem Titel „Deutsche Größe“ ließen sich seiner Meinung nach tschechische Besucher nicht im gewünschten Sinne erreichen. 42 Das Amt Rosenberg ­widersprach umgehend: Von November 1940 an sei die gesamte Pressearbeit mit dem Titel „Deutsche Größe“ abgewickelt worden. Die Schau zeige schließlich die „geschichtliche Größe des Deutschen Reiches“. Daher würde es „nun gerade im Reich nicht verstanden

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werden, wenn in Prag die Bezeichnung ‚Deutsche Größe‘ in Wegfall kommt“, befanden die Organisatoren rund um Hagemeyer.43 Bei dieser Diskussion zwischen Frank und dem Amt Rosenberg ging es um weit mehr als die Wahl des Ausstellungstitels. Die beteiligten Stellen hatten völlig verschiedene Vorstellungen, welche Zielgruppe die Ausstellung ansprechen sollte. Ging es nur darum, der deutschen Bevölkerung in Böhmen und Mähren die „Deutsche Größe“ vor Augen zu ­führen? Oder konnten auch Tschechen im Sinne der Besatzungsmacht beeinflusst werden? Lediglich Gregory hatte zuvor vage auf die „Erziehung zum Reichsgedanken“ verwiesen und den organisierten Besuch tschechischer Angestellter und Schülergruppen in die Wege geleitet, was eine deutlich höhere Besucherzahl und entsprechend größere Erlöse aus dem Ticketverkauf versprach. Tatsächlich wurde in den zitierten Finanzplanungen mehrfach explizit darauf hingewiesen, dass die laufenden Kosten der Ausstellung durch diese Einnahmen beglichen werden sollten. Im Endeffekt kamen tschechische Besucher also gleich mehrfach für die Finanzierung der Schau auf: erstens durch den Erwerb der Eintrittskarten, die sie oder ihre Dienststellen kauften, und zweitens durch ihre Steuergelder in Form von öffentlichen Zuschüssen. Doch inwieweit sollte dem erzwungenen Besuch Zehntausender Tschechen auch propagandistisch Rechnung getragen werden? Während Frank zumindest den Namen der Ausstellung anpassen wollte, maß das Amt Rosenberg tschechischen Besuchern von vornherein keine Bedeutung bei: „Außer Tschechen, die glauben verpflichtet zu sein, wird man von dieser Seite ohnehin mit keinem großen Besuch rechnen können“, ließ man die Kulturlenker im Amt des Reichsprotektors wissen.44 Inhaltliche Kompromisse hielt das Amt aus diesem Grund von vornherein für überflüssig. An dem geschlossenen Besuch der Ausstellung durch tschechische Angestellte und Schulklassen änderten solche Planspiele nichts. Die Protektoratsregierung folgte notgedrungen den Vorgaben der Besatzungsmacht: So beauftragte das Ministerratspräsidium am 18. Februar 1941 das Ministerium für Schulwesen und Volksaufklärung, „die notwendigen Vorkehrungen zu treffen“.45 Dieses sorgte während der gesamten Ausstellungsdauer für einen geschlossenen Besuch der Schau. Angestellten, die außerhalb Prags wohnten, wurde sogar bis zu drei Tage zusätzlicher Urlaub gewährt.46 Unter großem Aufwand wurden Zehntausende tschechische Besucher durch die Ausstellung geführt, obwohl es auf deutscher Seite sehr unterschiedliche Meinungen darüber gegeben hatte, ob diese überhaupt als Zielgruppe in Frage kämen. Trotz aller Schwierigkeiten konnte die Schau rechtzeitig zum zweiten Jahrestag der Errichtung des Protektorates eröffnen. Um den im Nationalmuseum am Aufbau beteiligten Arbeitern, nach den Unterlagen der Kulturabteilung „durchwegs Tschechen“, für ihre fristgerechte Fertigstellung zu danken, veranstalteten die Organisatoren für diese zwei Tage vor der Eröffnung ein „Richtfest“. Frank selbst gab die Anweisung, das Programm, das in den Räumen des Prager Gemeindehauses stattfand, auf Tschechisch durchzuführen. Die Einladung beinhaltete nicht nur „einfaches Essen, Bier nach Biermarken und zwei Runden

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Schnaps“, sondern auch ein Unterhaltungsprogramm mit namhaften Akteuren: Dem Auftritt einer „kleinen Stimmungskapelle“ folgten „humoristische Vorträge“ von Vlasta Burian und Ferenc Futurista.47

„Regstes Interesse beim tschechischen Volk“ – Unterschiedliche Bewertungen der Ausstellung Am 15. März 1941 öffnete die Schau „Deutsche Größe“ für acht Wochen im Prager Nationalmuseum ihre Pforten. Wie deutsche und tschechische Besucher sie tatsächlich beurteilten, ist auf der Grundlage der vorhandenen Quellen nur schwer nachvollziehbar. Zwar sind die Unterlagen nicht mehr vollständig erhalten, doch lässt sich aus dem vorhandenen Material ablesen, wie die beteiligten Behörden die Ausstellung einschätzten bzw. wie sie ihre Beobachtungen gegenüber anderen Dienststellen darstellten. Während der gesamten Ausstellungsdauer erkundigte sich das Amt Rosenberg regelmäßig beim Amt des Reichsprotektors nach dem Verlauf. Mehrfach sandte die Kulturabteilung daraufhin Telegramme mit der jeweils aktuellen Besucherzahl an Hagemeyer. Bis zum 28. April zählten die Prager Kulturlenker bereits 60.152 Besucher. Noch am selben Tag erklärte Gregory dem Reichsamtsleiter schriftlich seine „Freude“ darüber. Auch der Reichs­ protektor „würde es sehr begrüßen, wenn die Ausstellung noch eine Weile in Prag bleiben könnte“.48 Tatsächlich wurde sie bis zum 11. Mai verlängert. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich 110.427 Menschen die Exponate angesehen.49 Demzufolge müssen allein in den letzten beiden Wochen mehr als 50.000 Besucher durch die Ausstellungsräume am Wenzelsplatz geführt worden sein, was fast der Hälfte der gesamten Besucherzahl entspräche. Mit den vorhandenen Akten lässt sich weder die Richtigkeit dieser Zahlen überprüfen, noch lassen sich die Gründe für eine derartige Steigerung erklären. Das Amt des Reichsprotektors gab die Gesamtbesucherzahl über das Deutsche Nachrichtenbüro (DNB) auch an die Presse weiter, so dass zahlreiche Zeitungen sie anschließend in ihre Berichterstattung übernahmen. Ebenso medienwirksam wurde das Erreichen der Marke von 100.000 Besuchern in Szene gesetzt. Reichsprotektor Neurath hatte für die Ehrung des 100.000sten und des 100.001sten Besuchers, eines tschechischen Beamten aus Beneschau (Benešov) sowie eines deutschen Schülers aus Budweis (České Budějovice), eigens zwei Rundfunkempfänger gestiftet. Alfred Rosenberg ergänzte diese Präsente für die „glücklichen Gewinner“ um „je einen Prachtkatalog [der Ausstellung] mit eigenhändiger Unterschrift“.50 In den deutschen und tschechischen Zeitungen des Protektorats finden sich zahlreiche Berichte über die Schau. Da die gesamte Presse unter Kontrolle der Besatzungsbehörden stand, überrascht es nicht, dass sich sämtliche Artikel so überschwänglich zum „Erfolg“ der Ausstellung äußerten wie Wilhelm Formann im eingangs zitierten Bericht. Dies gilt in erster Linie für die deutschsprachige Presse: So fand sich beispielsweise in der Propagandazeitschrift „Böhmen und Mähren“ ein mehrseitiger Artikel über die „in Gestaltung, inne-

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rer Einheit und Wissensvermittlung einzigartige Sammlung“. Die Schau habe Deutsche und Tschechen gleichermaßen angesprochen. Die Initiatoren hätten den „Deutschen dieses Raumes wieder in Erinnerung rufen wollen, wie sehr ihre Geschichte mit der des Reiches verbunden ist“. Gleichzeitig sei der tschechischen Bevölkerung „eindrucksvoll Gelegenheit geboten worden, manches Vorurteil und manchen Irrtum oder auch bewußte Irreführung einer deutschfeindlichen Geschichtsforschung endlich zu korrigieren“. An diesem Zitat überrascht weniger die propagandistische Tonlage als sein Inhalt. Während die Organisatoren die Frage nach der Zielgruppe vernachlässigt hatten, unternahm der Kommentar den Versuch, diese im Sinne der Besatzungsmacht zu definieren. Positiv beurteilte der Artikel auch das Ausstellungskonzept: Die Inhalte seien „erschütternd und eindringlich“, genauso überzeugend die „großartige und ausgewogene Raumgestaltung in ­ihrer steten Steigerung mit allen ausstellungstechnischen Registern – klares Licht und besinnliche Dämmerung, bedrückende Enge und befreiende Weite des Raumes, rufende Farbe und stilles Grau“. Am eindrücklichsten sei aber das Gefühl, nach dem Rundgang wieder im Eingangsbereich zu stehen: Dann nämlich empfinde ein jeder Besucher ein „beglückend aufströmende[s] Bewußtwerden: Dieses Ganze, Große, Stolze – das ist Dein Volk! Auch Deine Ahnen waren es, die all das mitschufen“.51 Ähnlich pathetische Formulierungen finden sich in der kontrollierten tschechischen Presse. So äußersten beispielsweise die „Lidové listy“ (Volksblätter), dass es kaum ausreiche, die Schau „lediglich“ als Ausstellung zu beschreiben: Diese Bezeichnung vermittle „nicht genau genug den Sinn all dessen, was hier in geräumigen Sälen mächtig wie die eherne Stimme der Geschichte auf die Seele einwirkt“. Vielmehr seien die Exponate „eine Zeugenschaft und ein Programm, eine einzigartige Harmonie, die den Genius der Nation“ vor Augen führe. Es sei selbstverständlich, dass die Ausstellung „ihre Sendung in Prag ­unter den tschechischen Menschen auch erfüllen wird“.52 Dass solche Artikel die tschechischen Leser wirklich erreichten, ist unwahrscheinlich, da ihnen die Verfasser in den meisten Fällen für ihre intensive Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden bekannt waren.53 Problematischer gestaltete sich aus der Sicht des Besatzungsregimes allerdings der Versuch, auch die Schriftpresse in Deutschland für die Prager Station der Schau zu interessieren. Als auch nach ihrem Abschluss Artikel in deutschen Zeitungen ausblieben, meldete sich umgehend die Pressestelle des Amts Rosenberg in Prag. Auf deren Wunsch schickte der für die Überwachung der Presse zuständige Wolfram von Wolmar eine gesonderte Mitteilung an die Redaktion des „Völkischen Beobachters“, in der er besonders den „Erfolg“ der Schau bei Besuchern beider Nationalität herausstellte: Für Deutsche sei eine Besichtigung ohnehin ein „überwältigendes Erlebnis“. Der hohe Anteil tschechischer Besucher zeige, dass die Ausstellung auch bei ihnen „regstes Interesse [...] hervorgerufen hat, das sich auch jetzt noch nach ihrer Schließung in zahlreichen Aufsätzen in der tschechischen Presse auswirkt“.54 Dass sich die meisten Tschechen „Deutsche Größe“ nur aufgrund deutscher Zwangsmaßnahmen ansahen und die zahlreichen Artikel in der tschechischen Presse

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aufgrund der Vorgaben seines eigenen Stabes entstanden waren, dürfte mit Sicherheit auch Wolfram von Wolmar klar gewesen sein. Trotzdem versuchte er in dieser Pressemitteilung gezielt, die Hintergründe zu verzerren. Andere deutsche Dienststellen wie der Sicherheitsdienst der SS (SD) beurteilten die Wirkung der Propagandaausstellung auf ihre Besucher erheblich nüchterner. Bereits bei der Eröffnung im März äußerte sich der SD zwar anerkennend über die „starke Beachtung“ der Schau in der tschechischen Presse. Doch auch wenn die Medien sie als „einzigartige Vermittlerin der Geschichte des europäischen Raumes“ feierten, sage dies noch nichts über die tatsächliche Reaktion der Besucher aus: „Die Wirkung dieser Propaganda auf die tschechische Bevölkerung Prags ließ allerdings bisher zu wünschen übrig.“55 Nach der Schließung der Ausstellung im Mai spitzte der SD seine Kritik weiter zu. Bei den ca. 110.000 Besuchern habe es sich um rund 18.000 tschechische Schüler aus Prag gehandelt, außerdem um „14.000 tschechische Lehrer aus dem ganzen Protektorat“ sowie „zahlreiche Beamte und Behördenangestellte“. Von einer positiven Resonanz konnte laut SD folglich keine Rede sein: „Die allermeisten tschechischen Ausstellungsbesucher waren solche, die auf Anordnung vorgesetzter Stellen kamen“. Dass „aus freien Stücken [...] nicht allzu viele Besucher“ den Weg ins Nationalmuseum gefunden hatten, sei „vom Londoner Rundfunk als Boykottbewegung lobend herausgehoben worden“. Dennoch sprach der SD von einem „propagandistischen und vor allem erzieherischen Erfolg auch gegenüber den Tschechen“. Ein Fazit, das in keiner Weise zur vorhergehenden schonungslosen Analyse passte und vor allem dem Versuch geschuldet sein mag, die Verantwortlichen der Schau und vorgesetzte Stellen nicht zu sehr zu verärgern.56

„Kampf um Prag“ – Die Ausstellung „Deutsche Größe“ und die Interessen des Amtes Rosenberg im Protektorat Offensichtlich handelte es sich bei „Deutsche Größe“ um den ersten Versuch des Amtes Rosenberg, eine propagandistische Schau im Protektorat zu zeigen. Nachdem das Amt des Reichsprotektors in diesem Bereich ansonsten vor allem mit dem Propagandaministerium zusammengearbeitet hatte, kooperierten die Prager Kulturlenker nun erstmals bei einer Aktion dieser Größenordnung mit dessen Konkurrenten. Doch welchen Stellenwert hatte die Ausstellung in diesem Zusammenhang? Wieso machte die Ausstellung nach München ausgerechnet in Prag Station? Zumindest eines lässt sich sicher sagen: Für das Amt Rosenberg war „Deutsche Größe“ der Auftakt, größeren Einfluss auf kulturpolitische Entscheidungen im Protektorat zu gewinnen. Bereits wenige Wochen nach dem Ende der Schau versuchte das Amt Rosenberg, die Verbindungen nach Prag wiederzubeleben. Nachdem die ursprünglich angedachte Sonderausstellung zu Böhmen und Mähren nicht zustande gekommen war, brachte Rosenberg diese Idee nun erneut ins Spiel. Eigentlich sei der Vorschlag durch die Kreisleitung der

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NSDAP in Prag an ihn herangetragen worden, ließ er Neurath am 8. Juli 1941 wissen.57 Bei diesen Gedankenspielen ging es nicht mehr nur um eine Ergänzung zu „Deutsche Größe“, sondern um die Planung einer eigenständigen Propagandaausstellung mit dem Titel „Kampf um Prag“. Diese sollte die „Entwicklung des böhmisch-mährischen Raumes von Anbeginn bis heute in seiner schicksalhaften Verbundenheit mit dem Reich“ zeigen. Zunächst sollte „Kampf um Prag“ als Wanderausstellung in mehreren deutschen Städten gastieren, um dann abschließend „in Prag in einem repräsentativen Museum eine dauerhafte Heimstätte [zu] finden“. Er komme gerne der angeblichen Bitte vonseiten der NSDAP-Kreisleitung nach, die „Leitung und Überwachung der Gesamtgestaltung“ zu übernehmen, ließ Rosenberg wissen.58 Dass er in diesem Schreiben den Reichsprotektor darum bat, mit ihm zusammen die Schirmherrschaft über die Schau zu übernehmen, hatte handfeste Gründe. Zum einen war Rosenberg auf die Prager Kulturabteilung angewiesen, zum anderen spielten aber vornehmlich finanzielle Motive eine Rolle: Auch für „Kampf um Prag“ sei ein „gewisses Ausmaß“ an Zuschüssen notwendig. Für diese könne seine eigene Dienststelle allerdings keinesfalls aufkommen, wie Rosenberg erst im letzten Satz des Schreibens beiläufig erwähnt. Er nehme aber an, dass von der Behörde des Reichsprotektors für derart „politisch und kulturell bedeutsame Zwecke“ Gelder bewilligt werden könnten. Obwohl er eine finanzielle Beteiligung ausschloss, hinderte das Rosenberg aber nicht daran, für sein Amt eine Schlüsselrolle bei der Planung einzufordern. Zusammen mit diesem Schreiben schickte das Amt Rosenberg ein erstes Dossier mit Vorüberlegungen zur Ausstellung nach Prag. Angedacht war eine Gliederung in vier Teile: Bei „Siedlungs-, Stammes- und Rassenfragen“ sollte die Bandbreite der Schau von „ältesten germanischen Siedlungen“ in Böhmen bis zu „Stammesunterschiede[n] und Rasse­ fragen bei den Tschechen“ reichen. In drei weiteren Teilen waren Schwerpunkte wie der „deutsche Anteil“ in Böhmen und Mähren, der „Kampf um den böhmischen Raum“ sowie als Schlusspunkt der Schau „Das Prag Groß-Deutschlands“ angedacht.59 Allein die Wortwahl lässt erahnen, wie sehr sich die Schau nicht nur an der üblichen deutschen Propaganda orientierte, sondern ideologisch die Handschrift Rosenbergs trug. Ob auch tschechische Besucher als Adressaten angesprochen werden sollten, ließ das Konzeptpapier offen. Das Amt des Reichsprotektors reagierte mehr als zurückhaltend auf Rosenbergs Ersuchen. Er halte den Vorschlag zwar für recht gut und sei prinzipiell auch bereit, die Schirmherrschaft zu übernehmen, versicherte Neurath. Nach den unguten Erfahrungen bei der Planung von „Deutsche Größe“ wollte sich der Reichsprotektor nicht auf voreilige finanzielle Zusagen einlassen, aber angesichts zunehmender Kriegsaktivitäten wurden die Planungen ohnehin nicht mehr weiter vorangetrieben. „Kampf um Prag“ wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Dessen ungeachtet setzte das Amt Rosenberg auch 1942 seine Aktivitäten im Protek­ torat fort und geriet hierbei mehrfach in Konflikt mit der Prager Kulturabteilung. Die Akteure waren in diesem Jahr allerdings andere: Verantwortlich für die Abteilung IV zeich-

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nete nun Martin Wolf60, Schlüsselfigur auf Seiten des Amtes Rosenberg war Walter Stang61, der Leiter des Hauptamtes Kunstpflege. Dass es hierbei nicht nur um die Planung einzelner Propagandaausstellungen ging, ließ der damals 47-Jährige die Prager Propagandaplaner auch offen wissen, als er ihnen im Juni 1942 ein 14-seitiges Grundsatzdossier zu sämtlichen Feldern der Kulturpolitik überreichte. Der „kulturellen Arbeit“ maß Stang darin große Bedeutung bei, um die „Eindeutschung des böhmisch-mährischen Raumes“ als langfristiges Ziel der Besatzungsmacht erreichen zu können. Für den Leiter des Hauptamtes Kunstpflege war der gezielte Aufbau eines deutschen Kulturlebens im Protektorat wesentlich. Dieses diente seiner Meinung nach hauptsächlich der „politischen Erziehung sowie der systematische[n] Beseitigung aller Tschechisierungsmaßnahmen“.62 Nachdem die Überlegungen zu „Kampf um Prag“ als Wanderausstellung im Vorjahr ergebnislos geblieben waren, plante das Amt Rosenberg auch noch 1942 die Einrichtung einer ständigen Ausstellung in Prag. „In den Mittelpunkt einer auf lange Sicht planmäßig aufzubauenden Kulturarbeit gestellt kann eine solche Schau“, so Stang, „zum Mittelpunkt für alle [...] genannten Aufgaben werden.“ Angesprochen werden sollten bei dem Projekt beide Bevölkerungsgruppen: Für Deutsche biete die Schau einen „starken nationalen Rückhalt“, für tschechische Besucher sei sie ein Mittel „von stärkster suggestiver Wirkung zur Erziehung zum Reichsgedanken“. Als Ort präferierte Stang erneut das Nationalmuseum am Wenzelsplatz.63 Wie aus internen Papieren hervorgeht, war es für Stang und Rosenberg eine Option, die Schau „Deutsche Größe“ nach ihrem Ende als Grundstock für eine dauerhafte Schau in Prag zu übernehmen.64 Die „Lenkung dieser großen Planungsaufgabe“ mochten beide nicht beim Amt des Reichsprotektors belassen. Stang sprach sich stattdessen für die Schaffung eines „Kulturamtes“ in Prag aus, das zwar „unter der politischen Führung“ des Reichsprotektors stehen, „weltanschaulich“ aber vom Amt Rosenberg getragen werden sollte. Auch zentrale Personalentscheidungen wollte Stang unter der Federführung seiner Dienststelle sehen.65 Für das Amt des Reichsprotektors waren derartige Forderungen nichts anderes als ein Affront. Grund waren weniger die kulturpolitischen Gedankenspiele, in denen die Prager Kulturlenker „inhaltlich nichts Neues“ zu erkennen vermochten, als vielmehr der Versuch, die Kompetenzen der Prager Abteilung zu beschneiden. Die Einrichtung eines „Kulturamtes“ kam für Martin Wolf somit auch „nicht in Frage“. Für denkbar hielt er es allenfalls, das Amt Rosenberg an einem gemeinsamen Arbeitskreis zur „deutschen Kulturaufgabe in Prag“ zu beteiligen  – eine beratende Institution, die der Abteilung IV keinesfalls ihre ­kulturpolitischen Kompetenzen streitig machen konnte.66 Im Amt Rosenberg mochte man sich damit nicht abfinden. Bezeichnend ist die Art, wie die Behörde im Oktober 1942 auf Franks Schreiben reagierte und dessen Inhalt schlicht ignorierte. Rosenberg habe „mit Befriedigung daraus entnommen, daß Sie eine[r] engere[n] Zusammenarbeit [...] auf der sachlichen Grundlage der Denkschrift Ihre Zustimmung ­geben“.67 Stang fuhr weiterhin von Berlin an die Moldau und versuchte, die Entscheidungsträger vor Ort zu Zugeständnissen zu bewegen. Im November 1942 reiste er mit drei Refe-

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renten aus dem Hauptamt Kunstpflege erneut nach Prag, um die „planmäßige Zusammenarbeit unserer Dienststelle mit dem Reichsprotektor einer praktischen Verwirklichung nahe zu führen“.68 Diesmal ging es um eine Beteiligung an den für Mai und Juni 1943 geplanten Prager Musikwochen, die Stang auf andere Kulturbereiche erweitern wollte. Die Schau sollte als „Grundstock“ für eine spätere Dauerausstellung dienen. Er sprach in seinem Abschlussbericht zur Dienstreise nach Prag auch deutlich vom „einmal zu errichtende[n] [...], böhmisch-mährische[n] Landesmuseum“.69 Diese Aussage lässt den künftigen Verwendungszweck erahnen, den er für das Gebäude des Nationalmuseums vorsah. Intern ließ Stang aber zu keinem Zeitpunkt Zweifel darüber aufkommen, dass seine Prager Gastgeber nicht an einer umfassenden Zusammenarbeit interessiert seien, stattdessen hätten die Besprechungen in Prag „den deutlichen Beweis“ erbracht, „dass die Dienststelle des Reichsprotektors großen Wert auf eine enge [...] Zusammenarbeit mit unserer Dienststelle legt“, heißt es in seinem Reisebericht. An gleicher Stelle äußert er sich auch zu der Frage, warum gerade Böhmen und Mähren derart in den Fokus seines Amtes gerückt seien: Das Protektorat biete „für uns die Möglichkeit wie kaum an einem anderen Platz im Reich zum praktischen kulturellen Einsatz in einem ganz besonders fruchtbaren und kulturpolitisch bedeutenden Gebiet“.70 Stang versuchte Böhmen und Mähren also zu einem Experimentierfeld für all jene kulturpolitischen Aktivitäten zu machen, die für das Amt Rosenberg ansonsten nicht oder nicht mehr möglich waren.

Anmerkungen 1

FORMANN, Wilhelm: Eine Schau vom Erbe der Vergangenheit. Die Ausstellung ‚Deutsche

Größe‘ im Prager Landesmuseum. In: Der Neue Tag, 17.3.1941. Ebd. Formann zitiert hier die Rede Alfred Rosenbergs zur Eröffnung der Münchener Ausstellung am 8.11.1940. 3 Zu diesem Zeitpunkt war das Nationalmuseum am Wenzelsplatz von der Besatzungsmacht bereits in „Böhmisches Landesmuseum“ umbenannt worden. Diese Bezeichnung fand auch in den vorliegenden Planungsakten Verwendung. 4 Der Einfachheit halber wird in der weiteren Analyse der in der Forschung gängige Terminus „Amt Rosenberg“ verwendet. 5 Johann Gerhard „Hans“ Hagemeyer (1899–1993) arbeitete bereits seit 1933 für das Amt Rosenberg. 1934 wurde er von Rosenberg zum Leiter des ihm unterstellten Amtes „Schrifttumspflege“ ernannt. KLEE 2007, 218. 6 AUSST.-KAT. BERLIN 1940 a , 216. 7 Ebd., 234. 8 KIVELITZ 1999, 205. 9 Kivelitz spricht von einem „ikonengleichen Status“ der Kopien: Ihnen sei eine größere Bedeutung als ihren Vorbildern beigemessen worden, „denn im ‚Scheincharakter‘ der Reproduktionen offenbare sich eine ansonsten den Blicken verstellte Idealität“. Ebd., 206. 10 AUSST.-KAT. BERLIN 1940 a, 395. 2

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11 KIVELITZ 1999, 206 f. 12 AUSST.-KAT. BERLIN 1940 a, 232–235. 13 Genannt sei hier beispielsweise ein Gemälde mit dem Titel „Die Verbrüderung der Stände bei der Volkserhebung 1813“ aus dem Berliner Schloss. Ebd. 14 Im Raum zu den Befreiungskriegen fand sich u. a. ein Ausspruch Freiherr vom Steins („Ich habe nur ein Vaterland, und das heißt Deutschland“) unweit eines Frieses mit der Aufschrift „Das Volk steht auf, der Sturm bricht los“. Ebd. 15 Ebd., 267–308. 16 Ebd., 336–383. Siehe auch KIVELITZ 1999, 207. 17 Die in beiden Katalogen aufgeführten Exponate und Hinweise zu Aufbau und Konzeption der Ausstellungen weisen starke Ähnlichkeit auf. Ob die Schau „Los von Versailles“ außer in Danzig noch in anderen Städten gezeigt wurde, konnte leider nicht ermittelt werden. Vgl. AUSST.-KAT. BERLIN 1940 b. 18 Der aus Wuppertal stammende Architekt und Bildhauer Arno Breker (1900–1991) ist wegen ­seiner Aktivitäten während des Nationalsozialismus noch immer äußerst umstritten. Im Auftrag des NS-Regimes schuf er zahlreiche, meist monumentale Werke. Die Originale der ausgestellten Statuen befanden sich im Hof der Neuen Reichskanzlei in Berlin. 19 KIVELITZ 1999, 202 f. 20 Wie Kivelitz zeigt, wurde das Konzept von „Europas Schicksalskampf im Osten“ „über den ‚Kampf im Osten‘ hinaus auf die gesamte Welt erweitert“ – insgesamt sei das „Konzept des ‚totalen Krieges‘ [...] bestimmend für das Programm der Ausstellung“ geworden. Ebd., 208 f. 21 Wie aus einem von Kivelitz in diesem Zusammenhang zitierten Aktenvermerk vom 9.9.1942 deutlich wird, hielt das Auswärtige Amt vor allem die „fraglos unerwünschten Rückwirkungen, die die Tendenz der Ausstellung in erster Linie auf unsere Bundesgenossen, aber auch auf die übrigen kleinen europäischen Nationen gehabt haben würde“, für bedenklich. Ebd. 22 Die regelmäßigen Kompetenzstreitigkeiten zwischen beiden Dienststellen wurden in der Forschung bereits umfassend aufgearbeitet. Siehe hierzu vor allem BOLLMUS 2006 sowie PIPER 2005. 23 KIVELITZ 1999, 343. 24 Die erste Buchausstellung im Clam-Gallas-Palais hatte die Prager Kulturabteilung im Juni 1939 noch in Eigenregie durchgeführt. Bereits im November folgte mit der „Deutschen Buchwoche“ die erste größere Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem „Werbe- und Beratungsamt für das deutsche Schrifttum“, das dem Propagandaministerium unterstand. Auch die in den Folgejahren organisierten Buchausstellungen waren entsprechend propagandistisch ausgerichtet und wurden in der deutschen Presse des Protektorats umfassend besprochen. Vgl. BECHER 2010. 25 Genannt sei hier beispielsweise die deutsche Karikaturausstellung im Frühjahr 1940. „Witz als Waffe. Die Prager Deutsche Karikaturen-Ausstellung wird heute eröffnet“. In: Der Neue Tag, 25.4.1940. 26 Zur Ausrichtung im Protektorat außerdem PASÁK 1997, 272 f. Siehe auch KIVELITZ 1999, 228–233. 27 Formal war die Prager Kulturabteilung alleiniger kulturpolitischer Akteur. Doch obwohl das Amt des Reichsprotektors diesen Anspruch regelmäßig betonte, musste sich die Abteilung immer wieder gegen die Interessen anderer deutscher Behörden verteidigen. FAUTH 2004, 32 f.

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28 Der im Dezember 1899 in Hameln geborene Gregory wurde im April 1939 zum ersten Leiter der Prager Kulturabteilung und wenig später auch zum Pressechef Konstantin von Neuraths ernannt. Im August 1939 machte ihn Joseph Goebbels zudem zum „Sonderbeauftragten der Reichspropagandaleitung der NSDAP für Böhmen und Mähren“, was sicherlich einer der Gründe für seine Integration in die Planung der Ausstellung gewesen sein dürfte. 29 Aktenvermerk Gregorys vom 25.11.1940. Národní archiv, Fond ÚŘP (Úřad říšského protektora – Amt des Reichsprotektors) Karton 1140, 500. 30 Ebd. 31 FAUTH 2004, 61, 65, 89. 32 Schreiben von Hagemeyer an Gregory vom 26.11.1940. Národní archiv, Fond ÚŘP (Úřad říšského protektora – Amt des Reichsprotektors) Karton 1140, 505. 33 Hagemeyer verweist in seinem Schreiben lediglich auf seine baldige Dienstreise nach Prag und die Möglichkeit, „dann alle Einzelheiten zu besprechen“. Ebd. 34 Vermerk der Abteilung IV vom 26.11.1940. Ebd., 502. – Theodor Dorn war zusätzlich Schulungsleiter der Prager NSDAP und arbeitete ab September 1939 im Auftrag der Kulturabteilung als Kontaktperson beim Prager Orbis-Verlag, um die deutsche Kontrolle des ehemaligen tschechoslowakischen Regierungsverlages sicherzustellen. Ab 1942 übernahm Dorn im neu geschaffenen Ministerium für Volksaufklärung ein Abteilungsleiteramt in der Sektion für Wirtschaftswerbung und Fremdenverkehr. Geschäftsverteilungsplan des Ministeriums vom November 1942. Národní archiv, 109-4-1503. 35 Diese und die folgenden Zitate: Dossier von Theodor Dorn zur geplanten Ausstellung (undatiert). Národní archiv, ÚŘP Karton 1140, 541–543. 36 Schreiben von Gregory an Eliáš vom 23.1.1941. Ebd., 528. 37 Gleiches gilt beispielsweise auch für die von deutschen Stellen herausgegebenen Printmedien und Bücher: Tschechische Stellen wurden von deutschen Behörden, aber auch von Verlagen massiv unter Druck gesetzt, Abonnements abzuschließen und propagandistische Literatur zu bestellen. Auch hier müssen daher die von der Besatzungsmacht genannten Verkaufszahlen mit großer Vorsicht gewertet werden. ČERNÝ 1979, 309. 38 Internes Schreiben der Gruppe Finanz vom 6.2.1941. Národní archiv, ÚŘP Karton 1140, 538. 39 Ebd. 40 Der Volkstumsfond („Fond für die Volksarbeit in Böhmen und Mähren“) geht auf eine Initiative des Amtes des Reichsprotektors vom Herbst 1939 zurück. Finanziert wurden u. a. der Bau sogenannter Deutscher Häuser und Sportanlagen, kulturelle Aktivitäten, Hilfen für sozial Bedürftige, aber auch Aktivitäten der Hitlerjugend in Böhmen und Mähren. 41 Vermerk der Abteilung IV vom 28.2.1941. Národní archiv, ÚŘP Karton 1140, 593. 42 Offenkundig hatten Frank und die Kulturabteilung bereits mehrfach in dieser Frage beim Amt Rosenberg angefragt, aber keine Antwort erhalten. Auch Theodor Dorn hatte in seinem Dossier den Arbeitstitel „Das Reich“ verwendet. Ebd., 595. 43 Ebd., 598 f. 44 Schreiben von Hagemeyer an Frank vom 4.3.1941. Ebd. 45 Protokoll der Sitzung des Ministerratspräsidiums vom 18.2.1941. Narodní archiv, ÚŘP Karton 328. 46 Aktenmappe zum organisierten Besuch der Ausstellung. Národní archiv, Fond 371 (Ministerstvo školství – Schulministerium), Karton 413.  – Über den geschlossenen Besuch der Schau war

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­ achweislich auch die Londoner Exilregierung spätestens drei Tage vor Ausstellungsbeginn untern richtet. Vgl. hierzu eine Notiz des Innenministeriums der Exilregierung vom 12.3.1941. Národní archiv, Fond 828 (Ministerstvo vnitra Londýn – Innenministerium London), Karton 205. Vermerk der Abteilung IV über „das Richtfest vom 13. März“. Národní archiv, ÚŘP Karton 1140, 557. – Der 1891 in Reichenberg (Liberec) geborene Schauspieler und Theaterbesitzer Vlasta (Vlastimil) Burian gehörte bis in die Besatzungszeit hinein zu den beliebtesten tschechischen Komikern. Informationen zu seiner Rolle während des Protektorats finden sich im ersten Teil der Biographie von Vladimír Just (JUST 1990). Ferenc Futurista, mit bürgerlichem Namen František Fiala (1891–1947), zählte in der Zwischenkriegszeit zu den beliebtesten tschechischen Kabarettisten und Komikern. Národní archiv, ÚŘP Karton 1140, 640. Telegramm von Gregory an das Amt Rosenberg zur „Gesamtbesucherziffer“. Undatiert. Aus dem Zusammenhang heraus ergibt sich der 11.5.1941 als Datum, an dem das Schreiben nach Berlin gekabelt wurde. Ebd., 645. Tagesmeldung des DNB (Landesdienst Böhmen-Mähren) vom 15.5.1941. Ebd., 653. Deutsche Größe. Eine Rückschau auf die Ausstellung im böhmischen Landesmuseum in Prag. In: Böhmen und Mähren 6 (1941), 229–231. Presseberichte der Abteilung IV vom 17.3. und 16.5.1941. Národní archiv, ÚŘP Karton 1150. Dušan Tomášek sieht in jenen Schriftleitern der kontrollierten tschechischen Presse, von denen auch die Artikel zur „Deutschen Größe“ stammten, „zumeist durchschnittliche oder gar schlechte Journalisten, die aber gehorsam papageienhaft nachplapperten und selbst stupide Einfälle im Sinne der NS-Propaganda ausarbeiteten“. TOMÁŠEK 2004, 86. Schreiben von Wolfram von Wolmar an die Pressestelle des Amts Rosenberg vom 24.5.1941. Die zitierte Pressemitteilung an den „Völkischen Beobachter“ stammt vom 23. Mai. Národní archiv, ÚŘP Karton 1140, 658–659. Monatsbericht des SD-Leitabschnitts Prag für März 1941, 4. Narodní archiv, 114-9-26. Monatsbericht des SD-Leitabschnitts Prag für Mai 1941, 2. Národní archiv, 114-9-23. Aus den vorhandenen Unterlagen geht hervor, dass 1941 und 1942 die Kreisleitung Prag mit dem Amt Rosenberg in Kontakt stand. Bei dem Ansprechpartner Rosenbergs in Prag handelte es sich um den Leiter des Kulturamtes der NSDAP in Prag, Herbert Hiebsch. Národní archiv, 109-41412. Schreiben Rosenbergs an Neurath vom 8.7.1941. Národní archiv, ÚŘP Karton 31. Das im Anschreiben von Emanuel Moravec erwähnte Ausstellungskonzept fehlt zwar in den Akten des Reichsprotektors, ist aber im Berliner Bundesarchiv (BArch) vorhanden. BArch NS8 (Reichspropagandaleiter der NSDAP). Als Autor dieses Papiers wird der Prager Universitätsprofessor Perger genannt. Offenkundig handelte es sich um den aus Graz stammenden Prof. Arnulf Perger (1883–1953), der an der Deutschen Universität Prag dem Lehrstuhl für Theaterwissenschaften vorstand. GLETTLER/MÍŠKOVÁ 2001, 28. Als Nachfolger des von Reinhard Heydrich entlassenen Gregory war der 1908 im sächsischen Arnoldsgrün geborene Martin Wolf im März 1942 zum Leiter der Kulturabteilung ernannt worden. Bereits vor seiner Berufung war er in Prag für den SD tätig gewesen. FAUTH 2004, 83. Der 1895 in Waldsassen geborene Dr. Walter Stang war bereits 1935 zum Leiter der „NS-Kulturgemeinde“ ernannt worden. Im Amt Rosenberg stieg er dann zum Leiter des Hauptamtes Kunstpflege auf. KLEE 2007, 584. Siehe auch BOLLMUS 2006, 111 f.

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62 „Gedanken über Aufgabe und Aufbau der kulturellen Arbeit im Protektorat“. Dossier Walter Stangs vom Juni 1942. Národní archiv, 109-4-1468, 5–7. 63 Ebd., 11 f. 64 Schreiben von Rosenberg an Stang vom 16.9.1942. BArch NS8 242, 143. 65 Národní archiv, 109-4-1468, 17 f. 66 Ebd., 3. – In seiner offiziellen Antwort an Rosenberg schloss sich auch Karl Hermann Frank dem Abteilungsleiter an und lehnte Stangs Forderung mit dem Hinweis auf eine drohende „Zersplitterung der kulturpolitischen Führung“ ab. Schreiben von Frank an Rosenberg vom 29.8.1942. Ebd., 2. 67 Schreiben von Walter Stang an Karl Hermann Frank vom 13.10.1942. Ebd., 1. 68 Gesamtbericht von Walter Stang über die Besprechungen des Hauptamtes Kunstpflege bei der Dienststelle des Reichsprotektors in Prag vom 19.–23.11.1942. BArch NS8 242, 147–151, hier 147. 69 Ebd., 150. 70 Ebd.

Literatur [AUSST.-KAT. BERLIN 1940 a] Deutsche Größe. Ausstellung Berlin 1940 (Katalog vom Amt Schrifttumspflege). [AUSST.-KAT. BERLIN 1940 b] Los von Versailles. Ausstellung Berlin 1940 (Katalog vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und der Dienststelle des Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP). BECHER, Peter: Die Prager Buchausstellung im Clam-Gallas-Palais vom November 1939 als Beispiel der NS-Literaturpolitik im Protektorat Böhmen und Mähren. In: HÖHNE/UDOLPH 2010, 287– 302. BOLLMUS, Reinhard: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. München 22006 [1970] (Studien zur Zeitgeschichte 1). ČERNÝ, Václav: Kultur im Widerstand. Prag 1938–1945. Bd. 1: 1938–1942. Konstanz 1979. FAUTH, Tim: Deutsche Kulturpolitik im Protektorat Böhmen und Mähren 1939 bis 1941. Göttingen 2004 (Berichte und Studien 45). FORMANN, Wilhelm: Eine Schau vom Erbe der Vergangenheit. Die Ausstellung ‚Deutsche Größe‘ im Prager Landesmuseum. In: Der Neue Tag, 17.3.1941. GLETTLER, Monika/MÍŠKOVÁ, Alena (Hgg.): Prager Professoren 1938–1948. Zwischen Wissenschaft und Politik. Essen 2001 (Veröffentlichungen des Instituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa 17). GLETTLER, Monika/LIPTÁK, Lubomir/MÍŠKOVÁ, Alena (Hgg.): Geteilt, besetzt, beherrscht. Die Tschechoslowakei 1938–1945: Reichsgau Sudetenland, Protektorat Böhmen und Mähren, Slowakei. Essen 2004 (Veröffentlichungen der Deutsch-Tschechischen und Deutsch-Slowakischen Historikerkommission 11). HÖHNE, Steffen/UDOLPH, Ludger (Hgg.): Deutsche – Tschechen – Böhmen. Kulturelle Integration und Desintegration im 20. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 2010 (Bausteine zur Slavischen Philologie und Kulturgeschichte. Reihe A: Slavistische Forschungen 66).

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JUST, Vladimír: Věc Vlasta Burian. Rehabilitace krále komiků [Die Sache Vlasta Burian. Die Rehabili-

tierung des Königs der Komiker]. Praha 1990. KIVELITZ, Christoph: Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen. Konfrontation und

Vergleich: Nationalsozialismus in Deutschland, Faschismus in Italien und die UdSSR der Stalinzeit. Bochum 1999 (Europa in der Geschichte 2). KLEE, Ernst: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt a. M. 2007. PASÁK, Tomáš: Emil Hácha (1938–1945). Prag 1997. PIPER, Ernst: Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe. München 2005. TOMÁŠEK, Dušan: Die nationalsozialistische Zensur im Protektorat Böhmen und Mähren. In: GLETTLER/LIPTÁK/MÍŠKOVÁ 2004, 67–90.

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„Besondere Aufgaben der Kunstgeschichte im Warthegau“ Tätigkeitsfelder und Handlungsspielräume deutscher Kunsthistoriker im besetzten Polen am Beispiel des Kunstgeschichtlichen Seminars Posen Am 21. April 1941 wurde im besetzten polnischen Posen (Poznań) eine sogenannte Reichsuniversität eröffnet. Es handelte sich nach Prag um die zweite direkt dem Reichskultusministerium unterstellte Universität1, die ein „Modell und Ausgangspunkt der deutschen Hochschulreform“ sein, zwischen Königsberg und Breslau als „Bollwerk“ des Reiches2 bzw. des „nationalsozialistischen Geistes“3 fungieren und als kultureller Mittelpunkt der Region der „Eindeutschung“ dienen sollte.4 Gleichzeitig wollte man mit dieser Neugründung im Krieg die Leistungsstärke des Deutschen Reiches demonstrieren und den kulturellen ­Führungsanspruch manifestieren.5 Die Aufgabe, zur „Festigung deutschen Volkstums und der Sicherung deutscher Erde“ beizutragen, wurde in der Eröffnungsrede von Oberregierungsrat Dr. Herbert Scurla aus dem Reichserziehungsministerium aus dem „Vermächtnis der politischen Tat“ abgeleitet, die zur Eroberung des Landes geführt habe.6 Damit sollten die Wissenschaftler „geistig“ das fortführen und abschließen, was militärisch begonnen worden war. Der Terminus „Kämpfende Wissenschaft“ fasste die Aufgabe der Wissenschaftler als „geistige Soldaten“ zusammen.7 Forschung und Lehre wurden damit bewusst in das „zeitpolitische Geschehen“, d. h. den Krieg und die anvisierte Neuordnung Europas unter deutscher Führung eingebunden.8 Die Eröffnungsreden geben weiteren Aufschluss über das Selbstverständnis der nationalsozialistischen Hochschule: „Volksverbundenheit“9, die praktische Ausrichtung von Forschung und Lehre10 sowie die Auswahl der Lehrenden weniger aus fachlicher denn politischer Eignung11 sollten Posen zu einer vorbildlichen nationalsozialistischen Musterhochschule machen.12 Dazu gehörte auch die „Überwindung traditioneller Fakultätsgrenzen (...) [und die] verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit“.13 Damit sind die Rahmenbedingungen skizziert, die für die Kunstgeschichte als einem der Gründungsfächer, die von Kultusminister Rust zu den „Volkswissenschaften im weiteren Sinne dieses Begriffes“14 gezählt und auch im Krieg für notwendig erachtet wurden, galten. Welche Bedeutung dem Fach zugesprochen wurde, lässt sich u. a. daran ablesen, dass schon kurze Zeit nach der Besetzung Polens und der Schließung der polnischen Universi-

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tät durch die Besatzungsbehörden mit Karl Heinz Clasen (1893–1979) ein habilitierter Kunsthistoriker nach Posen kam.15 Clasen, der zuvor an der Universität Königsberg gelehrt hatte,16 erarbeitete unter dem Titel „Vorschläge zur Errichtung einer kunstgeschichtlichen Forschungsstätte an der Universität Posen. Besondere Aufgaben der Kunstgeschichte im Warthegau“ ein Konzept zur Gründung einer Forschungsinstitution vor Ort.17 Der frühere Inhaber des Posener Lehrstuhls für Kunstgeschichte, Szczęsny Dettloff, befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Internierungslager im Posener Rathaus. Clasen, der seinen Vorgänger noch aus der Vorkriegszeit kannte, war selbst zunächst im Auftrag des Reichsinnenministers nach Posen gekommen, um als Mitarbeiter im Amt Denkmalpflege den Reichsstatthalter in „Angelegenheiten der Kunst- und Kulturpflege“ zu beraten.18 Außerdem gehörte er mit SS-Untersturmführer Dr. Günther Thaeringen ­einem der vier Erfassungskommandos des sogenannten Generaltreuhänders für die Sicherstellung deutschen Kulturgutes in den ehemals polnischen Gebieten an.19 Bereits am 11. November 1939 überreichte Clasen dem mit der Gründung einer deutschen Universität beauftragten zukünftigen Kurator Hanns Streit20 seinen Entwurf für ein kunsthistorisches Universitätsinstitut. Ob Streit den Kunsthistoriker zur Erarbeitung d­ ieses Konzeptes aufgefordert oder ob Clasen ihn von der Notwendigkeit der Einrichtung überzeugt hat, geht aus den bislang gesichteten Quellen nicht hervor. Bereits mit Wirkung vom 2. Januar 1940 wurde Clasen vom Reichserziehungsminister offiziell mit dem Aufbau des Instituts beauftragt.21 Er firmierte fortan als „Direktor des Kunstgeschichtlichen Seminars“22 und legte noch drei weitere Konzepte zur Ausgestaltung des Faches vor: am 23. Januar 1940, am 6. Februar 1940 sowie am 26. März 1941.23 In meinem Beitrag wird zunächst das konzipierte Profil der Disziplin vorgestellt und im Anschluss dessen Umsetzung in verschiedenen Tätigkeitsfeldern dargelegt. Hier und in weiteren Abschnitten zum Bibliotheksaufbau sowie der Personalpolitik wird aufgezeigt, dass die Fachvertreter zwar mit ihren Vorhaben an Grenzen stießen, aber durchaus Handlungsspielräume hatten und sich aktiv an der Besatzungspolitik beteiligten.

Das Profil der Disziplin Kunstgeschichte an der Reichsuniversität Posen Zwei Aufgabenstellungen waren in Clasens erstem Konzept vom 11. November für das Fach zentral: a) die Beweisführung über den „deutschen“ Charakter des Warthelandes und b) die Notwendigkeit einer volksnahen Wissenschaft. Clasen zufolge könne die Kunstgeschichte sich hier „nicht allein auf die rein wissenschaftliche Forschung und Lehre beschränken“, sondern müsse „sich ganz allgemein kulturaufbauend an breiteste Schichten der Bevölkerung wenden“.24 Im Punkt Lehre und Forschung sah er drei Hauptbereiche: Erstens betonte er den Zusammenhang und die Verbundenheit der „neuen Ostgebiete“ mit der „gesamtdeutschen“ Kultur. Damit verknüpfte er zweitens die Aufgabe, die Kunst

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vor Ort zu erforschen, und das Ziel, aufzuzeigen, wie „weitgehend deutsch“ diese gewesen sei.25 Der Warthegau sollte als ein „Kolonialgebiet deutscher Kultur des Westens“ herausgearbeitet werden. Drittens sollte von Posen aus die Erforschung „nordostdeutscher und osteuropäischer Kunst“ erfolgen. Auch hier lag der Schwerpunkt auf der „deutsch“ beeinflussten Kunst. Für die Aufgabenstellung im Bereich „Volksbildung und allgemeine kulturpolitische Aufgaben“ arbeitete Clasen weitere Schwerpunkte aus. Zum einen sollten die Mitarbeiter verpflichtet sein, Vorlesungen und Vorträge in verständlicher Weise für weite Teile der Bevölkerung zu halten.26 Zweitens sah er die regelmäßige Organisation von Ausstellungen deutscher Kunst vor,27 um die deutsche Kunst bekannt zu machen und an sie heranzuführen.28 Damit das Posener Institut wissenschaftlich anerkannt werde, forderte Clasen eine Ausstattung, die mit anderen deutschen Instituten mithalten könne.29 Vor allem hinter den Instituten in Breslau und Königsberg dürfe man nicht zurückstehen.30

Die Umsetzung des Institutskonzeptes Zunächst ist zu erwähnen, dass letztlich nicht Clasen, sondern Otto Kletzl (1897–1945) mit der Institutsleitung beauftragt wurde. Die Hintergründe dieser Entscheidung sind nur ansatzweise bekannt und sollen hier nicht im Fokus stehen. Mit Kletzl wurde ein 43-jähriger sudetendeutscher Kunsthistoriker31 als Lehrstuhlvertreter berufen, der zwar kein Kenner der polnischen Kunst war, aber die Grundvoraussetzungen für eine Berufung als ­Dozent an die Reichsuniversität – „ostpolitische Erfahrung und Bewährung im Volkstumskampf“32 – mitbrachte. Kletzl hatte jahrelang zur „grenzlanddeutschen“, konkret zur su­ detendeutschen Kunst geforscht. Er galt somit als im „Volkstumskampf“ erprobter Nachwuchswissenschaftler33 und war u. a. durch seine Leitungstätigkeit (1925/26) in der sudetendeutschen Volksbildungskanzlei in Reichenberg (Liberec) 34 in der Volksbildung erfahren.

Beweisführung über den „deutschen“ Charakter des Warthelandes Clasens Forderung, einen Zusammenhang der „deutschen Ostgebiete“ mit der „gesamtdeutschen“ Kultur und der Erforschung der Kunst vor Ort aufzuzeigen, setzte Kletzl u. a. durch die Gründung eines Fotoarchivs für osteuropäische Kunst als Sonderabteilung an seinem Institut um.35 Durch das systematische Bereisen aller osteuropäischen Länder sollten die Grundlagen für eine Erforschung des deutschen Kunstgutes in diesem „volkspolitischen Kampfraum“ gewonnen werden, wie der Kurator dem Innenministerium schrieb.36 Ministerialdirektor Hiecke im Reichserziehungsministerium befürwortete die Bereitstel-

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lung „reichlicher Mittel“, da „es auch mir mit Rücksicht auf die wichtige kulturelle Vorpostenstellung der RU Posen als eine unabweisbare Aufgabe erscheint, hier in dem umrissenen Umfang allmählich ein umfassendes Unternehmen zu sichern, wie das in seiner Art, wesentlich für die westlichen Gebiete, das Marburger Fotoarchiv darstellt“.37 Mit Erlass des Reichserziehungsministeriums vom 7.  Juli 1942 wurde das Archiv offiziell bewilligt.38 Kletzl bereiste in den Folgejahren sowohl die unmittelbare Umgebung, als auch das sogenannte Sudetenland und das Protektorat Böhmen-Mähren sowie das Baltikum, um Material für das Fotoarchiv zu sammeln.39 Ein anderer Ansatz zur Erfüllung dieses Ziels war die Vergabe entsprechender Disser­ tationsthemen. Mindestens drei wurden begonnen: Gertrud Kranig untersuchte „Die ­Bedeutung Schlesiens für die gotische Baukunst des Warthegaus“, Ursula Gütt arbeitete über „Die Wirkung der brandenburgischen Gotik auf den Warthegau“40 und „Frau Ebeling“ über die „klassizistischen Wohnhausbauten im Warthegau“.41

Volksbildung und allgemeine kulturpolitische Aufgaben Wie bereits erwähnt, brachte Kletzl Erfahrungen in der Kulturpolitik und Volksbildung mit. Von Posen aus beteiligte er sich an der Hochschulwoche in Litzmannstadt, in der ab 1942 Vorlesungen für das breite, jedoch nur deutsche Publikum angeboten wurden. Die polnische Stadt Łódz war nach der Besetzung in Litzmannstadt umbenannt worden und wurde von Gauleiter Arthur Greiser zu einer „Neugestaltungsstadt“ erklärt, die ein „deutsches Antlitz“ erhalten sollte. Die Reichsuniversität knüpfte mit ihrer Vortragswoche an die 1936/37 vom Berliner Reichserziehungsministerium initiierten Hochschulwochen an, die aufzeigen sollten, was eine nationalsozialistische Hochschule zum Aufbau einer neuen Volksgemeinschaft beitragen könne.42 Kletzl sprach 1942 über „Die Heimat der ostdeutschen Kunst“ und bei den Hochschulwochen 1943 über „Frühmittelalterliche Baukunst im Wartheland“43 und arbeitete hier jeweils die gestaltende Kraft „deutscher Kolonisatoren“ heraus.44 Des Weiteren übernahm Kletzl von Anfang an auch Vorträge für das örtliche Volksbildungswerk, dessen Ziel es war, das „Wissen um die Kulturkraft und die Kulturleistungen des deutschen Volkes“ zu vermitteln.45 Wie man an den Titeln sieht,46 lag hier der Schwerpunkt jedoch auf bekannten Künstlerpersönlichkeiten und damit bereits etablierten „Leuchttürmen“ „deutschen“ Kulturschaffens.

Ausstellungen: Kunst im Dienst der Politik Neben Vorträgen sollten auch Kunstausstellungen dazu dienen, kulturpolitische Anliegen zu vermitteln. Ein Erlass Hermann Görings, Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe, von 1942 bekräftigte, dass Ausstellungen für die Bevölkerung

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wichtig seien. Sie wurden als ein „nicht zu unterschätzendes Mittel der Unterrichtung und Bildung für die Bevölkerung“ eingestuft. Deshalb sollte selbst in luftgefährdeten Gebieten nicht auf sie verzichtet werden.47 Da aber immer mehr Museumsbestände evakuiert werden mussten, wurden Sonderausstellungen zu seltenen Gelegenheiten, „gute Bilder [...] öffentlich zu sehen“.48 Kletzl waren Ausstellungen als Vermittlungsmedium kulturpolitischer Anliegen aus seiner voruniversitären Zeit vertraut. In Posen war er diesbezüglich im universitären und außeruniversitären Rahmen aktiv und organisierte u. a. eine Wanderausstellung des Fotoarchivs, eine Kunstausstellung in den Räumlichkeiten der Universität sowie in einer Galerie. Im Juni 1943 trat Kletzl mit der Ausstellung „Altdeutsche Kunst in Reval“ mit Material aus seinem Fotoarchiv an die Öffentlichkeit.49 Als Wanderausstellung war sie später noch an anderen Orten, u. a. in Breslau und Danzig, zu sehen.50 Ende 1943 plante er eine Folgeausstellung zum Thema „Deutscher Bauwille im Ostland“ und strebte dazu eine Kooperation mit Alfred Rosenberg, Reichsminister für die besetzten Ostgebiete, an.51 Diese Exposition wurde aber nicht realisiert. Im Oktober 1943 regte Kletzl beim Posener Oberbürgermeister an, in der Kleinen Aula der Universität eine einwöchige Ausstellung mit „Meisterwerken neuer deutscher Kunst aus städtischem Besitz“ zu zeigen. Er vermutete, dass eine solche Ausstellung vom „Publikum sicher dankbar begrüsst“ würde.52 Kletzl war seit Frühjahr 1943 für Posens’ Oberbürgermeister Dr. Gerhard Scheffler als Berater für den Aufbau einer Sammlung „führender Meister der Gegenwart“ einschließlich Bildern aus dem Warthegau tätig.53 Außerdem fungierte er als Berater des Universitätskurators für die künstlerische Ausgestaltung der Universität und organisierte in dieser Funktion im November 1944 eine Werkschau mit Neuerwerbungen der Hochschule.54 Darüber hinaus wirkte Kletzl als Berater der Firma Cäsar Mann in Posen. In deren Ausstellungsräumen organisierte er mindestens zwei Sonderausstellungen55, die in Absprache mit dem Reichspropagandaamt bei der Gauleitung der NSDAP Posen ein- bis zweimal jährlich im Rahmen der vom Reichspropagandaamt begründeten „Arbeitsgemeinschaft für deutsche Kunst im Wartheland“ stattfinden sollten. Damit wurden mehrere Ziele verfolgt: Die Wanderausstellung des Fotoarchivs dehnte den deutschen Kulturraum bis weit nach Osten ins Baltikum aus und suchte kulturell begründet den politischen Führungsanspruch des Deutschen Reiches über diese Territorien zu untermauern. Die übrigen Ausstellungen zielten darauf ab, der Stadt Posen ein „deutsches“ Gesicht zu geben bzw. deren Verbundenheit mit dem Kulturschaffen im Altreich aufzuzeigen, die eigene Leistungsfähigkeit mitten im Krieg zu demonstrieren und den Bewohnern, in der Mehrzahl aus dem Baltikum ausgesiedelte Volksdeutsche, regionale Identifikationsmöglichkeiten anzubieten. Außerdem dienten die Schauen zeitgenössischer Kunst dazu, so meine These, in die neue, von den Nationalsozialisten als zukunftsweisend anerkannte Kunst einzuführen. Ein weiteres Beispiel zeigt, wie Kunst für nichtkünstlerische Zwecke instrumentalisiert wurde und wie sich Kletzl als Fachvertreter daran aktiv beteiligt hat. Kletzl, der von Kurator

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1  Skulptur „Jüngling“ von Fritz v. Graevenitz.

Streit als Berater zur künstlerischen Ausgestaltung der Reichsuniversität bestellt worden war, empfahl 1941 den Ankauf einer Jünglingsfigur des Bildhauers Fritz von Graevenitz mit dem Hinweis, dass dessen Jünglingsfiguren vorbildlich für die Haltung des jungen Deutschland seien.56 Wie auch die Plastiken von Fritz Nuss galten die Arbeiten von Graevenitz’ als Verkörperung des neuen, nationalsozialistischen Menschenbildes, denen ein erzieherischer Einfluss zugeschrieben wurde. Die im November 1941 mit Mitteln der Reichsgauverwaltung für 10.000 RM erworbene Zinkfigur (Abb. 1)57 wurde am 30. Januar 1943 im Rahmen einer „staatspolitischen Feier“ festlich und öffentlichkeitswirksam im großen Treppenhaus des Universitätshauptgebäudes gegenüber der „Führerbüste“ von Fritz Klimsch aufgestellt (Abb. 2).58 Als ranghöchster Gast nahm Ministerialdirektor August Jäger als Vertreter des Reichsstatthalters neben weiteren nicht näher bezeichneten Vertretern des Staates, der Partei und

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2  Skizze zur Einweihungsfeier der Skulptur „Jüngling“ am 30.1.1943.

der Wehrmacht teil.59 Dazu kamen der Lehrkörper der Universität und die Studentenschaft. Nach den Reden von Rektor Peter Carstens und Ministerialdirektor August Jäger nahm Kletzl eine Deutung der Figur vor. Er sprach von ihrer „künstlerische[n] Überredungsgewalt“ und stellte die Plastik in eine Tradition vom Bamberger Reiter bis zum Marmorkrieger von Bernhard Bleeker in München, die er als Werke bezeichnete, die das „Gemeinschaftsbewußtsein unserer Nation [...] recht eigentlich mit bewirkt, ja mit geschaffen haben“. Und so war er sich sicher, dass der Jüngling einmal mit zu den Werken zählen würde, „die das Bewußtsein von nationalsozialistischer Volksgemeinschaft mit heraufgeführt“ haben werden. Er stellte die Skulptur als Vorbild dar: „Klare, verantwortungsbewußte Entscheidungen hier von jedem Einzelnen verlangend [...].“60 Die Vorbildfunktion wurde auch von Dr. Junge, Vertreter der Studentenschaft, akzentuiert, der den Jüngling als „Verkörperung unseres eigensten Ideals“ definierte: „‚Geist und Schwert‘ drückt auch unser Streben aus.“61 Während Kletzl und der Studentenführer den „kämpferischen Willen“ durchaus thematisierten, ansonsten aber recht allgemein darin blieben, worin die Vorbildfunktion genau bestehen könne, war der Rektor in seiner Begrüßungsrede deutlicher geworden. Er wünschte sich, dass die Studierenden, und hier wandte er sich explizit an Männer und Frauen, in der Skulptur die „Verkörperung des jungen deutschen Menschen schlechthin erblicken, der immer und zu allen Zeiten bereit ist, sein Volk, seine Heimat und damit das Reich mit dem eigenen Blut und wenn es sein muß, mit dem Leben zu verteidigen, wenn es die Stunde erfordert“. Diese Stunde sah er gekommen, denn das Denkmal werde später einmal an die Zeit erinnern, „wo [...] der Wissenschaftler die Feder und der Student [...] das Buch aus der Hand legten, um das Werkzeug der friedlichen Arbeit mit dem Schwert zu vertauschen“.62 Der Tag der Feier, der zehnte Jahrestag der sogenannten „Machtergreifung“, war bewusst gewählt worden63 und bildete mit dem andauernden Krieg den Kontext, vor den die Aussagen zu stellen sind. Die von allen drei Rednern hervorgehobenen Aspekte dienten einem gemeinsamen Ziel: der dauerhaften und auf geistigem wie militärischem Einsatz beruhenden Sicherung des Warthelandes für das Deutsche Reich.

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Errichtung einer Universitätsbildstelle Neben diesen Aktivitäten, die Teile von Clasens Konzept umsetzten, entfaltete Kletzl aber auch eine Reihe eigener Vorhaben. So plante er beispielsweise die Errichtung einer Forschungsstelle für angewandte Fotografie.64 Seine Begründung für die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer solchen Einrichtung setzte auf mehreren Ebenen an und griff die bei der Eröffnung der Reichsuniversität formulierten politischen Vorgaben auf: Zum einen wurde darauf verwiesen, dass die wissenschaftlichen Einsatzmöglichkeiten moderner ­Medien wie Film und Foto noch nicht ausgewertet seien und hier eine lohnende Pionierarbeit bestehe, die an einer Universität wie Posen nahe läge.65 Des Weiteren wurde argumentiert, dass eine solche Forschungsstelle die Gemeinschaftsarbeit fördern würde, wodurch auf das neue, fächerübergreifende Universitätsmodell angespielt wurde, wie es die Reichsuniversität verwirklichen sollte. Neben der transdisziplinären Zusammenarbeit wurden von Kletzl beispielhaft verschiedene Einsatzmöglichkeiten für einzelne Fächer angeführt, die eine heimatkundliche Stoßrichtung hatten. So könne die Geographie einen landeskundlichen Film über den Warthegau produzieren, die Sprachwissenschaft und Volkskunde Volksbräuche aufzeichnen und die Kunstgeschichte die Entstehung einer „ostdeutschen Kolonisationsstadt“ filmisch nachzeichnen.66 Kletzl betonte in einem Brief an den Dekan die Anziehungskraft einer solchen Einrichtung für Studierende und Nachwuchswissenschaftler, die dadurch „womöglich dauernd zum Heile des neuen deutschen Ostens zu fesseln“ wären. „Mein Werdegang als Forscher, meine Interessen und Vorarbeiten legen mir eine solche Arbeit besonders nahe. Ich habe die Berufung nach Posen nicht zuletzt darum angenommen, weil ich Grund hatte zu hoffen, gerade diese meine Forschungspläne hier, an der Pionier-Universität des neuen deutschen Ostens, verwirklichen zu können.“67 Während die Errichtung der Forschungsstelle für angewandte Fotografie auf die Zeit nach dem Krieg verschoben wurde, gelang es ihm, eine Universitätsbildstelle ins Leben zu rufen.68 Auf Initiative Kletzls wurden das Gründungsjahr und damit auch der „deutsche“ Umbau der Stadt fotografisch dokumentiert.69 Als Corpus imaginum stellte der Kunsthistoriker dazu Fotoalben zusammen (Abb. 3 und 4). Bald darauf traten aber schon „kriegsbedingte Aufnahmetätigkeit[en] von Kunstgegen­ ständen“ in den Vordergrund.70 1943/44 schließlich fotografierte die Universitätsbildstelle die noch in Posen anwesenden Kinder von Universitätsangehörigen. Die Fotos wurden den im Kriegsdienst stehenden Vätern „als Gruß der RU“ zugesandt.71 Diese Aktion sollte die Verbundenheit der Universität mit ihren Angestellten zum Ausdruck bringen. Insgesamt kann in der Arbeit der Fotostelle der Versuch gesehen werden, einen Korpsgeist auszubilden und eine Tradition zu begründen. Sie stellte zugleich eine bildliche Selbstversicherung dar und sollte die eigenen Aufbauleistungen für die Ewigkeit dokumentieren. Welche Handlungsspielräume die Fachvertreter beim Institutsaufbau hatten bzw. auf welche Grenzen sie stießen, soll abschließend an zwei Beispielen dargelegt werden.

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3  Universitätsbild­stelle Posen: Corpus imaginum, Bd. 2: Die Verwaltung. 1941/1942, Albumeinband.

4  Universitätsbildstelle Posen: Corpus imaginum, Bd. 1: Die Hauptgbäude. 1941/1942, Kleine Aula der RU Posen. 1941/1942.

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Sammlungsbestände der kunsthistorischen Institutsbibliothek Der Aufbau der Reichsuniversität Posen fußte auf der teilweisen Zerstörung bzw. der partiellen Übernahme von Einrichtungen der polnischen Universität. Für die Kunstgeschichte soll dies am Beispiel der Bibliothek verdeutlicht werden. Der Bestand der polnischen Institutsbibliothek bildete den Grundstock für die neue deutsche Institutsbibliothek. Clasen stufte jedoch nur 500 Bücher als geeignet ein.72 Zu Beginn seiner Tätigkeit fand er die Institutsbibliothek unvollständig, beschädigt und vermischt mit den Beständen anderer Seminare vor.73 Um den Bestand zu erweitern und weil viele Bände nicht antiquarisch zu beschaffen waren oder das Geld fehlte, veranlasste Clasen die Beschlagnahmung der Privatbibliothek seines polnischen Kollegen Szczęsny Dettloff.74 Clasen griff auch auf andere konfiszierte polnische Sammlungen zurück, beispielsweise auf den Bestand der an der Universität eingerichteten sogenannten Buchsammelstelle. Diese beherbergte beschlagnahmte Titel aus den Bücherbeständen von Synagogen, Klöstern sowie Privatbibliotheken der Professoren und Gutsbesitzer.75 Außerdem ordnete Clasen die Sicherstellung von weiteren polnischen Beständen bei Verlagen in Kattowitz (Kattowice), Krakau (Kraków) und Warschau (Warszawa) an.76 Über den Generaltreuhänder versuchte er zudem, die kunstgeschichtliche Bibliothek des Fürsten Czartoryski auf Schloss Goldenau (Gołuchów) für das Institut zu „sichern“77, die später seinem Nachfolger Kletzl kommissarisch übergeben wurde.78 Im Jahr 1943 verzeichnete die Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts an der Reichsuniversität Posen einen Bestand von 9.192 Bänden. Sie erreichte damit den Buchbestand vergleichbarer Bibliotheken im Altreich und zog innerhalb von zwei Jahren mit dem schon wesentlich länger bestehenden Breslauer Institut gleich.79 Fragt man nach den Handlungsspielräumen, so kann an diesem Feld gezeigt werden, dass beide Fachvertreter von sich aus aktiv wurden und die Besatzungsbehörden auf interessante Bestände aufmerksam machten, die ihnen wiederum Zugriff auf Forschungsmaterialien verschafften. Es ist nicht auszuschließen, dass die Übernahme der Dettloff ’schen Bibliothek indirekt eine Maßnahme zum Erhalt der Sammlung darstellte. Im Fall der Bibliothek von Schloss Goldenau, für die ebenfalls ein solches Motiv anzunehmen wäre, geht aber aus der Korrespondenz sowohl von Clasen als auch von Kletzl hervor, dass sie sich ebenso mit einer Teilüberweisung arrangiert hätten. Im Zentrum ihrer Bemühungen standen somit der Ausbau der Institutsbibliothek zu Forschungszwecken und die Gleichstellung mit Instituten im Altreich. Karrieregründe rangierten vor konservatorischen Aspekten und dies auf Kosten der polnischen Sammlungszusammenhänge.

Personalpolitik Die Grenzen der Handlungsspielräume lassen sich gut an der Personalpolitik nachvollziehen. So beabsichtigte beispielsweise Kletzl, die Assistentenstelle mit Dr. Hiltgart Keller von

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der Technischen Hochschule Aachen zu besetzen, die er aus seiner Zeit bei Richard ­Hamann am Marburger Institut kannte und deren wissenschaftliche Leistungen als auch Organisationsfähigkeit er schätzte.80 Keller hätte aber erst im Herbst 1941 nach Posen wechseln können. Nachdem die Assistentenstelle im Frühjahr mit Dr. Gertrud Otto aus Tübingen besetzt worden war, versuchte Kletzl, Keller für die Leitung seines Fotoarchivs für osteuropäische Kunst zu gewinnen und stellte ihr die Assistentenstelle für die Zeit nach Kriegsende in Aussicht.81 Keller erhielt von ihrer „Dienststelle“ jedoch ein negatives Gutachten. Sie vermutete, dass dies an ihrer früheren Mitgliedschaft in einer anthroposophischen Gesellschaft lag.82 Kletzl war in diesem Punkt unideologisch und hätte sie aus fachlichen Gründen eingestellt, aber Keller entsprach mit ihrer Biographie nicht den außerwissenschaftlichen Kriterien, die man an der Reichsuniversität an die Gefolgschaftsmitglieder stellte, und wurde somit nicht eingestellt. Zudem war Kletzl, vermutlich von Seiten des Reichserziehungsministeriums, mitgeteilt worden, dass nach Kriegsende wieder eine männliche Kraft die Assistenz übernehmen sollte.83 Dies macht deutlich, dass von politischer Seite Frauen nicht wirklich als gleichberechtigt akzeptiert wurden, sondern nur als Notlösung, solange die männlichen Fachvertreter im Wehrdienst standen.

Fazit Obwohl es nach bisheriger Kenntnis keine konkreten gesetzlichen Vorgaben für die Ausgestaltung von Lehre und Forschung an den Universitäten gab, richteten sowohl Clasen als auch Kletzl ihre Arbeit entsprechend des nationalsozialistischen Weltbildes und damit dem Führungsanspruch des Deutschen Reiches auf die Macht in Europa aus. Beide machten sich ein Wissenschaftsverständnis zu eigen, das die Wissenschaft unter das Primat der Politik stellte.84 Die Kunst in ihrem neuen Wirkungsraum wurde nicht vorurteilsfrei erforscht, sondern das sogenannte Wartheland, einem erst durch die deutsche Besatzung geschaffenen Bezugsrahmen, als deutsches Kolonialland definiert. Die kunsthistorische Arbeit diente der Beweisführung über den deutschen Charakter des Landes, sollte die Besatzungssituation ideologisch absichern und legitimieren und eine nationalsozialistische Volksgemeinschaft errichten helfen. Clasens und Kletzls Umgang mit den übernommenen Kulturgütern macht deutlich, dass sie von einer dauerhaften Besatzungssituation ausgingen. Ihr Engagement in diesem Bereich zeigt, dass sie nicht willfährige Vollstrecker politischer Vorgaben waren, sondern selbst und damit quasi von der Basis her aktiv an der Besatzungspolitik mitwirkten. Kletzl und vor ihm zum Teil auch Clasen vernetzten sich gut mit politischen Stellen wie dem Reichsstatthalter, dem Oberbürgermeister sowie mit Propagandainstitutionen der NSDAP und erweiterten so ihre Ressourcenbasis und ihre Mitwirkungsmöglichkeiten. Ihr Engagement ermöglichte es ihnen, ihre eigene Karriere voranzutreiben und unter Zugriff auf Forschungs- und Studienmaterial eine dem Westen ebenbürtige institutionelle Struk-

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tur aufzubauen bzw. sich einen Forschungsvorsprung gegenüber den Kollegen im Altreich zu verschaffen. In der Fachdiskussion wurden meines Erachtens die Thesen von Frank Rutger Hausmann hinsichtlich eines Modernitätsschubes durch interdisziplinäre Großprojekte wie beispielsweise den „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“, an dem Kletzl auch mitwirkte, bislang zu wenig beachtet. Für Posen kann hier auf die interdisziplinär ausgerichtete Forschungsstelle für angewandte Fotografie und ihre Position hinsichtlich des Filmeinsatzes im kunsthistorischen Unterricht verwiesen werden. Fragt man mit Jörg Hackmann jedoch „nach dem tatsächlichen Erkenntnisgewinn“ der Studien und Projekte, so bleibt von deren „innovatorischer Kraft“ nicht viel übrig.85 Alle vorgestellten Aktivitäten gingen von einer germanozentrischen Perspektive aus und verfolgten außerwissenschaftliche Ziele. Dieser erste Überblick, der trotz seiner Fülle noch nicht alle Aktivitäten des kunsthistorischen Fachvertreters der Posener Universität abdeckt, verdeutlicht, dass die Besatzungssituation einem jüngeren Kunsthistoriker die Chance bot, die eigene Karriere zu forcieren, ambitionierte Projekte zu entwickeln und inner- wie außeruniversitär eine Vielzahl von Aktivitäten zu entfalten. Die Bedeutung der gezeigten Aktivitäten liegt meiner Meinung nach zum einen in ihrer Mobilisierungsfunktion für die Personen selbst als Teil einer intellektuellen Elite als auch für das Fach Kunstgeschichte und zum anderen in ihrer Mobilisierungsfunktion gegenüber der Bevölkerung. Das Posener Beispiel dokumentiert, wie auch ein scheinbar politikfernes und als schöngeistig geltendes Fach politisch instrumentalisiert werden konnte.

Abkürzungen AP P AUAM P BArch BU P IHS P IHS P, KI-RU IPN UB P

Archiwum Państwowe w Poznaniu Archiwum Uniwersytetu im. Adama-Mickiewicza w Poznaniu Bundesarchiv Berlin Biblioteka Uniwersytecka w Poznaniu Instytut Historii Sztuki Uniwersytetu im. Adama-Mickiewicza w Poznaniu Instytut Historii Sztuki Uniwersytetu im. Adama-Mickiewicza w Poznaniu, Kunst­ geschichtliches Institut Reichsuniversität Posen Instytut Pamięci Narodowej w Warszawie Biblioteka Uniwersytecka w Poznaniu

Anmerkungen 1

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Die Reichsuniversität Prag wurde im November 1939 eröffnet. Weitere Reichsuniversitäten ­ ahmen im November 1941 in Straßburg und 1942/43 in Dorpat (Tartu) den Lehrbetrieb auf. n Vgl. BIAŁKOWSKI 2005, 55. N. N.: Die erste Universität ... 1941, o. S. Vgl. auch GOGUEL 1964, 94.

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RUST 1942. Vgl. auch PISKORSKI 2004, 248 f. BIAŁKOWSKI 2005, 50 mit weiterer Literatur. Zu Straßburg vgl. ausführlicher: NEBELIN 1991,

61 f. und HILLE 2008. Vgl. den Abdruck eines handschriftlichen Briefes von Gauleiter Arthur Greiser vom 20.4.1941. In: Ostdeutscher Beobachter vom 27.4.1941. SCURLA 1941. Die Dauerhaftigkeit der deutschen Eroberung betonte vor allem Reichsdozentenführer Walter SCHULTZE 1941, 47 f. RUST 1941 a, 19. CAMPHAUSEN 1988, 103. RUST 1941 b, o. S. KOCH 1941. CARSTENS 1941, 31 f. Siehe auch STREIT 1941. Die Vorbildfunktion der neuen Universität wird weniger bei Rust thematisiert als in den Reden des zukünftigen Rektors Peter Carstens (CARSTENS 1941) und in der Rede des Reichsdozentenführers Walter Schultze. Während Carstens prospektiv die traditionellen Fakultätsgrenzen aufsprengen wollte, legte Schultze den Schwerpunkt auf die „Erneuerung der gesamten deutschen Wissenschaft“, zu der die Universität Posen einen Beitrag leisten solle, „ausgehend von den Grunderkenntnissen des Nationalsozialismus“. Gefordert wurde das „völlige Aufgehen der persönlichen schöpferischen Leistungen im Dienste der Gemeinschaft“. SCHULTZE 1941, 49 f. Die wichtigsten Aspekte des Staatsaktes hat auch Camphausen herausgearbeitet. CAMPHAUSEN 1988, 102. Ebd., 103. RUST 1941 a, 22. Karl Heinz Clasen erhielt seine Beauftragung für Posen am 22.10.1939. Erwähnt in: LABUDA 2003, 152. Clasen hatte diese Stellung seit dem 24.10.1930 inne. Vgl. Personalliste. In: ALBERTUS-UNIVERSITÄT ZU KÖNIGSBERG (PR) o. J. (1939), 46. Clasen, Karl Heinz: Vorschläge zur Errichtung einer kunstgeschichtlichen Forschungsstätte an der Universität Posen. Besondere Aufgaben der Kunstgeschichte im Warthegau, Abschrift Clasens an Streit/Amt Wissenschaft/Posen Universität vom 11.11.1939. AUAM P, 78/193, Bl. 20–22. Siehe auch GOGUEL 1964, Anhang II, 45–46 und LABUDA 2002, 390 f. Siehe Briefkopf des Schreibens vom 11.11.1939 an Streit. AUAM P, 78/193, Bl. 20. Erwähnt wird Clasen allgemein in einem vorläufigen Verzeichnis der „Dezernenten beim Reichsstatthalter“. Vgl. AP P, 299/4, Bl. 25. Die Beauftragung durch den Reichsminister des Inneren am 22.10.1939 geht aus dem Schreiben Clasens an den Reichsminister im Reichserziehungsministerium (RM REM) vom 24.1.1940 hervor. IHS P, KI-RU Posen. Sie war ursprünglich auf drei Wochen ausgelegt, wurde dann aber vom Reichserziehungsministerium ohne Befristung verlängert. Ebd. Labuda ­vermutet, dass sie bis zum Weggang Clasens nach Rostock im Frühjahr 1941 dauerte. LABUDA 2003, 152. Dies trifft aber nicht zu, denn Clasen war zwar weiterhin in Kunstangelegenheiten vor Ort tätig, seine Beratertätigkeit für den Reichsstatthalter endete aber am 11.12.1939, wie aus ­seinem o. g. Schreiben an Rust hervorgeht. Stattdessen war er nun im Auftrag des Generaltreuhänders für die Sicherstellung deutschen Kulturgutes in den angegliederten Ostgebieten an Beschlagnahmungen beteiligt. Vgl. Schreiben Clasens an den RM REM vom 24.1.1940. IHS P, KI-RU Posen und LABUDA 2003, 152.

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19 Bericht über die Tätigkeit des Generaltreuhänders für die Sicherstellung deutschen Kulturgutes in den angegliederten Ostgebieten in: Tadeusz Kulakowski: Eksterminacja kulturalna narodu polskiego – wybór dokumentów. Opracowanie autorskie, opinie recenzentów [Die kulturelle Ausrottung des polnischen Volkes – Ausgewählte Dokumente. Autorenbearbeitung und Stellungnahmen der Rezensenten]. IPN, 559, Bl. 29. 20 Hanns Streit war am 19.10.1939 nach Posen entsandt worden. Vgl. BIAŁKOWSKI 2005, 58. 21 Vgl. Schreiben Clasens an RM REM und den Kurator der Universität Posen vom 26.3.1941. AUAM P, 78/193, Bl. 27–30, Bl. 27. Der entsprechende Erlass datiert demnach vom 29.12.1939. 22 Clasen war aber auch weiterhin im Auftrag des REM für Fragen des Denkmalschutzes tätig. Vgl. Briefkopf eines Schreibens von Clasen an den Kurator der Universität Posen vom 15.5.1940. IHS P, KI-RU Posen (Abschrift). 23 Die Schreiben gingen an das REM bzw. Reinhard Wittram, den späteren Gründungsdekan der Philosophischen Fakultät, und an den kommissarischen Kurator Hanns Streit; Clasen an Wittram vom 23.1.1940. AUAM P, 78/98, Bl. 82–84; Clasen an den kommissarischen Kurator am 6.2.1940. AUAM P, 78/193, Bl. 23–26 (Abschrift); Clasen an den RM REM am 26.3.1941. Ebd., Bl. 27–30. 24 CLASEN: Vorschläge zur Errichtung ... vom 11.11.1939. AUAM P, 78/193, Bl. 20. 25 Ebd., Bl. 20 f. 26 Clasen hat diesen Anspruch auch selbst eingelöst und während seiner Zeit in Posen vier Vorträge über „Kunst im Osten“ gehalten, zwei davon in Breslau und zwei in Königsberg. Erwähnt im Schreiben Clasens an den RM REM und den Kurator der Universität Posen vom 26.3.1941. AUAM P, 78/193, Bl. 27–30, Bl. 29. 27 Hierbei ist interessant, dass er dabei nicht Originalwerke im Blick hatte, sondern „photographische Aufnahmen und Nachbildungen“. Dies kann zum einen mit Blick auf die Kriegslage gedacht sein, die eine Ausstellung von Originalwerken als zu riskant erscheinen ließ, zum anderen aber natürlich viel weniger Organisationsaufwand bedeutete und somit leichter und schneller zu realisieren war. 28 Die genannten Beispiele „Der Naumburger Dom“ und „Die deutsche Burg“ knüpfen an Buchtitel an, die zu der Zeit sehr populär waren. Vgl. z. B. PINDER 1924; Neuauflage Berlin 1939 in der Reihe „Deutsche Dome“ des Deutschen Kunstverlags Berlin. Für beide Aufgabenstellungen wollte Clasen eine Abteilung für Fotografie eingerichtet sehen, die das entsprechende Bildmaterial erstellen und es per Leihverkehr dem ganzen Gau zur Verfügung stellen sollte. CLASEN: Vorschläge zur Errichtung ... vom 11.11.1939. AUAM P, 78/193 Bl. 21 f. 29 Die Bedeutung, die Clasen für die Kunstgeschichte sah, spiegelt sich auch in seinen Vorstellungen hinsichtlich der Institutsausstattung. Ebd., Bl. 22 und Schreiben Clasens an Wittram vom 23.1.1940. AUAM P, 78/98, Bl. 8–84, Bl. 82. 30 Schreiben Clasens an den kommissarischen Kurator der Universität Posen vom 6.2.1940. AUAM P, 78/193, B. 23–26, Bl. 23. Vgl. auch seine Vorschläge gegenüber Wittram vom 23.1.1940. AUAM P, 78/98, Bl. 82–84, Bl. 84. 31 Alfred Stange war 1935 mit 41 Jahren Ordinarius in Bonn geworden. Vgl. DOLL 2003, 983–986. In Wien wurde Hans Sedlmayr 1936 mit 40 Jahren Ordinarius. Vgl. dazu AURENHAMMER 2003, 164. Kurt Bauch wurde 1939 mit 41 Jahren in Freiburg berufen. Vgl. PAPENBROCK 2003, 200. Für das Fach Kunstgeschichte liegen keine Erhebungen zu Karriereverläufen vor, so dass nicht gesagt werden kann, ob die Berufenen in der Zeit des Nationalsozialismus signifikant jünger

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waren. Dass das Durchschnittsalter an den Reichsuniversitäten niedriger lag als an den Altuniversitäten erklärt sich dadurch, dass hier der gesamte Lehrkörper auf einmal berufen wurde und aufgrund der politischen Kriterien vor allem die jüngeren Dozenten in Frage kamen. CAMPHAUSEN 1988, 107. Er war Gründungsmitglied der sogenannten Böhmerlandbewegung, die auf eine „Erneuerung des Deutschtums“ abzielte. 1920 gründete Kletzl mit dem „Böhmerlandjahrbuch für Volk und Heimat“ das offizielle Organ der Bewegung, das von 1925 bis 1938 als „Sudetendeutsches Jahrbuch“ erschien. Zu den „Grundzügen eines ‚böhmerländischen‘ Geschichtsbildes“ vgl. LEMBERG 2006, 99 f. und SCHULZE 1970, 16. Vgl. auch SCHULZE 1968, 342–344. Vgl. Lebenslauf. IHS P, KI-RU Posen. Einer anderen Quelle zufolge arbeitete er dort bis 1927. Vgl. NAGEL 2000, 248. Besondere Berücksichtigung sollte die deutsche Kunst und ihre „Ausstrahlungen“ im Osten erfahren. Schreiben Kletzls an den RM REM vom 27.7.1941. AUAM P, 78/193, Bl. 41 f. Vgl. auch Anmeldungen zum Reichshaushalt 1942/43. In: Schreiben [Kletzls] vom 4.12.1941. IHS P, KIRU Posen. Kurator der RU-Posen/Berichterstatter Garbrecht an den RM Reichministerium des Inneren (RMdI) durch den RM REM am 27.3.1942. BArch, R 4901/13473, Bl. 42. Kletzl an das REM am 27.7.1941. AUAM P, 78/193, Bl. 41 f. und Kletzl an das RMdI vom 27.7.1941. Ebd., Bl. 43. – Schreiben Hieckes an Ministerialrat Frey vom 10.5.1942. BArch, R 4901/13473, Bl. 44. Erwähnt in einem Schreiben Kletzls an den Kurator der RU vom 19.12.1942. IHS P, KI-RU Posen. Vgl. ebd. und Schreiben des Kurators der RU/Streit an den RM REM vom 27.3.1942. BArch, R 4901/13473, Bl. 40 f. Zu den Reisen 1942 siehe die Bescheinigung des Kurators/i. A. Garbrecht für Kletzl vom 23.3.1942. Ebd. Kletzl führte diese Reise zur Vorbereitung seines Parlerbandes für das sogenannte Kriegseinsatzwerk der Geisteswissenschaften durch; es ist aber davon auszugehen, dass die Aufnahmen gleichzeitig für sein Archiv gedacht waren. Zu diesem Publikationsprojekt vgl. AREND 2009, Kapitel IV.2.3.4, zu den Baltikumsreisen Kapitel IV.2.3.3. Brief Kletzls an Dagobert Frey (Direktor des Breslauer Kunstgeschichtlichen Instituts) vom 16.12.1943. IHS P, KI-RU Posen. Für diese beiden Doktorandinnen erbat Kletzl von den Kulturbeauftragten von Litzmannstadt (Łódz) Unterstützung in Form von Verzeichnissen mittelalterlicher Bauwerke. Kletzl, Aktennotiz. Zur Sitzung mit den Kulturbeauftragten von Litzmannstadt am 29.6.1943 im Dekanat der Philosophischen Fakultät, undatiert. Ebd. Schreiben [Kletzls] an die Landeskundliche Forschungsstelle des Reichsgaues Wartheland vom 7.7.1944. IHS P, KI-RU Posen. Es dürfte sich um Edith Ebeling handeln, die 1943 als Schülerin in der Korrespondenz auftaucht. Vgl. Schreiben Gertrud Ottos an Edith Ebeling vom 24.3.1943. Ebd. AREND 2009, 344. Vgl. ebd., 344 f. Besinnlicher Auftakt der Universitätswoche. Professor Kletzl aus Posen sprach über „Die Heimat der ostdeutschen Kunst“ in der Litzmannstädter Zeitung vom 16.7.1942. BU P, NL Kletzl 1702/1. Zu seinen Thesen vgl. ausführlicher Kapitel IV.2.2.1.2 in AREND 2009. N. N.: Kulturpolitische Rundschau 1938. „Andreas Schlüter. Der Meister des preussischen Barock“ (Dezember 1942), „Schinkel“ (Mai 1943); „Hans Thoma“ (März 1944). Siehe dazu AREND 2009, 665–667.

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N. N.: Ausstellungen sind für die Bevölkerung wichtig 1942, o. S. Kletzl an den Posener Oberbürgermeister am 21.10.1943. IHS P, KI-RU Posen. Kletzl erwähnt dies in einem Schreiben an Frey vom 14.7.1943. IHS P, KI-RU Posen. Vgl. dazu das Kapitel IV.2.2.2.2 in AREND 2009. Reichsminister für die besetzten Ostgebiete an Kletzl am 22.12.1943. IHS P, KI-RU Posen. Kletzl an den Posener Oberbürgermeister am 21.10.1943. IHS P, KI-RU Posen. AREND 2009, 666. Vgl. Schreiben Kletzls an die Rektoratskanzlei vom 26.10.1944, in dem er um Aushang von Plakat und Anschlag zur Ankündigung der Werkschau bittet. Die Werkschau sei für die Zeit vom 8. bis 12. November vom Kurator genehmigt. AUAM P, 78/193, Bl. 1. Die erste Sonderausstellung dieser Art war dem Grafiker Paul Weber gewidmet. Ebd. Im Oktober 1942 folgte eine Ausstellung mit Bildern von Fritz Rhein. Aufstellung der ausgestellten Bilder von Prof. Fritz Rhein, 7.10.1942. IHS P, KI-RU Posen. Vgl. auch Schreiben Kletzls an das Kulturamt der Stadt Danzig vom 31.10.1942. Ebd. Kletzl an den Kurator am 7.10.1941 und 15.11.1941. IHS P, KI-RU Posen. Von Graevenitz war seit 1937 Professor an der Akademie Stuttgart. Vgl. SCHOLZ 1977, 235. Kletzl an den Kurator der RU P am 15.11.1941 und Kletzl an Anton Kolig am 18.11.1943. IHS P, KI-RU Posen. Kletzl an von Graevenitz am 22.1.1943 und an den Kurator am 15.11.1941. Ebd. Vgl. Programmmitteilung des Rektors vom 22.1.1943. AUAM P, 78/21–4, Bl. 47. „Ansprache des Direktors vom [sic] kunstwissenschaftlichen Institut bei der Feierlichen Aufstellung des ‚Jünglings‘ von Fritz von Graevenitz im Haupthause der Universität am 30.1.1943“. AUAM P, 78/21–4, Bl. 31–33. Die Rede wurde in leicht veränderter Form im amtlichen Nachrichtenblatt des Nationalsozialistischen deutschen Studentenbundes (NSdStB) veröffentlicht: KLETZL 1943, 1. Siehe auch den Pressebericht über die Einweihung N. N.: Reichsuniversität weiht ein Kunstwerk ... 1943, o. S. Aufstellung des Jünglings. Worte des Studentenführers. AUAM P, 78/21–4, Bl. 42 f. und Programmmitteilung des Rektors vom 21.1.1943. Ebd., Bl. 47. Aufstellung des „Jünglings“. Nicht gezeichnetes Redetyposkript, das die Rede des Rektors wiedergibt. In: AUAM P, 78/21–4, Bl. 22–24, Bl. 24. Der Rektor hatte seine Rede am 28.1.1943 Kletzl zur Kenntnis zugesandt. Vgl. Schreiben des Rektorats an Kletzl. Ebd., Bl. 17. Rede des Rektors. Ebd., Bl. 21. Im Februar 1942 erbat der Kurator hierzu die Genehmigung beim REM. Schreiben des Kurators RU Posen an das REM vom 20.2.1942. BArch, R 4901/13473, Bl. 30–32, Bl. 30. Der Kurator bezog sich auf das Begründungsschreiben Kletzls. Kletzl sprach von „lockenden Aufgaben“. Schreiben des Kurators RU Posen an das REM vom 20.2.1942. BArch, R 4901/13473, Bl. 30–32, Bl. 30f. Schreiben Kletzls an den Dekan vom 14.1.1942, zitiert in: Brief Wittrams an den Kurator vom 9.2.1943. AUAM P, 78/193, Bl. 8 f. Vgl. Schreiben des Kurators an Kletzl vom 21.7.1941. Ebd. Schon unter Clasen scheint das neue Kunsthistorische Institut Fotoarbeiten für andere Institute übernommen oder sie unterstützt zu haben. Schreiben von Clasen an die IG Farbenindustrie Aktiengesellschaft Berlin vom 11.11.1940. Ebd. Kletzl an den Kurator am 7.10.1941 und 24.4.1942. Ebd.

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70 Schreiben Kletzls an den Kurator vom 26.11.1942. IHS P, KI-RU Posen. 71 Mitteilungen der RU Posen für den Mitarbeiterkreis im Felde und in der Heimat 1943–44, Nr. 3 August 1944, Bl. 23. 72 „Von den Beständen des polnischen Instituts ist nur wenig vorhanden. Die deutsche kunst­ geschichtliche Literatur fehlt fast völlig.“ Clasen an Wittram am 23.1.1940. AUAM P, 78/98, Bl. 82–84. Vgl. auch das Schreiben von Clasen an den kommissarischen Kurator der Universität Posen vom 6.2.1940. AUAM P, 78/193, Bl. 23–26 und Schreiben Clasens an den RM REM und den Kurator der Universität Posen vom 26.3.1941. Ebd., Bl. 27–30, Bl. 28. 73 Ebd., Bl. 27 f. 74 Ebd., Bl. 28. 75 Die Buchsammelstelle wurde auf Anordnung des Reichsstatthalters für den Reichsgau Wartheland vom 13.9.1939 in der besetzten St. Michaelskirche eingerichtet. Vgl. den Reisebericht über eine Dienstreise nach Posen vom 8. bis 10.4.1940 von Regierungs-Oberinspektor Dietzmann vom 14.4.1940. BArch, R 4901/2127, Bl. 29–34, Bl. 31 und Schreiben des Kurators Streit an die Reichstauschstelle Berlin vom 16.5.1944. AP P, 785/12, unpaginiert. Auf die Geschichte der Buchsammelstelle kann hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. dazu u. a. Ministerstwo Informacji Poland 1946, 87 f.; KALISCH/VOIGT 1961, 191 f. und PISKORSKI 2004, 259 f. 76 Schreiben von Clasen an Walter Gleisberg vom 24.1.1940. IHS P, KI-RU Posen. Bereits zwei Tage später griff der kommissarische Kurator Streit diesen Vorschlag auf und wandte sich mit einer entsprechenden Bitte an den Generalgouverneur Hans Frank. Schreiben vom 26.1.1940. Ebd. 77 Clasen an den kommissarischen Kurator der Universität Posen vom 15.6.1940. IHS P, KI-RU Posen und Clasen an den kommissarischen Kurator vom 13.7.1940. Ebd. 78 Mit mehreren Schreiben stellte Kletzl im Sommer 1941 den Antrag auf Zuweisung von ausgewählten Werken aus der Kunstbibliothek Schloss Goldenau an die Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts. RU Posen/KHI: Gutachten über die Kunstbibliothek des Schlosses Goldenau vom 30.6.1941 mit einer Auflistung der Werke, die er gerne für seine Institutsbibliothek übernehmen würde; Schreiben Kletzls an Thaerigen vom 24.7.1941; Schreiben Kletzls an Dr. Kraut/General­ treuhänder für die Sicherstellung deutschen Kulturgutes in den angegliederten Ostgebieten vom 27.8.1941 und Dankschreiben Kletzls an Harmjanz/REM vom 1.10.1941. IHS P, KI-RU Posen. 79 Die von Albert Erich Brinckmann 1921 in Köln gegründete Institutsbibliothek umfasste nach zehn Jahren einen Bestand von 3.036 Titeln. Vgl. Inventarbuch des Kunsthistorischen Instituts Köln WS 1921/22–WS 1945/46, eigene Auszählung. Das Breslauer Institut verfügte 1935 über 2.500 Bücher. 80 Schreiben Kletzls an Hempel vom 30.4.1941. IHS P, KI-RU Posen. 81 Schreiben Kletzls an Hiltgart Keller vom 25.6.1941. Ebd. 82 Vgl. Schreiben Kellers an Kletzl vom 17.7.1941, vom 21.7.1941 und vom 31.8.1941, in dem sie Vermutungen über mögliche Hinderungsgründe äußerte. Ebd. Im gleichen Schreiben dankt Keller Kletzl: „Ich kann Ihnen wirklich gar nicht sagen, wie hoch ich Ihnen das anrechne und wie gut es tut, wenigstens von einer Seite zu wissen, wo man dran ist – [...].“ Hervorhebungen im Original. 83 Erwähnt in: Schreiben Kletzls an Hiltgart Keller vom 25.6.1941. Ebd. Kletzl gab gegenüber Keller an, dass diese Forderung nicht von ihm persönlich ausgehe und auch nicht für die Leitung des Archivs gelte, für die er Keller zu diesem Zeitpunkt noch zu gewinnen suchte. Auch gegenüber Ministerialrat Frey hatte Kletzl vorgeschlagen, dass entweder Gertrud Otto oder Hiltgard Keller,

„Besondere Aufgaben der Kunstgeschichte im Warthegau“ I 107

und damit eine Frau, die Leitung des Archivs für Osteuropäische Kunst übernehmen könne, wenn er einen „besonders geeigneten Kunsthistoriker“ für die Assistentenstelle gefunden habe. Schreiben Kletzls an Ministerialrat Frey vom 9.5.1941. BArch, ZB II 1999, A 1, Bl. 204 f. 84 Koch sprach von der Wissenschaft als „Dienerin der Politik“. In: KOCH 1941. „Freiheit und Unabhängigkeit der Forschung“ als „Lebensbedingungen echter Wissenschaft“ sah Reichserziehungsminister Rust durch die neuen Aufgabenstellungen der Hochschule an der Seite der Arbeiter und Bauern nicht berührt. RUST 1941 a, 19. 85 HACKMANN 2001, 226.

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Agnieszka Ga˛sior

Zwischen Okkupation und Konspiration Streiflichter auf die Situation von Kunsthistorikern im besetzten Polen (1939–1945) Stefan Troebst zum 60. Geburtstag Die Verhaftung von 183 Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern der JagiellonenUniversität (Uniwersytet Jagielloński, UJ) und der Bergakademie in Krakau (Kraków) am 6. November 1939 sowie ihre anschließende Verschleppung in das Konzentrationslager Sachsenhausen machte die prekäre Lage der Bildungseliten im kurz zuvor besetzten Polen auf einen Schlag deutlich. Die „Sonderaktion Krakau“1 war eine der spektakulärsten einer ganzen Reihe von bereits im Sommer 1939 vorbereiteten und seit Kriegsbeginn in ganz Polen realisierten „Intelligenzaktionen“, auch unter dem Namen „Flurbereinigung“ bekannt, deren Ziel die Auslöschung der Führungs- und Bildungseliten des Landes war.2 In besonderer Weise waren von diesen „Präventivmaßnahmen“, die potenziellen Widerstand im Keim ersticken und das Nationalbewusstsein brechen sollten, meinungsbildende Berufsgruppen wie (Hochschul-)Lehrer und Geistliche betroffen. Interventionen aus Deutschland und dem Ausland, die auf diesen beispiellosen Schlag gegen die weltweit gut vernetzte Krakauer Forschungselite folgten, führten zur Freilassung der meisten Gefangenen bis November 1941.3 Im besetzten Polen wurden die Maßnahmen dennoch fortgeführt, nun aber diskreter: „Wer bei uns verdächtig ist, der soll gleich liquidiert werden. [...] Was wir mit den Krakauer Professoren an Scherereien hatten, war furchtbar. Hätten wir die Sache von hier aus gemacht, wäre sie anders verlaufen.“4 Diese Einschätzung des Generalgouverneurs Hans Frank lag einer weiteren Kampagne zur „Vernichtung der polnischen Intelligenz“5 zugrunde, die als AB-Aktion (Außerordentliche Befriedungsaktion) vom 10. Mai bis 12. Juni 1940 durchgeführt wurde und weitere Maßnahmen dieser Art im Rahmen des Generalplans Ost einleitete.6 Im Visier der Besatzer standen außer Krakau weitere Universitätsstädte. Unter anderem wurden in Lublin 14 Professoren der Katholischen Universität verhaftet und erschossen, in Lemberg (Lwów/Lviv) wiederum 25 Professoren samt ihrer Angehörigen im Juli 1941 liquidiert.7 Der Lehr- und Wissenschaftsbetrieb kam praktisch zum Erliegen, nachdem alle Institutionen der höheren Bildung und For-

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schung geschlossen und ihrer Infrastruktur größtenteils beraubt wurden.8 Die Politik der Dekulturation der polnischen Nation umfasste aber auch den Presse-, Rundfunk- und Kultursektor und führte zur Schließung der meisten Kultureinrichtungen, darunter ­Museen, bzw. zur Ersetzung polnischer Medien durch deutsche Propagandaorgane. Infolge der kulturellen Entwurzelung sollte somit aus Polen „ein kulturloses Volk ohne Führungsschichten, ohne Erinnerung an eine eigene Geschichte, ohne eigene Identität“ werden, das „nur noch eine für deutsche Zwecke verfügbare und nach Belieben einsetzbare Arbeitermasse“ darstellte.9 Die Repressionen gegenüber der Bevölkerung und die besonders radikale Bildungsund Kulturpolitik des NS-Regimes im besetzten Polen determinierten auch die Lebensumstände und Wirkungsbereiche der Fachvertreter der Kunstgeschichte in den Jahren 1939– 1945.10 Im Generalgouvernement wurde dennoch weiterhin Wissenschaft betrieben, allerdings auf besondere Weise – nationalsozialistische Einrichtungen ersetzten die pol­ nischen Institutionen, und auch viele polnische Wissenschaftler nahmen ihre berufliche Tätigkeit unter den extremen Bedingungen mit neuen „Schwerpunkten“ wieder auf. Im Folgenden wird der Versuch unternommen, Tätigkeitsfelder und Handlungsspielräume der Berufsgruppe der Kunsthistoriker im besetzten Polen an Fallbeispielen auszu­ loten. Es werden einerseits institutionelle Rahmenbedingungen der wissenschaftlichen und pädagogischen Arbeit, andererseits einzelne Fachvertreter, ihre Möglichkeiten, Heraus­ forderungen und individuellen Strategien im Umgang mit der kriegsbedingten Arbeitswirklichkeit der Jahre 1939 bis 1945 in den Blick genommen. Im Fokus stehen Forschung und Lehre im Kerngebiet des Generalgouvernements mit den Städten Krakau und Warschau (Warszawa) – hier waren sowohl eine deutsche Institution, das Institut für Deutsche Ostarbeit, als auch polnische Universitäten vertreten, die allerdings nach ihrer Schließung im Untergrund agierten. Durch eine prosopografische Herangehensweise wird versucht, die noch wenig erforschte Tätigkeit der Letzteren im Bereich der Kunstgeschichte näher zu bestimmen sowie den Netzwerken zwischen Akteuren und Institutionen nachzuspüren.11 Ein Streiflicht am Ende dieses Beitrages zeigt Querverbindungen zwischen den Universitäten und dem Kunstschutz auf, denn viele Vertreter des Faches engagierten sich außer in der Lehre, auch in der Rettung und Dokumentation von Kulturdenkmälern.

Das Institut für Deutsche Ostarbeit in Krakau Nach der Räumung der Jagiellonen-Universität wurde 1940 in deren repräsentativem Gründungsbau, im Collegium Maius, auf Initiative des Generalgouverneurs Hans Frank eine neue deutsche Forschungseinrichtung installiert: das Institut für Deutsche Ostarbeit (IDO).12 Während der feierlichen Einweihung am Geburtstag Adolf Hitlers am 20. April 1940 betonte Frank die künftige programmatische Aufgabenstellung der Einrichtung: „Kulturarbeit [zu] leisten und diese geistige Führungssendung als wichtigste Waffe gegen die Feinde

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Deutschlands dem Führer zur Verfügung [zu] stellen.“13 Das Institut war ein erster Schritt auf dem Weg zur Etablierung Krakaus als deutsches Wissenschaftszentrum und sollte die Gründung einer deutschen Kopernikus-Universität vorbereiten bzw. später in eine Akademie der Wissenschaften umgewandelt werden – beides blieb letztendlich unverwirklicht. Unter Frank als Präsident und dem Juristen Dr. Wilhelm Coblitz als Direktor existierten am IDO sieben geisteswissenschaftliche und vier naturwissenschaftliche Sektionen mit insgesamt 195 Mitarbeiterstellen, von denen jedoch aus Personalmangel 127 mit Nichtdeutschen, überwiegend Polen, besetzt werden mussten.14 An der Gründung der kunsthistorischen Sektion wirkte im Vorfeld Dagobert Frey (1883–1963), Lehrstuhlinhaber der Breslauer Kunstgeschichte, beratend mit.15 Auf seine Empfehlung wurde sein Promovend Heinz-Günther Oliass (1913–1993) als erster Mitarbeiter der Sektion im November 1940 eingestellt.16 Oliass wurde jedoch bereits im April 1941 zur Wehrmacht eingezogen, seine Stelle nahm Dr. Ewald Behrens (1911–1986) ein, ein ausgewiesener Ostexperte mit Forschungsschwerpunkt in der deutschen Ostkolonisierung. Behrens verfügte über enge Kontakte zur Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Publikationsstelle Berlin-Dahlem, in deren Auftrag er 1938–1941 eine Abhandlung über den deutschen Einfluss auf die spätgotische Malerei in Polen ausarbeitete. Er übernahm am IDO die Leitung der kunsthistorischen Sektion und stieg im März 1942 zum Referenten auf, nachdem Dr. Dorette Richter17 als Assistentin hinzukam. Entgegen den Vorstellungen Dagobert Freys, der die Arbeit der IDO-Sektion auf das Generalgouvernement beschränkt wissen wollte, um Überschneidungen mit seinem eigenen Forschungsgebiet zu vermeiden, sah Behrens den gesamten Osten als zusammenhängenden Raum und somit als sein Interessenfeld an. Im „Atlas zur deutschen Kunst im Ostraum“ plante er, deutsche Kulturleistungen in Ostpreußen, im Wartheland, Schlesien, Böhmen-Mähren, der Ostmark, dem Baltikum sowie in Polen, der Slowakei, Ungarn und Siebenbürgen herauszuarbeiten. Im Sinne der Kulturbodenforschung konnte die Kunstgeschichte auf diese Weise in Ermangelung schriftlicher Quellen Belege für die Legitimation deutscher Territorialansprüche erbringen.18 Die Vorarbeiten für dieses ambitionierte Publikationsvorhaben – vor allem die Erfassung und Katalogisierung von Kunst und Architektur im betreffenden Gebiet – machten den Hauptschwerpunkt der Sektionstätigkeit unter Behrens aus.19 Darüber hinaus richtete sich ihr Forschungsinteresse auf einzelne Zentren wie Krakau, Lublin, Kaschau (Košice) oder ab 1941 auch Lemberg sowie herausragende Künstlerpersönlichkeiten wie Veit Stoß oder Hans Süß von Kulmbach. Behrens und Richter veröffentlichten zu diesen Themen eine Reihe von Aufsätzen, hauptsächlich in den beiden Institutsorganen „Die Burg“ und „Deutsche Forschung im Osten“. Und auch wenn sich beide in ihren Schriften um eine wissenschaftliche Argumentation bemühten, ohne ein direktes ideologisches Postulat zu formulieren, blieben sie dem Forschungsziel der Beweisführung für die deutsche Vormachtstellung im Sinne der Rassenideologie erkennbar verpflichtet. Sie folgten der (vermutlich) von Coblitz bei der Institutseröffnung formulierten Aufgabenstellung,

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„deutsche Kunst der mittelalterlichen deutschen Besiedlung des jetzigen Raumes des Generalgouvernements [...] wiederzuentdecken, fachlich und kulturpolitisch sowie als Beweis der deutschen Ostkolonisation zum Zwecke des deutschen kulturellen Führungsanspruches im Generalgouvernement auszuwerten“.20 Der Vermittlung der wissenschaftlichen Ansätze an ein breites Publikum dienten Reiseführer, Stadtführungen und Vorträge, die sich um Nachweise für die kulturelle Verwurzelung der Deutschen im besetzten Gebiet bemühten, um damit die Überzeugung von der moralischen Rechtmäßigkeit der Besatzungspolitik zu bekräftigen.21 Besonders öffentlichkeitswirksam waren in dieser Hinsicht die Ausstellungsprojekte des IDO, von denen das erste 1941 dem Bildhauer Veit Stoß gewidmet war.22 Diese eigentlich von der Publikationsstelle Dahlem konzipierte fotografische Wanderschau wurde in Krakau um einige, nunmehr leicht zugängliche Originalobjekte ergänzt. Der monumentale Krakauer Marienaltar war allerdings nur durch eine verkleinerte fotografische Nachbildung vertreten, da das zum damaligen Zeitpunkt bereits verschleppte Original in den Bunkern der Nürnberger Kaiserburg eingelagert war (Abb. 1). Veit Stoß, der 20 Jahre in Krakau und später in Nürnberg gewirkt hatte, war nicht nur eine künstlerische Ausnahmeerscheinung der Zeit um 1500, sondern auch seit langem ein Streitobjekt der deutsch-polnischen Kunstgeschichte.23 Bereits seit der Jahrhundertwende loderte in den Fachkreisen eine Kontroverse um seine nationale Zugehörigkeit, deren Ton mit der Steigerung gegenseitiger Antagonismen in den späten 1930er-Jahren an Schärfe zunahm. Mit der Ausstellung untermauerte das IDO die deutsche Argumentation, indem es die genealogische und künstlerische Herleitung von Veit Stoß in den Kontext der Beweisführung für das kulturelle West-Ost-Gefälle stellte. Die zweite IDO-Ausstellung „Altdeutsche Kunst aus Krakau und dem Karpatenland“ erweiterte das Spektrum und formulierte 1942 noch deutlicher die Funktion der „Kunstgeschichte im Dienste der Volksforschung“.24 Frank feierte in seiner Eröffnungsrede die präsentierten Werke als „unvergängliche Dokumente deutscher Leistung und deutschen Vorstoßenwollens“ und somit als historische Zeugnisse der deutschen Führungsrolle, von denen sich der Anspruch auf die Wiederbesetzung der Region ableite.25 In Veit Stoß und seinen Zeitgenossen als vermeintlich einsamen Kämpfern mitten im fremden Element sollte das ausschließlich deutsche Publikum, das sich in Krakau einer feindlichen Atmosphäre ausgesetzt sah, Vorbilder erkennen, die ihm Rückhalt geben sollten.26 Breiten­ wirkung erzielten die Ausstellungen im gesamten Reich durch Rezensionen, Filmberichte in Lichtspielhäusern und nicht zuletzt durch Besuche renommierter Gäste, darunter der ­Berliner Ordinarius Wilhelm Pinder, die ihnen zusätzlich wissenschaftliche Autorität und Legitimität verliehen und von der Presse dankbar begleitet wurden.27 Die Tätigkeit des IDO und seiner kunsthistorischen Sektion wurde zunächst auf ­Warschau und nach der Eroberung Lembergs durch die Wehrmacht auch auf diese Stadt ausgedehnt. Seit Juli 1941 unterstützte dort Behrens den Sonderbeauftragten für den

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1  Räume der Ausstellung „Veit Stoß und sein Werk“ am Institut für Deutsche Ostarbeit Krakau, Mai 1941.

Schutz und die Sicherung von Kunstwerken in den besetzten Ostgebieten, Kajetan Mühlmann, bei der euphemistisch als „Sicherstellung“ getarnten Plünderung und Beschlag­ nahmung von Kunstwerken aus Museen und Privatsammlungen und führte dabei eine Katalogisierung durch. Mit der Gründung einer Zweigstelle des IDO in Lemberg im November 1941 wurde die Tätigkeit der kunsthistorischen Sektion auch stärker auf dieses Gebiet ­fokussiert. Als jedoch nach der Niederlage bei Stalingrad 1943 der „totale Krieg“ ausgerufen wurde, verlagerte sich der Schwerpunkt der Institutsarbeit auf die militärisch wichtigeren Naturwissenschaften, bei gleichzeitigem Abbau der geisteswissenschaftlichen Sektionen. Behrens Einberufung zur Wehrmacht 1943 sowie die Kündigung von Dorette Richter im Sommer desselben Jahres brachten die Aktivitäten der Abteilung Kunstgeschichte allmählich zum Erliegen.28

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Kunstgeschichte an den polnischen Untergrunduniversitäten im Generalgouvernement Im Zuge der restriktiven „Bildungspolitik“ des Dritten Reichs gegenüber Polen wurde die Schließung aller Hochschulen des Landes binnen des ersten Besatzungsjahres umgesetzt, wenngleich zeitlich mit regionalen Unterschieden.29 Damit sollte das Ziel des intellektuellen „Kahlschlags“ erreicht werden. Während die Warschauer Universität zunächst in einem sehr eingeschränkten Rahmen mit einer Sondergenehmigung ihre administrative Tätigkeit noch fortsetzen konnte (allerdings nicht in Forschung und Lehre), um die ausstehenden Abschlussexamen durchzuführen30  – eine definitive Schließung erfolgte im September 194031 –, trafen die Liquidierungsmaßnahmen die zentralpolnische Region Großpolen mit der Hauptstadt Posen (Poznań) schon früh und besonders empfindlich. Das Gebiet wurde als „Reichsgau Wartheland“ dem Reichsgebiet direkt einverleibt, was eine repressive Germanisierungspolitik in Gang setzte. In diesem Zusammenhang kam es bereits ab Oktober 1939 zu Verhaftungen und zur Vertreibung der polnischen Bevölkerung, wobei die Maßnahmen insbesondere gegen Angehörige der Intelligenz, darunter Universitätsprofessoren und ihre Familien, sowie gegen Mitglieder von gesellschaftlichen Organisationen und ­Politiker gerichtet waren.32 Vor allem in Warschau fanden die intellektuellen Eliten Posens Zuflucht. In Reaktion auf die drastischen Formen der kulturellen Unterdrückung bildete sich Widerstand, auch im Bereich des Bildungswesens, wobei an die konspirativen Tradi­tionen aus der Zeit der polnischen Teilungen, u. a. die sogenannte „fliegende Univer­ sität“, angeknüpft wurde. Zunächst hielten viele Professoren informell, auf Basis bereits bestehender Kontakte, private Konsultationen mit ihren Studenten ab, bald jedoch wurde die Notwendigkeit erkannt, die Lehre zu verstetigen, um auch der nachfolgenden Gene­ ration den Zugang zur höheren Bildung in einem institutionellen Rahmen zu ermög­ lichen.33

Die Universität der Westgebiete in Warschau Im Oktober 1940 kam es auf Initiative der Posener Professoren in Warschau zur Gründung der geheimen Universität der Westgebiete (Uniwersytet Ziem Zachodnich, UZZ)34, auch die Universität Warschau (Uniwersytet Józefa Piłsudskiego w Warszawie/JózefPiłsudski-Universität, UW) nahm zum gleichen Zeitpunkt ihre Tätigkeit im Untergrund auf.35 Bei der Gründung, insbesondere der UZZ, waren die Geisteswissenschaften federführend, aber auch Fächer wie Rechtswissenschaften, Medizin oder Chemie waren an beiden Hochschulen vertreten. Strukturell waren die Einrichtungen nach dem üblichen Muster einer Universität organisiert, bei der praktischen Arbeit in Seminargruppen hatte jedoch das Prinzip der Dezentralisierung und Selbstverantwortung oberste Priorität. Ein Schweigegelübde aller Lehrenden und Studenten und ein gut durchdachtes System von

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Decknamen sollten die strikte Geheimhaltung ebenso gewährleisten wie ein komplexes System der Vergabe von Unterrichtsräumen (meist in Privatwohnungen) zufällige Begegnungen verschiedener Gruppen, die ein hohes Sicherheitsrisiko darstellten, vorbeugen.36 Wie notwendig diese Maßnahmen waren, zeigte sich beispielsweise am 17. Oktober 1943, als 19 Chemiestudenten der UZZ „aufflogen“ und unter dem Verdacht der Spionage sofort hingerichtet wurden. Die geheimen Universitäten verfolgten – von einer beschränkten Dauer des NS-Regimes ausgehend – das Ziel, mit einem möglichst breit gefächerten Lehrangebot, bei Wahrung bisheriger Qualitätsstandards, die Jugend auf die Nachkriegszeit vorzubereiten und das Heranwachsen einer „verlorenen Generation“ ohne Zukunftsperspektive zu verhindern. Insofern war die mit vielen persönlichen Risiken behaftete Teilnahme an der höheren Bildung ein wichtiger Bestandteil der Widerstandsbewegung, die eine Nation in den Zustand versetzen sollte, Expertenwissen zu generieren, um auf diese Weise eine Grundlage für den Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg zu schaffen. Koordination und Aufsicht der konspirativen Hochschulbildung übernahmen im Spätherbst 1940 die durch die polnische Exilregierung von Frankreich aus gegründeten zentralen Strukturen des Polnischen Untergrundstaates: Das Departement für Bildung und Kultur (Departament Oświaty i Kultury) an der Regierungsdelegatur in Warschau (Vertretung der Exilregierung im Lande/ Delegatura Rządu na Kraj) war dabei für die Bereiche Forschung und Hochschulbildung, Schulbildung und Erziehung sowie Kultur und Kunst zuständig.37 Insbesondere die Geisteswissenschaften verankerten den Kampf um den Erhalt der polnischen Kultur auch in ihrem Lehrprogramm, u. a. die Kunstgeschichte, die an der UZZ im Rahmen des Universitätsablegers in Tschenstochau (Częstochowa) 1943 gegründet wurde. Die kleine Gruppe von anfangs fünf Studenten wurde von Professor und ­Museumsdirektor Szczęsny Dettloff (1878–1961) geleitet und von Magister Zdzisław Kępiński (1911–1978) unterrichtet.38 Die persönlichen Forschungsinteressen beider zuvor an der Posener Universität tätigen Dozenten lassen vermuten, dass sie ihrem Seminar ein dezidiert polnisches Profil verliehen haben. Dettloff war schon vor dem Krieg ein ausgewiesener Experte für internationale Spätgotik, insbesondere für Veit Stoß.39 Diesem Künstler ­widmete auch Kępiński in der Nachkriegszeit mehrere wissenschaftliche Abhandlungen. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehörten neben der Kunst des Mittelalters vor allem die internationale und polnische Moderne.40 Es ist anzunehmen, dass auf genau diesen Themen, die zum damaligen Zeitpunkt hoch brisant waren, der Ausbildungsfokus der angehenden Kunsthistoriker lag. Eine Erwähnung verdienen die Kriegsschicksale der beiden in Tschenstochau aktiven Hochschullehrer, da sie als signifikant für viele Vertreter des Faches im besetzten Polen gelten können: Dettloff, der sowohl Professor für Kunstgeschichte als auch Priester war,41 geriet ins Visier der Besatzer und verbrachte 1939 zwei Monate in einem Posener Schwergefängnis, wo er dem Tod nur durch eine Intervention seines Königsberger Fachkollegen Professor Karl Heinz Clasen (1893–1979) entging.42 Clasen, der auch an der

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„Sicherstellung des deutschen Kulturgutes in den ehemals polnischen Gebieten“ mitwirkte, wurde nota bene der Aufbau des Lehrstuhls für Kunstgeschichte an der Reichs­ universität Posen überantwortet, während Dettloff nach seiner Zwangsaussiedlung einer Beschäftigung als Beamter in Südpolen (Zakopane und Nowy Targ) nachging. Der Kunsthistoriker und ­Musikologe Kępiński musste sich sogar nach seinem durch Gestapo-Folter 1940 erlittenen einseitigen Gehörverlust als Bauarbeiter in Warschau und Tschenstochau betätigen.43

Die Geheime Universität Warschau Auch an der Geheimen Universität Warschau formierte sich die Sektion für Kunstgeschichte erst 1943. Fachvertreter waren jedoch schon ab 1940 als Lehrende vor allem im Rahmen der historischen Sektion aktiv, die von Beginn an insgesamt breit und fächerübergreifend aufgestellt war.44 So nahmen einige der angehenden Kunsthistoriker ihr Studium zunächst in einer anderen Fachrichtung auf wie beispielsweise Jan Białostocki (1921– 1988), später einer der international renommiertesten polnischen Kunsthistoriker, der bis zu seiner Verhaftung 1944 und Internierung in verschiedenen KZs in Philosophie eingeschrieben war.45 Durch seine damaligen Lehrer, zu denen die Philosophen und Ethiker Tadeusz Marian Kotarbiński (1886–1981) und Władysław Tatarkiewicz (1886–1980) ­gehörten – Letztgenannter war auch Kunsthistoriker –, entwickelte Białostocki ein Interesse für methodologische und theoretische Fragestellungen sowie eine analytische Herangehensweise, die sich für seine wissenschaftliche Karriere als richtunggebend erweisen sollten.46 Eine führende Persönlichkeit des Faches an der UW und prägend für eine gesamte Zwischenkriegsgeneration von Kunsthistorikern war Zygmunt Batowski (1876–1944). Wissenschaftlich war er breit aufgestellt und vertrat im ganzen Umfang die Frühe Neuzeit mit besonderem Schwerpunkt auf Polen, Schlesien, Königlich Preußen und der Ukraine. Seit 1917 an der Universität Warschau tätig, organisierte Batowski dort – zunächst als Dozent und seit 1919 im Rang eines Professors – das Studium der Kunstgeschichte und begründete ein Zentrum der kunsthistorischen Polenforschung.47 Während der Kriegsjahre blieb Batowski wissenschaftlich weiterhin aktiv und im Dialog mit seinen Fachkollegen, u. a. im Rahmen der konspirativen Sitzungen der Kommission für Kunstgeschichte der Warschauer Wissenschaftsgesellschaft, auf denen er regelmäßig seine aktuellen Forschungsergebnisse referierte.48 Die thematische Ausrichtung seiner Arbeiten aus dieser Zeit lässt jedoch die Sorge um den Erhalt der Warschauer Baudenkmäler erkennen und das Bemühen, diese vor ihrer Zerstörung zu dokumentieren. Seine Lehrtätigkeit setzte Batowski an der geheimen UW fort, während er offiziell als Übersetzer am Warschauer Nationalmuseum beschäftigt war, wo einer seiner ehemaligen Studenten, Stanisław Lorentz (1899– 1991)49, als Direktor fungierte. Wie die meisten der nun unter deutscher Aufsicht stehen-

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den Institutionen übernahm auch das Nationalmuseum seine bisherigen polnischen Mitarbeiter als wertvolle Arbeitskräfte. Diese Inkonsequenz des NS-Regimes, wichtige Posten mit polnischen Intellektuellen zu besetzen, war insbesondere in Warschau, das anders als das zur neuen Hauptstadt erklärte Krakau zur Provinzstadt degradiert werden sollte, durch den Mangel an geeigneten deutschen Fachkräften bedingt. Den Polen garantierte eine solche Einstellung die Existenz und schützte sie vor Deportationen, gleichzeitig nutzte der polnische Untergrund in vielen Fällen diesen Umstand als Deckmantel für seine Aktivitäten und als eine willkommene Möglichkeit, Einblicke in Absichten und Tun der Besatzer zu bekommen. Häufig sicherten sich die polnischen Angestellten deshalb bei den Autoritäten der Untergrundbewegung ab und betrieben wie beispielsweise Lorentz und seine Mitarbeiter, ein Doppelspiel von Spionage und Alltags-Kollaboration, was ihnen auch Vorteile bei der Organisation des Kunstschutzes verschaffte. Im Gegensatz dazu zogen sich andere Intellektuelle aus dem öffentlichen Leben gänzlich zurück und bestritten ihren Lebensunterhalt mitunter mit einfachsten (Handwerks-)Tätigkeiten. Batowskis ehemalige Studenten, Michał Walicki (1904–1966) und Stanisław Lorentz, ferner Władysław Tomkiewicz (1899–1982)50, waren nicht nur in die geheime universitäre Lehre an der UW involviert und initiierten dort die Entstehung eines selbstständigen Seminars für die Kunstgeschichte, sondern gehörten auch zu den treibenden Kräften beim Kunstschutz und der Katalogisierung von Kulturgutverlusten im Auftrag des Polnischen Untergrundstaates.51 Walicki52 übernahm 1943 die wissenschaftliche Leitung des neu ­gegründeten kunsthistorischen Seminars der UW, als Dozenten fungierten außer den bereits Genannten auch Jerzy Sienkiewicz, Maria Twarowska und der spätere Generalkonservator Polens Jan Zachwatowicz (1900–1983) als Leiter der Abteilung Polnische Architektur, das Sekretariat führte Maria Bartczakówna.53 Lorentz habilitierte sich in den Kriegsjahren mit einem Buch über die Kunst der polnischen Aufklärung, während sein Museumsassistent, Zygmunt Miechowski (1913–1944), 1944 seinen Magister über die Warschauer Schlossarchitektur ablegte, nur wenige Wochen bevor er im Warschauer ­Aufstand (1. August – 3. Oktober 1944) fiel.54 Diese größte bewaffnete Erhebung im ­besetzten Europa wurde blutig niedergeschlagen und forderte auch unter den Lehrenden und Studenten viele Opfer, darunter Zygmunt Batowski, der zusammen mit weiteren Professoren am 1. September 1944 exekutiert wurde. Seiner Gattin Natalia (1894–1961), ebenfalls Kunsthistorikerin55, gelang die Sicherstellung seiner Forschungsunterlagen, die sie nach Kriegsende unter Batowskis Namen veröffentlichte.56 Aufgrund der personellen und materiellen Verluste sowie der Radikalisierung der Repressalien seitens der Besatzer musste der Lehrbetrieb eingestellt werden.57 Nach dem gescheiterten Aufstand wurde die Stadtbevölkerung evakuiert und Warschaus Bausubstanz in einem Vergeltungsakt durch deutsche Spreng- und Feuerkommandos zu 80  % zerstört. Die Verwaltungen beider ­Warschauer Universitäten schlossen sich daraufhin zusammen und setzten ihre geheimen Seminare nunmehr in ihren Außenstellen, so beispielsweise in Tschenstochau, bis zum Kriegsende fort.58

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Die Krakauer Jagiellonen-Universität In Krakau gestaltete sich die Situation anders. Infolge der 1939 durchgeführten „Sonderaktion Krakau“ fehlte für eine Universitätsgründung zunächst die personelle Basis. Aber schon kurz nach der Verhaftung der Professorenschaft formierten sich einzelne Gruppen, die den Unterricht im kleinen Rahmen fortführten.59 Eine an institutionelle Normen orientierte, zentral gesteuerte Organisation der geheimen Hochschullehre wurde jedoch in Übereinkunft mit den Organen des polnischen Untergrundstaates erst nach der Freilassung der inhaftierten Professoren 1941 in Angriff genommen. Anders als in Warschau war hier die Universitätsstruktur von Beginn an nach einem strikten Plan in Form eines Betriebes organisiert: Als Decknamen erhielten Fakultäten und größere Fachbereiche Firmen­ bezeichnungen, die Universität selbst wurde zur „Genossenschaft“ mit Vorstand, Hauptversammlung und Arbeitsgruppen.60 Man bediente sich auch im Schriftverkehr der „Handwerks“-Nomenklatur, in der ein Professor als „Meister“, ein Assistent als „Geselle“ und der Leiter der Universität als „Chef der Genossenschaft“ deklariert wurden. Den letztgenannten Posten bekleidete der Sprachwissenschaftler Professor Mieczysław ­ Małecki (1903–1946), der eine Schlüsselrolle beim Aufbau und in der Verwaltung des geheimen Netzwerks spielte. Ihn an die Spitze zu setzen, war Wagnis und Kalkül zugleich, denn Małecki, der im Zuge der „Sonderaktion Krakau“ in verschiedenen Gefängnissen sowie den KZs Sachsenhausen und Dachau inhaftiert war, nahm nach seiner Freilassung und Rückkehr nach Krakau 1941 und in Absprache mit dem polnischen Untergrundstaat eine Stelle am IDO an.61 Er war einer der etwa 70 Etatmitarbeiter, denen man aufgrund ihrer besonders nützlichen wissenschaftlichen Kompetenzen sogar ein eigenes Büro zuwies. Dort richtete er die Kanzlei der Untergrunduniversität ein und hielt unter dem Vorwand, Hilfskräfte anzuweisen, auch teilweise organisatorische Sitzungen sowie seine Sprech­ stunden ab.62 Diese paradoxe Situation war in gewisser Weise eine direkte Folge der Okkupationspolitik. Denn eine Einstellung bei deutschen Institutionen und eine gültige Arbeitskarte stellten für die Betroffenen die beste Form des Schutzes vor dem gefürchteten Fangen („łapanki“) dar, den auf den Straßen nach dem Zufallsprinzip veranstalteten Razzien, die ein alltägliches Risiko bedeuteten. Sie erweckten jedoch auch den Verdacht der Kollaboration. Ein solcher Vorwurf wurde im polnischen Untergrundblatt „Biuletyn Informacyjny Małopolski“ (Informationsbulletin Kleinpolens) vom 10.  Dezember 1942 gegenüber Małecki und allen am IDO tätigen Polen erhoben. In seiner schriftlichen Rechtfertigung berief sich Małecki auf die Absprachen mit der Universitätsleitung und der Polnischen Akademie der Wissenschaften sowie auf die Notwendigkeit, durch die Verquickung beider Tätigkeiten – in der Konspiration und am IDO – die Funktionsfähigkeit der Untergrunduniversität gewährleistet zu haben.63 Das seit November 1943 aktive Fach Kunstgeschichte verbarg sich in Krakau hinter dem Pseudonym „Kobierzec“ (Webteppich)64 und war zunächst unter dem Dozenten

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Dr. habil. Tadeusz Dobrowolski (1899–1984) auf die prähistorische Kunst ausgerichtet.65 In den Jahren 1943 und 1944 kam als Verstärkung Dr. Guido Chmarzyński (1906–1973) hinzu, ein Kenner der pommerischen und schlesischen Kunst und ein Absolvent Szczęsny Dettloffs an der Universität Posen.66 Chmarzyńskis Tätigkeit an der Untergrunduniversität nahm 1944 mit seiner Deportation ins KZ Płaszów bei Krakau ein jähes Ende. Im Frühjahr desselben Jahres konnte noch Dr. Rudolf Jamka, der frühere Assistent am Lehrstuhl für Archäologie, als Dozent gewonnen werden. Er hielt seine Seminare nachmittags im Archäologischen Museum oder in Privatwohnungen der Familien der Seminarteilnehmer Kafel und Jachimski ab.67 Obwohl der Unterricht grundsätzlich ohne Sommer- und Winterpause fortgeführt wurde, entstanden aus Gründen der Geheimhaltung immer wieder Unterbrechungen. 1944 musste beispielsweise der gesamte Lehrbetrieb für einige Wochen pausieren, da man befürchtete, dass die Londoner Rede des polnischen Exilpräsidenten Władysław Raczkiewicz, in der er das Engagement der polnischen Untergrunduniversitäten lobte, eine Verhaftungswelle auslösen könnte.68 Kurz darauf sprangen 15 Studenten der Kunstgeschichte ab und als die fünf übrigen am Tag des sogenannten „großen Fangens“ verhaftet und zum Bau von Verteidigungsanlagen an die Ostfront deportiert wurden, musste die kunsthistorische Gruppe im Jargon der „Firma“ Ende 1944 „Konkurs anmelden“.69 Die Bilanz der Krakauer Kunstgeschichte weist für die Kriegsjahre mit sieben abgelegten Magisterexamen einen hohen „Ertrag“ auf,70 andererseits jedoch auch empfindliche personelle Verluste: Professor Julian Pagaczewski (1874–1940), der Vorsitzende der Kunsthistorischen Kommission der Polnischen Akademie der Wissenschaften und eine international anerkannte Kapazität auf dem Gebiet der Frühen Neuzeit, erlag 1940 einem Herzinfarkt. Dozent Stefan Komornicki (1887–1942), ebenfalls ein Renaissance- und Barockexperte, sowie der Mittelalterforscher Professor Tadeusz Szydłowski (1883–1942), beide Überlebende der „Sonderaktion Krakau“ und des KZs Sachsenhausen, starben kurz nach ihrer Freilassung und Rückkehr nach Krakau.71 Nach dem Krieg übernahm nach seiner Heimkehr nach Krakau der ehemalige Oberassistent für Kunstgeschichte an der UJ, Dr. habil. Adam Bochnak (1899–1974), ein ausgewiesener Spezialist der Lemberger ­Barock- und Rokokoplastik, die Neuorganisation des kunsthistorischen Instituts.72

Rettung und Dokumentation von Kunst und Kulturgütern Viele der Dozenten der geheimen Hochschulbildung waren während der Kriegsjahre parallel zu ihrer Lehrtätigkeit auch anderweitig in der Untergrundarbeit aktiv, die Kunsthistoriker unter ihnen vor allem bei Maßnahmen zum Schutz von Kulturgütern und der Dokumentation ihrer Verluste. Das gezielte, planmäßige Vorgehen der Besatzer gegen die Zeugnisse polnischer Kultur, insbesondere gegen Denkmäler mit identitätstiftendem Charakter regte viele Kunsthistoriker zum Handeln an. Dafür erhielten sie auch Unterstützung

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2  In den Kellern des Nationalmu­ seums Warschau, mit den gesicherten Fragmenten von Wandfresken des bombardierten Königsschlosses von links: S. Lorentz, J. Grein, B. Marconi, S. Pawłowski, Z. Miechowski, M. Frie­delowna-Bogucka, M. Walicki, J. Morawin´ski.

aus der Bevölkerung. Zwei Faktoren benennt Lynn H. Nicholas, die in Polen das Ausmaß der ansonsten unvermeidlichen Kriegsschäden übertrafen: maßlose Zerstörung und detaillierte Kenntnisse über die vorhandenen Kunstwerke.73 Auf Letzteren basierte der generalstabsmäßig organisierte Kunstraub74, den der von Hermann Göring einberufene Kajetan Mühlmann als Sonderbeauftragter für den Schutz und die Sicherung von Kunstwerken in den besetzten Ostgebieten ab dem 9. Oktober 1939 in Polen leitete.75 Noch verheerender in ihren Folgen war die willkürliche Zerstörung von Kunst- und Bauwerken durch deutsche Truppen, die damit einen Sonderbefehl Hitlers, das Generalgouvernement als „Kriegsgebiet und Beuteland rücksichtslos auszupowern und es in seiner wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Struktur sozusagen zu einem Trümmerhaufen zu machen“76, in die Tat umsetzten. Als Reaktion darauf formierten sich im polnischen Untergrund schon kurz nach dem deutschen Einmarsch Netzwerke, in denen Informationen zu betroffenen oder gefährdeten Objekten zusammenflossen.77 Eine Schlüsselrolle spielten in diesem Zusammenhang einerseits Stanisław Lorentz und das Warschauer Nationalmuseum, andererseits der Krakauer Kunsthistoriker Dr. Karol Estreicher d. J. (1906–1984)78. Lorentz war am Departement für Bildung und Kultur der Untergrundvertretung der polnischen Exilregierung in Warschau für Museen und Sammlungen zuständig, während Jan Zachwatowicz (ebenfalls ein Dozent der geheimen UW) ebendort die Unterabteilung „Denkmal“ leitete.79 Gemeinsam organisierten sie verschiedene Aktionen zur Rettung von Kulturgütern80, u. a. des Warschauer Königsschlosses, das im September 1939 bei einem Brand stark beschädigt wurde. Vor der geplanten Sprengung sicherten sie Fragmente des Bauwerks, die später als Grundlage für dessen Rekonstruktion in den Jahren 1971 bis 1984 dienten (Abb. 2), außerdem dokumentierten sie fotografisch das barbarische Vorgehen der Deutschen bei dessen Plünderung.81 In der berühmten „Aktion Pruszków“ (Akcja Puszkowska) nach dem Warschauer Aufstand evakuierten sie wiederum gemeinsam mit zahlreichen Helfern wertvolle Bibliotheksbestände, Archivalien und Kunstwerke, kurz bevor Warschau niedergebrannt wurde.82

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Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten war Lorentz auf seinem Direktorenposten im Nationalmuseum verblieben, allerdings unter der Aufsicht seines deutschen Vorgesetzten Alfred Schellenberg.83 Das Nationalmuseum war in jener Zeit sowohl für den Okkupanten als auch für die polnische Untergrundbewegung ein zentraler Ort: Während die Besatzer die Institution zur Kumulation, Aufbewahrung und teils auch zur Restaurierung von beschlagnahmten Kunstwerken nutzten, betrieb Lorentz dort, parallel zu seinen offiziellen Aufgaben, eine Dokumentationszentrale zur Erfassung von Schäden, auf die sich nach dem Krieg die Reparationsforderungen Polens gründen sollten. Unterstützung erhielt er dabei u. a. von Michał Walicki, der seit 1941 als Kustos die Abteilung für mittelalterliche Kunst und fremdländische Malerei betreute. Walicki, der wie auch Władysław Tomkiewicz an verschiedenen Aktionen zur Rettung von Kulturgütern mitwirkte, war darüber hinaus im Rahmen seiner Tätigkeit am Departement für die Beseitigung der Kriegsfolgen (Departament Likwidacji Skutków Wojny) der polnischen Regierungsdelegatur für die Registrierung von Kriegsverlusten an den polnischen Museen zuständig.84 Die am Warschauer Nationalmuseum aus ganz Polen eintreffenden Informationen zu Kulturgüterverlusten wurden nach den Kategorien Kunstraub, Schäden durch Kriegshandlungen oder Akte mutwilliger Zerstörung klassifiziert, für deren Wiedergutmachung Ersatzforderungen an deutsche Sammlungen gestellt werden sollten. Die fortlaufend gesammelten Daten wurden an den Kunsthistoriker Karol Estreicher übermittelt.85 Noch als Dozent der UJ initiierte und organisierte dieser in den Vorkriegsmonaten die Evakuierung bedrohter Kunstwerke vor allem in Krakau. Dies betraf beispielsweise den Marienaltar von Veit Stoß und die Universitätssammlung.86 Nach der Niederlage Polens begleitete er den polnischen Premierminister Władysław Sikorski als Sekretär ins französische Exil. Dort ergriff er umgehend Maßnahmen zur Gründung einer offiziellen Einrichtung zur Über­ wachung der Kulturgutverluste, die ab Anfang 1940 als Büro für Rückforderungsansprüche für Kulturgutverluste ihre Arbeit aufnahm und diese ab dem Sommer, nach der Eroberung Frankreichs, in London fortsetzte. Unter Estreichers Leitung waren vier Mitarbeiter in Vollzeit und bis zu zehn Auftragskräfte (Historiker, Kunsthistoriker und Archivare) mit der Erfassung, Klassifizierung und Dokumentation von Kulturgutverlusten aus öffent­ lichem und privatem Besitz im besetzten Polen beschäftigt, des Weiteren mit dem Sammeln von Informationen zum aktuellen Verbleib der gestohlenen Kunstwerke sowie zu Tätern und Mitwissern.87 Ziel war es, Polen einerseits in die Lage zu versetzen, unmittelbar nach Kriegsende gegenüber Deutschland und auch der UdSSR konkrete Rückerstattungsforderungen geltend zu machen und die Westalliierten andererseits für das Thema zu sensibilisieren und die Vorbereitung einer konkreten Restitutionspraxis mit entsprechender Gesetzgebung und institutioneller Organisationsbasis, einschließlich eines geschulten Personals, anzuregen.88 Erste Ergebnisse des Estreicher-Büros erschienen im Januar 1942 im Rahmen einer vom polnischen Exilministerium für Information und Dokumentation herausgegebenen

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3  Karol Estreicher d. J. präsentiert in Begleitung amerikanischer Kollegen Leonardos „Dame mit dem Hermelin“ nach ihrem Rücktransport am Krakauer Bahnhof, Krakau 1946.

englischsprachigen Publikation über die Nazi-Verbrechen in Polen unter dem Titel „German New Order in Poland“ (Nachdrucke: April 1942, März 1943).89 Ein fünfmonatiger Arbeitsbesuch Estreichers in den USA um die Jahreswende 1942/43, während dem er wichtige Kontakte zu Institutionen und Entscheidungsträgern knüpfte sowie in zahlreichen Vorträgen über die Situation in Europa informierte und für die Vorbereitung eines geschlossenen Vorgehens der Alliierten hinsichtlich der Kulturgutverluste und Restitutionen warb, brachte das polnische Anliegen weiter voran. Der Direktor des Metropolitan Museums of Art und Vorsitzende der American Association of Art, Francis H. Taylor, nannte Estreicher den wichtigsten Impulsgeber für die Gründung der American Commission for the Protection and Salvage of the Artistic and Historic Monuments in Europe durch Präsident Franklin D. Roosevelt am 23. Juni 1943, bekannt als Roberts Commission.90 Als in London gleichzeitig ein Ausschuss der neun alliierten Kultusministerien zum Schutz und für die Rückgabe von kulturellen Werken entstand – die nach dem LouvreDirektor benannte Vaucher Commission91 –, dessen Aufgabe es war, sämtliche illegal bewegten Kunstwerke und die darin verwickelten Personen zu erfassen, war Polen dank der Tätigkeit der Estreicher-Gruppe das einzige Land, das über eine entsprechende Dokumentation und eine dafür entwickelte Methode verfügte.92 Das gesammelte und ausgewertete Material veröffentlichte Estreicher 1944 in London in einem 500-seitigen Band mit dem Titel „Cultural Losses of Poland: Index of Polish cultural losses during the German occupation, 1939–1944“.93 Auf diesen stützte sich nach Kriegsende die Fahndung nach geraub-

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tem polnischem Kulturgut, die Estreicher als Mitglied der amerikanischen Monuments Men betrieb.94 Nur ein Bruchteil der vermissten Objekte konnte restituiert werden, die meisten davon (34.362 Werke) aus der amerikanischen Besatzungszone in Deutschland (vor allem aus Goslar, Nürnberg und dem Salzbergwerk Grasleben), darunter befanden sich Meisterwerke wie der Marienaltar von Veit Stoß oder die „Dame mit dem Hermelin“ Leonardo da Vincis aus der Krakauer Czartoryski-Sammlung.95 Sie gelangten in einem von der amerikanischen Armee eskortierten Transport von 26 Waggons am 30. April 1946 nach Krakau (Abb. 3). Die Restitution aus der UdSSR verlief hingegen schleppender. Und kurz nach dem Kriegsende verschwand auch der Report Estreichers für Jahrzehnte in der Schublade.96 In der politischen Kräftekonstellation der Nachkriegszeit und dem sich verschlechternden internationalen Klima gerieten die Restitutionsfragen zunehmend in den Hintergrund, bis Anfang der 1950er-Jahre das Büro für Rückführung und Entschädigung am polnischen Ministerium für Kultur und Kunst die Inventarisierung gänzlich einstellte.

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Die Aktion wurde in den Akten der deutschen Sicherheitspolizei als „Aktion gegen Universitätsprofessoren“ geführt, in die Geschichte ging sie unter der Bezeichnung „Sonderaktion Krakau“ ein. Unter dem Vorwand einer Informationsveranstaltung zur Wiederaufnahme des Lehrbetriebs wurden 183 Akademiker, darunter 158 Angehörige der Universität, 22 der Bergakademie und drei der Wirtschaftsakademie, in den Sitzungssaal des Collegium Novum geladen, dort von der SS und den Polizeikräften in „Schutzhaft“ genommen und zunächst ins Krakauer Monteluppich-Gefängnis gebracht. Ein Großteil der Gefangenen gelangte kurz darauf ins Gefängnis Breslau. Später kamen 168 von ihnen ins KZ Sachsenhausen bzw. einige weiter ins KZ Dachau. AUGUST 1997, 39–48. – Als „Zweite Sonderaktion Krakau“ gilt die Verhaftung von 32 Professoren der Krakauer Gymnasien sowie 120 weiterer Intellektueller drei Tage später (am 9. November), die ins KZ Auschwitz überführt wurden. Zu Planung und Verlauf der Intelligenzaktionen, die in den Jahren 1939/40 über 100.000 Opfer forderten: WARDZYŃSKA 2009. In Vorbereitung der seit Kriegsbeginn vielerorts durchgeführten „Intelligenzaktionen“ wurde bereits im Mai 1939 im Amt II des Sicherheitsdienstes des Reichsführers-SS (SD) in Zusammenarbeit mit der deutschen Minderheit in Polen eine Liste der zu exterminierenden Vertreter der polnischen Intelligenz angelegt („Sonderfahndungsbuch Polen“), die sich zunächst auf 61.000 Namen berief und fortlaufend ergänzt wurde. PIERZCHAŁA 1998, 107; BENZ/GRAML/WEISS 2007, 576; SCHENK 2006, 188–190. Am 8. Februar 1940 wurden 100 Professoren und Dozenten aus der Haft entlassen, weitere 43 Hochschulangehörige im Alter unter 40 Jahren kamen im Oktober 1941 frei. Ausführlicher zum Verlauf der „Sonderaktion Krakau“, zu einzelnen Schicksalen sowie Interventionsmaßnahmen durch das In- und Ausland PIERZCHAŁA 1998, 157–340. DTB 30.5.1940. An einer anderen Stelle desselben Eintrags heißt es: „Was wir jetzt an Führungsschicht in Polen kennengelernt haben, das ist zu liquidieren, was wieder nachwächst, ist von uns sicherzustellen und in einem entsprechenden Zeitraum wieder wegzuschaffen.“

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DTB 18.4.1940, Anlage zum DTB 16.5.1940. BENZ/GRAML/WEISS 2007, 426. – Frank stimmte auf der Polizeisitzung am 30.5.1940 u. a. mit

folgenden Worten darauf ein: „Ich gestehe ganz offen, daß das einigen tausend Polen das Leben kosten wird, vor allem aus der geistigen Führerschicht. [...] Wir brauchen diese Elemente nicht erst in die Konzentrationslager des Reichs abzuschleppen, denn dann hätten wir nur Scherereien und einen unnötigen Briefwechsel mit den Familienangehörigen, sondern wir liquidieren die Dinge im Lande. Wir werden es auch in der Form tun, die die einfachste ist.“ DTB 30.5.1940. Zum „Lemberger Professorenmord“ u. a. ROSSOLIŃSKI-LIEBE 2013; SCHENK 2007. Das von Dr. Erhard Wetzel und Dr. Gerhard Hecht im Auftrag des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP am 25.11.1939 erschienene pseudowissenschaftliche Memorandum „Die Frage der Behandlung der Bevölkerung der ehemaligen polnischen Gebiete nach rassenpolitischen Gesichtspunkten“ sah folgendes Vorgehen vor: „Die Universitäten und sonstigen Hochschulen, die Fachschulen wie die höheren und mittleren Schulen sind stets Mittelpunkt polnisch-chauvinistischer Erziehung gewesen und deshalb grundsätzlich zu schließen. Allein Volksschulen werden gestattet, sie haben jedoch nur einfachstes Grundwissen, Rechnen, Lesen, Schreiben, zu vermitteln. Ein Unterricht in den völkisch wichtigen Fächern Erdkunde, Geschichte, Literaturgeschichte sowie in Turnen ist ausgeschlossen.“ Zitiert nach PIERZCHAŁA 1998, 123–125. HARTEN 1996, 170. Die Härte des Durchgreifens gegenüber der polnischen Bevölkerung verdeutlichen die Worte des Generalgouverneurs Hans Frank in einem Interview des „Völkischen Beobachters“ am 6.2.1940: „In Prag waren z. B. große rote Plakate angeschlagen, auf denen zu lesen war, daß heute 7 Tschechen erschossen worden sind. Da sagte ich mir: wenn ich für je sieben erschossene Polen ein Plakat aushängen lassen wollte, dann würden die Wälder Polens nicht ausreichen, das Papier herzustellen für solche Plakate. Ja, wir mußten hart zugreifen.“ DTB 6.2.1940; Völkischer Beobachter, 12.2.1940. Die kriegsbedingte Unterbrechung institutioneller Kontinuität hinterließ in den Historiografien polnischer Hochschulen empfindliche Lücken. Eine Aufarbeitung dieses Kapitels und eine kritische Beschäftigung mit der polnischen Kunstwissenschaft stehen für die Kriegsjahre immer noch in ihren Anfängen. Adam Labuda und Sabine Arend haben Forschungsarbeiten für die Reichsuniversität Posen vorgelegt. LABUDA 2002; LABUDA 2003; AREND 1999. Für die meisten polnischen Universitäten fehlen sie jedoch. Die Verordnung des Generalgouverneurs über die Errichtung des Instituts für Deutsche Ostarbeit vom 19. April 1940, § 3. In: Verordnungsblatt (VOBl) des Generalgouverneurs für die besetzten polnischen Gebiete Nr. 30, 149. Zur Geschichte des IDO zuletzt BAŁUK-ULEWICZOWA 2004; RYBICKA 2002; siehe auch GOGUEL 1964, 132–175; BURLEIGH 1988, 258–290; ESCH 1989. Grundlegend zur Sektion Kunstgeschichte AREND 2010. DTB 20.4.1940, 173–175. Die Sektionen Vorgeschichte, Geschichte, Rassen- und Volkstumsforschung, Landeskunde, Slawische Philologie, Recht und Wirtschaft nahmen im Herbst 1940 ihre Tätigkeit auf, im Januar 1941 kamen die Sektion für Kunstgeschichte sowie drei naturwissenschaftliche Sektionen hinzu. AREND 2010, 492; RYBICKA 2002, 148. – Anetta Rybicka weist in ihrer Dissertation die Anstellung von insgesamt ca. 150 polnischen Mitarbeitern am IDO nach, die nicht, wie deklariert, nur für niedere Arbeiten zuständig waren, sondern in vielen Fällen in Positionen eingesetzt wurden, die eigentlich deutschen Mitarbeitern vorbehalten waren. RYBICKA 2002, 139. Die Wiedergabe

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dieses Archivbefunds ohne kritische Analyse und richtige Einordnung in den Zeitkontext brachte Rybicka in Polen heftige Kritik und den Vorwurf ein, alle polnischen Mitarbeiter des IDO unter Generalverdacht der Kollaboration zu stellen. Eine Gegendarstellung legte BAŁUK-ULEWICZOWA 2004 vor, in der sie explizit auf die Verbindungen vieler polnischer Beschäftigter zum Widerstand und Polnischen Untergrundstaat eingeht. Umfassend zu Dagobert Frey und seiner Tätigkeit am Kunsthistorischen Institut der Universität Breslau AREND 1999 sowie AREND 2012. Vgl. auch den Beitrag von Juliane Marquard-Twarowski in diesem Band. Heinz-Günther Oliass promovierte bei Dagobert Frey mit einer Arbeit zum „Problem des Historismus: Zur kunstgeschichtlichen Stellung der Marienkirche in Krakau“. Mehr zur Rolle Freys in der konzeptionellen Vorbereitung der Sektion bei AREND 2010, 493 f. Dorette Richter promovierte zum Würzburger Hofmaler Anton Clemens Lünenschloß und war in Kiel tätig, bevor sie auf eigenen Wunsch nach Krakau wechselte, um an der „Aufbauarbeit in den neuen Ostgebieten“ mitzuwirken. AREND 2010, 496. Dort auch der Hinweis auf die Mitarbeiterin Eleonore Mathis (493 f.), die von Dezember 1940 bis März 1941 an der Sektion tätig gewesen sein soll. – RYBICKA 2002, 31. Über die Aufnahme der Vorarbeiten zum Atlas, die binnen zwei Jahren abgeschlossen sein sollten: Nachrichten aus dem Institut. In: Deutsche Forschungen im Osten. Mitteilungen des Instituts für Deutsche Ostarbeit Krakau 2 (1942) 7, 276. – Auf die Nutzbarmachung der Kunstgeschichte in der Beweisführung für den deutschen „Kulturboden“ gehen näher u. a. AREND 2008, 100; FAHLBUSCH 1999, 47 und FIELITZ 2002, 262 ein. Behrens plante außerdem eine Bibliografie zur „deutschen Kunst im Osten“ sowie einen Katalog. AREND 2010, 499–502.  – Die Fotosammlung der Sektion Kunstgeschichte analysiert DUSZEŃKO-KRÓL 2014, 139–184. Undatiertes Fragment, vermutlich von Wilhelm Coblitz anlässlich der Eröffnung des IDO am 20. April 1940. In: Instytut Pamięci Narodowej IPN [Institut für Nationales Gedenken], Warschau, Regierung des Generalgouvernement. Personalamt, [Dr. W. Coblitz], b. d. 94/I/5948, k. 12. RICHTER 1942 a und 1942 b. Hintergründe, Schwerpunkte und Verlauf der Ausstellung analysiert AREND 2008, 105–118. Vgl. auch die Berichte von BEHRENS 1941 a und 1941 b. Der aus Schwaben stammende Stoß wirkte zwischen 1477 und 1496 in Krakau im Auftrag sowohl der Stadträte als auch des polnischen Königs und hinterließ dort vor seinem Weggang nach Nürnberg monumentale Prestigearbeiten. Mit der Entdeckung des Künstlers durch die polnische Forschung um 1830 kam die Frage seiner Herkunft auf, die zum Gegenstand einer deutsch-polnischen Kontroverse wurde. Vor der Jahrhundertwende wurde die vom Lokalpatriotismus geleitete Debatte jedoch immer mehr von objektiveren und analytischen Standpunkten und kunsthistorischen Fragestellungen abgelöst, deutsche und polnische Kunstwissenschaftler traten in Dialog. Erst Ende der 1930er-Jahre wurde der Umgangston wieder rauer. Deutsche Wissenschaftler, die einer erneuten Nationalisierung der Veit-Stoß-Frage nicht folgen wollten, zogen den Vorwurf des Liberalismus auf sich. Einen Überblick über den Verlauf der deutsch-polnischen Kontroverse zur nationalen Zugehörigkeit des Künstlers gibt MUTHESIUS 2000; auf die Zeit des Nationalsozialismus geht AREND 2006 genauer ein. Behrens überschrieb seinen einleitenden Artikel zur Ausstellung mit dem Titel „Kunstgeschichte im Dienste der Volksforschung“. Darin heißt es: „Die künstlerische Leistung einer alten deutschen

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Stadt und des ihr zugehörigen deutschen Siedlungsgebietes in der bedeutsamsten Zeit ihrer Entfaltung ist das Thema der Ausstellung. Dies ist also die Aufgabe unserer Ausstellung im Dienste der Volksforschung: Zeugnis abzulegen von deutschem Kunstschaffen in einem ehemaligen grossen deutschen Gau, der um die Mitte des 15. Jahrhunderts an Volksbodenfläche, Menschenzahl und kultureller Kraft dem siebenbürgischen nicht nachstand, zugleich seine Verbundenheit mit dem deutschen Mutterland und dem gleichstämmigen Deutschtum der Karpaten aufzuzeigen.“ BEHRENS 1942 a. Siehe auch den Katalog von BEHRENS 1942 b und den Nachdruck des Einführungsvortrags von FREY 1942. Vgl. AREND 2010, 505–510. 25 Ansprache Hans Franks anlässlich der Ausstellungseröffnung. In: Bundesarchiv Berlin, R 52 IV/141, Bl. 42–46, hier Bl. 42. 26 Ebd. 27 Prof. Dr. Pinder, Direktor des Kunstgeschichtlichen Instituts der Universität Berlin, besuchte die Ausstellung „Altdeutsche Kunst aus Krakau und dem Karpatenland“ während seiner Reise nach Krakau und Lemberg zusammen mit seinem Assistenten Dr. Georg Scheja. Weitere Fachbesucher der Ausstellung waren Prof. Dr. Frey (Breslau), Prof. Dr. Gerke (Berlin), Dozent Dr. Öttinger (Wien), Direktor Dr. Stromer (Wien), Prof. Dr. Kletzl (Posen), Dr. Dr. Weidhaas (Berlin) und Direktor Dr. Braun (Troppau). Nachrichten aus dem Institut. In: Deutsche Forschungen im Osten. Mitteilungen des Instituts für Deutsche Ostarbeit Krakau 2 (1942) 4, 150 und 2 (1942) 5, 192 f. Dort auch der Hinweis auf die fotografische und filmische Dokumentation der Ausstellung; Ausschnitte davon wurden im „Filmbericht des Generalgouvernements“ in den deutschen Lichtspielhäusern gezeigt. 28 Die Sektionsaufsicht übernahm der Referent der Historischen Sektion Erwin Hoff, der die Arbeit der polnischen Mitarbeiterinnen der kunsthistorischen Sektion, der Hilfskraft Jannina Durley und der Stenotypistin Karolina Lola Pławecka, kontrollieren sollte. Weitere polnische und volksdeutsche Mitarbeiter der Sektion listet AREND 2010, 497–499 auf. Vgl. RYBICKA 2002, 170 f. Behrens setzte seine Arbeit am IDO während seines Fronturlaubes fort, um z. B. die noch unfertige „Bibliographie zur Kunst im Osten des Abendlandes, die in einigen Jahren abgeschlossen sein soll, schon jetzt für Zwecke der Denkmalpflege und des Kunstschutzes benutzbar“ zu machen. Nachrichten aus dem Institut. In: Deutsche Forschungen im Osten. Mitteilungen des Instituts für Deutsche Ostarbeit Krakau 3 (1943) 3, 106. 29 Per Dekret wurde am 14. September 1940 die Schließung aller Hochschulen rückwirkend zu Ende September 1939 beschlossen. MANTEUFFEL 1948, 259. – Die Immobilien der kassierten Universitäten wurden anderen Nutzungen zugeführt, ihre Ausstattungen (Sammlungen, Labore, Geräte, Mobiliar) beschlagnahmt, bei angemeldetem Bedarf aus dem Reich an deutsche Hochschulen weitergegeben, nicht selten aber auch gewaltsam zerstört. Der Zugang zu Bibliotheken wurde den Polen grundsätzlich verwehrt. Grundschulbildung war in einem stark eingeschränkten Maße zugelassen, ein generelles Unterrichtsverbot umfasste jedoch alle Fächer, die Kenntnisse über polnische Kultur und Geschichte vermittelten. Zugelassen waren außerdem Berufsschulen der für die deutsche Wirtschaft nützlichen Handwerke. BÖMELBURG/MUSIAŁ 2000, 86 f. 30 WALCZAK 1977, 20 vermutet, dass diese anfangs scheinbar tolerante Haltung gegenüber der Warschauer Universität letztendlich einer näheren Erkundung des Milieus diente. Über die Lage der Universität Warschau zu Beginn der Besatzung berichtet MANTEUFFEL 1948, 254–260. 31 MANTEUFFEL 1948, 259. 32 Eigens für die Koordination der Aussiedlungsaktionen wurde im November 1939 in Posen der „Stab für die Evakuierung und den Abtransport der Polen und Juden in das Generalgouverne-

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ment“, später in „Umwandererzentralstelle Posen“ umbenannt, errichtet. PIERZCHAŁA 1998, 125 und 131–133. Eine wichtige Rolle bei der Initiative zur Gründung der geheimen Hochschullehre spielte der seit Ende Oktober 1939 aktive Bund Polnischer Lehrer (Związek Nauczycielstwa Polskiego, ZNP), der bereits kurz nach dem deutschen Einmarsch die allgemeine Schulbildung zentral organisierte. Über seine Genese, Organisation und Tätigkeit in den Jahren 1939–1945 IGNATOWICZ 2009. Die konspirative Tätigkeit der Hochschulen während der Kriegsjahre ist nicht umfassend dokumentiert, die vorhandenen Quellen sind in den meisten Fällen verstreut. Quellencharakter besitzen einige Berichte über die Organisation und den Aufbau der Hochschullehre, die von Zeitzeugen direkt nach Kriegsende veröffentlicht wurden. Beispielsweise legte für die Universität der Westgebiete der dort als Dozent für Geschichte tätige Władysław Kowalenko 1946 einen Rapport aus der Tätigkeit der Universität für die Jahre 1940–1945 vor, KOWALENKO 1946. In seiner Berichterstattung stützt er sich auf direkt nach dem Krieg gesammelte Dokumente und mündliche Überlieferung der wissenschaftlichen und administrativen Universitätsmitarbeiter, um die bei dem verheerenden Brand Warschaus 1944 zerstörten Unterlagen zu ersetzen. Ähnlich geht auch TOMKIEWICZ 1948 in seinem Sammelband zur Geschichte der UW vor. – Hilfreich für eine Annäherung an das Thema erscheinen außerdem Biogramme polnischer Kunsthistoriker, wie sie zuletzt „Rocznik Historii Sztuki (Jahrbuch der Kunstgeschichte)“ in den Ausgaben 36 (2011) und 37 (2012) vorgelegt hat. Diese berücksichtigen jedoch nicht alle Kunsthistoriker, auch klammern viele Artikel die Kriegsjahre weitgehend aus, da sie als weniger relevant für die wissenschaftliche und publizistische Tätigkeit der Protagonisten angesehen werden. Behandelt werden hier die Krakauer sowie die zwei Warschauer Universitäten als Ausbildungsstätten für Geisteswissenschaftler, darunter auch Kunsthistoriker. Andere höhere Bildungseinrichtungen wie Fachhochschulen oder Politechniken bleiben unberücksichtigt. Ein breiterer Überblick über die geheime Hochschullehre findet sich bei WALCZAK 1977. STRZEMBOSZ 2000, 138–140 gibt aufgrund unterschiedlicher Quellen an, dass an der UZZ bis 1944 zwischen 900 und 1.140 Personen studiert und ca. 100 unterrichtet haben. In diesem Zeitraum wurden 97 Magisterarbeiten, 5 Doktorarbeiten und 5 Habilitationen abgeschlossen. Der Anteil der kunsthistorischen Qualifikationsarbeiten konnte nicht ermittelt werden. KOWALENKO 1946. Die praktische Organisation der Warschauer Untergrunduniversität und der Warschauer Politechnik hatte Wanda Karpowicz inne, die über die Abläufe in Form eines Selbstzeugnisses berichtet: KARPOWICZ 1977. IGNATOWICZ 2009, 23. Die Struktur des Departements für Bildung und Kultur erläutert STRZEMBOSZ 2000, 185 f. – Umfassend zu Geschichte, Aufbau und Organisation des polnischen Untergrundstaates GÓRSKI 1995, hier zum Departement für Bildung und Kultur 155–163. KOWALENKO 1946, 46. Dettloff, der seit 1910 in München, später bei Heinrich Wölfflin in Berlin und anschließend bei Josef Strzygowski, Julius Schlosser und Max Dvořák in Wien studierte, bei Letzgenanntem 1914 zu einem Thema der Nürnberger Spätgotik promovierte, war mit der deutschen kunsthistorischen Forschung bestens vertraut und vernetzt. Diese Kontakte erhielt er auch in der Zwischenkriegszeit aufrecht und stand besonders mit Max Loßnitzer bezüglich der Forschungen zu Veit Stoß im engen Austausch. DĘBICKI 2011, 32 f. Ein Überblick über den wissenschaftlichen Werdegang Kępińskis, mit Verweis auf frühere Biographien, bei SUCHOCKI 2012.

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41 Dettloff war eine „Schlüsselfigur“ der Posener Kunstgeschichte. Nach dem Ersten Weltkrieg organisierte er als Gründungsdirektor das neue Großpolnische Museum in Posen. Als ein engagierter Verfechter der Institutionalisierung künstlerischer Bildung und der Wissenschaft im wiedererstandenen Polen engagierte er sich für die Errichtung einer Hochschule für Kunsthandwerk (später Kunsthochschule) und eines Musikkonservatoriums in Posen, er gehörte auch zu den Initiatoren des Kunsthistorischen Seminars an der 1919 neu gegründeten Posener Universität, dessen Leitung er 1920 übernahm. Eine umfassende Darstellung Dettloffs als Person und Forscher gibt DĘBICKI 2011, hier 29–31. 42 Ebd., 32. 43 IWANOYKO 1979. 44 MANTEUFFEL 1948, 286. 45 Jan Białostocki wurde nach seiner Gefangennahme 1944 in die KZs Großposen, Mauthausen und Linz deportiert. 1946 magistrierte er an der UW beim Philosophen Władysław Tatarkiewicz und legte 1950 seine Doktorarbeit vor, als deren Doktorvater offiziell Stanisław Lorentz fungierte, sein tatsächlicher Betreuer war aber der zum damaligen Zeitpunkt politisch Verfolgte Michał Walicki. Białostocki war in seiner beruflichen Tätigkeit eng mit dem Institut für Kunstgeschichte der UW und dem Nationalmuseum in Warschau verbunden. ZIEMBA 2011, 157 f. 46 SKUBISZEWSKI 1999, bes. 11–13. 47 SŁOJKOWSKA 2011, 15 f.; LORENTZ 1938–1945. Batowski leitete außerdem die Sammlung der Gipsabdrücke an der UW, betreute die graphische Sammlung und leitete in den Jahren 1919– 1929 ehrenamtlich die Universitätsbibliothek. Weitere außeruniversitäre Funktionen sowie Ehrungen zählt SŁOJKOWSKA 2011, 15 f. auf. 48 Ebd. In den Kriegsjahren verfasste er Abhandlungen über den barocken Freskenmaler Gregorio Guglielmi, polnische Malerinnen der Aufklärung und eine umfangreichere Publikation über polnische Künstler im Ausland. Einige seiner Arbeiten lassen sich als eine Reaktion auf die Kriegsgeschehnisse verstehen, so beispielsweise die Monographien zu Kunstbeständen der Warschauer Kirchen der Jesuiten und Piaristen. LORENTZ 1938–1945, 169 f. 49 Auf weitere Aspekte der Tätigkeit von Lorentz am Nationalmuseum wird im Absatz zum Kunstschutz am Ende dieses Beitrags (112 f.) eingegangen. 50 Władysław Tomkiewicz studierte Geschichte bei Oskar Halecki und Kunstgeschichte bei Zygmunt Batowski, promovierte 1932 und habilitierte sich 1932 in Geschichte. Er unterrichtete das Fach auch an der Untergrunduniversität. Seine Seminare wurden schon vor der Gründung des Seminars für Kunstgeschichte von angehenden Kunsthistorikern, u. a. Lech Białostocki, besucht. Nach dem Krieg blieb Tomkiewicz an der UW, musste aber aus politischen Gründen 1952 vom Institut für Geschichte in das für Kunstgeschichte wechseln, wo er bis zu seiner Emeritierung, zuletzt in der Funktion des stellvertretenden Direktors (1968–1970), arbeitete. KOWALCZYK 1992. 51 Auf die Tätigkeit der Warschauer Kunstgeschichts-Dozenten im Kunstschutz wird im letzten Abschnitt dieses Beitrags eingegangen. 52 WALCZAK 2011. 53 MANTEUFFEL 1948, 286. 54 LORENTZ 1970 b, 23. 55 Als studierte Anglistin und Kunsthistorikerin war Natalia Batowska vor und während des Krieges vor allem als Übersetzerin tätig. Seit 1946 arbeitete sie am Institut für Kunstgeschichte der UW, wo sie 1960 im Bereich der Frühen Neuzeit promovierte. LORENTZ 1961.

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56 Die Nachlässe von Zygmunt und Natalia Batowski werden im Archiv der Polnischen Akademie der Wissenschaften (PAN) verwahrt. ARVANITI 2011. Eine Aufstellung der Archivalien bei SŁOJKOWSKA 2011, 19–63. 57 Eine Aufstellung der nach dem Warschauer Aufstand erlittenen personellen und materiellen Verluste der Universität Warschau bringt MANTEUFFEL 1948, 298–314. 58 KOWALENKO 1946, 46 f. 59 Über das Beispiel einer Mediävistengruppe referieren ZABOROWSKI/POZNAŃSKI 1964, 143 f. 60 ZABOROWSKI/POZNAŃSKI 1964, 152; LESSER 1990, 88 f. – Eine weitere Säule der Universität war die im Rahmen der studentischen Selbstverwaltung agierende „Bratnia Pomoc“ (Brüderliche Hilfe, BP), eine studentische Selbsthilfeorganisation, deren Vorstand in enger Absprache mit Prof. Małecki viele organisatorische Aufgaben übernahm. Für das Studium fielen keine Studiengebühren an, dafür waren Studenten verpflichtet, einen niedrigen Beitrag von 20 Złoty monatlich an BP zu entrichten. Dieser diente als finanzielle Hilfe für bedürftige Studenten (auch für Heizmittel, ­Kleidung etc.), den Einkauf von Lehrmaterialien (Bücher, Skripte) und für Stipendien. Nach dem Warschauer Aufstand gründete BP ein eigenes „Hilfskomitee Warschau“, das den aus Warschau geflohenen Studenten das Einleben in Krakau und die Eingliederung an der Universität erleichtern bzw. die nach Milanówek verschleppten Warschauer Professorenfamilien mit 5.000 Złoty ­finanziell unterstützen sollte. LESSER 1990, 85–95. 61 Seine Einstellung am IDO ging Małecki in Übereinkunft mit der Leitung der Geheimen Universität Krakau ein. Seine offizielle Aufgabe war die Vorbereitung eines Lexikons deutscher Lehnwörter im Polnischen und eines deutsch-polnischen Wörterbuchs. ZABOROWSKI/POZNAŃSKI 1964, 145–154; ZARĘBA 1964, 84. 62 LESSER 1990, 113. 63 Ebd., 114 unter Berufung auf ZARĘBA 1964, 84. 64 MAŁECKI 1964, 288 gibt bei der Gründung von „Kobierzec“ die Anzahl von zwölf Mitgliedern und eines „Meisters“ an, später kamen zwei „Untermeister“ als Fachkräfte hinzu. 65 Dobrowolski war vor dem Zweiten Weltkrieg in Oberschlesien (in Bromberg/Bydgoszcz und Kattowitz/Katowice) als Museumsdirektor und Landeskonservator tätig, lehrte außerdem an der UJ mittelalterliche Kunst, Museologie und Denkmalpflege. Im Zuge der Professorenverhaftung 1939 wurde er im KZ Sachsenhausen interniert, wovon er schwere Gesundheitsschäden trug. Im Zuge seiner Verhaftung wurde Dobrowolskis Wohnung samt allen Forschungsunterlagen und einer umfangreichen Bibliothek requiriert – beides beeinträchtigte im Folgenden seine universitäre Lehre. Seinen Unterhalt in den Kriegsjahren bestritt er bis 1942 mit der Porträtmalerei, später als Sachverständiger am Appellationsgericht und Leiter einer Farbenfabrik. 66 Die Abhandlung Guido Chmarzyńskis zur Kunstgeschichte Schlesiens, die kurz nach dem Krieg 1948 erschien, übersetzte 1953 ausgerechnet Behrens, ehemaliger Leiter der Kunstgeschichte am IDO, ins Deutsche. 67 JAMKA 1964, 219. 68 Ebd. 69 LESSER 1990, 127. 70 ZARĘBA/ZARĘBA 1964, 348. 71 GAWĘDA 1986, 234 f. 72 Bochnak verließ die Stadt schon 1939, nachdem er der „Sonderaktion Krakau“ entging. Er leitete während der Kriegsjahre den geheimen Gymnasialunterricht in Ciężkowice bei Tarnów und enga-

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gierte sich außerdem im Krakauer Flüchtlingshilfskomitee in Lemberg. GAWĘDA 1986, 217 f.; http://krakow.gazeta.pl/krakow/1,53181,16060203,Adam_Bochnak__1899_1974_.html (2.4.2015). NICHOLAS 1994, 86. Mit der Veröffentlichung der „Schutzmaßnahmen für kulturgeschichtliche Denkmäler in Polen“ am 10.10.1939 wurde das Vermögen der zu Feinden erklärten Personen und Institutionen im Generalgouvernement offiziell für die Konfiskaten zugunsten des Reichsschatzes freigegeben. Als eine übergeordnete Koordinierungsstelle für die direkt dem Reich angegliederten Gebiete und das Generalgouvernement gründete Göring am 19.10.1939 die Haupttreuhandstelle Ost mit Sitz in Posen (Poznań) und einer Nebenstelle in Łódź (Litzmannstadt) mit uneingeschränktem Recht zur Beschlagnahmung und Verwaltung polnischen und jüdischen Besitzes. CIEŚLIŃSKA-LOBKOWICZ 2007, 55 f. – Die Initiative zur Sichtung und Beschlagnahmung polnischer Kunstsammlungen ging im September 1939 von der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe aus, die eine Gruppe unter der Leitung des Berliner Prähistorikers Peter Paulsen am 23.9.1939 nach Polen abdelegierte, um die Überführung hochkarätiger Kunstwerke u. a. aus den Krakauer Kirchen wie den Veit-Stoß-Altar nach Berlin zu koordinieren. Bis zum 16.12.1939 in Polen tätig, wurde die Paulsen-Gruppe aufgrund von Kompetenzstreitigkeiten schon im Oktober Kajetan Mühlmann unterstellt. MAJEWSKI 2005, 182 f., 185, 189. Zum Arbeitsstab von Kajetan Mühlmann gehörten: SS-Hauptsturmführer Sepp Ernst, Gustav Barthel (Direktor der Städtischen Kunstsammlungen Breslau), Joseph Mühlmann (Wiener Kunsthistoriker, Halbbruder des Sonderbeauftragten Kajetan Mühlmann), Werner Kudlich (Direktor des Reichsgaumuseums in Troppau), Erich Meyer und Günther Otto (Kustoden der Städtischen Kunstsammlungen in Breslau), Anton Krauss (Bibliothekar der Wiener Akademie der Schönen Künste), Rudolph Prihoda, Karl Pollhammer (Kunsthistorisches Museum Wien, KHM). Als Berater fungierten: Hans von Demel (Leiter der Ägyptologie am KHM), Dagobert Frey (Breslauer Osteuropa-Institut), Arthur Haberland (Direktor des Museums für Volkskunde in Wien), Kurt Dittmer (Direktor des Völkerkundemuseums in Berlin), Eduard Holzmair (Kustos am Wiener Münzkabinett), Josef Mader (Direktor der Wiener Gobelinmanufaktur und Stoffkonservator) sowie Leopold Ruprecht (Direktor der Waffensammlung des KHM). Hinzugezogen wurden darüber hinaus die Wiener Restauratoren Ingeborg Spann, Eduard Kneisel und Franz Sochor. Den Ertrag ihrer ersten „Sicherungsaktion“ dokumentierte die Mühlmann-Gruppe in der reich bebilderten Publikation „Sichergestellte Kunstwerke im Generalgouvernement“ (Breslau 1940), in der zum Nachweis der deutschen Herkunft der beschlagnahmten Werke deren Schöpfer allesamt als „Ostdeutsche Meister“ identifiziert werden. MAJEWSKI 2005, 184, 193. – Die Kunstbeschlagnahmung führte außerdem Hans Posse (Direktor der Staatlichen Gemäldegalerie Dresden) im direkten Auftrag Hitlers durch. Er war im November 1939 in Warschau zugegen, um Kunstwerke für das Führermuseum in Linz zu requirieren, und bemühte sich bei dieser Gelegenheit auch darum, die Ausstattung des Warschauer Königsschlosses für den Dresdner Zwinger zu sichern. Ebd., 190–192. DTB 19.1.1940 (Abteilungsleitersitzung). Die Strukturen zur Rettung von Kulturgütern konzentrierten sich in Warschau. Begünstigt wurde das, so Nawojka Cieślińska-Lobkowicz, durch eine geringere Anzahl der deutschen Besatzer (50.000 auf über eine Million Einwohner) und den Mangel an Aufsichtsfunktionären, die in großer Zahl vor allem für die Ämter in der Hauptstadt des Generalgouvernements Krakau eingesetzt wurden. CIEŚLIŃSKA-LOBKOWICZ 2007, 56 f.

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78 Estreicher, der selbst als Dozent an der UJ tätig war, gehörte einer alten Professorenfamilie an, aus der mehrere berühmte Historiker hervorgegangen sind, darunter sein Vater Stanisław Estreicher, der infolge der Professorenverhaftung im Dezember 1939 im KZ Sachsenhausen verstarb. PIERZCHAŁA 1998, 185. 79 Stanisław Lorentz leitete die Abteilung Kultur und Kunst, die in acht Gruppen für Literatur und Theater, Bildende Kunst, Musik, Bibliothekswesen, Achive, Denkmäler, Museen und Sammlungen sowie Buch- und Verlagswesen gegliedert war. Ihm selbst unterstand die Gruppe für Museen und Sammlungen, während Jan Zachwatowicz die Gruppe Denkmal koordinierte. GÓRSKI 1995, 160 f. 80 Spektakulär war beispielsweise die zu Beginn der Okkupation erfolgte Rettung von 130 Kisten mit umfangreicher Dokumentation (Großnegative, technische Zeichnungen, Karteikarten, Kataloge etc.) des Zentralbüros für Inventarisierung der Kunstdenkmäler in Polen aus dem von der Gestapo besetzten Gebäude des polnischen Ministeriums für Konfessionsangelegenheiten und Volksbildung. Nach diesem wertvollen Material wurde intensiv gefahndet, dabei engagierte sich auch Dagobert Frey. Der in die Rettungsaktion involvierte Kunsthistoriker und ehemalige Leiter des Zentralbüros Dr. Jerzy Szablowski (1906–1989) wurde immer stärker unter Druck gesetzt, bis die Entscheidung fiel, das Versteck preiszugeben. Die Sammlung gelangte 1940 an das IDO in Krakau. ZACHWATOWICZ 1970, 111–114. 81 Am 10. Oktober 1939 besuchte Hans Frank in Begleitung von Dagobert Frey, Gustav Barthel und Joseph Mühlmann das Warschauer Schloss. Er riss dabei eigenhändig die silberbestickten Adler vom Thronbaldachin ab – ein Zeichen, das die Demontage der gesamten Ausstattung und die Plünderung des Baus einleitete. Für die im Anschluss verordneten Räumungsarbeiten wurden ­Juden zwangsverpflichtet, währenddessen brachte ein Sprengkommando Tausende von Dynamitladungen in die Wände ein, die allerdings erst 1944 gezündet wurden. Vier Museumsmitarbeiter, die dieses Vorgehen fotografierten, wurden verhaftet, jedoch auf die Intervention von Lorentz binnen eines Monats wieder freigelassen. Gerettet wurden 300 Bilder, 60 Skulpturen, viele Möbel und Kunstgegenstände. Ebd., 74 f., FN 14; LORENTZ 1970 b, 44 f. Bereits zu Kriegsbeginn wurde die Absicht der deutschen Besatzer deutlich, das Nationalbewusstsein der Polen durch die Vernichtung ihrer wichtigsten Nationalsymbole zu untergraben, so durch die Plünderung und spätere Sprengung des Warschauer Königsschlosses, die Bombardierung des Tschenstochauer Marienklosters in den ersten Kriegstagen oder den im ganzen Land durchgeführten Denkmalsturz. 82 Die „Aktion Pruszków“ fand direkt nach dem Warschauer Aufstand statt. In den Kapitulationsbedingungen vom 4. Oktober 1944 wurde die Rettung von Kulturgütern festgeschrieben, die von polnischen Kräften unter deutscher Aufsicht durchgeführt werden sollte; die Finanzierung bestritt der polnische Untergrundstaat. Angesichts des sogenannten Befehls Nr. 2 Hitlers über die vollständige Zerstörung Warschaus schien eine Auslagerung der Bestände nach Deutschland die einzig mögliche Rettung. Binnen zwei Monaten und unter Beteiligung von ca. 200 Polen, darunter federführend engagierte Intellektuelle, aber auch einfache Arbeiter und Eisenbahner, wurden mehrere Waggons mit Museumsbeständen, wertvollen Büchern und Archivalien nach Niederschlesien evakuiert. Parallel dazu versuchten die Retter vor Ort, die nicht transportablen Denkmäler zu sichern und weitere Werke illegal auszuführen, beispielsweise die Baubestandspläne von Warschauer Denkmälern, die in einem Vorort in der Krypta eines Bernhardinerklosters versteckt waren. Ausführlicher dazu u. a. CIEŚLIŃSKA-LOBKOWICZ 2007, 69–72; ŁODYŃSKI 1970. 83 Schellenberg wurde 1941 Museumsbeauftragter in Warschau. MAJEWSKI 2005, 190. 84 Walicki gehörte außerdem seit 1943 der städteplanerischen Kommission der Stadt Warschau an, die städtische Entwicklungspläne ausarbeitete, und war darüber hinaus an der Organisation des

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Büros für Information und Propaganda der Hauptkommandantur der Heimatarmee (Armia Krajowa, AK) beteiligt, wo er das mit antikommunistischer Spionage befasste Referat 999 stellvertretend leitete – eine Tätigkeit, die ihm nach 1945 zum Verhängnis wurde. Nach dem Krieg war er mit der Sicherstellung und dem Schutz von Kunstdenkmälern in Danzig und Pommern betraut, 1947 wurde er zum außerordentlichen Professor für mittelalterliche Kunst an die Krakauer UJ berufen, kehrte jedoch schon 1949 an die Universität Warschau zurück, wo er noch im gleichen Jahr unter dem unbegründeten Vorwurf der Kollaboration mit den deutschen Besatzern inhaftiert wurde. Erst als er im Zuge des Tauwetters nach Stalins Tod 1953 freigelassen und rehabilitiert wurde, kehrte Walicki 1957 an die UW zurück, wo er als Professor das Seminar für mittelalterliche Kunst leitete. WALCZAK 2011, 127–129; RYSZKIEWICZ 2000, 334 f. 85 Meldungen über Schäden erreichten Lorentz aus ganz Polen durch private Verbindungen oder das konspirative Informantennetzwerk des Untergrundstaates. Für ihre Weiterleitung an Estreicher wurden noch andere Kanäle genutzt, u. a. das Korrespondentennetz neutraler Staaten wie der Schweiz oder Schwedens. 86 BARYCZ 1958, 294 f. 87 Das Büro für Rückforderungsansprüche unterstand zunächst dem Ministerium für Information und Dokumentation (Ministerstwo Informacji i Dokumentacji), nach der Niederlage Frankreichs wurde es ab Juni 1940 in London dem Büro für politische, wirtschaftliche und juristische Fragen (Biuro Prac Politycznch, Ekonomicznych i Prawnych) dieses Ministeriums unterstellt und ab Juli 1942 dem damals gegründeten Ministerium für Kongressarbeiten (Ministerstwo Prac Kongresowych). CIEŚLIŃSKA-LOBKOWICZ 2007, 65 f. 88 Ebd. 89 Einen ersten Report über das Vorgehen der Deutschen im besetzten Krakau veröffentlichte Estreicher bereits 1940 in London auf Englisch unter dem Pseudonym Dominik Węgierski und dem Titel „September 1939“. 90 Ebd., 67. Taylor vertrat die Einschätzung, dass „without his visit I am sure that any plans or activities undertaken by the American institutions would have been delayed many months“. ESTREICHER/WITEK 2003, 779. 91 Über den breiteren Kontext der Tätigkeit der Roberts Commission und der Vaucher Commission KURTZ 1985, 75–101. Beide Kommissionen trugen – nach dem Vorbild Estreichers – eine beachtliche Personendatenbank mit über 600 Namen zusammen. Diese sollte helfen, durch Verbindungen und Lebenswege der Täter den gestohlenen Kunstwerken auf die Spur zu kommen. WITEK 2003, 14 f. 92 ESTREICHER/WITEK 2003, 779. – NICHOLAS 1995, 366: „Der unermüdliche Karol Estreicher aus Polen hatte bereits eine solche Liste erstellt. Diese war nicht in allen Einzelheiten exakt, beruhte sie doch auf rudimentärsten Informationen, aber dennoch eindrucksvoll, denn sie enthüllte die enorme Verschiebung des polnischen nationalen Erbes.“ 93 ESTREICHER 1944. Kommentierter Nachdruck ESTREICHER/WITEK 2003. 94 Personeneintrag zu Estreicher auf der Homepage der Monuments Men Foundation for the Preservation of Art: http://www.monumentsmenfoundation.org/the-heroes/the-monuments-men/estreicher-karol (6.7.2015). 95 Genauer behandelt die Restitution der kriegsbedingten Kulturgutverluste Polens KOWALSKI 2007, hier bes. 242 f. Er geht dabei auch auf das Problem der Restitution aus der UdSSR ein. 96 Ein Nachdruck auf Polnisch wurde erst nach der politischen Wende im Jahr 2003 vorgelegt, ESTREICHER/WITEK 2003.

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Zwischen Okkupation und Konspiration I 139

Marieke Kuipers

Art Protection and Architectural Preservation in the Netherlands (1938–1945) Seen from the perspective of art protection and architectural preservation, the Netherlands held an exceptional position among the ‘civilized nations’ during the first half of the 20th century. On the one hand, the country had hosted three international Peace Conferences and ratified the resulting Hague Conventions of 1899, 1907 and 1954, which stipulated that all seizure, destruction or intentional damage to historical monuments and works of art or science is prohibited in case of war and hostile occupation of foreign territories. On the other hand, the first national legislation to protect historical buildings and monuments against disfigurement and demolition in times of peace was implemented as late as 1961. Yet, in 1918 two national institutions had been installed to serve the inventory and the restoration of historical buildings and monuments, respectively: the Rijkscommissie (State Committee) and the Rijksbureau voor de Monumentenzorg (State Office for Monuments Care). The honorary committee members were appointed by Royal Decree, whereas the bureau employees were paid civil servants with Jan Kalf (1873–1954) as a special authority in his dual position as the bureau’s director and (since 1924) the committee’s secretary. Just retired as director, Kalf was happily appointed Chief ‘Inspector for the Protection of Treasures of Art and Science against Risks of War’, or just Inspector Art Protection for short. By coincidence, Kalf ’s son-in-law, Jan Karel van der Haagen (1902–66), who was a lawyer with an interest in art history, had also just been appointed head of the Department of Arts and Sciences of the Ministry of Education, Arts and Science (Onderwijs, Kunsten en Weten­ schappen, OKW). Together, Kalf and Van der Haagen played important roles in the practical implementation of art protection and architectural preservation during the Second World War and its foreshadowing years, as will be explained below.

Pre-war Art History and Monuments Care in the Netherlands During the first decades of the 20th century, the number of specialists in the field of art and architectural history was but very small in the Netherlands. It was really an ‘old boys network’, where often the same persons appeared in different capacities. An influential organi­

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sation was the Nederlandsche Oudheidkundige Bond (Netherlands Archaeological Association, NOB), founded in 1899 as a private network of archaeologists, (art) historians, archivists, architects and lawyers, with the aim of introducing a national monuments act and publishing a scientific description of the Dutch monuments of history and art.1 The members believed that illustrated publications would help to achieve a better understanding of the (glorious) past, embodied by the surviving heritage, and to prevent the loss of dear monuments. In fact, this preventive activity was their major cause, in times of both peace and war. As concerned citizens of a neutral state and in response to the Great War’s destructions, in 1918 they requested the Dutch queen, Wilhelmina, to organise a third Peace Conference among the neutral states on how to preserve monuments, especially those of worldwide significance, in future wars.2 For that purpose, they had circulated inquiries with historic organisations and committees abroad.3 Alas, their pleas had no immediate effect, but at least they had managed to set an international agenda for preventive ‘art protection’ in the event of armed conflict.4 Previously, they had gained a positive result of their intensive lobbying, when in 1903 the ‘State Committee for the Inventory and Description of Dutch Monuments of History and Art’ (similar to the Inventory) was installed by a Royal Decree. The committee, which had only a scientific task and no legal power, was chaired by Pierre Cuypers (1827–1921), the architect of the Rijksmuseum and by then already 76 years old, but still a great professional authority in the field of architectural history and conservation.5 It was not until 1907 that art history became an academic discipline for its own sake in the Netherlands, owing to the appointment of Willem Vogelsang (1875–1954) as a full professor at the University of Utrecht and Wilhelm Martin (1876–1954) as an extraordi­ narius professor at the University of Leyden, in addition to his position as director of the Mauritshuis museum at The Hague. Both professors dealt primarily with the history of visual arts, but they also had an active interest in historical buildings and furniture. This was demonstrated by their membership of the NOB and the editorial board of its Bulletin, and also of the State Committee for Monuments Care. The academic acknowledgement of the topographically and typologically organised research on Dutch historical buildings started with the doctorate honoris causa obtained by Jan Kalf, who had been secretary of the first State Committee since 1903. Kalf gained this doctorate for his first volume of the Geïllustreerde Beschrijving (GB, Inventory), dedicated to the monuments in the Barony of Breda and published in 1912, at the University of Utrecht.6 Trained in literature as well as art history, and well informed about the work done in the surrounding European countries, Kalf based the format of the Dutch Inventory on the 1902 guidelines of the German series.7 He also adopted the famous adagium ‘Konser­ vieren nicht restaurieren’ (conserve, do not restore) that the German architectural conservationists had proclaimed in their campaign to prevent historical falsification by means of historically unreliable reconstruction. The principle that ‘preservation is prior to renewal’ (behoud gaat voor vernieuwen) was, therefore, the core of the 1917 “General Principles and

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1  Jan Kalf amidst the staff members of the Rijksbureau, just before his retirement in 1939.

Guidelines for the Maintenance, Repair and Extension of Ancient Buildings”, which he formulated on behalf of the NOB.8 The NOB principles even went one step further than the German because Kalf openly favoured new creativity for new extensions; these should be in harmony with the formal language of the past, while at the same time clearly distinctive as a contemporary creation.9 The criticism led to a crucial turn in the organisation of architectural conservation in the Netherlands when, in the following year, the new Rijksbureau was established as an almost independent department of the newly created Ministry of OKW under Kalf ’s leadership. During his directorate (1918–39) no less than 350 restorations were carried out and the Rijksbureau, located at the outer side of the Binnenhof at Hofsingel 2 at The Hague, had grown from six to 20 staff members (Ill. 1).10 All of the affiliated art historians received a doctoral degree for their studies on a particular theme of architectural history. These were accidental offsprings of their regular descriptive work for the GB, which made but slow progress. However, in 1933 Frans Vermeulen (1863–1961) received his doctorate cum laude for his study on the architects of classicist Baroque in the Netherlands.11 He had invited Van der Haagen to act as one of his ‘paranymphs’, and prominent figures from various historical associations and the monuments institutes also attended the academic ceremony, as well as the Hague-based architect, Gerard Blok (1903–?), who went on to obtain a doctorate for his German article on Pieter Post at the Polytechnical School of Aachen.12 These doctorates illustrate the pioneering stage of academic research on historic buildings and architects in the Netherlands during the interwar period. By then, there was great knowledge exchange with German art and architectural historians and conservationists as well as with those from other countries.13

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It was also in 1933 that the series of the Voorloopige Lijst van de Monumenten van Geschiedenis en Kunst (Provisional List of the Monuments of History and Art, VL) was completed, being subdivided over the eleven provinces of the country and with one also dedicated to Amsterdam. Alltogether, the VL (published 1908–1933) listed more than 12,000 historical buildings and dozens of movable objects inside the most important ­religious and public buildings pre-dating 1850. This provisional list was, however, not ­intended for legal protection, but only as a preliminary basis for the envisaged scholarly Inventory of the GB. The series provided the first comprehensive overview of the national historic buildings and monuments in a systematic, more or less objective approach. This approach entailed a focus on types, chronological data, names of craftsmen (if known), stylistic characteristics, materials and forms, though without costly images. This latter omission made the documentation less useful for lay people, particularly soldiers, who Kalf had hoped to interest in “our beautiful old buildings and other works of art” when they would come them across during their stay or work.14

Pre-war Art Protection In 1929, as a late response to the NOB’s initiatives on art protection, Kalf received a governmental assignment from the Minister of OKW, with the intention of suggesting protective precautions to safeguard both movable and immovable monuments against risks of war.15 By then, he was – as he confessed a decade later – not very industrious towards fulfilling his task, which he viewed somewhat ambivalently because he recalled all that had been lost abroad during the Great War, while the Netherlands had remained politically neutral in that conflict and had hardly experienced any military destructions. The request was catalyzed by the detailed propositions of the Russian-American, activist artist-archaeologist, Nicholas Roerich (1874–1947), who efficaciously sought public and political support for his ideal of an international ‘Pax Cultura’ during the inauguration of his museum at New York in 1929.16 He aimed at an International Pact for the Preservation of the Treasures of Art and Science through an International Banner, in analogy with the Red Cross organisation for international humanitarian aid. Roerich had won over Pre­ sident Franklin Roosevelt to his idea, and six years later the Plenipotentiaries of 21 Ame­ rican republics undersigned the treaty, known as the Roerich Pact, on the protection of artistic and scientific institutions and historic monuments; the use of a distinctive flag was one of the protective precautions agreed upon albeit not further elaborated.17 This 1935 Washington Treaty, which followed the 1922 attempt in the same capital to revise existing international war laws to prevent damage to monuments, is an interesting intermediate between the The Hague Conventions of 1899 and 1907 and the next Hague Convention of 1954, when the international sign (in another form) was finally accepted.18 Interestingly, Kalf had included the French version of the 1922 Washington Conference

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propositions by juridical experts in his comprehensive report on the protection of works of art against risks of war, published in October 1938 in a new series of confidential statements of the State Committee.19 Though Kalf supported the ideals of the international treaties that promised to spare the most worthy treasures of culture, he did not share the pacifist spirit of the Roerich movement, and criticized some propositions as ‘unrealistic’ or ‘impossible’.20 On the contrary, Kalf asserted that the best protection of the nation’s treasures against eventual bombardments or looting could only be realised if strong military support was assured. He thus dared to criticize openly the Dutch government, which had been reluctant to invest in a properly equipped and well trained army.21 Moreover, a legal protection of historic buildings and monuments against unwanted disfigurement or demolition in times of peace was still lacking. The illustrated report contained a section on experiences abroad, opportunities in the Netherlands (including a plan of action, organisational framework and budget) and detailed lists of selected objects that deserved special technical protection. In the report, 108 historic buildings were assigned to remain free of any military usage and thus, as was hopefully supposed, to have a smaller risk of being hit by bombardments. Kalf urged the government to allow a substantial budget, arguing that the proposed measures would prove very sensible investments. He also pushed for the 1936 Act to protect citizens against air raids to include a section on the protection of the most important national treasures of art, science and history, which was, in practice, not implemented. He was not sure if mayors or military staff would acknowledge sufficiently the cultural value of these national treasures. To make them attentive, he had even commissioned the artist Eppo Doeve (1907–1981) to design a special poster with the text “Soldiers help! Safeguard the art from looting or fire. It is the treasure of the country”; this was meant to be hung in all military stations, but never did.22 More successful was his proposition to install a voluntary organisation for the sake of “art protection”. For this purpose he started consultations with the Dutch Union of Architects, firemen and others to acquire volunteers with basic expertise. Many were ready to participate within his regionally organised framework. Some months after Kalf had reached the age of 65, in 1938, he had to retire as director of the Rijksbureau, but he stayed on as secretary of the Rijkscommissie. More importantly, he was officially appointed “Chief Inspector for the Protection of Treasures of Art and Science against Risks of War”, or Inspector Art Protection for short, by the Minister of OKW on the 29th of August, 1939. Three days later, Nazi Germany hostily invaded Poland, by which the war began in earnest. Though the Dutch government anxiously continued its policy of international neutrality, it ordered the construction of public shelters in the cities and started a nation-wide military mobilisation.23 Following the measures in the United Kingdom, Van der Haagen and Kalf had already given their orders to start preventive activities with regard to museum collections, historic tombstones, stained glass, timber roof constructions, paintings, bells, orgues and more. A

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photogrammetric survey was even made of the interior of the medieval Hooglandse Kerk (church) at Leyden, as an experimental form of preventive documentation to provide precise measuring data for eventual reconstructions in case of war damage.24 Most public museums had closed their doors on the 25th of August, 1939 and then received detailed guidelines on how to protect art treasures in museums, libraries and archives against risks of war.25 The Rijksmuseum had sandsacked the basement windows and started the evacuation of all museum objects towards provisional repositories.26 These were sought in ancient castles outside the cities, village churches, schools, safes of banking offices and alike. The flatness and openness of the Dutch countryside made these places still very vulnerable for military bombardments – be it from land, water or air. Therefore, Kalf urged for a budget to realise the precautions in the 108 monuments and the construction of ‘bomb free’ art shelters of reinforced concrete under enormous earthen covers, one in the Hoge Veluwe near museum Kröller-Müller, and two pairs in the dunes near Heems­ kerk and Zandvoort. Due to economic and bureaucratic problems, however, the execution was not as fast as required. Another shelter was built in the dunes near Castricum for the municipal art collection of Amsterdam. In fact, it was the intention of its museum curator, Willem Sandberg (1897–1984), to create shelters in the dunes in analogy with the Spanish mountain caves, which he had seen during his 1938 study trip.27 Hence, at the outbreak of the Second World War, the awkward situation occurred that the Dutch administration was internationally and technically active in the preventive protection of historic buildings in case of armed conflicts, and that it also supported – financially and scholarly – inventory and restoration activities, but yet that it still hesitated to impose legal protection of designated cultural properties by means of a national act in time of peace.

Art Protection in War-time The first serious test of the preventive measures came in May 1940 when the Netherlands were attacked by the German Blitzkrieg without any announcement. The castle Radboud at Medemblik near the IJsselmeer and the heavily defended Afsluitdijk proved not such a safe place for the undoubtedly greatest art treasure, Rembrandt’s “Nightwatch”. On the third day of the armed conflict, the Rijksmuseum director, Frederik Schmidt Degener (1881–1941), gave his consent to bring the painting to the municipal “art bunker” at Castricum, since the State shelters were not yet ready, and to make a frameless roll of it to fit through the small entrance.28 On that same day, the queen and her ministers left the country to establish a “government in exile” in London. They entrusted general Henri Winkelman (1876–1952), commander-in-chief of the Dutch troops, with the main civic power (together with the highest civil servants of the ministries). After the destructive bombardments on the historic inner

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cities of Rotterdam and Middelburg, capitulation followed in two stages (with the exception of the navy). To maintain order amidst the war damage and keep control over all building activities in the then hostily occupied country, general Winkelman appointed Waterstaat [Water management] civil engineer Jan Ringers (1885–1965) as the General Deputy of all Reconstruction Works in the Netherlands. His charge reached from the distribution of building materials to the rebuilding of destructed bridges and towns and – remarkably  – the restoration of provisionally listed monuments, on the 17th of May, 1940.29 Some days later, Winkelman issued two Decrees on Reconstruction, which instructed, among other things, that all monuments included in the Provisional List were protected from then on (21st–24th May, 1940) and that the State Commission’s permission was required for any demolition or alteration. These military orders for a civil cause implied that the roles of Kalf, Van der Haagen and the two institutions on monuments care remained crucial for the art protection and architectural conservation throughout the war period, but also that consultations with the occupant were inevitable. The people in the Netherlands had to deal with a very complicated administrative situation during these five years of military occupation, while in principle the Dutch government remained intact, and in parallel a German civilian structure was imposed to fulfil the orders from the Nazi Reich.30 Although the German troops had brutally violated the international rules of the Land Warfare Regulation, some of these rules on art protection were partly respected during the occupation period, albeit less in the last phase. For instance, the Dutch authorities had to provide accommodation for the forces of occupation, which claimed various Dutch government buildings for this purpose. Among these were some royal palaces and emptied ministry buildings, all important historic monuments. One of these, the so-called “White Palace” of Wassenaer-Obdam became the headquarters of the forcefully installed Ministry of National Information Service and Arts (Departement van Volksvoorlichting en Kunsten, DVK) to support the Nazi propaganda, whereas the “mother ministry” of OKW was reorganised as Ministry of Education, Science and Culture Protection (Opvoeding, Wetenschap en Kultuurbescherming, OWK) with Van der Haagen vigilantly on his post. For the most valuable historic place of the nation, the age-old Binnenhof ensemble at The Hague, the Dutch Department of Government Buildings and the State Office for Monuments Care managed to keep most parts ‘free’ of unwanted intrusion. This they achieved by using them, among other purposes, for the storage of the photographs and documentation of the Dutch monuments. The only exception was the forced event of the inauguration of Arthur Seyss-Inquart (1892–1946) as Reichskommissar for the Occupied Netherlands on the 29th of May, 1940, which took place, symbolically, in the ancient “Knights Hall”.31 Seyss-Inquart, a convinced Nazi from Austria, was charged with directing the civil administration, which was primarily in the hands of the Dutch. Consequently, all civil servants were presented with many dilemmas on how best to serve the occupied country while knowing that many people with sympathy for the Nazi ideas would eagerly take over their

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positions. Because the Nazi regime was in favour of the so-called Greater German Culture, the heritage of the Dutch was considered as a principal part of this and thus was seen to deserve careful treatment. Due to this special situation, it was possible not only to continue the construction of art shelters and the evacuation of art works but also to carry out a number of restorations during the war. The State art shelters in the dunes were completed in the beginning of 1941. Unfortunately, they could be in use only for a few months due to the new military strategy of the German occupants, which aimed at a total transformation of the littoral zone for defence against the Allies. For this purpose, the art shelters had to be emptied before March 1942 and from 1 July onwards, all construction activities were prohibited, except for the military works of the Atlantic Wall and some Dutch works for art protection and monuments care.32 In addition, almost all public servants of the ministries were forced to leave The Hague and to continue their work at eight different ‘safer’ towns in the middle of the country. The Ministry of OWK had to accept a neglected school at Apeldoorn as its new office, and the small staff of the Inspection Art Protection was subdivided. Van der Haagen could stay at The Hague and was in 1943 also appointed as Inspector, while Kalf lived in Oosterbeek. The Dutch were allowed to evacuate works of art to the hastily constructed art shelters in the South and the East of the country. Inside the marl quarries of the ‘St. Pietersberg’ near Maastricht, huge reinforced spaces were created for the storage of the “Nightwatch” and about 500 other Spitzenwerke (top works). Near the rural village of Paaslo in Overijssel an impressive repository was constructed in twelve months (1942–1943) to store about 3,000 works of art (Ill. 2). The building brief was unique, just as the final result: a 19 m high rotunda with a semi-circular protection wall and an artificial pond for fire protection. The heavy construction of reinforced concrete was cladded with bricks and tiles for both economic and aes­thetic reasons. The design of the ‘Pantheon’ was made by the State Government ­Architect, Kees Bremer (1880–1949), in close cooperation with his concrete specialist, Jan Emmen (1889–1965), and the Inspector Art Protection, Kalf. It is not known, how­ ever, who boldly designed the ceramic crest with the Dutch lions and its related motto “Je maintiendrai” (I shall stand firm) and the Latin text near the entrance, which referred to its purpose and the Batavian people, not the Dutch, to underline its independence ­towards the German occupants.33 The repository was permanently guarded by Dutch civil attendants and marechaussee members under the responsibility of Henricus Petrus Baard (1906–2000), previously curator of the Frans Hals Museum at Haarlem. Baard was not allowed to let someone in without Kalf ’s permission, and this strict rule was supported by Friedrich Plutzar (1893–?), a Viennese art historian. Plutzar was appointed Leiter der Hauptabteilung Wissenschaft, Volksbildung und Kulturpflege (Leader of the Main Department ­Science, Popular Education and Culture Care) of the German civilian administration, and his permit was restrictively required.34

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2  Drawing of the Paaslo Art shelter.

As Baard recalled, just a few visits took place in the remote Paaslo Pantheon, unlike the other shelters; these had drawn a higher military attention because of their strategically more interesting location. In his ‘splendid isolation’, he enjoyed the beauty and unusual combination of paintings from different periods and styles by such great masters as Rem­ brandt, Vermeer, Kruseman and Charley Toorop as a mental escape from the physical hardship of the war, until the military liberation from the Nazi occupation. On the 12th of April, 1945, he could welcome the Canadian forces, who were unaware of the existence of the art shelters. Three days later, the art shelter near the Kröller-Müller museum was directly in danger, when the Veluwe became a battle-field.35 As soon as the liberators were informed about the special shelter, they ordered the tanks to leave the place and stuck the label “Historic Monument” on the safe-door.36 All in all, the specially constructed art shelters had proven their effectiveness, also in the prevention of unwanted export from the public collections. According to Baard, the majority of the Dutch treasures of art had been safely manoeuvered through the tide of war, except for parts of collections that had been transferred to the castles at Nederhemert and Doornenburg; these were lost during the military fights.37 Other castles had also been requisitioned as “safe places” for the evacuation of valuable objects from State or municipal museums in the final stage of the war. However, the safety of the medieval basements became weaker in 1944 when the castles became part of the fire zones, especially in Gelderland when the Allies tried to liberate Arnhem in the operation “Market Garden”. Van der Haagen personally rescued many works of art from the devastated buildings, together with his uncle F. W. van der Haagen, while also appointing others as Art Inspectors in eastern and southern regions.38 To his regret, he had hardly been able to prevent – legal or illegal – export of cultural goods from private collections and particularly those of Jewish families

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and art auctioners, because of the complicated administrative situation during the occupation and his first duty to safeguard the public treasures. Perhaps that was one of the reasons why he wrote an apologetic memorandum on the movable treasures in April 1945. Its aim was to clarify his policy and deeds, particularly to justify his numerous contacts with German authorities, and also to remind the Dutch parliament of the public – and financial – responsibility to take care of the irreplaceable cultural heritage of the Netherlands.39 Apart from paintings, many metal artefacts also needed protection against hostile claims, be it works of art in museum or large private collections, church bells, monumental signs, ‘folkloric costume’ or special coins. In June 1941, Hendrik Enno van Gelder (1876– 1960), then just retired as director of the municipal Department of Arts and Sciences of The Hague and well informed about these matters, received the unpleasant assignment of drafting measures, methods and criteria to make lists of those metal artefacts that had essential values for the Dutch culture and which therefore deserved exemption from the imposed regulation to hand in all available metal objects for the German war industry. Within eight months he had set up an organisation of 121 museum experts and 74 assistants, who had administrated no less than 42,388 forms of objects, for which exemption was required because of their “high scientific, historic or art value”.40 All work was done in a very scrupulous manner, as was noted by the two German museum experts who were sent from Berlin to inspect whether the norms were being correctly applied.41 Finally, a small amount of minor objects were also handed in, just as the Dutch population had only partly obeyed the unpopular demand of metal by the Germans in an attempt to prevent further difficulties. This outcome is illustrative of the many dilemmas with which Dutch professionals and citizens had to cope under German rule, with increasing suppression and scarcity.

Monuments Care in War-time During the occupation period, the Dutch institutions for monuments care remained more or less in function, as did the Department for State Buildings. In retrospect, it is striking how strong the administrative continuity was, including bureaucratic formalities and sensitivities of competences, while the war-time conditions had an increasing impact and caused many difficulties in practice.42 The risks of German interventions in favour of the Nazi ideology made the situation even more complicated. From Autumn 1940 onwards, various attempts were made to impose German models of cultural policy, press and scientific research on Dutch society, but the monuments care could more or less escape from this ideological infiltration, albeit with some individual exceptions. The war damage of the German invasion was serious but, apart from Rotterdam, Rhenen and Middelburg, it was still “surveyable”, as the new director, Eugène van Nispen tot Sevenaer (1895–1957), noted afterwards.43 The ruined monuments were consolidated as

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far as possible, valuable fragments were collected and various plans for restoration were continued or newly made as well as documentary photographs. This was all carried out in consultation with Kalf and other Dutch authorities, for which Winkelman’s Decrees on Reconstruction provided the administrative need. Given the exceptional circumstances, they were relatively effective, particularly for the major monuments which were listed on the VL, though less for the non-listed minor monuments and historic townscapes, where ‘rubble’ cleansing had to pave the way – literally – for post-damage upbuilding. The provincial archipelago of Zeeland was the only area that was initially exempted from the military surrender over the Dutch territories to allow the navy – as well as the queen and her ministers – free access to the North Sea. The war was continued on the island of Walcheren, where French troops fought against the Germans and tried to keep control over the river Schelde and its connections with Flushing and Antwerp. The beautiful capital Middelburg had only an indirect strategic value, but it had unintentionally become a serious target when the French general, Pierre-Servais Durand (1883–1956), occupied the tall church tower “Lange Jan” as a military observation post in spite of the mayor’s strong appeal to withdraw. The culturally minded Germans had, in their strategy, no other choice than to attack. They did, however, try to save as many treasures of history and art as they could, just as they allowed the population the opportunity to seek a safe refuge outside the town, as the mayor stated afterwards in a daily newspaper.44 The dramatic destructions of the inner city on the 17th of May, 1940 did not only force general Winkelman to an additional surrender for the territory of Zeeland, but they also prompted the ambiguous interest of the German authorities for the revival of the historic splendour of Middelburg, which they considered an unparalleled outpost of Great-German culture near the North Sea. Therefore, the reconstruction of the townscape, particularly the two most eye-catching sites, the Gothic town hall and the former abbey (used by the provincial administration), was a very prestigious affair for both Dutch and German authorities. The two monuments were saved as “cascos”, thanks to the good preventive work of Art Protection and the fire-fighting operations by the local firemen. The remaining walls were immediately shored (Ill. 3). Jan Kalf had suggested, according to the general NOB guidelines and following the example of the Leyden town hall after the dramatic fire of 1929, to make a distinction between the restoration work and the architectural design of inevitable new additions as replacements for the parts that were lost. Hence, two pairs of Dutch architects were commissioned for these projects. The highly experienced restoration architect, H.  A. van Heeswijk (1872–1947), member of the State Committee for Monuments Care, was engaged to restore, or rather to reconstruct, the town hall. Meanwhile the Rotterdam-based architect, Ad van der Steur (1893–1953), son of the committee’s chairman, was assigned to draft plans for the new additions, which finally would be carried out after the war was over. Hans de Lussanet de la Sablonière (1909–2002), architect of the State Department for Government buildings, was sent to Middelburg for drafting a restoration plan for the

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3  The ruined and partly shored Town Hall of Middelburg in June 1940.

Abbey, whereas a private architect, Jo Berghoef (1903–1994), had the assignment to design a new provincial administration building that would fit in the historic environment. What made the work extremely complicated were the attempts to intervene in the designs of the reconstruction works for ‘upgrading’ the buildings as highlights of Great-German culture. For this purpose, the pro-German art historian, G.  C. Labouchère (1896–1972), and ­architect, Theunes Haakma Wagenaar (1908–1986), both specialists in Gothic architecture and based at Utrecht, had been invited by the Kultuurraad (Culture council) to do research and provide alternative plans. The Kultuurraad was founded in November 1941 under direct responsibility of Seyss-Inquart as an advisory board on cultural affairs after the German model. As one of its rights, the Kultuurraad was entitled by the occupants (not the Dutch administration) to advise on architectural conservation besides the regular State Committee.45 The politically biassed interventions in the Middelburg restoration plans

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4  Documentation drawing of the Abbey remains at Middelburg based on the research by ­ Th. Haakma Wagenaar and G.C. Labouchère as well as Herman van der Kloot Meijburg, drawn by R.G.M. van der Valk.

were exceptional and, finally, in vain. Labouchère and Wagenaar carefully measured and drew the remaining walls (Ill. 4) and reported their findings, but the main responsibilities for the designs remained with the officially appointed architects by the Rijkscommissie.46 Meanwhile, director Van Nispen of the Rijksbureau at The Hague tried to do as much as he could to prevent similar interventions, and therefore could no longer continue his art historian research. Instead, he had to organise trespass permits and the like from the German authorities. He managed to move the office to the fine historic building on Lange Voorhout 48 and thus prevent unwanted use by German occupants.47 He consulted Kalf, Van der Haagen and the chair of the State Committee, architect J. A. G. van der Steur (1865–1945, then based in the East of the country), frequently about the restoration of monuments and reconstruction works. The scientific work for the GB (Inventory) was continued, which also meant measuring, photography and incidental archaeological excavations. However, after Ozinga’s volume on Oost-Groningen (1940) just one other volume was published, on Leyden by Ter Kuile in 1944, and two volumes of the concise new series of the Kunstreisboek (Art travel book) were meant for further popularisation.48 Simultaneously, a small group of Dutch experts had secretely prepared a draft for a general monuments decree, which was made, very remarkably, upon request by the Ger-

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man authorities with the aim to fill the legal gap for a national monuments protection. The preliminary draft was presented in October 1940 to the three highest civil servants of the ministries of OWK, Finance and Justice, but due to fundamental objections from both Dutch and German side (including pro or contra centralisation and prevention of art export), several revisions were required. Five successive drafts were rejected and finally, despite the aggravating damage and deprivation of materials and movable heritage, no legislation for the protection of monuments was approved during the war.49 In contrast, Vermeulen openly showed his sympathy for the “New Order”, not only in the pro-Nazi monthly De Schouw, but also in his publications on Dutch architecture in the professional weekly Bouwkundig Weekblad.50 He even criticized the State Committee because it preferred the medieval Geertekerk at Utrecht to be demolished rather than to see it sold by the Reformed church wardens to the Dutch National Socialist Movement (NSB).51 His name was circulated for chairing the above-mentioned Kultuurraad. When Geerto Snijder (1896–1992), an extraordinarius professor in classical archaeology at Amsterdam, was elected for this position, Vermeulen decided to quit the Rijksbureau. Instead he opted to become Head of the Department for Cultural Propaganda of the pro-Nazi Ministry of DVK under the leadership of Tobie Goedewaagen (1895–1980), a philosophist.52 Goedewaagen also chaired the so-called Kultuurkamer (Chamber of Culture), which was installed with the aim reforming the Dutch cultural life according to Nazi ideology. Membership of one of the six Guilds was mandatory for all Dutch artists (if not of Jewish origin) from 1942 on; otherwise, they were not allowed to practice. Many architects refused to join. Some were active in documenting historic buildings in an attempt to earn some money and to escape from the risk of forced labour in Germany. Vermeulen’s comrade architect, however, the Post-specialist Blok, was willing to take the position of leader of the Guild for Architecture, Visual Arts and Art Crafts from September 1942 on. Shortly afterwards, Blok was commissioned with the exceptional restoration of one of the finest historic houses in the heart of The Hague. The mansion, located at Korte Vijverberg 3 on the eastern side of the Hofvijver (Court’s Pond) near the Binnen­ hof (Inner Court) and the Mauritshuis, was originally built in 1633–1635 and beautifully refurbished in 1724 (Ill. 5). After the last occupant, the widowed Betsy Groen van Prinsterer-van der Hoop, passed away, during the 19th century the usage of the house changed from a private home to a State office in 1879. The necessary extensions to accommodate archives, toilets and central heating were carried out just as economically as possible. Since 1914, the monumental building has served as the “Queen’s Office”, and recently as the “King’s Office”, albeit forcefully interrupted during the war-time period.53 In response to the German invasion in the Netherlands, the Office had internally been reinforced with steel plates against possible military assaults. This was in July 1940, after Queen Wilhelmina had left the country to establish a “war-government” in London. The first new occupant was a worthy successor, the Council of Dutch Nobility, but in

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5  View on the ‘Groen van Prinsterer house’ at Korte Vijverberg 3, with the Hofvijver pond and at the right Post’s Mauritshuis (museum) at The Hague.

September 1941 the German military officers successfully claimed the property to become their Kasino. They made it a mess in the double sense of the word. This vandalization shocked not only Van Nispen.54 Surprisingly, also the leader of the NSB, civil engineer Anton Mussert, expressed his concern with the maltreatment of the mansion, which was only provisionally listed as a historic monument. Mussert, whose NSB Headquarters were located at Utrecht, and who had finally obtained the Führer’s permission to call himself the “Leader of the Dutch People”, aimed at the formation of a purely Dutch national-socialist popular government – a Secretarie van Staat – under his leadership. He considered the Groen van Prinsterer House the ideal seat for his shadow government of eighteen deputies, not only because of the strategic location but also for its symbolical meaning. Mussert had by then (December 1942) the contacts and the ambiguous power to get the Kasino emptied but he, too, had to obey general Winkelman’s “Decrees on Reconstruction” concerning reconstruction and conservation, as Van Nispen severely reminded him. This implied that the consent of the State Committee for Monuments Care was required before any intervention could be undertaken. Two other restrictions influenced the restoration process. One was the full stop that had been imposed to all building activities on the 1st of July, 1942 to save the ever-scarcer building materials for the creation of a new defence line in the littoral zone along the

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6  The rear side of the Korte Vijverberg 3 at The Hague after G.A.C. Blok’s restoration in 1944.

North Sea, which became famous as the “Atlantic Wall”. Only in exceptional cases would a building permit be issued for civilian construction activities. The politically motivated restoration of the mansion at Korte Vijverberg 3 was qualified for such an exceptional status, but both Dutch and German authorities were reluctant in completing the relevant administration. Nevertheless, Blok proved a very serious – and competent – restoration architect. He conducted detailed Bauforschung (building archaeology) and published extensively about the exemplary restoration in De Schouw.55 He removed the recent additions and refurbished the interior in style (partly with elements that had belonged to the 17th century Boorhuis, or drilling house, which had to make place for the German Atlantic Wall). Modestly, he added a cartouche with the dates of the restoration works and his name at the rear entrance gate. Mussert had but a very short time to enjoy the result (Ill. 6).

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He was arrested in this house as soon as the war was over, leaving his desk behind. Afterwards, the house returned again to its previous use as the Queen’s Office, until the present day, almost as if nothing had happened during the war, and since 2013 it serves as the Office of King Willem Alexander.56

Conclusions and Recommendations Given the exceptional circumstances of the Second World War and the lack of national legislation, art protection as well as monuments care performed relatively well in the occupied Netherlands. Nevertheless, many historical buildings were lost. Kalf and Van der Haagen played key roles in saving as much of the cultural heritage as possible, but they could achieve this only with assistance from others. The biographical and institutional interrelations between art/architectural historians, architects and town planners, as well as politicians in architectural conservation and post-damage upbuilding in the 1940s and 1950s, require further investigation to clarify the position of those others. Additional research is desirable to sketch a broader picture of the very special position that the ‘national treasures’ enjoyed during the war, both for military forces, the civic institutions and the people, and also to trace the foundations of the current legislations and international conventions on art protection and monuments care.

Notes 1 2 3 4 5 6

7 8 9 10 11 12 13

GELDER 1955; HERWAARDEN 1998; KUIPERS 2012. OVERVOORDE 1918. HASLINGHUIS 1919.

It led to the organisation of the 1922 Washington conference on the revision of international war laws; HAAGEN 1961, 300. Cuypers obtained a PhD honoris causa in 1887 at the Faculty of Literature of the University of Utrecht and another one in 1907 at the Faculty of Architecture of the Technical University at Delft. Another acknowledgement of Kalf ’s scientific work was expressed by his election as a member of the Koninklijke Nederlandse Academie van Wetenschappen (Royal Netherlands Academy of Sciences). KALF 1912, I. KALF 1917. For his support of contemporary architecture in conservation, Kalf received an honorary membership of the Dutch Union of Architects in 1938. MARTIN 1945. VERMEULEN 1933. Het Vaderland, 22 October 1938, evening edition. BLOK 1937. HALBERTSMA 1993; DENSLAGEN 1994.

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KALF 1940, cited in BERENDS 1995, 57. KALF 1940, 9. MESSAGE 1930, 34 f.

www.icrc.org/ihl.nsf/FULL/325 (retrieved 24 March 2013). HAAGEN 1961, 100, 300. KALF 1940, Attachment I.

Ibid., 11 f. Ibid., 9 f. BERENDS 1995, 58. BOSMA 2006. BERENDS 1995, 57; KUILE 1944, VIII. RICHTLIJNEN 1939.

This enormous operation had taken two months; before November, 1939 all valuable objects had been deplaced. BAARD 1946, 7–25. KALF 1940, 27–30. BAARD 1946, 23–27. Yet, in 1943, he was run in and finally brought to the hostage’s camp St. Michielsgestel, where he still could be consulted; see SIRAA 1989, 11–14, 24–31. See administrative scheme in POLANO/KUIPERS 1995, 70. KNIPPENBERG/HAM 1994, 199. In the course of 1943, the art shelters in the dunes were transferred again to the Dutch Art Protection; BAARD 1946, 57 f. Ibid., 45–57; MARING 1995, 118. Plutzar, who was familiar with Dutch art and even lectured about it, had also given his support for other forms of Dutch art protection by declaring various temporary repositeries and monuments as non-accessible zones for military forces; BERENDS 1995, 58 f. BAARD 1946, 55. Ibid., 60. Ibid., 46. The southern provinces, which were liberated by fall 1944 and had W. J. A. Visser as Advisor for Dutch monuments and art treasures with the Military Authorities, fell under the Allied Monuments, Fine Arts & Archives Officers; LAANEN 1995, 18–27; RIKHOF 1998, 51. DUPARC 1975, 30; RIKHOF 1998, 53 f.; KUILE 1966, 13 f. GELDER 1942. The German museum experts were Dr. Meyer, director of the Schloßmuseum, and Dr. Ehrich, director of the Volkskundemuseum; ibid., 23. LAANEN 1995. NISPEN TOT SEVENAER 1946/1995, 32 f. Nieuwblad van het Noorden, 25 May 1940, 2. VERSCHOOR/BOSMA 1988, 66 f. After many practical difficulties, the works of the Abbey and provincial administration were completed as late as 1962 and 1971, respectively; VERSCHOOR/BOSMA 1988; VERSCHOOR 1988; PEET 1995; LUSSANET DE LA SABLONIERE 1961 and 1971. Since 2004, the Town Hall has been in use with the international Roosevelt Academy.

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47 48 49 50 51 52 53 54 55 56

NISPEN TOT SEVENAER 1945/1995, 34–36. OZINGA 1940; KUILE 1944; KALF 1941. POLANO/KUIPERS 1995. VERMEULEN 1941 a, c; idem 1942 a, b. VERMEULEN 1941 b. TILLEMA 1975, 453. DUMAS/ROSENBERG 1991. NISPEN TOT SEVENAER 1946/1995, 34. BLOK 1944 a, b; idem 1945. DUMAS/ROSENBERG 1991. The cartouche has been removed later on, but Mussert’s desk is

openly displayed as such on Open Monument Days.

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162 I Marieke Kuipers

Christina Kott

Die Denkmalpflege im belgischen Wiederaufbaukommissariat unter deutscher Besatzung (1940–1944) „Bei Kriegsbeginn existierte kein Plan für den Schutz der Kunstwerke im Kriegsfall. Es wurde improvisiert“, so lautet die nüchterne und selbstkritische Feststellung in einem ­belgischen Bericht von 1943.1 Als deutsche Kampfflugzeuge ab dem 10. Mai 1940 belgische Städte angriffen und deutsche Bodentruppen in Belgien einmarschierten, waren die Denkmalpflege und die Kunstverwaltung im Königreich tatsächlich nur schlecht oder gar nicht auf die Kriegs- und Besatzungssituation vorbereitet. Im Gegensatz zu den Nach­ barländern Frankreich und den Niederlanden waren von staatlicher Seite außer der Evakuierung des Genter Altars und anderer Sammlungen aus Gent nach Südwestfrankreich – allerdings erst am 17. Mai 19402 nach Beginn der Offensive – und der Unterbringung der wertvollsten Museumsbestände in Kellern und Banksafes kaum Schutzmaßnahmen, insbesondere an Bauwerken, durchgeführt worden.3 Dies war neben dem überraschend schnellen Einmarsch der Deutschen vor allem auf das Fehlen einer zentralen Denkmalpflegeeinrichtung und die damit einhergehende unklare Verteilung der Kompetenzen, auf die mangelnden Finanzzuweisungen und eine fehlende Gesetzgebung für den Kriegsfall zurückzuführen.4 Die seit 1835 bestehende Königliche Denkmalpflegekommission, die Commission royale des monuments et des sites (CRMS),5 hatte einen gewissen fachlichen und gesellschaftlichen Einfluss, politisch gesehen kam ihr aber nur eine beratende Funktion zu. Ihre in den Jahren 1938/39 vorgeschlagenen Maßnahmen zum Schutz des nationalen ­Kulturerbes im Kriegsfall waren weder bewilligt noch in die Praxis umgesetzt worden.6 Mit Wirkung vom 1. Juni 1940 wurde in Brüssel General Alexander von Falkenhausen als Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich eingesetzt, er unterstand dem Oberkommando des Heeres. Anders als im Ersten Weltkrieg war die im Wesentlichen zweiteilige, aus Kommandostab und Verwaltungsstab bestehende Besatzungsverwaltung schon von langer Hand durch Experten und Belgienkenner wie Franz Petri vorbereitet worden.7 Aufbauend auf den Erfahrungen des Kunstschutzes und der Kulturpolitik während der Besatzung des Ersten Weltkriegs setzte man diesmal auf eine „ernsthafte Wissenschafts- und Kulturpolitik“, die jedoch nicht auf direkter Propaganda, sondern auf der Wirkung der deutschen kulturellen und wissenschaftlichen Leistungen an sich aufbauen sollte.8 Die Denkmalpflege, an der Schnittstelle von Kunstgeschichte, Archäologie, Archi-

Die Denkmalpflege im belgischen Wiederaufbaukommissariat unter deutscher Besatzung I 163

1  Heinz Rudolf Rosemann (1900–1977) und seine Sekretärin Charlotte Weber auf dem Balkon des Büros des Kunstschutz­ referats in Brüssel, Rue de la Loi 8.

tektur und Städtebau sowie öffentlicher Verwaltung gelegen, ließ sich mühelos in dieses Konzept eingliedern. So war eine der vielen Untergruppen, die innerhalb der Verwaltungsabteilung eingerichtet wurden, die Gruppe „Kunstschutz“, die zunächst vom Landes­ konservator der Rheinprovinz, Franz Graf Wolff Metternich,9 geleitet wurde. Der Landeskonservator war zugleich Kunstschutzbeauftragter des Oberkommandos des Heeres (OKH) in den von Deutschland besetzten Ländern, die unter Kontrolle des Heeres standen. Als Wolff Metternich nach Paris überwechselte, wurde er am 1. August 1940 von Heinz Rudolf Rosemann10, Professor für Baugeschichte an der TH Darmstadt und Denkmalpfleger, abgelöst. Dieser leitete das Referat bis September 1944 (Abb. 1). Sowohl Wolff Metternich als auch Rosemann übten scharfe Kritik an der belgischen Denkmalpflege: Die zentralen und provinziellen Denkmalkommissionen seien „ihrer Zusammensetzung nach an sich schon wenig aktionsfähig, da sie weitgehend nach parteipolitischen Gesichtspunkten aufgebaut waren und nicht aus Fachleuten“11 bestünden; daher sollten sie auch möglichst ausgeschaltet werden. Dazu komme, dass leitende Beamte wie beispielsweise Bürgermeister geflohen seien und daher der belgische Beamtenapparat nicht funktionieren könne. Doch das Referat „Kunstschutz“ konnte in keinem Fall die Organisation der belgischen Denkmalpflege übernehmen, denn wie in Frankreich und anders als im Ersten Welt-

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krieg war die Militärverwaltung als reine Aufsichtsverwaltung konzipiert, der belgische Verwaltungsapparat sollte im Wesentlichen bestehen bleiben.12 An höchster Stelle waren dies vor allem die Secrétaires généraux, die als Stellvertreter der nach London geflüchteten Minister die Regierungsgeschäfte gemäß des am 10. Mai 1940 beschlossenen „Gesetzes zur Übertragung der Machtbefugnisse im Kriegsfall“ (Loi relative aux délégations de pouvoirs en temps de guerre) übernommen hatten und diese unter der Prämisse der „Politik des geringsten Übels“ (la poli­ tique du moindre mal) ausführten.13 Um trotzdem Einfluss auf die belgische Verwaltung nehmen zu können, drängte die Militärverwaltung, insbesondere Militärverwaltungschef Eggert Reeder, das Komitee der Generalsekretäre am 29. Juni 1940 zur Gründung des Generalkommissariats für den Wiederaufbau (Commissariat général à la restauration du pays).14 Es sollte als zentrale Behörde Kompetenzen, die in Friedenszeiten auf verschiedene Ressorts verteilt waren (Arbeit, Soziales, Städtebau, Kultur), bündeln. Seine Aufgaben waren die Wiederherstellung „normaler Zustände“ und die „Befriedigung der Bevölkerung“, besonders was die Arbeits-, Wohn- und Verkehrssituation betraf.15 Als belgische Behörde sollte es sich um innerbelgische Angelegenheiten kümmern, jedoch stets in enger Zusammenarbeit mit der Militärverwaltung. Einerseits war somit eine deutsche Einmischung bei der Besetzung der Posten möglich: Unliebsame Personen wurden abgesetzt und durch deutschfreundliche, deutschsprachige und oftmals flämische Belgier ersetzt. Andererseits hatte aber aufgrund des weiterbestehenden belgischen Verwaltungsapparats und der schwierigen Lage des Landes das Kriterium des Sachverstands gegenüber dem der ideologischen Position Vorrang. In der belgischen Literatur wird das Generalkommissariat in der Regel als Organ der Kollaboration bezeichnet. Seine Mitarbeiter mussten sich nach 1945 vor Untersuchungskommissionen für ihre Entscheidungen rechtfertigen. Einige verloren nach dem Krieg ihre Posten, setzten sich wie der wohl berühmteste ehemalige Mitarbeiter Henry van de Velde16 ins Ausland ab oder gerieten in Vergessenheit. Erst in den 1980er- und 1990er-Jahren kam es zu einer wissenschaftlichen Erforschung des Wiederaufbaukommissariats. Die Arbeiten konzentrierten sich jedoch hauptsächlich auf die Abteilung „Architektur und Städteplanung“, der viele Vertreter der „modernen Bewegung“ aus dem Umfeld Van de Veldes und dessen Institut supérieur des arts décoratifs (ISAD) angehörten, und auf die von der Abteilung ausgeübte sogenannte „ästhetische Kontrolle“.17

Die Denkmalpflege im belgischen Wiederaufbaukommissariat Bemerkenswert ist, dass als vierte Unterabteilung innerhalb der Abteilung „Wiederaufbau“ (Abteilung B) des Kommissariats eine Sektion „Denkmalpflege“ (Service des Monuments historiques; SMH) eingerichtet wurde.18 Der Militärverwaltung schien Constantin (genannt Stan) Leurs19, Architekt, Ingenieur und Professor für Baugeschichte an der Universität Gent, als geeigneter Kandidat für den Leitungsposten, da der Flame Kontakte nach Deutschland pflegte (Abb. 2).

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Zu seinen Mitarbeitern wurden sein Löwener Doktorvater, Professor und Kanonikus Raymond Lemaire,20 sowie die Architekten Max Winders, I. Hintjens, Valentijn Vaerwijck und Joseph Viérin ernannt. Leurs, der den flämischen Nationalisten nahestand, hatte schon Anfang der 1920er-Jahre die deutschen kunsthistorischen Publikationen, die während der Besatzung des Ersten Weltkriegs entstanden waren, durchaus positiv bewertet.21 1928 war er mit einem architektonischen Entwurf an der Ausstellung „Kunst und Technik“ im Folkwangmuseum in Essen22 und 1935 an den deutsch-flämischen Kulturtagen in Köln beteiligt gewesen. Auch auf theoretischer Ebene konnte er einiges vorweisen: Nach einer Ausbildung zum Architekten und Ingenieur hatte er 1922 bei Raymond Lemaire über romanische und gotische Architektur im Brabant23 promoviert, seit 1925 unterrichtete er als Dozent 2  Stan Leurs (1893–1973), Leiter der Denkmalpflegeabteilung innerhalb des für Baukunst an der Universität Gent.24 Unzählige Generalkommissariats für den WiederBücher und Artikel zur Baukunst in Flandern zeuaufbau (CGRP), bei einem Vortrag über die Brüsseler Architektur des Mittel­ gen von seiner äußerst regen Publikationstätigkeit.25 alters, 19.3.1944. Parallel dazu praktizierte er als Architekt, wobei er als Vertreter der modernen belgischen Architektur betrachtet wird, die kubische Formen mit traditionellen Materialien wie Backstein verbindet.26 Umgekehrt verwendete er bei Erweiterungen von historischen Bauten und zahlreichen Restaurierungen moderne Formen und Materialien wie Beton. Als Initiator des 1922 gegründeten flämischen Tourismusbunds und als dessen Vertreter in der Königlichen Denkmalpflegekommission engagierte er sich für einen modernen Tourismus in Flandern, der zum Ziel hatte, das eigene Kulturerbe besser zur Geltung zu bringen.27 Unter der Leitung von Professor Leurs verfügte die neu gegründete DenkmalpflegeEinrichtung über Mitarbeiter, deren Stellen trotz finanzieller Engpässe nicht wie sonst üblich vom Parlament genehmigt werden mussten. Die Sektion arbeitete eng mit den anderen Abteilungen des Wiederaufbaukommissariats zusammen, wenn es um den Einsatz von Arbeitskräften sowie qualifizierten Architekten, Ingenieuren oder Städteplanern ging. Stan Leurs unterhielt zudem gute Beziehungen zum zuständigen Generalsekretär im Unterrichtsministerium, Marcel Nyns, und dem Direktor für die Verwaltung der Schönen Künste, Jozef Muls. An dieser Stelle drängt sich die provokante Frage auf, ob die Abteilung Denkmalpflege nicht möglicherweise effizienter arbeitete als die in der Vorkriegszeit existierenden Institutionen und Strukturen. Denn tatsächlich war die SMH in einen Gesamtplan für den Wiederaufbau eingebunden. Marnix Beyen schreibt zu diesem Punkt:

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„[V]or allem die vielen Architekten, Urbanisten, Kunsthistoriker und Archäologen, die an dem 1940 [...] eingerichteten Generalkommissariat für Wiederaufbau beteiligt waren, sehen in der Besatzungssituation eine Gelegenheit, um die nationalen Traditionen innerhalb eines großangelegten, modernen Wiederaufbauprojektes wieder aufleben zu lassen.“28 Das Bewahren des belgischen Kulturerbes, das in allen seinen Bestandteilen der deutschen Kultursphäre zugerechnet wurde, und damit zusammenhängend die Einführung eines neuen Geschichtsbilds waren aber auch wesentliche Anliegen der Militärverwaltung. So erscheint es nicht zufällig, dass, wie Beyen weiter schreibt, „auf der Ebene des Schutzes von materiellen und immateriellen Kulturgütern die fruchtbarste Zusammenarbeit zwischen der deutschen und der belgischen Kulturelite“29 stattfand. Doch wie gestaltete sich diese? Welche Interaktionen zwischen belgischer und deutscher Verwaltung gab es? Welche Art von Transfer bestand zwischen Besatzern und Besetzten? Welchen Nutzen zogen die einen und welchen die anderen aus der Situation und mit welchen Zielen? Diese Fragen sollen im Folgenden anhand von einigen Beispielen genauer untersucht werden.

Maßnahmen und Richtlinien der Kriegsdenkmalpflege Die Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen Leurs und dem „Kunstschutz“ waren zunächst von den Notwendigkeiten diktiert: Die durch den deutschen Überfall auf Belgien und den Rückzug der belgischen und britischen Truppen entstandenen Schäden an Baudenkmälern mussten rasch identifiziert, begutachtet und entsprechende Notmaßnahmen (Aufräumarbeiten, Freilegungen, Notdächer, Abstützungen etc.) in die Wege geleitet werden. So wurden etwa in Tournai beschädigte Renaissancefassaden mit Holzkonstruktionen abgestützt oder in Ostende die Ruinen des zerstörten Rathauses geräumt (Abb. 3). Stan Leurs, die Mitglieder der Königlichen Denkmalpflegekommission, die Feldkommandanturen sowie die örtlichen belgischen Behörden, sofern sie vorhanden waren, lieferten Listen und Informationen über den Zustand der Baudenkmäler und Sammlungen. Während bis etwa Mitte Juli 1940 vorläufige Schutzmaßnahmen direkt vom „Kunstschutz“-Referat angeordnet und teilweise von belgischen Kriegsgefangenen ausgeführt worden waren, übernahmen in der Folgezeit Stan Leurs und das Wiederaufbaukommissariat die Sicherungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen, z. B. die Abnahme von Kirchenfenstern in Brüssel (Abb. 4), Antwerpen, Gent, Löwen und Tournai. Ende Juli 1940 waren in einer Besprechung zwischen Leurs und Wolff Metternich die Richtlinien für die „weitere Organisation und die Zusammenarbeit mit dem Militärbefehlshaber (MBF) festgelegt worden“.30 Dabei ging es zunächst um die Kriterien, denen zufolge Objekte als schützenswert erachtet wurden. Die zeitliche Grenze für Bauten wurde auf das Jahr 1830 festgelegt, mit

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3  „Aufräumungsarbeiten am zerstörten Rathaus von Ostende“, (Originallegende), ohne Datum (Sommer 1940).

Ausnahme von modernen Gebäuden „von entwicklungsgeschichtlicher Bedeutung“, wozu beispielsweise die Werke Van de Veldes zählten. Architekturhistorisch wichtige Gebäude sollten vom Wiederaufbaukommissariat selbst (Kategorie A) und weniger wichtige von freien Architekten unter Aufsicht des Wiederaufbaukommissariats (Kategorie B) rekonstruiert werden. In den Provinzen sollten Vertreter ernannt werden, während die Königliche Denkmalkommission ausgeschaltet werden sollte.31 Um die zentrale Kontrolle und die Einheitlichkeit der Maßnahmen zu gewähren, sollte durch eine Schutzverordnung eigenmächtiges Vorgehen der Eigentümer verhindert werden. Das „Kunstschutz“-Referat nahm dabei für sich lediglich eine Kontroll-, Beratungs- und Dokumentationsfunktion in Anspruch. Ob diese Richtlinien von Stan Leurs vorgeschlagen wurden oder ob ihm nichts anderes übrig blieb, als die Anordnungen von Rosemann zu billigen, oder ob sie in ge­ genseitigem Einvernehmen entstanden, ist zu überprüfen. Kennt man die Prinzipien des

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4  „Abnahme der alten Kirchenfenster zu Luftschutzzwecken aus dem Hochchor der Sankt-Gudula Kirche in Brüssel. Fenster Philipp der Schöne und Johanna von Kastilien. Zeit um 1545, L.39, 17. Januar 1941“ (Originallegende).

Architekten, erscheint letzteres Vorgehen am plausibelsten, denn Leurs verhehlte nicht, dass er von der Situation profitieren wollte, um den Wiederaufbau der Denkmäler nach neuen Gesichtspunkten zu gestalten. Diese wiederum entsprachen im Wesentlichen den in Deutschland vertretenen denkmalpflegerischen Ansichten und entwickelten Konzepten. Wie Leurs in der Zeitschrift „Reconstruction“, dem Sprachrohr des Wiederaufbaukommissariats,32 schreibt, sollte die Lage genutzt werden, um die zerstörten urbanen Zonen nach den Prinzipien Rationalität, Hygiene und Einheitlichkeit wieder aufzubauen.33 Für die Denkmalpflege hatte das zur Folge, dass unbedeutende Denkmäler, von denen nur wenige Fragmente vorhanden waren, zugunsten von Neubauten abgebrochen, und bedeutende Denkmäler in ihren ursprünglichen Zustand versetzt werden sollten, unter besonderer Beachtung der stilistischen Einheit. Die Gunst der Stunde sollte genutzt werden, um bauliche oder dekorative Veränderungen vergangener Jahrhunderte wie die negativ bewerteten, his-

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toristischen Restaurierungen des 19. Jahrhunderts zu korrigieren und den Bauwerken ihren vermeintlich originalen und zum Teil regional geprägten Charakter wiederzugeben. Dieses Vorgehen wurde in Deutschland als „Entschandelung“ oder „Bereinigung“ bezeichnet.34 Ein Beispiel für ein solches Projekt, das während der Besatzungszeit begonnen und nach dem Krieg fortgesetzt wurde, ist die Umgestaltung des Mittelschiffs der Gertrudenkirche in Nivelles, dessen barockes Gewölbe bei der deutschen Bombardierung im Mai 1940 beschädigt worden war. Mit Hilfe moderner Baumethoden wie Stahlbeton-Dachbindern sollte eine Decke geschaffen werden, die dem ‚ursprünglichen‘ Zustand im romanischen Stil nahe kommen sollte.35 Als Nebeneffekt, so Rosemann, „ergäbe sich dabei die Möglichkeit, einen ganz hervorragenden Kirchenraum des 11. Jahrhunderts wiederzugewinnen, dessen Verwandtschaft mit rheinischen Bauten entsprechenden Alters dann noch eindeutiger ins Auge springen würde“.36 Diese Ansicht wurde auch von Kanonikus Raymond Lemaire, Leurs’ Lehrer und Vorbild in Sachen Denkmalpflege und Restaurierung, geteilt.37 Die Denkmalpflegeabteilung des Wiederaufbaukommissariats war ebenfalls zuständig für die Bodendenkmalpflege, ein bisher in Belgien eher vernachlässigtes Gebiet. Aufgrund der Kriegszerstörungen waren Untergeschosse und Fundamente von historischen Gebäuden freigelegt worden, beispielsweise in Tournai und Nivelles, wodurch archäologische Ausgrabungen möglich wurden. In den wenigsten Fällen waren diese jedoch „nötig“, wie Hubert Fehr schreibt,38 sondern wurden auch von belgischer Seite mit der günstigen Gelegenheit, von der man profitieren sollte, begründet.39 Für diese unter der Oberleitung von Leurs durchgeführten Arbeiten wurden zwei archäologische Sachbearbeiter engagiert, der Leiter der Abteilung „Belgique ancienne “ am Musée du Cinquantenaire (Musées royaux d’art et d’histoire) Jacques Breuer und der Genter Archäologe und Professor Hubert Van de Weerd. Die Militärverwaltung war aber an diesem Unternehmen keineswegs unbeteiligt, wie der belgische Historiker Stéphane Demeter schreibt:40 Nicht Rosemann, sondern sein Kollege Joachim Werner, der 1941 als Referent für Vorgeschichte und Archäologie beim Militärbefehlshaber in Brüssel tätig war,41 hatte sich dafür eingesetzt. Werner war es auch, der in Kooperation mit Breuer wesentlich zur Einrichtung – oder besser Wiederauflebung – der staatlichen belgischen Ausgrabungskommission, dem Service des Fouilles, und eines halb-privaten Institut de Recherches archéologiques beitrug.42 Ein von ihm gefordertes belgisches Ausgrabungsgesetz zum Schutz und zur Pflege von Bodenfunden kam allerdings aus verschiedenen Gründen nicht zustande.43 Nicht nur auf dem Gebiet der Archäologie, sondern auch in der Denkmalpflege wurde ein deutsch-belgischer Wissenstransfer gefördert. Während der sogenannten „Flämischen Woche“ in Darmstadt im Sommer 1941, einer Veranstaltung, die von der Propagandastaffel Belgien in Zusammenarbeit mit dem „Kunstschutz“ organisiert wurde, hatte Stan Leurs laut Rosemann „gründlichen Einblick in die hessische Denkmalpflege [genommen], um Anhaltspunkte für die Einrichtung einer staatlichen belgischen Denkmalpflege zu gewinnen“.44 Auf der einen Seite war Belgien für die deutschen Denkmalpfleger und Bodendenkmalpfleger eine Art Entwicklungsland, in das sie ihre Konzeptionen und Anschauungen importieren konnten und in welchem diese auf fruchtbaren Boden fielen.

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Anschauungsobjekt und Experimentierfeld Neben dem Status eines Entwicklungslandes erfüllte Belgien auf der anderen Seite auch die Funktion eines Anschauungsobjektes und diente als eine Art Experimentierfeld. Bereits im Oktober 1940 fand eine zehntägige Studienfahrt namhafter deutscher Denkmalpfleger, darunter der preußische Generalkonservator Robert Hiecke, in ausgewählte Orte in Belgien und Frankreich statt. Vornehmliches Ziel der Exkursion war die Begutachtung der – hauptsächlich durch den deutschen Angriff verursachten – Kriegsschäden an historischen Bauten und Kunstwerken sowie zerstörten Stadtzentren und der ersten Wiederherstellungsmaßnahmen. In Tournai konnten sich die deutschen Fachleute „von der Exaktheit der deutschen Angriffswaffen, die, ohne die Kathedrale zu beschädigen, die umliegenden Häuser in Trümmer legten“45, überzeugen. Die „verheerende Wirkung deutscher Brandbomben“ nahmen die Teilnehmer der Studienfahrt in Mons bei ihrem Gang durch das ausgebrannte Stadtarchiv in Augenschein. Über die Reaktionen der Denkmalpfleger, die vermutlich erstmals derartige Zerstörungen sahen, kann hier nur spekuliert werden, auch, ob sie aus diesen Erfahrungen lernten. Während in Deutschland vielerorts systematisch die Auslagerung von Archiven betrieben wurde, beugte man den Folgen von Brandbomben, obwohl deren Wirkung bekannt war, nicht im geforderten Maße vor.46 Die Erfahrungen mit Schutzmaßnahmen an Gebäuden im besetzten Belgien und Frankreich scheinen einen negativen Lerneffekt bewirkt zu haben: Die im Ersten Weltkrieg und noch 1939/40 üblichen Sandsackkonstruktionen auf der Basis von Holzgerüsten hatten eine geringe Schutzwirkung gezeigt und wurden als nicht nachahmenswert eingestuft.47 Die Experimente mit splittersicheren Verschalungen aus feuerfesten Eternitplatten nach den Plänen des Architekten, Mitglieds der Königlichen Denkmälerkommission und Provinzialkommissars des Wiederaufbaukommissariats Max Winders interessierten daher Rosemann besonders: Seinem an Wolff Metternich adressierten Bericht vom November 1941 (Abb. 5) fügte er eine Konstruktionszeichnung sowie Fotos von Schutzvorrichtungen in Antwerpen und Brügge bei und ließ den Bericht von Max Winders ins Deutsche übersetzen.48 Inwieweit diese Methode in Deutschland Nachahmer fand, kann hier nicht ausführlicher diskutiert werden, sondern muss einer späteren Recherche vorbehalten bleiben.49

Denkmalpflege und Altstadtbebauung In Nivelles ergab die Besichtigung der deutschen Denkmalpfleger „eine Fülle von denkmalpflegerischen Fragen, weil mit der Wiederherstellung des Kirchengebäudes auch der Wiederaufbau des umliegenden Stadtkerns auf Engste verknüpft ist“.50 Da das Viertel um die Stiftskirche von Nivelles herum komplett zerstört war, hatte das Wiederaufbaukommissariat einen städtebaulichen Architekturwettbewerb unter vier Büros ausgeschrieben, bei dem die neuen Prinzipien zur Anwendung kommen sollten. Diese Aufgabe dürfte bei

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5  „Liebfrauenkirche in Antwerpen. Bergungskammer im nördl. Querschiff“. Konstruktionszeichnung, vermutlich nach Plänen von Max Winders, November 1941.

den Besuchern aus dem Reich Neid hervorgerufen haben. „Die zu lösenden Probleme sind für jeden Sachverständigen und Städtebauer ungemein interessant“, schreibt Wolff Metternich 1941, „wohl selten werden lehrreiche Aufgaben in der normalen Praxis gestellt werden.“51 Im nationalsozialistischen Deutschland hatte zwar die Denkmalpflege bei der Sanierung von Altstädten vor dem Hintergrund der Heimatschutzbewegung, des völkischen Gedankenguts und dem gesteigerten Interesse an nationaler Geschichtsschreibung eine Aufwertung erfahren,52 faktisch blieb ihr Einfluss jedoch relativ gering, denn durch die im Zuge der Kriegsvorbereitungen angeordneten Baustopp-Erlässe 1939 und 1942 wurden die meisten denkmalpflegerischen Projekte auf Eis gelegt.53 Die Zerstörung historischer Stadtzentren 1940 in Belgien und die sich daran anschließenden Neubebauungspläne nahmen in gewisser Weise die Situation der deutschen Städte im Jahr 1945 vorweg, als „die stadt-utopischen Neuordnungsgedanken der Charta von Athen [...] vor einer (makaberen) Realisierungschance zu stehen [schienen]“,54 insbesondere was die Altstadtkerne betraf.

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6  La Grand-Place de Nivelles, Wettbewerb für den Wiederaufbau von Nivelles, Entwurf der Architekten Goffay-Heymans-Purnelle-Jasinski-Callié, S/W-Abzug, September 1940.

Die Mitwirkung des deutschen „Kunstschutzes“ bei der Entwicklung denkmalpflegerischer Konzepte zur Erhaltung und Wiederherstellung von historischen Stadtkernen im besetzten Belgien stellte also eine Herausforderung dar, war ein Experimentierfeld für neue städtebauliche Lösungen und bot den Denkmalpflegern die Möglichkeit, in einem höheren Maß auf die Planungen Einfluss zu nehmen. Allerdings sollte die „Beeinflussung der belgischen Baukultur in deutschem Sinne“55 bei den Auswahlverfahren aus politischen Gründen nur indirekt erfolgen: Laut Aussage Henry van de Veldes war Rosemann bei den Sitzungen der Jury zwar anwesend, verhielt sich aber sehr diskret.56 Entwürfe, die die städtebaulichen Probleme mittels „historisierender Romantik“ unter Verwendung bestehender historischer Gebäude lösten, wurden von Rosemann jedoch ebenso abgelehnt wie die sogenannte „Internationale Betonarchitektur“ und die „Ausstellungsarchitektur“.57 Vorschläge, die die Unterordnung des Baudenkmals in das Stadtbild vorsahen, wie der des Architekten Emile Goffay für Nivelles, stellten dagegen für Rosemann eine „gesunde Architekturauffassung“ dar (Abb. 6).58 Die sowohl von Rosemann als auch von den belgischen Architekten, Städteplanern und Denkmalpflegern des Wiederaufbaukommissariats privilegierten Planungsansätze ähneln dem Konzept der konservativen Fraktion im Nachkriegsdeutschland, die der „Reißschienenästhetik“ und dem plan voisin eines Le Corbusier die Verwendung von bestehenden Architekturfragmenten als Richtlinien „für die Neubebauung auf kaum modifiziertem Grundriss und als Objekt der Verklärung“ vorzogen.59 In wesentlichen Punkten der modernen Denkmalpflege und ihrer Rolle bei der Neubebauung von Altstädten ist eine

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deutsch-belgische Konvergenz festzustellen, die zwar auf der Herausbildung europaweiter Strömungen in der Denkmalpflege in den 1920er- und 1930er-Jahren beruhte, aber erst während oder durch die Okkupation deutlich zum Ausdruck kam. Selbst die Zusammenarbeit von Denkmalpflegern und Architekten bzw. Städteplanern auf institutioneller Ebene war eine Entwicklung, die zeitgleich in anderen westeuropäischen Ländern stattfand, wie u. a. das Beispiel Frankreich zeigt.60

Deutsche Eingriffe in das belgische Kulturerbe Während es auf den Gebieten der Denkmalpflege, ihrer Einbindung in städtebauliche ­Planungen sowie der Bodendenkmalpflege zu einer gewissen Konvergenz zwischen dem Wiederaufbaukommissariat und dem „Kunstschutz“ kam, gestalteten sich die Beziehungen anders, wenn es von deutscher Seite um konkrete Eingriffe in das belgische Kunst- und Kulturerbe ging. So stießen die deutschen Fotokampagnen und die sogenannte „Glockenaktion“ bei den belgischen Denkmalpflegern auf Ablehnung, wobei auch hier Formen ­eines Arrangements erkennbar sind. Im Juli 1940 bekundete der „Kunstschutz“ seine ­Absicht, die im Ersten Weltkrieg begonnene fotografische Inventarisierung belgischer Kunstdenkmäler61 wiederaufzunehmen. Ziel sei einerseits die bildliche Erfassung des ­Zustandes der Bau- und Kunstdenkmale als Voraussetzung für spätere Schutz- und ­Wiederaufbaumaßnahmen, andererseits als Ergänzung zu der im Ersten Weltkrieg angelegten Sammlung die Herstellung „unschätzbar[en] wissenschaftliche[n] Materials für die Erforschung der belgischen Kunst, besonders in Beziehung auf die deutsche Kultur“.62 Doch die Belgier hatten aus der Geschichte gelernt: Um diese als erneute Aneignungs­ aktion empfundene Absicht der Besatzungsmacht zu verhindern, bestanden sie darauf, die Inventarisierung selbst und aus eigenen Mitteln durchzuführen. Nachdem die Finanzierung geklärt war,63 konnten ab Frühjahr 1941 bis 1945 etwa 30 bis 40 Kunsthistoriker und Fotografen unter der wissenschaftlichen Leitung von Stan Leurs und Paul Coremans, dem Leiter des Service de la documentation belge, systematisch die wichtigsten Bau- und Kunstdenkmäler inventarisiert und fotografisch erfasst werden. Es entstanden ungefähr 160.000 Aufnahmen.64 Als Anfang 1941 die französische Fotokampagne unter Richard Hamann65 auf Belgien ausgedehnt werden sollte, handelte Stan Leurs einen Deal mit Rosemann aus, der als Kompensation für den Verzicht die Herstellung von Duplikaten von einer Auswahl der deutschen Aufnahmen aus dem Ersten Weltkrieg vorsah.66 Zwischen 2.000 und 4.000 Neuaufnahmen wurden trotzdem von dem Marburger Fotografen Carl Ludwig angefertigt, der nach dem Krieg  – wie seine belgischen Kollegen im Krieg  – in Marburg für das belgische Denkmälerarchiv Duplikate von interessanten Aufnahmen herstellte.67 Noch heute befinden sich bei Foto Marburg und im Fotoarchiv des Institut royal du patrimoine artistique (KIK - IRPA) Negative und Abzüge beider deutscher Fotokampagnen.

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Die „Glockenaktion“, also die Erfassung, Auswahl, Abnahme und Einschmelzung der belgischen Glocken zwischen 1943 und 1945, stellte sicherlich den größten Eingriff des „Kunstschutz“-Referats der Militärverwaltung in das Kulturerbe des besetzten Landes dar. Die Denkmalpflege-Abteilung des Wiederaufbaukommissariats unter Stan Leurs sowie alle anderen zuständigen staatlichen und kirchlichen Institutionen verweigerten zunächst jegliche Mithilfe bei der Beschaffung von Listen oder versuchten, diese zu verzögern. „Auch der Vermittlungsvorschlag, nur die künstlerisch und historisch wertvollen Glocken anzugeben, damit diese geschont werden könnten, wurde abgelehnt“, berichtet Rosemann im Frühjahr 1943.68 Angesichts des Beginns der Requisitionen im Mai 1943 wandten sich belgische Stellen an Rosemann mit der Bitte, künstlerisch und historisch wertvolle Glocken von der Beschlagnahme auszunehmen, was dieser wiederum an die Übergabe genauer und vollständiger Listen knüpfte. Nachdem die belgischen Institutionen begriffen hatten, dass jeder offene Widerstand zwecklos war, beschlossen sie noch im selben Monat, eine Kommission für die Bewahrung der Glocken (Commission pour la sauvegarde des cloches) zu gründen, die aus Vertretern aller relevanten Organisationen, Behörden und Ministerien, darunter auch die DenkmalpflegeAbteilung des Wiederaufbaukommissariats, bestand.69 Ihr Aufgabenspektrum umfasste die Vermittlung zwischen den passiven Widerstand leistenden kirchlichen Behörden und dem deutschen „Kunstschutz“, das Erstellen von Listen sowie die trickreiche Verhinderung des Abtransports möglichst vieler Glocken, beispielsweise durch die Angabe falscher Jahreszahlen. In Zusammenarbeit mit dem Service de la documentation belge unter der Leitung von Paul Coremans wurden die Glocken fotografisch inventarisiert, wodurch eine gewisse Kontrolle ausgeübt werden konnte, und unter dem Deckmantel des Schutzes der Glocken operierte eine Widerstandsgruppe, deren Mitglieder sich clochards nannten.70 Mit Hilfe der belgischen Dokumentation und der deutschen Listen, die die Vertreter der Glocken­ kommission71 im September 1945 in Göttingen von Rosemann erhielten, konnten immerhin 730 von 4.000 nach Deutschland transportierten Glocken identifiziert und restituiert werden.72

Die belgische Kunstschutz-Kommission von 1944 Nachdem per Verfügung vom 5. August 1942 die Wiederaufbauaktionen weitgehend eingestellt wurden und nur noch dringende Arbeiten wie der Schutz von Mauerkronen gegen Regen sowie der Weiterbau einiger Kirchtürme genehmigt wurden, verlagerte sich vor allem in der Küstenregion der Schwerpunkt der Maßnahmen auf die Sicherung von beweglichen Kunstwerken. Die Militärverwaltung gab nun die Methode der indirekten Beeinflussung auf und übte massiv Druck auf die belgische Verwaltung aus. Da das Wiederaufbaukommissariat für solche Fragen nicht allein zuständig war und die Kunstschätze der Kirchengemeinden nicht unter seine Verantwortung fielen, drängte die Mili-

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tärverwaltung auf die Ernennung eines belgischen Kommissars, der von zentraler Stelle die Maßnahmen koordinieren sollte.73 Doch wie bei der „Glockenaktion“ reagierten die Belgier im Februar 1944 wiederum mit der Gründung einer Kommission, der Commission consultative pour la protection des monuments et des oeuvres d’art (Beratende Kommission für den Schutz der Denkmäler und Kunstwerke, kurz: Kunstschutz-Kommission), die die Vertreter aller relevanten Institutionen vereinte.74 Mit der Landung der Alliierten im Juni 1944 wuchs der Druck der Militärverwaltung auf die Kommission. Da die Belgier die Übernahme des Kunstschutzes durch die Militärverwaltung und den Abtransport der beweglichen Kunstwerke nach Deutschland befürchteten, beschlossen sie, „zumindest in gewissem Maße, den Wünschen der Militärverwaltung zu entsprechen“.75 Um den Anschein zu wahren, man reagiere mit Tatsachen, wurde beispielsweise der Baubeginn von zusätzlichen Schutzvorrichtungen vorgetäuscht. In der Gesamtschau waren die Schutzmaßnahmen erfolgreich, denn ein Großteil des beweglichen belgischen Kulturerbes überdauerte den Konflikt unbeschadet, während beim Vormarsch der alliierten Truppen sowie beim Rückzug der Deutschen noch zahlreiche Baudenkmäler zerstört oder beschädigt wurden.76 Noch kurz vor der Befreiung Belgiens arbeitete die nationale Luftschutzbehörde (Commissariat général à la protection aérienne passive) einen Maßnahmenkatalog zum Kulturgüterschutz aus, der zwar Anfang 1945 an die einschlägigen Institutionen verteilt wurde, jedoch vermutlich nicht mehr zur Anwendung kam.77 Das Wiederaufbaukommissariat, und damit auch die Abteilung Denkmalpflege, wurden im November 1944 aufgelöst und die Verantwortlichen der Kollaboration beschuldigt, im Gegensatz zu ihren französischen und niederländischen Kollegen. Diese hatten ebenso wie sie während der deutschen Besatzung wichtige kriegsdenkmalpflegerische Aufgaben übernommen, durften aber nach Kriegsende im Amt bleiben.78 Doch wie der belgische Historiker Stéphane Demeter in seiner Schlussfolgerung schreibt, waren damit keineswegs alle Entscheidungen des Wiederaufbaukommissariats rückgängig gemacht worden. Unter seiner Federführung gegründete Institutionen blieben bestehen, z. B. der nationale Ausgrabungsdienst, der nach dem Krieg unter dem Namen Service national des Fouilles von Jacques Breuer weitergeführt wurde und dessen Ausgrabungsprojekte den Grundstein zur modernen Stadtarchäologie in Belgien legten.79 Denkmalpflegerische Projekte wie etwa die Restaurierung der Gertrudenkirche in Nivelles wurden nach bestehenden Plänen fortgesetzt; auch die hier nicht behandelten wenigen classements, also Eintragungen in die Liste der schützenswerten Baudenkmäler nach dem Gesetz vom 7. August 1931, wurden nach dem Krieg bestätigt.80 Die Integration von Denkmalpflege und Stadtplanung in einer Verwaltungseinheit, wie sie im Wiederaufbaukommissariat praktiziert worden war, wurde Jahrzehnte später zum internationalen Standard, wobei laut Demeter eine direkte Verbindungslinie von Raymond A. G. Lemaire und Stan Leurs zu Raymond M. Lemaire81, dem Neffen des Kanonikus und Mitbegründers von ICOMOS, zu ziehen ist.82 In der Nachkriegszeit entstanden vor dem konkreten Hintergrund der Kriegs- und Besatzungserfahrungen noch heute existierende nationale Denk-

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malpflegeeinrichtungen wie das Institut royal du patrimoine artistique. Keineswegs darf ­jedoch die Rolle des deutschen „Kunstschutzes“ ausgeblendet und seine Haltung als in­ different gegenüber den Aktivitäten der Denkmalpflegeabteilung des Wiederaufbaukommissariats bezeichnet werden wie bei Demeter.83 Die im vorliegenden Aufsatz behandelten Beispiele haben im Gegenteil gezeigt, dass auf dem zwar besatzungspolitisch eher margi­ nalen, aber kulturhistorisch weitreichenden und nachhaltigen Gebiet der Denk­malpflege nicht nur eindeutige Konvergenzen, sondern auch gegenseitige Lern- sowie ­Abgrenzungsund Emanzipationsprozesse stattfanden. Eine Art „wissenschaftlicher Objektivismus“84 machte es möglich, dass die Akteure ungeachtet ihrer Zugehörigkeit zu u ­ nterschiedlichen politischen Systemen und ihrer jeweiligen Positionen innerhalb der machtpolitischen Konstellation der militärischen Besatzung miteinander kooperierten. Diese Positionen spielten andererseits eine Rolle bei direkten deutschen Eingriffen in das belgische Kulturerbe und dessen Verwaltung, auf die man von belgischer Seite mit passivem als auch aktivem Widerstand reagierte. Die vier Besatzungsjahre schlugen sich zwar nicht in den auch von deutscher Seite ­gewünschten gesetzlichen Neuordnungen nieder, aber dennoch flossen zahlreiche, auf den hier beschriebenen interaktiven Prozessen beruhende Errungenschaften in die weitere Entwicklung der belgischen Denkmalpflege ein. Eine Untersuchung der deutsch-belgischen Beziehungen auf dem Gebiet der Denkmalpflege in der Nachkriegszeit, sowohl vor dem Hintergrund der Interaktionen zwischen belgischem Wiederaufbaukommissariat und deutschem „Kunstschutz“ während der Besatzung wie auch vor dem internationaler Entwicklungen, muss weiteren Forschungen vorbehalten bleiben.

Anmerkungen 1

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„Au moment de la guerre il n’existait aucun plan de protection des oeuvres et trésors d’art en temps de guerre. On improvisa.“ Archiv des Koninklijk Instituut voor het Kunstpatrimonium/Institut royal du patrimoine artistique (KIK-IRPA), Brüssel, Pièces concernant la protection, la mise à l’abri et le retour d’oeuvres d’art et de bâtiments, Nr. 1182, 30. November 1943. AUSST.-KAT. GENT 1995, 67 f. (Jacques Lust). Zu den Maßnahmen in Frankreich: SCHLICHT 2007, 57–96; TANCHOUX 2013. – Zu den Maßnahmen in den Niederlanden: siehe den Aufsatz von Marieke C. Kuipers in diesem Band; COREMANS 1946, 10–12. COREMANS 1946, 14. Zur Geschichte der Denkmalpflege in Belgien: STYNEN 1998. COREMANS 1946, 14. MAJERUS 2006, 131–146. BEYEN 2013, 158. Franziskus Graf Wolff Metternich (1893–1978): 1914–1919 Kriegsdienst, 1923 Dr. phil. Bonn (Kunstgeschichte), 1924/25 Mitarbeiter der Jahrtausendausstellung des Rheinlandes, 1926–1928 Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Landeskonservator Bonn, 1928–1950 Landeskonservator der

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Rheinprovinz, 1933 Lehrauftrag, Beitritt zur NSDAP, 1940 Honorarprofessur Universität Bonn, 1940–1943 Kunstschutzbeauftragter des OKH, 1950–1953 Tätigkeit im Auswärtigen Amt, 1953–1964 Leiter der Bibliotheca Hertziana Rom. Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland, Pulheim, Prof. Dr. Graf Wolff Metternich, Übersicht über Lebenslauf, Personalia Metternich, Nr. 35142. Heinz Rudolf Rosemann (1900–1977): 1920 Diplom TU Dresden (Architektur), 1924 Dr. phil. TU München (Kunstgeschichte), 1930 Habilitation bei Wilhelm Pinder, 1934 außerordentlicher etatsmäßiger Professor TH Darmstadt, 1935 Mitglied des Hessischen Denkmalrats, 1936 Er­ nennung zum ordentlichen Professor, 1937 Beitritt zur NSDAP, 1938 Denkmalpfleger in Rheinhessen, Sept. 1939 Einberufung zur Marine, August 1940 Übernahme Referat „Kunstschutz“ Brüssel, Dez. 1941 Ernennung zum Professor für Kunstgeschichte Universität Göttingen. Lebenslauf H. R. Rosemann, 1941; Entnazifizierungsbogen, 1947. Deutsches Kunstarchiv im Germanischen Nationalmuseum, Nachlass Heinz Rudolf Rosemann (1147). Tätigkeitsbericht der Militärverwaltung an den Herrn Oberbefehlshaber des Heeres, Nr. 6, Generalquartiermeister, Archiv Ceges-Soma Brüssel, BA L13.1/11, Bl. 13 (18.7.1940). Die Tätigkeitsberichte sind digital zugänglich, http://www.cegesoma.be/docs/Invent/digarclist_fr.htm (26.11.2012). Es kann davon ausgegangen werden, dass der Bericht aus der Feder Wolff Metternichs stammt. Zur dt. Besatzungspolitik in Frankreich und Belgien: UMBREIT 1968; NIELEN o. J.; MAJERUS 2006. VAN DEN WIJNGAERT 1991, 69–79. Im Folgenden: Wiederaufbaukommissariat. DE JONGHE 1972, 11. Henry van de Velde (1863–1957) war von Juli 1940 bis zum 14. Oktober 1944 als Conseiller est­ hétique de la reconstruction beim Wiederaufbaukommissariat tätig: CURJEL 1962, 511; VAN LOO 1992, 15. Nach mehreren Prozessen aufgrund seiner Tätigkeit während der Besatzungszeit ließ er sich 1947 in der Schweiz nieder. UYTTENHOVE 1983; UYTTENHOVE 1989; MARTIN/POULAIN 1997; INSTITUT SUPERIEUR D’ARCHITECTURE DE L’ETAT 1986. Das Wiederaufbaukommissariat unter der Leitung von Charles Verwilghen bestand zunächst aus drei Hauptabteilungen (A: Beschäftigung, B: Wiederaufbau, C: Kriegsschäden); Ende 1941 erfolgte eine Umstrukturierung bei gleichzeitiger personeller Kontinuität. Neben der Denkmalpflege gehörten der Abteilung B (ab Ende 1941: Zweite Generaldirektion) die Unterabteilungen Raumordnung, Stadtentwicklung/Städtebau und Architektur an. Die 825 Ordner umfassenden Akten des Wiederaufbaukommissariats befinden sich im belgischen Staatsarchiv, sind aber bisher kaum erschlossen. Das Findbuch ist nur in diesem Archiv einsehbar: Inventaris bestand Archieven Commissariaat Generaal voor ’s Lands Wederopbouw/Inventaire Archives Commissariat Général pour la Restauration du Pays. Brussel: Algemeen Rijksarchief/Archives Générales du Royaume, o. J. Stan Leurs (1893–1973): Zu Biographie und Wirken von Leurs liegt außer biographischen Notizen bisher lediglich die Masterarbeit von An Luyten in niederländischer Sprache vor, LUYTEN 2003. Aufgrund des Vorwurfs der Kollaboration verlor Leurs 1945 seine Stellung an der Genter Universität, musste in eine kleinere Wohnung umziehen und einen Großteil seines Archivs und seiner Bibliothek aufgeben. Raymond Albert Ghislain Lemaire (1878–1954).

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BEYEN 2011, 40. LUYTEN 2003, 48 f. LEURS 1922.

Er übernahm die Vorlesung über allgemeine Baukunst von Henry van de Velde, der wegen seiner Projekte zu beschäftigt war. LUYTEN 2003, 9. 25 Bibliografie in: LUYTEN 2003, 107–121. 26 LUYTEN 2003, 129–192. Eine Auswahl seiner ausgeführten Projekte ist unter https://inventaris. onroerenderfgoed.be/dibe/persoon/7426 (18.11.2014) zu finden. 27 Leurs war auch Organisator und Autor der populären Reihe „Steden en Landschappen“ (Städte und Landschaften), die vom flämischen Tourismusbund herausgegeben wurde (LEURS 1923; LEURS 1931). 28 BEYEN 2004, 139 f. 29 Ebd. 30 Tätigkeitsbericht der Militärverwaltung an den Herrn Oberbefehlshaber des Heeres, Generalquartiermeister, Archiv Ceges-Soma Brüssel, L13.1/11 (10-Tage-Bericht Nr. 1), 2.8.1940, 13 f. 31 Die Vertreter des Wiederaufbaukommissariats in den Provinzen waren aber Korrespondenten der Königlichen Denkmalpflegekommission, wodurch ihr ein gewisser Einfluss sicher war. Zu einer Auflösung der Kommission kam es nicht. Eine Aufarbeitung der Rolle dieser Kommission während der Besatzung steht noch aus, wird aber durch die Zweiteilung im Jahre 1968 in eine flämische und eine wallonische Sektion sowie die Regionalisierung im Jahre 1989 und die Schaffung einer dritten Sektion Brüssel-Hauptstadt erschwert. 32 Die Abteilung „Wiederaufbau“ gab unter der Leitung des Chefredakteurs Pierre-Louis Flouquet bis Mitte 1944 die Zeitschrift „Reconstruction“ (und ihre niederländische Ausgabe „Wederopbouw“) heraus, in der sich die wesentlichen Themen, Theorien, Ideologien und Problematiken widerspiegeln. 33 LEURS 1941, 27–30. 34 Ebd., 28; PUSBACK 2006, 79–82. 35 Akte Collégiale Ste Gertrude – construction des charpentes des toitures, Archives Générales du Royaume, Brüssel, Commissariat à la Restauration du Pays, Nr. 221. 36 Tätigkeitsbericht der Militärverwaltung an den Herrn Oberbefehlshaber des Heeres, Generalquartiermeister, Archiv Ceges-Soma Brüssel, L13.1/11 (10-Tage-Bericht Nr. 1), 2.8.1940, 17. 37 LEMAIRE 1941, 20–27. Zu seiner Konzeption der praktischen Denkmalpflege siehe LEMAIRE 1938. 38 FEHR 2001, 342. 39 „Le passé de Tournai est en effet si passionnant que l’occasion se présentant, comme jamais il n’y eut, de le poursuivre quasi partout dans ses retranchements les plus profonds, il eût été absurde de n’en point profiter.“ ROLLAND 1942, 5. 40 DEMETER 2004/2011, Abs. 24. 41 Werner war vom 15.4.1941 bis zum 31.12.1941 in Belgien. 42 DEMETER 2004/2011, Abs. 21 f.; FEHR 2001, 342–344. Laut Beyen habe Werner angesichts der wegen der Besatzungssituation unrealistischen Einrichtung eines Landesamtes für Bodendenkmalpflege lediglich vorgeschlagen, die Abteilung für heimische Archäologie („Ancienne Belgique“) am Musée du Cinquantenaire auszubauen. BEYEN 2013, 160. 43 BEYEN 2013, 159–163.

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44 Rosemann, Bericht über die in der Zeit vom 21.5. bis 15.8.1941 erfolgten Bereisungen und Maßnahmen des Kunstschutzes. Archives Nationales, Paris, AJ/40/573, 9 (Luftschutzberichte), 22. August 1941, Bl. 8. 45 Tätigkeitsbericht der Militärverwaltung an den Herrn Oberbefehlshaber des Heeres, Generalquartiermeister, Archiv Ceges-Soma, Brüssel, L13.1/11, Nr. 11 (1.12.1940). 46 SCHLICHT 2007, 155–157. 47 HÖRMANN 1942/43. 48 Rosemann, „Luftschutzmassnahmen in Belgien nach der Kapitulation“, 17.11.1941; Max Winders, „Notiz betreffend Schutz von Kunstwerken gegen Kriegsgefahr in Belgien“, Archives Nationales, Paris, AJ 40/573/9 (17.–19.11.1941). 49 Vermutlich wurde sie aber nicht angewendet, denn in den meisten Fällen optierte man für reine Backstein- oder Betonschutzbauten. SCHLICHT 2007, 159–195. Lediglich in Trier soll es solche Bauten gegeben haben. 50 Ebd. 51 Bericht des Beauftragten für Kunstschutz beim OKH Graf Wolff Metternich über den Stand der Wiederaufbauarbeiten an zerstörten und beschädigten Baudenkmalen in den westlichen besetzten Gebieten. Archives Nationales, Paris, AJ 40/573/12 (10.2.1941); Bundesarchiv Berlin, R55/1475, Bl. 79 (10.2.1941). 52 PUSBACK 2006, 13–15. 53 Ebd. 54 FALSER 2008, 91. 55 Die Baukultur in Belgien und Maßnahmen zu ihrer Gesundung. Archiv Ceges-Soma Brüssel, L13.1/11 (Anhang zum Tätigkeitsbericht Nr. 9), 1.10.1940, Bl. 11–20. Der Bericht wurde mit großer Wahrscheinlichkeit von H. R. Rosemann verfasst. 56 CURJEL 1962, 445 f. 57 Fotos von den Entwürfen aus dem Wettbewerb für den Wiederaufbau von Wavre und Nivelles, Anhang zum Tätigkeitsbericht Nr. 9, op. cit., Fußnote 55. 58 Ebd. 59 FALSER 2008, 92. 60 GOURBIN 2011, 92 f. 61 KOTT 2006, 174–195; KOTT 2007. 62 Tätigkeitsbericht der Militärverwaltung an den Herrn Oberbefehlshaber des Heeres, Nr. 6, Generalquartiermeister, Archiv Ceges-Soma Brüssel, BA L13.1/11, Bl. 14 (18.7.1940). 63 Die Finanzierung übernahm die nationale Luftschutzbehörde (Protection aérienne passive, PAP, später: Commissariat Général à la Protection aérienne passive, CGPAP). Musées Royaux d’art et d’histoire: Service de la documentation belge et laboratoire de recherches physico-chimiques, ­Activité de ces services au sein du Commissariat Général à la Protection aérienne Passive, pendant la période 1940–1944, au profit des oeuvres d’art belges. Brüssel, 15.1.1945 (masch. geschriebener und fotokopierter Bericht von Paul Coremans, Archiv KIK-IRPA, Brüssel), 2. 64 Ebd., 3. 65 SPRENGER 2003; TRALLES 2005. 66 DÖRLER [6.2.2013]. 67 Briefverkehr zwischen Carl Ludwig und Paul Coremans u. a. Archiv KIK-IRPA, Marburg, Foto Marburg et Office de Récupération Economique, 1943–1955, Nr. 57.

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68 Tätigkeitsbericht der Militärverwaltung für die Monate April–Juni 1943, Nr. 24, Archiv CegesSoma Brüssel, BA L13.1/11, Bl. 39 (1.8.1943). 69 Commission pour la sauvegarde, la récupération et le replacement des cloches de Belgique. Rapport général sur les origines et les activités de la commission. Archiv KIK-IRPA, Brüssel, Pièces concernant la protection, la mise à l’abri et le retour d’oeuvres d’art et de bâtiments, Nr. 1182, 27. August 1948. Siehe auch Archiv Ceges-Soma Brüssel, Fonds de Beer, AA 1330. Joseph de Beer war der Leiter der Glockenkommission. 70 BOUDART 1999/2000, 131. 71 Ab September 1944 nannte sich diese Commission pour la sauvegarde, la récupération et le replacement des cloches de Belgique. 72 BOUDART 1999/2000, 128 f., 141–171. 73 Le commandant militaire pour la Belgique et le Nord de la France, au président du Collège des Secrétaires généraux (franz. Übersetzung). Archiv des KIK-IRPA, Brüssel, Pièces concernant la protection, la mise à l’abri et le retour d’oeuvres d’art et de bâtiments, Nr. 1182, 26. April 1944. In dem Schreiben wird auf ein früheres Schreiben vom 8. Mai 1942 hingewiesen, in welchem die Secrétaires généraux zum Rücktransport des Kulturerbes von den Küsten ins Landesinnere sowie zur Ernennung eines leitenden Verantwortlichen angehalten werden. 74 Erlass des Unterrichtsministeriums zur Bildung einer beratenden Kommission für den Schutz der Denkmäler und Kunstwerke gegen die Kriegsgefahr (dt. Übersetzung des franz.-niederländ. Originals). Archiv des KIK-IRPA, Brüssel, Pièces concernant la protection, la mise à l’abri et le retour d’oeuvres d’art et de bâtiments, Nr. 1182, 29. Februar 1944. 75 Note pour Monsieur le Directeur Général Nyns. Archiv des KIK-IRPA, Brüssel, Pièces concernant la protection, la mise à l’abri et le retour d’oeuvres d’art et de bâtiments, Nr. 1182, 12. Juni 1944. 76 COREMANS 1946, 14–16. 77 Ministère de l’intérieur et de la Santé publique. Commissariat général à la Protection aérienne passive, Mesures d’urgence restant à prendre pour protéger les Monuments et Oeuvres d’art contre les dangers de guerre. Brüssel, 1944. 78 Der niederländische Ingenieur J. A. Ringers (1885–1965) trat in die erste Nachkriegsregierung ein. DEMETER 2004/2011, Abs. 63. Die meisten der französischen Denkmalpfleger, die unter dem Vichy-Regime tätig waren, blieben auch in der IV. Republik im Amt. GOURBIN 2011. 79 DEMETER 2004/2011, Abs. 61 f. 80 Ebd., 54–58. 81 Raymond Martin Marie Ghislain Lemaire (1921–1997). 82 DEMETER 2004/2011, Abs. 63–65. 83 Ebd., 24–27, 53. 84 BEYEN 2013, 159.

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Dienstreisen in Zeiten des Krieges Wilhelm Pinder als Kulturbotschafter des Deutschen Reiches Reisen als „Kriegsarbeit“ Im September 1941 fand, angeregt durch das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, eine Studienfahrt deutscher Ordinarien der Kunstgeschichte in das besetzte Frankreich statt. Organisiert wurde sie von Franz Graf Wolff Metternich, dem Beauftragten beim Oberkommando des Heeres für den Kunstschutz in den unter Militärverwaltung stehenden besetzten Gebieten. Die Fahrtkosten übernahm das Ministerium, für die Unterbringung – genauer: die „Einquartierung“ – sorgte die deutsche Wehrmacht. Die Teilnehmer selbst hatten lediglich Lebensmittelmarken mitzubringen.1 Der Zweck der Reise lässt sich nicht mehr rekonstruieren: Möglicherweise ging es um Fragen des Kunstschutzes, vielleicht aber auch um die Einstimmung auf die „Aktion Ritterbusch“, in der der sogenannte „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“ vorangetrieben werden sollte.2 In jedem Fall muss das Ministerium konkrete Ziele verfolgt haben, sonst hätte es kaum Mittel und Kapazitäten zu einem Zeitpunkt bereitgestellt, zu dem Transportengpässe und Devisenmangel Reisen für Zivilisten fast unmöglich machten. Trotz dieser Rahmenbedingungen blieb den Teilnehmern die Exkursion in Feindesland auch nach dem Krieg als über­ dimensionierter Betriebsausflug in Erinnerung. Von einer „Besichtigungsfahrt“ sprach Paul Clemen, Emeritus auf dem Bonner Lehrstuhl,3 und der Kieler Lehrstuhlinhaber ­Richard Sedlmaier erklärte, die Reise habe ausschließlich „fachwissenschaftlichen Zwecken“ gedient und „Gelegenheit zu gegenseitigem Kennenlernen der Persönlichkeiten und ihrer Auffassungen“ gegeben.4 Die Frankreichfahrt der Lehrstuhlinhaber mutet angesichts der Rolle, die Kunsthistoriker in den besetzten Gebieten beim Kunstraub, bei der Vertreibung ihrer Kollegen oder beim Aufbau „reichsdeutscher“ Institute gespielt haben, wie eine kuriose Fußnote an. Sie erscheint jedoch symptomatisch für das Selbstverständnis der Professoren, die eine vom Reichserziehungsministerium (REM) betriebene und von der Wehrmacht organisierte Reise umstandslos vertrauten Mustern zuordneten. Weil das Fach von seinem Gegenstand her international ausgerichtet war, gehörten Studienaufenthalte im Ausland zu den ­Grundlagen der akademischen Ausbildung wie der Forschung. Nur vor Ort konnten die nötige Objektkenntnis erworben, Quellen gehoben und Kontakte zu anderen Spezialisten

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geknüpft werden. Clemen und Sedlmaier beriefen sich also auf eine lange geübte Praxis, wenn sie die ‚Besichtigung‘ und das Gespräch unter Kollegen in den Vordergrund stellten. Doch was vor 1933 in erster Linie dem Erkenntnisgewinn und dem wissenschaftlichen Austausch gedient hatte, war 1941 zu einem Politikum und einem Privileg geworden, das einem kleinen, streng kontrollierten Kreis von Wissenschaftlern vorbehalten blieb. Die­ jenigen Kunsthistoriker, die während des Krieges im Ausland Studien nachgehen oder Vorträge halten durften, waren direkt oder indirekt in staatlichem Auftrag unterwegs. Sie betrieben „kriegswichtige“ Forschung oder fungierten als Kulturbotschafter eines Landes, das je nach Situation und Reiseziel als Besatzungsmacht, potenzieller Aggressor oder Verbündeter auftrat. Und schließlich waren sie Informanten, die über die politische Stimmung in den jeweiligen Ländern zu berichten hatten. Damit wurden sie Teil einer Außenpolitik, die den umfassenden Führungsanspruch Deutschlands auch über eine gezielte Kulturpolitik durchzusetzen suchte – wobei nationalsozialistische Kulturpolitik nach einer Definition des Leiters der Kulturabteilung im Auswärtigen Amt, Fritz von Twardowski, „den bewußten Einsatz der Geisteskräfte des deutschen Volkes zur Beeinflussung der geistigen Schichten der anderen Völker und darüber hinaus zur Erringung der geistigen Führung in Europa“5 bedeutete. Die Wissenschaftler akzeptierten die ihnen zugedachte Rolle ohne erkennbaren Widerspruch. Sie taten dies umso bereitwilliger, als sie sich von ihr die Aufwertung des Faches und die Möglichkeit versprachen, ihre Arbeit während des Krieges fortsetzen zu können. So brachte der Würzburger Ordinarius Oskar Schürer, der 1944, statt sich zum Einsatz am Westwall zu melden, eine Dienstreise nach Prag angetreten hatte, zu seiner Verteidigung vor, die Reise sei ebenfalls eine Art Kriegseinsatz gewesen, weil seine Forschungen dem „Ideenreich des Großdeutschen Reiches“ dienten. Schließlich gehe es dabei um den Nachweis, dass die Bauten der böhmischen Spätgotik, die „von der tschechischen Forschung als bedeutsame Erzeugnisse slawischer Kunst hingestellt“ würden, in ihrer Struktur „kerndeutsch“ seien.6 Schürers Selbstüberschätzung hatte fatale Folgen: Obwohl auch das Würzburger Fakultätskollegium die Reise als „gegenwartsnahe Kriegsarbeit“7 einstufte, wurde er vom Sondergericht Würzburg zu einer viermonatigen Gefängnisstrafe verurteilt, aus seinem Pro­ fessorenamt entlassen und aus der Partei ausgeschlossen. Das heißt jedoch nicht, dass die Strategie als solche scheitern musste, im Gegenteil: Der Krieg und die Übernahme „kriegswichtiger“ Aufgaben verschaffte einzelnen Fachvertretern eine Form der Anerkennung, die unter anderen Umständen kaum zu erzielen gewesen wäre. Hier ist in erster Linie an ­Wilhelm Pinder zu erinnern, seit 1935 Inhaber des kunstgeschichtlichen Lehrstuhls an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin und einer der schillerndsten Kunsthistoriker seiner Zeit. Pinder unternahm zu Beginn der 40er-Jahre eine Vielzahl von Dienstreisen, die ihn vor allem nach Ostmittel- und Südosteuropa, aber auch nach Frankreich, Italien und in die Schweiz führten. Wie Clemen und Sedlmaier definierte er seine Reisetätigkeit rückblickend als Teil des kunsthistorischen Alltagsgeschäfts; die Angaben, die er im Fragebogen

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des Military Government of Germany zu diesem Thema macht, bleiben vage und lückenhaft. Weder die einladenden Stellen noch die besuchten Institutionen werden genannt; andere Reisen wie die Paris-Exkursion im Kollegenkreis tauchen gar nicht erst auf. Die Unvollständigkeit der Aufzählung entschuldigte Pinder damit, dass ihm „kleine Vortragsund Studienreisen durchwegs streng wissenschaftlichen Charakters nicht mehr genau erinnerlich“8 seien. Unterstützung erhielt er von seinem ehemaligen Assistenten Georg Scheja, der auf Anfrage bestätigte: „Bei seiner Vortragstätigkeit im In- und Ausland hat Herr Geheimrat Pinder sich immer, wie schon die Auswahl der Themen beweist (Rembrandts Selbstbildnisse usw.) streng auf dem Felde sachlicher Wissenschaft bewegt.“9 Tatsächlich standen Pinders Reisen stets in Verbindung mit kunsthistorischen Vorträgen, Forschungsaufenthalten, Kommissionssitzungen oder Besichtigungen. Dennoch ist nicht nur ihre Anzahl bemerkenswert – 1940 beantragte Pinder Lehrreduktion, um seine Vortragsverpflichtungen im Ausland erfüllen zu können10 –, sondern auch die Tatsache, dass die Einladungen in der Regel nicht aus dem Kollegenkreis kamen. Vielmehr wurde der Wissenschaftler von Dienststellen des Ministeriums, des Auswärtigen Amtes oder der Wehrmacht angefordert. Auffällig ist auch, dass die Reisen (wiederum von einigen wenigen Aus­nahmen abgesehen) stets dorthin führten, wo die Propagandamaßnahmen aus aktuellem Anlass verstärkt wurden. Wenn also Pinder über „Rembrandts Selbstbildnisse“ sprach, dann behandelte er zwar ein Thema der Kunstgeschichte, tat dies aber in diplomatischer Funktion – als Emissär des Deutschen Reiches. Im Folgenden soll es also weniger um ideologische oder kunsthistorische Positionsbestimmungen gehen, als um Pinders Aktivitäten als Kulturbotschafter während des Krieges. Sie zeigen, wie eng Außenpolitik und Wissenschaft miteinander verzahnt waren. Zugleich bietet die Analyse der Reisen die Möglichkeit, die Einbindung von Kunsthistorikern aus dem „Altreich“ in die Auslands-Kulturpropaganda nicht nur anhand der beteiligten Institutionen, sondern auch am konkreten Einzelfall zu verfolgen.

„... im Kampf um die Weltgeltung des deutschen Geistes“ Dienstreisen ins Ausland unterlagen schon vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges umfassender Kontrolle. Während nach der Konsolidierung der Weimarer Republik nur jene Reisen der obersten Dienstbehörde gemeldet werden mussten, die in „besonderem amtlichen Interesse“11 lagen, war seit 1934 jede „Auslandsreise zu wissenschaftlichen Zwecken, zum Besuch einer wissenschaftlichen Tagung, zur Ausführung wissenschaftlicher Vorträge oder sonstiger wissenschaftlicher Tätigkeit im Auslande“12 beim REM anzuzeigen. Die Genehmigung der Anträge schloss die Prüfung der politischen Gesinnung (zunächst nur durch den Dekan und den Rektor, ab 1937 durch den NS-Dozentenbund13) mit ein. ­Ohnehin waren die Institute aufgefordert, für die Teilnahme an Veranstaltungen im Ausland keinesfalls Kollegen vorzuschlagen, „die nach ihrer Persönlichkeit und weltanschau­

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licher Entwicklung nicht als berufene Vertreter des neuen Deutschlands angesehen werden können“14. Damit waren jüdische Kollegen und Dissidenten aus dem Kreis der Anwärter ausgeschlossen. Seit Januar 1937 mussten sich die Reisenden unmittelbar nach ihrer Ankunft in dem betreffenden Land mit der deutschen Botschaft bzw. dem deutschen Konsulat, der Auslandsorganisation der NSDAP und (soweit vorhanden) der Zweigstelle des Deutschen Akademischen Austauschdienstes in Verbindung setzen.15 Zudem waren nach der Rückkehr binnen vier Wochen Berichte über den Auslandsaufenthalt anzufertigen.16 Das Ministerium interessierte sich allerdings nicht für den wissenschaftlichen Ertrag der Reisen. Vielmehr fragte es nach „allgemeinen Eindrücken und Erfahrungen, auch reisetechnischer Art“ sowie nach „Verbindungsaufnahmen mit ausländischen Wissenschaftlern, Einfluß Deutschlands in internationalen Verbänden, Vereinigungen usw.“17. Verzögerungen bei der Weiterleitung der Berichte wurden ungeduldig angemahnt, ging es dem Ministerium doch darum, möglichst aktuelle Informationen zu sammeln.18 Im März 1939 machten sich dann die Kriegsvorbereitungen und die Folgen der ersten Annexionswelle bemerkbar. Jetzt schalteten sich das Auswärtige Amt, dem mittlerweile die Auslandspro­ paganda unterstellt war,19 und bei Reisen in besetzte Gebiete zusätzlich noch die Militär­ behörden in den Entscheidungsprozess mit ein. Bereits im Oktober 1939 war der Weg deshalb so kompliziert geworden, dass er fünf bis sechs Wochen, mit Devisenbeschaffung sogar ein Vierteljahr in Anspruch nahm, dafür aber die politische Zuverlässigkeit der Wissenschaftler garantierte. Wer reisen wollte, musste sich zunächst an den Rektor wenden. Dieser holte Gutachten des Dekans und des zuständigen Dozentenbund-Führers ein und reichte die Unterlagen an das REM weiter.20 Gleichzeitig wanderte der Antrag über das „Auslandsamt Reich“ der NS-Dozentenschaft an das Auswärtige Amt, das die Reise den Auslandsvertretungen meldete und bei Zustimmung die nötigen Sichtvermerke beschaffte. Die Endentscheidung lag zwar im REM, doch hatte de facto das Auswärtige Amt das letzte Wort. So umfassend die Kontrollmechanismen waren und so eng sich notwen­ digerweise die Zusammenarbeit mit den Parteidienststellen, dem Militär und den Gesandtschaften gestaltete: Nach außen hin hatten die Reisenden den Schein wissenschaft­ licher Autarkie zu wahren. Die einladenden Stellen sollten möglichst nichts von der Genehmigungspflicht der Dienstreisen und den damit verbundenen Dienstwegen erfahren.21 Die mehrseitigen Merkblätter zu den Meldeauflagen wurden als Verschlusssache behandelt, nur zur Ansicht ausgegeben und durften keinesfalls ins Ausland mitgeführt werden.22 Besondere Aufmerksamkeit galt den Vortragsreisen. Auch wenn das Ministerium keine konkreten inhaltlichen Vorgaben machte, sondern stets den rein wissenschaftlichen Charakter derartiger Unternehmungen betonte, gab es doch unmissverständlich zu verstehen, dass es nicht nur um Kontaktaufnahme unter Spezialisten, sondern auch um eine Breitenwirkung im bildungsbürgerlichen Publikum des jeweiligen Landes gehe, weshalb eine ­Mischung aus öffentlichen (am besten auch inhaltlich mit den Auslandsvertretungen ab­ gesprochenen) und akademischen Veranstaltungen empfohlen wurde.23 Wichtig war der

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Behörde aber auch das Niveau, das offensichtlich zu wünschen ließ. Jedenfalls wurden die beteiligten Dienststellen ermahnt: „Es muß dabei ein streng verpflichtender Grundsatz bleiben, daß jeder Vortrag im Auslande als besondere wissenschaftliche Leistung und als kulturpolitischer Beitrag im Kampf um die Weltgeltung des deutschen Geistes besondere Anforderungen an den Redner stellt. Ein Vortrag in akademischen Kreisen, der sich auf die Wiedergabe allgemein bekannter Ergebnisse beschränkt und nichts Neues bietet, schädigt das deutsche Ansehen und den persönlichen Ruf des Wissenschaftlers und sollte besser unterbleiben.“24

Um die Breitenwirkung zu gewährleisten, drängte das REM darauf, dass Vorträge nach Möglichkeit in der jeweiligen Landessprache gehalten werden sollten; die Reiseanträge mussten deshalb auch Angaben zu den Sprachkenntnissen enthalten.25 Umgekehrt wurden deutsche Institute im Ausland aufgefordert, bei der Programmgestaltung auf sprachkundige Referenten zu achten.26 Der Umgang mit den Landessprachen diente jedoch nicht nur der Werbung, sondern war auch Drohgebärde. So hatten die Hochschullehrer die Anweisung, in Schweden ausschließlich deutsch zu sprechen, um die „Geltung der deutschen Sprache in den skandinavischen Ländern“27 zu behaupten.

Pinder und der Traum vom „Großdeutschen Reich“ Angesichts der Erwartungen und der restriktiven Vorgaben gingen die Auslandsaufenthalte deutscher Professoren drastisch zurück.28 Zugleich bildeten sich regelrechte Reisekader aus, die bevorzugt behandelt, aber auch bevorzugt auf Reisen geschickt wurden.29 Pinder schien schon qua Amt dafür prädestiniert, die deutsche Kunstgeschichte nach außen hin zu repräsentieren: Er hatte einen der wichtigsten Lehrstühle im Reich inne, war Mitglied der Sächsischen, der Bayerischen und der Preußischen Akademie der Wissenschaften und Vorsitzender des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft.30 Seine Forschungen zur deutschen Kunst wurden im Ausland aufmerksam verfolgt; die Bildbände zur deutschen Kunst hatten ihn auch außerhalb des akademischen Milieus bekannt gemacht. Zudem war Pinder ein begnadeter Redner, dessen Vorlesungen als gesellschaftliches Ereignis galten und den Vortragenden ebenso euphorisierten wie die Zuhörer. Weniger eindeutig lässt sich die vom Ministerium so vehement eingeforderte weltanschauliche Eignung bestimmen. Einerseits hatte Pinder das Treuebekenntnis der deutschen Professoren zu Adolf Hitler unterzeichnet; er war Förderndes Mitglied der SS und 1933 nur durch Zufall kein Parteimitglied geworden. Während des Krieges organisierte er mit Richard Sedlmaier die kunsthistorische Sparte des Kriegseinsatzes deutscher Geisteswissenschaften und trieb mit Alfred Stange die Gründung eines Reichsinstituts für Kunstgeschichte voran. Auf der anderen Seite setzte er sich für gefährdete Kollegen ein und missachtete mehrfach (und demonstrativ) Sprach­

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regelungen der Partei – etwa, wenn er 1934 in den „Reden aus der Zeit“ gegen eine staatliche Reglementierung von Kunst argumentierte31 oder in der „Kunst der deutschen Kaiserzeit“ das „Volk“ gegen die „Rasse“ ausspielte und das Christentum, nicht das Germanentum zum entscheidenden Kulturfaktor erklärte.32 Seine Stellung war deshalb durchaus umstritten. Immer wieder sah er sich Attacken parteitreuer Kollegen und des Einsatzstabes Rosenberg ausgesetzt, die ihm sein Engagement für den Expressionismus während der 20er-Jahre vorwarfen, politische Unzuverlässigkeit unterstellten oder beklagten, dass er die nationalsozialistische Rassedoktrin zugunsten der Kategorien „Raum“ und „Zeit“ vernachlässige.33 Im Amt Bildende Kunst in der Dienststelle Rosenberg mutmaßte man gar, dass Pinder seine Ergebenheitsadressen an Hitler gezielt einsetze, um eine innere Distanz zur Kulturpolitik des „Dritten Reiches“ zu kaschieren: „Pinder glaubt, eine Diktatur der Wissenschaft der Weltanschauung gegenüber dank seiner wissenschaftlichen Verdienste ausüben zu können, und er ist trotz aller Versuche einer geschickten Einpassung ohne Zweifel noch ein Vertreter einer Kunstwissenschaft, die Kunst und Politik, ­sowie Kunst und Weltanschauung trennen möchte [...].“34

Doch auch wenn Pinder, anders als sein Kollege und Konkurrent Alfred Stange, kein ­Nationalsozialist nach dem Geschmack Rosenbergs war, so war er doch ein glühender Nationalist, der das Hegemoniestreben des Regimes schon deshalb unterstützte, weil er an die überzeitliche Gültigkeit des „Ersten“ Deutschen Reiches und dessen Vormachtstellung in Europa glaubte. Seit seinen frühesten Veröffentlichungen zur deutschen Kunst sah er seine Mission darin, seinen Landsleuten die eigene geschichtliche Größe vor Augen zu führen, die sich in den Werken der Kunst manifestiere.35 Weil aber das Volk als lebendiger Organismus zu verstehen sei, dessen Wesen sich auch dann nicht wandelt, wenn sich die politischen Machtverhältnisse ändern, zeugten die Artefakte von Wesenseigenschaften, die in ihm, wenn auch zeitweise überlagert, bis in die Gegenwart weiterlebten: „Geschichte wird zur Gegenwart. ‚Vergangenheit‘ – das sind wir selbst, in einer älteren Form, in den Vätern!“36 In einem solchen Zeit-Raum-Kontinuum stehen das Straßburger Münster, die Burgen der Ordensritter oder die Wiener Barockpaläste nicht nur für einstige, sondern auch für künftige Größe; in ihnen ist die Erinnerung an und die Hoffnung auf ein Staatsgebiet enthalten, das dem des Heiligen Römischen Reiches entspricht. Der „Anschluss Österreichs“ war für Pinder deshalb ein erster Schritt, Staatsgebiet und „Volksraum“ zur Deckung zu bringen. Die Annexion bestärkte ihn nicht nur in seinem Glauben an das Reich und an Hitler,37 sondern auch in seinem Glauben an die weltanschauliche Dimension seiner Forschung. War er doch überzeugt, mit seiner überstaatlichen Definition von „deutscher Kunst“ der politischen Einheit vorgearbeitet zu haben. 38 Als er eine knappe Woche nach der Unterzeichnung des „Gesetzes über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“ Gelder für eine Exkursion in das „endlich wieder mit dem Reich vereinigte Österreich“ beantragte, wies er auf die Rolle hin, die die Kunstge-

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schichte als Mittlerin zwischen den beiden Ländern übernehmen könne: „Gerade durch den besonderen Reichtum Österreichs an Werken bildender Kunst erscheinen in diesem Falle – ohne Andere zurückzusetzen – die Kunsthistoriker für die Verknüpfung einiger Beziehungen besonders geeignet.“39 Noch deutlicher stellte er 1942 die Vorreiterfunktion der Wissenschaft in einem Festvortrag vor der Preußischen Akademie der Wissenschaften heraus: „Wir wissen uns umso dankbarer in dem neuen Reiche, das endlich auch politisch jene Grenzen abgesteckt hat, für die[!] ehrliche Forschung über deutsches Wesen schon lange galten, bevor sie politische Wirklichkeit werden konnten. – Diese Grenzen umschließen endlich heute den wahren Raum dieses Volkes, das Großdeutsche Reich.“40

1942 ging es allerdings nicht mehr „nur“ um Österreich, sondern um ein „Großdeutsches Reich“, das Lothringen, Luxemburg und das Elsass ebenso für sich beanspruchte wie das Baltikum oder das „Wartheland“ und das zudem Territorien in Nord- und in Osteuropa besetzt hielt, die zu keinem Zeitpunkt zum „Heiligen Römischen Reich Deutscher ­Nation“ gehört hatten. Doch auch für diese Besetzungen bot Pinder die Kunst, deren Einflussbereich sich im Mittelalter über die Grenzen des Reiches hinaus nach Osten und Norden erweitert habe, als historische Parallele an: „In beide Richtungen ergoß sich überströmende Volkskraft in gebendem Kunstschaffen. Doch nach Osten ging echte Eroberung auf fremdem Boden, nach Norden gebende Ausbreitung auf Grund echter Verwandtschaft.“41 Einen Reflex auf diese Gleichsetzung von (historischem) Kulturtransfer und (aktuellem) Hegemonialstreben finden wir in den Reaktionen seiner Schüler, die den Eroberungskrieg als logische Konsequenz des nationalen Geschichtsmodells nahmen. Eine direkte Verbindung zu Pinders Schriften und Lehre stellte Werner Körte her, seit 1940 Professor an der Universität Innsbruck. In einem Geburtstagsgruß zu Pinders 65. Geburtstag schrieb er: „Danzig und Krakau, Strassburg und Metz, Riga und Reval haben wir Ihnen zurückgebracht, und als wir siegreich in diese Städte einzogen, waren Sie uns gegenwärtig wie kein zweiter Lehrer. Das neue Bewußtsein des Deutschen von sich selbst, das Sie für uns erschlossen haben, ist für uns hier draussen im Feuer die tiefste Quelle unserer Kraft geworden. Ihr Bändchen von den Wesenszügen der deutschen Kunst ist in Satteltasche und Tornister tausende von Kilometern mit uns gewandert und hat uns über manche schwere Stunde hinweggeholfen. Und diese Kräfte, die Sie in uns geweckt haben, bewähren sich nun vollends noch einmal in der Stunde äusserster Bedrohung, in der unser ganzes Dasein als Deutsche noch einmal in Frage steht.“42

Pinders Assistent Wolfgang Graf Rothkirch, als Soldat im besetzten Frankreich statio­niert, erinnerte sich aus gleichem Anlass etwas zurückhaltender, aber mit gleichlautender Tendenz:

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„Das Bild, das Sie 1919 Ihrem neuen Schüler von der großen Kunst unseres Mittelalters zeigten, hat ihm damals einen neuen Glauben an die ewige Aufgabe des Deutschen gegeben. In den Kämpfen von 1943 stärkt Ihr Glaube an die deutsche Zukunft, das aus Ihrem Wissen von der deutschen Vergangenheit kommt, heute Ihre alten wie Ihre wieder neuen Schüler.“43

Gerade das Insistieren auf einen wissenschaftlichen Deutungsanspruch, der der Politik nicht folgt, ihr vielmehr die (Kriegs-)Ziele vorzugeben vermag, machte Pinder zum idealen Kandidaten für die außenpolitische Selbstdarstellung des Deutschen Reiches. Oberstes Gebot der Kulturpropaganda war der Deckmantel der politischen Unabhängigkeit – das galt, wie wir gesehen haben, für die einzelnen Gelehrten, die im Ausland auftraten, das galt aber auch für die Institutionen, die mit der kulturellen Selbstdarstellung Deutschlands beauftragt waren. Pinders Bücher und Vorträge über Größe und Strahlkraft der deutschen Kunst konnten als Fortführung eines dezidiert national ausgerichteten wissenschaftlichen Diskurses verstanden werden, der durch das „Dritte Reich“ lediglich an Gewicht gewonnen hatte.44 Dass er sich dem Leitbild „Rasse“ verweigerte, machte seine Unabhängigkeit gegenüber der Parteidoktrin manifest; dass er den grenzübergreifenden „Volksraum“ beschwor, der eine Neuordnung Europas geradezu herausfordere, ließ sich als Leitbild für die nationalsozialistische Expansion interpretieren. Dabei blieben die ideologischen Bekenntnisse so unscharf, dass der wissenschaftliche Charakter der Darstellung nicht in Frage gestellt wurde, und waren doch so deutlich, dass sie dem zeitgenössischen Leser kaum entgehen konnten. Sogar Rosenbergs Mitarbeiter mussten einräumen, dass der Kunsthistoriker „für die Geltung deutscher Kunst und ihre Bewertung gegenüber anderen Nationen ein geschichtliches Verdienst aufzuweisen“ und dieser Bewertung mit seinen populären Schriften auch im Ausland Gehör verschafft habe.45

Reisen im „Staatsinteresse“ Pinder war von Anfang an zur Stelle, wenn es darum ging, das NS-Regime nach außen hin zu repräsentieren. Gemeinsam mit Albert Erich Brinckmann überbrachte er im August 1933 beim XIIIe Congrès International d’Histoire de l’Art in Stockholm die Grußadresse der neuen Reichsregierung.46 In der gleichen Funktion trat er bei der Tagung des beim Internationalen Völkerbund angesiedelten Institut International de Coopération Intellectuelle in Madrid47 und 1936 beim XIVe Congrès International d’Histoire de l’Art in Bern auf.48 Agierte er hier noch als Fachvertreter und innerhalb der scientific community, so lagen die Dinge bei der vierwöchigen Gastdozentur in Budapest, die Pinder im Herbst 1936 antrat, anders. Im Mai des Jahres hatten das Deutsche Reich und Ungarn ein Kulturabkommen geschlossen, das erste in einer Reihe bilateraler Abkommen, mit denen Deutschland seine Einflusssphären absichern wollte. Wesentlicher Bestandteil war – neben der Förderung der deutschen Sprache und der Kontrolle über die deutschsprachige Literatur, die in Ungarn

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zirkulierte – ein Professorentausch. Pinder war der erste Dozent, der im September 1936 eingeladen wurde,49 und blieb, wenn nicht der einzige, so doch einer der wenigen, die in dieser ersten Phase der deutsch-ungarischen Beziehungen an dem Austausch teilnahmen. Die ungarische Seite nämlich setzte das Abkommen nur zögerlich um, weil sie politische Indoktrination fürchtete. Die Deutschen wiederum interessierten sich im Grunde nicht für die ungarische Wissenschaft, die sie für minderwertig hielten, sondern ausschließlich um den außenpolitischen Effekt.50 Unter diesen Vorzeichen konnte man kaum einen geeigneteren Kandidaten finden als Pinder. Hans Sedlmayr, soeben mit Pinders Unterstützung zum Wiener Ordinarius ernannt, erklärte sich auch sofort bereit, den Kollegen vorab über die „Lage des Deutschtums in Ungarn“ zu informieren und ihn in seiner UngarnMission zu unterstützen: „Ausserordentlich begruesse ich es, dass Deutsche im ‚Austausch‘ nach dem nahen Osten gehen, um dort das Bewusstsein von der Groesse der deutschen Kultur, das dort vor hundert Jahren noch so lebendig war, wieder zu erwecken.“51 Die Reisen, die Pinder vor dem Krieg nach England (1934 und 1935), Schweden, Finnland und ins Baltikum (1938) sowie nach Frankreich unternahm, oszillieren in ähnlicher Weise zwischen akademischem Milieu und Außenpolitik. Da sie zum Teil vom REM, zum Teil vom Auswärtigen Amt finanziert wurden,52 ist anzunehmen, dass sie vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) organisiert wurden, mithin zur kulturellen Charme-Offensive gehörten, mit der das Deutsche Reich insbesondere in England und den skandinavischen Ländern um Sympathien warb. Der DAAD hatte sich seit Beginn der 30er-Jahre und vermehrt seit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten zu einem Instrument der deutschen Außenpolitik entwickelt, das, zunächst von REM, Auswärtigem Amt und Reichministerium für Volksaufklärung und Propaganda finanziert und kontrolliert, später ganz unter der Aufsicht des Auswärtigen Amtes stehend, die akademischen Auslandsbeziehungen zentral steuerte. Die Zweigstellen in Paris, London, Rom, Kopenhagen, Stockholm und Den Haag waren teils als Sprachinstitute, teils als Kulturinstitute konzipiert. Für das Kulturreferat des Auswärtigen Amtes waren sie „brauchbare Instrumente unserer Kulturpolitik“, die jedoch keinesfalls „selbst Kulturpolitik treiben“ sollten.53 Über die beiden Fahrten nach England und die Rundreise durch Skandinavien und das Baltikum liegen nur wenige Informationen vor; die jeweiligen Reiseberichte scheinen nach Eingang direkt ans Ministerium weitergeleitet worden zu sein. Für die Paris-Fahrt 1939 hingegen hat sich der Bericht erhalten. Er zeigt nicht nur, wie engmaschig die Betreuung und Kontrolle durch die deutschen Auslandsvertretungen waren – nach dem Empfang durch den stellvertretenden Leiter der Pariser Zweigstelle Berthold Beinert führte der erste Weg, wie vorgeschrieben, in die deutsche Botschaft –, sondern auch Pinders Bemühen, den Erwartungen seines Dienstherrn gerecht zu werden. Anders als viele seiner Kollegen an der Friedrich-Wilhelms-Universität, die sich auf betont neutrale Schilderungen ihrer dienstlichen Kontakte oder auf fachliche Erkenntnisse beschränkten,54 gab Pinder ein erstaunlich detailliertes Stimmungsbild inklusive antisemitischer Klischees an das Ministerium weiter. Fachlicher Austausch war ohnehin nicht zu erwarten, da die Reise vom 23. bis

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27. März 1939, also eine Woche nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Brünn und Prag, stattfand und angesichts dieser, wie Pinder schreibt, „neuen politischen Lage“ die französischen Kollegen seinen Vortrag über „Kunst um 1500“ boykottierten. Stattdessen sprach Pinder vor 200 Germanistikstudenten und -studentinnen. Eine von Beinert organisierte Besichtigungstour durch die Île de France nutzte er, um alte Erinnerungen aufzufrischen und die Reaktion der französischen Bevölkerung auf die aktuellen Ereignisse (zur deutschen Besetzung Böhmens und Mährens kam die Nachricht vom Abschluss des deutsch-rumänischen Wirtschaftsvertrages vom 23. März 1939, mit dem sich Rumänien aus der engen Bindung an Frankreich zu lösen begann)55 zu sondieren. Hier meinte er eher Resignation als Widerstandswillen zu erkennen: „Irgendwelche Schwierigkeiten sind mir als Deutschem nicht gemacht worden. Man war überall zuvorkommend wie im Frieden. Nur einmal wurde hinter unserem Wagen in Maintenon hinterhergerufen: ‚à bas Hitler‘. In den Zeitungen gewann ich den Eindruck, dass weit mehr wehmütige Klage herrschte als wirklicher Zorn.“56

Das Bild hilfloser Zurückhaltung entspricht der Vorstellung eines verfeinerten und deshalb handlungsunfähigen Volkes, das Pinder auch anhand der französischen Kunst zeichnete, um davon die bisweilen ungeschlachte, dafür aber umso kühnere Kunststätigkeit der Deutschen abzugrenzen.57 Eine besondere Erwähnung war Pinder die angebliche Hinterlist der aus Deutschland Vertriebenen wert, die den Ruf Deutschlands vorsätzlich beschädigten: „Von der Gemeinheit des Emigrantentums durfte ich mich an einem Exemplar des Schwarzschildschen Tagebuchs [gemeint ist die von Leopold Schwarzschild im Pariser Exil als Fortsetzung des „Tagebuch“ gegründete Zeitschrift „Das neue Tagebuch“; Anm. d. Verf.] noch einmal überzeugen, das man mir auf der Botschaft zeigte. Dieses enthielt u. a. einen geradezu geisteskranken Aufsatz von Thomas Mann [...]. Erwähnenswert ist nur noch der kurze Besuch, den wir am letzten Pariser Abend, also dem 26. März nach der Rückkehr von der Loire in den Oubliettes, den alten Verliessen von Paris machten. Dort bekommt man in ausgezeichnetem Vortrag französische Volkslieder zu hören. Es war recht widerlich anzusehen, als eine alte Südfranzösin in elsässischer Tracht mit französischer Kokarde an der Bandschleife eine ‚Kleine Strassburgerin‘ mimte – eine vollendete Fälschung, die unverkennbar das Glück eines daneben hockenden jüdischen Emigranten bildete.“58

Nach kurzer Unterbrechung bei Kriegsbeginn nahm Pinders Reisetätigkeit im zweiten Kriegsjahr deutlich zu. Vor allem die ab Sommer 1940, also nach der Besetzung der westlichen und östlichen Nachbarländer ins Leben gerufenen und als Netzwerk betriebenen Deutschen Wissenschaftlichen Institute (DWI) buchten ihn gerne als Redner. Diese Institute übernahmen sukzessive jene Aufgaben der Kulturpropaganda, für die bis Kriegsbeginn der DAAD zuständig gewesen war.59 Wie die ausländischen Niederlassungen des DAAD

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unterstanden sie dem Auswärtigen Amt, das ihnen einen hohen, im Laufe des Krieges sogar wachsenden Etat zur Verfügung stellte. Wie diese hatten sie den Auftrag, mit einem üppigen Kulturangebot, flankiert von Sprachkursen, für die Besatzungsmacht/den Bündnispartner Deutschland zu werben. Auch sie sollten von außen als autonome, ausschließlich der Förderung von Kultur und Wissenschaft verpflichtete Instanzen wahrgenommen werden; gerade in den besetzten Gebieten Westeuropas war ideologische Zurückhaltung höchstes Gebot. Pinder wurde für das letzte Quartal des Jahres 1940 von den deutschen Gesandtschaften in Belgrad (Oktober), Athen (November) und Bukarest (Weihnachten), für das nächste Jahr von der Gesandtschaft in Budapest (April), Sofia (ebenfalls April) und Lissabon (genaues Datum unbekannt), für 1942 von der Botschaft in Pressburg (Bratislava), für 1943 von den Botschaften in Paris, Belgrad und Stockholm für Vorträge in den jeweiligen Hauptstädten, oft verbunden mit weiteren Veranstaltungen in den „Provinzlektoraten“, kleineren, eigentlich auf Sprachunterricht fokussierten Dependancen, angefragt.60 Dazu kamen Vortragseinladungen nach Rom für März 194061 sowie Florenz und Rom für April 194262, die Aufforderung des Militärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich, bei der Rubens-Feier im besetzten Antwerpen am 17. November 1940 zu sprechen,63 eine Einladung der Niederländisch-Deutschen Kulturgemeinschaft für Vorträge in Den Haag und Amsterdam für Mai 1941,64 die schon erwähnte Frankreich-Fahrt der Ordinarien im September 1941, eine von der Deutschen Gesandtschaft in Bern vermittelte Einladung der Berner Freistudentenschaft für 194365 und 1944 eine Einladung nach Riga vom Reichskommissar für das Ostland66. Nicht alle Reisen fanden tatsächlich oder zum vorgesehenen Zeitpunkt statt: Einige wurden verschoben (Bukarest wurde auf März 1941, Ungarn und Bulgarien auf Mai 1943, Bratislava auf Dezember 1943 oder Januar 1944 vertagt), einige ganz abgesagt, zumeist, weil sich die militärische und politische Lage geändert hatte, bisweilen auch aus organisatorischen Gründen. Der Vortrag in Athen könnte der kurzfristig anberaumten Rubens-Feier in Antwerpen zum Opfer gefallen sein,67 der „Einsatz“ in Portugal wurde ohne nähere Angaben auf unbestimmte Zeit verschoben, die für Herbst 1943 vorgesehene große Vortragstour durch Schweden strich das Ministerium „auch mit Rücksicht auf die angespannte Devisenlage“, zumal Pinder schon mehrfach in Skandinavien gesprochen habe68 – hier spielte sicher die Stimmung im Land eine Rolle, die die von deutschen Dienststellen organisierten Kulturereignisse zunehmend als Propagandamaßnahmen ablehnte. Die Reise, die im November 1943 nach Paris und in die französische Provinz führen sollte, fiel wohl aus persönlichen Gründen aus.69 In zwei Fällen bat Pinder von sich aus, absagen zu dürfen: Dies betraf die erneute Einladung nach Belgrad, wo man wahlweise einen Vortrag zur „Deutschen Barockkunst“ oder zur „Deutschen Landschaft in der deutschen Malerei“ erwartete,70 und die Aufforderung, im August und September 1944 in Riga über ein Thema eigener Wahl vorzutragen. Beide Einladungen waren, vorsichtig formuliert, wenig attraktiv. In Belgrad herrschten während der deutschen Besatzung aufgrund der rücksichtslosen Ausbeutung des Landes und des Partisanenwiderstands

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katastrophale Zustände, die schließlich 1944 das öffentliche Leben vollständig lahmlegen sollten.71 Eine Fahrt nach Riga hingegen wäre schon zum Zeitpunkt der Einladung (die Mitteilung des REM datiert vom 12. Juli 1944) kaum mehr durchführbar gewesen. Im Juni hatte die Rote Armee Weißrussland zurückerobert und stand im Begriff, auch die Bucht von Riga einzunehmen. Dass man in dieser aussichtslosen Lage noch eine Einladung an Pinder aussprach, zeigt allerdings auch, wie realitätsfern die Kulturpropaganda agierte. Insgesamt lässt die Aufzählung ein Programm erkennen, das auch zu Friedenszeiten ambitioniert gewesen wäre, zumal in ihr Reisen nach Österreich und ins „Reichsprotek­ torat“, Lehrexkursionen,72 Ausstellungsbesuche73 und Kommissionssitzungen74 nicht mit eingeschlossen sind, von Vortragsreisen innerhalb des „Altreichs“ ganz zu schweigen. Wie groß Pinders Handlungsspielraum in diesem Reisezirkus war, ist schwer zu beurteilen. Die Einladung in die Schweiz beispielsweise übermittelte das REM mit dem Hinweis, dass man „die Annahme der Einladung sehr begrüßen würde“ und im Falle einer Ablehnung eine Begründung erwarte.75 In Pinders Antrag auf Lehrreduktion klingt der verpflichtende Charakter der „Anforderungen“ ebenfalls an, wenn er schreibt: „Der Herr Dekan der Philosophischen Fakultät hat mir heute das Schreiben vorgelegt, aus dem die Absicht hervorgeht, mich für Vortragsreisen in Jugoslavien, Griechenland und Ungarn zu verwenden. Es wird gewünscht, daß ich mich bereit erkläre. Ich tue dies hiermit gern. Es geht folgende Zeiteinteilung aus dem Schreiben hervor: Jugoslavien erste Hälfte Oktober, Griechenland zweite Hälfte November 1940, Ungarn ab 1. April 1941. Außerdem bin ich im Besitze ­eines Schreibens vom 27. Juli 1940, aus dem hervorgeht, daß ich nach Weihnachten 1940 zu einer Vortragsreise nach Rumänien in Aussicht genommen bin. Eine Einladung ist mir noch nicht zugegangen, doch bin ich auch dazu bereit.“76

Gleichwohl gab es Kollegen, die sich dem Einsatz als Reisekader zu entziehen wussten.77 Und so ist anzunehmen, dass Pinder die Rolle eines Kulturfunktionärs durchaus gelegen kam, war er doch überzeugt, dass wahre Kunstgeschichte „Dienst am Volk“78 sei. Dass er den Universitätskurator im April 1941 darauf hinwies, er sei soeben „von einer im Staatsinteresse durchgeführten, sehr anstrengenden rumänischen Reise“ zurückgekehrt und müsse sich erst erholen, bevor er die fällige Abrechnung mache,79 zeigt, wie sehr er sich mit seiner diplomatischen Funktion identifizierte. Da sich für die Rumänien-Reise Pinders Bericht an das Ministerium erhalten hat, lässt sich nachvollziehen, wie er zu dieser Einschätzung kam. Der Aufenthalt fand vom 28. März bis 11. April 1941 statt, fiel also mit dem Beginn des Balkanfeldzugs am 6. April zusammen. Das Auswärtige Amt hatte im Vorfeld geraten, die Reise (wie die damit verbundene Vortragsserie in Sofia) zu verschieben, der Leiter des Bukarester DWI Ernst Gamillscheg jedoch auf der Ausführung bestanden80 – möglicherweise auf Wunsch der rumänischen Regierung, die die Reise finanziell und organisatorisch unterstützte.81 Rumänien war zu

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diesem Zeitpunkt Deutschlands wichtigster Verbündeter auf dem Balkan geworden. Im Mai 1940 hatten die beiden Länder den Öl-Waffen-Pakt unterzeichnet, mit denen sich das Deutsche Reich die ausschließliche Nutzung der rumänischen Ölvorkommen sicherte und sich dafür mit Waffenlieferungen und der Entsendung von Soldaten revanchierte. Nachdem die Sowjetunion dann im Juni 1940 nicht nur, wie in einem geheimen Zusatzprotokoll des deutsch-sowjetischen Paktes vereinbart, Bessarabien, sondern auch die nördliche Bukowina besetzt hatte, bot sich Deutschland als Bündnispartner im gemeinsamen Kampf gegen die Sowjetunion an. Mit der Kapitulation Frankreichs war überdies der wichtigste Konkurrent aus dem Feld geschlagen. Unter Ion Antonescu löste sich Rumänien aus der angestammten Bindung an Frankreich und die Westmächte. Da im Land die Meinung über das deutsche Engagement gespalten war, galt es, für das neue Bündnis zu werben. Diese Aufgabe spiegelt sich in Pinders Bericht, der sich fast ganz auf politische Einschätzungen konzentriert, in aller Deutlichkeit wider. Stolz berichtet der Kunsthistoriker, dass der rumänische Propagandaminister Nichifor Crainic82 nach einem gemeinsamen Mittagessen und Meinungsaustausch die dabei erörterten Gedanken „bald darauf in höchst deutschfreundlichem Sinne vor ausländischen Journalisten für die ganze Öffentlichkeit wiederholt“ habe, und erwähnt das besondere Entgegenkommen des ehemaligen Staatsministers Alexandru C. Cuza, Führer der am italienischen Faschismus orientierten und strikt antisemitischen Liga Apărării Național-Creștine (LANC). Kritisch merkt er die wirtschaftliche Lage von Siebenbürgen an, die Rückständigkeit Rumäniens insgesamt und die „heftige Sucht, sich westlich und namentlich französisch zu gebärden“. Die Stimmungslage im Lande ist das eigentliche Hauptthema; hier wird Pinder vom Berichterstatter zum Informanten: Über den Leiter des Kunsthistorischen Instituts in Bukarest George Oprescu erfahren wir: „Professor Oprescu ist ausgesprochen französisch orientiert, macht aber wenigstens kein Hehl daraus. In seinem Institute sind zahlreiche französische und englische Bilder zu sehen, kaum ein italienisches, nicht ein einziges deutsches.“ Während die orthodoxe Geistlichkeit, die Pinder während einer Rundreise durch die Walachei trifft, als „sehr deutschfreundlich“ geschildert wird – der aus Bessarabien stammende Bischof von Curtea de Argeș wird mit den Worten zitiert: „Ich trinke auf das Wohl des Führers und seiner siegreichen Wehrmacht. Möge er uns Bessarabien wiederschenken“ –, positionierten sich nach Pinder andere Bevölkerungsschichten und -gruppen weniger eindeutig: In Siebenbürgen herrschten Vorbehalte gegen Ungarn, in Putna habe man aus Angst vor einem russischen Überfall schon alle Kunstschätze versteckt, vor allem der Osten des Landes stehe unter höchster Spannung. Auch die Tatsache, dass der Balkanfeldzug nicht nur auf Sympathien stieß, spricht Pinder an. Auf der einen Seite weist er auf die potenzielle Unzuverlässigkeit der Rumänen hin: „Für die rumänische Stimmung ist u. a. eine Mitteilung bezeichnend, die uns der Wagenführer [Pinder wurde von einem „volksdeutschen Gauleiter“ aus Siebenbürgen zu einer Autotour eingeladen; Anm. d. Verf.], ein Siebenbürger Sachse machte. Er hatte am Tage zuvor einen rumäni-

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schen Hauptmann in Uniform gefahren, der ihm gesagt hatte: Wenn jetzt die Deutschen in Jugoslawien Schwierigkeiten haben, dann werden wir uns erheben und Euch in den Rücken fallen! Auch behauptete der gleiche Wagenführer, eine Frau habe ihm gesagt: die deutsche Besatzung wird schon nach Hause kommen, aber ohne Köpfe.“

Auf der anderen Seite meint Pinder, positive Reaktionen auf die Besetzung Griechenlands und Jugoslawiens ausmachen zu können: „In Hermannstadt kamen dann die ersten ganz entscheidenden Siegesnachrichten. Auch die Rumänen schienen sie mit Freude aufzu­ nehmen.“83

Wissenschaft als Werbemaßnahme Was die Vorträge selbst anbelangt, so griff Pinder auf ein vergleichsweise schmales Repertoire zurück, das sich in der Regel schon vor einem deutschen Publikum bewährt hatte und meist auch publiziert vorlag. Den einladenden Stellen stand damit ein klar umrissenes Kontingent an Themen zur Auswahl, das sich je nach Einsatzort variieren ließ. In Serbien, Bulgarien, Rumänien und Ungarn sprach Pinder über die „Staufische Plastik“ bzw. die „Plastik der alten deutschen Kaiserzeit“84 und mit ihr über das Ideal des ‚ritterlichen Menschen‘, der das Deutsche Reich nach Osten erweitert und die kolonisierten Gebiete überhaupt erst kultiviert habe. Jenseits der Hauptstädte scheint er durchaus andere Schwerpunkte gesetzt zu haben: Zumindest in den rumänischen Provinzlektoraten hielt er einen kulturanthropologisch ausgerichteten Vortrag über „Rembrandts Selbstbildnisse“, den er bereits in Rom (April 1940), Wien (Juli 1940) und Florenz (1942) präsentiert hatte. 85 Rembrandts Selbstbildnisse werden darin als visuelle Autobiographie in der Nachfolge ­Dürers (also einer spezifisch „germanischen“ Tradition) charakterisiert. In Frankreich wiederum bediente Pinder das etablierte (und bis heute wirksame) Klischee vom „Romantischen“, das die deutsche Kunst von der französischen unterscheide. Dieses „Romantische“ setzte Pinder als überzeitliche Konstante, die in der „bürgerlichen“ Kunst um 1500 ebenso zu entdecken sei wie in der Kunst um 1800, bei Altdorfer, Dürer und Grünewald ebenso wie bei C. D. Friedrich, Goethe und Beethoven.86 In den Vorträgen in Antwerpen und den Niederlanden schließlich betonte Pinder vor allem Gemeinsamkeiten zwischen den ­Völkern. Im Falle der Rubens-Feste war die Argumentation von den deutschen Militär­ behörden vorgegeben, die nach der Besetzung Belgiens und der Eroberung Antwerpens im Mai 1940 die Feierlichkeiten zu Rubens’ 300. Todestag an sich gezogen hatten, um sie für Propagandazwecke zu nutzen und mit Blick auf die Herkunft des Malers die historischen Beziehungen zwischen beiden Ländern herauszustreichen.87 Auch Pinders Vortrag sollte, wie es im Dienstreiseantrag heißt, „die Verbundenheit zwischen Deutschland und Flandern“ behandeln. Und so sprach Pinder eher beiläufig von Rubens, umso mehr dafür von der „Gemeinschaft des Wesens“, die sich trotz der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen

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politischen Einflussbereichen erhalten habe, von der gemeinsamen „Volksgeschichte“, die stärker sei als die „Staatsgeschichte“, von einem entlang der Küste von Dünkirchen bis Narva reichenden Kulturraum, der die „Rückeroberung der alten Stammsitze im Norden“ in der Zeit der staufischen Kaiser getragen habe, von dem Spannungsverhältnis zwischen Naturbeobachtung und dem „Strom der Bewegung“, der die Figuren in der deutschen Kunst dominiere, um unter dieser Prämisse schließlich Rubens zu einem „der höchsten Träger der germanischen Sendung“ zu küren.88 In ähnlicher Weise funktionierten die Vorträge „Deutsche und niederländische Kunstbetrachtung“ und „Der Innenraum in der deutschen und niederländischen Kunst“, zu denen die Niederländisch-Deutsche Kultur­ gemeinschaft (Nederlandsch-Duitsche Kulturgemeenschap; NDK) im Mai 1941 ins Amsterdamer Kolonial-Institut und in das Pulchri-Studio in Den Haag eingeladen hatte. Die NDK war erst wenige Monate zuvor, im F ­ ebruar 1941, in Den Haag mit dem Ziel gegründet worden, das spannungsgeladene Verhältnis zu Deutschland im Sinn der deutschen Besatzer und der niederländischen Nationaal-Socialistische Beweging (NSB) zu modellieren.89 Der Amsterdamer Vortrag fand im Rahmen der offiziellen Eröffnung des „Arbeitskreises Amsterdam“ der NDK statt.90 Rhetorisch geschickt schwor Pinder seine Zuhörer zunächst auf ein Gemeinschaftserlebnis ein,91 um dann die „geborene Verwandtschaft“ zwischen beiden Völkern zu betonen, die sich gegenseitig künstlerisch in einer „inneren Wachstumsgemeinschaft“ befruchtet hätten, aber über Jahrhunderte weg in ihrem tiefsten Wesen gleichen (letztlich germanischen) Prinzipien gefolgt seien.92 Wieder spielte er eine gemeinsame Vergangenheit gegen die Trennung durch moderne Staatsgrenzen aus – zwar habe man sich „auseinandergelebt“, aber noch die Brüder van Eyck oder die Brüder Limburg seien von ihren Zeitgenossen selbstverständlich als „Deutsche“ bezeichnet worden.93 Zumindest ein Teil der Zuhörer wird gerne bereit gewesen sein, diesen Argumenten zu folgen: An dem Vortrag in Den Haag nahmen neben Ernst Schwebel, dem Vertreter des Reichskommissars der Provinz Süd-Holland Arthur Seyss-Inquart, auch Tobi Goedewaagen, Robert van Genechten und Jan van Dam teil, allesamt prominente Kollaborateure, die von den Besatzern in hohe Staatsämter gehievt worden waren.94 Offensichtlich erfüllte Pinder seine außenpolitische Mission zur vollsten Zufriedenheit der Auftraggeber. Als das Auswärtige Amt im April 1942 erwog, alle deutschen Institute in Italien in einem „Deutschen Kulturinstitut“ zu vereinigen und auf eine der „totalen Annäherung der Achsenmächte“95 entsprechende Linie zu bringen, wurde auch sein Name für die Direktorenstelle genannt. Die Anregung dazu kam nicht von Seiten des REM, scheint aber auch vom deutschen Botschafter in Italien Hans Georg von Mackensen, der ein bekennender Pinder-Fan war, unterstützt worden zu sein.96 Pinder war offensichtlich einem Wechsel nach Italien nicht abgeneigt, zumindest bat er für das Wintersemester 1942/43 um Beurlaubung und „Entsendung“ nach Rom.97 Seine Berufung hätte ein deutliches ­Zeichen für die Umorientierung der deutschen Auslandsinstitute und der deutschen Ita­ lienforschung gesetzt: Wäre hier doch ein Wissenschaftler mit der Oberaufsicht betraut worden, der die Wege des Kulturtransfers höchst einseitig definierte und bis auf einen

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Vortrag zu Piero della Francesca (1931) keinen greifbaren Beitrag zur Kunstgeschichte Italiens geleistet hatte.98 Das Vorhaben scheiterte jedoch nicht an mangelnder Forscherkompetenz, sondern am Einspruch der Dienststelle Rosenberg und ihrer Gefolgsleute99 sowie am Kompetenzgerangel zwischen dem Auswärtigen Amt und dem REM, das für die italienischen Institute andere Pläne verfolgte.100 Gleichwohl hatte Pinders Reisetätigkeit seine Stellung deutlich gestärkt. Im Juni 1943 forderte eine Sprachregelung des Zeitschriften-Dienstes die Presse auf, Pinder, der „auch im Ausland als der führende deutsche Kunsthistoriker“ anerkannt werde, anlässlich seines 65. Geburtstages zu würdigen: „Gerade im Kriege gilt es die Bedeutung, welche Pinder dem Reichsgedanken eingeräumt hat, zu betonen“.101 In diesem Sinne berichteten die deutschen bzw. von Deutschland kontrollierten Zeitungen. Pinder, so heißt es beispielsweise in der (deutschsprachigen) „Pariser Zeitung“, habe mit seinen Forschungen einen Beitrag zur „Stellung Deutschlands als Herzland Europas [geliefert], für das es jetzt seinen gewaltigen Kampf führt“.102 Und die „Deutsche Zeitung in Norwegen“ erklärte: „Pinder verdanken wir es auch, dass die germanische Symbolgestalt des Bamberger Reiters zum Zeugen deutschen Herrentums wird. In seinem Wirken hat er der deutschen Sendung ebenso gedient wie der Forschung.“103 Die Glückwünsche zum Geburtstag kamen nicht nur aus dem Kollegen-, Freundes- und Schülerkreis, sondern auch aus der (Außen-)Politik. Neben Pinders Dienstherrn, dem Reichserziehungsminister Bernhard Rust, dem Reichsstudentenführer (und zugleich Gauleiter und Reichsstatthalter für den Gau Salzburg) ­Gustav Adolf Scheel und dem Leiter des Auslandsamtes der deutschen Dozentenschaft Hans Baatz reihten sich der Reichsminister für Bewaffnung und Munition Albert Speer, der Gauleiter und Reichsstatthalter des 1938 annektierten „Sudetengaus“ Konrad Henlein ­sowie der Gauleiter und Reichsstatthalter in Wien Baldur von Schirach in die Schar der Gratulanten ein;104 von der rumänischen Regierung kam ein Orden. Auf dem Höhepunkt seines Ruhmes musste sich Pinder allerdings auch damit auseinandersetzen, dass die Artefakte, die er zu Vorposten des Deutschtums in Europa erklärt hatte, Opfer eben jenes Krieges wurden, für den er sie instrumentalisiert hatte. Das Thema der Ansprache, die er 1943 am Tag vor seinem Geburtstag im Großdeutschen Rundfunk hielt, handelte deshalb von der „Unzerstörbarkeit der Kunstdenkmäler im Bewußtsein der Völker“ und hob noch einmal die Bedeutung der Kunst für die politische Selbstverortung hervor – nun nicht mehr als materiellen, sondern als immateriellen Besitz des kollektiven Gedächtnisses.105 An der Mission der Kunst als Wegweiser zu nationaler Größe freilich hielt er auch dann noch fest, als die Träume vom „Großdeutschen Reich“ Deutschland in Schutt und Asche gelegt hatten. Am 18. April 1945 – die finale Schlacht um Berlin war bereits im Gange, die Niederlage mit Händen greifbar  – veröffentlichte er in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ den Artikel „Deutschlands unbezwingliches Herz“, in dem er den „Haß der Feinde“ anprangerte, die die „Zeugnisse der deutschen Schöpferkraft“ angriffen, und zugleich, ganz im Sinne der politischen Durchhalteparolen der ­letzten Kriegsmonate, auf der Unzerstörbarkeit dieser Schöpferkraft insistierte: „Den Leib

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Deutschlands, seine lebendigen Menschen haben sie [die Feinde; Anm. d. Verf.], wo sie nur konnten, gemartert. Deutschlands Herz selber werden sie nicht umbringen. Die Geschichte wird es zeigen.“106 Das expansive Potenzial des deutschen Volkes, so insinuiert der Nachsatz, kann zwar vorübergehend gebannt werden, lebt aber in seinem Kern unverändert weiter. Konstanz nahm Pinder auch für seine Überzeugungen in Anspruch. Nach dem Krieg von der Universität suspendiert, klagte er im März 1946 dem Göttinger Anglisten Herbert Schöffler, dass er in Berlin als Nationalist verunglimpft werde: „Sie in Göttingen wissen, dass mein Nationalgefühl immer innerhalb eines europäischen gelebt hat. Ich habe an meiner Gesinnung nichts zu ändern (so wenig wie nach 1933).“107 Davon, dass dieses Nationalgefühl von einem „Großdeutschland“ in den Grenzen des salischen oder staufischen Reiches ausging und den Wissenschaftler zum Werbeträger nationalsozialistischer Außenpolitik hatte werden lassen, war keine Rede mehr. Schließlich waren auch die Reisen im „Staatsinteresse“ im Rückblick zu ganz normalen Dienstreisen geworden mit dem genuin kunsthistorischen Auftrag, Vorträge zu Rembrandt, Rubens, der staufischen Plastik und der deutschen Renaissancekunst zu halten.

Abkürzungen BArch BBAW BDC HUB UA IfZ

Bundesarchiv Berlin Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften Berlin Document Center Universitätsarchiv der Humboldt-Universität, Berlin Institut für Zeitgeschichte, München

Anmerkungen 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Schreiben des Reichserziehungsministeriums (REM) vom 4.9.1941 an Wilhelm Pinder. HUB UA, PA Pinder, Bd. 2/43–44; vgl. auch AURENHAMMER 2004, 35; HELD 2003, 25. HAUSMANN 2007, bes. 198–211. Paul Clemen, Entlastungsschreiben für Herman-Walter Frey vom 12.1.1947, zit. nach CUSTODIS 2014, Dok. 4a, 170. Richard Sedlmaier, Entlastungsschreiben für Herman-Walter Frey vom 22.3.1947, zit. nach CUSTODIS 2014, Dok. 22, 200. Fritz von Twardowksi 1942, zit. nach HAUSMANN 2001, 20. Vernehmungsprotokoll vom 14.12.1944, zit. nach JÄCKEL 2008, 31 f. Stellungnahme der ordentlichen Professoren und des Prodekans der Philosophischen Fakultät Würzburg vom 27.10.1944, zit. nach JÄCKEL 2008, 33. HALBERTSMA 1991, 172. Für die Kriegsjahre verzeichnet Pinder hier lediglich vier Reisen. Georg Scheja, Stellungnahme vom 4.5.1946, zit. nach HALBERTSMA 1991, 178.

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10 Abschrift eines Briefes von Wilhelm Pinder vom 3.9.1940. HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 127. 11 Schreiben des Preußischen Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, Verordnung vom 23.9.1926. HUB UA, Bd. 162. 12 Erlass Nr. 1451 vom 26.3.1934. HUB UA, Bd. 45, Bl. 2. Zwar wurde die Entscheidung zwischen März 1937 und März 1939 vorübergehend an die Rektoren delegiert, die zweimal im Jahr Sammelberichte über die Auslandsreisen vorlegen mussten (Schreiben des REM vom 19.3.1937, Abschrift HUB UA, Bd. 45, Bl. 1), doch wurde diese „Generalvollmacht“ zum 6. März 1939 zurückgenommen, neue Generalvollmachten „mit Rücksicht auf die vielfach schnell wechselnde außenpolitische Lage“ nicht mehr erteilt: HUB UA, Bd. 45, Bl. 37. 13 Schreiben REM vom 19.3.1937. Abschrift HUB UA, Bd. 45, Bl. 1. 14 Abschrift eines Schreibens des Preußischen Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 23.5.1933. HUB UA, Bd. 45, Bl. 6. 15 Amtsblatt vom 1. Februar 1937, Nr. 2, S. 28 f. HUB UA, Bd. 45, Bl. 10. Dass diese Maßnahme nicht nur als Hilfestellung gedacht war, wie das Ministerium gerne beteuerte, sondern vor allem der Kontrolle der Reisenden diente, zeigt der Zusatz, die Kontaktaufnahme sei vor allem wichtig „in Ländern, in denen das Judentum eine vorherrschende Stellung auf kulturellem Gebiet einnimmt und in denen sich Emigranten in das deutsche Kulturleben betreffende Fragen in den Vordergrund zu schieben versuchen. Dort ist es in besonderem Maße erforderlich, daß die reichsdeutschen Gäste an Ort und Stelle durch die zuständige Auslandsvertretung über die dort herrschenden Verhältnisse ins Bild gesetzt werden“. Ebd. 16 Diese Berichte sollten zunächst nur dann ans Ministerium weitergeleitet werden, wenn sie „politisch oder kulturpolitisch wichtige Beobachtungen oder Anregungen“ enthielten (Schreiben des REM vom 19.3.1937. Abschrift HUB UA, Bd. 45, Bl. 1); ab 1940 waren sie an das Ministerium zu richten. Pinder wurde allerdings schon nach seiner Reise nach Skandinavien und ins Baltikum im September 1938 aufgefordert, seinen Bericht ans Ministerium zu senden: Schreiben des REM an den Rektor, 13.7.1938. HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 75 und Bd. 2, Bl. 148. 17 Vertrauliches Merkblatt vom 1.6.1942. HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 70 f. 18 Begründet wurde die Frist damit, dass die Berichte „sonst wesentlich an Bedeutung verlieren können“. Schreiben des REM vom 29.5.1941. HUB UA, Bd. 45, Bl. 50. 19 PETERSEN 1990, 519; MICHELS 1993, 49. 20 Rundschreiben des REM an die Universitätsrektoren vom 10.10.1939. HU UA, Bd. 45, Bl. 50. 21 In den Anweisungen des Ministeriums heißt es dazu: „Dass in der vorläufigen Beantwortung einer ausländischen Einladung die Pflicht zur Einholung meiner Genehmigung erwähnt wird, ist nicht erwünscht.“ Schreiben vom 24.9.1940. HUB UA, Bd. 45, Bl. 71. 22 Merkblatt des REM, o. D. (ausgegeben am 1.3.1943). HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 92–94. 23 Rundschreiben des REM vom 16.7.42. HUB UA, Bd. 45, Bl. 91. 24 Ebd. 25 Rundschreiben des REM an die Universitätsrektoren vom 10.10.1939. HUB UA, Bd. 45, Bl. 50. 26 Vgl. den Aufsatz von Almut Goldhahn in diesem Band. Im Falle Pinders scheiterte der Versuch von Adolf Mahr, Direktor des Irischen Nationalmuseums in Dublin und Landesgruppenleiter der Auslandsorganisation der NSDAP, für Pinder einen Gastvortrag an der Nationaluniversität in Dublin zu organisieren, daran, dass sich Pinder weigerte (oder nicht in der Lage war), den Vortrag auf Englisch zu halten (Schreiben des REM an Pinder vom 27.10.1937. HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 153). Dass die Direktive nicht unbedingt den Erwartungen des Publikums entsprach,

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zeigt ein Bericht des Philosophen Erich Rothacker, der während des Krieges zwei Vorträge im Deutschen Wissenschaftlichen Institut in Paris hielt, den einen auf Deutsch, den anderen in „holperigem“ Französisch: „Das Deutsche Institut hielt diese Sprachwahl für notwendig. Aber die ‚normaliens‘ sagten, sie gingen nur in deutsche Vorträge um deutsch zu lernen.“ Zit. nach HAUSMANN 2001, 121. Rundschreiben des REM an die Universitätsrektoren vom 27.10.1938. HUB UA, Bd. 45, Bl. 48. Ein Rektoratsbericht der Friedrich-Wilhelms-Universität nennt für das Jahr 1935 noch 23 Professoren, die einer Einladung ins Ausland gefolgt seien, für das Wintersemester 1936/37 nur noch neun: NAGEL 2012, 449. Von der philosophischen Fakultät zählte neben Pinder vor allem Franz Koch, seit 1935 zunächst Extraordinarius, dann Ordinarius am Germanischen Seminar der Berliner Friedrich-WilhelmsUniversität und zwischen 1937 und 1940 Dekan, zu der Professorengruppe, die regelmäßig, in staatlichem Auftrag im Ausland unterwegs war: HÖPPNER 1997. Zu Pinders Position in der deutschen Kunstgeschichte vgl. insbesondere SUCKALE 1986; HELD 2003; STÖPPEL 2008; BREDEKAMP 2010. PINDER 1934 a, 26–69. PINDER 1940, 10–14. Zu den Auseinandersetzungen mit den Kollegen Kurt Karl Eberlein und Alfred Stange, den Problemen mit der Dienststelle Rosenberg und dem vielzitierten Angriff im „Schwarzen Korps“ 1940 zusammenfassend SUCKALE 1986, 12 f. und HELD 2003, 22–24. Amt Bildende Kunst in der Dienststelle Rosenberg (Robert Scholz?), Stellungnahme zu dem Aufsatz „Kulturpolitik und Kunstwissenschaft“ im „Schwarzen Korps“ über Wilhelm Pinders Schrift „Wesenszüge deutscher Kunst“, 26.8.1941. BArch, MS8/243, Bl. 79–83. So heißt es im Band zum „Deutschen Barock“: „Ein Volk, das vielleicht einer großen, sicher aber einer schweren Zukunft entgegengeht, hat allen Anlaß, sich mit seinen alten Kräften zu verbinden und das dumme Kleben an der Gegenwart nicht nur durch blindes Vorwärtsdrängen, sondern auch durch Freundschaft mit dem Vergangenen zu überwinden.“ PINDER 1912, IV–V. PINDER 1935, 596. Vgl. den undatierten Zeitungsausschnitt „Zum 10. April – Geheimrat Pinder an die DVZ“, in dem Pinder die Annexion als „wunderhafte Tat, für die alle Deutschen dem Führer (nicht nur am 10. April) zu danken haben“, bezeichnet: BBAW, NL W. Pinder 238. Dass sich die Zustimmung keineswegs nur auf die offizielle Verlautbarung bezog, zeigen auch andere Dokumente in Pinders Nachlass. So notierte Pinder auf einem Zettel stichwortartig wichtige Stationen seines Lebens: „Krieg  – Strassb[urg] – Breslau Berufung Wien – 1922 München – 1935 Berlin – 60. Geburts[tag]: Österreich!“ BBAW, NL W. Pinder 24. In seiner Begeisterung wusste Pinder sich u. a. mit dem Wiener Ordinarius Hans Sedlmayr einig. Einen Reflex darauf finden wir in einem undatierten Brief, in dem sich Sedlmayr für die „begeisternden und ergreifenden Worte“ bedankt, mit denen ihn der Kollege als „Reichsdeutschen“ willkommen geheißen habe: „So wie Sie mich begrüßen, so warmherzig, so begrüßen wir Österreicher, die ältesten und jüngsten ,Reichdeutschen‘ alle im ‚Reich‘, so begrüßt uns Deutschland. [...] Und Bürckel [gemeint ist der Gauleiter und spätere Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich, Josef Bürckel, Anm. d. Verf.] ist ganz der richtige Mann. [...] Auch ihn verdanken wir diesem Menschen, den Sie mit recht ‚gottgesandt‘ nennen, von dem wahrhaftig das Heil gekommen ist.“ BBAW, NL W. Pinder 199. Für die Erlaubnis, die Korrespondenz im Nachlass Pinder einsehen zu dürfen, danke ich Frau Dr. Dorothea Peters.

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38 Vgl. Pinders Vortrag „Die Rolle der österreichischen Kunst innerhalb der gesamtdeutschen“, gehalten am 20.4.1940 vor der Mittwochsgesellschaft: SCHOLDER 1982, 187–190. 39 Schreiben Wilhelm Pinders an den Rektor vom 19.3.1938 (Antrag auf Genehmigung einer zwei bis dreiwöchigen Exkursion nach Österreich). HUB UA, Philosophische Fakultät 1945– 1990 (Nr. 40), 01/02. Das Gesetz über die „Wiedervereinigung“ wurde am 13. März 1938 unterzeichnet. 40 PINDER 1942, 15. Im Geleitwort zur „Deutschen Kunst in Siebenbürgen“ wird die Differenz zwischen „Staats-“ und „Volksgrenze“ noch als Verlust beschrieben „Kaum jemals ist in der deutschen Geschichte der Unterschied zwischen Staatsgrenze und Volksgrenze so gewaltig gewesen, wie heute. Unsere Last ist schwerer als jemals; also gilt es, sie zum Segen zu wenden. Je weniger das Reich in der Lage ist, die Deutschen zu umspannen, um so inniger beginnen wir unsere wahre Verbundenheit zu erleben.“ PINDER 1934 b, VII. 41 PINDER 1943 a, 149. 42 Grußbotschaft Wilhelm Körte, o. D. (Juni 1943), BBAW, NL W. Pinder 224. Die „Wesenzüge deutscher Kunst“ erschienen 1940 als Reprint des einleitenden Kapitels aus der „Kunst der deutschen Kaiserzeit“ (PINDER 1940). 43 Grußbotschaft Wolfgang Graf Rothkirch, 6.6.1943. BBAW, NL W. Pinder 224. Im Rückblick beschreibt auch der Pinder-Schüler Werner Kloos, dass er seinem Lehrer neben einer Vielzahl positiver Anregungen, auch die „Irrtümer meines Lebens“ verdanke: „Pinders Vision vom ‚Reich‘ gehörte zu den Trugbildern meiner Jugend.“ Brief an Robert Suckale vom 17.2.1987. Ich danke Robert Suckale für die Überlassung einer Kopie dieses Briefes. 44 Zur Kontinuität REUDENBACH 2013. 45 Stellungnahme vom 26.8.1941. BArch, MS8/243, Bl. 79–83. 46 Als Dritten im Bunde nennt ein undatierter Zeitungsbericht ohne Herkunftsangabe in Pinders Nachlass den vom Auswärtigen Amt entsandten Leiter der Hamburger Kunsthalle Gustav Pauli. Der Autor des Artikels legt jedoch Wert auf die Feststellung, dass vor allem Pinder „mit außergewöhnlicher Aktivität und unter Einsatz aller Kräfte der deutschen Sache“ gedient habe. BBAW, NL W. Pinder 232/Vortrag Stufenportal der Romanik. 47 Die Tagung L’avenir de la culture fand vom 3. bis 7. Mai 1933 statt. 48 Vgl. Pinders Schreiben an das REM vom 28.9.1936. HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 37. Pinders Dienstreiseantrag nach London zum nächsten internationalen Kunsthistorikertag 1939 wurde allerdings abschlägig beschieden. Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Der Ablehnung war eine persönliche Unterredung im REM vorausgegangen (Schreiben des REM an den Rektor, 28.3.1939. HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 144). Ausschlaggebend könnten sowohl die außenpolitischen Spannungen nach dem Überfall auf die Tschechoslowakische Republik als auch die allgegenwärtigen Spannungen zwischen dem Ministerium und dem Einsatzstab Rosenberg gewesen sein, wo man Alfred Stange als „Kongressführer“ favorisierte: IfZ 116/15. 49 Das geht aus dem Schreiben des deutschen Botschafters in Ungarn Hans Georg von Mackensen an Pinder hervor, der mit Freude konstatiert, dass das „Kulturabkommen auf diesem Gebiet durch eine Persönlichkeit eine erste Anwendung erfahren wird, deren Name [!] hier in Ungarn einen hohen Klang besitzt [...].“ Schreiben vom 28.9.1936. BBAW, NL W. Pinder 166. Wie aus dem Schreiben hervorgeht, hatten sich von Mackensen und Pinder 1933 anlässlich der Madrider ­Tagung des Institut International de Coopération Intellectuelle kennengelernt. 50 BARBIAN 1992, 423; HAUSMANN 2001, 152.

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51 Brief vom 10.10.1936. BBAW, Nachlass W. Pinder 199; im Anschluss an diese Reise hielt Pinder in Verbindung mit Sedlmayrs Antrittsvorlesung in Wien einen Vortrag über die Salische Kaiserzeit, die Zeit, wie es in einem Brief Sedlmayrs an Pinder vom März 1938 heißt, „nach deren reiner Größe wir uns so oft sehnten“. Ebd. 52 Die Englandreise 1935 war offensichtlich vom Auswärtigen Amt finanziert; inwieweit sie sich an ein kunsthistorisches Publikum richtete, wird nicht ganz klar. Gastgeber war Alexander Bökh vom Corpus Christi College in Oxford. Bökh dankte Pinder nach der Reise, dass dieser Zeit und Geld geopfert habe, um sich für eine gute Sache einzusetzen: „[E]s war der denkbar stilvollste Auftakt zu dem neuen Studienjahr und hat uns viele neue Anhänger und Mitglieder geworben. Ich werde in diesem Sinne an das Auswärtige Amt berichten, das gewohnheitsgemäß hören will, wie die von ihm finanzierten Redner im Auslande gewirkt haben.“ (Schreiben vom 29.10.1935. BBAW, Nachlass W. Pinder 116) Weniger eindeutig festzustellen ist dies für die Reise nach Schweden, Finnland, Lettland und Estland im September/Oktober 1938, die offensichtlich über eine Reisebeihilfe des REM finanziert wurde. Pinder wurde in diesem Fall ausdrücklich angewiesen, sich mit der zuständigen deutschen Auslandsvertretung und dem DAAD in Verbindung zu setzen, „die ihn in der Durchführung seiner Bestrebungen und in der Auswertung seines Auslandsaufenthalts unterstützen werden“. Schreiben des REM vom 13.7.1938. HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 148. 53 Hans von Twardowski, zit. nach LAITENBERGER 1976, 139. 54 Die Berichte der Berliner Professoren sind für das Jahr 1939 vollständig im Archiv der HumboldtUniversität erhalten und geben einen hervorragenden Einblick in das mögliche Spektrum: HUB UA, Bd. 147 und Bd. 148. 55 Der Vertrag, der deutsche Investitionen in Rumänien erleichterte, wurde am 23.3.1939 geschlossen: DREWS 1995, 90. 56 Wilhelm Pinder, Bericht über Reise nach Paris, 4.4.1939. HUB UA, Nr. 148. 57 So heißt es in den „Sonderleistungen der deutschen Kunst“, die französische Kunst habe, anders als die deutsche, vor lauter Taktgefühl „Gefahren vermieden und Siege verpasst. Der Weise vermeidet die Gefahr, der Held setzt sich ihr aus, der kleine erliegt ihr, der Grosse überwindet sie“. PINDER 1942, 18. 58 Wilhelm Pinder, Bericht über Reise nach Paris, 4.4.1939. HUB UA, Nr. 148. 59 Zu Gründung und Struktur der DWI vgl. MICHELS 1993; HAUSMANN 2001. 60 Schreiben des REM vom 20.8.1940. HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 99. 61 Vgl. undatierten Zeitungsausschnitt vom April 1940 zu Pinders Vortrag über Rembrandts Selbstbildnisse im Palazzo Zuccari und den anschließenden Empfang in Anwesenheit des deutschen Botschafters Hans Georg von Mackensen: BBAW, NL W. Pinder 236. 62 Die Vorträge kombinierte Pinder mit der Teilnahme an einer Kuratoriumssitzung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Kunst und Kulturwissenschaft in Rom (ehem. Bibliotheca Hertziana), Schreiben Pinders an das REM, 1.4.1942. HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 119 a. 63 Schreiben Pinders an das REM, 3.8.1940. Pinders Wunsch, den Vortrag in Antwerpen mit einem Vortrag in Nancy zu kombinieren, scheint nicht genehmigt worden zu sein. HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 116 und 121. 64 Die Vortragsreise wurde per Schnellbrief vom 21.5.1941 genehmigt, also außerhalb des „normalen“ Dienstweges: HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 42. 65 Schreiben vom 5.10.1942. Der Vortrag sollte eigentlich am 6.11.1942 stattfinden, die Reisegenehmigung erfolgte allerdings erst am 15.6.1943. HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 68 und Bl. 88.

Dienstreisen in Zeiten des Krieges I 205

66 Mitteilung des REM vom 12.7.1944. HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 104. 67 Die Feiern sollten zunächst am 21. und 22. September 1940 stattfinden, waren dann aber auf November verschoben worden: HEINEN 2009, 81. 68 Schreiben des REM vom 28.12.1942. HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 67. Die Reise sollte eigentlich nach Uppsala, Lund, Göteborg und Malmö sowie Stockholm führen und war sogar schon vom Dozentenbund genehmigt: HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 62. 69 Da die Reise am 16.8.1943 vom Ministerium genehmigt wurde und das Ministerium mehrfach den Bericht anforderte, wird die Absage nicht von dieser Seite gekommen sein: HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 89, 91 und 94. 70 Schreiben des REM vom 20.10.1943. HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 101. 71 HAUSMANN 2001, 178 f. Als Grund gab Pinder Arbeitsüberlastung an: Mitteilung Pinders vom 11.11.1943. HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 102 f. 72 Zu den Exkursionen vgl. AREND 2006, 193. 73 Bezeugt ist etwa eine Reise nach Lemberg (L‘viv/Lwów) und Krakau (Kraków), u. a. zur Ausstellung „Altdeutsche Kunst aus Krakau und dem Karpatenland“ 1942: vgl. AREND 2009, 212. 74 So reiste Pinder im Juni 1942 zu den Sitzungen der Deutsch-Italienischen Kommission zur Neuherausgabe von Goethes „Italienischer Reise“ in Verona und Venedig. HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 121 und 122. 75 Schreiben vom 5.10.1942. HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 68. 76 Abschrift Schreiben Pinders vom 3.9.1940. HUB UA, Bd. 2, Bl. 127. 77 Pinders Münchner Kollege Hans Jantzen etwa lehnte die „Anforderungen“ nach Stockholm und Lissabon mit dem Argument ab, er müsse bevorzugt ein Buch für den „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“ fertigstellen: HELD 2003, 25. 78 Von der Kunstgeschichte als „Dienst am Volk“ ist erstmals in dem zunächst als Rundfunkvortrag gehaltenen Aufsatz zu „Pflicht und Anspruch der Wissenschaft“ die Rede: PINDER 1935, 596. 79 Schreiben an den Universitätskurator vom 22.4.1941. HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 109. 80 Die Verschiebung scheint sehr kurzfristig beschlossen worden zu sein: „Die Reise sollte ursprünglich mit der Befolgung einer Einladung an die Universität Sofia verbunden werden. Im letzten Augenblicke veranlasste das Auswärtige Amt Absage in Sofia. Auch die rumänische Reise sollte, wenn möglich, verschoben werden. Der Leiter unseres wissenschaftlichen Instituts in Bukarest, Professor Gamillscheg, bestand jedoch auf der Durchführung – wie sich gezeigt hat, mit Recht. Die Reise stand freilich unter allgemein etwas aufregenden Bedingungen. Doch mag sie gerade darum sinnvoll gewesen sein.“ Bericht zur Rumänien-Reise vom 10.5.1941. HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 32–34. Aus diesem Bericht stammen auch die folgenden Zitate. 81 Das rumänische Propagandaministerium übernahm die Reisekosten ab Wien, der Wagen für die Rundreise wurde „vom General“, also wohl „Marschall“ Antonescu gestellt: HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 32. 82 Zu Crainic, einem orthodoxen Theologen und vehementen Antisemiten, vgl. CLARK 2012. 83 HUB UA, PA Pinder, Bd. 2, Bl. 34. 84 So der Titel des Vortrags an der Budapester Universität 1936. BBAW, NL W. Pinder 236. 85 Kunstgeschichte, so heißt es in dem 1943 wiederum in der Reihe der „Blauen Bücher“ erschienenen Publikation des Vortrags, „gehört sich nicht allein an. Sie dient der Kunde vom Menschen.“ PINDER 1943 b, 12.

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86 Für den geplanten Vortrag in Paris 1943 hätte Pinder über „Das Romantische in der deutschen Kunst“ sprechen sollen und damit das Thema von 1939 – damals ging es um die „Die Kunst um 1500“ – variiert. Ähnliche Vorträge hatte Pinder bereits 1938 vor der Overbeck-Gesellschaft in Lübeck und vor dem Verein der Berliner Künstler gehalten (BBAW, NL W. Pinder 236); vermutlich basierten alle diese Vorträge auf dem 1939 publizierten Aufsatz „Die Romantik in der deutschen Kunst um 1500“: PINDER 1939. 87 Pinder an das REM am 3.9.1940. HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 121. Die Rubens-Feiern waren schon weitgehend vorbereitet und wurden regelrecht „gekapert“; neben Pinder sprach Jozef Muls, Konservator des Museums voor Schone Kunsten, Antwerpen. Zu Pinders Teilnahme am RubensFest von 1940 vgl. RUBENS 1977, 69 und Heinen 2009, 81. 88 Stichwortartiges Redemanuskript, o. D. BBAW, NL W. Pinder 37. 89 KNEGTMANS 1996. 90 Vgl. die Mitteilung der Nederlandsch-Duitsche Kultuurgemeenschap vom 3.5.1941. BDC VBS 307/8200002325, WI Pinder, Wilhelm 25.06.78, Bl. 1. Für den Hinweis danke ich Dr. Dorothea Peters. 91 „In allem echten Handeln ist immer ein Betrachtendes, alles echte Betrachten ist zugleich ein Handeln. Wenn Deutsche und Niederländer sich zu gemeinsamer Betrachtung zusammenfinden, so ist dies eine Handlung. Die Betrachtung selber hat es erst recht zu sein.“ Redemanuskript „Deutsche und Niederländische Kunst“. BBAW, NL W. Pinder 48. 92 Ebd. In seinem Vortrag über den Innenraum argumentiert Pinder mit Kompositionsstrukturen, in denen er die „schon von der alten Ornamentgeschichte bewiesene germanische Überzeugung, daß die Gestalt immer nur Teil und Spiegel des Alls (Spiegel der Seele und Teil des Raumes) ist“, wiederzuentdecken meint. Ebd. 93 Redemanuskript „Deutsche und Niederländische Kunstbetrachtung“. BBAW, NL W. Pinder 47. 94 Goedewaagen war Generalsekretär des nach Vorbild des Reichspropagandaministeriums neu geschaffenen Departements Volksaufklärung und Künste, van Dam Generalsekretär des ebenfalls neu eingerichteten Departements Erziehung, Wissenschaft und Kulturverwaltung und van Genechten der von der Wehrmacht eingesetzte Generalstaatsanwalt in Den Haag: DE JONG 1972, bes. 263–270 und 336–354. Für die ausführliche Berichterstattung vor und nach den Vorträgen in der niederländischen Presse vgl. die Digitalisate unter http://www.delpher.nl/nl/kranten/ view?query=wilhelm+pinder&page=4&coll=ddd&identifier=ddd%3A110576324%3Ampeg21%3 (29.3.2015). 95 SCHIEDER 1913, 102. 96 Vgl. Anm. 49 und DOBLER 2013, 84. 97 Schon 1941 war der Berliner Ordinarius in das Kuratorium der in „Kaiser-Wilhelm-Institut für Kunst- und Kulturwissenschaft“ umbenannten Bibliotheca Hertziana aufgenommen worden; ebenfalls 1942 wurde ein deutsch-italienischer Professorentausch in die Wege geleitet, in dessen Rahmen Wilhelm Pinder eine Professur in Rom hätte übernehmen sollen. Ich danke Christian Fuhrmeister für beide Hinweise aus seiner demnächst erscheinenden Schrift „Die Abteilung Kunstschutz in Italien. Kunstgeschichte, Politik und Propaganda 1936–1963“. 98 BBAW, NL W. Pinder 232. Schon Leo Bruhns war vor seiner Bestellung zum Nachfolger Ernst Steinmanns als Direktor der Hertziana vor allem mit Publikationen zur deutschen Kunst hervorgetreten, hatte jedoch immerhin 1928 einen populärwissenschaftlichen Band zur italienischen Renaissance publiziert.

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99 Die Gutachten der Dienststelle zeigen einmal mehr, wie sehr man dort gegen Pinders Führungsanspruch arbeitete. Während der Reichsdozentenführer Walter Schultze die mangelnde „Klarheit, insbesondere in der Rassefrage“ ins Feld führte (Brief vom 3.7.1942), bemängelte Alfred Stange, dass Pinders Methode zu „individualisierend“ und nicht geeignet sei, „Aufgaben zu lösen, wie sie unsere Weltanschauung heute stellt“ (Aktennotiz). Der Parteikanzlei der NSDAP teilte man mit, dass sich Pinder „absolut nicht für die Übernahme organisatorischer Aufgaben“ eigne, war sich jedoch intern der Brisanz der Ablehnung bewusst. Man sehe, so heißt es in einer Aktennotiz vom 8.7.1942, dass „wir Pinder nicht als Repräsentanten unserer eigenen kunstgeschichtlichen Auffassung werden betrachten können, daß wir aber angesichts seines großen fachlichen Könnens nur mit großer Vorsicht weltanschauliche Bedenken geltend machen könnten.“ IfZ, MA 116/13. 100 SCHIEDER 2013, 104. Pinders Antrag auf Beurlaubung im Wintersemester 1942/43 und „Entsendung nach Rom“ sowie die UK-Stellung Graf Rothkirchs, der die Vertretung übernehmen sollte, lehnte das REM „bei der gegenwärtigen Lage im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt“ ab: Schreiben vom 26.11.1942. HUB UA, PA Pinder, Bd. 1, Bl. 125. 101 THOMAE 1978, 484. 102 Pariser Zeitung vom 25.4.1943. 103 Deutsche Zeitung in Norwegen vom 23.4.1943. 104 BBAW, NL W. Pinder 224. 105 Über die Rede wurde in der Presse breit berichtet; vgl. Deutsche Allgemeine Zeitung vom 26.6.1943; Frankfurter Zeitung vom 26.6.1943; Neues Wiener Tageblatt vom 27.6.1943; eine Sammlung von Zeitungsausschnitten befindet sich in Pinders Nachlass: BBAW, NL W. Pinder 238. 106 PINDER 1945. 107 Brief vom 26.3.1946, BBAW, NL W. Pinder, 28.

Literatur AREND, Sabine: „Einen neuen Geist einführen ...?“ Das Fach Kunstgeschichte unter den Ordinarien

Albert Erich Brickmann (1931–1935) und Wilhelm Pinder (1935–1945). In: VOM BRUCH 2005, 179–198. AREND, Sabine: The Art History Section of the Institut für Deutsche Ostarbeit in Occupied Cracow (1940–1945). In: Centropa 9 (2009), 209–221. AURENHAMMER, Hans: Zäsur oder Kontinuität? Das Wiener Kunsthistorische Institut im Ständestaat und im Nationalsozialismus. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 53 (2004), 11–54. [AUSST.-KAT. ANTWERPEN 1977] De Roem van Rubens [Rubens’ Ruhm]. Ausst. Archief en Museum voor het Vlaamse Cultuurleven Antwerpen, 18. Juni–25. Sept. 1977. Antwerpen 1977. BARBIAN, Jan-Pieter: „Kulturwerte im Zeitkampf“. Die Kulturabkommen des „Dritten Reiches“ als Instrumente nationalsozialistischer Außenpolitik. In: Archiv für Kulturgeschichte 74 (1992), 415– 459. BREDEKAMP, Horst: Wilhelm Pinder. In: BREDEKAMP/LABUDA 2010, 295–310. BREDEKAMP, Horst/LABUDA, Adam (Hgg.): In der Mitte Berlins. 200 Jahre Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität. Berlin 2010 (Humboldt-Schriften zur Kunst- und Bildgeschichte XII).

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CLARK, Roland: Nationalism and orthodoxy: Nichifor Crainic and the political culture of the extreme

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Juliane Marquard-Twarowski

Ex Libris Dr. Dagobert Frey Beobachtungen zur „kunstgeschichtlichen Ostforschung“ Hoch geehrt starb Dagobert Frey im Mai 1962 in Stuttgart.1 Festschriften zu seinem 60. und 70. Geburtstag, zahlreiche Würdigungen, Nachrufe und Erinnerungsschriften2 zeichneten westlich des Eisernen Vorhangs das Bild eines umfassend gebildeten, kritischen, analytisch und wissenschaftlich präzise arbeitenden Kunsthistorikers und Denkmal­pflegers, den Wilhelm Pinder einst einen „Enzyklopäden“ nannte und dem für sein wissenschaftliches Werk und seine Bemühungen um eine fundierte Methode hohe Wertschätzung entgegengebracht wurde.3 In Polen jedoch prägten und prägen seit 1939 andere Bilder die Erinnerung. Das bezeugt eindrücklich die noch zu Lebzeiten Freys in Deutsch publizierte Schrift „Das Doppelgesicht des Dr. Dagobert Frey“ (1960) des polnischen Kunsthistorikers Stanisław Lorentz.4 Hätten also bereits 1962 die Dagobert Frey mit einem Nachruf Ehrenden wissen können, dass er auf seinem Lehrstuhl in Breslau (Wrocław), den er von 1931 1  Exlibris Dr. Dagobert Frey. bis 1945 inne hatte, nicht nur wissenschaftlich und lehrend tätig war, sondern sich persönlich mit seiner fachlichen Autorität für das NS-Regime engagierte; dass er „kunstgeschichtliche Ostforschung“ betrieb, deren Ziel es war, mit Hilfe von Kunstwerken die weite Verbreitung des Deutschtums bis nach Osteuropa nachzuweisen, und damit einen deutschen Herrschaftsanspruch auf diese Gebiete zu legitimieren? Heute ist der „Fall“ Dagobert Frey sehr gut erforscht5 – Freys Beteiligung am Kunstraub in Polen, seine Verbindung zu Institutionen wie dem Institut für Deutsche Ostarbeit (IDO) in Krakau (Kraków), seine Zusammenarbeit mit Kunsthistorikern, die ebenfalls im Kunstraub aktiv oder in NS-Gründungen wie der Reichsuniversität Posen (Poznań) tätig waren, sowie seine Mitwirkung am „Kriegseinsatz der deutschen Geisteswissenschaften“ sind weitgehend geklärt.6 Im Folgenden sollen einige Beobachtungen zu den Kontinui­ täten und Brüchen in Freys thematischen und methodischen Arbeitsfeldern, in seinen Beziehungen zum akademischen Umfeld und in seinen Denk- und Handlungssträngen als Wissenschaftler und Wissenschaftsorganisator vorgestellt werden, die sich aus der chronologischen Lektüre seiner veröffentlichten Schriften herausarbeiten lassen.7 (Abb. 1)

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Frey in Breslau: Östliches Abendland – kunstgeschichtliches Ostmitteleuropa Die für Frey selbstverständliche enge Verbindung von Kunstgeschichte und Geschichte, die in der Tradition der Wiener Schule mit ihrer Einbindung der Kunstgeschichte als eines selbstständigen und für den Historiker obligaten Fachs im Österreichischen Institut für Geschichtsforschung konstitutiv war, konnte er mit der Übernahme des Lehrstuhls in Breslau 1931 von Anfang an auf- und ausbauen.8 In dem Historiker Hermann Aubin9 traf er auf einen Kollegen, der wie er einen interdisziplinären Ansatz vertrat und die Kunst­ geschichte in seine Vorhaben zur Erforschung der Geschichte Schlesiens einbezog. So erfolgte Freys kunsthistorische Erschließung Schlesiens in regem Austausch mit dem um Aubin geschichtspolitisch ausgerichteten Historikerkreis, der sich unter dessen Führung institutionell zusammen mit Vertretern anderer Disziplinen überregional in der im Dezember 1933 gegründeten Nord- und Ostdeutschen Forschungsgemeinschaft (NOFG) organisiert hatte.10 Damit verankerte Frey schon frühzeitig die Kunstgeschichte in der ­Gemeinschaft der „Ostforscher“11. Dies führte dazu, dass er seine Erforschung der Kunst im Osten des Deutschen Reiches, die er mittels einer beschreibend inventarisierenden Bestandsaufnahme zunächst in einen größeren Interpretationskontext – Ostmitteleuropa – gestellt hatte, schließlich zu „kunstgeschichtlicher Ostforschung“ entwickelte.12 Mit der Übernahme des Ordinariats für Kunstgeschichte an der Friedrich-WilhelmsUniversität in Breslau erschloss sich Frey ein neues Arbeitsgebiet.13 Intensive Studien der Kunst in Schlesien weitete er auf eine Betrachtung der Kunstentwicklung des „deutschen Ostens“ aus. In diesem sah er nicht nur „in seiner Auswirkung auf die benachbarten fremdvölkischen Länder, sondern auch für die gesamte innerdeutsche Kunstentwicklung [...] mehr als eine bedeutsame Aktivitätszone“.14 Das ganze „östliche Abendland“, das er nun in den Blick nahm, bezeichnete er 1938 als „kunstgeschichtliches Ostmitteleuropa“.15 Damit übertrug er einen noch jungen, erst nach 1918 für diese Region gebräuchlich gewordenen Begriff übernationaler Ordnung, der sich bis dahin nur auf die zeitgenössische politische Situation bezogen hatte, auf die von ihm betrachteten historischen Zeiträume. Bei seinen Überlegungen ging es ihm vordringlich um die Einbettung der künstlerischen Erscheinungen in den Kontext der allgemeinen deutschen Kunstentwicklung und die ­Betonung des über Jahrhunderte hin wesentlichen deutschen Kultureinflusses in dieser Region. Vor allem beobachtete er die Einflüsse aus dem niederdeutschen und süddeutschoberitalienischen Kunstkreis, die Wanderung, Übernahme und Verarbeitung von Formen und Ideen aus dem näheren wie ferneren Westen sowie den Import von Kunstwerken, wobei Auftragssituationen im Rahmen politischer, personeller, dynastischer oder höfischer Zusammenhänge sowie das Entstehen und Wirken einzelner Kunstzentren aufgezeigt wurden. Ebenso lebte Freys Interesse an der Erforschung der „Grenzzone zwischen abendländischer und byzantinischer Kunst“ auf, mit der er sich bereits in seinen frühen Wiener Arbeiten über Dalmatien beschäftigt hatte.16

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Frey gewann seinen Begriff „kunstgeschichtliches Ostmitteleuropa“, das er aus „volk­ lichen und geschichtlichen Grundlagen“ und nicht aus geographisch-morphologischen ableitete, einerseits aus der Beobachtung, dass für die kunstgeschichtliche Betrachtung die kirchlichen Grenzen zwischen Rom und Byzanz bedeutsamer seien als die nationalen, andererseits aus der deutsch-zentrierten Definition, „unter dem ostmitteleuropäischen Raum [sei] in kultureller Hinsicht gegenüber dem Westen das Gebiet zu verstehen, das nach einer teilweisen Abwanderung der Germanen von den aus dem Osten nachdrängenden Volksstämmen der Slawen, Awaren, Madjaren zeitweise oder dauernd besetzt und durch die rückläufige Bewegung der deutschen Wiederbesiedlung zum Teil dem Deutschtum wieder zurückgewonnen wurde“.17 Als charakteristisch für den ostmitteleuropäischen Raum beobachtete er bei bestimmten künstlerischen Erscheinungen eine umfassende überstaatliche Verbreitung. Aus seinen Befunden der Kunstentwicklung, die er chronologisch als Entwicklungsperioden mit einer bestimmten „kulturellen Strukturform“ regional differenziert ordnete, präzisierte Frey sein „kunstgeschichtliches Ostmitteleuropa“.18 Dieses weist in der räum­ lichen Abgrenzung große Ähnlichkeiten mit dem Kunstbegriff „Ostmitteleuropa“ auf, welcher von der jüngeren historischen Forschung seit den 50er-Jahren aus der strukturgeschichtlichen Betrachtung heraus, d. h. der Beschreibung Ostmitteleuropas als einer durch übereinstimmende Merkmale gekennzeichneten Strukturregion, entwickelt worden ist.19 Trotzdem darf nicht übersehen werden, dass Freys Interpretationszusammenhang durch eine deutsch-zentristische, auf deutsch-kolonisatorische Vorstellungen (z. B. der Wiederbesiedlungsthese) gegründete Perspektive bestimmt war.20

Methodischer Vordenker einer Kunstgeschichte in Ostmitteleuropa In mehreren Arbeiten der 30er-Jahre erklärte Frey Ostmitteleuropa zum neuen, obligatorischen Forschungsfeld für die deutsche Kunstgeschichte, ohne dessen Kenntnis die Behandlung deutscher Kunst bruchstückhaft bleibe.21 Für die Untersuchung des ostmitteleuro­päischen Kunst- und Kulturraumes hielt er eine kunstgeographische Arbeitsweise für unabdingbar, ­deren methodische Möglichkeiten er 1938 ausführlich in seinem Aufsatz „Die Entwicklung nationaler Stile“ diskutierte.22 Gerade in der Anwendung dieses Ansatzes, der eine enge ­Zusammenarbeit mit den Nachbarfächern (Geschichte, Rechts- und Wirtschaftsgeschichte, Geographie, Sprachforschung und Volkskunde) erforderte, sah er eine Möglichkeit, der Kunstwissenschaft neue Impulse zu geben und „sie wieder stärker in die großen Zusammenhänge raum-zeitlicher Forschung einzubauen“.23 Um diese Forschungsaufgabe innerhalb des eigenen Faches umsetzen zu können, betrachtete er eine regionale Arbeitsteilung durch den Ausbau der kunsthistorischen Institute an den entsprechenden Universitäten als unerlässlich.24

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Damit hatte er sein neues Forschungsfeld, das er am Institut in Breslau etablierte – u. a. durch Vorarbeiten für einen „Atlas der mittelalterlichen Kunst im ostmitteleuropäischen und osteuropäischen Raum“25 und durch Studienfahrten nach Polen26 –, nicht nur in die allgemeine deutsche Kunstgeschichte, sondern auch in die Debatte um deren künftige Ausrichtung eingebracht und sich mit einer methodischen Fragestellung als Vordenker positioniert.27 In Breslau hatte Frey bereits die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen in unterschiedlichen Konstellationen erprobt, beispielsweise in der Organisation und Durchführung eines interdisziplinär ausgerichteten Oberseminars sowie durch seine Mitarbeit an der von Hermann Aubin initiierten „Geschichte Schlesiens“.28 Außerdem nutzte er geschickt die institutionellen Strukturen der NOFG, des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft (DVfK) oder der Deutschen Akademie (DA) für seine Vorhaben.29 Damit empfahl sich Frey selbst indirekt als Experte, der geeignet und bereit war, die Führung, Koordination und Ausrichtung der weiteren Erforschung des „kunstgeschichtlichen Ostmitteleuropa“ zu übernehmen.

Spezielle Expertise – Kunstraub Schon bald nach dem deutschen Überfall auf Polen war Freys Expertise gefragt, allerdings weniger in den Kreisen von Fachgelehrten, die eine wissenschaftliche Erforschung Ostmitteleuropas und grundsätzliche methodische Erwägungen diskutieren wollten, als in politischen. Er lehnte es nicht ab, dem erst Hermann Göring und später Hans Frank unterstellten „Sonderbeauftragten für die Erfassung und Sicherstellung der Kunst- und Kulturgüter“ bzw. „Sonderbeauftragten für die Erfassung der Kunst- und Kulturschätze im Generalgouvernement“ zuzuarbeiten; laut Piotr Skubiszewski übernahm Frey die „wissenschaftliche Steuerung der meisten Beschlagnahmungen im Generalgouvernement“.30 Frey stellte nicht nur sein Wissen den politischen Dienststellen zur Verfügung, sondern beteiligte sich auch persönlich, u. a. im Nationalmuseum und im Königsschloss in Warschau, an der Auswahl von Kunstgegenständen, die zum Abtransport bestimmt wurden.31 Seine namentliche Erwähnung als Berater des „Sonderbeauftragten für die Sicherstellung von Kunstwerken“ auf der Titelseite des Katalogs „Sichergestellte Kunstwerke“ belegt Umfang und Bedeutung seiner Tätigkeit.32 Für die Fachwelt dokumentierte er seinen Expertenstatus mit dem Artikel „Kunstdenkmäler im besetzten Polen“, den er bereits im Oktober 1939 verfasst hatte.33 Am 29. Oktober 1939 öffnete im Schlesischen Museum der Schönen Künste in Breslau die Ausstellung „Kunstwerke und Kunstdenkmäler im ehemaligen Polen“. Gezeigt wurden 35 Fotografien von Kunstwerken, ergänzt durch Zeichnungen von Günther Grundmann und fünf in Freys Breslauer Institut angefertigte Karten, die die räumliche Verteilung der Denkmäler vermittelten.34 Frey selbst hatte diese Ausstellung geplant, die Fotografien ausgewählt und die Bildunterschriften formuliert. Am 5. November 1939 hielt er im Museum einen Vortrag „Deutsche Kunst im ehemaligen Polen“.35

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Dass sein Forschungsfeld politische Relevanz hatte, war Frey von Anfang an nicht ­verborgen geblieben, hielt er sich doch selbst in der Ausrichtung seiner veröffentlichten Arbeiten streng an die Linie der offiziellen Politik: So stand in den ersten Jahren seines Breslauer Ordinariats die Beschäftigung mit der Kunst Polens ganz im Zeichen des wissenschaftlichen Austausches mit polnischen Kollegen.36 Zwar spielte die Bestimmung des deutschen Einflusses für Institutionen wie den DVfK und die DA, die Frey ideell und ­finanziell bei seinen Reisen und Publikationen unterstützten, keine geringe Rolle, dennoch zeigte er der Kunst in Polen gegenüber zunächst noch eine neugierige Offenheit: Einerseits betonte bzw. überbetonte er deren deutsches Element, andererseits beobachtete er aber auch „nationale Züge“ und „national-polnische Sonderformen“. Deutlich wird diese ­Ambivalenz vor allem in seinen Artikeln „Kunstforschung im Osten“ und „Die deutsche Kunst“ aus dem Jahr 1938, in denen neben kunsthistorisch-sachlichen Beschreibungen propagandistisch gefärbte Äußerungen zu finden sind.37 Nachdem Frey 1938 bereits in der Abhandlung „Österreichische Kunst als großdeutsche Kunst“ emphatisch den sogenannten „Anschluss“ Österreichs gefeiert hatte, indem er den „Sinn des großen säkularen Ereignisses der großdeutschen Wiedervereinigung“ in den Kontext der „großen europäischen Leistung des Deutschtums vom Mittelalter bis zur gewaltigen ,Bewegung‘ unserer Tage“ stellte,38 vollzog er im Herbst 1939 die entscheidende Wende zur praktischen Mittäterschaft. Freys politisch angepasste Wissenschaft ging mit seinem Engagement bei der „Sicherstellung von Kunstwerken“ nach der Besetzung Polens in eine aktive Unterstützung der Politik über.39 Der qualitative Unterschied zwischen der zitierten Abhandlung und den nachfolgenden Veröffentlichungen Freys liegt in Folgendem: Auch wenn dieser Artikel Politpropaganda sowie historische und kunsthistorische Interpretation vermischt und unmissverständliche Äußerungen enthält, die das aggressive Vorgehen der NS-Regierung gegen den Staat Österreich befürworten, so ist er doch als eine Rechtfertigung nach Vollzug des „Anschlusses“ verfasst. Der Artikel „Kunstdenkmäler im besetzten Polen“ vom Herbst 1939 steht hingegen im Zusammenhang mit der verbrecherischen deutschen Kriegsführung. Er enthält ein aktuelles Programm und Handlungsanweisungen für die Durchführung des als „Sicherstellung“ verschleierten Kulturraubes. Auf diese Weise legitimierte der Kunsthistoriker das brutale Vorgehen des deutschen Besatzungsregimes in Polen und begründete es aus dem Kontext einer „notwendigen“ allgemeinen „Neuordnung“ heraus. Indem Frey die „bedeutenden Aufgaben“ der Kunstgeschichte für „eine endgültige und alle Belange umfassende Neuordnung“ benannte, eröffnete er sich (und dem Fach) in der neuen politischen Situation, die mit der Liquidierung des polnischen Staates – der Eingliederung großer Teile seines vormaligen Gebietes in das Deutsche Reich und der Errichtung des Generalgouvernements – geschaffen worden war, neue Möglichkeiten: „Fremdvölkischem Wesen in der politischen Gestaltung dieses Raumes [gemeint ist das „ehemalige Polen“; Anm. d. Verf.] seine Stellung zuzuweisen“. Es galt, „deutschen Kulturboden“ endgültig zu bewahren, Denkmalpflege als kulturpolitische Aufgabe zu verstehen und „einen guten Teil

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deutscher Kunstgeschichte [...] als unveräußerlichen deutschen Kulturbesitz wissenschaftlich zurückzugewinnen“.40 Seine Stellung als Konzeptgeber für die kunstgeschichtliche Sektion des von Hans Frank im Frühjahr 1940 eröffneten IDO in Krakau verdankte Frey sicherlich nicht (nur) der Empfehlung Hermann Aubins, der ihn als „den einzigen deutschen Kunsthistoriker, der das polnische Kulturerbe umfassend aus eigener Anschauung kennt“, bezeichnete und ihn als Sektionsleiter bei den Dienststellen des Generalgouvernements vorschlug, sondern vor allem seiner Kennerschaft und seiner bei der „Sicherstellung“ unter Beweis gestellten Loyalität.41 Denn auch nachdem das Krakauer Institut die Zusammenarbeit mit der NOFG – und damit auch mit Hermann Aubin – Ende August 1940 plötzlich beendet und deren Einfluss abgeschnitten hatte, blieb Frey zunächst in inhaltlichen und personellen Fragen als Berater tätig.42 Die beiden Beiträge für das Institut (1940 und 1942), in denen Frey seine kunsthistorischen Ausführungen sowie Überlegungen zur Forschungsorganisation in den Dienst dieser Institution stellte, belegen seine Verbundenheit mit der NS-Ideologie und seine persönliche Beteiligung an der Instrumentalisierung der Kunstgeschichte für die NS-Politik. Frey untersuchte nun nicht mehr die deutschen Einflüsse auf die Kunst in Polen, sondern konstatierte das Vorhandensein „deutscher Kunst“ als Beweis für die Zugehörigkeit des gesamten besetzten Gebietes zum deutschen „Kulturboden“. Damit legitimierte er kunsthistorisch die Expansion im Osten.43 Weitere Belege für seine guten Kontakte und für seine Zusammenarbeit mit den Dienststellen des Generalgouvernements finden sich in seinem Buch über die „deutsche Stadt“ Krakau, das 1941 erschien, und vor allem im Beitrag „Kunstgeschichte“ in „Baedekers Generalgouvernement“ aus dem Jahr 1943. Beide Schriften entstanden auf Anregung und mit ausdrücklicher Unterstützung des Generalgouverneurs Hans Frank.44 Außerdem lieferte Frey verschiedenen Stellen des Generalgouvernements „für den Dienstgebrauch“ Denkmälerkarten, die er für das Gebiet des „ehemaligen Polen“ im Rahmen seiner Arbeit am „Kunstatlas“ erstellt hatte.45 Dass am Osteuropa-Institut zu Breslau unter seiner Leitung noch 1941/42 eine mit Personal- und Sachmitteln ausgestattete kunstgeschichtliche Abteilung eingerichtet wurde, als in anderen Institutionen bereits wegen knapper Finanzmittel und der Einziehung der Mitarbeiter zum Kriegsdienst die Geisteswissenschaften zugunsten der kriegswichtigen Forschungsbereiche reduziert wurden, und diese bis ins Jahr 1944 noch arbeitete, belegt eindrücklich die führende Stellung, die Frey in der „kunstgeschichtlichen Ostforschung“ in den 40er-Jahren einnahm und deren offenbar kriegsrelevante ideologische Bedeutung.46

„Neue Aufgaben der Kunstwissenschaft“ Der Stellenwert, den das NS-Regime der Kunstgeschichte in der weiteren Expansion im Osten Europas offensichtlich zumaß, lag möglicherweise in Freys methodischem Ansatz begründet. Aufbauend auf seine Überlegungen zur Kunstgeographie, hatte er bei der Frage

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nach den Trägern der Kunsteinflüsse immer stärker die Kategorie der Rasse in seine ­Er­örterung einbezogen. In seinem Programm für die kunsthistorische Abteilung im Ost­ europa-Institut betonte Frey die Bedeutung der Kunstgeschichte, die besser als andere ­historische Fachgebiete in der Lage sei, über die enorme zeitliche Spannweite von der Vorgeschichte bis in die Gegenwart das gesamte künstlerische Schaffen bis hin zur Volkskunst und Alltagskultur zu erfassen und „in besonders differenzierter Weise Einblick in die komplizierte rassische und nationale Struktur und die geschichtliche Dynamik der nationalen Bewegungen in den osteuropäischen Ländern zu geben“. Außerdem verwies er darin auf die Möglichkeiten, „kraft der übernationalen Verständlichkeit der Bildkunst“ die Verständigung zwischen politisch befreundeten Völkern mit Hilfe der Kunstgeschichte zu fördern und die Zusammenarbeit mit anderen – im Osteuropa-Institut ebenfalls vertretenen – ­Fächern wie der Rechts- und Wirtschaftsgeschichte fruchtbar zu machen, da das „künst­ lerische Schaffen in den gleichen nationalbestimmten charakterologischen Voraussetzungen“ wie z. B. Rechtsempfinden oder rechtliche Begriffsbildung begründet sei.47 Auf der Grundlage dieser Argumentation ließ sich das Forschungsgebiet räumlich problemlos entsprechend der fortschreitenden Expansion des Reiches erweitern. Es ist zu vermuten, dass die besondere Ausrichtung der Breslauer Anthropologie bzw. Rassenkunde, die auch in der Schlesienforschung um Hermann Aubin eine Rolle spielte, Frey dazu veranlasste, die Kategorie der Rasse in seine Erörterungen einzubeziehen. In der Auseinandersetzung mit der „Ganzheitsanthropologie“, die der Anthropologe Egon von Eickstedt, ein Breslauer Kollege, entwickelt hatte,48 konnte Frey von seinem geistes­ geschichtlichen Ansatz, „die geschichtlichen Erscheinungen als Realisierungen, als Gestaltungen und Formungen des menschlichen Geistes, als Ausdruck des inneren Wandels der geistigen Konstitution“49 zu erklären – wie er es immer gefordert hatte –, eine Brücke zu den morphologischen Forschungsmethoden der Naturwissenschaften schlagen.50 Frey hatte 1938 noch ganz allgemein eine Krise der Kunstgeschichte konstatiert und eine „Neuordnung vom geographisch-historischen Standpunkt“ aus gefordert.51 Zu Beginn des Jahres 1940 legte er nun im Beitrag „Neue Aufgaben der Kunstwissenschaft“52 seine Überlegungen zu den seit den 20er-Jahren geführten Debatten um das Forschungsobjekt und die Forschungsmethoden der kunsthistorischen Wissenschaft einer breiteren Öffentlichkeit vor. Hatte für das 19. und beginnende 20. Jahrhundert die „Frage nach dem stilistischen Ablauf als einer allgemein abendländischen Erscheinung“, in der durchaus die einzelnen Völker und Länder berücksichtigt wurden, Vorrang gehabt, so plädierte Frey für eine Untersuchung der „Träger der Entwicklung als der eigentlich schöpferischen Potenzen“.53 Mit diesem Aspekt hatte er sich bereits in früheren Arbeiten beschäftigt, allgemein in seinem Aufsatz „Die Entwicklung nationaler Stile“ sowie, auf Schlesien bezogen, in der Arbeit „Schlesiens künstlerisches Antlitz“, in der er die künstlerischen Erscheinungen als Ausdruck der Lebenshaltung des „schlesischen Stammes“ interpretierte.54 Frey definierte die Aufgaben der Kunstwissenschaft fortan nach drei Gesichtspunkten: soziologisch, völkisch und rassisch. Den wirklichen „Träger aller schöpferischen geistigen Kräfte“ sah er im

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„Kollektivsubjekt der Gemeinschaft“ und weniger in der Künstlerpersönlichkeit. Im „Kollektivsubjekt“, dem Volk als geschichtlichem Gebilde, verortete er als „Voraussetzung und Grundstoff jeder Volkswerdung die biologische Gemeinschaftsform der Rasse“. Zu dieser habe auch die Kunstgeschichte mit ihren methodischen Möglichkeiten vorzudringen. Eine wesentliche Aufgabe der Kunstgeschichte sah er darin, deren Erkenntnisse mit den Ergebnissen der Biologie und der Rassenpsychologie zu vergleichen und „am kunstgeschichtlichen Stoff eine Rassencharakterologie“ zu entwickeln.55 In „Neue Aufgaben der Kunstwissenschaft“ formulierte Frey ein Programm, das er im Buch „Englisches Wesen in der bildenden Kunst“, 1942 in der Anglistik-Reihe des „Kriegseinsatzes der Deutschen Geisteswissenschaften“ erschienen, auf ein großes geographisches Gebiet angewendet hat.56 In der Einleitung nahm er Bezug auf A. E. Brinckmanns „Geist der Nationen“ und Wilhelm Pinders „Vom Wesen und Werden deutscher Formen“.57 Diesen stellte er seinen eigenen methodischen Ansatz „nationaler Wesensforschung auf kunstgeschichtlicher Grundlage“ gegenüber.58 Er versuchte zu zeigen, wie mit der Überwindung formaler Betrachtung und dem Vordringen zur „schöpferischen Persönlichkeit“, also über den Künstler hinaus zum „Kollektivsubjekt der Gemeinschaft“, die Kunstgeschichte wieder auf gesicherten historischen Boden geführt werden könnte. In der Kunst eine „völkercharakterologische Wesensbestimmung“ vorzunehmen, bedeutete für ihn, sowohl den Zusammenhang zur politischen Geschichte herzustellen als auch eine Brücke zur Biologie und Anthropologie zu schlagen. Für die Erkenntnis der eigenen Kunst sei es laut Frey notwendig, sie „vom völkisch Andersartigen abzuheben“. So setzte er an die Stelle eines kulturgeschichtlichen Prinzips das rassisch-völkische und forderte eine Untersuchung, „inwieweit sich diese völkische Struktur und ihre Ausbildung in der Kunst äußert, inwieweit sich ihre Sondererscheinungen, ihre Spannweite und die in ihrer Entwicklung beschlossenen Gegensätze aus den völkischen Voraussetzungen in rassischer und sozialer Hinsicht erklären lassen“. Seine eigenen Studien zur englischen Kunst, die er als „Baustein“ „für eine Darstellung der Entwicklungsgeschichte der abendländischen Kunst aus den Volkscharakteren und ihren biologischen, geographischen und historischen Voraussetzungen“ verstanden wissen wollte, charakterisierte er als „im höchsten Maße zeitbedingt und vordringlich“. England war also das erste Beispiel, an dem Frey seine – biologische und rassische Kategorien einbeziehende – Methode erprobte. Seine Forderung, Forschungen dieser Art auf die gesamte „abendländische Kunst“ auszudehnen, hieß nichts anderes, als durch die Analyse der Kunstentwicklung zu einer Rassencharakterologie vorzudringen, wie er es bereits 1940 reklamiert hatte.59 Was jedoch auf England bezogen „unverfänglich“ erscheint, nimmt, auf die Kunst Ostmitteleuropas angewendet, eine ganz andere Dimension an: Die Möglichkeit, durch die Analyse von Kunst „völkisch Andersartiges“ zu identifizieren, gab nämlich den Weg frei, die Träger der Kunst rassisch zuzuordnen und schuf zugleich die Voraussetzungen dafür, in einem nächsten Schritt territoriale Ansprüche zu legitimieren sowie rassische Segregation mit Hilfe der Kunstgeschichte „wissenschaftlich“ abzusichern.60

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Frey in der Wahrnehmung seiner Kollegen und Schüler In seinen kunsthistorischen Analysen wählte Frey durchgängig einen wissenschaftlich nüchternen und sachlichen Ton. Lediglich eindeutig politisch-ideologische Passagen lassen ab 1938 eine gewisse Emotion erkennen. Dies führt dazu, dass sich bei oberflächlicher Lektüre alles Nicht-Kunsthistorische als „zeitbedingt“ betrachten und die bewusste Sprachwahl ausblenden lässt. Zwar formulierte Frey inhaltlich durchgängig systemkonform, enthielt sich aber bis 1938 politischer Kommentare. Ab Herbst 1939 unterstützte er dann jedoch aktiv die Politik. Die aufgezeigte Entwicklung lässt sich exemplarisch anhand seiner Schriften und der darin pointierten Verwendung der Begriffe „Kulturboden“,61 „fremdvölkisch“62 und „Neuordnung“63 nachvollziehen. Die Beispiele verdeutlichen, wie zeitnah Frey die auf politischer Ebene gesetzten Ziele, z. B. die Idee einer „europäischen Neuordnung“, in seine kunstgeschichtlichen Abhandlungen aufnahm und die Aufgaben, die die Kunstgeschichte seiner Meinung nach zu übernehmen hatte, der jeweiligen aktuellen Situation und ideologischen Linie, ja sogar dem Frontverlauf anzupassen wusste. Weitere Belege finden sich in seinen Programmen für das IDO und die kunstgeschichtliche Abteilung des Osteuropa-Instituts, in der inhaltlichen und institutionellen Ausweitung des Projektes „Kunstatlas“ sowie in den Planungen für die kunsthistorischen Bände zu „Polen und Rußland“ im Rahmen des „Kriegseinsatzes der deutschen Geisteswissenschaften“.64 Auch sein Wirken im Bereich der Forschungs- und Projektorganisation, der Ausbau von Kooperationen mit anderen Instituten und Fachdisziplinen, sind in diesem Kontext zu nennen.65 Trotz des hier auf der Grundlage seiner veröffentlichten Schriften dargelegten Befundes, dass Frey die Kunstgeschichte für die Politik des Nationalsozialismus instrumentalisiert sowie dem System zugearbeitet und dazu beigetragen hat, die Gewaltherrschaft über Polen zu legitimieren, war die Wahrnehmung des Kunsthistorikers in der Bundesrepublik Deutschland bis weit über seinen Tod hinaus positiv. Sie war von seinen wissenschaftlichen Arbeiten der 20er- und 30er-Jahre sowie der Zeit nach 1945 bestimmt. Otto Demus hat diesen Eindruck im Nachruf auf Frey eingefangen: „In der Bundesrepublik hat man nicht nur seine wissenschaftliche Bedeutung anerkannt – er galt im letzten Dezennium seines Lebens als einer der grand old men der deutschen Kunstwissenschaft und wurde mit Ehrungen überhäuft – man nutzte auch seine bis fast ans Ende ungebrochene Arbeits- und Tatkraft als Organisator.“66

Es stellt sich daher die Frage, ob die tendenziösen, polenfeindlichen und imperialistischen Schriften des „kunsthistorischen Ostforschers“ Frey, d. h. die „kleinen Artikel“ aus der unmittelbaren Vorkriegs- und Kriegszeit (1938–1945), von denen einige in renommierten Fachzeitschriften erschienen und fast alle in verschiedenen Bibliographien aufgeführt sind,67 das Krakau-Buch, der Beitrag in „Baedekers Generalgouvernement“, wie auch seine Tätigkeiten in diesem Zeitraum in Kollegenkreisen tatsächlich unbekannt waren oder be-

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wusst beschwiegen wurden. Dass es in der Bundesrepublik Deutschland gelang, diesen Lebensabschnitt Freys so lange zu verdrängen, wurde offenbar auch dadurch begünstigt, dass er nach 1945 zunächst in keiner Institution der westdeutschen Ostforschung eine offizielle Funktion bekleidete.68 Wenn überhaupt dann sind diese Schriften – wie auch das Buch „Englisches Wesen“ – in der Bundesrepublik sicherlich unter Ausblendung der „zeitbedingten Überbetonungen“69 als Einzelarbeiten gelesen worden, da nach 1945 außerhalb der genannten Institutionen aufgrund der politischen Teilung das Interesse an der Kunst jenseits von Oder und Neiße gering und die Kunst in Ostmitteleuropa fast vollständig aus dem Blick der westdeutschen Kunstgeschichte geraten war. Eine traditionskritische Aus­ einandersetzung wie auch eine wissenschaftliche Aufarbeitung der „kunsthistorischen Ostforschung“ unterblieb bis weit in die 90er-Jahre hinein.70 „Frey hatte die Gabe, sich in kürzester Zeit in neuen Lebensumgebungen zurechtzufinden, und die noch höhere Begabung, auch immer die Möglichkeiten und Erfordernisse einer neuen Situation zu erkennen“, bemerkte Demus in seinem Nachruf.71 Wohl diese Begabung ließ den vermeintlich „unpolitischen Menschen“72 Dagobert Frey auch in seiner Breslauer Zeit die universitären, institutionellen, personellen und politischen Möglichkeiten für seine Forschung erkennen und nutzen. So wie ihn seine „schöpferische Neugier“73 und sein Interesse an interdisziplinären, ganzheitlichen und geistesgeschichtlichen Ansätzen zu methodischen Neuerungen führte, brachten ihn sein Wille zu institutionellem und fachlichem Einfluss sowie sein Talent als Wissenschaftsorganisator dazu, sich als „kunst­ historischer Ostforscher“ unentbehrlich zu machen.

Anmerkungen 1

*23. April 1883 in Wien, †13. Mai 1962 in Stuttgart. Kurzbiographien bei FRODL-KRAFT 1997, 433 und BRÜCKLER/NIEMETH 2001, 72 f. 2 KUNSTGESCHICHTLICHE STUDIEN 1943. – DEM EMERITUS ZUM 70. GEBURTSTAG 1953 und 1954. – DAGOBERT FREY ZUM SIEBZIGSTEN GEBURTSTAG 1954. – DAGOBERT FREY 1883–1962. 1962. – SEDLMAYR 1963. – DEMUS 1963. – FRODL 1962/63. – GANTNER 1965. Gantner geht auf Freys Zeit in Breslau und die in dieser Zeit entstandenen Arbeiten überhaupt nicht ein. 3 Siehe TINTELNOT 1962, 21. Danach stand Pinders Äußerung in Zusammenhang mit Freys Buch „Gotik und Renaissance als Grundlagen der modernen Weltanschauung“ (FREY 1929). 4 LORENTZ 1960. In diesem persönlichen Text fasst Lorentz in einer Art Kurzbiographie zusammen, was er und andere Kollegen vor dem Krieg und ab Herbst 1939 während der Besatzungszeit mit Frey erlebt haben. Darüber hinaus enthält die Publikation Angaben zu Freys Tätigkeit und zur Vernichtung der polnischen Kultur durch das NS-Regime, die im Untergrund zusammengetragen worden sind. Lorentz (1899–1991) war von 1929 bis 1935 oberster staatlicher Denkmalpfleger (Konservator) der Wojewodschaften Wilna und Nowogródek sowie Dozent an der Universität Wilna (Vilnius). 1935 wurde er Direktor des Nationalmuseums (Muzeum Narodowe) in Warschau (Warszawa). Diesen Posten bekleidete er, außer in den Jahren der deutschen Okkupation

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1939–1945, bis 1982. Von 1947 bis 1969 lehrte er an der Universität Warschau. Siehe [o. A.] 1989, 732 f. Zur polnischen Perspektive grundlegend SKUBISZEWSKI 2008, vgl. dort Anm. 160 mit dem Nachweis auch der wichtigen polnischen Literatur. – ZADROŻNY 2009. 5 Hier sind nur die wichtigsten Arbeiten chronologisch aufgeführt: WEINREICH 1946. – BRENNER 1963. – SEYDEWITZ 1963. – SCHULZE 1970. – DILLY 1979. – JUSTIN 1982. – KURZ 1989. – NICHOLAS 1995. – FEIST 1999. – PETROPOULOS 1999. – PETROPOULOS 2000. – MĘŻYŃSKI 2000. – STÖRTKUHL 2001. – STÖRTKUHL 2002. – STÖRTKUHL 2004. – DEHNEL 2003.  – WITEK 2003.  – DEHNEL 2006.  – MARQUARD-TWAROWSKI 2007.  – KAHSNITZ 2008. – SKUBISZEWSKI 2008. – ZADROŻNY 2008 a. – AREND 2009. In Arends beeindruckender Dissertation, die auf umfassenden Archivstudien basiert, sind alle Schriften Freys sowie die Stationen seiner Karriere verzeichnet; zu den biographischen Daten ebd., 420–426. STÖRTKUHL 2010. – AREND 2010. – KACZMAREK-LÖW 2011. – AREND 2012. – STÖRTKUHL 2013. – AREND 2013. 6 Der „Kriegseinsatz der Deutschen Geisteswissenschaften“ ist umfassend erforscht worden von Frank-Rutger Hausmann: HAUSMANN 1998, 204–211 zur Kunstgeschichte; HAUSMANN 2000; HAUSMANN 2007, 198–211 zur Kunstgeschichte, 393–396 zu Frey; speziell zur Anglistik und Amerikanistik im „Dritten Reich“ HAUSMANN 2003. Für den geplanten Beitrag der Kunstgeschichte vgl. AURENHAMMER 2003. Zu Freys Rolle vgl. MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 101–110 und AREND 2009, 557–559. 7 Der folgende Text fußt auf den Ergebnissen meiner systematischen Lektüre der Schriften Freys (MARQUARD-TWAROWSKI 2007), d. h. einer Lektüre unter Einbezug des zeithistorischen, institutionellen und situativen Kontextes der Veröffentlichungen. Vgl. KOCKA 2000, 343. Verwiesen sei hier auch auf den Aufsatz von Klara Kaczmarek-Löw, die Freys Schriften aus der Breslauer Zeit einer Analyse hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Substanz unterzieht und einordnet bzw. teilweise neu bewertet: KACZMAREK-LÖW 2011. Für den Hinweis auf diesen Artikel danke ich Dr. hab. Tadeusz Jurkowlaniec, Prof. IS PAN. – Freys Selbstdarstellung (FREY 1951), die nach dem Krieg entstand und die zu den kritischen Fragen nur ex negativo Aufschluss gibt, wurde von mir ebenfalls herangezogen. Hierbei fiel auf, dass z. B. in der Liste der „wichtigsten Veröffentlichungen“ im Anhang alle zwischen 1939 und 1945 erschienenen Arbeiten fehlen mit Ausnahme von: FREY 1940 a; FREY 1940 c; FREY 1941; FREY 1942 a; FREY 1943 c. 8 Aufschlussreich sind hierzu Freys eigene Ausführungen zur Wiener Schule: FREY 1962. Niederschrift – nach Tonbandaufzeichnung – eines 1959 am Kunsthistorischen Institut der Universität Kiel gehaltenen Vortrags. 9 Hermann Aubin (1885–1969) war 1929–1945 ordentlicher Professor für mittlere und neuere Geschichte und später Direktor des Seminars für historische Landeskunde an der Universität in Breslau. Zu Aubin grundlegend MÜHLE 2005; zur Zusammenarbeit von Frey und Aubin vgl. MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 125–134. 10 Zu den komplexen Vorgängen um die Errichtung und die Tätigkeitsfelder der Großforschungseinrichtung der Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften grundlegend FAHLBUSCH 1999, dort zur NOFG vor allem 178–239. – HAAR 2000, vor allem ab 150. – MÜHLE 2005, 314–358. 11 Stellvertretend für die umfangreiche Literatur: UNGER 2007, zur Begriffsklärung vor allem 31– 37. – HACKMANN 2002. 12 Die Bezeichnung „kunstgeschichtliche Ostforschung“ verwendete Frey explizit in einem Vortrag im Juli 1942, den er aus Anlass der Eröffnung der Ausstellung „Altdeutsche Kunst in Krakau und

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dem Karpathenland“ im IDO in Krakau hielt: FREY 1942 b. Zu dieser Ausstellung ausführlich: AREND 2010, 505–510. Zum Begriff „Ostmitteleuropa“ bei Frey siehe weiter unten. 13 Zu Freys wissenschaftlichem Werdegang, seinen Tätigkeiten, Forschungen und Veröffentlichungen vor der Berufung nach Breslau siehe ausführlich Frey selbst (FREY 1951). Ein dichter, quellengestützter Abriss der „Karrierestationen“ findet sich bei AREND 2009, 420–426. 14 Zitiert aus FREY 1938 b, 362. 15 Der Begriff „kunstgeschichtliches Ostmitteleuropa“ erscheint zuerst in FREY 1938 g, 3 f.; im Artikel FREY 1938 b, 365 bezeichnet er dieses Gebiet als „östliches Abendland“ und, alternativ, als „ostmitteleuropäischer [ostmitteleuropäischen] Kunst- und Kulturraum“. Analyse dazu bei MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 134–142 im Kapitel „Deutsche Kunst in Polen oder Kunst in Ostmitteleuropa“. 16 FREY 1951, 52 f. und 70 (hier auch das Zitat): „[...] das eigenartige Kräftespiel zwischen den Einflußströmen aus dem Westen, Frankreich, Italien, Deutschland und Skandinavien, der Auswirkung der griechisch orthodoxen Kirche von Osten und den aus dem eigenen Volkstum aufsteigenden Kräften.“ 17 FREY 1938 g, 3 f. 18 Ebd. 19 Vgl. HALECKI 1957, 94–128. – ZERNACK 1977, 33–41. – CONZE 1992, 1–11. 20 FREY 1938 g, 8. 21 FREY 1938 a. – FREY 1938 b, 361–367. – FREY 1938 c, 113–114. 22 FREY 1938 a. 23 FREY 1938 b, 365. 24 FREY 1938 b, 367: „Durch planmäßige Bereisungen, durch Anlage von Lichtbildersammlungen, durch den Ausbau bestimmter Institute zu Forschungsstätten für Einzelbereiche, wie Königsberg für das Baltikum, Breslau und Dresden für Polen, Wien für Ungarn, Graz für Südslawien, wäre eine wissenschaftliche Einheitsfront zu schaffen, die in kollegialer Zusammenarbeit mit den Fachvertretern des benachbarten Auslandes die Grundlagen für eine weitausholende, auch auf die Nebenfächer übergreifende Forschung zu legen hätte. Denn nur aus der Gesamtschau im zeitlichräumlichen wie im fachlichen Sinne ist ein ersprießliches Ergebnis zu erhoffen.“ Das hier wiedergegebene Zitat entspricht dem originalen Text Freys. Die von mir unterstrichene Passage wird sowohl bei SCHULZE 1970, 13, als auch bei JUSTIN 1982, 22, als Auslassung [...] angegeben, wodurch der Text eine völlig andere Tendenz erhält. Diese ist in Freys Artikel 1938 eben nicht zu finden, passt aber in das Interpretationsschema beider Autoren, die den Text rückblickend auf die Ereignisse ab 1939 hin deuten. Bemerkenswert ist hier (Oktober 1938!) die aktuelle Einbeziehung von Graz und Wien in die Reihe der „Ostuniversitäten“ sowie die Verwendung des Begriffs „Einheitsfront“, der in einem gewissen Widerspruch zu der „kollegialen Zusammenarbeit“ steht. Dieses Vokabular ist kennzeichnend für eine „kämpfende Wissenschaft“. Vgl. den programmatischen Artikel von RITTERBUSCH 1939, 527–534. 25 Das Atlasprojekt wurde – nach Freys eigenen Aussagen – bereits im Anschluss an die erste Studienreise nach Polen im Spätsommer 1934 begonnen; siehe FREY 1951, 71; ein „Atlas zur deutschen Kunst im Ostraum“ erscheint wieder als Projekt im IDO 1942; in der kunsthistorischen Abteilung des Osteuropa-Instituts zu Breslau unter dem Namen „Kunstgeschichtlicher Atlas Osteuropa“ beschrieben: vgl. FREY 1943 a, 91. Zu diesen Projekten und zum „Kunstatlas des östlichen Mitteleuropa“ der Fachgruppe Kunstgeschichte des Johann Gottfried Herder-Forschungsrates, der „erst-

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malig“ in den 50er-Jahren dort begründet wurde, siehe MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 110– 117; AREND 2009, 215–219 und 565–568. Die Studienreisen wurden vielfach erörtert, u. a. in: SEYDEWITZ 1963, 26; SCHULZE 1970, 27 f.; JUSTIN 1982, 22; KURZ 1989, 77; NICHOLAS 1995, 103; STÖRTKUHL 2001, 37 f.; STÖRTKUHL 2002, 129 f.; STÖRTKUHL 2004, 163 f.; FAHLBUSCH 1999, 53 f. Die erste Fahrt finanzierte der Deutsche Verein für Kunstwissenschaft (DVfK). Frey bereiste 1934 zusammen mit den Kunsthistorikern Günther Grundmann, Provinzialkonservator für Niederschlesien aus Breslau, und Eberhard Hempel, Professor für Kunstgeschichte an der Technischen Hochschule Dresden, sowie dem jungen Historiker Gerhard Sappok, einem auf Polen spezialisierten Schüler von Hermann Aubin, der der Gruppe auch als Übersetzer diente, für sechs Wochen Zentral- und Südostpolen – die Wojewodschaften Schlesien, Krakau, Kielce, Lemberg, Tarnopol, Wolhynien, Lublin, Warschau, Łódź und Posen. Bericht über diese Reise FREY 1938 c; GRUNDMANN 1935; SAPPOK 1936. Eine zweite Studienfahrt, die von der Deutschen Akademie (DA) in München finanziert wurde, konnte Frey zusammen mit Gerhard Sappok im Spätsommer 1938 durchführen. Bericht [o. A.] 1938 b, 513 f.: „Auszug aus dem Bericht von Professor Dr. Dagobert Frey über die zweite, mit Unterstützung der Deutschen Akademie und ihrer Niederschlesischen Landesgruppe durchgeführte Studienreise zur Erforschung deutscher Kunst in Polen (Hervorh. d. Verf.). [...] Die Aufnahme der Reisenden durch die Behörden und die Bevölkerung war ohne Ausnahme freundlich und entgegenkommend. Selbst die Gebiete an der russischen Grenze, für die besondere Sicherungsmaßnahmen getroffen sind, konnten ungehindert bereist werden; auch durfte in diesen Gegenden photographiert werden, was als besonders großzügig festzuhalten ist.“ Siehe Kunstgeschichtliche Studienfahrt [o. A.] 1938 a; SAPPOK 1940. Vgl. MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 37–45; SKUBISZEWSKI 2008, 207 f. und 217 Anm. 214; AREND 2009, 541–547; ZADROŻNY 2009, 38 zählt alle Orte und die wichtigsten Kunstdenkmäler auf, die Frey auf seinen Studienfahrten gesehen hat. Er nennt auch die polnischen Kollegen, die Frey betreut und ihm großzügig alles gezeigt haben; bei AREND 2009, 869–871, Anhang 18: „Tagebuch der Autoexkursion“ [chronologisch]; 872–875, Anhang 19: „Exkursion durch Polen. 2. Reise 1938“ alle Orte [alphabetisch] mit besichtigten Objekten. Vgl. bei AREND 2009, 432–434 eine knappe Zusammenfassung der Ausgangslage der kunstgeschichtlichen Debatten in den 20er-Jahren; MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 162–176. Eine Besonderheit war das von Frey initiierte Oberseminar mit den Germanisten Friedrich Ranke, Paul Merker und Josef Quint, dem Romanisten Fritz Neubert, dem Anglisten Paul Meißner und dem Musikwissenschaftler Arnold Schmitz, das seit WS 1932/33 bis zum Kriegsbeginn regelmäßig im Wintersemester zu ausgesuchten Themen abgehalten wurde. Die Teilnahme war einem engen Kreis von fortgeschrittenen Studenten bzw. Doktoranden der beteiligten Fächer vorbehalten. Siehe dazu HAUSMANN 2007, 395f. und 408; AREND 2009, 797, Anhang 3. Zu Hermann Aubins Projekt „Geschichte Schlesiens“ (GESCHICHTE SCHLESIENS 1938; GESCHICHTE SCHLESIENS 1973) vgl. MÜHLE 2005, 277–293. Darin Freys Beiträge: FREY 1938 e; FREY 1973. Vgl. MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 149–156. FAHLBUSCH 1999; HAAR 2000; AREND 2009, 533–552. Zur Sektion Bildende Kunst der „Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und zur Pflege des Deutschtums – Deutsche Akademie“ FUHRMEISTER 2008. Freys Verbindung zu und Zusammenarbeit mit dem DVfK beschrieben zuletzt KAHSNITZ 2008, 150–152; SKUBISZEWSKI 2008; AREND 2009, 514–522; zur DA und Frey ebd., 522–532.

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30 Frey war bereits im Oktober, dann im November/Dezember 1939 in Polen; vgl. SKUBISZEWSKI, 2008, 217. Zum NS-Kulturraub in Polen und zur Beteiligung deutscher und österreichischer Kunsthistoriker siehe DEHNEL 2003, 298–302. Vgl. den Überblick bei SKUBISZEWSKI 2008, 211–219, der die wichtigste, vor allem auch polnische Literatur nachweist und die Beteiligten in Kurzbiographien beschreibt; zu Dagobert Frey besonders 217 f. Zum Kunstraub und zur Einrichtung des Amtes des „Sonderbeauftragten für die Erfassung und Sicherstellung der Kunst- und Kulturgüter“ und zur Berufung des österreichischen Kunsthistorikers und SS-Sturmbannführers Kajetan Mühlmann als „Sonderbeauftragten“ 1939 sowie zur Tätigkeit dieses Amtes ausführlich AREND 2009, 568–587; AREND 2012, 217–222; AREND 2013, 496–500. 31 Zum Warschauer Schloss SKUBISZEWSKI 2008, 217, Anm. 215; von der umfangreichen polnischen Literatur bzw. den Augenzeugenberichten, die Freys Auftreten bei der „Sicherstellung“ in Polen im Oktober 1939 und dann im November/Dezember beschreiben, sei hier u. a. auf folgende Berichte verwiesen: LORENTZ 1942 a; LORENTZ 1942 b; LORENTZ 1970 a; SAWICKA 1970. Stellvertretend soll hier eine Textpassage von Zofia Kossak-Szatkowska (KOSSAK-SZATKOWSKA 1942, 497) zitiert werden: „Von November 1939 bis Juni 1940 arbeitete im Generalgouvernement die ,Kommission zur Sicherstellung der Kunstdenkmäler‘. Sie wurde geleitet von dem Kunsthistoriker Dr. Frey, Professor aus Breslau, der den polnischen Wissenschafts- und Kunstkreisen gut bekannt war. Denn zwei Jahre vor Ausbruch des Krieges hielt sich Frey einige Monate in Polen auf. Er interessierte sich besonders für die Sammlungen und alle Arten von Kunstdenkmälern. Als Grund für sein Interesse gab er an, eine umfangreiche Monographie über polnische mittelalterliche Kunst schreiben zu wollen. Von diesem Vorhaben sehr angetan, ließen alle Verwaltungs- und Wissenschaftsorgane dem deutschen Gelehrten jede Hilfe zuteil werden. Er erhielt freien Zutritt zu den wertvollsten Sammlungen, sogar zu den nicht öffentlich zugänglichen. Nach Herzenslust machte er Notizen und fotografierte alles, was seine Aufmerksamkeit erregte. Dr. Frey hat seine geplante Monographie nicht geschrieben. Im November 1939 reiste er als Vorsitzender der erwähnten Kommission bewaffnet mit Fotos und Notizen, ausgestattet mit einem hervorragenden Gedächtnis nach Warschau und raubte mitleidslos alle Kunstwerke, alte Handschriften, Miniaturen, Inkunabeln, forderte beharrlich jede Kleinigkeit, die es gelungen war zu verstecken oder beiseite zu schieben. ,Es war hier, ich habe es gesehen!‘ stellte er mit dem ruhigen Zynismus eines Deutschen fest, der die ganze Welt für sein Eigentum hält [...].“ (Übersetzung J. M.-T.). Die o. g. Monographie, die Frey seit 1934 zu schreiben plante, ist unter verschiedenen Titeln annonciert worden. Dazu MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 156–162. Sie sollte vom DVfK herausgegeben werden, ist aber nicht mehr erschienen. Zu den Planungen KAHSNITZ 2008, 150–152, hier 152: „Das Buch ist dem Verein erspart geblieben.“ 32 SICHERGESTELLTE KUNSTWERKE IM GENERALGOUVERNEMENT. Dieser Katalog, der die Mitglieder der „Mühlmann-Kommission“ – darunter Dagobert Frey – nennt, verzeichnet, als „Wahl I“ tituliert, die 526 wertvollsten Kunstwerke von den Tausenden aus öffentlichen wie privaten Sammlungen in Polen geraubten Objekten. Das einzig vollständige Exemplar der Dokumentation (Einzelblätter in vier Schubern) befindet sich im Nationalmuseum in Warschau. Es wurde in der Ausstellung „Tür an Tür. Polen  – Deutschland. 1000 Jahre Kunst und Geschichte“ 2011/2012 im Martin-Gropius-Bau in Berlin gezeigt. [AUSST.-KAT. BERLIN 2011], 647, Kat.Nr. 19.9, 19.9a und 19.9b (alle Wojciech Kowalski/Hendrik Budde) und Abb. des Titelblatts 676. 33 FREY 1939/40: Am Ende des Artikels, der keine Anmerkungen enthält, ist vermerkt: „Im Oktober 1939“. Illustriert ist der Text mit Zeichnungen von Günther Grundmann, die dieser während der

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Studienreise 1934 (siehe Anm. 26) angefertigt hat. Frey dokumentiert in diesem Artikel seine umfangreiche Denkmälerkenntnis, aber vor allem sein detailliertes Wissen über die Bestände der polnischen Sammlungen, das er sich auch auf seinen Studienreisen nach Polen erworben hatte. Hier wird deutlich, warum Frey für die Mühlmann-Kommission ein wichtiger Experte war. Mit seinem Hinweis auf die Entstehung des Artikels im Oktober 1939 belegt Frey indirekt selbst, dass er zu dieser Zeit bereits für den „Sonderbeauftragten“ arbeitete. Seine hier formulierte Beurteilung der „oft vernachlässigten Denkmäler“ findet sich einige Monate später in der Einleitung zum Katalog „Sichergestellte Kunstwerke“ wieder. 34 Zu dieser Ausstellung, auf die zuerst Beate Störtkuhl (STÖRTKUHL 2001, 38) hingewiesen hat (allerdings mit dem Titel „Deutsche Kunst im ehemaligen Polen“, der sich in [o. A.] 1939, 521 findet), grundlegend ZADROŻNY 2008 a. Zadrożny listet anhand von Archivalien die 1939 in Fotografien präsentierten Kunstwerke auf und beschreibt die Entstehungsgeschichte und die Rezeption der Ausstellung. Die Einladung zur Ausstellungseröffnung ist abgedruckt: „[...] Mit Unterstützung des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft und der Deutschen Akademie, Sektion Schlesien, unternahmen in den Jahren 1934 und 1938 Professor Dr. Frey, Provinzialkonservator Professor Dr. Grundmann, Professor Dr. Hempel, Dresden, Dr. Sappok, Berlin, größere Reisen zur Erforschung der Kunstdenkmäler in Polen und ihrer Beziehung zur deutschen Kunst. Die Ausstellung bietet mit einigen Karten eine kleine Auslese von auf der Reise gemachten fotografischen Aufnahmen. Sie stellen Stichproben dar, um die weit ins Innere Polens reichenden Einflüsse des deutschen Kernlandes anschaulich zu machen.“ Ebd., 514. Vgl. auch ZADROŻNY 2009. 35 Kurz danach brach Frey zum Kommando des „Sonderbeauftragten“ nach Krakau auf. Zadrożny kann aufzeigen, dass Frey der Initiator der Ausstellung war. Darüber hinaus weist er ein weiteres wichtiges von Dagobert Frey und Hans Tintelnot im September 1939 erstelltes 31-seitiges maschinenschriftliches Dokument nach: „Verzeichnis der wichtigsten, eines besonderen Schutzes bedürftigen Bau- und Kunstdenkmäler im bisherigen Polen“. Wie aus der von Zadrożny zitierten Besprechung von Freys Vortrag in der Schlesischen Volkszeitung vom 7.11.1939 hervorgeht, wies Frey selbst auf dieses Dokument und auf in seinem Institut gezeichnete Denkmälerkarten als Teil seines „Programm[s] für die Rettung und weitere Pflege“ hin. Siehe ZADROŻNY 2008 a, 527 f. Zu Freys „Bemühungen um Kunstschutz“ gemäß seiner Aussagen nach 1945: ebd., 531 f.; dazu auch AREND 2009, 575–585. Tadeusz Zadrożny hat die 1939 in Breslau gezeigte Ausstellung anhand des im Gabinet Dokumentów Muzeum Narodowego we Wrocławiu [Dokumenten-Sammlung des Nationalmuseums in Breslau] erhaltenen Verzeichnisses der Fotografien und Bilderklärungen und unter Verwendung von Fotografien der Kunstwerke aus dem Centralne Biuro Inwentaryzacyjne (CBI) przy Ministerstwie Wyznań Religijnych i Oświecenia Publicznego [Zentrales Inventarisationsbüro der Kunstdenkmäler des Ministeriums für Religion und Volksbildung], dessen Bestände sich heute – nach der durch die „Sicherstellung“ 1939 (auch hier war Frey beteiligt) bedingten Odyssee – in den Sammlungen des Instytut Sztuki PAN (Zbiory fotografii) [Kunstinstitut der Polnischen Akademie der Wissenschaften (Sammlung Fotografien)] in Warschau befinden, rekonstruiert. Sie wurde im Winter 2008/2009 im Instytut Sztuki PAN in Warschau präsentiert. Begleitinformation ZADROŻNY 2008 b. 36 Möglicherweise begünstigt durch den im Januar 1934 zwischen Polen und dem Deutschen Reich geschlossenen Verständigungsvertrag: „[...] Die durch diese Grundsätze geschaffene Friedensgarantie wird den beiden Regierungen die große Aufgabe erleichtern, für Probleme politischer, wirt-

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schaftlicher und kultureller Art Lösungen zu finden, die auf einem gerechten und billigen Ausgleich der beiderseitigen Interessen beruhen. Beide Regierungen sind der Überzeugung, daß sich auf diese Weise die Beziehungen zwischen ihren Ländern fruchtbar entwickeln und zur Begründung eines gutnachbarlichen Verhältnisses führen werden, das nicht nur ihren beiden Ländern, sondern auch den übrigen Völkern Europas zum Segen gereicht.“ Der Text des Vertrags ist abgedruckt in: QUELLEN ZU DEN DEUTSCH-POLNISCHEN BEZIEHUNGEN 1815–1991. 2001, 141 f. Vgl. KACZMAREK-LÖW 2011, 44-45. FREY 1938 b, 361–367; FREY 1938 g. Vgl. FREY 1935 a. Dieser Artikel ist die Zusammenfassung eines Vortrages vom Februar 1935 vor der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur (die Ankündigung ist abgebildet bei ZADROŻNY 2009, 36); FREY 1938 c, 113 f. FREY 1938 f, 118. Der Artikel ist in Heft 5 – also Mitte des Jahres 1938 – erschienen. Vgl. die Berichte in LORENTZ 1970. Von der Beharrlichkeit, mit der Frey Kunstwerken auch nach der „Sicherstellung“ nachspürte, zeugt der Bericht von Stanisława Sawicka, damals Kustodin der Graphischen Sammlung der Universität Warschau (Zitat nach SAWICKA 1970, 330; SAWICKA 2003, 429): „Die Deutschen hörten nicht auf, sich für die Graphische Sammlung zu interessieren. Im Dezember 1940 erschien im Kabinett Dr. Grundmann aus Breslau, der Landeskonservator für Schlesien, mit der Forderung, ihm die Architekturzeichnungen Tilmans van Gameren zugänglich zu machen, die vorher Professor Dagobert Frey aus Breslau im Kupferstichkabinett angesehen habe. Tatsächlich war Professor Frey im Dezember 1938 als Benutzer in unserem Kabinett erschienen, hatte sich die Zeichnungen Tilmans angesehen und wollte Fotos von ihnen bestellen. Auf meine Frage, wie er die Rechnung des Fotografen zu begleichen gedenke, erklärte er, dass er eine befreundete Buchhandlung in Lemberg (ukrainische!) habe, die ihm alle diese Angelegenheiten erledige. Der Kustos der Bibliothek, Dr. Makowiecki, Autor einer Arbeit über das TilmanArchiv [die Sammlung der Architekturzeichnungen Tilmans van Gameren in o. g. Sammlung; Anm. d. Verf.], der offensichtlich über das Ziel von Freys Besuch nicht orientiert war, zeigte ihm das umfangreiche Material, das noch nicht bearbeitet und publiziert war. Ich bemühte mich jedoch darum, dass Frey von seiner vorgelegten Wunschliste nur die Fotos erhielt, die bereits bei uns veröffentlicht worden waren. Frey war während der Okkupation in Polen, und seine Rolle bei der Anweisung von Kunstwerken zum Abtransport sowie seine ‚Konfiskationen‘ auf eigene Rechnung (romanischer Türklopfer aus der Klosterkirche in Czerwińsk!) sind bekannt. Er war auch persönlich in Warschau, trieb sein Unwesen im Nationalmuseum. Aber ins Kupferstichkabinett kam er nicht persönlich, sondern schickte dorthin Dr. Grundmann. Grundmann erfuhr nur so viel, dass die Sammlungen des Kupferstichkabinetts bereits im November und Dezember 1939 von Dr. Mühlmann nach Krakau mitgenommen worden seien und sich sicherlich in Krakau auf dem Wawel befänden. Bei dieser Gelegenheit gelang es mir zu erfahren, dass Grundmann die sich dort befindenden königlichen Mappen mit Stichen [aus der Sammlung von Stanisław August; Anm. d. Verf.] durchgesehen hatte und aus ihnen alle ,Militaria‘ herausgenommen worden waren.“ (Übersetzung J.  M.-T.). Zu den Hintergründen und Freys Interesse an diesem Zeichnungsbestand vgl. MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 86–88. Zum romanischen Türklopfer, der in Czerwińsk geraubt worden und bis heute verschollen ist, siehe SKUBISZEWSKI 2008, 217, Anm. 209. Zitate nach FREY 1939/40, 102 f. Im weiteren Text gibt Frey einen detaillierten Überblick über die staatlichen Museumsbestände sowie die in Kirchen- und Adelsbesitz befindlichen Kunstsammlungen in Polen, die teilweise „von großer Qualität und wichtige Zeugen der deutschen Kultureinflüsse und für die deutsche Kunstgeschichte von größter Bedeutung“ seien. Frey zählt folgende Museen

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und Sammlungen auf, seine Beschreibungen sind hier eingeklammert und in Stichworten zusammengefasst wiedergegeben (Schreibweise nach FREY 1939/40): Nationalmuseum in Warschau (archäologische Sammlung, internationale Gemäldegalerie älterer Kunst, Sammlung mittelalterlicher deutscher Plastik und Tafelmalerei aus Polen, große Galerie polnischer moderner Malerei); Museum in Krakau (wertvolle mittelalterliche Plastik und Malerei, die wichtige Zeugen der deutschen Kultureinflüsse sind); Großpolnisches Museum in Posen [Poznań] (ehemaliges Kaiser-FriedrichMuseum, mit dem Bestand der international bedeutenden Gemäldegalerie Raczyński); Museum in Kattowitz [Katowice] (gotische Bildwerke aus Oberschlesien, die „zum Teil auch aus dem Reichsgebiet eingeschmuggelt wurden“); Städtisches Museum in Thorn [Toruń] (mittelalterliche Kunstwerke); Diözesanmuseum in Sandomir [Sandomierz] und Diözesanmuseum in Tarnów („sind für die deutsche Kunstgeschichte des Ostraumes von größter Bedeutung“); Schatzkammern der Dome von Plock [Płock], Gnesen [Gniezno] und Krakau, Benediktinerabtei in Tremessen [Trzemeszno] (kostbarste hochmittelalterliche Meßgeräte, Reliquiarien und illuminierte Handschriften); Schatzkammer von Czenstochau [Częstochowa] (schöne Geräte und Paramente der Renaissance und des Barock); Adelssammlungen: Czartoryski-Museum in Krakau (mit Werken von Leonardo da Vinci, Raffael, Rembrandt, internationaler Ruf ); Czartoryski-Sammlung in Gołuchów; Potocki-Sammlung in Łańcut; Branicki-Sammlung in Wilanów; Radziwill-Sammlung in Nieborów (nicht unbedeutende Sammlung antiker Plastik). Und weiter: „Zur Durchführung der denkmalpflegerischen Maßnahmen wird es notwendig sein, so rasch als möglich die polnischen Denkmalämter mit ihren Akten, Platten und Planbeständen zu übernehmen. [...] Die Zentralstelle für Denkmalpflege im Unterrichtsministerium in Warschau verwahrt vor allem das Material der Denkmälerinventarisation, das sicherzustellen ist.“ Vgl. MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 57–59; AREND 2009, 104 f. 41 So Hermann Aubin in einem Brief an Arthur Seyß-Inquart vom 27.4.1940. Zitiert nach RYBICKA 2002, 15 f. 42 Sabine Arend kommt in ihren Untersuchungen zum IDO in Krakau zu dem Ergebnis, dass sich Freys Tätigkeit und Einfluss auf die Gründungsphase und die Beratung bei der Auswahl des kunsthistorischen Personals beschränkt hat. Siehe AREND 2009, 552–557; AREND 2010, 491–520. 43 FREY 1940 b; FREY 1942 b. Beide Beiträge sind ursprünglich als Vorträge im IDO gehalten worden. Vgl. MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 67–89. 44 FREY 1941; FREY 1943 b, hier LXIII: Seinen Ausführungen zur Kunstgeschichte fügte Frey noch ein persönliches Bekenntnis zur gegenwärtigen Politik an: „Das Generalgouvernement hat durch Sicherungsmaßnahmen, Restaurierungen von Werken der Malerei und Plastik, wie sie die letzten Ausstellungen des Institutes für Deutsche Ostarbeit zeigten, und durch die Berufung deutscher Künstler für öffentliche Aufträge auch im Kriege weitgehend kulturfördernd gewirkt.“ Vgl. Kapitel „Kunst in Polen“ in MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 156–162. Zu Freys Krakau-Buch siehe auch SKUBISZEWSKI 2008, 200. 45 Siehe ZADROŻNY 2008, 527 f.; AREND 2009, 570. 46 MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 90–101; AREND 2009, 199–223. 47 Zitat nach FREY 1943 a, 88. 48 Zu den Beziehungen zwischen der Breslauer Rassenkunde und Frey sowie Hermann Aubin siehe MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 130–134; zu Egon von Eickstedt grundlegend PREUSS 2009. 49 FREY 1929, XXVII. 50 Zum Einfluss der „Ganzheitsanthropologie“ von Eickstedts auf Frey vgl. MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 204–211.

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FREY 1938 b, 364. FREY 1940 a. FREY 1940 a, 2. FREY 1938 a; FREY 1938 d. FREY 1940 a, 2. FREY 1942 a. Ursprünglich war Freys Abhandlung als Beitrag für den Band „Grundformen der

englischen Geistesgeschichte“ (Stuttgart und Berlin 1941) vorgesehen, der von dem Breslauer Anglisten Paul Meißner im Rahmen der „Abteilung Englandwissenschaft – England und Europa“ des „Kriegseinsatzes der deutschen Geisteswissenschaften“ herausgegeben wurde. Sie wurde aber wegen ihres Umfanges als Einzelband der Abteilung veröffentlicht. Die Einladung zur Mitarbeit am „Englandwerk“ erging sicherlich von Meißner, „[...] in der Nazizeit einer der bekanntesten Englandkundler, der sich dem neuen Regime ohne Vorbehalte zur Verfügung stellte“ (HAUSMANN 1998, 70, Anm. 121). Meißner war Spartenleiter des anglistischen „Kriegseinsatzes“ und stand mit Frey seit langem in fachlichem Austausch. Zusammen hielten sie mit Kollegen aus der Germanistik, Romanistik und Musikwissenschaft das interdisziplinäre Oberseminar in Breslau ab; vgl. Anm. 28. Zum „Kriegseinsatz“ der Anglisten HAUSMANN 2003, 297–364, zu Freys Buch 333– 337; HAUSMANN 1998, 152–155 ebenfalls zu Freys Englandbuch und siehe Anm. 6. Zu Freys Tätigkeit als Spartenleiter im Kriegseinsatzwerk für die Kunstgeschichte MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 101–110 und zu „Englisches Wesen“ 182–219; AREND 2009, 557–559. BRINCKMANN 1938. – PINDER 1935. – PINDER 1937. – PINDER 1939. Dieses und die folgenden Zitate aus FREY 1942a, VII–X und 1–9. Seine „Einleitung zu Problemstellung und Methode“ des Englandbuches schließt Frey mit folgenden Worten (9): „Es mögen geniale Würfe, wie sie gerade die letzte Zeit uns gebracht hat – ich denke vor allem an Brinckmanns ,Geist der Nationen‘ und an Pinders ,Vom Wesen und Werden deutscher Formen‘ – uns weiter bringen als theoretische Betrachtungen; methodische Besinnung ist und bleibt aber notwendige Forderung jedes wissenschaftlichen Fortschritts: in diesem Sinne möchte die Arbeit als Versuch aufgenommen werden.“ Was sich hier zunächst als Lob der „genialen Würfe“ seiner Kollegen Pinder und Brinckmann, das Frey an exponierter Stelle platziert, liest, erschließt sich im zweiten Teil des Satzes als Hinweis auf die Konkurrenz, in der er sich zu den als bedeutende Vertreter des Faches anerkannten und öffentlich – d. h. auch von politischer Seite – wahrgenommenen Verfassern sieht. Vgl. die lobende Rezension zu Freys Englandbuch von Hans EFFELBERGER (1943, hier 135); siehe MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 216–219. Zu A. E. Brinckmann: AREND 2003 und AREND 2005. FREY 1940 a, 2. In „Englisches Wesen“ bezieht sich Frey in seinen rassentheoretischen Überlegungen explizit auf folgende Arbeiten: GÜNTHER 1922; GÜNTHER 1926; EICKSTEDT 1934 b; EICKSTEDT 1935. Dass Frey auch andere Arbeiten von Eickstedts gut kannte und berücksichtigt hat, z. B. EICKSTEDT 1934 a; EICKSTEDT 1936, lässt sich aus seinen Ausführungen ableiten. B. Handtmann erfasste diese Sachlage in seiner Rezension (HANDTMANN 1943, hier 273). Danach böte Frey mit der „Gesamtschau des englischen Wesens [...] uns gerade heute wichtige Hilfeleistung in der Erfassung Englands als Gegner unserer eigenen Bestrebungen“. Es ist bezeichnend, dass der Wiener Stadtrat Victor Matejka in einem Schreiben an Otto Demus ausgerechnet Zitate aus Freys Buch „Englisches Wesen“ anführte, um „ein anschauliches Bild der Haltung des Verfassers“ zu geben. Dieser Brief steht in engem Zusammenhang mit der Diskussion um Freys politische Vergangenheit, die Mitte 1946 in Wien begann und in der sich Demus hinter Frey stellte. Zu

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Freys Tätigkeit im Bundesdenkmalamt in Wien ab August bzw. Oktober 1945, seiner Verhaftung und den Untersuchungen zur Beteiligung am Kunstraub durch die Alliierten sowie seine Wiedereinsetzung als Leiter des Instituts für österreichische Kunstforschung beim Bundesdenkmalamt vgl. BRÜCKLER 2004, 394 f., 399 f., 416 f.; FRODL-KRAFT 2004, 444–453; STÖRTKUHL 2001, 40; STÖRTKUHL 2004, 165 sowie AREND 2009, 423–425 und 568–581. Den Begriff „Kulturboden“, der der von dem Geographen Albrecht Penck in den 20er-Jahren entwickelten Konzeption des „Volks- und Kulturboden“ entlehnt war, verwendete Frey erstmalig 1938 (FREY 1938 g, 13) in seinem propagandistischen Fazit, als er den ganzen ostmitteleuropäischen Raum „als in seiner entscheidenden Grundlage deutschen Kulturboden“ bezeichnete. Im Nachsatz fügte er dann jedoch hinzu, dass sich aus diesem seit dem Mittelalter bedingt „nationaltschechische, -polnische und -madjarische Sonderformen“ entwickelt hätten. Im Herbst 1939 bezeichnete Frey das gesamte besetzte Polen als „deutschen Kulturboden“, den es zu bewahren gelte (FREY 1939/40, 98). In seinem Vortrag im IDO 1940 (FREY 1940 b, 21) umfasste der „deutsche Kulturboden“ die Gebiete der Westslawen, der Magyaren und eines Teiles der Südslawen als die Gebiete, die durch „deutsche Kulturtätigkeit [...] der abendländischen Kultur erschlossen und ihr dauerhaft einverleibt“ worden seien. Einen ähnlichen Deutungswandel erfuhr der Begriff „fremdvölkisch“. 1938 noch synonym für „nicht-deutsch“ verwendet, hatte er im Artikel „Kunstdenkmäler im besetzten Polen“ (FREY 1939/40, 98) im Oktober 1939 eine radikale Bedeutung, als es darum ging, „fremdvölkischem Wesen in der politischen Gestaltung dieses Raumes [des besetzten Polen; Anm. d. Verf.] seine Stellung zuzuweisen“. In demselben Artikel (FREY 1939/40, 98) sprach er von „dem weitsichtigen Bestreben, eine endgültige und alle Belange umfassende Neuordnung zu schaffen“. Beachtenswert ist die Neuformulierung der Einzeltitel im „Kriegseinsatz der deutschen Geisteswissenschaften“ zwischen Juni und Dezember 1941 (nach dem Überfall auf die Sowjetunion) und die Hinzufügung der Titel „Deutsche Kunsteinflüsse im ukrainischen Raum“ und „Deutsche Baukunst des Spätbarock in Wilna und Litauen“ bei gleichzeitigem Wegfall des Titels „Die deutsche Tafelmalerei in Polen“. Vgl. Anm. 6 zum „Kriegseinsatz“ und MARQUARD-TWAROWSKI 2007, 105–110 und 110–112. Die Reihe der einzubeziehenden Forschungsstätten wurde ebenfalls – parallel zur Expansion des Deutschen Reiches – ständig erweitert: Zu den deutschen Universitäten Königsberg, Breslau und Dresden kamen 1938 Wien und Graz und nach 1939 Prag (Deutsche Universität) und Posen (Reichsuniversität) sowie das IDO in Krakau und das Osteuropa-Institut in Breslau hinzu. Vgl. FREY 1942 b, 172–176. DEMUS 1963, 391 f. Demus erwähnt u. a. Freys „Gotik und Renaissance als Grundlagen der modernen Weltanschauung“ (FREY 1929), „Der Realitätscharakter des Kunstwerkes“ (FREY 1935 b) und „Grundlegung zu einer vergleichenden Kunstwissenschaft“ (FREY 1949). In allen Schriftenverzeichnissen fehlt FREY 1943 a, FREY 1938 g ist nur in der Erinnerungsschrift 1962 als Einzeltitel „Die deutsche Kunst“ aufgeführt. Erst 1956 wurde Frey Mitglied im 1950 gegründeten Herder-Forschungsrat in Marburg, obwohl er den Aufbau und die inhaltliche Ausrichtung der Fachgruppe Kunstgeschichte (im Herder-Forschungsrat), die aufgrund seiner Empfehlung sein ehemaliger Breslauer Kollege Günther Grundmann leitete, zu Beginn des Jahrzehnts maßgeblich mitbestimmt hatte. Als eine wichtige Forschungsaufgabe der Fachgruppe hatte Frey 1953 die Erarbeitung und Herausgabe eines

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„Kunstatlas des östlichen Mitteleuropas“ initiiert und damit sein seit 1934 betriebenes Projekt in einer neuen Institution angesiedelt (vgl. Anm. 25). Außer einem kurzen Beitrag „Schlesischer Barock“ (FREY 1955) legte Frey keine weiteren Veröffentlichungen mehr zur Kunst östlich der Oder vor. Zum Themenkomplex „Ostforschung in Westdeutschland“ vgl. UNGER 2007. Über Freys Tätigkeit in Wien im Bundesdenkmalamt nach seiner Rückkehr aus Breslau im Januar 1945 vgl. BRÜCKLER 2004 und FRODL-KRAFT 2004 (wie Anm. 60), zur Vertretung des Lehrstuhls des 1951 verstorbenen Otto Schmitt an der Technischen Hochschule in Stuttgart und die letzten Jahre vgl. AREND 2009, 423–426. Peter H. Feist schreibt noch 1999 von „Überbetonung des ,Völkischen‘“ (FEIST 1999, 101). Otto Demus z. B. meinte in seiner Fürsprache für Frey 1946 in Wien, dass anthropologische Erörterungen (gemeint war „Englisches Wesen“) „wohl auf den Zwang, zum Teil auch auf den Denkzwang der Zeitumstände zurückzuführen seien“. Zitiert nach BRÜCKLER 2004, 416. Einen wichtigen Impuls für die kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte des eigenen Faches lieferte 1992 Adam Labuda (LABUDA 1993); vgl. ebenfalls LABUDA 1997. Rainer Kahsnitz spricht von „jahrzehntelangem Schweigen – weniger aus Scham als aus instinktiver und absichtlicher Verdrängung“ (KAHSNITZ 2008, 77), bevor er einen konzentrierten Rückblick über die Auseinandersetzung der Kunstgeschichte und anderer historischer Disziplinen mit ihrer NS-Vergangenheit gibt (77–80). Zur Rezeption der Rassenanthropologie auch in Bezug auf Freys „Englisches Wesen“ siehe BOHDE 2012, 95-97; 188-190. DEMUS 1963, 390. Demus hatte bei dieser Formulierung sicher Freys Tatkraft und seine Initiativen zum Wiederaufbau der Denkmalpflege unmittelbar nach Kriegsende in Wien im Blick. Zu Otto Demus’ Haltung gegenüber Frey und deren Bewertung durch nachfolgende Generationen vgl. BRÜCKLER 2004, 416 f. und FRODL-KRAFT 2004 (wie Anm. 60). „Er war im Grunde seines Wesens ein unpolitischer Mensch“, charakterisiert Gerhard Frey seinen Vater (FREY, G. 1963, 96). GANTNER 1965, 8.

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Ex Libris Dr. Dagobert Frey I 237

. . Giedre Jankevicˇiu¯te

Lithuanian Art History under Nazi Occupation Mikalojus Vorobjovas (1903–1954) and his Views on the Vilnius Baroque School

As was correctly asserted in a recent call for conference papers, ‘Having been neglected for a long time, the study of art history under National Socialism now occupies a firm place in specialized historical research into this period’.1 This call was for the conference “Art History in the Occupied Territories (1939–1945): Discourses, Structures, Practices”. But with regard to my country, Lithuania, this topic is quite new and provoking. It prompts us to explore what was forbidden in the Soviet period even by mention alone, and what is still avoided in post-Soviet Lithuania, namely attempts to write a politically-engaged history of art, excluding the attempts at Sovietisation, which also have not been discussed systematically. Discussion of the division of Lithuania’s artistic heritage is still generally avoided, as it would compel us to talk about the Lithuanian and Polish nationalistic ambitions, which have long heated people’s passions, and it would also induce lengthy polemics about the different visions of the past shaped by these ambitions. In addition, Germans also episodically interfered in this division in the period of the First World War and later in the mid-20th century. The attempts to Germanize the history of Lithuanian art influenced part of the research performed, where the researchers’ attention was drawn to previously unexplored monuments. However, they did not leave a more distinct imprint in the historiography of the Lithuanian artistic heritage, due to several reasons. Firstly, in the 1940s the very subject of art history in Lithuania was still young and tender. Secondly, the determination of art historians to look for the German roots of various creators or works seemed perfectly natural, as medieval architecture and sculpture and Lithuanian Baroque did in fact experience German influence. Thirdly, among the three main districts of Ostland – Lithuania, Latvia, and Estonia – the Nazi authorities were the least interested in the history of Lithuanian art. And fourthly, the attempts to Germanize art history, apart from several articles of propagandist nature in daily news­ papers and obligatory statements in exhibition catalogues, were provided with scholarly arguments, and in the eyes of contemporaries had the status of fully fledged academic ­research. It was only the choice of topic and object of research that took the ideological impact of the environment. Based on these circumstances, this paper analyses the at-

Lithuanian Art History under Nazi Occupation I 239

tempts to Germanize the history of Lithuanian art in the years of the Second World War, which contributes to restoring the full picture of mid-20th century Western art criticism. Before starting to talk about the ‘Lithuanian episode’ in the history of art in Nazi-occupied countries, it must be pointed out that the comparatively quiet period of German civil administration that allowed the propaganda specialists (and those who carried out their commissions) to concentrate on the matters of writing and rewriting the history of art, lasted approximately from the autumn of 1941 until March 1943. In the middle of March 1943, responding to the boycott of the call for the Lithuanian youth to join the SS units, the occupational authorities arrested 46 Lithuanian intellectuals, taking them to the Stutthof concentration camp, and also closed down all institutions of higher education in Lithuania. After these events the problems of Germanization of the history of art lost their urgency. The front was approaching Lithuania, and the economic situation was getting worse, and obviously the concern for physical survival did overshadow the issues of scholarship and scientific propaganda. In May 1943 the Hochschulreferent des Reichskommissars für das Ostland in Riga, Kurt Stegmann von Pritzwald, visited Lithuania with the aim of urging Lithuanian scholars to explore the topics relevant for the German Reich. There was barely any response to those attempts, with only very few cases. For instance, one of the most prominent art historians and monument conservators of the time, Mikalojus Vorobjovas (known as Nikolaj Worobiow outside Lithuania, 1903–1954), led negotiations with officials of the Ostland propaganda services for writing some articles about the German influence on Lithuanian art and architecture (Ill. 1). Following the example of Vorobjovas’s research, the present paper will try to answer the questions of how the aims of Germanization that accompanied the Nazi occupation mani­ fested themselves in the history of Lithuanian art, and what impact they made on it. Other commissioned research, for example the texts by the architect Jurgis Getneris on Lithuanian medieval architecture2, are not so interesting in this respect, as the German roots of the medieval artistic heritage in Lithuania were already recognised and partly researched by specialists before the war. On the eve of the Second World War, research into the history of Lithuanian art was carried out by a group of Polish professors in Vilnius, and several graduates of German, Swiss, and French universities in Kaunas. Despite some political and national tensions, (such as the ideological struggle of Lithuanians for the historical capital of Lithuania, Vilnius, which was annexed by Poland in 1920), Polish and Lithuanian intellectuals maintained personal contacts, and art historians took interest in each other’s works.3 There were three common fields of their scholarly interests: the research of Lithuania’s ethnic heritage; Vilnius’s architecture; and paintings, sculptures, and prints by the artists of the so called Vilnius Art School (Vilniaus meno mokykla in Lithuanian). This was formed in Vilnius University at the very end of the 18th century and continued to exist until 1832, when the University was closed by the Russian tsarist administration as one of the centres of revolt against the Russian. .

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240 I Giedre Jankevicˇ iu¯te

1  Mikalojus Vorobjovas with his daughter Maria in front of the entrance to their house in Vilnius’ Žve·rynas district. Before 1944.

Both Polish and Lithuanian specialists agreed that one of the greatest values of Vilnius’s artistic heritage were architectural monuments from the Baroque period. Since the 1920s, researchers’ interest in interpreting them was focused on Italian influences. Through these influences they sought to reveal the urgency and aesthetic value of Vilnius Baroque, and thus integrate the architectural heritage of Vilnius into the European context. The research gradually became concentrated on the examples of Late Baroque architecture and sculpture that survived in the largest numbers. With the aim to generalize all these phenomena, the term of Vilnius Baroque School was formed, with the aim to define, first of all, the works of architecture (mainly churches) that appeared in the middle of the 18th century in the process of rebuilding the city after the fires that devastated Vilnius earlier in the century. The architects of local descent, Liudvikas Grincevičius, Gabrielis Lenkevičius, Tomas ­Žebrauskas, and several ‘naturalized’ foreigners (including Joannes Valentinus Tobias de Dyderszteyn and Johann Christoph Glaubitz) were recognized as the founders of this school.

Lithuanian Art History under Nazi Occupation I 241

The conception of the Vilnius Baroque School was above all acclaimed by the art historians who lived in Vilnius and were not inclined to reconcile themselves with the status of residents of a Polish province. That is why they sought to emphasize the importance of their city and to present public proofs of the significance of Vilnius’s artistic heritage. The cultural significance of Vilnius and its relations with European artistic centres were no less interesting and exciting to the citizens of independent Lithuania, who were also searching for their modern identity. Certain figures played key roles in this development of art history. The painting and graphic art of the Vilnius Art School was an object of research of the Kaunas-based art historian and museologist Paulius Galaunė.4 In the first half of the 20th century the Polish scholars, Stanisław Lorentz and Marian Morelowski, made the greatest contribution to the research of the Vilnius Baroque School.5 The beginnings of the Lithuanian school of Baroque research were laid by a student of Heinrich Wölfflin, Halina Kairiūkštytė-Jacinienė (1896–1984), who submitted her thesis “Pažaislis, Ein Barockkloster in Litauen” in Zürich University in 1926.6 Around 1939, prompted by the political circumstances (having become involved in Germany’s war against Poland, the Soviets seized the eastern territories of Poland and ‘returned’ Vilnius and the Vilnius region to Lithuania), a student of Wilhelm Pinder, Mikalojus Vorobjovas, began to take interest in the Baroque architecture of Vilnius. Vorobjovas gained occasion to explore the history of Vilnius Baroque after receiving a commission from the Lithuanian Ministry of Education to write a popular propaganda text that would attractively present Vilnius’s architecture and décor for a wider audience. In other words, Vorobjovas had to bring the masterpieces of Vilnius architecture into acquaintance with the citizens of the Republic of Lithuania (or as it was called in the Polish press of that time, the Kaunas Lithuania, or Litwa kowieńska in Polish), who had lived in hope of regaining their historical capital through the entire interwar period. Vorobjovas’s book, “Vilniaus menas” (The Art of Vilnius), was published in 1940.7 In the process of writing this book Vorobjovas became thoroughly acquainted with the existing research into the city’s architecture. Baroque studies were not a new field to him: Vorobjovas had written his doctoral thesis on “Die Fensterformen Dominikus Zimmermanns: Versuch einer genetischen Ableitung” dedicated to the analysis of the work of 18th-century Bavarian stuccoist and architect, Dominikus Zimmermann (1685–1766), and submitted in Munich University in 19338 (Ill. 2 and 3). After moving to Vilnius in 1940 and starting to work at the university and the muni­ cipal art museum, Vorobjovas could begin researching Vilnius’s Baroque monuments. However, the Soviet occupation, which began in June 1940 and lasted until June 1941, was not favourable for the study of art history. Generally speaking, we do not have any information about Vorobjovas’s activity in that period, apart from his work as a university lecturer. However, he apparently dedicated a great deal of time and attention to the issues of heri­ tage protection, and at the same time analysed the historiography of research into Vilnius .

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242 I Giedre Jankevicˇ iu¯te

2 

Mikalojus Vorobjovas’s (Nicolaj Worobiow) doctoral diploma from Munich University. 1933.

architecture. In the years of the Nazi occupation Vorobjovas was engaged in many activities: he organized and coordinated excursions around Vilnius; took part in the activity of monument protection; gave lectures at the Vilnius Art Academy and Vilnius University until 1943; and popularized the architectural heritage of Vilnius in the press (publishing a series of articles on Vilnius’s architecture and architects in the Sunday column ‘Art and Life’ of the daily “Naujoji Lietuva” [New Lithuania], printed in Lithuanian in Vilnius). Active, ambitious, intellectual, inquisitive, eloquent, and most importantly, perfectly fluent in German, the art specialist was soon noticed by the occupational authorities. Vorobjovas’s colleagues were either condemned to a semi-legal status because of their Polish origin, or knew German insufficiently to be able to communicate with Germans freely. Another graduate of the German school of art history and theory, Halina Kairiūkštytė-­ Jacinienė, had moved away from art-historical research by that time and was more known as an art critic, cultural journalist, and a historian of Lithunian ethnic costume. Thus, quite naturally, representatives of the occupational authorities considered Vorobjovas the most appropriate candidate to write a new history of Lithuanian art, all the more so since Vorobjovas himself was quite favourably inclined towards cooperation with Germans. His

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3  A cover of Mikalojus Vorobjovas’s (Nicolaj Worobiow) thesis ‘Die Fensterformen Dominikus Zimmermanns. Versuch einer genetischen Ableitung’ Diss. (Mün­chen, 1934).

favourable view of Germany did not, though, have anything in common with politics and sympathizing with National Socialism. Vorobjovas considered Germany one of his intellectual homelands, always followed the news on art history in the German press, and ordered books from Germany. He also regularly maintained contacts with his colleagues in Germany, above all his thesis ­supervisor, Wilhelm Pinder, and his personal friends.9 In addition, and in common with a large part of the Lithuanian population, Vorobjovas regarded the Nazi occupation, at least at its outset, as liberation from Soviet terror. Vorobjovas’s feelings in this respect are very understandable, bearing in mind the fact that Soviet terror had affected his family in June 1941 his aged parents were arrested, imprisoned, and probably deported to Siberia. .

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4  The letter of August 1943 by the represen­ tative of the Grosse Gilden im Ost­land, Ernst von Mensenkampff, to Vorobjovas offerring him to write an article about the German influences on Lithuanian Baroque.

Thus Vorobjovas became the first art historian and museologist to be remembered by Li­ thuanian and German officials when art specialists of the Reich arrived in Vilnius. Nobody took notice of Vorobjovas’s Russian origin; the important thing was that he had studied in Germany, was familiar with the country and its cultural traditions and habits, and was fluent in German. Commissions to cooperate with German institutions and contribute to the German press were not abundant, but several articles by Vorobjovas popularizing the heritage of Lithuanian architecture and introducing contemporary art appeared in the ­local German press – the dailies, “Kauener Zeitung” and “Wilnaer Zeitung”, published in Kaunas and Vilnius respectively. In 1942 Vorobjovas received an offer from Leipzig to write about Lithuania’s artistic heritage for the magazine, “Jomsburg. Völker und Staaten im Osten und Norden Europas” published by S. Hirzel Verlag.10 He was also known in the

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5  High altar of Vilnius’ University Church of St. John designed and constructed by Glaubitz after 1748.

capital of Reichskommissariat Ostland, Riga, as can be seen from the fact that he received a proposal on behalf of the president of Grosse Gilde zu Riga (Great Guild of Riga), Dr Walter Zimmermann, in August 1943 to write an article on the German influence on Vilnius Baroque (“Deutsche Einflüsse in der Barockkunst von Wilna”) for the Guild almanac by Christmas of that year (Ill. 4).11 According to Latvian art historian Jānis Kalnačs, there were similar plans to commission art-historical essays emphasizing the German influence on the architecture of Riga.12 It seems that Vorobjovas did not fulfil this commission, although he was definitely planning to. In the war years, the trained eye of a specialist and a new political commission encouraged Vorobjovas to start researching the work by the most outstanding representative of Vilnius Baroque School: the architect of German origin, Johann Christoph Glau­ bitz (c. 1700–1767). .

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6  The gate of the Vilnius’ Uniate Basilian monastery designed and built by Glaubitz after 1760.

It is thought that Glaubitz was a native of Silesia, though the exact place and date of his birth are unknown. In Vilnius, Glaubitz was first mentioned in 1737. He arrived there from Königsberg, having received a commission to reconstruct a Lutheran church ravaged by fire (the original church was built by German merchants in 1555). Even before finishing his first commission, Glaubitz took up other projects of reconstructing Vilnius temples. He gave a new Baroque shape to the Church of Benedictine nuns of St. Catherine and the Jesuit Church of St. John (Ill. 5), and worked for the Unitarians (on the gate of the Basilian Monastery) (Ill. 6), the Russian Orthodox community (on the iconostasis of the Cathedral of the Holy Spirit) (Ill. 7), and apparently also for the Jews (on the interior of the Great Synagogue of Vilnius, which did not survive). Glaubitz also designed palaces in Vilnius, and buildings of his design can be found further afield, in the territory of today’s Belarus and Latvia.

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7  Iconostasis of the Russian Orthodox Church of the Holy Spirit in Vilnius, designed and built by Glaubitz around 1748.

Vorobjovas’s first notes on Glaubitz’s buildings testify to his efforts to establish Italian influences. For instance, in his notes on the Church of St. Catherine he emphasizes the impact of Domenico Fontana,13 and mentions that Glaubitz was obviously influenced by the work “Perspectivae pictorum atque architectorum” by Andrea Pozzo, which gained popularity in Vilnius from 1706.14 He further notes that the Basilian gate is definitely a work by Glaubitz, which was probably started in 1761. According to Vorobjovas, it was influenced by Francesco Borromini, and can be compared with the architectural details of the Church of San Carlino in Rome, designed by him.15 Vorobjovas’s research gave a significant impulse to furthering knowledge of Glaubitz’s heritage, as in the early 1940s information about this architect was extremely scarce. Art scholars even disagreed about the authorship of some of his important works. One of the .

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main objects of polemics was the Church of St. John of Vilnius University. Vorobjovas’s contemporaries, including the historian of Polish descent, Morelowski, flatly denied Glaubitz’s authorship, asserting that the Jesuits could not have trusted a work of such importance to an unknown architect, and a Lutheran at that. Glaubitz had arrived in Vilnius in 1737, although Morelowski indicated 1739, and the commission to reconstruct the Church of St. John is dated at 1740. The sole exception, according to Morelowski, could be the Chapel of St. Barbara, which belonged to the Goldsmiths’ Guild. Vorobjovas was inclined to agree with Morelowski on this point, although another authority of that period, Stanislaw Lorentz, defended Glaubitz’s authorship, presenting sufficiently convincing arguments.16 Interestingly enough, Vorobjovas borrowed Morelowski’s statements that really good works of Vilnius Baroque must have been created exclusively by Italian, French, and Polish artists rather than Germans, and that even in Germany itself the best Baroque works were created by Italian and Belgian artists or under their influence.17 Amongst the worst examples of Vilnius Baroque, Morelowski mentions the Basilian gate by Glaubitz, the Church of St. George by Hoffer, and the Church of St. Bartholomew by Knackfus. However, it is clear that by around 1943 Vorobjovas already recognized Glaubitz’s ­talent and related to it using examples of the German school. In one of his texts, which was apparently read as a public lecture, he wrote: “Like the majority of creators of the early architecture of Vilnius, the remarkable German architect Johann Christoph Glaubitz remained unknown in our art theory for a long time. It was only thanks to the archival research carried out during the last five or six years that the personality, facts of life, and career of the artist who played an outstanding role in the development of architecture of the Grand Duchy of Lithuania became known in more detail.”18

While referring to the means and forms of décor favoured by Glaubitz, Vorobjovas arrives at the conclusion that the architect was undoubtedly well familiar with the Baroque architecture of Austria, Silesia, and Bohemia, which suggests that he either grew up in these regions or studied there. Contemporary researchers also agree with another supposition advanced by Vorobjovas, that as stonemasons and carpenters from Königsberg worked on the reconstruction of the Vilnius Evangelical Lutheran Church, Glaubitz might have arrived in Vilnius from Eastern Prussia.19 Vorobjovas’s intentions to continue the research of Glaubitz’s heritage are confirmed by a letter of the employee of the Reichsschrifttumskammer, journalist Wilfried Göpel. In this letter, from the 31st of July, 1942, Göpel thanks Vorobjovas for an excursion around Vilnius and asks him to specify the information about Glaubitz’s works and send him some reproductions of his works, firstly the illustrations of the interior of the Vilnius Lutheran Church.20 Göpel’s visit to Lithuania might have been related to the visit of the Reichsminister for the occupied Eastern territories, Alfred Rosenberg, to Kaunas in May 1942. Rosenberg’s visit brought about considerable changes in the field of education and cultural politics in

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general, starting with an increase of attention to the training of specialists in applied art, and ending with a wave of inventorying museum items and confiscating the Jewish property deposited in state cultural institutions for the benefit of the Reich. 21 Incidentally, V­orobjovas’s archive contains a letter addressed to him from an employee of Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg für die besetzten Gebiete, Sonderstab Bildende Kunst, Dr Karl Heinz Esser, of the 6th of May, 1942, about the requisition of copper and bronze artefacts for the needs of the Reich.22 Vorobjovas’s further activity was affected by political events. As the front was approaching, he had to flee from the Soviets: he and his family were well aware that they would not avoid the repercussions of both his past activity in independent Lithuania and his ‘collaboration’ with the occupational Nazi authorities. For some time he lived in DP camps in Austria and Germany, and then left to the USA. Lithuanian émigrés were not eager to involve him in their cultural projects, and thus he taught Russian literature, which he knew and liked. However, the ambitious and talented art historian found this kind of life unbearable, and in 1954 Vorobjovas committed suicide. Several influential figures of the Lithuanian exile, among others, poet Henrikas Nagys and architect Vytautas Landsbergis, publicly accused the Lithuanian community of provoking his death, but this did not increase the spread and popularity of Vorobjovas’s texts. In Soviet Lithuania, Vorobjovas was acclaimed as a researcher of the early 20th-century symbolist painter, Mikalojus Konstantinas ­Čiurlionis, who was considered a national genius, even though Vorobjovas’s book on Čiurlionis, originally published in German, was translated into Lithuanian as late as 2011. Above all, though, he was known as the author of the book “The Art of Vilnius”.23 Attempts to place him in a wider historiographic context and relate him with the German school of art criticism have appeared only recently.24 The research shows that Wilhelm Pinder’s influence and the experience of the German school enabled Vorobjovas to take on two tasks: introducing new approaches to art history to the local Lithuanian discourse; and contributing to the writing of the history of Lithuanian art from the national perspective (including works on Čiurlionis and the role of the primitive in modern art). Therefore, Vorobjovas’s work during 1941–1944 should be seen not so much from the perspective of collaboration with the occupational Nazi regime, but rather as a new stage in the development of Lithuanian art history. The official commission to explore the Vilnius Baroque coincided with Vorobjovas’s academic interests, and encouraged him to start research into the activity and artistic heritage of one of the most talented architects of the 18th century in Lithuania, Johann Christoph Glaubitz. Although this research was not completed and its results were not published, it is obvious that if the circumstances had been favourable, Vorobjovas’s works would have given significant methodological impulses and new ideas to the history of Lithuanian art. It was not the Nazi but the Soviet occupation that caused a greater damage to the discipline of the history of Lithuanian art, as it made the best-educated Lithuanian .

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intellectuals of the young generation, among them the graduate of the German school of art history, Mikalojus Vorobjovas, emigrate to the West. This conclusion does not aim by any means to belittle the damage caused by the Nazi occupation, including the tremendous loss of human resources. In the years of the Nazi occupation, a great many Jewish, Polish, and Lithuanian intellectuals and representatives of the liberal professions, including writers, artists, musicians, philosophers, and journalists, were persecuted, imprisoned, and killed in Lithuania. These losses substantially affected the further development of the country’s culture, including the discipline of art history. This, however, is another topic, which is not quite directly related with the issue of Germanization of art history.

Notes 1 Cf. https://www.kg.tu-berlin.de/menue/tagungen/kunstgeschichte_in_den_besetzten_gebieten/ (accessed 30.12.2015). 2 Cf. GETNER 1943. 3 The collection of the correspondence of the prominent art historian and director of the national art museum of Kaunas Paulius Galaunė with the Vilnius-based Polish art historians and ethnologists in the 1930s is held in the archive of the museologist and researcher of Lithuanian art Paulius Galaunė in Kaunas (see the Manuscript Department of the Adelė and Paulius Galaunė House). 4 GALAUNĖ 1928. 5 Cf. LORENTZ 1937; MORELOWSKI 1940. 6 KAIRIŪKŠTYTĖ-JACINIENĖ 1928. 7 VOROBJOVAS 1940. 8 The doctoral thesis was published in 1934: WOROBIOW 1934. 9 For example, even in the war years he continued to correspond with Fritz Klett, from whom he received some interesting letters reflecting the daily life in wartime Germany (cf. Vorobjovas’ and Klett correspondence in the Archive of the Lithuanian Art Museum, B-1, apr. 1, b. 48). 10 Letter from Der Generalkommissar in Kauen to Dr Mikalojus Vorobjovas of 7 January 1943, Archive of the Lithuanian Art Museum, B-1, apr. 1, b. 48, l. 43. In 1942 there were published in “Jomsburg” an article by Kurt Forstreuter on ‘German’ origin of Kaunas “Kauen, eine deutsche Stadtgründung”; FORSTREUTER 1942, 18–37. 11 Die Grosse Gilde zu Riga, or the Great Guild of Riga, was the 14th century German merchants brotherhood of Riga. The Great Guild had the trade monopoly until the 19th century. The actual building of the Great Guild was erected in 1854–1857 after the design by architect Karl Beyne (1815–1858) in the style of English Gothic. During World War II (from 1942) the building housed the German cultural propaganda association Die Grosse Gilde zu Riga, presided by Dr Walter Zimmermann, the former Pressechef des Reichskommissars für das Ostland; today it houses a concert hall and hosts the Philharmonic Society. It seems that the almanac mentioned in the letter to Vorobjovas remained one of the unfulfilled cultural projects of the Guild. In fact, until the spring of 1944 the activity of the Guild was concentrated on musical events and had a local cha­ racter, as the concerts were attended mainly by Germans residing in Riga. The only project of

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visual art was the exhibition of painters of German origin from Latvia and Estonia, and the views of Ostland, in the Riga City Museum inaugurated in March 1944 (see: AUSST.-KAT. STÄDTISCHES KUNSTMUSEUM 1944). Aiming to give more visibility to the activity of the Guild, an article presenting its history and plans appeared in the German monthly “Ostland” published in Riga (cf. MENSENKAMPFF 1944). The letter to Vorobjovas was signed by the same Ernst von Mensenkampff, the author of the article on Grosse Gilde for the monthly “Ostland”, a Baltic German, whose family lived on the estate of Köniigshof or Ķoņu muiža, as it was called in Latvian, at the beginning of the 20th century. During the 1930s he was the editor of Riga’s German daily “Rigasche Rundschau”. His memoirs, “Menschen und Schicksale aus dem Alten Livland”, containing explicit National Socialist ideas, were published in 1943 (cf. HOFMANN 2008). 12 In his letter to the author of this article of the 13th of May, 2012, Jānis Kalnačs wrote that several years ago he found the information concerning the plans to publish propaganda books “Riga” and “Old Riga”, which apparently were never written, or at least not published, in the correspondence between the Riga municipality and Der Reichskommissar für das Ostland. The correspondence was held in Latvijas Valsts arhīvs (Latvian State Archive), stock 1487, inventory 227, but in the recent years it may have been transferred to Latvijas Valsts vēstures arhīvs (Latvian State History Archive) with the same inventory numbers. 13 The Italian architect Giuseppe Fontana (1716–1773) was active in the territory of the Lithuanian-Polish Commonwealth, especially in Warsaw. 14 Vorobjovas’s notes on Glaubitz, Archive of the Lithuanian Art Museum, B-1, apr. 1, b. 32, l. 2. 15 Idem, l. 3. 16 Idem, l. 4–5 verso. 17 Idem, l. 5 verso. 18 M. Vorobjovas, Vilniaus architektas Glaubitzas [Glaubitz, Architect of Vilnius], Archive of the Lithuanian Art Museum, B-1, apr. 2, b.160, l. 1. 19 Vorobjovas’s notes on Vilnius Baroque architecture, Archive of the Lithuanian Art Museum, B-1, apr. 2, b. 160, l. 3, 4. 20 Göpel’s letter to Dr M. Vorobjovas of 31 July 1942, Archive of the Lithuanian Art Museum, B-1, apr. 1, b. 48, l. 6. Göpel is also known as the author of the article “Klassizismus und Romantik in der Malerei des Ostlandes” in the monthly “Ostland” 7 (1944), which preceded the exhibition “Die Grosse Gilde zeigt Ostlandstudien deutscher Maler in Riga”. The identity of Vorobjovas’s correspondent has so far not been established, but we could guess that he was the well-known German journalist and collector who founded the archive of press photographs of art and history, Archiv für Kunst und Geschichte (website: www.akg-images.de) in Leipzig in 1945, which continues to operate until our days. 21 KLIMAVIČIUS 2011. Also Jens Hoppe in this volume. 22 Archive of the Lithuanian Art Museum, B-1, apr. 1, b. 48, l. 40. 23 VOROBJOVAS 1940. 24 Cf. JANKEVIČIŪTĖ 2010. However, it should be noted that the specific features of Vorobjovas’s method have not yet been appraised in Lithuania, and his contribution to general art history and art historiography has not been considered. In this respect his works received more interest outside Lithuania: his thesis was included in the historiography of research into Bavarian Baroque. Moreover, in his book “Believing and Seeing: the Art of Gothic Cathedrals” the outstanding historian of medieval art Roland Recht discusses the innovativeness of Henri Focillon’s major work “La vie

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des formes” (1934), referring to Vorobjovas’s comprehensive 25-page review, which was published in the leading periodical “Kritische Berichte zur Kunstgeschichtlichen Literatur” (5/1932–1933), indicating the relations between the theories of Focillon and the German art historians Wilhelm Pinder and Hans Sedlmayr noticed by Vorobjovas. RECHT 2008, 50 f.

Bibliography [AUSST.-KAT. STÄDTISCHES KUNSTMUSEUM 1944]: Die Grosse Gilde zeigt Ostlandstudien deutscher

Maler. Städtisches Kunstmuseum, 4.–19. März 1944. Riga 1944. FORSTREUTER, Kurt: Kauen, eine deutsche Stadtgründung. In: Jomsburg 6 (1942) 1/2, 18–37. GALAUNĖ, Paulius: Vilniaus meno mokyla (1793–1831): jos istorija, profesoriai ir mokiniai [The Vil-

nius Art School (1793–1831): Its History, Professors and Students]. Kaunas 1928. GETNER, Georg: Das alte Kauen und seine historischen Bauten. In: Ostland. Monatsschrift des

Reichs­kommissars für das Ostland 8 (Februar 1943), 22–26. GÖPEL, Wilfried: Klassizismus und Romantik in der Malerei des Ostlandes. In: Ostland 7 (Januar

1944), 12–22. HOFMANN, Ute: Ethnic, Social, and Mental Frontiers in Interwar Latvia: Reflections from Baltic

Germans’ Autobiographies. In: KLUSAKOVA/TEULIERES 2008, 181–195. JANKEVIČIŪTĖ, Giedrė: Apie Mikalojaus Vorobjovo monografijos “Vilniaus menas” skaitymą ir skai-

tytojus [Regarding the reading of Nikolaj Worobiow’s monography “Vilniaus menas” and its readers]. In: JANONIENĖ 2010, 191–213. JANONIENĖ, Rūta (ed.): Acta academiae artium Vilnensis 57. Vilnius 2010. KAIRIŪKŠTYTĖ-JACINIENĖ, Halina: Pažaislis, ein Barockkloster in Litauen. Kaunas 1928. KLIMAVIČIUS, Raimundas: Tarp Scilės ir Charibdės. Lietuvos kultūros vertybių transpozicija Antrojo pasaulinio karo metais [Between Scylla and Charybdis. The Transposition of Lithuanian Cultural Values during the Second World War]. Vilnius 2011. KLUSAKOVA, Luda/TEULIERES, Laure (eds.): Frontiers and Identities: Cities in Regions and Nations. Pisa 2008. LORENTZ, Stanisław: Jan Krzysztof Glaubitz – architekt wileński XVIII wieku: materiały do biografii i twórczośi [Johann Christoph Glaubitz, the 18th Century Vilnius Architect: Materials to His Life and Work]. Warszawa 1937. MENSENKAMPFF, Ernst von: Die Grosse Gilde zu Riga. In: Ostland 10 (April 1944), 12–21. MORELOWSKI, Marian: Znaczenie baroku wileńskiego XVIII stulecia [The Meaning of Vilnius Baroque of the 18th Century]. Wilno 1940. RECHT, Roland: Believing and Seeing: the Art of Gothic Cathedrals. Chicago 2008. VOROBJOVAS, Mikalojus: Vilniaus menas [The Art of Vilnius]. Kaunas 1940. WOROBIOW, Nicolaj: Die Fensterformen Dominikus Zimmermanns. Versuch einer genetischen Ableitung. Phil. Diss., München 1934.

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Jens Hoppe

Dr. Karl Heinz Esser Selbstverständnis und Tätigkeit eines beim Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg tätigen Kunsthistorikers im besetzten Baltikum Im Mittelpunkt dieses Beitrages steht der 1912 geborene Karl Heinz Esser, der zwischen November 1941 und November 1943 für den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) im deutsch besetzten Baltikum tätig war. Um die Aktivitäten des Kunsthistorikers besser einordnen zu können, soll zunächst in einem knappen Überblick die Struktur des ERR beschrieben werden.1 Anschließend wird Essers Werdegang nachgezeichnet und verfolgt, welche Aufgabengebiete er im deutsch besetzten Baltikum übernahm und wie sich seine beruflichen Kontakte gestalteten. Dabei stellt sich die Frage, welche Handlungsspielräume Esser in Bezug auf seine Tätigkeit für die Hauptarbeitsgruppe Ostland (HAG Ostland) hatte und nutzte. Anhand der wenigen überlieferten Fotografien aus den Jahren 1942/43 lässt sich zudem verfolgen, wie er sich selbst inszenierte. Mir ist bewusst, dass mit den folgenden Ausführungen, die sich vor allem auf Akten des ERR in Kiew stützen, kein wissenschaftlich abgerundetes Bild entsteht. Dennoch kann das Material die Arbeit und das Selbstverständnis eines jungen Kunsthistorikers sichtbar machen, der am sogenannten Kunstschutz mitwirkte.

Aufgabe und Struktur des ERR im Überblick Nach dem militärischen Sieg über Frankreich im Juni 1940 begann von deutscher Seite ein Wettlauf um die französischen Kulturgüter. Unter Leitung Alfred Rosenbergs gelang es, aus dem Einsatzstab eine Organisation zu machen, deren Hauptaufgabe gemäß dem Führerbefehl vom 5. Juli 1940 in der Beschlagnahmung von Archivalien bestand. Bereits kurze Zeit später kam auch die Pfändung von Kunstwerken aus jüdischem Besitz hinzu. Zuletzt wurde eine Abteilung Auswertung geschaffen, die zur ideologischen Kriegführung beitrug. Der ERR breitete sich parallel zur militärischen Entwicklung aus: Ab Sommer 1940 war er in Belgien, Frankreich und den Niederlanden aktiv, ab 1941 auch in Griechenland, Jugoslawien und in der Sowjetunion, ab Herbst 1943 sogar in Italien. Geplant waren zudem Einsätze in Ägypten und Syrien, die aber aufgrund der militärischen Entwicklungen in Nordafrika und im Nahen Osten nicht zustande kamen. Schließlich musste sich der ERR

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aus allen besetzten Gebieten zurückziehen. Die verbleibenden Mitarbeiter konzentrierten sich auf die Verlagerung des Raubgutes nach Bayern und Österreich. Der Einsatzstab gliederte sich in die Stabsführung, zuerst in Paris, ab 1941 in Berlin, in Hauptarbeitsgruppen (HAG) in einzelnen Besatzungsgebieten und ihnen unterstellte Arbeitsgruppen sowie Außenstellen, Verbindungsstellen und Sonderkommandos. Daneben gab es Sonderstäbe, die neben dieser allgemeinen Struktur bestanden und den HAG in den verschiedenen Einsatzgebieten zugeordnet waren. Der bedeutendste war der Sonderstab Bildende Kunst (Sonderstab BK), eigens für den Kunstraub geschaffen, für den auch Esser tätig war. Daneben gab es beispielsweise einen Sonderstab Volkskunde, einen für Vorgeschichte und einen für Musik. In allen Sonderstäben arbeiteten zahlreiche universitär ausgebildete Fachwissenschaftler.

Ein junger Kunsthistoriker auf dem Weg ins deutsch besetzte Baltikum Nach dem Studium der Kunstgeschichte in Marburg und einer Promotion über die „Darstellung der Formen und Wirkungen der Wallfahrtskirche zu Vierzehnheiligen“ an der Universität Bonn im Jahr 19392 wurde Esser im September desselben Jahres zur Wehrmacht eingezogen. Er kam nach Pasewalk und nahm ab Mai 1940 mit der NachrichtenAbteilung der 12. Infanterie-Division am Krieg gegen Frankreich teil. Über Luxemburg führte sein Weg an die Somme und weiter nach Nantes. Schließlich wurde er nach Paris zum Verwaltungsstab des Militärbefehlshabers in Frankreich (MBF) abkommandiert. Dies hing mit dem Einsatz eines eigenständigen kunstwissenschaftlichen Arbeitsstabes der Militärverwaltung im Rahmen des Kunstschutzes zusammen, denn aufgrund eines Befehls vom 10. September 1940 wurden vom Oberkommando des Heeres (OKH) 24 Kunstwissenschaftler und Fotografen zum MBF abkommandiert. Diese sollten nach einem von Alfred Stange, Ordinarius für Kunstgeschichte an der Universität Bonn, und Graf Wolff Metternich, Beauftragter für Kunstschutz beim OKH, erstellten Programm, zu dem auch Richard Hamann, Ordinarius für Kunstgeschichte an der Universität Marburg, beigetragen hatte, in Frankreich tätig werden.3 Im Rahmen dieses Einsatzes war Esser vom 1. Oktober 1940 bis zum 30. September 1941 zusammen mit dem Kunsthistoriker Hans-Ulrich Wirth bei der Auswertung französischen Bildmaterials eingesetzt worden und hatte vor allem Material der französischen Zentralstelle der Monuments historiques in Paris durchgesehen sowie Luftbildaufnahmen der aufgelösten Compagnie Aérienne Française und anderer Firmen für Luftbilder sowie des Fotokarton-Verlages Ivon ausgewählt.4 Vermutlich zur selben Zeit wurde Esser von der Wehrmacht an den ERR ausgeliehen. In einem Lagebericht des Kunstschutzes in Paris heißt es, dass im Zusammenhang mit Görings Auftrag an den ERR, Kunstwerke aus Frankreich nach Deutschland zu bringen, der Museumsassistent Günther Schiedlausky5 vom Kunstschutz abgestellt worden sei: „Ihn

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unterstützten zeitweilig die Herren Dr. Esser, Dr. [Heinrich] Jerchel, Dr. Wirth. Die letztgenannten Herren werden nach Erledigung dieses Auftrages ab 1.1.1941 wieder für wissenschaftliche Aufgaben eingesetzt.“6 Tatsächlich scheint Esser aber längerfristig für den ERR tätig gewesen zu sein. Denn laut einer Nachkriegsaussage Schiedlauskys, der in Paris sein Vorgesetzter war und die Aufgabe hatte, die geraubten Kunstwerke in Ausstellungen im Jeu de Paume zu präsentieren, stand Esser bis Februar 1941 mit 50 % seiner Arbeitskraft für den Sonderstab BK im Louvre zur Verfügung.7 Gleichzeitig geht aus einer am 18.  Februar 1941 erstellten Liste der Mitarbeiter des ERR hervor, dass Esser ab dem 1. Oktober 1940 als Mitarbeiter des Einsatzstabes geführt wurde.8 Am 25. Oktober 1941 wurde er schließlich zu einem Sonderkommando des Einsatzstabes bei der Heeresgruppe Mitte abkommandiert. Dem waren vier Tage zuvor seine Entlassung aus der Wehrmacht und sein vollständiger Übergang zum ERR vorausgegangen. Ursprüngliches Ziel dieses Sonderkommandos war Moskau gewesen, da aber dieses nicht besetzt wurde, kam Esser auf Anforderung des Leiters der AG Estland, Gerhard Schilde, vom Leiter des Sonderstabes BK, Robert Scholz9, nach Reval (Tallinn). Dies geschah im November 1941, als die Militärführung nicht mehr mit einer Eroberung der sowjetischen Hauptstadt rechnete. Auf diese Weise war Esser in sein zukünftiges Einsatzgebiet im deutsch besetzten Baltikum, in Nordrussland und in Weißrussland gelangt.

Deutschen Einfluss sichern. Essers Tätigkeit im Bereich der HAG Ostland Durch eine Stellungnahme zu den Arbeitsmöglichkeiten beim ERR in Estland, die Esser bereits kurz nach Aufnahme seiner Tätigkeit eingereicht hat, sind wir über den Auftrag, der ihm von Robert Scholz zugewiesen worden war, informiert. Demnach hatte er: „1. Feststellungen zu machen über den Erhaltungszustand der Kunstdenkmäler im estnischen und Petersburger Raum und Erfahrungen zu sammeln für Vorschläge über notwendige kunstpolitische Massnahmen und zukünftige Arbeiten, 2. mitzuwirken an der Erhaltung und Sicherstellung von Kunstwerken aller Art im estnischen und Petersburger Raum.“10

Bereits hier wird deutlich, dass Esser als Kunsthistoriker nicht nur „Kunstschutz im Osten“ betrieb, sondern direkt am Kulturgutraub beteiligt war. Er selbst sah seine Tätigkeit als eminent wichtig an, weil, wie er im Bericht vom 11. Dezember 1941 betont, die möglichst schnelle und gründliche Kenntnisnahme des „neuerworbenen Landes als Grundlage für die entscheidenden Zukunftsbestimmungen kulturpolitischer Massnahmen“ diene. Durch die geplante und von ihm durchzuführende Bestandsaufnahme der Kunstwerke in Estland und dem angrenzenden russischen Raum (vor allem Ingermanland) entstünde nichts we-

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niger als „eine der wertvollsten Unterlagen für den deutschen Anspruch auf das Land“.11 Entsprechend der Sicherung dieses Anspruchs schreibt er, dass alle Aufgaben im Bereich der Denkmalpflege, Museumspolitik und des Kunstschaffens unter deutscher Leitung stehen müssten. Aus den Unterlagen geht hervor, dass sich Esser sein Arbeitsprogramm selbst zusammengestellt hat: Neben der bereits erwähnten Bestandsaufnahme der Kunstwerke in Estland und dem angrenzenden russischen Raum einschließlich Leningrads wollte er sofort mit der Veröffentlichung einzelner Kunstwerke beginnen, um auf diese Weise deutsche Propaganda zu betreiben. Nach seiner Auffassung sollte die Kulturpropaganda künftig u. a. anhand von Untersuchungen über die Burgen des Deutschen Ordens, beispielsweise der Ruine Sühneburg auf Ösel (Saaremaa), den sogenannten Bischofsburgen in Arensburg (Kuressaare) und in Hapsal (Haapsalu) sowie den von Lübecker Künstlern stammenden Altären Revals, den deutschen Einfluss auf die regionale Kultur zeigen. Ihm war bewusst, dass er alle diese Aufgaben nicht allein ausführen könne, weshalb er empfahl, estnische Fachleute hinzuzuziehen. Auf diese Weise könnten diese zugleich in der deutschen Arbeitsweise geschult werden. Für seine Forschungen benötigte er des Weiteren eine kunstwissenschaftliche Fachbibliothek. Über die Beschaffung bzw. den Aufbau einer solchen machte sich Esser Gedanken und kam zu folgendem Ergebnis: „Diese Frage wäre am einfachsten gelöst, durch die schon lange beabsichtigte Übernahme der angeblich ausgezeichneten Fachbibliothek des Juden Genss in den Einsatzstab, die in geeigneten Räumlichkeiten der Revaler Arbeitsgruppe aufzustellen wäre.“12 Die Aneignung der Bibliothek von Julius Genss13, einem estnischen Advokaten und Kunstsammler, sollte der Vorbereitung eines Arbeitsaufenthaltes in Leningrad dienen. Darüber hinaus plante Esser Vorträge über kunstgeschichtliche Themen, die wiederum die politische Intention hatten, Kulturpropaganda im deutschen Sinne zu betreiben. Entsprechend sollten die Zuhörer „mit dem deutschen Wesen, der deutschen Geschichte und der deutschen Grösse bekannt gemacht“ werden.14 Hierzu dachte er an Vortragsthemen wie „das Wesen der deutschen Kunst“, „deutsche Stadtanlagen“ und „Deutsch-Ordensburgen“, aber auch an solche mit aktuellen Bezügen wie „die deutsche Architektur der Gegenwart“ oder „gegenwärtige deutsche Stadtplanungen“.15 Als Esser seine Stelle in Estland antrat, versuchte er tatsächlich, die genannten Vorhaben umzusetzen. Sein Tätigkeitsgebiet weitete sich enorm aus, als er im Februar 1942 der HAG Ostland des ERR mit Einsatzgebiet im gesamten Baltikum, in Weißrussland und dem besetzten nordrussischen Gebiet zugeteilt wurde. Er blieb aber weiterhin Mitarbeiter des Sonderstabes BK. In dieser Funktion hielt er zusammen mit dem Kunsthistoriker Diet (eigentlich Dietrich) Roskamp16 nach einer am 22. April 1942 in Riga erfolgten Besprechung mit Stabsführer Gerhart Utikal17, dem Leiter des ERR, die anstehenden Aufgaben schriftlich fest. Hierbei unterschieden die beiden Mitarbeiter des Sonderstabes BK zwischen dem bereits unter Zivilverwaltung stehenden und dem in naher Zukunft noch durch die Wehrmacht zu besetzenden Gebiet. In ersterem gab es ihrer Meinung nach vor allem folgende Aufgaben:

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„a) Sicherstellung von Kunstwerken aus jüdischem und bolschewistischem Besitz und bolschewistische Kunstwerke (Derzeit keine Einsatzorte mehr bekannt). b) Materialsammlung über russische und bolschewistische Kunst. Einblick in die bolschewistische Kunstliteratur (Sicherstellung bolschewistischer Kunstliteratur). c) Orientierung über die in den zukünftig zu besetzenden Gebieten befindliche europäische und russische Kunst. d) Durchführung der im Rahmen der Beauftragung des Einsatzstabes bei der Metallsammlung entstehenden Aufgaben. [...] f ) Allgemeine Orientierung der Stabsführung über sachliche und politische Vorgänge.“18

Wobei Punkt a) als bereits erledigt angesehen wurde, da im April 1942 die Beschlag­ nahmung von Kunstwerken aus jüdischem und bolschewistischem Besitz im Bereich der HAG Ostland abgeschlossen war und sämtliche Sammlungen und Aufbewahrungsorte bekannt waren. Die übrigen Punkte sollten in der Folgezeit das Arbeitsprogramm Essers und Roskamps für den Sonderstab BK im besetzten Baltikum bestimmen: Neben Denkmalschutz-Arbeiten im Rahmen der Metallbeschaffung für die deutsche Kriegswirtschaft beinhaltete dieses vor allem die Berichterstattung über politische Entwicklungen und Vorgänge in den besetzten Gebieten, die wiederum Auswirkungen auf die Besatzungspraxis haben konnten. Für die mit der erwarteten Offensive der Wehrmacht erstmals zu okkupierenden sowjetischen Gebiete stellten sich nach Essers und Roskamps Meinung weitere Aufgaben, die über den grundsätzlichen Auftrag des ERR hinausgingen. An erster Stelle folgte „a) Sicherstellung beweglicher europäischer Kunstwerke, besonders aus Deutschland entführte Werke. [...] Nachforschung nach von Bolschewisten verschleppten europäischen Kunstwerken. b) Materialbeschaffung für die zukünftige wissenschaftliche Bearbeitung der russischen und bolschewistischen Kunst und des nordischen bezw. europäischen Einflusses in die Kunst des russischen Raumes. (Förderung der Erkenntnis der weltanschaulichen Gegner und deren geistigen Grundlagen!) c)  Kunstschutz der für den deutschen Besitzanspruch bedeutsamen ortsgebundenen Kunstwerke. (Vorrang politischer Gesichtspunkte vor rein fachlichen[;] deshalb Bedeutung des Einsatzstabes gegenüber dem militärischen Kunstschutz.)“19

Die beiden Kunsthistoriker sahen damit in den Bereichen Kulturgutraub, ideologische Kriegführung und Denkmalschutz – in dieser Reihenfolge – ihre Arbeitsschwerpunkte und forderten deshalb eine Gleichstellung mit den Kunstschutzmitarbeitern der Wehrmacht im Bereich der Heeresgruppe Nord. Zudem betonten sie die ideologischen Gesichtspunkte ihrer Tätigkeit und zogen die Orientierung an nationalsozialistischen Vorstellungen fachlichen Kriterien vor. Damit nahmen sie eine Gegenposition zum militärischen Kunstschutz ein, dem sie eine fachliche Ausrichtung zuschrieben.

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Wie aus den zahlreichen Tätigkeitsberichten hervorgeht, war Esser sehr um die Umsetzung des Arbeitsprogrammes bemüht und beteiligte sich in der Folgezeit u. a. am Kulturgutraub. Ende November 1941, kurz nach seinem Dienstantritt im Baltikum, fuhr er nach Schloss Peterhof und besichtigte die Residenz des russischen Zaren. Im Anschluss daran unterbreitete er der Militärführung der Heeresgruppe Nord den Vorschlag zur Demontage des Neptun-Brunnens, der 1656 für die Stadt Nürnberg geschaffen, aber von Zar Peter I. erworben und im Garten seiner Sommerresidenz aufgestellt worden war. Im Januar 1942 veranlasste der Kunsthistoriker die Vorbereitungen zum Abbau, der jedoch aufgrund der ungünstigen Wetterlage, aus Mangel an geeigneten Fachkräften und Transportfahrzeugen verschoben werden musste. Die zu diesem Zeitpunkt stabile militärische Lage bot jedoch keinen Anlass zur Eile. Esser gab das Vorhaben aber keineswegs auf, vielmehr wollte er nochmals nach Peterhof fahren, um weitere Vorbereitungen zu treffen, wie den NeptunBrunnen zu fotografieren und zu vermessen. Auch die übrigen Zarenschlösser wurden von Esser und Roskamp besichtigt. Daraufhin erfolgte der Abtransport von 465 Gemälden aus dem Schloss Gatschina nach Riga, die mit einer Ausnahme alle als künstlerisch bedeutungslos eingeschätzt wurden.20 Neben der Beschlagnahmung von Kulturgütern betätigte sich Esser an der kriegs­ wichtigen Sammlung von Metallen. In den besetzten Gebieten wie im Deutschen Reich wurden Metalle beschlagnahmt und eingeschmolzen. Im Bereich der HAG Ostland war Esser anfangs zusammen mit Roskamp an dieser Aktion beteiligt. Vom 27. April bis 7. Mai 1942 reisten beide nach Litauen, genauer nach Kauen (Kaunas) und Wilna (Vilnius). In Kauen besichtigten sie ein Lager für Metallgegenstände, die aus der Stadt stammten. Esser kam zu dem Ergebnis, dass sich unter dem Material keine künstlerisch, historisch oder volkskundlich interessanten Stücke befanden, die vor dem Einschmelzen hätten ­gerettet werden müssen. „Vor allem fand sich, wie zu erwarten, keinerlei ausgesprochenes Zeugnis deutscher Handwerksübung.“21 Dieses aber sollte aus ideologischen Gründen ­geschützt werden, um die deutsche Dominanz im Ostseeraum zu belegen. Während des Aufenthaltes besuchten die beiden Kunsthistoriker das litauische Kriegsmuseum, das M ­ etallgegenstände abzugeben hatte. Esser entschied, dass der Bronzeabguss einer im Jahr 1602 in Nieswisch (Нясвіж) von Hermann Holtzfeldt gegossenen Kanone im ­Kriegsmuseum verbleiben sollte, weil „Form und Inschrift ein wertvoller Beweis der ­deutschen Kulturherrschaft in Litauen sind“.22 Auch dies belegt, dass im Rahmen der ­Metallsammlung ideologische Aspekte für das Handeln des Kunsthistorikers eine zentrale Rolle spielten. Diese wurden durch die Vortrags- und Publikationstätigkeit Essers weiter gestützt. Ende August 1942 wurde er von der Stabsführung des ERR aufgefordert, im Rahmen der Reichslehrgemeinschaft Rosenberg Vorträge zu halten. Für diesen im Sommer 1942 von Rosenberg eingerichteten Rednerdienst zur ideologischen Schulung von NS-Personal stellte Esser am 12. September 1942 zwei Vorträge zur Verfügung: einen zum „Wesen der deutschen Kunst“ und einen zum „Charakter der bolschewistischen Architektur“, der

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durch seine Tätigkeit in der Sowjetunion entstanden war.23 Die Aufforderung deckte sich mit einem nur zehn Tage später verfassten Auftrag des Stabsführers Utikal, wonach Esser u. a. mit der „Vorbereitung für Vorträge betr. Architektur, Plastik und moderne allgemeine russische Kunst mit Abbildungsmaterial“ beauftragt wurde.24 Kurz darauf wandte sich der Kunsthistoriker an die AG Weißruthenien in Minsk und bat um die Übersendung von kunstwissenschaftlichen Büchern „zaristischen oder bolschewistischen Ursprungs“, weil er diese für die in der ERR-Dienststelle Dorpat (Tartu) geplante „Stelle zur Auswertung des Schrifttums über russische Kunst, bolschewistische Kunst und bolschewistisches Kunstschrifttum“ benötigen würde.25 Da Esser kein Russisch sprach, war er jedoch auf Übersetzer und Übersetzerinnen angewiesen. Die von ihm ausgearbeiteten Vorträge richteten sich aber nicht nur nach innen, an deutsches Personal von Dienststellen der verschiedenen Besatzungsorgane und -behörden, sondern auch nach außen, an die einheimische Bevölkerung mit Deutschkenntnissen. Seine Referate wurden sehr geschätzt, auch Leitungspersonal nahm an diesen teil. So gehörten beispielsweise der Leiter des Einsatzstabes, Gerhart Utikal, und der Abteilungsleiter für Kultur des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete, Hans-Wilhelm Scheidt, zu den Zuhörern seines bereits am 23. April 1942 referierten Vortrags über die Zarenschlösser des Petersburger Gebiets. Auf der anderen Seite versuchte Esser, auf Multiplikatoren Einfluss zu nehmen. Am 2. November 1942 hielt er beispielsweise vor den Fremdenführern von Reval einen Vortrag über die Kunstdenkmäler der Stadt und betonte dabei nach eigener Aussage den „einwandfrei deutschen Charakter der Stadt im Gegensatz zu den bisherigen propagandistischen Entstellungen“.26 Über diese Tätigkeiten hinaus oblagen Esser aber auch Aufgaben aus dem Bereich des Denkmalschutzes, sofern diese der Legitimation der deutschen Vormachtstellung in den besetzten Gebieten dienten. Da die Denkmalpflege im Bereich der Zivilverwaltung eigenen Fachkräften unterstand, war Esser hier fast ausschließlich in Estland aktiv. Er kümmerte sich z. B. um die Rekonstruktion der Kirche in Maholm (Viru-Nigula) und setzte sich u. a. für Baumaßnahmen am Dach ein. Für die Sanierung des Daches konnte er im September 1942 eine Baugenehmigung erwirken.27 Die im 15. Jahrhundert durch einen Revaler Baumeister neu errichtete dreischiffige Hallenkirche St. Nikolai (Ursprungsbau von 1223–1238) war von besonderer Bedeutung, da in Maholm auch Deutsche gelebt hatten, die als Beleg für das deutsche Wirken in der Region galten. Esser wurde ebenso bei der Sicherung von Gebäuden in estnischen Städten aktiv, die durch Luftangriffe Schäden aufwiesen. Entsprechend organisierte er im Juni 1942 die Aufräumarbeiten des Hueck’schen Hauses in Reval, das nach einem sowjetischen Angriff schwer beschädigt war, und begleitete dessen Wiederaufbau,28 da es sich bei diesem Gebäude um den früheren Sitz einer deutschen Kaufmannsfamilie handelte.

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Kontakte und Abhängigkeiten Die Ausübung und Durchführung der genannten Tätigkeiten standen in engem Zusammenhang mit den Kontakten, die Esser zu verschiedenen Personen und Institutionen unterhielt, die unterschiedliche Grade der Abhängigkeit aufwiesen und nicht immer konfliktfrei verliefen. Ein Blick auf diese ermöglicht es, seine Arbeit und seine Rolle im Bereich der HAG Ostland genauer zu erfassen. Vor Ort verkehrte er mit Kollegen und Vorgesetzten des ERR und einheimischem Fachpersonal sowie mit der Wehrmacht und der Zivilverwaltung. Darüber hinaus kommunizierte er mit Behörden und Organisationen innerhalb des Deutschen Reiches. Im Folgenden sollen diese Verhältnisse beschrieben werden. Essers Tätigkeit beim ERR unterlag den Vorgaben seiner Vorgesetzten. Diese griffen immer wieder in seine Arbeit ein bzw. beeinflussten sie rückwirkend. Die bereits genannten Aufträge aus den Jahren 1941 und 1942 haben gezeigt, dass ihm der Umfang seiner Tätigkeit von oben gesetzt wurde. Esser versuchte allerdings, Einfluss auf die Benennung seiner Aufgaben zu nehmen, indem er mehrfach Vorschläge einbrachte oder selbst aktiv wurde. Das führte zu Konflikten mit seinen Vorgesetzten. Ende März 1943 wies ihn beispielsweise der Leiter des Sonderstabes BK zurecht, dass er mit seiner Stellungnahme zu einem Buchprojekt über Wilna, das aus dem Reichsministerium für die besetzten Ost­ gebiete kam, seine Kompetenzen weit überschritten und zudem nicht zuvor mit ihm gesprochen, also die Hierarchieebenen innerhalb des ERR nicht beachtet hätte.29 Zu einem weiteren Konflikt kam es mit dem Verwaltungsführer der HAG Ostland bezüglich der Fotokosten, die er dem Einsatzstab für Abzüge seiner Aufnahmen und derjenigen von Georg von Krusenstjern aus dem Reichskommissariat Ostland sowie aus Ingermanland in Rechnung gestellt hatte.30 Esser verlangte die Auslagen für die Abzüge, der Verwaltungsführer forderte im Gegenzug ordnungsgemäße Belege, die er aber nicht vorlegen konnte. Zwischen den im ERR eingesetzten Kunsthistorikern bestand im Vergleich zum Verhältnis Vorgesetzte-Angestellte eine enge Zusammenarbeit. In Paris hatte Esser mit HansUlrich Wirth, Heinrich Jerchel und Friedrich Franz Kuntze zusammengearbeitet, im ­besetzten Baltikum mit Dietrich Roskamp. Auch nach dessen Versetzung nach Frankreich blieben sie weiter in Kontakt.31 Folglich wünschte sich Esser im Jahr 1942 zu seiner Unterstützung beim Sonderstab BK für den Bereich der HAG Ostland einen vertrauten ­Fachkollegen: Mit Roskamp könne er die Arbeitsgebiete teilen und mit Wirth oder Jerchel bestünde eine sonst nicht leicht anzutreffende gleichartige Arbeitsauffassung und Ziel­ setzung.32 Seine Bitte blieb aber ohne Erfolg – ein zweiter Kunsthistoriker wurde nicht eingestellt. Esser hegte keine Vorbehalte gegen die Zusammenarbeit mit einheimischen Fachkräften, solange diese gemäß deutscher (sprich: seiner) Anleitung tätig waren. Entsprechend setzte er bei der Metallsammlung und Glockenabgabe in Kauen Mitarbeiter des litauischen Denkmalamts oder in Wilna den Kunsthistoriker Mikalojus Vorobjovas, der Oberassistent an der dortigen Universität und zugleich stellvertretender Leiter des Litauischen Kunst­

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museums war, ein. Vorobjovas verließ Litauen 1944, um nicht in sowjetische Hände zu geraten.33 Zudem unterstützte Esser den Leiter des Stadtarchivs Narva Arnold Kotkas bei dessen Bemühungen um Denkmalschutzarbeiten in der Stadt gegenüber der Ortskommandantur, also gegenüber der Wehrmacht.34 Der estnische Universitätsdozent Voldemar Vaga erfasste vorsorglich auf Karteikarten die Kunstdenkmäler Leningrads und Moskaus. Allerdings gelang es der Wehrmacht nicht, eine dieser beiden Städte zu erobern, so dass diese Tätigkeit weitgehend ohne Aussicht auf weitere Verwendung erfolgte.35 Mit Vaga übertrug Esser diese Arbeit an einen einheimischen Experten, der 1937 ein allgemeines Werk über die Geschichte der Kunst und 1940 einen Band über die estnische Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart veröffentlicht hatte.36 Allerdings wurde Vaga bei einem Bombenangriff auf Dorpat im Januar 1943 lebensgefährlich verletzt, so dass er nur zeitlich begrenzt für den ERR tätig war.37 Eine weitere Sammlungsarbeit, die Bestandsaufnahme der Kunstdenkmäler in Estland, erledigte in Essers Auftrag der estnische Universitätsprofessor für Kunstgeschichte und stellvertretende Direktor des Dorpater kunsthistorischen Kabinetts Armin Tuulse. Dieser hatte seine Aufgabe gemäß der im Deutschen Reich geltenden Regeln auszuführen. Esser sah darin eine Schulung des Esten im deutschen Sinne. Im Mai 1943 hatte Tuulse rund 3.500 Karteikarten („Zettel“) angefertigt.38 Er erwies sich auf diesem Gebiet als Experte, da er bereits zu diesem Themenbereich mehrere Bücher publiziert hatte: „Zur Baugeschichte der Tallinner Burg“ (Tartu 1937), „Die Kirche zu Karja und die Wehrkirchen Saaremas“ (Tartu 1940) sowie „Die Burgen in Estland und Lettland“ (1942).39 Tuulse, der zeitweilig als Mitarbeiter des ERR geführt und entsprechend bezahlt wurde, floh 1944 nach Schweden.40 Jüdische Arbeitskräfte tauchen in Essers Schriftverkehr nur sehr selten auf. Dies dürfte zum einen daran liegen, dass die Juden Estlands entweder im Jahr 1941 in die unbesetzte Sowjetunion geflohen oder von den Einsatzgruppen erschossen worden waren. Andererseits ist belegt, dass zahlreiche Juden gezwungen wurden, für den Einsatzstab zu arbeiten, z. B. in der sogenannten Papierbrigade im Jiwo in Wilna. Die Adresse des Jiwo („Wiwulskistraße“) ist in Essers Berichten vermerkt.41 Aber auch andere Einsatzstellen, etwa die AG Weißruthenien in Minsk, die zu seinem Arbeitsbereich gehörten, beschäftigten Juden wie z. B. den als Buchbinder eingesetzten Oskar Morgenstern und die als Schreibkraft tätige Else Horwitz. In Riga, am Sitz der HAG Ostland, wo sich Esser regelmäßig aufhielt, gab es ein Arbeitskommando aus dem Getto, die „Stabseinheit Rosenberg“, in der fast nur jüdische Intellektuelle zum Sortieren der geraubten Bücher eingesetzt waren.42 Auch wenn keine direkten Aussagen Essers vorliegen, ist davon auszugehen, dass er mit jüdischen Zwangsarbeitern des ERR zusammentraf und von ihren katastrophalen Lebensbedingungen in der besetzten Sowjetunion Kenntnis hatte. Einerseits standen Esser im Rahmen seiner Funktion gewisse Handlungsspielräume zur Verfügung, die er nach Möglichkeit nutzte, andererseits unterlag sein Agieren aber auch gewissen Beschränkungen. Die Wehrmacht, hier das OKH, erklärte sich 1941 mit dem

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Einsatz des ERR bei der Beschlagnahmung von Kunst-, Archiv- und Bibliotheksgut in der besetzten Sowjetunion einverstanden, legte allerdings fest, dass der Einsatzstab ausschließlich mit Zustimmung und gemäß der Weisungen des Befehlshabers rückwärtiges Heeresgebiet und nur soweit nicht Fachkräfte der Militärverwaltung tätig waren, aktiv werden durfte. Daher war es für Esser entscheidend, ob ein Gebiet unter Zivilverwaltung stand – denn dort konnte er unabhängig von der Wehrmacht handeln – oder der Militärverwaltung unterlag – hier konnte er nur gemäß Wehrmachtsanweisungen agieren. Deshalb versuchte er zusammen mit dem damaligen Leiter der HAG Ostland, Gerd Wunder, eine Vereinbarung mit dem militärischen Kunstschutz zu erzielen. Dies gelang bis zu seiner Abberufung aus der Sowjetunion im Jahr 1943 jedoch nicht, folglich blieb er außerhalb des Baltikums und Weißrusslands von der Wehrmacht abhängig.43 Im Bereich des Denkmalschutzes war Esser hingegen auf die Kooperation der Zivilverwaltung angewiesen, die ihrerseits wiederum von ihm als Berater profitierte. Im August 1943 wies er beispielsweise die Abteilung Kultur des Generalkommissariats Reval darauf hin, dass der bei der Bergung des Revaler Heiliggeistaltares verwendete Copaiwabalsam, ein Mittel zur Festigung der Malschicht, diese spätestens nach einem Jahr angreifen würde und daher noch im Laufe des Sommers wieder entfernt werden sollte.44 Zuvor hatte er sich im Mai 1943 auf Nachfragen des Wirtschaftskommandos 308 in Narva bei der Zivilverwaltung für die Bereitstellung von Materialien zur Wiederherstellung des Poorten’schen Hauses eingesetzt – allerdings vergeblich, weil die Arbeiten als nicht kriegswichtig eingestuft und folglich keine Baustoffe bereitgestellt wurden. Esser leitete daraufhin die Angelegenheit an das Referat Denkmalpflege der Zivilverwaltung weiter, doch war dieses für Narva als Grenzstadt im Militärverwaltungsgebiet nicht zuständig.45 Das Gebäude aus dem Besitz der deutschen Familie Poorten wurde schließlich 1944 komplett zerstört und in sowjetischer Zeit nicht wieder aufgebaut. Aus dem Deutschen Reich wurden an den Einsatzstab und auch an Esser verschiedentlich Wünsche herangetragen. Eine Anfrage nach sowjetischer Literatur ist von Ernst Langlotz, Professor für Klassische Archäologie an der Universität Bonn und Direktor des Akademischen Kunstmuseums Bonn, erhalten. Allerdings erteilte ihm Esser eine Absage, weil die gesuchten Bücher entweder beim ERR selbst verbleiben oder entsprechend der bestehenden Regelungen eingesetzt werden mussten, also nicht erwerbbar waren. Für eine Ausleihe verwies er Professor Langlotz an die Ostbücherei Rosenbergs, die über die Stabsleitung des ERR in Berlin zu erreichen war.46 Esser selbst bemühte sich um direkten Kontakt zu Stellen und Personen im Deutschen Reich. Für die Nachkriegszeit plante er eine „Zusammenfassung der europäischen Kunstdenkmäler“ nach deutschen Gesichtspunkten und suchte dafür die Unterstützung von Alfred Stange, der seit 1933 NSDAP-Mitglied war und als Vertrauter Alfred Rosenbergs galt.47 Mit Hilfe eines fachlichen Gutachtens des Kunsthistorikers Stange wollte Esser den Leiter des Sonderstabes BK von seinem Projekt überzeugen. Doch kam dieses Vorhaben nicht über den Projektstatus hinaus.

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Im Hinblick auf zu ergreifende Schutzmaßnahmen für Kunstdenkmäler und Gebäude vor möglichen Schäden durch Luftangriffe orientierte sich Esser an deutschen Erfahrungen und Vorgaben. Diesbezüglich war er im Juli 1942 nach Köln gefahren, um sich dort mit dem städtischen Konservator Hans Vogts zu treffen, einem promovierten Architekten, der seit 1925 im Denkmalamt der Stadt Köln tätig war und dieses ab 1933 leitete. Zudem informierte er sich bei ihm über die Planungen für eine Umgestaltung der Stadt, weil er – wie er im August 1942 schreibt – Anhaltspunkte für die Bearbeitung des Berichts über denkmalpflegerische Gesichtspunkte beim Wiederaufbau der Dorpater Altstadt gewinnen wollte. Im Anschluss besuchte Esser das Rheinische Amt für Denkmalpflege in Bonn, um sich über den Stand der Glockenabgabe im Deutschen Reich zu informieren und sich nach den dafür geltenden Gesichtspunkten und den gewonnenen Erfahrungen bei diesen Ak­ tionen zu erkundigen. Die Auskünfte waren wichtig für ihn, da ihm die Glockenabgabe in den besetzten Gebieten übertragen worden war. In seinem Tätigkeitsbericht vom August 1942 vermerkt er: „Zustände in der Heimat bilden den notwendigen Maßstab für denkmalpflegerische Tätigkeit ausserhalb der alten Reichsgrenzen.“48 Für die Glockenabgabe ist belegt, dass Esser versuchte, ungefähr ebenso viele Kirchenglocken vor dem Einschmelzen zu sichern, wie im Deutschen Reich unter Schutz gestellt worden waren, sofern die baltischen Glocken deutsche Spuren aufwiesen, wodurch sie die Vorherrschaft der Deutschen im Baltikum legitimierten.49 Das war auch der Grund, weshalb er sich in Wilna vor allem um die Erhaltung von Glocken aus dem 17. und 18. Jahrhundert bemühte, die mit deutschen Inschriften versehen oder von deutschen Gießern hergestellt worden waren.50 Es ist zu konstatieren, dass Essers Arbeitsweise im deutsch besetzten Baltikum stark von Vorgaben und Erfahrungen aus dem Deutschen Reich geprägt war, er sie allerdings den Kriegsbedingungen und den Verhältnissen im Besatzungsgebiet anpasste.

Essers Selbstinszenierungen und Handlungsspielräume in der besetzten Sowjetunion zwischen November 1941 und November 1943 Bekanntermaßen ist das, was wir tun, stets auch durch unser Bild von uns selbst und unser Handeln geprägt. In seinen zahlreichen Berichten und Schreiben an die verschiedenen Dienststellen des ERR und Einzelpersonen zeichnete Esser wiederholt ein bestimmtes Bild von sich. Wie diese Selbstwahrnehmung aussah, soll nachfolgend dargelegt werden, da dies zur Beurteilung seiner Tätigkeit als Kunsthistoriker im Besatzungsgebiet beiträgt. Esser trat als „fortschrittlicher“ Kunsthistoriker auf, der sich an die aktuellen Entwicklungen im Deutschen Reich gebunden fühlte. Letzteres formulierte er in einem Schreiben an Friedrich Franz Kuntze, der bei der Stabsführung in Berlin beschäftigt war: „Unser Sonderstab hat sich ja nicht nur mit der Sicherstellung herrenloser Kunstgüter zu beschäftigen. Dann hätte er nämlich im Osten niemals eine Existenzberechtigung. Ebenso wie der

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Einsatzstab überhaupt müssen wir uns doch auch um die bolschewistische Weltanschauung kümmern, vor allem da gerade aus der bolschewistischen Architektur sein Wesen zu erkennen ist.“ Und weiter heißt es: „Hauptsache bleibt für mich immer der Blick nach Osten.“51 Seine Arbeit präsentierte er als Erfolg. So hieß es in demselben Schreiben, dass es im Ostland gelungen sei, „ein glückliches Verhältnis“ zwischen dem Sonderstab BK und dem allgemeinen ERR herzustellen. Dies sei jedoch nur durch seine eigenen Bemühungen möglich gewesen. Überhaupt finden sich vielfältige Belege für ein sehr positives Selbstbild. Esser lobte sich selbst in den höchsten Tönen: Vor lauter Arbeit habe er nicht einmal Zeit für private Briefe; sogar sein enger Kollege Roskamp, mit dem er im Baltikum und in der besetzten Sowjetunion vertrauensvoll zusammengearbeitet hatte, musste lange auf Antwort warten.52 Esser gab an, dass er täglich bis 23 Uhr telefonisch erreichbar sei,53 kaum Urlaub nehme (im Jahr 1942 hatte er bis November nach eigener Auskunft lediglich sechs Tage frei genommen),54 durch Flugzeugbenutzung stets die Möglichkeit schaffe, am Reisetag noch dringende Besprechungen abzuhalten,55 keine helfende Schreibkraft habe und die gesamten Aufgaben, soweit sie überhaupt durchführbar waren, nur „unter der derzeit wohl selbstverständlichen Ausnutzung jeder büromässigen Freizeit, wie Abende, Samstag- und Mittwoch-Nachmittage und der meisten Sonntage und unter einer etwas leichtsinnige[n] Zurückstellung aller eigenen Angelegenheiten“56 erledigen könne. Esser betonte nicht nur gegenüber verschiedenen Adressaten seinen unermüdlichen Einsatz, darüber hinaus tat er sich – wie andere beim Kulturgutraub tätige Wissenschaftler auch – mit Vorschlägen hervor. In der Begründung für die Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes II. Klasse ohne Schwerter heißt es, dass er nicht nur verantwortungsbewusst an der Sicherung von Kunstgut in der Sowjetunion mitgewirkt, sondern auch effektive Sicherungsmaßnahmen bis in die vorderste Front angeregt und veranlasst habe.57 Die Spielräume, die sich ihm bei seiner Arbeit boten, nutzte er so weit möglich aus und nahm dabei auch Konflikte billigend in Kauf. Als fotografisch aktiver Kunsthistoriker hatte er in den besetzten Gebieten meist seine Kamera dabei. Obwohl es nicht erlaubt war, dokumentierte er fotografisch die Bergungsmaßnahmen im Kunstmuseum Dorpat, das im Januar 1943 durch Bomben beschädigt worden war. Daraufhin kam es zum Konflikt mit dem zuständigen Gebietskommissar, Kurt Wilhelm Meenen, also mit der Zivilverwaltung.58 Esser gab Anregungen zu kunstgeschichtlichen Publikationen über das Baltikum und bearbeitete Manuskripte im deutschen Sinne vor der Veröffentlichung. Dies gilt beispielsweise für die 1944 von dem in Walk (Valka) geborenen lettischen Architekturhistoriker Paul Campe erstellte Arbeit über den Baumeister Rupert Bindenschu in Riga.59 Essers Fotoarbeiten können als Teil seiner Selbstinszenierung angesehen werden. Leider gelang es bisher nicht, die umfangreiche Fotosammlung des Kunsthistorikers aus den Kriegsjahren zu ermitteln. Zahlreiche Bilddokumente aus dem Bereich der HAG Ostland sind aber in Form von Kontaktabzügen in Kiew erhalten. Darunter finden sich auch fotografische Spuren Essers, die zeigen, wie er als Mitarbeiter des ERR von einem Fotografen,

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nämlich dem Leiter der HAG Ostland, gesehen wurde.60 Zum Beispiel findet sich hier das beliebte Motiv des fotografierten Fotografen. Eine solche Aufnahme von Esser entstand auf Schloss Ass (Gilsenhof, estn. Kiltsi), das sich in deutsch-baltischem Besitz befand. Im 19. Jahrhundert gehörte dieses Anwesen dem russischen Admiral Adam Johann von Krusenstern, der hier 1846 verstarb. Die Fotografie ist insofern aufschlussreich, als sie Essers ideologische Ausrichtung bildtechnisch dokumentiert: Deutsch-baltische Geschichte und Persönlichkeiten stehen im Mittelpunkt – zur Begründung deutschen Machtanspruchs im besetzten Baltikum. Zugleich ist die Fotografie Beleg seiner Treue zur NS-Ideologie. Das Fotomaterial diente neben Essers kunstwissenschaftlichen Arbeiten zu gleichen Teilen der Rechtfertigung der eigenen Tätigkeit wie der Nachweisführung ideologisch sauberer Arbeit gegenüber Vorgesetzten. Von Esser existieren mehrere Einzelaufnahmen, die in Dorpat gemacht wurden, sowie Gruppenaufnahmen, auf denen er zu erkennen ist. Da der Fotograf der Leiter der HAG Ostland war, wird damit der Blick des Vorgesetzten auf seine Mitarbeiter und Dienststellen offengelegt. Über die hinter den Aufnahmen stehende Absicht ist nichts bekannt. Der ERR protokollierte stets seine Tätigkeit und präsentierte sie in zahlreichen kleineren Ausstellungen, daher dürften alle Aufnahmen einen dokumentarischen Charakter haben, der zugleich vor dem Hintergrund einer möglichen Nutzung zu Propagandazwecken gesehen werden muss. Allerdings wirken zahlreiche Fotografien wie Schnappschüsse und zeigen ERR-Mitarbeiter in einer Art und Weise, die sicherlich nicht einem propagandistischen Anliegen dienten, sondern eher auf eine private Atmosphäre hindeuten. Auf der anderen Seite existieren zwei Aufnahmen von Esser, die den Inszenierungscharakter deutlich machen, denn er ist zweimal, direkt nacheinander, an einem (seinem?) Arbeitsplatz fotografiert worden, allerdings einmal in Uniform und einmal im weißen Kittel. Diese Aufnahmen zeigen ihn im Kreis von ERR-Mitarbeitern.61 Alle Aufnahmen stammen von Otto Nerling62, so dass hier der Blick des Vorgesetzten auf den Untergebenen erkennbar wird.

Abschließende Fragen und Anregungen Die Tätigkeit von Karl Heinz Esser im Sonderstab BK des ERR für die besetzten Gebiete war von vielen Faktoren geprägt, u. a. von den militärischen Entwicklungen, aber auch den Entscheidungen seiner Vorgesetzten und den Spielräumen, die er sich selbst erkämpfte. Für die baltischen Wissenschaftler, die mit ihm zusammenarbeiteten, bedeutete dies angesichts der sich abzeichnenden Niederlage der Wehrmacht, dass sie entscheiden mussten, unter sowjetische Herrschaft zu geraten oder aus ihren Heimatländern zu fliehen. Ein Verbleiben konnte Repressalien durch die sowjetischen Behörden bedeuten, aber auch folgenlos bleiben – wie bei Voldemar Vaga. Die eingesehenen Archivalien geben nicht darüber Auskunft, ob Esser entscheidenden Einfluss auf die kunstwissenschaftliche Arbeit der baltischen Experten genommen hat.

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Erkennbar ist hingegen die prägende deutsche Einflussnahme, zeitweilig in persona Esser, auf die Denkmalpflege in Estland zwischen 1941 und 1944.63 Inwieweit sich deutsche Vorstellungen auch nach der erneuten Eingliederung des Baltikums in die Sowjetunion erhalten haben, ist allerdings noch zu prüfen. Krista Kodres sieht in Sten Karling den Kunsthistoriker, der die Kunstgeschichte Estlands nach 1945 entscheidend geprägt hat. 64 Offen bleibt, welche Rolle Niels von Holst für Esser gespielt hat. Er dürfte aber dessen Arbeiten über die Kunst im Baltikum, die von ihm behauptete deutsche Dominanz und die Zugehörigkeit des Raumes zum deutschen Kultur- und Machtbereich gekannt haben.65 Beide hatten im besetzten Estland auch Gelegenheit, persönlich zusammenzutreffen, da von Holst an Sitzungen der estnischen Kommission für das Kulturerbe (Muinsuskaite ­Komisjon) im Jahr 1942 teilgenommen hatte.66 Allerdings wird von Holst im eingesehenen Schriftverkehr Essers nicht erwähnt. Interessant ist des Weiteren die Frage, welche Bedeutung die Tätigkeit Essers im besetzten Baltikum für seine spätere Arbeit als Museumsleiter in Mainz hatte. Der von mir eingesehene Teilnachlass im Mainzer Stadtarchiv gibt darauf jedoch keine Antwort. Essers Bemühen, immer auf der Höhe der Zeit zu sein, lässt sich auch für spätere Jahre zeigen, zumindest im Kulturprogramm des Museums. Ende der 1960er-Jahre öffnete er beispielsweise das Haus für Veranstaltungen mit dem Liedermacher Franz Josef Degenhardt, den Schriftstellern Günter Grass und Ephraim Kishon sowie der Lyrikerin Hilde Domin.67 Welche Position Esser zur jüdischen Geschichte der Stadt Mainz einnahm, konnte nicht nachgewiesen werden. Bereits 1959 führte einer seiner Mitarbeiter eine Grabung auf dem ehemaligen Gelände des mittelalterlichen Mainzer Judenfriedhofes durch und verfasste dazu einen Grabungsbericht. Auch hier gilt, dass weitere Dokumente eingesehen werden müssten, um genauere Angaben machen zu können. Die Sichtung der umfangreichen ­Fotosammlung wie auch schriftlicher Unterlagen (beispielsweise Briefe an und von Kollegen aus der Zeit vor und nach Mai 1945) könnte vielleicht ein genaueres Bild über seine Einstellung vermitteln. Essers Einsätze in Frankreich, in der Sowjetunion und im Baltikum sowie in Belgien für den Sonderstab BK machen deutlich, dass deutsche Kunsthistoriker ihre Arbeit oftmals in ganz verschiedenen Besatzungsgebieten ausübten. Das bedeutete aber auch: Erfahrungen aus dem einen Gebiet wurden auf das andere übertragen. Deswegen erscheint es sinnvoll, die Auswirkungen dieses Transfers genauer zu untersuchen. Nicht nur Esser, auch Roskamp war in verschiedenen besetzten Gebieten tätig. Nachgegangen werden sollte auch der Frage, welche Bedeutung es hatte, dass viele junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die zwischen 1933 und 1942 promoviert wurden, beim ERR arbeiteten. Sie sind stärker als ihre älteren Kollegen durch nationalsozialistisches Gedankengut geprägt. Heißt das, dass sie fachliche Regeln leichter umgingen? Sprachen sie eine andere Wissenschaftssprache als ältere Kunsthistoriker? Lebten sie in anderen Netzwerken? Für Esser lässt sich belegen, dass er den Austausch sowohl mit jungen Kunsthistorikern wie mit erfahrenen, älteren Wissenschaftlern suchte. Doch sprachen sie alle die gleiche Sprache?

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Ein weiteres Forschungsdesiderat, auf das ich in diesem Zusammenhang aufmerksam machen möchte, ist die Rolle der Frauen beim Kulturgutraub während des Zweiten Weltkrieges. An dieser Stelle sei nur exemplarisch auf die deutschen Kunsthistorikerinnen ­verwiesen, die in Paris am Raub jüdischen Kunstbesitzes mitgewirkt haben, und auf die Frauen im ERR. Zwar hatten diese keine übergeordneten Leitungsfunktionen inne, doch gab es Wissenschaftlerinnen in verschiedenen Sonderstäben, vereinzelt auch als Leite­ rinnen von kleinen Dienststellen. Hier steht die Untersuchung von Eigenständigkeit wie E ­ igensinnigkeit von Wissenschaftlerinnen in Anbindung an die aktuelle Genderforschung noch aus. In Essers Welt gab es vor allem Übersetzerinnen, Schreibkräfte, Bibliothekarinnen und Hilfsarbeiterinnen. Ein intensiver Austausch mit Kunsthistorikerinnen konnte nicht nachgewiesen werden. Das mag auch daran gelegen haben, dass im Baltikum keine einzige Kunsthistorikerin für den Einsatzstab aktiv war und Esser in seiner Zeit in Paris vor allem mit männlichen Kollegen wie Jerchel, Wirth und Schiedlausky zu tun hatte. In der Gesamtschau lässt das eingesehene Archivmaterial folgende Schlüsse über Essers Selbstverständnis und Tätigkeit für den ERR im besetzten Baltikum zu: Der ideologische Kampf gegen die Sowjetunion und die „Sicherung“ der Macht Deutschlands hatten für ihn stets oberste Priorität, fachliche Kriterien waren dem nachgeordnet. Dies zeigte sich, indem er seine Entscheidungen regelmäßig ideologisch, nicht kunsthistorisch begründete. Essers Bild bleibt aber insofern unvollständig, als Schriftgut aus seinem privaten Umfeld dieser Zeit nicht einbezogen werden konnte. Entsprechend ist unklar, wie viel Inszenierung, wie viel ideologische Rechtfertigung in seinem Tun und Schreiben tatsächlich auf einer nationalsozialistischen Auffassung der Welt gründeten. Esser selbst stellt sich aber das Zeugnis eines vorbildlichen Nationalsozialisten im Einsatz im Osten aus.

Abkürzungen BArch Berlin Bundesarchiv Berlin BA Koblenz Bundesarchiv Koblenz TsDAVO Kiew Zentrales Staatsarchiv der obersten Regierungs- und Verwaltungsorgane der Ukraine

Anmerkungen 1 Detailliertere Angaben und genaue Belege für das Folgende finden sich bei HOPPE 2010, 179–183. 2 ESSER 1940. 3 Bericht über den Einsatz des kunstwissenschaftlichen Arbeitsstabes in Frankreich, vom Beauftragten für Kunstschutz beim OKH, KV Abt. Chef Metternich (Kopie), vom 9.1.1940 [korrekt 9.11.1940]. BA Koblenz, B323/265, fol. 28 f.

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Abschlussbericht über die Tätigkeit des kunstwissenschaftlichen Arbeitsstabes in Frankreich in der Zeit vom 1.10.1940–30.9. (bezw. 31.12.) 1941 von KVAbt.Chef Metternich (Mikrofilmausdruck). BA Koblenz, B323/257, fol. 61–67. 5 Günther Schiedlausky (1907–2003) war ab 1955 Mitarbeiter am Germanischen Nationalmuseum Nürnberg und hier u. a. für Judaica zuständig. Sein Bruder Gerhard Schiedlausky, Mitglied der NSDAP seit 1. September 1931 und Mitglied der SS seit Dezember 1932, war als Arzt u. a. im KZ Ravensbrück und im KZ Buchenwald tätig. Er wurde am 3. Februar 1947 in Hamburg zum Tode verurteilt und am 3. Mai 1947 hingerichtet. 6 Lagebericht für die Zeit vom 20. November bis 20. Dezember 1940 am MBF, Verwaltungsstab, Abt. IV Kunstschutz (Mikrofilmausdruck). BA Koblenz, B323/265, fol. 32 f. 7 Detailed Interrogation Report No. 5, 15.8.1945, Office of Strategic Services, Art Looting Investigation Unit, APO 413, Subject: Günther Schiedlausky, S. 2. NARA College Park, M1782. 8 BArch Berlin, NS8/259, fol. 56–63. 9 Robert Scholz wurde am 9.2.1902 in Olmütz geboren und starb am 15.1.1981 in Fürstenfeldbruck. Er war ab 1935 NSDAP-Mitglied, aber bereits seit 1930 für die Partei aktiv tätig gewesen, Leiter des Hauptamtes Bildende Kunst im Amt Rosenberg, Leiter der Abteilung Bildende Kunst der Hohen Schule in Vorbereitung und daneben von 1938–1945 Direktor des Museums Moritzburg in Halle/Saale. 10 Dr. Karl Heinz Esser: Aufgaben eines Kunstsachbearbeiters bei der Arbeitsgruppe Estland des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg, Reval, 11.12.1941. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 11 Ebd. 12 Ebd. 13 Mehr Informationen zum Kunstsammler Julius Genss finden sich bei BALUN 2012. 14 Dr. Karl Heinz Esser: Aufgaben eines Kunstsachbearbeiters bei der Arbeitsgruppe Estland des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg, Reval, 11.12.1941. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 15 Ebd. 16 Dietrich Roskamp wurde am 7. September 1907 in Emden geboren und starb am 12. Oktober 1967 in Hamburg. Er wurde 1934 an der Universität Marburg mit der Arbeit „Salomon Geßner im Lichte der Kunsttheorie seiner Zeit. Ein Beitrag zum Problem Klassizismus und Romantik im 18. Jahrhundert“ promoviert. Für den ERR war er als Mitarbeiter des Sonderstabes BK u. a. in der Ukraine (1942) und in Frankreich im Louvre (1943/44) tätig. Vor und nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er an der Hamburger Kunsthalle. 17 Gerhard Utikal wurde am 15. April 1912 in Friedrichsgrätz geboren und starb am 5. November 1982 in Remscheid. Er trat 1931 in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 873.117) und 1932 in die SA. Ab August 1940 war Utikal für den ERR in Paris tätig, ab 1. Januar 1941 war er Stabsführer des ERR in Vertretung und ab 1. April 1941 dann Stabsführer des ERR und damit dessen Leiter. 1947 wurde er festgenommen, schließlich nach Frankreich ausgeliefert und dort 1951 aus der Haft entlassen. 18 Dr. Karl Heinz Esser, Dr. Dietrich Roskamp: Aufgaben des Sonderstabes Bildende Kunst im Einsatzstab RR, Riga, den 23. April 1942. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 19 Ebd. 20 Die Liste der Gemälde findet sich in TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138, fol. 507–520. 21 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Riga, 11. Mai 1942, an Reichsamtsleiter Robert Scholz. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138.

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22 Ebd. 23 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Riga, den 12. September 1942, an den Stabsführer des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg, Berlin. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 24 Auftrag für den Pg. Dr. Karl Heinz Esser vom Stabsführer, Berlin, den 22.  September 1942. ­TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138 25 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Wilna, den 2. Oktober 1942, an den ERR, AG Weißruthenien, Minsk. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138 26 Dr. Karl Heinz Esser: Tätigkeitsbericht vom 9.10.–8.11.1942. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 27 Dr. Karl Heinz Esser: Tätigkeitsbericht für die Zeit vom 30.8.–8.9.1942. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 28 Dr. Karl Heinz Esser: Tätigkeitsbericht für die Zeit vom 19.5.–27.6.1942 und Dr. Karl Heinz Esser: Tätigkeitsbericht für die Zeit vom 23.–29. August 1942. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 29 Schreiben (Abschrift) von Robert Scholz, Sonderstab Bildende Kunst, Berlin, den 31. März 1943, an Dr. Karl Heinz Esser, Riga. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 30 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Dorpat, den 6. März 1943, an den Verwaltungsführer der HAG Ostland, Riga. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 31 Dies geht aus Schreiben hervor, die im TsDAVO Kiew, Fonds 3676, Opis 1, Sprava 138, liegen. 32 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Riga, den 13. Oktober 1942, an die Stabsführung, Abteilung Auswertung, Berlin (Dr. [Gerd] Wunder). TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 33 Vgl. Universitas Vilnensis 1579–2004. Vilnius 2004, 49. Diese Publikation ist online abrufbar unter: http://www.vu.lt/site_files/InfS/Leidiniai/Vilnius_University_1579_2004.pdf (11.4. 2012) 34 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Dorpat, den 26. November 1942, an Ortskommandantur Narva. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 35 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Dorpat, den 15. Mai 1943 an Robert Scholz, Amt Bildende Kunst, Berlin. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 36 VAGA 1937; VAGA 1940. 37 Voldemar Vaga überlebte und blieb in Estland. Er wurde im Jahr 1946 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Tartu und verstarb dort 1999. 38 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Dorpat, den 15. Mai 1943 an Robert Scholz, Amt Bildende Kunst, Berlin. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138 39 TUULSE 1937; TUULSE 1940; TUULSE 1942. 40 Armin Tuulse wurde 1962 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Stockholm und verstarb dort im Jahr 1977. 41 Zum Beispiel im Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Riga, den 11. Mai 1942. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 42 KAUFMANN 1947, 163. 43 HOPPE 2010, 184. 44 Zur Tätigkeit Essers bei der Sicherung der Revaler Altäre HOPPE 2010, 193 f. 45 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Reval, den 29.5.1943, an das Wirtschaftskommando 308, Narva. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 46 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Dorpat, den 13. November 1942, an den Direktor des Akademischen Kunstmuseums, Prof. Ernst Langlotz, Bonn. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138.

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47 Bericht von Dr. Karl Heinz Esser über Besprechungen mit Bereichsleiter R. Scholz am 23. und 31. Juli 1942 in Berlin, Riga, den 7. August 1942. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138 48 Ebd. 49 HOPPE 2010, 190. 50 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Riga, den 11. Mai 1942, an Reichsamtsleiter Robert Scholz, Berlin. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 51 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Riga, den 24. März 1943, an Dr. Friedrich Franz Kuntze, Berlin. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 52 Ebd. 53 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Dorpat, den 29. Januar 1943, an die Ortskommandantur Narwa. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 54 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Reval, den 7. November 1942, an Bereichsleiter Robert Scholz, Amt Bildende Kunst, Berlin. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 55 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Dorpat, den 20. Oktober 1942, an die Stabsführung des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg, Referat Osten, Berlin. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 56 Schreiben von Dr. Karl Heinz Esser, Riga, den 14. Oktober 1942, an den Leiter des Amtes Bildende Kunst, Bereichsleiter Robert Scholz, Berlin. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 57 Begründung für die Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes II. Klasse ohne Schwerter vom 15. Juli 1942. BA Berlin (ehem. BDC), Parteikorrespondenz, Esser, Karl Heinz. 58 Dr. Karl Heinz Esser: Tätigkeitsbericht für die Zeit vom 1.–31. Januar 1943. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. 59 Dr. Karl Heinz Esser: Tätigkeitsbericht für die Zeit vom 1.–31. März 1943. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 138. CAMPE 1944. 60 Die Qualität dieser Kontaktabzüge ist nicht besonders gut, doch liefern sie zumindest einen ersten Eindruck. 61 Liste der Aufnahmen von Film 61. TsDAVO Kiew, 3676, 1, 139, fol. 41v. Neben Esser sind auf dem Gruppenbild vor der Dienststelle die ERR-Mitarbeiter Willy Kleist, der Pg. Zwiebel, Gisela Schulzenberg, Annemarie Feldmann, Wilhelm Hollberg und Frau Mutz erkennbar, während bei dem Essen nur die letzten beiden eindeutig identifizierbar sind. Bekannt ist allerdings, dass daran auch Georg F. von Krusenstjern und die Herren Ebeling, Beschkirow und Radovanic teilgenommen haben. Zur Tätigkeit des Historikers von Krusenstjern für den ERR siehe HOPPE 2010, 187, 198. Im Estnischen Historischen Archiv in Tartu befinden sich Unterlagen von ihm: Ajalooarhiiv Tartu, 1414, 2, 122 und 297. Ich danke Kristina Jõekalda, Estnische Akademie der Künste, Institut für Kunstgeschichte, Tallinn, für den gewährten Einblick in diese Akten. 62 Otto Nerling war an der Universität Hamburg am 16.11.1929 promoviert worden; NERLING 1930. Der 1904 geborene Nerling war seit August 1942 kommissarischer und später ordentlicher Leiter der HAG Ostland und blieb es bis zu deren Auflösung im Jahr 1944. 63 Ich danke Kristina Jõekalda, Tallinn, dafür, dass sie mir Zugang zu ihrem wichtigen Beitrag über den Denkmalschutz in der NS-Zeit in Estland gewährt hat, der dieses Thema intensiv behandelt: JÕEKALDA 2012. 64 KODRES 2010, KODRES 2008. 65 Zu denken ist hier etwa an HOLST 1939 und HOLST 1942. 66 Ich danke Kristina Jõekalda, Tallinn, für den Hinweis auf diese Möglichkeit. 67 StadtA Mainz, Nachlass 149, Karton 2, verschiedene Unterlagen aus den Jahren 1967 bis 1969.

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Literatur [AUSST.-KAT. MÜNCHEN 2012] Juden 45/90. Von ganz weit weg – Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. Ausstellung München, 11.7.2012–27.1.2013. Berlin 2012 (Katalog des Jüdischen Museums München). ART and the Church. Religious Art and Architecture in the Baltic Region in the 13th–18th Centuries. Conference dedicated to the centenary of Sten I. Karling in Tallinn, Sept. 6–9, 2006. Ed. by Krista Kodres/Merike Kurisoo. Tallinn 2008. BALUN, Olena: Julius Genss – Die Geschichte eines Sammlers und seiner Sammlung. In: AUSST.-KAT. MÜNCHEN 2012, 118–127. CAMPE, Paul: Der Stadt-Kunst- und Werkmeister Rupert Bindenschu und seine Wirksamkeit in Riga. Ein Beitrag zur Baugeschichte Rigas zu Ende des 17. Jahrhunderts. Riga 1944. ESSER, Karl Heinz: Darstellung der Formen und Wirkungen der Wallfahrtskirche zu Vierzehnheiligen, mit einem Anhang über den „Architekturraum“ als „Erlebnisraum“. Phil. Diss., Bonn 1939 [1940]. HOLST, Niels von: Die Deutsche Kunst des Baltenlandes – ein neues Forschungsgebiet der Kunstgeschichte. In: Mitteilungen der Deutschen Akademie 14 (1939), 161–171. HOLST, Niels von: Die deutsche Kunst des Baltenlandes im Lichte neuer Forschung. Bericht über das gesamte Schrifttum seit dem Weltkrieg (1919–1939). München 1942 (Schriften der Deutschen Akademie, 31). HOPPE, Jens: Ein Kunsthistoriker im Dienste einer NS-Organisation. Dr. Karl Heinz Esser beim Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg für die besetzten Gebiete. In: Mainzer Zeitschrift 105 (2010), 179–199. JANKEVIČIŪTĖ, Giedrė/LAUČKAITĖ, Laima (Hgg.): Dailės Istorijos Studijos/Art History Studies 5: Art and Artistic Life During the Two World Wars. Vilnius 2012. JÕEKALDA, Kristina: Architectural Monuments as a Resource. Reworking Heritage and Ideologies in Nazi-Occupied Estonia. In: JANKEVIČIŪTĖ/LAUČKAITĖ 2012, 273–300. KAUFMANN, Max: ‫ חורבן לעטלאנד‬Churbn Lettland. Die Vernichtung der Juden Lettlands. München 1947. KODRES, Krista: „Aus dem Volk selbst herausgewachsen“. Sten Karling and His Book „Holzschnitzerei und Tischlerkunst der Renaissance und des Barocks in Estland“. In: ART 2008, 9–19. KODRES, Krista: Freedom From Theory? An Attempt to Analyse Sten Karling’s Views on (Estonian) Art History. In: Journal of Art Historiography 3 (2010); http://arthistoriography.files.wordpress. com/2011/02/media_183177_en.pdf (12.11.2012). NERLING, Otto: Über die quantitative Bestimmung der Korngröße der Kartoffelstärke nebst Untersuchungen über den Einfluss verschiedener Faktoren auf die Stärkegröße der Kartoffel. In: Wissenschaftliches Archiv für Landwirtschaft 3 (1930), 268–320. TUULSE, Armin: Zur Baugeschichte der Tallinner Burg. Tartu 1937. TUULSE, Armin: Die Kirche zu Karja und die Wehrkirchen Saaremas. Tartu 1940. TUULSE, Armin: Die Burgen in Estland und Lettland. Dorpat 1942. VAGA, Voldemar: Üldine kunstiajalugu [Geschichte der Kunst]. Tartu 1937. VAGA, Voldemar: Eesti kunst. Kunstide ajalugu Eestis keskajast meie päevini [Estlands Kunst. Estnische Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart]. Tartu 1940.

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Robert Born

Zwischen Siebenbürgen und Norwegen Die Forschungen von Hermann Phleps zur Holzarchitektur und deren politische Instrumentalisierung im Nationalsozialismus

Im Fokus der nachfolgenden Betrachtungen steht mit Hermann Phleps (1877–1964) ein Architekt und Bauhistoriker, der von 1933 bis 1945 an einer Reihe von Forschungsvor­ haben zur Holzarchitektur in Siebenbürgen, dem Baltikum und Norwegen beteiligt war.1 Dabei handelte es sich einerseits um Regionen wie Siebenbürgen, das ab 1933 zu einem wichtigen Ziel der deutschen Außen- und Wirtschaftspolitik wurde, und andererseits um Gebiete wie das Baltikum oder Norwegen, die unter direkter Besetzung durch deutsche Truppen standen. Es werden die Aktivitäten Hermann Phleps’ sowie dessen Verbindungen zu unterschiedlichen Einrichtungen und Akteuren innerhalb des NS-Machtapparates in den Blick genommen und die Instrumentalisierung der Forschungsergebnisse untersucht, wobei Kontinuitäten zur Zeit vor 1933 bzw. nach 1945 aufgezeigt werden. Die Rekonstruktion der einzelnen Tätigkeiten des Protagonisten Phleps erfolgt ausgehend von den ­erhaltenen Archivalien und den veröffentlichten bzw. in Manuskriptform vorliegenden Publikationen und Selbstzeugnissen.2 Hermann Phleps wurde 1877 in Birthälm (rum.: Biertan, ung.: Berethalom) in Siebenbürgen als Sohn eines Kreisarztes geboren. In seinen Memoiren betonte er die Sympathien für die national-völkischen Ideen im elterlichen Hause.3 Entsprechende politische Prä­ ferenzen stellten gerade vor dem Hintergrund der Ende des 19. Jahrhunderts durch die Budapester Regierung forcierten Magyarisierung keine Ausnahmeerscheinung unter den Siebenbürger Sachsen dar. Nach dem Schulbesuch studierte Phleps Architektur, zunächst in Wien und später an der Technischen Hochschule Karlsruhe bei Carl Schäfer (1844– 1907). Dieser Exponent der restaurierenden Denkmalpflege strebte nach einer Erneuerung der Architektur und des Kunstgewerbes. Dies sollte vor allem ausgehend von der Nutzung traditioneller Materialien sowie dem Einsatz überlieferter Techniken erfolgen. Um 1900 intensivierte Schäfer seine Bemühungen um eine Ableitung der „altdeutschen“ Baukunst aus einer germanischen Urarchitektur. Dabei erklärte er die hölzernen Hausbauten zu Leitformen einer germanischen Baukultur. In diesem Sinne sah Schäfer in den Untersuchungen des Bauernhauses ein wichtiges Arbeitsfeld der künftigen Forschung.4 Die stärkste

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Nachwirkung erzielte Schäfer als Lehrer über seine „Schule“.5 Im Gegensatz zu prominenten Schülern wie Hans Poelzig, Hermann Muthesius oder Paul Schmitthenner führte Phleps Schäfers Arbeitsschwerpunkte weiter. Ein früher Beleg hierfür ist die Studie zur Geschichte des deutschen Bauernhauses, mit der er sich 1908, nur ein Jahr nach seiner Promotion an der TH Dresden, an der TH Danzig habilitierte. Dort unterrichtete Phleps zunächst als Privatdozent das Fachgebiet „Geschichte des deutschen Bauernhauses“ und später die „Geschichte der deutschen Holzarchitektur“. Im Jahr 1912 wurde ihm das Prädikat eines Professors zuerkannt. Sieben Jahre später wurde er zum Honorar- und 1922 zum „außerordentlichen Professor für Holzbaukunst, das Entwerfen von Holzarchitektur und Wohnungseinrichtungen sowie für farbige Außen- und Inneneinrichtungen“ ernannt. Die Berufung zum ordentlichen Professor erfolgte schließlich 1936. In dieser Position lehrte er „Architektur und Holzbaukunst“ bis zur Evakuierung der Danziger Hochschule im Frühjahr 1945.6

Die Hausbauforschung an der TH Danzig als Teilbereich der Ostforschung Die von Carl Schäfer geforderte intensive Beschäftigung mit der Geschichte des Bauernhauses wurde im Unterricht an der TH Danzig umgesetzt. Dabei näherte sich Phleps in ähnlicher Weise wie Otto Kloeppel (1873–1942), ein weiterer Schäfer-Schüler, in Bezug auf den Gegenstandsbereich der Untersuchungen wie auch den damit verbundenen Deutungsstrategien der Ur- und Frühgeschichtsforschung an.7 Diese Disziplin hatte Ende des 19. Jahrhunderts eine Radikalisierung durch die Rezeption von Methoden und Kategorien aus der Anthropologie wie z. B. der Rasse oder die Vorstellung vom Volk als biologische Einheit erfahren. Einen folgenreichen Paradigmenwechsel brachte die von Gustaf Kossinna (1858–1931) spezifizierte „siedlungsgeschichtliche Methode“. In enger Anlehnung an die von Friedrich Ratzel (1844–1904) entwickelten Konzepte der Anthropogeographie ging Kossinna davon aus, dass scharf abgegrenzte archäologische Kulturzonen den Verbreitungsgebieten bestimmter Völker oder Stämme entsprechen. In der Folgezeit wurden die ethnischen Verhältnisse der Gegenwart häufig auf eine weit entfernte Vergangenheit übertragen.8 Die im wilhelminischen Kaiserreich entwickelte nationalistisch geprägte Germanenforschung erfuhr eine weite Popularisierung in der Weimarer Republik im Zuge der Etablierung der Prähistorischen Archäologie. Diese wurde gemeinsam mit weiteren völkischen Wissenschaften wie der Volksgeschichte und der Volkskunde zu einer wichtigen Stütze der revisionistischen „Grenzlandpolitik“.9 Die in diesem Rahmen postulierten Thesen einer dauerhaften germanischen Besiedlung östlich der Elbe bildeten einen wichtigen Komplex der gegen Polen gerichteten deutschen Ostforschung. So zeichnete Otto Kloeppel in einem Aufsatz zum indogermanischen Haus Europas, der 1929 programmatisch in der Festschrift zum 25-jährigen Jubiläum der TH Danzig veröffentlicht wurde, eine konti-

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nuierliche Entwicklung des Hausbaus von den Indogermanen zu den Ost- und Westgermanen. Die Ostsiedlung des 12. und 13. Jahrhunderts stilisierte er schließlich zu einer „Wiedergewinnung des einst germanischen Ostens“.10 Die Vorstellung mehrerer germanischer Kolonisationswellen in den Osten seit der Antike und dem jeweils damit verbundenen Kulturtransfer, die gleichsam die Prototypen für die mittelalterliche Entwicklung darstellten, propagierten auch Historiker der Ostforschung wie Wolfgang La Baume (1885– 1971), der sich 1924 an der TH Danzig habilitierte und bis 1938 mit der dort ansässigen Architekturabteilung kooperierte.11 Die Interpretation der Holzarchitektur unter Bezugnahme auf ein völkisch-rassistisches Koordinatensystem gewann in den Arbeiten von Hermann Phleps zunehmend an Bedeutung. Im Fokus seiner Studien standen zunächst der Hausbau und die Kirchenburgen in Siebenbürgen.

Phleps’ Forschungen zum Holzbau in Siebenbürgen im Kontext der reichsdeutschen Volksbodenforschung In einem noch vor dem Ersten Weltkrieg veröffentlichten Artikel hatte Phleps die Zielrichtung denkmalpflegerischer Maßnahmen vor dem Hintergrund der in Siebenbürgen fortschreitenden Modernisierung erörtert. Die dabei anvisierten Aktivitäten sollten zu einer Stärkung des „nationalen Empfindens“ der Siebenbürger Sachsen beitragen und sicherstellen, dass die Kirchengebäude weiterhin als Zeugnisse ihrer „kulturellen Vormachtstellung“ erhalten blieben.12 Phleps’ Interesse an diesen Monumenten war sicherlich durch lokalpatriotische Gefühle motiviert. Gleichzeitig reagierte er nach dem Ersten Weltkrieg auch auf die steigende Aufmerksamkeit, die eine Vielzahl von Einrichtungen der Weimarer Republik den „Auslandsdeutschen“ entgegenbrachte. Hiervon profitierten auch die deutschen Minderheiten im nach 1919 entstandenen Großrumänien, allen voran die Siebenbürger Sachsen.13 Diese vormals politisch einflussreiche „Nationalität“ im Königreich Ungarn bildete nunmehr nur einen – allerdings den zahlenmäßig größten – Teil der „deutschen Minderheit Rumäniens“. Vor diesem Hintergrund gewann die Volkstumspolitik und -forschung zunehmend an Bedeutung. Eine diesbezüglich wichtige Institution war das von dem Kulturpolitiker und Publizisten Richard Csaki (1886–1943) gegründete Kulturamt des Verbandes der Deutschen in Großrumänien (1922–1931).14 Phleps nutzte seine Kontakte zu Csaki und weiteren führenden Figuren der Siebenbürger Sachsen und sicherte sich deren Unterstützung für seine Projekte. Gleichzeitig entsprachen die von ihm vertretenen Positionen den Zielen reichsdeutscher Institutionen, wie der Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und zur Pflege des Deutschtums, kurz Deutsche Akademie (DA), in München.15 Deren Sektion „Musik und bildende Kunst“, die bis 1936 von Wilhelm Pinder (1878–1947) geleitet wurde, koordinierte die Untersuchungen zur ‚deutschen Kunst im Ausland‘.16 Ab 1929 hatten Kunsthistoriker aus Pinders unmittelbarem Umfeld Recherchen zur Malerei, Skulptur und Architektur in Siebenbür-

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gen durchgeführt. Ihre Ergebnisse wurden in mehreren Artikeln und zusammenfassend in einem 1934 von Victor Roth (1874–1936), dem wohl einflussreichsten Lokalforscher, herausgegebenen Band veröffentlicht.17 Zeitgleich mit den von Pinder koordinierten Ak­ tivitäten in Siebenbürgen beantragte Phleps bei der DA die finanzielle Förderung einer Studie „zum Holzbau Siebenbürgens mit Merkmalen der Zuwanderung gotischer und deutscher Stämme“. Als Unterstützer des Projekts nennt Phleps Richard Csaki18 und den Hermannstädter Bischof und Senator der DA Friedrich Teutsch (1852–1933).19 Auch Pinder befürwortete eine Förderung der Studie „im Interesse der deutschen wissenschaftlichen Arbeiten in Südosteuropa“ und erhoffte sich von dieser Arbeit „wichtige Aufschlüsse über die Frage der Ausstrahlung deutscher Kultur und Kunst“. Aufgrund finanzieller Engpässe wurden die Feldforschungen schließlich von der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft gefördert. Die DA finanzierte die Drucklegung der Ergebnisse 1934 unter dem Titel „Ost- und westgermanische Baukultur unter besonderer Würdigung der länd­lichen Baukunst Siebenbürgens“.20 Phleps geht darin von der Prämisse aus, dass durch die Randlage Siebenbürgens sich im dortigen Holzbau bestimmte Charakteristika des spätantiken und mittelalterlichen Hausbaus erhalten hätten. Aufgrund der Präsenz der Vorhalle und gewisser Gefügearten der Wohn- und Wirtschaftsgebäude nahm er eine Kontinuität ostgermanischer Elemente an. Das Erbe der spätantiken Gepiden sei dann im 12. und 13. Jahrhundert bei der Ansiedlung der sächsischen Siedler um eine westgermanische ­Tradition erweitert worden.21 Phleps Thesen stießen in Siebenbürgen auf heftigen Widerspruch seitens der rumänischen Forscher.22 Im Deutschen Reich wurden seine Theorien hingegen vor allem von der gleichgeschalteten Volkskunde und der Ostforschung begrüßt.23 Bereits 1933, also noch vor der Veröffentlichung der Studie, hatte die öffentlichkeitswirksame Verbreitung der Thesen zum germanischen Hausbau durch eine von der DA organisierte Wanderausstellung eingesetzt. Die Schau wurde bis 1935 gezeigt.24 Zeitgleich zu ihrem Wirken in Siebenbürgen intensivierte die DA ihre Aktivitäten in Rumänien. Die kulturpolitischen Initiativen waren zunehmend mit Interessen der deutschen Wirtschaft verknüpft. So waren unmittelbar nach der nationalsozialistischen Machtergreifung wirtschaftliche Kooperationsverträge mit Rumänien geschlossen und die Gründung eines Südostausschusses innerhalb der DA sowie ein verstärkter Austausch von Delegationen initiiert worden. Die Leipzig-Gruppe der DA empfing beispielsweise im Februar 1933 eine Abordnung um Bischof Victor Glondys (1882–1949), der erst seit Kurzem der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien vorstand.25 Im November 1933 sprach dieser im Anschluss an einen Vortrag von Phleps im Rahmen der Ausstellung zur „Ostund westgermanischen Baukultur in Siebenbürgen“ an der TH Berlin über die Situation der Siebenbürger Sachsen in Rumänien.26

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Die siebenbürgischen Kirchenburgen als Chiffren der NS-Politik in Rumänien (1937–1943) Die nationalsozialistischen Machthaber versuchten, über unterschiedliche Kanäle die innen­politische Entwicklung in Rumänien zu beeinflussen. Dabei wurde vor allem die deutschsprachige Bevölkerung durch das Außenpolitische Amt der NSDAP oder den VDA umworben.27 Unter den Deutschen in Rumänien tobte in den 1930er-Jahren ein Machtkampf zwischen den kirchlich konservativen Kräften um Hans Otto Roth (1890– 1953), der als Senator im rumänischen Parlament vermehrt auf eine Zusammenarbeit mit den jeweiligen Regierungsparteien setzte, und der nationalsozialistisch orientierten Gruppe um Fritz Fabritius (1883–1957).28 Die politische Radikalisierung unter dem Einfluss reichsdeutscher Stellen wurde von den rumänischen Behörden mit Sorge verfolgt. Diese politisch höchst komplizierte Gemengelage spiegeln auch die Akten zu einem weiteren Projekt von Hermann Phleps in Siebenbürgen wider. Dieser beantragte im Sommer 1937 bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) Mittel für die Erstellung einer Studie zu den „deutschen Kirchen- und Bauernburgen der Siebenbürger Sachsen“, die als Ehrengabe der Architekturabteilung der TH Danzig aus Anlass der 800-Jahrfeier der deutschen Kolonisation in Siebenbürgen im Jahre 1941 der Öffentlichkeit übergeben werden sollte.29 Unmittelbar nach Eingang des Antrages bescheinigte das Außenpolitische Amt der NSDAP, dass für das Projekt keinerlei außen- und nationalpolitische Bedenken bestünden.30 Im September 1937 bereiste Phleps zusammen mit einer Gruppe von Studenten Siebenbürgen und fertigte dort Maßzeichnungen und etwa 600 fotografische Aufnahmen der Kirchenburgen in Birthälm, Deutsch-Weisskirch (rum.: Viscri, ung.: Szászfehéregyháza) und Schönberg (rum.: Dealu Frumos, ung.: Lesses) sowie der Chorpartie der Kirche in Groß-Kopisch (rum.: Copșa Mare; ung.: Nagykapus) an.31 Anfang 1938 fragte das Preußische Finanzministerium bei Phleps an, ob dieser bereit wäre, die mit „privaten Mitteln aus dem Reich“ finanzierten Wiederherstellungsarbeiten an der Kirchenburg Birthälm zu leiten. Zur Vorbereitung dieser Arbeiten wie auch für den Abschluss der Untersuchungen aus dem Vorjahr beantragte Phleps erneut Mittel bei der DFG und betonte dabei, dass es sich bei diesem Projekt „um eine für das Auslandsdeutschtum wichtige Mission“ handele.32 Die an den siebenbürgischen Kirchenburgen festgemachte Verklammerung von ‚Raum‘ und ‚Volk‘ bildete eine wichtige Komponente der Volks- und Kulturbodenforschung der Zwischenkriegszeit. Die Förderung der Untersuchungen von Phleps durch die DFG erfolgte zeitgleich mit der Unterstützung von Projekten zu den Burgen in anderen Gebieten mit deutschsprachiger Bevölkerung.33 Die Wiederherstellungsarbeiten in Birthälm waren Teil eines größeren Projektes, das auch konservatorische Maßnahmen an der Schwarzen Kirche in Kronstadt (rum.: Brașov, ung.: Brassó) sowie die Errichtung eines Erweiterungsbaus des Diasporaheims in Hermannstadt (rum.: Sibiu, ung.: Nagyszeben) umfasste. Die Restaurierungsarbeiten in Kronstadt bildeten sicherlich das prominenteste Vorhaben, zu dessen Finanzierung in Rumä-

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nien bereits 1936 die Sammelaktion „für unsere Schwarze Kirche“ angelaufen war.34 Alle drei baulichen Maßnahmen sollten 1941 pünktlich zur geplanten 800-Jahrfeier der deutschen Kolonisation in Siebenbürgen abgeschlossen sein. Bei der sogenannten SachsenSpende, die in den Akten stets als „privat“ charakterisiert wurde, handelte es sich realiter um ein Projekt, an dem neben privaten Geldgebern auch staatliche Stellen und wirtschaftliche Verbände beteiligt waren. Diese Verflechtungen wurden jedoch bewusst verschleiert. Als Schirmherr dieser Initiative fungierte Generalfeldmarschall August von Mackensen (1849–1945), eine Persönlichkeit, die aufgrund ihrer Erfolge an der rumänischen Front 1916 sowohl in Deutschland wie auch unter den Deutschen in Rumänien hoch angesehen war.35 Eine zentrale Rolle bei der Spendensammlung übernahm der vormalige Landrat Tilo Freiherr von Wilmowsky (1878–1966), der durch seine Heirat (1907) mit Barbara Krupp (1887–1972) familiär mit der führenden deutschen Industriellendynastie verbunden war. Von 1931 bis 1944 stand Wilmowsky dem Mitteleuropäischen Wirtschaftstag, einem Interessenverband führender deutscher Unternehmen und Verbände vor, der langfristig auf eine wirtschaftliche Vereinigung Mittel- und Südosteuropas unter deutscher Kontrolle hinarbeitete. Im Rahmen dieser Planspiele galt Rumänien aufgrund seiner ­Ressourcen (v. a. Getreide und Erdöl) als ein wichtiger wirtschaftlicher „Ergänzungsraum“ zum Kernraum Großdeutschland.36 Die Kontakte zu den deutschen staatlichen Einrichtungen koordinierten Arthur Gürich (1873–?), Geheimer Regierungsrat im Reichs- und Preußischen Kultusministerium, und Hans Heinrich Lammers (1879–1962), der seit 1937 Reichsminister ohne Portefeuille und Chef der Reichskanzlei war. Des Weiteren war auch Karl Haushofer (1869–1946) als Ehrenpräsident des VDA in die Planung der Sachsen-Spende eingebunden.37 Durch das Zusammenspiel dieser Akteure und Dienststellen wurden insgesamt 407.000 RM zusammengetragen. Etwa ein Viertel der gesamten Summe stammte aus Adolf Hitlers Reichskanzlei. In Rumänien wurden die Gelder von einem Gremium verwaltet, dem neben Hans Otto Roth der Kronstädter Tuchfabrikant Emil Schmutzler (1889–1952) und der mit dem Nationalsozialismus sympathisierende Bischof Wilhelm Staedel (1890–1971)38 angehörten. Dieser hatte 1940 in der Nachfolge der Bildung der halbautonomen Deutschen Volksgruppe in Rumänien unter der Führung des durch die SS protegierten Andreas Schmidt (1912–1948) den politisch moderaten Glondys aus dem bischöflichen Amt verdrängt. Gemeinsam mit den Vertretern der „Volksgruppe“ plante er zudem den Bischofssitz von Hermannstadt nach Birthälm zu verlegen.39 Gerade mit Blick auf die angespannte Lage sollte die umfangreiche Zuwendung aus dem Reich bewusst vor der Öffentlichkeit verheimlicht werden.40 Phleps arrangierte sich schnell mit den neuen Verhältnissen in Rumänien und reiste bereits im Frühjahr 1941 gemeinsam mit Ministerialrat Dammeier vom Preußischen Finanzministerium nach Siebenbürgen. Dort verhandelte er mit Vertretern der ­ „deutsche[n] Volksgruppe in Fragen der Restaurierung verschiedener Kirchenburgen“ und beriet diese darüber hinaus „in kulturellen Fragen“. Abschließend informierte er den deutschen Generalkonsul in Kronstadt über diese Gespräche.41

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Die Gleichschaltung der politischen und kirchlichen Institutionen in Rumänien und die Ausbreitung radikaler Positionen unter dem Einfluss der SS wurden von den Organi­ satoren der Sachsen-Spende mit einer gewissen Skepsis registriert. Im Herbst 1941 berichtete von Wilmowsky von den Spannungen nach dem Kirchenaustritt des neu ernannten Volksgruppenführers Andreas Schmidt und über dessen öffentliche Kritik an der Evange­ lischen Kirche. Hierbei verwies er auch irritiert auf die von Schmidt gebrauchte neue ­Bezeichnung der Kirchenburgen als „Wehrburgen“ und sah darin einen Hinweis auf den neuen Geist innerhalb der Führung der „Volksgruppe“.42 Eine vergleichbare semantische Akzentverlagerung begegnet auch in Phleps’ Publikationen zu den Kirchenburgen. Dieser verzichtete auf eine monographische Behandlung der Bauten und publizierte stattdessen kleinere Beiträge in Zeitschriften, die rein propagandistischen Zwecken dienten wie etwa der Danziger NS-Kulturzeitschrift „Der Deutsche im Osten“. Dem Text, der die Begeisterung der Siebenbürger Sachsen für die nationalsozialistische Sache dokumentieren sollte,43 wurde eine Karte zu den Kirchenburgen beigefügt, die von Studenten der TH Danzig ­angefertigt worden war.44 Dieses Detail belegt eindeutig, wie die Ergebnisse der DFG ­geförderten Feldforschungen instrumentalisiert wurden. In seinen Beiträgen deutete Phleps die Kirchenburgen wiederholt als Nachfolgebauten der Speicher der germanischen Bauernhöfe und sah darin eine „Wiederholung einer bis in die Vorzeit zurückreichenden G ­ epflogenheit, das als vornehmsten Bau gehaltene Gebäude als letzten Ort der Ver­tei­digung auszubauen“.45 Die von Phleps vertretene These einer Kontinuität germanischer Elemente im Hausbau und den Kirchenburgen in Siebenbürgen wurde sowohl in Deutschland wie auch von den Anführern der nationalsozialistischen „Volksgruppe“ in Rumänien zum Zwecke der öffentlichen Mobilisierung für die aktuellen Kriegsziele ­eingesetzt.46 Neben der bereits angesprochenen semantischen Akzentverlagerung von ­„Kirchenburgen“ zu „Wehrburgen“ lässt sich auch eine Umdeutung dieser Bauten im Sinne der Blut-und-Boden-Ideologie als Materialisierung des Charakters der Siebenbürger ­Sachsen als bodenverbundene Grenzwächter beobachten.47 Gleichzeitig deklarierte man die Anlagen zu integralen Komponenten der Festung Siebenbürgen.48 Die bekannteste Publikation, in der ein solches Bild inszeniert wurde, ist der von Hermann Phleps gemeinsam mit Heinrich Zillich (1898–1988)49 herausgegebene Band „Siebenbürgen und seine Wehrbauten“ (1941).50 Dieser wurde von der deutschen Wehrmacht finanziert und gemeinsam mit dem ebenfalls in der populären Reihe „Die Blauen Bücher“ erschienenen Band von August Winnig (1878–1956) zu den Burgen des Deutschen Ritterordens als Feldpostausgabe in mehreren Auflagen vertrieben.51 Zusätzlich zu den Texten von Phleps und Zillich bilden die von Oskar Netoliczka (1897–1970) angefertigten Foto­ grafien eine wichtige argumentative Komponente des Siebenbürgen-Bandes. Durch die geschickte bildliche Montage volkstümlicher und regionaler Motive mit mythischen ­Elementen wie dem Wald oder den jahrhundertealten Bauten wurde das Bild einer intakten, bäuerlich geprägten Gemeinschaft als Wächter abendländischer Werte inszeniert (Abb. 1).

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1  Die Kirchenburg in DeutschWeißkirch in Siebenbürgen mit der Gemeinde am Ende des ­Gottesdienstes. Aufnahme von Oskar Netoliczka in dem Band „Siebenbürgen und seine Wehrbauten“ aus der Reihe der „Blauen Bücher“.

Die Einbindung der Kirchenburgen der Siebenbürger Sachsen in die nationalsozialistische Propaganda in Rumänien wie auch im Deutschen Reich erfolgte unter bewusster Ausblendung der konfessionellen Konnotationen dieser Bauten52 und korrespondierte zeitlich mit dem Eintritt einer Vielzahl von Deutschen aus Rumänien als Freiwillige in die Einheiten der Wehrmacht und der SS.53 Zu den prominentesten Personen, die einen solchen Seitenwechsel vollzogen, zählte Artur54, der jüngere Bruder von Hermann Phleps. Die Kirchenburgen der Siebenbürger Sachsen gerieten schließlich auch in den Fokus der Planungen zum „Kriegseinsatz der deutschen Geisteswissenschaften“, dem wohl ambitioniertesten Publikationsprojekt während des Zweiten Weltkrieges, das von dem Kieler Universitätsrektor und stellvertretenden Amtschef der Abteilung Wissenschaft im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Paul Ritterbusch (1900–1945) initiiert worden war.55 Entsprechend den 1941 von dem ebenfalls in Kiel lehrenden­

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2  Ansicht der Kirchenburg in Birthälm während der Fertigstellung des neuen Dachstuhls nach den Entwürfen von Hermann Phleps. Aufnahme von 1942.

Richard Sedlmaier (1890–1963), der sich als einer der ersten Kunsthistoriker an diesem Unternehmen beteiligte, erstellten Planungen sollten die Kirchenburgen im Rahmen der „Reihe I: Ausstrahlungen der deutschen Kunst“ behandelt werden.56 Zeitgleich mit den dramatischen politischen Verwerfungen innerhalb der deutschen Bevölkerung in Rumänien wurden die durch die Sachsen-Spende finanzierten Arbeiten an der Schwarzen Kirche in Kronstadt wie auch an der Kirchenburg in Birthälm weitergeführt und teilweise auch finalisiert. In Birthälm wurde bis 1943 der Chorwehrgang restauriert und das 1870 nach einem Erdbeben errichtete flach geneigte Dach durch ein neues, von Hermann Phleps entworfenes steileres Vollwalmdach ersetzt (Abb. 2).57

Forschungsaktivitäten im Reichskommissariat Ostland (1942) Das Jahr 1942 markiert eine Zäsur im Hinblick auf die Publikationstätigkeit von Hermann Phleps. Es fällt auf, dass er bis 1948 keinen weiteren Beitrag zu Siebenbürgen veröffentlicht hat. Eine mögliche Erklärung dafür sind die im Verlauf des Krieges neu geschaffenen Konstellationen: Infolge des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion wurde beispielsweise

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der frühere Chefideologe der NSDAP Alfred Rosenberg (1892–1946) am 16. Juli 1941 von Hitler zum Reichsminister für die besetzten Ostgebiete (RMfdbO) ernannt. Daraufhin wurden umgehend Anstrengungen unternommen, Denkmäler und Sammlungen in den vormals sowjetischen Gebieten zu erfassen. An deren Planung war der 1940 gegründete Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) federführend beteiligt.58 Phleps erhielt 1942 vom „Ostministerium“ den Auftrag, ins Baltikum zu reisen und anschließend auf der Krim nach gotischen Siedlungsspuren zu suchen. Zu diesen Vorhaben liegen jedoch nur wenige, verstreute Angaben in Phleps’ Memoiren sowie kürzere Vermerke in den Unterlagen der Danziger Hochschule vor. In seinen Lebenserinnerungen berichtet Phleps von „Studienfahrten in die Ostseeländer 1942“, in deren Verlauf er ländliche Gehöfte in Litauen, Lettland und Estland studierte. Des Weiteren besuchte er die Sammlungen in Kauen (lit.: Kaunas, poln.: Kowno), Riga (let.: Rīga) und Dorpat (estn.: Tartu). Ein Unfall in Reval (estn.: Tallinn) verhinderte schließlich die Weiterreise in Richtung Krim.59 Die Danziger Akten enthalten Details, die Rückschlüsse auf den Aufenthalt in den besetzten baltischen Ländern erlauben. Demnach brach Phleps am 21. August 1942 in Begleitung des studentischen Hilfsassistenten Egolf Beck in das Reichskommissariat Ostland auf. In den Akten wird er als Angehöriger des ERR (Hauptarbeitsgruppe Ostland) geführt.60 Dieses in Riga angesiedelte Kommando war dem Zentralamt des ERR untergeordnet und mit der Erfassung der Kulturgüter sowie der Beschlagnahmung von privaten wie auch öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven beauftragt. Ausgehend von den derzeit bekannten Daten kann jedoch nicht festgestellt werden, ob die von Phleps in den Sammlungen im Baltikum zusammengetragenen Informationen als Grundlage für den späteren Raub von Kulturgütern dienten. Sicher ist nur, dass Phleps anhand der zwischen August und Oktober 1942 getätigten Beobachtungen eine Studie zur Holzarchitektur im Baltikum verfasst hat. Zu Kriegsende lag der Umbruch des Textes im Breslauer Verlag Hirt & Sohn bereits vor. Entgegen den Angaben von Zimmermann fiel das „Manuskript des Werkes ‚Die Holzbaukunst in Litauen, Lettland und Estland‘“ nicht in „die Hände der Polen“61, denn 1963 schickte Karl Haiding (1906–1985) Teile der Druckbögen an Phleps.62 Die Episode der Rückgabe der Druckfahnen illustriert deutlich das Weiterleben von Netzwerken aus dem Umfeld des „Amtes Rosenberg“ nach 1945. Haiding war ab 1942 Leiter des Instituts für Deutsche Volkskunde, einem Teilbereich der von Rosenberg geplanten Hohen Schule der NSDAP, und schrieb der Freilegung der germanischen Spuren durch die Volkskunde eine wichtige Rolle bei der politischen Neuordnung Osteuropas zu.63 Vergleichbare Vorstellungen bestimmten auch die Politik des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete im Reichskommissariat Ukraine (RKU), und hier vor allem auf der Krim. Die Halbinsel sollte nach dem Willen des Ostministeriums „re-germanisiert“ werden. Der an der gotischen Vergangenheit der Krim besonders interessierte Rosenberg beauftragte den ebenfalls aus Siebenbürgen stammenden Hans Reinerth (1900–1990) als Leiter des Reichsbundes für deutsche Vorgeschichte und des „Sonderstabes Vorgeschichte“ im ERR „mit der Feststellung, Sicherung und Erforschung der vor- und frühgeschichtli-

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chen germanischen wie slawischen Funde und sonstigen Hinterlassenschaften in den Museen, Instituten, Privatsammlungen und an sonstigen Orten der besetzten Ostgebiete“.64 In den Jahren 1943/44 wurden insgesamt 14 Eisenbahnwaggons mit germanischen Funden aus den Museen der besetzten Ostgebiete ins Reich gebracht.65 Diese starke Fokussierung auf die vormals germanische Besiedlung der Krim erklärt auch den Plan des Ostministeriums, Phleps mit Untersuchungen vor Ort zu beauftragen. Zwar verhinderte der Unfall in Reval, dass Phleps in die Ukraine reiste, dennoch sprechen die in seinen Memoiren angeführten Details zu dieser Expedition dafür, dass er über deren Verlauf durch Reinerth genau informiert wurde.66 Phleps hatte bereits früher mit dem Reichsbund für Deutsche Vorgeschichte zusammengearbeitet und in der von Reinerth herausgegebenen volkstümlich-wissenschaftlichen Zeitschrift „Germanen-Erbe“ publiziert.67

Erste Kooperation mit dem „Ahnenerbe der SS“ Die gotischen Siedlungsspuren standen auch im Fokus der Aktivitäten eines Sonder­ kommandos, das von Sommer 1942 bis Februar 1943 unter der Führung von Herbert Jankuhn (1905–1990), dem Leiter der „Lehr- und Forschungsstelle Ausgrabungen“ des „Ahnenerbes der SS“ in Konkurrenz zu der von Hans Reinerth geführten Gruppe des „Sonderstabes Vorgeschichte“ auf der Krim forschte.68 Der sich hier abzeichnende Konflikt zwischen den beiden NS-Organisationen hatte ein Vorspiel in den Auseinandersetzungen zwischen dem NS-Chefideologen Alfred Rosenberg und dem Laienforscher Herman Wirth (1885–1981) in den 1920er-Jahren. Damals hatte Wirth u. a. mit seinen Hypothesen zur „Symbolik und Schrift der atlantisch-nordischen Rasse“ eine steigende Zahl von Anhängern gewonnen.69 Zu diesen zählte auch der Reichsführer SS Heinrich Himmler (1900–1945). Gemeinsam mit diesem und Richard Walther Darré (1895–1953), dem Reichsbauernführer und Leiter des Rasse-und Siedlungshauptamtes, gründete Wirth am 1. Juli 1935 den privaten Verein „Das Ahnenerbe. Studiengesellschaft für Geistesurgeschichte“. Die im Rahmen der Vereinsarbeit durchgeführten „Forschungen“ sollten Inhalte für die Schulungen der SS liefern.70 Nach Wirths Kaltstellung wurde die Satzung des Vereins 1937 geändert und die in „Das Ahnenerbe e. V.“ umbenannte Forschungseinrichtung dem SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt unterstellt. Heinrich Himmler zeigte als neuer Kurator nicht zuletzt durch seine Funktion als Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums (RKV) ein besonderes Interesse an Forschungen zur germanischen Vorzeit. Als Präsident des „Ahnenerbes“ wirkte der Münchener Professor für Indogermanistik Walther Wüst (1901–1993), während Wolfram Sievers (1905–1948) für die organisatorische und personelle Führung zuständig war. In den folgenden Jahren wurden eine Reihe von sogenannten „Lehr- und Forschungsstätten“ eingerichtet, die der Erforschung „des gesamten Indogermanentums“ dienten.71 Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges änderte sich das Profil des „Ahnenerbes“ noch einmal durch

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die Überführung in den „Persönlichen Stab des Reichsführers SS“ (1940) und die Einrichtung des Instituts für wehrwissenschaftliche Zweckforschung (1942), an dem auch Versuche an Häftlingen aus den Konzentrationslagern durchgeführt wurden.72 In diesen Jahren startete das „Ahnenerbe“ eine Reihe von Initiativen, die auf die Gleichschaltung von Hochschulen oder Einrichtungen wie die DA abzielten.73 Nach dem Ende des Krieges wurde Wolfram Sievers in den Nürnberger Prozessen zum Tode verurteilt und hingerichtet.74 Phleps erste Kontakte zum „Ahnenerbe der SS“ datieren aus der Zeit vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Zeitgleich kooperierte er, wie bereits gezeigt wurde, auch mit Einrichtungen des „Amtes Rosenberg“. Im April 1939 wurde Phleps von Walther Wüst zur Mitarbeit am Forschungsprojekt „Wald und Baum in der arisch-germanischen Geistes- und Kulturgeschichte“ aufgefordert. Hierbei handelte es sich um ein groß angelegtes Vorhaben, dessen Konzeption entscheidend von Wüst beeinflusst wurde. Unter der Schirmherrschaft von Hermann Göring und Heinrich Himmler sollten insgesamt 60 Monographien entstehen, die den gesamten „germanischen Raum“ erfassen. Mit der auf diesem Wege angestrebten ideologischen Zusammenführung von Wald und Volk sollte die Entfremdung dieser beiden Bereiche in der sogenannten „Systemzeit“ wieder rückgängig gemacht werden.75 Die für dieses Projekt ausgewählten Wissenschaftler wurden im Vorfeld vom Sicherheitsdienst des Reichsführers SS (SD) hinsichtlich ihrer Weltanschauung und nationalsozialistischen Aktivitäten überprüft. Phleps zählte zur Gruppe, der kein exponiertes völkisch-nationalsozialistisches Engagement attestiert wurde.76 Im Rahmen des Großprojektes sollte er den Komplex „Das Holz in seinem Einfluss auf die bildenden Künste der Germanen“ untersuchen.77 Nachdem bereits die ersten Mittel an die Mitarbeiter ausgezahlt worden waren, verkündete das „Ahnenerbe“ im Oktober 1939 die Einstellung der Forschungen für die Dauer des Krieges. Diese Entscheidung wurde jedoch bereits 1940 rückgängig gemacht und eine Eingliederung des Projektes in den „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“, die sogenannte „Aktion Ritterbusch“, beschlossen.78 Diese Änderung hatte jedoch keinerlei Folgen in der Praxis. Somit blieb das äußerst ambitionierte Vorhaben des „Ahnenerbes“ wie andere Großprojekte der NS-Zeit ein Torso.79

Forschungen zu den norwegischen Stabkirchen im Rahmen des Germanischen Wissenschaftseinsatzes des „Ahnenerbes der SS“ Ein weiteres Projekt des „Ahnenerbes“ an dem Phleps beteiligt war, konzentrierte sich auf Norwegen. Das skandinavische Land stand von April 1940 bis Mai 1945 unter deutscher Besatzung und wurde von Reichskommissar Josef Terboven (1898–1945) sowie Verbänden der Wehrmacht und der SS kontrolliert. Die Heinrich Himmler untergeordneten Einheiten übernahmen vor allem Polizeiaufgaben. Ein wichtiger Komplex im Rahmen der deutschen Besatzungspolitik bildete die politische Indoktrinierung, die von der Hauptabtei-

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lung für Volksaufklärung und Propaganda (HAVP) unter Leitung des SS-Oberführers Georg-Wilhelm Müller (1909–1989) koordiniert wurde.80 Phleps veröffentlichte 1941 in der von der HAVP herausgegebenen Reihe „Deutsche Monatshefte in Norwegen“ einen Beitrag. In diesem verkündete er, ausgehend von Analogien in der Gestaltung der Speicherbauten in Norwegen (Stabbur) und in Tirol, eine gemeinsame germanische Prägung einer riesigen Region, die sich von Skandinavien bis an die südlichen Ausläufer der Alpen erstreckt habe.81 Hierbei stützte er sich auf Argumente, die er zeitgleich als Beweis für die Zugehörigkeit Siebenbürgens zu einem germanischen Großraum vergleichbaren Zuschnitts vorgetragen hatte.82 Phleps Argumentation offenbart konzeptionelle Analogien zu weiteren Projekten des „Ahnenerbes“ wie der Ausstellung „Der nordische Bauernhof an der Südgrenze des germanischen Lebensraums“, die 1943 nach langen Planungen in Innsbruck gezeigt wurde. Bei dieser Gelegenheit wurden auch Objekte vorgestellt, die aus Südtirol transloziert wurden.83 Das „Ahnenerbe“ hatte sich bereits seit 1940 bemüht, die südlich des Brenners gelegenen Gebiete mit deutschsprachiger Bevölkerung als integralen Bestandteil einer nordischgermanischen Region zu präsentieren. Dieser Bereich umfasste auch Regionen, die zum Staatsterritorium der Achsenmacht Italien gehörten bzw. von dieser besetzt worden waren wie im Falle Sloweniens (ab Sommer 1941). Gleichzeitig kam es auch zu ersten Umsiedlungen der deutschsprachigen Bevölkerung aus diesen Regionen nach Österreich. Als weitere neue Siedlungsgebiete sahen die Planungen der SS-Stellen das Burgund und nach 1942 sogar die Krim vor. Parallel zu den Umsiedlungen sollte die sogenannte „SS-Kulturkommission“ unter Leitung des bereits genannten Wolfram Sievers das kulturelle Erbe der deutschen Bevölkerung in Südtirol dokumentieren. Einen Kernbereich dieser Aktivitäten stellten die Aufnahmen der ländlichen Architektur dar, die ab 1940 unter der Leitung des SS-Obersturmführers Martin Rudolph (1908–1992)84 durchgeführt wurden.85 Phleps und Rudolph wurden 1943 erneut in ein vom „Ahnenerbe“ geplantes multidisziplinäres Großvorhaben eingebunden, bei dem Forschung und Propagandaarbeit eng miteinander verzahnt waren. An dem von der SS als Konkurrenz zur „Aktion Ritterbusch“ angelegten Netzwerkvorhaben „Germanischer Wissenschaftseinsatz“ sollten die einzelnen Sparten der Germanenforschung sowie der Reichsstudentenführer (RSF) und das Deutsche Studentenwerk für Ausländer (DSA) mitwirken. Die beiden letztgenannten Institutionen sollten die Integration ausländischer Wissenschaftler unterstützen, die als eine wichtige Komponente des Forschungsvorhabens angesehen wurden. Mit Flandern, Wallonien, den Niederlanden und Norwegen standen jeweils Gebiete im Fokus, die durch deutsche Truppen besetzt waren. Zu den primären Zielen des „Wissenschaftseinsatzes“ zählte die Inszenierung einer gemeinsamen germanischen Vergangenheit sowie einer sprachlichen und kulturellen Verwandtschaft zwischen den genannten Regionen. Die Ur- und Früh­ geschichte fungierte als eine Art Leitdisziplin.86 Die Leitung des „Germanischen Wissenschaftseinsatzes“ übernahm Hans Ernst Schneider (alias Hans Schwerte, 1909–1999), ­dadurch avancierte er zu einem der wichtigsten Entscheidungsträger der SS-Wissenschafts-

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politik.87 Von Berlin aus koordinierte er die Aktivitäten in den einzelnen Untersuchungsregionen. Vor Ort übernahmen dann ihm direkt unterstellte Mitarbeiter diese Aufgabe, in Norwegen beispielsweise SS-Hauptsturmführer Hans Schwalm (1900–1992).88 Unmittelbar nach der Ernennung zum „Ahnenerbe“-Repräsentanten in Oslo begann Schwalm Ende 1942 in Zusammenarbeit mit Schneider, den„Germanischen Wissenschaftseinsatz“ zu planen.89 An dem in dieses Großvorhaben eingebetteten Teilprojekt zur Erforschung der Stabkirchen wirkte neben Hermann Phleps und Martin Rudolph zunächst auch Otto Stelzer (1914–1970)90 mit. Stelzer war bereits durch andere Projekte mit dem „Ahnenerbe“ verbunden. So sollte er u. a. den Band „Allgemeine Kunstforschung“ im Rahmen einer ab 1939 geplanten Schriftenreihe zur Einführung in das gesamte wissenschaftliche Studium herausgeben. Durch dieses von Walther Wüst, dem Initiator des bereits vorgestellten Projektes „Wald und Baum“, koordinierte Publikationsprojekt versuchte die SS, ihren Einfluss im Bereich der Hochschulpolitik zu mehren.91 Am 6. Januar 1943 trafen sich Phleps und Sievers in Berlin, um die ersten Arbeitsschritte des Stabkirchen-Projektes zu erörterten. Dabei wurde ein Aufenthalt in Norwegen von August bis Oktober anvisiert, in dessen Verlauf Phleps und Rudolph vor allem die konstruktiven Details der Bauten untersuchen sollten. Nach dem Treffen notierte Sievers schließlich zufrieden in sein Tagebuch: „Er [Phleps; Anm. d. Verf.] wäre auch bereit, die Ergebnisse dieser Arbeit in unserem Sinne auszuwerten.“92 Zwei Tage später schlug Sievers vor, Stelzer mit der Stiluntersuchung der Stabkirchen zu beauftragen.93 Im April 1943 scheint es jedoch zu Änderungen in der Planung gekommen zu sein, in deren Folge der Kunsthistoriker Stelzer nicht mehr als Teil der Forschergruppe geführt wurde.94 Aus einem Brief von Schwalm an Schneider vom Juni 1943 wird ersichtlich, dass Phleps zwischenzeitlich einen detaillierten Plan seiner Reise eingereicht hatte, der bei der Leitung des „Ahnenerbes“ auf Zustimmung stieß. Die konkrete Reiseplanung war allerdings mit erheblichen Problemen verbunden: Neben der Frage der Unterkünfte stellte vor allem die Organisation der Anfahrt zu den entlegenen Monumenten eine große Herausforderung dar. Ein weiteres Problem war die Kommunikation mit norwegischen Institutionen wie dem Riksantikva­ ren, der Denkmalschutzbehörde.95 Mit Blick auf die Erhaltung und Sicherung der gefährdeten Kulturgüter ergaben sich sicherlich eine Reihe von gemeinsamen Interessen zwischen der staatlichen norwegischen Denkmalpflege und dem „Ahnenerbe“, in der Praxis dominierte jedoch ein Klima des Misstrauens. So versuchte der Stab des Riksantikvaren, eine Zusammenarbeit mit den deutschen Besatzern soweit wie möglich zu vermeiden.96 Dies erscheint verständlich vor dem Hintergrund der Anfeindungen aus dem „Ahnenerbe“. So hatte der Archäologe Herbert Jankuhn bereits 1940 den amtierenden Riks­ antikvaren Harry Fett (1875–1962) wie auch den angesehenen Prähistoriker Anton W. Brøgger (1884–1951) als politisch gefährlich bei den SS-Stellen denunziert.97 Dieses Klima des Misstrauens ist auch in einem Schreiben von Schwalm fassbar, in dem er eine Überprüfung derjenigen Personen anregt, mit denen Phleps in der Vergangenheit in Norwegen Kontakt hatte,98 und diesem zu seinem eigenen Schutz eine Ausrüstung mit Faustwaffen

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empfiehlt. Die Waffen sollten beim Transit durch Schweden gut versteckt werden.99 Im Juni 1943 traf Schwalm dann in Oslo ein und begann mit den konkreten Vorbereitungen für den Aufenthalt von Phleps und Rudolph sowie zwei weiterer Mitarbeiter. Neben dem Fotografen Pohlschmidt wird Richard Wolfram100 in Sievers Tagebuch als neues Mitglied der Forschergruppe genannt.101 Die Konstellation der Gruppe sollte sich bis zum Beginn der Reise abermals ändern. Neben Phleps und Wolfram reisten Anfang August 1943 auch Karl Theodor Weigel (1892–1953)102 und Viktor Meeussen (1911–1986)103 über Kopenhagen nach Norwegen. Der personelle Zuschnitt der Gruppe, die im August 1943 in Norwegen ankam, zeigt durch die Beteiligung von Wolfram, Meeussen sowie dem mit der Organisation der Reise befassten Schwalm deutliche Überschneidungen mit früheren „Ahnenerbe“-Projekten. Mit Blick auf die Kommunikation vor Ort wurde der Gruppe Alfred Hagn (1882–1958) als Dolmetscher zur Seite gestellt, der darüber hinaus durch seine frühere Tätigkeit auch Kenntnisse zu den kirchlichen Monumenten mitbrachte und somit vor allem die Arbeit von Phleps unterstützen konnte.104 Nach seiner Ankunft in Oslo besuchte Phleps das Freiluftmuseum auf der Insel Bygdøy, wo er neben der dorthin translozierten Stabkirche von Gol vor allem die Wikingerschiffe von Oseberg und Gokstad studierte, die von der deutschen Wehrmacht mit feuersicheren Schutzhüllen versehen wurden. Anschließend wertete Phleps einige in Oslo aufbewahrte archivalische Sammlungen aus.105 Von Oslo aus bereiste die Gruppe dann mit einem von der SS organisierten Holzgaswagen einige entlegene Täler. Die divergierenden regionalen Schwerpunkte, die sich aus den von Phleps, Wolfram und Weigl untersuchten unterschiedlichen Objektgruppen ergaben, führten bereits früh zu Spannungen bezüglich der Nutzung des Wagens.106 Gemeinsam mit Wolfram und dem Fotografen Meeussen unternahm Phleps Erkundungsfahrten durch die Provinz Buskerud, die Telemark, das Gubrandstal, das Valdres sowie zu den im Westen Norwegens gelegenen Orten Røldal und Bykle (Abb. 3). Phleps bereiste anschließend zusammen mit Hagn und Meeussen mit der Bahn den Bereich um den Sognefjord und setzte von dort aus mit dem Dampfer nach Bergen über, wo er die Holzbauten des vormaligen Hansekontors, die sogenannte „Deutsche Brücke“ (norw.: Bryggen), untersuchte.107 Im Fokus der Arbeiten, die Phleps vom 12. August bis zum 20. Oktober 1943 in Norwegen durchführte, standen laut eigener Auskunft die Wandgefüge, die Mittelsäulen und die Dachstühle, ferner die künstlerische Ausgestaltung einzelner Architekturteile sowie die räumlichen Konfigurationen von Holzbauten. Die durch zeichnerisches Aufmaß und ­Fotografien dokumentierten Beobachtungen sollten die Grundlage für eine Diskussion der Beziehungen zwischen dem norwegischen Kirchenbau und dem lokalen Profanbau sowie einer Definition der „Wesenart im germanischen Formgestalten“ bilden.108 Die Auswertung des in Norwegen zusammengetragenen Materials erfolgte allerdings erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Einen ersten publizistischen Effekt des Forschungseinsatzes in Norwegen stellten die von Phleps und Weigel verfassten Beiträge dar, die 1944 gemeinsam mit den Aufnahmen von Meeussen im ersten Jahrgang der Illustrierten „Der

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3  Hermann Phleps bei der Dokumentation der Kirche in Urnes (?). Bildarchiv Foto Marburg, Fotograf: Viktor Meeussen (?).

Hammer. Germanisches Monatsblatt“ veröffentlicht wurden. In vergleichbarer Weise wie die von der Volkschen Arbeidsgemeenschap Nederland seit 1940 mit einigem Erfolg herausgegebenen Zeitschrift „Hamer“ richtete sich auch der deutschsprachige „Hammer“ durch eine Kombination von populären Themen mit ganzseitigen Illustrationen auf die Ver­ mittlung von Informationen zur germanischen Vor- und Frühgeschichte an ein breites Publikum. Das „Ahnenerbe“ war bemüht, auf diesem Wege die „Gemeinsamkeiten aller germanischen Völker in Haltung, Gesittung und Lebensform“ zu vermitteln.109 Nach dem Willen der „Ahnenerbe“-Leitung sollte die Hälfte der deutschsprachigen Auflage an die Waffen-SS geliefert werden bzw. entsprechend anderen Planungen an die deutschen Volksgruppen außerhalb des Reiches versandt werden.110 In seinem Beitrag im „Hammer“ behandelte Phleps die Freiluftmuseen in Norwegen und stellte einige Holzbauten aus den Ensembles in Maihaugen bei Lillehammer bzw. auf der Insel Bygdøy ausführlicher vor.

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Die in einem sachlichen Ton gehaltene Präsentation endet in einem Plädoyer für „ein germanisches Freilichtmuseum“. In einer Art geistiger Schau entwirft Phleps das Bild einer „Heerschau germanischer Baukultur“, bei der die Häuser und Gehöfte als eine militärische Formation auftreten. In enger Abstimmung mit der Zielrichtung des „Hammers“ heißt es dann: „Indem das geistige Auge diese gewaltigen Scharen an sich vorbeiziehen läßt, wird das Innere gerade jetzt mit besonderer Heftigkeit in Schwingung gesetzt, wo das deutsche Volk in Waffen steht und neben ihm die Freiwilligenverbände der verschiedenen germanischen Stämme mit ihrem Blute mithelfen, diese heiligen Güter zu verteidigen.“111

Mit Blick auf die intendierte Mobilisierung weist dieser Beitrag Parallelen zu Phleps Artikeln über die siebenbürgischen Kirchenburgen auf. Das Thema „Freilichtmuseen“ wählte der Autor vermutlich in Abstimmung mit dem „Ahnenerbe“. Die SS-Einrichtung setzte nach einem Bericht im englischen Rundfunk im Herbst 1943 über die Beschlagnahme des Museums auf der Insel Bygdøy alles daran, die dort aufbewahrten Objekte, insbesondere das von der SS als „unsterbliches Werk“ verehrte Osebergschiff, zu schützen. Gleichzeitig versuchte man, den von englischer Seite erhobenen Vorwürfen, die Wehrmacht und die Marine würden in den Freilichtmuseen militärische Stellungen unterhalten, entschieden entgegenzutreten.112 Die Stabkirchen, Phleps’ eigentlicher Forschungsschwerpunkt innerhalb des „Germanischen Wissenschaftseinsatzes“, wurden im ersten Jahrgang des „Hammer“ von Otto Stelzer vorgestellt. Dieser deutete die monumentalen Holzbauten als Repräsentanten einer indogermanischen Bautradition, die später eine der Hauptwurzeln für die Entwicklung der Gotik darstellte.113 Eine vergleichbare Verortung der Stabkirchen nahm 1944 Herbert Reiher (1909–1981) in seinem Buch vor.114

Ein brisanter Auftrag: die Sicherung der „Deutschen Brücke“ in Bergen 1944 Das Ausbleiben einer zusammenfassenden Studie zu den norwegischen Stabkirchen hing vermutlich im Falle von Phleps mit dessen Lehrbelastung zusammen, denn nachdem Teile des Lehrkörpers der Architekturabteilung der Danziger Hochschule zum Kriegsdienst eingezogen worden waren, wuchs das Lehrdeputat für die verbleibenden Mitarbeiter kontinuierlich an.115 Trotz dieser Inanspruchnahme reiste Phleps 1944 ein weiteres Mal nach Norwegen. Diesmal handelte es sich jedoch nicht um einen Forschungsauftrag, sondern um eine beratende Tätigkeit in einer Angelegenheit, die für die SS-Stellen besondere Brisanz hatte. Am 20. April 1944 ereignete sich im Hafen von Bergen eine verheerende Katastrophe, als ein mit mehreren Tonnen Sprengstoff beladenes Schiff explodierte. Durch die Wucht

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der Detonation verloren über 150 Menschen ihr Leben, darüber hinaus wurde ein Großteil der historischen Bauten am Hafen zerstört bzw. schwer beschädigt. Zwei Wochen nach dem Unglück ersuchte Wilhelm Rediess (1900–1945), der Leiter der SS und Polizei-­ Verbände in Norwegen, bei Heinrich Himmler um die Entsendung eines Beauftragten des „Ahnenerbes“, dem ein Baufachmann zur Seite gestellt werden sollte. Diese Spezia­ listen sollten die Schäden feststellen und entsprechende Lösungsvorschläge ausarbeiten.116 Nach Ansicht von Schwalm war die Wiederherstellung der zerstörten historischen Bauten in Bergen eine Angelegenheit von allerhöchster Priorität, da es sich bei der „Deutschen Brücke“ um einzigartige Denkmäler „deutschen Unternehmergeistes und deutschen ­Wirtschaftsaufbaues in Norwegen“ handelte. Folglich war die „Frage der Erhaltung der Deutschen Brücke [...] eine Deutschland und Norwegen gleichermaßen berührende An­gelegenheit“.117 Da Martin Rudolph, der ursprünglich für die Dokumentation der S­ chäden eingeplant war, nicht nach Oslo reisen konnte, wurde diese Aufgabe kurzfristig an Phleps übertragen. Am 21.  Juni 1944 flog er mit der Maschine des Reichsführers-SS von Berlin nach Oslo.118 Die Tatsache, dass trotz herrschender Ressourcenknappheit ein Flugzeug für den Transport zur Verfügung gestellt wurde, verdeutlicht die politische Priorität dieses Auftrags. Die deutschen Stellen sahen sich in Norwegen ­zunehmend mit dem Widerstand seitens der einheimischen Bevölkerung konfrontiert, ­besonders nach der Verhaftung und Deportation der Professoren, Lehrkräfte und Studenten der Osloer U ­ niversität am 30. November 1943.119 Vor dem Hintergrund dieser an­ gespannten Situation war das „Ahnenerbe“ bestrebt, in Bergen möglichst vorsichtig zu agieren. Dies erwies sich aber als schwierig, da nach der Explosion selbst auf norwegischer Seite unterschied­liche Vorstellungen über die Gestaltung des Hafenbereichs existierten. So favorisierte der Stadtbauchef Sverre Madsen (1885–1965) eine Hochbebauung des ­Geländes anstelle einer Wiederherstellung der beschädigten Holzbauten. Dieses Konzept wurde von den Vertretern des „Ahnenerbes“ als „Sabotage“ gewertet.120 Nach der Begutachtung der S­ chäden, die als weniger dramatisch als anfangs angenommen eingestuft ­wurden, schlug Phleps die Errichtung provisorischer Eindeckungen vor, die neben dem Schutz auch äs­thetischen Gesichtspunkten entsprechen sollten: Durch diese Lösung wäre eine temporäre Sicherung der Objekte gewährleistet. Eine gründliche Wiederherstellung wäre jedoch erst in Zukunft möglich, wenn entsprechende Materialien wieder ­erhältlich seien. Als eine erste Maßnahme regte Phleps eine Unterstützung der Geschädigten durch die diskrete Vermittlung der notwendigen Materialien (v. a. Schnittholz) durch den Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete an.121 Die Man­ gelwirtschaft stellte die deutschen Besatzer vor große Probleme und machte schließlich selbst die Niederschrift des Gutachtens zu einem schwierigen Unterfangen. Dies zeigt ein Schreiben der Leitung der Danziger Hochschule, in dem protokolliert wurde, dass Phleps im September 1944 für die „im Auftrage des Reichsführers SS durchzuführende aussen­ politische wichtige Arbeit 500 Bogen Schreibmaschinenpapier Dinformat“ zugewiesen wurden.122

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Alter Wein in neuen Schläuchen? Die Publikationen zum Holzbau in der BRD Die Frage, ob das angeforderte Schreibmaschinenpapier möglicherweise auch zur Fertigstellung des Manuskripts zu den norwegischen Stabkirchen dienen sollte, kann aus heutiger Perspektive nicht beantwortet werden. Phleps flüchtete gemeinsam mit seiner Familie kurz vor der Einnahme Danzigs durch die sowjetischen Truppen im März 1945 zunächst nach Stoltenberg in Schleswig-Holstein. Nach einem weiteren Aufenthalt in der Pfalz siedelte er nach Marburg in die Kolonie des Deutschen Heimstättenwerks für Wissenschaftler und Künstler über.123 Dort finalisierte er die Studie zu den norwegischen Stabkirchen, deren Drucklegung 1958 durch die DFG gefördert wurde. Zur Illustration seiner Thesen benutzte Phleps die fotografischen Aufnahmen, die 1943 im Rahmen des „Germanischen Wissenschaftseinsatzes“ angefertigt worden waren, ohne jedoch deren Entstehung zu benennen.124 Als Vorlagen für die Abbildungen dienten dabei sowohl eigene Aufnahmen wie auch Bilder des niederländischen Fotografen Meeussen (Abb. 4). Laut eigener Auskunft gelang es Phleps, die Negative zu retten, während die zeichnerische Dokumentation auf der Flucht verbrannt sei.125 Das Konvolut von Bildern zu den norwegischen Stabkirchen gelangte schließlich 2004 zusammen mit weiteren Aufnahmen von Hermann Phleps in den Bestand des Bildarchivs Foto Marburg.126 Kontinuitäten zur Periode des Zweiten Weltkrieges lassen sich nicht nur hinsichtlich des benutzten Materials, sondern auch mit Blick auf den Inhalt der Studie ausmachen. Phleps’ Annäherung an die Stabkirchen auf der Basis einer Analyse der konstruktiven Elemente, die er aufgrund seiner langjährigen Erfahrung besonders präzise durchgeführt hat, wurde gerade in Norwegen als ein wichtiger Schritt in Richtung einer Abkehr von den bis dahin dominierenden spekulativen Theorien gewertet.127 Die architektonische Verortung der Stabkirchen in einer germanisch geprägten Großregion wurde in den Besprechungen der Studie allerdings nicht thematisiert. Phleps selbst propagierte die Idee einer von Skandinavien bis nach Siebenbürgen reichenden Holzarchitekturlandschaft nach 1945 sowohl in seinem Stabkirchenbuch wie auch einigen weiteren Artikeln.128 Lediglich der Duktus seiner Sprache wandelt sich. Im Vergleich zu den Kriegsjahren ist diese nun konzilianter und an das neue politische Koordinatensystem angepasst. Dies verdeutlicht u. a. der neue Titel, unter dem der Siebenbürgen-Band von Zillich und Phleps in der Reihe „Blaue Bücher“ ab 1957 veröffentlicht wurde. „Siebenbürgen. Ein abendländisches Schicksal“ verweist auf die Vorstellungen vom christlichen Abendland als Bollwerk gegen die kommunistische Bedrohung und entspricht somit einem wichtigen ideologischen Referenzpunkt der Bundesrepublik der Adenauerzeit.129 Die in diesem Beitrag vorgestellten Forschungen von Hermann Phleps illustrieren deutlich die Langlebigkeit eines methodischen Zugangs, der im Kontext der Revisions­ bestrebungen nach 1919 entwickelt wurde und somit problemlos mit den Zielsetzungen der nationalsozialistischen Politik nach 1933 kompatibel war. Phleps nahezu simultanes

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4  Borgund, Kirche, 1195/1205, Ansicht von Südwesten, AufnahmeDatum 1943. Bildarchiv Foto Marburg, Fotograf: Hermann Phleps.

Mitwirken an Projekten rivalisierender Einrichtungen innerhalb des NS-Machtapparates wie dem „Amt Rosenberg“ und dem „Ahnenerbe SS“ war nur aufgrund seiner unbestritten hohen Qualifikation als Spezialist für die Holzarchitektur möglich. Diese Expertise machte ihn trotz seines bereits fortgeschrittenen Alters zu einem begehrten Kooperationspartner für die unterschiedlichsten Institutionen in den besetzten Territorien. Der Altersunterschied von mindestens zwei Jahrzehnten zu den übrigen Wissenschaftlern, die gemeinsam mit ihm in verschiedenen Projekten mitwirkten, ist auffällig. Forschungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass gerade die um 1900 geborene Generation von Wissenschaftlern in der Anpassung ihrer Tätigkeit an die herrschende politische Linie eine Option zur Beförderung ihrer Karriere sah.130 Vergleichbare Überlegungen dürften im Falle von Hermann Phleps vor allem für die Periode zwischen 1933 und 1936 eine Rolle gespielt haben, zu einem Zeitpunkt als er sich mit der Region Siebenbürgen in seinen Untersuchungen be-

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schäftigte. Nach der Ernennung zum ordentlichen Professor 1936, die nach Auskunft des Rektors der Danziger Hochschule Ernst Pohlhausen durch seine politische Zuverlässigkeit befördert wurde,131 eröffnete ihm die Kooperation mit den auf das Ausland fokussierten Stellen innerhalb des NS-Machtapparates die Möglichkeit, wissenschaftliches Renommee zu erlangen und gleichzeitig wie im Falle der Studien zu den norwegischen Stabkirchen, neue Forschungsfelder zu erschließen.

Abkürzungen BArch BA MA

Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv, Freiburg i. Br.

Anmerkungen 1

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Einleitend möchte ich Katja Bernhardt (IKB an der Humboldt-Universität Berlin) für ihr kollegiales Entgegenkommen herzlich danken. Die von ihr großzügig zur Verfügung gestellten Exzerpte wie auch das Typoskript ihrer Dissertation waren eine große Hilfe bei der Klärung einer Vielzahl von Details. Besonders danken möchte ich auch Michael Buchkremer (Bildarchiv Foto Marburg) für die übermittelten Informationen zum Nachlass von Hermann Phleps und die Hilfe bei der Auswahl der Abbildungsvorlagen aus diesem Konvolut. PHLEPS 1957. – PHLEPS 1963. Weitere Informationen zur Person bieten ZIMMERMANN 1957; KLEIN 1964; BERNHARDT 2015, 86–88. Ein umfassendes, jedoch nicht vollständiges Verzeichnis der Publikationen enthält: PHLEPS 1967, XI–XV. Phleps 1963. BERNHARDT 2015, 152–154; LIPPERT 2012, 27–40. GRUBER 1967; SCHUCHARD 1979; KLEIN 2012. BERNHARDT 2015, 86–88. Ebd., 228–242. GRÜNERT 2002, 72. OBERKROME 1993, 99–101 und 211–219. KLOEPPEL 1929. Hierzu auch BERNHARDT 215, 233–236. HACKMANN 1993, 48 f.; BERNHARDT 2015, 237–240. PHLEPS 1911, 395. Vgl. dazu BRUBAKER 1996, 123–134. Zu den Aufgaben des Kulturamtes zählten die Koordination der kulturellen Aktivitäten der deutschen Minderheit sowie die Kontaktpflege zu staatlichen Stellen und „völkischen“ Einrichtungen in Deutschland. Vgl. hierzu ROTH 1994, 59–64. Die jährlichen Hochschulkurse in Hermannstadt waren öffentlichkeitswirksame Initiativen. Dort sprachen neben Phleps auch Kunsthistoriker wie Joseph Strzygowski, Max Sauerlandt, damals Direktor des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe, sowie Reichskunstwart Edwin Redslob. KRONER 1983, 63; PHLEPS 1963, 183.

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15 Die 1925 gegründete Einrichtung strebte eine Kompensation des Einflussverlustes nach der Entwaffnung Deutschlands durch eine Betonung der kulturellen Vormacht an. Einen wichtigen Schwerpunkt der Arbeit bildete die Stärkung des Bewusstseins für das deutsche Kulturerbe sowohl innerhalb der Weimarer Republik wie auch mit Blick auf die zehn Millionen „Auslandsdeutschen“. HELMS-HARDCASTLE 1965, Bd. 1, 1–5; HARVOLK 1993, 375 f. Die Arbeitsziele der DA wurden in Absprache mit anderen Organisationen wie dem Verein (Volksbund) für das Deutschtum im Ausland (VDA) und dem Bund der Auslandsdeutschen (BdA) definiert. Gemeinsam mit dem bereits 1917 in Stuttgart als Forschungs- und Dokumentationsstelle gegründeten Deutschen Ausland-Institut übernahm die DA eine exponierte Stellung unter den wissenschaftlich ausgerichteten Volkstumseinrichtungen. LUTHER 2004, 54–56. 16 SCHULZE 1970, 9–15; FUHRMEISTER 2008, 327–331; AREND 2010, 522–532 und 725–727. 17 Vgl. zur Genese dieser Publikation auch BORN 2004, 364 f. 18 Csaki durchlief nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten eine steile Karriere als Leiter des Deutschen Ausland-Instituts in Stuttgart (1933–1941), war Mitglied des Großen Rates der DA und Dozent für „Fragen des Grenz- und Auslandsdeutschtums“ an der Universität Tübingen (ab 1936). Während des Krieges war er als Redner im Auftrag der Wehrmacht unterwegs. KLEIN 1969. 19 Schreiben von Hermann Phleps an die DA vom 30.4.1930. BArch, Sign. R 73/13627. 20 Handschriftlicher Vermerk von Wilhelm Pinder auf dem Schreiben von Hermann Phleps vom 18.7.1930 an den Präsidenten der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft. BArch, Sign. R  73/13627. Bei seinen Bemühungen um eine Förderung durch die Notgemeinschaft wurde Phleps tatkräftig von Richard Csaki unterstützt. Vgl. dazu: VLAICU 1988, 62–70. 21 PHLEPS 1934. 22 BORN 2004, 369 f. 23 AUBIN/BRUNNER/KOHTE 1943, 593. 24 PHLEPS 1967, XVI mit einer Übersicht der Ausstellungsstationen. 25 HELMS-HARDCASTLE 1965, Bd. 3, 515–517. 26 GLONDYS 1997, Eintrag zum 8. November 1933. 27 KUUSISTO 1984, 204 zum Außenpolitischen Amt der NSDAP sowie LUTHER 2004, 133 zu den Aktivitäten des VDA in Rumänien. 28 Die von Fabritius als ein Wirtschaftsverein gegründete „Selbsthilfe“ geriet zunehmend unter den Einfluss der Erneuerungsbewegung der Deutschen in Rumänien. Diese wurde 1932 in die Nationalsozialistische Selbsthilfebewegung der Deutschen in Rumänien (NSDR) umgewandelt, aus der im Dezember 1933 die Nationale Erneuerungsbewegung der Deutschen in Rumänien (NEDR) hervorging. Die in deutlicher Anlehnung an die NSDAP organisierte Partei wurde im Juli 1934 auf Druck der rumänischen Regierung und in Absprache mit den deutschen Parlamentsvertretern aufgelöst. Unter dem Einfluss, der von radikalen Kräften dominierten Deutschen Volkspartei in Rumänien (DVR) wurde der Verband der Deutschen in Rumänien 1935 in Deutsche Volksgemeinschaft in Rumänien umbenannt, aus der im November 1940 schließlich die Nationalsozialistische Partei der Deutschen Volksgruppe in Rumänien wurde. BÖHM 1985. 29 Schreiben von Phleps an die DFG vom 25.6.1937. BArch, Sign. R 73/13627. 30 Schreiben des Außenpolitischen Amtes der NSDAP an die DFG vom 30.6.1937. BArch, Sign. R 73/13627. 31 Schreiben von Phleps an die DFG vom 7.12.1937. BArch, Sign. R 73/13627. 32 Schreiben von Phleps an die DFG vom 14.7.1938. BArch, Sign. R 73/13627.

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LINK 2014, 135–142. KRONER 1983, 59–61. SCHWARZMÜLLER 1995, 388. FREYTAG 2012, 250–256.

Der Geograph Haushofer hatte unter Mackensens Kommando in Rumänien gekämpft und prägte in der Zwischenkriegszeit die neue Richtung der Geopolitik. Die frühe persönliche Bekanntschaft mit Rudolf Hess und Adolf Hitler beförderten seine Karriere. Von 1934 bis 1937 war Haushofer Präsident der DA in München und übernahm anschließend die Leitung des VDA. KOOPS 2008. Bericht des Präsidenten des mitteleuropäischen Wirtschaftstages Freiherr von Wilmowsky und des Regierungsrates Gürich an den Reichsminister des Inneren vom 3.6.1941. BA MA, Sign. N 39/406. BÖHM 1985, 136–147; BINDER 1994, 258–261. Schreiben des persönlichen Referenten des Chefs der Reichskanzlei vom 16.12.1939 an den Geheimen Regierungsrat Gürich. BA MA, Sign. N 39/406; Schreiben des persönlichen Referenten des Chefs der Reichskanzlei vom 9.10.1940 an Freiherr von Wilmowsky. BA MA, Sign. N 39/406. Berichte von Phleps an den Rektor der TH Danzig 23.4. bzw. 12.5.1941. Archiwum Państwowe w Gdańsku, Sign. 988/387 (1939–1944/Bd. 4/Phleps), fol. 2 bzw. 3. Schreiben Freiherr von Wilmowskys vom 16.10.1941 an den Generalfeldmarschall von Mackensen. BA MA, Sign. N 39/406. PHLEPS 1940 a, 649: „So sah ich noch vor den Wiener Beschlüssen beim Birthälmer Pfarrer Dr. Gödler, in dem Saal wo Jahrhunderte hindurch die evangelischen Pfarrer Siebenbürgens ­installiert wurden, ein Bild unseres Führers.“ Ebd., 651. Ein Exemplar dieser Karte lag dem Schreiben von Phleps an die DFG vom 18.12.1937 bei, in dem dieser Auskunft über die Arbeiten im Herbst jenes Jahres gibt. BArch, Sign. R 73/13627. PHLEPS 1940 a, 644. BECHSTEIN 1942, 125: „Die Geschichte Siebenbürgens zeigt seine Deutschen als die starke Klammer, in der der europäische Beruf des Landes zum Ausdruck kommt, als Bürgen, das dieser Beruf erfüllt wird. Wie in einem Vorspiel zu den großen Akten der Geschichte-Deutsch Siebenbürgens zeigt sich dies Schicksal schon in germanischer Zeit bei dem ersten Ansturm aus Osten, dem der Hunnen.“ Beziehungsweise aus der „Volksgruppen“-Perspektive in Rumänien: ROTH, Fritz 1942. – Deutsche Leistung im Südosten 1942, 6: „Auch vom gepidischen Hausbau findet sich die kennzeichnende Vorhalle noch in den Bauernhäusern Siebenbürgens.“ BORN 2013, 342. PHLEPS 1940 a, 650: „So liegt das an der Eigenart der Siebenbürger Sachsen, die mit ihren Burgen ein unzerreißbares Ganzes bilden, also selbst Teile desselben verkörpern.“ bzw. BECHSTEIN 1942, 132: „Während deutsche Truppen den Schutz der Erdölfelder übernahmen, wuchs auf Grund des Vertrages von 1940 in Kronstadt eine Volksgruppenführung, die neben deutscher Reichspolitik und deutscher Wehrmacht ein drittes Bindeglied zwischen Deutschland und dem Südosten wird. [...] Damit ist die alte Trutzburg im Karpatenwall Vorbild für die Ordnung weiterer deutscher Volksgruppen in einer Staatenwelt geworden, die sich stärker denn je der Macht des Reiches verbunden sieht.“ Zillich, der auch aus Siebenbürgen stammte, arbeitete während des Krieges als Propagandaoffizier und Herausgeber der „Feldpostausgaben deutscher Dichtung“. BÖHM 2003.

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50 ZILLICH/PHLEPS 1941. Stellvertretend für die enthusiastische Würdigung dieser Publikation im Deutschen Reich: BECHSTEIN 1942, 132 Anm. 3. 51 STARL 1981, 72, Anm. 1; KLEMPERT 2002, 191 und 227. 52 Vgl. hierzu: BORN 2013, 338–343. 53 BÖHM 1985, 169–189. 54 Artur Phleps (1881–1944) hatte zunächst in der k. u. k. Armee als Berufsoffizier gedient und ab 1919 beim Aufbau der rumänischen Armee in Siebenbürgen mitgewirkt. 1940 wechselte er unter der Vermittlung der Leitung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien die Seiten und befehligte später die 1942 neu geschaffene SS-Freiwilligen-Division „Prinz Eugen“, in der vor allem „Volksdeutsche“ aus Jugoslawien, Ungarn und Rumänien kämpften. MILATA 2006. 55 AREND 2010, 189–196. 56 AURENHAMMER 2003, 235. 57 PHLEPS 1942 a; KRONER 1983, 58 f. 58 BOLLMUS 1970, 145 f. 59 PHLEPS 1962, 252–256. 60 Schreiben Hermann Phleps an den Rektor der TH Danzig vom 20.8.1942. Archiwum Państwowe w Gdańsku, Sign. 988/387 (1939–1944/Bd. 4/Phleps), fol. 12. 61 ZIMMERMANN 1957, 450. 62 PHLEPS 1962, 256. 63 Vgl. MINDLER 2010. 64 BArch, Sign. NS 8/244 zitiert als Dok. I/20 in HARTUNG 2000. 65 ZELLHUBER 2006, 248–251. 66 PHLEPS 1962, 256. 67 PHLEPS 1941 a. Zu Phleps’ Aktivitäten im Umfeld des Reichsbundes für Deutsche Vorgeschichte: BORN 2004, 370. 68 STEUER 2004, 487–494. 69 BOLLMUS 1970, 179 f.; KATER 1997, 11–16. 70 KATER 1997, 24–56. 71 Ebd., 65–90. 72 Ebd., 227, 249. 73 JAGEMANN 2005, 63–140 (zur Hochschulpolitik) sowie HELMS-HARDCASTLE 1965, Bd. 1, 199–202 und Bd. 2, 376–378 (zu den Kämpfen um die DA München). 74 Die in dem Prozess gegen Sievers benutzten Aufzeichnungen aus seinem detailliert geführten Tagebuch wurden veröffentlicht und stellten eine wichtige Quelle zur Rekonstruktion der Aktivitäten von Hermann Phleps im Umfeld dieser SS-Einrichtung dar. DÖRNER/LINNE 1999. Ergänzend hierzu wurden die im Bundesarchiv Berlin im Bestand NS 21 aufbewahrten Dokumente ausgewertet. 75 RUSINEK 2000, 271. 76 Ebd., 297–300. 77 Position Nummer 15 auf der Liste „Wald und Baum in der arisch-germanischen Geistes- und Kulturgeschichte. Mitarbeiter-und erweiterte Themenliste“ (undatiert). BArch, Sign. NS 21/336. 78 RUSINEK 2000, 310 f. 79 Ebd., 352. 80 Vgl. zur Struktur und Organisation der deutschen Propagandaeinrichtungen in Norwegen: MOLL 1998, 192–194.

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81 PHLEPS 1941 b. 82 Vgl. PHLEPS 1941 a und PHLEPS 1942 b. 83 KATER 1997, 166. 84 Der Architekt Rudolph übernahm 1939 die Leitung der vom „Ahnenerbe“ an der TH Braunschweig eingerichteten „Lehr- und Forschungsstätte für germanisches Bauwesen“. In dieser Eigenschaft war er in das „Wald und Baum“-Projekt des „Ahnenerbes“ eingebunden, zu dem auch Phleps kooptiert wurde. BLAICH/WEBER 2008, 161–163; RUSINEK 2000, 362. 85 WEDEKIND 2005, 128–131. 86 GASCHE 2014, 11–17. 87 Schneider fungierte gleichzeitig als Verbindungsführer zur Germanischen Freiwilligen Leitstelle im SS-Hauptamt, deren Hauptaufgabe die Anwerbung von Freiwilligen aus den „germanischen Ländern“ für den Dienst in der Waffen-SS war. LERCHENMUELLER 2003, 1128–1131; GASCHE 2014, 11. 88 Der Geograph Schwalm hatte sich durch die von ihm mitherausgegebenen „Deutsche(n) Hefte für Volks- und Kulturbodenforschung“ (ab 1931) sowie dem „Handwörterbuch des Grenz- und Auslandsdeutschtums“ (ab 1938) als Exponent der Volks- und Kulturbodenforschung profiliert. OBERKROME 1993, 81–84 und 122. Von 1940 bis Anfang 1941 war er dann gemeinsam mit Schneider an der Erfassung deutscher Kulturgüter in Estland und Lettland beteiligt. AREND 2010, 701, Anm. 3762 (Brief Schwalm an Otto Kletzl vom 29.7.1944). Im April 1941 übernahm Schwalm die Vertretung des Lehrstuhls für Volkslehre, Grenz- und Volksdeutschtum an der neugegründeten Reichsuniversität Posen (pol.: Poznań). Diese trat er jedoch nie an, da er u. a. ab Herbst desselben Jahres die „SS-Kulturkommission“ in dem von italienischen Truppen besetzten Gebiet Laibach-Gottschee (slov.: Ljubljiana-Kočeve) in Slowenien leitete. GASCHE 2014, 109; WEDEKIND 2005, 128. 89 GASCHE 2014, 109. 90 Stelzer hatte Archäologie und Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte an den Universitäten Marburg, München, Oslo und Berlin studiert. Nach seiner Promotion in Berlin bei Wilhelm Pinder mit einer Arbeit über vorgeschichtliche Geräte und mittelalterliche Baukunst (STELZER 1939) arbeitete er als Kustos am Kaiser-Friedrich-Museum in Posen. Vermutlich beförderte seine Spezialisierung auf die Kunst Nordwesteuropas das Interesse des „Ahnenerbes“, ihn als Mitarbeiter zu gewinnen. 91 JAGEMANN 2005, 171. 92 DÖRNER/LINNE 1999, 3/00405 sowie BArch, Sign. NS 21/347. 93 DÖRNER/LINNE 1999, 3/00409. Bei dieser Gelegenheit schlug Sievers auch vor, Stelzers Arbeit, „Die rhythmische Stilwandlung in der nordischen Kunst“ im Verlag der Ahnenerbe-Stiftung zu veröffentlichen. 94 Ebd., 3/00532 (Tagebucheintrag Sievers vom 12.4.1943). 95 Schreiben Schwalms an Schneider vom 4.6.1943. BArch, Sign. NS 21/806 (Sonderakte Wissenschaftlicher Einsatz Norwegen). 96 KATER 1997, 178 f. 97 FURE 2007, 79. 98 Phleps hatte Norwegen 1925 zum ersten Mal besucht. Vgl. dazu: PHLEPS 1963, 256. 99 Schreiben Schwalms an Schneider vom 4.6.1943. BArch, Sign. NS 21/806 (Sonderakte Wissenschaftlicher Einsatz Norwegen).

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100 Der überzeugte NS-Aktivist Richard Wolfram (1901–1995) leitete ab 1938 die „Lehr- und Forschungsstätte für germanisch-deutsche Volkskunde“ der „Außenstelle Süd-Ost“ des „Ahnenerbes“ in Salzburg. Gemeinsam mit Martin Rudolph dokumentierte er 1940 und 1941 im Auftrag der „Kulturkommission Südtirol“ die materielle Hinterlassenschaft der umgesiedelten Bevölkerung. KATER 1997, 84; GASCHE 2014, 57. 101 DÖRNER/LINNE 1999, 3/00619 (Tagebucheintrag Sievers vom 16.6.1943). 102 Der an Symbolen und Runen interessierte Laienforscher Weigel leitete die „Hauptstelle für Sinnbildforschung“, die zunächst in Horn-Bad Meinberg angesiedelt war. Das Institut wurde 1943 nach Göttingen verlagert und der dortigen, ebenfalls der SS untergeordneten „Zentralstelle für Runenforschung“ angegliedert. KATER 1997, 140; NUSSBECK 1993. 103 Der Pressefotograf Meeussen war 1940 für die „Volksche Werkgemeenschap“, eine kulturpolitische Organisation der niederländischen SS, tätig. LEIJERZAPF 1990. Durch die Vermittlung der „Germanischen Leitstelle“ wurde er 1941/42 in die bereits genannten von Hans Schwalm geleiteten Dokumentationsarbeiten der „SS-Kulturkommission“ im italienisch besetzten Slowenien eingebunden. FERENC 2002, 106 f. 104 Der Maler Hagn hatte in der Zwischenkriegszeit Restaurierungsarbeiten im Auftrag des Riksantikva­ ren durchgeführt. Seine politische Nähe zur faschistischen Kollaborationspartei „Nasjonal samling“ begünstigte die Ernennung zum Mitarbeiter der staatlichen Denkmalpflege durch das Kultusministerium entgegen den Vorbehalten des Riksantikvaren Harry Fett. MYKLEBUST 2014, 243–247. 105 Hermann Phleps: Vorbericht über die Studienreise zur Erforschung der norwegischen Stabkirchen (Oslo, 30.8.1943). BArch, Sign. NS 21/945; PHLEPS 1963, 259. 106 Brief von Hans Schwalm an Hans Schneider vom 1.10.1943. BArch, Sign. NS 21/806 (Sonderakte Wissenschaftseinsatz Norwegen). – Arbeitsbericht Richard Wolfram über die Arbeiten in Norwegen vom 12. August bis zum 20. Oktober 1943. BArch, Sign. NS 21/83. 107 Arbeitsbericht Richard Wolfram über die Arbeiten in Norwegen vom 12. August bis zum 20. Oktober 1943. BArch, Sign. NS 21/83.  – Brief von Hans Schwalm an Hans Schneider vom 1.10.1943. BArch Sign. NS 21/806 (Sonderakte Wissenschaftseinsatz Norwegen). – Arbeitsbericht Richard Wolfram über die Arbeiten in Norwegen vom 12. August bis zum 20. Oktober 1943. BArch, Sign. NS 21/83. – PHLEPS 1963, 265–271. 108 Hermann Phleps: Vorbericht über die Studienreise zur Erforschung der norwegischen Stabkirchen (Oslo, 30.8.1943). BArch, Sign. NS 21/945. 109 Vgl. das Schreiben der Presseabteilung der Reichsregierung im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Abteilung Zeitschriftenpresse an das Ahnenerbe der SS vom 18.12.1942. BArch, Sign. NS 21/392 sowie den Entwurf eines Schreibens an den norwegischen Minister Rolf Jørgen Fuglesang vom 12.8.1944. BArch, Sign. NS 21/392. 110 Schreiben des Reichsgeschäftsführers des „Ahnenerbes“ (Wolfram Sievers) an den SS Obersturmbannführer Kielpinski (Paul Walter von Kielpinski) vom 8.8.1944. BArch, Sign. NS 21/392 sowie Schreiben des Reichsgeschäftsführers des „Ahnenerbes“ (Wolfram Sievers) an den SS-Standartenführer W. Luig (Volksdeutsche Mittelstelle (Amt VIII. Kultur und Wissenschaft)) vom 1.5.1944. BArch, Sign. NS 21/392. 111 PHLEPS 1944 b, 8. Für den Hinweis auf diesen schwer auffindbaren Beitrag danke ich Dr. Malte Gasche (Universität Helsinki) vielmals. 112 Vgl. die Korrespondenz zwischen dem Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete und der Germanischen Leitstelle, Dienststelle Norwegen vom Dezember 1943 sowie das Schrei-

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ben des Reichsgeschäftsführers des „Ahnenerbes“ an Obersturmbannführer Brandt vom 4.1.1944. BArch, Sign. NS 21/43. 113 Stelzer 1944. 114 REIHER 1944. Der in einer hohen Auflage gedruckte Band mit einem opulenten Abbildungsapparat sowie Grund- und Aufrissen wurde von der Hauptabteilung „Volksaufklärung und Propaganda“ beim Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete herausgegeben. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Wehrmachtausgabe, sondern um eine Publikation, bei der die germanischen Wurzeln dieser Bautengruppe hervorgehoben wurden. Mit seiner reichen Bebilderung war das Buch als ein anspruchsvolles Erinnerungsstück für die Soldaten an ihre Dienstzeit in Norwegen angelegt. BÜHLER/BÜHLER 2000, 222 f. Der Autor Herbert Reiher hatte an der Kunsthochschule Berlin studiert und befehligte bis 1943 die Hitlerjugend-Landesführung in Norwegen. BUDDRUS 2003, 774 und 1200. 115 Schreiben der Fakultät für Bauwesen an den Rektor der TH Danzig vom 10.11.1941. Archiwum Państwowe w Gdańsku, Sign. 988/387 (1939–1944/Bd. 4/Phleps), fol. 5–6. 116 Schreiben des Obergruppenführers und Generals der Polizei Rediess aus Oslo an den Reichsführer-SS vom 3.5.1944 (geheim). BArch, Sign. NS 21/43. 117 Vermerk von Hans Schwalm zu den Schäden vom 29.4.1944. BArch, Sign. NS 21/43. 118 DÖRNER/LINNE 1999, 3/00844 Tagebucheintrag Sievers (Mittwoch, 21. Juni 1944) und Schreiben von Sievers an SS-Standartenführer Ministerialrat im Reichsinnenministerium Dr. Rudolf Hermann Brandt vom 7.7.1944. BArch, Sign. NS 21/43. 119 Die Angehörigen der Universität und Studenten wurden ins Konzentrationslager Buchenwald und in das Schulungslager Sennheim (franz.: Cernay) bei Straßburg deportiert. Nach dem Willen Himmlers hielten Wissenschaftler im Rahmen des „Germanischen Wissenschaftseinsatzes“ Schulungsvorträge in Sennheim, um die norwegischen Studenten für die großgermanischen Ideale zurückzugewinnen und zum Eintritt in die Waffen-SS zu motivieren. Als Referenten sprachen auch Wüst und Wolfram, die im Jahr davor gemeinsam mit Phleps Norwegen bereist hatten. KATER 1997, 185. 120 Vermerk zur Sabotage des Wiederaufbaus der „Deutschen Brücke“ durch Stadtbauchef Madsen in Bergen (Bezug auf telefonische Unterredung mit Prof. Bö, Vertreter des Riksantikvaren NygaardNilssen) vom 4.8.1944 (Abschrift). BArch, Sign. NS 21/340. 121 Schreiben von Sievers an SS-Standartenführer Ministerialrat Dr. Brandt vom 7.7.1944. BArch, Sign. NS 21/43 sowie PHLEPS 1963, 270. 122 Bescheinigung des Rektors Pohlhausen vom 13.9.1944. Archiwum Państwowe w Gdańsku, Sign. 988/387 (1939–1944/Bd. 4/Phleps), fol. 17. 123 Schreiben des Freiburger Oberbaudirektors Dr. Joseph Schlippe an das Badische Ministerium des Kultus und Unterrichts vom 19.5.1949, Stadtarchiv Freiburg im Breisgau K 1/44-213. Schriftlicher Nachlass von Prof. h.c. Dr. Joseph Schlippe (1885–1970); ZIMMERMANN 1957, 452. 124 Vgl. die identische Abbildung des Isumshofes im Freilichtmuseum in Lillehammer in: PHLEPS 1944 b, Abb. 5 und PHLEPS 1958, Abb. 122 (dort beschnitten). 125 PHLEPS, Hermann: Norwegische Stabkirchen, Vortrag, gehalten am 20.6.1952, Akademisches Kunstmuseum Bonn, unveröffentl. Typoskript, Bildarchiv Foto Marburg, zitiert bei: BUCHKREMER 2016. 126 Ebd. 127 NORBERG-SCHULZ 1961.

Zwischen Siebenbürgen und Norwegen I 301

128 PHLEPS 1959. 129 BORN 2013, 343. – KLEMPERT 2002, 191. 130 So z. B. LINK 2014, 135 f. 131 BERNHARDT 2015, 86.

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Zwischen Siebenbürgen und Norwegen I 307

Inga Lena Ångström Grandien

“The Art History of Sweden” (1944–1946) Andreas Lindblom’s Private War

Even though Sweden was not occupied in the Second World War and took no part in the fighting, Swedish people were affected by the war in many ways. Fuel and food was rationed, and travel abroad was almost impossible. Many men, among them the father-to-be of this paper’s author, were called up and posted along the frontiers. To this should also be added the uncertainties of the time; it was not until towards the end of the war it finally stood clear that Sweden would not be occupied or in other ways drawn into the war. In 1944 the first two parts of Sveriges konsthistoria, or in English “The Art History of Sweden”, as it will be referred to hereafter, appeared in the book sellers’ windows. A couple of years later one more part of the book was published, all three later bound in one volume of more than 1 000 pages, covering the period of the stone-age up till the beginning of the 1940s. This book and its author, the art historian Andreas Lindblom (1882–1972), form the main subjects of this paper. It was in the late 1970s, during my first study-year in art history at the University of Stockholm, that I discovered Lindblom’s book and made it a supplementary reader to the required reading about Swedish art. At the time this was Den svenska konstens historia, or – “The History of Swedish Art” – by Henrik Cornell, a book that strangely enough had also been published for the first time in 1944 (cf. below). I found Cornell’s book both dry and boring and could not understand why that and not Lindblom’s was required reading. Not only did the latter contain many more illustrations than Cornell’s, but it also covered many more areas; Lindblom wrote about folk art and handicraft, villages, farms, fishing hamlets, timbered houses, iron and weapon smith work, textiles, coins and medals. I was also very much taken in by the colourful language, enlivened by quotations from ancient and modern Swedish literature, folk tales and the like. When re-reading “The Art History of Sweden” later, however, I discovered many things I had not noticed as a student, and began to understand why Lindblom’s book would not have become required university reading even if Cornell’s had not existed. First of all, there is hardly any mention of style; it seems to have been Lindblom’s outspoken aim to write a history of art as free as possible from all talk of styles and periods. In his preface he clearly underlines that “unfortunately” one cannot totally do without a discussion about this “ty-

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rannical something, which we call style or fashion”1, and despite this admission, in the text itself there are remarkably few mentions of style or influences. By contrast, to Johnny Roosval, Lindblom’s former professor at the University of Uppsala, conceptions of style are basic to all art history, and terms like Early Gothic and High Gothic indispensable. Lindblom, on the other hand, divides the Middle Ages into two periods only: the Romanesque and the Gothic. (In this he was in some ways ahead of his times: in modern history of art there is an obvious attempt to free itself from the rigid conceptions of style.) In his review of Lindblom’s “The Art History of Sweden”, Roosval makes clear how he looked upon the history of styles, namely as “a stepladder, and each step a sharp-edged date”. “Without a firm, chronological base”, Roosval concluded, “a history of art gets a gelatinous consistency that is popularly savory but in the long run unhealthy”.2 A second discovery from re-reading Lindblom’s book is that several pieces of art that Cornell discusses at length are missing. This is especially the case for the medieval period, such that there is no mention of the 13th-century Madonna from Viklau in Gotland in the History Museum in Stockholm, or of the Flemish altarpieces that had been imported to Sweden in the late 15th and the early 16th centuries. The famous sculpture group “Saint George and the Dragon”, that in 1489 was placed in Storkyrkan (Saint Nicolai) in Stockholm, also only gets two lines and no illustration. In addition to Lindblom’s omission of certain important art objects, there is also a lack of certain artists and artisans. As explained in the book’s preface, Lindblom’s selection of art works, artists and artisans was governed by his intention to write an art history of Sweden solely about Swedish art, defined as “art objects made by Swedish hands on Swedish ground”.3 The above-mentioned art objects, despite having been present in the country for several hundred years, were not “Swedish” according to Lindblom, since they were made outside Sweden by non-Swedes. The altarpieces fall out because they were from Flanders, and the Viklau-Madonna because Johnny Roosval, in an article in 1909, had shown that it must have been made in France and not on Gotland as was previously believed. Roosval had also proved that the “Saint George and the Dragon” was made by the German, Bernt Notke, during Notke’s long stay in Sweden in the 1480s.4 Despite being produced on Swedish ground, it had no place in Lindblom’s “Art History of Sweden” since the sculptor was German. Lindblom could not ignore it totally, because of its fame, but he gives it only extremely short treatment.5 Given his aim to write only about “art works made by Swedes on Swedish ground”, it might therefore come as a surprise that Lindblom, in his choice of geographical areas to cover, follows the pattern set by his predecessors when they wrote their histories of Swedish art, namely that which lies within the present borders of the country. That means, for example, that Finland was not included, despite its long historic bond with Sweden (from which it was not freed until in 1809, only to be then taken over by Russia), and despite the fact that Åbo (Turko) was one of the most important Swedish dioceses during the Middle Ages. Indeed, the Cathedral of Åbo is one of the most impressive in the Baltic, and there is also

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Åbo Castle, built in the Middle Ages and rebuilt into a Renaissance castle in the 1560s by the Swedish King Johan III, as well as Tavastehus Castle, Kastelholm Castle on the island of Åland, and several medieval Finnish churches that could have been mentioned. Within Sweden’s present borders lies Skåne (Scania), a county whose medieval art and renaissance art and architecture get a special chapter in Lindblom’s book, but if he had been true to his definition of Swedish art, he should really have omitted Skåne, which – together with Halland and Blekinge  – belonged to Denmark until the middle of the 17th century. Presumably that would have been too much of a sacrifice for Lindblom, who probably could not stand the thought of having to exclude such fine buildings as the Cathedral of Lund and the Castle of Malmö, and the many medieval and Renaissance wooden sculptures, church paintings and baptismal fonts that are to be found there. The same goes for the island of Gotland, which was “independent” and later Danish until the middle of the 17th century, but what would a book on Swedish art history be without the medieval stone churches and stone sculptures of Gotland? A late-medieval church painter who inspired Lindblom to especially vivid descriptions was Albertus Pictor, who in Lindblom’s days was believed to have been a Swede. I wonder what Lindblom would have done with him, now that it has been proved without a doubt that Albertus Pictor was from Germany?6 When dealing with the following Vasa-period (i. e. the Renaissance-period of Sweden) and also, but to a lesser degree, the Baroque, Lindblom met with another problem: most of the buildings and art objects are made by foreign architects, stone-cutters, artisans and painters on shorter or longer stays in Sweden. If he had treated those buildings and art objects in the same way as he did with “Saint George and the Dragon” in the Saint Nicolai Church, the chapter on the Vasa-period would have ended up very short indeed, since he would have had to dismiss the Vasa-castles, for example, almost entirely. Instead, he writes at length about the castles, with the excuse that “although built by foreigners, their architecture expresses Swedish-ness”.7 In this chapter, however, he makes a clear distinction between foreigners and Swedes, and gives the works of the former a definitely shorter treatment. An example is the portals to the Castle of Vadstena from ca. 1550, which usually are held as something of the best from the Vasa-period. Since they were made by a “stranger”, Pierre de la Roche from Brabant, they receive only a few lines from Lindblom.8 On the other hand, for Johan Sylvius, who worked in England for a long time, it was enough to have been born in Sweden to get a thorough presentation in Lindblom’s book and be called “an honest Swede”, even though Lindblom found no national traits in Sylvius’ ceiling paintings from the 1680s at Drottningholm.9 Artists born abroad, but who had come to Sweden at a young age and spent the rest of their lives in the country, Lindblom looked upon as naturalized Swedes, and thus includes them in his history of art. One example is Nicodemus Tessin the Elder (1615–1681) from Stralsund, the father of Nicodemus Tessin the Younger, who came to Sweden around 1640 and designed the Drottningholm Castle and Riksbank-house in the Old town of Stock-

“The Art History of Sweden” (1944–1946) I 311

holm, among other buildings. The German-born sculptor, Burchard Precht (1651–1738), was “a stranger but his 64 years in the country made him a Swede”, Lindblom proclaims.10 But Lindblom never lets the reader quite forget that Precht was German. In the castle fire of 1697 in Stockholm, Precht’s many sculptures in the castle church were destroyed, but when the church was being restored under the leadership of Tessin the Younger, he was not asked to make new ones. With Lindblom’s wording, Tessin “dismissed both him and his compatriot the old Ehrenstrahl”; that Ehrenstrahl originally also came from Germany should not be forgotten either.11 This last example points to a central theme in Lindblom’s Swedish art history, namely that Sweden had been more or less “invaded” by German artists, architects and artisans through the ages. He sometimes even paints the medieval and early modern artists and artisans from German areas as aggressors, who came to Sweden in order to take over the work market for art and architecture. When writing about a Peter Målare, who earlier was believed to have come from Germany, but whom Lindblom could not ignore since he was considered to have been the teacher of Albertus Pictor (cf. above), he uses wordings which make it sound as if this Peter had forcibly made his way into the country: “In the solid pictorial tradition that was prevailing in Sweden around the 1450s, Peter Målare (Painter) suddenly bursts in”.12 (Later research has revealed that “Peter” probably never existed, instead he is identical with Albertus Pictor as a young man.) Another central theme in the book is Lindblom’s striving to find and hold forth art works made by “true” Swedes, which is probably the reason he included so much art made by simple people and in their dwellings. When it came to handicraft and old timbered buildings, there could never be any discussion of origins, it simply was Swedish. It is, however, different with religious art. Unfortunately for him, some of the medieval wooden sculptures, that he thought (or hoped) were Swedish, in later days have been proved to have been made elsewhere. His enthusiastic treatment of some of these, which he even celebrated for their “Swedish-ness”, therefore almost attains an air of the ridiculous, now that it has been shown that they were imported or made by a foreign artist in Sweden. It is clear that Lindblom’s nationalistic conception of his book led him to many incongruences or historiographical mistakes. Despite this aspect of his work, however, it gains importance from being written as an antithesis to and a comment on the state of European, academic history of art in Lindblom’s time, and also, in a sense, as a political statement. In his memoires, De gyllene åren (“The Golden Years”), published in 1952, Lind­ blom explains how for a long time before the war he had been suspicious of German art historians’ efforts to prove that the main parts of the medieval art stock around the Baltic was German (i. e. made by Germans). Where the other Scandinavian art historians only saw this as an innocent, intra-scientific activity, he states that from an early stage he interpreted the German art historians as acting in a way that, without the use of force, attempted to make the countries around the Baltic part of a larger German area, as a preparation for a later military conquest.

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In his memoires he goes as far as criticising his Swedish art historian colleagues for “creeping for the Germans” in their attempts to surpass each other in finding art pieces made by German masters in Sweden. This is not really surprising since Germany was the mother-country of the subject as an academic discipline. Almost all the books the students read were in German, and the dissertations, when not written in Swedish, were in German. Lindblom’s own forms an exception: his dissertation on Gothic church painting in Sweden and Norway, published in 1915, was in French. An important link between Sweden and Germany was the above-mentioned Johnny Roosval, the dominating figure in Swedish art history during the first half of the 20th century. In 1908 Roosval had become assistant professor of the newly established examination subject the history of art at the University of Uppsala.13 He had studied in Berlin with Heinrich Wölfflin, whose lectures had made a lasting impression on him, but even more important were the seminars with the younger private-docent, Adolph Goldschmidt.14 Together with Goldschmidt he went on bicycle tours to rural churches in the vicinities of the city, a method for art historical exploration he would later introduce to his Swedish students. In 1903, his dissertation “Schnitzaltäre in schwedischen Kirchen und Museen aus der Werkstatt des Brüsseler Bildschnitzers Jan Bormann“ (Altarpieces in Swedish churches and museums made by Master Jan Borman’s workshop in Brussels) was published in Strassburg.15 Roosval later devoted most of his research to the medieval period of Gotland, its churches and stone sculpture. He still continued, however, to cultivate his German contacts, and he never forgot his former teacher Goldschmidt. In the autumn of 1933 he led an international conference for art historians in Stockholm, something which would not have been possible without his many international contacts. The theme was “National Traits in Art”. Looking through the rear-view mirror of history, one cannot help thinking that the choice of theme was illtimed and maybe even “dangerous” in a sense, playing into the Nazis’ hands. With one of the invitations there was also a problem that should have been ill-boding to Roosval. He had invited his old teacher Adolph Goldschmidt, but because of the new race laws in Germany, introduced earlier in 1933, the Jewish Goldschmidt was not allowed to participate as an official representative for Germany. Instead he came, on Roosval’s personal invitation, as a representative of the Prussian Academy of Science. On the proposal of Roosval, he was appointed honorary chairman of the congress.16 It was Johnny Roosval who had inspired Lindblom to study the history of art in the first place. Lindblom had gone to Uppsala in 1907 to study theology like his brother Johannes, who was later made professor at Åbo/Turko Academy and then professor in Lund and rector there. But first, Lindblom wanted to take an exam at the Faculty of Arts. He studied Nordic languages, Nordic and Comparative Archaeology, and the History of Art, which then became his main subject. He never did go on to read any theology. In his above-mentioned autobiography, he confesses that it was Roosval’s inspiring lectures that made him choose the art historical path.17 As already shown, they would later disagree on

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some main issues regarding the history of art in general and the Swedish history of art in particular, despite both adhering to the theory of artistic geography, Kunstgeographie. Where Roosval wanted to include all the lands around the Baltic in one large art area, called the Baltic North18, Lindblom maintained that there was no such area, or that if there was, Sweden was not part of it. Instead, Sweden formed its own area of art production and, according to Lindblom, there existed already in prehistoric times an independent Swedish artistic will and a Swedish artistic expression. But who exactly was this Andreas Lindblom, who wrote so enthusiastically and vividly about Swedish art (or what he thought was Swedish art)? That he had graduated in the history of art has already been established. In 1925 he was appointed professor at the History of Art at the University College of Stockholm (a pre-runner to Stockholm University), a position he left in 1929 in order to become director of Nordiska museet och Skansen vänner (Nordic museums and Skansen). His appointment as director was an unexpected success, especially for Skansen, which had lain fallow under a couple of previous directors but which now blossomed under his leadership and once more became a large attraction.19 The number of visitors doubled, but in the early summer of 1941 Skansen was hit by a scandal, as it emerged that the people economically in charge had embezzled a large sum of money.20 Lindblom himself was never suspected of any irregularities, but he nevertheless chose to take leave of absence until the storm had blown over. It was during that leave of absence, which lasted for two years, that he wrote his history of Swedish art. A couple of years earlier, Lindblom had been very active in organizing a Swedish voluntary corps, which was later sent to Finland to help the Finns against the Russians. On 30th of November, 1939, three months after the beginning of the Second World War, Russia attacked Finland. The war that followed would later be called the Finnish Winter War. Only a few days later the Finland Committee was constituted in Stockholm, with Andreas Lindblom as its chairman. In this way, Lindblom indirectly came to be involved in the worst terrorist act to this day in Sweden. The Swedish Communist Party was opposed to sending Swedish soldiers to Finland because of its strong connections to Russia.21 The Communists were therefore considered a threat, and strong powers in Sweden, with the King, Gustav V at its lead, acted to make the Communist Party – represented in the Swedish Parliament – forbidden.22 The Communist Party had its own daily newspaper, Norrskensflamman (The Flame of the Northern Lights), which was published in Luleå, close to the Finnish border. During the last week of December 1939, Lindblom had been on a short trip to Northern Finland on behalf of the Finland Committee. On New Year’s Eve he arrived in Boden, the largest and strongest fortress in the north. The day after, he attended a meeting in Boden with some generals, and after that continued to Luleå and another meeting. There were present, among others, Ebbe Hallberg, the Chief of Police in Luleå, Paul Wretlind, the chairman of the Stockholm department of the Liberal People’s Party (Folkpartiet), a couple of second lieutenants, and a journalist from the rivalling right-wing newspaper, Norrbottens-Kuriren (The Norrbotten-Courier).23 During the meeting, different methods to have the Commu-

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nists’ newspaper closed down were discussed, even with the help of violence. Lindblom offered the then large sum of 5,000 SEK to help the cause, but he and Wretlind were strongly against an attack. Instead he suggested the money be used to persuade the technical personal of the newspaper to leave their jobs. Another idea of his was to ask the owner of the paper-mill that delivered the printing-paper for Norrskensflamman, and whom he knew, to stop the paper deliveries; with nothing to print on, there would be no newspaper.24 Back in Stockholm, Lindblom got a letter from Ebbe Hallberg, in which the Chief of Police once more asked for money but this time he refused. On the night of 3rd of March, 1940, an arson attack was made against the offices of Norr­ skensflamman. Five persons were killed, including two children, and another five were injured. The newspaper’s offices were completely destroyed. In the following trial against the attackers Lindblom’s name was mentioned, but he was never suspected of a more direct involvement than the gift of money. The attackers were given very mild sentences and after five years they were all free. The Chief of Police, Ebbe Hallberg, who had acted very erratically both before and after the attack, died in a hospital where he had been taken for an investigation conducted by a forensic psychiatrist (he died from cancer of the kidneys). No money was offered to the victims’ families, the general opinion being that “they got what they deserved”.25 In January 1940, before the attack on Norrskensflamman, Lindblom and some other prominent men had published a flaming appeal to the young men of Sweden for solidarity with the young men of Finland: “The time to act has come. Every one of us feels the strong drawing to the east. Our Finnish brothers, highly estimated comrades and forerunners in the areas of sports, shooting and a varie­ty of cultural areas, demand our assistance [...] Therefore, Swedish men, you that within you feel the call to stand up next to our Finnish brothers, do it straight away preferably as a group which can be joined to others, a cell that in the power of its inborn moral strength can be the one that licks the whole platoon into shape, raises its value and makes all its members into complete bearers of ancient Swedish war-manly virtue.”26 (my italics)

One young man who felt the “strong drawing to the east” and joined the voluntary corps was the father-to-be of the writer of this article. Although also signed by a couple of others, the tone of the appeal is very strongly Lindblom’s: a tone that echoes throughout the whole of “The Art History of Sweden”. I would argue that here is encapsulated the underlying motive to Lindblom’s book. Lindblom wanted to bring forth the ancient Swedish virtues that for long had been forgotten, and remind the Swedes of the fact that they once had been a great people and could be that again. By eliminating, or at least making the foreign influence – through the ages – as small and as insignificant as possible, he wanted to show the Swedish people that Sweden and Swedish culture could stand on its own legs, independent and free. At the same time, in what I call his private war and with words as his only weapon, he “counter-attacked” the

“The Art History of Sweden” (1944–1946) I 315

attempts of the Nazis to implement German history and German art history in the whole of the Baltic region, in that way making it theirs. He was, in short, trying to write Germany out of Swedish art history, a task that in the long run became more difficult than he might have imagined, but he surely gave it a good try.

Anmerkungen 1 LINDBLOM 1944–46, vol. 1, 1. 2 ROOSVAL 1944, 126. 3 LINDBLOM 1944–46, vol. 1, VIII (Preface). 4 Cf. LARSSON 1985, 182. See also BONSDORFF 1993, 46. 5 This upset Johnny Roosval a great deal. See ROOSVAL 1944, 124. Peter Tångeberg has recently stated that S. Georg was made in Flanders. See TÅNGEBERG 2009. 6 MELIN/ÖBERG/SANDQUIST ÖBERG 2009. 7 LINDBLOM 1944–46, vol. 2, 327. 8 Ibid., 385. 9 Ibid., 498. 10 Ibid., 508. 11 Ibid. 12 LINDBLOM 1944–46, vol. 1, 256. 13 BONSDORFF 2013, 86 f. 14 LARSSON 2008, 194; BONSDORFF 2013, 89 f. 15 Simultanesly published in Stockholm under the name of: Om altarskåp i svenska kyrkor och museer ur mäster Jan Bormans verkstad i Berlin. 16 LARSSON 2008; BONSDORFF 2013, 102. 17 Roosval’s lecturing skills were according to contemporary sources outstanding. LARSSON (2008), 193. 18 Ibid., 199. 19 ANDERSSON 1978, 27. – REHNBERG 1980/81, 310. 20 TUNANDER 1991, 97. 21 BOËTHIUS 1998, 67. 22 Eadem, 67. 23 OLDBERG 1972, 18. 24 Ibid. 25 BOËTHIUS 1998, 68. 26 OLDBERG 1972, 67.

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316 I Inga Lena Ångström Grandien

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1991. BOËTHIUS, Maria-Pia: Spräng kommunisterna i luften! [Blow up the Communists!]. In: Ordfront

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“The Art History of Sweden” (1944–1946) I 317

Abbildungsnachweis

Beitrag Sabine Arend Abb. 1: Grosse Deutsche Kunstausstellung 1940. Offizieller Ausstellungskatalog, München 1940, Abb. 56. Abb. 2: AUAM P, 78/21-4, Bl. 40/5. Abb. 3, 4: Biblioteka Uniwersytecka w Poznaniu, Zbiorów Ikonograficznych (UB P) UniversitätsBildstelle: Corpus imaginum, Posen 1942/1943, 3 Bde.; Signatur: 239935.

Beitrag Robert Born Abb. 1: Aufnahme von Oskar Netoliczka in ZILLICH, Heinrich: Siebenbürgen und seine Wehrbauten. Mit einer Darstellung der Baugeschichte von Hermann Phleps. Königstein im Taunus/Leipzig 1941, 65. Abb. 2: ZIMMERMANN, Rainer: Auf den Spuren des Handwerksgeistes. Zum 80. Geburtstag von Prof. Dr. Ing. Hermann Phleps, dem Erforscher der Holzbaukunst. In: Ostdeutsche Monatshefte. Kulturzeitschrift für den Osten 23 (1957) 8, 449–452, hier 451. Abb. 3: Fotografie von Viktor Meeussen (?), Bildarchiv Foto Marburg Aufnahme-Nr. LA 13.706/15. Abb. 4: Fotografie von Hermann Phleps, Bildarchiv Foto Marburg Aufnahme-Nr. 1.592.027.

Beitrag Agnieszka Ga˛sior Abb. 1: BEHRENS, Ewald: Veit Stoß – Deutscher Künstler im Ostraum. Zur Ausstellung „Veit Stoß und sein Werk“, Krakau, Institut für Deutsche Ostarbeit, Mai 1941. In: Deutsche Forschungen im Osten. Mitteilungen des Instituts für Deutsche Ostarbeit Krakau 1 (1941) 3, 12–14 (Bildtafel ohne Seitenangabe). Abb. 2: Pressebüro des Nationalmuseums Warschau: http://www.zabytek.co/tekst/47/o-%E2%80 %9Eobroncach-skarbow%E2%80%9D-w-muzeum-narodowym-w-warszawie/2/ (29.5.2015). Abb. 3: NICHOLAS, Lynn H.: Der Raub der Europa. Das Schicksal europäischer Kunstwerke im Dritten Reich, München 1995, 541 (National Archives, Washington, D. C.).

Beitrag Alena Janatková Abb. 1, 3, 4: Archiv Národní galerie v Praze [Archiv der Nationalgalerie in Prag] (ANG), Kniha výstřižků státní galerie [Buch der Ausschnitte der Staatsgalerie] 2, 1937–47. Abb. 2: ANG, Fotosammlung zur Geschichte der Galerie, AA 2845. Abb. 5: Národní technické muzeum v Praze – archiv [Technisches Nationalmuseum Prag – Archiv], Fond 818, K. 3.

Abbildungsnachweis I 319

. . Beitrag Giedre Jankevicˇiu¯te Ill. 1: The Archive of the Lithuanian Art Museum. B-1, ap-3, b-3-1. Ill. 2: The Archive of the Lithuanian Art Museum. B-1, ap-3, b-1-2. Ill. 3: Cover of Mikalojus Vorobjovas’s thesis WOROBIOW, Nicolaj: Die Fensterformen Dominikus Zimmermanns. Versuch einer genetischen Ableitung, Diss. München 1934. Ill. 4: The Archive of the Lithuanian Art Museum. B-1, ap-1, b-48-46. Ill. 5–7: Photos by Raimondas Paknys.

Beitrag Christina Kott Abb. 1, 3: Foto: Henry Koehn, Deutsches Kunstarchiv, Nachlass Rosemann, © Helga Oschatz. Abb. 2: Collection Ceges – Bruxelles, Nr. 32289. Abb. 4: Foto: Henry Koehn, Archives Nationales Paris, © Helga Oschatz. Abb. 5: Archives Nationales Paris, AJ 40/573/9, © Christina Kott. Abb. 6: Familienarchiv Grafen Wolff Metternich zur Gracht, Nachlass Franziskus Graf Wolff Metternich, Akte 1, Mappe Wiederaufbauplanungen von Nivelles. Der Inhaber/die Inhaber der Autorenrechte der Originalzeichnung konnte(n) nicht ermittelt werden.

Beitrag Marieke Kuipers Ill. 1–6: Collection of the Netherlands Agency for Cultural Heritage at Amersfoort.

Beitrag Juliane Marquard-Twarowski Abb. 1: Privatbesitz (Scan der Autorin).

320 I Abbildungsnachweis

Personenregister

Altdorfer, Albrecht 198 Antonescu, Ion 197, 206 Aubin, Hermann 212, 214, 216, 217, 221, 223, 227, 233 August, Stanislaw 226 Baard, Henricus Petrus 148, 149 Baatz, Hans 200 Bartczakówna, Maria 119 Barthel, Gustav 132, 133 Batowski, Zygmunt 118, 119, 130, 131 Bauch, Kurt 41, 104 Baudissin, Klaus Graf von 39 Beck, Egolf 284 Beethoven, Ludwig van 198 Behrens, Ewald 113, 114, 115, 127, 128, 131, 319 Beinert, Berthold 193, 194 Berghoef, Jo 152 Beschkirow 272 Beyen, Marnix 166, 167 Beyne, Karl 251 Białostocki, Jan 118, 130 Bindenschu, Rupert 266 Bischof von Curtea de Argeș 197 Bismarck, Otto von 73 Bissing, Friedrich Wilhelm Freiherr von 31, 32, 39, 40, 44 Blahut, Thomas 34, 40 Bleeker, Bernhard 97 Blok, Gerard 143, 154, 156 Bochnak, Adam 121, 131 Bodmer, Heinrich 28, 38 Bökh, Alexander 205 Bormann, Jan 313 Borromini, Francesco 248 Both, Wolf von 55, 59, 61, 67, 68, 69, 241 Brandl, Peter Johann 53 Branicki, Franciszek Ksawery 227

Braun, Edmund Wilhelm 59, 68, 128 Braun, Matthias Bernhard 53 Breker, Arno 74, 86 Bremer, Kees 148 Breuer, Jacques 170, 176 Brinckmann, Albert Erich 107, 192, 218, 228 Brøgger, Anton Wilhelm 288 Brokoff, Ferdinand Maximilian 53 Bürckel, Josef 203 Bruckmann, Hugo 18 Bruhns, Leo 19, 41, 207 Budde, Hendrik 224 Bunjes, Hermann 21 Burian, Vlasta (Vlastimil) 80, 88 Campe, Paul 266, 272 Carstens, Peter 97, 103 Chmarzyński, Guido 121, 131 Ciano, Galeazzo 32 Cibulka, Josef 9, 47, 49, 50, 52, 55, 56, 57, 58, 65, 66, 67, 68, 69 Clasen, Karl Heinz 92, 93, 98, 100, 101, 103, 104, 106, 107, 117 Clemen, Paul 41, 127, 185, 186, 201 Coblitz, Wilhelm 113, 127 Coremans, Paul 174, 175, 180 Cornell, Henrik 309, 310 Crainic, Nichifor 197, 206 Csaki, Richard 277, 278, 296 Cürlis, Hans 33, 40 Cuypers, Pierre 142, 157 Cuza, Alexandru C. 197 Czartoryski, Adam Ludwik Fürst 100, 227 Čiurlionis, Mikalojus Konstantinas 250 Dam, Jan van 199 Dammeier, Conrad 280 Darré, Richard Walther 285 Degenhardt, Franz Josef 268 Demel, Hans von 132

Personenregister I 321

Demeter, Stéphane 170, 176, 177 Demus, Otto 219, 220, 228, 230 Dettloff, Szczęsny 92, 100, 117, 118, 121, 129, 130 Dien[t]zenhofer, Christoph 53 Dien[t]zenhofer, Kilian Ignaz 53 Dittmer, Kurt 132 Dobrowolski, Tadeusz 121, 131 Doeve, Eppo 145 Domin, Hilde 268 Donin, Richard Kurt 41 Dorn, Theodor 76, 77, 78, 87 Dresler, Adolf 18 Dürer, Albrecht 30, 38, 49, 58, 198 Durand, Pierre-Servais 151 Durley, Jannina 128 Dvořák, Max 65, 66, 129 Dyderszteyn, Joannes Valentius Tobias de 241 Ebeling, Edith 272, 94, 105 Eberlein, Kurt Karl 203 Ehrich 158 Eisenlohr, Helmut 39 Eickstedt, Egon von 217, 227 Eliáš, Alois 77, 87 Emmen, Jan 148 Ernst, Sepp 132 Esser, Karl Heinz 250, 255 – 272 Estreicher, Karol d. J. 122, 123, 124, 125, 133, 134 Eyck, Jan van (Hubert van) 199 Fabritius, Fritz 279, 296 Falkenhausen, Alexander von 163 Feldmann, Annemarie 272 Fett, Harry 288, 300 Flouquet, Pierre-Louis 179 Focillon, Henri 252, 253 Fontana, Domenico 248 Fontana, Giuseppe 252 Formann, Wilhelm 71, 80, 85 Förster, Helmut 41 Frank, Hans 107, 111, 112, 113, 114, 126, 128, 133, 214, 216, 221 Frank, Karl Hermann 51, 64, 66, 75, 78, 79, 84, 87, 89 Frey, Dagobert 35, 42, 105, 106, 107, 108, 113, 127, 128, 132, 133, 211-230

322 I Personenregister

Frey, Herman-Walther 201 Friedrich, Caspar David 198 Futurista, Ferenc (eigentl. Fiala, František) 80, 88 Gameren, Tilman van 226 Gamillscheg, Ernst 196, 206 Gelder, Henrik Enno van 150, 190 Genechten, Robert van 199, 207 Genss, Julius 258, 270 Getneris, Jurgis 240 Gerke, Friedrich 128 Glaubitz, Johann Christoph 241, 246, 247, 248, 249, 250, 252 Gleisberg, Walter 107 Glondys, Victor 278, 280 Goebbels, Joseph 40, 87 Goedewaagen, Tobie 154, 199, 207 Gödler, 297 Göpel, Wilfried 249, 252 Goethe, Johann Wolfgang von 198, 206 Goffay, Emile 173 Goldschmidt, Adolph 38, 313 Göring, Hermann 94, 122, 132, 214, 256, 286 Graevenitz, Fritz von 96, 106 Grass, Günther 268 Gregory, Karl Freiherr von 75, 76, 77, 78, 79, 80, 87, 88 Greiser, Arthur 94, 103 Grincevičius, Liudvikas 241 Grundmann, Günther 214, 223, 224, 225, 226, 229 Grünewald, Matthias 30, 198 Guglielmi, Gregorio 130 Gürich, Arthur 280, 297 Gustav V. 314 Gütt, Ursula 94 Haagen, Jan Karel van der 141, 143, 145, 147, 148, 149, 153, 157 Haberland, Arthur 132 Haftmann, Werner 33 Hagemeyer, Johann Gerhard („Hans“) 72, 75, 76, 77, 79, 80, 85, 87 Hagn, Alfred 289, 300 Haiding, Karl 284, 305 Halecki, Oskar 130 Halem, Gustav Adolph von 37, 43

Hallberg, Ebbe 314, 315 Hamann, Richard 101, 174, 183, 256 Handtmann, B. 228 Hanfstaengel, Eberhard 39 Haseloff, Arthur 28, 29, 30, 35, 38, 42 Hassel, Ulrich von 29 Haushofer, Karl 280, 297 Hecht, Gerhard 126 Heeswijk, Hans A. Van 151 Hempel, Eberhard 107, 223, 225 Henlein, Konrad 53, 67, 200 Hermanin, Federico 41 Hess, Rudolf 297 Hetzer, Theodor 41, 43 Heydenreich, Ludwig Heinrich 36, 37, 43 Heydrich, Reinhard 58, 88 Hiebsch, Herbert 88 Hiecke, Robert 93, 171 Himmler, Heinrich 285, 286, 292, 301 Hintjens, I. 166 Hitler, Adolf (= der Führer) 19, 27, 28, 33, 40, 51, 64, 74, 76, 77, 112, 113, 122, 132, 133, 189, 190, 194, 280, 284, 297 Hoff, Erwin 128 Hollberg, Wilhelm 272 Holst, Niels von 33, 40, 268 Holzmair, Eduard 132 Holtzfeldt, Hermann 260 Hönigschmid, Rudolf 53, 67 Hoppe, Willy 43 Hoppestendt, Werner 18 Horwitz, Else 263 Hoser, Josef 56, 57 Hotz, Walter 21 Jäger, August 96, 97 Jamka, Rudolf 121 Jankuhn, Herbert 285, 288 Jantzen, Hans 43, 206 Jerchel, Heinrich 257, 262, 269 Johan III. 311 Kairiūkštytė-Jacinienė, Halina 242, 243 Kalf, Jan 141, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 151, 153, 157 Kalnačs, Jānis 246, 252 Karling, Sten 268

Karpowicz, Wanda 129 Keller, Hiltgart 100, 101, 107 Kępiński, Zdzislaw 117, 118, 129 Kishon, Ephraim 268 Kleist, Willy 272 Klett, Fritz 251 Kletzl, Otto 93, 94, 95, 97, 98, 100, 101, 102, 105, 106, 107, 108, 299 Klimsch, Fritz 96 Kloos, Werner 204 Kluckhorn, Erwin 39 Kneisel, Eduard 132 Koch, Franz 203 Koch, Herbert 108 Kloeppel, Otto 276 Komornicki, Stefan 121 Körte, Werner 191 Kossak-Szatkowska, Zofia 224 Kossinna, Gustav 276 Kotarbiński, Tadeusz Marian 118 Kotkas, Narva Arnold 263 Kowalenko, Wladyslaw 129 Kowalski, Wojciech 224 Kranig, Gertrud 94 Krauss, Anton 132 Kriegbaum, Friedrich 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43 Krupp, Barbara 280 Krusenstern, Adam Johann von 267 Krusenstjern, Georg von 262, 272 Kudlich, Werner 132 Kühnel, Ernst 41 Kuile, Ter 153 Kümmel, Otto 39, 48, 49, 50, 53, 54, 55, 61, 65, 66 Kunkel, Otto 60, 61 Künsberg, Eberhard Freiherr von 16, 22 Kuntze, Friedrich Franz 262, 265, 272 La Baume, Wolfgang 277 Labouchère, George Charles 152, 153 Lammers, Hans Heinrich 280 Landsbergis, Vytautas 250 Langlotz, Ernst 264, 271 Le Corbusier (= Charles-Édouard JeanneretGris) 173

Personenregister I 323

Lemaire, Raymond 166, 170, 176, 178, 181 Lenkevičius, Gabrielis 241 Leonardo da Vinci 125, 227 Leurs, Constantin (gen. Stan) 165, 166, 167, 168, 169, 170, 174, 175, 176, 178, 179 Liechtenstein, Johann II. Fürst zu 56 Limburg 199 Lindblom, Andreas 309, 310, 311, 312, 313, 314, 315 Longhi, Roberto 41 Lorentz, Stanislaw 118, 119, 122, 123, 130, 133, 134, 211, 220, 242, 249 Loßnitzer, Max 129 Lotz, Wolfgang 39 Ludwig, Carl 174, 180 Lünenschloß, Anton Clemens 127 Lussanet de la Sablonière, Hans de 151 Mackensen, August von 280, 297 Mackensen, Hans Georg von 199, 204, 205 Madsen, Sverre 301, 292 Mahr, Adolf 202 Mader, Josef 132 Makowiecki,Tadeusz 226 Målare, Peter 312 Małecki, Mieczyslaw 120, 131 Mann, Thomas 194 Morelowski, Marian 242, 249 Martin, Wilhelm 142 Matejka, Victor 228 Mathis, Eleonore 127 Meenen, Kurt Wilhelm 266 Meeussen, Viktor 289, 290, 293, 300 Meißner, Paul 223, 228 Mensenkampff, Ernst von 245, 252 Merker, Paul 223 Metternich, Franz Graf Wolff 19, 66, 164, 167, 171, 172, 177, 178, 180, 185, 256, 269, 270 Meyer, Erich 132, 158 Middeldorf, Ulrich 30, 38 Miechowski, Zygmunt 119, 122 Miechowski, Natalia 199 Moravec, Emanuel 88 Morawetz, Richard 51, 52 Morelowski, Marian 242, 249

324 I Personenregister

Morgenstern, Oskar 263 Mühlmann, Kajetan 115, 122, 132, 224, 225, 226 Müller, Georg-Wilhelm 287 Müller, Theodor 38, 39 Muls, Jozef 166, 207 Mussert, Anton 155, 156, 159 Mussolini, Benito 33, 36 Muthesius, Hermann 276 Mutz 272 Nagys, Henrikas 250 Nannen, Henri 21 Nerling, Otto 267, 272 Netoliczka, Oskar 281, 282, 319 Neubert, Fritz 223 Neurath, Konstantin von 76, 78, 80, 83, 87, 88 Nispen tot Sevenaer, Eugène van 150 Notke, Bernt 310 Nuss, Fritz 96 Nyns, Marcel 166, 181 Oertel, Robert 33 Oliass, Heinz-Günther 113, 127 Oppen, Hans Werner von 30, 31, 39 Oprescu, George 197 Orwell, George 23 Ottokar II. 77 Öttinger, Karl 128 Otto der Große 73 Otto, Gertrud 101, 105, 107 Otto, Günther 132 Paatz, Elisabeth (geb. Valentiner) 35 Paatz, Walther 35, 41 Pagaczewski, Julian 121 Panofsky, Erwin 37 Parler, Peter 53 Pauli, Gustav 204 Paulsen, Peter 132 Peé, Christian 39 Penck, Albrecht 229 Perger, Arnulf 88 Peterich, Eckart 41 Petersen, Jens 34 Petri, Franz 163 Phleps, Artur 298 Phleps, Hermann 275-301

Pictor, Albertus 311, 312 Piero della Francesca 200 Pinder, Wilhelm 11, 31, 32, 36, 37, 39, 41, 43, 104, 114, 128, 178, 185, 186-208, 211, 218, 220, 228, 242, 244, 250, 253, 277, 278, 296, 299 Pławecka, Karolina Lola 128 Plutzar, Friedrich 148, 158 Poelzig, Hans 276 Pohlhausen, Ernst 295, 301 Pohlschmidt, Carl 289 Pollhammer, Karl 132 Pölnitz, Götz von 41 Poorten (Familie) 264 Posse, Hans 132 Post, Pieter 143 Potocki, Jan Graf 227 Pozzo, Andrea 248 Precht, Burchard 312 Prihoda, Rudolph 132 Prinsterer, Betsy Groen van (van der Hoop) 154, 155 Pritzwald, Kurt Stegmann von 240 Quint, Josef 223 Raczkiewicz, Wladyslaw 121 Raczyński, Atanazy 227 Radovanic 272 Radziwill, Anton 227 Rahn, Rudolf 19 Ranke, Friedrich 223 Ratzel, Friedrich 276 Rediess, Wilhelm 292, 301 Reeder, Eggert 165 Redslob, Edwin 295 Reiher, Herbert 291, 301 Reiner, Wenzel Lorenz 53 Reinerth, Hans 284, 285 Reinhold, Hans 48, 49, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 61, 66, 67, 68 Rembrandt Harmenszoon van Rijn 41, 146, 149, 187, 198, 201, 105, 227 Rhein, Fritz 106 Ribbentrop, Joachim von 33 Richter, Dorette 113, 115, 127 Ried, Benedikt 53, 55

Riemenschneider, Tilman 30 Ringers, Jan 147, 181 Ritterbusch, Paul 9, 36, 185, 282, 286, 287 Roche, Pierre de la 311 Roerich, Nicholas 144, 145 Roosval, Johnny 310, 313, 314 Roosvelt, Franklin D. 124 Rosemann, Heinz Rudolf 164, 168, 170, 171, 173, 174, 175, 178, 180 Rosenberg, Alfred 15, 40, 60, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 87, 88, 89, 95, 190, 192, 200, 203, 204, 249, 250, 255, 260, 263, 264, 270, 271, 272, 284, 285, 286, 294 Roskamp, Diet (Dietrich) 258, 259, 260, 262, 266, 268, 270 Roth, Hans Otto 279, 280 Roth, Victor 278 Rothacker, Erich 203 Rothkirch, Wolfgang Graf 191, 204, 208 Rubens, Peter Paul 198, 199, 201 Rudolph, Martin 132, 287, 288, 289, 292, 299, 300 Ruprecht, Leopold 132 Rust, Bernhard = Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung) 18, 91, 103, 108, 200 Salmi, Mario 41 Salvini, Roberto 41 Sandberg, Willem 146 Sappok, Gerhard 223, 225 Sauerlandt, Max 295 Sawicka, Stanislawa 226 Schachleiter, Alban 40 Schäfer, Carl 275, 276 Scheel, Gustav Adolf 200 Scheffler, Gerhard 95 Scheidt, Hans Wilhelm 261 Scheja, Georg 39, 128, 187, 201 Schellenberg, Alfred 123, 133 Schenk zu Schweinsberg, Eberhard Freiherr 54, 61, 66, 67 Schiedlausky, Günther 39, 256, 257, 269, 270 Schilde, Gerhard 257 Schirach, Baldur von 200

Personenregister I 325

Schlosser, Julius 129 Schmidt, Andreas 280, 281 Schmidt Degener, Frederik 146 Schmitt, Otto 230 Schmitthenner, Paul 276 Schmitz, Arnold 223 Schmutzler, Emil 280 Schneider, Hans Ernst (alias Hans Schwerte) 287, 288, 299, 300 Schöffler, Herbert 201 Scholz, Robert 203, 257, 270, 271, 272 Schopenhauer, Arthur 73 Schrade, Hubert 9, 35, 42 Schuchhardt, Walter-Herwig 42 Schulzenberg, Gisela 272 Schultze, Walter 103, 208 Schürer, Oskar 186 Schwalm, Hans 288, 289, 292, 299, 300, 301 Schwarzschild, Leopold 194 Schwebel, Ernst 199 Scurla, Herbert 91 Sedlmaier, Richard 11, 36, 185, 186, 189, 201, 283 Seldmayr, Hans 104,193, 203, 205, 253 Seebass, Friedrich 28, 38 Seyss-Inquart, Arthur 147, 152, 199 Siebenhüner, Herbert 36, 41, 42 Sienkiewicz, Jerzy 119 Siemens, Werner von 73 Sievers, Wolfram 285, 286, 287, 288, 289, 298, 299, 300, 301 Sikorski, Wladyslaw 123 Skubiszewski, Piotr 214 Snijder, Geerto 154 Sochor, Franz 132 Spann, Ingeborg 132 Speer, Albert 200 Spitzmüller, Anna 68 Staa, Wolfgang von 39 Staedel, Wilhelm 280 Stalin, Josef 134 Stang, Walter 84, 85, 88, 89 Stange, Alfred 9, 21, 104, 108, 189, 190, 203, 204, 208, 256, 264 Stein, Karl Freiherr vom 86 Steinmann, Ernst 207

326 I Personenregister

Stelzer, Otto 288, 291, 299, 301 Steur, Ad van der 151 Steur, Johan Adrianus Gerard van der 153 Stoß, Veit 30, 113, 114, 115, 117, 123, 125, 127, 129, 132 Streit, Hanns 92, 96, 103, 104, 105, 107 Strzygowski, Josef 65, 66, 129, 295 Süß von Kulmbach, Hans 113 Swoboda, Karl Maria 7, 8, 11, 51, 56, 57, 58, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 68, 69 Sylvius, Johan 311 Szablowski, Jerzy 133 Szydłowski, Tadeusz 121 Tatarkiewicz, Wladyslaw 118, 130 Taylor, Francis H. 124, 134 Terboven, Josef 286 Tessin, Nicodemus d. Ä. 311 Tessin, Nicodemus d. J. 311, 312 Teutsch, Friedrich 278 Thaeringen, Günther 92 Theil, Edmund 21 Thöllden, Wilfried 39 Tintelnot, Hans 225 Tomkiewicz, Wladyslaw 119, 123, 130 Tuulse, Armin 263, 271 Twardowski, Fritz von 186, 205 Twarowska, Maria 119 Utikal, Gerhart 261, 270 Vaga, Voldemar 263, 267, 271 Vaerwijck, Valentijn 166 Velde, Henry van de 165, 168, 173, 178, 179 Vermeulen, Frans 143, 154 Verwilghen, Charles 178 Viérin, Joseph 166 Visser, W.J.A. 158 Vogelsang, Willem 142 Vogts, Hans 265 Vorobjovas, Mikalojus (= Worobiow, Nikolaj) 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 246, 248, 249, 250, 251, 252, 253, 262 Waetzold, Wilhelm 31, 39, 41, 42, 43 Wagenaar, Theunes Haakma 152, 153 Waldburg, Johannes Graf von 51, 59, 66, 67 Waldes, Jindřich 52 Walicki, Michal 119, 122, 123, 130, 133, 134

Wallenstein, Albrecht Wenzel Eusebius von 77 Weber, Paul 106, 164, 299 Weerd, Hubert van de 170 Węgierski, Dominik 134 Weidhaas, Hermann 128 Weigel, Karl Theodor 289, 300 Weigelt, Curt 29 Weinmüller, Adolf 51 Werner, Joachim 170, 179 Wetzel, Erhard 126 Wilhelm I. 73 Wilhelmina, Königin der Niederlande 142, 154 Willem Alexander 157 Willmann, Michael 53 Wilmowsky, Tilo Freiherr von 280, 281, 297 Winders, Max 166, 171, 172, 180 Winkelman, Henri 146, 147, 151, 155 Winnig, August 281

Wirth, Hans-Ulrich 257, 262, 265, 269 Wirth, Herman 285 Wittram, Reinhard 104, 106, 107 Wolf, Martin 84, 88 Wölfflin, Heinrich 129, 242, 313 Wolfram, Richard 289, 300, 301 Wolmar, Wolfram von 81, 82, 88 Wolthers, Christian 39 Wretlind, Paul 314, 315 Wunder, Gerd 264, 271 Wüst, Walther 285, 286, 288, 301 Zachwatowicz, Jan 119, 122, 133 Zillich, Heinrich 281, 293, 297 Zimmermann, Dominikus 242, 244 Zimmermann, Heinrich 34, 39, 40, 42 Zimmermann, Walter 246, 251, 284 Zwiebel 272 Žebrauskas, Tomas 241

Personenregister I 327

uhrmeister ist Privatdozent für Kunstgeschichte und Projektreferent

nstitut für Kunstgeschichte in München.

DIE ABTEILUNG »KUNSTSCHUTZ« IN ITALIEN CHRISTIAN FUHRMEISTER

d Kontinuitäten. en zu Kunst und Kunstgeschichte im Nationalsozialismus, Band 1

CHRISTIAN FUHRMEISTER

DIE ABTEILUNG »KUNSTSCHUTZ« IN ITALIEN KUNSTGESCHICHTE, POLITIK UND PROPAGANDA 1936–1963

DIE ABTEILUNG »KUNSTSCHUTZ« IN ITALIEN Kunstgeschichte, POlitiK unD PROPAgAnDA 1936–1963 (BRÜCHE UND KONTINUITÄTEN: FORSCHUNgEN

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ZU KUNST UND KUNSTgESCHICHTE IM

ISBN 978-3-412-22404-2 | W W W.BOEHL AU-V ERL AG.COM

NATIONALSOZIALISMUS, BAND 1)

Im Rahmen des »Militärischen Kunstschutzes« arbeiteten deutsche Kunsthistoriker im Zweiten Weltkrieg in mehreren besetzten Ländern, ab Herbst 1943 auch in Italien. Zu ihren Aufgaben zählten u.a. die Erfassung schützenswerter Bauwerke sowie die Unterstützung italienischer Museen und Denkmalpfleger. Das Buch dokumentiert und kontextualisiert diese Aktivitäten und fragt nach den individuellen Entscheidungs- und Gestaltungsspielräumen im Spannungsfeld von Fachwissenschaft, Politik und Kriegsgeschehen. Im Zentrum der Analyse steht das Verhältnis von Kunstgeschichte, Kulturpolitik, Kulturgutschutz und Propaganda vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Forschungen zu Motiven und Intentionen der Kunsthistoriker mit Fragen der Institutions- und Organisationsgeschichte verschränkend, plädiert der Autor zugleich für ein ›ganzheitliches‹ Verständnis von Wissenschaftsgeschichte.

Dieser Band eröffnet eine neue Reihe, in der künftig Bände zu unterschiedlichen Aspekten und Bereichen des Wissenschafts- und Kunstbetriebs im Nationalsozialismus erscheinen werden. 2016. CA. 384 S. FRANZ. BR. 170 X 240 MM | ISBN 978-3-412-22404-2

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