Kriterien des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bei Gesetzesänderungen [1 ed.] 9783428467624, 9783428067626

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Kriterien des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bei Gesetzesänderungen [1 ed.]
 9783428467624, 9783428067626

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STEFAN M U C K E L

Kriterien des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bei Gesetzesänderungen

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 576

Kriterien des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bei Gesetzesänderungen

Von Stefan Muckel

Duncker & Humblot * Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Muckel, Stefan: Kriterien des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bei Gesetzesänderungen / von Stefan Muckel. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1989 (Schriften zum Öffentlichen Recht; Bd. 576) Zugl.: Köln, Univ., Diss., 1989 ISBN 3-428-06762-2 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1989 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Hagedornsatz, Berlin 46 Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-06762-2

Vorwort Die Arbeit wurde im Wintersemester 1988/89 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Für die Anregung des Themas und die Betreuung der Bearbeitung danke ich Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Stern. In gleicher Weise bin ich Herrn Prof. Dr. Wolfgang Rüfner zu Dank verpflichtet. Er gewährte mir im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kirchenrecht und rheinische Kirchenrechtsgeschichte der Universität zu Köln stets Freiräume für die eigene Arbeit. Für die geduldige Unterstützung bei den Schreib- und Korrekturarbeiten danke ich vor allem meiner Frau sowie meiner Schwester, Frau Andrea Muckel, und Herrn Reiner Klaas. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat das Erscheinen der Arbeit durch einen großzügigen Druckkostenzuschuß gefördert. Auch hierfür möchte ich mich an dieser Stelle bedanken. Dem Verlag Duncker & Humblot danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe „Schriften zum Öffentlichen Recht". Gewidmet sei die Arbeit meiner Frau und meinen Eltern. Eschweiler, im Juli 1989

Stefan Muckel

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Die Bedeutung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes A. Die allgemeine Bedeutung des Vertrauensgedankens in Gesellschaft und Rechtsordnung 13 B. Vertrauensschutz gegenüber dem Gesetzgeber

15

I. Die Spezifität des Vertrauensschutzes gegenüber dem Gesetzgeber II. Die nachlassende Verbürgungswirkung der Gesetze

15 17

ΠΙ. Die Bindung des Gesetzgebers als Ziel und Gegenstand des Vertrauensschutzes

19

C. Gefahren verfassungsrechtlich anerkannten Vertrauensschutzes und Problemaufriß 20 I. Gefahrdung der grundgesetzlichen Gewaltenteilung

20

II. Einengung legislativer Gestaltungsfreiheit

22

ΠΙ. Zu Rechtsunsicherheit führende Einzelfallgerechtigkeit

23

IV. Das Kernproblem: Bestimmung von Kriterien des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes 24 D. Die Spezifität des rechtlich begründeten Vertrauensschutzes gegenüber rechtsphilosophischen, rechtssoziologischen und psychologischen Ansätzen I. Die fehlende schutzgebotes

Verbindlichkeit

eines ethisch begründeten

24

Vertrauens25

II. Der Unterschied zwischen sozialen Erwartungshaltungen und rechtlichen Vertrauensschutzpositionen 26 ΠΙ. Die Figur der „normativen Kraft des Faktischen"—eine außerrechtliche Kategorie 27

Zweiter Teil Dogmatische Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes A. Der Grundsatz von Treu und Glauben

29

B. Das Sozialstaatsprinzip als verfassungsdogmatischer Standort des Vertrauensschutzes

31

8

Inhaltsverzeichnis I. Ansätze zur Herleitung von Vertrauensschutz aus dem Sozialstaatsprinzip

32

II. Die fehlende abwehrrechtliche Tendenz des Sozialstaatsprinzips

32

III. Soziale Veränderung als Wesensmerkmal des Sozialstaatsprinzips

34

C. Vertrauensschutz durch Grundrechte

35

I. Die Grundrechte als Instrumente zum Schutz individueller Vertrauenstatbestände

35

1. Die Grundrechte als funktional geeignete Ansatzpunkte des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

35

2. Kein Vertrauensschutz aus den institutionellen Gehalten der Grundrechte

36

II. Grundrechtliche Positionen des Vertrauensschutzes 1. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG a) Art. 14 Abs. 1 GG als vertrauensschützende Norm

40 40 40

b) Keine erschöpfende Fundierang des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes in der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG

41

c) Ergebnis

43

2. Die Freiheit des Berufs aus Art. 12 Abs. 1 GG

43

a) Vertrauensschutz im Bereich der Berufsfreiheit 43 aa) Die grundsätzliche Anerkennung berufsrechtlichen Vertrauensschutzes durch Art. 12 Abs. 1 GG 43 bb) Kein umfassender Bestandsschutz von Sozialansprüchen durch Art. 12 Abs. 1 GG 44 b) Keine erschöpfende Fundierang des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes in Art. 12 Abs. 1 GG — die These von Preuß

45

c) Ergebnis

46

3. Vertrauensschutz aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG

46

4. Die Garantie des Art. 6 Abs. 1 GG

48

5. Art. 33 Abs. 5 GG als vertrauensschützende Norm im Rahmen der hergebrachten Grandsätze des Berufsbeamtentums

49

a) Vertrauensschutz im Anwendungsfeld des Art. 33 Abs. 5 GG

49

b) Aspekte des Vertrauensschutzes im Beamtenrecht

51

c) Ergebnis

52

6. Vertrauensschutz als Freiheitsschutz? a) Das Verständnis des Vertrauensschutzes als Freiheitsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG

52 52

b) Die fehlende vertrauensschützende Funktion der allgemeinen Handlungsfreiheit 53 c) Ergebnis 7. Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG

55 55

a) Kein genereller Vertrauensschutz aus Art. 3 Abs.l GG 55 aa) Vertrauensschutz durch Gleichheit in der Zeit? 55 bb) Zeitliche Ungleichheit als wesensmäßige Folge von Rechtsänderungen 56

Inhaltsverzeichnis b) Vertrauensschutz und Systemgerechtigkeit

57

c) Ergebnis

58

ΠΙ. Kein umfassender Vertrauensschutz durch Grundrechte D. Das Rechtsstaatsprinzip als verfassungsdogmatische Grundlage des Vertrauensschutzes I. Rechtsstaat — Rechtssicherheit — Vertrauensschutz

58 59 59

II. Die subjektiv-rechtliche Seite des Rechtssicherheitsgebots als Grundlage des Vertrauensschutzes 60 1. Die subjektiv-rechtliche Komponente der Rechtssicherheit

60

2. Ein rechtsstaatliches „Grundrecht auf Vertrauensschutz"?

63

ΠΙ. Die Subsidiarität des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips

64

IV. Keine Beschränkung gesetzlicher Grundrechtsbegrenzung durch das rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip

65

Dritter Teil Die Kriterien des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts A. „Echte" und „unechte" Rückwirkung

68

I. Die Differenzierung zwischen „echter" und „unechter" Rückwirkung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 68 II. Die Gefahr willkürlicher Abgrenzung von „echter" und „unechter" Rückwirkung B. „Rückbewirkung von Rechtsfolgen" und „tatbestandliche Rückanknüpfung"

70 72

I. Die neuen Abgrenzungskriterien des Zweiten Senats

72

II. Kritik der neuen Differenzierung des Zweiten Senats

73

C. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes als verfassungsrechtlicher Beurteilungsmaßstab bei Rechtsänderungen Vierter

74

Teil

Die Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes A. Die Vertrauensgrundlage I. Das Gesetz als Vertrauensgrundlage

80 81

1. Vorläufige gesetzliche Regelungen

82

2. Ausnahmeregelungen und systemwidrige Vorschriften

83

3. Unbefristet gültige Gesetze mit einer Ordnungsfunktion

84

4. Zu Dispositionen veranlassende Gesetze

84

5. Gesetzliches Sicherungsversprechen

85

Inhaltsverzeichnis

10 6. Rechtszwang

86

7. Verfassungswidrige Normen

86

II. Gesetzgeberisches Unterlassen als Vertrauensgrundlage B. Vertrauen

88 89

I. Kenntnis der Vertrauensgrundlage

90

II. Guter Glaube bei verfassungswidriger Vertrauensgrundlage

92

III. Vertrauensdichte

93

C. Vertrauensbetätigung

96

I. Vertrauensschutz — nicht nur Dispositionsschutz II. Keine Beschränkung des Vertrauensschutzes auf Vermögensdispositionen

98 99

III. Die Beziehung zwischen Vertrauensbetätigung und Vertrauensgrundlage — kein isolierter Dispositionsschutz 100 1. Das Kausalitätskriterium

100

2. Die besondere Bedeutung gesetzlich intendierter Dispositionen

101

D.Ergebnis

103 Fünfter

Teil

Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens A. Die Notwendigkeit einer Interessenabwägung

104

B. Herstellung praktischer Konkordanz

105

C. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als grundlegende Leitlinie der Interessenabwägung 106 D. Besondere Leitlinien für den Ausgleich der widerstreitenden Interessen bei staatlichen Eingriffen in Vertrauenstatbestände 108 I. Die Ausgestaltung der Vertrauensgrundlage als Maßstab der staatlichen Bindung 108 1. Der Vorrang des privaten Bestandsinteresses bei staatlich veranlaßtem Vertrauen und gesetzesintendierten Dispositionen 108 2. Das private Risiko der Entwertung spekukativer Dispositionen

109

a) Die Unterscheidung von bestehenden und zukünftigen Rechtspositionen 112 b) Die Intensität der Vertrauensbeeinträchtigung

113

c) Der Vorbehalt des Möglichen

115

3. Der Umfang der Vertrauensbetätigung II. Interessenausgleich durch Übergangsgerechtigkeit

117 119

1. Übergangsregelungen als Mittel zur Herstellung praktischer Konkordanz 119 2. Möglichkeiten des Gesetzgebers zur Ausgestaltung des Übergangsrechts 120

Inhaltsverzeichnis a) Beschränkung des neuen Rechts auf künftig entstehende Vertrauenstatbestände 121 b) Zeitlich oder sachlich eingeschränkte Aufrechterhaltung des alten Rechts 122 c) Härteklauseln

124

d) Anpassungshilfen

125

e) Ersatz des Vertrauensschadens

126

3. Die Wahl der richtigen Übergangsregelung

127

E. Rechtsfolge des Vertrauensschutzes

129

Zusammenfassung

132

Literaturverzeichnis

134

Erster Teil

Die Bedeutung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes A. Die allgemeine Bedeutung des Vertrauensgedankens in Gesellschaft und Rechtsordnung Noch immer hat der Satz Niklas Luhmanns „Vertrauen ist ein elementarer Tatbestand des sozialen Lebens" 1 volle Berechtigung. Dies wird mit zunehmender Verflechtung der persönlichen Interessen des einzelnen mit den Zielsetzungen und vielfaltigen Handlungsformen des heutigen Sozialstaates immer deutlicher 2 . Der einzelne ist heute in überaus hohem Maße auf Staatstätigkeit jedweder Art angewiesen. Er gerät dadurch in vielen Bereichen in eine starke Abhängigkeit von staatlichem Handeln. Dabei wird er regelmäßig darauf vertrauen, daß er von überraschenden Kursänderungen der Staatsorgane verschont bleibt. Dieses Vertrauen ist in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens anzutreffen. Es findet sich beispielsweise im Bereich des Sozialrechts und der Sozialpolitik 3 , ausweislich Art. 103 Abs. 2 G G 4 im Strafrecht, aber auch im Zivilrecht 5 . Gerade diese Vielgestaltigkeit ist charakteristisch für den Vertrauensbegriff. Sie ist verantwortlich dafür, daß das Vertrauen in die Stabilität und Kontinuität des Staatshandelns als „schillernder, der Graduation zugänglicher, in der Staatslehre schwer erfaßbarer Begriff" 6 , der Vertrauensgrundsatz 1

Luhmann, Vertrauen, S. 1. Vgl. Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 6, 154f., 157 f.; ders., Vertrauensschutz im Prozeßrecht, S. 9f.; Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 26. 3 Im Sozialleistungssektor wird die Frage des Bestandsschutzes unter dem Stichwort „soziales Rückschrittsverbot" diskutiert, vgl. statt vieler Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 71 f., passim; Kittner, in Alternativkommentar zum GG Art. 20 Abs. 1 - 3 IV Rdn. 29, 79; der Begriff des „sozialen Rückschrittsverbots" geht — soweit ersichtlich — auf Ramm, Der Arbeitskampf und die Gesellschaftsordnung des Grundgesetzes, S. 158, zurück. 4 Die Norm bezieht sich ausschließlich auf das Strafrecht; insbesondere ein allgemeines Verbot der Rückwirkung von Gesetzen läßt sich Art. 103 Abs. 2 GG nicht entnehmen, vgl. BVerfGE 7, 89, 95; 7, 129, 149; Dürig, in: Maunz/Dürig, GG Art. 103 Rdn. 109; Kimminich, JZ 1962, 518, 519f.; Pieroth, Rückwirkung, S. 131 f.; Kisker, Rückwirkung, S. 16; Aschke, Übergangsregelungen, S. X X X I V ; Scheerbarth, Die Anwendung von Gesetzen auf früher entstandene Sachverhalte, S. 36f.; Niehues, Rückwirkung, S. 74 ff.; C. Arndt, DVB1.1958,120,121; Dreher/Tröndle, StGB § 1 Rdn. 4; a. A. noch BVerwG NJW 1960, 1588, 1589; Coing , BB 1954, 137., 141; Eckhardt/Hillebrecht, Problematik rückwirkender Steuergesetze, S. 63f.; A. Vogel, NJW 1960, 1182, 1183f. 5 Insoweit ist insbesondere auf den Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB zu verweisen, dazu noch unten im zweiten Teil, A). 6 H. Huber, Festschrift für Kägi, S. 193, 195. 2

14

. Teil:

e n

des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

als „vages P r i n z i p " 7 u n d als „Sammelbegriff für eine Vielzahl v o n Erscheinungen" 8 bezeichnet w i r d . Andererseits ermöglichte gerade die Vielfältigkeit des Vertrauensgedankens dem rechtlich begründeten Vertrauensschutz einen „Siegeszug durch das gesamte öffentliche R e c h t " 9 . A u c h i n Z u k u n f t w i r d der einzelne, der staatlichen M a ß n a h m e n Vertrauen entgegen gebracht hat, dessen Beachtung durch den Staat verlangen, weil er sich v o n Verfassung wegen i m Recht sieht 1 0 . Der Staat, der sich als Rechtsstaat versteht, d a r f den Wunsch seiner Bürger nach Vertrauensschutz nicht leichtfertig, insbesondere aus Gründen politischer Opportunität, außer acht lassen. D e r demokratische Rechtsstaat setzt erhebliches Vertrauen i n das V o l k . D e r einzelne wiederum vertraut a u f das Recht i m Rechtsstaat 1 1 . Der Vertrauensgedanke fließt so i n den v o n Scheuner konstatierten Grundkonsens staatliche O r d n u n g 1 2 ein, der i m Verfassungsstaat über die gemeinsamen Grundlagen des politischen Lebens besteht 1 3 . Die Ermöglichung u n d der Schutz berechtigten Vertrauens werden daher m i t Recht als eines der elementarsten Gebote bezeichnet, denen die Rechtsordnung nachzukommen h a t 1 4 . Der Vertrauensgedanke fundiert u n d trägt die gesamte Rechtsordnung 1 5 ,

7 Schnapp, NJW 1983, 973, 975; vgl. auch Pieroth, Rückwirkung, S. 143: „der diffuse Begriff des Vertrauensschutzes". 8 Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 240. 9 OssenbühU DÖV 1972, 25, 27; vgl. Püttner, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 200, 209, 211; Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 149; Aschke, Übergangsregelungen, S. X X X V , meint, der unaufhaltsam scheinende „Siegeszug des Vertrauensschutzes" sei, offenbar etwa zeitgleich mit der Erschütterung des Vertrauens in ein ungebremstes Wirtschaftswachstum und konstante Zuwachsraten der Verteilungsmasse des Wohlfahrtsstaates ins Stocken geraten; zur Frage, ob die Verknappung staatlicher Finanzmittel oder Kapazitäten zu einer Beeinträchtigung der Rechtsgewährleistung führen kann, unten im fünften Teil, D. I. 2. c. 10 Vgl. Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 153, der eine „Anhebung der an ,staatsdirigiertes' Handeln geknüpften Erwartungen zu echten Gläubigerpositionen gegenüber der Gemeinschaft" voraussagt. 11 Vgl. H. Huber, Festschrift für Kägi, S. 193; Rupp-v. Brünneck, Sondervotum, in BVerfGE 32,129,139, weist zu Recht daraufhin, daß bei der Frage des Vertrauensschutzes die Glaubwürdigkeit der staatlichen Ordnung insgesamt in Rede steht; zustimmend Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 194. 12 Scheuner, in: Staatstheorie und Staatsrecht, S. 135, 163 f.; vgl. Isensee, Der Staat 1980, 367, 383: „Konsens der pluralistischen Gesellschaft"; Engisch, in: Richterliche Rechtsfortbildung, S. 3, 9: „Suche nach Konsens !" 13 Vgl. H. Huber, Festschrift für Kägi, S. 193, 194; auch Luhmann, Vertrauen, S. 37, hebt die wechselseitige Bedeutung des Vertrauens besonders hervor, wenn er betont, daß „der Vertrauensgedanke das gesamte Recht" fundiert, „das gesamte Sicheinlassen auf andere Menschen, so wie umgekehrt Vertrauenserweise nur auf Grund einer Risikominderung durch das Recht zustande kommen können." 14

Vgl. Larenz, Methodenlehre, S.459; ihm zustimmend Lötz, WiVerw. 1979, 1, 12; ähnlich: Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 115: „ »Qualitätsanspruch4 an die staatliche Ordnung".

Β. Vertrauensschutz gegenüber dem Gesetzgeber

15

er ist eine „ G r u n d f o r d e r u n g rechtlicher O r d n u n g " 1 6 , ein „Prinzip richtigen R e c h t s " 1 7 . Bisweilen w i r d er gar als Bestandteil der material verstandenen Rechtsidee selbst angesehen 1 8 .

B. Vertrauensschutz gegenüber dem Gesetzgeber I . Die Spezifität des Vertrauensschutzes gegenüber dem Gesetzgeber Fragen des Vertrauensschutzes werden heute für das H a n d e l n aller drei Staatsgewalten diskutiert. I m Bereich der Gesetzgebung bietet hauptsächlich das Problem der R ü c k w i r k u n g v o n Gesetzen 1 9 einen Ansatzpunkt. Gegenüber Exekutivmaßnahmen w i r d die Frage des Vertrauensschutzes regelmäßig i m Zusammenhang m i t der Aufhebung v o n Verwaltungsakten 2 0 , der behördlichen Zusage 2 1 u n d dem öffentlich-rechtlichen V e r t r a g 2 2 erörtert. A u c h der m i t dem Begriff der „Plangewährleistung" 2 3 angesprochene Fragenkreis umfaßt i n erheblichem U m f a n g Probleme des Vertrauensschutzes, auch wenn er, wie Ossenbühl bemerkt, bezogen auf die Dreiteilung der Gewalten heimatlos ist, da 15

Vgl. Ossenbühl, DÖV 1972, 25; Luhmann, Vertrauen, S. 37; Rüfner, in: Recht und Gesetz im Dialog III, S. 99. 16 Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 115. 17 Larenz, Allgemeiner Teil, S. 43. 18 Coing , Rechtsphilosophie, S. 193 f., 208; Canaris , Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S. 3. 19 Dazu im einzelnen unten den dritten Teil. 20 Das Schrifttum zu diesem Fragenkreis ist schier unübersehbar, vgl. z.B. Erichsen/ Martens, in: dies., Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 246 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 11 Rdn. 22ff.; ders., Festschrift Boorberg Verlag, S. 226; Ächterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rdn. 53 21 Von manchen Autoren wird die Relevanz des Vertrauensgedankens für die behördliche Zusage bestritten. Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 28, führt aus, die Zusage sei ihrem Inhalt nach hoheitliche Selbstverpflichtung zu einem späteren Tun oder Unterlassen (Zukunftsbindung); folglich ergebe sich die Verbindlichkeit der öffentlich-rechtlichen Zusage aus ihrem Wesen; vgl. auch Meyer, in Meyer ! Bogs, VwVfG § 38 Rdn. 1, der ihre Nähe zum öffentlich-rechtlichen Vertrag hervorhebt. Zumindest für die Fälle einer rechtswidrigen Zusage hat der Gedanke des Vertrauensschutzes Bedeutung, vgl. aus dem umfangreichen Schrifttum Pettenkofer, Der Vertrauensschutz bei behördlichen Auskünften und Zusagen, S. 77 ff.; Haueisen, NJW 1961,1901,1904; Mayer, JZ1964,677, 679f.; Obermayer, NJW 1962, 1465, 1470; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 210ff. 22

Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 219fT.; Püttner, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 200, 214, wendet jedoch zu Recht ein, daß sich die Bindung der Parteien an die Vertragspflichten aus den allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts ergibt und daher nicht der „Krücke des Vertrauensschutzes" bedarf; ähnlich Renck, NJW 1970, 737, 740 („oberflächliche und naive, weil unreflektierte Betrachtung"). 23 Grundlegend insoweit Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, 1971; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, 1969; Kriele, DÖV 1967, 531; Ossenbühl, Verh. 50. DJT (1974), Gutachten B, S. 196; Schenke, AöR Bd. 101 (1976), S. 337; Thiele, DÖV 1980, 109; Korbmacher, WiVerw. 1979, 37.

16

. Teil:

e n

des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

sowohl i n der Exekutive als auch i n der Legislative geplant w i r d 2 4 . Schließlich w i r d auch für den Bereich der Rechtsprechung die Frage gestellt, ob der Gedanke des Vertrauensschutzes A n w e n d u n g finden kann. Insoweit werden „Grenzen rückwirkender Rechtsprechungsänderung" diskutiert, die eine Bindung der Gerichte an ihre frühere Rechtsprechung begründen sollen 2 5 . D i e vorliegende A r b e i t beschränkt sich darauf, den Vertrauensschutz des Bürgers gegenüber dem Gesetzgeber zu untersuchen. Eine Aufarbeitung der sich i m Bereich der Exekutive u n d Judikative ergebenden Probleme k a n n hier nicht geleistet werden. Eine gemeinsame Betrachtung der drei staatlichen H a u p t f u n k t i o n e n 2 6 oder eine Übertragung der für den Vertrauensschutz gegenüber dem Gesetzgeber geltenden Grundsätze ist a p r i o r i nicht m ö g l i c h 2 7 . Demgegenüber wählt Weber-Dürler i n ihrer kürzlich erschienen Habilitationsschrift „Vertrauensschutz i m öffentlichen Recht" einen anderen Ansatz. Sie geht davon aus, daß der Grundsatz des Vertrauensschutzes die gesamte staatliche Tätigkeit beherrscht u n d sich grundsätzlich an alle drei Gewalten richtet28. Daraus folgert sie, daß i m Grundsatz auch dieselben Kriterien verwandt werden k ö n n e n 2 9 . 24

Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 29. Die Rechtsprechung verneint überwiegend eine Bindung der Gerichte aus Gründen des Vertrauensschutzes, grundlegend BVerfGE 18, 224, 240f.; einschränkend aber BVerfGE 59,128,165f.; ablehnend auch BGHZ 52, 365, 369f.; 58, 355, 363; 60,98,101 f.; anders dagegen BAGE 22, 215, 228 f.; 23, 382, 390; 24, 235 f. In der Literatur wird die Geltung des Vertrauensschutzprinzips gegenüber Rechtsprechungsänderungen abgelehnt von Ossenbühh DÖV 1972, 25, 33 f.; ders., AöR Bd. 92 (1967), S. 478, 485 f.; Burmeister, Vertrauensschutz im Prozeßrecht, S. 29; Säcker, NJW 1968,708 f.; Herschel, JZ 1967,727, 736; Radbruch, Der Geist des englischen Rechts, S. 60 Fn. 1; Stree, Deliktsfolgen und Grundgesetz, S. 81 f.; Rudolphe Unrechtsbewußtsein, S. 98 f.; Welzel, Strafrecht, S. 462; Tröndle, in: Leipziger Kommentar 9. Aufl., § 2 Rdn. 53 ff.; mit einer Einschränkung für die „quasilegatorische Rechtsprechung" auch Viets, Rechtsprechungsänderung, S. 176 f.; für eine Anwendung des Vertrauensgedankens: Grunsky, Grenzen der Rückwirkung, S. 21 ff.; Rüberg, Vertrauensschutz, S. 158, 189; Kisker, Rückwirkung, S. 124; Dürig, in: Maunz/Dürig, GG Art. 3 Abs. I Rdn. 404; Kohlmann, Der Begriff des Staatsgeheimnisses, S. 274fT.; Buchner, Gedächtnisschrift Dietz, S. 175, 188; Müller-Dietz, Festschrift für Maurach, S. 41, 47 f.; Zweigert/Kötz, BB 1969, 453 f. 456; Schreiber, JZ 1973, 713, 718; Zippelius, Wertungsprobleme, S.210f.; Straßburg, ZStW Bd. 82 (1970), S. 948, 964; Naucke, NJW 1968, 758, 759; ders., NJW 1968,2321,2324; gegen ihn Eckert, NJW 1968, 1390. Wipprecht, Die Änderung der Rechtsprechung, S. 127ff., 140, und Knittel, Rückwirkung, S. 50ff., wollen die dem angelsächsischen Rechtskreis eigene Methode des „prospective overruling" auf die deutsche Rechtsprechung übertragen; kritisch insoweit aber Schlüchter, Präjudizien, S. 82 f., die, S. 47, daraufhinweist, daß auch in der deutschen Rechtsprechung Präjudizien ganz erhebliche praktische Bedeutung beigemessen wird; nach Rechtsgebieten differenzierend: H.-W. Arndt, Probleme rückwirkender Rechtsprechungsänderung, S. 46ff., 88, llOff. 26 Zu dieser Terminologie: Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 792. 27 Vgl. Iliopoulos-S trangas, Rückwirkung, S. 23; Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 31, weist für den Bereich staatlicher Planung auf den „wesensmäßig begründeten Unterschied zwischen Legislative und Exekutive" hin. 28 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 10, 80. 25

Β. Vertrauensschutz gegenüber dem Gesetzgeber

17

Die Probleme des Vertrauensschutzes beruhen in allen drei Gewalten auf einem übergreifenden Vertrauensgedanken. Er entspricht jedoch keiner Eigenart des öffentlichen Rechts, sondern hat auch für Zivil- und Strafrecht Bedeutung. Von diesem allgemeinen Vertrauensgedanken kann nicht ausgegangen werden. Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung sind schon kraft der ihnen jeweils zur Verfügung stehenden Handlungsformen in ganz unterschiedlichem Maße fähig, die Erwartungen des einzelnen zu berücksichtigen. Der Rechtsprechung ist zudem wesensmäßig eine große Beweglichkeit eigen, die ein immer wieder neues Überdenken und Überprüfen der in einem Urteil ausgesprochenen Grundsätze erfordert 30 . Insofern unterscheidet sie sich deutlich von der Gesetzgebung, aber auch von der Verwaltungstätigkeit, die aufgrund des Prinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Möglichkeit einer „Selbstbindung der Verwaltung" 31 weit weniger frei ist. Daher bedarf die Frage des Vertrauensschutzes einer für jeden Bereich spezifisch gewonnenen Antwort, also auch für den des rechtsändernden Gesetzgebers. II. Die nachlassende Verbürgungswirkung der Gesetze Die Gesetzgebung ist heute in eine Krise geraten, die meist mit dem Schlagwort „Gesetzesflut" umschrieben wird. Immer häufiger wird die Frage gestellt, ob der Erlaß von immer mehr Gesetzen ein erstrebenswertes Rechtsund Sozialideal sein kann. Die Eindämmung der Gesetzesflut ist nicht nur ein politisches Postulat geworden 32 . Sie läßt auch Zweifel daran aufkommen, daß der „neue" Gesetzes- und Gesetzgebungsstaat im Lichte der Rechtsstaatlichkeit etwas Verläßliches ist 3 3 . Einzelne Normen und Normenkomplexe können auch heute noch als stabile Regelungen, zum Teil gar als „Befehl des Gesetzgebers an sich selbst" 34 anzusehen sein. Ein „Grundsatz der Unverbrüchlichkeit des Gesetzes"35 läßt 29 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 79ff., 153ff., deutlich z.B. die Überschrift des Ersten Kapitels des Besonderen Teils ihrer Arbeit: „Akte der Verwaltung und der Justiz als Vertrauensgrundlage" (S. 153). 30 Vgl. statt vieler Ossenbühl, AöR Bd. 92 (1967), S. 478,485 f.; Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 59; ders., Vertrauensschutz im Prozeßrecht, S. 29 („Dynamik der Rechtsanwendung") 31 Vgl. dazu Gubelt, in v. Münch, GG Art. 3 Rdn. 33; Starck, in v. Mangoldt/ Klein, GG Art. 3 Rdn. 181. 32 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 639; Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 10, 28f.; Schneider, Gesetzgebung, Rdn. 427; Schreckenberger, Gesetzgebungslehre, S. 21 ff., 26; Isensee, ZRP 1985, 139, jeweils mit umfangreichen Nachweisen. 33 Eichenberger, VVDStRL Heft 40 (1982), S. 7,19; Stern, Staatsrecht, Bd. I , . S. 830f. 34 So Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 67, für die im SGB-AT niedergelegten Grundsätze. 35 G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 369f.; KleinI Barbey, Bundesverfassungsgericht und Rückwirkung von Gesetzen, S. 67f., 93.

2 Muckel

. Teil:

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sich indessen nicht mehr aufstellen 36 . Gesetze können heute 37 für einen Einzelfall, eine Einzelperson oder nur auf Zeit Geltung haben 38 . Gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit solcher Maßnahmegesetze werden — insbesondere angesichts einer gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 39 — keine grundsätzlichen Bedenken mehr erhoben 40 . Das Gesetz ist nicht selten Bestandteil sozialstaatlich oder interventionistisch motivierter Staatstätigkeit. Zweifellos ist es noch immer die primäre und zentrale Form zur Gestaltung und näheren Ausformung der Rechtsordnung 41 . Auch ist ihm eine schon in der rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes angelegte besondere VerbürgungsWirkung im Grundsatz nicht abzuerkennen 42. Doch hat das Gesetz in heutiger Zeit durch seine fortschreitende Indienststellung für oftmals kurzfristig bedeutsame politische Ziele einen deutlichen „Qualitätsverlust" erlitten 43 . Er äußert sich in inhaltlichen Unrichtigkeiten, strukturellen Mängeln und sprachlichen Unklarheiten und wird bedingt durch die ungebremste „Gesetzesinflation" und die damit einhergehende Überforderung der Gesetzgebungsorgane 44. Die Folgen sind eine geringer werdende Verbürgungswirkung der Gesetze und nachlassender Normrespekt 45 auf Seiten der Bürger. Verläßlichkeit und (Rechts-)Sicherheit lassen sich im heutigen Rechtsstaat nur durch den ergänzenden Schutz besonderer Rechtsgrundsätze, nicht zuletzt des Vertrauensschutzprinzips, erreichen 46 . Burmeister formuliert: „Die Aufwer36 Vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 116ff., 383; Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, S. 401 („Entthronung" des Gesetzes); Aschke, Übergangsregelungen, S. 124. 37 Zum Geltungsanspruch des Gesetzes in früheren Zeiten: Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 560ff.; Herzog, in Maunz/Dürig, GG Art. 20 V I I Rdn. 12: C. Schmitt, Verfassungslehre, S. 139 ff. 38

Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 827, mit umfangreichen Nachweisen. BVerfGE4, 7,18f.; 10, 89,108; 15,126,146f.; 24, 33, 52; 25, 371, 396; 36, 66, 70; 36, 383, 400; 42, 263, 305. 40 Menger, in BK Art. 19 Abs. 1 S. 1 (Zweitbearbeitung 1979) Rdn. 60, hebt die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung durch Maßnahmegesetze hervor. 41 Steinberger, Sondervotum, in BVerfGE 67, 21, 22. 42 Vgl. SteinbergerI Böckenförde, Sondervotum, in BVerfGE 67, 21, 23; Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 66 ff., unter Bezugnahme auf Müller, Juristische Methodik und politisches System, S. 14f., 90f. 43 Vgl. Dürig, in MaunzIDürig, GG Art. 3 Abs. I Rdn. 327 („Qualitätsdefizit der Gesetze"); Her schei, JZ 1967, 727, 729; Kohlmann, Der Begriff des Staatsgeheimnisses, S. 273. 44 Vgl. die „Mängelliste" und ihre Gründe bei Eichenberger, VVDStRL Heft 40 (1982), S. 7, 15ff. 45 Vgl. insoweit Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 10 f.; Wagener, VVDStRL Heft 37 (1979), S. 215, 244. 46 Dahin tendiert auch Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 831; vgl. auch Kloepfer, VVDStRL Heft 40 (1982), S. 63, 86 f.; zur Funktion von „Verfassungsprinzipien als Rechtsergänzungsquellen": Göldner, Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm, S. 26 ff., 41. 39

Β. Vertrauensschutz gegenüber dem Gesetzgeber

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tung des Vertrauensschutzgrundsatzes im öffentlichen Recht ist die Folgewirkung der Abwertung des Gesetzes als vorrangiges, wegleitendes und auf Dauer gerichtetes Gestaltungsmittel im Sozial- und Leistungsstaat" 47 . Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz knüpft an das einfache Gesetz an und zielt darauf ab, ihm zu einer Geltungskraft zu verhelfen, die es aus sich selbst heraus nicht mehr erlangen kann4®. I I I . Die Bindung des Gesetzgebers als Ziel und Gegenstand des Vertrauensschutzes In dem Maße, in dem die Abhängigkeit des einzelnen von staatlicher Aufgabenerfüllung wächst, bildet sich bei dem Bürger das Bedürfnis nach Beibehaltung des status quo. Er hat sich im Vertrauen auf die Kontinuität des Staatshandelns in Abhängigkeit hiervon begeben49 und verlangt später Schutz dieses Vertrauens. Die Aufgabe des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes besteht darin, „Abwehrmittel gegen die totale faktische Auslieferung des Einzelnen an den schier allgegenwärtigen Hoheitsverband zu mobilisieren" 50 . Der Gesetzgeber soll in bestimmten Grenzen und auf verschiedene Weise an sein Handeln gebunden werden. Die rechtliche Durchsetzung dieser Bindung ist das Ziel des Vertrauensschutzes 51. Das Grundgesetz bindet den Gesetzgeber an die verfassungsmäßige Ordnung, insbesondere an die Grundrechte, Art. 1 Abs. 3,20 Abs. 3 G G 5 2 . Diese Bindung beinhaltet (negativ) das an den Gesetzgeber gerichtete Verbot, ein Gesetz zu erlassen, das den Grundrechten widerspricht. Darüber hinaus ist die Gesetzgebung (positiv) zu einer grundrechtsgemäßen Ausgestaltung der Gesetze aufgefordert 53 . Die Bindung des Gesetzgebers an die Grundrechte ist Voraussetzung 47

Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 185. Daher kann auch nur das Gesetz Grundlage des von Verfassungs wegen schutzwürdigen Vertrauens gegenüber dem Gesetzgeber sein; zur gesetzlichen Vertrauensgrundlage im einzelnen unten im vierten Teil, Α. I. 49 Der Bürger kann freilich auch unfreiwillig in Abhängigkeit vom Staatshandeln geraten; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 194, weist darauf hin, daß dies im Bereich der sozialen Sicherung schon mangels Eigenvorsorgemöglichkeit häufig der Fall sein wird. 48

50

Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 13. Vgl. Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 278, passim; Jesch, JZ 1960, 282, 283; Kloepfer, DÖV 1978, 225, 227; Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 31; Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, Rdn. 108; grundlegend zur Bindung des Normsetzers an seine eigenen Normen: C. Schmitt, Verfassungslehre, S. 139 („Herrschaft des Gesetzes"); G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 369 f.; v. Jhering, Der Zweck im Recht, Bd. 1, S. 74 fT., 78 („Selbstbindung des Staates"); Dürig, Festschrift Tübinger Juristenfakultät, S. 21, 30; Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 89 („Selbstbindung des Gesetzgebers"); kritisch: Lerche, AöR Bd. 90 (1965), S. 341, 362. 51

52 Zur Bindung der Gesetzgebung an die Grundrechte: Stern, Staatsrecht Bd. I I I / l , S. 1253 ff.

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für einen effektiven Schutz der Individualsphäre des einzelnen54. Die Bindung des Gesetzgebers an die Verfassung ist die Grundlage für die vom Gedanken des Vertrauensschutzes bezweckte weitergehende Bindung an den einfach-gesetzlichen status quo. Voraussetzungen und Umfang dieser Bindung bestimmen sich im Einzelfall nach der jeweils betroffenen Verfassungsnorm. Die Forderung nach Beibehaltung des status quo wird gerade bei rückläufiger Konjunktur erhoben. Besonders abhängig von ökonomischen Ausgangsbedingungen ist der Sozialleistungssektor 55. In diesem Bereich ist der einzelne auf Stabilität und damit Sicherheit für seinen persönlichen Lebensplan in besonders hohem Maße angewiesen. Als der wahre Souverän des sozialen Rechtsstaats entpuppt sich hier bisweilen eine florierende Wirtschaft, die durch hohe Abgaben und Lohnzahlungen die Voraussetzung für den leistungsstaatlichen Verteilungsprozeß schafft. Gerade die Abhängigkeit des einzelnen von den ökonomischen Eckdaten zeigt auf, wie wichtig es ist zu verhindern, daß gesetzlich fixierte Leistungs- und Sozialstandards zum „Spielball der Konjunktur" werden 56 . Andererseits muß der Staat, um handlungsfähig zu bleiben, die Rechtsordnung ändern dürfen, um etwa Konjunktur-, Sozial-, Bildungs- oder Gesellschaftspolitik betreiben zu können 57 . Die zentrale Aufgabe der Arbeit mit dem Gedanken des Vertrauensschutzes besteht darin, die gegensätzlichen Interessen des einzelnen und des Staates in angemessener Weise zum Ausgleich zu bringen.

C. Gefahren verfassungsrechtlich anerkannten Vertrauensschutzes und Problemaufriß Die grundlegende Bedeutung, die der Gedanke des Vertrauensschutzes für die Rechts- und Sozialordnung hat, darf nicht von den Gefahren ablenken, die für das Verfassungsrecht bei seiner Anwendung drohen. I. Gefährdung der grundgesetzlichen Gewaltenteilung Die im Grundgesetz, insbesondere in Art. 20 Abs. 2, angelegte Gewaltenteilung ist ausgerichtet auf Hemmung, Balancierung und Kontrolle der Gewalten und die dadurch erstrebte Mäßigung der Staatsgewalt58. Dieses Prinzip der 53

Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. I I I / l , S. 1258. Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. I I I / l , S. 1256; v. Mangoldt, GG Art. 1 Anm. 4. 55 Vgl. dazu im einzelnen Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 29 ff., mit umfangreichen Nachweisen. 56 Vgl. Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 31, 194. 57 Vgl. BVerfGE 63, 343, 357. 58 Vgl. BVerfGE 3,225,247; Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 518,539; Badura, Staatsrecht, D 49; Schmidt-Aßmann, in Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, § 24 Rdn. 49. 54

C. Gefahren verfassungsrechtlich anerkannten Vertrauensschutzes

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F u n k t i o n e n t e i l u n g 5 9 könnte durch den Vormarsch des Vertrauensschutzes insofern gefährdet werden, als die rechtliche Prüfung i m Streitfall entscheidend der Rechtsprechung obliegt. D i e Gerichte sind aufgerufen, den Grundsatz des Vertrauensschutzes zu konkretisieren u n d zu typisieren. Dies führt zu Regeln des Vertrauensschutzes aufgrund richterrechtlicher E n t w i c k l u n g 6 0 . Richterrecht ist aber unter der Herrschaft des Grundgesetzes zulässig nur i n bestimmten Grenzen, die sich aus dem Gedanken der Gewaltenteilung u n d der rechtsstaatlichen Bindung des Richters an Recht u n d Gesetz ergeben 6 1 . D i e überragende Bedeutung des Vertrauensschutzes i n der Rechtsordnung zeigt auf, wie sehr es geboten ist, gerade i n diesem Bereich die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung einzuhalten 6 2 . Der Gedanke des Vertrauensschutzes zielt darauf ab, als Instrument des einzelnen staatlichen Reformvorhaben Einhalt zu gebieten 6 3 . Richterrechtlich typisierter Vertrauensschutz k a n n auf diese Weise leicht i n Widerspruch zur Rechtsetzung durch die gesetzgebende Gewalt t r e t e n 6 4 , m i t h i n zum Gesetz per se 6 5 . D a n n aber wäre der Vorrang des Gesetzes i n Frage gestellt 6 6 . Letztlich wäre der Rechtsstaat insgesamt i n G e f a h r 6 7 . 59

Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 522, 531 ff. Als Beispiel kann insofern die Entwicklung der verwaltungsbehördlichen Zusicherung angeführt werden, bei der der Grundsatz des Vertrauensschutzes von jeher einen großen Stellenwert hatte, vgl. Fiedler, Funktion und Bedeutung öffentlich-rechtlicher Zusagen im Verwaltungsrecht, S. 16, 40ff.; B. Fischer, DÖV 1979, 773. Die heutige Regelung der Zusicherung in § 38 VwVfG beruht im wesentlichen auf den durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, vgl. Knack, VwVfG §38 Rdn. 2.2; Kopp, VwVfG § 38 Rdn. 1 (mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung). 61 Vgl. BVerfGE 49, 304, 318; 57, 220, 248; 65,182,190f., 194f.; 69, 315, 371 f.; Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 800f.; ders., Staatsrecht, Bd. II, S. 582ff.; Wank, Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, S. 232ff.; Schneider, DÖV 1975,443,451 f.; Merten, DVB1.1975, 677, 684, der eine „Forderung nach Rückkehr zur Positivität des Gesetzes" erhebt; zur Gesetzesbindung des Richters siehe auch die Referate von Roellecke und Starck, VVDStRL Heft 34 (1976), S. 7ff. bzw. 43ff. 60

62

Vgl. R. Fischer, Die Weiterbildung des Rechts durch die Rechtsprechung, S. 31, der zu Recht darauf hinweist, daß die immer wiederkehrende Betonung eines allgemeinen Vertrauensschutzes zur richterrechtlichen Ausbildung ganz neuer, dem Gesetz unbekannter und von ihm auch gar nicht gewollter Rechtsfiguren führen kann. 63 Aus dieser Zielrichtung wird im übrigen deutlich, daß es keinen Vertrauensschutz des Staates gegenüber dem einzelnen geben kann, vgl. Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 24: „antistaatlich gerichteter Schutzcharakter"; a. Α.: Lenz, Vertrauensschutz-Prinzip, S. 41; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 170. 64 Daran kann auch die Feststellung nichts ändern, daß die Legislative kein Rechtsetzungsmonopol, sondern nur eine Rechtsetzungsprärogative hat, vgl. insoweit Kriele, Theorie der Rechtsgewinnung, S. 63; allgemein Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 526. Daß Richterrecht als Ergänzungsrecht unentbehrlich ist, kann heute nicht mehr bestritten werden, vgl. Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 34; Sendler, NJW 1987, 3240, 3242. Fraglich ist allein, wo seine Grenzen verlaufen, vgl. insoweit auch Aschke, Übergangsregelungen, S. 200 ff. 65

Vgl. Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 34; Aschke, Übergangsregelungen, S. X X X I X . Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 33; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 150 Fn. 2. 66

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II. Einengung legislativer Gestaltungsfreiheit Weiterhin könnte der Gedanke des Vertrauensschutzes als ein Schritt auf dem Weg „zu völliger Immobilität und Erstarrung öffentlichen Handelns" 68 anzusehen sein. Der Staat kann durch überstrapazierten Vertrauensschutz die Fähigkeit verlieren, auf bestimmte gesellschaftlich relevante Tendenzen flexibel zu reagieren. Insbesondere der Gesetzgeber verfügt dann nicht mehr über das erforderliche Potential an Gestaltungsfreiheit, das er benötigt, um im Bedarfsfall unerwünschten Entwicklungen in der Gesellschaftsordnung zu begegnen. Die Gesetzgebung ist auf Gestaltung der Sozialordnung angelegt. Diese Aufgabe kann sie nur solange erfüllen, wie ihr die dazu erforderlichen Freiräume eingeräumt sind 69 . Die freiheitliche Demokratie des Grundgesetzes ist dadurch gekennzeichnet, daß dem Leitbild der sich frei entfaltenden Persönlichkeit das Leitbild der sozialen Gerechtigkeit entgegengestellt wird, dem die Rechtsordnung nicht ohne erhebliche Eingriffe vor allem in die vermögensrechtliche Stellung des Rechtsunterworfenen gerecht werden kann 7 0 . Die Rechtsgemeinschaft hat ein legitimes Interesse an Anpassung und Umordnung der alten Rechtsordnung und notfalls auch der unter ihr begründeten Rechtspositionen. Der Verzicht auf eine derartige Anpassung ließe den Staat nicht zum Rechtsstaat werden, sondern zum Privilegienstaat erstarren. Die Folge wäre, daß die veränderte gesellschaftliche Wirklichkeit, weil sie sich in der Rechtsordnung nicht mehr wiederfindet, sich ohne Rücksicht auf diese durchsetzen müßte. Das gilt insbesondere für eine Zeit, in der sich eine besonders tiefgreifende und schnelle Änderung der gesellschaftlichen Struktur vollzieht 71 . Die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit ist ein Wesenselement effektiver, nützlicher und auch verfassungsmäßiger Rechtsetzung. Die vom Gedanken des Vertrauensschutzes bezweckte Selbstbindung des Gesetzgebers zeigt deutlich die Gefahr einer „Versteinerung" 72 der Rechtsetzungstätigkeit der Legislative auf. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz befindet sich auf Kollisionskurs mit der unerläßlichen Flexibilität des Rechts und generell jedweden Staatshandelns 73 . 67

Vgl. Forsthoff \ Lehrbuch, Vorwort zur 7. Auflage, 9. Auflage S. 253; Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 34; Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 211, 213; Pieroth, Rückwirkung, S. 90; H. Huber, Festgabe BVerwG, S. 313, 336. 68 Lötz, WiVerw. 1979, 1. 69 Zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers: Maunz, in Maunz/Dürig, GG Art. 70 Rdn. 15 ff., mit weiterführenden Nachweisen. 70 Vgl. Kisker, Rückwirkung, S. 3, dessen Schlußfolgerung, die Rechtsordnung stehe „unter einer sozialstaatlichen clausula rebus sie stantibus" jedoch zu weit geht. 71 Kisker, Rückwirkung, S. 2; vgl. auch Aschke, Übergangsregelungen, S. 354f. 72 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 35. 73 Vgl. BVerfGE 63, 312, 331; 63, 343, 357; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 171 ff.; Burmeister, Vertrauensschutz im Prozeßrecht, S. 21 f.; Preuß, JA 1977, 265, 267 f.;

C. Gefahren verfassungsrechtlich anerkannten Vertrauensschutzes

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I I I . Z u Rechtsunsicherheit führende Einzelfallgerechtigkeit Gegen die Anerkennung eines verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes w i r d weiterhin eingewandt, die juristische Berücksichtigung individuellen Vertrauens führe zu s u b j e k t i v 7 4 gefärbter Einzelfallgerechtigkeit 7 5 . Die A n t i n o mie v o n i m Allgemeinwohl verfolgten Staatsinteressen einerseits u n d persönlichem Vertrauen andererseits sei nur durch eine Interessenabwägung auflösbar, die das Einfallstor für vage Billigkeitserwägungen b i l d e 7 6 . D e r „Verzicht a u f R e g e l b i l d u n g " 7 7 führe zu einer kasuistischen Lückenausfüllung 7 8 , die dem Richter einen weiten Spielraum für politisch-zweckorientierte W e r t u n g e n 7 9 e i n r ä u m e 8 0 . Die Folge einer derart begründeten Einzelfallgerechtigkeit sei nicht nur eine unter dem Aspekt der Gewaltenteilung fragwürdige Verlagerung der Entscheidungsbefugnis auf den Richter. A u f der Grundlage einer kasuistischen M e t h o d e 8 1 trete der Gedanke des Vertrauensschutzes i n einen Gegensatz zu dem, was er gewährleisten soll: der Rechtssicherheit 8 2 . Einzelfallgerechtigkeit ist nicht vorhersehbar 8 3 . Gerade i m Bereich des Vertrauensschutzes d a r f nicht zugunsten der M ö g l i c h k e i t w i l l k ü r l i c h e r 8 4 EntWeber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 35; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 195 f.; Lange, WiVerw. 1979, 15; Aschke, Übergangsregelungen, S. X X X V I I f. 74 Auf die Gefahr subjektiver Wertungen weist besonders Ipsen, Widerruf, S. 94, hin: „Wer den Vertrauensschutz beansprucht, bewegt sich auf metajuristischen Wegen und verlangt Interessenabwägung, die im öffentlichen Recht wohl erwünscht ist, aber rechtstheoretisch verschieden begründet und tatsächlich oft subjektiv vorgenommen wird." Ähnlich: Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 224; Ossenbühl, Rücknahme, S. 33; Püttner, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 200, 207; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 32. 75 Vgl. Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149,150; Ossenbühl, Rücknahme, S. 30ff.; Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 73: „konturloser Einzelfalldezisionismus"; H. Huber, Festgabe BVerwG, S. 313, 323 Fn. 55; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 32; Becker / Luhmann, Verwaltungsfehler und Vertrauensschutz, S. 15: „frivoles Spiel mit dem Einzelschicksal". 76 Vgl. Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149,150 Fn. 2; Püttner, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 200, 203; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 31; Renck, NJW 1970, 737, 739: „Vertrauensschutz ist eine Vokabel aus dem Wortschatz des Billigkeitsrechts geworden." 77 H. Huber, Festschrift für Kägi, S. 193, 202; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 32. 78 Ossenbühl, Rücknahme, S. 33. 79 Vgl. das Bild Ipsens, Widerruf, S. 95: niemals dürfe „einem Werturteil das Mäntelchen juristischer Begründetheit umgehängt werden". 80 Vgl. Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149,150; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 32. 81 Zu den methodischen Einwänden gegen eine Ausweitung des Vertrauensschutzes siehe Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 34f. 82 Vgl. Ossenbühl, Rücknahme, S. 33; Püttner, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 200, 203; H. Huber, Festgabe BVerwG, S. 313, 323 Fn. 55; Herzog, in Maunz/Dürig, GG Art. 20 V I I Rdn. 70; Bauer, JuS 1984, 241, 249; Kopp, BayVBl. 1980, 38; in diese Richtung weist auch die Forderung Leisners, Festschrift für Berber, S. 273, 297, es gelte heute, durch echten Vertrauensschutz die Rechtsstaatlichkeit zu vollenden.

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Scheidungen auf festgefügte Beurteilungsmaßstäbe verzichtet werden. Andernfalls werden Berechenbarkeit, Voraussehbarkeit und Vertrauenswürdigkeit des Rechts ersetzt durch Rechtsunsicherheit. IV. Das Kernproblem: Bestimmung von Kriterien des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes Das Hauptproblem der Arbeit mit dem Gedanken des Vertrauensschutzes besteht in der Fixierung praktisch verwertbarer Kriterien, mit deren Hilfe sich feststellen läßt, ob eine bestimmte Position des Bürgers von staatlicher Seite Beachtung verdient oder nicht. Durch Lösung dieses Problems kann den dargelegten, von verfassungsrechtlichem Vertrauensschutz ausgehenden Gefahren begegnet werden. Die grundgesetzlich festgelegte Gewaltenbalance ist nur solange gefährdet, wie Unklarheit über die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes und damit über die Grenzen richterlicher Rechtsfindung in diesem Bereich besteht. Auch eine Zementierung staatlichen Handelns ist nicht zu befürchten, wenn Kriterien „schutzwürdigen Vertrauens" 85 herausgestellt werden können und dabei die Notwendigkeit staatlicher Gestaltungsspielräume angemessen berücksichtigt wird. Schließlich wird durch allgemeingültige Kriterien des Vertrauensschutzes auch der Gefahr subjektiv gefärbter Einzelfallgerechtigkeit begegnet. Es müssen daher Regeln aufgestellt werden, die das Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes des einzelnen kennzeichnen. Weiterhin müssen Richtlinien dafür erarbeitet werden, wann das Vertrauen des einzelnen — im Verhältnis zu dem von staatlicher Seite verfolgten Allgemeinwohlbelang — schutzwürdig ist. Schließlich ist Klarheit darüber herbeizuführen, auf welche Weise der Staat schutzwürdiges Vertrauen berücksichtigen muß. Im folgenden soll der Versuch unternommen werden, einer Lösung dieser Probleme näherzukommen.

D. Die Spezifität des rechtlich begründeten Vertrauensschutzes gegenüber rechtsphilosophischen, rechtssoziologischen und psychologischen Ansätzen Vertrauen ist zunächst eine ethische, soziologische, aber auch psychologische Größe. Vertrauen ist sowohl eine natürlich-emotionale Grundgesinnung 86 als 83

Vgl. Aschke, Übergangsregelungen, S. 355. Vgl. H. Huber, Festgabe BVerwG, S. 313, 323; Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 15; Ossenbühl, Rücknahme, S. 33. 85 Die Zirkelhaftigkeit dieser Formel wird allgemein erkannt, vgl. etwa Pieroth, JZ 1984, 971, 972; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 185: „Kostbarkeiten aus dem Zirkelkasten der Vertrauensschutzakrobatik"; ders., Rückwirkung, S. 18 Fn. 36; Schenke, AöR Bd. 101 (1976), S. 337, 359: „Odium einer petitio principii"; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 195; Kopp, BayVBl. 1980, 38, 39; Aschke, Übergangsregelungen, S. 267. 84

D. Die Spezifität des rechtlich begründeten Vertrauensschutzes

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auch ein in der Gesellschaft zentrales und gleichzeitig durch sie bestimmtes Faktum 8 7 . Bei allem beruht es letztlich auf bestimmten psychologischen Wirkungszusammenhängen, die seine ethische, soziologische, aber auch juristische Bedeutung erst ermöglichen 88 . Die Vielschichtigkeit außerrechtlicher Bedeutungsverflechtungen des Vertrauensgedankens ist ursächlich für seine Teilhabe am auf Verbindlichkeit angelegten System der rechtlichen Ordnung. Dies legt die Frage nahe, ob rechtsphilosophische, -soziologische oder psychologische Denkansätze einen Beitrag leisten können bei der Erarbeitungen von Kriterien des Vertrauensschutzes. Doch muß insoweit der besondere Geltungsanspruch rechtlich verbindlicher Vorgaben beachtet werden. I. Die fehlende Verbindlichkeit eines ethisch begründeten Vertrauensschutzgebotes Zu den grundlegenden Funktionen des Rechts gehört die Schaffung einer Friedensordnung, die der Sicherheit dient 8 9 . Auf diese von der Rechtsordnung garantierte Sicherheit soll der Bürger vertrauen dürfen. Die Erkenntnis, daß ein gedeihliches Zusammenleben Wahrhaftigkeit und Verläßlichkeit voraussetzt, gehört zu den selbstverständlichen Grundlagen der sittlichen Rechtslehre 90. Daß der tiefere, sittliche Wert des Lebens erst in einer Sphäre wahrhaften, gegenseitigen Vertrauens liegt, ist einer der wichtigsten Grundgedanken, die die Rechtslehre vom Vertrauen tragen 91 . Der Schutz persönlichen Vertrauens wird zur rechtsethischen Forderung allerersten Ranges und kann als ethische N o r m 9 2 angesehen werden. Ethische Normen als solche sind jedoch nicht verpflichtend 93 . Verbindlichkeit und damit Sicherheit erzeugt erst die Rechtsordnung als Ergebnis einer je nach Kulturzustand unterschiedlichen Rechtsentwicklung 94 . 86

Vgl. Eichler, Die Rechtslehre vom Vertrauen, S. 4 ff. Vgl. Luhmann, Vertrauen, S. 1. 88 Vgl. Luhmann, Vertrauen, S. 1 f. 89 Vgl. Coing , Rechtsphilosophie, S. 145; ders., Die obersten Grundsätze des Rechts, S. 20f. 90 Vgl. Eichler, Die Rechtslehre vom Vertrauen, S. 110; Petraschek, System der Rechtsphilosophie, S. 379; Stammler, Die Lehre vom richtigen Rechte, S. 282f.; Riezler, Das Rechtsgefühl, S. 74; bereits die römisch-rechtliche bona fides wurde als ethische Größe angesehen, vgl. Käser, Das römische Privatrecht, S. 486. 91 Eichler, Die Rechtslehre vom Vertrauen, S. 110: vgl. auch H. Huber, Festschrift für Kägi, S. 193, 195; der den demokratischen Rechts- und Verfassungsstaat als durch eine „eigene Vertrauensatmosphäre" gekennzeichnet sieht. 92 Zur Lehre von den ethischen Normen: Coing , Rechtsphilosophie, S. 102ff.; Eichler, Die Rechtslehre vom Vertrauen, S. 4 ff. 93 Coing , Rechtsphilosophie, S. 120; Riezler, Das Rechtsgefühl, S. 75 f.; Stich, Vertrauensschutz, S. 6f.: Beschränkung der Rechtsordnung auf ein „ethisches Minimum"; kritisch insoweit aber Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 134. 94 Vgl. Henkel, Rechtsphilosophie, S. 437; allgemein zum Verhältnis von Ethik und Recht: Radbruch, Rechtsphilosophie, § 5 (S. 127 ff.); Laun, Recht und Sittlichkeit, 1935; Riezler, Das Rechtsgefühl, S. 72; Coing, Die obersten Grundsätze des Rechts, S. 55 ff. 87

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des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

Sittliche Anschauungen haben einen erheblichen Einfluß auf die Rechtsordnung 9 5 . Bevor sie Bestandteil des geltenden Rechts werden, erlangen sie indessen keine rechtliche Verbindlichkeit 96 . Daher kann eine Bewertung des Vertrauensgedankens als ethische Norm für seine juristische Behandlung keinen Gewinn bringen. Die Eigenart rechtsethischer Wertmaßstäbe läßt ihre Verwertung als Begründungshilfe für rechtlich gebotenen Vertrauensschutz nicht zu. IL Der Unterschied zwischen sozialen Erwartungshaltungen und rechtlichen Vertrauensschutzpositionen Auch rechtssoziologische Ansätze führen bei der Frage der rechtlichen Behandlung des Vertrauensschutzes nicht weiter. Zwar ist Gegenstand des Rechts der Umkreis der sozialen Vorgänge, die vom Recht geordnet werden 97 . Daß der einzelne in Aussagen oder Handlungsweisen anderer oder des Staates Vertrauen faßt, ist zweifellos ein soziales Faktum 9 8 . Doch ist die Befolgung sozialer Gewohnheiten dem einzelnen — rechtlich 99 — freigestellt. Rechtliche Verbindlichkeit kann erst entstehen, wenn zur tatsächlichen Übung das normative Element hinzutritt 1 0 0 . Rechtlich geschütztes und sozial feststellbares Vertrauen können nicht zur Deckung gebracht werden 101 . Nur rechtlich anerkannter Vertrauensschutz hat teil an der Spezifität des Normativen gegenüber Gesellschaft und Politik 1 0 2 . Daraus ergibt sich der prinzipielle Unterschied von auf Vertrauen gegründeten sozialen Erwartungshaltungen und rechtlichen Vertrauensschutzpositionen 103.

95 Vgl. Coing , Rechtsphilosophie, S. 145; Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 134, meint, „daß die Moral einerseits Zweck des Rechts und, eben deshalb, andererseits Grund seiner verpflichtenden Geltung ist". (Hervorhebung im Original). 96 Vgl. Coing , Rechtsphilosophie, S. 137 f.; Larenz, Richtiges Recht, S. 80, für die „Bindekraft eines Versprechens"; demgegenüber ist nach Eichler, Die Rechtslehre vom Vertrauen, S. 7, der Übergang des „natürlich-sittlichen" Vertrauens ins Rechtliche fließend. 97 Vgl. Coing , Rechtsphilosophie, S. 136; ders., Die obersten Grundsätze des Rechts, S. 10; Röhl, Rechtssoziologie, S. 3, 131; Zippelius, Gesellschaft und Recht, S. 68; Ryffel, Rechtssoziologie, S. 146. 98 Vgl. Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 116; Luhmann, Vertrauen, S. 1. 99 Zur sanktionsbewehrten Verhaltensforderung „sozialer Normen": Röhl, Rechtssoziologie, S. 201 f.; Raiser, Rechtssoziologie, S. 218 f., 224. 100 Vgl. Henkel, Rechtsphilosophie, S. 53 f. 101 Vgl. Luhmann, Vertrauen, S. 36. 102 Ygi pieroth, JZ 1984,971 f.; allgemein: Zippelius Gesellschaft und Recht, S. 42 f.; F. Müller, Juristische Methodik und politisches System, S. 49, passim. 103

Vgl. Pieroth, JZ 1984, 971, 972.

D. Die Spezifität des rechtlich begründeten Vertrauensschutzes

27

I I I . Die Figur der „normativen Kraft des Faktischen" — eine außerrechtliche Kategorie Eine psychologische Fundierung des Vertrauensschutzes läßt sich möglicherweise in Georg Jellineks berühmter Formel von der „normativen Kraft des Faktischen" 104 finden. Jellinek mißt dem Faktischen deshalb normative Bedeutung bei, weil in der menschlichen Natur die Eigenschaft liege, das bereits •Geübte physiologisch und psychologisch leichter zu reproduzieren als das Neue 1 0 5 . Das Faktische habe überall die psychologische Tendenz, sich in Geltendes umzusetzen. So erzeuge es im ganzen Umfange des Rechtssystems die Voraussetzung, daß der gegebene soziale Zustand der zu Recht bestehende sei, so daß jeder, der eine Veränderung in diesem Zustand herbeiführen wolle, sein besseres Recht zu beweisen habe 1 0 6 . Jellinek erklärt diese Lehre mit „den letzten psychologischen Quellen des Rechts" 107 . Auf seinem Ansatz ließe sich leicht eine Theorie vom Vertrauensschutz entwickeln. Es könnte davon ausgegangen werden, daß der einzelne durch bestimmte (staatlich geschaffene) Tatsächlichkeiten in einen „psychologischen Zwang" gerate und deshalb auf die Beständigkeit bestimmter staatlicher Vorgaben vertraue 108 . Handelt der Staat rein tatsächlich, könnte eine „normative Kraft" entfaltet werden. Schafft er gesetzliche Vorgaben, ist der Bürger auf den Schutz der Verfassung angewiesen. Er ließe sich in Fortentwicklung der Lehre Jellineks mit einer „verfassungsbildenden Kraft des Faktischen" 109 begründen. Der einzelne, der sich mit dem Ziel des Schutzes seines Vertrauens hierauf berufen könnte, hätte, da ein „besseres Recht" erst „zu beweisen" wäre, grundsätzlich die stärkere Position. Eine solche psychologisch-soziologisch fundierte Begründung des Vertrauensschutzes läßt jedoch den Unterschied zwischen sozialen und rechtlichen Verhaltensvorgaben weitgehend außer acht. Dies kann dazu führen, daß die Grenzlinie zwischen bloßen gesellschaftlich-psychologischen Phänomenen und der zur verbindlichen Regelung des menschlichen Zusammenlebens geschaffenen Rechtsordnung verwischt wird. Zwischen Rechts- und Sozialordnung bestehen erhebliche wechselseitige Einflüsse und Beziehungen 110 . Die Begrün-

104

G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 337 ff. G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 338. 106 G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 339 f.; kritisch gegenüber der „normativen Kraft des Faktischen": Grimmer, Die Rechtsfiguren einer „Normativität des Faktischen", S. 14f.; Henkel, Rechtsphilosophie, S. 56; Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 24, 176, 284. 107 G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 337; vgl. Grimmer, Die Rechtsfiguren einer „Normativität des Faktischen", S. 26: „psychologische Gesetzmäßigkeit". 108 Vgl. Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 158. 109 Zur „verfassungsbildenden Kraft des Faktischen" vgl. Grimmer, Die Rechtsfiguren einer „Normativität des Faktischen", S. 17f.; Pieroth, Rückwirkung, S. 384; Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 240. 105

. Teil:

28

e n

des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

dung schutzwürdigen Vertrauens m i t einer normativen oder gar verfassungsbildenden „ K r a f t des Faktischen" geht jedoch über diese Wechselwirkung h i n a u s 1 1 1 . Die Rechtsordnung ist nicht m i t bestimmten Vorstellungen also psychologischen Fakten i d e n t i s c h 1 1 2 . Das Sicheinspielen bestimmter Verhaltensweisen allein vermag es nicht, den Übergang ins N o r m a t i v e zu b e w i r k e n 1 1 3 . Daher k a n n die Figur der „ n o r m a t i v e n K r a f t des Faktischen" keinen Beitrag zur (verfassungsrechtlichen Begründung des Vertrauensschutzes leisten.

110

Vgl. Zippelius, Gesellschaft und Recht, S. 43 ff.; Drath, Grund und Grenzen der Verbindlichkeit des Rechts, S. 24f., passim; Ehrlich, Grundlegung der Soziologie des Rechts, S. 31, 316, passim; Grimmer, Die Rechtsfiguren einer „Normativität des Faktischen", S. 54ff., 70 ff. 111

Vgl. Krüger, DÖV 1961, 721, 727, der in dem Satz „ex factis ius oritur" eine Gefahr für die Grenzziehung zwischen Verfassungsänderung und Verfassungsauslegung sieht. 112 Vgl. Coing , Rechtsphilosophie, S. 287; Pieroth, Rückwirkung, S. 384, der die Figur der „verfassungsbildenden Kraft des Faktischen" wegen fehlender Verfassungsnormorientierung ablehnt. 113 Vgl. Henkel, Rechtsphilosophie, S. 56; Grimmer, Die Rechtsfiguren einer „Normativität des Faktischen", S. 68; anschaulich BVerfGE 11, 310, 325, wo das Gericht zwar anerkennt, daß infolge des Wandels von Wirtschaft und Technik eine Differenzierung von Gesellen und Nichtgesellen hinsichtlich der Errichtung von Innungskrankenkassen als nicht mehr tragbar erscheine, aber gleichwohl betont, daß hierüber zu entscheiden dem Gesetzgeber überlassen bleiben müsse.

Zweiter

Teil

Dogmatische Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes Eine notwendige Station auf dem Weg zu praktisch verwertbaren Kriterien verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes ist die Darlegung der dogmatischen Grundlagen dieses Rechtsgedankens. Die Aufarbeitung des dogmatischen Standortes ist bei einem nicht positivrechtlich fixierten Rechtsgrundsatz unabdingbar. Die Kriterien verfassungsrechtlich verbürgten Vertrauens werden maßgeblich durch die Rechtsgrundlage des Vertrauensgedankens vorgegeben. Sollte sich beispielsweise nachweisen lassen, daß grundsätzlich die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG Grundlage des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes ist, können zur Beantwortung der Frage, ob das Vertrauen des einzelnen verfassungsrechtlichen Schutz genießt, die Maßstäbe herangezogen werden, die von Rechtsprechung und Literatur für die Bestimmung einer Eigentumsbeeinträchtigung herausgearbeitet worden sind. Ließe sich dagegen zum Beispiel der Beweis dafür antreten, daß der Vertrauensschutz im öffentlichen Recht auf zivilrechtlich begründete Rechtsinstitute zurückgeht, wäre damit zugleich die Möglichkeit eröffnet, privatrechtliche Beurteilungsmaßstäbe heranzuziehen 1.

A. Der Grundsatz von Treu und Glauben Nicht selten wird versucht, den zivilrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben als dogmatische Grundlage für den Vertrauensschutz nutzbar zu machen 2 . Es wird argumentiert, die Generalklausel des § 242 BGB sei Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, der auch im öffentlichen Recht gültig sei3. Das privatrechtliche, auf dem Grundsatz von Treu und Glauben beruhende Verbot des venire contra factum proprium sei genau gleich gelagert wie der 1 Vgl. BVerwGE 19, 188, 190: „ D a die Regeln des Vertrauensschutzes durch den Grundsatz von Treu und Glauben maßgebend beeinflußt werden,... sind — entsprechend einer durch Treu und Glauben gebotenen Beurteilung ex aequo et bono — alle Umstände und Besonderheiten des einzelnen Falles und auch die Folgen des Widerrufs zu berücksichtigen." Deutlich auch Stich, Vertrauensschutz, S. 13. 2 Vgl. Ossenbühl, Rücknahme, S. 78; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 161 f.; Maurer, Festschrift Boorberg Verlag, S. 223, 227f.; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 47; Stich, Vertrauensschutz, S. 35f.; Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 77; Frotschef, DVB1. 1976, 281, 287 f. 3

Vgl. Coing , BB 1954, 137, 139; EckhardtI Hillebrecht, Problematik rückwirkender Steuergesetze, S. 81 f.; Stich, Vertrauensschutz, S. 35f.; Frotscher, DVB1.1976,281,288ff.

30

2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

öffentlich-rechtliche Vertrauensschutz 4. Gerade in den Fällen, in denen die Frage des Vertrauensschutzes die Beziehungen zwischen Verwaltungsbehörde und Bürger 5 betreffe, sei eine Ähnlichkeit mit dem bürgerlichen Rechtsleben festzustellen. Hier wie dort handele es sich um Situationen, in denen eine Partei auf einen Sachverhalt, der von der anderen Seite geschaffen wurde, vertraut habe und das jetzige Verhalten unerwartet komme und als unbillig und ungerechtfertigt empfunden werde 6 . Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts leitete früher einen allgemeinen Grundsatz des Vertrauensschutzes aus dem im öffentlichen Recht anzuerkennenden Grundsatz von Treu und Glauben her 7 . Daß das aus § 242 BGB herleitbare Verbot des venire contra factum proprium eine erheblich Ähnlichkeit mit dem öffentlich-rechtlichen Gedanken des Vertrauensschutzes aufweist, kann nicht bestritten werden. Beide Rechtsfiguren bezwecken, die eine Seite an ihr Verhalten der anderen gegenüber zu binden, um ein widersprüchliches Handeln möglichst auszuschließen. Gleichwohl kann in § 242 BGB nicht die rechtsdogmatische Grundlage des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes gesehen werden. Mainka hat darauf hingewiesen, daß in zahlreichen Fällen das Redlichkeitsgebot als Grundlage der Bindung an ein früheres Verhalten ausscheiden muß, weil die Abweichung von dem früheren Verhalten nicht mit dem Vorwurf eines unredlichen Vorgehens belegt werden kann 8 . Gleichwohl kann ein Vertrauensschutz dringend geboten sein, weil der Bürger im Vertrauen auf ein gleichbleibendes Verhalten des Staates Dispositionen getroffen hat 9 . Treu und Glauben als Gebot eines redlichen und loyalen Verhaltens vermag daher keine allgemeine Grundlage des Vertrauensschutzes zu bilden 10 . Darüber hinaus stößt eine Herleitung des Vertrauensschutzes aus § 242 BGB auf Schwierigkeiten bei der Frage, ob der Vertrauensschutzgedanke Verfas4 Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 43; Lenz, Vertrauensschutz-Prinzip, S. 32; Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 65, 73 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 458 f.; Canaris , Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S. 270 f., im Anschluß an Wieacker, Zur rechtstheoretischen Präzisierung des § 242 BGB, S. 28; demgegenüber lehnt Salzwedel, Die Verwaltung 1972, 11, 16, eine Anwendung des Verbots des venire contra factum proprium ab, weil es in der Demokratie nicht passe, da sie fordere, daß die alten Parlamente nicht den Handlungsspielraum der neuen festlegen. 5 Zur Anwendung des Verbots des venire contra factum proprium gegenüber dem Gesetzgeber: Zimmer Ii, Das Verbot rückwirkender Verwaltungsgesetze, S. 50 f. 6 Stich, Vertrauensschutz, S. 13. 7 Vgl. etwa BVerwGE 3,199, 203; 19,188,189; 40,147,150; in jüngerer Zeit zieht das Gericht jedoch das Rechtsstaatsprinzip heran, vgl. BVerwGE 68, 159, 165. 8 Mainka, Vertrauensschutz, S. 12. 9 Mainka, Vertrauensschutz, S. 12. 10 Vgl. Mainka, Vertrauensschutz, S. 13; Jesch, JZ 1960, 282, 283 Fn. 5, weist zudem daraufhin, daß der Vertrauensgrundsatz und der Gedanke des § 242 BGB häufig gerade in Widerstreit liegen, da das Prinzip von Treu und Glauben der Billigkeit (Einzelfallgerechtigkeit) dienen solle, wobei u. U. der Gedanke der Rechtssicherheit zurücktreten müsse.

Β. Das Sozialstaatsprinzip als Standort des Vertrauensschutzes

31

sungsrang haben kann. Die fortschreitende Tendenz der Legislative, das Gesetz als Instrument zur Durchsetzung bestimmter, sich mitunter kurzfristig ändernder politischer Ziele einzusetzen, hat, wie dargelegt, zu dem heute feststellbaren Bedeutungsverlust des einfachen Gesetzes geführt. Das zur Kompensation dieser Entwicklung ins Feld geführte Vertrauensschutzprinzip muß, um seine Aufgabe, Stabilität des geltenden Rechts zu gewährleisten, Verfassungsrang haben. Verfassungsprinzip kann nur sein, was sich im Wege der Auslegung von Verfassungsvorschriften als Grundsatz der Verfassung aus ihr herleiten läßt. Aus diesem Grunde wird in der Literatur häufig der Grundsatz von Treu und Glauben zum Rechtsstaatsprinzip und Rechtssicherheitsgebot des Grundgesetzes in Bezug gesetzt11. Bringt man jedoch den Begriff der Rechtssicherheit und damit zusammenhängend den der Vorhersehbarkeit staatlicher Normsetzung ins Spiel, wird ein Rekurs auf den Grundsatz von Treu und Glauben verzichtbar. Soweit § 242 BGB vertrauensschützende Wirkung erzeugt, geht er im rechtsstaatlichen Rechtssicherheitsgebot 12 auf 1 3 . Für den Grundsatz von Treu und Glauben als zusätzliche Stütze des Vertrauensschutzprinzips besteht kein Bedürfnis.

B. Das Sozialstaatsprinzip als verfassungsdogmatischer Standort des Vertrauensschutzes In Betracht kommt weiterhin, das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes als verfassungsrechtliche Grundlage des Vertrauensschutzes anzusehen. Das sozialstaatliche Prinzip des Grundgesetzes gewährt in weitem Umfang soziale Sicherheit 14 . Es umfaßt nicht nur die Schaffung, sondern auch die Erhaltung von Einrichtungen oder Maßnahmen, die, vorbeugend oder abhelfend zum Schutze der Lebenslage des einzelnen für den Fall des Fehlens eigener Daseinsreserven in Krisen, die notwendige Daseinshilfe gewähren 15 . Der Gedanke liegt nahe, aus dieser Funktion des Sozialstaatsprinzips — zumindest partiell für den Bereich der sozialen Sicherung des einzelnen — das Erfordernis nach Berücksichtigung individueller Vertrauenspositionen herzuleiten. 11 Vgl. Coing , BB 1954, 137, 138; Eckhardt ! Hillebrecht, Problematik rückwirkender Steuergesetze, S. 84; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 47, 52 f.; Maurer, Festschrift Boorberg Verlag, S. 223,227 f.; zum Problem der verfassungsrechtlichen Verankerung des Grundsatzes von Treu und Glauben aus § 242 BGB: Schenke, AöR Bd. 101 (1976), S. 337, 360 Fn. 100 (m.w. N.). 12 Dazu im einzelnen unten D. I. 13 Vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 113 f.; Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 70: „Vertrauensschutz, venire contra factum proprium, Treu und Glauben bezeichnen identische Konfliktlagen, es erscheint daher nicht sinnvoll, die Begriffe auseinander abzuleiten." Ähnlich: Püttner, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 200, 202: „Spiel mit Worten"; Zimmerli, Das Verbot rückwirkender Verwaltungsgesetze, S. 57. 14 Vgl. nur Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 890; Rüfner, in Wannagat, Sozialgesetzbuch § 1 AT Rdn. 2; Herzog, in Maunz ! Dürig, GG Art. 20 V I I Rdn. 7 ff. 15 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 911 f.

32

2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

I. Ansätze zur Herleitung von Vertrauensschutz aus dem Sozialstaatsprinzip In der Literatur wird das Sozialstaatsprinzip allein 16 oder auch in Verbindung mit anderen Verfassungsprinzipien 17 als Ansatzpunkt des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes bezeichnet. Preuß geht dabei von einer Theorie des Statusschutzes aus 18 . Soweit die gesetzlichen Konkretisierungen des Sozialstaatspostulats statusbildend seien, trage das Sozialstaatsprinzip verfassungsrechtlich den dadurch geschaffenen Status. Denn der Schutz des sozial abhängigen Staatsbürgers sei bei allen unterschiedlichen sozialpolitischen Konzeptionen die unbestrittene Essenz des Sozialstaatsprinzips. Ein Status der existentiellen Abhängigkeit, d. h. des Fehlens der Möglichkeit einer Rollenvariation sei die zentrale sedes materiae dieses Rechtsprinzips 19 . Rupp-v. Brünneck begründet die Anwendung des Sozialstaatsgedankens auf Fragen des Vertrauensschutzes aus dem Konflikt zwischen dem Individualinteresse auf Beibehaltung der bisherigen Regelung und dem Bestreben des Gesetzgebers nach Dispositionsfreiheit für Rechtsänderungen. So gesehen handele es sich um das gleiche Problem, das sich auch bei anderen Eingriffen in Grundrechte stelle, wenn das Einzelinteresse mit den Anforderungen der sozialstaatlichen Ordnung zusammenstoße. Das Sozialstaatsprinzip biete sich daher als adäquates Instrument der Lösung an. Seine Heranziehung ergebe, daß der Staat, wenn er einer bestimmten Gruppe von Bürgern Leistungen gewährt, um einem sozialen oder sonstigen anerkennenswerten Bedürfnis Rechnung zu tragen, sich nicht beliebig dieser Leistung entziehen und die Betroffenen wieder sich selbst überlassen, d. h. sie zum bloßen Objekt wechselnder Willensentscheidungen machen dürfe. Das vorangegangene Tun verpflichte ihn, der freiwillig oder unfreiwillig übernommenen sozialen Verantwortung auch weiterhin gerecht zu werden, soweit nicht höherrangige Interessen des Gemeinwohls entgegenstehen20. II. Die fehlende abwehrrechtliche Tendenz des Sozialstaatsprinzips Das Sozialstaatsprinzip kann als Grundlage des Vertrauensschutzes — ganz oder auch nur als eine von mehreren Komponenten — nicht herangezogen 16 Vgl. Rupp-v. Brünneck, Sondervotum, in BVerfGE 32,129,139; Preuß, JA 1977,313, 316; Nicolaysen, Festschrift für Schack, S. 107, 122 f., für den Bereich der Daseinsvorsorge. 17 Mainka, Vertrauensschutz, S. 27 ff., erarbeitet eine differenzierte Fundierung des Vertrauensschutzes, wobei er, S. 40, den Sozialstaatsgedanken als „Hauptquelle" bezeichnet; letztlich gelangt er zu dem Ergebnis, „daß der Gedanke des Vertrauensschutzes seine verfassungsrechtliche Grundlage im Prinzip des sozialen Rechtsstaats besitzt"; so auch Rohwer-Kahlmann, DVB1. 1962, 622, 624; Richter, DÖV 1962, 454, 456f.; in dieser Richtung auch Götz, Festgabe BVerfG, Bd. II, S. 421, 422. 18 19 20

Preuß, JA 1977, 313: „Vertrauensschutz als Statusschutz". Preuß, JA 1977, 313, 316. Rupp-v. Brünneck, Sondervotum, in BVerfGE 32, 129, 138ff.

Β. Das Sozialstaatsprinzip als Standort des Vertrauensschutzes

33

werden. Die ihm verfassungsrechtlich zugedachte Funktion weist, wie Ossenbühl hervorhebt, in eine andere Richtung 21 . Die Aufnahme der Sozialstaatsklausel in das Grundgesetz bekundet eine Abkehr der neuen Verfassung vom bürgerlichliberalen Rechtsstaat, der weitgehend ein Rechtsbewahrstaat war 2 2 und die bestehende Güterverteilung sicherte, statt sie im Sinne eines sozialen Ausgleichs zu verändern 23 . Der Gesetzgeber ist im Sozialstaat verbindlich 24 aufgerufen zur Gestaltung der gesellschaftlichen Ordnung 25 . Das beinhaltet die Notwendigkeit zu sozialer Veränderung, auch Umverteilung 26 . Das Sozialstaatsprinzip gebietet dem Staat, den Bürger durch Gewährleistung eines am herrschenden Sozialniveau ausgerichteten, menschenwürdigen 27 Daseins an den Gemeinschaftsleistungen im weitesten Sinne teilhaben zu lassen28. Der Staat, der sich als Sozialstaat versteht, ist ein Leistungs- und Gewährleistungsstaat, der dem Bürger einen status positivus socialis vermittelt 29 . Die verfassungsrechtliche Absicherung dieser Gewährleistung kann das Sozialstaatsprinzip selbst jedoch nicht leisten. Hierzu bedarf der einzelne des ihm im Rahmen seines rechtsstaatlichen status negativus civilis 30 eingeräumten Schutzes. Die durch die „positive" Seite des Sozialstaatsprinzips gewährten Positionen bedürfen des ergänzenden Schutzes durch die negativ-abwehrrechtliche Funktion der Grundrechte und des Rechtsstaatsprinzips 31. Das Sozialstaatsprinzip richtet primär einen Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber, gewährt jedoch keine unmittelbaren, judizierbaren 32 Rechte für den Einzelfall 33 . 21

Ossenbühl, Rücknahme, S. 155. Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 892; ders., Artikel „Sozialstaat", EvStL Sp. 3271; Herzog, in Maunz ! Dürig, GG Art. 20 V I I I Rdn. 7; ders., Allgemeine Staatslehre, S. 114ff.; Maunz/Dürig, in dies., GG Art. 79 Rdn. 49; Schnapp, in v. Münch, GG Art. 20 Rdn. 17. 23 Vgl. Schnapp, in ν . Münch, GG Art. 20 Rdn. 17. 24 Daß das Sozialstaatsprinzip einen verbindlichen Rechtsbegriff und nicht nur eine „programmatische Forderung" (so noch Wernicke, in BK Art, 20 Anm. I I 1 d; vgl. auch v. Mangoldt, GG Art. 20 Anm. I I 2 b, S. 134: „Programm"; Grewe, D R Z 1949, 349, 351: „substanzloser Blankettbegriff") enthält, entspricht heute allgemeiner Auffassung, vgl. nur Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 887; Hesse, EuGRZ 1978, 427, 434. 25 Vgl. BVerfGE 1,97,105; 8,274,329; Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 887f.; Schnapp, in v. Münch, GG Art. 20 Rdn. 17; v. Münch, in ders., GG Vorb. Art. 1-19 Rdn. 21. 26 Vgl. Schnapp, in v. Münch, GG Art. 20 Rdn. 17. 27 Zum Zusammenhang von Sozialstaatsprinzip und Menschenwürdegarantie: BVerfGE 45, 187, 228. 22

28

Vgl. Ossenbühl, Rücknahme, S. 155. Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 912; ders., Artikel „Sozialstaat", EvStL Sp. 3275; vgl. auch Häberle, VVDStRL Heft 30 (1972), S. 43, 80 ff. 30 Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 912; ders., Artikel „Sozialstaat", EvStL Sp. 3275. 31 Vgl. Ossenbühl, Rücknahme, S. 155. 32 Zur „Justitiabilitätsschwäche" des Sozialstaatsprinzips: Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 912; ders., Artikel „Sozialstaat", EvStL Sp. 3273. 33 Vgl. BVerfGE 39, 302, 315; W. Weber, Der Staat 1965, 409, 431; Wertenbruch, Festgabe für Küchenhoff, S. 343,349 ff.; Wiedenbrüg, Der Einfluß des Sozialstaatsprinzips, 29

3 Muckel

34

2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

Schutz vor staatlichen Eingriffen kann demgegenüber der—material verstandene 3 4 — Rechtsstaat bieten, indem er dem einzelnen umfassenden und effektiven Rechtsschutz gewährt 35 . Dabei kann der Bürger jede Verletzung seiner Rechte geltend machen und sich insbesondere auf die zu einem umfassenden Ab wehr system gegen hoheitliche Beeinträchtigungen ausgestalteten Grundrechte berufen 36 . So sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sozialversicherungsrechtliche Positionen unter bestimmten Voraussetzungen dem Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 G G unterstellt 37 . Das Sozialstaatsprinzip bleibt insoweit mangels subjektiv-rechtlicher Ausrichtung außer Ansatz 38 . I I I . Soziale Veränderung als Wesensmerkmal des Sozialstaatsprinzips Das Sozialstaatsprinzip wendet sich an die Staatsgewalt mit dem Auftrag, eine sozial ausgewogene, ein menschenwürdiges Dasein ermöglichende Gesellschaftsordnung herbeizuführen. Diese Aufgabe nimmt der in erster Linie zum Handeln aufgerufene Gesetzgeber wahr, indem er lenkend und planend auf die Gesellschaft einwirkt. Dabei kann er sich aller ihm zur Verfügung stehenden Instrumente bedienen. Insbesondere hat er die Möglichkeit, sozialstaatlich intendierte Maßnahmegesetze zu erlassen. Der zunehmende Einsatz von Maßnahmegesetzen ist jedoch, wie dargelegt 39 , zumindest mitursächlich für einen Qualitätsverlust des einfachen Gesetzes. Zur Kompensation dieser Entwicklung wird vermehrt auf das Vertrauensschutzprinzip zurückgegriffen. Die auf Veränderung und Intervention angelegte Befolgung des Sozialstaatsgebots stellt sich so als Ursache des Bedeutungszuwachses des Vertrauensschutzgedankens dar 4 0 , nicht aber als sein verfassungsrechtliches Fundament. Die Realisierung des Sozialstaatsauftrags befindet sich geradezu in einem ständigen Konflikt mit der vom Vertrauensgedanken bezweckten Bestandssicherung 41. Das Sozialstaatsprinzip kommt daher als dogmatische Grundlage des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes nicht in Betracht. S. 63 ff.; Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 62; Scholz, Sozialstaat zwischen Wachstums- und Rezessionsgesellschaft, S. 35. 34 Zum Rechtsstaat im materiellen Sinne: Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 774, 785. 35 Vgl. insoweit Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 839, mit umfangreichen Nachweisen. 36 Die Gewährleistung persönlicher Grundrechte gehört zur Rechtsstaatlichkeit; zum Zusammenhang zwischen Grundrechten und Rechtsstaatsprinzip vgl. Herzog, in Maunz/Dürig, GG Art. 20 V I I Rdn. 12ff., 23; Schnapp, in v. Münch, GG Art. 20 Rdn. 23. 37 Vgl. dazu BVerfGE 11, 221, 226; 14, 288, 293; 16,94,111; 24, 220, 225; 53,257, 289; 69, 272, 298 ff.; kritisch Kittner, in Alternativkommentar zum GG, Art. 20 Abs. 1 - 3 IV Rdn. 79. 38 Deutlich insoweit BVerfGE 69, 272, 314 f. 39 Oben Erster Teil, B. II. 40 Vgl. Ossenbühl, DÖV 1972, 25,26, der als weitere Ursache die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 G G nennt. 41 Vgl. dazu unten Fünfter Teil, B.

C. Vertrauensschutz durch Grundrechte

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C. Vertrauensschutz durch Grundrechte I. Die Grundrechte als Instrumente zum Schutz individueller Vertrauenstatbestände 1. Die Grundrechte als funktional geeignete Ansatzpunkte des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

Der Grundrechtskatalog des Grundgesetzes bietet sich als verfassungsdogmatische Grundlage des Vertrauensschutzgedankens besonders deutlich an. Die Grundrechte gewähren dem einzelnen staatsgerichtete subjektiv-öffentliche Rechte 42 . Als solche sind sie — im Gegensatz zum Sozialstaatsprinzip — mit einer starken abwehrrechtlichen Ausrichtung versehen. So sind sie geeignet, den in der Verfassung nicht ausdrücklich genannten Grundsatz des Vertrauensschutzes auf subjektiv-rechtliche Füße zu stellen 43 und ihn damit zu einem wirksamen Instrument des einzelnen gegen staatliche Änderungstätigkeit erstarken zu lassen. Eine Heranziehung der thematisch aufgefächerten Einzelgrundrechte erlaubt nicht nur eine nach Lebenssachverhalten 44 differenzierte und abgestufte Betrachtungsweise. Die Besinnung auf die Grundrechte kann auch dazu dienen, die bei Fragen des Vertrauensschutzes drohende Einzelfallgerechtigkeit zu überwinden 45 . Eine Herleitung des Vertrauensschutzes aus den Grundrechten würde die Suche nach generalisierbaren Kriterien erheblich erleichtern. Sie wären durch die von der Grundrechtsdogmatik vorgegebenen Grundsätze weitgehend vorweggenommen 46. Insbesondere wird der Blick deutlich auf den bei der Einschränkung von Freiheitsrechten zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gelenkt 47 . Gleichzeitig stehen hinreichend 42

Vgl. aus dem jüngeren Schrifttum: v. Münch, in ders., GG, Vorb. Art. 1-19 Rdn. 16ff.; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn. 283 ff.; Badura, Staatsrecht, C 17; Maunz / Zippelius, Deutsches Staatsrecht, S. 145f.; Rupp, AöR Bd. 101 (1976), S. 161, 166f.; Henke, DÖV 1984, 1; ders., DÖV 1980, 621, 624. 43 Schlenker,Soziales Rückschrittsverbot, S. 140, leitet darüber hinaus „ein judizielles Recht des Bürgers gegen sozialen Rückschritt allein aus der objektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte" her. 44 Dabei soll nicht einem Verständnis der Grundrechte als jeweils abschließende Regelungen für bestimmte Lebensbereiche Vorschub geleistet werden; dies wäre wie Stern/ Bethge, Rundfunk, S. 97, formulieren, eine „Überforderung des prognostischen Kalküls des Grundgesetzgebers"; es würde zudem die notwendig unbestimmten Grundrechtstatbestände ohne hinreichenden Grund einengen, vgl. Berg, Konkurrenzen schrankendivergierender Freiheitsrechte, S. 73 f.; Bleckmann, Staatsrecht II, S. 316; ausführlich gegen die „Lebensbereichstheorie": Degen, Pressefreiheit, Berufsfreiheit, Eigentumsgarantie, S. 162 ff., 197 f. 45 Vgl. Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 73. 46 Vgl. Grabitz, DVB1.1973,675,678: Grundrechte als „Maßstab der verfassungsrechtlichen Beurteilung". 47 Vgl. Götz, Festgabe BVerfG, Bd. II, 421, 431; Salzwedel, Die Verwaltung 1972, 11, 16; der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nach Schwabe, JA 1979, 191, 195, als „Allgemeinvorbehalt" der Grundrechte anzusehen; doch vernachlässigt diese Sichtweise 3*

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2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

elastische Wertmaßstäbe zur Verfügung, die unter Verzicht a u f aprioristische Präferenzentscheidungen einen angemessenen Ausgleich v o n persönlichem Besitzstand u n d staatlicher D y n a m i k gewährleisten k ö n n e n 4 8 . V o r diesem Hintergrund findet die vielfach erhobene Forderung nach stärkerer G r u n d rechtsorientierung v o n Fragen des Vertrauensschutzes 49 i n der Tat ihre Berechtigung. Eine Entscheidung, ob u n d inwieweit die Grundrechte den Schutz individueller Vertrauenspositionen gewährleisten können, muß allerdings einer besonderen Untersuchung der verschiedenen grundrechtlichen Schutzbereiche vorbehalten bleiben. D i e Grundrechte sind als begrenzte, spezielle Verbürgungen anzusehen, die nicht i m Sinne einer grundsätzlich unbegrenzten natürlichen Freiheit verstanden werden d ü r f e n 5 0 . E i n Grundrecht k a n n daher nur i n dem U m f a n g Vertrauensschutz gewähren, der durch seinen Schutzbereich vorgegeben ist. 2. Kein Vertrauensschutz aus den institutionellen Gehalten der Grundrechte Einer besonderen Betrachtung bedarf die Frage, ob sich ein allgemeiner grundrechtlicher Vertrauens- u n d Bestandsschutz m i t der Lehre v o m institutionellen Verständnis der G r u n d r e c h t e 5 1 begründen läßt. sowohl die Differenziertheit grundrechtlicher Schranken (Bettermann, Grenzen der Grundrechte, S. 3, spricht gar von einem „Schrankenwirrwarr") als auch die Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte, vgl. Berg, Konkurrenzen schrankendivergierender Freiheitsrechte, S. 40 f.; Stern, JA 1984, 642, 643, 646, 647; Degen, Pressefreiheit, Berufsfreiheit, Eigentumsgarantie, S. 306; Fohmann, Konkurrenzen und Kollisionen im Verfassungsrecht, S. 61 f.; Lepa, DVB1. 1972, 161, 164. 48 Vgl. Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 28. 49 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 837, für Besitzstände aus Art. 6,7,12,14,28 Abs. 2, 33 Abs. 5 GG; ders., Festschrift für Maunz, S. 381, 391; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 148, für den Bereich des Sozialversicherungsrechts; Götz, Festgabe BVerfG, Bd. II, S. 421, 445, für den Problemkreis der Plangewährleistung; Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 73; Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 279, 289; Rüberg, Vertrauensschutz, S. 115; Grabitz, DVB1. 1973, 675, 678; Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 541, sieht in den Grundrechten Elemente, die das gegenseitige Vertrauen schaffen, das eine staatliche Gruppe vor allem zusammenhält. 50 Vgl. Rüfner, Festgabe BVerfG, Bd. II, S. 453,474,479; Peters, Festschrift für Laun, S. 669, 674; Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 46. 51 Grundlegend dazu C. Schmitt, Freiheitsrechte und institutionelle Garantien der Reichsverfassung, 1931; ders., Verfassungslehre, S. 170ff.; ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze, S. 181, 213 ff.; ders., in Anschütz / Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. II, S. 572, 595 ff.; Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 70ff.; Schnur, VVDStRL Heft 22 (1965), S. 101,116ff.; Abel, Die Bedeutung der Einrichtungsgarantien, S. 19; vgl. ferner Löffler, Der Verfassungsauftrag der Presse, S. 2, 6; Dennewitz, Die institutionelle Garantie, 1932; Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 133 ff., 286ff.; Rupp, AöR Bd. 101 (1976), S. 161,172ff.; Friesenhahn, Verh. 50. DJT (1974), Bd. II, G 1,26; zur Kritik: Böckenförde, NJW 1974,1529,1533; Dürig, in Maunz/Dürig, G G Art. 1 Abs. I I I Rdn. 98; Grimmer, Demokratie und Grundrechte, S. 136ff; Merten, VerwArch. Bd. 73

C. Vertrauensschutz durch Grundrechte

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Ausgangspunkt entsprechender Versuche in der Literatur ist die These, das institutionelle Verständnis der Grundrechte könne durch den Schutz einer erhöhten Bestandskraft 52 des betreffenden Grundrechts zur Absicherung des jeweiligen status quo und damit zu einer grundrechtlichen Verankerung des Vertrauens- und Bestandsschutzes führen 53 . So meint Burmeister, der Gedanke des Vertrauensschutzes überschneide sich in weiten Bereichen mit den institutionellen Gehalten der Grundrechte 54 . Die Untauglichkeit des geltenden Verfassungsrechts zur Gewährleistung einer adäquaten Rechtssicherung gegenüber den gewandelten Formen und Methoden staatlicher Aktivitätsentfaltung im sozialen Raum sei, zumal bei Betonung der institutionellen Seite der Grundrechte keineswegs dargetan 55 . Pieroth untersucht die Relevanz des institutionellen Grundrechtsverständnisses für Fragen des Vertrauensschutzes im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Er gelangt zu der Auffassung, Aspekte des Vertrauensschutzes fügten sich ohne weiteres in die dogmatischen Strukturen des Art. 14 GG insofern ein, als das Eigentumsgrundrecht die bestehenden konkreten Rechte der Eigentümer schütze; als Institutsgarantie verpflichte Art. 14 GG den Gesetzgeber, das Rechtsinstitut Eigentum nicht zu beseitigen, sondern einen bestimmten Normenbestand zur Verfügung zu stellen, der den Erwerb, die Nutzung, den Gebrauch und den Verkehr vermögenswerter Rechte ermögliche 56 . Während die Rechtsstellungsgarantie vergangenheitsorientiert sei, schütze die Institutsgarantie in erster Linie die Beibehaltung rechtlicher Zuordnungsverhältnisse, die auch in Zukunft noch den Namen „Eigentum" verdienten. Es mache den Vertrauensschutz aus, daß eine Regelung, die für die Zukunft den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG entspreche, deshalb verfassungswidrig sein könne, weil sie in in der Vergangenheit entstandene Rechtspositionen eingreife 57 . (1982), S. 103,109 ff.; Bettermann, DVB1.1963,41,42; Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 240f.; v. Münch, in ders., GG Vorb. Art. 1-19 Rdn. 24; Luhmann, Grundrechte als Institution, S. 125 Fn. 47. 52 Vgl. die Formulierung des BVerfG in BVerfGE 58, 300, 348: „Instituts- und Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG". 53 Vgl. Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1533, der im Rahmen seiner Kritik an einem institutionellen Verständnis der Grundrechte ausdrücklich die dem institutionellen Rechtsdenken innewohnende Tendenz zur Absicherung des status quo hervorhebt. 54 Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 244 55 Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 182, der aber, Fn. 36 zu S. 7 (1. Kapitel), feststellt: „Daß die Grundrechte weder innerhalb des staatsorganisatorischen Binnenraums noch innerhalb institutionell gewährleisteter Funktionsbereiche Ansatz finden, dürfte zwischenzeitlich außer Frage stehen." Das Ganze sei das Ergebnis einer „kurzschlüssig bloße Zweckmäßigkeitserwägungen oder funktionale Postulate in verfassungsrechtliche Gebote umdeutenden soziologischen Systemtheorie", nicht aber einer „juristischen Entscheidungstheorie". 56 Pieroth, JZ 1984, 971, 974; vgl.auch Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 240f., der das durch den jeweiligen Normenkomplex ausgeformte „Institut" mit dem Wesensgehalt des Grundrechts i. S. des Art. 19 Abs. 2 GG gleichsetzt.

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2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

Praktische Anwendungsfalle für die bestandsschützende Wirkung der objektiv-institutionellen Gehalte der Grundrechte werden im Bereich des Sozialversicherungsrechts diskutiert. Es wird die Auffassung vertreten, daß alle öffentlichrechtlich gewährleisteten Sozialbezugsrechte, die funktionell vom Eigentumstatbestand erfaßt werden, in die Institutsgarantie des Eigentums einzubeziehen seien. Dies sei geboten, um den objektivrechtlichen Gehalt des Art. 14 GG zeitgerecht zu definieren. Das Eigentumsgrundrecht wandele sich über seine durch Einordnung sozialer Teilhaberechte aktualisierte objektiv-institutionelle Seite von einem bloß subjektiven Abwehrrecht zu einem speziellen Wertbaustein der „Sozialverfassung", der das Sozialstaatsprinzip sowie die Kompetenznormen des Grundgesetzes ergänze und konkretisiere 58 . Eine Besinnung auf die Lehre von der „institutionellen Seite der Grundrechte" 59 bietet sich für die verfassungsdogmatische Begründung des Vertrauensschutzgedankens insofern an, als sie eine „Festlegungs(Stabilisierungs-, Fixierungs-, Konfirmierungs-)funktion" 60 der Grundrechte behauptet. Das Grundrecht ist danach „eingerichtet". Dadurch werde die Freiheit vor einem „Verfließen" bewahrt. Es sei als etwas Dauerhaftes immer schon und zwar wesentlich durch Normenkomplexe in einer Weise vorhanden, die es zu einem Stabilitätsfaktor im sozialen Ganzen mache. Durch die freiheitliche Berufsordnung, Vertragsordnung etc. werde das Ganze des sozialen Lebens stabilisiert. Die so verstandenen Grundrechte bewirkten eine Stabilisierung, die für den Staat ebenso unentbehrlich sei wie für die Freiheit und für die Verfassung 61. Einrichtungsgarantien hüteten den traditionellen Gehalt bestehender Institute. Sie dienten der Erstarrung und seien, wenn sie auch nicht unmittelbar den status quo schützten, die Bastionen, von denen aus die Verteidigung des status quo organisiert werde 62 . Die Einrichtungsgarantie solle einmal Erreichtes gegen Rückschritt absichern. Der Begriff des Dauerhaften sei dem Institutionellen immanent 63 . 57

Pieroth, JZ 1984, 971, 974; ähnlich ders., Rückwirkung, S. 294. So Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 167; in dieser Richtung auch Saladin, Grundrechte im Wandel, S. 401 f; Rohwer-Kahlmann, SGb 1975,161,166f.; Gitter, N Z A 1984, 137, 141. 59 Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 70, in Anlehnung an Kaufmann, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 4 (1928), S. 77,78, und Hamel, Die Bedeutung der Grundrechte im sozialen Rechtsstaat, S. 19. 60 C. Schmitt, Verfassungsrechtliche Aufsätze, S. 227; vgl. auch ebenda, S. 213 f.; ders., Freiheitsrechte und institutionelle Garantien der Reichsverfassung, S. 16, wo er die institutionellen Garantien um „reine status-quo-Garantien" ergänzt. 61 Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 103. 62 Tomandl, Der Einbau sozialer Grundrechte in das positive Recht, S. 43. 63 Schambeck, Grundrechte und Sozialordnung, S. 108; Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 103; vgl. auch Smend, Staatsrechtliche Abhandlungen, S. 500, 501; Quaritsch, Artikel „Institutionelle Garantie", EvStL (2. Aufl.) Sp. 1022; Dombois, Artikel „Institution I I " , ebenda, Sp. 1018, 1021. Dies entspricht der Sichtweise der heutigen Soziologie, vgl. insofern Luhmann, in Schelsky, Zur Theorie der Institution, S. 31 f.; Gehlen, in 58

C. Vertrauensschutz durch Grundrechte

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Das institutionelle Verständnis der Grundrechte entstammt der Erkenntnis, daß die Grundrechte einen „Doppelcharakter" 64 haben: eine personale (subjektiv-öffentlichrechtliche) Seite und eine objektiv-institutionelle Ausprägung 65 . Dabei lassen sich subjektive Rechte aus der institutionellen Garantie nicht herleiten 66 . Vertrauen ist aber immer eine subjektiv-individuelle Sache. Es ist höchstpersönlich und je nach den besonderen Kenntnissen und Veranlagungen von Person zu Person unterschiedlich. Die objektiv-institutionellen Garantien der Grundrechte vermögen dieses Vertrauen nicht zu schützen. Hierzu bedarf es subjektiv-rechtlicher Gewährleistungen. I m Anwendungsfeld grundrechtlicher Schutzbereiche kann nur die subjektiv-individuelle Komponente der Grundrechte ein berechtigtes Vertrauen des Bürgers vor staatlichen Eingriffen schützen 67 . Die objektiv-institutionellen Gewährleistungen der Grundrecht sind funktional nicht geeignet, dem Bürger verfassungsrechtlich durchsetzbaren Vertrauensschutz zu bieten. Die grundrechtlichen Instituts- bzw. institutionellen Garantien 68 können darüber hinaus eine verfassungsrechtliche Absicherung jeder das Institut ausformenden, einfachgesetzlichen Einzelregelung nicht gewährleisten. Aufgrund der Einrichtungsgarantie genießen nicht die jeweils geltenden Regelungen und die Ausgestaltung des Rechtsinstituts im einzelnen einen Schutz gegen gesetzliche Fortentwicklung, Anpassung oder sonstige Änderung, sofern nur die mit der Garantie festgelegte institutsbewahrende Leitlinie beachtet wird 6 9 . Die institutionelle Seite der Grundrechte bewahrt diese lediglich vor einer Antastung ihres Wesensgehaltes70. Eine weniger einschneidende gesetzliche Rücknahme Dreitzel, Sozialer Wandel, Zivilisation und Fortschritt als Kategorien der soziologischen Theorie, S. 207 f.; Eisermann, Der Staat 1976, 153, 164; R. König, Soziologische Orientierungen, S. 32 fï. 64 Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 71. 65 Vgl. nur C. Schmitt, Freiheitsrechte und institutionelle Garantien der Reichsverfassung, S. 27f.; ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze, S. 210; Klein, VVDStRL Heft 8 (1950), S. 67, 85 f.; Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 71. 66 Vgl. C. Schmitt, Verfassungslehre, S. 172; Tomandl, Der Einbau sozialer Grundrechte in das positive Recht, S. 43; Schambeck, Grundrechte und Sozialordnung, S. 108 f. 67 Vgl. insoweit BVerfGE 31, 275, 293, wo das Gericht aus Art. 14 GG die Pflicht des Gesetzgebers zum Erlaß einer gesetzlichen Überleitungsregelung herleitet: „Insoweit greift die Eigentumsgarantie in ihrer Funktion als Rechtsstellungsgarantie ein, die rechtmäßig begründete Rechtspositionen vor nicht gerechtfertigten Eingriffen sichert." 68

Gegen diese auf C. Schmitt, Freiheitsrechte und institutionelle Garantien der Reichsverfassung, S. 4, zurückgehende Unterscheidung wendet sich Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 71; gegen eine Aufgabe der Differenzierung aber wiederum Friesenhahn, Verh. 50 DJT (1974), Bd. II, G 1, 26, der keinen Anlaß sieht, „die präzisen Begriffe der Institutsgarantie und der institutionellen Garantie ... aufzugeben oder zu verunklaren". 69

Vgl. Badura, Staatsrecht, C 18; Quaritsch, EvStL (2. Aufl.) Sp. 1022. Vgl. Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 116ff.; konsequent gelangt Häberle, ebenda, S. 234f., zu dem Ergebnis, daß Art. 19 Abs. 2 GG lediglich deklaratorische Bedeutung hat; Papier, in Maunz/Dürig, GG Art. 14 Rdn. 11: „Kernbestand"; deutlich auch Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 239: „Als absolut geschützter ,Wesensgehalt4 wird ... 70

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2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

früher eingeräumter Positionen kann, selbst wenn sie im Einzelfall in einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand eingreift, nicht die objektiv-institutionelle Gewährleistung des jeweiligen Grundrechts beeinträchtigen. Das Vertrauen des einzelnen erstreckt sich vielfach auf Bereiche, die dem grundrechtlichen Wesensgehalt vorgelagert sind. Eine Verankerung des Vertrauensschutzes im institutionellen Gehalt der Grundrechte hätte demnach zur Folge, daß weite Bereiche, die Gegenstand des individuellen Vertrauens des einzelnen Bürgers sind, vom verfassungsrechtlichen Schutz ausgeschlossen sind.

II. Grundrechtliche Positionen des Vertrauensschutzes 1. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG

a) Art. Î4 Abs. 1 GG als vertrauensschützende

Norm

Das Grundrecht, das zu Fragen des Vertrauensschutzes den größten Bezug aufweist, ist die Eigentumsgarantie des Art. 14 G G 7 1 . Daß dieses Grundrecht den Schutz bestimmter, vom persönlichen Vertrauen des einzelnen erfaßten Positionen gewährleistet, ist seit langem anerkannt. Das Bundesverfassungsgericht geht — soweit ersichtlich — seit 1974 72 davon aus, daß die Funktion der Eigentumsgarantie gerade darin besteht, dem Bürger Rechtssicherheit hinsichtlich der durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Güter zu gewährleisten und das Vertrauen auf das durch die verfassungsmäßigen Gesetze ausgeformte Eigentum zu schützen 73 . Das Bundesverfassungsgericht betont, daß das Gebot des Vertrauensschutzes für Vermögenswerte Güter im Eigentumsgrundrecht eine eigene Ausprägung und verfassungsrechtliche Ordnung erfahren hat 7 4 . Während der Bürger auf den Fortbestand des geltenden Rechts normalerweise nicht vertrauen kann 7 5 , begründet das vorhandene Eigentum stets ein schutz-

der im jeweiligen Freiheitsgrundrecht verborgene institutionelle Gehalt aufzufassen sein." Vgl. auch Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 163; Schambeck, Grundrechte und Sozialordnung, S. 108. 71 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 59, spricht von einer „Verwandtschaft" des Eigentumsgrundrechts mit dem Vertrauensschutz. 72 BVerfGE 36, 281, 293 — Beschluß des Ersten Senats vom 15. 1. 1974; tendenziell aber bereits BVerfGE 31, 275, 293 — Beschluß des Ersten Senats vom 8. 7. 1971: „Auch wenn eine Rechtsänderung vorgeschlagen wird und der Betroffene sogar damit rechnet, muß der Gesetzgeber für den Eingriff in geschützte subjektive Rechte legitimierende Gründe haben; insoweit geht die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG über den rechtsstaatlichen Vertrauensschutz hinaus." 73

BVerfGE 36, 281, 293; 42, 263, 300f.; 45, 142, 168; 53, 257, 309; 75, 78, 104f.; vgl. auch Benda, Sozialrechtliche Eigentumspositionen im Arbeitskampf, S. 129; Frowein, Festschrift für Kutscher, S. 189, 198. 74 BVerGE 36, 281, 293; 42, 263, 300f.; 45,142,168; 53, 257, 309; 58, 81,120f.; 64, 87, 104; 75, 78, 105; vgl. auch BGHZ 78, 41, 45. 75 BVerfGE 47, 85, 93.

C. Vertrauensschutz durch Grundrechte

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würdiges Vertrauen auf den Fortbestand der Normen, auf denen es beruht 76 . Dieser Vertrauensschutz ist dem Eigentum immanent 77 . b) Keine erschöpfende Fundierung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes in der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG Fraglich ist, ob das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz abschließend umfaßt. Walter Schmidt hat die These aufgestellt, daß Vertrauensschutz weitgehend Vermögensschutz bedeute 78 . Dem durch die Formel vom „schutzwürdigen Vertrauen" vorgegebenen Zirkelschluß 79 könne nur entronnen werden, indem man als „schutzwürdig" nur das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum ansehe. Demgegenüber ermögliche ungeachtet aller Beteuerungen des Gegenteils der Vertrauensschutzgedanke, Chancen oder bloße Erwartungen, deren grundrechtliche Sicherung gar nicht erst diskutiert werde, auf Schleichwegen doch wieder in den Vermögensschutz einzubeziehen80. Fälle außerhalb des Schutzbereichs der Eigentumsgarantie, in denen ausschließlich immaterielle Nachteile entstanden sind, seien eher selten 81 . Schmidt will indessen auch diese Fälle möglichst nicht einem allgemeinen Vertrauensschutzprinzip unterstellen, sondern befürwortet eine Anwendung der betroffenen Grundrechte und ihrer Gesetzesvorbehalte 82. „Hier mit dem ,Vertrauensschutz' zu arbeiten, hieße diese Grundrechtsproblematik nur verschleiern; die aus den einzelnen Freiheitsrechten ablesbare Konfliktlösung würde zugunsten einer Interessenabwägung allgemeinster Art 76

Vgl. Rüfner, JZ 1983, 755. Rüfner, JZ 1983, 755; vgl. auch Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 59; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 151, 180; Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 59; Pieroth, Rückwirkung, S. 70, 136; Papier, in Maunz/Dürig, GG Art. 14 Rdn. 268; zur Problematik der Rückwirkung von Gesetzen wurde die vertrauensschützende Wirkung des Art. 14 G G bereits prägnant herausgestellt von Zacher, VVDStRL Heft 25 (1967), S. 308, 367: „Rechtssicherheit und Eigentum sind hier wie oft zwei Seiten desselben Problems"; deutlich insoweit auch Rittstieg, Eigentum als Verfassungsproblem, S. 209, der herausstellt, daß die Rückwirkungsdiskussion, soweit es bei ihr um das gesetzgeberische Einwirken auf in der Vergangenheit begründete Vermögensrechte gehe, keine von allgemeinen Problemen der erworbenen Rechte abweichenden Gesichtspunkte ergebe; die sog. unechte Rückwirkung könne ebensogut unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie erfolgen; vgl. ferner Scheerbarth, Die Anwendung von Gesetzen auf früher entstandene Sachverhalte, S. 82, 84 ff.; Heiderich, Übergangsvorschriften in der neueren Gesetzgebungspraxis, S. 78 f.; Enneccerus/ Nipperdey, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, S. 355 f. 78 W. Schmidt, JuS 1973, 529,532 ff.; in dieser Richtung aber auch Aschke, Übergangsregelungen, S. 423. 79 Vgl. oben Erster Teil, C. IV. 80 W. Schmidt, JuS 1973, 529, 532. 81 W. Schmidt, JuS 1973, 529, 533. 82 Vgl. Ossenbühl, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 241, der für eine Differenzierung nach der Herkunft des Rechtsgedankens plädiert. 77

2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

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verdrängt 83 . Schmidt kommt zu dem Ergebnis, daß die Frage des Vertrauensschutzes bei Eingriffen in „wohlerworbene" Rechtspositionen sich beschränke auf Fälle eines Vermögensschadens, mithin auf den Schutzbereich des Art. 14 GG84. Diese Gedanken Walter Schmidts sind weitgehend auf Kritik gestoßen85. Dabei wird meist allein die Gleichstellung von Vertrauensschutz und Vermögensschutz ins Visier genommen 86 . Dies verkürzt jedoch die Darlegungen Schmidts. Schmidt läßt grundsätzlich andere Grundrechte neben Art. 14 GG zu, zweifelt aber an der praktischen Relevanz entsprechender Fälle 87 . Bedenken erheben sich gegen seine Auffassung insoweit, als sie die vermögensrechtliche Seite des Vertrauensschutzes übermäßig hervorhebt. Die Fälle, in denen jemand auf den Bestand einer immateriellen Position vertraut, dürfen nicht vernachlässigt werden. Als Beispiele lassen sich insoweit anführen: der Student, der unerwartet vor einer neuen Prüfungsordnung steht 88 , und der Dentist, dem die Verdrängung aus dem Beruf wegen angeblich unzureichender Ausbildung droht 8 9 . Eine allzu starke Betonung des vermögensrechtlichen Aspekts des Vertrauensschutzes muß dazu führen, daß im Interesse bestimmter (immaterieller) Vertrauenstatbestände der Eigentumsbegriff übermäßig ausgeweitet wird 9 0 . Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, daß auch außerhalb des Schutzbereichs der Eigentumsgarantie vermögensrechtliche Positionen bestehen können, auf deren Bestand der einzelne soll vertrauen dürfen 91 . Insoweit 83

W. Schmidt, JuS 1973, 529, 533. W. Schmidt, JuS 1973, 529, 533; in seinem Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 235, schlägt er—konsequent — vor, „auf die Vokabeln,Vertrauensschutz 4 oder »Dispositionsschutz4 ganz zu verzichten". 85 Vgl. Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 180ff.; Preuß, JA 1977, 265, 271; Pieroth, Rückwirkung, S. 136 f.; besonders scharf die Ablehnung Burmeisters, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, Fn. 32 zu S. 69 (1. Kapitel): „grundrechtsdogmatisch schlechthin unhaltbar und überdies auch aus rechts- und verfassungspolitischer Sicht äußerst bedenklich". 86 Vgl. vor allem Pieroth, Rückwirkung, S. 136f.; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 180. 87 W. Schmidt, JuS 1973, 529, 533; daß er neben der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG grundsätzlich auch andere Grundrechte bei Fragen des Vertrauensschutzes für einschlägig hält, hat Schmidt bekräftigt in seinem Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 234f. 88 BVerwGE 16, 150. 89 BVerfGE 25, 236; vgl. auch BVerfGE 21, 173 (Steuerberater); BVerfGE 32, 1 (Apothekeranwärter); Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149,181 f.; Pieroth, Rückwirkung, S. 137. 90 Vgl. Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, Fn. 32 zu S. 69 (1. Kapitel); auch W. Schmidt hat diese Gefahr gesehen, vgl. sein Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 235. 91 Vgl. Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 294: „Gesetzesvertrauen ist nicht identisch mit Eigentum, mit wohlerworbenen Rechten"; ihm zustimmend: Stern, Festschrift für Maunz, S. 381, 391; Rüberg, Vertrauensschutz, S. 124 Fn. 3; Burmeister, 84

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sind beispielsweise sozialversicherungsrechtliche Positionen zu nennen, die mangels eigener Leistung aus dem Eigentumsbegriff ausgeschlossen sind 9 2 , oder staatliche Leistungen wie etwa die Sozialhilfe 93 . In diesen Fällen kann die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG keinen Vertrauensschutz bieten. c) Ergebnis Das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 G G hat für den verfassungsrechtlichen Vertrauens- und Bestandsschutz erhebliche Bedeutung. Der Schutzbereich dieses Grundrechts erfaßt jedoch nicht alle Fälle, in denen der Bürger auf den verfassungskräftigen Schutz seines Vertrauens angewiesen ist.

2. Die Freiheit des Berufs aus Art. 12 Abs. 1 GG

a) Vertrauensschutz

im Bereich der Berufsfreiheit

aa) Die grundsätzliche Anerkennung berufsrechtlichen Vertrauensschutzes durch Art. 12 Abs. 1 GG Ein Grundrecht, das gleichfalls eine vertrauensschützende Wirkung entfalten kann, ist das der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Dabei geht es regelmäßig um die Berechtigung eines Eingriffs in einen beruflichen Status. Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit herausgestellt, daß eine berufsrechtliche Regelung im Hinblick auf diejenigen, die in Zukunft von ihr betroffen werden, zulässig sein kann—zugleich aber verfassungswidrig im Hinblick auf diejenigen, die eine entsprechende berufliche Stellung bereits innehaben, d. h. in der Vergangenheit begründet haben 94 . „Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung können die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes dazu nötigen, bei der Ausgestaltung von Berufsbildern eine angemessene Übergangsregelung für diejenigen zu erlassen, die eine künftig unzulässige Tätigkeit in der Vergangenheit bereits in zulässiger Weise ausgeübt haben." 95 Als primärer Prüfungsmaßstab wird ausdrücklich Art. 12 Abs. 1 GG genannt 96 . Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 79 f.; in diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Eigentumsgarantie nur hinsichtlich der durch die Rechtsordnung anerkannten einzelnen Vermögensrechte besteht, das Vermögen selbst diesen Schutz hingegen nicht genießt, vgl. insoweit BVerfGE 30,250,271 f.; 45,272, 296; 51, 193, 217; 65, 196, 209; 74, 129, 148. 92 Vgl. dazu BVerfGE 1,264,277; 14,288,293; 22,241,253; 24,220,226; 53,257,291 f.; zur Kritik gegenüber dem Erfordernis eigener Leistung: Bryde, in v. Münch, GG Art. 14 Rdn. 27 (m.w. N.). 93 Vgl. Bryde, in v. Münch, GG Art. 14 Rdn. 27. 94 Vgl. etwa BVerfGE 21, 173, 182f.; 32, 1, 22f.; 50, 265, 275 ff.; zu dieser Rechtsprechung Pieroth, JZ 1984, 971, 975. 95 BVerfGE 64, 72, 83. 96 BVerfGE 64, 72, 82.

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2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

bb) Kein umfassender Bestandsschütz von Sozialansprüchen durch Art. 12 Abs. 1 GG In der Literatur wird die vertrauensschützende Funktion der Berufsfreiheit besonders für den Bereich des Sozialrechts diskutiert. So sieht Schlenker „zahlreiche Sozialansprüche in engem Bezug zum ,Arbeitsgrundrecht 4 des Art. 12 GG", zum Beispiel im Bildungs- und Ausbildungsbereich sowie Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz 97. Pitschas bezeichnet — entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts — auch den Bestandsschutz von Altersrenten als „eine Aufgabe für Art. 12 Abs. 1 GG", da Renten insgesamt auf Arbeit beruhten und integraler Bestandteil einer individuellen Lebensplanung seien, die in ihrem Bogen von der Aufnahme beruflicher Bildung bis zum Ausklingen des Berufslebens mit Investitionen in die Alterssicherung reiche 98 . Darüber hinaus formulierten Art. 12 Abs. 1 GG und der Verfassungsgrundsatz des „sozialen Rechtsstaates" ergänzende normative Wertmaßstäbe, die den Gesetzgeber auf den simultanen Bestand und das funktionale Ineinandergreifen der Leitmaximen sozialer Sicherung auch der Hinterbliebenen verpflichteten 99 . Pitschas übersieht, daß die der Berufsfreiheit unterfallenden Betätigungen typischerweise freiwillig aufgenommen werden und somit die mit ihr erworbenen Vorteile auf freiwilliger Leistung beruhen 100 . Demgegenüber ist die Altersrente grundsätzlich die Folge der Zwangsbeiträge, die der Versicherte im Rahmen seiner Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung erbringt. Auf diese Weise schafft er für sich eine Position, zu deren Schutz sich die deutlich objektbezogene101 Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG anbietet. Durch die Einbeziehung in den Schutzbereich dieses Grundrechts hat sie aber auch teil an der personalen und menschenrechtlichen Sicht der

97

Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 147 mit Fn. 8; auch Rüfner, ZRP 1980, 114, 115, sieht in Art. 12 Abs. 1 GG eine verfassungsrechtliche Absicherung der Ausbildungsförderung nach dem BAföG; vgl. ferner Scheuner, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 28 (1970), S. 232. 98 Pitschas, AöR Bd. 107 (1982), S. 149, 151 f.; vgl. dens., VSSR 1978, 357, 375ff.; dens., JA 1980, 535. Das Bundesverfassungsgericht leitet den Bestandsschutz für Altersrenten aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG her, vgl. etwa BVerfGE 53, 257, 289 ff.; 58, 81, 109. 99 Pitschas, ZRP 1979, 119, 125; a. A. insoweit Papier, in Maunz/Dürig, GG Art. 14 Rdn. 137, der im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Bestandsschutz von Altersrenten auch für den Bereich der Hinterbliebenenversicherung Art. 14 Abs. 1 GG heranzieht. 100 Vgl. BVerfGE 13,97,104; Π, 232,241; Gubelt, in v. Münch, GG Art. 12Rdn. l l ; d i e Bedeutung der Freiwilligkeit der Berufsausübung zeigt sich besonders deutlich angesichts des Verbots von Arbeitszwang (Art. 12 Abs. 2 GG) und Zwangsarbeit (Art. 12 Abs. 3 GG). 101 Demgegenüber ist das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG in erster Linie persönlichkeitsbezogen, vgl. Gubelt, in v. Münch, GG Art. 12 Rdn. 93.

C. Vertrauensschutz durch Grundrechte

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Eigentumsgarantie — auch unter gewandelten wirtschaftlichen Verhältnissen 102 . Daß der Erwerb dieses „Eigentums" unfreiwillig geschieht, hindert die Anwendung des Art. 14 Abs. 1 GG nicht. Art. 12 Abs. 1 GG hingegen kann für sozialversicherungsrechtliche Positionen nicht einschlägig sein und folglich insoweit auch keinen Vertrauensschutz bieten. b) Keine erschöpfende Fundierung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes in Art. 12 Abs. 1 GG — die These von Preuß Zu weit geht auch eine von Preuß vertretene Auffassung, die letztlich den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz insgesamt in Art. 12 Abs. 1 GG verankern möchte 103 . Preuß begründet dies mit einer Auslegung der Berufsfreiheit als statusschützende Garantie 104 . Der Beruf begründe eine Lebenssituation, die im Gegensatz zu einer segmentierten sozialen Rolle so persönlichkeitsumfassend sei, daß sie für den einzelnen alternativenlos sei. Dies sei der Grund, warum man dem Status durchaus eine existentielle Qualität zusprechen könne 1 0 5 . Nicht die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG habe zentrale Bedeutung für die Gewährleistung der materiellen Bedingungen einer freien individuellen Lebensgestaltung des einzelnen. Empirisch treffe eher die Feststellung zu, daß es ein regelmäßiges Einkommen sei, das für die überwiegende Zahl der Bevölkerung diese Funktion habe 1 0 6 . Preuß kommt zu dem Schluß, daß es soziale Positionen gebe, die einen sozialen Status darstellen, deren auch rechtlich zu beachtende erhöhte Schutzwürdigkeit gegen hoheitlich initiierte Einschränkungen den verfassungsrechtlichen Regelungsvorbehalten des Art. 12 Abs. 1 GG unterliegen, weil Art. 12 Abs. 1 GG als verfassungsrechtliches Paradigma eines Statusschutzes angesehen werde müsse 107 . Die grundrechtliche Orientierung dieser Sichtweise ist aus den genannten Gründen 1 0 8 anzuerkennen. Doch wird auch hier, wie bei einer Überbetonung der Eigentumsgarantie, eine einzelne Verfassungsnorm über Gebühr strapaziert. Es sind ohne weiteres Fälle denkbar, in denen die Frage, ob das in eine bestimmte Position gefaßte Vertrauen des einzelnen schutzwürdig ist, anhand eines anderen Maßstabs als Art. 12 Abs. 1 GG zu beantworten ist. Erwähnt seien nur die Fälle staatlicher Leistungsgewährung 109 , rückwirkender Steuerge102

Vgl. Bryde, in v. Münch, GG Art. 14 Rdn. 3, 27. Preuß, JA 1977, 265fT., 313fT. 104 Preuß, JA 1977, 313, 315. 105 Preuß, JA 1977, 313, 315, in Anlehnung an C. Schmitt, Verfassungslehre, S. 67 f. 106 Preuß, JA 1977, 313, 316; in diese Richtung weisen auch die Ausführungen von Häberle, JZ 1984, 345, 353 f., und Pitschas, VSSR 1978, 357, 375. 107 Preuß, JA 1977, 313, 319. 108 Oben I. 1. 109 Doch können staatliche Leistungen einen berufsrechtlichen Bezug haben, vgl. Rüfner, ZRP 1980, 114, 115. 103

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2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

setze 110 oder die Änderung verfahrensrechtlicher Regelungen 111 . Solche Konstellationen lassen sich nur um den Preis extensivster Interpretation der Berufsfreiheit unter Art. 12 Abs. 1 GG subsumieren. Viele Fälle werden, da sie jeden Bezug zu einer beruflichen Tätigkeit vermissen lassen, auch dann nicht zu erfassen sein. c) Ergebnis Das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG hat die Funktion einer vertrauensschützenden Verfassungsnorm. Art. 12 Abs. 1 GG ist jedoch in Fällen des Vertrauensschutzes nicht der alleinige verfassungsrechtliche Beurteilungsmaßstab. 3. Vertrauensschutz aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG

Ein weiteres Freiheitsrecht, das geeignet sein könnte, den Schutz persönlichen Vertrauens zu gewährleisten, ist das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Daß dieses Recht in einem weiten Sinne Vertrauensschutz bietet, wird insbesondere von Schlenker behauptet 112 . Er meint, „mit der objektiv-rechtlichen Gewährleistung eines situativ-flexiblen Sozialstandards dürfte in Parallele zur neueren Umweltjudikatur aus Art. 2 Abs. 2 GG ein positiver, mit der Verfassungsbeschwerde verfolgbarer Anspruch auf Beibehaltung des nach den Zeitumständen angemessenen Sozialstandards korrespondieren, der eine grobe und evidente Vernachlässigung der Sozialpflicht des Staates ausschließen soll" 1 1 3 . Art. 2 Abs. 2 GG könne zur mehrdimensionalen Wertungsnorm für eine breitere Entfaltung des Grundgesetzes im sozialen Bereich werden, die dem Sozialstaat Stabilität mit zeitgerechten, angemessenen Rechtsgeflechten und Institutionen sichere und diese vor Vernachlässigung durch übermäßige Rücknahmegesetze bewahrt, ohne den demokratischen Gesetzgeber zu sehr einzuengen 114 . 110 Dazu zuletzt BVerfGE 72, 200; das Gericht betont, S. 242, die Anwendbarkeit der Grundrechte bei Fragen des Vertrauensschutzes und weist, S. 253f., darauf hin, daß je nach Art der betroffenen Einkünfte und der Wege, auf denen sie erzielt wurden, nicht nur Art. 12 Abs. 1 GG, sondern auch Art. 14 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 2 Abs. 1 GG in Betracht kommen; zum Eigentumsbezug von Steuergesetzen vgl. auch Kirchhof\ VVDStRL Heft 39 (1981), S. 213, 242ff.; v. Arnim, ebenda, S. 286, 299ff.; Friauf DÖV 1980, 480; Papier, in Maunz/Dürig, G G Art. 14 Rdn. 161 ff.; Bryde, in v. Münch, GG Art. 14 Rdn. 23, 64; Badura, in Handbuch des Verfassungsrechts, S. 670. 111 Vgl. dazu BVerfGE 1, 4; 11, 139, 146f.; 24, 33, 55; 25, 269, 286ff., 291 ff.; 39, 156, 167; 63,343,358 ff.; Pieroth, JZ 1984,971,977; Götz, Festgabe BVerfG, Bd. II, S. 421,441; Burmeister, Vertrauensschutz im Prozeßrecht, S. 32ff.; Bauer, NVwZ 1984, 220, 221 Fn. 11. 112 Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. lOOf., 102, 148 mit Fn. 9. 113 Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 102. 114 Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 100; zur Antinomie von Vertrauensschutz und dem Erfordernis flexibler Sozialgestaltung durch den Gesetzgeber bereits oben Erster Teil, C. II.

C. Vertrauensschutz durch Grundrechte

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Nach gefestigter Auffassung gewährt Art. 2 Abs. 2 GG nicht nur ein Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffstätigkeit im Schutzbereich dieses Grundrechts. Art. 2 Abs. 2 GG beinhaltet vielmehr auch eine positive Pflicht des Staates zum Schutze der von diesem Grundrecht abgesicherten Individualrechtsgüter 115 . Dies ist der Ansatz der These Schlenkers. Die Schutzpflicht könnte die staatliche Verpflichtung umfassen, dem Bürger Vertrauensschutz zu gewähren. Wie weit die staatliche Schutzpflicht reicht, ist jedoch fraglich und noch nicht abschließen geklärt 1 1 6 . Sie kann nicht in einem absoluten Sinne bestehen 117 . Dies wird schon daraus deutlich, daß der Schutz der Grundrechte der einen Person bisweilen mit dem der Grundrechte einer anderen kollidiert. Eine solche Grundrechtskollision kann regelmäßig nur durch Herstellen eines gegenseitigen Ausgleichs im Wege praktischer Konkordanz 1 1 8 gelöst werden 119 . Dies kann für die staatliche Schutzpflicht wie für jede andere Grundrechtsverwirklichung eine Einschränkung zur Folge haben. Der „sichere Bereich", zu dessen Schutz der Staat aufgrund Art. 2 Abs. 2 G G verpflichtet ist, umfaßt nur ein eng bemessenes Existenzminimum 120 . Art. 2 Abs. 2 GG wird zum „positiven Recht auf Gewährung der lebensessentiellen Außenweltsgüter (gewissermaßen zum ,Recht, vor dem Verhungern bewahrt zu werden')" 121 . Wenn aber die aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit herleitbare staatliche Schutzpflicht zunächst nur das unabdingbar notwendige Existenzminimum 115

Vgl. BVerfGE 39,1, 42; 46,100,164; 56, 73, 78; OVG Münster NJW 1981, 701; v. Münch, in ders., GG Art. 2 Rdn. 46f., 59, 61; Podlech, in Alternativkommentar zum GG, Art. 2 Abs. 2 Rdn. 37ff.; Doehring, Staatsrecht, S. 279; Schmidt-BleibtreuIKlein, GG Art. 2 Rdn. 20 a; Steiger, in Berberich / Holl/Maaß, Neue Entwicklungen im öffentlichen Recht, S. 255,260; Steinberg, NJW 1984,457,458 ff., der die Grundsätze grundrechtlicher Schutzpflichten auf Art. 14 Abs. 1 GG übertragen möchte; Schmidt-Aßmann, AöR Bd. 106 (1981), S. 205, 215f.; Seewald, Zum Verfassungsrecht auf Gesundheit, S. 63, 158 ff. 116 Vgl. für den Sozialleistungssektor Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 99 mit Fn. 14; allgemein: v. Münch, in ders., GG Art. 2 Rdn. 51 f.; Starck, in v. Mangoldt/Klein, GG Art. 2 Rdn. 128. 117 v. Münch, in ders., GG Art. 2 Rdn. 47; Starck, in v. Mangoldt/ Klein, GG Art. 2 Rdn. 128. 118 Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn. 72; dazu noch unten fünfter Teil, B. 119 Vgl. BVerfGE 39, 1, 43; 67, 213, 228; ausführlich zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Harald Schneider, Die Güterabwägung des Bundesverfassungsgerichts bei Grundrechtskonflikten, 1979; vgl. ferner Rüfner, Festgabe BVerfG, Bd. II, S. 453, 465 ff.; Bleckmann, Staatsrecht I I S. 315; Schwacke, Grundrechtliche Spannungslagen, S. 74; kritisch zur Kollisionslösung im Wege praktischer Konkordanz: Bethge, Zur Problematik von Grundrechtskollisionen, S. 272f.; Fohmann, Konkurrenzen und Kollisionen im Verfassungsrecht, S. 91 f.; ders., EuGRZ 1985, 49, 60ff.: die Kollisionslösung sei grundsätzlich das Ergebnis eines inhaltlich-offenen Argumentationsprozesses. 120 Vgl. Starck, in v. Mangoldt/Klein, GG Art. 2 Rdn. 128; v. Münch, in ders., GG Art. 2 Rdn. 51; Podlech, in Alternativkommentar zum GG Art. 2 Abs. 2 Rdn. 23; Scholz, Sozialstaat zwischen Wachstums- und Rezessionsgesellschaft, S. 35. 121 Dürig, in Maunz/Dürig, GG Art. 2 Abs. I I Rdn. 27.

2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

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umfaßt, kann ein auf sie gegründeter entsprechender Bestandsschutz keine darüber hinaus gehende Wirkung erzeugen. Ein subjektives Recht auf Stabilität sozialstaatlicher Leistungen kann daher außerhalb des „harten verfassungsrechtlichen Anspruchs" 122 auf Sicherung des Existenzminimums aus Art. 2 Abs. 2 GG nicht hergeleitet werden. 4. Die Garantie des Art. 6 Abs. 1 GG

Eine weitere Verfassungsnorm, für die eine vertrauensschützende Wirkung diskutiert wird 1 2 3 , ist Art. 6 Abs. 1 GG. Nach dieser Vorschrift stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Art. 6 Abs. 1 GG war zunächst nur als Einrichtungsgarantie verstanden worden. Später erst erkannte man die subjektiv-rechtliche Seite dieses Grundrechts 124 . Daran anknüpfend wird Art. 6 Abs. 1 GG in der Literatur als „begrenzte subjektive Bestandsgarantie und Vertrauensschutzgewährleistung bei verschlechternden Eingriffen des Staates in erworbene familienrechtliche Rechtsstellungen" 125 angesehen. Art. 6 GG verbürge im Rahmen des situativen, durch Abwägung der Beibehaltungs- und Veränderungsbelange ausfüllenden Möglichkeitsvorbehalts, einen relativ dichten, zeitbezogenen sozialen Mindeststandard 126 . Pieroth weist demgegenüber nach, daß im Bereich des Art. 6 Abs. 1 GG nur sehr begrenzt zwischen bestehenden und zukünftigen Rechtspositionen differenziert werden kann 1 2 7 . Dies aber wäre die Voraussetzung dafür, daß Art. 6 Abs. 1 GG einen erhöhten Bestandsschutz bestehender familienrechtlicher Positionen gewähren kann. In Betracht kommt, daß entstandene Rechtspositionen insoweit größeren Schutz als zukünftige beanspruchen können, als sie vermögensrechtlicher Natur sind. Vermögensrechtliche Positionen werden jedoch, auch soweit sie einen familienrechtlichen Bezug aufweisen, regelmäßig dem Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG unterfallen 128 . Das Bundesverfassungsgericht zog zum Beispiel bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des 122 Starck in v. Mangoldt/ Klein, GG Art. 2 Rdn. 128, der im übrigen — in Anlehnung an eine Formulierung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 56, 54, 73: „schützend und fördernd") — von einer staatlichen „Förderungspflicht" sprechen möchte. 123 Ygi pieroth, Rückwirkung, S. 367 ff.; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 209 ff. („Art. 6 GG als mehrdimensionale Rückschrittsgerechtigkeitsnorm für soziale Regelungen des ,Familienkreises" 4). 124 Diese Entwicklung wurde eingeleitet durch BVerfGE 6, 55, 71 f., wo die Funktion des Art. 6 Abs. 1 GG als klassisches Grundrecht hervorgehoben wird; dies ist seitdem ständige Rechtsprechung, zuletzt BVerfGE 68, 256, 267 f.; vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 370; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 210 Fn. 1. 125

Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 211, der diese These auf Art. 6 Abs. 4 GG ausdehnt. 126 Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 211. 127 Pieroth, Rückwirkung, S. 370; vgl. dens., JZ 1984 971, 976. 128 v g l Pieroth, Rückwirkung, S. 368 f.; dies räumt auch Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 211, ein.

C. Vertrauensschutz durch Grundrechte

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Versorgungsausgleichs Art. 14 Abs. 1 GG als entscheidenden Prüfungsmaßstab heran 129 . Das Gericht betonte die vertrauensschützende Funktion des Eigentumsgrundrechts 130 und kam zu dem Ergebnis, daß der Gesetzgeber, soweit er rentenversicherungs- und beamtenversorgungsrechtliche Positionen umgestaltet hat, gehalten war, „deren Schutz durch Art. 14 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 5 GG für, Altehen' und für,Neuehen' zu wahren". Das Vertrauen auf den ungeschmälerten Fortbestand der Versorgungsrechte und auf deren Verfügbarkeit für die Alters- und Invaliditätssicherung sei entscheidend geprägt durch die Eigentumsgarantie und bei Beamten durch die Gewährleistung des Alimentationsgrundsatzes 131 . Im immateriellen Bereich, der das eigentliche Anwendungsfeld der Garantie des Art. 6 Abs. 1 G G bietet, insbesondere im Eherecht, ist eine Unterscheidung zwischen entstandenen und zukünftigen Rechtspositionen nicht möglich. Das durch Art. 6 Abs. 1 GG an den Staat gerichtete Verbot, die Ehe zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen, besteht in jedem Falle, „gleichgültig, ob dies durch Maßnahmen gegen bestehende Ehen geschieht oder ob die Bereitschaft zur Eheschließung gefährdet w i r d " 1 3 2 . Art. 6 Abs. 1 GG stellt nicht auf den Zeitpunkt des Entstehens der beeinträchtigten Rechtsposition ab. Art. 6 Abs. 1 GG ist daher keine Verfassungsnorm, die das Vertrauen, das der einzelne in den Bestand bestimmter ehe- oder familienrechtlicher Positionen gefaßt hat, in besonderer Weise schützt. Daß die Garantie des Art. 6 Abs. 1 GG Änderungen des Ehe- oder Familienrechts entgegenstehen und so auch eine rechtswahrende Wirkung erzeugen kann 1 3 3 , ändert an diesem Befund nichts. Darin dokumentiert sich lediglich die allgemeine Funktion des Art. 6 Abs. 1 GG als staatsgerichtete Rechtsstellungsgarantie. 5. Art. 33 Abs. 5 GG als vertrauensschützende Norm im Rahmen der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums

a) Vertrauensschutz

im Anwendungsfeld des Art. 33 Abs. 5 GG

Eine weitere bedeutsame Verfassungsnorm, zu deren Rechtsfolgen der Schutz individueller Vertrauenspositionen gehört, ist Art. 33 Abs. 5 GG. Nach dieser Vorschrift ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln. Art. 33 Abs. 5 GG enthält nicht nur eine Einrichtungsgarantie des Berufsbeamtentums 134, 129 130

BVerfGE 53, 257, 295, 303 f., 306 ff. Vgl. dazu oben 1.

131 BVerfGE 53, 257, 310; zur Bedeutung des beamtenrechtlichen Alimentationsprinzips noch unten 5. b. 132 BVerfGE 28, 324, 347; vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 370 f. 133 Vgl. Ε. Μ . v. Münch, in v. Münch, GG Art. 6 Rdn. 6. 134 Vgl. BVerfGE 8, 332, 343; 11, 203, 215; 43, 242, 278; 52, 303, 335f.; 56, 146, 162.

4 Muckel

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2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

sondern darüber hinaus einen grundrechtsähnlichen Individualanspruch des Beamten 135 gegen den Staat 136 . Soweit Art. 33 Abs. 5 GG die Beachtung 137 „eines bestimmten, die persönliche Rechtsstellung des Beamten betreffenden ,hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums 4 fordert und garantiert, verleiht er in jedem Fall dem Beamten einen subjektiven grundrechtsähnlichen Anspruch gegen den Staat, der dahin geht, daß der Staat nicht die durch den hergebrachten Grundsatz geschaffene persönliche Rechtsstellung des Beamten verletzt" 138 . Daher kann Art. 33 Abs. 5 GG als Beurteilungsmaßstab für gesetzliche Eingriffe in den Status des einzelnen Beamten dienen. Durch belastende beamtenrechtliche Neuregelungen wird stets das Vertrauen der Beamten darauf, daß ihr Status nicht nachteilig verändert wird, enttäuscht 139 . Die Frage, ob und inwieweit dieses Vertrauen verfassungsrechtlichen Schutz genießt, entscheidet sich nach der subjektiv-rechtlichen Seite des Art. 33 Abs. 5 G G 1 4 0 . Das Vertrauensschutzgebot hat für das Beamtenverhältnis in Art. 33 Abs. 5 GG eine eigene Ausprägung erfahren 141 . Insofern wird Art. 33 Abs. 5 GG als lex specialis gegenüber dem Rechtsstaatsprinzip 142 angesehen und im Hinblick auf Vermögenswerte Rechte auch gegenüber Art. 14 Abs. 1 GG143.

135 Nach heute gefestigter Auffassung gilt Art. 33 Abs. 5 GG nicht für Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst, vgl. Matthey, in v. Münch, GG Art. 33 Rdn. 35; mit umfangreichen Nachweisen. 136 Vgl. BVerfGE 8, 1, 17; 43, 154, 165; Wolff / Bachof/ Stober, Verwaltungsrecht II, § 107 Rdn. 17, 28; Matthey, in v. Münch, GG Art. 33 Rdn. 40; Pieroth, Rückwirkung, S. 362; Salzwedel, Die Verwaltung 1972, 11, 29; Summer/ Rometsch, ZBR 1981, 1, 4. 137 Zur Frage, wann sich das nach dem Wortlaut des Art. 33 Abs. 5 GG aufgegebene Gebot zur „Berücksichtigung" der hergebrachten Grundsätze zum Erfordernis ihrer „Beachtung" verdichtet: Matthey, in v. Münch, G G Art. 33 Rdn. 38; gegen die vom Bundesverfassungsgericht (vgl. nur BVerfGE 8, 1, 16 f; 9, 268, 286; 56, 146, 162) eingeführte Differenzierung: Maunz, in Maunz/Dürig, GG Art. 33 Rdn. 58; v. Münch, in ders., Besonderes Verwaltungsrecht, S. 35. 138 BVerfGE 12, 81, 87. 139 Pieroth, JZ 1984, 971, 975. 140 Vgl. BVerfGE 64, 367, 385; 67, 1, 14f.; Pieroth, JZ 1984, 971, 975; ders., Rückwirkung, S. 360 ff.; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 198. 141 BVerfGE 52, 303, 345; 53, 257, 309; 55, 372, 396; 67, 1, 14; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 198 Fn. 11; Götz, Festgabe BVerfG, Bd. II, S. 421, 439; Maunz, in Maunz I Dürig, GG Art. 33 Rdn. 61. 142 Zur Bedeutung des Rechtsstaatsprinzips für den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz im einzelnen unten D). 143 BVerfGE 3, 58, 153; 67, 1, 14 — ständige Rechtsprechung; Dürig, Festschrift für Apelt, S. 13,34; F. Mayer, Festschrift für Scupin, S. 249,260; ders., Festschrift für Gehlen, S. 227,236; Salzwedel, Die Verwaltung 1972,11, 29; Becker, ZBR 1978,255,256; kritisch: Lecheler, AöR Bd. 103 (1978), S. 349, 370 mit Fn. 160 a; W. Weber, AöR Bd. 91 (1966), S. 382, 398 f.

C. Vertrauensschutz durch Grundrechte

b) Aspekte des Vertrauensschutzes

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im Beamtenrecht

Art. 33 Abs. 5 GG hat vertrauensschützende Wirkung zunächst für bereits in der Vergangenheit entstandene Rechtspositionen. Dies ist Inhalt der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums 144, bedeutet jedoch keinen umfassenden Schutz „wohlerworbener Rechte" des Beamten, wie er durch Art. 129 Abs. 1 Satz 3 WRV gewährleistet war 1 4 5 . Art. 33 Abs. 5 GG schützt nur den überlieferten Kernbestand der Institution des Berufsbeamtentums 140. Ein entstandenes Recht des Beamten ist nur insofern verfassungsrechtlich geschützt, als es Bestandteil eines hergebrachten Grundsatzes ist 1 4 7 . So gibt es zwar keinen „verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf Erhaltung des Besitzstandes in Bezug auf ein einmal erreichtes Einkommen" 1 4 8 . Das zu den hergebrachten Grundsätzen zu zählende Alimentationsprinzip 149 beinhaltet aber einen stärkeren Schutz der bereits entstandenen als der erst in Zukunft entstehenden Ansprüche 150 . Daher ist die Frage, inwieweit in bereits geleistete, festgesetzte oder fallige Besoldungs- und Versorgungsansprüche gesetzlich eingegriffen werden darf, nach Art. 33 Abs. 5 G G zu beurteilen 151 . Die Fälle einer „echten Rückwirkung" werden für den Bereich des beamtenrechtlichen Statusrechts von Art. 33 Abs. 5 GG erfaßt 152 . So darfein Beamter auf Lebenszeit nicht zu einem Beamten auf Widerruf oder zu einem jederzeit in den Ruhestand versetzbaren Beamten gemacht werden. Dies wird als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums angesehen und ist somit vom verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG erfaßt 153 . 144

Vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 363. Vgl. BVerfGE 8,1,12; 8, 332, 343; 43, 242, 278; 64, 323, 351; Grewe, Verh. 39. DJT (1952), D 1, 10; Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 54; Hamann ! Lenz, G G Art. 33 Anm. 7; a. Α.: Ole, in Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Bd. IV, 2. Halbbd., S. 537, 596f.; Maunz, in Maunz / Dürig, GG Art. 33 Rdn. 70. 14 * BVerfGE 43, 242, 278; 56, 146, 162; 64, 323, 351; Wolff j Bachof! Stober, Verwaltungsrecht II, § 107 Rdn. 17; Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 355,358; vgl. ferner, Schnupp, ZBR 1956,343,345: „tatsächlich tragende und bedeutende Merkmale der beamtenrechtlichen Stellung"; Jüsgen, DÖV 1951, 474: „Fundamentalsätze". 147 Pieroth, Rückwirkung, S. 363; vgl. auch BVerfGE 44, 249, 263. 148 BVerfGE 44, 249, 263; 49, 260, 272; 52, 303, 343; 55, 372, 392; vgl. Wolff I Bachof ! Stober, Verwaltungsrecht II, §107 Rdn. 23 (S.490); v. Münch, in ders., Besonderes Verwaltungsrecht, S. 52; eingehend Pieroth, Rückwirkung, S. 365 f. 149 Vgl. BVerfGE 8, 1, 16ff.; 64, 323, 351 — ständige Rechtsprechung; BVerwGE 60, 212,217; Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 358: „Schwerpunkt der hergebrachten Grundsätze"; Till, Die Entwicklung des Alimentationsprinzips, S. 349; Summer/ Rometsch, ZBR 1981, 1; kritisch: Thiele, DVB1. 1981, 253, 255ff.; v. Münch, in ders., Besonderes Verwaltungsrecht, S. 51; Wiese, VerwArch. Bd. 57 (1966), S. 240, 251 ff.; Feindt, D Ö D 1974, 73, 77; Matthey, in v. Münch, GG Art. 33 Rdn. 44. 150 Pieroth, Rückwirkung, S. 363; vgl. auch Till, Die Entwicklung des Alimentationsprinzips, S. 50; Summer / Rometsch, ZBR 1981, 1, 4. 151 Pieroth, Rückwirkung, S. 365 f. 152 Pieroth, Rückwirkung, S. 366. 145

4*

2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

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c) Ergebnis Die Garantie des Art. 33 Abs. 5 GG ist geeignet, das Vertrauen, das der einzelne Beamte in den Bestand seines beamtenrechtlichen Status gefaßt hat, zu schützen. Vertrauensschutz aus Art. 33 Abs. 5 GG setzt voraus, daß die betroffene beamtenrechtliche Position Bestandteil eines hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums ist. 6. Vertrauensschutz als Freiheitsschutz?

a) Das Verständnis des Vertrauensschutzes aus Art. 2 Abs. 1 GG

als Freiheitsschutz

Als verfassungsdogmatisches Fundament des Vertrauensschutzgedankens in einem umfassenden Sinne wird das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 G G diskutiert 154 . Insofern wird auf die zentrale Bedeutung und umfassende Geltung dieses Grundrechts verwiesen 155 . Art. 2 Abs. 1 GG erscheine als der Prototyp einer Grundrechtsvorschrift zur Konkretisierung eines Verfassungsprinzips der Freiheit 156 . Aus ihr ließen sich weitere Einzelfreiheitsrechte ableiten, die das durch sie gewährleistete Maß an sozialen Entfaltungschancen unterschiedlich bestimmten 157 . Die grundrechtliche Freiheit sei nicht nur negativ als Abwesenheit staatlicher Einwirkung auf die individuelle Willkür, sondern positiv als die größtmögliche Chance der Persönlichkeitsentfaltung anzusehen158. Von diesem Ansatz her stehe sachlich und methodisch prinzipiell nichts dem Versuch entgegen, den Vertrauensschutz des Bürgers als eine 153

Beispiel von Pieroth, Rückwirkung, S. 366; vgl. auch F. Mayer, Festschrift für Scupin, S. 249, 256, Grundsatz Nr. 10; ders., Festschrift für Gehlen, S. 227, 238; Ule, in Bettermann/Nipperdey /Scheuner, Die Grundrechte, Bd. IV, 2. Halbbd., S. 537, 599. 154 Exponent der befürwortenden Auffassung ist Grabitz, DVB1.1973,675,681 ff.; vgl. aber auch OVG Hamburg JZ 1952, 416; Kisker, Rückwirkung, S. 14; ders., VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149,161, 171, 179f.; Giese, DÖV 1954, 321, 323f.; Meyer-Cording, JZ 1952,161,165f.; Coing , BB 1954,137; Ehlers, DB 1951, 556; Dürig, in Maunz/Dürig, GG Art. 2 Abs. I Rdn. 47: aus Art. 2 Abs. 1 G G lasse sich zwar ein Verbot rückwirkender Gesetze schlechthin nicht herleiten; die Unternehmensfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 i. V.m. Art. 19 Abs. 2 G G verbiete aber rückwirkende Überraschungsgesetze, auf die der Wirtschafter sein Verhalten nicht einstellen konnte; ders., Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 247; Ipsen, in Neumann/ Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Bd. I l , S. 111, 167; Bachof, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 242; kritisch: Burmeister, DÖV 1981, 503, 511; Scheerbarth, Die Anwendung von Gesetzen auf früher entstandene Sachverhalte, S. 46ff.; Kimminich, JZ 1962, 518, 520; C. Arndt, DVB1. 1958, 120, 121 f. 155

Vgl. Meyer-Cording, JZ 1952, 161, 165. Grabitz, DVB1. 1973, 675, 682. 157 Grabitz, DVB1. 1973, 675, 682; vgl. auch Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 161, 171, 179 f.; Bachof, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 242; Dürig, Diskussionsvotum, ebenda, S. 247. 158 Grabitz, DVB1. 1973, 675, 684. 156

C. Vertrauensschutz durch Grundrechte

53

besondere Ausprägung des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zu begreifen. Die aufgrund einer bestehenden Gesetzeslage eröffneten Handlungsmöglichkeiten seien nicht nach einem anderen verfassungsrechtlichen Maßstab zu beurteilen als diejenigen, die gleichsam als „natürliche" Handlungsfreiheit gegeben seien, wenn keine gesetzliche Regelung bestehe. Diese Qualifizierung der Rückgängigmachung staatlich eröffneter Handlungsmöglichkeiten als ein Problem grundrechtlichen Freiheitsschutzes habe zur Folge, daß die Probleme des Vertrauensschutzes nach derjenigen Methode und denjenigen Maßstäben zu beurteilen seien, wie sie auch sonst im Rahmen des durch Art. 2 Abs. 1 GG zu gewährenden Freiheitsschutzes Anwendung finden 159. Insoweit wird entscheidend auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abgehoben 160 . Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Rücknahme von Gesetzen seien nicht nur die Besonderheiten des Einzelfalls, sondern auch die Art der getätigten Dispositionen, ihre Bedeutung für die Lebensführung, die Möglichkeit der Anpassung an die neue Lage und ähnliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen 1 6 1 . b) Die fehlende vertrauensschützende Funktion der allgemeinen Handlungsfreiheit Der Versuch, Art. 2 Abs. 1 GG zur „Grundnorm" 1 6 2 des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes zu erheben, beruht auf dem anzuerkennenden Wunsch, den Vertrauensschutzgedanken mit einer starken subjektivrechtlichen Grundlage zu versehen 163 . Insbesondere für die Problematik der Rückwirkung von Gesetzen soll der Blick von einer staatsorganisatorisch fixierten Rückwirkungsmechanik auf den grundrechtlich vertrauenden Bürger gelenkt werden 164 . Daß Art. 2 Abs. 1 GG im Verfassungsbeschwerdeverfahren als grundrechtlicher Hebel zur Geltendmachung eines Verstoßes gegen Verfassungssätze außerhalb des Grundrechtsbereichs dienen kann, ist seit dem sog. Elfes-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Januar 1957 165 anerkannt 166 . Ob Art. 2 Abs. 1 GG darüber hinaus selbständige Bedeutung für den Schutz persönlicher Vertrauenspositionen hat, erscheint dagegen fraglich.

159

Grabitz, DVB1. 1973, 675, 682. Grabitz, DVB1. 1973, 675, 683; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 179. 161 Grabitz, DVB1. 1973, 675, 684. 162 Nipperdey I Wiese, in Nipperdey I Bettermann ! Scheuner, Die Grundrechte, Bd. IV, 2. Halbbd., S. 741, 760. 163 Vgl. Grabitz, DVB1. 1973, 675, 678. 16+ Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 289. 165 BVerfGE 6, 32, 41 — seitdem ständige Rechtsprechung. 166 Deutlich im Zusammenhang mit Fragen des Vertrauensschutzes jüngst BVerfGE 72, 200, 254; vgl. auch Pieroth, Rückwirkung, S. 378; v. Münch, in ders., G G Art. 2 Rdn. 24; Iliopoulos-Strangas, Rückwirkung, S. 51. 160

54

2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit wird heute als die Garantie der allgemeinen Handlungsfreiheit verstanden 167 . M i t der aus dieser Auslegung resultierenden tatbestandlichen Weite des Art. 2 Abs. 1 GG geht einher, daß der Vorschrift weitgehend die Funktion eines „Auffanggrundrechts" 168 zugeschrieben wird. Art. 2 Abs. 1 GG greift als subsidiäre N o r m 1 6 9 nur dann ein, wenn keines der Spezialfreiheitsrechte zur Anwendung gelangt. Einen eigenen, fest umrissenen Schutzbereich hat Art. 2 Abs. 1 G G nicht 1 7 0 . Eine vertrauensschützende Funktion dieses Grundrechts ließe sich infolgedessen nur damit begründen, daß der Schutzbereich keines anderen Freiheitsrechts betroffen ist und Art. 2 Abs. 1 GG dann als Auffangnorm zum Zuge kommt. I m Gegensatz dazu weisen die oben erörterten Spezialfreiheitsrechte, wenn auch jeweils nur in bestimmten, durch ihre tatbestandliche Struktur und Ausrichtung vorgegebenen Grenzen, eine vertrauensschützende Wirkung auf. Besonders deutlich wurde dies bei der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 G G 1 7 1 . Für das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 G G kann ein solcher Nachweis nicht gelingen, da der als allgemeine Handlungsfreiheit verstandene Schutzbereich praktisch jede Beschwer erfaßt 172 . Gleichwohl kann Art. 2 Abs. 1 G G nicht alle Positionen, auf deren Bestand der Bürger im Einzelfall vertrauen kann, vor staatlichen Beeinträchtigungen schützen. Das Vertrauen des einzelnen kann sich beispielsweise auf die (Weiter-) Gewährung staatlicher Leistungen oder auf rechtswidrige Positionen beziehen. Beides wird jedoch grundsätzlich vom Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG nicht umfaßt 1 7 3 . Auch aus diesem Grunde kann das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nicht als „Grund-" oder „Auffangnorm" des Vertrauensschutzes angesehen werden. 167 BVerfGE 6, 32, 36 — ständige Rechtsprechung; Scholz, AöR Bd. 100 (1975), S. 80, 87; v. Münch, in ders., GG Art. 2 Rdn. 17; demgegenüber hat sich die insbesondere von Peters (Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, S. 47ff.; ders., Festschrift für Laun, S. 669, 673 f.) vertretene sog. Persönlichkeitskerntheorie nicht durchsetzen können. 168 Doehring, Staatsrecht, S. 285; v. Münch, in ders., GG Art. 2 Rdn. 76; Starck, in v. Mangoldt ! Klein, GG Art. 2 Rdn. 34; Nipper dey I Wiese, in Bettermann I Nipper dey I Scheuner, Die Grundrechte, Bd. IV, 2. Halbbd., S. 741, 761 (m. w. N.). 169 BVerfGE 32, 98, 107 — ständige Rechtsprechung; Dürig, in Maunz/Dürig, GG Art. 2 Abs. I Rdn. 6; v. Münch, in ders., GG Art. 2 Rdn. 76; Starck, in v. Mangoldt/Klein, GG Art. 2 Rdn. 34. 170 Scholz, AöR Bd. 100 (1975), S. 80, 104, spricht deshalb von einem „offenen Tatbestand". 171 Vgl. oben 1. 172 Demgegenüber meint Scheerbarth, Die Anwendung von Gesetzen auf früher entstandene Sachverhalte, S. 47 f., die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG erfasse ein Verbot gesetzlicher Rückwirkung bereits tatbestandlich nicht. 173 Zum Schutz rechtswidriger Positionen vgl. Maurer, Festschrift Boorberg Verlag, S. 223, 227 Fn. 10: eine rechtswidrige Position werde durch die Grundrechte nicht erfaßt — es sei denn, daß der Vertrauensschutz eingreife und diese Position rechtlich anerkenne; der Vertrauensschutz sei daher Voraussetzung, nicht Folge des Grundrechtsschutzes.

C. Vertrauensschutz durch Grundrechte

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c) Ergebnis Art. 2 Abs. 1 GG weist tatbestandlich keinen Bezug zum Gedanken des Vertrauensschutzes auf. Da der Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG zudem nicht alle Positionen, auf die sich das Vertrauen des einzelnen beziehen kann, erfaßt, kann Art. 2 Abs. 1 GG nicht als verfassungsrechtliche Grundlage des Vertrauensschutzes dienen, soweit andere Freiheitsrechte nicht einschlägig sind. Dies hindert nicht einen Einsatz des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG zur verfassungsprozessualen Durchsetzung außergrundrechtlicher Verfassungssätze, zu deren Rechtsfolgen der Schutz des persönlichen Vertrauens zählt. 7. Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG

a) Kein genereller

Vertrauensschutz

aus Art. 3 Abs. 1 GG

aa) Vertrauensschutz durch Gleichheit in der Zeit? Als Schutznorm gegen Gesetzesänderungen wird auch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG diskutiert. Versuche, aus Art. 3 Abs. 1 GG eine Schranke für staatliche Eingriffe in Vertrauenstatbestände, insbesondere ein Verbot gesetzlicher Rückwirkung herzuleiten, sind häufig unternommen worden 1 7 4 . Sie entstammen bisweilen den in jüngerer Zeit einsetzenden Bemühungen nach einer stärkeren Grundrechtsorientierung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes 175, bisweilen aber auch einer allgemeinen Forderung nach „Vertrauensschutz aus der Sicht des Gleichheitssatzes"176. Dürig lehrt, der Gleichheitssatz könne eine „Entzeitung" des Rechts im Sinne einer Entzerrung der harten Bruchstellen von altem und neuem Recht leisten. Er habe die Kraft, zeitlich Stabilität und Flexibilität so zu strukturieren, daß kein Rechtsgenosse vom Recht überrascht werde 177 . Man könne insoweit von einem Verlangen nach „Zeitgleichheit" sprechen, bei dem sich die Vergleichspaare vorher/nachher bzw. früher/später gegenüberstehen 178. 174 Für ein allgemeines Vertrauensschutzgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG sprechen sich aus: Lenz, Vertrauensschutz-Prinzip, S. 4; Achterberg, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 234; Püttner, Diskussionsvotum, ebenda, S. 237; Paulick, SteuerberaterJahrbuch 1957/58, S. 85, 119ff.; ein Rückwirkungverbot aus Gleichheitserwägungen befürworten: Kisker, Rückwirkung, S. 19, 23 Fn. 49; Scheerbarth, Die Anwendung von Gesetzen auf früher entstandene Sachverhalte, S. 65; Ipsen, in Neumann / Nipperdey / Scheuner, Die Grundrechte, Bd. II, S. 111, 167; Heiderich, Übergangsvorschriften in der neueren Gesetzgebungspraxis, S. 83 ff. 175 Vgl. Achterberg, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 234; Püttner, Diskussionsvotum, ebenda, S. 237; Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 53, meint, daß „Vertrauensschutz gegen echte oder unechte Rückwirkung seinem Wesen nach und seiner Funktion nach eine Berührungsfläche mit der Grundrechtsebene aufweist, so mit der des Gleichheitssatzes aus Art. 3 GG". 176 Dürig, Festschrift Tübinger Juristenfakultät, S. 20, 21. 177 Dürig, Festschrift Tübinger Juristenfakultät, S. 21, 28 f.

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2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

Rückanknüpfende Vorschriften könnten gleichheitswidrig sein, wenn vergangene Fälle durch sie ungleich stärker betroffen würden als die zukünftigen 179 . Gesetze seien gleichheitswidrig, soweit sie ohne berechtigten Anlaß, also willkürlich, bestehende Rechtspositionen (ζ. B. Forderungen) wegen vergangener Tatsachen (ζ. B. wegen der Art der Begründung) gegenüber inhaltsgleichen Rechtspositionen diskriminierend beeinträchtigten. Vergangenes (ζ. B. vergangene forderungsbegründende Handlungen) und Künftiges (ζ. B. künftige forderungsbegründende Handlungen) gleichbehandeln, heiße Ungleiches einer gleichen Behandlung unterwerfen 180 . Der Nachweis, daß ein rückanknüpfendes Gesetz willkürlich sei, könne nur unter Beachtung der Zeitgebundenheit des Rechts erbracht werden 181 . bb) Zeitliche Ungleichheit als wesensmäßige Folge von Rechtsänderungen Die These vom „Vertrauensschutz aus der Sicht des Gleichheitssatzes" ist abzulehnen. Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist keine vertrauensschützende Norm. Auf Gesetzesänderungen bezogen, ist die Gegenüberstellung von Vorher und Nachher nicht die einzige und meist nicht einmal die unter Gleichheitsaspekten kritischste. Denn vielfach wird die Änderung gerade aus dem Grunde vorgenommen, um Gleichheit herzustellen 182 . Rechtsänderungen führen begriffsnotwendig zu Ungleichheiten. Jede Gesetzesänderung bedeutet insofern eine Ungleichbehandlung, als andere Rechtsgebote gelten als bisher 183 . Da diese Ungleichheiten aber wesensmäßig mit Gesetzesänderungen verbunden sind, können sie sich grundsätzlich 184 nicht an Art. 3 Abs. 1 GG in der herrschenden Sicht eines Willkürverbotes stoßen 185 . Demgegenüber wendet Leisner ein, daß der rechtsändernde Gesetzgeber nicht alle Bürger gleichermaßen belaste, sondern zunächst nur diejenigen, die auf den Fortbestand des status quo vertraut und sich entsprechend eingerichtet haben. Nach Auffassung von Leisner liegt daher stets ein Gleichheitsproblem vor. Er fragt: „Darf der Gesetzgeber den vertrauensgeschützten Bürger ebenso behan178 Pieroth, Rückwirkung, S. 146; Heiderich, Übergangsvorschriften in der neueren Gesetzgebungspraxis, S. 85. 179 Heiderich, Übergangsvorschriften in der neueren Gesetzgebungspraxis, S. 84. 180 Kisker, Rückwirkung, S. 23 Fn. 49. 181 Kisker, Rückwirkung, S. 20, 23 Fn. 49. 182 p i e r 0 ( h , Rückwirkung, S. 146; vgl. auch BVerfGE 11, 64, 72, zu einer Rückwirkungsanordnung im Lastenausgleichsrecht: „ ... die Rückwirkung sorgt vielmehr für eine einheitliche Behandlung gleichgelagerter Fälle." 183 184

Vgl. Kloepfer, DÖV 1981, 225, 227; Kriele, Kriterien der Gerechtigkeit, S. 91. Zur Sonderproblematik sog. Stichtagsregelungen noch unten fünfter Teil, D. II.

2. b. 185 Kloepfer, DÖV 1981, 225,227; Kriele, Kriterien der Gerechtigkeit, S. 91; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 85 Fn. 2.

C. Vertrauensschutz durch Grundrechte

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dein wie alle anderen, muß er nicht diese belasten, um jene zu schonen?" 186 Die den Volkssouverän legitimierende Demokratie sei auf Gleichheit gegründet und auf Solidarität. Daher verbiete es sich, Vertrauen wie Nichtvertrauen der gleichen Allmacht gesetzgeberischen Willens auszuliefern, wenige, die vertraut haben, zu schlagen, um die anderen zu erleichtern. Die egalitäre Demokratie schaffe die Omnipotenz des Gesetzgebers, sie verlange aber zugleich, im Namen eben dieser Gleichheit vollen Vertrauensschutz 187. Nach dieser Konzeption Leisners ist der Ansatzpunkt der verfassungsrechtlichen Prüfung jedoch letztlich nicht im Gleichheitssatz, sondern in einem Vertrauensgedanken zu sehen, der als zunächst außerhalb der Gleichheitsfrage liegender Gesichtspunkt einen sachlichen Grund für die Differenzierung bietet 188 . Der so verstandene Vertrauensschutz rechtfertigt lediglich die bei Rechtsänderungen wesensmäßig auftretende Ungleichbehandlung und schließt so den Vorwurf der Willkür aus. Die Frage, ob der einzelne dabei zu Recht Schutz seines Vertrauens verlangt, kann der Gleichheitssatz nicht beantworten. b) Vertrauensschutz

und Systemgerechtigkeit

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Spielraum den Anforderungen des Gleichheitssatzes entsprechend in „sachgerechter" Weise genutzt hat, könnte weiter zu prüfen sein, ob die gefundene Lösung sich auch im Hinblick auf „das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen läßt oder als willkürlich erscheint" 189 . In Betracht kommt, daß der Gedanke der Systemgerechtigkeit Veranlassung gibt, Fragen des Vertrauensschutzes als Gleichheitsprobleme zu verstehen. Vorstellbar ist, daß der einem Vertrauenstatbestand zugrunde liegenden normativen Basis Ordnungsprinzipien entnommen werden können, von denen abzuweichen einen Systembruch bedeutete 190 . Ein systemwidriger Eingriff in ein bestehendes Normgefüge könnte als Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu werten sein 191 . 186

Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 293 (Hervorhebungen im Original). Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 293. 188 Vgl. den methodischen Ansatz in BVerfGE 14, 288, 305; 15, 313, 319. 189 BVerfGE 44, 1, 21. 190 Daß der Gedanke der Systemgerechtigkeit zu einer Festigung des status quo führen kann, wird vertreten von Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 80f., 89; Richter/Schupperi, Casebook Verfassungsrecht, S. 109. Demgegenüber betont das Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 60,16,43, daß die Forderung nach Systemgerechtigkeit „nicht zur Verkrustung einer Gesellschaftsordnung führen" darf. 191 Vgl. Canaris , Systemdenken, S. 128; Schneider, Rundfunkanstalten und Mehrwertsteuer, S. 24ff.; einschränkend Lange, Die Verwaltung 1971, 259, 262ff., 278; Battis , Festschrift für Ipsen, S. 12, 16, 28 f., spricht sich dagegen für einen eigenständigen formalisierten Grundsatz der Systemgerechtigkeit aus. 187

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2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

Die Frage, nach welchem System der Gesetzgeber eine Materie ordnen will, wird jedoch allein von ihm selbst entschieden 192 . Durch Art. 3 Abs. 1 GG sind allenfalls Extremfalle erfaßbar 193 . Die dem Gesetzgeber konzedierte Freiheit läßt substantiierte Aussagen allein aus dem Gleichheitssatz nicht z u 1 9 4 . Der Systemwidrigkeit einer gesetzlichen Regelung kann daher nur Indizwirkung für eine Verletzung des Gleichheitssatzes beigemessen werden 195 . Die Verfassungswidrigkeit einer Neuregelung, die von der Systematik des bisherigen Gesetzes abweicht, kann sich unter dem Aspekt des Art. 3 Abs. 1 GG nur daraus ergeben, daß sie eine willkürliche Ungleichbehandlung vorsieht. Der Gedanke der Systemgerechtigkeit bietet keinen selbständigen Ansatzpunkt der Gleichheitsprüfung. c) Ergebnis Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist weder generell noch unter dem besonderen Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit geeignet, als verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab für Eingriffe in Positionen zu dienen, auf deren Bestand der einzelne vertraut hat. Vertrauensschutz ist keine Frage der Gleichbehandlung. I I I . Kein umfassender Vertrauensschutz durch Grundrechte Als Ergebnis der vorstehenden Überlegungen bleibt festzuhalten, daß die Grundrechte einen umfassenden, tatbestandlich lückenlosen Vertrauensschutz nicht gewährleisten können. Weder die Freiheitsrechte noch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG oder gar eine grundrechtsähnliche Spezialnorm wie Art. 33 Abs. 5 GG können in allen Fällen, in denen „schutzwürdiges Vertrauen" geltend gemacht wird, den richtigen Lösungsansatz bieten. Der Vertrauensschutz geht nicht in den Grundrechten auf 1 9 6 . Der Gedanke des Vertrauensschutzes beruht nicht auf einer einzelnen Vorschrift des Grundgesetzes. Insoweit kommen vielmehr viele Verfassungsnor192

Vgl. BVerfGE 59, 36, 49; 60, 16, 43; 61, 138, 148f. Vgl. Lerche, Übermaß und Verfassungswidrigkeit, S.271; ders., DÖV 1961, 486, 487; Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 17. 194 Vgl. Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 17; Lerche, AöR Bd. 90 (1965), S. 341, 362: „Überstrapazierung des Gleichheitsgebots". 195 BVerfGE 9, 20, 28; 18, 315, 334; 24, 75, 100; 34, 103, 115; 59, 36, 49; 61, 138, 148; Rüfner, VSSR 1974, 68, 87; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 62; die von Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 25, vertretene „Beweislastumkehr" in der Weise, daß eine gleichheitsrelevante Ungleichbehandlung zunächst vermutet wird, führt nicht zu anderen Ergebnissen. 193

196 Vgl. Stern, Festschrift für Maunz, S. 381, 391, Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 56; Burmeister, DÖV 1981,503,510f.; Iliopoulos-S trangas, Rückwirkung, S. 164,170f., 293; Pieroth, Rückwirkung, S. 230: „insbesondere aus einzelnen Grundrechten können sich Rückwirkungsverbote und Bestandsgarantien ergeben" (Hervorhebung im Original).

D. Das Rechtsstaatsprinzip als Grundlage des Vertrauensschutzes

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men in Betracht, die aber immer nur für einen bestimmten Regelungs- und Gewährleistungsbereich gelten können. Verfassungsnormen, die einen Status schützen, umfassen in der Regel auch Bestandsschutz. Über die oben erörterten Gewährleistungen hinaus können daher zum Beispiel auch Art. 16 Abs. 1 und Art. 116 Abs. 2 Satz 2 GG vertrauensschützende Wirkung erzeugen 197 . Die Feststellung des Vertrauensschutzes bedarf in jedem Falle einer sorgfältigen Konkretisierung der in Betracht kommenden Verfassungsnorm. Grundrechtlicher Vertrauensschutz kann nur so weit gehen, wie der Schutzbereich des jeweiligen Grundrechts reicht 1 9 8 . Der durch die Grundrechte gewährleistete Schutz erstreckt sich prinzipiell weder auf rechtswidrige Positionen, noch sind die Grundrechte geeignet, dem einzelnen subjektiv-öffentliche Rechte auf staatliche Leistungen zu geben. Dies hat zur Folge, daß ζ. B. bei Sozialhilfe-, Wohngeld-, Jugendhilfe-, Kindergeldansprüchen und sonstigen sozialen Unterstützungsmaßnahmen, die nicht auf einen persönlichen materiellen oder immateriellen Einsatz zurückgeführt werden können 1 9 9 , ein grundrechtlicher Vertrauensschutz grundsätzlich nicht besteht. Vertrauensschutz ist nicht zwangsläufig Bestandteil eines grundrechtlichen Schutzbereichs. Er ist oftmals „ein den Grundrechtsverbürgungen vorgelagerter Rechtsbezirk" 200 .

D. Das Rechtsstaatsprinzip als verfassungsdogmatische Grundlage des Vertrauensschutzes I. Rechtsstaat — Rechtssicherheit — Vertrauenschutz „ Z u den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips gehört die Rechtssicherheit. Der Staatsbürger soll die ihm gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können; er muß darauf vertrauen können, daß sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln von der Rechtsordnung mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen anerkannt bleibt. ... Für den Bürger bedeutet Rechtssicherheit in erster Linie Vertrauensschutz." 201 M i t dieser oder einer ähnlichen Formulierung 197

Vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 279. Vgl. BVerfGE 45, 142, 168; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 56. 199 Beispiele von Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 153. 200 Burmeister, Die Verwaltung 1969, 21, 33; Rüberg, Vertrauensschutz, S. 116f.; Pieroth, Rückwirkung, S. 157; ähnlich: Schenke, AöR Bd. 101 (1976), S. 337, 356: „Zwischenbereich"; Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 74: „in Verfassungsnähe"; zweifelhaft erscheint dagegen die Ansicht Burmeisters, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 6 f., daß die Freiheitsrechte nur die äußersten Grenzen der staatlichen Kompetenzsphäre zu markieren geeignet seien; die Grundrechte seien nicht darauf zugeschnitten, die öffentliche Hand bei Wahrnehmung der ihr von Verfassungs wegen zustehenden Kompetenzen bestimmten Bindungen zu unterwerfen. Burmeister unterschätzt die abwehrrechtliche Geltungskraft der Grundrechte und überbewertet ihre liberale Ausrichtung; vgl. dazu auch Böckenförde, NJW 1974, 1529, 1531 f., 1538. 198

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2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

begründet das Bundesverfassungsgericht seine Auffassung zur verfassungsdogmatischen Fundierung des Vertrauensschutzes für den Bereich außerhalb der Grundrechte. Es geht dabei i n ständiger Rechtsprechung v o n einer Herleitungskette Rechtsstaatlichkeit — Rechtssicherheit — Vertrauensschutz a u s 2 0 2 . Diese prägnante Formel hat i n der Literatur zu Recht breite Z u s t i m m u n g gefunden 2 0 3 . Die Besinnung auf das Rechtsstaatsprinzip ist geeignet, das Defizit verfassungsrechtlichen Schutzes, das dadurch entsteht, daß die Grundrechte nur teilweise die Vertrauensschutzproblematik erfassen können, a b z u g l e i c h e n 2 0 4 . Gerade u m die Ausfüllung dieser Lücke i m verfassungsrechtlichen Schutz des einzelnen geht es bei der E n t w i c k l u n g u n d A u f w e r t u n g des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes 2 0 5 . I I . Die subjektiv-rechtliche Seite des Rechtssicherheitsgebots als Grundlage des Vertrauensschutzes 1. Die subjektiv-rechtliche Komponente der Rechtssicherheit Das Gebot der Rechtssicherheit zählt zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips, j a zur objektiven Rechtsidee selbst 2 0 6 . D i e Forderung 201 BVerfGE 13,261,271 ; vgl. aus der Zeit vor dieser Entscheidung bereits BVerfGE 9, 201, 212; 13, 215, 224. 202 Vgl. außer den in Fn. 201 angegebenen Entscheidungen: BVerfGE 14,288, 297; 18, 429, 439; 23,12, 32; 27, 231, 238; 30, 367, 386; 32, 111,123; 45, 142, 168; 51, 356, 362; in jüngeren Entscheidungen setzt das Gericht „die Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes" als gleichermaßen „ i m Rechtsstaatsprinzip ... verankert" nebeneinander, BVerfGE 59,128,164; vgl. auch BVerfGE 72, 200, 242; 74,129,152; dies bedeutet jedoch inhaltlich keine Neuerung. 203 Vgl. Rüfner, in Recht und Gesetz im Dialog III, S. 99 („wesentliches Element des Rechtsstaats"); ders., Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974) S. 232, Badura, Wirtschaftverfassung und Wirtschaftsverwaltung, S. 110; Salzwedel, Die Verwaltung 1979,11,15; Herzog, in Maunz/Dürig, GG Art. 20 V I I Rdn. 65; Götz, Festgabe BVerfG, Bd. II, S. 421, 424; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, Rdn. 141 f., 1031; Kriele, DÖV 1967, 531, 536; Kimminich, JuS 1965, 249, 254; Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 30; Randelzhofer, JZ 1973, 536, 543; Haueisen, NJW 1961,1901,1904; ders., DVB1.1964, 710, 714; Huber, Festgabe BVerwG, S. 313, 326; Wipprecht, Die Änderung der Rechtsprechung, S. 107; Schulz-Schaeffer, Die Staatsform der Bundesrepublik Deutschland, S. 64; Stich, Vertrauensschutz, S. 21 f.; Iliopoulos-Strangas, Rückwirkung, S. 298 f.; Quack, DVB1. 1962, 289, 292. 204 Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 30: „Sicherheitsvakuum des Individuums"; in diesem Sinne auch Burmeister, Vertrauensschutz im Prozeßrecht, S. 10 f.; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 156: „Normendefizit"; Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 273, hält dagegen auch „die allgemeinen Gebote der Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit" nicht für ausreichend, die im Grundrechtsschutz bestehende Lücke zu schließen, und plädiert, S. 275 ff., für eine Anwendung des Übermaßverbots. 205 Ygj Burmeister, Vertrauensschutz im Prozeßrecht, S. 11; Zacher, Diskussionsvotum, in Verh. 45. DJT (1964), Bd. II, H 83. 206 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 796 f.; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 201 ff.; Kininger, Die Realität der Rechtsnorm, S. 197; Peters, in Recht,

D. Das Rechtsstaatsprinzip als Grundlage des Vertrauensschutzes

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nach Rechtssicherheit wird als grundlegender Bestandteil der material verstandenen Rechtsstaatlichkeit angesehen207. Sie stellt zusammen mit der materiellen Gerechtigkeit einen der beiden höchsten Rechtswerte dar 2 0 8 . Schon vor Inkrafttreten des Grundgesetzes war das Rechtssicherheitsprinzip ein bestimmender Faktor der bis dahin geltenden Rechtsordnung in Deutschland 209 . Die verschiedenen Epochen haben die wechselseitige Gewichtung von Rechtssicherheit und materieller Gerechtigkeit in verschiedener Weise vorgenommen. Auch bei dem Problem des Vertrauensschutzes geht es um eine solche Abwägung 2 1 0 . Der Rechtssicherheitsgedanke hat mehrere Aspekte 211 : Rechtsbestimmtheit, also Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit der Rechtsfolgen 212 , Rechtsfrieden, d. h. Stabilität einer einmal eingeführten Ordnung 2 1 3 , und schließlich Rechtsmacht, nämlich die Durchsetzung einmal gesetzter Regeln in der sozialen Wirklichkeit 2 1 4 . Für das Problem des Vertrauensschutzes kann der Gedanke der Stabilität einer einmal eingeführten Ordnung von Bedeutung sein. Das setzt voraus, daß sich aus dem rechtsstaatlichen Rechtssicherheitsprinzip ein staatsgerichtetes subjektives Recht des einzelnen auf Schutz seiner persönlichen Vertrauensposition herleiten läßt. Dies wird in der Literatur mit der Erwägung angezweifelt, daß der Grundsatz der Rechtssicherheit als Bestandteil der objektiven Rechtsidee in erster Linie ein objektivrechtlicher Grundsatz der verfassungsrechtlichen Ordnung und folglich als eine verbindliche Richtschnur für staatliches Handeln praktisch und theoretisch ungeeignet sei 2 1 5 . So verstanden stellt die Rechtssicherheit zwar ein fundamentales Strukturprinzip der Staat, Wirtschaft, Bd. III, S. 66 ff.; Ossenbühl, Rücknahme, S. 77; Coing , Rechtsphilosophie, S. 137,145; EckhardtIHillebrecht, Problematik rückwirkender Steuergesetze, S. 45; v. Mangoldt/Klein, GG Art. 20 Anm. V I 2; C. Arndt, DVB1.1958,120,123; Patschke, BB 1954,1,2; zweifelnd: Herzog, in Maunz / Dürig, G G Art. 20 V I I Rdn. 61 ; kritisch: Emge, in HirschIRehbinder, Studien und Materialien zur Rechtssoziologie, S. 182, 193: Rechtssicherheit ein Vakuum. 207 Vgl. nur Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 202 f.; Coing, Rechtsphilosophie, S. 137, 145; Ossenbühl, Rücknahme, S. 77. 208 Vgl. Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 169; Wiedemann, Festschrift für Larenz, S. 199 ff. 209 Vgl. Radbruch, Rechtsphilosophie, S. 169 f.; Wiedemann, Festschrift für Larenz, S. 199, 201. 210 Vgl. Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 56; Seuffert, BB 1972,1065,1066. 211 Vgl. die Zusammenstellung von Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 56. 212 Vgl. Herzog, in MaunzI Dürig, GG Art. 20 V I I Rdn. 62; Rümelin, Die Rechtssicherheit, S. 9. 213 Vgl. Herzog, in MaunzI Dürig, GG Art. 20 V I I Rdn. 58; Rümelin, Die Rechtssicherheit, S. 12. 214 Vgl. Wiedemann, Festschrift für Larenz, S. 199,204; Rümelin, Die Rechtssicherheit, S. 5 ff. 215 Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 207; vgl. auch Selmer, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 260; gegen eine Subjektivierung des rechtsstaatlichen Status im allgemeinen: Scholz, AöR Bd. 100 (1975), S. 80, 105; ihm zustimmend: v. Münch, in ders., GG Art. 2 Rdn. 23.

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2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

Rechtsordnung dar, aus dem sich aber im Einzelfall eine konkrete Verpflichtung des Gesetzgebers nicht herleiten läßt 2 1 6 . Die Rechtssicherheit betrifft jedoch nicht nur die — objektiv-rechtliche — Höhe des Intensitätsgrades der Verbindlichkeit einer N o r m 2 1 7 . Rechtssicherheit und Vertrauen des einzelnen, das in jedem Fall subjektiv bestimmt ist, sind untrennbar miteinander verbunden. Bei der Rechtssicherheit steht das Vertrauen, das der einzelne in die vorhandene Regelung des Gemeinschaftslebens setzen kann, „im Ausgangs- und Mittelpunkt der Betrachtung" 218 . Es läßt sich feststellen, daß „geradezu im Zentrum des Problems der individuellen Rechtssicherheit ... die Frage der subjektiven öffentlichen Rechte" 219 steht. Die Aufgabe des Rechtssicherheitsgebots besteht nicht nur darin, eine richtige und gerechte Ordnung zu verwirklichen. Die Rechtssicherheit soll auch gewährleisten, daß sich der Rechtsunterworfene auf die geschaffene Ordnung verlassen und sie zur Grundlage seines eigenen Disponierens machen kann 2 2 0 . Rechtssicherheit heißt auch Gewährleistung der Fortdauer eines Rechtszustandes ohne Rücksicht auf materielle Auswirkungen 221 . Der in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes der Rechtssicherheit zugrunde liegende Rechtsstaatsgedanke ermöglicht nicht nur die Ausgestaltung privater Freiheit durch bindende Regeln 222 . Er selbst gewährleistet darüber hinaus der autonomen Person subjektive Rechte, die mit der objektiven, rechtsstaatlich ausgestalteten Ordnung in unlösbarem Zusammenhang stehen 223 . Rechtssicherheit bezeichnet nicht nur eine Ordnungsfunktion des Rechts, sondern zugleich eine Forderung des Bürgers an den Staat. Im Rechtssicherheitsgrundsatz manifestiert sich daher nicht nur eine abstrakte Funktion objektiven Rechts, er enthält zugleich auch eine Regelung des Schutzes konkreter Positionen und Interessen einzelner. Er kann als Schutznorm für die im Sinne der Rechtsidee schutzwürdigen privaten Positionen verstanden werden und bietet so den verfassungsrechtlichen Ansatzpunkt eines rechtsstaatlichen Grundsatzes des Vertrauensschutzes 224. 216

Vgl. Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 207. In dieser Richtung aber Kininger, Die Realität der Rechtsnorm, S. 196, in Anlehnung an Geiger, Vorstudien zu einer Soziologie des Rechts, S. 103. 218 Rümelin, Die Rechtssicherheit, S. 7; ähnlich bereits Heck, Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz, S. 82. 219 Rümelin, Die Rechtssicherheit, S. 32; vgl. auch Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 57 f. 220 Vgl. Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 212; Germann, Probleme und Methoden der Rechtsfindung, S. 28; Jesch, JZ 1960,282,285: „der Gedanke der Rechtssicherheit i. S. eines Vertrauensschutzes". 221 Frotscher, DVB1. 1976, 281, 284. 222 Hesse, Festgabe für Smend, S. 71, 85. 223 Hesse, Festgabe für Smend, S. 71, 89; vgl. dens., Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn. 202, 203 ff.; zustimmend Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 214f.; vgl. auch Pieroth, Rückwirkung, S. 144; Henke, Das subjektive öffentliche Recht, S. 60; Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungslehre, S. 104ff. 224 Vgl. Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 215. 217

D. Das Rechtsstaatsprinzip als Grundlage des Vertrauensschutzes

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2. Ein rechtsstaatliches „Grundrecht auf Vertrauensschutz" ?

Darüber hinaus wird bisweilen der Grundsatz des Vertrauensschutzes als selbständiges ungeschriebenes Grundrecht angesehen225. Schlenker leitet — insbesondere für den Bereich des Sozialrechts — ein eigenständiges „Grundrecht auf Kontinuität" daraus her, daß der Vertrauensgedanke im Sinne eines rückschrittseindämmenden Wertungstopos mehrschichtige Relevanz habe 2 2 6 . Allgemeine verfassungsrechtliche Grundlage des „Grundrechts auf Kontinuität", welches das Rücknahmeermessen des Sozialgesetzgebers relativ stark zügele, sei das Rechtssicherheitsgebot des Art. 20 G G 2 2 7 . Schlenker vertritt die These, daß das Grundgesetz auf der objektiven und individualbezogenen Ebene ein „Grundrecht des Sozialvertrauens" verbürge, das sich mit der letztlich vom Demokratiegebot geforderten Anpassungs- und Veränderungsoffenheit der Rechtsordnung auseinandersetzen müsse 228 . Ansätze zu einer solchen Sichtweise finden sich auch bei Leisner 229. Seiner Ansicht nach ist die Rechtsstaatlichkeit eine zugleich grundrechtliche und staatsorganisatorische Zentralnorm. Wirke sie als Schranke der Gesetzgebung im Namen des Vertrauensschutzes, so trete entscheidend ihre grundrechtliche Seite hervor. Der Vorhersehbarkeit sei „etwas von staatsorganisatorischer Transparenztechnik eigen", die zwar den einzelnen begünstige, „aber eben eine organisatorische, nicht eine grundrechtliche Freiheitssicherung" darstelle. Im freiheitlichen Rechtsstaat sei entscheidend, was der Bürger vermag, nicht wie der Staat organisieren sollte. „Vertrauen" halte die Rechtsstaatlichkeit im Bereich der Grundrechte, der Vorhersehbarkeit wohne eine nicht ungefährliche Objektivierungstendenz inne 2 3 0 . Das Ziel derartiger Konstruktionen besteht darin, die subjektiv-rechtliche Seite der Rechtsstaatlichkeit und damit der Rechtssicherheit durch Überhöhung zum Grundrecht noch stärker herzustellen. Hierzu besteht jedoch keine Veranlassung. Der Nachweis, daß das im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Rechtssicherheitsgebot eine subjektiv-rechtliche Ausrichtung aufweist, ist eine hinreichende Bedingung für die dogmatische Verortung des Vertrauensschutzgrundsatzes im Rechtsstaatsprinzip. Der rechtsstaatliche Vertrauensschutz hat keine geringere verfassungsrechtliche Wirkkraft als ein Grundrecht gleichen Inhalts. Verfassungsprozessual verhilft ihm Art. 2 Abs. 1 GG zu entsprechender Geltungskraft 231 . 225 So insbesondere Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 193 ff.; aber auch Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 50, hält dies — allerdings auf der Grundlage der schweizerischen Verfassungslage — für zulässig. 226 Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 194f. 227 Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 196. 228 Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 195. 229 Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 279. 230 Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 279. 231 Vgl. oben C I I 6 b.

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2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

I I I . Die Subsidiarität des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips Nach den bisherigen Überlegungen zum verfassungsrechtlichen Standort des Vertrauensschutzes handelt es sich hierbei um einen auf mehreren Pfeilern ruhenden Rechtsgedanken. Von dem im Schutzbereich der Grundrechte tatbestandlich angelegten Schutz individueller Vertrauenspositionen ist der dem Rechtssicherheitsgebot immanente rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes zu unterscheiden. Ein einheitliches Vertrauensschutzprinzip, das immer dann, wenn das Vertrauen des einzelnen in eine bestimmte Staatstätigkeit enttäuscht wird, automatisch zur Anwendung gelangt, besteht nicht 2 3 2 . Dies macht für den Einzelfall eine Differenzierung nicht nur nach Lebensbereichen, sondern auch und vor allem nach der anzuwendenden Verfassungsnorm erforderlich 233 . Es ist sehr genau zu prüfen, ob eine bestimmte Position vom Schutzbereich eines Grundrechts erfaßt wird. Der Rekurs auf das rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip ist erst dann zulässig, wenn keines der vorab untersuchten Grundrechte thematisch einschlägig ist. Der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes hat als Abwehrmittel des einzelnen gegen rechtsändernde Staatstätigkeit eine verfassungsdogmatische Ergänzungsfunktion 2 3 4 . Er ist daher gegenüber den Grundrechten subsidiär 235 . Dadurch wird zugleich sichergestellt, daß der Vertrauensschutzgedanke nicht als „Allerweltsformel" fungiert, die „zu einer Disziplinlosigkeit des juristischen Denkens und damit letztlich zu einer Bedrohung der Transparenz juristischen Argumentierens und der Rechtsfindung schlechthin führt" 2 3 6 . Der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes stellt sich vielmehr als zusätzliches, den Schutz anderer Verfassungsgarantien, insbesondere der Grundrechte ergänzendes Instrument des Bürgers dar. Die differenzierte verfassungsdogmatische Fundierung des Vertrauensgedankens in den Grundrechten und dem Rechtsstaatprinzip macht im übrigen 232

Vgl. Ossenbühl, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 240; Frotscher, DVB1. 1976, 281, 287. 233 Vgl. Ossenbühl, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 241; WeberDürler, Vertrauensschutz, S. 56,69; Pieroth, Rückwirkung, S. 234,280, passim, fordert zu Recht eine verstärkte „Verfassungsnormorientierung". 234 Vgl. Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 80, 88; Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 261, 270; ders., Vertrauensschutz im Prozeßrecht, S. 10f.; Stich, Vertrauensschutz, S. 47: dem Vertrauensschutz obliege die Aufgabe der „Rechtsbesserung"; Göldner, Verfassungsprinzip und Privatrechtsnorm, S. 26ff., 41, sieht in den Verfassungsprinzipien im allgemeinen Rechtsergänzungsquellen; vgl. auch oben I. 235 y g i insoweit bereits oben C I I 1 a, C I I 5 b.; ausdrücklich für Subsidiarität des Vertrauensschutzgrundsatzes: Stich, Vertrauensschutz, S. 46 ff.; Mainka, Vertrauensschutz, S. 35 f.; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 198 f.; Püttner, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 200,207; Pieroth, Rückwirkung, S. 136: Spezialität des Art. 14 GG; ders., JZ 1984, 971, 975: Spezialität des Art. 33 Abs. 5 GG; ähnlich: Lenz, Vertrauensschutzprinzip, S. 41; Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 112,264, unter Hinweis auf Canaris , Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S. 440. 236

Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 34;.vgl. auch Pieroth, JZ 1984, 971 972.

D. Das Rechtsstaatsprinzip als Grundlage des Vertrauensschutzes

65

deutlich, daß verfassungsrechtlicher Vertrauensschutz notwendig staatsgerichtet ist. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Bezug des Vertrauensschutzes zur eindeutig abwehrrechtlichen Tendenz der Grundrechte, sondern auch aus seiner Herleitung aus der subjektiv-rechtlichen Seite des rechtsstaatlichen Rechtssicherheitsgebots. Als Bestandteil der Rechtsstaatlichkeit ist das Vertrauensschutzprinzip wesensmäßig gegen den Hoheitsverband gerichtet und nur im Verhältnis zwischen Bürger und institutionalisierter Staatlichkeit anwendbar 237 . IV. Keine Beschränkung gesetzlicher Grundrechtsbegrenzung durch das rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip Der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes hat neben den Grundrechten, soweit sie tatbestandlich vertrauensschützende Wirkung entfalten, keine selbständige Bedeutung. Dies entspricht dem Gedanken der Subsidiarität und ist anerkannt für das Verhältnis grundrechtlicher Schutzbereiche zum Vertrauensschutzprinzip 238. Fraglich ist aber, ob im Bereich der Grundrechtsschranken etwas anderes gelten muß. In Betracht kommt, daß der Grundsatz des Vertrauensschutzes bei Grundrechtseingriffen, die individuelle — grundrechtlich geschützte — Vertrauenspositionen beschneiden, als besonderer Maßstab für die Begrenzung der Einschränkung heranzuziehen ist. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes könnte so als zusätzliches Instrument zur Begrenzung gesetzlicher Grundrechtseingriffe neben den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit treten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Grundsatz des Vertrauensschutzes wären dann zwei Gesichtspunkte zur Eingrenzung der Inhaltsbestimmung grundrechtlich geschützter Positionen 239 . Eine solche zusätzliche „Schranken-Schranke" ist jedoch verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Grundrechte können selbst im Rahmen ihrer Schutzbereiche vertrauensschützende Wirkung erzeugen. Die grundrechtliche Verbürgung, deren Reichweite durch den Schutzbereich des Grundrechts bestimmt ist, setzt der Eingriffstätigkeit des Gesetzgebers Grenzen. Die durch die grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte ausgesprochene Ermächtigung zur Begrenzung von Grundrechten darf niemals von der Gewährleistung des Grundrechts gelöst werden. Sie muß vielmehr stets „im Lichte der Bedeutung" des Grundrechts gesehen werden 240 . Es ist die Berücksichtigung des Grundrechts im Rahmen des 237

Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 235 f.; vgl. dens., Vertrauensschutz im Prozeßrecht, S. 23; ähnlich, Mainka, Vertrauensschutz, S. 30f.; im Ergebnis auch Pieroth, Rückwirkung, S. 280; Becker, DÖV 1973,379,381 ; a. Α.: Lenz, VertrauensschutzPrinzip, S. 41, der dem Vertrauensschutz zwei Seiten beilegt: Er schütze nicht nur den vertrauenden Bürger, sondern ebenso „die unbewußt fehlgreifende Behörde". 238 Vgl.oben III. 239 So für Art. 14 GG: BVerfGE 72, 200, 242f.; Rüfner, JZ 1983, 755; für Art. 12 GG: BVerfGE 64, 72, 83. 5 Muckel

66

2. Teil: Grundlagen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes

Möglichen g e b o t e n 2 4 1 . Der bei allen Grundrechtseinschränkungen zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, daß der Eingriff i n einem angemessenen Verhältnis zu dem Gewicht u n d der Bedeutung des Grundrechts stehen m u ß 2 4 2 . D i e dem Gesetzgeber bei Eingriffen i n Grundrechte aufgegebene A b w ä g u n g v o n grundrechtlich geschützter Individualrechtsstellung u n d staatlichem Änderungsinteresse gewährleistet, daß auch Positionen, a u f deren Bestand der Bürger vertraut, angemessene Berücksichtigung finden, sofern sie dem Schutzbereich des Grundrechts unterfallen. F ü r einen R ü c k g r i f f auf den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes besteht kein B e d ü r f n i s 2 4 3 .

240

Die vom Bundesverfassungsgericht für Einschränkungen der Meinungsfreiheit entwickelte sog. Wechselwirkungstheorie (grundlegend BVerfGE 7,198,208) ist Ausdruck eines allgemeinen Gedankens, vgl. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn. 319; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, Rdn. 677; für Art. 14 Abs. 1 GG: BVerfGE 14,263; Bryde, in v. Münch, GG Art. 14 Rdn. 48; Papier, in Maunz/Dürig, G G Art. 14 Rdn. 252; für Art. 12 Abs. 1 GG: BVerfGE 7, 377, 404; Gubelt, in v. Münch, GG Art. 12 Rdn. 38. 241 Vgl. BVerfGE 15, 288, 295, für Art. 5 Abs. 1 GG; verallgemeinernd: Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn. 319. 242 Vgl. Badura, Staatsrecht, C 26 (S. 85). 243 So im Ergebnis auch Pieroth, JZ 1984,971,975, der aber neben dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch auf die Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG abstellt; angesichts der nach wie vor bezüglich Funktion {Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 234 ff., schreibt Art. 19 Abs. 2 GG lediglich deklaratorische Bedeutung zu; vgl. auch v. Mangoldt j Klein, GG Art. 19 Anm. V 7 b: „mahnendes Ausrufezeichen") und normativem Gehalt der Wesensgehaltsgarantie bestehenden Unklarheiten (vgl. nur die von Maunz, in MaunzIDürig, GG Art. 19 Abs. I I Rdn. 3 ff., wiedergegebene Meinungsvielfalt) kann ein Rekurs auf Art. 19 Abs. 2 GG jedoch nicht weiterhelfen.

Dritter

Teil

Die Kriterien des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht hat i n einer langen Reihe v o n Entscheidungen zur Frage des Vertrauensschutzes Stellung genommen 1 . Es hat dabei einerseits den grundrechtlichen Bezug des Vertrauensschutzes b e t o n t 2 , andererseits aber auch, sofern es Grundrechte nicht als einschlägig ansah, auf das Rechtsstaatsprinzip abgestellt 3 . I m M i t t e l p u n k t der Vertrauensschutzrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 4 steht nach wie vor das Problem der R ü c k w i r k u n g v o n Gesetzen 5 . K r i t e r i e n des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes ergeben sich i n der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus den Grundsätzen, die das Gericht für die Beurteilung einer R ü c k w i r k u n g belastender Gesetze aufgestellt h a t 6 . A l s belastende Gesetze werden dabei nicht nur Abgabengesetze 1 Vgl. die Nachweise bei Leibholz/ Rinck/ Hesselberger, GG Art. 20 Rdn. 41 ff., und im Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Einl. GG Nr. 501 ff.; einen ausführlichen Überblick über die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Rückwirkungaproblem bieten: Klein I Barbey, Bundesverfassungsgericht und Rückwirkung von Gesetzen, S. 13 ff. (bis 1964); Pieroth, Rückwirkung, S. 25 ff. (bis 1980); Iliopoulos-Strangas, Rückwirkung, S. 43 ff. (bis Bd. 67 der Amtlichen Sammlung). 2 Vgl. oben Zweiter Teil, C. II. 1. b), 2. a), 5. b). 3 Vgl. oben Zweiter Teil, D. I. 4 Zur Rückwirkungsjudikatur anderer Gerichte siehe die Nachweise bei Pieroth, Rückwirkung, S. 24 Fn. 22. 5 Die Rückwirkungsproblematik war von jeher der zentrale Anwendungsfall des Vertrauensschutzes gegenüber dem Gesetzgeber. Die Diskussion um ein Rückwirkungsverbot rückte den Gedanken des Vertrauensschutzes — erstmals außerhalb des Privatrechts — ins Blickfeld. Dies fand in einer Reihe von Gesetzeswerken, ζ. B. in § 14 Einl. PrALR, seinen positivrechtlichen Niederschlag. Die Auseinandersetzung mit dem Rückwirkungverbot hat dazu geführt, daß das Vertrauen in die Stabilität staatlicher Handlungen schon früh zum gesicherten Bestand rechtsstaatlichen Denkens gerechnet wurde; bereits G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 369f., nennt das Vertrauen auf die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung „eine nicht zu umgehende Bedingung stetiger Kulturentwicklung"; ähnlich die Motive zum BGB, Bd.l, S. 21 : „Die Annahme, daß der Staatswille auf ein Verfahren gerichtet sein sollte, welches das dem Gesetzgeber entgegengebrachte Vertrauen täuschen, die Rechtssicherheit gefährden, das Rechtsbewußtsein erschüttern und schließlich die Staatsautorität untergraben müßte, verbietet sich von selbst." Vgl. auch Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd. V I I I , § 385, S. 390; zur historischen Entwicklung der Rückwirkungsproblematik: Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 831 f.; ders., Festschrift für Maunz, S. 381, 382f. 6 Auch in Fällen, die thematisch zugleich unter dem Stichwort der „Plangewährleistung" diskutiert werden, hat sich das Bundesverfassungsgericht weitgehend an seine 5*

68

. Teil:

rten

es rechtsstaatlichen V e r t r a u e n s s t e s

und andere Gesetze angesehen, die Ge- oder Verbote enthalten, sondern alle eine bestehende Rechtsposition verschlechternde Normen 7 .

A. „Echte44 und „unechte44 Rückwirkung I. Die Differenzierung zwischen „echter" und „unechter" Rückwirkung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht ging ursprünglich davon aus, daß eine Rückwirkung „an sich zulässig" sei 8 . In den folgenden Entscheidungen schränkte es diesen Grundsatz ein und sprach von der „nicht schlechthin unzulässigen Rückwirkung" 9 . Später 10 gelangte das Gericht zu der dann in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen Unterscheidung von „echter" („retroaktiver") und „unechter" („retrospektiver") Rückwirkung, die für die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer Rückwirkung maßgeblich sein soll. Eine „echte" Rückwirkung liege vor, wenn das Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreife 11 . Die Verfassung schütze grundsätzlich das Vertrauen darauf, daß die mit abgeschlossenen Tatbeständen verknüpften gesetzlichen Folgen anerkannt bleiben 12 . Der Staatsbürger müsse darauf vertrauen können, daß sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln von der Rechtsordnung mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen anerkannt bleibe. In diesem Vertrauen werde der Bürger aber verletzt, wenn der Gesetzgeber an abgeschlossene Tatbestände ungünstigere Folgen knüpft, als an diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte 13 . Ein „echt" rückwirkendes Gesetz wird danach grundsätzlich wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip als verfassungswidrig und nichtig angesehen. Eine „unechte" Rückwirkung soll dagegen dem Gedanken des Vertrauensschutzes grundsätzlich nicht widersprechen. Sie liegt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts vor, wenn auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft eingewirkt werde 14 . Wann ein belastendes Gesetz Präjudizien zum Rückwirkungsverbot gehalten, vgl. BVerfGE 30, 250, 267 ff.; 30, 392, 401; hierzu Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 185. 7 BVerfGE 30, 367, 386. 8 BVerfGE 1, 264, 280; vgl. auch BVerfGE 2, 237, 264f. 9 BVerfGE 3, 58, 150; vgl. ferner BVerfGE 3, 288, 352; 7, 89, 92. 10 Soweit ersichtlich seit BVerfGE 11, 139. 11 BVerfGE 30, 367, 386; vgl. im übrigen die Nachweise bei Pieroth, Rückwirkung, S. 30 ff. 12 BVerfGE 11, 136, 145f.; 13, 261, 271; 30, 367, 386. 13 BVerfGE 13, 261, 271; 30, 367, 385 f. 14 BVerfGE 11,139,146; 30, 367, 386; vgl. ferner die bei Pieroth, Rückwirkung, S. 36, aufgeführten Entscheidungen; zur Entwicklung des Begriffs der „unechten" Rückwirkung: Stern, Festschrift für Maunz, S. 381, 386 Fn. 32.

Α. „Echte" und „unechte" Rückwirkung

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auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirke, lasse sich nur im Einzelfall nach dem jeweils in Betracht kommenden Tatbestand ermitteln 15 . Das Gericht betont, daß der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit geht, dem Bürger jegliche Enttäuschung zu ersparen 16. Es sei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu bestimmen, ob das geltende Recht geändert werden soll 1 7 . Vertrauensschutz könne da nicht in Betracht kommen, wo das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt wäre 18 . Der Staatsbürger könne sich auf Vertrauensschutz als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips nicht berufen, wenn sein Vertrauen auf den Fortbestand einer bestimmten gesetzlichen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen könne. Hierfür sei einerseits das Ausmaß des Vertrauensschadens, andererseits die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit maßgeblich. Sie seien gegeneinander abzuwägen 19 . Nur wenn die Abwägung ergebe, daß das Vertrauen auf die Fortgeltung der bestehenden Lage den Vorrang verdiene, sei die Regelung unzulässig 20 . M i t zwei Entscheidungen des Zweiten Senats aus dem Jahre 1983 21 schien das Bundesverfassungsgericht seine bisherige Rückwirkungsdogmatik aufgegeben zu haben und die Unterscheidung von „echter" und „unechter" Rückwirkung nicht länger aufrecht zu erhalten 22 . Nunmehr definierte das Bundesverfassungsgericht: „Eine Rechtsnorm entfaltet dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist" 2 3 . Insofern sei auf den Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Verkündung abzustellen24. Ausgehend von dieser Begriffsbestimmung unterscheidet der Zweite Senat in der Entscheidung zum deutsch-österreichischen Rechtshilfevertrag vom 22. März 1983 zwischen zeitlichem und sachlichem Anwendungsbe15

BVerfGE 30, 392, 402f.; vgl. auch BVerfGE 18, 135, 142f.; 19, 119, 127. BVerfGE 14, 288, 299; 22, 241, 252; 24, 220, 230; 30, 367, 389; 48, 403, 416; 50, 386, 396; 67, 1, 15; 68, 287, 307; 70, 69, 84; 75, 246, 280. 17 BVerfGE 47, 85, 93. 18 BVerfGE 13,261,271; 18,135,144; 19,119,127; 22,330,347; 23,85,94; 25,269,291; 30, 367, 387; 32, 111, 123; 38, 128, 136. 19 BVerfGE 14, 288, 300; 24, 220, 230f.; 39, 128, 145f.; 43, 291, 391; 48, 403, 416; 50, 386, 395; 51, 356, 363; 63,152,175; 68,287,307; 70, 69,84; 71,1,12; 71,255,273; 72,141, 155. 20 BVerfGE 48, 403, 416; 50, 386, 395; 63, 312, 329; 72, 175, 196. 21 BVerfGE 63, 343; 64, 158. 22 Vgl. Bauer, NVwZ 1984, 220, 221 f.; Forchhammer, JA 1987, 151, 152; Herwig, JA 1985, 167, 168, die die Entscheidungen so verstanden. 23 BVerfGE 63,343,353 (Hervorhebung im Original); diesem Rückwirkungsbegriff hat sich neuerdings der BGH der Sache nach angeschlossen; der BGH spricht aber gleichwohl von einer „echten Rückwirkung", BGHZ 100, 1, 5. 24 BVerfGE 63, 343, 353. 16

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reich einer N o r m 2 5 . Nach Auffassung des Gerichts liegt eine Rückwirkung nur dann vor, wenn das Inkrafttreten der Norm vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung liegt. Eine solche Rückwirkung liege jedoch noch nicht darin, daß eine Norm Sachverhalte erfaßt, die vor ihrem Inkrafttreten verwirklicht worden sind. Dies sei vielmehr eine Frage des sachlichen Anwendungsbereichs — im Gegensatz zum zeitlichen Anwendungsbereich — der Norm. Die Rückwirkungsproblematik stelle sich in einem solchen Fall nicht 2 6 . In beiden Entscheidungen wird auf die Unterscheidung zwischen „echter" und „unechter" Rückwirkung verzichtet In der Sache blieb das Gericht gleichwohl seiner früheren Rechtsprechung weitgehend treu 2 7 . In dem Beschluß des Zweiten Senats vom 17. Mai 1983 heißt es: „Eine Rückwirkung liegt nicht vor. ... Auch eine sonstige unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes unzulässige Einwirkung auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte liegt nicht vor" 2 8 . Der Senat bezeichnet nur noch die frühere „echte" Rückwirkung als Rückwirkung, grenzt jedoch von ihr nach wie vor die Fälle ab, die er früher als „unechte" Rückwirkung bezeichnet hat. Die („echte") Rückwirkung wird weiterhin als im Grundsatz unzulässig angesehen29 während die Verfassungswidrigkeit einer Anknüpfung an gegenwärtige, in der Vergangenheit begründete Sachverhalte einen Verstoß „gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes i. V. m. Art. 2 Abs. 1 G G " voraussetze 30. II. Die Gefahr willkürlicher Abgrenzung von „echter" und „unechter" Rückwirkung Die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen „echter" und „unechter" Rückwirkung stößt auf erhebliche Bedenken. Klein I Barbey meinten bereits 1964, die Preisgabe der Differenzierung voraussagen zu können 31 . Steinberger vertrat in einem Sondervotum die Ansicht, es handele sich um Begriffe, die eher verwirrten als klärten und deshalb besser aufgegeben werden sollten 32 . In der Literatur wird die Differenzierung zwischen „echter" und „unechter" Rückwirkung ganz überwiegend abgelehnt 33 . 25

BVerfGE 63, 343, 356. BVerfGE 63, 343, 356 (Hervorhebung im Original). 27 Vgl. Iliopoulos-Strangas, Rückwirkung, S. 46 f. 28 BVerfGE 64, 158, 174. 29 Vgl. auch BVerfGE 67, 1,15. 30 BVerfGE 63, 343, 356ff. 31 Klein! Barbey, Bundesverfassungsgericht und Rückwirkung von Gesetzen, S. 39. 32 Steinberger, Sondervotum, in BVerfGE 48, 23. 33 Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 835f.; ders., Festschrift für Maunz, S. 381, 388; Grabitz, DVB1. 1973, 675, 677; Friauf, BB 1972, 669, 674f.; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 178; Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 289f.; Bauer, NVwZ 1984, 220; 26

Α. „Echte" und „unechte" Rückwirkung

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Zwar hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts der Erkenntnis, daß die „unechte" Rückwirkung in Wirklichkeit gar keine Rückwirkung ist 3 4 , inzwischen Rechnung getragen. Er bezeichnet seit 1983 die früher mit diesem Begriff verbundenen Fälle nicht mehr als Rückwirkung 35 . Diese Einschränkung betrifft jedoch, wie dargelegt, in erster Linie die Terminologie. Dies wird auch dadurch bestätigt, daß der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts — im Gegensatz zum Zweiten Senat — nach wie vor ausdrücklich an der Differenzierung zwischen „echter" und „unechter" Rückwirkung festhält 36 . Die Annahme eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses von Zulässigkeit und Unzulässigkeit bei der „unechten" und des umgekehrten Verhältnisses bei der „echten" Rückwirkung hat zur Folge, daß die jeweilige Bewertung eines Gesetzes seine verfassungsrechtliche Beurteilung präjudiziert 37 . Wertet das Gericht die Rückwirkung als „echt", gelangt es im Regelfall zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes, sofern nicht ausnahmsweise der rechtsstaatliche Vertrauensschutz aus besonderen Gründen zurückstehen muß. Sieht es die Rückwirkung dagegen als „unecht" an, gelangt es im Regelfall zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes, wenn nicht ausnahmsweise das Vertrauensinteresse der Betroffenen die vom Gesetzgeber verfolgten öffentlichen Interessen eindeutig überwiegt 38 . „Echte" und „unechte" Rückwirkung führen demgemäß in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig zu unterschiedlichen Rechtsfolgen 39.

Zimmerli, Das Verbot rückwirkender Verwaltungsgesetze, S. 8 f., 114; Seuffert, BB 1972, 1065, 1066; für die Beibehaltung der Differenzierung von „echter" und „unechter" Rückwirkung spricht sich dagegen Iliopoulos-Strangas, Rückwirkung, S. 151, aus. 34 Vgl. Götz, Festgabe BVerfG, Bd. II, S. 421,436: „Scheininstitution einer zweiten Art von Rückwirkung"; Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 290. 35 Das Gericht nähert sich damit wieder dem Beginn seiner Rechtsprechung zum Rückwirkungsverbot, als es bereits ausgesprochen hatte, daß bei einem Eingriff in gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte das Problem der Rückwirkung „nicht entsteht", BVerfGE 11, 139, 146. 36 Vgl. die Entscheidungen aus der jüngeren Rechtsprechung des Ersten Senats BVerfGE 68,287,306 f.; 69,272,309; 71,230,251; 72,175,196; 74,129,155; 75,246,279f. 37 Vgl. FriauJ\ BB 1972,669, 674; Grabitz, DVB1.1973,675, 677; Bauer, JuS 1984,241, 245; Aschke, Ubergangsregelungen, S. 285 ff.; Selmer, Steuer-Kongreß-Report 1974, S. 83,92; die Vorwegnahme der verfassungsrechtlichen Beurteilung durch die Bestimmung der jeweiligen Form der Rückwirkung wird anschaulich bestätigt durch BVerwGE 62,230, 237, wo nur knapp festgestellt wird: „Mithin führt § 34 Abs. 6 Buchst, c Satz 1 WoBindG 1974 nur zu einer grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung. Ihr steht der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht entgegen." 38 Vgl. Friauf ; BB 1972, 669, 674; Aschke, Übergangsregelungen, S. 252. 39 Stern, Festschrift für Maunz, S. 381, 388; das Bundesverfassungsgericht hat — soweit ersichtlich — eine unzulässige „unechte" Rückwirkung nur in folgenden Entscheidungen angenommen: BVerfGE 31, 94, 99f.; 40, 65, 75; 43, 291, 391; 51, 356, 362f. demgegenüber sah es ein „echt" rückwirkendes Gesetz als verfassungswidrig an in BVerfGE 13,206,212; 13,261,272; 15,167,208 ff.; 18,429,439 f.; 24,75,98; 30,272,284; 30, 367, 385.

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Die Einteilung nach „echter" und „unechter" Rückwirkung entspricht nicht einer unterschiedlichen Sachstruktur zweier Gruppen von Gesetzen. Ob ein Gesetz an ein in der Vergangenheit abgewickeltes Verhalten „retroaktiv" oder an einen aus diesem Verhalten hervorgegangenen, gegenwärtig noch andauernden Zustand „retrospektiv" anknüpft, ist vielmehr häufig nur eine Frage der Formulierung, die ihrerseits vielfach auf gesetzestechnischen Zweckmäßigkeitsüberlegungen beruht 40 Die Rückwirkungslehre des Bundesverfassungsgerichts knüpft an ein rechtstechnisch bedingtes Ordnungskriterium an 4 1 . Die Frage, ob ein Tatbestand abgeschlossen ist, ist jedoch eine Frage der rechtlichen Wertung 4 2 . Daher kann es nicht zulässig sein, auf den zufalligen, durch rechtstechnische Zweckmäßigkeiten bedingten Inhalt einer Regelung abzustellen43. Eine derartige Vorgehensweise führt zu dogmatisch und methodisch zweifelhaften Abgrenzungen und willkürlichen Ergebnissen.

B. „Rückbewirkung von Rechtsfolgen44 und „tatbestandliche Rückanknüpfung44 I. Die neuen Abgrenzungskriterien des Zweiten Senats Eine nicht nur terminologische Modifikation der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts brachte die Entscheidung des Zweiten Senats vom 14. Mai 1986 44 . Der Senat knüpft an die Trennung von zeitlichem und sachlichem Anwendungsbereich einer Norm an, die er bereits in der Entscheidung zum deutsch-österreichischen Rechtshilfevertrag entwickelt hat 4 5 , und unterscheidet nunmehr zwischen einer „Rückbewirkung von Rechtsfolgen" und der „tatbestandlichen Rückanknüpfung" 46 . Eine „Rückbewirkung von Rechtsfolgen" liege vor, wenn die normativ angeordneten Rechtsfolgen für einen bestimmten, vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum eintreten sollen. Dabei geht der Senat davon aus, daß der zeitliche Anwendungsbereich einer Norm allein die zeitliche Zuordnung der normativ angeordneten Rechtsfolgen im Hinblick auf den Zeitpunkt der Verkündung betrifft. Alle anderen, in einer Norm enthaltenen Merkmale werden demgegenüber dem sachlichen Anwendungsbereich der Norm zugeordnet, gehören also zu ihren 40

Vgl. Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 43, für § 38 AO; Friauf BB 1972, 669, 674; Bachof Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Verfahrensrecht in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, Bd. II, S. 29; Grabitz, DVB1.1973,675,677; Bauer, JuS 1984,241,245; ders., NVwZ 1984,220, 221 Fn. 24; Kriele, DÖV 1967, 531, 536; a. Α.: Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 42 f. 41 Vgl. Friauf BB 1972, 669, 674; Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 43 f. 42 Vgl. Seuffert, BB 1972, 1065, 1066; Aschke, Übergangsregelungen, S. 297. 43 Vgl. Friauf BB 1972, 669, 675; Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 43 f. 44 BVerfGE 72,200; vgl. die Besprechung von Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht. 45 Vgl. oben Α. I. 46 BVerfGE 72, 200, 242.

Β. „Rückbewirkung von Rechtsfolgen" und „tatbestandliche Rückanknüpfung"

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Tatbestandsmerkmalen. Eine „tatbestandliche Rückanknüpfung" sei einer Norm insoweit eigen, als sie den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten vor ihrer Verkündung abhängig mache 47 . Auf der Grundlage dieser Differenzierung wendet der Zweite Senat unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe an. Während eine „Rückbewirkung von Rechtsfolgen" in erster Linie „an den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit" zu messen sei, könnten „tatbestandliche Rückanknüpfungen" vorrangig Grundrechte berühren, die mit der Verwirklichung des jeweiligen Tatbestandsmerkmals vor Verkündung der Norm „ins Werk gesetzt" worden seien 48 . II. Kritik der neuen Differenzierung des Zweiten Senats Auch die Unterscheidung zwischen „Rückbewirkung von Rechtsfolgen" und „tatbestandlicher Rückanknüpfung" begegnet durchgreifenden Bedenken. Der Zweite Senat geht, wie dargelegt, von der Differenzierung zwischen zeitlichem und sachlichem Anwendungsbereich einer Norm aus. Hierbei handele es sich „um die Unterscheidung ihres tatbestandlichen Anknüpfungsbereiches von dem zeitlichen Bereich ihrer Rechtsfolgenanordnung" 49 . Daraus folgert der Senat, daß der Begriff der Rückwirkung nur den zeitlichen Anwendungsbereich, nicht dagegen den tatbestandlichen Anwendungsbereich einer Norm betreffe. Hahn hat dargelegt, daß die auf diesem Ansatz beruhende Unterscheidung von zeitlichem und sachlichem Anwendungsbereich einer Norm aus logischen Gründen nicht haltbar ist 5 0 . Ein Rechtssatz kann nur in die Zukunft wirken. Eine zeitliche Rückverlegung seiner Geltung ist nicht möglich 51 . Der zeitliche Geltungsbereich einer Norm betrifft ausschließlich den Umfang der vom Gesetz erfaßten Sachverhalte. Sollen in der Vergangenheit liegende Sachverhalte in den Geltungsbereich einer Norm einbezogen werden, so ist der Tatbestand der Norm zu erweitern. Es kann nicht zwischen Rückwirkungen auf der Rechtsfolgenseite und Rückanknüpfungen auf der Tatbestandsseite einer Vorschrift differenziert werden 52 . Eine Abgrenzung von „tatbestandlicher Rückanknüpfung" und „Rückbewirkung von Rechtsfolgen" ist daher nicht möglich. Auch der Zweite Senat erkennt, daß diese beiden Konstellationen nicht präzise voneinander getrennt werden können. Über den jeweiligen Prüfungsmaßstab soll daher nach Ansicht des Gerichts das „Schwergewicht der Gesamtregelung" entscheiden53. Dies eröffnet jedoch die Möglichkeit zu willkürlichen Grenzziehungen. 47 BVerfGE 72,200,241 f. (Hervorhebungen im Original); bestätigt durch BVerfGE 72, 302, 321; BVerfG DÖV 1988, 217, 221. 48 BVerfGE 72, 200, 242 f. 49 BVerfGE 72, 200, 241. 50 Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 24 ff. 51 Vgl. insoweit auch Aschke, Übergangsregelungen, S. 19, 87; Scheerbarth, Die Anwendung von Gesetzen auf früher entstandene Sachverhalte, S. 18. 52 Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 26.

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Darüber hinaus muß die neue Differenzierung des Bundesverfassungsgerichts sich auch die gegen die Unterscheidung von „echter" und „unechter" Rückwirkung bestehenden Bedenken (Präjudizierung der verfassungsrechtlichen Beurteilung, Orientierung an rechtstechnisch bedingten Ordnungskriterien) entgegen halten lassen. Dies wird um so deutlicher, als der Zweite Senat in seiner Entscheidung zur Anrechnung von Renten auf Versorgungsbezüge (§ 55 BeamtVG) vom 30. September 1987 54 beide Differenzierungen miteinander verbindet. Das Gericht sieht in der Neufassung des §55 BeamtVG keinen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Denn „eine (echte) Rückwirkung in Form der Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm liegt... nicht v o r " 5 5 . Die Regelung wirke „auf gegenwärtige noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft ein", beeinträchtige dabei zugleich nachträglich eine in der Vergangenheit begründete Rechtsposition der Betroffenen und stelle sich deshalb „als eine tatbestandliche Rückanknüpfung" dar 5 6 .

C. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes als verfassungsrechtlicher Beurteilungsmaßstab bei Rechtsänderungen Für die alte wie für die neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt, daß die voneinander unterschiedenen Fälle sich nicht prinzipiell qualitativ unterscheiden 57. Wo die Grenzlinie im Einzelfall zu ziehen ist, kann nicht ohne weiteres gesagt werden 58 . Umfang und Intensität des Vertrauensinteresses des einzelnen sowie des Rechtssicherheitsinteresses der Allgemeinheit haben nicht notwendig etwas mit abgewickelten oder nicht abgewickelten Tatbeständen zu tun 5 9 . Die Unterscheidung zweier Fallgruppen rückwirkender Gesetze ist daher hinfallig 60 . Es muß vielmehr entscheidend darauf abgestellt werden, ob in einen von Verfassungs wegen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand in unzulässiger Weise eingegriffen wird 6 1 . Ob die ungünstigere Rechtsfolge an vergangene, 53

BVerfGE 72, 200, 257. BVerfG DÖV 1988, 217. 55 BVerfG DÖV 1988, 217, 221. 56 BVerfG DÖV 1988, 217, 221. 57 Vgl. Friauf,; BB 1972, 669, 674. 58 Vgl. Pieroth, Jura 1983, 251. 59 Pieroth, Jura 1983, 251, 252; vgl. auch dens., Rückwirkung, S. 95f.; Grabitz, DVB1. 1973, 675,678; Leisner, Festschrift für Berber, S. 273,285f., 289f.; Schenke, AöR Bd. 101 (1976), S. 337, 365; Klein I Barbey, Bundesverfassungsgericht und Rückwirkung von Gesetzen, S. 45; Aschke, Übergangsregelungen, S. 275 ff. 60 Auch die von Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 178 Fn. 98, 183 ff., vorgenommene Differenzierung zwischen „rückanknüpfenden" und „nicht rückanknüpfenden" Eingriffen in bestehende Dispositionsschutzinteressen kann nicht überzeugen. Kisker gesteht selbst zu, daß „nicht rückanknüpfende" Eingriffe und „unechte Rückwirkung" weitgehend dieselben Fälle erfassen. 54

C. Grundsatz des Vertrauensschutzes bei Rechtsänderungen

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gegenwärtige oder zukünftige Tatbestände geknüpft wird, ist unwesentlich, wenn dadurch in gleicher Weise Vertrauen enttäuscht und Dispositionen entwertet werden 62 . Bei Änderungen der Gesetzeslage kann es nicht auf die Frage des Rückwirkungsbegriffs und den mit ihm verbundenen Rechtsfolgen ankommen. Maßgeblich ist, ob eine Rechtsnorm das Vertrauen enttäuscht, das der Bürger in die Kontinuität der Rechtsordnung gesetzt hat, als er Maßnahmen ergriff, um sich eine nach der bisher geltenden Regelung erreichbare Rechtsposition zu sichern. Dieses Bemühen kann durch ein („echt") rückwirkendes Gesetz, das auf vor dem Zeitpunkt seiner Verkündung liegende Vorgänge anzuwenden ist, vereitelt werden. Die gleiche Wirkung kann im Einzelfall aber auch ein Rechtssatz haben, der zwar nur für künftige Sachverhalte gilt, aber — im Verhältnis zur früheren Rechtslage — nachteiligere Rechtsfolgen auch für solche Maßnahmen anordnet, die der einzelne vor Inkrafttreten der Änderungsnorm getroffen hat und deren Früchte er noch nicht (vollständig) hat einbringen können 63 . Das Vertrauen des Bürgers richtet sich ausschließlich und unabhängig von rechtstechnischen Unterschieden darauf, daß die Rechtslage, die er bei der Vornahme seiner Handlungen und Dispositionen im Zeitpunkt der Verwirklichung des Sachverhalts vorfindet, tatsächlich gilt und nicht mehr zur Disposition des Gesetzgebers steht. Rechtstechnische Unterschiede nimmt der Bürger regelmäßig nicht einmal wahr. Sein Vertrauen richtet sich auf das Fortbestehen der rechtlichen Rahmenbedingungen einer einmal vorgenommenen Handlung. Dieses Vertrauen in die Stabilität der Rechtsordnung ist einheitlich und unteilbar. Es besteht unabhängig von den unterschiedlichen rechtstechnischen Gestaltungsmöglichkeiten64. Für den Bürger kommt es entscheidend darauf an, daß er die inhaltlichen Wirkungen voraussehen kann, die mit der Verwirklichung von Sachverhalten in Zukunft verbunden werden. Für ihn ist entscheidend, ob und in welchem Maße die Erwartungen, die sich auf das geltende Recht gründen, auch in Zukunft gesichert bleiben oder enttäuscht werden. Er empfindet die Rechtssicherheit als verletzt, wenn seine Rechtsposition entwertet und seine Erwartungen im Gegensatz zur Garantie, die ihm das frühere Recht bereits gegeben hatte, enttäuscht werden. Dagegen wird er kaum Einwände gegen eine rückwirkende Begünstigung haben 65 . Auch ergibt sich für ihn kein Unterschied daraus, ob eine bereits begründete Rechtsposition ihm durch Gesetz entzogen wird oder ob sie durch nachträgliche Neubewertung vergangener Sachverhalte 66 verloren geht 67 . 61 In dieser Richtung deutlich Kriele, DÖV 1967, 531, 536; Friauf, BB 1972,669,674f.; Seewald, DÖV 1976, 228, 230. 62 Aschke, Übergangsregelungen, S. 279, 287. 63 Fuß, Festschrift für Kutscher, S. 201, 202; ähnlich Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 58 f. 64 Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 31 f. 65 Vgl. insoweit BVerfGE 15, 313, 325.

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Entscheidend ist daher allein, ob und inwieweit der rechtsändernden Tätigkeit des Gesetzgebers aus Gründen des Vertrauensschutzes Grenzen gesetzt sind. Dadurch, daß die Frage nach dem Vertrauensschutz in den Vordergrund der Betrachtung rückt, verliert die Problematik der Rückwirkung von Gesetzen erheblich an Bedeutung. Eine kritische Würdigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Problemkreis führt nicht nur zu Zweifeln an den vom Gericht eingeführten Differenzierungen. Zugleich erhebt sich die Frage, wie die Rückwirkung von einer gewöhnlichen Gesetzesänderung, d. h. der „Nichtrückwirkung" abzugrenzen ist 6 8 . Auf der Basis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich insbesondere das Problem der Trennung von „unechter" Rückwirkung bzw. „tatbestandlicher Rückanknüpfung" und Nichtrückwirkung. Ausgehend von der vielfach benutzten Definition der „unechten" Rückwirkung zieht das Gericht die Grenzlinie, indem es formuliert: Wann ein belastendes Gesetz auf gegenwärtige noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirke, lasse sich nur im Einzelfall nach dem jeweils in Betracht kommenden Tatbestand ermitteln. Der historische Geschehensablauf, in den die zur Prüfung stehende Norm eingreife, müsse eine hinreichend nahe Beziehung zu dem gesetzlichen Tatbestand haben, der durch das spätere Gesetz geändert werde 69 . Doch damit erhebt sich die weitere — a priori nicht zu beantwortende — Frage, wann eine derart nahe Beziehung zu dem zu ändernden Tatbestand besteht. Das Bundesverfassungsgericht stellt in der bereits erwähnten Entscheidung zum deutsch-österreichischen Rechtshilfevertrag fest, daß Rechtsnormen regelmäßig Anknüpfungen an die Vergangenheit enthalten. „Denn sie regeln nahezu immer tatbestandlich umschriebene Sachverhalte, die ihre ,Vergangenheit' haben, deren Ursachen und Umstände aus Zeiträumen vor dem Inkrafttreten der Norm herrühren." 70 Das bedeutet aber nichts anderes, als daß eine Abgrenzung von („unechter") Rückwirkung und Nichtrückwirkung abstrakt nicht möglich ist 7 1 . Die Frage nach der Vergangenheit stellt sich für jede neue Rechtsnorm. Die Probleme des Vergangenheitsbezugs von Gesetzen betreffen jede Rechtsänderung 72. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung einer Neure66

Vgl. den Rückwirkungsbegriff von Klein ! Barbey, Bundesverfassungsgericht und Rückwirkung von Gesetzen, S. 39 ff. 67 Vgl. Aschke, Übergangsregelungen, S. 125 f. 68 Vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 37. 69 BVerfGE 30, 392, 402 f. 70 BVerfGE 63, 343, 356; vgl. Husserl, Recht und Zeit, S. 23; Aschke, Übergangsregelungen, S. 174 („Gegenwart und Zukunft genetisch mit Vergangenheit verbunden"); Iliopoulos-Strangas, Rückwirkung, S. 282, zieht aus der Tatsache, daß rechtliche Regelungen stets einen Vergangenheitsbezug haben, lediglich die Konsequenz, daß der Begriff der „Rückwirkung" dem der „Rückanknüpfung" vorzuziehen sei. 71 In dieser Richtung auch Aschke, Übergangsregelungen, S. 280. 72 Vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 104; Iliopoulos-Strangas, Rückwirkung, S. 80; a Α. insoweit Zimmer li, Das Verbot rückwirkender Verwaltungsgesetze, S. 12, der jedoch,

C. Grundsatz des Vertrauensschutzes bei Rechtsänderungen

77

gelung stellt sich zunächst nicht die Frage, ob eine R ü c k w i r k u n g v o r l i e g t 7 3 . Die Bezeichnung eines Gesetzes als rückwirkend sagt noch nichts über seine verfassungsrechtliche Zulässigkeit oder Unzulässigkeit a u s 7 4 . D i e R ü c k w i r k u n g weist gegenüber der auch ohne sie möglichen Umgestaltung der Rechtswirkungen, die ebenso auf vergangenen Sachverhalten beruhen, keinen spezifischen rechtsstaatlichen M a k e l a u f 7 5 . Die R ü c k a n k n ü p f u n g erweist sich außerhalb des Strafrechts, für das A r t . 103 Abs. 2 G G ein Rückwirkungsverbot festschreibt, nicht als signifikante Grenze rechtsstaatlicher Gesetzgebung. A u s der Perspektive des einzelnen sind allein seine subjektiv-rechtlich gesicherten Erwartungen v o n Interesse, nicht aber ein bestimmtes gesetzgebungstechnisches Gestaltungsinstrument ohne Rücksicht auf dessen Bedeutung für die i n der Z u k u n f t geschützten E r w a r t u n g e n 7 6 . N u r durch Aufgabe der überkommenen R ü c k w i r k u n g s d o g m a t i k 7 7 u n d Besinnung auf den Vertrauensgedanken u n d die vielfaltigen Abstufungen u n d Lösungen, die er bietet, k a n n die vielfach beklagte „Selbstherrlichkeit des Gesetzgebers" 7 8 überwunden w e r d e n 7 9 . D a n n ist gesetzgeberische Zurückhal-

S. 58, zu einem Rückwirkungsbegriff gelangt, der gleichfalls den Fragen des allgemeinen Vertrauensschutzes sehr nahe kommt: „Rückwirkung eines Gesetzes liegt dann vor, wenn es in der Vergangenheit liegende, bereits bewertete Sachverhalte erneut (also anders) bewertet, wenn es also ein venire contra factum proprium im gleichen Zeitraum darstellt." 73 Vgl. Ott, Der Grundsatz der Nichtrückwirkung von Verwaltungsrechtsnormen, S. 55 f.: „Der Begriff der ,Rückwirkung 4 resp. ,Nichtrückwirkung' ist aber nicht nur ungeeignet, die ... Problematik zu umschreiben, er ist vielmehr gar nicht notwendig. Es besteht nämlich gar kein selbständiges Problem der Rückwirkung, sondern ... nur ein solches der Lösung von Interessenkonflikten anläßlich einer Normänderung." Mit dem Begriff der Rückwirkung habe man einen „Scheinbegriff entwickelt, der dem zu erfassenden Problem zu guter letzt gar nicht mehr adäquat war". Ott weist nach, daß die Forderung nach Aufgabe einer eigenständigen Rückwirkungslehre auch der Entstehungsgeschichte dieses Begriffs entspricht. Ihm zustimmend: Pieroth, Rückwirkung, S. 105; dagegen geht Iliopoulos-S trangas, Rückwirkung, S. 152, davon aus, daß es sich bei den „in Frage stehenden Themen der Rückwirkung und der Sofortwirkung um zwei strukturell verschiedene Problemkreise handelt. 74

Pieroth, Rückwirkung, S. 385. Vgl. Aschke, Übergangsregelungen, S. 126. 76 Vgl. Aschke, Ubergangsregelungen. S. 168. 77 Auch der vieldiskutierte Plangewährleistungsanspruch ist als solcher kein einheitlicher (verfassungs-) rechtlicher Begriff. Er ist, wie Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 184 f., herausgearbeitet hat, „nicht mehr als ein rechtliches Gehäuse für zahlreiche Anspruchsvarianten und Gewährleistungsinstrumente verschiedenster Art". Soweit Pläne die Gestalt von Rechtsnormen annehmen, mündet die Plangewährleistung in die allgemeine Problematik des Vertrauensschutzes gegenüber der Legislative ein. 78 Von ihr ging RGZ 139, 177, 189 aus. 79 Vgl. Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 291; Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 30f.; Iliopoulos-S trangas Rückwirkung, S. 40, betont, daß unter der Geltung des Grundgesetzes kein Raum mehr für die positivistische Anschauung über die unbeschränkte Macht des Gesetzgebers besteht, lehnt aber, S. 80f., 307, gleichwohl die Ableitung allgemeiner Schranken für den Gesetzgeber bei zukunftsgerichteten Rechtsänderungen ab, da sie aus 75

7

8

.

Teil:

rten

es rechtsstaatlichen V e r t r a u e n s s t e s

tung nicht länger ein „Gnadenerweis für den Bürger" 80 , sondern das Ergebnis eines von der Verfassung gebotenen Abwägungsvorgangs 81.

dem Grundgesetz nicht herleitbar seien; der Bürger müsse davon ausgehen, daß der Gesetzgeber grundsätzlich das Recht habe, zur Erfüllung seiner politischen, wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen Aufgaben die Rechtslage für die Zukunft mit sofortiger Wirkung neu zu gestalten; insofern verkennt Iliopoulos-Strangas jedoch nicht nur die Bedeutung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes im allgemeinen, sondern insbesondere auch das aus ihm abzuleitende Gebot eines schonenden Übergangs von altem zu neuem Recht, dazu unten Fünfter Teil. 80

Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 291. Zur Bedeutung des Rückwirkungsbegriffs innerhalb dieses Abwägungsvorgangs unten Fünfter Teil, D. 81

Vierter

Teil

Die Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes Das Vorliegen „schutzwürdigen Vertrauens" setzt grundlegend zweierlei voraus: einen Vertrauenstatbestand des Bürgers, der darauf beruht, daß der einzelne in die Stabilität der bestehenden Rechtslage Vertrauen „investiert" hat, und darüber hinaus die überwiegende Bedeutung dieses Vertrauenstatbestandes im Verhältnis zu dem Interesse des Staates an einer Änderung des gegenwärtigen Rechtszustandes. Zur Gewichtung der gegenläufigen Interessen ist eine abwägende Betrachtung erforderlich, bei der geprüft werden muß, wie beiden Positionen optimal Rechnung getragen werden kann. Ein Vertrauenstatbestand kann sich daraus ergeben, daß der Bürger ein Grundrecht aktualisiert, zu dessen Rechtsfolgen der Bestands- und Statusschutz gegenüber Rechtsänderungen zählt. Ein Vertrauenstatbestand kann aber auch auf dem—insoweit subsidiären — Rechtsstaatsprinzip basieren. Die Voraussetzungen eines grundrechtlichen Vertrauenstatbestandes ergeben sich aus den tatbestandlichen Merkmalen der jeweiligen Grundrechtsvorschrift. Auf einen eigenständigen Begriff des „Vertrauenstatbestandes" kommt es in diesen Fällen nicht an. Das Rechtsstaatsprinzip trifft demgegenüber unmittelbar keine Aussage über den Kreis der erfaßten Schutzgüter, deren Bestand verfassungsrechtlich gesichert ist 1 . Insofern bedarf es besonderer Kriterien zur Feststellung des Vertrauensschutzes. Die Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes sollen im folgenden aufgezeigt werden. Im anschließenden Fünften Teil der Arbeit soll dann der Versuch unternommen werden, Leitlinien für die Interessenabwägung zu erarbeiten, die in jedem Fall — bei grundrechtlichem wie rechtsstaatlichem Vertrauensschutz — über das „Ob" und das „Wie" der staatlichen Rücksichtnahme auf individuelle Vertrauenstatbestände entscheiden. Der Begriff des Vertrauenstatbestandes wird in Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich verwendet. So wird teilweise nur dann von einem Vertrauenstatbestand gesprochen, wenn das persönliche Vertrauen des einzelnen sich bereits — in welcher Form auch immer als schützenswert erwiesen hat 2 . Manche

1

Vgl. Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 243; Pieroth, Rückwirkung, S. 387; Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 73; Aschke, Übergangsregelungen, S. 268; Seewald, DÖV 1976, 228, 230.

80

4. Teil: Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes

Autoren setzen den Vertrauenstatbestand gleich mit dem Gegenstand und Anknüpfungspunkt des Vertrauens, der Vertrauensgrundlage 3. Schließlich wird von „Tatbeständen" gesprochen, die als Falltypen bestimmte Konstellationen aufzeigen, in denen das Vertrauen des einzelnen vom Staat zu achten ist 4 . Trotz dieser terminologischen Uneinheitlichkeit soll hier am Begriff des Vertrauenstatbestandes festgehalten werden. Es gilt, ihn durch bestimmte generelle Merkmale auszuformen. So kann der rechtsstaatliche Vertrauenstatbestand zu einer Größe werden, die dem staatlichen Eingriffs- und Änderungsinteresse effektiv entgegengehalten werden kann. Die „Tatbestandsmerkmale" dieses Vertrauenstatbestandes sind: das Bestehen einer Vertrauensgrundlage, darauf beruhendes Vertrauen des einzelnen und schließlich die Betätigung des einmal gefaßten Vertrauens 5.

A. Die Vertrauensgrundlage Rechtlich relevantes Vertrauen kann sich nur auf einer bestimmten rechtserheblichen Grundlage bilden. Ein allgemeiner Vertrauensschutz wird von der Rechtsordnung nicht anerkannt 6 . Das staatsgerichtete Vertrauen des einzelnen im Sinne des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes kann nur erheblich sein, wenn es sich auf einer vom Staat geschaffenen Grundlage 7 gebildet hat. Die Vertrauensgrundlage schafft eine Sachlage, aus der man nach den Erfahrungen des Rechtslebens auf einen bestimmten Rechtszustand schließen darf 8 . Durch die Vertrauensgrundlage erzeugt der Staat bestimmte Erwartungen der Bürger 9 .

2 Vgl. etwa Ossenbühl, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 241 ; Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, S. 110 („schutzwürdiger Vertrauenstatbestand"). 3 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 79; Pettenkofer, Der Vertrauensschutz bei behördlichen Auskünften und Zusagen, S. 103; Randelzhof er, JZ 1973, 536, 544; Rüberg, Vertrauensschutz, S. 108; vgl. aber auch BVerfGE 65, 196, 214; BVerwGE 68, 159, 164 („Vertrauenstatbestand") bzw. 165 („Vertrauensgrundlage") 4

Lötz, WiVerw. 1979, 1, 12; Pieroth, Rückwirkung, S. 158. Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 79 ff.; Mainka, Vertrauensschutz, S. 31 ff.; Stich, Vertrauensschutz, S. 43 ff.; diese Grundvoraussetzungen des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes werden in jüngerer Zeit auch vom Bundesverwaltungsgericht anerkannt, BVerwGE 68, 159, 164f. (unter Bezugnahme auf Weber-Dürler, a.a.O.). 5

6 Renck, NJW 1970, 737, 740; vgl. auch Larenz, Richtiges Recht, S. 80: „Grund der Bindung ist nicht das erregte Vertrauen, sondern der — regelmäßig ein besonderes Vertrauen begründende — Akt als solcher." 7 Ossenbühl, Rücknahme, S. 80f.; Stich, Vertrauensschutz, S. 37ff.; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 79ff.; Kriele, DÖV 1967, 531, 532; vgl. auch Mainka, Vertrauensschutz, S. 31; Lötz, WiVerw. 1979,1,12: „Vertrauenslage"; Renck, NJW 1970,737, 739: „Vertrauensgrund". 8 Stich, Vertrauensschutz, S. 37, 43, 45; Ossenbühl, Rücknahme, S. 81. 9 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 8.

Α. Die Vertrauensgrundlage

81

Sie ist gleichzeitig Anknüpfungspunkt 10 und Bezugsobjekt11 des persönlichen Vertrauens. Bezugsobjekt, weil die Vertrauensgrundlage der Gegenstand des Vertrauens ist. Wer durch ein Gesetz zu bestimmten Investitionen angeregt wird, verläßt sich gerade auf den Inhalt der betreffenden Regelung. Sie ist das Objekt seines Vertrauens. Andererseits wird durch das Gesetz das Vertrauen des einzelnen erst erweckt. Insofern ist es Anknüpfungspunkt und Basis des Vertrauens. Die Vertrauensgrundlage kann demgemäß definiert werden als das Verhalten eines staatlichen Organs, das bestimmte Erwartungen des einzelnen, die sich gerade auf dieses Verhalten beziehen, auslöst 12 . Daß sich die Erwartungen des einzelnen rückkoppelnd auf die Vertrauensgrundlage beziehen müssen, also in ihr den „Vertrauensgegenstand" finden, ist schon deshalb erforderlich, um bei der Ermittlung der Rechtsfolgen schutzwürdigen Vertrauens dem Bürger nicht mehr zuzusprechen, als die Vertrauensgrundlage ihm gewährte. Dies wird unproblematisch sein, wenn der Vertrauensschutz zur Bestandserhaltung führt. Soll jedoch der erlittene Vertrauensschaden ausgeglichen werden, kann sich zur Bestimmung der Schadenshöhe die Frage stellen, worauf sich das Vertrauen des einzelnen bezog. I. Das Gesetz als Vertrauensgrundlage Als Vertrauensgrundlage kommt in erster Linie ein Gesetz in Betracht. Das Ziel des Vertrauensschutzes besteht insofern darin, daß der Erlaß des Gesetzes, auf dessen Fortgeltung der einzelne vertraut, zu einer (partiellen) Bindung des Gesetzgebers führt 1 3 . Der handelnde und wirtschaftende Mensch orientiert sich an den tatsächlichen und für ihn überschaubaren Gegebenheiten und damit auch an der im Zeitpunkt seines Handelns bestehenden Rechtslage. Ist daher ein Sachverhalt durch die Rechtsordnung geregelt, so bezieht der einzelne die Erwartung in seine Überlegungen mit ein, daß diese Regelung für die Vergangenheit verbindlich ist und für die Zukunft verbindlich bleibt 14 . Der Vertrauensgedanke äußert sich insofern, um mit Lerche zu sprechen, „in einer rechtserheblichen Erwartung, die aus,vorangegangenem Tun' des Gesetzgebers gespeist wird" 1 5 . Ob und inwieweit das auf ein einfaches Gesetz gegründete Vertrauen des einzelnen gegenüber dem staatlichen Interesse an einer Änderung der Rechtsla10

Ossenbühl, Rücknahme, S. 81; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 79. Ossenbühl, Rücknahme, S. 80; Pettenkofer, Der Vertrauensschutz bei behördlichen Auskünften und Zusagen, S. 103. 12 Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 79; Mainka, Vertrauensschutz, S. 31; Pettenkofer, Der Vertrauensschutz bei behördlichen Auskünften und Zusagen, S. 103. 13 Vgl. oben Erster Teil, B. III. 14 Vgl. Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 59, 73. 15 Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 270; vgl. auch Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 17f., 87; Iliopoulos-Strangas, Rückwirkung, S. 309. 11

6 Muckel

82

4. Teil: Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes

ge Schutz beanspruchen kann, w i r d durch die konkrete Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung entscheidend v o r b e s t i m m t 1 6 . E i n Gesetz w i r d zwar regelmäßig nicht selbst seine Unabänderlichkeit versprechen 1 7 . Es können aber entsprechend den vielfaltigen Zielen, die der Staat m i t dem Gestaltungsinstrument des Gesetzes verfolgen kann, unterschiedlich verfestigte Vertrauenspositionen der Bürger entstehen 1 8 . Ob dies dann letztlich z u m Fortbestand der gegenwärtigen Gesetzeslage führt, hängt davon ab, wie stark sich der einzelne auf die Fortgeltung des gesetzlich determinierten Rechtszustandes verlassen durfte. Dies wiederum bestimmt sich entscheidend danach, wie intensiv die gesetzliche Vertrauensgrundlage den Bürger dazu veranlaßt hat, auf die Stabilität der bestehenden Rechtslage zu vertrauen. Insofern können verschiedene gesetzliche Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt w e r d e n 1 9 . Es liegt i n der N a t u r der Sache, daß die Übergänge oft fließend s i n d 2 0 . 1. Vorläufige gesetzliche Regelungen Das Gesetz, auf das sich das Vertrauen des einzelnen stützt, k a n n erkennbar unter einem Vorbehalt späterer Ä n d e r u n g stehen 2 1 . Dies ist etwa bei nur

16

Vgl. Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 79f., 199: Planung gibt zu Dispositionen Anlaß; ihr Schutz „hängt davon ab, welcher Art die Veranlassung gewesen ist." Dahin tendiert auch Rupp-v. Brünneck, Sondervotum, in BVerfGE 32,129, 138, wenn sie dafür plädiert, die entscheidenden Kriterien für die Frage des Vertrauensschutzes im Inhalt der zu ändernden Regelung und der Bedeutung der Änderung für das staatliche Gemeinwesen und die Betroffenen zu finden. 17 Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 81; Eichler, Die Rechtslehre vom Vertrauen, S. 5: eine „ausdrückliche Erwähnung" des individuellen Vertrauens ist „nicht entscheidend". 18 Vgl. Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 89: „Intensität einer gesetzgeberischen Bindung". 19 Vgl. Burmeister, Vertrauensschutz im Prozeßrecht, S. 12; Ossenbühl, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 241; nach Schenke, AöR Bd. 101 (1976), S. 337, 360 Fn. 103, bedarf es einer „zergliedernden Analyse von Vertrauenspositionen". 20 Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, Fn. 62 zu S. 159 (5. Kapitel), führt aus: „Die Frage der Abschichtung der Skala graduell abgestufter und in allen Intensitätsgraden von psychologischem Anreiz bis zum Rechtszwang denkbaren Impetus für bürgerliches Disponieren bildet einen der schwierigsten Problembezirke, der insofern auch für die Vertrauensschutzdiskussion Relevanz hat, als die Intensität des Einwirkens den Maßstab der Schutzwürdigkeit der Einlassungshandlung bildet." Im folgenden soll indessen kein graduell abgestuftes Raster entworfen, sondern es sollen lediglich verschiedene Formen gesetzlicher Vertrauensgrundlagen beispielhaft dargestellt werden. Eine Abstufung der gesetzlichen Regelungen erscheint nicht möglich, da sich die verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten vielfaltig überschneiden können; so enthält ζ. B. die gesetzliche Rentenversicherung ein gesetzliches Sicherungsversprechen (dazu unten 4.) und übt zugleich Rechtszwang (dazu unten 5.) aus. 21

Man könnte allerdings die Frage aufwerfen, ob nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes der Erlaß solcher Gesetze verfassungsrechtlich bedenklich ist. Vertrauensschutz bezeichnet jedoch letztlich nur eine Rechtsfolge, die sich aus verschiedenen

Α. Die Vertrauensgrundlage

83

vorläufigen Regelungen der Fall 2 2 , die hauptsächlich in der Nachkriegszeit erlassen wurden. Insofern ist beispielsweise das Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung vom 18. September 195323 zu nennen, das durch das Bundesentschädigungsgesetz vom 29. Juni 1956 24 abgelöst wurde 25 . Aber auch sog. Maßnahmegesetze, die spezifisch zweckgerichtete, von konkreten Umständen abhängige und darauf bezogene Regelungen enthalten, sind hier zu nennen 26 . Sie verfolgen nicht selten vorübergehende Lenkungsziele und sind von vornherein nicht auf dauerhafte Ausformung eines bestimmten Rechtsstatus angelegt 27 . 2. Ausnahmeregelungen und systemwidrige Vorschriften

Weiterhin können gesetzliche Ausnahmeregelungen 28 und systemwidrige Vorschriften 29 Vertrauensgrundlagen für den einzelnen sein. Da solche Regelungen nicht dem Grundgedanken des betreffenden Gesetzes folgen, bedarf die Frage, welche Verbürgungswirkung ihnen konkret zukommt, jeweils eingehender Prüfung. Die besondere Behandlung systemwidriger Regelungen wird auch dadurch geboten, daß die Systemwidrigkeit einer Norm Indizwirkung für ihre Unvereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG hat 3 0 .

Verfassungsnormen ergeben kann. Das setzt eine bestimmte staatliche Eingriffs- oder Änderungstätigkeit, die gegen eine vertrauensschützende Verfassungsnorm verstößt, voraus. Vertrauensschutz ist ein Instrument privater Reaktion gegenüber solchen Maßnahmen und kann daher nicht den Erlaß eines Gesetzes, auf das der Bürger sein Vertrauen gerade (nicht) stützen kann, verhindern, vgl. zu einer ähnlichen Frage BVerfGE 74, 129, 153 (Zulassung der Ausschlußklausel bei Unterstützungskassen nur als Widerrufsrecht). 22 Vgl. Kisker, Rückwirkung, S. 18; Götz, Festgabe BVerfG, Bd. II, S.421, 434; Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 289; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 287. 23 BGBl. I S. 1387. 24 BGBl. I S. 559. 25 Pieroth, Rückwirkung, S. 56f.; Götz, Festgabe BVerfG, Bd. II, S.421, 434; ein weiteres Beispiel bietet BVerfGE 15,167, 207: „Da die Regelung der Ersten Sparverordnung auch für die betroffenen früheren Landesbeamten erkennbar nur vorläufig war und sie mit einer andersartigen bundesrechtlichen Regelung rechnen mußten,... greift hier der Vertrauensschutz nicht ein,..." Vgl. auch BVerfGE 72,200,255, für § 25 Abs. 1 EStG 1971. 26

Dazu bereits oben Erster Teil, Β. II. SteinbergerIBöckenförde, Sondervotum, in BVerfGE 67, 21, 22f., schlußfolgern, daß Maßnahmegesetze nicht die Verbürgungswirkung anderer gesetzlicher Regelungen haben. 28 Vgl. BVerfGE 63, 321, 331: die erbschaftssteuerrechtliche Begünstigung von Familienstiftungen sei eine „Ausnahme von der Regel"; BVerfGE 69, 272, 314 (beitragsfreie Krankenversicherung für Rentner). 27

29 30

6*

Vgl. BVerfGE 13, 215, 224; 19,187,197; 30, 367, 388 („systemwidrig und unbillig"). Vgl. oben Zweiter Teil, C. II. 7. b).

84

4. Teil: Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes 3. Unbefristet gültige Gesetze mit einer Ordnungsfunktion

Der Gesetzgeber kann ferner eine bestimmte Norm erlassen, um für einen begrenzten Lebensbereich eine wirtschafts- oder sozialpolitische Ordnungsaufgabe zu erfüllen. Die Möglichkeit, daß der Bürger hieran besondere Erwartungen knüpft und sich entsprechend einstellt, mag im Einzelfall gesehen und in Kauf genommen, aber nicht bezweckt sein. Als Beispiel kann die gesetzliche Herabsetzung der Altersgrenze für Hochschullehrer von 68 auf 65 Jahre dienen, die das Ziel verfolgt, die Berufsaussichten des wissenschaftlichen Nachwuchses zu verbessern 31. Ein aufgrund der Neuregelung emeritierter Professor wird in seinem Vertrauen darauf, bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres tätig sein zu dürfen, enttäuscht. Vertrauensgrundlage war für ihn die frühere Regelung der Altersgrenze 32. Solche Gesetze sind regelmäßig unbefristet und auch nicht nur vorläufig gültig. Sie sind so ausgestaltet, daß sie Dispositionen des einzelnen ermöglichen (z.ß. die Erstellung umfangreicher Forschungspläne im genannten Beispielsfall 33) aber nicht bezwecken. 4. Zu Dispositionen veranlassende Gesetze

Bisweilen handelt der Gesetzgeber mit dem Ziel, das Vertrauen der Bürger zu gewinnen und sie zu Dispositionen zu veranlassen. Der Staat setzt dann das privatwirtschaftliche Gewinnstreben als Mittel ein, um einen bestimmten Erfolg zu erzielen. Er schafft zum Beispiel gezielt materielle Anreize, um in einem Wirtschaftszweig Dispositionen zu veranlassen, die er im Rahmen seiner Planung für erforderlich hält 3 4 . Der Gesetzgeber betätigt sich, um ein Wort Burmeisters aufzugreifen, als „Vertrauenszweckveranlasser" 35. Als primäres 31

BVerfGE 67, 1. SteinbergerI Böckenförde y Sondervotum, in BVerfGE 67, 21, 23, führen dazu aus, es handele sich um ein statusregelndes Gesetz, das zum Typ der Gesetze zu zählen sei, die einen bestimmten Sach- oder Lebensbereich grundlegend ordnen und aus sich selbst Recht schaffen (sog. generelles oder institutionelles Gesetz). 32

33

Vgl. die Argumentation des Beschwerdeführers in BVerfGE 67, 1, 4. Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts S. 222; Burmeister, Vertrauensschutz im Prozeßrecht S. 11 ff., 13: „Technik der individuellen Verhaltensdeterminierung als Mittel der Erfüllung von Staatsaufgaben"; v. Simson, Planung I, S. 405, 416; Scheuner, Planung I, S. 67, 88; Stern, in Stern/Münch/Hansmeyer, StabG, S. 87,89f., wo im Rahmen der Konjunktursteuerung je nach Verbindlichkeit informative, influenzierende, kontraktuelle und imperative Maßnahmen unterschieden werden; so auch ders., in Verh. 47. DJT (1968), Bd. I, E 27ff.; im Bereich staatlicher Planung wird herrschend zwischen influenzierendem, indikativem und imperativem Plan differenziert, vgl. nur Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 28ff., 83 ff.; Kaiser, Planung I, S. 11, 23 f.; Redeker, JZ 1968, 537f.; kritisch insoweit aber Ipsen, Planung II, S. 63, 81 f., da die Bandbreite dieser Arten von Verhaltensbeeinflussung typologisch nicht ausreiche. 34

35 Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 158, vgl. auch ebenda, S. 250 f.: „ Vertrauensveranlasser".

Α. Die Vertrauensgrundlage

85

Mittel dient ihm insofern der wirtschaftliche Anreiz etwa durch Steuervergünstigungen 36 , Kreditsicherungen oder Abschreibungsmöglichkeiten 37. Der Gesetzgeber kann aber auch versuchen, durch Androhung von Nachteilen das Verhalten der Bürger zu beeinflussen 38. Ob das mit dem Gesetz verfolgte politische Ziel erreicht wird, hängt davon ab, in welchem Umfang die Bürger der gesetzlichen Aufforgerung nachkommen. Als typisches Beispiel kann der Fall des sog. Berlinhilfegesetzes 39 dienen. Das Berlinhilfegesetz in der Fassung vom 25. März 1959 40 verlängerte die Geltungsdauer bestimmter Umsatzsteuervergünstigungen um fünf Jahre. Ziel der Regelung war, trotz der damals labilen politischen Situation langfristige Investitionen in Westberlin anzuregen. Das Änderungsgesetz vom 26. Juli 1962 41 kürzte die Steuervorteile für den Bereich der Zigarettenindustrie zwei Jahre vor Ablauf der vorgesehenen Frist. Das Bundesverfassungsgericht entnahm dem „Sinn und Zweck der beschlossenen Verlängerung der Steuervorteile um fünf Jahre", daß das Gesetz einen „Vertrauenstatbestand" geschaffen hatte, „auf den sich die begünstigten Steuerpflichtigen grundsätzlich verlassen durften" 4 2 . Daß die Geltung des Gesetzes von vornherein zeitlich befristet war, kann an diesem Befund nichts ändern. Die Befristung zeigt eine zeitliche Grenze auf, jenseits der es ein schutzwürdiges Vertrauen der Normadressaten nicht geben kann. Zugleich erzeugt sie beim Bürger das Vertrauen darauf, daß sich vor Ablauf der Frist die Rechtslage nicht ändert. 5. Gesetzliches Sicherungsversprechen

Weiterhin kann ein Gesetz Vertrauensgrundlage für den Bürger sein, das geradezu als „gesetzlich gegebenes Sicherungsversprechen" 43 anzusehen ist. Dies ist beispielsweise die gesetzliche Installierung eines Sozialversicherungssystems. Der verfassungsrechtliche Vertrauensgedanke bildet insofern, soweit nicht Grundrechte, insbesondere Art. 14 GG, einschlägig sind, die Grundlage 36

Kritisch dazu Rupp, NJW 1968, 569, nach dessen Auffassung eine Wirtschaftslenkung durch Steuergesetze dazu führt, daß „alle überkommenen grundrechtlichen, verfassungs- oder kompetenzrechtlichen Sicherungen mit Einschluß der föderalen Strukturelemente des Grundgesetzes" durchbrennen; vgl. auch Friauf\ Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, S. 16 ff., 25 ff., 46; ders., BB 1967, 1345. 37

Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 29. Vgl. Ipsen, Planung II, S. 63,82; ihm zustimmend: Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 29f., 86. 39 BVerfGE 30, 392. 40 BGBl. I S. 160. 41 BGBl. IS.481. 42 BVerfGE 30, 392, 404. 43 Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 175; vgl. Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 35: „Garantieversprechen". 38

86

4. Teil: Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes

für den Schutz der legitimen Erwartungen der Bürger, daß im Versorgungsfall das in früheren Zeiten gesetzlich zugesagte Versprechen einer adäquaten, zeitgemäßen sozialen Sicherung auch tatsächlich eingelöst wird. Aufgrund der „Änderungsempfindlichkeit von Daseinsberechtigungen" enthält das rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip im Sozialrecht ein besonderes Gewicht 44 . 6. Rechtszwang

Ein gesetzliches Sicherungsversprechen kann verbunden sein mit dem Zwang zur Vornahme bestimmter Dispositionen 45 . Der durch Rechtszwang zu bestimmten Leistungen (z.B. Zahlungen an die gesetzliche Sozialversicherung, Investitionen im Bereich des Umweltschutzes) veranlaßte Bürger wird regelmäßig darauf vertrauen, daß seine Dispositionen nicht von staatlicher Seite entwertet werden. Dies wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß er der gesetzlichen Regelung nicht freiwillig nachgekommen ist. Auch und gerade auf die rechtliche Anerkennung unfreiwilliger Dispositionen kann sich das Vertrauen des Bürgers erstrecken 46. Wer zum Beispiel kraft Gesetzes aufgrund seiner Beschäftigung Pflichtversicherter wird und deshalb über eine Bindung an die gesetzliche Rentenversicherung gar nicht erst entscheiden kann, begründet kein anderes Rechtsverhältnis als derjenige, der freiwillig der gesetzlichen Rentenversicherung als Pflichtversicherter beitritt 4 7 . 7. Verfassungswidrige Normen

Schließlich kann sich das Vertrauen des einzelnen auf eine verfassungswidrige und damit nichtige Norm beziehen. Dagegen, daß ein solches Vertrauen verfassungsrechtlich relevant sein kann, wird eingewandt, das Vertrauen, das sich auf eine nichtige Norm gründet, verdiene keinen Schutz 48 . Eine nichtige 44 Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 176; zur Entwicklung des Vertrauensschutzes im Sozialrecht: Rüfner, in: Recht und Gesetz im Dialog III, S. 99, 100 ff. 45 Zur Kategorie des Rechtszwangs vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 183; Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 270; Burmeister, Die Verwaltung 1969, 21, 43 („Planzwang"); Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 223; Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 30 f., 90ff. 46 Α. A. insoweit Ehlermann, Wirtschaftslenkung und Entschädigung, S. 68; Papier, VSSR 1973, S. 33, 50; ders., in Maunz/Dürig, GG Art. 14 Rdn. 144 Fn. 346; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 223, der seine Auffassung damit begründet, daß mangels Freiwilligkeit der Disposition bei normativem Zwang von einem erbrachten Vertrauen nicht gesprochen werden könne; dessen ungeachtet müsse aber auch hier der Grundsatz der Rechtssicherheit eingreifen. 47 BVerfGE 58,81,114; zustimmend Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 175 mit Fn. 12. 48 BVerfGE 19, 187, 197; in einer früheren Entscheidung war das Gericht noch einschränkend der Ansicht, daß der Staatsbürger sich nicht immer auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen könne, BVerfGE 13, 261, 272;

Α. Die Vertrauensgrundlage

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Norm sei als nicht existent zu behandeln und könne deshalb auch keinen hinreichenden Vertrauenstatbestand erzeugen 49. Diese Sichtweise vernachlässigt jedoch die starke subjektive Grundlage des Vertrauensschutzes, der durch das Moment der Vertrauensgrundlage lediglich objektiviert und damit rechtlich faßbar wird 5 0 . Fraglich ist, worauf sich das Bestandsvertrauen des einzelnen gründet — auf die verfassungswidrige Norm selbst oder nur auf den von ihr erzeugten Rechtsschein. Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, daß eine verfassungswidrige Norm eo ipso nichtig 51 ist: „Die Feststellung der Nichtigkeit wirkt ex tunc." 5 2 . Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung kann für den einzelnen nur der durch die verfassungswidrige Norm erzeugte Rechtsschein Vertrauensgrundlage sein. Gegen die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts wird vorgebracht, die Lehre von der ipso-iure-Nichtigkeit führe zu schwer erträglichen Unsicherheiten für alle Beteiligten, solange das Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden habe 53 . Da auch der Grundsatz der Rechtssicherheit Verfassungsrang habe, verdiene die Auffassung den Vorzug, daß die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mehr als eine bloß deklaratorische Bedeutung habe. Die Nichtigkeit könne erst dann unstreitig und verbindlich werden, wenn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliege 54 . Folgt man dieser Ansicht, kann die verfassungswidrige Norm selbst Vertrauensgrundlage sein. Bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts würde sie sich insoweit nicht von einer verfassungsgemäßen Vorschrift unterscheiden. Daß eine verfassungswidrige Norm bis zu ihrer Nichtigerklärung durch das Bundesverfassungsgericht wirksam ist, hätte zur Folge, daß sich zwei entgegengesetzte Normbefehle an den Bürger richten: einerseits der des Grundgesetzes, andererseits der des einfachen — verfassungswidrigen — Gesetzes. Der Bürger kann aber nur eine Handlung entweder vornehmen oder unterlassen, nicht ablehnend aber auch BVerwGE 50, 2, 8; 67, 129, 131; BGHZ 84, 292, 297; kritisch gegenüber der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Iliopoulos-Strangas, Rückwirkung, S. 84; Aschke, Übergangsregelungen, S. 271 f. 49 BGHZ 84, 292, 297. 50 Deutlich insoweit Rupp-v. Brünneck, Sondervotum, in BVerfGE 32, 129, 138. 51 Zum Begriff der Nichtigkeit: Scholzen, Nichtigkeit oder Vernichtbarkeit verfassungswidriger Rechtsnormen, S. 18 ff. 52 BVerfGE 7, 377, 387; vgl. auch BVerfGE 8, 51, 71; 14,174,190; 21, 292, 305; 29,11, 17; das Gericht hält den Grundsatz der ex-tunc-Nichtigkeit jedoch nicht konsequent durch; eingehend Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 105, Bd. II, S. 1039ff.; ders., in BK, Art. 100 Rdn. 141, Art. 93 Rdn. 270ff., 276ff.; Sachs, Die Bindung des Bundesverfassungsgerichts an seine Entscheidungen, S. 289ff.; ders., NVwZ 1982, 657, 660; J. Ipsen, JZ 1983,41,45; Stettner, DVB1. 1982, 1123, 1127 (jeweils m. w. N.). 53 Maunz, in Maunz I Dürig, GG Art. 93 Rdn. 34; vgl. auch Pestalozza, Festgabe BVerfG, Bd. I, S. 519, 564f.; Gerontas, DVB1. 1982, 486, 488. 54 Maunz, in Maunz!Dürig, GG Art. 93 Rdn. 34.

88

4. Teil: Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes

beides zugleich. Er muß sich mit Blick auf den Stufenbau der Rechtsordnung, zu dessen Wesensmerkmalen die Derogationswirkung der Verfassung gegenüber allen widersprechenden rangniederen Normen gehört, für die Verfassungsnorm entscheiden55. Auch die Rechtssicherheit gebietet nicht den Bestand der verfassungswidrigen Norm, da gerade dies in hohem Maße zu Unsicherheit darüber führen kann, welches Recht gilt 5 6 . Für den Bürger kann auch der von einer nichtigen Vorschrift erzeugte Rechtsschein Vertrauensgrundlage sein 57 . Das auf eine nichtige, weil verfassungswidrige 58, Norm gegründete Vertrauen ist a priori nicht weniger wert als das auf einem gültigen Gesetz beruhende Vertrauen. II. Gesetzgeberisches Unterlassen als Vertrauensgrundlage Weiterhin stellt sich die Frage, ob auch ein staatliches Unterlassen dem Bürger als Vertrauensgrundlage dienen kann. Daß sich das Vertrauen des einzelnen auf die Passivität einer Verwaltungsbehörde beziehen kann, wird im Grundsatz allgemein anerkannt 59 . Mainka verdeutlicht dies mit dem Beispiel eines Bauwerks, das ohne Genehmigung im Widerspruch zu materiellen Bauvorschriften errichtet worden ist. Das passive Verhalten der Behörde in der Folgezeit sei geeignet, in dem Betroffenen die Erwartung zu erwecken, die Behörde werde es auch künftig dabei bewenden lassen60. Fraglich ist aber, ob auch ein Unterlassen des Gesetzgebers Vertrauensgrundlage sein kann. Es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, daß gesetzgeberische Passivität beim Bürger bestimmte Erwartungen auslöst, die sich auf den Fortbestand des gegenwärtigen Zustands beziehen. Durch eine „Gesetzeslücke" im Steuerrecht können bestimmte Personengruppen über Jahre hinweg begünstigt werden. Der Gesetzgeber, der diese Lücke schließt, enttäuscht das Vertrauen der Betroffenen in das Fortbestehen der bisherigen Rechtslage. Das Bundesverfassungsgericht ging in einem solchen Fall (Einführung einer Ersatz55 Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 984; ders., in BK, Art. 100 Rdn. 14; Ulsamer, in Maunz / Schmidt-Bleib treu / Klein / Ulsamer, BVerfGG §78 Rdn. 3; a. A. Maiwald, BayVBl. 1971, 90 f. 56 Stern, Staatsrecht, Bd. II, S. 985; ders., in BK, Art. 93 Rdn. 275; J. Ipsen, Rechtsfolgen der Verfassungswidrigkeit von Norm und Einzelakt, S. 220f.; Strehle, Rechtswirkungen verfassungsgerichtlicher Normenkontrollentscheidungen, S. 113. 57 Vgl. Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, Fn. 138 zu S. 52 (2. Kapitel), unter Bezugnahme auf BFH BStBl. 1966 III, 663; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 88. 58 Zu dieser Kausalbeziehung: Maunz, in Maunz / Dürig, GG Art. 93 Rdn. 32; Maiwald, BayVBl. 1971, 90, 91. 59 Vgl. Mainka, Vertrauensschutz, S. 31, 72ff.; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 79, 228 ff.; überwiegend wird auf den Gedanken der Verwirkung rekurriert, so insbesondere Stich, Vertrauensschutz, S. 56ff.; ders., DVB1.1959,234; Ossenbühl, Rücknahme, S. 94ff.; Lenz, Vertrauensschutz-Prinzip, S. 34 f.; Lötz, WiVerw. 1979, 1, 9. 60 Mainka, Vertrauensschutz, S. 31.

Β. Vertrauen

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erbschaftssteuer für Familienstiftungen) stillschweigend davon aus, daß sich das Vertrauen des einzelnen auch auf gesetzgeberische Untätigkeit beziehen kann. Es führt aus: „Nur wenn die Abwägung das Ergebnis zeitigt, daß das Vertrauen auf die Fortgeltung der bestehenden Lage den Vorrang verdient, ist die Regelung unzulässig" 61 . Das Gericht behandelt das Vertrauen auf das Fehlen einer gesetzlichen Regelung wie das Vertrauen auf den Bestand einer begünstigenden Vorschrift. Zwar läßt sich eine klare Grenze von positivem Tun und Unterlassen im Bereich der Gesetzgebung schwerlich markieren. Das Vertrauen auf ein Unterlassen des Gesetzgebers impliziert regelmäßig das Vertrauen darauf, daß der bisherige Rechtszustand nach den jeweiligen allgemeinen Vorschriften fortbesteht. Das in gesetzgeberische Passivität gesetzte Vertrauen unterscheidet sich insofern nicht grundsätzlich vom Vertrauen auf die Fortgeltung einer bestimmten gesetzlichen Regelung. Auch kann ein Unterlassen des Gesetzgebers im Einzelfall zu bestimmten Dispositionen des Bürgers führen. Doch werden sie nicht infolge einer bestimmten gesetzlichen Regelung vorgenommen. Die Betätigung des Vertrauens durch entsprechende Dispositionen kann sich nicht wie im Fall gesetzlich veranlaßter Investitionen aus der Vertrauensgrundlage selbst ergeben. Allein der Blick auf den Inhalt des zugrunde liegenden Gestzes ermöglicht aber eine Objetivierung des Vertrauens, das subjektiv von Person zu Person ganz unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann und als solches rechtlich nicht bewertbar ist. Die inhaltliche Aussage der gesetzlichen Vertrauensgrundlage ist der objektive Maßstab für die erstrebte Bindung des Gesetzgebers. Das Vertrauen auf ein künftiges gesetzgeberisches Unterlassen entzieht sich einer entsprechenden Objektivierung. Ein Unterlassen hat keinen materiellen Aussagegehalt. Gesetzgeberische Passivität bietet keinen inhaltlichen Anknüpfungspunkt für eine Selbstbindung. Eine Bindung des Gesetzgebers an sein bisheriges Unterlassen kann daher grundsätzlich nicht in Betracht kommen.

B. Vertrauen Das Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes setzt weiterhin voraus, daß der einzelne auf den Bestand der Vertrauensgrundlage vertraut. Vertrauensschutz verlangt eine Vertrauensbildung, ein Vertrauthaben 62 . Der allgemeine Sprachgebrauch versteht unter „Vertrauen" die feste Zuversicht, die Anlaß gibt, auf etwas zu bauen, sich auf jemanden zu verlassen 63. Beim Vertrauen des Bürgers 61

BVerfGE 63, 312, 329 f. Vgl. BVerwGE 68, 159, 164; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 3, 7f., 90ff.; Ossenbühl, Rücknahme, S. 81; Ipsen, Planung II, S. 63, 111; Stich, Vertrauensschutz, S. 37 ff.; Fröhler, Das Wirtschaftsrecht als Instrument der Wirtschaftspolitik, S. 136; Kriele, DÖV 1967, 531, 532 für die Frage der Plangewährleistung. 62

63 Vgl. Mackensen, Deutsches Wörterbuch, 10. Aufl., 1982, S. 1131; ähnlich, H. Huber, Festschrift für Kägi, S. 193, 196.

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4. Teil: Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes

gegen den Staat bezieht sich die Erwartung des einzelnen auf das Verhalten des Staates bzw. seiner Organe 64 . I. Kenntnis der Vertrauensgrundlage Der Bürger muß die Vertrauensgrundlage kennen 65 . Dieses selbstverständlich erscheinende Erfordernis läßt sich ohne weiteres aufrecht erhalten, solange es sich um eine individuell an eine bestimmte Person gerichtete Vertrauensgrundlage handelt. Wenn beispielsweise die Zusage einer Behörde Vertrauensgrundlage für den einzelnen sein soll, läßt sich zwanglos fordern, daß sie ihm auch bekannt war. Der individuelle Kontakt zwischen Bürger und Behörde kommt häufig gerade auf Betreiben des Bürgers zustande 66 . Besteht die Vertrauensgrundlage dagegen in einer generell-abstrakten Regelung, ist es oft fraglich, ob der einzelne sie zur Kenntnis genommen hat. Insofern sind in erster Linie die Fälle angesprochen, in denen ein Gesetz als Vertrauensgrundlage in Betracht kommt. Es stellt sich die Frage, ob auch dann die Kenntnis des Bürgers von der Vertrauensgrundlage zu fordern ist. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, bei einer rückwirkenden Gesetzesänderung werde ein „Vertrauenstatbestand" bereits dann geschaffen, wenn die rückwirkend aufgehobene Regelung vorteilhaft war. Bei einer Änderung von Steuergesetzen sei die Kenntnis der Steuerpflichtigen nicht erforderlich. Insoweit wird von einem objektivierten, generellen Vertrauensschutz gesprochen 67. Auf die positive Rechtskenntnis des einzelnen Betroffenen komme es für das Verbot rückwirkender Gesetzgebung nicht an 6 8 . Zur Begründung wird ausgeführt, daß derjenige, der etwas zwar in Übereinstimmung mit der Rechtsordnung, aber ohne ihre positive Kenntnis unternehme, nicht anders behandelt werden könne als der, dessen Verhaltensweise zwar völlig gleichartig sei, der aber (vielleicht nur zufallig) die Rechtslage kannte und nachweisbar danach agierte 69 . Weiterhin werden Beweisschwierigkeiten ins Feld geführt. Der Nachweis der Kenntnis einer bestimmten Vertrauensgrundlage sei nur sehr mühsam zu führen 70 . Auch gebe es ganze Rechtsbereiche, in denen ein Vertrauen nicht anzunehmen sei 71 . Schließlich wird geltend gemacht, daß durch 64

Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 7 f. Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 90 f. 66 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 90. 67 Arndt, Rechtsprechungsänderung, S. 82. 68 Knittel, Rückwirkung, S. 55; Arndt, Rechtsprechungsänderung, S. 82; Grunsky, Grenzen der Rückwirkung, S. 26 f.; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 223. 69 Viets> Rechtsprechungsänderung, S. 157; Arndt, Rechtsprechungsänderung, S. 82. 70 Grunsky, Grenzen der Rückwirkung, S. 26 (für Vertrauensschutz gegenüber Rechtsprechungsänderungen); zustimmend: Viets, Rechtsprechungsänderung, S. 156; Arndt, Rechtsprechungsänderung, S. 84: die Nachprüfung sei „in den meisten Fällen eine Farce". 71 Grunsky, Grenzen der Rückwirkung, S. 26. 65

Β. Vertrauen

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das Erfordernis der Kenntnis der Vertrauensgrundlage der Anwendungsbereich des Vertrauensschutzes von vornherein eingegrenzt werde 72 . Vertrauen ohne Kenntnis der Vertrauensgrundlage ist jedoch „eine seltsame Erscheinung" 73 . Das Vertrauen des einzelnen in die Weitergeltung eines bestimmten Gesetzes wäre nach der soeben geschilderten Sichtweise erst nach dem Zeitpunkt entstanden, in dem es enttäuscht wurde 74 . Hans Huber fragt mit Recht, ob dabei nicht das Vertrauen des von Gesetzesänderung und Rückwirkung Betroffenen lediglich unterstellt werde 75 . Das bloß fingierte Vertrauen verdient aber schon deshalb keinen Schutz vor Enttäuschungen, weil es gar kein Vertrauen ist 7 6 . Der Begriff des Vertrauens weist ein intellektuelles Moment auf, nämlich die Kenntnis dessen, worauf es sich bezieht 77 . Dies führt in der Tat zu einer Begrenzung des Anwendungsfeldes des Vertrauensschutzes. A u f ihn können sich all diejenigen nicht berufen, die erst nachträglich ihr „Vertrauen" entdecken78 Das bedeutet nicht, daß, wer kein subjektives, reales Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Rechtslage gefaßt hat, keinen verfassungsrechtlichen Schutz genießt. Allein die bisher in den Fällen einer Rückwirkung hergestellte Verbindung zum rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes wird aufgelöst. Es sind vielmehr im Einzelfall andere Verfassungsnormen ins Kalkül zu ziehen. In vielen Fällen werden die Grundrechte als Prüfungsmaßstab in Betracht kommen. Eine Begrenzung des Anwendungsbereichs rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes entspricht dem Ziel, einem vorschnellen Rekurs auf diesen Verfassungsgrundsatz entgegenzuwirken. Dadurch verlieren die Gefahren für die grundrechtliche Gewaltenteilung und die legislative Gestaltungsfreiheit 79, die mit einem überstrapazierten Vertrauensschutz verbunden sind, weiter an Bedeutung 80 . Schließlich sind auch die angeführten Beweisschwierigkeiten überwindbar. Das real bestehende Vertrauen wird sich oft durch den Nachweis einer 72

Viets, Rechtsprechungsänderung, S. 156 f. (für den Fall der Rechtsprechungsänderung); vgl. auch Pieroth, Rückwirkung, S. 124 f. 73 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 91; vgl. auch H. Huber, Festschrift für Kägi, S. 193, 196: „Allein was für eine neue Erscheinungsform von Vertrauen ist das?" 74 H. Huber, Festgabe BVerwG, S. 313, 326; ders., Festschrift für Kägi, S. 193, 196. 75 H. Huber, Festschrift für Kägi, S. 193, 196f.; vgl. dens., Festgabe BVerwG, S. 313, 326: „Fiktion eines Vertrauens"; so auch Pieroth, Rückwirkung, S. 125. 76 Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 91; Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 272, betont, „daß vertrauensrechtliche Restriktionen des Gesetzgebers nur gegenüber dem — möglicherweise kleinen — Personenkreis von Vertrauensinvestoren bestehen". 77 Vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 124; Kisker, Rückwirkung, S. 90 (zum angloamerkanischen Recht). 78 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 91. 79 Vgl. oben Erster Teil, C I. 80 Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 91.

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4. Teil: Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes

rechtlichen Beratung belegen lassen, die der Bürger in Anspruch genommen hat, bevor er entsprechende Dispositionen getätigt hat. Auch können die erfolgten Dispositionen einen Schluß auf die Kenntnis der Vertrauensgrundlage zulassen. Insoweit kann mit der widerlegbaren Vermutung gearbeitet werden, daß der Bürger sich gerade im Hinblick auf den Bestand der Rechtslage eingerichtet und entsprechend disponiert hat 8 1 . II. Guter Glaube bei verfassungswidriger Vertrauensgrundlage Eine Besonderheit besteht für das auf einer verfassungswidrigen und damit nichtigen Norm beruhende Vertrauen. Der von einer verfassungswidrigen Norm erzeugte Rechtsschein kann im Einzelfall Vertrauensgrundlage des Bürgers sein 82 . In subjektiver Hinsicht muß an die Stelle des Vertrauens in den Bestand der gesetzlich gewährten Rechtsposition der gute Glaube des einzelnen treten 83 . Er umfaßt zweierlei: einmal die Annahme, daß die durch den Rechtsschein der betreffenden Vorschrift erweckten Erwartungen sich erfüllen 84 und zum anderen die Unkenntnis der Nichtigkeit der Vertrauensgrundlage. A n dieser Voraussetzung fehlt es, wenn der Bürger die Nichtigkeit der Vertrauensgrundlage positiv kennt 8 5 . Regelmäßig wird der einzelne allerdings nicht über die erforderlichen Rechtskenntnisse zur Beurteilung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes verfügen. Dagegen kann derjenige, dem die Fehlerhaftigkeit der Vertrauensgrundlage bekannt war, keinen Vertrauensschutz beanspruchen. Denn Vertrauen heißt Arglosigkeit, die dem Wissenden abgeht 86 . 81 Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 91; für Vertrauensschutz gegenüber Rechtsprechungsänderungen: Rüberg, Vertrauensschutz, S. 178; Knittel, Rückwirkung, S. 56; Wipprecht, Die Änderung der Rechtsprechung, S. 134. 82 Vgl. oben A I 7. 83 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 18 mit Fn. 28, meint, der Vertrauensschutz verhelfe dem Gutglaubensschutz im öffentlichen Recht anders als im Zivilrecht, wo der Gutglaubensschutz nur in bestimmten Einzeltatbeständen verwirklicht sei, zu globaler Anerkennung, soweit sich der Bürger auf einen durch den Staat erweckten Rechtsschein verlassen habe. Dieser Vergleich mit dem Zivilrecht läßt jedoch nicht nur die im Bereich des öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutzes gebotene Differenzierung nach Staatsgewalten (vgl. oben Erster Teil B) vermissen. Weber-Dürler unterschätzt auch die Bedeutung des Vertrauensgedankens im Zivilrecht, vgl. dazu nur Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971. Generell gegen Gutglaubensschutz im öffentlichen Recht: W. Jellinek, Der fehlerhafte Staatsakt und seine Wirkungen, S. 45, 55. 84 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 92. 85 Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 92; Pettenkofer, Der Vertrauensschutz bei behördlichen Auskünften und Zusagen, S. 105; Reifenrath, Auskünfte und Zusagen im System des Verwaltungshandelns, S. 127 (für die Kenntnis einer fehlerhaften Zusage); Ossenbühl, Rücknahme, S. 83; Lenz, Vertrauensschutz-Prinzip, S. 29 f.; Becker ! Luhmann, Verwaltungsfehler und Vertrauensschutz, S. 102; Maurer, Festschrift Boorberg Verlag, S. 223, 246 (für fehlerhafte Verwaltungsakte); v. Hippel, Untersuchungen zum Problem des fehlerhaften Staatsakts, S. 125. 86 Ossenbühl, Rücknahme, S. 83; vgl. auch Renck, NJW 1970, 737, 740.

Β. Vertrauen

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I I I . Vertrauensdichte Vertrauen ist keine absolute Größe. Es kann vielmehr von Fall zu Fall unterschiedlich stark sein 87 und eine entsprechend differenzierte (verfassungs-) rechtliche Beachtung verdienen. Je nach Ausgestaltung der gesetzlichen Vertrauensgrundlage kann sich das Vertrauen, das der einzelne in den — unveränderten — Bestand der Vertrauensgrundlage setzt, mehr oder weniger verdichtet haben. Der Grad der so entstandenen Vertrauensdichte 88 kann sich für die Frage, ob eine bestimmte Position rechtlich schutzwürdig ist, als wichtiger Gesichtspunkt erweisen. Das setzt das Vorliegen eines Kriteriums voraus, mit dessen Hilfe sich eine größere oder geringere Vertrauensdichte feststellen läßt. Insofern bietet sich der Gedanke der Vorhersehbarkeit eines staatlichen Eingriffs an. Denkbar wäre, eine geringere Vertrauensdichte immer dann anzunehmen, wenn der Bürger einen gesetzlichen Eingriff in seine vom Vertrauen umfaßte Rechtsposition vorhersehen konnte 89 wenn er mit ihm rechnen mußte 90 . Es ließe sich insofern darauf abstellen, ob eine entsprechende Gesetzesinitiative unternommen worden ist oder ob die Beratungen eines neuen Gesetzes eine bestimmte Richtung erkennen lassen91. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen die Betroffenen von dem Zeitpunkt an mit der Neuregelung rechnen, an dem der Bundestag das betreffende Gesetz beschlossen hat 9 2 . Leisner hat jedoch dargelegt, daß es „gesetzgeberische 87 Vgl. Stich, Vertrauensschutz, S. 4; Mainka, Vertrauensschutz, S. 32 („Stärke" des Vertrauens). 88 Der Gedanke einer je nach Einzelfall unterschiedlichen Vertrauensdichte klingt bei vielen Autoren an, vgl. etwa Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 175, 201 ff.; Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 9,145 („Verdichtungseffekt"), S. 151,163 („rechtsverdichtende Tendenzen"); Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 270, konstatiert „eine gewisse Verdichtung" durch ein Dauerverhältnis zwischen Gesetzgeber und Bürger; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 219 f., sieht eine „Verdichtung der Beziehungen" zwischen Planungsträger und dem von der Planung betroffenen Bürger; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 190, will bei Nichtigerklärung einer Norm erst dann Dispositionsschutz annehmen, „wenn sich die nichtige Norm zu einer Einzelfallentscheidung verdichtet hat". 89 Dürig, in MaunzI Dürig, GG Art. 2 Abs. I Rdn. 47 Fn. 2, möchte die Zulässigkeit rückwirkender Belastungsgesetze an eine dreifache Voraussetzung knüpfen: „Vorhersehbarkeit, sachliche Erwägung, Geringfügigkeit der Belastung"; nachdrücklich zustimmend Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, Fn. 139 zu S. 53 (2. Kapitel); vgl. auch Quack, DVB1. 1962, 289, 292. 90

Vgl. insoweit BVerfGE 13,261,272; 22,330,347; 27,167,173 f.; 30,367,387; 37,363, 397; 45,142,174; 48,1, 20; 50,177,193f.; 67, 1, 19f.; zu dieser Rechtsprechung: Pieroth, Rückwirkung, S. 56f.; ders., JZ 1984, 971, 976. 91 Zu „Vorwirkungen" künftiger Normen: Kloepfer, Vorwirkungen von Gesetzen, 1973; ders., DÖV 1973, 657, 660. 92 BVerfGE 1, 264, 280; 8, 274, 304f.; 13, 261, 273; 14, 288, 298; 27,167,174; 37, 363, 398; 43, 291, 392f.; nach BVerfGE 72, 200, 261 f. ist „vorbehaltlich neuerlicher

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4. Teil: Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes

Vorwarnungen" nicht geben kann 9 3 . Das Ergebnis von Gesetzesberatungen kann niemand vorhersehen 94. Die Anerkennung einer „normativen Vorwirkung des Gesetzgebungsverfahrens" liefe auf eine Normwirkung ohne Norm hinaus. Dadurch würde das Entscheidungsrecht des Parlamentsplenums aufgehoben, mithin die Gewaltenteilung zuungunsten des Parlaments verschoben 95. Die allgemeine Voraussehbarkeit eines staatlichen Eingriffs, insbesondere einer geänderten Gesetzeslage ist nicht geeignet, als Maßstab für die Ermittlung der im konkreten Fall bei den Betroffenen vorliegenden Vertrauensdichte zu dienen. Jeder Bürger weiß um die heute alle Lebens- und Rechtsbereiche erfassende Dynamik gesetzlicher Regelungen96. Eine konsequente Anwendung des Vorhersehbarkeitskriteriums müßte angesichts der Unbeständigkeit sozialer Prozesse dazu führen, daß jedwede dem Bürger eingeräumte Rechtsposition einem permanenten Widerrufsvorbehalt unterläge. Denn der Bürger hätte insbesondere in volkswirtschaftlich schlechten Zeiten ständig mit Änderungen und Verschlechterungen des status quo zu rechnen. Das Kriterium der Voraussehbarkeit würde damit den Gedanken der Verläßlichkeit staatlichen Handelns völlig relativieren 97 . Die Voraussehbarkeit einer Rechtsänderung kann nur dann etwas über die im Einzelfall bestehende Vertrauensdichte sagen, wenn sie in Beziehung zur jeweiligen gesetzlichen Vertrauensgrundlage gesetzt wird. Entscheidend ist, ob der Bürger aufgrund der normativen Aussage des Gesetzes, auf deren Bestand er vertraut, mit einer Änderung der Rechtslage rechnen mußte 98 . Nur durch Beschlußfassung gem. Art. 77 Abs. 2 bis 4 G G " auf den Zeitpunkt des „endgültigen Gesetzesbeschlusses des Bundestages" abzustellen (Hervorhebung im Original). 93 Leisner, Festschrift für Berber, S. 273,296; ihm zustimmend Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, Fn. 138 zu S. 52 (2. Kapitel): „obskurse Arten der Gesetzesankündigung", sowie Fn. 59 zu S. 119 (4. Kapitel). 94 Vgl. Grabitz, DVB1.1973,675,684; Rupp-v. Brünneck, Sondervotum, in BVerfGE 32, 129, 137 f.; Iliopoulos-S trangas, Rückwirkung, S. 79; Aschke, Übergangsregelungen, S. 269f.; anschaulich BVerfGE 27, 167, 173 f., wo das Gericht ein schutzwürdiges Vertrauen vom Zeitpunkt des Bundestagsbeschlusses über die Rechtsänderung verneinte, obwohl der Bundesrat gegen diesen Beschluß den Vermittlungsausschuß angerufen hatte und das Gesetz erst mehrere Monate später (mit Rückwirkung) zustande kam. Zudem betraf die nachteilige Rechtsänderung im Ausland lebende Verfolgte. 95 Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 296; vgl. Rupp-v. Brünneck, Sondervotum, in BVerfGE 32, 129, 138; Iliopoulos-S trangas, Rückwirkung, S. 78 f.; in der Entscheidung BVerfGE 43, 291, 392 erwägt das Bundesverfassungsgericht, statt auf den Gesetzesbeschluß auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes abzustellen, da im konkreten Fall das Gesetzgebungsverfahren für den einzelnen nur schwer durchschaubar gewesen sei; das Gericht ließ diese Frage jedoch dahinstehen, da es im Ergebnis zu keiner anderen verfassungsrechtlichen Beurteilung gelangt wäre. 96

Vgl. Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 207; zur damit angesprochenen „Gesetzesflut" vgl. oben Erster Teil, Β II. 97 Vgl. Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 207. 98 In seiner älteren Rechtsprechung betonte auch das Bundesverfassungsgericht, daß das Vertrauen dann nicht schutzwürdig sei, „wenn der Bürger nach der rechtlichen

Β. Vertrauen

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Berücksichtigung des Inhalts der Vertrauensgrundlage k a n n das wesensmäßig stark subjektiv geprägte Vertrauen des einzelnen objektiv faßbar u n d damit rechtlich bewertbar werden. D i e Objektivierung des Vertrauens ist eine notwendige Bedingung seines rechtlichen Schutzes". Sie k a n n allein dadurch erreicht werden, daß die materielle Aussage der Vertrauensgrundlage den Inhalt desjenigen Vertrauens bestimmt, das verfassungsrechtlich geschützt sein kann100. Eine geringe Vertrauensdichte w i r d beispielsweise anzunehmen sein, wenn sich das Vertrauen auf ein Gesetz stützt, das ersichtlich unter dem Vorbehalt späterer Ä n d e r u n g s t e h t 1 0 1 . D a n n k a n n der Bürger die Ä n d e r u n g vorhersehen u n d d a r f v o n A n f a n g an nur ein entsprechend geringes Vertrauen i n die Beständigkeit der Regelung investieren 1 0 2 . Anders ist zu entscheiden, wenn ein wirtschaftlicher Vorteil ersichtlich u n d deutlich i m H i n b l i c k auf eine bestimmte sozial- oder wirtschaftspolitische Zielsetzung gewährt w u r d e 1 0 3 . D a n n handelt es sich u m ein Gesetz, das erkennbar ein Ziel verfolgt, welches nur erreicht werden kann, wenn die Bürger sich darauf einstellen u n d entsprechend

Situation...., mit dieser Regelung rechnen mußte", so BVerfGE 13,261,272; 18,429,439; 19, 187, 196 (Hervorhebung v. Verf.); deutlich auch BVerfGE 32, 111, 123: „Jedoch kommt es für die Frage, ob der Bürger mit einer Änderung der Rechtslage rechnen mußte, nicht auf die subjektiven Vorstellungen der einzelnen Betroffenen und ihre individuelle Situation an, sondern darauf, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen." Das Gericht führte diese Einschränkung jedoch nicht konsequent durch; bereits in der Entscheidung BVerfGE 22, 330, 347 hatte es auf sie verzichtet; vgl. insoweit auch die Nachweise oben Β III, Fn. 90. 99 Vgl. BGHZ 100, 1, 6f., wo der BGH prüft, ob der zum fraglichen Zeitpunkt bestehenden „rechtlichen Situation" die „Absicht des Gesetzgebers" zu einer bestimmten Regelung entnommen werden konnte; der BGH hebt dabei besonders das Erfordernis „objektiver Betrachtung" hervor. 100 Damit ist auch der Geltungsanspruch des positiven Rechts angesprochen. Durch die Orientierung des Vertrauensschutzes an der gesetzlichen Vertrauensgrundlage wird nicht nur dem Gedanken der Selbstbindung des Gesetzgebers, sondern auch dem in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegten Grundsatz vom Vorrang der förmlichen Gesetze und damit der im Demokratieprinzip des Grundgesetzes angelegten „Präponderanz des Parlaments" (Herzog, in MaunzIDürig, GG Art. 20 I I Rdn. 78, 84, IV Rdn. 35; vgl. dens., Allgemeine Staatslehre, S. 268 ff.) entsprochen, vgl. insoweit auch Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 45 f. Zugleich wird der grundlegenden Erkenntnis Rechnung getragen, daß eine Rechtsordnung, zu deren Zielen die Gewährung von Rechtssicherheit gehört, der Positivierung bedarf, vgl. dazu Coing, Rechtsphilosophie, S. 262; Schreiber, Die Geltung von Rechtsnormen, S. 227; Larenz, Methodenlehre, S. 333, 421. 101

Vgl. oben Α. I. 1. Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 295, führt aus, der Gesetzgeber müsse die Variabilität staatlicher Planung und ihren Rahmen ausdrücklich im Gesetz festhalten, damit sich der Bürger orientieren könne; andernfalls entwickele sich der Planungsbegriff „zu einem Krebsgeschwür, das jede Rechtsstaatlichkeit, ja jede juristische Begrifflichkeit alsbald zerstört". 103 Vgl. Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 208. 102

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4. Teil: Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes

disponieren 10 *. Auch kann sich nach Lage des Einzelfalls die Anregung zu einem bestimmten Investitionsverhalten von einer rechtlich unverbindlichen Empfehlung zu einer Art Garantieversprechen verdichten 105 . Dies bringt eine weitere Steigerung der Vertrauensdichte mit sich. Es bleibt festzuhalten, daß sich das Vertrauen des einzelnen unterschiedlich stark verdichten kann, je nachdem ob und inwieweit er eine Rechtsänderung voraussehen mußte. Insofern kommt es jedoch nicht auf eine allgemeine Voraussehbarkeit an, die sich daraus ergeben kann, daß der Bundestag ein neues Gesetz berät oder daß infolge einer Konjunkturschwäche die öffentlichen Haushalte in finanzielle Schwierigkeiten geraten 106 . Ließe man eine solche allgemeine Vorhersehbarkeit ausreichen, könnte der Staat immer durch entsprechende Vorwarnungen das Vertrauen des einzelnen entwerten 107 . Vertrauensschutz wäre dann letztlich nur noch ein politisch erstrebenswertes Leitziel ohne juristische Durchschlagskraft. Die Voraussehbarkeit eines staatlichen Eingriffs kann grundsätzlich nur dann beachtlich sein, wenn sie sich bereits aus dem Staatsakt ergibt, auf den der Bürger sein Vertrauen stützt. Die Voraussehbarkeit führt zu geringerer Vertrauensdichte und damit potentiell zu einem Weniger an Vertrauensschutz, wenn sie in der jeweiligen Vertrauensgrundlage begründet ist. Der Staat, der eine bestimmte, an den Bürger gerichtete gesetzliche Vertrauensgrundlage schafft, hat es in der Hand, ob und inwieweit er in ihr bereits deutlich macht, daß er eine spätere Änderung oder Aufhebung des Gesetzes nicht ausschließt.

C. Vertrauensbetätigung Das Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes setzt nach herrschender Auffassung 108 weiter voraus, daß der Bürger sein an einer (gesetzlichen) Vertrauens104

Vgl. oben Α. I. 4. Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 35; vgl. oben Α. I. 5. 106 Gerade in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise ist der Bürger in vielen Bereichen darauf angewiesen, daß staatlich gewährte Rechtspositionen, auf deren Fortbestand er vertraut, unangetastet bleiben, vgl. Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 191 f., 204; Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 295: „Der ,öffentliche Finanzbedarf rechtfertigt keine ,verdünnte Vertrauenssicherung'; der Staat muß sich dann eben die Mittel dort beschaffen, wo kein Vertrauen besteht." Einschränkend: BendaIKatzenstein, Sondervotum, in BVerfGE 58, 129, 133. 105

107 Dies übersieht Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 20, wenn er meint, der Staat könne die gesamte Bewegungsweite seiner früheren Ermessensfreiheit nur zurückgewinnen, wenn er zuvor die schutzwürdige Vertrauenslage des Regelungsadressaten beseitige; in dieser Richtung aber auch Mainka, Vertrauensschutz, S. 42: eine wichtige Grenze finde der Vertrauensschutz in der nachträglichen Änderung der Tatsachenlage, die für die Setzung der Vertrauenslage maßgebend war. 108

BVerfGE 3, 4,12; 43, 291, 391; 51, 356, 362f.; 62,117,163f.; 63, 343, 359; 69, 272, 309; 72,175,196; 75,246,280; BVerwGE 68,159,164; Mainka, Vertrauensschutz, S. 32ff.; Stich, Vertrauensschutz, S. 39, 43, 45; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 209;

C. Vertrauensbetätigung

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grundlage ausgerichtetes Vertrauen auch betätigt. Der Vertrauensgrundsatz wird als ein „Rechtsinstitut zum Zwecke des Dispositionsschutzes" 109 bezeichnet. Vertrauensschutz soll seinem Wesen nach nur dann in Betracht kommen können, wenn der Bürger entsprechend disponiert habe 1 1 0 . Das Vertrauen des einzelnen müsse „ins Werk gesetzt" 111 sein, er müsse sich eingerichtet 112 , Investitionen getätigt 113 haben. Vertrauen gewinne „als rechtlich relevanter Faktor überhaupt nur Bedeutung in der nach außen getretenen Manifestation"; der rein innerliche Vorgang, die subjektive Enttäuschung über etwas Erhofftes, aber nicht Eingetretenes sei als Bezugspunkt für die Anknüfung rechtlicher Sanktionen vollkommen unerheblich 114 . Von Verfassungs wegen schutzwürdig sei nur das betätigte Vertrauen, also nur die „Vertrauensinvestition", die zur Erlangung einer Rechtsposition geführt habe 1 1 5 . Denn das verfassungsrechtlich erhebliche Vertrauen werde in dem Zeitpunkt aktualisiert in dem der Bürger aus dem Vertrauen auf das geltende Recht heraus über den Einsatz von finanziellen Mitteln, Zeit, Arbeitskraft etc. disponiere 116 . Die Notwendigkeit des rechtlich relevanten Vertrauensverhaltens als zusätzliches Erfordernis für die Gewährung von Vertrauensschutz rechtfertige sich aus der Überlegung, daß beim Vertrauensschutz die Interessenwahrung des Betroffenen im Vordergrund stehe. Wenn der Betroffene sich aber noch nicht auf den Bestand einer Rechtsposition eingerichtet habe, könne eine Interessenverletzung nicht stattfinden. Der Vertrauensschutz diene nur dazu, Eingriffe abzuwehren 117 . Er werde nur wirksam, wenn der Bürger gewisse Vorkehrungen getroffen habe 118 . Ossenbühl, Rücknahme, S. 88; Wolff Verwaltungsrecht I, §45 I I b 2 (S. 321 f.); Wolff I Bachof Verwaltungsrecht I I I , § 158 Rdn. 27 (S. 365); Papier, in Maunz/Dürig, GG Art. 34 Rdn. 160; Larenz, Richtiges Recht, S. 149. 109 Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 247; vgl. auch Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 139; Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 27; Grabitz, DVB1. 1973, 675, 678, 680; Degenhart, Systemgerechtigkeit, S.45; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 151; Rüberg, Vertrauensschutz, S. I l l ; Frotscher, DVB1. 1976, 281, 284. 110 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 96; Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 296: „Vertrauen ohne konkrete Disposition gibt es nicht." 111 BVerfGE 72, 200, 242; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149, 163; Wagner, M D R 1960, 546, 547; Ipsen, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 11 (1954), S. 129; K. Zeidler, Verh. 44. DJT (1962), Bd. I, 2. Teil, S. 7, 65. 112 Lötz, WiVerw. 1979,1; Henkel, Rechtsphilosophie, S. 438,442; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 162: „Sich-Einstellen", S. 195: „Gewährleistungsobjekt ist die Sicherheit und Beständigkeit des eingerichteten und ausgeübten4 individuellen Lebensplanes." 113 Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 35; Thiele, DÖV 1980, 109, 110. 114 Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 249 Renck, NJW 1970, 737, 740. 115 BVerfGE 75, 246, 280. 116 Aschke, Übergangsregelungen, S. 276. 117 Ossenbühl, Rücknahme, S. 87. 118 Weber-Dürler, Vertrauerisschutz, S. 98, die sich aber letztlich gegen ein starres Festhalten am Erfordernis der Vertrauensbetätigung ausspricht; vgl. auch Wagner, M D R 1960, 546, 547, der die Auffassung vertritt, daß der Grundsatz des Vertrauensschutzes 7 Muckel

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4. Teil: Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes

I. Vertrauensschutz — nicht nur Dispositionsschutz Das Erfordernis einer Vertrauensbetätigung ist im Grundsatz verzichtbar. Vertrauen betrifft zunächst nur eine innere Einstellung des Individuums. Mag das durch konkrete Maßnahmen manifestierte Vertrauen einen willkommenen rechtlichen Anknüpfungspunkt bieten und so die Rechtsfindung erleichtern — zwingend ist diese Einschränkung nicht 1 1 9 . Die Vertrauenslage kann sich im Einzelfall auch ohne Dispositionen aus dem Gang der Ereignisse eindeutig ergeben oder vom Bürger konkret nachgewiesen werden 120 . Ziel des Vertrauensschutzes ist eine (partielle) Bindung des Staates an die von ihm gesetzte Vertrauensgrundlage. Auf ihre normative Aussage verläßt sich auch der Bürger, der noch keine entsprechenden Maßnahmen getroffen hat, aber sie für die nähere Zukunft beabsichtigt. Der Bauherr disponiert zum Beispiel im Hinblick auf die Abschreibungsmöglichkeiten des § 7 b EStG und andere Vergünstigungen des Einkommensteuerrechts erst, wenn er das Haus errichtet und damit etwa der Tatbestand des § 7 b EStG erfüllt ist. Vertrauen in den Bestand des geltenden Rechts hat er jedoch bereits vorher gefaßt: bei der Entscheidung, ob gebaut wird, mit welchen Kosten, in welcher Größe, ob als Ein- oder Zweifamilienhaus usw. 1 2 1 Rechtsänderungen bringen dem Bürger, der noch nicht im Hinblick auf ein bestimmtes Gesetz disponiert hat, den Nachteil, daß er sein Vorhaben nicht realisieren kann. Eine Versagung der Bindungswirkung zwingt ihn zumindest zu einer Umstellung seiner Planungen 122 . Auch würde sein Vertrauen auf die Beständigkeit staatlichen Verhaltens erschüttert. Dies könnte ihn in Zukunft davon abhalten, überhaupt zu disponieren. Dem Grundgedanken rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes, einer Mäßigung der staatlichen Machtausübung durch Selbstbindung, würde dieses Ergebnis nicht gerecht. Fälle, in denen der Bürger sein Vertrauen noch nicht durch bestimmte Dispositionen betätigt hat, können nicht a priori aus dem Anwendungsbereich des Vertrauensschutzes ausgeschlossen werden. Ob das nicht in entsprechenden Maßnahmen manifestierte Vertrauen verfassungsrechtlichen Schutz genießt, muß der Abwägung mit dem staatlichen Änderungsinteresse vorbehalten bleiben. Das „ins Werk gesetzte" Vertrauen wird dabei allerdings regelmäßig ein größeres Gewicht haben als ein nicht nicht das Vertrauen als solches, sondern immer nur die Vermögensposition schütze, die der Begünstigte auf Grund des Vertrauens erworben habe; zur Beschränkung des Vertrauensschutzes auf Vermögensdispositionen unten II. 119 So im Ergebnis auch BVerwGE 13, 28, 33; 48, 87, 93; Degenhart, Systemgerechtigkeit , S. 89 Fn. 482; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 97 f. 120 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 97. 121 Beispiel von Aschke, Übergangsregelungen, S. 276. 122 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 98, meint dagegen, daß der Bürger keine auszugleichenden Nachteile erlitten habe, wenn er keine Vorkehrungen getroffen habe.

C. Vertrauensbetätigung

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entsprechend betätigtes Vertrauen 123 . Sobald bedeutende öffentliche Interessen gegen die Bindung an die Vertrauensgrundlage sprechen, hat das bloße Vertrauen des Bürgers keine Chance. Umgekehrt ist theoretisch ein Vertrauensschutz ohne Vertrauensbetätigung denkbar, wenn der Staat das Vertrauen des einzelnen ohne stichhaltige Gründe enttäuscht 124 . Die Betätigung des gefaßten Vertrauens ist keine notwendige Bedingung des Vertrauensschutzes. Sie ist aber geeignet, die Position des Bürgers in der Abwägung mit dem staatlichen Änderungsinteresse zu stärken. II. Keine Beschränkung des Vertrauensschutzes auf Vermögensdispositionen Der Bürger kann sich in vielfaltiger Weise auf die staatlich geschaffene Vertrauensgrundlage einstellen und so sein Vertrauen in ihren Bestand betätigen. Er kann Dispositionen jedweder Art treffen. Eine Beschränkung des Vertrauensschutzes auf Vermögensdispositionen läßt sich nicht schlüssig begründen 125 . Mainka hat dargelegt, daß kein Anlaß besteht, das Anwendungsfeld des Vertrauensschutzes derart einzugrenzen. Als typisches Beispiel einer grundsätzlich schutzwürdigen, aber durchaus nicht Vermögenswerten Disposition nennt er die Vorbereitung auf ein Examen nach einer gegenwärtig geltenden Prüfungsordnung 126 . Als Vertrauensbetätigung reicht jede Tätigkeit aus, die eine rechtliche Veränderung bewirkt 1 2 7 . Der einzelne beginnt zum Beispiel ein Unternehmen, macht Aufwendungen oder gibt eine vorteilhafte Rechtsstellung auf 1 2 8 . Auch ein Unterlassen kann sich als Vertrauensbetätigung darstellen 129 . Der Bürger kann beispielsweise auf die Ausübung gewisser Befugnisse verzichten, er kann Verlustrealisationen, die ein Mehreinkommen steuerlich kompensieren würden, unterlassen, er kann die private Altersvorsorge vernachlässigen 130. 123 124

Vgl. Degenhart, Systemgerechtigkeit, S. 89 Fn. 482. Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 98, 101 f.; Mainka, Vertrauensschutz,

S. 35. 125 Für eine solche Beschränkung aber Kriele, DÖV 1967 531, 532; Wagner, M D R 1960, 546, 547; Randelzhof er JZ 1973, 536, 543 f. 126 Mainka, Vertrauensschutz, S. 33; ihm zustimmend: Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 223 f.; vgl. auch BVerfGE 62,117,163, wo das Gericht die Aufnahme eines sog. Parkstudiums ausdrücklich als unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zu beachtende Disposition bezeichnet; siehe ferner BVerfGE 13,39,46 („insbesondere Vermögensdispositionen"); 30, 367, 389 („Entscheidungen und Dispositionen"); BVerfGE 75, 241, 281 (Berufsausübung als „Vertrauensinvestition"). 127 Ossenbühl, Rücknahme, S. 89. 128 Beispiele von Ossenbühl, Rücknahme, S. 89. 129 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 101. 130 Beispiele von Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 101; in diesem Zusammenhang kann auf den vom BSG entwickelten sog. Herstellungsanspruch (vgl. nur BSGE 51, 89, 94ff.; 57, 288, 290) hingewiesen werden, der dem Bürger bei unvollständiger oder falscher 7*

100

4. Teil: Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes

I I I . Die Beziehung zwischen Vertrauensbetätigung und Vertrauensgrundlage — kein isolierter Dispositionsschutz Fraglich ist, in welchem Zusammenhang die Vertrauensbetätigung des Bürgers zu dem von ihm gefaßten Bestandsvertrauen und der gesetzlichen Vertrauensgrundlage stehen muß, um verfassungsrechtlich relevant werden zu können. 1. Das Kausalitätskriterium

Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung kann von einer Vertrauensbetätigung nur dann gesprochen werden, wenn ein Kausalzusammenhang zwischen Vertrauen und Disposition besteht 131 . Denn der Bürger hätte sich anders verhalten, wenn er nicht vertraut hätte 1 3 2 . Schwierigkeiten ergeben sich dann aber bei der Feststellung des Kausalzusammenhangs. Unzweifelhaft fehlt die Kausalität nur dann, wenn die betreffende Disposition vor der Entstehung der möglichen Vertrauensgrundlage getätigt wurde. Im übrigen können Unsicherheiten nicht ausgeräumt werden 133 . Die Behauptung des Betroffenen, es habe ein Kausalzusammenhang zwischen der von ihm getätigten Disposition und einem in die Vertrauensgrundlage gesetzten Vertrauen bestanden, dürfte kaum zu widerlegen sein 134 . Kausalität zwischen Vertrauen und Disposition besteht auch dann, wenn das Vertrauen auf einem falschen Verständnis der Vertrauensgrundlage beruht. Selbst Dispositionen, die sich letztlich als rechtswidrig erweisen und so gerade im Widerspruch zu der gesetzlichen Vertrauensgrundlage stehen, können einen Vertrauenstatbestand begründen, wenn man allein danach fragt, ob das persönliche Vertrauen für sie ursächlich war. Das Kausalitätskriterium erweist sich daher nicht als ausreichender Maßstab zur näheren Bestimmung verfassungsrechtlich relevanter Dispositionen. Es ist vielmehr erforderlich, den Blick auf die Vertrauensgrundlage zu richten. Die Frage, welche Dispositionen verfassungsrechtlichen Schutz genießen, kann nur beantwortet werden, wenn das Gesetz, auf dessen Bestand der einzelne vertraut, in die Untersuchung einbezogen wird..

Beratung durch die Behörde Entschädigung dafür gewährt, daß er es unterlassen hat, finanziell günstige Anträge zu stellen; vgl. auch Brugger, AöR Bd. 112 (1987), S. 389, 393, unter Hinweis auf BSGE 32, 60, 64. 131 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 102; Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 74; Kochj Kohlrust, BB 1962, 649, 654; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 198; vgl. auch Arndt, Rechtsprechungsänderung, S. 84. 132 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 102; vgl. auch Kisker, Rückwirkung, S. 91 f. 133 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 103. 134 y g i Arndt, Rechtsprechungsänderung, S. 84.

C. Vertrauensbetätigung

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2. Die besondere Bedeutung gesetzlich intendierter Dispositionen

Die Dichte des persönlichen Vertrauens und sein Gewicht in der erforderlichen Interessenabwägung werden maßgeblich bestimmt durch die Ausgestaltung der jeweiligen Vertrauensgrundlage 135. Dies entspricht der Zielsetzung des Vertrauensschutzes zur Selbstbindung des Staates an seine eigenen Handlungen. Eine private Disposition verdient besondere Berücksichtigung, wenn sie durch die Vertrauensgrundlage veranlaßt worden ist. Ob eine Vertrauensbetätigung schutzwürdig ist, hängt maßgeblich davon ab, welcher Art die Veranlassung 136 war 1 3 7 . Entscheidend ist insofern die Ausgestaltung der Vertrauensgrundlage. Eine Disposition, die aufgrund eines Gesetzes getätigt wird, das private Investitionen zwar ermöglicht, aber nicht fördert 1 3 8 , beruht nicht auf staatlicher Veranlassung, sondern auf dem persönlichen Entschluß des einzelnen. Der Bürger nutzt die gesetzliche Regelung aus eigenem Antrieb zu seinem privaten Vorteil 1 3 9 . Gesetzlich veranlaßt sind dagegen Dispositionen, die auf einem Gesetz beruhen, das den Bürger zu entsprechenden Dispositionen anhält 1 4 0 . Eine solche Regelung bezweckt private Maßnahmen, um einen weitergehenden, staatlich erwünschten Erfolg zu erzielen. Im Einzelfall ist zu untersuchen, ob und inwieweit die getroffenen Dispositionen durch die Vertrauensgrundlage veranlaßt worden sind 1 4 1 . Für die Beantwortung dieser Frage kann zwischen solchen Dispositionen, die von der jeweiligen Vertrauensgrundlage intendiert sind, und solchen, die ohne eine finale Beziehung nur ermöglicht worden sind, unterschieden werden. Dispositionen der letztgenannten Art können als „Spekulation" bezeichnet werden. Hieran anknüpfend kann zwischen intendierten und spekulativen Dispositionen diffe-

135

Vgl. oben B. III. Stich, Vertrauensschutz, S. 37f., nimmt auf das von Westermann, Sachenrecht, S. 221 ff., 223, entwickelte sog. Veranlassungsprinzip Bezug, das im Rahmen der §§ 932ff. BGB das Rechtsscheinsprinzip ergänzen und korrigieren soll. 137 Vgl. Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 199; Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 83 ff.; Aschke, Übergangsregelungen, S. 44ff., der entscheidend darauf abstellt, ob die Dispositionen „gesetzlich präformiert" waren; auch Ossenbühl, Rücknahme, S. 588, stellt maßgeblich auf die Vertrauensgrundlage ab, wenn er ein Verhalten nur dann für relevant hält, wenn es „kausal mit dem Erlaß des Verwaltungsaktes zusammenhängt und rechtlich bedeutsam ist". 136

138

Oben Α. I. 3. Vgl. Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 84. 140 Vgl. oben Α. I. 4. 141 Vgl. BVerfGE 13, 39, 45 f.; 30, 367, 389, wo das Gericht für eine Anwendung des rechtsstaatlichen Grundsatzes des Vertrauensschutzes fordert, daß die gesetzliche Regelung generell geeignet ist, „aus dem Vertrauen auf ihr Fortbestehen heraus Entscheidungen und Dispositionen herbeizuführen oder zu beeinflussen, die sich bei Änderung der Rechtslage als nachteiligerweisen". BGH NJW 1986,991,992, knüpft das Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes an die Voraussetzung, daß „die öffentliche Hand ... zu Investitionen, ..., veranlaßt" hat. 139

102

4. Teil: Voraussetzungen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes

renziert werden 142 . Diese Unterscheidung ist in der Praxis allerdings nicht immer leicht zu treffen. Sie kann nicht allein anhand des vom Gesetzgeber verfolgten Zwecks vorgenommen werden. Es ist denkbar, daß ein Gesetz einen objektiven Sachzwang entfaltet, der sich nicht mit den subjektiven Lenkungszielen des Gesetzgebers deckt. Der Staatsbürger kann objektiv auf diese Weise zu bestimmten Dispositionen genötigt sein, auf die es dem Staat nicht in erster Linie ankommt 1 4 3 . Das auf eine gesetzliche Vertrauensgrundlage gestützte Vertrauen kann nur an deren objektive Aussage anknüpfen, nicht dagegen an den subjektiv anders gerichteten Willen des Gesetzgebers. Zur Abgrenzung von intendierten und spekulativen Dispositionen kann folgendes Beispiel angeführt werden: Der Staat gestaltet in einem bestimmten Wirtschaftsbereich durch planvolle Subventionsleistungen die Marktsituation derart um, daß die betroffenen Wirtschaftssubjekte zu bestimmten (Um-) Dispositionen innerhalb ihrer Betriebe (ζ. B. Spezialisierungen, Investitionen, Rationalisierungsmaßnahmen) angehalten werden. Mittelbar dadurch kann aber auch die Marktlage in einem anderen Bereich beeinflußt werden und können andere Unternehmer (ζ. B. der Investitionsgüterindustrie) ebenfalls zu bestimmten Dispositionen veranlaßt werden. Kann man bei den Dispositionen der ersten Gruppe noch von intendierten Dispositionen sprechen, so haben diejenigen der zweiten Gruppe spekulativen Charakter 144 . Die besondere Berücksichtigung staatlich intendierter Dispositionen bedeutet nicht, daß alle anderen Formen der Vertrauensbetätigung vom Schutz des Vertrauensgrundsatzes ausgenommen sind. Auch sie sind geeignet, einen Vertrauenstatbestand zu begründen. Gb dieser vom Gesetzgeber zu beachten ist, hängt davon ab, welche Bedeutung das staatliche Interesse an einer Änderung des gegenwärtigen Rechtszustandes hat. Entscheidend ist in jedem Fall die Abwägung der widerstreitenden Interessen. Im Rahmen dieser Abwägung spricht aber dann vieles dafür, daß in Fällen gesetzesintendierter Vertrauensbetätigung das staatliche Änderungsinteresse zurücktreten muß, weil es, wie Stern formuliert, „auf über bloße Chancenausnutzung hinausgehende, durch besondere, namentlich gesetzlich initiierte, Aufwendungen oder Einrichtungen verfestigte Rechtspositionen stößt" 1 4 5 .

142

Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts S. 79 (in Anlehnung an Gygi, Planung II, S. 113,137f.), 219, 220 Fn. 172, wo diese Differenzierung als Grundlage eines allgemeinen Grundsatzes des Dispositionsschutzes bezeichnet wird; vgl. ferner Ossenbühl, Verh. 50. DJT (1974), Gutachten B, S. 202; Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, S. 110; Papier, in MaunzIDürig, GG Art. 34 Rdn. 160. 143 Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 80. 144 Beispiel von Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 80. 145 Stern, Festschrift für Maunz, S. 381, 392; vgl. die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Bestimmung von Inhalt und Schranken der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG: „Interessen, Chancen und Verdienstmöglichkeiten werden durch Art. 14 GG nicht geschützt." (BVerfGE 74, 129, 148 m.w. N.)

D. Ergebnis

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D. Ergebnis Das Vorliegen eines — rechtsstaatlichen — Vertrauenstatbestandes setzt voraus, daß das persönliche Vertrauen des einzelnen auf einer staatlich geschaffenen Vertrauensgrundlage basiert. Eine gesetzliche Vertrauensgrundlage kann ganz unterschiedlich ausgestaltet sein. Die konkrete Ausgestaltung der Vertrauensgrundlage ist entscheidend dafür, welche Intensität das Vertrauen des einzelnen haben kann (Vertrauensdichte). Keine zwingende Voraussetzung eines Vertrauenstatbestandes ist die Manifestation des gefaßten Vertrauens durch entsprechende Dispositionen. Jedoch gewinnt das Vertrauen des einzelnen durch eine solche Vertrauensbetätigung in der Abwägung mit dem Interesse des Gesetzgebers an einer Änderung des Rechtszustandes an Gewicht, insbesondere wenn es sich um Dispositionen handelt, die durch die gesetzliche Vertrauensgrundlage intendiert sind.

Fünfter

Teil

Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens A. Die Notwendigkeit einer Interessenabwägung Das Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes allein sagt noch nichts darüber aus, ob der Staat von Verfassungs wegen dazu angehalten ist, ihn zu beachten. Der Gesetzgeber kann Gründe haben, sich entgegen den Erwartungen der Bürger zu verhalten. Dabei wird er regelmä Big bestimmte öffentliche Interessen verfolgen. Diese können im konkreten Fall so bedeutend sein, daß ihre Verwirklichung nicht am Vertrauensschutz scheitern darf. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht nicht so weit, dem Bürger jegliche Enttäuschung zu ersparen 1. Das subjektiv-öffentliche Recht des einzelnen auf Vertrauensschutz steht unter einem Vorbehalt des überwiegenden öffentlichen Interesses 2. Die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates zur Beachtung individueller Vertrauenstatbestände besteht nur, wenn er nicht höherrangige Interessen verfolgt, die den Schutz des persönlichen Vertrauens zurücktreten lassen. Im Einzelfall ist daher immer eine Interessenabwägung vorzunehmen 3. Das Abwägungsgebot richtet sich primär an die staatlichen Organe, die in Vertrauenstatbestände der Bürger eingreifen, insbesondere an den Gesetzgeber. Ihm obliegt es, das Gewicht der widerstreitenden Interessen und Rechtsgrundsätze abzuwägen und zu entscheiden, welcher Seite der Vorzug gegeben werden soll 4 . Hilfsweise und ergänzend nimmt die Rechtsprechung diese Aufgabe wahr 5 .

1 So die bereits oben Dritter Teil, A I, angeführte Formulierung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. die Nachweise dort Fn. 16. 2 Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 112; Kimminich, JuS 1965, 249, 254; Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S, 78; Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 279; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 192; Kriele, DÖV 1967,531,536. 3 Vgl. BVerfGE 14,288,300; 24,220,230; 25,142,154; 59,128,166; 64,87,104; 72,200, 258; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 8 f.; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 223, 247; Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 47; Lötz, WiVerw. 1979, l f . ; Kisker, Rückwirkung, S. 3. 4 Vgl. BVerfGE 15, 313, 319; BVerwG GewArch. 1977, 264 (Ls. 2); Lötz, WiVerw. 1979, 1, 12f., 14; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 169. 5 Lötz, WiVerw. 1979, 1, 12, 14.

Β. Herstellung praktischer Konkordanz

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Β. Herstellung praktischer Konkordanz Bei staatlichen Eingriffen in Vertrauenstatbestände treffen konträre Interessen besonders deutlich aufeinander. Die staatlichen Organe sind zur Verwirklichung der von ihnen verfolgten öffentlichen Interessen auf die Flexibilität der Rechts- und Sozialordnung angewiesen6. Dem steht das Interesse des einzelnen an Stabilität und Kontinuität des Staatshandelns gegenüber 7. M i t diesem Interessenkonflikt geht eine Kollision fundamentaler Verfassungsprinzipien einher: „auf der einen Seite die Rechtssicherheit, hinter der letztlich der Freiheitswert steht — denn Verläßlichkeit der Rechtsordnung ist wesentliche Voraussetzung für Freiheit, das heißt die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug —; auf der anderen Seite die unabdingbare Notwendigkeit, die Rechtsordnung ändern, etwa Konjunkturpolitik, Sozialpolitik, Bildungspolitik, Gesellschaftspolitik betreiben zu können, um den Staat handlungsfähig gegenüber dem unvermeidlichen oder politisch gezielt gewollten Wandel der Lebensverhältnisse zu erhalten" 8 . Hier zeigt sich das in der Formel vom „sozialen Rechtsstaat" angelegte Verfassungsgebot zu ständiger Balance, zur Konkordanz von Rechts- und Sozialstaatsprinzip und zur Auflösung etwaiger Antinomien 9 . Der Ausgleich zwischen möglichen Spannungen, die daraus resultieren können, daß der Rechtsstaat10 vorzugsweise auf Erhaltung bestehender Rechtspositionen abstellt 11 , während der Sozialstaat 6

Vgl. BVerfGE 63, 312, 331; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149,171 ff.; Lange, WiVerw. 1979, 15; zur Notwendigkeit gesetzgeberischer Flexibilität im Bereich des Sozialrechts: Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 61 ff., 195 f. 7 Vgl. Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 10 f., 13, 162, 176; Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 27: Vertrauensschutz als „Gegenprinzip der Staatsgewalt"; ders., Staatshaftungsrecht, S. 184. 8 BVerfGE 63,343,357, unter Bezugnahme auf BVerfGE 60,253,260; vgl. auch Bauer, NVwZ 1984, 220, 222. 9

Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 922; vgl. auch Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 26; Kisker, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 149,171; Menger, in BK Art. 19 Abs. 1 S. 1 Rdn. 50; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn. 212 ff.; Herzog, in Maunz ! Dürig, GG Art. 20 V I I I Rdn. 31; Zacher, in Isensee/ Kirchhof \ Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, §25 Rdn. 96f., der den Vertrauensschutz als rechtsstaatliches Prinzip bezeichnet, das eine Selbstverständlichkeit auch des Sozialen sei. 10 Insbesondere im Bereich der Verwaltungstätigkeit kann die Frage nach dem Vertrauensschutz auch zu einer Kollision der beiden rechtsstaatlichen Prinzipien der Gesetzmäßigkeit und der Rechtssicherheit führen; insoweit sprechen manche Autoren von einem „Familienstreit innerhalb des Rechtsstaatsprinzips", so Zacher, Diskussionsvotum, in Verh. 45. DJT (1964) Bd. II, Η 84; Ossenbühl, Rücknahme, S. 156; Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 210; vgl. auch Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 424: „In-sich-Konflikt öffentlicher Interessen"; Lötz, WiVerw. 1979, 1, 12; Lange, WiVerw. 1979, 15; K. Schmidt, DÖV 1972, 36, 38. 11

Vgl. Forsthoff VVDStRL Heft 12 (1954), S. 8, 18, der betont, daß die rechtsstaatliche Verfassung grundsätzlich eine gewährleistende Verfassung und als solche in hohem Maße an den gesellschaftlichen status quo gebunden ist.

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5. Teil: Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens

eher zu einer dynamischen Umgestaltung auch unter Einwirkung auf bestehende Rechtspositionen drängt, wird zu den vom Grundgesetz gestellten innenpolitischen Hauptaufgaben gezählt 12 . Juristisch besteht die mit der Abwägung der gegenläufigen Interessen und Verfassungsprinzipien gestellte Aufgabe darin, praktische Konkordanz 13 herzustellen. Sie verbietet eine vorschnelle Güterabwägung 14 , bei der ein Rechtsgut auf Kosten eines anderen den Vorzug erhält. Das Prinzip der Einheit der Verfassung stellt vielmehr, wie Hesse hervorhebt, die Aufgabe einer Optimierung: „beiden Gütern müssen Grenzen gezogen werden, damit beide zu optimaler Wirksamkeit gelangen können" 1 5 . Das Gebot zur Herstellung praktischer Konkordanz besteht bei allen Eingriffen in bestehende Vertrauenspositionen — unabhängig vom jeweiligen verfassungsrechtlichen Fundament des Vertrauensgedankens. Immer wenn der einzelne auf den Fortbestand einer bestimmten Rechtsposition vertraut, kollidiert sein Bestandsinteresse mit dem staatlichen Änderungsinteresse, so daß ein Ausgleich gefunden werden muß. Insofern ergibt sich kein Unterschied daraus, ob der Bürger sich zur Durchsetzung seines Bestandsinteresses auf Grundrechte oder auf das Rechtsstaatsprinzip beruft. In jedem Fall muß ein angemessener Ausgleich gefunden werden.

C. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als grundlegende Leitlinie der Interessenabwägung Eine wichtige Orientierungshilfe bietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 1 6 . Darüber, welche Lösung im Einzelfall verhältnismäßig ist, sagt das Prinzip der praktischen Konkordanz nichts, es weist als in der Verfassung 12

Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 923; vgl. dens., Zur Verfassungstreue der Beamten, S. 35; das Gebot der Güter- und Interessenabwägung kann daher als ein verfassungsimmanentes Prinzip bezeichnet werden, so Häberle, Wesensgehaltgarantie, S. 31; vgl. auch dens Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 424; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 114f.; Lötz, WiVerw. 1979, 1, 14. 13

Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn. 72. Zurückhaltend gegenüber Güterabwägungen auch F. Müller, Normstruktur und Normativität, S. 208 ff. Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 129, 224; Leisner, Grundrechte und Privatrecht, S. 391 mit Fn. 214 a, 393f.; v. Münch, in ders., G G Vorb. Art. 1 — 19 Rdn. 47, meint dagegen, die Warnung Hesses vor vorschneller Güterabwägung sei lediglich in bezug auf „vorschnell" berechtigt, um eine Güterabwägung komme man bei der Lösung verfassungsrechtlicher Kollisionslagen nicht herum. 14

15 Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn. 72 (Hervorhebung im Original); vgl. auch Larenz, Methodenlehre, S. 459, der für das Verhältnis des Vertrauensprinzips zu anderen zivilrechtlichen Grundsätzen feststellt: „Das ,Zusammenspier der Prinzipien bedeutet, daß sie sich im Ganzen einer Regelung nicht nur ergänzen, sondern auch wechselseitig einschränken." 16 Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn. 72, vgl. auch Rüfner, Festgabe BVerfG, Bd. II, S. 453, 467.

C. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

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enthaltene und darum verbindliche Direktive lediglich die Richtung und bestimmt das Verfahren, in dem eine verfassungsmäßige Lösung zu suchen ist 1 7 . Es stellt sich die Frage, wie in Fällen staatlicher Eingriffe in bestehende Vertrauenstatbestände ein am Verhältnismäßigkeitsprinzip 18 orientierter Ausgleich gefunden werden kann. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 19 gilt für jedwedes staatliches Handeln 20 und zeigt ihm zwingende Leitregeln auf 2 1 . Generell enthält er ein Gebot allgemeinen Maßhaltens, einer vernunftgemäßen Zweck-Mittel-Relation. Konkret verlangt er, daß das eingesetzte Mittel zur Zweckerreichung geeignet und erforderlich ist und Mittel und Zweck in einem angemessenen Verhältnis stehen22. Eine staatliche Maßnahme, die in bestehende — grundrechtliche 23 oder rechtsstaatliche — Vertrauenspositionen 24 eingreift, muß demgemäß zunächst geeignet sein, den mit ihr verfolgten Zweck zu erreichen. Weiterhin darf kein gleich wirksames oder milderes Mittel zur Verfügung stehen25. Schließlich muß der Eingriff verhältnismäßig (im engeren Sinne) sein. Insoweit ist zu prüfen, ob die staatliche Maßnahme außer Verhältnis zu den mit ihr verbundenen Nachteilen steht. Dazu sind Zweck und Mittel in ihrer Relation gegeneinander abzuwägen26. Für Eingriffe in individuelle Vertrauenspositionen ergibt sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgebot ein „Prinzip der größtmöglichen Schonung eines einmal erworbenen Besitzstandes"27. 17

Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn. 72. Deutlich auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rekurrieren in Fragen des Vertrauensschutzes BVerfGE 59,128,166; Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 269 Fn. 51, 273 f.; kritisch hingegen Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 195f. 18

19 Zur Terminologie Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 861 f., der als Oberbegriff die Bezeichnung „Übermaßverbot" vorzieht, aber, ebenda Fn. 610, einräumt, daß die Bezeichnung „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit" herrschend ist. 20 Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 862 (mit umfangreichen Nachweisen). 21 BVerfGE 23, 127, 133; 38, 348, 368; Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 861. 22 Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 863; vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: BVerfGE 74, 203, 214f. 23 Daß das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei Grundrechtseingriffen stets zu beachten ist, ergibt sich „bereits aus dem Wesen der Grundrechte selbst", so BVerfGE 19, 342, 349; zustimmend: Schnapp, in v. Münch, GG Art. 20 Rdn. 27 (m.w. N.). 24 Zur Unterscheidung von grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauenspositionen vgl. oben Zweiter Teil, D. III. 25 Zum Gedanken der Erforderlichkeit bei Kontinuitätsbrüchen: Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 273 mit Fn. 69; Grabitz, DVB1. 1973, 675, 683. 26 Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 866 (m.w. N.). 27 BVerfGE 25,236,255; vgl. SteinbergerI Böckenförde, Sondervotum, in BVerfGE 67, 21, 23; Stern, Staatsrecht, Bd. 1, S. 64; die Pflicht zur Schaffung einer angemessenen Übergangsregelung ergibt sich jedoch — entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 21,173,183; 25,236,255; 32,1,22 f.; 36,281,293; 43,242,288; 67, 1, 14) — nicht aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, sondern aus dem rechtsstaatlichen

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5. Teil: Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens

D. Besondere Leitlinien für den Ausgleich der widerstreitenden Interessen bei staatlichen Eingriffen in Vertrauenstatbestände Ausgehend vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit können Leitlinien aufgezeigt werden, die bei gesetzlichen Eingriffen in Vertrauenstatbestände für die Grenzziehung der kollidierenden Interessen und Verfassungsprinzipien richtungsweisend sein können. Dabei sind insbesondere zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Ausgangspunkt und Ziel des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes ist die Selbstbindung des Staates an seine eigenen Handlungen. Ob und inwieweit der Staat gebunden ist, muß davon abhängen, in welcher Form er den Bürger dazu angehalten hat, Vertrauen in die Beständigkeit des Staatshandelns zu fassen und entsprechend zu disponieren. Bei der Suche nach einem angemessenen Ausgleich von staatlichem Änderungs- und privatem Bestandsinteresse ist davon auszugehen, daß der Staat nur in dem Maße an sein früheres Handeln gebunden sein kann, in dem er das Vertrauen des Bürgers erweckt und ihn zu Dispositionen angehalten hat (dazu unten I.). In engem Zusammenhang damit kann ferner (unten II.) festgestellt werden, daß bei Gesetzesänderungen das Instrument der Übergangsregelung eine geradezu beispielhafte Möglichkeit darstellt, den widerstreitenden Interessen durch gegenseitige Begrenzung zu optimaler Wirksamkeit zu verhelfen. Die Einfügung einer Übergangsregelung bietet in vielen Fällen die Grundlage dafür, einen für beide Seiten tragbaren Ausgleich zu erzielen. I. Die Ausgestaltung der Vertrauensgrundlage als Maßstab der staatlichen Bindung Der Gedanke des Vertrauensschutzes beruht, wie dargelegt 28 , auf dem Gedanken der Bindung des Staates an vorangegangenes Tun. Der Staat schafft eine (gesetzliche) Vertrauensgrundlage, die den Bürger zu bestimmten Erwartungen und u. U. konkreten Maßnahmen veranlaßt. Die Vertrauensgrundlage kann dabei ganz unterschiedlich ausgestaltet sein und den Bürger mehr oder weniger zu bestimmten Maßnahmen anregen. 1. Der Vorrang des privaten Bestandsinteresses bei staatlich veranlaßtem Vertrauen und gesetzesintendierten Dispositionen

Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit, den Bürger zu bestimmten Dispositionen anzuregen. Er kann ihn rechtlich zu bestimmten Investitionen zwingen. Gleichzeitig oder alternativ kann er zum Ausdruck bringen, daß er die privaten Dispositionen nicht entwerten werde (Sicherungsversprechen). Er kann sich aber auch darauf beschränken, den Bürger durch wirtschaftliche Anreize zu Grundsatz des Vertrauensschutzes bzw. dem jeweils betroffenen Grundrecht, vgl. BendajKatzenstein, Sondervotum, in BVerfGE 58, 129, 136; eingehend unten II. 28 Vgl. oben Erster Teil, B. III.

D. Leitlinien bei staatlichen Eingriffen in Vertrauenstatbestände

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bestimmten als wünschenswert geltenden Maßnahmen anzuhalten 29 . In derartigen Fällen hat der Staat das Vertrauen des einzelnen gezielt erweckt. Es liegen staatlich intendierte Dispositionen vor, die dadurch gekennzeichnet sind, daß sie durch den Staat oder eines seiner Organe veranlaßt worden sind. Da diese Veranlassung gerade von der gesetzlichen Vertrauensgrundlage ausgeht, muß der Gesetzgeber sich an ihrem Regelungsgehalt festhalten lassen. Der Gesetzgeber will durch die gesetzliche Veranlassung privaten Handelns ein bestimmtes öffentliches Interesse verwirklichen. Der Bürger, der der gesetzlichen Aufforderung zur Vornahme bestimmter Dispositionen nachkommt, verhält sich konform mit diesem Allgemeininteresse. Er macht sich das vom Gesetzgeber verfolgte Interesse zu eigen. Der einzelne kann sich daher in Fällen staatlicher Vertrauensveranlassung nicht nur auf sein privates Bestandsinteresse, sondern auch auf das in der gesetzlichen Vertrauensgrundlage verkörperte Allgemeininteresse berufen. Das Interesse des Gesetzgebers an einer Änderung des Rechtszustandes muß sich nicht nur an dem persönlichen Vertrauen des Bürgers, sondern auch an dem öffentlichen Interesse, das hinter dem Erlaß der Vertrauensgrundlage stand, messen lassen. Diese Interessenlage zeichnet sich um so deutlicher ab, je präziser die Aufforderung zu Dispositionen nach Ziel und Zeitmaß normativ artikuliert war und je intensiver die staatliche Einflußnahme auf die Entschlußfreiheit des einzelnen wirkte 3 0 . Das gesetzlich veranlaßte private Vertrauen und seine Betätigung haben in der Abwägung mit dem staatlichen Änderungsinteresse ein erhebliches Gewicht. Das öffentliche Interesse an einem alsbaldigen Eingriff in den status quo muß grundsätzlich zurücktreten. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, daß staatliche Änderungsbelange auch in Fällen gesetzesintendierter Dispositionen ein Übergewicht haben können. Ein aprioristischer Automatismus verbietet sich 31 . Entscheidend ist immer, wie intensiv die gesetzliche VertrauensVeranlassung (Rechtszwang, Sicherungsversprechen oder nur gezielte Anreize) war. Je weniger Entscheidungsfreiheit dem einzelnen bei seinen Dispositionen blieb und je mehr er in der Folgezeit die von der gesetzlichen Regelung verfolgten öffentlichen Interessen wahrnimmt, um so schwerer wiegt das Vertrauen, das er in den Bestand der Regelung gefaßt hat. 2. Das private Risiko der Entwertung spekulativer Dispositionen

Auch wenn der Gesetzgeber das Vertrauen des einzelnen nicht gezielt erweckt und ihn nicht zu entsprechenden Dispositionen angehalten hat, kann der Bürger 29

Vgl. oben Vierter Teil, Α. I. 4. Vgl. Ipsen, Planung II, S. 63, 111. 31 Nach Auffassung von Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 295, müssen „Ausnahmen zum Schutz ,überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter 4 ... in engsten Grenzen" gehalten werden. 30

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5. Teil: Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens

Vertrauen in die Stabilität des bestehenden Rechtszustandes gefaßt haben. Bei der Suche nach einem schonenden Ausgleich sind dieses Vertrauen und seine Betätigung nicht in jedem Falle nachrangig gegenüber dem staatlichen Änderungsinteresse. Allerdings können in den Fällen, in denen der einzelne auf den Bestand oder die Kontinuität staatlicher Maßnahmen vertraut, ohne hierzu vom Staat veranlaßt zu sein, das Vertrauen des Bürgers wie auch die getätigten Dispositionen lediglich spekulativer Natur sein 32 . Bei gesetzlich veranlaßtem Vertrauen und staatlich intendierten Dispositionen trägt, wie dargelegt, grundsätzlich der Gesetzgeber das Risiko, nachträglich eine Rechtsposition nicht oder jedenfalls nicht sogleich und in vollem Umfang aufheben zu können. In seine Risikosphäre fallen weiterhin Unklarheiten der Vertrauensgrundlage, etwa die Beseitigung eines „offenen Bewertungsvakuums" 3 3 oder eines anderen Fehlers im Gesetz 34 . Hat der Gesetzgeber dagegen den einzelnen nicht zu bestimmten Maßnahmen veranlaßt, liegt das Änderungsrisiko 35 grundsätzlich beim Bürger. Er kann dieses Risiko nicht auf den Staat abwälzen, indem er geltend macht, auf den Bestand der Vertrauensgrundlage vertraut zu haben 36 . Eine gesetzliche Veranlassung fehlt zum Beispiel, wenn der Gesetzgeber eine erkennbar nur vorläufige Regelung trifft 3 7 . Dann kann bei einer Rechtsänderung im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zugunsten des Bürgers keine hohe Vertrauensdichte ins Gewicht fallen. Die Aussicht, daß der Gesetzgeber eine gleichlautende oder ähnliche Regelung erläßt und entsprechende Dispositionen sich auszahlen könnten, war von Anfang an gering 38 . Daher haben gemeinwohlorientierte Änderungsinteressen des Staates in solchen Fällen regelmäßig den Vorrang gegenüber dem privaten Bestandsinteresse. Ähnlich müssen die Fälle beurteilt werden, in denen der Bürger eine Ausnahmeregelung oder eine systemwidrige Vorschrift 39 bewußt zu seinem Vorteil ausnutzt. Auch eine solche Vertrauensgrundlage kann nicht zu einer hohen Vertrauensdichte führen, die bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen zugunsten des Bürgers ins Gewicht fallen könnte. Der Gesetzgeber ist zum Beispiel nicht gehindert, sozialpolitische 32

Vgl.dazu oben Vierter Teil, C. III. 2. Klein ! Barbey, Bundesverfassungsgericht und Rückwirkung von Gesetzen, S. 88. 34 Vgl. Selmer, Steuer-Kongreß-Report 1974, S. 83, 103; zustimmend: IliopoulosStrangas, Rückwirkung, S. 303. 35 Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 179; Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 84. 36 Vgl. Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 269 Fn. 51. 37 Vgl. dazu oben Vierter Teil, Α. I. 1. 38 Vgl. Timm, Eigentumsgarantie und Zeitablauf, S. 54, die einen „Totalentzug" eigentumsrechtlicher Positionen im Wege der Inhaltsbestimmung nur ausnahmsweise dann für zulässig hält, wenn aufgrund entsprechender Gesetze von vornherein mit dem Eingriff zu rechnen war, ζ. B. wegen eines Vorbehaltes. 39 Vgl.dazu oben Vierter Teil, Α. I. 2. 33

D. Leitlinien bei staatlichen Eingriffen in Vertrauenstatbestände

111

Fehlentwicklungen dadurch zu korrigieren, daß er soziale Über- und Doppelversorgungen ersatzlos streicht 40 . Er kann, ohne auf das Bestandsvertrauen einzelner Rücksicht nehmen zu müssen, das geltende Recht ändern. Das Vertrauens- und Dispositionsrisiko trägt der Bürger. Problematisch sind die Fälle, in denen die gesetzliche Vertrauensgrundlage erkennbar nicht nur vorläufig gültig sein sollte und Dispositionen des einzelnen zwar ermöglicht, aber nicht gefördert hat 4 1 . Eine Tendenz für die Zuordnung des Änderungsrisikos kann für solche Konstellationen a priori nur sehr allgemein aufgezeigt werden. Das Bestandsvertrauen des Bürgers und die entsprechend vorgenommenen Dispositionen stützen sich auf eine private Spekulation. Sie sind nicht von einer gesetzlichen Regelung intendiert. Dadurch, daß der einzelne die Gelegenheit wahrnimmt und entsprechend investiert, handelt er nicht, um ein vom Gesetzgeber verfolgtes Ziel zu erreichen. Er will nicht dem Staat bei dessen Planungen helfen, sondern er errechnet sich persönliche Vorteile oder zielt auf staatliche Leistungen ab, die im Rahmen der Durchführung des Gesetzes ausgeschüttet werden sollen. Er handelt also keineswegs altruistisch 42 . Zwar besteht für den disponierenden Bürger die permanente Gefahr, daß seine Investitionen sich nicht auszahlen. Doch werden ihm zum Ausgleich dafür Gewinnchancen eröffnet 43 . Gewinn und Risiko halten sich die Waage 44 . Daher trifft das Risiko einer Rechtsänderung den Bürger 45 . Diese Feststellung kann jedoch nicht mehr als eine Richtung aufzeigen, die der Gesetzgeber bei der Abwägung der gegensätzlichen Belange beachten muß. Eine Präzisierung wird erschwert nicht nur duch die überaus vielfaltigen Möglichkeiten zu privaten Dispositionen, sondern auch durch die große Bandbreite denkbarer staatlicher Eingriffe — von der völligen Aufhebung einer Rechtsposition bis zur geringfügigen Kürzung gesetzlich gewährter Vorteile. Daher können im folgenden nur einige Gesichtspunkte aufgezeigt werden, die im Einzelfall die grundlegende Tendenz der Abwägung zugunsten des staatlichen Änderungsinteresses entweder bestätigen oder aber zugunsten des Bürgers abschwächen können. Die Berücksichtigung dieser Abwägungsbelange kann regelmäßig nicht dazu führen, daß die Gesetzesänderung als solche verfassungsrechtlich unzulässig ist. Sie wird vielmehr in aller Regel nur das „Wie" einer Gesetzesänderung, die Form der Überleitung von altem zu neuem Recht und 40

Vgl. Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 180f., 206; BendaIKatzenstein, Sondervotum, in BVerfGE 58,131,132: kein verfassungsrechtlicher Schutz des Vertrauens eines bestimmten Personenkreises in den Fortbestand einer besonders günstigen Beitrittsmöglichkeit zur gesetzlichen Rentenversicherung. 41 Vgl.dazu oben Vierter Teil, Α. I. 3. 42 Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 84. 43 Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 85; Burmeister, Die Verwaltung 1969, 21, 38. 44 Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 85. 45 Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, S. 93.

112

5. Teil: Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens

damit die konkrete Ausgestaltung der jeweiligen Übergangsregelung beeinflussen können. a) Die Unterscheidung von bestehenden und zukünftigen

Rechtspositionen

Beachtung verdient zunächst die Frage, ob ein Eingriff in bereits entstandene Rechte vorliegt oder der Erwerb erst in Zukunft entstehender Rechtspositionen beeinträchtigt wird. Das Vertrauen des einzelnen in die Fortdauer bestehender Positionen hat ein größeres Gewicht als die Erwartung, daß in Zukunft bestimmte Rechte entstehen werden 46 . Dies ergibt sich für Vermögenswerte Rechte unmittelbar aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 G G 4 7 und außerhalb des Schutzbereichs der Eigentumsgarantie aus dem Verständnis des Vertrauensschutzgedankens als subjektiv-rechtliche Komponente des rechtsstaatlichen Rechtssicherheitsgebots. Für die Abwägung von privatem Bestandsund öffentlichem Änderungsinteresse bedeutet dies, daß die Belange des einzelnen um so mehr Gewicht erhalten, als sie auf bereits entstandene Rechtspositionen gestützt werden können 48 . Demgegenüber erlangt das staatliche Reforminteresse eher ein Übergewicht, wenn eine Beeinträchtigung des Vertrauens in zukünftige Rechte ansteht. Dies ergibt sich auch daraus, daß die Aussicht auf künftige Rechtspositionen oftmals noch nicht zu konkreten Dispositionen geführt hat. Solange es nicht in besonderen Maßnahmen manifestiert worden ist, hat das persönliche Vertrauen jedoch, wie dargelegt, nur geringe Chancen 49 . Die Frage, ob eine Rechtsposition bereits besteht oder erst in Zukunft entstehen wird, kann im Einzelfall zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen. I m Bereich des Sozialversicherungsrechts kann zum Beispiel vor Eintritt des Versicherungsfalles ein Anwartschaftsrecht auf die Rente oder die sonstige Sozialleistung bestehen. Da dem Versicherten in diesem Stadium bereits das Recht auf Versicherungsschutz zusteht, genießt die Anwartschaft wie der Anspruch selbst den Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 G G 5 0 . Von den Anwartschaftsrechten zu unterscheiden sind die sog. sozialversicherungsrechtlichen Erwerbsberechtigungen, die vor allem solchen Personen zustehen, die 46

Vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 390; ders., JZ 1984, 971, 973. Vgl. BVerfGE 30,292, 334f.; Pieroth, Rückwirkung, S. 301, 303; Wittig, NJW 1967, 2185,2186 ff.; GubelU in v. Münch, GG Art. 12 Rdn. 93; Ramsauer, DVB1.1980, 539, 541; Rittstieg, NJW 1982, 721, 722f.; Timm, Eigentumsgarantie und Zeitablauf, S. 51 ff.; Aschke, Übergangsregelungen, S. 455 ff., 458; Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 144, spricht sich für eine Übertragung der zur Eigentumsgarantie entwickelten Kriterien auf entsprechende Konflikte beim Vertrauensschutz aus. 48 Vgl. BVerfGE 63, 343, 363, wo entscheidend darauf abgestellt wird, ob in ein subjektives Recht eingegriffen wird. 49 Vgl. dazu oben Vierter Teil, Β. I. 50 Vgl. BVerfGE 53, 257,289f.; 55,114,131; 58, 81,109; Papier, in Maunz/Dürig, GG Art. 14 Rdn. 146. 47

D. Leitlinien bei staatlichen Eingriffen in Vertrauenstatbestände

113

durch gesetzlich bestimmte oder freiwillige Beitragszahlungen das Versicherungsverhältnis zwar begonnen, aber bisher weder Anwartschafts- noch Vollrechte erlangt haben. Sie besitzen unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 GG lediglich die Chance, durch Entrichtung weiterer Beiträge die Voraussetzungen für den Rechtserwerb zu schaffen 51. Bezogen auf das Anwartschafts- oder Vollrecht stellt sich ein Eingriff in Erwerbsberechtigungen lediglich als Beeinträchtigung des zukünftigen Erwerbs gesetzlich eingeräumter Positionen dar. Da Erwerbsberechtigungen jedoch bereits als subjektiv-öffentliche Rechte auf Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses anzusehen sind 5 2 , liegt ein Eingriff in bestehende Rechtspositionen vor. Die Abgrenzung von bereits bestehenden und zukünftigen Positionen kann, wie dieses Beispiel verdeutlicht, nur durch eine am materiellen Gehalt des jeweiligen Rechts orientierte Prüfung erfolgen. Eine nur an formellen Gesichtspunkten, etwa an dem Begriff des „abgeschlossenen Tatbestandes", verhaftete Abgrenzung ist nicht sachgerecht 53. b) Die Intensität der Vertrauensbeeinträchtigung Ein weiterer bei der Interessenabwägung zu berücksichtigender Gesichtspunkt ist die Intensität des staatlichen Eingriffs in einen Vertrauenstatbestand 54. Der Gesetzgeber kann auf vielfältige Weise das Bestandsvertrauen des einzelnen enttäuschen. Er kann die gesetzliche Vertrauensgrundlage ersatzlos aufheben oder die geschaffene Rechtsposition durch Verminderung der mit ihr verbundenen Vorteile mehr oder weniger entwerten. Bei staatlicher Vertrauensveranlassung und gesetzesintendierten Dispositionen hat der Grad der Vertrauensbeeinträchtigung nur geringe Bedeutung, da in diesen Fällen jedweder Eingriff durch das besondere Gewicht des privaten Bestandsinteresses erschwert wird 5 5 . Umgekehrt ist ein Eingriff in das auf eine nur vorläufig geltende Regelung oder Ausnahmevorschrift gestützte Vertrauen grundsätzlich in jedem Umfang möglich. Eine differenzierte Betrachtung ist nur erforderlich bei der Aufhebung oder Änderung eines Gesetzes, das private Dispositionen ermöglicht, aber nicht bezweckt. Die Intensität der Vertrauensbeeinträchtigung kann die in diesen Fällen bestehende Tendenz zugunsten des staatlichen Änderungsinteresses beeinflussen. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit, sich bei dem Erlaß einer angemessenen Übergangsregelung am Umfang des Eingriffs zu orientieren. So kann ein erheblicher Eingriff in eine gesetzlich nicht intendierte Vertrauensposi51

BVerfGE 14, 288, 295; 24, 222, 226; Papier, in Maunz!Dürig, GG Art. 14 Rdn. 146. Papier, in MaunzIDürig, GG Art. 14 Rdn. 147. 53 Das Kriterium des „abgeschlossenen Tatbestandes" wurde für die Bewertung sozialversicherungsrechtlicher Erwerbsberechtigungen herangezogen in BVerfGE 14,288, 297f.; 24, 222, 229f.; kritisch insoweit auch Aschke, Übergangsregelungen, S. 281 f.; vgl. dazu auch oben Dritter Teil, C. 54 Vgl. Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 13: „Kriterium der Intensität der Beeinträchtigung des Vertrauens". 55 Vgl. oben D. I. 1. 52

8 Muckel

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5. Teil: Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens

tion durch eine großzügige Übergangsregelung abgemildert werden, die nach Lage des Einzelfalls bei einer weniger intensiven Beeinträchtigung nicht geboten ist 5 6 . Betrifft die Neuregelung insbesondere in der Vergangenheit liegende Sachverhalte, so ist auch dies — unabhängig davon, ob es sich um „abgeschlossene" oder „gegenwärtig noch andauernde" Handlungsabläufe handelt 57 — bei der Prüfung der Eingriffsintensität zu berücksichtigen 58. Insofern ist zu prüfen, ob der besondere Vergangenheitsbezug des Gesetzes zu einer zusätzlichen Belastung der Normadressaten geführt hat 5 9 . Dies kann nur durch Auswertung des einzelnen Gesetzes beurteilt werden. Das Maß des Vergangenheitsbezugs muß dabei nicht dem Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung entsprechen. Insbesondere sagt die Einstufung eines Gesetzes als „echt" oder „unecht" rückwirkend nichts über die mit ihm verbundene Belastung aus 60 . Der „Grundtyp" 6 1 eines rückwirkenden Gesetzes, das den Zeitpunkt seines Inkrafttretens vor den seiner Verkündung legt 6 2 , kann im Einzelfall eine geringere Belastung des einzelnen zur Folge haben als ein Gesetz, das einen späteren Zeitpunkt seines Inkrafttretens bestimmt, aber an in der Vergangenheit getätigte Dispositionen, die noch immer für den einzelnen Bedeutung haben, anknüpft und sie (teilweise) entwertet 63 . Umgekehrt kann die Technik der Rückwirkung im Einzelfall aber auch eine als besonders schwerwiegend empfundene Enttäuschung von Erwartungen bewirken 64 . Eine schematische Gleichsetzung von Rückanknüpfung des Gesetzes und besonders hoher Belastung des Bürgers verbietet sich. Vielmehr ist die Gesamtbelastung des einzelnen nach dem normativen Gehalt der Neuregelung einschließlich ihres zeitlichen Geltungsrahmens 65 zu ermitteln 66 . 56 57 58

Zur Bedeutung einer angemessenen Übergangsregelung im einzelnen unten II. Zu dieser Differenzierung des Bundesverfassungsgerichts vgl. oben Dritter Teil, A. Vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 349f.; Selmer, Steuer-Kongreß-Report 1974, S. 83,

98. 59

Vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 350. Zu Recht betont Selmer, Steuer-Kongreß-Report 1974, S. 83,93, daß „die unabsehbare Fülle denkbarer Rückbelastungsmöglichkeiten von ganz unterschiedlicher Intensität schwerlich in das Prokrustesbett nur zweier Kategorien" gezwängt werden kann. 61 Götz, Festgabe BVerfG, Bd. II, S. 421, 426. 60

62 Vgl. die Rückwirkungsdefinition in BVerfGE 63,343,353; dazu bereits oben Dritter Teil, Α. I. 63 Vgl. Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 74 f. Aschke, Übergangsregelungen, S. 11 ff., der darauf hinweist, daß der Gesetzgeber mit einer Rückdatierung des Inkrafttretens verschiedenartige Zwecke verfolgen kann, ζ. B. verspätete „Verlängerung" befristeter Gesetze, Heilung rechtswidriger Akte, Herstellung von Gleichheit. 64

Vgl. Aschke, Übergangsregelungen, S. 177. Zur Unmöglichkeit einer Differenzierung zwischen sachlichem und zeitlichem Anwendungsbereich einer Norm vgl. oben Dritter Teil, Β. II. 66 Umschreibungen des Rückwirkungsbegriffs dienen lediglich als „Orientierungshilfen für die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips", so Salzwedel, Die Verwaltung 65

D. Leitlinien bei staatlichen Eingriffen in Vertrauenstatbestände

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I m Zusammenhang mit der Frage der Eingriffsintensität ist auch der von Rechtsprechung und Literatur anerkannte sog. Bagatellvorbehalt 67 zu sehen. Er besagt, daß nur ganz geringfügige Belastungen des Bürgers bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen nicht zu seinen Gunsten ins Gewicht fallen, wenn ein begründetes Interesse des Staates an einer Änderung der Rechtslage besteht. Da die Bewertung der Geringfügigkeit einer Belastung jedoch ein deutliches Einfallstor für subjektive Wertungsmöglichkeiten bietet, ist bei der Anwendung des Bagatellvorbehaltes Zurückhaltung geboten. Er kann nur Berücksichtigung finden, wenn nicht durch andere Vorgaben, insbesondere den Regelungsgehalt der Vertrauensgrundlage, eine bestimmte Tendenz der Interessenabwägung erkennbar ist. Bei einer (partiellen) Entwertung gesetzlich intendierter Dispositionen kann sich der Gesetzgeber daher nicht auf den Bagatellvorbehalt berufen. Kommt es jedoch wie in den Fällen, in denen eine gesetzliche Vertrauensveranlassung fehlt, auf die Intensität der Vertrauensbeeinträchtigung an, kann der Bagatellvorbehalt zugunsten des staatlichen Änderungsinteresses in die Abwägung von staatlichem Änderungs- und privatem Bestandsinteresse einfließen. c) Der Vorbehalt des Möglichen In der numerus-clausus-Entscheidung vom 18. Juli 1972 68 entwickelte das Bundesverfassungsgericht einen sog. Vorbehalt des Möglichen. Nach Ansicht des Gerichts stehen Teilhaberechte, auch soweit sie nicht von vornherein auf das jeweils Vorhandene beschränkt sind, „unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann" 6 9 . Nach dem Verständnis Schlenker s kennzeichnet der Vorbehalt des Möglichen „die faktische Begrenztheit sozialstaatlicher Forderungen durch deren Abhängigkeit vom realen Leistungsvermögen des Staates, die Abbild der volkswirtschaftlichen Entwicklung ist, sowie dem Vorhandensein anderer wichtiger Staatsaufgaben und der dadurch notwendigen Prioritätensetzung durch die demokratisch legitimierten Organe" 70 . Dieser Gedanke könnte 1972, 11, 16, der aber zu Unrecht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts so interpretiert. 67 BVerfGE 72,200,258 f.; ansatzweise auch BVerfGE 22,241,252; 30,367,389 („kein oder nur ganz unerheblicher Schaden"); vgl. auch Stern, Festschrift für Maunz, S. 381, 385f.; Götz, Festgabe BVerfG, Bd. I I , S. 421, 433; Dürig, in Maunz/Dürig, G G Art 2 Abs. I Rdn. 47 Fn. 2 („Geringfügigkeit der Belastung"); ihm zustimmend: Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, Fn. 139 zu S. 53 (2. Kapitel); kritisch: IliopoulosStrangas, Rückwirkung, S. 79. 68 69

BVerfGE 33, 303, 333. BVerfGE 33, 303, 333; 43, 291, 313f.

70 Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 80; Häberle, DÖV 1972,729,733, möchte den Vorbehalt des Möglichen durch eine Direktive des Notwendigen ergänzen; vgl. insoweit auch F. Müller / Pieroth / Fohmann, Leistungsrechte im Normbereich einer Freiheitsgarantie, S. 128, 160f. 8*

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5. Teil: Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens

in die bei Fragen des Vertrauensschutzes notwendige Interessenabwägung 71 in der Weise einfließen, daß das private Bestandsinteresse immer dann zurücktreten muß, wenn die staatlichen Finanzmittel oder Kapazitäten erschöpft sind. In diese Richtung bewegt sich die in der Literatur vertretene Auffassung, der Maßstab des Möglichen könne den Maßstab des Rechts verdrängen. Bei der Rechtsteilhabe könne der Gesetzgeber allein durch verbindliches Regeln in Abwägung langfristiger Begünstigungen und Drittbelastungen ein Rechtsgut auf Dauer garantieren; für die Finanzteilhabe hingegen könne er die zukünftige finanzwirtschaftliche Entwicklung — das Finanzaufkommen und den Finanzbedarf der öffentlichen Hand — nur annähernd prognostizieren, jedoch durch eine Teilhabegewährung nicht die tatsächliche Entwicklung und die Entscheidungsvorgaben für zukünftiges Abgabenrecht und zukünftigen Bedarf rechtlich binden 72 . Diese Sichtweise verkennt den hohen Rang der grundgesetzlich verbürgten Gesetzes- und Verfassungsbindung der Staatsorgane. Zwar finden Ansprüche auf Teilhabe an den Staatsleistungen ihre Grenze an der Erschöpfung der titulierten Mittel bzw. der Kapazitäten der betreffenden Einrichtung 73 . Dieser Grundsatz gilt aber uneingeschränkt nur, soweit es sich nicht um gesetzlich festgelegte Rechtpositionen handelt 74 . Die allgemeine Anerkennung eines Vorbehaltes des Möglichen liefe auf einen Rücknahmeautomatismus hinaus, der an eine einzige Voraussetzung — die Erschöpfung staatlicher Finanzmittel — geknüpft ist 7 5 . Gerade der kürzende oder streichende Staat ist strikt an die formellen und materiellen Vorgaben der Verfassung gebunden; ein grundgesetzfreies Abbaubelieben des in Bedrängnis geratenen Leistungsstaates unter finanziellem Aspekt kann es nicht geben 76 . Die Formel vom „Vorbehalt des Möglichen" kann zwar einen Gesichtspunkt in der Abwägung der Interessen kennzeichnen, die sich bei staatlichen Abbauund Rücknahmemaßnahmen gegenüberstehen 77. Dabei wiegt das öffentliche 71

Allgemein zur Bewertung fiskalischer Gründe als wichtige öffentliche Interessen: Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 512 ff. 72 Kirchhof, NVwZ 1983, 505, 511; vgl. auch dens., JZ 1982, 305, 306; dens., Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 42 (1984), S. 288; Isensee, Festschrift für Broermann, S. 365, 368. 73 Martens, VVDStRL Heft 30 (1972), S. 7, 25; Starck, Festgabe BVerfG, Bd. II, S. 480, 518; ders., DVB1. 1978, 937, 943; Grimm, Grundrechte und soziale Wirklichkeit, S. 39, 71; Badura, Der Staat 1975, 17, 45; Scholz, Sozialstaat zwischen Wachstums- und Rezessionsgesellschaft, S. 33,34f. ; Böckenförde, in: Soziale Grundrechte, S. 7,13 f.; Ipsen, Festschrift für Zweigert, S. 747, 756; Isensee, Der Staat 1980, 367, 381; ders., Festschrift für Ipsen, S. 409, 434; ders., Festschrift für Broermann, S. 365, 368. 74

Martens, VVDStRL Heft 30 (1971), S. 7, 25. Vgl. die Kritik von Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 81 f.; Hoffmann- Riem, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 42 (1984), S. 285 f. 76 Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 82; vgl. auch oben Erster Teil, B. III. 77 Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 82. 75

D. Leitlinien bei staatlichen Eingriffen in Vertrauenstatbestände

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Änderungsinteresse jedoch nicht von vornherein schwerer, weil eine Belastung der öffentlichen Haushalte fortbesteht 78 . Entscheidend ist vielmehr, daß das individuelle Bestandsinteresse und die ökonomischen Belange der Allgemeinheit in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden 79 . Insofern steht, wenn der Bürger sich auf Vertrauensschutz beruft, der Gedanke der Selbstbindung des Gesetzgebers im Vordergrund. Wenn der Staat weder das Vertrauen der Bürger gezielt erweckt noch sie zu bestimmten Dispositionen veranlaßt hat, muß er grundsätzlich die Möglichkeit haben, aus jedem sachlichen, also nicht willkürlichen 80 Grund das von ihm gesetzte Recht zu ändern. Ein solcher sachlicher Grund kann auch die (drohende) Erschöpfung der staatlichen Finanzmittel sein 81 . Zur Vermeidung besonderer Härten kann im Einzelfall ein — nach Umfang und zeitlicher Geltung begrenzter — Bestandsschutz aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten sein. Insoweit ist aber nicht nur eine Betrachtung der singulären gegensätzlichen Interessen, sondern auch der jeweils betroffenen Lebensbereiche und einschlägigen Rechtsgebiete82 erforderlich. 3. Der Umfang der Vertrauensbetätigung

Aus der besonderen Bedeutung, die der Regelungsgehalt der gesetzlichen Vertrauensgrundlage für die Selbstbindung des Gesetzgebers hat, ergibt sich, daß das Maß der privaten Dispositionen kein allgemeines Kriterium für die Schutzwürdigkeit eines Vertrauenstatbestandes sein kann. Das Gewicht des Vertrauenstatbestandes in der Interessenabwägung hängt grundsätzlich nicht

78 Vgl. BVerfGE 59,128,170; Hahn, Zur Rückwirkung im Steuerrecht, S. 70; Aschke, Übergangsregelungen, S. X X X V I . 79 BSGE 47, 259, 262; vgl. auch Degenhart, BayVBl. 1984, 103, 105 f.; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 187; Häberle, VVDStRL Heft 30 (1972), S. 43,107f., 114; ausdrücklich für eine differenzierte Betrachtungsweise auch Schupper t, VVDStRL Heft 42 (1984), S. 216, 254. 80

Zur Berücksichtigung des Willkürverbotes in Zeiten der Verknappung der dem Staat zur Verfügung stehenden Mittel: BVerfGE 60,16,43; 61,43, 63; 64,158,169; 75,40, 72 f. 81 Anders dagegen Leisner, Festschrift für Berber, S. 273,295, nach dessen Auffassung der öffentliche Finanzbedarf keine „verdünnte Vertrauenssicherung" rechtfertige; der Staat müsse sich dann eben die Mittel dort beschaffen, wo kein Vertrauen besteht. 82 Der Frage, welche spezifischen Abwägungsleitlinien für die verschiedenen Rechtsgebiete bestehen, kann hier nicht nachgegangen werden; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 187, verlangt beispielsweise für den Bereich des Sozialrechts, daß die widerstreitenden Sicherungs- und Reduktionsbelange anhand der Leitlinie eines „sozialen Schonungsgebotes" zu situationsangemessener, zeitgerechter Konkordanz zu optimieren seien. Pieroth, Rückwirkung, S. 161 ff., erarbeitet im Rahmen seines Konzepts der Gesetzesnormdifferenzierung und Verfassungsnormorientierung Strukturen rückwirkender Gesetze für verschiedene Normtypen und Rechtsgebiete; er untersucht Strafrecht, Abgabenrecht, Sozial- und Entschädigungsrecht, Sozialversicherungsrecht, Privatrecht, Statusrecht und Verfahrensrecht.

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davon ab, in welchem Umfang der Bürger sich auf die bestehende Rechtslage eingestellt hat. Zwar hat derjenige, der in besonders großem Umfang investiert, unzweifelhaft ein erhebliches Vertrauen in den Bestand des geltenden Rechts gefaßt. Werden die Dispositionen über einen längeren Zeitraum 83 getätigt, kann sich dieses Vertrauen noch steigern. Ein Eingriff in private Dispositionen wird um so schwerer empfunden, je länger sich der Betroffene danach verhalten hat 8 4 . M i t zunehmender Bestandsdauer der betreffenden Position kann sich auch die Abhängigkeit des Bürgers von ihr erhöhen 85 . Wer zum Beispiel seit vielen Jahren Beiträge für die Sozialversicherung entrichtet, hat ein größeres Vertrauen in den Bestand des Sozialstandards als deijenige, der erst geringe Leistungen erbracht hat. Das Kontinuitätsinteresse steigert sich, je länger der einzelne in das Versorgungsnetz eingesponnen ist und um so mehr Lohnbestandteile er zugunsten einer guten sozialen Sicherung abführt 86 . Auf den Umfang der Dispositionen, die der Bürger tätigt, hat der Staat andererseits grundsätzlich keinen Einfluß. Ein infolge umfangreicher Dispositionen großes Vertrauen in den Bestand der Rechtslage führt daher nicht zwangsläufig zum verfassungsrechtlichen Schutz der fraglichen Position 87 . Das Maß der Dispositionen und das entsprechend große Bestandsvertrauen allein können nicht entscheidend sein. A u f Vertrauensschutz kann sich der „Millionär wie der Bettler" 88 berufen. Für den Arbeitnehmer ist das Vertrauen in die Regelungen des Arbeitsrechts und der Sozialversicherung ebenso wichtig wie für den Unternehmer das Vertrauen in Abschreibungsmöglichkeiten. Unterschiede ergeben sich erst aus dem materiellen Gehalt der jeweiligen Vertrauensgrundlage. Nur durch eine Prüfung des zugrunde liegenden Gesetzes kann die notwendige Objektivierung des Vertrauens erreicht werden 89 . Das Vertrauen auf den Bestand und Nutzen umfangreicher Dispositionen verdient daher nur dann Beachtung, wenn es sich auf eine entsprechende gesetzliche Vertrauensgrundlage stützt. Das Gesetz muß den einzelnen—in welcher Form auch immer 83 Zum „Zeitfaktor" vgl. Pieroth, Rückwirkung, S. 301 ff.; ferner BVerfGE 43, 291, 391; 62,117,163; BVerwGE 13,28, 32; Haueisen, NJW 1960, 335; ders., DVB1.1960,913, 916 mit Fn. 35; Mainka, Vertrauensschutz, S. 32. 84 BVerfGE 62, 117, 164; vgl. auch BVerfGE 43, 291, 392, wo ein zweisemestriges Parkstudium nicht als derart geschützter Besitzstand angesehen wird, daß er Vorrang hätte vor dem Interesse der Allgemeinheit. Demgegenüber schrieb BGHZ 25, 266, 269 sogar einem unter Widerrufsvorbehalt stehenden Recht die Kraft zu, „zu einer auf die Dauer angelegten Ordnung" zu führen. 85

Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 175, 203. Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 175; Aschke, Übergangsregelungen, S. 42, spricht von „Dauerrechtsverhältnissen" . 87 Vgl. Salzwedel, Die Verwaltung 1972, 11, 16f. 88 Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 294. 89 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 97, sieht demgegenüber die Vornahme bestimmter Dispositionen als „Objektivierung eines Internums" an. 86

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— dazu veranlaßt haben, in besonderem Maße auf seinen Bestand zu vertrauen und erhebliche Dispositionen zu tätigen 90 . Dieses Erfordernis ist etwa bei Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung erfüllt, nicht aber, wenn der Bürger lediglich gesetzlich eingeräumte Gewinnchancen zu seinem Vorteil ausnutzt.

II. Interessenausgleich durch Übergangsgerechtigkeit 1. Übergangsregelungen als Mittel zur Herstellung praktischer Konkordanz

Die Einführung einer angemessenen Übergangsregelung wird nach gängigem Verständnis als Rechtsfolge des Vertrauensschutzes angesehen91. In den Fällen, in denen der Bürger über den Vertrauensschutz vergebens eine unbeschränkte oder langfristige Zukunftsbindung anstrebe, erwiesen sich Übergangslösungen regelmäßig als geeignete Form des Vertrauensschutzes. Wenn die im Hinblick auf die Zukunft getätigten Dispositionen auch keine dauernde Bindung begründeten, könnten sie wenigstens durch eine angemessene Übergangsfrist berücksichtigt werden 92 . Durch eine einseitige Betrachtung der Übergangsregelungen von der Rechtsfolgenseite her werden Bedeutung und Tragweite dieses gesetzgeberischen Instruments jedoch verkürzt. In ihm steckt mehr. Auch Weber-Dürler, die die Schaffung von Übergangsrecht allein als Rechtsfolge des Vertrauensschutzes ansieht, konzediert, daß Übergangsregelungen die Härte einer Rückwirkung mildern können, indem sie gewisse Ausgleichs- und Kompensationsmöglichkeiten schaffen 93. Damit ist die besondere Bedeutung des Übergangsrechts für das Problem des Vertrauensschutzes angedeutet. „Übergangsgerechtigkeit" 94 bedeutet praktische Konkordanz bei Rechtsänderungen. Übergangsregelungen erscheinen als geradezu klassisches Mittel zur Herstellung praktischer Konkordanz 95 . Mit ihrer Hilfe kann im Einzelfall sowohl das staatliche Anderungsinteresse als auch das private Bestandsinteresse durch gegenseitige Begrenzung 90 Zu undifferenziert ist daher die These Kirchhofs, Verwalten und Zeit, S. 8 f., die Verknüpfung von individuell beherrschten Sachpositionen mit rechtlich dem Gemeingebrauch eröffneten Vorteilen könne bei langwährendem Bestand zu seinem („Vertrauens"-) Grundrechtstatbestand heranwachsen. 91 Vgl. etwa Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 128 ff, 138ff.; Salzwedel, Die Verwaltung 1972, 11, 12; dazu noch unten E. 92 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 138. 93 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 139. 94 Dieser Begriff wurde — soweit ersichtlich — von Kloepfer, DÖV 1978,225, geprägt. 95 Kloepfer, DÖV 1978,225,230, betont, daß die Problematik der Übergangsvorschriften geprägt ist von der Verpflichtung des Gesetzgebers „zum schonenden Ausgleich"; auch Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 138, hebt hervor, daß Übergangslösungen „das klassische Mittel" sind, mit dem der Gesetzgeber dem Vertrauen des Bürgers in den bisherigen Rechtszustand Rechnung trage; vgl. ferner Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 270.

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optimiert werden. Der Begriff der Übergangsgerechtigkeit umschreibt so ein all gemeines Problem der modernen Gesetzgebung 9 6 . D u r c h Einfügung einer angemessenen Übergangsregelung k a n n der Gesetzgeber das Verdikt der Verfassungswidrigkeit seines H a n d e l n s 9 7 vermeiden 9 8 . Er steht nicht vor der Alternative, daß die Neuregelung entweder zulässig oder unzulässig i s t 9 9 . D u r c h Übergangsvorschriften k a n n eine „weiche Überleit u n g " 1 0 0 u n d damit eine generelle oder konkrete Anpassung ermöglicht w e r d e n 1 0 1 . Übergangsvorschriften vermögen die v o m Rechtsstaatsprinzip geforderte Verläßlichkeit der Gesetzgebung a u f ganz unterschiedliche Weise zu sichern. Zugleich können sie Grundrechtseingriffe abmildern — m i t der Folge, daß die Neuregelung den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips g e n ü g t 1 0 2 . D a m i t erweist sich die v o n Herzog zu Recht hervorgehobene „eminente rechtsstaatliche Bedeutung der Übergangsvorschriften", die bisher i n der Tat zu wenig erkannt i s t 1 0 3 . 2. Möglichkeiten des Gesetzgebers zur Ausgestaltung des Übergangsrechts Die eigentliche Problematik der Übergangsregelungen liegt bei der Frage ihrer Ausgestaltung i m einzelnen Gesetz. Insoweit steht dem Gesetzgeber ein 96

Herzog, in Maunz I Dürig, G G Art. 20 V I I Rdn. 70. Die Frage, ob der Verfassungsverstoß im Erlaß der Neuregelung oder im Unterlassen der Einführung einer angemessenen Übergangsregelung besteht, muß offen bleiben; dies hängt weitgehend von der konkreten Ausgestaltung des Gesetzes ab und wirkt sich praktisch nur für die Tenorierung durch das Bundesverfassungsgericht aus, so zu Recht Pieroth, Rückwirkung, S. 153; vgl. einerseits BVerfGE 21,173,174, wo entschieden wurde, daß das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 12 Abs. 1 GG dadurch verletzt sei, daß das Gesetz „es unterlassen hat, eine Übergangsregelung zu treffen,..."; andererseits BVerfGE 32, 1, 2, wo die Neuregelung wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG für nichtig erklärt wird. Nach der Konzeption Kloepfers, DÖV 1978, 225, 230ff., ist demgegenüber eine festgestellte Verfassungswidrigkeit der Neuregelung Voraussetzung für die Forderung nach einer Übergangsregelung durch den Gesetzgeber. 97

98 Vgl. Salzwedel, Die Verwaltung 1972, 11, 13; Pieroth, Rückwirkung, S. 153f.; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 170; anschaulich BVerfGE 75, 78, 82, 103, wo das Gericht feststellt, daß die betreffende Rechtsänderung ohne Einfügung einer Übergangsregelung wegen Verstoßes gegen Art. 14 GG verfassungswidrig gewesen wäre. 99 Vgl. Rüberg, Vertrauensschutz, S. 130f.; Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 291, der moniert, daß die Rückwirkungsbegrifflichkeit keine differenzierten Stufungen und Lösungen kenne, sondern nur Rückwirkung oder Rückwirkungsverbot; feinere Reaktionsmöglichkeiten, wie etwa Übergangsregelungen und (Teil-) Entschädigungen würden bei notwendiger Rückwirkung verkannt. 100 Salzwedel, Die Verwaltung 1972,11,12, passim; zur Abgrenzung von „Überleitung" und „Übergang": Aschke, Übergangsregelungen, S. 25 f. 101 Salzwedel, Die Verwaltung 1972, 11, 13. 102 Zur Bedeutung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei Grundrechtseingriffen vgl. oben C, mit Fn. 23. 103 Herzog, in Maunz ! Dürig, GG Art. 20 V I I Rdn. 70.

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unterschiedliches und vielseitiges Instrumentarium zur Verfügung. Der Übergang kennt zahlreiche Stufen. Für die Praxis des Übergangsrechts gibt es nicht nur eine Zäsur zwischen Vergangenheit und Zukunft, altem und neuem Recht, sondern eine Fülle von Stufen des Bruchs, der Umgestaltung und Anpassung altrechtlicher Rechtswirkungen 104 . Ohne Anspruch auf Vollständigkeit können folgende Varianten des Übergangangsrechts aufgezeigt werden 105 . a)

Beschränkung des neuen Rechts auf künftig entstehende Vertrauenstatbestände

Das neue Gesetz kann die unter der Geltung des bisherigen Rechtszustandes verwirklichten Vertrauenstatbestände unangetastet lassen und die Anwendung des neuen Rechts auf künftige, unter seiner Geltung entstehende Sachverhalte beschränken 106 . Dieses Verfahren wird zum Beispiel oftmals bei der Änderung von Ausbildungs- und Prüfungsordnungen angewandt. Es wird eine Übergangsregelung eingefügt, die diejenigen, die vor dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes ihre Ausbildung begonnen haben, von der Geltung der Neuregelung ausnimmt. Für sie gilt die alte Ordnung weiter 107 . Die Konsequenz einer solchen Übergangsregel ist, daß altes und neues Recht für einen unbestimmten Zeitraum nebeneinander bestehen 108 . Dabei stellt sich sogleich die Frage, ob die ungleiche Behandlung der Betroffenen je nachdem, ob sie bis zu einem festgelegten Zeitpunkt (regelmäßig dem Tag des Inkrafttretens 104

Vgl. Aschke, Übergangsregelungen, S. 168 f. Die nachfolgenden Fallgruppen beruhen auf einer Auflistung von Stern, Festschrift für Maunz, S. 381, 393; vgl. aber auch BVerfGE 43, 242, 288: „vielfache Abstufungen"; Aschke, Übergangsregelungen, S. 28 ff., 77 f.; Dürig, in Maunz ! Dürig, GG Art. 3 Abs. 1 Rdn. 224: „Instrumentarium von ,Gleitklauseln" 4 ; Salzwedel, Die Verwaltung 1972, 11, 20f.: „Härteklauseln, Rücksichtnahmen, Subventionen"; Lerche, DÖV 1961, 486, 489: „Übergangsregelungen sachlicher und zeitlicher Art, Härtemilderungsklauseln, Ausbalancierungen, Optionsmöglichkeiten, stoßabfedernde Ermessenszonen4'; Ossenbühl, Verh. 50. DJT (1974), Gutachten B, S. 203, erweitert die Aufzählung Lerches um Überbrückungshilfen finanzieller und sachlicher Art, Umstellungssubventionen und Ausgleichszahlungen für besondere Nachteile. 105

106 Vgl. Dürig, in MaunzIDürig, GG Art. 3 Abs. 1 Rdn. 222, der, Fn. 3, die Forderung, „Altfalle auslaufen" zu lassen, im Verhältnis zu Übergangsregelungen als „logisches und wertmäßiges ,Prius" 4 ansieht, das nicht übersprungen werden dürfe; dabei wird jedoch übersehen, daß die Beschränkung des neuen Rechts auf künftige Sachverhalte eine Form des Übergangsverfahrens ist; in diesem Sinne Stern, Festschrift für Maunz, S. 381, 393; Götz, Festgabe BVerfG, Bd. II, S. 421, 443; Aschke, Übergangsregelungen, S. 30, spricht insofern von einer „Übergangsregelung im engeren Sinn44. 107

Vgl. z.B. Art. I I I des Siebten Änderungsgesetzes zum JAG vom 24.11.1981 (GV N W S. 671); Art. I I I des Achten Änderungsgesetzes zum JAG vom 13.07.1982 (GV N W S. 346); Art. I I I des Neunten Änderungsgesetzes zum JAG vom 19.03.1985 (GV N W S. 296); weitere Beispiele bei Aschke, Übergangsregelungen, S. 28 ff. 108 Vgl. Dürig, in Maunz ! Dürig, GG Art. 3 Abs. 1 Rdn. 222, der insoweit von einer „Zweispurigkeit" des Rechts spricht.

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der Neuregelung) einen bestimmten Vertrauenstatbestand geschaffen haben oder nicht, den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG genügen kann. Das Bundesverfassungsgericht geht insofern davon aus, daß „Überleitungsvorschriften, die nicht auf ungleiche Behandlung Berechtigter abzielen, in der Regel nur für kurze Dauer gelten und zu keinen wesentlichen Ungleichheiten führen", von einem dem Gesetzgeber zuzusprechenden erweiterten Gestaltungsspielraum abgedeckt seien 109 Die Gestaltungsmöglichkeit des Gesetzgebers sei um so größer, je geringfügiger die Ungleichheit nach Dauer und Höhe zu gewährender Leistungen sei 1 1 0 . Gesetzesänderungen sind, wie dargelegt, wesensmäßig mit Ungleichheiten verbunden 111 . Erläßt der Gesetzgeber eine Übergangsregelung, bei der die Altfalle auslaufen können, so erschöpft sich die zeitliche Ungleichheit jedoch nicht in der bloßen Gegenüberstellung des Vorher und Nachher. Es kommt vielmehr zu einer zeitlichen Überschneidung der verschiedenen Rechtszustände, zu einem Nebeneinander von Rechtsvorschriften mit unterschiedlichem Rechtsfolgenausspruch für gleich gelagerte Sachverhalte 112 . Die daraus resultierende Ungleichbehandlung ist nicht wie eine sonstige Gesetzesänderung wesensmäßig vorgegeben und schon aus diesem Grunde mit Art. 3 Abs. 1 G G vereinbar. Sie beruht aber als Ergebnis von Übergangsgerechtigkeit auf den Erfordernissen des Vertrauensschutzes, ist also von Verfassungs wegen geboten und kann daher nicht willkürlich sein. Der Vertrauensschutz ist ein sachlicher Grund für die Differenzierung. Infolgedessen verstößt eine Überleitungsvorschrift, die das neue Recht auf künftige Sachverhalte beschränkt und vom verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz gefordert wird, nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. b) Zeitlich oder sachlich eingeschränkte Aufrechterhaltung

des alten Rechts

Die Aufrechterhaltung des früheren Rechtszustandes für Altfalle kann sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht eingeschränkt sein. Eine zeitliche Begrenzung besteht, wenn die Übergangsregelung die Weitergeltung des alten Rechts nur befristet 113 zuläßt 1 1 4 . Tritt parallel dazu die Neuregelung in Kraft, stellen sich die bereits oben erörterten Fragen. Darüber hinaus ist bei 109

BVerfGE 44, 290, 294. BVerfGE 44, 283, 287. 111 Vgl. oben Zweiter Teil, C. II. 7. a) aa). 112 Vgl. Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 172. 113 Beispiel: § 7 b Abs. 1 Satz 5 EStG in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 1958 (vgl. BVerfGE 18, 135, 137). 114 Vgl. Stern, Festschrift für Maunz, S. 381, 393; Jesch, JZ 1960, 282, 283; Lerche, DÖV 1961, 486, 489; auch mehrere zeitlich abgeschichtete Rückholstufen, die einen ratenweisen Vollzug einer Rechtsänderung bewirken, sind möglich, darauf weist Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 169, hin. 110

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zeitlich befristeter Aufrechterhaltung des alten Rechtszustandes zu beachten, daß sich das Ende der Frist für den Betroffenen als Stichtag, die gesetzliche Übergangsregelung mithin als Stichtagsregelung 115 darstellt 116 . Bei Stichtagsregelungen tritt das bereits angesprochene Problem der Gleichheit in der Zeit 1 1 7 besonders deutlich in Erscheinung. Eine Stichtagsregelung bildet „die deutlichste Nahtstelle, an der gleichsam im Verlauf einer Sekunde Kontinuität und Neuerung aufeinanderprallen" 118 . Jeder Stichtag bedeutet zwangsläufig eine Härte, die einen „Willkürverdacht" 1 1 9 in sich trägt 1 2 0 . Dem trägt das Bundesverfassungsgericht Rechnung, wenn es Stichtagsregelungen an den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes mißt. Das Gericht untersucht, „ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und die gefundene Lösung sich im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen läßt oder als willkürlich erscheint" 121 . Für Stichtagsregelungen wird so ein an den Gesetzgeber gerichtetes Begründungsgebot aus dem Gleichheitssatz hergeleitet 122 . Diese Anforderungen kann der Gesetzgeber der eine Stichtagsregelung als Übergangsvorschrift einführt, regelmäßig erfüllen. Er kann darauf verweisen, daß die Einführung der Regelung und die Wahl des Stichtages aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten war 1 2 3 . 115

Der Begriff der Stichtagsregelung wird hier in einem weiten Sinne verstanden. Ihm unterfallt auch die Bestimmung des zeitlichen Inkrafttretens einer Neuregelung zu einem bestimmten Zeitpunkt; eine Differenzierung zwischen zeitlichem und inhaltlichem „Inkrafttreten" kann nur gesetzgebungstechnische Unterschiede markieren, vgl. Kloepfer, DÖV 1978, 225, 228; auch der Zeitpunkt des Inkrafttretens hat die Wirkung eines Stichtages, so zu Recht Aschke, Übergangsregelungen, S. 32; ausdrücklich gegen die Differenzierung auch Pieroth, Rückwirkung, S. 152; zu beachten ist insoweit ferner BVerfGE 47, 85,94, wo das Gericht die Maßstäbe willkürfreier Stichtagsbestimmung auf die Wahl des Zeitpunkts des Inkrafttretens eines neuen Gesetzes überträgt. 116 Darauf, daß Stichtagsregelungen eine Form des Überrechts sind und deshalb einer übergreifenden Betrachtung bedürfen, hat vor allem Kloepfer, DÖV 1978, 225, 228, hingewiesen; vgl. aber auch Dürig, in Maunz/ Dürig, GG Art. 3 Abs. 1 Rdn. 224; Starck, in v. Mangoldt ! Klein, G G Art. 3 Rdn. 21; Aschke, Übergangsregelungen, S. 32 f.; ferner BVerfGE 44, 1, 21, wo das Gericht von der verfassungsrechtlichen Prüfung von „Stichtags- und anderen Übergangsvorschriften" spricht. 117

Vgl. oben Zweiter Teil, C. II. 7. a) aa). Dürig, in MaunzI Dürig, GG Art. 3 Abs. 1 Rdn. 200; vgl. dens., Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 257. 119 Dürig, Festschrift Tübinger Juristenfakultät, S. 21, 23. 120 Vgl. Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 170 Fn. 10. 121 BVerfGE 44, 1, 21; vgl. auch BVerfGE 13, 31, 38; 29, 283, 299; 43, 242, 288f.; 47, 85, 94. 122 Vgl. Gubelt, in v. Münch, GG Art. 3 Rdn. 27; Dürig in MaunzI Dürig, GG Art. 3 Abs. 1 Rdn. 204 mit Fn. 2, Rdn. 316ff. 123 Vgl. BVerfGE 44, 1, 21 („die der Rechtssicherheit dienende Einführung von Stichtagen"); Starck, in v. Mangoldt/ Klein, GG Art. 3 Rdn. 21. 118

124

5. Teil: Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens

Eine sachliche Beschränkung der Fortgeltung des alten Rechts kann dadurch erreicht werden, daß bestimmte Personen oder Sachverhalte von der Neuregelung ausgenommen werden. Insofern können zum Beispiel die Übergangsvorschriften in Art. 3 des Fünften Gesetzes zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 18. August 1980 124 angeführt werden: „ A u f die Erteilung der Erlaubnis an Personen, die bis zum Inkrafttreten dieser Bestimmung bereits die Erteilung beantragt haben, findet das Rechtsberatungsgesetz in der bisher geltenden Fassung Anwendung. Dasselbe gilt, wenn der Bewerber bei dem Inkrafttreten dieser Bestimmung erhebliche Vorbereitungen getroffen hatte, um eine Erlaubnis zu erlangen, und er den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis innerhalb eines Jahres nach diesem Zeitpunkt stellt." Diese Regelungen ergingen im Rahmen der Neuordnung des Berufs des Rechtsbeistandes. Sie enthalten eine sachliche Beschränkung zunächst insoweit, als Satz 1 einen Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zur Rechtsberatung verlangt. Satz 2 läßt dagegen „erhebliche Vorbereitungen" genügen, sofern der Antrag innerhalb eines Jahres gestellt wird 1 2 5 . Durch das Merkmal der „erheblichen Vorbereitungen" respektiert der Gesetzgeber eine Betätigung des Vertrauens, das der Berufsanwärter in den Fortbestand der bisherigen Regelung gefaßt hatte 1 2 6 . c) Härteklauseln Eine weitere Variante des Übergangsrechts bilden die sog. Härteklauseln 127 . Sie dienen dazu, besondere Härten, die sich durch die Anwendung einer gesetzlichen Regelung ergeben, zu beheben oder zu mildern 1 2 8 . Dies kann durch Einräumung finanzieller Vorteile oder staatlichen Anspruchsverzicht erfolgen. Aber auch eine partielle Aufrechterhaltung des bisherigen Rechtszustandes kann zur Milderung von Härten führen. Dabei besteht auch die Möglichkeit, daß die Neuregelung ausdrücklich für besondere Härtefalle Ausnahmen vorsieht. Ein anschauliches Beispiel bietet insoweit die Änderung des § 46 des Soldatengesetzes (SG). Nach § 46 Abs. 3 Satz 1 SG in seiner ursprünglichen Fassung vom 19. März 1956 129 konnte ein Berufssoldat jederzeit seine Entlassung aus dem Dienst verlangen. Dieses Recht wurde durch Gesetz vom 124 125 126 127

BGBl. I S. 1503; siehe auch BVerfGE 75, 246, 250. Vgl. dazu BVerfGE 75, 246, 278 ff. Vgl. BVerfGE 75, 241, 281 („Vertrauensinvestition").

Stern, Festschrift für Maunz, S. 381, 393 („Härtemilderungsklauseln"); ders., Staatsrecht, Bd. I, S. 837; Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 193 f., 274; Salzwedel, Die Verwaltung 1972, 11 20; Doehring, Staatsrecht, S. 191; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 169; Aschke, Übergangsregelungen, S. 24, 35; vgl. auch Schneider, Festschrift für Carl Schmitt (1959), S. 177 f., zum Erlaß eines besonders widrige Umstände ausgleichenden Einzelfallgesetzes. 128 Vgl. BVerfGE 39, 128, 143. 129 BGBl. I S. 114.

D. Leitlinien bei staatlichen Eingriffen in Vertrauenstatbestände

125

20. März I960 1 3 0 eingeschränkt. Fortan stand einem Berufsoffizier bis zum Ende des sechsten Dienstjahres als Offizier das Recht auf jederzeitige Entlassung nur zu, „wenn das Verbleiben im Dienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, beruflicher oder wirtschaftlicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde". Solche auf Dauer angelegte Härteklauseln lassen ihren Charakter als Übergangsvorschriften nicht ohne weiteres erkennen. Er wird aber daraus deutlich, daß der Gesetzgeber Härteklauseln regelmäßig im Zuge der Neuregelung einer Rechtsmaterie einfügt und auf diese Weise auch bereits bestehende Vertrauenstatbestände erfaßt. Härteklauseln entsprechen deutlich einem Bedürfnis nach Vertrauensschutz und dem am Verhältnismäßigkeitsprinzip orientierten Ausgleich der widerstreitenden Interessen 131 . d) Anpassungshilfen Eine Rechtsänderung kann ferner verbunden werden mit gesetzlich eingeräumten Anpassungshilfen 132 . A u f diese Weise wird dem betroffenen Bürger die Möglichkeit gegeben, den nachteiligen Folgen der Gesetzesänderung auszuweichen 133 . Anpassungshilfen stellen sich deutlich als Kompromißlösungen 134 zwischen staatlichem Änderungs- und privatem Bestandsinteresse dar und sind damit eine Form des Übergangsrechts 135. Zur Gewährung von Anpassungshilfen stehen dem Staat mannigfache Gestaltungsformen zur Verfügung. Die konkrete Ausgestaltung hängt ab von dem jeweiligen Rechtsgebiet, dem Grund der Rechtsänderung und der Art der Dispositionen. Deshalb können nur beispielhaft einige Möglichkeiten angedeutet werden. In Betracht kommen Überbrückungshilfen finanzieller und sachlicher Art, Umstellungssubventionen 136 , Ausgleichzahlungen für besondere 130

BGBl. I S. 206. Vgl. Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 193 f., der das Gebot, auf Härtefalle Bedacht zu nehmen, aus dem Erforderlichkeitsgedanken herleitet; näher liegen aber Zumutbarkeitserwägungen, vgl. BVerfGE 39, 128, 147; in der älteren Rechtsprechung wurde demgegenüber vornehmlich auf den allgemeinen Gleichheitssatz abgestellt, vgl. BVerfGE 4, 7, 22f.; 8, 38,40; BVerwGE 8, 334, 335f.; aus dem ältern Schrifttum: Peters, Die Verfassungsmäßigkeit des Verbots der Beförderung von Massengütern, S. 36. 131

132 Den Zusammenhang zwischen Anpassungshilfen und Vertrauensschutz betont besonders BVerwGE 18, 254, 264. Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 269 273 f., zeigt zudem den Bezug zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf. 133 Vgl. BVerwGE 18, 254, 264; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 229; Ossenbühl Staatshaftungsrecht, S. 184f. 134

Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 230. Vgl. Stern, Festschrift für Maunz, S. 381, 393; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 184f.; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 229ff., der veranschaulichend auch von staatlicher „Hilfe zur Umdisposition" spricht; ähnlich Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 169; Papier, in Maunz/Dürig, GG Art. 34 Rdn. 160: „Anpassungs- und Überbrückungshilfen". 135

136 Die Möglichkeit wirtschafts- und sozialpolitisch notwendiger Hilfen in Form von Subventionen betont Koppensteiner, BB 1967, 217, 222 Fn. 61; er meint, die Festsetzung

126

5. Teil: Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens

Nachteile und vieles mehr 1 3 7 . Hervorzuheben ist, daß es sich hierbei grundsätzlich nicht um — vorweggenommene — Entschädigungsleistungen handelt. Zwar mögen finanzielle Ausgleichsmaßnahmen echten Entschädigungen bereits so nahe stehen, daß sie von diesen praktisch nicht mehr zu unterscheiden sind. Zumindest bei allen anderen Maßnahmen handelt es sich jedoch um etwas substantiell anderes 138 . Anpassungshilfen bieten dem Staat die Möglichkeit, in geeigneten Fällen einen gerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu finden, ohne sich auf die bloße Liquidation entstandener Schäden zu beschränken 1 3 9 . e) Ersatz des Vertrauensschadens Schließlich besteht die Möglichkeit, dem Vertrauensschutz durch Ersatz des Vertrauensschadens Rechnung zu tragen 140 . Im Rahmen einer Rechtsänderung kann eine Vorschrift eingefügt werden, die dem Bürger einen Ausgleichsanspruch für die durch die Neuregelung entstandenen Nachteile einräumt. Dies hat den Vorzug, daß gleichzeitig der Vertrauensschutz gewahrt und den öffentliche Interessen voll zum Durchbruch verholfen werden kann 1 4 1 . M i t dem Vermögensausgleich läßt sich die Interessensituation entscheidend verändern 1 4 2 . Eine Rechtsänderung kann auch bei vergleichsweise weniger dringenden öffentlichen Interessen durchgeführt werden, wenn zugleich der entstehende Nachteil durch eine Entschädigung ausgeglichen wird 1 4 3 . Auch begründet der bloße Schadensersatz im Unterschied zu einer weitergehenden Bindung nicht von Mindestpreisen sei ein Verstoß gegen das Übermaßverbot, wenn sie anstelle von Subventionen erfolge. 137 Vgl. Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 229; Aschke, Übergangsregelungen, S. 24,35; ein Beispiel bietet auch BVerwGE 18,254,264, wo das Gericht die Einführung des gesetzlichen Vorbehalts von Genossenschaftswohnungen für Wohnungssuchende mit geringerem Einkommen nicht als Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes ansah, da die gefährdete Wirtschaftlichkeit der Wohnungen durch Maßnahmen verschiedener Art wiederhergestellt werde, zu denen insbesondere die Herabsetzung oder der vollständige Erlaß der Zinsen für das öffentliche Baudarlehen und die Erhöhung der Richtsatzmiete gehören. 138 Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 229 f. 139 Vgl. Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 230. 140 Vgl. Stern, Festschrift für Maunz, S. 381, 393: „finanzielle Abgeltung"; Püttner VVDStRL Heft 32 (1974), S. 200, 222, kommt zu dem Ergebnis, daß im Bereich des Verwaltungsrechts verfassungsrechtliche und allgemeine Erwägungen eher für die Berücksichtigung des Vertrauensschutzes durch Ersatz des Vertrauensschadens und nicht durch Aufrechterhaltung gesetzeswidriger Akte sprechen. Siehe auch bereits Ipsen, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 11 (1954), S. 129. 141 Vgl. Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 141, die allerdings zu Unrecht eine „Entschädigung ohne spezielle Ermächtigung" als Rechtsfolge des Vertrauensschutzes in Betracht zieht; dazu noch unten E. 142 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 141. 143 Vgl. Ott, Der Grundsatz der Nichtrückwirkung von Verwaltungsrechtsnormen, S. 115; Salzwedel, Die Verwaltung 1972, 11, 23.

D. Leitlinien bei staatlichen Eingriffen in Vertrauenstatbestände

127

den Verdacht, der einzelne werde durch eine rechtsungleiche Sonderbegünstigung privilegiert 144 . Die Möglichkeit finanzieller Abgeltung entfallt in Fällen, in denen keine in Geld meßbaren Nachteile entstanden sind 1 4 5 . Aber auch bei materiellen Einbußen ist die Entschädigungslösung regelmäßig keine ideale Form des Vertrauensschutzes. Vielfach hat der Vertrauensschaden nicht bei allen Betroffenen dieselbe Höhe. Die Neuregelung kann dann lediglich mit einem Anspruch auf Zahlung einer „angemessenen Entschädigung" verbunden werden. Im Einzelfall muß die Bestimmung der Schadenshöhe, die zudem auf große praktische Schwierigkeiten stoßen kann 1 4 6 , den Verwaltungsbehörden überlassen bleiben. Das Gesetz könnte allenfalls eine Höchstgrenze vorsehen. Der Gesetzgeber hat jedoch ein großes Interesse daran, die Überleitung der Altfalle selbst maßgeblich zu bestimmen. Andernfalls setzt er sich der Gefahr aus, daß die Neuregelung durch falsch verstandene und angewandte Kompensationsmöglichkeiten nicht mehr die mit ihr verfolgte Wirkung erzielen kann. Die Schaffung von Übergangsrecht durch Einräumung eines speziellen gesetzlichen Entschädigungsanspruchs kann daher nur von untergeordneter Bedeutung sein. Auf diese Möglichkeit wird der Gesetzgeber vielfach schon aus Gründen der Praktikabilität nicht zurückgreifen. 3. Die Wahl der richtigen Übergangsregelung

Die Frage, welche Form des Übergangsrechts der Gesetzgeber bei einer konkreten Rechtsänderung zu wählen hat, ist abstrakt nur schwer zu beantworten 1 4 7 . Im Grundsatz ist davon auszugehen, daß dem Gesetzgeber für die Regelung des Übergangs von altem zu neuem Recht notwendig ein weiter Spielraum eingeräumt ist14®. In aller Regel lassen sich der Verfassung keine sicheren Maßgaben für die Einzelheiten der zeitlichen Geltung des neuen Rechts entnehmen 149 . Die Besonderheiten von Einzelfallen können schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil Übergangsvorschriften notwendig abstrakt-generel144 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 142f.; Püttner, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 200, 218. 145 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 142; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 237; Rüberg, Vertrauensschutz, S. 124; Kisker, VVDStRL 32 (1974), S. 149, 181, 186f.; Zacher, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 255; vgl. auch Maurer, Festschrift Boorberg Verlag, S. 223, 242. 146

Vgl. dazu Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 143. Vgl. Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 837, der betont daß die Fälle einer „weichen Überleitung" ungemein schwer zu verallgemeinern sind. 148 BVerfGE 44, 1, 20f.; vgl. auch BVerfGE 43, 242, 288f.; 47, 85, 93; 53, 224, 253f.; Kloepfer, DÖV 1978,225,228,232; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 231; Götz, Festgabe BVerfG, Bd. II, S.421, 443; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 170. 149 BVerfGE 44, 1, 21. 147

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5. Teil: Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens

le Regelungen sind 1 5 0 . Der Gesetzgeber hat ein legitimes Interesse daran, den mit der Neuregelung verfolgten Zweck optimal, also vor allem möglichst effektiv zu verwirklichen. Hält er es zum Beispiel — gemessen am Ziel der Neuregelung — für untunlich, die Altfalle auslaufen zu lassen, kann er stattdessen eine Härteklausel einfügen 151 . U m sicherzustellen, daß die Rechtsänderung überhaupt ihr Ziel in absehbarer Zeit erreicht, kann er eine Stichtagsregelung vorsehen 152 . Praktikabilitätsfragen können in großem Umfang Beachtung verdienen 153 . Für verschiedene von einer Neuregelung betroffene Sachfragen können jeweils spezielle Übergangsregelungen getroffen werden. So enthält zum Beispiel das Baugesetzbuch vom 8. Dezember 1986 154 in §§ 233 ff. besondere Übergangsvorschriften u. a. für Bauleitplanung, Veränderungssperren, Vorkaufsrecht, Entschädigungen, Enteignung, Erschließung. Relevanten Sonderinteressen einer größeren Gruppe kann durch eine eigene Übergangsvorschrift Rechnung getragen werden 155 . Zu feine Abstufungen können dabei jedoch dazu führen, daß die praktische Anwendung der Übergangsregelungen entweder außerordentlich erschwert oder gar ausgeschlossen wird; die Praktikabilität derartiger Übergangsregelungen ist dann nicht mehr gewährleistet 156 . Diese Fragen muß der Gesetzgeber bei der Ausformung des Übergangsrechts berücksichtigen. Hierzu steht ihm ein „breiter Gestaltungsspielraum" 157 zur Verfügung. Gleichwohl ist der Gesetzgeber nicht völlig frei. Er hat die durch die Verfassung vorgegebenen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit zu beachten. Die Übergangsregelung muß so ausgestaltet sein, daß sie — entsprechend dem Gebot zur Herstellung praktischer Konkordanz — das staatliche Änderungsinteresse und das gegenläufige private Bestandsinteresse zum Ausgleich zu bringen vermag 158 . Maßgeblich ist insofern zunächst der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Übergangsregelung muß geeignet sein, das staatliche Änderungsvorhaben zu realisieren und den Vertrauenstatbestand des einzelnen zu schonen; sie muß erforderlich, d. h. unvermeidbar, und zumutbar sein 159 . Die Abwägung der widerstreitenden Interessen erfolgt auf der Grundlage des aus dem 150

Vgl. BVerfGE 75, 246, 282; Kloepfer, DÖV 1978, 225 231; Aschke, Übergangsregelungen, S. 50, 79. 151 Vgl. BVerfGE 39, 128, 146 f. zur Neuregelung von §46 Abs. 4 SG. 152 BVerfGE 75, 78, 106. 153 BVerfGE 44, 1, 22; 44, 283, 288f.; vgl. auch BVerfGE 21, 209, 217f.; 25, 101, 109. 154 BGBl. I S. 2253. 155 Zur verfassungsmäßigen Beurteilung der damit einhergehenden Ungleichbehandlung: BVerfGE 44, 283, 288 f. 156 Vgl. Kloepfer, DÖV 1978, 225, 231, der Übergangsregelungen daher unter einen „Vorbehalt der Praktikabilität" stellen möchte. 157 BVerfGE 43, 242, 288. 158 Vgl. Kloepfer, DÖV 1978, 225, 230; Aschke, Übergangsregelungen, S. 48 f. 159 Vgl. Kloepfer, DÖV 1978, 225, 231, 232; Salzwedel, Die Verwaltung 1972, 11, 21 f.

E. Rechtsfolge des Vertrauensschutzes

129

Verhältnismäßigkeitsprinzip herleitbaren „Prinzips der größtmöglichen Schonung eines erworbenen Besitzstandes" 160 . Darüber hinaus sind die oben erarbeiteten Abwägungsleitlinien zu berücksichtigen. Zwar bieten diese Kriterien oftmals keine eindeutige Entscheidung im Hinblick auf den Schutz eines Vertrauenstatbestandes. Doch zeigen sie eine Tendenz auf, die dem Gesetzgeber als Orientierungshilfe dienen kann. Sie ist bei der Ausgestaltung einer konkreten Übergangsregelung zu beachten. Greift die Neuregelung etwa in einen Vertrauenstatbestand ein, der durch staatlich veranlaßtes Vertrauen und intendierte Dispositionen begründet worden ist, muß aus Gründen des Vertrauensschutzes eine großzügige Übergangsregelung geschaffen werden. Sie wird die bestehenden Vertrauenstatbestände entweder von der Neuregelung ausnehmen oder aber zumindest eine Frist setzen müssen, die genügend Zeit für Umdispositionen läßt 1 6 1 . Konnte das Gesetz dagegen nur ein spekulatives Vertrauen der Bürger begründen, ist der Gesetzgeber bei einer Rechtsänderung nicht auf eine bestimmte Form des Übergangs festgelegt. Sein Spielraum ist hier größer als in den Fällen staatlich veranlaßten Vertrauens. Der Gesetzgeber kann vielfaltige Überlegungen anstellen und Differenzierungen vornehmen. Anhand der genannten Leitlinien kann er danach unterscheiden, ob die Neuregelung in bereits entstandene Rechte eingreift oder lediglich die Entstehung von Rechtspositionen für die Zukunft vereitelt 162 . Auch kann er sowohl die Intensität des Eingriffs als auch die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel und Kapazitäten berücksichtigen.

E. Rechtsfolge des Vertrauensschutzes Als Rechtsfolgen des Vertrauensschutzes werden die Bindung des Staates an die Vertrauensgrundlage, die Schaffung von Übergangsregelungen und die Zahlung einer Entschädigung genannt 163 . Weber-Dürler bezeichnet den Bestandsschutz dabei als primäre Rechtsfolge. Gegenüber dem Gesetzgeber werde er bei der echten sowie bei der unechten Rückwirkung aktuell, stehe dieser entgegen und sichere die Anwendbarkeit des bisherigen Rechts 164 . Neben 160

Vgl. oben C, a.E. Vgl. Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 295, der unbedingten Schutz von Dispositionen der Bürger fordert, „die nicht mehr oder nur unter unzumutbarem Aufwand abänderbar sind"; einschränkend Burmeister, DÖV 1981, 503, 511, der eine unbefriste Übergangsregel nur „in extrem gelagerten Sonderfallen" für geboten hält. 162 Eine Übergangsregelung zum Schutz von Dispositionen, die lediglich in Ausnutzung einer günstigen Rechtslage getroffen worden sind, enthält z. B. § 106 Abs. 4 GüKG; nach dieser Vorschrift gilt solchen Personen, die nachweislich bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Güternahverkehrsgewerbe betrieben haben, die nunmehr nach § 80 G ü K G erforderliche Erlaubnis als erteilt. 161

163

Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 128 ff.; Lötz, WiVerw. 1979,1, 2,12; Salzwedel, Die Verwaltung 1972, 11, 12; vgl. auch Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 229ff. 164 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 130. 9 Muckel

130

5. Teil: Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens

Übergangslösungen biete sich, wenn im wesentlichen Vermögenswerte Interessen des Bürgers auf dem Spiel stehen, die Entschädigung als geeigneter Mechanismus an, um die drohende Benachteiligung abzugleichen. Insofern wird zunächst nicht an die Einfügung eines spezialgesetzlichen Entschädigungsanspruchs als grundsätzlich zulässige Form des Übergangsrechts gedacht. Vielmehr wird eine „Entschädigung ohne spezielle Ermächtigung" erwogen 165 . Der Gesetzgeber, der in Vertrauenstatbestände der Bürger eingreifen will, muß die widerstreitenden Interessen abwägen, um herauszufinden, welches Gewicht das Vertrauen des einzelnen hat. Damit steht aber, wie dargelegt, noch nicht fest, auf welche Weise er dem Vertrauensschutz des einzelnen Rechnung tragen will. Insoweit verbleibt ihm grundsätzlich ein Gestaltungsspielraum, der es ermöglicht, eine sachgerechte Form des Übergangs zu finden. Fest steht allein, daß er das Vertrauen des einzelnen entsprechend seiner Bedeutung im Verhältnis zu dem staatlichen Änderungsinteresse beachten muß. Andernfalls wäre der Eingriff verfassungswidrig 166. Eine Form des Übergangs ist der Bestandsschutz; das neue Recht läßt die sog. Altfalle unangetastet. Auch die Einfügung einer Entschädigungsregelung ist eine Möglichkeit der „weichen Überleitung". Weil die Interessenabwägung häufig aber nicht dazu führen wird, daß entweder nur Bestandsschutz, Entschädigung oder eine andere bestimmte Form des Übergangs geboten ist, können diese Gestaltungsmöglichkeiten nicht als Rechtsfolgen des Vertrauensschutzes angesehen werden. Sie dienen der Herstellung praktischer Konkordanz und sind so in erster Linie nicht Konsequenzen, sondern gleichsam Bausteine des Vertrauensschutzes. Rechtsfolge des Vertrauensschutzes ist das allgemeine, an den Staat gerichtete Gebot angemessener Beachtung von Vertrauenstatbeständen. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, das Bestandsinteresse des Bürgers im Wege der Abwägung zu dem staatlichen Änderungsinteresse ins Verhältnis zu setzen und ihm dann entsprechend Rechnung zu tragen. Unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes erhält der Bürger ein verfassungsrechtliches Abwehrrecht gegen bestimmte, nicht voraussehbare hoheitliche Maßnahmen 167 . Dies ergibt sich zum einen aus Grundrechten und zum anderen aus der subjektiv-rechtlichen Komponente des rechtsstaatlichen Rechtssicherheitsgebotes. Der Bürger verfügt über ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, von übermäßigen Eingriffen in bestehende Vertrauenstatbestände verschont zu werden. Ein Anspruch auf bestimmte staatliche Maßnahmen wird ihm damit nicht an die Hand gegeben. Einen „echten Anspruch auf die Übergangsregelung" 168 kann der Vertrauensschutz nicht gewähren 169 . Aus der 165 Weber-Dürler, Vertrauensschutz, S. 140f.; vgl. auch Püttner, VVDStRL Heft 32 (1974), S. 200, 217 ff., 222; ihm zustimmend Bachof, Diskussionsvotum, in VVDStRL Heft 32 (1974), S. 229. 166 y g i Salzwedel, Die Verwaltung 1972,11,12, der auch die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung als Rechtsfolge des Vertrauensschutzes ansieht. 167

Vgl. Burmeister,

Die Verwaltung 1972, 21, 33.

E. Rechtsfolge des Vertrauensschutzes

131

Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Neuregelung infolge Fehlens einer angemessenen Übergangsregelung folgt nicht zwingend, daß i n diesem F a l l eine Rechtspflicht für den Gesetzgeber besteht, Übergangsvorschriften zu normieren. Selbst wenn das Tätigwerden des Gesetzgebers rechtlich erzwungen werden könnte, stünde i h m weiter die Entscheidungsfreiheit darüber zu, auf welchem Wege er die Verfassungswidrigkeit vermeiden will. Hierzu könnte der Gesetzgeber auch ganz ^ u f die Neuregelung verzichten 1 7 0 . A u c h ein subjektives Recht auf finanzielle Kompensation läßt sich daher nicht aus dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz herleiten 1 7 1 . Insoweit bleibt der Betroffene, wenn die Neuregelung nicht m i t einer speziellen Entschädigungsvorschrift verbunden w i r d , auf die Institute des allgemeinen Staatshaftungsrechts (insbesondere Amtshaftung, enteignender bzw. enteignungsgleicher Eingriff) verwiesen 1 7 2 .

168 Leisner, Festschrift für Berber, S. 273, 297; ähnlich Aschke, Übergangsregelungen, S. 401 f., der den „Inhabern alter Eigentumsrechte" einen „Anspruch auf angemessene Rücksichtnahme des Gesetzgebers" zuspricht, der „Übergangsfristen, Ausnahmeklauseln für Härtefalle, Ausgleichsmaßnahmen oder Entschädigungsleistungen" erforderlich mache; vgl. ferner Salzwedel, Die Verwaltung 1972,11,12; Burmeister, Vertrauensschutz im Rechtsstaat, S. 271, der zu dem Ergebnis kommt, Vertrauensschutz realisiere sich gegenüber der Legislative in einem Unterlassungsanspruch, der zum Belassen der alten Regelung führe; Schlenker, Soziales Rückschrittsverbot, S. 170 („generelle Pflicht zur Schaffung von Übergangsrecht"); Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 273 f. 169 So im Ergebnis auch Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 230f.; Pieroth, Rückwirkung, S. 153 f., 384; Wiegel, Verfassungsrechtliche Probleme einer staatlichen Investitionslenkung, S. 170; Iliopoulos-Strangas, Rückwirkung, S. 139 f. 170 Iliopoulos-Strangas, Rückwirkung, S. 139 f., 309. 171 Vgl. Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, S. 231; Wiegel, Verfassungsrechtliche Probleme einer staatlichen Investitionslenkung, S. 170 Rüberg, Vertrauensschutz, S. 103 Fn. 3; Burmeister, Die Verwaltung 1969, 21, 30 ff., 34; Lerche, DÖV 1961, 486, 489. 172 Burmeister, Die Verwaltung 1969,21, 30, betont zu Recht, daß der numerus clausus der Ersatzinstitute in dem verfassungsrechtlich vorgezeichneten System staatlicher Ersatzleistungen nicht durch neue, mit Billigkeitserwägungen gerechtfertigte Ausgleichstatbestände aufgeweicht werden darf; vgl. auch Rüberg, Vertrauensschutz, S. 103 Fn. 3; Ossenbühl, Rücknahme, S. 66ff.; Laubinger, Der Verwaltungsakt mit Drittwirkung, S. 192; Luhmann, Öffentlich-rechtliche Entschädigung rechtspolitisch betrachtet, S. 238 f. Kriele, DÖV 1967, 531, 536 f. 9*

Zusammenfassung Das Ziel des Vertrauensschutzes gegenüber dem Gesetzgeber ist die Beibehaltung des bisherigen Rechtszustandes. Vertrauensschutz bezweckt eine Bindung der Gesetzgebung an geltendes Recht. Dies birgt Gefahren für die im Grundgesetz angelegte Gewaltenbalance, die legislative Gestaltungsfreiheit und auch die Rechtssicherheit, solange nicht allgemeingültige Kriterien „schutzwürdigen Vertrauens" herausgestellt werden können. Die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes bestimmen sich zunächst nach den jeweils betroffenen Verfassungsnormen. Der Gedanke des Vertrauensschutzes beruht nicht auf einer einzelnen Vorschrift des Grundgesetzes. Im Bereich der Grundrechte und grundrechtsähnlichen Rechte wird Vertrauensschutz u.a. durch Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 2 Abs. 2 und Art. 33 Abs. 5 GG gewährt. Verfassungsnormen, die einen Status schützen, umfassen in der Regel auch Bestandsschutz. Die Grenze des Vertrauensschutzes wird durch den Schutzbereich der jeweiligen Norm vorbestimmt. Einen lückenlosen grundrechtlichen Vertrauensschutz gibt es nicht. Der Vertrauensschutz geht nicht in den Grundrechten auf. Soweit Grundrechte nicht einschlägig sind, kann der im Rechtsstaatsprinzip verankerte Rechtssicherheitsgrundsatz dem Bürger Vertrauensschutz gewähren. Es gilt die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Herleitungskette Rechtsstaatlichkeit — Rechtssicherheit — Vertrauensschutz. Kriterien des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes hat das Bundesverfassungsgericht in einer Vielzahl von Entscheidungen zum Problem der Rückwirkung belastender Gesetze entwickelt. Das Gericht differenzierte zunächst stets zwischen „echter" und „unechter" Rückwirkung. Während der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts an dieser Rechtsprechung festhält, unterscheidet der Zweite Senat heute zwischen „tatbestandlicher Rückanknüpfung" und „Rückbewirkung von Rechtsfolgen". Beide Unterscheidungen sind jedoch aus mehreren Gründen abzulehnen. Der entscheidende Mangel dieser Rechtsprechung liegt darin, daß das Gericht sich einseitig auf den Rückwirkungsbegriff konzentriert. Der einzelne fragt jedoch nicht, ob eine für ihn ungünstige Rechtsfolge an vergangene, gegenwärtige oder zukünftige Sachverhalte geknüpft wird. Ihn interessiert allein, ob sein Vertrauen in die Kontinuität des Rechts enttäuscht und entsprechend getroffene Dispositionen entwertet werden. „Schutzwürdigers Vertrauen" setzt einen Vertrauenstatbestand des Bürgers voraus, der im Verhältnis zu dem Interesse des Gesetzgebers an einer Rechtsänderung eine überwiegende Bedeutung hat. Die Voraussetzungen eines grundrechtlichen Vertrauenstatbestandes ergeben sich aus den tatbestandlichen

Zusammenfassung

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Merkmalen der jeweiligen Grundrechtsvorschrift. Das Vorliegen eines rechtsstaatlichen Vertrauenstatbestandes setzt voraus, daß sich das Vertrauen des einzelnen auf eine bestimmte gesetzliche Regelung (Vertrauensgrundlage) bezieht. Die gesetzliche Vertrauensgrundlage kann unterschiedlich ausgestaltet sein und ein mehr oder weniger großes Vertrauen des Bürgers in ihren Fortbestand bewirken (Vertrauensdichte). Einen zusätzlichen Bedeutungszuwachs erhält das Vertrauen des einzelnen, wenn es durch entsprechende Dispositionen manifestiert wurde. Im Rahmen der erforderlichen Abwägung von privatem Bestandsvertrauen und staatlichem Änderungsinteresse ist durch gegenseitige Begrenzung beiden Positionen zu optimaler Wirksamkeit zu verhelfen; es ist praktische Konkordanz herzustellen. Die grundlegende Leitlinie der Abwägung der widerstreitenden Interessen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Im einzelnen ist zu berücksichtigen, daß das Ziel des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes in einer Bindung des Staates an seine eigenen Handlung besteht. Ob und inwieweit der Gesetzgeber gebunden ist, muß davon abhängen, in welcher Form er den Bürger dazu angehalten hat, Vertrauen in die Beständigkeit der Rechtslage zu fassen und entsprechend zu disponieren. Der Gesetzgeber kann nur in dem Maße an sein früheres Handeln gebunden sein, in dem er das Vertrauen des Bürgers erweckt und ihn zu Dispositionen angehalten hat. Bei staatlich veranlaßtem Vertrauen und gesetzesintendierten Dispositionen ist daher das private Bestandsinteresse grundsätzlich vorrangig. Das Risiko einer Entwertung spekulativer Dispositionen trifft demgegenüber grundsätzlich den Bürger. Bei dem Ausgleich der widerstreitenden Interessen erweist sich die besondere Bedeutung von Übergangsvorschriften. „Übergangsgerechtigkeit" bedeutet praktische Konkordanz bei Rechtsänderungen. Der Gesetzgeber hat vielfaltige Möglichkeiten zur Ausgestaltung des konkreten Übergangsrechts: er kann das neue Recht auf künftig entstehende Vertrauenstatbestände beschränken, das alte Recht in eingeschränktem Umfang aufrechterhalten, Härteklauseln oder Anpassungshilfen einfügen oder eine Entschädigungsregelung treffen. Die Wahl der richtigen Übergangsregelung richtet sich im Einzelfall nach dem Gewicht der gegenläufigen Interessen.

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