Kritik der logischen Konstanten: Philosophische Begründungen der Urteilsformen vom Idealismus bis zur Gegenwart 9783110839319, 9783110025651

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Kritik der logischen Konstanten: Philosophische Begründungen der Urteilsformen vom Idealismus bis zur Gegenwart
 9783110839319, 9783110025651

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Lesetechnisches
I. Einleitung
II. Die logischen Konstanten (Urteilsformen) im Kantischen System — rekonstruierte Ableitung
III. K. L. Reinholds Deduktion der logischen Urteilsformen
IV. Jakobs Skizze zur Deduktion der Urteilsformen
V. Kiesewetters Herleitung der Urteilsformen
VI. Krugs Versuch, die Urteilsformen herzuleiten
VII. E. Reinholds Begründung der logischen Urteilsformen
VIII. Tieftrunks Versuch, die logischen Urteilsformen abzuleiten
IX. Fries' Deduktion der Urteilsformen
X. Maimons Herleitung der Urteilsformen
XI. Die Begründung der logischen Urteilsformen bei Fichte
XII. Die Begründung der logisdien Satzformen bei Schelling
XIII. Die Deduktion der logischen Urteilsformen bei Hegel
XIV. Fischers Herleitung der logischen Konstanten
XV. Trendelenburgs Deduktion der logischen Urteilsformen
XVI. Die Begründung der Urteilsformen bei Ulrici
XVII. Lotzes Versuch, die Urteilsformen herzuleiten
XVIII. Cohens Deduktion der Urteilsformen
XIX. Freges Rechtfertigung der „Gedankengefüge"
XX. Wittgensteins Begründung der logischen „Satzzeichen"
XXI. Die Begründung der logischen Konstanten in der operativen Logik Lorenzens
XXII. Exkurs über Quantenlogiken
XXIII. Ergebnis der Kritik an den behandelten Versuchen, die logischen Konstanten (Urteilsformen) zu deduzieren
Literaturverzeichnis
Verzeichnis und Erklärung der benutzten Symbole
Autorenregister
Sachregister

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Lenk • Kritik der logischen Konstanten

Hans Lenk

Kritik der logischen Konstanten Philosophische Begründungen der Urteilsformen vom Idealismus bis zur Gegenwart

Walter de Gruyter & Co. Berlin 1968

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Philosophischen Fakultät der Technischen Universität Berlin gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Der ursprüngliche Titel der Habilitationsschrift (1966) lautet: Urteilsformen

— Darstellung

und Kritik Tradition

ihrer seit

Begründungen

in der

deutschen

Kant

Archiv-Nr. 3693681 © 1968 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit & Comp.» Berlin 30 Printed in Germany Alle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie, Xerokopie) zu vervielfältigen Satz und Druck: Hildebrandt & Stephan, Berlin 61

Die

Für alle meine U. L.

Vorwort Dieses Buch ist eine um drei Kapitel (VII, XVI, XXII) erweiterte und durch Berücksichtigung von einigen Neuerscheinungen (besonders in XXI) überarbeitete Fassung meiner Habilitationsschrift. Unter dem Titel ,Die Urteilsformen. Darstellung und Kritik ihrer Begründungen in der deutschen Tradition seit Kant' wurde sie im Wintersemester 1966—67 von der Philosophischen Fakultät der Technischen Universität Berlin angenommen. Kurt Hübner, mein akademischer Lehrer in Philosophie, hat das Thema angeregt und die Arbeit daran stets gefördert. Ihm danke ich sehr dafür — und für die langjährige philosophische und logische Ausbildung im kritischen Analysieren, die ich bei ihm erhielt und die diese Arbeit mehr geprägt hat, als es Zitate nachweisen können. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danke ich für einen Druckkostenzuschuß und Hans Fiebig, Gunter Gebauer und Friedrich Rapp für Korrekturhilfen. Berlin, im August 1968

Hans Lenk

Inhaltsübersicht

Inhaltsverzeichnis Lesetechnisches I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI. XII. XIII. XIV. XV. XVI. XVII. XVIII. XIX. XX. XXI. XXII. XXIII.

Seite X XXVIII

Einleitung Die logischen Konstanten (Urteilsformen) im Kantischen System — rekonstruierte Ableitung K. L. Reinholds Deduktion der logischen Urteilsformen Jakobs Skizze zur Deduktion der Urteilsformen . . . . Kiesewetters Herleitung der Urteilsformen Krugs Versuch, die Urteilsformen herzuleiten E. Reinholds Begründung der logischen Urteilsformen Tieftrunks Versuch, die logischen Urteilsformen abzuleiten Fries' Deduktion der Urteilsformen Maimons Herleitung der Urteilsformen Die Begründung der logischen Urteilsformen bei Fichte Die Begründung der logisdien Satzformen bei Schelling Die Deduktion der logischen Urteilsformen bei Hegel Fischers Herleitung der logischen Konstanten Trendelenburgs Deduktion der logischen Urteilsformen Die Begründung der Urteilsformen bei Ulrici Lotzes Versuch, die Urteilsformen herzuleiten Cohens Deduktion der Urteilsformen Freges Rechtfertigung der „Gedankengefüge" Wittgensteins Begründung der logischen „Satzzeichen" Die Begründung der logischen Konstanten in der operativen Logik Lorenzens Exkurs über Quantenlogiken Ergebnis der Kritik an den behandelten Versuchen, die logischen Konstanten (Urteilsformen) zu deduzieren

Literaturverzeichnis Verzeichnis und Erklärung der benutzten Symbole Autorenregister Sachregister

1 5 46 59 62 81 96 110 132 155 178 216 257 378 404 425 432 453 500 514 538 601 619 629 636 640 642

Inhaltsverzeichnis Lesetechnisches

XXVIII

I. Einleitung

1

II. Die logischen Konstanten (Urteilsformen) im Kantischen System — rekonstruierte Ableitung

5

1. Die Frage nach der Vollständigkeit der Kantischen Urteilstafel

5

2. Die transzendentale Einheit des Selbstbewußtseins und die Definition des Urteils

6

3. Fehlen der Ableitung, Kritiken

7

4. Reichs Rekonstruktion der Urteilstafel

8

4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9

Modalität 8 Assertorische Form 9 Relation 9 Kategorizität 9 Hypothetisches Urteil 9 Problematisches Urteil 10 Disjunktion 10 Apodiktizität 11 Verflechtung von Modalität und Relation 11

4.10. Der „Schnitt" zwischen den Urteilsmomenten, die sich aus der objektiven, und jenen, die sich aus der analytischen Bewußtseinseinheit herleiten 11 4.11. Qualität 12 4.12. Quantität 12

5. Reichs Versuch, die Vollständigkeit nachzuweisen

13

6. Kritik an der Reich-Kantischen Begründung

14

6.1 (zu 1., 2.) Kritische Hinweise zu Kants Grundtheorie 14 6.2 (zu 4.1, 4.2, 4.6, 4.8) Zu den Urteilsfunktionen der Modalität 21 6.3 (zu 4.4) Zur Kategorizität als Urteilsform 23

6.4 (zu 4.5) Zum hypothetischen Urteil 24 6.5 (zu 4.7) Zur disjunktiven Urteilsform 26 6.6 (zu 4.12.) Zur Urteilsquantität 27

Inhaltsverzeichnis

XI

7. (zu 5.) Kritik an Reichs Versuch zu einem Vollständigkeitsbeweis

28

7.1 Zur Frage der Vollständigkeit der Haupttitel 28

7.2 Zur Frage der Vollständigkeit der Momente 31

8. Die Unvollständigkeit der Kantischen Urteilstafel

34

9. Albrechts Versuch, Kants Urteilsformen zu deduzieren

37

9.11 Urteilsdefinition 37 9.12 Subjekt und Prädikat als Funktionen von Objektvorstellungen 38 9.13 Verneinendes Urteil 38 9.14 Bejahendes Urteil 39 9.15 Quantität (Relation, Modalität) 39 9.2 Kritik an Albrechts Gedankengang 40 9.21 (zu 9.11) Objektive Gültigkeit und Vollständigkeit 40 9.22 (zu 9.12) Relationsaussagen — Formalität und Symmetrie des Verbindens 41

9.23 (zu 9.13) Zum negativen Urteil 42 9.24 (zu 9.15) Zur Modalität und Relation 42 9.2i (zu 9.15) Zur Urteilsquantität 42 9.26 Zu Albrechts Kritik an der Vereinbarkeit von Junktoren und Syllogistik 44 9.27 Albrechts Rekonstruktion ist unhaltbar und nichtkantisch 45

III. K. L. Reinholds Deduktion der logischen Urteilsformen

46

1. Reinholds Ableitung

46

1.1 Vorstellung, Bewußtsein, Begriff 46 1.2 Urteil, Subjekt, Prädikat 47 1.3 Form der Urteile 47 1.31 Quantität 49

1.32 Qualität 49 1.33 Relation 49 1.34 Modalität 50 1.4 Vollständigkeit 50

2. (zu 1.) Kritik an Reinholds Herleitung der Urteilsformen 2.1 (zu 1.1) Zu Reinholds Theorie von der Vorstellungszusammenfassung 51 2.2 (zu 1.2) Urteil, Subjekt, Prädikat 51 2.3 (zu 1.3) Form der Urteile 53

51

2.31 (zu 1.31) Quantität 54, 2.32 (zu 1.32) Qualität 54 2.33 (zu 1.33) Relation 56 2.34 (zu 1.34) Modalität 56 2.4 Frage der Vollständigkeit und Ergebnis 57

IV. Jakobs Skizze zur Deduktion der Urteilsformen

59

1. Darstellung

59

2. (zu 1.) Kritik

60

Inhaltsverzeichnis

XII

V. Kiesewetters Herleitung der Urteilsformen

62

1. Voraussetzungen

62

2. Urteilsdefinition

63

3. Herleitung der Urteilsformen aus der Urteilsdefinition mit Hilfe der Reflexionsbegriffe

63

3.1 3.2 3.3

Quantität 64 Qualität 65 Relation 66

3.4 3.5 3.6

Modalität 68 Zusammengesetzte Urteile 69 Vollständigkeit 70

4. Kritik an Kiesewetters Begründungsversuch 4.1

(zu 1.) Bemerkungen zu den Voraussetzungen 70 4.2 (zu 2.) Zur Urteilsdefinition 71 4.3 (zu 3.) Kritik an Kiesewetters Herleitung der Urteilsformen 72 4.31 (zu 3.1) Quantität 72

70

4.32 4.33 4.34 4.3}

(zu 3.2) Qualität 74 (zu 3.3) Relation 75 (zu 3.4) Modalität 78 (zu 3.5) Zusammengesetzte Urteile 78 4.36 (zu 3.6) Vollständigkeit und Ergebnis 80

VI. Krugs Versuch, die Urteilsformen herzuleiten

81

1. Voraussetzungen

81

2. Begriffsformen

82

3. Das Urteil und die Urteilsform

83

3.1

Entstehung und Vollständigkeit der Urteilsformen 83 3.11 Quantität 84 3.12 Qualität 85

3.13 Relation 85 3.14 Modalität 86 3.15 Zusammengesetzte Urteile und Sätze 86

4. Kritik an Krugs Deduktion der Urteilsformen (zu 1.) Kritik an Krugs Erörterung der logisdien Grundsätze 87 4.2 (zu 2.) Begriffsformen 89 4.3 (zu 3.) Zu Krugs Urteilstheorie 89 4.31 (zu 3.1) Zur Entstehung und Vollständigkeit der Urteilsformen 90 4.1

4.311 4.312 4.313 4.314 4.315 4.4

(zu 3.11) Quantität 91 (zu 3.12) Qualität 91 (zu 3.13) Relation 92 (zu 3.14) Modalität 93 (zu 3.15) Zusammengesetzte Urteile und Sätze 93 Vollständigkeitsfrage und Ergebnis 94

87

XIII

Inhaltsverzeichnis

VII. E. Reinholds Begründung der logischen Urteilsformen 1.1

Die „reinen Denkgesetze" — Begriffe — Denken 96 1.2 Merkmalsabstraktion und „ursprüngliches Urteil" 97 1.3 Urteilsformen 97 1.31 „Ursprüngliches Urteil" 97

1.32 1.321 1.322 1.323 1.4

„Willkürliches Urteil" 98 Qualität 99 Hypothetisches Urteil 99 Einteilende Urteilsformen 99 Abweisen anderer Urteilsarten 100

2. Kritik an Reinholds Begründung der Urteilsformen (zu 1.1) Zu Reinholds „reinen Denkgesetzen" 101 (zu 1.2 und 1.31) Merkmals2.2 abstraktion und „ursprüngliches Urteil" 102 2.31 (zu 1.32 und 1.321) „Willkürliches Urteil": Qualität 103

2.1

96

101

2.32 (zu 1.322) Hypothetisches Urteil 105 2.33 (zu 1.323) Einteilende Ürteilsformen 106 2.4 (zu 1.4) Quantitäten und Zusammensetzungen als logische Formen 107 2.5 Ergebnis 109

VIII. Tieftrunks Versuch, die logischen Urteilsformen abzuleiten

110

1. Voraussetzungen des Denkens

110

2. Urteil, Begriff, Urbegriffe

110

3. Begriffsformen — Regeln der „Betrachtung"

111

4. Urteilsformen — Regeln des Bestimmens

113

4.1 4.11 4.12 4.13 4.14

Formale Kennzeichen des Gegenstandes im Urteil 114 Quantität 114 Qualität 114 Relation 114 Modalität 115

4.2 4.21 4.22 4.23 4.24 4.25

Urteilsformen 115 Quantität 116 Qualität 117 Relation 118 Modalität 119 Zusammengesetzte Urteile 119

5. Kritik an Tieftrunks Voraussetzungen für die Begründung der Urteilsformen 5.1

(zu 1.) Bemerkungen zu den transzendentalen VorausSetzungen 120

5.2 5.3

(zu 2.) Urteil, Begriff, Urbegriffe 120 (zu 3.) Begriffsformen 121

6. (zu 4.) Kritik an Tieftrunks Theorie der Urteilsformen . . . . 6.1 6.11 6.12 6.13 6.14

(zu 4.1) Formale Kennzeichen des Gegenstandes im Urteil 123 (zu 4.11) Quantität 123 (zu 4.12) Qualität 123 (zu 4.13) Relation 123 (zu 4.14) Modalität 124

6.2 6.21 6.22 6.23 6.24 6.25

120

(zu 4.2) Urteilsformen 125 (zu 4.21) Quantität 126 (zu 4.22) Qualität 127 (zu 4.23) Relation 128 (zu 4.24) Modalität 130 (zu 4.25) Zusammengesetzte Urteile 131

123

XIV

Inhaltsverzeichnis

7. Ergebnis

131

IX. Fries' Deduktion der Urteilsformen

132

1. Anthropologische „Deduktion" durch Aufweis

132

2. Grundzüge von Fries' „philosophischer Anthropologie" der Vernunft

133

3. Fries' Theorie der Begriffe, ihrer Form, Entstehung und Deduktion

134

4. Fries' Theorie der Urteile und die Deduktion ihrer Formen

136

4.1 4.2 4.3 4.31 4.32 4.33 4.34

Definition und Funktion des Urteils 136 Subjekt und Prädikat 137 Deduktion der Momente aus der Urteilsdefinition und der Form der Begriffe 137 Quantität 137 Qualität 138 Relation 138 Modalität 139

4.4 4.5

4.6

Deduktion der Urteilsformen aus den „Vergleichungsbegriffen" 139 Rechtfertigung vieler Urteilsformen aus der Deduktion der analytischen Urteile (Logik) 140 Systemerzeugung durch Urteilsformen und deren Vollständigkeit 141

5. Kritik an Fries' Deduktion der Urteilsformen 5.1

(zu 1.) Zu Fries' Anthropologismus und Psychologismus 141 5.2 (zu 2.) Zu einigen Zügen von Fries' Anthropologie der Vernunft 142 5.3 (zu 3.) Zu Fries' Theorie der Begriffe 143 5.4 (zu 4.) Kritik an Fries' Urteilstheorie und Deduktion der Urteilsformen 146 5.41 (zu 4.1) Zur Funktion des Urteils 146 5.42 (zu 4.2) Subjekt und Prädikat 147

5.43 5.431 5.432 5.433 5.434 5.44 5.45 5.46

(zu 4.3) Zur Deduktion der Urteilsmomente 149 (zu 4.31) Quantität 149 (zu 4.32) Qualität 150 (zu 4.33) Relation 150 (zu 4.34) Modalität 151 (zu 4.4) Zur Ableitung der Urteilsformen aus den „Vergleidiungsbegriffen" 152 (4.5) Zur Herleitung von Urteilsformen aus analytischen Urteilen 153 (zu 4.6) Unvollständigkeit und Ergebnis 154

141

Inhaltsverzeichnis

XV

X. Maimons Herleitung der Urteilsformen

155

1. Transzendentale Voraussetzungen der Logik

155

2. Logische Formen und Kategorien

157

2.1 2.2 2.3 2.4

Priorität der Kategorien 157 Subjekt-PrädikatVerhältnis 158 Urteilsdefinition 159 Ableitung der Kategorien und Urteilsformen 159

2.41 2.42 2.43 2.44

Quantität 159 Qualität 160 Relation 162 Modalität 164

3. (zu 1.) Kritik an Maimons transzendentalen Überlegungen

164

(zu 2.) Kritik an Maimons Herleitung der Kategorien und logischen Formen

166

4.1 4.2 4.3

(zu 2.1) Zur transzendentalen Begründung der logischen Formen 166 (zu 2.2) Zum SubjektPrädikat-Verhältnis 168 (zu 2.3) Maimons Urteilsdefinition und das Verhältnis von „objektiven" und „subjektiven" Urteilen 169

4.4 4.41 4.42 4.43 4.44

(zu 2.4) Zu Maimons Herleitung der Kategorien und Urteilsformen 170 (zu 2.41) Quantität 170 (zu 2.42) Qualität 172 (zu 2.43) Relation 173 (zu 2.44) Modalität 175

5. Ergebnis

176

XI. Die Begründung der logischen Urtfeilsformen bei Fichte

178

1. Die Notwendigkeit, die Logik aus der Wissenschaftslehre zu begründen

178

2. Der Zirkel bei der Verwendung logischer Regeln in der Wissenschaftslehre

180

3. Fichtes theoretisch unbedingte Grundlage der Wissenschaftslehre 181 3.11 Der absolut-erste Grundsatz: Absolute Ichkonstitution (Grundthesis) 181 3.12 Primat des Praktischen 182 3.2 Der zweite Grundsatz: Absolutes Entgegensetzen des Nidit-Ich (Grundantithese) 183

3.3

3.4

Der dritte Grundsatz: Vereinigung von Idi und NichtIch unter dem Begriff der Teilbarkeit (Grundsynthese) 183 „Vollständigkeit" 184

XVI

Inhaltsverzeichnis

4. Fichtes Ableitung logischer Grundsätze 4.1 Satz „der Identität" und „Identität" als logische Konstante 184

4.2 „Satz des Gegensetzens" 185 4.3 „Satz des Grundes" 185

5. Fichtes Herleitung logischer Konstanten 5.1 Implikation und Äquivalenz 186 5.2 „Bejahende Urteile" 187 5.3 Der >stets ,das Wahre' erzeugende< Junktor 187 5.4 Negation 188 5.5 Der >stets ,das Falsche* erzeugende< Junktor 188 5.6 Thetisches, unendliches Urteil 189

199

6.34 (zu 3.4) Vollständigkeit nicht bewiesen 205 6.4 Kritik an Fichtes Herleitung der logischen Grundsätze 205 6.41 (zu 4.1) Zum „Satz der Identität" und zur Identität 205 6.42 (zu 4.2) Zum „Satz des Widerspruchs" 206 6.43 (zu 4.3) Zum „Satz des Grundes" 206 6.44 Ergebnis: Unhaltbarkeit 207

7. Kritik an Fichtes Herleitung der logischen Partikeln 7.1 (zu 5.1) Implikation und Äquivalenz 207 7.2 (zu 5.2) „Bejahende Urteile" 208 7.3 (zu 5.3) Der >stets ,das Wahre* erzeugende< Junktor 209 7.4 (zu 5.4) Negation 209 7.5 (zu 5.5) Der >stets ,das Falsche' erzeugende< Junktor 209

186

5.7 Allgemeinurteil 190 5.8 Partikuläres Urteil 191 5.9 Möglichkeit als Urteilsform? 194 5.10. Notwendigkeit 195 5.11. Disjunktion 196 5.12. Konjunktion 198

6. Kritik an Fichtes Begründung der logisdien Sätze und Konstanten 6.1 Nur immanente Widerlegung 199 6.2 (zu 2.) Das Zirkelproblem ist nicht gelöst 200 6.3 (zu 3.) Einige immanente Kritiken an Fichtes Theorie der ersten Grundsätze 202 6.31 (zu 3.11) Zu Grundsatz 1 und zur Identität 202 6.32 (zu 3.2) Zu Grundsatz 2, 204 6.33 (zu 3.3) Zu Grundsatz 3, 204

184

207

7.6

(zu 5.6) Thetisches, unendliches Urteil 209 7.7 (zu 5.7) Allgemeinurteil 210 7.8 (zu 5.8) Partikuläres Urteil 211 7.9 (zu 5.9) Problematische „Urteilsform" 212 7.10. (zu 5.10.) Notwendigkeit des Urteils 212 7.11. (zu 5.11.) Disjunktion 213 7.12. (zu 5.12.) Konjunktion 214

8. Ergebnis: Fichtes Deduktion logischer Partikeln scheitert . . . .

214

Inhaltsverzeichnis

XVII

X I I . Die B e g r ü n d u n g der logischen Satzformen bei Schelling

216

1. Schellings Deduktion der logischen Konstanten aus der Wissenschaftslehre

216

1.1 1.2 1.21 1.22 1.23 1.24 1.25 1.3 1.31 1.32 1.321 1.322 1.323 1.33 1.331 1.332 1.333 1.34 1.341 1.342 1.343 1.35 1.351 1.352 1.353 1.4

1.41 1.42 1.421

Die ersten Grundsätze wie bei Fichte 216 Die logischen Grundsätze 217 Satz der Identität 217 Satz des Widerspruchs 217 Satz des Grundes 217 Satz der Disjunktion 218 Ziel der Herleitung 218 Die logischen Konstanten (Satzformen) 218 Thetische und identische Sätze 218 Satzformen der Qualität 219 Bejahende Sätze 219 Verneinende Sätze 219 Unendliche Sätze 220 Die Satzformen der Relation 220 Kategorische Form 221 Hypothetische Form 221 Disjunktive Form 221 Die Satzformen der Quantität 221 Einzelsätze 221 Satzformen der Vielheit 221 Allsätze und „allgemeine Sätze" 222 Zur Modalität 222 Form der Möglichkeit 223 Form der Wirklichkeit 223 Form der Notwendigkeit 224 (zu 1.) Kritik an Schellings Herleitungsversuchen der ersten Periode (Wissenschaftslehre) 224 (zu 1.1) Grundsätze — Kritik wie gegen Fichtes Begründung 224 (zu 1.2) Kritik an Sdiellings Begründung der logischen Grundsätze 225 (zu 1.21) Zum Satz der Identität 225

1.422 1.423 1.43 1.431 1.432 1.4321 1.4322 1.4323 1.433 1.4331 1.4332 1.4333 1.434 1.4341 1.4342 1.4343 1.435 1.4351 1.4352 1.4353 1.5

(zu 1.22) Zum Satz des Widerspruchs 225 (zu 1.23-5) Zum Satz des Grundes und zum Satz der Disjunktion 225 (zu 1.3) Kritik an Schellings Herleitung der logischen Satzformen 226 (zu 1.31) Zu den thetisdien und identischen Sätzen 226 (zu 1.32) Zu den Satzformen der Qualität 227 (zu 1.321) Bejahende Sätze 228 (zu 1.322) Verneinende Sätze 228 (zu 1.323) Unendliche Sätze 228 (zu 1.33) Zu den Satzformen der Relation 229 (zu 1.331) Kategorische Form 229 (zu 1.332) Hypothetische Form 230 (zu 1.333) Disjunktive Form 230 (zu 1.34) Zu den Satzformen der Quantität 231 (zu 1.341) Einzelsätze 231 (zu 1.342) Satzform der Vielheit 231 (zu 1.343) Allsätze und „allgemeine Sätze" 232 (zu 1.35) Zur Modalität 232 (zu 1.351) Zur Form der Möglichkeit 233 (zu 1.352) Zur Form der Wirklichkeit 234 (zu 1.353) Zur Form der Notwendigkeit 234 Ergebnis: Schellings erste Herleitung der logischen Konstanten ist unhaltbar 235

2. Sdiellings Herleitung der Urteilsformen im „System des transzendentalen Idealismus"

235

XVIII 2.1 2.2 2.21 2.22 2.23 2.24

2.3 2.31 2.32 2.33 2.34 2.35 2.4 2.41

Inhaltsverzeichnis Der Ansatz des „transzendentalen Idealismus" 236 Ableitung der Kategorien 239 Substanz und Akzidens 239 Kausalität 240 Wechselwirkung 240 „Relation" als Grundkategorie — „Quantität", „Qualität", „Modalität" als nichtursprünglidie Kategorien 241 Die Ableitung der Urteilsformen 243 Kategorische Form 243 Hypothetische und disjunktive Form 243 Logische Formen der Quantität 243 Logische Formen der Qualität 243 Modalitätsformen 243 Kritik an der zweiten Sdiellingschen Herleitung der Urteilsformen 244 (zu 2.1) Kritische Bemerkungen zum Ansatz des transzendentalen Idealismus 244

2.42 2.421 2.422 2.423 2.424 2.43

2.431 2.432 2.433 2.434 2.435 2.5

(zu 2.2) Kritik an der Herleitung der Kategorien 247 (zu 2.21) Substanz und Akzidens 247 (zu 2.22) Kausalität 247 (zu 2.23) Wechselwirkung 248 (zu 2.24) Sind die Relationskategorien die einzigen „ursprünglichen"? 248 (zu 2.3) Kritik an Schellings Ableitung der Urteilsformen im „System des transzendentalen Idealismus" 249 (zu 2.31) Zur kategorischen „Form" 250 (zu 2.32) Zu den anderen logischen Formen der Relation 250 (zu 2.33) Zu den logischen Formen der Quantität 251 (zu 2.34) Zu den logisdien Formen der Qualität 251 (zu 2.35) Keine Modalitätsformen in der Logik? 252 Ergebnis: Auch Schellings zweite Herleitung der logischen Formen scheitert 252

3. Schellings Ableitung der Kategorien (und Urteilsformen) aus dem Unterschied zwischen Unendlichem, Endlichem und Ewigem 253 3.1 Schellings Ableitungsskizze 253

3.2 (zu 3.1) Kritik 254

4. Endergebnis: Schellings Deduktionsversuche sind unhaltbar

256

XIII. Die Deduktion der logischen Urteilsformen bei Hegel

257

1. Metaphysik und Logik in Hegels System. Die Idee einer philosophischen Begründung der Logik 257 1.1 Zwei Stadien 258

1.2 Immanente Kritik 259

2. Hegels Herleitung logischer Formen in der >Jenenser Logik< 259 2.1

Seinskategorien der >Jenenser Logik< 259

2.11

Qualität, Realität, Negation 259

Inhal tsverzeidinis 2.12 2.121 2.122 2.123 2.13 2.131 2.132 2.133 2.14 2.15 2.2 2.21 2.22 2.221 2.222 2.223 2.224 2.225 2.23 2.231 2.232 2.233 2.24 2.25 2.26 2.27 2.28 2.3 2.31 2.32 2.321 2.322 2.323 2.33

Quantität 259 Einheit 260 Vielheit 260 Allheit 260 Unendlichkeit als Substantialitätsverhältnis 260 Möglichkeit 261 Wirklichkeit 261 Notwendigkeit 261 Kausalitätsverhältnis 262 Wechselwirkung 262 Verhältnis des Denkens — Begriffskategorien der >Jenenser Logik< 263 Der „bestimmte Begriff" als Ineinander von Allgemeinem und Besonderem 263 Urteil 264 Subjekt 264 Prädikat 264 Kopula 264 Kategorische Urteilsart 265 Fallunterscheidung 265 Urteilsquantität 265 Allgemeines Urteil (Allurteil) 265 Partikuläres Urteil 266 Singuläres Urteil 266 Hypothetisches Urteil 267 Negatives Urteil 268 Unendliches Urteil 268 Disjunktives Urteil 269 Vollendung des Urteils und Ubergang zum Schluß 270 Kritik an Hegels Jenenser Herleitung der verstandeslogischen Formen 271 (zu 2.11) Qualität und Negation 271 (zu 2.12) Quantität 272 (2.121) Negative Einheit 272 (zu 2.122) Vielheit 273 (zu 2.123) Allheit 273 (zu 3.13) Ohne Verhältnisglied kein Substantialitätsverhältnis 273

XIX 2.331 2.332 2.333 2.334 2.335 2.34 2.341

2.342 2.3421 2.3422

2.3423 2.343 2.3431 2.3432 2.3433 2.344 2.345 2.346 2.347 2.348

2.35

(zu 2.131) Möglichkeit 274 (zu 2.132) Wirklichkeit 274 (zu 2.133) Notwendigkeit 274 (zu 2.14) Kausalitätsverhältnis 275 (zu 2.15) Widersprüche in Hegels Wechselwirkungstheorie 275 (zu 2.2) Ungesicherter Übergang zur Idealität 276 (zu 2.21) Widersprüche beim Verhältnis des Besonderen zum Allgemeinen und der Bestimmtheit zur Reflexion 277 (zu 2.22) Urteilsdefinition 278 (zu 2.221) Subjekt 278 (zu 2.222) Keine Subsumtion des Prädikats (Allgemeinen) unter das Subjekt (Besondere) 278 (zu 2.223-5) Kopula 279 (zu 2.23) Urteilsquantität 279 (zu 2.231) Allurteil 279 (zu 2.232) Partikuläres Urteil 280 (zu 2.233) Einzelurteil 282 (zu 2.24) Hypothetische Urteilsform 282 (zu 2.25) Zum negativen Urteil 284 (zu 2.26) Das sogenannte unendliche Urteil 286 (zu 2.27) Disjunktives Urteil 286 (zu 2.28) Die Notwendigkeit der Vereinigung der Urteile im Schluß ist nicht begründet 287 Ergebnis: Hegels Deduktion der logischen Konstanten in der >Jenenser Logik< scheitert 289

3. Hegels Deduktion logischer Formen in seiner späteren Logik 3.1 3.11

Hegels Seinskategorien der objektiven Logik 290 Sein und Qualität 290

3.12 3.2

Quantität 292 Die Kategorien des Wesens 295

289

XX 3.21 3.22 3.221 3.222 3.223 3.224 3.23 3.24 3.25 3.26 3.27 3.28

3.3 3.31 3.32

Inhaltsverzeichnis Wesen als Reflexion in sich 295 Reflexionsbestimmungen 296 Identität 296 Unterschied und Verschiedenheit 297 Gegensatz und Widerspruch 297 Grund und Bedingung 299 Unbedingtes, Sache und Existenz 300 Erscheinung, Ding, Eigenschaft, Materie 300 Das „wesentliche Verhältnis" 301 Absolute Wirklichkeit und absolute Form 302 Wirklichkeit, Möglichkeit, Notwendigkeit 303 Das absolute Verhältnis und seine Formen: Substantialität, Kausalität, Wechselwirkung 305 Der Begriff und seine Momente 306 Der allgemeine Begriff 308 Der besondere Begriff 309

3.33 3.4

3.41 3.411 3.412 3.413 3.42 3.421 3.422 3.423 3.43 3.431 3.432 3.433 3.44 3.441 3.442 3.443 3J

Das Einzelne 310 Die Arten des Urteils. Das Urteil als begriffliche Beziehung zwischen Subjekt und Prädikat 311 Qualitatives Urteil (Urteil des Daseins oder der Inhärenz) 313 Positives Urteil 313 Negatives Urteil 314 Unendlicher Satz 315 Urteil der Reflexion (quantitatives Urteil, Urteil der Subsumtion) 316 Singulares Urteil 316 Partikuläres Urteil 317 Universelles Urteil 317 Urteil der Notwendigkeit 318 Kategorisches Urteil 318 Hypothetisches Urteil 318 Disjunktives Urteil 319 Urteil des Begriffs 320 Assertorisches Urteil 320 Problematisches Urteil 321 Apodiktisches Urteil 321 Die Schlußweisen 323

4. Kritik an Hegels Deduktion logischer Formen in seiner späteren Logik 4.1 4.11 4.12 4.2 4.21 4.22 4.221 4.222 4.223 4.224 4.23

(zu 3.1) Kritische Bemerkungen zu den Seinskategorien der objektiven Logik 324 (zu 3.11) Sein und Qualität 324 (zu 3.12) Quantität 328 (zu 3.2) Die Kategorien des Wesens 330 (zu 3.21) Wesen als Reflexion in sich 330 (zu 3.22) Reflexionsbestimmungen 332 (zu 3.221) Identität 332 (zu 3.222) Unterschied und Verschiedenheit 334 (zu 3.223) Gegensatz und Widerspruch 335 (zu 3.224) Grund und Bedingung 337 (zu 3.23) Unmittelbarkeit der Existenz? 338

4.24 4.25 4.26 4.27 4.28 4.3 4.31 4.32 4.33 4.4 4.41

(zu 3.24) Erscheinung, Ding, Eigenschaft, Materie 338 (zu 3.25) Das „wesentliche Verhältnis" 340 (zu 3.26) Absolute Wirklichkeit und absolute Form 341 (zu 3.27) Wirklichkeit, Möglichkeit, Notwendigkeit 343 (zu 3.28) Das absolute Verhältnis 345 (zu 3.3) Der Begriff und seine Momente 350 (zu 3.31) Der allgemeine Begriff 352 (zu 3.32) Der besondere Begriff 353 (zu 3.33) Das Einzelne 353 (zu 3.4) Kritik an Hegels Deduktion der Urteilsformen 354 (zu 3.41) Qualitatives Urteil 356

324

XXI

Inhaltsverzeichnis 4.411 (zu 3.411) Positives Urteil 356 4.412 (zu 3.412) Negatives Urteil 358 4.413 (zu 3.413) Unendlicher Satz 359 4.42 (zu 3.42) Formen der Reflexionsurteile 361 4.421 (zu 3.421) Singulares Urteil 363 4.422 (zu 3.422) Partikuläres Urteil 363 4.423 (zu 3.423) Universelles Urteil 364 4.43 (zu 3.43) Urteil der Notwendigkeit 366 4.431 (zu 3.431) Kategorisches Urteil 366

4.432 (zu 3.432) Hypothetisches Urteil 367 4.433 (zu 3.433) Disjunktives Urteil 368 4.44 (zu 3.44) Urteil des Begriffs 390 4.441 (zu 3.411) Assertorisches Urteil 371 4.442 (zu 3.442) Problematisches Urteil 372 4.443 (zu 3.443) Apodiktisches Urteil 373 4.Í (zu 3.5) Die Schlußweisen 375 4.6 Ergebnis: Hegels Herleitung der logischen Konstanten scheitert — audi im späteren Stadium 376

XIV. Fischers Herleitung der logischen Konstanten

378

1. Voraussetzungen

378

2. Subjektivität und Begriff

382

2.1 Das Allgemeine 383 2.2 Das Besondere 383

2.3 Das Einzelne 384

3. „Die Entwicklung der Urteile" — Urteilsformen 3.1 Einfädle Subsumtionsurteile (kategorische und positive) 385 3.2 Spezifizierende und einteilende Urteile 386 3.21 Negatives Urteil 386 3.22 Unendliches Urteil 386 3.23 „Divisives" Urteil („allgemeines" und „partikulares" Urteil) 387

385

3.3 Urteil der vollständigen Subsumtion (disjunktives Urteil) 388 3.4 Urteil der Begründung (hypothetisches Urteil) und Modalitäten 389

4. Begriffsbestimmung als Schluß

390

5. (zu 1.) Kritik an Fischers Voraussetzungen

390

6. (zu 2.) Kritik an Fischers Begriffstheorie

394

6.1 (zu 2.1) Das Allgemeine 395 6.2 (zu 2.2) Das Besondere 396

6.3 (zu 2.3) Das Einzelne 397

XXII

Inhaltsverzeichnis

7. (zu 3.) Kritik an Fischers Theorie der Urteilsformen 7.1 (zu 3.1) Einfache Subsumtionsurteile 399 7.2 (zu 3.2) Spezifizierende und einteilende Urteile 399 7.21 (zu 3.21) Negatives Urteil 399 7.22 (zu 3.22) Unendliches Urteil 399

398

7.23 (zu 3.23) „Divisives" Urteil 400 7.3 (zu 3.3) Urteil der vollständigen Subsumtion 401 7.4 (zu 3.4) Urteil der Begründung und Modalitäten 401

8. (zu 4.) Anmerkung zu Fischers Schlußtheorie

402

9. Ergebnis

403

XV. Trendelenburgs Deduktion der logischen Urteilsformen

404

1. Die „konstruktive Bewegung" als Vermittlungsprinzip zwischen Sein und Denken

404

2. Begriff und Urteilsformen

405

2.1 Prädikat und Subjektbegriff — Die subjektlosen Grundurteile 405 2.2 Form und Funktionen des Begriffs 406 2.3 Urteile des „Inhalts" und des „Umfangs" 407 2.31 Kategorische und disjunktive Urteilsform 408 2.32 Hypothetische Urteilsformen 408

2.33 Bejahendes und verneinendes Urteil 409 2.34 Urteilsformen der Modalität 410 2.35 Quantitätsformen 411 2.36 Umfangsurteile 411 2.37 „System" der Urteilsformen 412

3. (zu 1.) Kritik an Trendelenburgs Vermittlungsprinzip

412

4. (zu 2.) Begriff und Urteilsformen

414

(zu 2.1) Prädikat und Subjektbegriff. Die subjektlosen Grundurteile 415 4.2 (zu 2.2) Form und Funktionen des Begriffs 416 4.3 (zu 2.3) Urteile des „Inhalts" und des „Umfangs" 417 4.31 (zu 2.31) Kategorische und disjunktive Urteilsformen 419 4.32 (zu 2.32) Hypothetische Urteilsformen 419

4.1

4.33 (zu 2.33) Bejahendes und verneinendes Urteil 420 4.34 (zu 2.34) Urteilsformen der Modalität 421 4.35 (zu 2.35) Quantitätsformen 422 4.36 (zu 2.36) Umfangsurteile 423 4.37 (zu 2.37) Unvollständigkeit und Ergebnis 424

XXIII

Inhaltsverzeichnis

XVI. D i e Begründung der Urteilsformen bei Ulrici 1.1

Voraussetzungen: Denken, Begriffe 425 1.2 Urteilen 426 1.3 Die Urteilsformen 427 1.31 „Das einzelne Urteil des Inhalts" 427 1.32 „Das einzelne Urteil des Umfangs" 427

1.33 „Das allgemeine Urteil des Inhalts" 428 1.34 „Das allgemeine Urteil des Umfangs" 428 1.4 Vollständigkeit 428

2. Kritik an Ulricis Deduktion 2.1

2.2

(zu 1.1) Unterscheidung, Allgemeinheitsform, Wesenheitsbegriff 428 (zu 1.2) Urteilsdefinition als unzulässige Einschränkung 429

425

428 2.3

2.4

(zu 1.3—1.34) Ulricis Urteilsformen und ihre logische UnUnterscheidbarkeit 430 Ergebnis und Unvollständigkeit 431

XVII. Lotzes Versuch, die Urteilsformen herzuleiten .

432

1. Voraussetzungen

432

2. Begriffsformen

433

3. Urteilsformen

436

3.1 3.2 3.3

Impersonales Urteil 438 Kategorisches Urteil 439 Partikuläres Urteil 439

3.4 3J 3.6

Hypothetisches Urteil 441 Generelles Urteil 442 Disjunktives Urteil 443

4. Kritik an Lotzes Begründung der Urteilsformen 4.1

(zu 1.) Zu Lotzes Voraussetzungen 443 4.2 (zu 2.) Begriffsformen 444 4.3 (zu 3.) Urteilsformen 446 4.31 (zu 3.1) Impersonales Urteil 447 4.32 (zu 3.2) Kategorisches Urteil 448 4.33 (zu 3.3) Partikulares Urteil 448

4.34 (zu 3.4) Hypothetisches Urteil 450 4.3} (zu 3.5) Generelles Urteil 451 4.36 (zu 3.6) Disjunktives Urteil 451 4.4 Vollständigkeit und Ergebnis 452

443

Inhaltsverzeichnis

XXIV

XVin. Cohens Deduktion der Urteilsformen

453

1. Logik als Formensystem der „reinen Erkenntnisse"

453

2. D a s Urteil und die Kategorien

454

3. P r i n z i p der Herleitung der Urteilsformen aus der F u n k t i o n und Aufgabe der Wissenschaften

456

3.1 3.11 3.12 3.13 3.2 3.21 3.22 3.23 3.3

Urteile der Denkgesetze (Qualität) 457 Urteil des Ursprungs 547 Urteil der Identität 458 Urteil des Widerspruchs 458 Urteile der Mathematik (Quantität) 459 Urteil der Realität 459 Urteil der Mehrheit 460 Urteil der Allheit 462 Urteile der mathematischen Naturwissenschaft (Relation) 464

3.31 3.32 3.33 3.4 3.41 3.42 3.43 3..5

Urteil der Substanz 464 Urteil des Gesetzes 465 Urteil des Begriffs 467 Urteile der Methodik (Modalität) 470 Urteil der Möglichkeit 470 Urteil der Wirklichkeit 471 Urteil der Notwendigkeit 472 Revidierbarkeit, Ergänzbarkeit und umfassende Bedeutung dieser Herleitung 475

4 . (zu 1.) K r i t i k an Cohens Grundtheorie

475

5. (zu 2.) K r i t i k an der Theorie über den Zusammenhang v o n Urteil und K a t e g o r i e

477

6. (zu 3.) K r i t i k an Cohens Herleitung der Urteilsformen

479

6.1 6.11 6.12 6.13 6.2 6.21 6.22 6.23 6.3

(zu 3.1) Urteile der Denkgesetze (Qualität) 480 (zu 3.11) Urteil des Ursprungs 480 (zu 3.12) Urteil der Identität 481 (zu 3.13) Urteil des Widerspruchs 482 (zu 3.2) Urteile der Mathematik (Quantität) 483 (zu 3.21) Urteil der Realität 483 (zu 3.22) Urteil der Mehrheit 484 (zu 3.23) Urteil der Allheit 486 (zu 3.3) Urteile der mathematischen Naturwissenschaft (Relation) 487

7 . Ergebnis

6.31 (zu 3.31) Urteil der Substanz 487 6.32 (zu 3.32) Urteil des Gesetzes 489 6.33 (zu 3.33) Urteil des Begriffs 491 6.4 (zu 3.4) Urteile der Methodik (Modalität) 493 6.41 (zu 3.41) Urteil der Möglichkeit 493 6.42 (zu 3.42) Urteil der Wirklichkeit 494 6.43 (zu 3.43) Urteil der Notwendigkeit 495 6.5 (zu 3.5) Einige Grundmängel 498

499

Inhaltsverzeichnis

XXV

XIX. Freges Rechtfertigung der „Gedankengefüge"

500

1. „Gedanken"

500

2. Die Verneinung als einstellige Fügung

502

3. Das System der zweistelligen Junktoren

503

3.1 Konjunktion 503 3.2 Negatadjunktion (Sheffers Unverträglichkeitsjunktor) 503 3.3 Negatkonjunktion (Peircesdier Junktor) 504

3.4 Adjunktion 504 3.5 (Konverse) Subtraktion 504 3.6 (Konverse) Subjunktion 504

4. Vollständigkeit und Aufbau höherstelliger Gedankengefüge 505 5. Kritik an Freges Rechtfertigung der Junktoren 5.1 5.2 5.3

(zu 1.) Zur Theorie der „Gedanken" 505 (zu 2.) Die Verneinung 509 (zu 3.) System der zweistelligen Junktoren 510

505

5.31 (zu 3.1) Konjunktion 510 5.32 (zu 3.2-6) Andere zweistellige Junktoren 511 5.4 (zu 4.) Vollständigkeit 512 5.5 Ergebnis 513

XX. Wittgensteins Begründung der logischen „Satzzeichen"

514

1. Die Abbildtheorie Wittgensteins

514

2. Logischer Atomismus: Elementarsätze und Wahrheitsfunktionen 517 3. Das System der Wahrheitsfunktionen als logischer „Satzzeichen" 518 4. Kritik an Wittgensteins Herleitung der Satzformen 4.1 4.2

(zu 1.) Zur Abbildtheorie 522 (zu 2.) Logischer Atomismus: Elementarsätze und Wahrheitsfunktionen 528

4.3

(zu 3.) Das System der Wahrheitsfunktionen als logischer „Satzzeichen" 533 4.4 Ergebnis 537

522

XXVI

Inhal tsverzeichnis

XXI. Die Begründung der logischen Konstanten in der operativen Logik Lorenzens

538

1. Begründung der logisdien Konstanten in der Kalkülgrundlegung der operativen Logik

538

1.1

Kalküle und Allgemeinzulässigkeit von Regeln 538 1.2 Die operative Begründung der logischen Konstanten 542 1.21 Subjunktion 542 1.22 Konjunktion 542 1.23 Adjunktion 543

1.24 1.25 1.26 1.3

Negation 544 Einsquantor 544 Allquantor 545 Die operative Auszeichnung der effektiven Logik vor der klassischen 547

2. (zu 1.) Kritik an der operativen Auszeichnung der logischen Konstanten unter dem Kalkülaspekt (zu 1.1) Zum Aufbau der operativen Interpretation und ihrer Begründung 548 2.2 (zu 1.2) Zur operativen Begründung der logisdien Konstanten 553 2.21 (zu 1.21) Subjunktion 553 2.22 (zu 1.22) Konjunktion 554 2.1

2.23 2.24 2.25 2.26 2.3

(zu 1.23) Adjunktion 554 (zu 1.24) Negation 556 (zu 1.25) Einsquantor 558 (zu 1.26) Allquantor 559 Ergebnis zur operativen Begründung unter dem Kalkülaspekt 561

3. Dialogische Begründung der logischen Partikeln 3.1 3.2

Dialoge und Spielregeln 563 Dialogische Einführung der logischen Partikeln 568 3.21 Konjunktion 569 3.22 Adjunktion 571 3.23 Einsquantor 572

3.24 3.25 3.26 3.27

(zu 3.1) Zur Bestimmung der Dialoge durch Spielregeln 581 5 4.2 (zu 3.2) Zur dialogisdien Einführung der logisdien Partikeln 588 4.21 (zu 3.21) Konjunktion 590 4.22 (zu 3.22) Adjunktion 591 4.23 (zu 3.23) Einquantor 592

4.24 4.25 4.26 4.27 4.3

563

Allquantor 573 Subjunktion 575 Negation 577 Vollständigkeit der „einfachen" zweistelligen Junktoren 578

4. (zu 3.) Kritik an der dialogischen Begründung der logischen Partikeln 4.1

548

581

(zu 3.24) Allquantor 592 (zu 3.25) Subjunktion 594 (zu 3.26) Negation 594 (zu 3.27) Zum Vollständigkeitsnachweis 595 Ergebnis zur dialogischen Begründung 597

Bedeutung der operativen Interpretationen für die apriorischsystematische Begründung der logischen Partikeln

599

Inhaltsverzeichnis

XXVII

XXII. Exkurs über Quantenlogiken

601

1. Verbandstheoretische Kennzeichnung

601

2. Interpretation mit Hilfe eines dreiwertigen Aussagenkalküls

603

2.1

(zu 2.) Kritik 604

3. Ontologisciie Begründung der Quantenlogik 3.1

(zu 3.) Kritik 608

4. Dialogische Begründung der Quantenlogik 4.1

606

611

(zu 4.) Kritik 614

X X n i . Ergebnis der Kritik an den behandelten Versuchen, die logischen Konstanten (Urteilsformen) zu deduzieren

619

Literaturverzeichnis

629

Verzeichnis und Erklärung der benutzten Symbole

636

Autorenregister

640

Sachregister

642

Lesetechnisches Literaturhinweise: Die in Klammern angegebenen Zahlen beziehen sich auf die laufenden Nummern des Literaturverzeichnisses, wenn sie von einem Schrägstrich / und der Seitenangabe gefolgt sind: (43/927). Wird dem jeweiligen Kapitel nur ein Werk des besprochenen Philosophen zugrundegelegt, so wird nach der ersten fettgedruckten Angabe der Kennzeichnungsnummer dieses Werkes (15) nur noch die gemeinte Seitenzahl (395) angeführt und eventuell durch römische Ziffern vor dem Schrägstrich die Bandnummer: (VI/397) oder (6, 11/522). Zahlen nach dem Schrägstrich / bedeuten stets Seitenzahlen. Wird ausschließlich aus e i n e m Band eines mehrbändigen Werkes des jeweiligen >Hauptphilosophen< zitiert, so wird der erste Verweis auf den Band fettgedruckt, z. B. (88, III) und auch die Bandnummer nicht mehr wiederholt. — Ein Semikolon trennt Verweise auf verschiedene Werke oder Querverweise. Die Seitenzahlen beziehen sich auf den zitierten Text zurück bis zur vorhergehenden Seitenzahl oder bis zum Kapitel- bzw. Abschnittbeginn. — In den Kritikabschnitten wurden solche Texte, die bereits im entsprechenden darstellenden Abschnitt zitiert und belegt worden sind, nicht nochmals durch Seitenangaben belegt. Zitierweise: Zitate aus Werken des jeweils besprochenen Philosophen sind durch „ " gekennzeichnet.1 Andere Zitate sind meist durch > < gekennzeichnet. Wird nur die Zeichenkombination oder die Struktur des Satzes gemeint, so wird fast immer mit , ' zitiert. Bei einzelnen Worten oder Ausdrücken aus zwei Worten wurden gelegentlich Flexionsendungen verändert und dennoch die Anführungsstriche „ " beibehalten. Große Anfangsbuchstaben wurden nach Erfordernis des hier dargestellten Satzes in kleine abgeändert oder umgekehrt. Zitate aus fremdsprachlichen Originaltexten wurden vom Verfasser übersetzt. Orthographie: Eine veraltete Schreibweise wurde fast stets der heute gebräuchlichen angeglichen, die Zeichensetzung meist nur dann, wenn die Gefahr eines Mißverständnisses vermieden werden sollte. Querverweise innerhalb (der Hauptkapitel) dieser Arbeit sind in Klammern angeführt und durch die Abschnittsnummern markiert — z . B . : (4.231). Auf andere Hauptkapitel verweisen deren römische Nummern (z. B. II 6.1). Hervorhebungen sind im Drude sämtlich durch Kursivschrift gekennzeichnet, selbst wenn sie im Original durch Sperrung oder Fettdruck erfolgten. Vielfach — insbesondere bei längeren Kapiteln — empfiehlt es sich, jeweils zu den Darstellungsteilabschnitten unmittelbar danach die zugehörige Kritik zu lesen. Die Hauptkapitel II bis X X I I sind so geschrieben, daß sie unabhängig voneinander gelesen werden können.

1

Außer den Kapiteln II und X X I I . In II wird die Begründung von anderen Autoren erst rekonstruiert. Diese Rekonstruktion vertritt die Begründung Kants und wird deshalb auch durch „ " zitiert. Im Kapitel X X I I gibt es keinen allein behandelten >HauptphilosophenKonjunktion< dargestellt werden. Vielen traditionellen Logikern galt ,und' nicht als eine originäre logische Partikel — hingegen sehr wohl die Disjunktion ,entweder . . . , oder . . W i e diese bezeichnet auch der Ausdruck ,daß c grammatisch eine ,Konjunktion'. Doch bedeutet er weder nach Ansicht traditioneller noch mathematischer Logiker eine logische Konstante. Aber auch er bezeichnet keine .deskriptive' Konstante, die einen Gegenstand benennt. Worin, wodurch unterscheiden sich logische Konstanten von anderen — bloß grammatischen? Wie kann man einem sprachlichen Ausdruck — etwa einer grammatischen Konjunktion — ansehen, ob er eine logische Konstante darstellt oder ob er keine logische Bedeutung besitzt? Wie zeichnet sich die Logik vor der Grammatik aus? Gibt es für die Trennung der logisdien von grammatischen Partikeln, für die Absonderung der Logik von der Grammatik ein sicheres, absolut gültiges Kriterium? Kann man die logischen Partikeln mit Sicherheit als logische kennzeichnen? Dazu genügt nicht der Hinweis, daß die Logik sich traditionellerweise auf die Behandlung der Partikeln wie ,und', ,oder', ,wenn . . . , so . . . ' beschränkt hat. Soll sich die Logik durch eine absolute Sicherheit, durch äußerste Prägnanz und durch ihren formalen Charakter prinzipiell gegenüber dem Bereich der Grammatik oder spezifischer Inhalte auszeichnen, so müßte dies eben durch ein Prinzip geschehen. Dieses Prinzip hätte zumindest eine theoretische Rechtfertigung zu bieten, im strengsten Falle sogar eine apriorische Herleitung der logischen Gesetze und Formen zu liefern. Auf Erfahrung kann sich die absolute Sicherheit logischer Gesetze nicht stützen. Sollen aber die Gesetze apriorisch hergeleitet, begründet sein, so dürfen sich auch nicht die logischen Instrumente, mit deren Hilfe sie dargestellt werden, in einer zufälligen, empirisch oder historisch vorgegebenen Bedeutung erschöpfen. Die Frage, ob die Logik insgesamt apriorisch, absolut gültig sei, einer Veränderung grundsätzlich entzogen bleiben müsse (wenn man vom äußeren Gewand ihrer jeweiligen Darstellung absieht) — diese Frage entscheidet sich wesentlich mit an der Lösung des Problems, ob die logischen Konstanten sich apriorisch rechtfertigen oder herleiten lassen.

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I. Einleitung

Dabei hat man den Zirkel zu umgehen, daß bei der Herleitung die abzuleitenden logischen Formen selbst schon vorausgesetzt würden. Die Verknüpfungskonstanten (Junktoren) der Logik sind es zunächst, die das logische Gerüst der Urteile bzw. Sätze bilden. Die Schlußformen etwa setzen sich erst aus diesen logischen Satzkonstanten, aus den logisdien >Urteilsformen< zusammen. Diese Urteilsformen stellen die logischen Grundkonstanten dar. Der Frage nach der apriorischen Begründbarkeit dieser Urteilsformen soll diese Arbeit nachgehen. Es liegen eine Reihe von Versuchen vor, die Urteilsformen philosophisch zu deduzieren. Diese im Laufe der Geschichte der Philosophie angegebenen Deduktionsversuche kritisch-systematisch zu prüfen, ist ein erster Schritt auf dem Wege zur endgültigen Lösung des Problems, ob die Urteilsformen philosophisch zwingend abgeleitet und als logische ausgezeichnet werden können. So behandelt diese Arbeit zwar vorliegende historische Lösungsversudie — aber unter kritisch-systematischem Ziel. Um dem jeweiligen Standort des diskutierten Autors gerecht zu werden, wird die Kritik vorwiegend immanent geleistet; das heißt, die Grundvoraussetzungen und die Ableitungen werden auf ihre innere Widerspruchsfreiheit, Lückenlosigkeit usw. innerhalb des theoretischen Systems des Autors geprüft. Wird von dieser Strategie abgewichen — und etwa eine These von neueren sprachlogischen Erkenntnissen her kritisiert, so erfolgt ausdrücklich ein Verweis auf die andersartige Stütze der Kritik. Die immanente Kritik steht aber überall voran. Sie hat den Vorteil, daß alle Autoren sie anerkennen — ja, manche (wie Fichte und Hegel) wollen nur sie als Instrument der Kritik zulassen. Ferner setzt sie nicht etwa selbst fragwürdige Positionen voraus. — Führt bereits die immanente Kritik zu dem Ergebnis, daß der diskutierte Deduktionsversuch scheitert, so ist damit schon ein systematisch sicheres negatives Ergebnis erreicht. Der Herleitungsversuch braucht dann eigentlich gar nicht mehr von anderer inhaltlicher Position her kritisiert zu werden. Diese Arbeit beschränkt die Untersuchung zunächst auf die Versuche in der deutschen Tradition, insbesondere des Deutschen Idealismus, die Urteilsformen apriorisch herzuleiten. Ergänzende Untersuchungen über andersartige — etwa zeitlich frühere, solche von fremdländischen Autoren oder von denen der Phänomenologen — sind zur abschließenden Erörterung des Gesamtproblems nötig. Hier kann nur eine Vorstufe zu dieser endgültigen Lösung erreicht werden. So liegt das Schwergewicht der Arbeit auf solchen Deduktionsversuchen, die von Autoren zur Zeit des Deutschen Idealismus oder in dessen Bannkreis geliefert wurden. Aber nicht alle diskutierten Deduktionen sind idealistisch. Es wurden auswahlweise auch einige repräsentative neuere Begründungsversuche in der Nachfolgezeit der Tradition (wie die von Frege, Wittgenstein, dem Operativismus und den >Quantenlogikernmateriale< Begründungsversuche, auf solche, welche die Urteilsformen, die logischen Grundkonstanten, durch Ableitung zu erzeugen suchen oder wenigstens eine apriorisch-einheitliche >Begründung< der logischen Partikeln durch Rechtfertigung aus einem Prinzip liefern sollen. Innerhalb der oben abgegrenzten Hauptperiode des Deutschen Idealismus beginnt diese Diskussion der Urteilsformenbegründungen mit dem Versuch Kants. Kant hat nicht nur als erster dieses Problem an eine zentrale Stelle seiner Philosophie gesetzt, sondern er hat die nachfolgenden Begründungsversuche angeregt und erheblich beeinflußt. Angeregt, weil er das Problem zwar aufrollte und als gelöst hinstellte und das Resultat, die Urteilstafel, als systematisch abgeleitet in dem Gesamtfortgang der »transzendentalen Deduktion< zu einem notwendigen Glied machte, aber dennoch selber keinerlei Herleitung der Urteilsformen angab, obwohl er behauptete, im Besitz einer solchen zu sein. — Beeinflußt hat seine Behandlung der Urteilsformen jene der Nachfolger unmittelbar deswegen, weil sie fast alle nahezu unverändert sein Resultat, die Urteilsformentafel in ihrer besonderen Gliederung, übernahmen und die Ableitungslücke in der Kantschen Lehre auszufüllen versuchten. Dabei kehrte sich freilich manchmal die Richtung der transzendentalen Deduktion um. Während Kant die Kategorien aus den Urteilsformen herleitet, beschreiten andere — wie etwa Fichte, Maimon, Schelling und Hegel — den umgekehrten Weg und deduzieren die Urteilsformen aus den Kategorien. In der unmittelbaren Nachfolge Kants sind allerdings die Logiker so weitgehend von seiner Darstellung abhängig, daß hier am wenigsten Variationen vorkommen, was das Resultat, die Urteilsformentafel, anbetrifft. Aber auch die Begründungen der Urteilsformen ähneln einander so sehr, daß hierbei nicht alle, sondern nur die wichtigsten repräsentativen oder aber abweichenden Versuche behandelt werden. Die meisten Autoren in der Nachfolge Kants bieten allerdings nur eine Einteilung, aber keine Begründung für die Urteilsformen. Die Kenntnis der zum Teil wenig bekannten Logikwerke darf hier nicht vorausgesetzt werden. Deshalb muß die Ableitung der Urteilsformen bei

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I. Einleitung

jedem Autor zunächst einmal dargestellt werden, bevor sie kritisch geprüft werden kann. Um die Darstellung säuberlich von der Kritik abzutrennen, folgt die kritische Diskussion insgesamt auf die geschlossene Darstellung der Deduktion. (Hegel und Schelling lieferten mehrere verschiedene Ableitungen. Hier mußte die Kritik an jede direkt angehängt werden.) Der Gedankenfluß der Ableitung wird außerdem so am wenigsten unterbrochen. So kann auch die Darstellung vom beurteilenden Leser am besten geprüft werden daraufhin, ob sie den Gedankengang des Autors hinreichend genau in Kürze wiedergibt. Jede Darstellung ist bereits Interpretation. Die Gefahr von Fehlinterpretationen liegt dann am nächsten, wenn die Formulierungen des behandelten Autors mehrere Deutungen zulassen — wie es z. B. bei Hegel oft der Fall ist. Sind alternative Interpretationen möglich, so ist oft gar nicht zu entscheiden, ob überhaupt eine oder welche der Interpretationen den Vorzug haben soll. Deshalb mußte häufig auf solche Alternativdeutungen hingewiesen werden, und eben deshalb wurden möglichst oft Formulierungen der Autors selbst zitiert. So ist die unvermeidliche Gefahr einer Mißinterpretation noch am geringsten. Eine Anmerkung zur Terminologie: Manche der behandelten Autoren verstehen unter ,Urteil' nicht die äußere sprachliche Form des Satzes, sondern Vorstellungsverknüpfungen, Begriffsverhältnisse, ideale Geltungsentitäten usw Andere hingegen verwenden die Ausdrücke .Urteilsformen' und ,Satzformen' in gleicher oder fast gleicher Bedeutung. Für mandi einen sind gerade >SätzeUrteile< bedeuten. Dabei wird von den Ausdrücken ,Urteil' und ,Satz' fast durchweg nidit >das konkrete Satzvorkommnis< bezeichnet, sondern etwas, was von allen gleichen Satzvorkommnissen realisiert wird (98/17): Durch die beiden Satzvorkommnisse: ,Ulf hebt den Eimer', und: ,Ulf hebt den Eimer', wird derselbe Satz ,realisiert'. Manche Autoren zählen auch noch andere grammatische Formen — wie: ,Der Eimer wird von Ulf gehoben' — logisch als denselben Satz. Aussagen mit Indikatoren (wie ,ich', ,jetzt', ,dort' usw.) unterscheiden die meisten hier behandelten Verfasser nicht von den Sätzen. D a man aber jede Aussage mit Indikatoren zu theoretisch vollständigen Sätzen ergänzen kann, wenn die Indikatorbedeutung sich ermitteln läßt, und da nur vollständige Sätze wissenschaftlich von Belang sind, mag man diesen Unterschied vernachlässigen (98/18). — Um aber wegen der Vielfalt der Terminologien nicht in Zitierungsschwierigkeiten zu kommen und nicht die Gefahr von Fehlinterpretationen zu erhöhen, werden hier die Ausdrücke ,Urteil', ,Urteilsform', ,Satz', ,Satzform' nicht global einheitlich festgelegt, sondern so verwendet, wie der im jeweiligen Kapitel behandelte Autor sie gebraucht. Die Definitionen der Verfasser für diese Ausdrücke werden jeweils angeführt.

I—II 1.

5

II. Die logischen Konstanten (Urteilsformen) im Kantischen System — rekonstruierte Ableitung 1. Die Frage nach der Vollständigkeit

der Kantischen

Urteilstafel

K A N T ( 4 9 , B oder A; 50) leitet seine reinen Verstandesbegriffe, die Kategorien, aus den Urteilsarten her; denn es sei „dieselbe Funktion", die die verschiedenen Begriffe in einem Urteil und verschiedene Vorstellungen in der Synthesis der Anschauungen vereine (B/104 f). Es entsprängen dieser Verstandestätigkeit daher gerade so viele reine Verstandesbegriffe, wie es Urteilsarten gibt. Soll die Einteilung der Kategorien vollständig sein, so muß nicht nur sie sich „systematisch aus einem gemeinschaftlichen Prinzip": „dem Vermögen zu urteilen", entwickeln lassen, sondern auch die der Urteilsarten (B/106).

Die reine Logik sieht „von allen Objekten der Erkenntnis" und deren Unterschieden ab. In ihr hat „der Verstand es mit nichts weiter als sich selbst und seiner Form zu tun" (B/IX, 78). Verstandestätigkeit ist Urteilen. Daher kann das „Vermögen" des Verstandes „gänzlich ausgemessen" (B/105), können die „Funktionen des Verstandes . . . insgesamt gefunden werden" (B/94), indem man die Urteilsarten „vollständig" aufzählt und entwickelt. Für die Vernunft sieht Kant gerade in der „gemeinen Logik ein Beispiel..., daß sich alle ihre einfachen Handlungen völlig und systematisch aufzählen lassen" (A/XIV). Kant liefert zunächst nur eine Kritik der reinen Vernunft als Entwurf zur Transzendentalphilosophie, nicht schon ein „vollständiges System" der Erkenntnismöglichkeiten. Er begnügt sich damit, deren „Stammbegriffe" „vollständig" herzuzählen (B/27), und meint, die vollständige Zergliederung der apriorischen Erkenntnis sei „leicht zu ergänzen" (B/28). So will er „vor Augen stellen", daß sich die Aufgabe, alle Urteilsarten vollständig darzustellen, „wohl bewerkstelligen lasse" (B/94). An anderen Stellen erhebt er den Anspruch, zuerst eine solche vollständige Einteilung, „ein logisches System" der „formalen Bedingungen aller Urteile" (50, IV/306), „eine vollständige Tafel reiner Verstandesfunktionen, die aber in Ansehung alles Objekts unbestimmt waren" (IV/323 f), „in dem Zusammenhange eines Systems" (XX/271) gegeben zu haben. Ihre „Vollständigkeit" ist „nur vermittelst einer Idee des Ganzen der Verstandeserkenntnis a priori und durch die daraus bestimmte Abteilung

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II. Kant

der Begriffe, welche sie ausmachen, mithin nur durch ihren in einem System möglich" (B/89).

Zusammenhang

Ein „System kann nicht durch Zusammenstellung, sondern nur durch Ableitung gemacht werden", nicht durch rhapsodische „Aggregate", sondern nur durch „eine Methode" (XVI/279). Denn ein System ist „die Einheit der mannigfaltigen Erkenntnisse unter einer Idee" und kann nur „architektonisch" durch „Ableitung von einem einigen obersten und inneren Zwecke" apriorisch gewonnen werden (B/860 f), „aus einem Prinzip" (B/673; IV/322). Eine solche systematische Erzeugung liefert natürlich eine Begründung der Urteilsfunktionen. Diese ermöglichen erst Erkenntnis. Doch „warum wir gerade diese und keine anderen Funktionen zu urteilen haben", warum also nicht andere Urteilsfunktionen Erkenntnis ermöglichen, dafür läßt sich nach Kant kein Grund angeben (B/146). Denn eine solche Begründung setzte die Verstandesformen schon voraus (XI/51) 2 . Audi „können" nach Kant „die logischen Funktionen der Urteile ü b e r h a u p t . . . , ohne einen Zirkel zu begehen, nicht definiert werden, weil die Definition doch selbst ein Urteil sein, also diese Funktionen schon enthalten müßte" (A/245).

2. Die transzendentale Einheit des Selbstbewußtseins und die Definition des Urteils Kant weist nur den Ausgangspunkt für diese Herleitung der Urteilsformen auf: den „Grundsatz der synthetischen Einheit der Apperzeption", der „das oberste Prinzip alles Verstandesgebrauchs" ist (B/136). Die Vorstellung „Ich denke" wird vom reinen, ursprünglichen Selbstbewußtsein hervorgebracht (B/132). Sie kann nicht aus der Wahrnehmung stammen, weil sie den einheitlichen Bezug der verschiedenen Anschauungen auf das erkennende Subjekt erst ermöglicht — und zwar dadurch, daß sie alle seine Vorstellungen (rein der Form nach) „begleiten können" muß und in aller Verstandestätigkeit dieselbe Vorstellung bleibt („analytische Einheit der Apperzeption"). Die „Ich denke"-Vorstellung kann also verschiedene andere Vorstellungen begleiten. Diese anderen Vorstellungen müssen als andere noch etwas von dem „Ich denke" „Verschiedenes an sich haben" (B/133 f). Deshalb läßt sich die analytische Einheit des Selbstbewußtseins nur denken, wenn man voraussetzt, daß das Subjekt überhaupt Vorstellungen (z. B. auch die „Ich-denke"-Vorstellung) zu anderen „hinzusetzen" kann (B/133). Die analytische Einheit des Selbstbewußtseins gründet also in einer ursprünglichen synthetischen Einheit der Apperzeption — genauer: darin, daß eine solche Verbindung im Bewußtsein vor allem bestimmten Denken möglich ist. Die ursprüngliche, reine Einheit des Selbstbewußtseins bewirkt so, daß alle Vor2

Den Hinweis auf diese Stelle verdanke ich Krüger (vgl. 6.1).

1.—3.

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Stellungen des Subjekts sich untereinander verbinden lassen, daß das Bewußtsein und das Selbst durchgängig eine Einheit bilden und daß Objekterkenntnis möglich ist (B/133—137). Die synthetische Einheit des Selbstbewußtseins nennt Kant daher „objektiv" (B/139). Sie ermöglicht erst die Verstandestätigkeit; denn der Verstand ist das Vermögen der Objekterkenntnis (B/137). Objekte aber werden erkannt, indem das Subjekt spontan (B/132) Vorstellungen vom Mannigfaltigen der Anschauung in einem Begriff vom Objekt verbindet — und zwar „ohne Unterschied" in verschiedenen Zuständen des Subjekts (B/142). Der Verstand faßt das Mannigfaltige im Denken zu einer (Objekt-)Einheit zusammen, d . h . : er urteilt. Denn die Funktion des Verstandes ist „die Einheit der Handlung, verschiedene Vorstellungen unter einer gemeinschaftlichen zu ordnen" (B/93). Definitionen: Urteil ist „die Art, gegebene Erkenntnisse" (hier: Begriffe, Urteile, auch Anschauungen (B/143)) „zur objektiven Einheit der Apperzeption zu bringen" (B/141). „Urteil" ist „ein Verhältnis, das objektiv gültig ist" (B/142). Urteilen ist eine „Handlung, durch die gegebene Vorstellungen zuerst Erkenntnisse eines Objekts werden" (IV/475). „Die Form aber eines jeden Urteils besteht in der objektiven Einheit des Bewußtseins der gegebenen Begriffe, d. i. in dem Bewußtsein, daß diese zueinander gehören müssen, und dadurch ein Objekt bezeichnen, in dessen (vollständiger) Vorstellung sie jederzeit zusammen angetroffen werden" (XVIII/386). „Die logische Form aller Urteile besteht in der objektiven Einheit der Apperzeption der darin enthaltenen Begriffe" (B/140), „vermittelst der analytischen Einheit" (B/105). Das letzte bedeutet: Die in den Begriffen als solchen gedachte Einheit begründet auch, daß das Subjekt sich eines einheitlichen Objektes bewußt werden kann. „ . . . die Möglichkeit der logischen Form alles Erkenntnisses beruht notwendig auf dem Verhältnis zu dieser Apperzeption . . . " (A/117). „Diese Einheit des Bewußtseins ist in den Momenten des Verstandes beim Urteilen enthalten, und nur das ist Objekt, worauf in Beziehung Einheit des Bewußtseins... der mannigfaltigen Vorstellungen a priori gedacht wird" (XVIII/387).

3. Fehlen der Ableitung



Kritiken

Kant fordert zwar, daß man an „die synthetische Einheit der . . . Apperzeption . . . allen Verstandesgebrauch, selbst die ganze L o g i k , . . . heften" müsse (B/134), und definiert das Urteil durch diese Einheit (2., Def.), aber er leitet nicht die verschiedenen logischen Urteilsfunktionen systematisch daraus her. Er führt auch entgegen der genannten Ankündigung (B/94) nur die Tafel der logischen Funktionen des Verstandes beim Urteilen an (B/95), ohne zu beweisen, daß keine weiteren Urteilsfunktionen möglich sind.

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II. Kant

Schon Mellin fragte Kant nadi diesem Beweis (XI/498). Fichte (20, VIII/362), Schelling (88, 1/105), Hegel (36, VIII/128 f; V/30 f, 52), Trendelenburg (105, 1/26 f, 333 f), Herbart (37, VII/57 f), K. L. Reinhold (81/448), Maimon (70/248, 250, 368, 372 ff) und Windelband (85/34) werfen Kant vor, er habe die Urteilstafel „auf einem heuristischen Wege", „von keinem Prinzip abhängig" „nur aus der Beobachtung genommen und so bloß empirisch aufgefaßt", „lediglich historisch aufgerafft". Die zitierten Kant-Stellen (1.) zeigen bereits, daß diese Vorwürfe an Kants Absicht vorbeigehen: Er besaß ein Programm und ein oberstes Prinzip, nach denen sich die Urteilsformen herleiten lassen sollten. Nur die Durchführung fehlt.

4. Reichs Rekonstruktion

der

Urteilstafel

Reich unternahm es, diese Lücke im Beweisgang der „Kritik der reinen Vernunft" auszufüllen. Überzeugend rechtfertigt er sein Voranschreiten im einzelnen an den Kantischen Texten und sieht sich nur selten genötigt, glaubhafte Analogien aus der Gewinnung der Kategorientafel heranzuziehen. Reichs Deutung trifft sehr wahrscheinlich Kants Absichten, wenn sich auch kein strenger Beweis dafür führen läßt. Ob Reichs Rekonstruktion der Kantischen Urteilstafel die einzige adäquate ist, bleibt — streng genommen — eine (nie eindeutig zu entscheidende) Interpretationsfrage. Wenn aber — wie diese adäquate Deutung — auch die Urteilstafel Kants selber nicht den strengsten Anforderungen genügt, um systematisch die Formen der Logik zu begründen, so braucht die Interpretationsfrage nicht beantwortet zu werden. Denn mit der Urteilstafel fiele auch jede andere Interpretation. Für Thema ist es nicht erheblich, ob die vordas rein kritisch-systematische liegende Herleitung der Urteilsformen historisch nachweislich von Kant selbst stammt oder nicht. Deshalb werde die Ableitung hinfort beiden Verfassern zugeschrieben. Reich entwickelt seine Rekonstruktion aus Kants Definition des Urteils (2.). 4.1

Modalität Die logische Form des Urteils (als die „objektive Einheit der Apperzeption der darin enthaltenen Begriffe", in der die formale Einheit des Urteils besteht) ermöglicht seine „objektive Gültigkeit", d. h. seine „notwendige Allgemeingültigkeit" (IV/298), bewirkt3 „die Möglichkeit der Wahrheit" (78/45). Diese Eigenschaft fügt zum Inhalt des Urteils nichts hinzu, sondern bezieht „nur den Wert der C o p u l a . . . auf das Denken überhaupt". Die letzten Bedingungen aber kennzeichnen die Modalität der Urteile (B/99 f). 3

Die Reidi-Kantisdie Ableitung wird hier im Indikativ referiert, obwohl sehr viele ihrer Schritte nicht zu halten sind (6.). Entsprechendes gilt für die Herleitungen in allen späteren Kapiteln.

3.-4.5

9

„Mit der Modalität hat die logische Reflexion über das Urteil überhaupt anzufangen" (78/59). 4.2 Assertorische

Form

Urteile sind in ihrer formalen Funktion, Vorstellungen zu vereinen, Regeln (IV/305; 78/64). Und: „Eine Regel ist eine Assertion unter einer allgemeinen Bedingung" (XVI/710). Also gilt: „Urteil überhaupt ist eine Assertion unter einer Bedingung" (78/66). Denkt man sich die Bedingung erfüllt, das Urteil objektiv gültig, so ist das assertorische Moment (unter der Urteilsfunktion Modalität) gewonnen. 4.3

Relation Außer auf der Anschauung beruht nach Kant (B/93) jedes Erkennen auf Begriffen, also auch alles Urteilen (denn Urteilen ist Gegenstandserkenntnis). In den Urteilen werden Begriffe (oder in zusammengesetzten Urteilen Urteile) durch das ursprüngliche reine Selbstbewußtsein und dessen Einheit „geeint" (78/46). Ihre Vorstellungen „gehören vermöge der notwendigen Einheit der Apperzeption in der Synthesis der Anschauungen zueinander . . ., sofern daraus Erkenntnis werden kann . . . " (B/142). Sie gehören also in der Vorstellung eines erkannten Objektes zusammen. Dieses besondere Verhältnis der Begriffe (oder der Urteile als Material für zusammengesetzte Urteile) untereinander ist die Relation des Urteils (78/46). 4.4

Kategorizität Nicht der Begriff allein liefert ein Urteil über einen Gegenstand, sondern erst das Verhältnis mehrerer Begriffe 4 . Dazu aber ist eine Bedingung dafür nötig, wie die Begriffe hier gebraucht werden; denn: „Die Verhältnisbegriffe . . . sind nichts anders als die Einheit des Bedingten und seiner Bedingung" (XVIII/222). Das letzte Material der Urteile sind nur Begriffe. Um ein Objekt zu erkennen, um urteilen zu können, kann daher als Bedingung für den Gebrauch eines Begriffs nur ein anderer Begriff dienen (78/46). Er fungiert als Subjekt (Bedingung) für den anderen Begriff, der die Funktion des Prädikats hat. Diese Verknüpfung beider macht „die Funktion des kategorischen Urteils" aus (78/47). 4.5 Hypothetisches Urteil Damit das erkennende Subjekt sich in allen seinen Urteilshandlungen „durchgängig" (B/133; 2.) der Einheit des reinen Selbstbewußtseins ver4

Denn der Begriff für sich bildet nur eine analytische Einheit (2.) von Vorstellungen, aber keine „objektive Einheit des Bewußtseins" (78/47). Die objektive Einheit kann das Idi erst mit Hilfe des reinen Selbstbewußtseins vollbringen, indem es anschaulich gegebenes Mannigfaltiges „in einen Begriff vom Objekt vereinigt" (B/139). Um Vorstellungen urteilend zu vereinigen, muß das Ich mehrere verschiedenartige Vorstellungen (und damit Begriffe B/93) verfügbar haben.

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II. Kant

sichern kann, muß es verschiedene kategorische Urteile (also selbst (zwei) „Verhältnisse von Begriffen" (Hervorhebung hinzugefügt, H . L.)) in einer objektiven Bewußtseinseinheit spontan verbinden können (78/48). Da diese Handlung überhaupt erst („zuerst" (2., Def.)) das Material zu einer Objekterkenntnis macht, muß man „davon abstrahieren", daß die beiden als Material dienenden Begriffsverhältnisse selbst Urteile sind, die in der objektiven Einheit des Bewußtseins gründen. D. h., man muß „unausgemacht lassen", ob sie schon einzeln wahr sind. Erst der „Zusammenhang" beider stiftet den Bezug auf Wahrheit oder Falschheit. Wie beim kategorischen Urteil erfordert auch dieses Verhältnis (zweier Begriffsverhältnisse) eine Bedingung dafür (4.4), wie aus den beiden zugrundeliegenden, nicht objektiv bestimmten Begriffsverhältnissen Objekterkenntnis entspringen kann. Das eine Begriffsverhältnis muß die Bedingung (der „Grund") sein dafür, daß das andere (die „Folge") wirklich einen Sachverhalt (als wahr oder falsch) kennzeichnet. Diese „Verknüpfung von zwei kategorischen Urteilen" durch ,wenn — so' bildet die „Funktion des hypothetischen Urteils" (78/49). Als ein Verhältnis gehört auch dieses Urteilsmoment zur „Relation". 4.6 Problematisches Urteil Diese Herleitung ergab zugleich: In einem zusammengesetzten Urteil muß die objektive Gültigkeit der als Material zugrundeliegenden Begriffsverhältnisse „unausgemacht" bleiben, damit das Gesamturteil „zuerst" objektive Einheit besitzt. Daraus folgt: Die Wahrheit eines kategorischen Urteils kann „unausgemacht" sein. Es ist dann ein problematisches Urteil (78/50). Es steht unter der „Modalität", weil es nur den Gültigkeitsgesichtspunkt, nicht aber den Inhalt des Begriffsverhältnisses betrifft (B/99 f; 4.1). Obwohl in ihm eigentlich nichts objektiv vereint wird, also gar nicht „geurteilt" wird, gehört seine Form doch notwendig zur Funktion des hypothetischen Urteils und folglich zum Urteilen überhaupt (78/50). 4.7

Disjunktion Weder das problematische Urteil selbst noch sein Auftreten im hypothetischen entscheidet etwas über das Verhältnis des einzelnen problematischen Urteils zu Wahrheit oder Falschheit. Nach Reich „müssen also problematische Urteile in einer anderen Verbindung gedacht werden können, so daß durch diese gerade das Verhältnis des einzelnen problematischen Urteils zu Wahrheit oder Falschheit bestimmt wird". Da das für ein isoliertes problematisches Urteil nicht gilt, da ferner das bloße Gegebensein von problematischen Urteilen (also gar nichts ihnen gegenüber Äußerliches) „zuerst" (2.) zur objektiven Bewußtseinseinheit gebracht werden muß, können nur „die gegebenen problematischen Urteile selber" „'in Gemeinschaft'" „einander wechselseitig bestimmen" (78/50), so daß sie „zusammengenommen" objektive Gültigkeit erzeugen. „Das Bedingte" stellen in diesem Verhältnis die problematischen Urteile selbst dar — als Glieder, die je alle anderen zum bedingenden Ganzen der Erkenntnis ergänzen, als einzelne

4.5—4.10.

11

aber einander ausschließen (B/99). Dieses „Entweder — Oder" liefert „die Funktion des disjunktiven Urteils" (78/51). Auch sie fällt unter die „Relation". 4.8

Apodiktizität Aus der Verknüpfung von bloß problematischen Urteilen entsteht im disjunktiven Urteil ein objektiv gültiges. „Eines der Glieder" einer (vollständigen) „Disjunktion muß wahr sein." Die logische Notwendigkeit (Apodiktizität) ist jene „objektive Gültigkeit, die mit der bloß problematischen unter gegebenen Bedingungen gesetzt ist" (78/51). Dieses Moment gehört zur „Modalität", weil es nur das Verhältnis von Gedanken untereinander „auf das Denken überhaupt" bezieht, jedoch nichts zum Inhalt hinzufügt (78/51; B/99f). 4.9 Verflechtung von Modalität und Relation Die Momente der „Modalität" und der „Relation" ließen sich „nur im Zusammenhang" herleiten. Sie sind eng miteinander verflochten (78/52). Auch bei Kant entspringen je ein Moment der Modalität und der Relation demselben logischen Grundsatz (XI/45). Der Satz des (zu vermeidenden) Widerspruchs handelt von kategorischen Urteilen. Diese müssen bereits „(als bloße Urteile) ihrer Möglichkeit nach" — also als problematische — jenem Satz entsprechen. Der Satz des (zureichenden) logischen Grundes betrifft hypothetische Urteile. Nur Urteile, die ihm genügen, können objektiv gültig — assertorisch — sein. Das Prinzip „der Ausschließung des Mittleren zwischen zwei einander kontradiktorisch entgegengesetzten" Urteilen (das >tertium non daturDas Kleid ist nichtrotCogito< Descartes', die erste, sicherste Grundlage sei, dies wurde bereits von Lichtenberg, Fichte und später von Husserl und Sartre mit gewichtigen Argumenten bezweifelt. Der Satz: ,Es ereignet sich Bewußtsein', scheint zunächst ein sicherer Ausgangspunkt zu sein. Die Zweifel am „Ich denke"-Prinzip gelten auch für die Begründung der Verbindbarkeit von „Vorstellungen" und für die Deduktion der Verbindungsformen: Kant meinte, daß die formale Verbundeinheit der Vorstellungen durch die analytische Einheit geliefert wird, wie sie das „Ich denke" konstituiert. Die zugehörige Behauptung, die Vorstellung „Ich denke" müsse jede beliebige Vorstellung des erkennenden Subjektes begleiten können, hat Kant aber nicht bewiesen. Er setzt diese schlicht als evidente Einsicht voraus, die jeder in der psychischen Erfahrung an jedem beliebigen vorgegebenen Satz selbst bestätigen kann. Denn dieser kann ja stets den Satz: ,Ich denke jenen Satz', zu dem vorgegebenen hinzufügen, etwa, indem er diesen Zusatz nachträglich denkt. Daß wir dieses stets können, ist entweder eine Verallgemeinerung aus einer begrenzten empirischen Erfahrung, die natürlich keine Notwendigkeit im Sinne Kants besitzt und dann zur apriorischen Begründung der logischen Formen jeglicher Erfahrung nicht ausgenutzt werden kann. Oder es ist ein bloßes allgemeines Postulat des unbeschränkten Denkzusammenhanges. Kant hat also nicht bewiesen, daß diese und nur diese formale, allzu intellektualistisch gesehene Verbindung der Vorstellungen durch das „Ich denke" die formale Erkenntniseinheit begründen bzw. tragen kann. Warum soll nicht auch eine andersartige analytische Einheit< die Einheit des Selbst oder auch eine Vorstellungseinheit darstellen können? Ob sich aus soldien anderen Ansätzen genau dieselben Urteilsformen ergäben wie bei Kant, das muß angesichts der folgenden schwerwiegenden Kritiken an der Herleitung, der Begründung und der Tafel der Urteilsfunktionen bezweifelt werden. Zumindest müßte Kant die Beweislast auf sich nehmen und zeigen, daß nur die „Ich denke"-Vorstellung die formale Verbindung in Urteilen leisten kann, oder, falls eine andere analytische Einheit der Apperzeption< möglich ist, daß diese genau zu denselben Urteilsformen führen müßte wie die durch das „Ich denke" gestiftete.

16

II. Kant

Ferner hat Kant nicht bewiesen, daß für jedes Subjekt dieselbe Verbindung durch das „Ich denke" den logischen Zusammenhang der Urteile bilden kann. Läßt sich die „Ich denke"-Vorstellung überhaupt intersubjektiv identifizieren? Die bloße sprachliche Benennung ergibt noch kein dafür hinreichendes Kriterium. Nicht einmal iwirasubjektiv ist die ebenso unreflektierte Voraussetzung Kants gesichert, daß die jeweiligen Instanzen von „Ich denke"-Sätzen oder den entsprechenden Vorstellungsakten eine und dieselbe Vorstellung, eben die eine „Ich denke "-Vorstellung darstellen. Denn auf Vorstellungen, Erlebnisse kann man nicht eindeutig zeigen. Hat die Rede von >dieser< bestimmten Vorstellung überhaupt einen greifbaren Sinn (112, 1/448 u. a.)? Der bloße Sprachgebraudi verlangt selber erst ein Kriterium dafür, daß in verschiedenen Anwendungsinstanzen des Ausdrucks 'Ich denke' dasselbe bezeichnet wird. Es ist sogar sehr fraglich, ob der Ausdruck überhaupt etwas bezeichnet, also so etwas wie einen abstrakten Gegenstand, eine Tätigkeit des Denkens, eine psychische Entität, genannt >VorstellungSatz< „Ich denke" unvollständig. Ich kann nicht denken, ohne etwas zu denken bzw. zu bezeichnen (soweit kann man Husserls Lehre von der Intentionalität der Bewußtseinsgegebenheiten zustimmen, ohne das durch den Ausdruck ,etwas' Gemeinte zu vergegenständlichen). Dieses gedachte >Etwas< und damit auch das, was der vollständige Satz bedeuten könnte, wäre in den unterschiedlichen Instanzen immer wieder verschieden. Daß ich zu verschiedenen Zeitpunkten von >der „Ich denke"Vorstellung< rede, ist nicht hinreichend dafür, den verschiedenen zu Sätzen vervollständigten Aussageformen ,Ich denke zur Zeit t x' einfach eine identische Vorstellung zu unterschieben. Die „Ich denke"-Vorstellung ohne jeden Zusatz ist also eine bloße Leerform und kann daher nicht eine solche vollständige Vorstellung darstellen, die als in allen verschiedenen Instanzen nachweislich identisches abgeschlossenes psychisches >Etwas< jeder anderen Vorstellung hinzugefügt werden kann und dadurch eine Bewußtseinseinheit fundiert. Die Einheit des erkennenden Subjekts dokumentiert sich für Kant in der analytischen Einheit durch das „Ich denke" und dadurch, daß „ich . . . mir . . . des identischen Selbst bewußt" bin „in Ansehung des Mannigfaltigen der mir in einer Anschauung gegebenen Vorstellungen, weil ich sie insgesamt meine Vorstellungen nenne, die eine ausmachen" (B/135). Hier scheint zunächst die Problematik der Indikatoren ,Ich', ,meine' usw. zu entstehen, daß diese keine Person kennzeichnen oder benennen, sondern nur in einer bestimmten Sprechsituation den jeweiligen Sprecher bezeichnen und demgemäß nicht zu einem Kriterium der Identität des Subjekts ausgenutzt werden können. (Diese Identität ist in der Selbstidentität des Sprechers auch bereits vorausgesetzt.) Doch würde Kant dies sicherlich abweisen; denn „ich" bedeutet für ihn in diesem Zusammenhang zunächst einfach erkennendes SubjektDeduktion der Urteilsformen abzulisten..., die er selbst nicht zufällig nirgends gegeben hat< (58 a/26). Gestützt auf die erwähnten Stellen (B/146; A/245; IV/318; XI/51), meint er: >Kant wollte für die Vollständigkeit seiner Urteilstafel keinen von einem Prinzip aus schrittweise fortschreitenden Beweis im Sinne Reichs . . . geben; denn er glaubte, daß ein solcher unmöglich sei< (58 a/6). Kants >bescheidenerer< >Beweis< sei unter bloß kritischem Rechtfertigungsaspekt zu sehen. Kant habe nur unter der in der Vernunft liegenden „Idee des Ganzen der Verstandeserkenntnis a priori" (B/89) eine kritisch-transzendentale Rechtfertigung bzw. Abgrenzung der Urteilsformen überhaupt allein durch Aufsuchen des „einigen obersten und inneren Zweckes, der das Ganze allererst möglich macht" (B/861), doch keine apriorische Erzeugungsbegründung der Urteilsformen liefern wollen (58 a/8 f, 14 f). Doch wenn der Passus B/146 gegen die metaphysische Deduktion der Urteilsformen durch Beweisen spräche, so richtete sich diese Stelle ebenso gegen die metaphysische Deduktion der Kategorien durch Beweise. Diese aber erkennt Kant an und führt sie durch (s. o.). Krügers Interpretation geht nun allerdings dahin, daß selbst diese metaphysische Deduktion der Kategorien nicht als systematische Herleitung aus einem Prinzip a priori (wie >aus einem AxiomGegebenen< aufgrund eines anderen >a priori Gegebenenc nämlich der Urteilstafel (58 a/11). Daß die „Idee des Ganzen" bei den Urteilsformen nur ein >Entscheidungskriterium für die Frage< sei, >welche Formen des Denkens die ursprünglichen und irreduziblen sindAxiom< als >Obersatz von Deduktionen bilde (58 a/14), >daß die synthetische Einheit der Apperzeption zwar der höchste Punkt der philosophischen Reflexion auf unsere Erkenntnis, aber nicht eine Quelle spekulativer Beweise sein kann< (58 a/24), daß daher die Urteilsformen >eben nur genannte aber >nicht abgeleitet werden können (58 a/12), scheint dem oben (1.) zitierten Ableitungsprogramm Kants dennoch zu widersprechen: denn Kant spricht ausdrücklich von der nur als sukzessiver zu verstehenden „Abteilung der Begriffe", die aus der obersten Idee bestimmt wird (B/89), und von der durch „Ableitung" gewonnenen „Einteilung des

21

6.1—6.2

Ganzen in Glieder", die im Ideeschema „a priori enthalten" sind und unterschieden werden (B/861 f). Krügers Interpretation ist zwar sicherlich mit der Kantschen Rechtfertigungstendenz vereinbar und daher plausibel. Nur vermag sie allein nicht Kants Behauptung zu decken oder zu sichern, daß die Urteilstafel nachweislich vollständig sei und daß die Urteilsfunktionen sich „völlig und systematisch aufzählen lassen" (A/XIV) und daß eben solche Vollständigkeit sich nur durch (aufzählende) „Ableitung" „aus einem Prinzip" beweisen lasse (1.; vgl. a. B/89, 94, 105, 673, 680 ff; IV/306, 322 ff; XVI/279 u. a.). Offensichtlich ist Kants Text hier nur mehrdeutig oder widersprüchlich zu interpretieren, wenn man nicht eine der konkurrierenden Deutungen einfach übergehen will. 6.2 (zu 4.1, 4.2, 4.6, 4.8) Zu den Urteilsfunktionen

der

Modalität

Hinreichende Bedingungen für die faktische Wahrheit aller Urteile anzugeben — das obliegt nicht der Logik. Deshalb kann sie gar nicht zwischen assertorischen und problematischen Urteilen unterscheiden. Dieser Gültigkeitsgesichtspunkt ist gar kein rein logischer (formaler), sondern höchstens ein metalogisch-semantischer — wenn nicht gar ein wissenschaftstheoretischmethodologischer (Verifikationsproblem). Kant selbst abstrahiert in der „allgemeinen . . . reinen Logik" „von allen empirischen Bedingungen, unter denen unser Verstand ausgeübt wird" (B/77). Zwischen problematischen und assertorischen Urteilen ließe sich nur auf Grund „empirischer Bedingungen" unterscheiden, auf Grund des erfolgten oder vollziehbaren oder nicht erfolgten Bestätigungsvorganges. Der Unterschied zwischen problematischen und assertorischen Urteilen ist also kein Unterschied in der rein logischen Form der Urteile. Jedoch spielte die „Form" des „problematischen Urteils" eine Hauptrolle in Reichs Ableitung des zentralen disjunktiven und des apodiktischen Urteils. Reich hat diese also nicht rein aus der logischen Form des Urteils begründet. Im übrigen beziehen sich nach Reich problematische Urteile als Teilurteile selbst gar nicht auf „die objektive Einheit der Apperzeption" der darin enthaltenen Begriffe. Nach Kants Definition (2.) wären sie dann gar keine Urteile (vgl. 78/50) und hätten keine besondere logische Urteilsform (6.4). Die formale Logik kann allerdings „apodiktische" Urteile vor anderen Urteilen auszeichnen, nämlich diejenigen, die formallogisch gültige Regeln ausdrücken. Ließe sich kein Urteil rein auf Grund seiner Form als („notwendig") gültig erweisen, dann müßte man mit allen anderen Urteilen auch die (formal)logisch folgerichtigen Regeln wie A-> A nur als nichtformal (also inhaltlich) gültig ansehen — oder ihnen die Eigenschaft >gültig< absprechen. Dann ließe sich überhaupt nicht zwischen logischer Gültigkeit (Folgerichtigkeit) und faktischer Wahrheit unterscheiden.

22

II. Kant

Die >materialanalytischen< Aussagen 12 zeigen hingegen, daß die notwendige Gültigkeit sich über den Bereich des rein Formallogisdien hinaus erstreckt; denn ihre Wahrheit gründet sich auf eine semantische >Inhaltsanalyse< (Stegmüller 98/292), auf Übersetzungs- und Bedeutungsregeln (Quine), >Bedeutungspostulate< (Carnap) oder Prädikatorenregeln. Notwendig wahre Aussagen insgesamt können also nur zu den >logisch wahrem Urteilen im weiteren (nidit ausschließlich formalen) Sinne zählen. Für alle drei Urteilsmodalitäten gilt: Die Arten ihrer Gültigkeit liefern die Unterschiede zwischen ihnen: Es handelt sich nicht um rein formale Unterschiede. Die Momente der Modalität bilden weder eine logische „Form" des Urteils (78/49 f), noch „gehören" sie „notwendig zur Form der objektiven Einheit meiner Gedanken", noch fügen sie überhaupt etwas zur logischen Form des Urteils hinzu — und auch nicht zum begrifflichen Inhalt« (23/5). Sie sind nur die Arten der Gültigkeit, also eine nichtformale, außerlogische Eigenschaft der Urteile. — Wenn aber die formallogischen Regeln zu den apodiktischen Urteilen gehören, dann müssen diese Urteile überwiegend zusammengesetzte sein, denn formallogische Notwendigkeit kennzeichnet einen Folgerungszusammenhang zwischen Urteilen. Als solche aber setzen sie die logischen Formen der Teilurteile bereits voraus.. Die von Kant definierte „logische Form" des Urteils ist also nicht die logische Struktur der Urteile im Sinne der formalen Logik, wie hier wieder deutlich wird (vgl. 6.1). Die formallogischen apodiktischen Urteile haben aber nicht einmal eine logische Sonderform der Apodiktizität im Sinne Kants. Denn obwohl sie „notwendige Allgemeingültigkeit" besitzen, drücken sie keine „Beschaffenheit des Gegenstandes" aus, dienen sie nicht zur Erkenntnis eines Objekts. Sie enthalten nämlich deskriptive Gegenstandskonstanten nicht wesentlich. Deshalb sind die apodiktisch-formallogischen Sätze gar nicht „objektiv" im Sinne Kants (6.1). Sie drücken gar keine „objektive" (gegenstandsbezogene und gegenstandsbestimmende) Einheit der Apperzeption der in ihnen enthaltenen Begriffe aus. D . h . : sie haben nach Kants Definition der logischen Urteilsform keine besondere logische Form. 12

Es ist bis heute noch nicht gelungen, die materialanaly tischen Aussagen exakt durch eine Vorschrift zu kennzeichnen, die angibt, wie sie mittels Ersetzung synonymer Ausdrücke durcheinander in formallogische Wahrheiten transformiert werden können. Eine derartige Kennzeichnung gestattet es nur, solche materialanalytischen Aussagen in formallogische Regeln überzuführen, die mindestens zwei deskriptive Konstanten wesentlich enthalten. Entsprechende Aussagen, die nur eine deskriptive Konstante wesentlich enthalten, sind nicht alle auf diese Weise als materialanalytisdi gültig nachzuweisen: z. B. nicht die materialanalytische Aussage: ,Für alle a und b gilt: Wenn a Vater von b ist, so ist b nicht Vater von a' (98a/189). Audi Kant würde diese Aussage sicherlich „analytisch" nennen.

6.2—6.3

23

Da die Momente der Modalität auch nicht „Einheiten" sind, die allein das Zusammenordnen von verschiedenen Vorstellungen erzeugt, so sind sie nicht einmal Urteils-„Funktionen" (2.) im Sinne Kants. In den Wissenschaften hängt die Modalität eines Urteils von seiner Beziehung zu dem Gesamtsystem der theoretischen Aussagen und von dessen Art (empirisch oder logisch-mathematisch) sowie von den Definitionen der Termini und vom Bestätigungsgrad des Systems oder des Urteils selbst ab. Alles dies umschreibt wic&ilogische Unterschiede. 6.3 (zu 4.4) Zur Kategorizität als Urteilsform Die Funktion des kategorischen Urteils setzt nach Reich einen Begriff „als Bedingung" voraus dafür, daß ein „anderer" „gebraucht" werden kann. Es ist klar, daß die „Bedingung" nicht hinreicht, um ein Urteil zu begründen, sondern nur notwendig ist. Das bloße Zusammensetzen zweier Begriffe, von denen der eine als Bedingung zählt, genügt nicht. Reich führt Kants Beispiele: „Der schwarze Mensch" und: „Der Mensch ist schwarz" (XI/347), an (78/40). Im ersten wird nach Kant subjektiv der „Begriff als bestimmt", im zweiten aber „objektiv" „die Handlung meines Bestimmens" gedacht. Die Copula-Funktion des Urteils kommt also als mindestens ebenso wichtige „Bedingung" des Urteils hinzu. Es müssen auch keineswegs zwei verschiedene Begriffe auftreten. Ein Urteil der Form ,A ist A' enthält nur einen Begriff A, allerdings tritt er zweimal auf. Daß ein Urteil entsteht, hängt also daran, daß mindestens zwei Leerstellen von je einem Begriff besetzt sind. Dabei kann derselbe Begriff mehrmals auftreten. Das Zustandekommen des Urteils hängt also nicht am Auftreten verschiedener Begriffe. Die Auszeichnung des Subjektes als „Bedingung" für den Gebrauch des Prädikatbegriffs trifft nur bei der Gruppe der Urteile zu, die die einfache rein prädikative Form ,A ist B' besitzen. Diese kategorische Form der nichtzusammengesetzten Urteile berücksichtigt die einfachen Relationsaussagen nicht — wie , x < y c . Warum nur eine Bedingung für den Gebrauch des Hauptbegriffes zum Urteilen nötig sein sollte, ist nicht einzusehen. Bei einer n-stelligen Relation sind alle n Bedingungen, daß die jeweiligen Argumentstellen besetzt sein müssen, um eine Aussage zu erzeugen, einander gleichgeordnet. Reichs Anspruch, die Frage negativ zu entscheiden, ob die moderne Logik zu Recht der traditionellen Logik eine logisch bloß „zufällige" „Auszeichnung des Subjekt-Prädikatverhältnisses" vorwirft (78/45), scheitert bereits hier. Der Fall einer (Subjekt-) „Bedingung" sticht nur dadurch hervor, daß mindestens eine solche „Bedingung" nötig ist, damit zusammen mit dem Prädikat überhaupt ein kategorisches Urteil entsteht. Doch diese Auszeichnung wurde nicht aus dem obersten Prinzip des Verstandesgebrauchs begründet und rechtfertigt es nicht, diesen Minimalfall als den allgemeinen zu präsentieren. Ferner könnte man in jedem — nicht nur im kategorischen — Urteil einen oder mehrere Subjektbegriffe als Bedingungen dafür anführen,

II. Kant

24

daß der (oder die) Prädikatbegriff(e) angewendet werden kann (können). Dieses Bedingungsverhältnis kennzeichnet also nicht die kategorischen Urteile ,A ist B'. Immerhin läßt sich Reichs Gedankengang auf allgemeinere Aussagenklassen ausweiten. Die Sprachlogik unterscheidet zwischen >Funktoren< (>unabgeschlossenen Sinnträgernandere Ausdrücke näher zu bestimmen (28/9)) und >Argumenten< (Ausdrücken, die ein Funktor ,näher bestimmt'). Die letzten und die obersten sprachlogischen Bausteine sind sinnabgeschlossene Argumente, die nie selbst als Funktoren stehen können: Namen und Aussagen. Bedingungen dafür, daß ein Funktor eine Aussage erzeugt, ist, daß Argumente alle Leerstellen des Funktors besetzen. Die Funktoren schachteln sich so ineinander. Die innersten Argumente müssen Namen sein. — Hier wird also nicht nur der zweistellige Copula-Funktor , . . . i s t . . a u s g e z e i c h n e t , sondern beliebige Funktoren kommen vor. Eine eindeutig interpretierte Aussage muß genau einen obersten aussageerzeugenden Funktor besitzen, der dem Prädikat des kategorischen Urteils entspricht. Als Bedingungen dafür, daß dieser oberste Funktor eine Aussage erzeugt, müssen alle Argumentstellen dieses Funktors und aller ineinandergeschachtelten Argumente besetzt sein. Alle diese Argumente vertreten die Subjektbedingung des kategorischen Urteils. Hier ist also die Einzahl der Bedingungen aufgegeben, allerdings auch die Form des bloß prädikativen kategorischen Urteils gesprengt. Schließlich stellen nicht nur die Argumente (Subjekte) Bedingungen f ü r das Zustandekommen der Aussage dar, sondern auch der oberste aussageerzeugende Funktor (das Prädikat) bedingt die Aussage. Es ist also willkürlich, wenn Reich hier die Bedingungen f ü r das Zustandekommen des Urteils mit der Bedingung für den Gebrauch des Prädikats gleichsetzt — und nur diese betrachtet. Für das Zustandekommen des Urteils nämlich sind Funktoren und die Argumente, Prädikat und Subjekt, Bedingungen. Außerdem könnte man durchaus Reichs Bedingungsfolge umkehren, indem man das Prädikat (aussageerzeugende Funktoren) als Bedingung ansieht dafür, daß der Subjektbegriff (die Argumente) „zur Erkenntnis eines Objekts" (78/46) gebraucht wird (werden). Dann wäre der Subjektbegriff „das Bedingte". Man sieht nicht ein, warum Reich mit dem „Gebrauch von Begriffen zur Erkenntnis" (78/46) (der eine Bedingung erfordert) nur den Prädikatbegriff meint. Reichs Ableitung der besonderen Form des kategorischen Urteils ist nicht zwingend. 6.4 (zu 4.5) Zum hypothetischen

Urteil

Ähnlich findet beim hypothetischen Urteil Reichs Beschränkung auf zwei zu verbindende kategorische Urteile keine Begründung. Immerhin könnte man in den Sätzen der Form: ,wenn A und B usw., so X', die Antezedensverbindung als ein Urteil auffassen (es hat dann allerdings nicht mehr die kategorische Form). Wie bei der Beschränkung auf zwei Begriffe beim kate-

6.3—6.4

25

gorischen Urteil ist auch diese Einschränkung nicht aus dem Prinzip des obersten Verstandesgebrauchs begründet, sondern die bloße Auswahl eines Mindestfalles: mindestens zwei Teilurteile müssen vorliegen. Die Kritik am Fall des kategorischen Urteils läßt sich noch weiter hierher übertragen: Damit ein hypothetisches Urteil zustande komme, ist der Gebrauch eines Folgesatzes eine ebenso wichtige Bedingung wie der (mindestens) eines Antezedenssatzes. (Selbst für den Gebrauch eines Antezedens ist Bedingung, daß ein Konsequens gegeben sei. Sonst kann der erste Satz nicht als Antezedens fungieren.) Im hypothetischen Urteil liefert ja nicht der Folgesatz Erkenntnis, sondern erst der „Zusammenhang beider ,Urteile'", wie Reich selbst betont (78/49). Deshalb dürfen nicht wie bei Reich die metalogischen Bedingungen dafür, daß die Form eines hypothetischen Urteils zustandekommt, verwechselt werden mit der semantischen Wahrheitsbedingung des Folgesatzes allein (der „Bedingung der wirklichen (gültigen) Beziehung" des Folgesatzes „auf ein O b j e k t " (78/49)) 1 3 . Nur in diesem letzten Fall wäre der Folgesatz bloß „Bedingtes". Aber auch dieser Fall sondert noch keineswegs das hypothetische Urteil aus der Vielzahl anderer heraus. Bei allen mehrstelligen Junktoren (auch z. B. beim disjunktiven Urteil) sind die Wahrheitsbedingungen eines Teilsatzes auf die der anderen bezogen: Das .Entweder A oder B ' gilt nur unter der Bedingung für B, daß A den entgegengesetzten Wahrheitswert hat. Auch hier ist „der eine , G e d a n k e * . . . die Bedingung für den Gebrauch des anderen zur (möglichen) Erkenntnis" (78/49). Wollte man hierdurch wie Reich allein das hypothetische Urteil kennzeichnen, indem man das Antezedens als Bedingung für die objektive Gültigkeit des Konsequens auffaßt, so müßte man über das logische Schema der Zueinanderordnung, also über die Form des hypothetischen Urteils, bereits verfügen. Ferner: wenn Reich davon „abstrahiert", daß die Teilurteile „selbst schon auf die objektive Einheit der Apperzeption . . . bezogen" (78/49) seien, dann abstrahiert er nach der Urteilsdefinition auch davon, daß es sich bei ihnen um Urteile handelt. (Deshalb schreibt er ,Urteile' hier auch in Anführungsstrichen.) Nun wird aber nicht „erst durch den Zusammenhang beider , U r t e i l e ' . . . die Beziehung auf mögliche (Hervorhebung hinzugefügt, H . L.) Wahrheit gestiftet" (78/49). Auch die Teilurteile sind wahr oder falsch — zumindest möglicherweise. Und man kann davon nicht abstrahieren, weil diese Wahrheit oder Falschheit über die Wahrheit oder Falschheit des Gesamturteils entscheidet. Wenn A wahr und B wahr ist, ist die hypothetische Aussage , A - * - B ' in junktorenlogischer Deutung (8.) wahr. Die Wahrheit von 13

Selbst wenn man das gesamte hypothetische Urteil als rein wahrheitsfunktionellen Zusammenhang auffaßte, ergäbe sidi ein Unterschied zwischen den Bedingungen dafür, daß das Gesamturteil gilt, und den Fällen, in denen der Folgesatz wahr ist: Die Gesamtaussage gilt nämlich auch, wenn der Folgesatz falsch ist (falls nämlidi das Antezedens falsch ist).

26

II. Kant

,A->-B' wird als nidit allein von dem Zusammenhang gestiftet. Denn sie hängt auch von den Wahrheitswerten der einzelnen Teilaussagen ab. Kants Urteilsdefinition spricht gar nicht von einer Handlung, durch die gegebene Vorstellungen „zuerst Beziehung auf die objektive Einheit des Bewußtseins der in ihnen enthaltenen Vorstellungen bekommen" (78/49). Sondern bei Kant heißt Urteil „eine Handlung, durch die gegebene Vorstellungen zuerst Erkenntnisse eines Objekts werden" (2.). Die Beziehung auf mögliche objektive Bewußtseinseinheit ist nicht schon die Einheit selbst. Beide Formulierungen sind nicht gleichbedeutend, wie Reich meint. Wenn die Vorstellungen (die Teilurteile) auch erst im Zusammenhang die objektive Einheit des Bewußtseins finden, so haben sie doch auch als einzelne „Beziehung" auf diese Einheit, „Beziehung auf mögliche Wahrheit" (78/49; Hervorhebung hinzugefügt, H . L.). Hier ist Kant also falsch interpretiert worden. Insgesamt also hat Reich die Form des in seinem Gedankengang zentralen hypothetischen Urteils nicht zwingend aus der Urteilsdefinition abgeleitet. 6.5 (zu 4.7) Zur disjunktiven Urteilsform Ein problematisches Urteil läßt seine Wahrheit noch „unausgemacht" (4.6). Warum müssen die problematischen Urteile dann gerade in der besonderen „Verbindung" „der Disjunktion" stehen können, die das Verhältnis jedes „einzelnen" zur Wahrheit „bestimmt"? Audi das disjunktive Urteil läßt das volle Verhältnis des einzelnen Teilurteils zur Wahrheit offen. Es gibt nur einschränkende Bedingungen für die Gültigkeit an. Diese Bedingungen sind durch den (wahrheitsfunktionellen) Zusammenhang der Teilurteile untereinander (oder: durch die Wahrheitswerte der je anderen Urteile) bestimmt. Einen solchen Zusammenhang entwirft aber auch14 jedes hypothetische Urteil: Das Konsequens kann nicht falsch sein, wenn das Antezedens gilt. Auch dort schränken sich die Wahrheitsbedingungen der Einzelurteile wechselseitig ein. Man könnte meinen, das disjunktive Urteile zeichne sich dadurdi aus, daß die wechselseitige Bestimmung eineindeutig ist: Der Wahrheitswert jedes Gliedes bestimme eindeutig den jedes anderen. Aber erstens ist diese Eineindeutigkeit — wie vorher erwähnt — nicht schon dadurdi begründet, daß „beliebige problematische Urteile" kein bestimmtes Verhältnis zur Wahrheit besitzen. Und zweitens besteht die Eineindeutigkeit nur im Falle des zweigliedrigen disjunktiven Urteils, jedoch nicht mehr beim dreigliedrigen ,Entweder A ist B, oder C ist D, oder E ist F'. Hier bestimmt die Falschheit eines Gliedes nidit die Wahrheit jedes anderen. N u r die Wahrheit eines Gliedes bedingt den Wert aller anderen. (Auch das jedoch zeichnet nicht das Ent14

Ebenso gilt das für alle Aussagen mit solchen mehrstelligen Junktoren, die überhaupt einmal aus mindestens einem falsdien Teilurteil ein wahres Gesamturteil erzeugen.

6.4—6.6

27

weder-Oder allein aus, sondern etwa auch die Äquivalenz.) Reich will und kann sich aber nicht auf den einzigen Fall der Eineindeutigkeit (den der zweigliedrigen Disjunktion) beschränken (er selbst gibt mehrgliedrige Disjunktionen an (78/53)). Denn Kant läßt ausdrücklich den Fall der Disjunktion mit mehr als zwei Teilsätzen zu (B/98 f). Ferner kennzeichnet die gleichwertige Stellung der Teilurteile, daß alle „einander wechselseitig bestimmen" (ohne Auszeichnung eines Gliedes), nicht nur die Disjunktion, sondern auch die Äquivalenz (und alle symmetrischen Junktoren). Schließlich bestimmen auch in anderen zusammengesetzten Urteilen die problematischen Urteile „zusammengenommen", „,im Ganzen' (,in Gemeinschaft') die wahre Erkenntnis" (78/50). Überall sind die Teilurteile Bedingung für das „Ganze der Erkenntnis". Die Relativität, mit der etwas als „Bedingung", ein anderes als „Bedingtes" bezeichnet wird (vgl. a. 6.3, 6.4), offenbart sich hier in folgendem: Reich nimmt die problematischen Teilurteile zusammengenommen als „Bedingung" für ihr Verhältnis zur Wahrheit (78/50). Andererseits nennt er diese Glieder „das Bedingte . . . in diesem Verhältnis" („zueinander und zugleich . . . zum Bewußtsein von Wahrheit") (78/51, 73). Ebenso schwer verständlich bleibt dabei, wie „das Ganze, das durch die Glieder bestimmt ist", „die Bedingung" „in diesem Verhältnis" sein soll. Die „Bedingung" soll also vom „Bedingten" „bestimmt" werden. So wäre also das „Bedingte" die „Bedingung" der „Bedingung". Reich hätte klarer zwischen diesen verschiedenen Bedingungsverhältnissen unterscheiden müssen. Es zeigt sich hier deutlich, wie unsicher es ist, das Untersuchungsergebnis sachlich auf die einsinnige Zuschreibung des Bedingungscharakters zu stützen. In einem sehr komplexen Zusammenhang wie hier sind meist auch andere Begründungsgänge möglich, weil die Teilergebnisse in enger Verflechtung einander wechselseitig bedingen. Insgesamt ist auch die Reich-Kantische Ableitung der Form des disjunktiven Urteils und seiner Einzigartigkeit nicht hinreichend begründet. Gerade das disjunktive Urteil aber diente dazu, das apodiktische (4.8) Urteil sowie Qualität (4.11.) und Quantität (4.12.) zu gewinnen. Mit diesem Hauptpfeiler fällt der ganze Beweis in sich zusammen. 6.6

(zu 4.12.)

Zur

Urteilsquantität

In der von Reich gewählten Form des disjunktiven Urteils (alle Gliedsätze haben dasselbe Subjekt) ergänzen nur die Umfänge des Prädikatbegriffes einander „zu der ganzen Sphäre der eigentlichen Erkenntnis vom Subjekt" (78/53). Das Verhältnis, das zwischen der „Sphäre eines jeden Teiles" und dem ganzen Umfang gedacht wird, wird also nur am Prädikatbegriff deutlich. Die Formulierung „in seinem ganzen Umfange" bezieht sich grammatisch auf „¡Gebrauch' eines Gedankens" (78/53), und das kann nur heißen (4.4): auf den des Prädikats. Dasselbe gilt für den Ausdruck: „in eingeschränktem Umfange". Denn der „Gedanke" soll „unter der gleichen Bedingung" (78/54) wie beim Allurteil gebraucht werden. Die Bedingung aber

28

II. Kant

ist das Subjekt (78/53; 4.4). Das heißt: Reich quantifiziert nicht den Subjektbegriff (wie die traditionelle Logik), sondern den Prädikatbegriff. Er gewinnt durch seine Ableitung zunächst also gar nicht die traditionelle Urteilsquantität, wie sie Kant vermutlich vorschwebte (B/96; XVI/640; aber B/379!). Erst wenn das gedachte Verhältnis zwischen den Umfängen der Teilprädikate und dem Gesamtprädikat wieder in einem neuen Urteil zur Einheit des Bewußtseins gebracht wird, ist ein üblich quantifiziertes Urteil gewonnen. Reich begründet aber nicht, daß man, um das disjunktive Ausgangsurteil formulieren zu können, notwendig dieses neue Urteil zu bilden hat, d. h., daß man das analytische Begriffsverhältnis von Teilen der Prädikatsphäre zum Gesamtumfang „auf die objektive Einheit der Apperzeption" (78/86) beziehen muß. Er selbst schreibt, die „logische Realität" des Quantitätsunterschiedes „als Funktion der Einheit gegebener Begriffe" sei „garantiert", „sofern (Hervorhebung hinzugefügt, H . L.) sie auf die objektive Einheit der Apperzeption bezogen sind" (78/86). Nur die Möglichkeit der Quantitätsform ist so eingesehen, nicht aber die Notwendigkeit.

7. (zu 5.) Kritik

an Reichs Versuch zu einem

Vollständigkeitsbeweis

Kant behauptet, daß „über die genannten formalen Bedingungen aller Urteile überhaupt, mithin aller Regeln überhaupt, die die Logik darbietet, keine mehr möglich" seien „und diese ein logisches System" ausmachten (IV/306). Die Urteilstafel sei vollständig. Ein logisches System ist nach Kant nur durch Ableitung zu begründen und als vollständig nachzuweisen (1.). Da Reichs Rekonstruktion von Kants Ableitung der logischen Urteilsformen aus der Definition des Urteils und dem Grundprinzip allen Verstandesgebrauchs sich an allen zentralen Punkten als nicht stringent erwies, ist also die Vollständigkeit der Urteilstafel im Sinne Kants und Reichs (78/57) nicht bewiesen. 7.1 Zur Frage der Vollständigkeit

der

Haupttitel

Daß sich die Vierzahl der Urteilsfunktionen notwendig aus dem „Schlüssel zu dem systematischen Zusammenhange der Urteilsmomente" (78/87), aus der Modalität, ergäbe, hat Reich nicht zwingend bewiesen. Eine Erklärung wie: „immanent stellt sich uns kein weiteres notwendiges Problem" (78/52), wenn man die Modalitäts- und Relationsformen hergeleitet habe, führt nicht weiter. Außerdem provozieren alle herausgehobenen Punkte, an denen Reichs Ableitung scheitert, notwendig weitere Probleme, wenn der Anspruch erhoben wird, daß der Beweisgang zwingend sei. Bei der Herleitung der Funktionen aus der „Modalität" (die selbst auch als solche auftritt, aber weder eine „Urteilsfunktion" noch eine „Urteilsform" (6.2) darstellt) hat Reich nicht nachgewiesen, daß keine anderen als

6.6—7.1

29

die abgeleiteten Funktionen daraus entspringen könnten. Daß Kants Urteilsfunktionen sich ergeben, reicht für den Beweis nicht hin. Denn: Reich wählt mehrmals unbegründet die einfachsten Spezialfälle der bis dahin gewonnenen Urteilsformen oder Materialien für den Fortgang aus: Zur Herleitung des kategorischen (4.4, 6.3) und des disjunktiven Urteils (4.7, 6.5) beschränkt er sich auf eine von mehreren möglichen Bedingungen (Subjektbegriff bzw. Antezedens). „Qualität" und „Quantität" entwickelt er aus dem Sonderfall des disjunktiven Urteils, in dem alle Glieder dasselbe Subjekt haben (4.11.— 4.12). Diese Einschränkungen sind berechtigt, um die Ableitung durchzuführen. Dann kann Reich aber nicht die Vollständigkeit der Urteilstafel nachweisen, indem er sich auf den Beweisgang selbst und dessen Schlüssigkeit beruft (78/88). Das wäre nur dann gerechtfertigt, wenn er bewiesen hätte, daß diese Spezialisierungen die logische Allgemeinheit des Verfahrens nicht einschränken können. D. h., wenn er gezeigt hätte, daß dadurch nicht andere mögliche Urteilsmomente ausgeschlossen wurden, die ohne die Beschränkungen vielleicht hätten entspringen können. Ein solcher Nachweis fehlt. Der bloße Verweis darauf, daß sich zwischen den verflochtenen „Titeln" „Modalität" sowie „Relation" einerseits und „Quantität" sowie „Qualität" andererseits ein „,Schnitt'" (4.10.) findet (78/88), der es nötig macht, die Funktionen beider Seiten verschieden zu behandeln, nützt hierbei nichts, weil die Einschränkungen zu beiden Seiten des „,Schnitts'" erfolgten. Auf beiden Seiten könnten dadurch Momente oder gar Funktionsarten zugleich verloren gegangen sein. Leitet sich wirklich — wie der „Satz vom >SchnittSokrateslogischen Konstanten^ In einem Individualbegriff wird durchaus, wie in jedem „gemeinsamen Begriff", eine Einheit des Bewußtseins verschiedener Vorstellungen gedacht. Auch Individualbegriffe sind „Vorstellungen, die zu möglichen Urteilen zubereitet sind, indem sie etwas überhaupt, was gegeben worden, als durch ein Prädikat erkennbar vorstellen" (XVIII/386). Also können auch mit ihnen Urteile formuliert werden. Indem die traditionelle Logik die Form der Einzelurteile aus der Logik ausschloß, fiel auch sie dem Platonischen, in der Philosophiegeschichte fortwirkenden Vorurteil zum Opfer, das >idealeSein< sei mit dem allgemeinen Sein< zu identifizieren (Stegmüller 97/202 f). Für die bloße Zugehörigkeit zur Logik ist aber der Unterschied zwischen dem Allgemeinen und dem Einzelnen unerheblich. Warum sollte der Satz: ,Die Röte ist eine Farbe', keine logisch geeignet zu behandelnde Urteilsform besitzen (logisch läßt er sich nicht genau wie ein Allgemeinurteil verwenden), während der Satz: ,Alles Rote ist notwendigerweise farbig', eine logische Form aufweist? Beide Sätze sind nur verschiedene (vom Logischen her gesehen gleichberechtigte 20 ) Umformulierungen des Satzes: „Rot' ist ein Farbausdruck'. Warum sollte die „Logik" (in mengentheoretisdier Fassung) nur den Anwendungsbereich der Mengeninklusion = umschreiben, während die f ü r das Verständnis dieser Beziehung grundlegende 21 Element-Klassen-Relation e ausgeschlossen bliebe? Außer der genannten Platonischen Auffassung findet sidi dafür kein Motiv. Auf diese jedoch den Unterschied zwischen >Logik< und >Außerlogischem< zu gründen, bleibt — wissenschaftstheoretisch gesehen — Willkür. Gehört auch die Form des unendlichen Urteils als eine Sonderform zur Logik? Kant stellt zu Recht heraus, daß hier formal dem Subjekt ein Prädikat zugesprochen wird, genau wie beim bejahenden Urteil (B/97). O b vor der Zusprechung das Augenmerk darauf gelenkt wird, daß alle Objekte in zwei Klassen aufzuteilen sind: in solche, denen das Prädikat zukommt, und in solche, die nicht darunter fallen, das ist logisch unerheblich. Es legt nur die inhaltliche Bedeutung des Prädikatbegriffs fest: Man kann ,nichtweiß' durch ,farbig oder nicht zum Bereich der Gegenstände gehörig' erklären. D a n n ist: ,Der Pullover ist farbig', statt: ,nichtweiß', ein bejahendes Urteil. ,Weiß' läßt sich mit ,nichtfarbig, soweit zum Bereich der Gegenstände gehörig* auswech20

21

Die Logik kann eine unter verschiedenen inhaltlich adäquaten Deutungen nur dann abweisen, wenn diese zu einem Widerspruch führt. Die erste Beziehung läßt sich durch die zweite definieren: A = B = Def. A x • x i A - + x s B . , aber nicht umgekehrt. { x ; } = A oder {xj} r i A = { x j setzten bereits die £-Beziehung voraus.

34

II. Kant

sein. Durch entsprechende sprachliche Konventionen läßt sich jedes bejahende in ein unendliches Urteil umwandeln. Umgekehrt kann man, indem man nötigenfalls neue Ausdrücke einführt, zu jedem unendlidien Urteil ein bejahendes finden, das zu ihm materialanalytisch (6.2) äquivalent ist. Die Umwandlung erfolgt unmittelbar (ohne andere formallogische Zwischenoperationen) durch sprachliche Bedeutungsanalyse oder Definition und durch bloße Substitution22. So ist also die Form des unendlichen Urteils nur eine sprachlich-grammatische, aber keine logische Sonderform. 8. Die Unvollständigkeit

der Kantischen

Urteilstafel

Aus allen kritischen Erwägungen folgt insgesamt: Reichs Nachweis, daß Kants Urteilstafel vollständig sei, ist nicht zu halten. Man muß nun weiterfragen, ob es überhaupt möglich ist, die Urteilstafel als vollständig zu erweisen. Wir sahen, daß die Momente der Modalität gar nicht zu den logischen Urteils formen oder -funktionen zählen können (6.2). Ferner stellen die unendlichen Urteile keine logischen Formen dar. Schließlich zeigte sich, daß auch die Teilurteile des disjunktiven und des hypothetischen Urteils bereits so zu denken sind, daß sie wahr oder falsch sind (6.4), daß sie schon „Beziehung auf mögliche Wahrheit" (78/49) besitzen müssen. Angesichts anderer zusammengesetzter Urteile „bemerkt" man deshalb keineswegs „leicht", daß Vorstellungsverbindungen in einem Urteil bloß im kategorischen, hypothetischen oder disjunktiven Urteil „zuerst eine solche Beziehung auf mögliche Wahrheit bekommen" (78/71). Eine solche Eigenschaft zeichnet die drei genannten Urteilsarten nicht vor Aussagenverbindungen mittels anderer logischer Junktoren aus, etwa vor der Adjunktion A v B, die immer dann wahr ist, wenn eine der oder beide Teilaussagen wahr sind. Auch bei den anderen Junktoren wird die explizite Beziehung auf Wahrheit „zuerst" durch die Verbindung der Teilurteile gestiftet, indem durch einschränkende Bedingungen gewisse Kombinationen von Wahrheitswerten der Teilurteile ausgeschlossen, andere zugelassen werden. Doch die »Beziehung auf mögliche Wahrheit< ist stets vorausgesetzt. Zunächst scheint nur die Konjunktion (das „kopulative" Urteil) eine Ausnahme zu machen. Reich erwähnt, hier sei für die Wahrheit des Gesamturteils bereits wirklich vorausgesetzt, „daß die einzelnen Glieder wahr seien" (78/71). Deshalb entstehe die objektive Gültigkeit der Gesamtaussage nicht erst durch die Zusammensetzung. Das Verhältnis des Gesamturteils zu Wahrheit und Falschheit ergibt sich aber tatsächlich auch hier erst durch die Kombination der Teilaussagen. Zu den „Wahrheitsbedingungen" gehört es 22

Das unendliche Urteil ist zwar auch jeweils einem negativen Urteil logisch äquivalent, doch nicht allein auf Grund einer bloßen Bedeutungsanalyse, sondern wesentlich erst auf Grund von zusätzlichen formallogischen Zwischenoperationen (über die einfache Substitution hinaus).

7.2—8.

35

ja auch, anzugeben, in welchen Fällen die Aussage falsch ist. (Sich nur auf die Fälle der Wahrheit zu beschränken, schränkte die Untersuchung unbegründet ein.) Einem Widerspruch von der Form A A —i A müßte und würde auch Kant den Wahrheitswert >falsch< zuordnen. Daher müßte auch er zugestehen, daß die Behauptung von ,A A -i A' sich von den untereinander unabhängigen Erörterungen der beiden Fälle A und - i A unterscheidet. Daher müßte auch er die Konjunktion zu den logischen Urteilsformen zählen (Hübner). — So kann man durchaus behaupten, die Konjunktion entwerfe gegenüber den Einzelaussagen eine neue logisdie Situation, obwohl die Gültigkeit der Einzelaussagen im konkreten Fall bereits über die Wahrheit oder Falschheit der Gesamtaussage entscheidet. Das letzte gilt aber — wie gezeigt (6.4., 6.5) — auch für das hypothetische und das disjunktive Urteil, ja, für alle junktoren-logischen Aussageverbindungen. Reich weigert sich zwar, diese „sog. logischen Grundverknüpfungen der heutigen sog. mathematischen Logik" mit seinen Aussageverbindungen wie dem disjunktiven oder hypothetischen Urteil gleichzusetzen (78/71). Da jedoch auch hier die Wahrheit oder Falschheit der Einzelurteile je nach der Art, wie sie sich miteinander verbinden, über die Wahrheit des Gesamturteils entscheiden (6.4), können die genannten Urteilsarten jedenfalls junktorenlogisch gedeutet werden, auch wenn Kant die Urteilsformen nicht als bloße Wahrheitsfunktionen versteht. Die so begründete Möglichkeit reicht angesichts des Mangels an zwingender Stringenz in Reichs Beweisen schon hin, die besondere Andersartigkeit der disjunktiven und der hypothetischen Urteile gegenüber den anderen junktorenlogisdien Aussageverbindungen als unbegründet abzuweisen. Beide Urteile haben auch junktorenlogische Funktion. Nicht nur alle anderen Junktoren, sondern auch die sämtlichen (abzählbar unendlich vielen) Formen von Aussagen, die durch Anwendung aller Junktoren schrittweise aufgebaut werden, müßten dann eigentlich als voneinander verschiedene Urteilsformen mit zu der Urteilstafel gerechnet werden. Es besteht kein Grund, nur die ein- und zweistelligen Junktoren auszuzeichnen. — Höchstens könnte man ein Minimalsystem von Junktoren samt einer Bildungsregel für die weiteren aussagenlogischen Verbindungen als axiomatische Repräsentanten der aussagenlogischen Formen in die Urteilstafel aufnehmen. Aber erstens wären mehrere solcher Minimalsysteme möglich: Außer dem Unverträglichkeitsjunktor (—i.A A B., Sheffer) leistet auch die Negatkonjunktion (—i A A —i B, Peirce) das Verlangte. Zwischen ihnen wäre nicht zwingend zu entscheiden. Für eine streng als die einzige hergeleitete Urteilstafel müßte das aber entschieden sein. Zweitens würde jene neue Urteilstafel anders aussehen als die Kantische. Denn diese enthält keinen von beiden Junktoren. Beide sprengten auch die Haupttitel der Tafel; denn sie verbinden in sich Momente der „Relation" und der „Qualität".

36

II. Kant

Aus all den hier genannten Gründen kann die Vollständigkeit der Kantischen Urteilstafel in der gegebenen Fassung nicht bewiesen werden. Denn sie enthält Momente, die gar keine rein logischen Urteilsformen oder -funktionen sind. Und sie läßt eine sehr große Menge an logischen Formen zusammengesetzter Urteile aus. Dieses Ergebnis hat sehr weitreichende philosophische Folgen: Kants korrelative Herleitung der Kategorien aus den Momenten der Urteilstafel nimmt ihren Ausgangspunkt also nicht von den Urteilsformen. Kants „transzendentale Deduktion" steht somit auf schwankendem Boden. Ob die Kategorientafel in der von Kant gegebenen oder einer anderen Form überhaupt zwingend abgeleitet werden kann — das ist eine Frage, die diese Arbeit nicht entscheidet. Solange keine eindeutige strenge Begründung der logischen Partikeln (und der „Urteilsformen") vorliegt, kann jedenfalls keine Kategorientafel mit Hilfe der Urteilsformen begründet und als vollständig erwiesen werden — insbesondere nicht Kants Kategorientafel mit Hilfe seiner Urteilstafel. Historische Untersuchungen machten es parallel zu diesen systematischen Kritiken sehr wahrscheinlich, daß Kant die Einteilung seiner Urteilstafel erst an Hand >der schon aufgestellten Kategorien durchgeführt« hat (Tonelli 104 a/ 150) 23 . Solche historischen Untersuchungen allein konnten freilich Kants „transzendentale Deduktion" der Kategorien weder widerlegen noch als undurchführbar erweisen, solange noch die Möglichkeit bestand, daß Kants Urteilstafel sich als streng begründbare und als einzig vollständige Einteilung der Urteilsformen erweisen könnte. Nachdem die gegebene Rekonstruktion der philosophischen Begründung dieser Urteilsformentafel durch Reich gescheitert ist und sich auch jede andere Rekonstruktion dieser Tafel 23

Tonelli wies an den Logikwerken des 18. Jahrhunderts nach, daß Kant sich nur bei den Momenten der „Qualität" und „Quantität" einigermaßen an traditionelle logische Einteilungen der Urteilsfunktionen gehalten hat (104a/151) — und mit Anlehnung an Lambert auch bei den Modalitäten, allerdings hier unter Aufgabe der drei Gegenformen wie >unmögliches< Urteil usw. ( 1 0 4 a / 1 5 3 f ) . Die Vierzahl der Haupttitel findet sich (etwas abweichend) allein bei Lambert (104a/151, 142). Die Urteilsformen der „Relation" treten in ihrer Dreizahl und unter dieser Benennung erstmals bei Kant auf — und zwar erst in seiner kritischen Periode. In den Vorlesungen (Blomberg 1771, Philippi 1772, X X I V 1,1/ 273 ff, 461 f) verwendete Kant selbst nodi eine stark abweichende Urteilsformeneinteilung (104 a/147—150). Insbesondere die Relationskategorien dürften erst den Leitfaden zur Einteilung der Urteilsformen der „Relation" gegeben haben ( 1 0 4 a / 1 5 2 ) . Eine Reihe von Urteilsformen, die Kant selbst früher als logische Grundformen angesehen hatte, läßt er in der kritizistisdien Urteilstafel als belanglose oder nicht rein logische Arten weg (104 a/157) — vermutlich, um die (vorher nur bei J. P. A. Müller und Feder zu findende) Parallelität zwischen Urteilsformen und Kategorien zu vervollständigen. Audi daß Kant um der Dreiteilung unter den Titeln der Qualität und Quantität willen die für ihn nicht rein logischen Urteilsarten des singulären und des unendlichen Urteils in die logische Urteilstafel aufnahm, stützt diese Parallelismusthese. Diese ist übrigens bereits von de Vleeschauwer vertreten worden (108 b/232, 244).

8.—9.11

37

als der Einteilung rein logischer Urteilsformen als unmöglich herausstellte, ist nun systematisch gesichert, daß weder Kants Weg noch ein anderer Weg zu einer philosophisch haltbaren transzendentalen Begründung dieser Kantischen Kategorientafel über Kants Urteilstafel führen kann.

9. Albrechts Versuch, Kants Urteilsformen

zu

deduzieren

Albrecht unternahm einen anderen Versuch, die logischen Formen der Urteile aus einer Urteilsdefinition „mit Kant in Übereinstimmung" (1/24) herzuleiten. Allerdings beschränkt er sich auf die Ableitung der Urteilsqualitäten und -quantitäten im kategorischen Urteil (1/28), meint aber, seine Gedanken auf „der Relation nach anders bestimmte Urteile" „übertragen" zu können. Ziel seiner Untersuchung ist „die Einsicht, daß die mathematische Logik, weit davon entfernt, ein der traditionellen Logik gegenüber konkurrenzfähiges Unternehmen zu sein, diese vielmehr" voraussetze (1/43) und bereits „inhaltliche Elemente" (1/37) enthalte. Daher sei die mathematische Logik ein „nicht mehr rein logischer Formalismus" (1/38), sondern in Kants Terminologie nur ein „ ,Organon'" „ ,des besonderen Verstandesgebrauchs'" (1/5) für die mathematische Grundlagenforschung. Nur dafür sei sie entwickelt und deshalb keine allgemeine Logik.

9.11

Urteilsdefinition

Albrecht wählt die Definition von Hilbert-Ackermann (40/3) zum Ausgangspunkt: „Unter einer Aussage ist jeder Satz zu verstehen, von dem es sinnvoll ist zu behaupten, daß sein Inhalt richtig oder falsch ist" (1/14). Diese Definition könne die traditionelle Logik zwar annehmen (1/15), aber Albrecht entscheidet sidi dafür, die Definition umzuändern in: „Ein Urteil ist eine entweder wahre oder falsche Vorstellungsverbindung" (1/16). Dies soll sich aus der ersten Definition ergeben, indem man nur „Aussage" durch „Urteil" und die „in Aussagen miteinander verknüpften Worte bzw. Zeichen durch die in Urteilen miteinander verknüpften .Vorstellungen'" ersetzt (1/16). Anscheinend faßt Albrecht diese Definition nur als sprachliche Umformulierung der ersten auf — fälschlich; denn in der ersten Definition ist unmittelbar nicht von einer „Verbindung" gesprochen. Ferner bezieht sie sich nur auf die Behauptung von Wahrheit oder Falschheit, sagt aber nicht, daß die Vorstellungsverbindung wahr oder falsch sei. Auch läßt Albrecht den Passus fort, daß es „sinnvoll" sei, die Wahrheit zu behaupten24 (1/20). 24

Wenn man bereits eine Wahrheitsdefinition angenommen hat (und das muß Albredits Urteilsdefinition voraussetzen), läßt sich oft aufgrund der bloßen Form eines Ausdrucks entscheiden, ob sich das Prädikat ,wahr' >sinnvoll< auf ihn anwenden läßt oder nicht. Enthält z. B. der Wahrheitsbegriff, daß sich dieses Prädikat nur auf abgeschlossene Sinnganze< (28/9) beziehen kann, die aus anderen Ausdrücken logisch hergeleitet werden können, so darf eine Aussageform mit Variablen nicht in seinen Anwendungsbereich fallen.

38

II. Kant

Schließlich (1/30) gesteht er, seine Urteilsdefinition sei ungeeignet „zur Begründung der Disziplin, die man heute Logik nennt". 9.12 Subjekt

und Prädikat

als Funktionen

von

Objektvorstellungen

Wenn eine Vorstellungsverbindung „wahr" oder „falsch" ist, so muß über etwas geurteilt werden, „dessen Vorstellung... nicht allein Produkt d e r . . . Verstandeshandlung sein kann"; denn Wahrheit bestehe darin, daß der Verstand in einer „angemessenen... Weise" urteile (1/16). Das Angemessensein könne sich nur in Bezug auf etwas dem Urteil gegenüber Selbständiges offenbaren, in Bezug auf die Vorstellung eines „Objektes" („Sachverhaltes"). „Wahr" nennt Albrecht ein Urteil, wenn es von einer Vorstellung, die in der Objektvorstellung enthalten ist, behauptet, sie sei mit der Objektvorstellung verbunden (1/17). „Die Objektvorstellung, mit der das Urteil eine andere Vorstellung verbindet, h a t . . . die Funktion des Subjekts". Die Vorstellung, die durch das Urteil mit der Objektvorstellung verbunden wird, übt „die Funktion des Prädikates" aus. Dies stimmt mit der Begründung des kategorischen Urteils bei Reich (4.4) überein. Albrecht läßt auch mehrere Objektvorstellungen zugleich „als mögliche Anwendungsfälle" zu. Er schließt also die mehrstelligen Prädikate ein, meint aber, aus der Unterscheidung zwischen ein- und mehrstelligen Prädikaten ließen sich „keine logischen Konsequenzen" ziehen (1/17 f). Der Unterschied sei nämlich bereits „inhaltlich" (1/37, 38) bestimmt. Den Relationen hänge ein „inhaltlicher Ballast" an. Es kommt aber „nicht mehr auf die verbundenen Vorstellungen, sondern die Art ihrer Verbindung" an (1/19). „Die von allem Inhalt entblößte Form dieser Vorstellungen" muß die „Verbindbarkeit verständlich machen" und sich „in der Urteilsform abzeichnen". 9.13 Verneinendes

Urteil

„Um als Prädikat mit einer anderen Vorstellung (Subjekt) im Urteil entweder wahr oder falsch verbunden werden zu können", „gehört zur Form einer solchen Vorstellung" stets, daß die Vorstellung auch dann objektiv gültig als Prädikat verwendet werden könne, „wenn sie selbst in der Vorstellung des Objekts, über das geurteilt wird, gar nicht vorkommt" (1/19 f). (Bedingung dafür, daß der Unterschied, ob eine Vorstellung wahr oder falsch gebraucht wird, nicht von deren Inhalt abhängt, ist, daß sie das unbestimmt läßt, „was in ihr selbst nicht enthalten ist" (1/20)). „Dann ist es völlig unproblematisch, eine Urteilsart einzuführen, die eine an sich denkbare, aber durch die entsprechende Objektvorstellung nicht zu rechtfertigende Verbindung in dem Sinne ,verneint', daß wir, statt zu sagen: der Gebrauch der einen Vorstellung als Prädikat in diesem Urteil sei zufolge der Objektvorstellung falsch, stets auch sagen können: ihr Gebrauch als Prädikat im entsprechenden verneinenden Urteil sei zufolge eben derselben Objektvorstellung wahr, und umgekehrt."

9.11—9.15 9.14

Bejahendes

39 Urteil

Wie das negative Urteil entspringt das bejahende, wenn ein Prädikat in einem verneinenden Urteil falsch gebraucht wird (1/20). 9.15

Quantität

(Relation,

Modalität)

Jeder Subjektbegriff kann in anderen Urteilen als Prädikat angewendet werden. Dann verhalten „sich die Anwendungsfälle der Subjektvorstellung hinsichtlich der Eigenschaft, auch solche der Prädikatvorstellung zu sein bzw. nicht zu sein, entweder gleichartig oder ungleichartig". Im ersten Falle ist das Urteil allgemein, im zweiten ein besonderes (1/21). Nach den so gewonnenen „Q«a/itäisbestimmungen" und „Quantitätsbestimmungen" des Urteils lassen sich entsprechend Albrechts „Vermutung" (1/22) auch die Relations- und Modalitätsmomente aus der Urteilsdefinition ableiten, wenn man „mehr als zwei Vorstellungen" objektiv gültig verbunden denkt. „Auf jeden Fall" gelinge das „im Anschluß an die . . . Konsequenzen aus unserer wirklich durchgeführten Analyse" (1/22). Dies beweist Albrecht allerdings nicht. Das Hauptstück der Arbeit zeigt: Um quantitative Urteile (deren Subjektbegriff nach Albrechts >Annahme< (1/28) als ein „Kollektivum" aufgefaßt wird) „verifizieren" zu können, muß die Vorstellung von der „Allheit" des Subjektbegriffes „die im entsprechenden allgemeinen Urteil gedachte Einheit der Verbindung von Subjekt- und Prädikatbegriff" enthalten und „sukzessiv erzeugt werden" können (1/30). Genau diesen Forderungen aber genüge „der Zahlbegriff" (1/30 f, 33). Die „Einheit kann allein der Verstand . . . stiften; sie ist u n s . . . allein in der Form des (traditionell! H . L.) quantitativ bestimmten Urteils faßbar" (1/32 f). „Der Zählakt besteht . . . gerade auch in der Feststellung der Gleichartigkeit der Anwendungsfälle des Subjektbegriffs im Hinblick auf den Prädikatbegriff". Die Urteilsquantität des mathematischen Logikers „setzt, was er ja zugibt" (Hilbert (39/266)), „die elementare Zahlvorstellung voraus, da sie als Summierung sogenannter elementarer Urteile gebildet vorgestellt wird. Die Zahlvorstellung ihrerseits enthält aber als Verstandesanteil die Einheit des quantitativ bestimmten Urteils im Sinne der traditionellen Logik" (1/34). Die Einheit des traditionellen quantitativen Urteils enthalte deshalb die Zahlvorstellung nicht (1/35). Es ergebe sich also, „daß der mathematische Logiker die Urteilsquantität in seine Logik gar nicht einführen kann, wenn er nicht die der traditionellen Logik voraussetzt" (1/34). Um die Allgemeinheit als „eventuell unendliche Konjunktion" auffassen zu können, müssen Individuenbereiche in die mathematische Logik eingeführt werden (1/36). Dies aber seien bereits „inhaltliche Elemente" (1/37). Auf diese und damit auf die besondere Form der Einzelurteile verzichte die traditionelle Logik zu Recht; denn „die logische Form der Begriffe, die den Logiker allein interessiert", gebe „keinerlei Anhaltspunkte, wieso ein Begriff ein Individuum bezeichnen könne . . . Erst der . . . Übergang von der Urteils-

II. Kant

40

quantität zur Zahl" gestatte „die Einführung von Individualvorstellungen" (1/35, 12) 25 . Erst die Widerspruchsfreiheit des entsprechenden logisdien Formalismus soll die All- und Existenzoperatoren über eine bloße „heuristische Analogie" hinaus rechtfertigen (Hilbert) (1/36). Diese „Verweisung" auf die Beweistheorie sei aber deshalb „inkonsequent", weil „die Logik mit der Urteilsqualität . . . allein und ohne Hilfestellung besonderer Theorien' ins Reine" kommen müsse (1/39). (Hier ist nach dem Textzusammenhang wohl »Urteilsquantität« zu lesen!) Da in der mathematisch-logischen Quantität stets auch „kollektive Allheiten" vorgestellt würden, muß es möglich sein, zwischen endlichen und unendlichen Individuenbereichen zu unterscheiden. Die „Anwendbarkeit" der mathematischen Logik „auf unendliche Individuenbereiche" muß durch eine „implizite Charakterisierung" „garantiert" sein. All- und Existenzoperatoren unterscheiden sich erst dann wirklich von der Konjunktion bzw. Adjunktion. Aber dann kann der Wahrheitswert der quantifizierten Aussagen nicht mehr „in seiner funktionalen Abhängigkeit von den Wahrheitswerten der in dieser Aussage . . . verknüpften Einzelaussagen betrachtet werden" (1/41). Stattdessen benötigt man nun den axiomatischen Aufbau. Wo aber sei dann noch die Grenze zwischen der formalen Logik und der konkreten Mathematik (1/38, 42 f)? Wenn man unendliche Individuenbereiche als solche in die Quantorenlogik hineinnehmen müsse, dann setze die Urteilsquantität die „axiomatisierte Zahlentheorie" voraus (1/43). Ein unbeschränkter Allgemeingültigkeitsbeweis (für endliche und unendliche Individuenbereiche zugleich) müßte „offenbar" den „Unterschied zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit" „inhaltlich" überbrücken können. Das aber könne „man sich schlecht vorstellen" (1/42). Weiterhin mache erst „der Gebrauch der Konjunktion und Disjunktion" (Adjunktion) bei den quantitativen Urteilen „ihre angebliche logische Funktion verständlich" (1/36). Deshalb enthielten auch diese „,logischen Verknüpfungen'" „Bestandteile . . . , die für die Zahlvorstellung charakteristisch sind" (1/43); daher seien sie der rein formalen „traditionellen Logik unbekannt" (1/36, 15). 9.2 Kritik

an Albrechts

Gedankengang

9.21 (zu 9.11) Objektive Gültigkeit und Vollständigkeit Albrecht erklärt zwar (1/17), was er unter einem >wahren< oder >falschen< Urteil versteht, aber nicht, was eine >wahre< oder >falsche< Vorstellungsver25

Entgegen seiner Ablehnung von Einzelurteilen läßt Albrecht dennoch zu, daß „Einzelbegriffe" bereits „in einem Syllogismus" auftreten, „wenn sie . . . durchgängig als Subjekt behandelt werden können" (1/52 Anm.) — etwa im Untersatz des Modus „Barbara". Die aristotelische Syllogistik ist ihm jedoch ein wesentlicher Bestandteil der Logik.

9.15—9.22

41

bindung sei. Seine Urteilsdefinition setzt jedoch im Gegensatz zu der mathematisch-logischen voraus, daß man wirklich feststellen könne, ob eine Vorstellungsverbindung >wahr< oder >falsch< ist. Die Definition Hilberts setzt nur voraus, daß sich >sinnvoll... behaupten< lasse, die Prädikate könnten auf den Aussageinhalt angewendet werden. Hierzu ist es nicht nötig, eine bestimmte Wahrheitsdefinition vorauszusetzen, sondern nur, daß irgendeine Explikation des Wahrheitsbegriffes angenommen wird, die seinem vorwissenschaftlichen Gebrauch adäquat ist. — Anscheinend will Albrecht die Wahrheit einer Vorstellungsverbindung als >objektive Gültigkeit definieren, wie Kant und Reich sie verstehen. Die Aussagedefinition der mathematischen Logik stimmte mit der Kantsdien überein, wenn sie sich wirklich nur durch eine sprachliche Umformulierung zu der Albrechts wandelte (9.11). Nach Albrecht wäre die mathematisch-logische Definition dann jedoch „ungeeignet" zur Begründung der mathematischen Logik (1/30). Sie müßte — Folgerichtigkeit vorausgesetzt — dieselben traditionellen Urteilsformen einschließen wie die Reichs. Die Argumente gegen die Vollständigkeit der Urteilstafel treffen daher hier ebenso zu (8.). 9.22 (zu 9.12) Relationsaussagen — Formalität und Symmetrie des Verbindens Einerseits gestattet Albrecht zwar die Möglichkeit, „daß die Logik mögliche hypothetische Zusammenhänge zwischen Inhalten von Sätzen insoweit behandelt, als dies allgemein möglich ist" (1/50), und ebenso „inhaltliche Beziehungen zwischen Begriffen in Urteilen und Schlüssen" (1/56). Andererseits möchte er aber alles Inhaltliche aus der formalen Logik verbannen — selbst die Form mehrstelliger Prädikate. Warum soll die Form der Relationen bereits „inhaltlichen Ballast" enthalten? Hier liegt doch ebenso die bloße Form einer Verknüpfung vor wie im kategorischen Urteil. Dann müßte Albrecht auch die einstellige Art der Relationen, die Prädikate, >inhaltlidi< nennen. Daß sich Prädikate und Relationen in ihrem logischen Verhalten nicht unterscheiden und daher Relationsterme in der Logik als einstellige Prädikate hinreichend behandelt würden, das kann er schon deswegen nicht vorbringen, weil z. B. dreistellige Relationsaussagen im allgemeinen nicht in die aristotelischen Syllogismen eingesetzt werden können. Albrechts definitorische Trennung der Funktionen von Subjekt und Prädikat wird nicht hinreichend auf ein Kriterium gegründet, das sich auf die Urteilsdefinition stützte. Im Urteil werden mindestens zwei Vorstellungen verbunden. Diese Definition bedeutet nicht, daß eine der Vorstellungen zuerst dafür gegeben ist, daß sie im Urteil mit einer anderen verbunden wird, während die andere Vorstellung zu jener erst in der Urteilsverbindung hinzutritt. Wenn Urteil nur als eine Vorstellungsverbindung definiert ist, so sind die verbundenen Vorstellungen funktionell gleichwertig: alle

II. Kant

42

werden miteinander im Urteil verbunden. ,Verbinden' ist ein symmetrischer Begriff. Wenn Albrecht die Auffassung aus seiner Urteildefinition herauskristallisiert, als sei notwendig eine der Vorstellungen zuerst oder grundlegend gegebenen, um das Urteil zu konstituieren, so hat er den Urteilsbegriff seiner allgemeinen Definition verwechselt mit dem engeren Begriff des ,Urteils über einen Gegenstand'. Seine allgemeine Urteilsdefinition hingegen zeichnet höchstens ein Paar von Vorstellungen gleicher Funktion aus. Beide dienen als Material der „Verbindung". Das >Prädikat< kann mit gleicher Begründung als jene Vorstellung gelten, „mit der das Urteil eine andere Vorstellung verbindet", wie das Subjekt. Somit sind Relationsurteile keineswegs durch seine Urteilsdefinition ausgeschlossen. Im Gegenteil fehlt dieser gerade der rechte Stützgrund, >Subjekt< oder >Prädikat< funktionell auszuzeichnen (s. a. 6.3). 9.23

(zu 9.13)

Zum negativen

Urteil

Für das Ableiten des verneinenden Urteils reicht es nicht aus, zu erklären, es sei „unproblematisch, eine Urteilsart einzuführen"; sondern es müßte bewiesen werden, daß man die Form des verneinenden Urteils zwingend aus den Voraussetzungen erschließt. Albrecht ersetzt nur in unverpflichtender Weise definitorisch eine metasprachliche Formulierung durch eine objektsprachliche. Auf die letzte kann man aber auf Grund der vorgegebenen Äquivalenz stets verzichten — damit also auch auf das verneinende Urteil. Dessen Notwendigkeit wurde nicht begründet. 9.24

(zu 9.15)

Zur Modalität

und

Relation

Die Herleitung der Momente unter >Modalität< als Urteilsformen kann deshalb nicht „gelingen", weil diese Momente gar keine Uneilsformen sind (6.2). Das hypothetische Urteil enthält bei Albrecht — wie er zugesteht (1/50) — „Zusammenhänge zwischen den Inhalten" (9.22). Deshalb könnten für ihn auch die Momente der Relation nicht nur rein formale Unterschiede betreffen. 9.25

(zu 9.15)

Zur

Urteilsquantität

Eine „begriffliche Vorstellung" „erstreckt" sich „auf eine Mannigfaltigkeit von Anwendungsfällen" „distributiv", wenn „ihr Inhalt ganz und ungeteilt in allen Anwendungsfällen vorkommt" (1/23). Das trifft aber nicht nur für die traditionelle Urteilsquantität zu, sondern auch für die mathematischlogische: ,Für jedes x gilt: f(x)', diese Aussage ist durchaus distributiv zu verstehen. Jedem einzelnen x kommt die Eigenschaft f zu. In der operativdialogischen Begründung des Allquantors wird das noch deutlicher (67/27): Der Proponent verpflichtet sich nur, für jedes einzelne n, das der Opponent des Dialogs vorgibt, einen Beweis von f(n) zu führen. Als ein „Kollektivum" wird hier der „Subjektbegriff" unmittelbar gar nicht aufgefaßt. Und nach Albrecht kann die „distributive Allgemeinheit der Begriffe" sich „allein in einem

9.22—9.2J

43

zeitlichen Akt des Verstandes konkretisieren" (1/29). Die „sukzessive " Erzeugung der Allheit (1/30) in der mathematischen Logik wäre also auch zeitlich zu konkretisieren: Die Allheit wäre „distributiv". Wirft man aber der mathematischen Logik vor, die Allgemeinheit in ihrem quantitativen Urteil sei insofern kollektiv, als stets Individuenbereiche vorausgesetzt werden, auf deren Elemente sich die Variablen beziehen, so ist zu antworten: Diese Individuenbereiche sind gar nicht notwendig als fertig gegeben zu denken. Die mathematische Logik setzt als rein formale z. B. keineswegs voraus, daß eine aktual unendliche Menge >gegeben< sei — das sind bereits philosophische Standpunkte, die das formale Gerüst interpretieren. Daß ein Individuenbereich (oftmals durch Eigenschaftsangaben) abgesteckt werde, ist nur eine Genauigkeitsforderung. — Wenn Albrecht das Allurteil so deutet: Die Anwendungsfälle des Subjektbegriffs verhalten sich auch als Anwendungsfälle des Prädikatbegriffs (1/21), dann müßte ebenso wie ein Individuenbereich auch das, was >die Anwendungsfälle< bezeichnet, kollektiv aufgefaßt werden. Die >Anwendungsfälle< genügen dann auch der Mengeninklusion. So verstanden — setzte auch die traditionelle Urteilsquantität ein „Kollektivum" voraus. Albrecht möchte aber anscheinend die Anwendungsfälle des Subjektbegriffs „genauer" nicht als die des Prädikatbegriffs verstanden wissen, sondern nur aussagen, daß die Anwendungsfälle des Subjektbegriffs sich alle „gleichartig" „verhalten" „in Beziehung auf den Prädikatbegriff". Die Anwendungsfälle des Subjekt- und die des Prädikatbegriffs sollen sich nicht zueinander verhalten „wie Teile in einem Ganzen" (1/23). Andererseits faßt Albrecht die Allgemeinheit kurz vorher (1/21) so auf, daß die Anwendungsfälle der Subjekt- „auch solche der Prädikatvorstellung" seien — so daß also die Mengen der Anwendungsfälle des Prädikats und des Subjekts einander doch umfassen. In diesem Sinne wäre das »Alle S sind P« der traditionellen Logik ein Spezialfall der mathematischlogischen Allaussage: A x - x £S-»-XEP. Auf alle Fälle ist Albrechts Deutung hier unklar, mehrdeutig. Den Forderungen, denen die logisch-mathematischen Allurteile genügen sollen, entspricht nidit nur „der Zahlbegriff", sondern jedes Element einer Gruppe mit einem endlichen Erzeugendensystem. Die vorgegebene Eindeutigkeit ist also keineswegs vorhanden. Audi der Boolesche Verband der Aussagenlogik würde daher die Forderungen erfüllen, obwohl er noch gar nicht von Allurteilen handelt. Faßt man schließlich die als Mengen gedeuteten Allgemeinbegriffe der traditionellen Logik über eirem Untersuchungsbereich zu ihrer Potenzmenge (Vereinigungsmenge aller Teilmengen) zusammen, so läßt sich auch in diesem Teilmengenverband jedes Element sukzessiv erzeugen — mit Hilfe der Verbandsverknüpfungen >Durchschnittsbildung< und >VereinigungsbildungAlle Menschen sind zweibeinige kein Allurteil, sondern ein Partikulärurteil; denn die Zweibeinigkeit ist nach Kiesewetter nicht im Begriff ,Mensch* ausgedrückt. >Die Zahl n als das Verhältnis von Umfang und Durchmesser des Kreises ist auch zu berechnen, indem man den Umfang durch den doppelten Radius teiltAlle Menschen sind vernünftige und: >Alle Menschen sind zweibeinige Die Unterschiede hängen vom spezifischen Inhalt der Termini ab. Von dem aber abstrahiert die reine Logik nach Kiesewetters eigenen Worten. Der Umfang des Subjektbegriffs, soweit ihn das Prädikat betrifft, ist aber in beiden Fällen gleich. Ein logisch feststellbarer /onraunterschied kann nach Kiesewetters eigenen Voraussetzungen zwischen den beiden Sätzen nicht bestehen. 4.32 (zu 3.2) Qualität Auch im negativen Urteil stehen die Vorstellungen in einem Verhältnis zueinander, das im „Bewußtsein" bezeichnet wird. Die Vorstellungen treten also in einer Einheit des Bewußtseins auf. Selbst einander widersprechende Vorstellungen kann man im Bewußtsein vereinen: Der Begriff .kreisrundes Quadrat' kann >gedacht< werden. Widersprüche können im Denken bezeichnet werden, in einer „Einheit des Bewußtseins" auftreten. Das psychologische Prädikat der >Denkbarkeit< ist kein geeignetes Kriterium, um Widersprüche auszuschalten. Die „Einheit des Bewußtseins" von einander widersprechenden Begriffen kann sogar objektiv (nach Kiesewetter heißt das: für „jedermann") vollziehbar sein. Nach Kiesewetters Urteilsdefinition werden auch

4.31—4.33

75

durch das negative Urteil Vorstellungen in eine Verhältniseinheit gebracht, „verbunden". Die Frage ist nicht, ob die Vorstellungen verbindbar sind, sondern, ob die von ihnen bezeichneten Gegenstände oder Eigenschaften vereinbar sind, d. h., ob die Vorstellungen so vereint werden können, daß sich ein wahres Urteil ergibt. Hierauf läßt sich allerdings nicht die Unterscheidung der bejahenden oder verneinenden Urteile gründen, sondern so kann man nur einander widersprechende Bezeichnete ermitteln. An Hand dieses Kriteriums lassen sich die Urteile bloß in kontradiktorische und nichtkontradiktorische Aussagen scheiden. Es finden sich aber keineswegs in jedem negativen Urteil zueinander kontradiktorische „Vorstellungen" (Begriffe). Beispiel: >Das Haus ist nicht grünwenn x rot ist, so ist es farbigrot< wird die Vorstellung >farbig< als Teilvorstellung zugeordnet. Kiesewetter gibt keinerlei Unterscheidungsgrund dafür an, weshalb hier kein „inneres Verhältnis" bestehen soll wie in dem kategorischen Satz: >Alles Rote ist farbigWenn x grün ist, ist x farbig