Ökonomische Erfolge und Mißerfolge der deutschen Vereinigung - Eine Zwischenbilanz [Reprint 2019 ed.] 9783110511727, 9783828253735

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Ökonomische Erfolge und Mißerfolge der deutschen Vereinigung - Eine Zwischenbilanz [Reprint 2019 ed.]
 9783110511727, 9783828253735

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
I. DIE ORDNUNGSPOLITISCHEN GRUNDENTSCHEIDUNGEN - TRANSFORMATION DES WIRTSCHAFTSSYSTEMS
1. Materialien zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland 1987 als statistische Grundlage für die Staatsverträge mit der ehemaligen DDR
2. Privatisierungsstrategien in den neuen Bundesländern
3. Enteignung und Restitution (Begründung, Durchführung, Auswirkungen)
4. Wettbewerbspolitische Aspekte des Vereinigungsprozesses
5. Die Vereinigung: Verpaßte ordnungspolitische Chancen
II. WÄHRUNGSUNION UND DIE FINANZPOLITISCHEN ASPEKTE DES VEREINIGUNGSPROZESSES
1. Währungsunion in Deutschland: Konsequenzen für die Geldpolitik
2. Das Finanzmanagement der deutschen Einheit: eine politökonomische Betrachtung
III. ARBEITSMÄRKTE UND ARBEITSRECHT
1. Von der Arbeitskräftebilanzierung zur Tarifautonomie - der Weg der neuen Bundesländer in die Arbeitslosigkeit
2. Die Übertragung des Arbeitsrechts als Transformationsproblem der alten Bundesländer auf die neuen Bundesländer
3. Humanvermögensentwertung durch die Vereinigung - Das Beispiel der Hochschulen
IV. Außenwirtschaftliche Aspekte der Vereinigung
1. Auswirkungen der Vereinigung auf Handelsströme, Leistungsbilanz und Kapitalbilanz
2. Europäische Dimensionen der deutschen Vereinigung
V. AUSGEWÄHLTE WIRTSCHAFTSPOLITISCHE PROBLEME
1. Aufbau einer mittelständischen Wirtschaft in den neuen Bundesländern
2. Die Kontroverse um die Erhaltung industrieller Kerne in den neuen Bundesländern
VI. WIRTSCHAFTSGESCHICHTLICHER RÜCKBLICK
1. Der Prozeß der wirtschaftlichen Einigung Deutschlands. Das Beispiel des Deutschen Zollvereins 1834 - 1871
VII. DEUTSCHE VEREINIGUNG UND TRANSFORMATIONEN IN OSTEUROPA
1. Ansatzpunkte einer vergleichenden Analyse von Transformationsproblemen in ausgewählten europäischen Ländern
2. Barrieren für eine Transformation des Wirtschaftssystems in Rußland
Personenregister
Sachregister
Autoren und Seminarteilnehmer

Citation preview

G. Gutmann und U. Wagner (Hg.)

Ökonomische Erfolge und Mißerfolge der deutschen Vereinigung - Eine Zwischenbilanz

Schriften zum Veigleich von Wirtschaftsordnungen

Herausgegeben von Prof. Dr. G. Gutmann, Köln Dr. H. Hamel, Marburg Prof. Dr. K. Pleyer, Köln Prof. Dr. A. Schüller, Marburg Unter Mitwirkung von Prof. Prof. Prof. Prof.

Dr. Dr. Dr. Dr.

D. H. H. U.

Cassel, Duisburg G. Krüsselberg, Marburg J. Thieme, Düsseldorf Wagner, Pforzheim

Redaktion: Dr. Hannelore Hamel

Band 45:

ökonomische Erfolge und Mißerfolge der deutschen Vereinigung - Eine Zwischenbilanz

Gustav Fischer Verlag • Stuttgart • Jena • New York • 1994

Ökonomische Erfolge und Mißerfolge der deutschen Vereinigung - Eine Zwischenbilanz

Herausgegeben von

Gemot Gutmann und Ulrich Wagner

Mit Beiträgen von

Thomas Apolte, Silke Baumann, Dieter Cassel, Ulrich Cichy, Karl von Delhaes, Dietrich von Delhaes-Guenther, Hans-Heribert Derix, Johannes Ditges, Helmut Gröner, Gemot Gutmann, Stefanie Hamacher, Karl-Hans Hartwig, Peter Hertner, Hans-Joachim Hof, Peter von der Lippe, Michael Möller, Bernd Noll, Gerhard Opitz, Reinhard Peterhoff, Ingo Pies, H. Jörg Thieme, Ulrich Wagner

17 Abbildungen und 44 Tabellen

Gustav Fischer Verlag • Stuttgart • Jena • New York • 1994

Anschriften der Herausgeber: Prof. Dr. Gernot Gutmann Universität zu Köln Staatswissenschaftliches (Volkswirtschaftliches) Seminar Albertus-Magnus-Platz 50923 Köln Prof Dr. Ulrich Wagner Fachhochschule Pforzheim Tiefenbronner Str. 65 75175 Pforzheim Anschrift der Redaktion der »Schriften zum Vergleich von Wirtschaftsordnungen«: Dr. Hannelore Hamel Forschungsstelle zum Vergleich wirtschaftlicher Lenkungssysteme Barfüßertor 2 35032 Marburg

Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ökonomische Erfolge und Mißerfolge der deutschen Vereinigung - Eine Zwischenbilanz hrsg. von Gernot Gutmann und Ulrich Wagner Mit Beitr. von Thomas Apolte ... - Stuttgart, Jena, New York, G. Fischer 1994 (Schriften zum Vergleich von Wirtschaftsordnungen, Bd. 44) ISBN 3-437-50373-1 NE: Gutmann, Gernot (Hg ), Apolte, Thomas: GT

© Gustav Fischer Verlag • Stuttgart • Jena • New York • 1994 Wollgrasweg 49 • D-70599 Stuttgart (Hohenheim) Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck und Einband: S & W Druckerei und Verlag GmbH, Marburg Printed in Germany

ISBN 3-437-50373-1 ISSN 0582-0243

V

Vorwort Mit der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion vom 1 .Juli 1990 und der staatlichen Vereinigung der beiden Teile Deutschlands am 3. Oktober des gleichen Jahres wurde in den neuen Bundesländern eine fundamentale Transformation der Wirtschaftsordnung in Gang gesetzt. Nicht zuletzt dies unterscheidet den heutigen Prozeß einer wirtschaftlichen Vereinigung Deutschlands von jenem historisch früheren, der durch den 1834 ins Leben gerufenen Deutschen Zollverein ausgelöst wurde, und der dem 1871 erfolgten politischen Zusammenschluß der deutschen Staaten vorausging. Die Zentralverwaltungswirtschaft sowjetischen Typs, wie sie in der früheren DDR bestand, wurde abgelöst durch den Ordnungstyp Soziale Marktwirtschaft, wie er sich seit 1948 in Westdeutschland entwikkelt hatte. Daß ein solcher Systemumbruch in Ostdeutschland für alle Bereiche der Wirtschaft - sei es das Währungs- und Finanzwesen, die Struktur der Produktion, die Beschäftigung, das Bildungswesen, die außenwirtschaftlichen Beziehungen oder das Sozialsystem - mit gravierenden und Zeit beanspruchenden Umstellungs- und Anpassungsproblemen verbunden sein würde, war vorherzusehen. Rund vier Jahre sind seitdem vergangen, und es ist - auch wenn man vom letztlichen Gelingen des Neuaufbaus der ostdeutschen Wirtschaft überzeugt ist - sicherlich von Nutzen, den Versuch zu unternehmen, eine zumindest fragmentarische Zwischenbilanz der Entwicklung zu ziehen. Damit befaßte sich das 27. Internationale Forschungsseminar Radein zum Vergleich von Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen in der Zeit vom 16. bis 27. Februar 1994 im Bergdorf Radein in der Provinz Bozen. An diesem Seminar haben Wissenschaftler als Referenten und Diskutanten mitgewirkt, zu deren Forschungsprogramm Fragen der Wirtschaftsordnung und des Vergleichs von Wirtschaftssystemen zählen. Die in diesem Band vorgelegten Beiträge sind das Ergebnis der in Radein geführten Diskussionen. Die Herausgeber möchten allen herzlich danken, die diese Publikation ermöglicht haben. Dieser Dank gilt außer den Autoren zunächst Frau Dr. Hannelore Hamel, Marburg, für die organisatorische Vorbereitung und Begleitung der Tagung. Frau Irmgard Fichtner, Köln, hat es durch ihren unermüdlichen Einsatz erreicht, daß aus recht heterogen ausgestalteten Einzelbeiträgen letztlich ein geschlossenes Buch geworden ist, dessen Teile in formaler Hinsicht miteinander abgestimmt sind. Auch hat sie in ständigem Kontakt mit den Autoren und den Herausgebern die unvermeidlichen Korrekturen vorgenommen. Es sei ihr f ü r ihre große Hilfe ein besonderes Wort des Dankes gesagt. Herr Diplomvolkswirt Christof Welker hat letzte, die Literaturverzeichnisse betreffende Recherchen vorgenommen, bei den Korrekturen mitgeholfen und, unterstützt von Frau stud. rer. pol. Anna Holzner und Herrn Elias Paraskewopoulos, das Register angefertigt. Großer Dank gebührt der Rudolf Siedersieben "sehen Otto Wolff-Stiftung für die großzügige finanzielle Förderung der Tagung 1994 des Internationalen Forschungsseminars Radein und für die zusätzliche Unterstützung bei der Herausgabe dieses Bandes.

Köln und Pforzheim, im Juli 1994

Gernot Gutmann und Ulrich Wagner

VII

Inhalt

L

Die ordnungspolitischen Gmndentscheidungen Transformation des Wirtschaftssystems 1.

IL

HL

Materialien zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland 1987 als statistische Grundlage für die Staatsverträge mit der ehemaligen DDR Peter von der Lippe

2.

Privatisierungsstrategien in den neuen Bundesländern Johannes Ditges

3.

Enteignung und Restitution (Begründung, Durchführung, Auswirkungen) Gerhard Opitz

4.

Wettbewerbspolitische Aspekte des Vereinigungsprozesses Bernd Noll

5.

Die Vereinigung: Verpaßte ordnungspolitische Chancen Thomas Apolte, Dieter Cassel, E. Ulrich Cichy

3

37

59

77

105

Währungsunion und die finanzpolitischen Aspekte des Vereinigungsprozesses 1.

Währungsunion in Deutschland: Konsequenzen für die Geldpolitik . . 131 H. Jörg Thieme

2.

Das Finanzmanagement der deutschen Einheit: eine politökonomische Betrachtung Karl-Hans Hartwig, Ingo Pies

159

Arbeits markte und Arbeitsrecht 1.

2.

Von der Arbeitskräftebilanzierung zur Tarifautonomie - der Weg der neuen Bundesländer in die Arbeitslosigkeit Ulrich Wagner

185

Die Übertragung des Arbeitsrechts als Transformationsproblem der alten Bundesländer auf die neuen Bundesländer Hans-Heribert Derix

211

VIII

3.

IV.

2.

2.

Europäische Dimensionen der deutschen Vereinigung Hans-Joachim Hof

253

267

Aufbau einer mittelständischen Wirtschaft in den neuen Bundesländern Dietrich von Delhaes-Guenther

297

Die Kontroverse um die Erhaltung industrieller Kerne in den neuen Bundesländern Silke Baumann, Helmut Grüner

315

Wirtschaftsgeschichtiicher Rückblick 1.

VIL

Auswirkungen der Vereinigung auf Handelsströme, Leistungsbilanz und Kapitalbilanz Michael Möller

Ausgewählte wirtschafts politische Probleme 1.

VL

227

AuBenwirtschaftliche Aspekte der Vereinigung 1.

V.

Humanvermögensentwertung durch die Vereinigung Das Beispiel der Hochschulen Gemot Gutmann, Stefanie Hamacher

Der Prozeß der wirtschaftlichen Einigung Deutschlands. Das Beispiel des Deutschen Zollvereins 1834 - 1871 Peter Hertner

341

Deutsche Vereinigung und Transformationen in Osteuropa 1.

2.

Ansatzpunkte einer vergleichenden Analyse von Transformationsproblemen in ausgewählten europäischen Ländern Karl von Delhaes

359

Barrieren für eine Transformation des Wirtschaftssystems in Rußland Reinhard Peterhoff

381

Personenregister Sachregister Autoren und Seminarteilnehmer

399 403 408

1

L

DIE ORDNUNGSPOLITISCHEN GRUNDENTSCHEIDUNGEN TRANSFORMATION DES WIRTSCHAFTSSYSTEMS

3

Materialien zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland 1987 als statistische Grundlage für die Staatsverträge mit der ehemaligen DDR Peter von der Lippe

1

Quellen statistischer Kenntnisse über die DDR

4

1.1. 1.2. 1.3.

Materialien zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland 1987 Einschätzung der Zuverlässigkeit der amtlichen Statistik der DDR zur damaligen Zeit Methodische Bemerkungen

2.

Produktionsfaktoren und Wirtschaftsstruktur

2.1. 2.2. 2.3.

Arbeitspotential, Bildung und Forschung Kapitalstock und Investitionen Umweltprobleme

9 12 13

3.

Leistungsvergleich (Produktion und Produktivität)

14

3.1. 3.2. 33 3.4. 3.5.

Gesamtwirtschaft Industrie Energie Landwirtschaft Handel und Verkehr

14 15 16 17 18

4.

Indikatoren des Lebensstandards

19

4.1 4.2. 4.3.

Einkommen Preise und Kaufkraft Verbrauch und Lebensstandard

19 20 21

5.

Öffentliche Haushalte, Finanzwesen und soziale Sicherung

23

6.

Außenwirtschaft und innerdeutsche Wirtschaftsbeziehungen

25

7.

Schlußbemerkung

28

. 4 5 6 9

Anhang

29

Literatur

35

4

1.

Quellen statistischer Kenntnisse über die DDR

1.1.

Materialien zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland 1987

Nach der Vereinigung Deutschlands wurde wiederholt die Frage gestellt, von welchem Kenntnisstand man in westdeutschen Regierungskreisen zur Zeit der offenbar ziemlich unerwarteten "Wende" in der DDR über den anderen deutschen Staat ausgehen konnte. In Schriften von Autoren der unterschiedlichsten politischen Couleur wurde über Fehlinformationen, Defizite in kritischer DDR-Forschung oder gar Schönfärberei geklagt' und wie aus Äußerungen vieler seinerzeit unvorbereitet mit Einschätzungen der DDR-Wirtschaft befaßter Politiker und Ministerialbeamter zu schließen ist, scheint der Kenntnisstand seinerzeit wohl überwiegend als unzureichend und deshalb unbefriedigend empfunden worden zu sein. Das betrifft vor allem die Kenntnis über detaillierte Zahlenangaben der Statistik für die DDR, aufbereitet in ähnlicher Weise, wie man sie von Westdeutschland gewohnt war. Ob die Klagen berechtigt waren, ob statistische Informationen wirklich fehlten oder vielleicht nur falsch interpretiert worden sind und ob fehlende Daten überhaupt eine ihnen zugemessene Bedeutung hatten oder hätten haben können, soll hier nicht untersucht werden. Es kann auch nicht dargelegt werden, was alles aus wissenschaftlichen Aufsätzen, Büchern, Zeitschriftenartikeln oder gar aus jetzt immer wieder in der Diskussion vermuteten Geheimdienstberichten oder ähnlichen, auch ausländischen Unterlagen hätte herausgelesen werden können. Gegenstand der folgenden Ausführungen ist vielmehr nur eine Darstellung der statistischen Feststellungen über die DDR in den "Materialien zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland 1987". Mit diesen "Materialien" wurde von der Bundesregierung der vierte Band dieser Art vorgelegt. Im Unterschied zu den Materialien von 1971, 1972 und 1974 wurde in diesem Band von 1987 aber nicht nur eine umfangreiche statistisch empirische Arbeit (als Teil B) vorgelegt, sondern dieser auch eine ca. 240 Seiten lange Darstellung von ordnungstheoretischen Problemen des Vergleichs als Teil A vorangestellt, an der viele Autoren, unter anderem auch Autoren dieses Buches, mitgearbeitet haben. Da die folgenden Abschnitte hauptsächlich statistische Ergebnisse referieren, wird in erster Linie auf Teil B Bezug genommen. Er ist (ähnlich wie frühere Materialien-Bände) in der Verantwortung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, entstanden. Die statistischen Informationen der Materialien sind außerordentlich umfangreich und detailliert. Man darf davon ausgehen, daß dies wohl die umfassendste Sammlung statistischer Daten über die DDR zur damaligen Zeit war, nicht nur in Westdeutschland, sondern vermutlich auch in der DDR, wo es ähnliche Zusammenstellungen wohl nicht gab, zumindest nicht in zusammenhängender und allgemein zugänglicher Form. Die Daten, die

Hacker (1992), Pnewe; Hickel (1991).

5 in der Bundesrepublik über die DDR damals zur Zeit der Wende in der DDR vorhanden waren, dürften wohl in jedem Fall mehr oder weniger ausschließlich aus einer Auswahl 2 oder Ergänzung der Materialien-Datensammlung bestanden haben, vielleicht aktualisiert mit neueren Angaben des DIW oder auch mit Daten der amtlichen Statistik der DDR. Es hat den Anschein, als wurde seinerzeit auch ausgiebig Gebrauch gemacht vom Statistischen Jahrbuch der DDR. 3 1.2.

Einschätzung der Zuverlässigkeit der amtlichen Statistik der DDR zur damaligen Zeit

Der wiederholt gestellten Frage, ob denn die DDR-Statistik so vertrauenswürdig sei, daß ihre Zahlenangaben in vergleichenden statistischen Untersuchungen verwendet werden sollten, widmeten die Materialien im Teil B mehrere Seiten. Darin wird die Lückenhaftigkeit beklagt, die Vergleichbarkeit nach entsprechenden Umrechnungen und Schätzungen von Preisrelationen allerdings bejaht und auch, was wohl der umstrittenste Punkt war, die Zuverlässigkeit nicht grundsätzlich in Abrede gestellt. Bei der Frage der Zuverlässigkeit wurde differenziert nach "systematischen Fehlern, die im Material zwangsläufig enthalten sind'"1 und "Verzerrungen oder Verfälschungen von Statistiken, die willkürlich vorgenommen werden". Was den ersten Punkt betrifft, so wird festgestellt, "daß kein statistisches System fehlerfrei ist", daß aufgrund der mit statistischen Meldungen verbundenen Interessen "ein spezifischer Fehler unbekannter Größe und Richtung in das Primärmaterial der DDR Eingang findet", dieses aber vermutlich von Kontrollinstanzen festgestellt wird, "weil ein fehlerhaftes statistisches Instrumentarium den Planungsprozeß tangiert". Vorsicht sei geboten bei Daten, die Ergebnisse einer Preisbereinigung sind, und es gibt auch Verzerrungen z.B. durch Änderungen statistischer Abgrenzungen. 5 Aber dies ist offenbar nicht systemspezifisch und wohl auch eher eine verzeihliche Eitelkeit, denn: "Im Prinzip hat jede Regierung die Neigung, die jeweils für sie günstigen Zahlen herauszustellen." 6

Eine solche zum Teil aktualisierte Auswahl von Daten der Materialien ist die Schrift Thalheim (1988). Ob solche Daten der amtlichen Statistik der DDR im Westen einfach übernommen wurden oder evtl. aufgrund von ergänzenden eigenen Berechnungen verändert wurden, ist den Veröffentlichungen meist nicht anzusehen. Vermutlich hat es wenig "Korrekturen" gegeben, zumal auch die Möglichkeiten, unabhängig von der amtlichen Statistik der DDR zu eigenen statistischen Feststellungen über die DDR zu gelangen, gering waren. Eine Ausnahme mögen die Partnerlandangaben gewesen sein, mit denen die DDR-Daten zum Außenhandel überprüft werden konnten. Die Verwendung von Daten internationaler Organisationen zur DDR dürfte in der Regel keine echte Ausnahme gewesen sein, weil auch diese meist durch Übernahme der offiziellen Angaben der DDR zustandekamen. Dieses und die folgenden Zitate vgl. Materialien (1987), S. 249. Hierfür wird auch ein Beispiel aus der Arbeitslosenstatistik der Bundesrepublik aus dem Jahre 1986 aufgeführt, ebenda, S 250. Materialien (1987), S. 250.

6 Der naturgemäß etwas spektakulärere Punkt dürfte wohl der zweite sein, ob nämlich in der D D R bewußt "willkürliche Manipulierungen und Verfälschungen der Statistik" vorgenommen wurden. Aber hierbei seien sich, so hieß es7, die DDR-Forscher weitgehend einig, daß es so etwas nicht gäbe. Auch hier wird wieder die amtliche Statistik in beiden Teilen Deutschlands auf die gleiche Ebene gestellt: "Theoretisch bestünde die Möglichkeit, falsche Zahlen zu veröffentlichen. Dies geschieht weder in der Bundesrepublik Deutschland noch in der DDR." 8 Als Beweis für diese Behauptung wird aufgeführt bisher sei "ein Beweis für eine Verfälschung nicht geliefert worden", dagegen spräche, "daß nach allen vorhandenen Informationen die publizierten Statistiken auch von der Wirtschaftsführung der DDR verwendet werden" und "eine 'doppelte Buchhaltung' für die veröffentlichte Statistik und die Planung wird offenbar nicht geführt" 9 Ob diese Einschätzung damals (1986) wirklich so naheliegend war, sei dahingestellt. Nachträglich dürfte es wohl gesichert sein, daß sie zu jeder Zeit falsch war. 10 Jedenfalls glaubte man aufgrund dieser wiederholt geäußerten und offenbar recht festen Überzeugung von der Zuverlässigkeit der DDR-Statistik, es sei unbedenklich, ausgiebig von deren Zahlenergebnissen Gebrauch zu machen. 1.3.

Methodische Bemerkungen

In der folgenden Darstellung kann nicht der ganze über 600 Seiten starke Teil B der Materialien referiert werden, sondern hiervon nur solche Feststellungen, die in den Materialien selbst besonders hervorgehoben werden und die für eine Einschätzung der Leistungsfähigkeit der DDR und den Systemvergleich besonders relevant sind. Desglei-

Ebenda, S. 247, 250. Aus einer umfangreichen unveröffentlichten Studie des Verfassers über die amtliche Statistik der DDR geht hervor, daß diese Aussage über die DDR im Lichte von jetzt zugänglichen Archivunterlagen wohl als definitiv falsch deklariert werden kann. Es ist auch völlig unverständlich (das war es schon damals, als die zitierten Zeilen geschrieben wurden), wie man die "Staatliche Zentralverwaltung für Statistik" (SZS) und das Statistische Bundesamt (StBA) auf eine Stufe stellen kann. Die SZS hat immer den Auftrag gehabt, Agitation und Propaganda der SED zu unterstützen. Das ist nicht irgendeine reaktionäre Vermutung, sondern ganz offiziell ihr Auftrag gewesen. Materialien (1987), S. 250. In später (1993) abgefaßten Abhandlungen von Mitarbeitern des DIW, etwa von Melzer und Stäglin, findet man auch sehr viel kritischere Aussagen über die Vertrauenswürdigkeit der DDRStatistik. "Even if members of the Statistical office of East Germany do deny the deliberate falsification of data, we know that at least the economic leaders were responsible for such actions." Was sie dann jedoch als Beispiele aufführten, gehört eher noch zu den harmlosen Methoden: "wrong valuations", "double counting", "changing definitions without explanation" und "giving up the publication of certain detailed data", "selected favorable data were presented but others were left out", Melzer; Stäglin (1993), S 410 Man kann in diesen Fällen eigentlich noch nicht direkt von "Fälschungen" sprechen, die es allerdings auch gab, was aber offenbar Melzer und Stäglin nicht bekannt war

7 chen wird auch nicht auf die in der Regel bekannten, im Text der Materialien wiederholt hervorgehobenen, statistisch-methodischen Bedenken einer Schätzung eingegangen. Es ist offensichtlich, daß einem empirischen Systemvergleich Schwierigkeiten der Datenbeschaff u n g und -interpretation entgegenstehen, die auch, was inzwischen zu beweisen ist (vermutet wurde es schon lange), seitens der D D R gewollt waren und ganz b e w u ß t als Instrument in der Auseinandersetzung mit d e m "Klassengegner" eingesetzt wurden. Trotz dieser Schwierigkeiten ist aber in j e d e m Fall eine Entscheidung zu treffen, ob man statistische Zahlen als Daten präsentiert oder nicht. D a s Entscheidungsproblem bleibt, unabhängig davon, wieviele methodische Vorbehalte zur Präsentation von Daten formuliert werden. Es bleibt auch mit mehr oder weniger gravierenden Konsequenzen immer das Problem, daß die V e r w e n d u n g von Statistiken diesen i m m e r eine gewisse Legitimation verleiht als gültige Basis für die Feststellung von Fakten. Ein e t w a s subtileres Problem ist folgendes: W i e kann man sich davor hüten, daß die G r e n z e n unserer W a h r n e h m u n g bestimmt werden durch die Grenzen, die durch die D a t e n b e s c h a f f u n g und Meßbarkeit von Konzepten gezogen werden? Gerade in dieser Hinsicht ist der Teil A der Materialien von großer Bedeutung. Hier wurden Fragen gestellt und verbale Aussagen formuliert, die eine Herausforderung f ü r die Analyse statistischer Daten, z.B in Gestalt von Modellrechnungen, darstellen, und es m u ß die Frage gestattet sein, ob hierauf im Teil B ausreichend und m e h r als nur verbal eingegangen wurde. Um nur einige Beispiele z u nennen: 1. D i e seit langem bekannte und im Teil A wiederholt behauptete und auch begründete E x i s t e n z "weicher Pläne" müßte sich statistisch widerspiegeln in Form einer Kapazitätsund Produktivitätsreserve. Sie fordert heraus, die Auslastung des Produktionspotentials und d a s Ausmaß von UnWirtschaftlichkeit, Vergeudung u n d Horten von Ressourcen (einschließlich Arbeit) zu schätzen. 2. Herausforderungen für die statistische Analyse stellen auch Sachverhalte dar, die unter a n d e r e m im Teil A a u f g e f ü h r t werden, wie etwa Disproportionen in der Wirtschaftsstruktur (die eine über die Feststellung der tatsächlichen Wirtschaftsstruktur hinausgehende Beurteilung mit einer anzustrebenden Struktur verlangen), Konjunkturschwankungen, S chatten wi rtsch aft, verdeckte Arbeitslosigkeit, verdeckte Inflation in Form einer Kassenhaltungsinflation." 3. In den verschiedensten Abschnitten des Teils A finden sich Hinweise, die auch als A u f t r ä g e an weiterführende statistische Arbeiten, etwa in F o r m von Kosten-Nutzen-

Hierzu vor allem der Beitrag von Thieme, aber auch von Thalheim zum Teil A, Materialien (1987), S. 104, 188 ff..

8 Analysen, aufgefaßt werden könnten. Mit nur zwei Beispielen, als Fragen formuliert, sei dies illustriert: Woher kommt es, daß die DDR trotz vergleichsweise guter personeller und finanzieller Ausstattung im Bereich "Forschung und Entwicklung" Rückstände aufzuweisen hatte? Wie effektiv waren die entsprechenden Aufwendungen wirklich? Wie vorteilhaft war für die DDR ihre Exportpolitik, die Anbindung an die Sowjetunion und die Zusammenarbeit im RGW wirklich? 12 Natürlich finden sich viele der aufgeworfenen Feststellungen und Probleme auch im Teil B wieder, aber meist doch nur in verbaler Wiederholung 13 , ohne daß Versuche unternommen wurden, diesen Problemen statistische Analysen zu widmen. Auch wenn solche Analysen, aus welchen Gründen auch immer, nicht durchführbar gewesen sein sollten, so ist doch stets die Konsequenz zu gegenwärtigen, daß im Rahmen einer empirisch-statistischen Arbeit den Problemen jeweils eine Bedeutung beigemessen wird, die proportional ist zum Umfang des vorgelegten Datenmaterials. Eine Unterscheidung, die sicher die Grenzen der statistischen Analyse berührt, die aber gleichwohl für einen realistischen Vergleich fundamental ist, betrifft die Verursachung und Dauerhaftigkeit eines Phänomens: systembedingt oder nicht (evtl. nur vorübergehend, auf Lenkungsfehler zurückgehend). Mißt man z.B. das technologische "Niveau" eines Landes an der Zahl der angemeldeten Patente, so kann man argumentieren, daß diese Zahl genauso groß ist, egal ob sie systembedingt oder aus anderen Gründen niedriger ist als in einem anderen Lande. Das Problem ist jedoch, daß die Zahl der Patente nur statistisch gesehen gleich groß (oder gleich gering) ist, in Wahrheit ist es ein großer Unterschied, ob z.B. ein technologischer Rückstand systembedingt ist oder nicht. Die Kategorie "systembedingt" ist vielleicht nur ein besonders krasses Beispiel für das dahinterstehende Problem des statistischen Vergleichs. Die quasi axiomatische Forderung, die an den statistischen Vergleich gestellt wird, ist einfach genannt, aber in der Praxis immer schwer umzusetzen, nicht nur beim Systemvergleich: gleiche Sachverhalte sollen mit gleichen Zahlen und ungleiche mit ungleichen Zahlen belegt werden. Aber wann ist etwas gleich? Die Frage stellte sich nach Wiedererlangung der staatlichen Einheit Deutschlands nicht nur im Zusammenhang mit dem Problem, ob die westdeutschen statistischen Aussagen über die DDR-Wirtschaft (z.B. über deren Arbeitsproduktivität) seinerzeit richtig waren,

In dem Beitrag von Derix und Haendcke-Hoppe zu den Außenwirtschaftssystemen im Teil A heißt es beispielsweise, daß wegen der fehlenden Konvertibilität der Mark der DDR ein Verrechnungsmodus für Exporterlöse und Importaufwendungen erforderlich wurde, der "Ursache für schwere ökonomische Bewertungsmängel" sei und deshalb auch die H Exportrentabilität.. .ebensowenig exakt meßbar (sei) wie zweigspezifische Exportverflechtungen", ebenda, S. 213 Die Frage ist dann doch, ob es möglich und vielleicht sogar notwendig ist, bei Vergleichen die schweren Bewertungsmängel, wenn es sie denn gegeben hat, irgendwie zu bereinigen, damit nicht ein falscher Eindruck über Exporterfolge entsteht. Beispiele: verdeckte Arbeitslosigkeit, Konjunkturschwankungen, ebenda, S. 279 f. und S. 286.

9 sondern auch mit dem Problem, welchen Sinn es machen könnte, eine "Rückrechnung" statistischer Daten der DDR jetzt, wo der Statistische Dienst nicht mehr unter den Zwängen steht, unter denen seinerzeit die Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (SZS) stand, vorzunehmen, und zwar in einer mit der marktwirtschaftlichen Bundesrepublik vergleichbaren Weise. Aus diesem Zusammenhang stammt auch das folgende Zitat: "Schätzungen westlicher Experten über die Leistungskraft der ehem. DDR-Wirtschaft - zeitweilig zählte man die ehemalige DDR zu den zehn stärksten Industrienationen der Welt - waren deshalb eine Fata Morgana, die mit dem Fall der Mauer und Einführung der Marktwirtschaft im Nichts verschwand. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bezifferte Mitte der achtziger Jahre den Produktivitätsrückstand der ehemaligen DDR-Wirtschaft auf rund 50 vH - rückte von dieser Schätzung nach der "Wende" zunächst nur zögernd ab. Aber auch andere westliche Forscher sind dem Trugschluß erlegen, daß die statistischen Kennziffern der sozialistischen Planwirtschaft in ähnlicher Weise interpretierbar sind wie entsprechende Kennziffern aus der Welt der westlichen Marktwirtschaften. Wohlgemerkt: Es war damals schon nicht dasselbe, ob man die physische Produktionsleistung eines Arbeiters im Trabant-Werk Zwickau mit der eines Arbeiters im VW-Werk Wolfsburg oder ob man die Arbeitsproduktivität bei VW mit der bei General Motors oder Fiat verglich. An dem Tag, an dem sich die Mauer öffnete und die Menschen in der ehemaligen DDR die Möglichkeit erhielten, ein Auto aus westlicher Produktion zu kaufen, wurden solche Produktivitätsvergleiche zwischen sozialistischen Planwirtschaften und westlichen Planwirtschaften Makulatur""

Es ist einfach eine verkürzte Sicht der Dinge, wenn man als statistisches Problem nur die Verfügbarkeit von Daten betrachtet. Die wichtigeren methodischen Probleme sind vielmehr, gerade im Zusammenhang mit dem Systemvergleich: Welchen Eindruck erweckt man mit vorgelegten (oder auch fehlenden) statistischen Daten und sind die Daten inhaltlich wirklich vergleichbar? Fragen dieser Art soll im folgenden nicht nachgangen werden. Aber sie sind zu stellen, wenn man systemvergleichende statistische Arbeiten wie den Materialienband bewerten möchte, was im folgenden nicht geschehen soll. 2.

Produktionsfaktoren und Wirtschaftsstruktur

2.1.

Arbeitspotential, Bildung und Forechung

Unabhängig von der Wirtschaftsordnung wird die Leistung einer Volkswirtschaft entscheidend bestimmt von der Faktorausstattung. Um den Produktionsfaktor "Arbeit" zu messen, ist es üblich, Statistiken zu betrachten über: die Anzahl der Erwerbspersonen und die Erwerbsbeteiligung (gemessen an Erwerbsquoten' 5 ), die Arbeitszeit, Arbeitslosigkeit, Qualifikationsstruktur der Beschäftigten und, soweit verfügbar und vergleichbar, auch Indikatoren des wissenschaftlich-technischen Niveaus, soweit dies nicht auch zugleich Ausdruck der Kapitalausstattung ist.

Schmidt (1993), S. 290. Erwerbspersonen in vH der Wohnbevölkerung, bzw. wie in Tab. 1 definiert, in vH der erwerbsfähigen Bevölkerung (nach dem Alter abgegrenzt).

10 Es war allgemein bekannt, daß die Erwerbsquoten, insbesondere auch bei Frauen, in der DDR erheblich höher waren als in der Bundesrepublik (vgl. Tab. 1). Sowohl hinsichtlich der Erwerbsbeteiligung als auch der Arbeitszeit16 hatte sich der Abstand zwischen beiden Ländern von 1970 bis 1983 vergrößert. Ein kritischer Punkt im Vergleich ist die Arbeitslosigkeit. Es wird eingeräumt, daß für die DDR "weniger die offene, sondern eher die verdeckte Arbeitslosigkeit ein ungelöstes Problem" darstellt.17 Tatsächlich sind aber beide Erscheinungen nur zwei Varianten eines Problems der Unterauslastung des Arbeitspotentials, wenngleich sie unterschiedlich gut statistisch sichtbar zu machen sind und wohl auch psychisch und sozial von unterschiedlicher Auswirkung für die Betroffenen sind. Moniert wird das Besitzstandsdenken der Beschäftigten hinsichtlich Arbeitsbedingungen und Arbeitsplatzsicherheit und das Horten von Arbeitskräften in Betrieben, aber es wird nicht wirklich ein Versuch unternommen, das Ausmaß der verdeckten Arbeitslosigkeit in der DDR und die vermutlich geringe Auslastung des Produktionspotentials zu schätzen" und es scheint auch nicht als unüberwindbares systembedingtes Problem hervorgehoben zu werden, denn es wird gefragt, ob nicht "die neue Lohnsummensteuer" bei der Behebung der Arbeitskräfteverschwendung "nachhaltig Abhilfe schaffen" werde.' 9 Was die Struktur der Beschäftigten betrifft, so war beiden Volkswirtschaften der Trend zur Dienstleistungsgesellschaft anzumerken, wenngleich sowohl die Expansion des Dienstleistungssektors als auch die Abnahme des Gewichts der Industrie in der DDR langsamer erfolgten als in der Bundesrepublik. Auch bei der Qualifikation der Beschäftigten dominierten Gemeinsamkeiten. Gemessen am Anteil der Personen mit abgeschlossener beruflicher Ausbildung an der Bevölkerung im Alter von mehr als 20 Jahren stand die DDR besser da als die Bundesrepublik. Das gleiche galt auch für den Anteil der Personen mit Hoch- und Fachhochschul- oder vergleichbarem Abschluß. Die Unterschiede im Bildungswesen sind vor allem im Hochschulbereich bemerkenswert. Die DDR hatte diesen Bereich weniger ausgebaut als die Bundesrepublik. Auch die Bildungsbeteiligung 20 der 15- bis unter 25jährigen war in der DDR deutlich geringer und man hatte dort den Zugang zum Abitur und zum Studium begrenzt. Bei den entsprechenden Daten und der Beurteilung der Bildungspolitik der Bundesrepublik sei jedoch, so

Die Arbeitszeit war danach in der DDR um ca. 10 vH höher als in der Bundesrepublik. Erwähnt werden in den Materialien auch (S. 280) Arbeitszeitverkürzungen in der DDR (auch für Schichtarbeiter). Wie unterschiedlich die Darstellung eines Vergleichs von Ost- und Westdeutschland ausfallen kann wird deutlich, wenn man nur einmal ein Detail betrachtet: die seit ca. 1980 betriebene Ausweitung der Schichtarbeit. Während die Materialien dies praktisch nicht als Problem darstellen, finden sich bei G. Schneider (1990) längere Ausführungen hierzu, auch in Verbindung mit der Einführung der Robotertechnik und mit Umweltproblemen, Materialien (1987), S. 74 - 77, 95 - 107. Ebenda, S. 273. Ebenda, S. 279 f.. Materialien (1987), S. 280. Anteil einer Gruppe von Schülern und Studenten an der Wohnungsbevölkerung in einer bestimmten Altersklasse.

11

wurde festgestellt, die lange Studiendauer und die Entlastung des Arbeitsmarktes hervorzuheben. 21 Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) wurden als vergleichbar hoch in beiden deutschen Staaten eingeschätzt 22 . Berücksichtigt man, daß die Bevölkerung der DDR mit 16,7 Mill. Personen seinerzeit (1984) nur 27 vH der Bevölkerung der Bundesrepublik ausmachte, wären nur etwa 100 statt 200 Tausend Beschäftigte im FuE-Bereich in der DDR zu erwarten gewesen (vgl. Tab. 3) und nur ein finanzieller Aufwand von ca. 7 statt 9 Mrd. Mark. Sowohl personell als auch finanziell war also die Forschung in der DDR gut bedacht worden. Wie sieht es demgegenüber mit der Effektivität aus? Als Faktoren, die einen technologischen Rückstand 2 3 erklären, werden Barrieren "bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in konkrete Produktion", geringe Risikobereitschaft in der Planwirtschaft 2 4 und "das inflexible Planungssystem, das schnelle Anpassungsprozesse kaum zuläßt", genannt. 25 Die Prognose hinsichtlich der internationalen Wettbewerbsfähigkeit war, daß die Bundesrepublik ihre Position wohl halten werde und daß die DDR Mühe haben werde, die technologische Lücke nicht noch größer werden zu lassen. 26 Im nachhinein betrachtet stellt sich allerdings nicht nur die Frage, ob in den Materialien das Versagen einer Politik der Forcierung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts in der DDR in vollem Ausmaß erkannt und mit Zahlen belegt wurde, sondern auch, ob die Konsequenzen der Konzentration der Forschung auf Industrieroboter, CAD/CAMSysteme und Mikroelektronik gesehen wurden. Bekanntlich ist später diese besonders von Günter Mittag betriebene Weichenstellung kritisiert worden, und es ist auch gerade auf diesem für die Propaganda der SED wichtigen Gebiet der DDR-Statistik Schönfärberei nachgewiesen worden. Im Teil B der Materialien wird die Konzentration der FuE-Aktivitäten auf die genannten Gebiete praktisch ohne Wertung konstatiert 27 , und es ist nicht zu erkennen, daß später einmal argumentiert werden könnte, daß Mittag mit diesem seinem Steckenpferd der DDR-Wirtschaft entscheidend geschadet habe. 28 Es gab allerdings schon Ende 1986 kritische Einschätzungen einer "Politik der Schwerpunktbildung", um Rückstände aufzuholen, nicht nur, weil dies bereits der dritte Versuch dieser Art in der DDR war, sondern weil sie auch Disproportionen erzeugt und gerade auf diesem Gebiet der

Ebenda, S. 324. Ebenda, S. 327. Dokumentiert unter anderem an einem unbedeutenden Anteil von High-Tech-Produkten am Warenexport oder an der geringen Zahl internationaler Patentanmeldungen der DDR, ebenda, S. 327, 341 Ebenda, S. 340 Ebenda, S. 341. Sehr viel detailliertere Angaben zur Ineffizienz des Forschungsbetriebs und der Fehlschlage bei den Versuchen, planmäßig einen wissenschaftlich-technischen Fortschritt in den Betrieben quasi zu verordnen, findet man bei Ebel (1990) und v. Berg et al. (1987) sowie Kusch et al. (1991). Materialien (1987), S 327, 341. Ebenda, S. 332 f.. Horst Ebel (1990) widmete diesem Problem ein Kapitel seines Buches unter dem Titel "Die Mikroelektronik brach dem Sozialismus das Genick"

12 Elektronik mit nur wenigen Jahren Verspätung den wirtschaftlichen Wert einer technischen Neuerung fast völlig aufheben kann.29 2.2.

Kapitalstock und Investitionen

Das Anlagevermögen der DDR wurde 1983 mit 1176 Mrd. Mark angegeben30 und als Quelle "Berechnungen des DIW". Eine ungünstigere Altersstruktur des Anlagevermögens wurde zwar vermutet, der qualitative Faktor konnte aber "leider keine Berücksichtigung finden". Hervorgehoben wird ferner, daß der gesamte Kapitalstock trotz ähnlicher Zuwachsraten der Anlageinvestitionen von 1970 bis 1983 in der DDR mit geringerem Tempo gewachsen ist als in der Bundesrepublik, andererseits aber "das reale Anlagevermögen der produzierenden Bereiche" in der Bundesrepublik nur um 57 vH gestiegen ist, in der DDR sich aber verdoppelt habe31. Betrachtet man also ausschließlich den produzierenden Bereich, so stellte sich der Vergleich für die DDR günstiger dar als es der Vergleich des gesamten Anlagevermögens (1,2 Bill. M zu 7,5 Bill. DM) vermuten läßt. Durch eine Schätzung des DDR-Kapitalstocks zu westdeutschen Preisen ("in grober Annäherung") gelangte das DIW zur Aussage, daß die Kapitalintensität der DDR 1983 mit 150.000 DM je Beschäftigten nur wenig unter der der Bundesrepublik (160.000 DM) lag. In kapitalintensiven Branchen Chemie, Metallerzeugung, Wasserversorgung sowie Steine/Erden lag sie sogar höher32. Einschränkend wird jedoch hinsichtlich der Qualität des Kapitalstocks vermerkt: "Die Politik verlängerter Nutzung alter Anlagen beinhaltet allerdings die Gefahr teilweiser Konservierung veralteter Technik sowie erhöhten Reparaturaufwands" 33 . Die Aussagen über den Kapitalstock sowie die Finanzierung der Investitionen34 in den Materialien haben wohl später zur Zeit der Vereinigung bei gewissen Diskussionen über den Wert des von der Treuhand verwalteten Vermögens nachgewirkt. Der seinerzeit inzwischen laut amtlicher DDR-Statistik auf einen Wert von 1,7 Bill. M angewachsene Kapitalstock wurde als "Fata Morgana" bezeichnet35, ein Eindruck, der sich angesichts der

Leptin kritisierte in der zitierten Schrift auch die Betonung der Erfolge der DDR in der Automation in einem Wochenbericht des DIW (Juli 1986), weil es nicht allein auf Demonstrationsprojekte ankäme, sondern auch die Vernachlässigung der Nicht-Schwerpunktbereiche und das fehlende Aussondern Uberholter Verfahren durch Konkurse, die es im Sozialismus nicht gäbe, zu berücksichtigen sei. Leptin (1986), S. 17 ff.. Materialien (1987), S. 285, 292. Materialien (1987), S. 293. Ebenda, S 295 f.. Ebenda, S. 297. So wurde z.B. vermerkt, daß die Kreditaufnahme des Staates bei der Finanzierung staatlicher Investitionen in der DDR im Gegensatz zur Bundesrepublik praktisch keine Rolle spielt, ebenda, S 299. Das vermutlich nicht hinreichend gewürdigte Problem war, daß in einem sozialistischen System der Staat einen großen Teil seiner Kreditaufnahme und Verschuldung kaschieren kann als Kreditaufnahme und Verschuldung der Unternehmen. Schmidt (1993), vgl. den oben zitierten Text.

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ausgebliebenen Verkaufserfolge der Treuhand aufdrängte.36 Mit dem offiziellen Wert des Kapitalstocks wäre auch "überhaupt kein Kapitalimport nötig" gewesen, um die ostdeutsche Wirtschaft auf ein vergleichbares Niveau der Kapitalintensität anzuheben.37 Weil dies aber wenig realistisch war, wurde schon früh (1990) der effektive Wert des Kapitalstocks mit nur der Hälfte (Siebert) oder nur einem Drittel38 der angegebenen 1,7 Bill. M geschätzt, um so auch eine Größenordnung des Kapitalbedarfs für eine Sanierung der ostdeutschen Wirtschaft zu finden.39 Jedenfalls ist es fraglich, ob die vorgelegten Schätzungen und die verbalen Vorbehalte hinsichtlich der Altersstruktur des Kapitalstocks einen zutreffenden Eindruck vermittelten. Ob zu Recht oder nicht, "der desolate Zustand des ostdeutschen Kapitalstocks und die Umweltaltlasten, die die Betriebe der ehemaligen DDR hinterlassen haben"40, scheint doch einige Westdeutsche überrascht zu haben. Was die Investitionen betrifft, so dürfte wohl die herausragendste Feststellung der Materialien sein, daß die realen Investitionen in der DDR stärker zugenommen haben als in der Bundesrepublik, daß dabei insbesondere im Bereich der Grundstoffindustrie sehr viel weniger als im Dienstleistungsbereich investiert wurde, wobei letzterer jedoch besonders durch ein Wohnungsbauprogramm bedacht wurde. 23.

Umweltprobleme

Hinsichtlich der Umweltsituation war aus den Materialien bekannt, daß die vor allem von der Braunkohle verursachte S0 2 -Emission in der DDR größere Ausmaße angenommen hat als in der Bundesrepublik. Für die NOx-Emission (Kraftfahrzeuge) galt hingegen das Gegenteil (Tab. 5). Unter Berufung auf UNO-Schätzungen wurde auch statistisch dargelegt, daß das Waldsterben in der DDR vermutlich weiter vorangeschritten ist.41 Aussagen über die Immission und damit die Belastung von Luft, Boden und Wasser konnten zahlenmäßig weniger konkretisiert werden. Etwas besser belegt war die Situation in der Abfallwirtschaft. Danach fiel in der Bundesrepublik ca. 2m 3 Abfall je Einwohner und Jahr an, während der entsprechende Wert in der DDR nur halb so groß war. Die Situation war in der DDR wohl auch günstiger hinsichtlich der Nutzung von Sekundärrohstoffen, die durch Recycling gewonnen wurden.42 Die Materialien enthalten auch eine ausführliche Darstellung von Umweltrecht und Umweltpolitik, eine vergleichbare zahlenmäßige Abschätzung von Aufwand und Erfolg der

Es gibt jedoch viele überzeugende Gründe dafür, daß die Privatisierungserlöse den Wert des Anlagevermögens nicht richtig wiedergeben, weil es einen beträchtlichen Preisverfall gab; vgl. hierzu Sinn; Sinn (1993), S. 134 ff.. Ebenda, S 55. So das Institut für angewandte Wirtschaftsforschung (IAW). Er liegt somit nach der IAW-Schätzung bei gut einer Billion DM. Sinn; Sinn (1993), S. 129. Materialien (1987), S. 303. Ebenda, S. 305.

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Umweltpolitik wird aber nicht vorgelegt. Erwähnt wird, daß im Fünfjahrplan 1971 - 75 "es zum ersten Mal ein Umweltprogramm mit einem Volumen von 7 Mrd. M" gab.43 Eine Vergleichszahl für die Bundesrepublik läßt sich aus den Angaben des Teils A der Materialien errechnen.44 Danach wurden im gleichen Zeitraum dort ca. 39 Mrd. DM aufgewendet für Investitionen und laufende Ausgaben für den Umweltschutz.45 Das Verhältnis beträgt also 1:5,6, während sich die Produktionsleistungen 1973, gemessen am Inlandsprodukt (bei einer Währungsumrechnung mit der Relation IM = 1DM), wie 1:7,3 verhielt (Tab. 6). Die Aufwendungen der DDR für den Umweltschutz waren danach relativ größer als in der Bundesrepublik.46 Angesichts der ziemlich reichhaltigen Daten der Materialien über Energieverbrauch47 und -Produktion in der DDR, insbesondere auch über die Braunkohleförderung, überrascht, daß keine Schätzungen der damit verbundenen Umweltbelastungen vorgenommen wurden. Das gleiche gilt für Modellrechnungen über Zusammenhänge zwischen Umwelt und Landwirtschaft (z.B. chemische Düngung oder Viehhaltung in konzentrierter Form) sowie eine vergleichende Betrachtung der Braunkohle und anderer Energieträger hinsichtlich der ökonomischen und ökologischen Konsequenzen.48

3.

Leistungsvergleich (Produktion und Produktivität)

3.1

Gesamtwillschaft

Bekanntlich sind Sozialproduktrechnungen in Ost und West nicht unmittelbar vergleichbar.49 Das DIW legte aber in den Materialien eine Schätzung vor, in der das Nationaleinkommen der DDR zu einem Sozialprodukt "hochgerechnet" wurde, die sich "in vertretbaren Fehlergrenzen" halte.50 Es betrug danach 1983 nicht ganz ein Fünftel des Inlandsprodukts der Bundesrepublik (Tab. 6). Viele weitere Betrachtungen beziehen sich jedoch allein auf die fünf "produzierenden" Bereiche (ohne Dienstleistungen).51 Das hierauf bezogene Produktionsniveau sei von 1970 bis 1983 in der DDR um fast 80 vH, in der Bundesrepublik jedoch nur um 20 vH gestiegen.52 Die Relation hinsichtlich des Niveaus wird für 1970 mit 6 : 1 angegeben.53 Sie

Ebenda, S. 308. Beitrag von B Gahlen in: Materialien (1987) Ebenda, S. 93 Das Inlandsprodukt der DDR war danach 1973 nur ca. 14 vH, der Umweltschutzaufwand aber fast 18 vH der entsprechenden Größe in der Bundesrepublik Vgl. Abschnitt 3 3 Vgl. hierzu Schneider (1990), der diesen Problemen ein ganzes Kapitel widmet und darin zum Teil auch statistische Daten mitteilt. Vgl. v.d.Lippe (1988). Materialien (1987), S. 475. Land- und Forstwirtschaft, produzierendes Gewerbe, Baugewerbe, Handel und Verkehr. Materialien (1987), S 475 f.. Bundesrepublik 727 Mrd. DM, DDR 121 Mrd DM.

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hätte sich somit54 bis 1983 etwas zugunsten der DDR verbessern müssen (etwa 4 : 1 ) . Dabei wurden "Unscharfen bei der Quantifizierung von Wachstumserfolgen" zugunsten der DDR, insbesondere wegen Bewertungsproblemen, eingeräumt und Vergleiche der DIW-Ergebnisse mit anderen westlichen Schätzungen zur DDR-Wirtschaft angestellt.55 In einer etwas mysteriösen Bemerkung wird die Aussagefähigkeit von Niveauvergleichen mit Modellrechnungen wie folgt eingeschätzt56: "In jedem Fall ist festzuhalten, daß die mit Hilfe der jeweiligen Gesamtrechnungen ermittelten Ergebnisse entscheidend von den Unterschieden im Wirtschaftssystem geprägt sind. Sie zeigen nicht die Leistungsunterschiede, sondern in erster Linie die Unterschiede im Preissystem, in der Quote der Arbeitskosten und im Steuer- und Abgabensystem..."

Es wurden dann nach Branchen differenzierte 57 Produktionsvergleiche zusammengeführt und daraus Produktivitäten berechnet. Das bemerkenswerteste Ergebnis ist, daß das DIW dabei für die Industrie und für den gesamten produzierenden Bereich erstmals einen Produktivitätsrückstand der DDR in der Arbeitsproduktivität 58 von rund 50 vH angab und damit eigene frühere Schätzungen59, wo es noch von ca. 30 vH ausging, korrigierte. 60 Bei der gesamtwirtschaftlichen Produktion je Einwohner wurde ein geringerer und im Zeitablauf auch abnehmender Rückstand der DDR gegenüber der Bundesrepublik geschätzt.61 Im nachhinein mag sich wohl mancher Bürger in Ost- und Westdeutschland gefragt haben, wo die vom DIW doch wohl weitgehend von der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik (SZS) übernommenen hohen jährlichen realen Wachstumsraten des DDRNationaleinkommens von ca. 4 bis 5 vH geblieben sein mögen. Wenn es über viele Jahre hinweg höhere reale Wachstumsraten der DDR gegeben hat (was in der Realität wohl nicht stimmt, sondern von der SZS so berichtet wurde), dann hätte sich doch eigentlich der Abstand im Wohlstand verringern müssen. 3.2.

Industrie

In diesem Bereich ist zunächst die bereits erwähnte Korrektur des Produktivitätsvergleichs (50 vH statt 30 vH Rückstand der DDR in der Arbeitsproduktivität) hervorzuheben, femer

Das ergibt sich aus den angegebenen Wachstumsraten von ca 80 und 20 vH, wird aber in den Materialien so nicht gesagt. Materialien (1987), S. 476 f.. Ebenda, S. 478. Die zum Teil methodisch auch auf unterschiedlichem Wege gewonnen wurden. Für die Kapitalproduktivität ergibt sich damit (wegen des etwa gleichen Niveaus der Kapitalintensität) ein ähnlich großer Rückstand. Materialien (1971). Der Rückstand soll danach auch zu Beginn der siebziger Jahre 50 vH und nicht 30 vH betragen haben Materialien (1987), S. 479 Auf die methodisch ohnehin ziemlich verfehlten Vergleiche der Verteilungs- und Verwendungsrechnung des Sozialprodukts der DDR mit der Bundesrepublik, ebenda, S. 480, 488 - 491, soll hier nicht eingegangen werden. Es ist eigentlich ziemlich offensichtlich, daß ein Vergleich der Verbrauchsaggregate und der Lohnquoten angesichts des Systemunterschieds wenig aussagen kann.

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die Bestätigung bekannter Sachverhalte wie die extensive Nutzung der Arbeit (Schichtarbeit) und des Kapitals (zum Teil auf veralteten Anlagen), Mängel in der Infrastruktur, nicht selten mehr politisch als ökonomisch gerechtfertigte Großprojekte (Rohstoffsicherung, Export um jeden Preis), Innovationsschwäche sowie Vernachlässigung der Nahrungs- und Genußmittelindustrie und der Dienstleistungen. Im Bereich Energie und Bergbau glaubte man "bei vergleichbaren Verarbeitungsprinzipien" Produktivitätsvergleiche direkt auf der Basis von Mengenangaben durchführen zu können.62 Sehr deutlich wurde in den Materialien ein qualitativer Rückstand der DDR in einigen Industriebereichen herausgearbeitet, z.B. im Straßenfahrzeugbau, aber auch im Bereich Büromaschinen und EDV.63 Das Datenmaterial für die Industrieproduktion ist recht detailliert. Ob man damit auf den tatsächlichen Zustand der DDR-Industrie, wie er nach dem Fall der Mauer immer besser erkennbar wurde, richtig vorbereitet war, kann hier nicht untersucht werden. Zusammenfassend wurden die Leistungen der Industrie zurückhaltender beurteilt als in den Materialien 1971, man glaubte aber "bereits Erfolge" bei den "Intensivierungsstrategien zu Beginn der achtziger Jahre" feststellen zu können.64 3.3.

Energie

Die auffallendsten empirischen Feststellungen zur Energiewirtschaft der beiden deutschen Staaten waren der um ca. 20 vH größere Primärenergieverbrauch der DDR sowie die Konzentration der DDR auf ihre heimische Braunkohle, die durch die ölpreisentwicklung und die sowjetische Exportpolitik erzwungen war. Im nachhinein betrachtet interessiert vor allem die Frage, ob die Importabhängigkeit der DDR vom sowjetischen Rohöl und der Erfolg der propagierten Energieeinsparung richtig eingeschätzt wurden und ob, wie gesagt, das volle Ausmaß der ökonomischen und ökologischen Konsequenzen der Substitution von Öl durch Braunkohle gesehen worden ist. Als Reaktion auf die Energieverteuerung wurden zwar die Energiepreise für die DDRIndustrie, nicht aber für die privaten Haushalte, angehoben mit der Konsequenz hoher Subventionen und wohl zu geringer Anreize für das Energiesparen.65 Gleichwohl zeigten im Zeitraum 1980 bis 1983 "die forcierten Bemühungen um Einsparung jedoch Erfolge", und dies sei "insofern bemerkenswert, als sie bei gleichzeitig hohem Wirtschaftswachstum erreicht werden konnten". Dabei wird wiederholt daraufhingewiesen, daß die Erfolge bei der Energieeinsparung, insbesondere in Industrie und Transportwesen, nicht überschätzt werden sollten, weil sie ausgingen von einem hohen Verbrauchsniveau aufgrund von Verschwendung und daß ein nachhaltiges Sparbewußtsein bei einer Politik konstanter Preise für die Bevölkerung nicht zu erwarten sei.66

Materialien (1987), S. 350. Ebenda, S. 369, 377. Ebenda, S. 393. Bei fernbeheizten Wohnungen wurde nach DDR-Angaben, die vom DIW zitiert wurden, der Energiebezug mit jahrlich 800 M subventioniert, während die Haushalte selbst im Durchschnitt ca. 300 M p.a. aufwandten, ebenda, S. 412. Ebenda, S. 414, 416.

17 Die Konsequenzen der Umrüstung der DDR-Wirtschaft auf Braunkohle sowie der Kürzung der Rohölexporte der UdSSR in die DDR auf 17,1 Mill. t wurden in den Materialien, das dürfte nach jetzigen Erkenntnissen wohl sicher sein, erheblich unterschätzt. Der Braunkohle werden unter dem Stichwort "Umstrukturierung des Energieverbrauchs" nur wenige Zeilen gewidmet, allerdings ist auch von "beträchtlichen direkten und indirekten Belastungen" die Rede, und es werden, basierend auf der letztlich nur auf Vermutungen gestützten Aussage, die DDR habe "in großem Umfang Rohöl exportiert"67 - wohlgemerkt Rohöl, nicht Mineralölprodukte -, weitreichende Folgerungen für die Verbesserung der Liquidität und Devisenbilanz der DDR gezogen.68 Dabei ist man offenbar von unrealistischen Einsparungen beim Mineralölverbrauch im Inland ausgegangen (Tab. 10). Wenn es stimmt, daß der "Energiewert von einer Tonne Erdöl nur durch 8 bis 17 Tonnen Rohbraunkohle aufzuwiegen ist und die Arbeitsproduktivität in der Petrochemie zwölfbis sechzehnmal höher liegt als in der Kohlechemie", so war anzunehmen, daß die "Resubstitution" von Erdöl durch Braunkohle erhebliche ökonomische und auch ökologische Konsequenzen haben mußte.69 Es hat in der DDR wohl Pläne gegeben, "bis 1990 die Erdölimporte auf 35 bis 50 Millionen Tonnen pro Jahr hochzufahren" 70 und es ist inzwischen bekannt, daß die Kürzung der öllieferungen von 19 auf 17 Mill. t durch die Sowjetunion die DDR in ganz entscheidendem Maße getroffen hat.71 Es war nach der Wende wohl eine der größten Überraschungen für viele westliche DDR-Experten zu erkennen, daß für die DDR die Zusammenarbeit mit der Sowjetunion per Saldo nicht so vorteilhaft war wie man im Westen wohl meist vermutete. Es ist auch rückblickend betrachtet sehr fraglich, ob man sagen kann, daß von den beiden ölpreisschüben "die DDR nicht so stark und so abrupt getroffen worden (ist) wie die Bundesrepublik"72. 3.4.

Landwirtschaft

Sowohl bei der pflanzlichen als auch bei der tierischen Produktion wurden erhebliche Produktivitätsrückstände der DDR gegenüber der Bundesrepublik konstatiert.73 Die Nahrungsmittelproduktion je Einwohner (Versorgungskapazität der Agrarproduktion) lag im Fünfjahresdurchschnitt 1980/84 in der DDR zwar um 23 vH höher74, dem stand aber ein vergleichsweise hoher (und sogar steigender) Arbeitskräfitebesatz gegenüber (60 vH höher

Materialien (1987), S. 417, 419. Zu einer ausführlichen Darstellung dieser Hypothesen vom gleichen Verfasser vgl. Bethkenhagen (1989). Vgl. Schneider (1990), S. 97 f.. Bereits in Schneider (1985) wurden sehr detaillierte Angaben über die enormen Kosten gemacht, die mit dieser Politik der Resubstitution verbunden waren. Schneider (1990), S. 91. Über die dramatischen und auch rührenden Szenen, die sich dabei in Gesprächen zwischen obersten Funktionären der beiden Länder abgespielt haben müssen, wurde in der ARD-Fernsehreihe "Das war die DDR, Teil 3" berichtet. Vgl. auch Haendcke-Hoppe-Arndt (1993), S. 62 f.. Materialien (1987), S. 403. Thalheim gibt zu bedenken, daß die landwirtschaftlichen "Erträge vor dem Krieg annähernd auf gleichem Niveau lagen", Thalheim (1988), S. 59. Materialien (1987), S. 440.

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als in der Bundesrepublik). Kennzahlen, die für die DDR-Landwirtschaft auf einem vergleichbar hohen bzw. höheren Niveau lagen als in der Bundesrepublik, waren unter anderem die Kapitalintensität, der Mineraldüngeraufwand und der Selbstversorgungsgrad, das heißt der Anteil der Inlandserzeugung am Gesamtverbrauch von Nahrungs- und Futtermitteln. Deutlich höhere Werte ergaben sich für die DDR beim Viehbestand je Einwohner (Viehdichte) und beim Energieverbrauch in der Landwirtschaft (50 bzw. 60 vH). Die Arbeitsproduktivität betrug 1970/74 demgegenüber nur rund 58 vH und 1980/84 nur noch rund 44 vH des Niveaus der Bundesrepublik. 75 In beiden Ländern lag das landwirtschaftliche Haushaltseinkommen etwa auf dem Niveau des durchschnittlichen Arbeitnehmerhaushalts. Dabei hatte sich die relative Position der Landwirte in der Bundesrepublik in den siebziger Jahren verschlechtert, und in der DDR konnten die angestrebten paritätischen Einkommen nur durch eine erheblich höhere "Subventionsintensität" erreicht werden. 76 Festgestellt wurde schließlich eine drastische Verkürzung der Investitionen in der Landwirtschaft sowie ein Kurswechsel in der DDR-Agrarpolitik, wonach nicht mehr so sehr Größe und Spezialisierung der Betriebe im Vordergrund stehen sollten, sondern die Kostensenkung. 3.5.

Handel und Verkehr

Die Materialien enthalten relativ wenig statistische Angaben zum Handel der DDR. Bekannt ist das geringere Gewicht des Einzelhandels in der DDR 77 und daß der private Einzelhandel in der DDR stark zurückgedrängt wurde. Ebenfalls nicht überraschend ist, daß die durchschnittliche Verkaufsfläche in den DDR-Verkaufsstellen geringer war (ca. 64 qm im Vergleich zu 168 qm) als in der Bundesrepublik. 78 Die Existenz von Delikat-, Exquisit- und Intershop-Läden wird erwähnt, auch "die geringe Motivation des Verkaufspersonals" der DDR, aber es wird auch positiv vermerkt, daß die Investitionen im Binnenhandel "Mitte der siebziger Jahre einen kräftigen Aufschwung zu verzeichnen" hatten75 und daß man in der DDR "wieder die Anziehungskraft kleiner Spezialgeschäfte für ein abwechslungsreiches Stadtbild ... vor allem in Städten mit historischem Stadtkern" entdeckt hat, so daß die "vorhandene 'zweckentfremdete' Altbausubstanz in den Erdgeschoßzonen wieder genutzt werden" kann.80

Materialien (1987), S. 443. Ebenda, S. 453. Als Vergleichszahl wird die Anzahl der Beschäftigten je 1000 Einwohner angegeben mit DDR : 28, Bundesrepublik : 33, ebenda, S. 467. Überraschend ist, daß in den Materialien der Großhandel durchaus als Wirtschaftsfaktor in der DDR erscheint, während man aus späteren Schriften den Eindruck gewinnen konnte, daß diesem Bereich "keine besondere Bedeutung im System der sozialistischen Planwirtschaft zuerkannt wurde", weshalb es auch praktisch keine Großhandelsstatistik in der DDR gab und nach der Vereinigung Deutschlands diese Branche in den neuen Bundesländern weitgehend erst aufgebaut werden mußte, vgl. Hake (1993), S 74 f . Materialien (1987), S. 468. Ebenda, S. 472. Materialien (1987), S. 471 f..

19 Hinsichtlich des Verkehrswesens wird festgestellt, daß in beiden deutschen Staaten diese Branche überdurchschnittlich arbeits- und kapitalintensiv ist, daß Verkehrsaufkommen und -leistung im Individualverkehr sowie die Kfz-Dichte in der DDR jeweils nur ein etwa halb so hohes Niveau erreichten wie in der Bundesrepublik (Tab. 12) und daß das Verkehrswegenetz der DDR qualitativ nicht den Anforderungen genügte. Die starke staatliche Reglementierung des Verkehrswesens in der DDR führte zu einseitiger Anpassung der Nachfrager an das Angebot und dazu, daß "der Transportsektor immer wieder als Engpaß" zu beklagen ist.8' Erwähnt werden zwar Rückstände der Reichsbahn hinsichtlich des Streckennetzes, das als "sehr engmaschig zu bezeichnen" ist82 sowie auch eine mögliche Überforderung der Bahn durch eine Verkehrspolitik, die auf Verlagerung des Transports auf die Schiene zielte. Andererseits fließen, so hieß es, aber auch 50 vH des Investitionsfonds des gesamten Transportwesens in die Infrastruktur der Bahn. 83 Erwähnt wird auch die mangelnde Leistungsfähigkeit der Post, insbesondere die geringere Sprechstellendichte im Telefonverkehr. 84 Aber ob diese zum Teil recht kurzen Hinweise ausreichten, um den offenbar doch enormen Investitions- und Sanierungsbedarf im Bahnund Telekommunikationswesen zu erahnen, der sich bei der Vereinigung auftat, sei dahingestellt.

4.

Indikatoren des Lebensstandards

4.1.

Einkommen

Als durchschnittlicher Arbeitnehmerverdienst 85 wird für die DDR im Jahre 1983 der Betrag von 955 M angegeben. Der Abstand in den nominalen Verdiensten der Arbeitnehmer hat sich damit gegenüber 1970 vergrößert. 86 (Tab. 13) Mit einer Umrechnung der Währungen im Verhältnis 1 : 1 ergab sich damit ein Niveau der Bruttoverdienste der DDR von etwa einem Drittel des Niveaus der Bundesrepublik (bei den Nettoverdiensten aber ca 43 vH). Der allgemein verbreiteten Vorstellung gemäß ergab der statistische Einkommensvergleich ferner, daß die Belastung der Einkommen durch Steuern und Abgaben in der DDR geringer war als in der Bundesrepublik, außerdem war die Disparität der Einkommen ebenfalls geringer als in der Bundesrepublik, der Abstand bei den Haushaltseinkommen war nicht so groß wie bei den Individualeinkommen und schließlich lagen

Materialien (1987), S. 458 f. Die Rückstände werden statistisch dokumentiert anhand eines größeren Anteils eingleisig ausgebauter und noch nicht elektrifizierter Strecken, ebenda, S. 460. Ebenda. Ebenda, S. 466. Verdienste sind in der Einkommensstatistik stets Einkommen aus unselbständiger Arbeit. Auf den Einkommensvergleich bei Selbständigen und Genossenschaftsmitgliedern (DDR) soll hier nicht eingegangen werden. Materialien (1987), S. 491.

20 die Rentnerhaushalte in der DDR noch erheblich stärker unter dem Durchschnitt hinsichtlich ihrer Einkommen als in der Bundesrepublik.87 Daraus ergibt sich, daß das nominale Verdienst- und Einkommensniveau in der DDR auf etwa 50 vH (bei den Rentnern nur weniger als ein Drittel) des Niveaus der Bundesrepublik eingeschätzt wurde. Das gilt im wesentlichen auch für die Realeinkommen, das heißt der Versuch, die Veränderung des Preisniveaus und damit der Kaufkraft zu berücksichtigen, ändert kaum etwas an der Einschätzung des Einkommensunterschieds aufgrund der Nominaleinkommen. 4.2.

Preise und Kaufkraft

Nicht unumstritten waren stets die Kaufkraftvergleiche zwischen der D-Mark und der Mark der DDR, die das DIW seit langem anstellte. Methodisch waren sie orientiert an den bei internationalen Kaufkraftvergleichen üblichen Verfahren, insofern also nicht generell, allenfalls im Detail (z.B. Bestimmung des repräsentativen Haushaltstypen und der Preise, Berücksichtigung von Qualitätsunterschieden usw.) angreifbar. Das Problem ist vielmehr, ob solche Berechnungen auch die übliche Aussagefähigkeit haben, wenn man nicht zwei Währungen marktwirtschaftlicher Länder vergleicht, sondern die Währung eines marktwirtschaftlichen Landes mit der eines sozialistischen Landes. Die Mark der DDR war nur begrenzt eine Währung, denn sie konnte die Geldfunktionen noch nicht einmal im Inland voll erfüllen. Auch der Konsumgütermarkt in der DDR war nur im eingeschränkten Sinne ein Markt, was aber beim üblichen Schluß vom Preisniveau auf den Geldwert und damit auch bei der Inflationsmessung vorausgesetzt wird. Im Ergebnis ergab sich, daß die Kaufkraft der DDR-Mark je nach dem zugrundegelegten Haushaltstyp (Arbeitnehmer- oder Rentnerhaushalt) und Verbrauchsmuster (in beiden Ländern die DDR- oder die westdeutsche Verbrauchsstruktur) mal etwas größer, mal etwas kleiner war als die Kaufkraft der D-Mark. Sie war vor allem größer für die Rentnerhaushalte, so daß die realen Renten in der DDR nicht ganz so stark denen in Westdeutschland hinterherhinkten wie die nominalen. Bei Eingehen der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion (ab Juli 1990) entstand bekanntlich das Problem, den passenden Umtauschkurs zu finden. Die Kaufkraftparität hätte durchaus für eine Relation 1 : 1 gesprochen. Gemessen am Erlös (in DM), den man mit einem Produktionsaufwand von 1 Mark der DDR im Außenhandel mit dem Westen erzielen konnte (das war ab ca. 1987 nur noch DM 0,23)88 war die Ostmark jedoch viel weniger wert. Dies wurde auch als

Das war im Westen wohl seit langem bekannt Wenig überraschend ist auch, daß die Umverteilung mit öffentlichen Einkommensübertragungen ftlr die Bestimmung der Nettoeinkommen aus den Nettoverdiensten der Arbeitnehmerhaushalte nicht das Gewicht hatte wie in der Bundesrepublik, Materialien (1987), S. 728. Wenn der Staat bereits die Verteilung der Primäreinkommen weitgehend allein bestimmt und an seinen egalitären Vorstellungen orientieren kann, so braucht er auch nicht so aktiv zu sein bei der Einkommensumverteilung. Die Größe 0,23 ist die Devisenertragsziffer, der reziproke Wert heißt Devisenrentabilität.

21 89

Kaufkraftparadoxon bezeichnet und beinhaltete ein starkes Auseinanderklaffen von Binnenwert und Außenwert (wenn man überhaupt davon sprechen konnte) der DDRWährung. Mit der Entscheidung über den Umtauschkurs war nicht nur eine Weichenstellung verbunden hinsichtlich der Reallöhne im Beitrittsgebiet, sondern auch über die Bewertung des Geldvermögens und der Verbindlichkeiten ("Altschulden") sowie über die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe in der ehemaligen DDR, so daß die Kaufkraftvergleiche, wie sie unter anderem auch in den Materialien präsentiert wurden, eigentlich nur solange eine gewisse Aussagefähigkeit haben konnten, solange zwei möglichst gut getrennte deutsche Staaten nebeneinander bestanden. Mit der Währungsunion wurde nicht nur der Kaufkraftvergleich (zumindest allmählich) hinfällig wegen des Verschwindens der Vergleichswährung und (deshalb "allmählich") wegen der Anpassung des Preisniveaus, es zeigte sich auch, daß er nur von begrenztem Wert war bei der Lösung des Problems, die Umtauschrelation festzulegen. Es kommt in der Statistik schon gelegentlich vor, daß man statistische Ergebnisse produziert, von denen man schwer sagen kann, wozu sie gut sein sollen. Ob eine Mark Einkommen, Produktion, Vermögen, Export usw. in der DDR auch jeweils einer D-Mark in der Bundesrepublik gleichwertig war, kann man dahingestellt sein lassen. Jedenfalls dachte man in Westdeutschland vor der Wende in der DDR so.

4.3.

Verbrauch und Lebensstandard

Unter Lebensstandard oder Wohlfahrt versteht man als "gut" eingestufte Lebensbedingungen in der Annahme, daß diese einhergehen mit einem subjektiven Wohlbefinden. Diese Größe hat eine individuelle und eine gesellschaftliche Dimension, ferner eine objektive und eine subjektive. 90 Der statistischen Darstellung erschließen sich meist nur Indikatoren der objektiven individuellen Wohlfahrt und auch hierbei nur ein Ausschnitt, wie z.B. der Verbrauch bestimmter Sachgüter (also die "Versorgung") und Dienstleistungen (z.B. die Bereiche Urlaub, Tourismus und Wohnen), für die Zahlenangaben in den Materialien zusammengetragen wurden. Angesichts der Komplexität des Meßproblems und der Unterschiedlichkeit der politischen Verhältnisse, in denen die Menschen in Ost- und Westdeutschland lebten, ist zu fragen, welche Aussage aus punktuellen statistischen Feststellungen abgeleitet werden kann.

Sinn, Sinn (1993), S 73 ff Die Lösung des Paradoxons (des Auseinanderklaffens von Kaufkraftparität und Devisenrentabilität) sehen die Autoren vor allem in einer unterschiedlichen Produktivität der DDR bei (international) gehandelten und nichtgehandelten Gütern. Man kann diese Dimensionen allenfalls gedanklich trennen. Bei jeder praktischen Frage der Abgrenzung und Messung entstehen große Schwierigkeiten. Ein Wirtschaftssystem bringt unter anderem auch Leistungen hervor, wie Schonung der Umwelt, viel oder wenig Freizeit, Absicherung von Lebensrisiken usw.. Im weiteren Sinne und letztlich entscheidend sind Komponenten der gesellschaftlichen Wohlfahrt, der "Reichtum von Nationen" und die internationale Wettbewerbsfähigkeit und Standortqualität eines Landes für Kapitalanleger Dies alles sowie auch beispielsweise Reisefreiheit, Meinungsfreiheit, die Befriedigung kultureller Bedürfnisse usw., ganz zu schweigen von Kategorien wie politische Stabilität, wirtschaftliche Dynamik, sozialer Friede, Sicherheit, Gerechtigkeit usw., messen und zu einem Gesamtausdruck der Wohlfahrt zusammenfassen zu wollen, dürfte stets ein vergebliches Unterfangen sein

22 Beim Versuch, den Lebensstandard messen zu wollen, sind die Grenzen zwischen statistischen und impressionistischen Darstellungen fließend. Es gab seinerzeit viele Daten über die Ausgabenstruktur der privaten Haushalte, über die Versorgung mit Lebensmitteln, die Ausstattung privater Haushalte mit dauerhaften Gebrauchsgütern bis hin zu zahlreichen Details wie der durchschnittliche Verbrauch von Obst, Kaffee, Alkohol usw., der Bestand an Nähmaschinen, Fernsehgeräten usw.. Die Informationen, über die man in der Bundesrepublik verfügte, waren detailliert und wohl auch weitgehend korrekt, auch wenn sie zum größten Teil aus der DDR-Statistik stammten." Auch impressionistische Zusatzinformationen gab es reichlich, z.B. über Versorgungsengpäße, angebotsbedingte Defizite (alkoholfreie Getränke, Käse usw.), Warteschlangen, Konsumverhalten (z.B. Bevorzugung von Selbstversorgung und Camping im Urlaub) oder die Qualität der Güter (z.B. "Trabant und Wartburg gelten als technisch veraltet")92. Es gab keinen Mangel an unsystematischen, konkreten und anschaulichen Informationen und auch nicht an Zahlen, sondern das Problem bestand in der Verdichtung systematisch gewonnener, repräsentativer Informationen zu einer abstrakten Größe, zu einem Maß der Wohlfahrt, das mit anderen Maßen vergleichbar war, und mit dem deshalb auch sinnvoll gerechnet werden konnte. 93 Das ist jedoch nicht der empirischen DDR-Forschung anzulasten, sondern eine Konsequenz des Begriffs "Lebensstandard". Wie immer man die in den Materialien dargebotenen Informationen gedanklich zusammenfassen mag, es gab wohl kein Zweifel, daß die DDR hinsichtlich des Lebensstandards weit hinter der Bundesrepublik zurücklag. Das Problem ist bloß: wie weit. In der DDR und zum Teil auch im Westen ist ein Bild von der DDR gezeichnet worden, wonach diese als eine der führenden Industriestaaten auf dem Niveau von Italien oder Großbritannien gestanden habe. Wegen der Schwierigkeiten, in einer nachvollziehbaren Weise überhaupt sinnvoll zu solchen Generalisierungen zu gelangen, kann man schlecht sagen, die statistischen Informationen hätten seinerzeit ein solches Fehlurteil gestützt. Man kann aber auch schwer beweisen, daß sie es nicht gestützt hätten. Im nachhinein ist in einigen Fällen bekannt, daß es der DDR gelungen ist, mit den Mitteln der Statistik zur Überschätzung der DDR beizutragen. Das gilt beispielsweise bei

Wenn man ins Detail gehen will, so gab es allerdings viele Ungereimtheiten, über die in der Literatur berichtet wurde So wurden z.B. Waschmaschinen ohne Wäscheschleuder und eine separat danebenstehende Zentrifuge oft als zwei Geräte gezählt. Hinzu kommt, daß manche Haushalte wegen Schwierigkeiten der Ersatzteilbeschaffung eine Maschine zum Ausschlachten hatten, so daß sich insgesamt eine statistisch gesehen recht gute Ausstattung der Haushalte mit Waschmaschinen ergab, die faktisch jedoch nicht existierte. Materialien (1987), S. 529 In diesem Satz ist versucht worden, die Elemente zu bezeichen, die den Unterschied zwischen "impressionistisch" und "statistisch" ausmachen.

23 den Zahlen über den Wohnungsbau 94 , die aufgrund von Definitionen, die den Erhebungen zugrundelagen, überhöht waren und noch vor der staatlichen Einigung von der amtlichen Statistik der DDR selbst zurückgenommen und korrigiert worden sind. Die Materialien zitieren die überhöhten Zahlen für den Neubau von Wohnungen 95 , was den Autoren sicher nicht zum Vorwurf gemacht werden kann. Das generelle Problem, das sich damit auftut, besteht jedoch darin, daß die Daten der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik (SZS), einer Institution, die ganz offen und ausdrücklich zur Unterstützung der Agitation und Propaganda der Partei verpflichtet war, verwendet in einem amtlichen Dokument der Bundesrepublik, eine Aufwertung erfuhren, die eigentlich nicht gerechtfertigt war.

5.

Öffentliche Haushalte, Finanzwesen und soziale Sichemng

In keinem Bereich sind die sachlichen Voraussetzungen für einen sinnvollen Vergleich zwischen Ost und West so gering wie im Finanzwesen. In sozialistischen Planwirtschaften wird unter "Finanzstatistik" weit mehr verstanden als "nur" Statistiken des Staatshaushalts und der Staatsverschuldung wie in Marktwirtschaften. Die Trennung von Staat und Sozialversicherung hat eine andere Qualität. Femer gehört der gesamte Bereich des Geld- und Bankwesens und die Finanzierung der Betriebe zur "Finanzstatistik". Wegen des Staatseigentums ist eine Unterscheidung zwischen Steuern96 von Unternehmen und Einkünften des Staates aus Unternehmertätigkeit und Vermögen ziemlich willkürlich. Aber nicht nur Vergleiche der Wertschöpfung und der Steuereinnahmen des Staates sind deshalb wenig sinnvoll. Das gleiche gilt auch für die Ausgaben von Staat und Sozialversicherung, zumal das System der sozialen Sicherung in Zentralverwaltungswirtschaften viel stärker auf dem Solidarprinzip beruht als in Marktwirtschaften, in denen dem Versicherungsprinzip noch mehr Raum gelassen wird. Viele empirische Feststellungen in den Materialien sind deshalb auch eingedenk des Systemunterschieds in keiner Weise überraschend. Sie sind aber zugleich auch ziemlich wertlos, weil sie einen wirklichen Vergleich gar nicht erlauben. So findet man z.B. schon in der Zusammenfassung der entsprechenden Kapitel des Teils B der Materialien Ergebnisse wie die folgenden: "In der DDR ist die Bedeutung der Steuern für die Haushaltsfinanzierung erheblich höher als in der Bundesrepublik", bei der das Gewicht der Sozial-

Ein anderes Beispiel sind die Zahlen über "Industrieroboter", die ebenfalls aus Gründen der Definition überhöht waren. Dies spielt für die Gesamteinschätzung der DDR jedoch eine geringere Rolle. Materialien (1987), S. 753. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Steuern in den beiden Systemen nicht nur unter fiskalischem Aspekt unterschiedlich zu beurteilen sind, sondern auch als Lenkungsinstrumente. Hier tun sich deutlich Widersprüche in den Materialien auf: Während es im Teil B heißt, daß Steuern und andere Abgaben auch in der DDR als "ökonomische Hebel" genutzt werden und eine Kontrollfunktion hätten, ebenda, S. 548, wird im Teil A (von Hedtkamp) dargelegt, daß das Abgabensystem zu weichen Plänen und zur Fehlinformation der Zentrale anrege, eine Stimulierungs- und Kontrollfunktion also gerade nicht erfüllt, ebenda, S 199.

24 Versicherungsbeiträge größer ist.97 In der DDR überwiegen Transferzahlungen an Unternehmen und Ausgaben für die Wirtschaftsförderung, während in der Bundesrepublik Transfers an private Haushalte überwiegen. 98 Auch Feststellungen wie die geringere Sozialleistungsquote der DDR mit 13 vH (Bundesrepublik 22 vH) sind nicht einfach zu interpretieren.99 Gleichwohl mag der Vergleich als Indikator für ein weniger dicht geknüpftes soziales Netz und/oder für weniger Sach- und Geldleistungen an die Bevölkerung dienen (in den Quoten kommt vor allem das wesentlich niedrigere Rentenniveau zum Ausdruck), aber auch das ist problematisch, weil man einwenden kann, daß bestimmte Risiken, wie das der Arbeitslosigkeit in der DDR, der Absicherung nicht bedurf100 ten. Beim Vergleich der Ausgabenstrukturen (Tab. 15) fällt der geringe Anteil des Staatsverbrauchs'01 der DDR auf, was trotz der vergleichsweise geringeren Löhne und Gehälter der Staatsbediensteten in der DDR angesichts der personellen Übersetzung des Staatsapparats eigentlich überrascht und wohl auch hätte auffallen müssen. 102 Im nachhinein wird deutlich, daß sich in den empirischen Feststellungen schon einige Sachverhalte widerspiegeln, die in der Tat später, nach der Wende in der DDR, auch öffentlich viel diskutierte Probleme waren: die Staatsausgaben der DDR waren mit Ausnahme des Jahres 1976 immer größer als die Staatseinnahmen und ihr Wachstumstempo war stets schneller als das des Sozialprodukts,

Entsprechend sind die Ausgaben für die soziale Sicherung in der DDR stärker mit Haushaltszuschüssen finanziert, während sie in der Bundesrepublik stärker beitragsfinanziert sind, Materialien (1987), S. 550 Ebenda, S. 547. Ebenda, S. 567, 594. Ein anderer Aspekt, der beim Vergleich der Sozialleistungsquoten zu berücksichtigen ist, sind die sehr viel höheren Kosten des Gesundheitswesens in der Bundesrepublik, ebenda, S. 560. Der Staatsverbrauch ist der Wert, der nicht gegen Gebühren, sondern gegen ein allgemeines Entgelt (Steuern) erbrachten Dienstleistungen des Staates Er besteht zum größten Teil aus Personalausgaben für nichtmaterielle Dienste, weshalb er auch nicht als Verwendungskategorie in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der DDR erschien Es ist doch eigenartig, daß sich nach Darstellung der Materialien (auf der Basis von Zahlen der DDR-Statistik) bei einer Aufschlüsselung der Ausgaben nach Ausgabenbereichen (statt nach Arten wie in Tab. 15) herausstellte, daß der Ausgabenanteil von "Politischer Führung und zentraler Verwaltung" sowie "Auswärtigen Angelegenheiten" in der Bundesrepublik größer war (5,5 vH) als in der DDR (2,5 vH102). Ob dies allein "durch höhere Personalkosten bedingt" ist, Materialien (1987), S. 561, sei dahingestellt. Es sind ja nicht die absoluten Ausgaben (4,6 Mrd. M in der DDR und 46,8 Mrd. DM in der Bundesrepublik), sondern Ausgabenanteile verglichen worden. Selbst wenn der Staatsapparat der DDR entsprechend der Bevölkerung über ein Personal verfügt hätte, das ein Drittel dessen der Bundesrepublik ausmachte, und wenn das Besoldungsniveau nur 50 vH betragen hätte, würde man nicht 4,6, sondern etwa 7 Mrd M erwarten müssen. Die Frage drängt sich auf, ob die DDR-Statistiker bei den 4,6 Mrd. M nicht doch einige Ausgaben vergessen haben könnten.

25

in den außerordentlich hohen Transferausgaben für die Betriebe spiegelt sich "die enorme Aufblähung des Subventionsvolumens" bei Preisstützungen wider. Eine vergleichende Betrachtung war offenbar nicht möglich für die Staatsverschuldung, die bei der Berurteilung der Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik eine große Rolle spielte. Allerdings wären entsprechende Zahlen für die DDR, selbst wenn sie zuverlässig erhältlich gewesen wären, nur von begrenzter Aussagefähigkeit gewesen, denn bekanntlich kann ja ein sozialistischer Staat seine innere Verschuldung größtenteils statistisch als Verschuldung der Betriebe und nicht des Staates erscheinen lassen. Wie erwähnt, gehört zur Finanzstatistik auch der Bereich Geld, Kredit und Banken, über den aber offenbar kaum vergleichbares Zahlenmaterial vorzufinden war. Die Deutsche Bundesbank schrieb später in ihrem Monatsbericht Juli 1990 von fehlenden oder mangelhaften "Daten über den realwirtschaftlichen und monetären Status der DDR". Bei der Vorbereitung der Währungsunion, insbesondere bei der Frage der Umstellungssätze, habe es "kaum verläßliche Orientierungspunkte" gegeben. 103

6.

Außenwirtschaft und innenleufsche Wirtschaftsbeziehungen

Aus heutiger Sicht erscheint der Außenhandel und die Auslandsverschuldung der DDR als ein Angelpunkt für das Verständnis der wirtschaftlichen Entwicklung in der DDR und der dort betriebenen Wirtschaftspolitik. Nach der Wende ist von maßgebenden DDRFunktionären, aber auch von westlichen Beobachtern, herausgehoben worden, daß die Schwierigkeiten, die mit einer Politik der Exportförderung und "Importablösung" (buchstäblich um jeden Preis) verbunden waren, offenbar ganz erheblich waren und entscheidend zum Niedergang der DDR-Wirtschaft beigetragen haben.104 Auch die Abhängigkeit der DDR von Rohölimporten aus der Sowjetunion und die Auswirkungen der Ölpreisschocks hat man im Westen nicht so dramatisch empfunden, wie sie vermutlich doch wohl waren. Jedenfalls ist den Materialien hiervon nichts anzumerken. Abgesehen von den in diesem Fall besonders häufig geäußerten berechtigten Klagen über die mangelhafte Datensituation, hinterläßt dieses Kapitel keinen beunruhigenden Eindruck. Die Bedeutung der DDR im Welthandel ist zwar "bei weitem nicht so hoch, wie es von der DDR selbst herausgestellt wird", aber, gemessen am Exportwert je Einwohner, stellt sich etwa die gleiche Relation ein wie hinsichtlich der Wertschöpfung im Vergleich BundesrepublikDDR. Beide Länder gehören in ihren jeweiligen Machtblöcken zu den "führenden Export-

Deutsche Bundesbank (1990), S. 15. In demselben Aufsatz wurde übrigens die Arbeitsproduktivität in der Wirtschaft der DDR auf 40 vH (statt bislang üblich 50 vH) des westdeutschen Niveaus geschätzt. Nach Mittag waren die Ölpreisschocks eine Ursache für Wachstumsverluste und die bedrohliche Auslandsverschuldung der DDR. Beim berühmten Milliardenkredit aus der Bundesrepublik (1982) stand "schon alles auf des Messers Schneide" und es habe spätestens seit 1980 bei der Frage der Kooperation mit dem Westen, insbesondere auch mit der Bundesrepublik, eine tiefe Spaltung in der politischen Führung gegeben. Hin anderer, ähnlich häufig in der Literatur genannter Faktor ftlr den Niedergang der DDR war wohl die Forcierung der Mikroelektronik. Dies wurde von Mittag in seinem Buch natürlich ganz anders gewertet. Mittag (1991), S. 38, 43, 87.

26 nationen" 105 . Es wird zwar die Vertrauenskrise westlicher Banken wegen der faktischen Zahlungsunfähigkeit Polens und Rumäniens erwähnt, die darauf erfolgte Kursänderung der D D R in der Außenhandelspolitik in Gestalt einer "drastischen Konsolidierungspolitik" hat aber zu erheblichen Ausfuhrsteigerungen in die OECD-Länder und zu einer Drosselung der Importe aus ihnen geführt 106 , so daß wohl der Eindruck entstand, es habe sich bei den Schwierigkeiten um vorübergehende Probleme gehandelt. Als belastende Faktoren wurden in den Materialien die geringere Wettbewerbsfähigkeit der D D R auf dem West-Weltmarkt und die Bindung an den R G W , an Partner mit geringerem Leistungsstandard, hervorgehoben. Aber die Warenstruktur von Ausfuhr und Einfuhr der D D R weist "die für hochindustrialisierte Länder typischen Merkmale auf', und es wird unter Berufung auf DDR-Angaben festgestellt, daß sich "das Entwicklungstempo des Außenhandels der DDR im Zeitraum 1970 bis 1982 von dem der Bundesrepublik Deutschland offenbar kaum unterschied". Real gesehen war es in der D D R sogar höher. 107 Ein stets kontrovers diskutierter Punkt ist die ökonomische Beurteilung der Partnerschaft der D D R mit der U d S S R (und auch der Zusammenarbeit im R G W ) . Das Gesamturteil fällt "ambivalent" aus. Der Vorteil für beide Länder ist die "Ergänzung ihrer Potentiale", die Stabilität und Kalkulierbarkeit der Entwicklung, die Aufnahmefähigkeit des großen und unkomplizierten sowjetischen Marktes 108 und das Zusammentreffen politischer und ökonomischer (Sicherheits-)Interessen. Als Nachteil wird auf längere Sicht die geringe Herausforderung der D D R durch ein Bündnis mit wirtschaftlich und technisch eher rückständigeren Partnern genannt. 109 Zwar wird erwähnt, daß sich der Handel mit der Sowjetunion wegen der Rohstoffverteuerung nach 1975 defizitär entwickelte 110 , aber es war nicht unbedingt zu erkennen, daß eben diese Rohstoff- und insbesondere Erdölimporte aus der U d S S R für die D D R zu einem Problem hätten werden können.

Materialien (1987), S. 598. Ebenda, S. 599, 614. Ebenda, S. 596, 600, 604. Daß in dieser Weise ein Vorteil für die DDR gesehen (oder konstruiert) wird, hat Schüller, ausdrücklich auf die oben zitierte Stelle bezogen, als Fehleinschätzung eingestuft. Das "Sicherheitsdenken beruht auf einer schlichten Illusion". In dieser Arbeit wird auch die angebliche Vorteilhaftigkeit der RGW-Zusammenarbeit, die Bremserrolle der D D R bei der weiteren Integration im R G W und die Reaktion der DDR auf die Ölpreisexplosionen kritisiert. Es wird z.B nicht auf die Erfolge im Westhandel als Ergebnis einer Konsolidierungspolitik, sondern auf die Einschränkung des Lebensstandards, die verfehlte Weichenstellung zugunsten der Braunkohle und insgesamt eine "ernüchternde negative Bilanz des RGW" hingewiesen. Per Saldo gelangt Schüller eher zu dem Ergebnis eines eindeutigen Nachteils, den die DDR aus ihrer Anbindung an die UdSSR erlitten habe. Für ihn ist die UdSSR ein "unübertroffenes Beispiel dafür, in welchem Ausmaß große Länder durch ihre Wirtschaftspolitik negative externe Effekte auf kleinere Länder in ihrem Einflußbereich ausüben können". Schüller (1988), S. 20 f., 25. Materialien (1987), S. 608. Ebenda, S. 599.

27 Der Eindruck, daß es sich bei der Vertrauenskrise westlicher Banken und den Schwierigkeiten der DDR im Handel mit dem westlichen Ausland nur um vorübergehende Probleme handelte, verstärkte sich in der Darstellung der Zahlungsbilanzsituation. 111 Danach hat die erwähnte Konsolidierungspolitik Früchte getragen: der Leistungsbilanzsaldo war seit 1982 positiv, die DDR konnte Hartwährungs-Ländem gegenüber Leistungsbilanzüberschüsse realisieren, ihre Auslandsverschuldung abbauen und Guthaben in harter Währung aufstocken. Sie gilt seither "wieder als gute Adresse auf den internationalen Finanzmärkten...". Hierzu hat auch die Bundesregierung beigetragen, indem sie im Juli 1983 für einen Euromarkt-Kredit an die DDR in Höhe von 1 Mrd. DM eine Garantieerklärung abgegeben hat.112 Hinzu kommt für eine Gesamtwürdigung, daß im Vergleich auch bei der Bundesrepublik Abstriche zu machen sind. Die Terms of Trade haben sich dort noch mehr als in der DDR verschlechtert und die Ölpreisentwicklung hat diese härter getroffen als die DDR und zu hohen Leistungsbilanzdefiziten geführt." 3 Zahlenangaben für die DDR finden sich schließlich auch über die Entwicklungshilfe sowie die innerdeutschen Wirtschaftsbeziehungen (neben dem Handel auch Zahlungen aus dem Bundeshaushalt an die DDR sowie die bekannten Finanzkredite 1983 und 1984 an die DDR). Was den innerdeutschen Handel betrifft, so fallen vor allem folgende Feststellungen auf: er hat zwar nominal seit 1970 "stark expandiert", real hat er aber nur "bescheiden zugenommen", für die DDR war er vom Volumen her durchaus bedeutsam, für die Bundesrepublik dagegen nicht und die Warenstruktur war "dem Entwicklungsniveau beider Volkswirtschaften keineswegs angemessen" 114 , der vereinbarte Swing wurde, insbesondere seit Beginn der achtziger Jahre, in immer größerem Maße nicht ausgenutzt. Zu einigen offenbar seinerzeit kontrovers diskutierten Fragen, wie "Dumping" der DDR und Beschäftigungswirkungen im innerdeutschen Handel, finden sich ebenfalls einige Hinweise im Teil B der Materialien.115

Materialien (1987), S. 615 ff.. Ebenda, S. 621 f.. Ebenda, S. 600, 603. Ebenda, S. 626. Ebenda, S. 632.

28

7.

Schlußbemerkung

Mit diesem Bericht wurde versucht darzulegen, welche Datenkenntnis über die DDR in der bewegten Zeit kurz vor der Vereinigung Deutschlands in Westdeutschland bestanden haben dürfte. Die sich darauf aufbauende Gesamteinschätzung der Leistungsfähigkeit und des Lebensstandards der ehemaligen DDR kann besser oder schlechter ausfallen als es die statistischen Daten rechtfertigen. In jedem Fall ist dieses Gesamtbild aber bestimmend für die Lagebeurteilung der Politik. Auch wenn nicht genau zu sagen ist, wie eng oder lose der Zusammenhang zwischen den statistischen Feststellungen, die hier referiert wurden, und dem Meinungsbild der Politiker war, so besteht gleichwohl eine Verantwortlichkeit der empirischen Forschung für das Bild, das in der Politik und in der Öffentlichkeit über die DDR entstand. Dem hätte man gegebenenfalls mit selbstkritischen Korrekturen oder auch mit Warnungen vor Fehleinschätzungen entsprechen können und müssen. Denn es dürfte nicht so sehr die Frage interessant sein, ob man seinerzeit in Westdeutschland überhaupt ein besseres, realistischeres Bild der DDR mit statistischen Daten zeichnen konnte, das vielleicht auch manche Entwicklung besser voraussehbar gemacht hätte, sondern viel eher die Frage, ob man sich auch nachträglich zu dieser Verantwortung bekannte.

29 Anhang T a b . 1:

E r w e r b s q u o t e n 1983 in v H

Bundesrepublik

DDR

Männer

78,9

88,4

Frauen

55,0

82,5

insges.

67,4

85,5

Quelle: Materialien (1987), S. 277. Vgl. auch Fußnote 15. T a b . 2:

S t r u k t u r d e r E r w e r b s t ä t i g e n n a c h W i r t s c h a f t s z w e i g e n 1 9 8 3 in v H

Bundesrepublik

DDR

Land-und Forstwirtschaft

5,5

10,1

Produzierendes Gewerbe

41,8

48,3

Handel und Verkehr

18,8

16,4

Dienstleistungen (einschl.Staat)

33,9

25,2

Quelle:

Materialien (1987), S. 282.

T a b . 3:

Beschäftigte und finanzielle Aufwendungen für Forschung und Entwicklung

DDR 1984

Bundesrepublik 1983 Bereich

Beschäftigte*)

finanzielle Aufwendungen")

Beschäftigte")

finanzielle Aufwendungen^

Wiss. Einrichtungen

48

3

20

0,63

Hochschulen

74

4

12

0,43

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159

Das Finanzmanagement der deutschen Einheit: eine politökonomische Betrachtung Karl-Hans Hartwig / Ingo Pies

1.

Aktuelle Ausgangslage

160

2.

Die Finanzierung der deutschen Einheit

161

3.

Gründe für Höhe, Finanzierung und Verwendung des Transfers

167

4.

Reformansätze

172

5.

Zusammenfassung und Ausblick

176

Anhang

177

Literatur

181

160

1.

Aktuelle Ausgangstage

Die Bundesrepublik befindet sich derzeit in einer schwierigen Situation, denn sowohl der europäische als auch der innerdeutsche Integrationsprozeß sind in eine Krise geraten: Zum einen stellt sich die Frage, ob mit dem Maastricht-Vertrag nicht eine Politik exekutiert wird, die vor 1989 konzipiert worden ist und damals auch immerhin ihren Sinn gehabt haben mag, die jedoch nach 1989 dringend revisionsbedürftig geworden ist, soweit sie sich überhaupt wie geplant durchsetzen läßt. Angesichts des trade-off zwischen Vertiefung und Erweiterung der Gemeinschaft läuft der Maastricht-Vertrag nämlich durchaus auf eine Grundsatzentscheidung gegen die beitrittswilligen Staaten Mittel- und Osteuropas hinaus, die weder zur wirtschaftlichen noch zur politischen Stabilisierung dieser Reformstaaten beiträgt. Zum anderen gerät der innerdeutsche Integrationsprozeß unter die Bedingungen einer gleichzeitigen Konjunktur- und Strukturkrise. Die Bundesrepublik durchlebt derzeit eine schwere Wirtschaftsrezession, und ihre Qualität als Produktionsstandort ist ins Gerede gekommen. Die Belastungen der Unternehmen und privaten Haushalte nehmen zu, während gleichzeitig die öffentlichen Haushalte und Nebenhaushalte Rekorddefizite verzeichnen und die Staatsverschuldung in rasantem Tempo ansteigt. Die Reaktion darauf besteht nicht nur in einer Verschlechterung des Investitionsklimas, sondern auch in einer allgemeinen Verschlechterung der Stimmungslage in weiten Teilen der Bevölkerung. Als Hauptschuldige für die Entwicklung werden vor allem die Politiker ausgemacht. Laut Meinungsumfragen schreibt ihnen die Mehrheit der Bevölkerung die Verantwortung zu, wobei staatliches Fehlverhalten allgemein nicht auf institutionelle Fehlanreize, sondern auf Personen mit Charakterschwäche oder sogar böse Absichten zurückgeführt wird.' Dementsprechend kommt es zu einer weit verbreiteten Politikerschelte, gegen die selbst Ökonomen nicht immer gefeit sind, die normalerweise einer moralisierenden Kritik mit nüchterner Analyse und konstruktiven Problemlösungsvorschlägen zu begegnen versuchen. Ein wesentlicher Anlaß für die Politikerschelte ist das Finanzmanagement der Vereinigung, mit dem sich die folgenden Ausführungen auseinandersetzen. Zunächst wird die Finanzierung des Einigungsprozesses vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen finanziellen Entwicklung dokumentiert (2). Das dabei zu konstatierende hohe Ausmaß an öffentlicher Verschuldung auf der Aufkommensseite und der hohe Anteil an Transfers und konsumtiven Ausgaben auf der Verwendungsseite verlangen nach einer Ursachenerklärung. In der Auseinandersetzung mit zwei gängigen Erklärungsmustern wird eine politökonomische Rekonstruktion vorgestellt, aus der die Hypothese folgt, daß zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte nach dem Superwahljahr 1994 eine grundlegende marktwirtschaftliche Bereinigung der Staatsaktivitäten ansteht (3). Die abschließenden Ausführungen enthalten hierzu einige Vorschläge (4).

Noelle-Neumann (1992), S. 5

161

2.

Die Finanziening der deutschen Einheit

Im weitesten Sinne umfaßt die Finanzierung der Vereinigung alle finanziellen Aufwendungen, die im Zuge des Einigungsprozesses für Aufbau und Anpassung der materiellen und institutionellen Infrastruktur und Produktionsstruktur in den neuen Bundesländern, die Sanierung ihrer ökologischen Altlasten sowie die soziale Abfederung der erforderlichen strukturellen Anpassungen anfallen. Formal kann die Finanzierung von unterschiedlichen Sektoren übernommen werden. Die Systematik der gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung, die allerdings auf Änderungen der Höhe und Struktur des Geldvermögens abstellt, unterscheidet private Haushalte, nichtfinanzielle Unternehmen, öffentliche Haushalte, Ausland und den sogenannten finanziellen Sektor, wozu neben Bundesbank und Kreditinstituten auch Bausparkassen und Versicherungen rechnen.2 Sie alle leisten direkt oder indirekt einen Finanzierungsbeitrag in Form von Steuern, Krediten, Transfers, Investitionen, ja selbst regionenspezifischer Käufe, etwa im Rahmen der "Einkaufsinitiative Ost" des BDI. 3 Genaue statistische Daten über Umfang und Anteile stehen nicht zur Verfügung, auch dann nicht, wenn nur auf die direkte Finanzierung abgestellt wird. Die vorliegenden Erkenntnisse deuten aber eindeutig darauf hin, daß, entgegen den ursprünglichen Vorstellungen, den größten Teil der Finanzierung Haushalte, Sondervermögen, Nebenhaushalte und Förderbanken des öffentlichen Sektors übernehmen; bei den öffentlichen Finanzleistungen sogenannte Transfers des Bundes und der alten Bundesländer nach Ostdeutschland dominieren; die Transferzahlungen überwiegend in konsumtive Verwendungen fließen; die Refinanzierung der öffentlichen Finanzleistungen vorwiegend durch Neuverschuldung erfolgt. Zwar engagieren sich westdeutsche und ausländische Unternehmen vermehrt in den neuen Bundesländern. Selbst russische Betriebe, wie die Gasprom AG oder die Skolinki AG, gehören zu den Investoren. Gemessen am gesamten Investitionsvolumen, das von Anfang 1991 bis Ende 1993 einen Wert von etwa 325 Mrd. DM erreicht haben dürfte, ist ihr "Finanzierungsanteil" jedoch vergleichsweise gering. So investierten die Unternehmen des westdeutschen verarbeitenden Gewerbes im Vergleichszeitraum 46 Mrd. DM und der

Hübl (1992), S. 77 f.. Der Einkaufsinitiative der Treuhandanstalt und des Bundesverbandes der Deutschen Industrie gehören etwa 100 westdeutsche Großunternehmen an, die ihre Einkäufe in Ostdeutschland gezielt forcieren.

162 größte ausländische Investor - die Schweiz - knapp 3 Mrd. DM.4 Ein beträchtlicher Teil dieser Investitionen ist zudem durch staatliche Subventionen gefördert worden. 5 Staatliche Mittel zur Finanzierung des wirtschaftlichen Aufbaus in Ostdeutschland flössen bereits ab Mitte 1990. Zunächst unter dem geplanten Titel "Sonderfonds für die Finanzierung der Kosten der Vereinigung Deutschlands", dann unter der Bezeichnung "Fonds Deutsche Einheit" wurde ein Sondervermögen des Bundes eingerichtet, das bis zur Neuregelung des Finanzausgleichs im Jahr 1995 der finanziellen Stärkung der ostdeutschen Gebietskörperschaften durch allgemeine, nicht zweckgebundene Zuweisungen dient. 6 Der Fonds erhielt zunächst einen Leistungsrahmen von 115 Mrd. DM mit einer Laufzeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1994. Die Auszahlungsbeträge sollten ab 1992 degressiv gestaffelt werden, weil man mit einer starken Wirtschaftsexpansion und raschen Zunahme der Steuerkraft in den neuen Bundesländern rechnete. Diesen Erwartungen entsprechend war vorgesehen, 20 Mrd. DM durch die Einsparung teilungsbedingter Kosten aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren und 95 Mrd. DM durch Verschuldung, worin auch die Banken kein Problem für die inländischen Kapitalmärkte sahen.7 Der Schuldendienst wurde zu 50% dem Bund, zu 30% den alten Bundesländern und zu 20% den neuen Bundesländern bei einer Annuität von 10% übertragen. Im Frühjahr 1992 wurde der Fonds Deutsche Einheit zunächst um gut 31,3 Mrd. DM aufgestockt, womit sich sein Gesamtumfang auf 146,4 Mrd. DM erhöhte. Die zusätzlichen Mittel hatten Bund und Länder durch Umlenkung ausgelaufener Strukturhilfen und durch tarifbedingte Umsatzsteuermehreinnahmen zu erbringen. Auf eine weitere Fondsaufstockung um 14,4 Mrd. DM einigten sich Bund und Länder im Rahmen des Solidarpaktes im März 1993 (s. Anhang: Tab. 1). Der Solidarpakt sieht gleichfalls vor, die bisherigen Zahlungen des Fonds ab 1995 durch einen neuen bundesstaatlichen Finanzausgleich abzulösen. Zusätzlich zu den Mitteln des Fonds Deutsche Einheit stellten die öffentlichen Haushalte der Bundesrepublik Deutschland der DDR für das zweite Halbjahr 1990 und das Jahr 1991 Finanzzuweisungen zum Haushaltsausgleich in Höhe von insgesamt 57 Mrd. DM sowie Mittel zur "Anschubfinanzierung" der Renten- und Arbeitslosenversicherung für den gleichen Zeitraum in Höhe von 750 Mio. DM bzw. 5 Mrd. DM zur Verfügung. 8 Weiterhin beschloß die Bundesregierung im März 1991 das Gemeinschaftsprogramm "Aufschwung Ost". Es sah für 1991 und 1992 Bundesmittel in Höhe von jeweils 12 Mrd. DM für den Ausbau der Verkehrsverbindungen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und kommunale Investitionsvorhaben vor. Seit 1993 sind die einzelnen Bestandteile des

Handelsblatt (1993a), S. 10 und (1993b), S 9. Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft wurde 1993 ein auswärtiger Investor bei einer Ausrüstungsinvestition in Ostdeutschland in Höhe von 1,2 Mio. DM im günstigsten Fall bereits im ersten Jahr mit 492.000 DM gefördert Ober eine Laufzeit von 10 Jahren ergab sich ein abgezinster Nettovorteil der öffentlichen Hilfen von gut 240.000 DM. iwd (37/1993), S 4 f.. Deutsche Bundesbank (6/1993), S 47; Kitterer (1993), S. 40 f.. Handelsblatt (1990), S. 11. Grundlagenvertrag (1990), S. 524.

163 Gemeinschaftsprogramms in die verschiedenen Ausgabenposten des Bundeshaushalts integriert.9 Neben der Durchführung umfangreicher öffentlicher Maßnahmen werden auch private Investitionen in den neuen Bundesländern gefördert. Bereits im März 1990 stellte das ERPVermögen zinsverbilligte Kreditprogramme für Existenzgründungen, Unternehmensmodernisierungen und Umweltschutzinvestitionen mit unbefristeter Laufzeit zur Verfügung. Sie wurden 1991 durch weitere Finanzierungshilfen in Form von Mittelstandsdarlehen, Investitionskrediten und Eigenkapitalhilfeprogrammen der großen öffentlichen Spezialkreditinstitute - Kreditanstalt für Wiederaufbau, Deutsche Ausgleichsbank, Berliner Industriebank (s. Anhang: Tab. 2) -, Mittel der EG sowie öffentliche Investitionszulagen, Investitionszuschüsse und vielfältige Steuererleichterungen ergänzt. So werden auf alle Investitionen in den neuen Bundesländern Sonderabschreibungen gewährt, wird auf die Erhebung ertragsunabhängiger Vermögenssteuern, die Gewerbesteuerumlage und die Gewerbekapitalsteuer verzichtet, erhalten ostdeutsche private Bauherrn Abschreibungsmöglichkeiten über den § lOe des Einkommensteuergesetzes hinaus.10 Neben direkten finanziellen Hilfsmaßnahmen für die neuen Bundesländer waren 1990 eine Reihe von Verbindlichkeiten der ehemaligen DDR zu regulieren. Mit dem Kreditabwicklungsfonds wurde dazu ebenfalls eine "Fondslösung mit Interimscharakter" gewählt". Zu den Hinterlassenschaften der DDR gehörten die Verpflichtungen ihres Republikhaushalts, jene Verbindlichkeiten, die mit der Zuteilung von Ausgleichsforderungen an die rund 600 ostdeutschen Geldinstitute und die Außenhandelsbetriebe im Zuge der Währungsumstellung entstanden waren sowie die Kosten der Abwicklung von Forderungen und Verbindlichkeiten im Rahmen des Außenhandels- und Valutamonopols der DDR im zweiten Halbjahr 1990. Zwar besaß die DDR rechnerisch zum Jahresende 1990 NettoAuslandsaktiva in Höhe von 18 Mrd. DM. Der größte Teil der Forderungen lautete jedoch auf unverzinsliche Transferrubel und war in seiner Werthaltigkeit mit hohen Risiken behaftet, so daß die Höhe aller im sogenannten Kreditabwicklungsfonds zusammengefaßten DDR-Schulden bei seiner Einrichtung am 3. Oktober 1990 auf mehr als 100 Mrd. DM veranschlagt wurde. 12 Der Kreditabwicklungsfonds war auf eine Laufzeit von maximal drei Jahren angelegt und berechtigt, seine Verpflichtungen mittels Kreditaufnahme zu finanzieren. Die daraus entstehenden Zinsleistungen hatten jeweils zur Hälfte der Bund und die Treuhandanstalt zu erstatten. Die Treuhandanstalt sollte auch unmittelbar nach dem Beitritt der neuen Bundesländer damit beginnen, die Verbindlichkeiten des Kreditabwicklungsfonds aus Verwertungserlösen des Treuhandvermögens zu tilgen und ab 1994 gemeinsam mit dem Bund und den neuen Bundesländern die bis dahin aufgelaufenen Schulden übernehmen. Für die nach Auflösung der Treuhandanstalt noch verbleibenden Restschulden wurde eine Übernahme durch Bund und neue Bundesländer zu gleichen Teilen vorgesehen.

Lillig (1993), S. 1077 Fuest; Kroker (1991) Deutsche Bundesbank (5/1993), S. 49. Finanzbericht (1991), S. 30.

164 Der laufende Haushalt des Kreditabwicklungsfonds besteht fast ausnahmslos aus Zinsleistungen für Altschulden (s. Anhang: Tab. 3). Die Treuhandanstalt ist bisher nicht in der Lage, diese Altschulden zu tilgen. Vielmehr muß sie sich selbst verschulden, um die hälftigen Zinslasten des Kreditabwicklungsfonds zu erstatten. Der Grund sind neben unerwartet geringen Privatisierungserlösen vor allem eine zunehmende Überfrachtung der Anstalt mit verschiedensten Aufgaben. 13 Konzeptionell kommt der Treuhandanstalt die im Transformationsprozeß herausragende Aufgabe zu, die vormals volkseigenen Betriebe wettbewerblich zu strukturieren und zu privatisieren.14 Ihrer Aufgabe entsprechend wird sie als rechtsfähige bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts geführt und gehört insofern wie die anderen großen Bundesunternehmen nicht zum öffentlichen Gesamthaushalt. Der Finanzminister hat denn auch ausdrücklich die Treuhandanstalt dem Unternehmenssektor zugerechnet und als "Privatholding" bezeichnet' 5 . Allerdings kommt der Bund letztlich für die finanziellen Netto-Belastungen aus der Geschäftstätigkeit der Treuhand auf. Für ihre Verbindlichkeiten hat er die Haftung übernommen. Da für die Anstalt zunächst Verschuldungsvorgänge zu erwarten waren, wurde im Grundlagenvertrag im Mai 1990 für das Treuhandvermögen zur Vorfinanzierung zu erwartender Verwertungseriöse ein Kreditermächtigungsrahmen festgelegt. Er belief sich für 1990 auf 7 und für 1991 auf 10 Mrd. DM.16 Nachdem die DM-Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990 jedoch einen Fehlbetrag von knapp 210 Mrd. DM aufwies, sah der Einigungsvertrag vom 31. August 1990 bereits eine Ausdehnung des Kreditrahmens auf 25 Mrd. DM vor; verbunden mit der Erwartung, daß eine Rückführung der Kredite aus Treuhandeinnahmen bis 31. Dezember 1995 möglich sei.17 Im Dezember 1991 wurde der Kreditrahmen dann nochmals erweitert auf jährlich 30 Mrd. DM bis 1994. Schließlich sieht der Solidarpakt vom März 1993 im Falle eines unabweisbaren Mehrbedarfs eine Überschreitung des jährlichen Kreditrahmens um bis zu weiteren 8 Mrd. DM vor.18 Um dazu die Finanzierungsbedingungen zu verbessern, hat der Gesetzgeber 1992 die rechtlichen Voraussetzungen für die Börsenfähigkeit der Treuhandanstalt geschaffen (s. Anhang: Tab. 4). Ähnlich dem Treuhandmodell wurde den Gemeinden in den neuen Ländern 1990 das Vermögen der volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft übertragen. Zwar mußten die Kommunen gleichzeitig mit dem Vermögen von rund 2,8 Mio. Wohnungen auch Altschulden in Höhe von 36 Mrd. DM übernehmen. Da für den Wohungsbestand jedoch eine schrittweise Überführung in marktwirtschaftliche Verhältnisse und eine teilweise

Friedrich, Lindemann (1993), S. 86 ff.. Das war zwar bei Gründung der Treuhandanstalt am 1. März 1990 nicht unbedingt intendiert, sollte sie doch vor allem das Volkseigentum wahren. Die Leitsätze zum Vertrag über die Schaffung einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zwischen den beiden deutschen Staaten sahen diese Aufgabe aber explizit vor laut Gründungsbeschluß: Grundlagenvertrag (1990), S 526. Finanznachrichten (1991), S. 2. Der Verkaufswert des aus über 9.000 Unternehmenseinheiten mit über 40.000 Betriebsstätten und 1,5 Mio ha landwirtschaftlicher Nutzfläche bestehenden Treuhandvermögens wurde im Sommer 1990 auf 800 - 1.000 Mrd. DM geschätzt; Maier (1991), S. 6. Einigungsvertrag (1990), S. 154. Finanzbericht (1993), S . l l .

165 Privatisierung vorgesehen war, wurde mit finanziellen Zuschüssen nicht gerechnet, sondern ein rascher Abbau der Schulden erwartet.' 9 In das Sondervermögen des Bundes ging die Deutsche Reichsbahn ein. Sie wurde zum Jahresbeginn 1994 mit der Deutschen Bundesbahn zu einem Bundeseisenbahnvermögen zusammengefaßt, aus dem dann der unternehmerische Bereich durch Gründung der Deutschen Bahn AG ausgegliedert wird. Die Verbindlichkeiten in Höhe von etwa 70 Mrd. DM bleiben beim neuen Sondervermögen und sollen in drei Jahrzehnten getilgt sein. Für die ersten beiden Jahre ist jedoch noch eine jährliche Nettokreditaufnahme bis 9,5 Mrd. DM vorgesehen. Das operative Geschäft der Treuhandanstalt endet 1994. Gleichermaßen laufen der Kreditabwicklungsfonds und der Fonds Deutsche Einheit Ende 1994 aus. Die bis dahin angelaufenen Verbindlichkeiten sowie 30 Mrd. DM Altschulden der kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen des Kreditabwicklungsfonds und der Treuhandanstalt übernimmt ein "Erblastentilgungsfonds", der mit dem "Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms" im März 1993 von Bund und Ländern vereinbart wurde. Der Fonds ist innerhalb einer Generation zu tilgen und zur Abdeckung seiner Tilgungsverpflichtungen und seines Zinsdienstes aus dem Bundeshaushalt und Teilen des Bundesbankgewinns zu finanzieren. 20 Seine Größenordnung dürfte bei etwa 370 Mrd. DM liegen. Das föderale Konsolidierungsprogramm enthält ebenso eine Neuregelung des Länderfinanzausgleichs zum 1. Januar 1995. Sie war durch die Integration der neuen Bundesländer erforderlich geworden und ist Bestandteil des Einigungsvertrages. Aufgrund der Neuregelung erhalten die neuen Bundesländer und ihre Gemeinden jährliche Transferleistungen in Höhe von knapp 60 Mrd. DM (s. Anhang: Tab. 5). Gemeinsam mit anderen Transfers sollen sie sich zu einem Betrag in Höhe von jährlich rund 5% des Bruttosozialprodukts ergänzen, der mittelfristig als notwendig erachtet wird, um in den neuen Ländern "wettbewerbsfähige Wirtschaftsstrukturen auf westlichem Niveau" zu etablieren und eine "Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse" zu erreichen.21 Die Angaben über die Höhe der bisherigen Transferleistungen der öffentlichen Haushalte in die neuen Bundesländer schwanken je nach der gewählten Abgrenzung der Mittel und Institutionen. Während z.B. der Sachverständigenrat die Nettotransfers im Jahre 1992 mit 150 Mrd. DM veranschlagt, lag ihr Umfang nach Angaben des Finanzministeriums bei 115 Mrd. DM. Für 1993 liegen die entsprechenden Werte bei 148 und 138 Mrd. DM. 22 Die Ursache für diese Differenz liegt unter anderem darin, daß der Sachverständigenrat die Leistungen des Fonds Deutsche Einheit höher ansetzt. Andererseits gibt das Finanzministerium die Bruttoleistungen des Bundes mit 117 Mrd. für das Jahr 1993 um mehr als 20 Mrd. DM höher an als der Sachverständigenrat. Letzterer beziffert die gesamten Bruttotransfers für die Jahre 1992 und 1993 auf 234 und 247,5 Mrd. DM (s. Anhang:

Einigungsvertrag (1990), S. 147. Finanzbericht (1993), S. 11. Ebenda. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (1992/93), S 146, (1993/94), S. 152; Finanzbericht (1993)

166 Tab. 6), das Finanzministerium auf 152 und 177 Mrd. DM. Ab 1994 wird generell mit einem leichten Rückgang der Transferzahlungen gerechnet. Generell verweisen auch alle Berechnungen darauf, daß die Verwendungsstruktur der Transfers durch konsumtive Ausgaben dominiert wird. Nur etwa 30 bis 35% der Transfers entfielen in den Jahren 1991/92 auf die investive Verwendung. 1993 sank der investive Anteil sogar unter 25 %.23 Der hohe Umfang an konsumtiven Ausgaben ist vor allem durch Zahlungen der Sozialversicherung bedingt. So wurden die Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit massiv ausgedehnt und mit dem Rentenüberleitungsgesetz ab Januar 1992 hohe Transfers von den westdeutschen Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung fällig. Die deutsche Vereinigung wurde bislang vor allem durch öffentliche Kreditaufnahme finanziert. Zwar trugen auch Steuererhöhungen im Rahmen des Solidargesetzes sowie Haushaltsumschichtungen und einigungsbedingte Haushaltseinsparungen zur Finanzierung bei.24 Schätzungen deuten aber daraufhin, daß nur knapp 18% der öffentlichen Transfers aus Steuern und nur etwa 6% aus Haushaltsumschichtungen stammen. 75% beruhen auf Verschuldung. 25 Damit entschied sich der Streit um die angemessene Finanzierungsalternative zugunsten der Nettokreditaufhahme. Gleichzeitig blieb eine Vielzahl von Finanzierungsvorschlägen unberücksichtigt, die vom Verkauf der Goldreserven der Deutschen Bundesbank zugunsten der neuen Bundesländer über die Veräußerung staatlicher Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen in den alten Bundesländern oder das Immobilienleasing für öffentliche Infrastrukturprojekte bis hin zu einem neuen Lastenausgleich und einer Ergänzungsabgabe für Besserverdienende reichen. 26 Die Staatsverschuldung ist seit der Vereinigung stark expandiert. Nachdem es 1989 gelungen war, das Finanzierungsdefizit und damit die Neuverschuldung deutlich auf weniger als 35 Mrd. DM zu verringern und den Finanzierungssaldo aus kassenmäßigen Überschüssen bzw. -defiziten, Rücklagenbewegungen, Münzgewinnen und Nettoneuverschuldung auf - 0,4% des Bruttosozialprodukts zu reduzieren, stieg die Verschuldung bereits im zweiten Halbjahr 1990 um etwa 165 Mrd. DM. In den Folgejahren lag sie je nach Abgrenzung zwischen 140 und 150 Mrd. DM (1991), zwischen 252 und 265 Mrd. DM (1992) und zwischen 220 und 250 Mrd. DM (1993).27 Die Neuverschuldung hat damit eine Quote von mehr als 7% des Bruttoinlandsprodukts erreicht. Die Zinsbelastungen der öffentlichen Haushalte liegen mit gut 100 Mrd. DM bei

Fuest; Kroker (1992); Deutsche Bundesbank (5/1993); Sachverständigenrat (1992/93), Müller (1993). Das Solidaritätsgesetz vom 24 Juni 1991 bestand aus einem zeitlich befristeten Solidaritätszuschlag zur Lohn-, Einkommen- und Körperschaftssteuer sowie einer Anhebung der Mineralölsteuer, der Versicherungssteuer und der Tabaksteuer. Einsparpotentiale ergaben sich bei der Zonenrand- und Berlinförderung sowie bei den Verteidigungsausgaben. Fuest; Kroker (1992); ähnlich Deutsche Bundesbank (5/1993), S. 57; Kitterer (1993), S 41 ff , Müller (1993), S. 124. Aus der Fülle der Vorschläge: Kronberger Kreis (1990); Schmidt (1991), Möllemann (1991), Roth (1991); Steinkühler (1991); Hickel (1992); Watrin (1992). Boss u.a. (1992); Müller (1993), S. 122; Deutsche Bundesbank (2/1994).

167 knapp 10% des Ausgabenvolumens und gut 14% des Steueraufkommens. Für 1994 und die Folgejahre wird mit einer weiteren Zunahme der Verschuldung gerechnet, so daß sich - Schätzungen zufolge - die Gesamtverschuldung öffentlicher Stellen, die unmittelbar vor der Währungsunion bei rund 990 Mrd. DM lag, gegenüber 1990 mehr als verdoppelt haben dürfte (s. Anhang: Tab. 7). Die Verschuldungsexpansion wurde nur zu einem geringeren Teil von den sogenannten "Kernhaushalten", das heißt Bund, Ländern und Gemeinden getragen. Verantwortlich war vielmehr der kräftig gestiegene Refinanzierungsbedarf der diversen Sondervermögen und Nebenhaushalte (s. Anhang: Tab. 8). Sie werden häufig nicht den öffentlichen Haushalten, sondern dem Untemehmenssektor zugerechnet. Auch wenn einiges für diese Zuordnung spricht, scheint sie doch für die hier angestellte Betrachtung insofern wenig geeignet, als ein Großteil der Schulden der Nebenhaushalte in die Schulden der Kemhaushalte eingehen werden. Das gilt für den Kreditabwicklungsfonds ebenso wie für die Verbindlichkeiten der Treuhand oder des Bundeseisenbahnvermögens. Ebenso sind die Leistungen für Zinsen und Tilgungen des Fonds Deutsche Einheit ab 1995 in Höhe von jährlich 9,5 Mrd. DM vom Bund sowie den westdeutschen Ländern und ihren Gemeinden zu erbringen. Zwar ist die Zunahme der Haushaltsdefizite sicher nicht nur auf die hohen Aufwendungen für die Vereinigung zurückzuführen, sondern - zumindest 1992 und 1993 - auch auf die konjunkturelle Entwicklung. Ebenso ist der Anstieg der Staatsverschuldung allein kein Zeichen für die Verfassung der Finanzpolitik. Gleichwohl bedarf sie einer genaueren Analyse.

3.

Gründe für Höhe, Finanzierung und Verwendung der Transfers

Die Höhe der öffentlichen Transfers in die neuen Bundesländer ist zwar vor dem Hintergrund einer einmaligen historischen Situation zu sehen. Verglichen mit anderen "historischen Transfers" ist ihre Dimension jedoch ebenfalls einmalig. Das gilt zumindest dann, wenn man sie in Relation zum gesamtwirtschaftlichen Output setzt. So absorbierten die deutschen Reparationsleistungen, die zwischen 1924 und 1931 aufgrund des Dawes- und Young-Plans zu erbringen waren, mit geschätzten 10,4 Mrd. Gold- bzw. Reichsmark durchschnittlich etwa 2,3% des jährlichen Volkseinkommens. 28 Die nach dem Zweiten Weltkrieg in Höhe von 1,32 Mrd. US-Dollar an Deutschland transferierten Mittel des Marshallplanes sowie weitere Hilfen von 2,7 Mrd. DM entsprachen zum damaligen Wechselkurs etwa 3,5% des deutschen Volkseinkommens in dieser Periode. Im Vergleich dazu absorbieren die öffentlichen Netto-Transfers in die neuen Bundesländer gut 5% des gesamtdeutschen Inlandsproduktes bzw. entsprechen mehr als 50% der in den neuen Bundesländern erbrachten Güter und Dienstleistungen. Das erstaunlich hohe Niveau der Transfers verlangt eine Erklärung; ebenso ihre vorwiegend konsumtive Verwendung sowie ihre weitgehende Finanzierung durch Kredite. Im

Deutsche Bundesbank (1976), S. 327; Hoffmann; Müller (1959), S. 56; Stolper; Hauser; Borchardt (1966), S. 253 ff..

168 allgemeinen werden dazu in der Diskussion zwei unterschiedliche Erklärungsmuster favorisiert. (1) Weit verbreitet ist die Ansicht, die Politiker hätten die Umbruchsituation für eigene Zwecke und zu Lasten der Wähler, vor allem im Westen, genutzt. Um die Wahlen im Osten zu gewinnen, habe die Politik auf die rationale Ignoranz ihrer Wähler gesetzt und eine massive Staatsverschuldung inszeniert, die deren Interessen geradewegs zuwiderläuft. Im Kern handelt es sich damit um ein Principal-agent-Argument, das aus der Publicchoice-Diskussion bekannt ist.29 Zwar kann es eine gewisse Prima-facie-Plausibilität beanspruchen. Bei einer Anwendung auf das Finanzmanagement der deutschen Einheit stellt sich allerdings folgendes Problem: Wie erklärt man den Rückgang der Neuverschuldung des Staates in den achtziger Jahren? Geht man davon aus, daß in einer Demokratie Konsolidierungsbemühungen immer unpopulär sind und daher Wählerstimmen kosten können, dann lassen sich die Konsolidierungserfolge der achtziger Jahre methodisch konsistent nur darauf zurückführen, daß es den Prinzipalen offenbar gelungen sein muß, ihre Agenten mit entsprechenden Anreizen zu versorgen. Mit rationaler Ignoranz ist dies schwer vereinbar. Zudem verliert dies Argument weiter an Plausibilität, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Bundestagswahlkämpfe 1976 und 1980 nicht zuletzt mit einer Problematisierung der Staatsverschuldung bestritten wurden und die Opposition eine unsolide Finanzierung der deutschen Einheit spätestens seit 1990 öffentlichkeitswirksam beklagt. Ist schon die positive Erklärungskraft dieses Arguments gering, so sind an seinem heuristischen Potential in bezug auf normative Forderungen erst recht Zweifel angebracht. Die Erklärung über einen Interessenkonflikt zwischen Wählern und Gewählten leistet einer moralisierenden Kritik an Politikern Vorschub und bietet gerade in diesem Fall kaum eine Perspektive, die die Suche nach konstruktiven Problemlösungen anleiten kann: Gemäß dieser Argumentation ist das Kind ja bereits in den Brunnen gefallen. Der Zeitpunkt der wichtigsten Entscheidungen und Weichenstellungen wäre also verpaßt. Dem Finanzmanagement der deutschen Einheit würde keine positive Seite abgewonnen. Die Beurteilung - besser: Verurteilung - erfolgt ohne weitere Differenzierungen. Allenfalls bleibt die vage Hoffnung, daß sich langfristig Anreize etablieren lassen, die die Politiker wieder an einer Konsolidierung der Staatsfinanzen interessieren. Genau genommen widerspricht eine solche Hoffnung jedoch der Logik des Ansatzes, kommt ihm doch das Subjekt der nötigen Reformen abhanden. (2) Das zweite Erklärungsmuster interpretiert Niveau, Finanzierung und Verwendung der Transfers nicht als ein intendiertes Ergebnis, sondern als ein nicht-intendiertes Resultat politischer Fehler. Diese Fehler beziehen sich zum ersten auf die Dimension des Transformationsproblems: Die ökonomischen Altlasten jahrzehntelanger sozialistischer Wirtschaftspolitik haben sich als umfangreicher und ihre Sanierung als schwieriger erwiesen als ursprünglich angenommen wurde.30 Vor allem das Wegbrechen der Märkte in Ost-

Buchanan; Wagner (1977). Als Reaktion auf den Übergang in die Marktwirtschaft wurde zunächst mit so starken Wachstumsimpulsen und einigungsbedingten Einspareffekten gerechnet, daß man eine Selbstfinanzierung des Aufholprozesses in den neuen Bundesländern bereits ab dem Jahr 1992 als möglich erachtete. Schätzungen über den zu leistenden Beitrag der öffentlichen Haushalte beliefen sich noch im

169 europa und die Hindernisse beim Aufbau leistungsfähiger Verwaltungen wurden unterschätzt. Die Fehler betreffen zweitens den Zeithorizont, der dem Einigungsprozeß zu Beginn zugrunde gelegt wurde: Es hat sich mittlerweile als eine Illusion herausgestellt, die angestrebte Angleichung der Lebensverhältnisse und den dazu erforderlichen wirtschaftlichen Aufholprozeß binnen weniger Jahre zu vollenden. Die Fehler beziehen sich zum dritten auf Maßnahmen, mit denen der Wirtschaftsaufschwung in den neuen Bundesländern behindert und verzögert wurde: Hier werden vor allem die Modalitäten der Währungsumstellung und die Entscheidung für eine Naturalrestitution genannt sowie das (zeitweilige) Versagen der Tarifautonomie, das unweigerlich eintreten mußte, als WestUnternehmer und West-Gewerkschaften über die Lohnsteigerungen ihrer Ost-Konkurrenten verhandeln durften. Dieses Erklärungsmuster bietet eine konstruktive Alternative zu jenen nicht immer bloß latenten "Verschwörungstheorien" 31 , die sich meist aus einer Trivialisierung des ersten Erklärungsmusters speisen. Aber sind die aufgelisteten Fehler wirklich der Hauptgrund für das zu erklärende Phänomen? Lassen sich Höhe, Verwendung und Finanzierung der Transfers wirklich ausschließlich auf Fehleinschätzungen von Seiten der Politiker zurückführen? Dagegen spricht, daß der zum Jahresbeginn 1995 einsetzende Länderfinanzausgleich in ausdrücklicher Kenntnis der Verschuldungssituation geplant wurde und dennoch dauerhaft hohe Transfers in den Osten vorsieht. (3) Angesichts dieser unzureichenden Erklärungsleistungen erscheint es als lohnend, sich nach einem anderen Argumentationsmuster umzuschauen, mit dessen Hilfe der Finanzierungsmodus der deutschen Einheit relativ besser erklärt werden kann. Aus der Perspektive politischer Ökonomik bietet sich eine - bislang weitgehend unbeachtet gebliebene institutionelle Interpretation an, die auf die Eigenheiten des deutschen Parteiensystems abstellt. Das Argument besteht aus zwei Prämissen und einer Schlußfolgerung: Die erste Prämisse lautet, daß die Bundesrepublik durch den Akt der Vereinigung einem - kurzfristig enormen - regionalen Verteilungskonflikt ausgesetzt war. Die neuen Bundesbürger waren faktisch an Umverteilung interessiert, und die Politik stand vor dem Problem, binnen kürzester Frist anstatt eines gigantischen und höchst konfliktreichen Nullsummenspiels ein langfristiges Positivsummenspiel zu etablieren, das die gemeinsamen Interessen von Ost und West zur Geltung kommen läßt. Die zweite Prämisse besagt, daß die föderale Architektonik der Bundesrepublik und insbesondere das auf bundesweite Belange zugeschnittene deutsche Parteiensystem regionale Konflikte systematisch entschärft. Daß die Politik durch bundesweite Parteien dominiert wird, beugt zwar nicht Partikularinteressen generell, wohl aber der Tendenz vor, daß Politiker ihre Karriere mit der prononcierten Verfolgung regionaler Partikularinteressen bestreiten können. Gerade

Februar 1991 auf maximal 300 Mrd. DM, verteilt über einen Zeitraum von 5 Jahren: IW (1990); Wissenschaftliche Dienste des Bundestages (1991). Klassisch ist die Kennzeichnung einer "Verschwöningstheorie der Gesellschaft' bei Karl Popper (1980), S. 119: "Diese Theorie behauptet, daß die Erklärung eines sozialen Phänomens in dem Aufweis der Menschen und Gruppen besteht, die an dem Eintreten dieses Phänomens ein Interesse haben (dieses Interesse ist manchmal verborgen und muß erst enthüllt werden) und die zum Zwecke seiner Herbeiführung Pläne gemacht und konspiriert haben."

170 ein Vergleich mit den USA verdeutlicht den Unterschied zu einem System regionalen Rent-seekings: Dort werden Bundespolitiker daran gemessen, wieviele Aufträge, Subventionen etc. sie ihrem Wahlkreis verschaffen können. Demgegenüber ist in der Bundesrepublik das Verhältnis zwischen den Abgeordneten und ihren Wählern in der Regel durch zwischengeschaltete Parteien mediatisiert, die die Abgeordneten mit Anreizen versorgen, um ihrer eigenen (Partei)Karriere willen regionale Interessenkonflikte eher zu entals zu verschärfen. Diese Tendenz wird durch Einrichtungen wie Landeslisten bei Bundestagswahlen und die Parteinominierung der Direktkandidaten weiter verstärkt, weil sie die Abhängigkeit der Politiker von der Zustimmung der Parteigremien perfektionieren. Aus diesen Prämissen ergibt sich folgende Schlußfolgerung: Durch den Einigungsprozeß wurde das westdeutsche Parteiensystem auf die neuen Bundesländer übertragen mit der doppelten Folge, daß die politischen Strategien und insbesondere die regionalen Verteilungsansprüche der neuen Politikergeneration im Osten domestiziert und die Umverteilungswiderstände der Politiker im Westen radikal abgeschwächt wurden. Der erste Punkt ist zentral für den friedlichen Verlauf der Übergangsperiode und das Ausbleiben sozialen Aufruhrs, der zweite Punkt ist zentral für die Erklärung des Finanzmanagements: Einerseits konnten Ostpolitiker nur in Westparteien Karriere machen und wurden so in westliche Vorstellungsmuster und Politiktraditionen eingebunden. Andererseits - und dieser Umstand wiegt schwerer - konnte die Bundestagswahl 1990 nur im Osten gewonnen werden, denn (nur) dort gab es ein riesiges Potential an Wählern ohne traditionelle Bindungen an und ausgeprägte Loyalitäten für Westparteien. Aufgrund dieser Konstellation lag es - vielleicht mit Ausnahme der PDS - im gemeinsamen Interesse der politischen Klasse, den im Vorfeld der Bundestagswahl 1990 noch latenten Verteilungskonflikt zwischen Ost und West um keinen Preis offen ausbrechen zu lassen. Vor diesem Hintergrund erscheint selbst eine massive Staatsverschuldung noch als Mittel der Wahl: Durch sie wird der regionale Distributionskonflikt zeitlich gestreckt. Nicht nur die Höhe, auch die weitgehend konsumtive Verwendung der Transfers läßt sich so erklären: Sie kommt einer Stillhalteprämie gleich, mit der den neuen Bundesbürgern die Akzeptanz - oder doch zumindest die Duldung - eines radikalen Reformprozesses abgekauft wird. Die institutionelle Abwicklung über Nebenhaushalte, aber auch die generöse Ausgestaltung des Länderfmanzausgleichs, fügt sich diesem Bild nahtlos ein. Ob angesichts der immensen Unmutsbekundungen in den neuen Bundesländern - zumal aus Sicht der Politiker - tatsächlich eine Überinvestition in den sozialen Frieden vorliegt, läßt sich allenfalls nach dem anstehenden Superwahljahr 1994 beurteilen. Neben ihrer Erklärungskraft weist diese politökonomische Argumentation ein hohes heuristisches Potential auf, das sich in einer offensiven Konzeption ökonomischer Politikberatung niederschlägt: Das Finanzmanagement der deutschen Einheit läßt sich rekonstruieren als risikoreicher und weitgehend nichtintendierter Versuch, durch massive Redistribution - die durch Staatsverschuldung zeitlich gestreckt und dadurch gerade in ihrer regionalen Konflikthaltigkeit kurzfristig entschärft ist - gemeinsame Allokationsinteressen zwischen Ost und West zu etablieren und auf Dauer festzuschreiben. Diese Interessen sind politisch durch Reformen so zu kanalisieren, daß die Inkaufnahme hoher

171

Transferkosten für beide Teile Deutschlands einen investiven Charakter bekommt. So gesehen, stehen die eigentlichen Weichenstellungen noch bevor! Das Politiksystem der Bundesrepublik weist systematisch die Tendenz auf, regionale Konflikte zu vermeiden bzw. zu entschärfen. Hierin lag - aus Sicht der Politiker - die eigentliche Herausforderung durch die Vereinigung. Nun erfordern Einnahmenerhöhungen bzw. Ausgabenkürzungen der staatlichen Haushalte schon in normalen Zeiten einen enormen politischen Kraftakt. Vor dem Hintergrund des historisch singulären Transferbedarfs in die neuen Bundesländer wird es daher verständlich, warum die Politiker auf das Finanzierungsinstrument der Verschuldung auswichen, ja - aus ihrer Sicht - geradezu ausweichen mußten. Nur so konnten sie mit einiger Aussicht auf Erfolg sich daran wagen, den radikalen Neuaufbau in den jungen Bundesländern anzugehen, ohne befürchten zu müssen, allzu viele Wählerstimmen im Osten und/oder Westen zu verlieren. Allerdings tendiert der finanzpolitische Spielraum mit steigender Verschuldung langfristig gegen Null, womit in allen öffentlichen Haushalten - auf kommunaler, auf Länder- und auf Bundesebene, und zwar sowohl im Osten als auch im Westen - eine Zeitbombe tickt, die sich nur durch eine langfristig angelegte Konsolidierungspolitik entschärfen läßt. Eine solche Politik zu verfolgen, sind nach dem Superwahljahr 1994 - unabhängig von ihrer politischen Couleur - alle Regierungen gezwungen. Angesichts eines verschärften internationalen Wettbewerbs wird sich die deutsche Politik einem erheblichen Druck zur Konsolidierung der Staatsfinanzen ausgesetzt sehen. In gewisser Weise ist damit aber genau das erreicht, was sich viele Bürger und insbesondere Ökonomen immer schon gewünscht haben: ein parteiübergreifend wirksames und zudem langfristiges Interesse der Politik an strukturellen Reformen. Mit 'muddling through' wird man nicht weiter kommen können; den Weg einer staatlichen Entschuldung durch Inflation wird man - gerade in Deutschland - wohl besser nicht beschreiten wollen. Deshalb kommt die Bundesrepublik an einer marktwirtschaftlichen Bereinigung ihrer Staatsaktivitäten nun nicht mehr vorbei. Trotz aller von Ökonomen immer wieder vorgebrachten Einwände, Bedenken und Vorbehalte gegen Einzelmaßnahmen des Finanzmanagements der deutschen Einigung scheint es - wenn auch wohl unabsichtlich - gelungen zu sein - zunächst durch die immensen Transfers, und nun wohl endgültig durch den 1995 einsetzenden Länderfinanzausgleich mittels einer gigantischen kreditfinanzierten Redistribution die Chance darauf zu eröffnen, daß konstruktive A llokationsinteressen in den neuen Bundesländern geweckt werden. Insbesondere die Festschreibung des Verteilungsmusters durch den Länderfinanzausgleich bedingt, daß die primär Begünstigten nun ein Interesse nicht an weiterer Umverteilung, sondern an einem größeren Kuchen haben. Die öffentlichen Haushalte haben nun die gleichen Probleme, ob in Ost oder West. Diese Problemhomogenität entschärft den ursprünglichen Regionalkonflikt. Aus der Sicht der Politik ist damit das eigentliche Wagnis der Einheit überstanden. Die Architektonik des politischen Systems ist stabilisiert, seine weitere Funktionsfähigkeit gesichert, so daß sich die Akteure des Systems in absehbarer Zeit wieder stärker einem allokationsorientierten Politikmanagement widmen können. Vor diesem Hintergrund sind für die Zeit ab 1995 Reformen der Staatstätigkeit in der Bundesrepublik zu erwarten.

172 4.

Reformansätze

Reformvorschläge zur Konsolidierung der Staatsfinanzen können sich auf drei Punkte beziehen: (1) auf die Ausgabenseite der staatlichen Budgets, (2) auf ihre Einnahmenseite und (3) auf die konstitutionellen Anreize im Politiksystem, von denen das Handlungsinteresse, aber auch die Handlungsfähigkeit der Politiker abhängen. (1) Subventionskürzungen gehören mittlerweile so sehr zum Standardrepertoire ökonomischer Konsolidierungsforderungen an die Politik, daß hierauf, so wichtig sie auch sind, nicht mehr gesondert eingegangen wird. Privatisierungen sind ein zentraler Bestandteil der Bemühungen um eine marktwirtschaftliche Bereinigung der Staatsaktivitäten. Konzeptionell gibt es hierfür drei unterschiedliche Begründungen. 32 Zum ersten ermöglicht das fortgeschrittene Rechtssystem der Bundesrepublik, zahlreiche Aktivitäten aus dem öffentlichen Recht herauszunehmen und privatrechtlich abzuwickeln. Selbst wenn der Staat weiterhin für die Durchführung der Tätigkeiten verantwortlich zeichnet, also bloß ein Wechsel der Rechtsform vorliegt, können hiervon aufgrund der größeren Flexibilität privatrechtlicher Konstruktionen erhebliche Einsparungen ausgehen: In vielen Fällen ermöglicht erst eine leistungsgerechte Bezahlung ein effizientes Personalmanagement. Zum zweiten kann Privatisierung aus einer konsequenteren Trennung von Finanzierung und Produktion öffentlicher Güter resultieren. Nicht alles, was der Staat ¿>en?//stellt, muß er auch selbst /¡erstellen Oft ist es preiswerter, vormals staatlich erbrachte Leistungen über den Markt abzuwickeln. Zum dritten schließlich kann Privatisierung bedeuten, eine ehemals hoheitliche Aufgabe ganz der Privatwirtschaft zu übertragen. Subsumiert man diese drei Versionen demselben Begriff, so eröffnet sich in der Bundesrepublik ein breites Spektrum für aussichtsreiche Privatisierungsanstrengungen, und zwar für Bund, Länder und Gemeinden. 33 (2) Erlöse aus dem Verkauf von Unternehmen und Grundstücken, die sich in Staatsbesitz befinden, sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Auf ihn sollte man zwar nicht verzichten, aber eine wirkliche Abhilfe für die Staatsverschuldung kann so nicht gefunden werden. Zudem verbieten sich simple Einnahmenerhöhungen in Form einer Verbreiterung der Steuerbasis und/oder Erhöhung des Steuersatzes ebenso wie simple Abgabenerhöhungen, jedenfalls in dem Umfang, der für eine Konsolidierung der Staatsfinanzen erforderlich wäre. Das Mittel der Wahl kann daher nur eine prononciert wachstumsorientierte Steuerpolitik sein. Hierzu sind viele Maßnahmen erforderlich, von der Steuervereinfachung bis zur größeren Anreizkompatibilität und höheren Transparenz der Steuerwirkungen. Solche Einzelkorrekturen - und ihre Koordination! - verlangen nach einer klaren Richtungsbestimmung, um eine erfolgreiche Steueres/e/n politik zu ermöglichen. Eine in diesem Zusammenhang hilfreiche Orientierungsmarke ist das Konzept einer Konsumsteuer, das eine radikale, aber eben gerade darum auch besonders interessante Abkehr von der bisherigen Einkommensteuerkonzeption impliziert. Vielleicht stehen die Chancen nicht schlecht, daß die Bundesrepublik aus ihrer Finanznot - steuersystematisch betrachtet

Hartwig (1993), S. 41 f f . Deregulierungskommission (1991), Monopolkommission (1992).

173 - eine Tugend macht. In ihrer Radikalität bietet die Konsumsteuer eine gewisse Aussicht, die Konsolidierung der Staatsfinanzen auf die eleganteste und demokratieverträglichste Weise, nämlich durch Wirtschaftswachstum, zu erreichen. 34 Im Kern geht es beim Konzept einer Konsumsteuer darum, die Bundesrepublik auf eine größere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu programmieren. Diese hängt zum einen von der Leistungsbereitschaft der einzelnen Wirtschaftssubjekte ab, zum anderen von ihrer Kapitalausstattung, und zwar sowohl von ihrer Ausstattung mit Sachkapital als auch - und zunehmend wichtiger - von ihrer Ausstattung mit Humankapital. Erst durch solche Kapitalausstattungen wird die einzige 'natürliche' Ressource, über die die Bundesrepublik verfügen kann: wird menschliche Arbeit produktiv. Der Aufbau von Kapital setzt Investitionen voraus, und diese müssen durch temporären Konsumverzicht, das heißt durch Sparen, finanziert werden. Eine Einkommensteuer trägt hierzu nicht sonderlich bei: Sie besteuert Einkommen unabhängig davon, wie sie verwendet werden. Eine Differenzierung zwischen Konsum- und - volkswirtschaftlich erwünschten - Investitionsaktivitäten erfolgt nicht systematisch, sondern allenfalls über bestimmte Abschreibungsmodalitäten. Die Einkommensteuer ist der privaten Verwendungsentscheidung vo/gelagert. Deshalb impliziert sie einen Verzicht auf ausgerechnet jene investiven Kanalisierungswirkungen, auf die in Zukunft immer weniger verzichtet werden kann, wenn der Produktionsstandort Bundesrepublik im international verschärften Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben mittlerweile präziser: wieder konkurrenzfähig werden - soll. Eine Konsumsteuer ist der privaten Entscheidung über die Verwendung des Einkommens nachgelagert. Sie belastet den privaten Verbrauch, entlastet jedoch Sparen und Investieren. Eine Konsumsteuer bedeutet also die Abkehr von der bisherigen Praxis, durch Investitionen erzeugte zukünftige Einkommen schon in der Gegenwart zu besteuern. Sie weist damit folgende Vorteile auf: Eine Konsumsteuer programmiert die Wirtschaft auf Wachstum: Sie entlastet Investitionen und fördert damit eine höhere Kapitalausstattung. Eine entsprechend differenzierte Besteuerung heute führt zu steigenden Einkommen in der Zukunft. Eine Konsumsteuer fördert nicht nur die Stromgrößen, sondern auch den Bestand an Vermögen. Vermögensverzehr wird steuerpflichtig. Insbesondere aus umweltpolitischer Sicht eröffnen sich damit neue Perspektiven, ökologische Erfordernisse in marktkonforme Anreize zu überführen. Allgemeiner formuliert: Eine Konsumsteuer ist ein Instrument, um Probleme intergenerationeller Gerechtigkeit (wie z.B. Staatsverschuldung) auf eine für heutige Generationen anreizkompatible Weise in Angriff zu nehmen. Sach- und Humankapital werden steuerlich gleichgestellt. Eine Konsumsteuer aktiviert damit in vollem Umfang die Zahlungsbereitschaft der Bürger für Humankapitalinvestitionen. Investive Steuerabschreibungen kommen 'Bildungsgut-

Sachverständigenrat (1981/82); Sinn (1987); Rose (1990); Hartwig; Wellesen (1991) sowie bereits Kaldor (1955).

174 scheinen' nahe. In vielen Fällen dürfte dies eine wichtige Voraussetzung dafür sein, daß effiziente Märkte (mit privaten Anbietern) auch für Bildung, Aus- und Weiterbildung überhaupt erst entstehen können. Richtig ausgestaltet, zieht eine Konsumsteuer eine marktkonforme Bildungsoffensive nach sich. Angesichts der gegenwärtigen Bildungsmisere verdient ein solches Konzept trotz oder gerade wegen seiner Radikalität eine emsthafte Diskussion. Eine Umstellung vom System der Einkommensteuer auf eine Konsumsteuer wäre zwar mit vielen Datailproblemen behaftet, die sich nur im Detail diskutieren und dann aber auch lösen lassen. Unüberwindbare Implementationshemmnisse technischer Art dürften jedoch nicht entstehen. (3) Eine Konsolidierung der Staatsfinanzen ist ohne tiefgreifende Reformen nicht zu haben. Die dazu erforderlichen Umschichtungen und Kürzungen der Ausgaben sowie die Umstrukturierung der Einnahmen setzen eine langfristig kalkulierende Politik voraus. Soll eine Konsolidierung gelingen, so ist auch eine entsprechende Ordnungspolitik nötig: Der international verschärfte Wettbewerb erzwingt einen Umbau sämtlicher Sozialsysteme, deren Funktionslogik auf Anreizkompatibilität umgestellt werden muß; die Verkehrspolitik bedarf langfristiger Strategien, wenn man die wirtschaftliche Produktivität und die immensen Emanzipationsleistungen des individuellen Privatverkehrs mit einem hohen Lebensstandard und einem entsprechenden Umweltschutz vereinbar machen will; nahezu der gesamte Bildungssektor verlangt nach neuen Perspektiven; die Wohnungswirtschaft und die Agrarwirtschaft ebenso. Dasselbe gilt für weite Bereiche der Innenpolitik, von den anstehenden Neuorientierungen der Außen- und Sicherheitspolitik ganz zu schweigen. 35 Zusammengefaßt heißt das: Die Bundesrepublik hat einen dringenden Bedarf an durchdachter, langfristig angelegter, konzeptioneller Politik. Damit stellt sich die Frage, ob die Politiker gegenwärtig mit den nötigen Anreizen ausgestattet sind, den Bundesbürgern ein solides Angebot zur Deckung ihres Bedarfs zu unterbreiten. Unterstellt man, daß ein solches Wollen faktisch existiert, läuft dies darauf hinaus, die Bedingungen zu hinterfragen, unter denen Politiker eine konzeptionelle Politik anbieten können. Da die Politiker gegenwärtig Wettbewerbsprozessen unterliegen, die durch eine konstitutionelle Wettbewerbsordnung nur höchst unzureichend institutionell eingerahmt sind, muß dieser Rahmen verbessert werden, um Anreize für eine erfolgreiche Konsolidierungspolitik zu schaffen. Einen Vorschlag hierzu bietet Leschke36. Aufbauend auf Überlegungen von F.A. von Hayek und J.M. Buchanan empfiehlt er, dem Bundestag eine parlamentarische Kontrollkommission an die Seite zu stellen, die quasi als das konzeptionelle Gewissen der Politik fungieren und hinsichtlich der Gesetzgebung des Bundes mit Initiativ- und Vetorechten ausgestattet sein soll. Die Kernidee besteht darin, in den bundesrepublikanischen Politikprozeß ein wirksames Korrektiv einzubauen und solche Handlungsrestriktionen bereitzu-

Zum seit Jahren äußerst kontrovers diskutierten Thema "Zuwanderung und Asyl" Pies (1993). Leschke (1993).

175 stellen, die es für den einzelnen Politiker rational machen, sich stärker als bisher um ein problemadäquates Politikangebot zu bemühen. Mithin zielt der Vorschlag darauf ab, den politischen Wettbewerb nicht aufzuheben, sondern ihn so zu kanalisieren, daß bessere Wettbewerbsergebnisse wahrscheinlich werden. Es geht also eher darum, einen politischen Wettbewerb um konzeptionelle Problemlösungen zu initiieren und zu intensivieren. Damit stellen sich im Prinzip zwei Fragen: (a) Wie müssen die Modalitäten einer parlamentarischen Kontrollkommission beschaffen sein, damit die Mitglieder ihrer Aufgabe anreizkompatibel nachkommen können, und (b) wie sind die Realisationschancen eines solchen Vorschlags einzuschätzen? (a) Leschkes Vorschlag sieht vor, die parlamentarische Kontrollkommission zu einem zugleich diskussionsfreudigen und entscheidungsfähigen Gremium zu machen. Sie soll nicht mehr als 30 Mitglieder umfassen, die anteilig von den Länderparlamenten und vom Bundestag auf mindestens sechs Jahre gewählt werden und Anforderungen erfüllen, die hinsichtlich Alter und Unabhängigkeit den Anforderungen an Richter des Bundesverfassungsgerichts ähneln." (b) Zunächst einmal erfüllt der Vorschlag von Martin Leschke schon allein deshalb eine sinnvolle Aufgabe, weil er die wissenschaftliche und öffentliche Diskussion über die systematischen Politikdefizite der Bundesrepublik um eine interessante Variante bereichert und eine wichtige Orientierungsmarke setzt, indem er die Aufmerksamkeit auf die politischen A nre/zprobleme lenkt. Was die Realisationschancen anbelangt, so hängt deren Einschätzung davon ab, worin man die Ursachen jener Probleme sieht, die eine parlamentarische Kontrollkommission lösen helfen soll: Führt man das Defizit konzeptioneller Politik auf ein Principal-agent-Problem zurück, dann erscheint der Staat 'als Beute',38 und es bleibt völlig uneinsichtig, wieso die Politiker freiwillig auf Kompetenzen verzichten und sich selbst schärfere Kontrollen auferlegen sollen. Führt man hingegen diese Politikdefizite auf ein Wettbewerbsdilemma, auf eine Rationalitätsfalle zurück - und dafür spricht einiges angesichts massiver Politikverdrossenheit, steigender Wahlenthaltung und angesichts des Aufkommens radikaler Protestparteien -, dann erscheint der Vorschlag einer parlamentarischen Kontrollkommission als eine Option rationaler Selbstbindung, mit deren Hilfe die Politiker nicht nur die Probleme der Bevölkerung, sondern auch ihre eigenen Probleme besser lösen können. Sie wären nicht mehr gezwungen, strittige Probleme der Bundespolitik zunehmend auf die EU oder das Bundesverfassungsgericht abzuschieben. Die Einrichtung einer parlamentarischen Kontrollkommission könnte ein Mittel sein, politische Fragen wieder verstärkt dort zu thematisieren und letztlich auch zu entscheiden, wo sie in einer parlamentarischen Demokratie eigentlich hingehören.

Besonders interessant scheint jene Variante zu sein, wonach die Mitglieder in einem rollierenden System für jeweils neun Jahre gewählt werden, so daß alle drei Jahre ein Drittel der Mitglieder ausgewechselt wird. So wäre jene Kontinuität gewährleistet, die ein Gremium braucht, um ein gleichbleibend hohes Kompetenzniveau sicherzustellen, v. Arnim (1993).

176

5.

Zusammenfassung und Ausblick

Folgende Ergebnisse sind festzuhalten: (1) Die Politik hat den radikalen Umbruch des Jahres 1989 erstaunlich schnell verarbeitet. Sie hat die vorhandenen Reserven, insbesondere die Kreditfähigkeit des Staates, anders als ursprünglich vorgesehen verwendet. Mittels massiver Transfers in die neuen Bundesländer wurde versucht, eine akute Notlage sozial abzufedern und die Weichen für einen radikalen Umbau der ehemals sozialistischen Gesellschaft zu stellen. Ein großer Teil der Transfers floß unmittelbar in den Konsum, nur der kleinere Teil wurde für Investitionen im engeren (streng wirtschaftlichen) Sinne genutzt, um die Infrastruktur aufzubauen. Die eigentliche Aufbauhilfe bestand jedoch darin, das gesamte Institutionensystem des Westens auf den Osten auszudehnen. (2) Die Politik hat das Superwahljahr 1994 relativ unbeschadet erreicht. Aus ihrer Sicht ist das ein Erfolg. Ein Abweichen vom ursprünglichen Weg war unvermeidlich; aber hat sich der Umweg auch für die Bürger gelohnt? Dies hängt von der weiteren Kursbestimmung ab, also davon, ob von nun an der weitere Weg sich wieder auf das ursprüngliche Ziel richtet, die Bundesrepublik zum Wohl ihrer Bürger auf internationale Wettbewerbsfähigkeit zu programmieren. Dies bedeutet, daß die Politik den eigentlichen Legitimationsbeweis für den von ihr eingeschlagenen Kurs erst noch antreten muß. Ob sich die Anstrengungen des Übergangs gelohnt haben, wird davon abhängen, ob die durch konsumtive Transfers gekaufte Zeit von jetzt an konsequent dazu genutzt wird, die gesamtdeutsche Wirtschaft zu einem potenten Produzenten im internationalen Wettbewerb zu machen. Hierfür sind grundlegende Reformen auch des öffentlichen Sektors erforderlich. Die Bundesrepublik wird nicht umhin kommen, den gesamten Bereich der Staatstätigkeit einer marktwirtschaftlichen Bereinigung zu unterziehen. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre haben daher ökonomische Reformvorstellungen eine besondere Aussicht auf Erfolg. Die Bundesrepublik des Jahres 1989 war eine aufgrund struktureller Defizite in weiten Bereichen dringend reformbedürftige Gesellschaft. Im Vereinigungsprozeß wurde also ein durchaus mängelbehaftetes Institutionensystem von West nach Ost übertragen. Trotz aller Probleme, die daraus entstehen, könnte sich die deutsche Einigung nicht nur für die Ostdeutschen, sondern auch für die Westdeutschen immer noch als das glücklichste Ereignis der Nachkriegszeit erweisen, und zwar nicht - wie viele zu glauben scheinen wegen der neuen 'nationalen Größe', sondern wegen der realistischen Möglichkeit zu grundlegenden institutionellen Reformen. Krisenzeiten sind Chancenzeiten. Richtig genutzt, können sie zum 'Aufstieg der Nationen' führen: 39 Die deutsche Einigung verursacht Kosten. Es kommt jetzt darauf an, die Inkaufnahme dieser Kosten in eine rentable Investition zu verwandeln.

Olson (1985).

177 Anhang Tab. 1 : Fonds Deutsche Einheit Mrd D U A b d e c k u n g des Schuidendienstes (Annuität v o n 1 0 % )

Finanzierung I) Haushaltsmittel v o n B u n d und Landern

Jahr/Zeitraum 1990 1991 1992 1993 1994

Gesamtlei. stung 1)

zusammen

22.0 35.0 33.9 35,2 34.6

2.0 4,0 9,9 20.2 29.6

Erträge aus MwStErhöhung 1993

Kreditaufnahme

Sonstige il

_

2,0 4,0 4,0 5,0 5,0

zu Lasten von

10,5 12.9

zusammen

_

20,0 31.0 24,0 15.0 5,0

5,9 4,7 11,7

GemeinLänder !) den « (West(Westdeutsch- deutschland! land)

B u n d 41

2.0 5,1 7.5 9.0

. 1,00 2,55 3.75 4.50

0.60 1,53 2.25 2.70

0.40 1.02 1.50 1.80

-

-

-

-

-

-

9,5

2,65

4.11

2.74

160,7

65.7

20,0

23,4

22,3

95,0

23.6

11,80

7,08

4,72

ab 199S 1990 bis 1994

Einsparungen v o n Kosten der deutschen Teilung

1) 2)

Ohne Kreditbeschaffungskosten, Zinszahlungen, Zuführungen an Tilgungsrücklage. Ohne Zinsen aus der Zwischenanlage sowie ohne Zuschüsse zur Abdeckung der Schuldendienstverpflichtungen und der Kreditbeschaffungskosten und Entnahmen aus der Tilgungsrücklage. 3) Einschließlich Zuweisungen aus dem erwarteten Mehraufkommen im Zusammenhang mit dem Zinsabschlagsgesetz und der sonstigen Zahlungen gemäß den Vereinbarungen zum Solidarpakt. 4) Nach Abzug der Lindererstattungen an den Bund. Ohne Bundeszuschuß zur Finanzierung der Kreditbeschaffungskosten. 5) Nach Abzug der von den Gemeinden zu erbringenden Finanzleistungen zugunsten der Linder. 6) Finanzerstattungen an den Bund. Quelle. Deutsche Bundesbank (5/1993), S. 48.

Tab. 2: Förderbanken des Bundes Mrd D M Kreditzusagen Institut Kreditanstalt für Wiederaufbau Gesamtzusagen 1) darunter: neue Bundeslander Deutsche Ausgleichsbank Gesamtzusagen darunter: neue Bundeslander Berliner Industriebank Gesamtzusagen darunter neue Bundeslander Hauptleihinstitute, insgesamt Gesamtz usagen darunter: neue Bundesländer

1987

1986

9.8

2,7

1.1

13,6

1988

7,4

2.9

1.0

11,3

1989

12.4

3,1

1.3

16.8

1990

16.4

4.6

1.6

22.6

1991

1992 »)

20.3

31.9

29.0

4.2

22.6

20.3

9.4

14.8

13.3

4.0

12,0

11.0

2,4

4,9

4.7

1,1

3.9

4.1

32,1

51.6

47,0

9.3

38.5

35,4

• Einschließlich betreuter ERP-Programme. 1) Nur Kredite zur Förderung von Investitionen. Quelle: Deutsche Bundesbank (5/1993), S. 56.

178 Tab. 3: K r e d i t a b w i c k l u n g s f o n d s

Mrd D M Position

1990

1992

1991

1993 c



£ CT.

.2

ü X ) T3 s

O c

e

. a i o © M

D

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291 Tab. 2: Haushaltstransaktionen der E u r o p ä i s c h e n G e m e i n s c h a f t e n mit der B u n d e s r e p u b l i k 1987 - 1992

Mrd D M

Position

1987

1988

1989

1990

1991 i)

1992

Zahlungen an den EG-Gesamthaushalt Agrarabschöpfungen. Zuckerabgaben

1.1

1.1

1.1

0.8

1.1

Zölle

S.4

6.2

6.7

7.0

8.2

7.9

12.8

14.3

14,5

14.2

19.2

22.0

MWSt-Eigenmittel

0,9

-

3.0

1.5

0.1

3.9

4.5

Sonstige 2)

0.8

0.7

0.6

0.5

0,6

0.4

Insgesamt

20.2

25,3

24,4

22.5

33,0

35,7

3,1

+ 25,2

- 3,6

7,8

+ 46,7

+ 8.2

26,5

28.2

25,1

25.0

29.1

28,7

8.6

10.3

9.0

9.3

10,8

9,8

BSP-Eigenmitte!

Veränderung gegen Vorjahr in %



-

Nachrichtlich: Finanzierungsanteil in % 3)

Leistungen aus dem EG-Gesamthaushalt Agrarmarktordnungen darunter 6.S

7.8

5,2

7.0

7,9

6.5

Strukturfonds

Interventionen auf dem Binnenmarkt

0.6

0,7

1.0

0.8

2.2

2.9

Erstattung von Erhebungskosten

0.4

1.0

O.B

0.8

0.9

0.9

Sonstige

0.2

0.3

0.2

0

0

0

Insgesamt Veränderung gegen Vorjahr in %

9,8

12.3

11,0

10,9

14,0

13.6

- 14,0

+ 25,5

- 10,6

- 0.9

+ 28,4

- 2.9

14,7

15.0

12,8

12.9

13,5

- 10,4

-13,0

- 13,4

- 11.6

- 19.1

Nachrichtlich: Rückflußanteil in % eit P

P r e i s e , zu d e n e n d a s P r o d u k t Absatz findet Wert-Grenzprodukt der Arbeit A r b e i t s e n t g e l t e p r o Zeiteinheit A r b e i t s m e n g e ( S t u n d e n ) in R e g i o n A u n d B ( B e s c h ä f t i g u n g )

Literatur Bundesministerium für Wirtschaft (1993), EG - Förderprogramme für die neuen Bundesländer, Bonn. Bundesministerium für Wirtschaft (1994), Monatsbericht 3, Obersicht Nr 9. Bulletin der Europäischen Gemeinschaften (1991), 12, S. 97 - 99. Bulletin der Europäischen Gemeinschaften (1992), 1/2, S 84 Busch, B.; H.-P Fröhlich (1993), Aufbruch im Osten - Anpassung im Westen. Europa nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialpolitik des Instituts der deutschen Wirtschaft Nr. 211, Köln DBBk (1992a), Deutsche Bundesbank, Die Wirtschaftsbeziehungen des vereinigten Deutschlands zu den mittel- und osteuropäischen Reformländern, Monatsbericht 7, S. 15 - 22. DBBk (1992b), Deutsche Bundesbank, Der Einfluß des deutschen Vereinigungsprozesses auf die wirtschaftliche Entwicklung in den europäischen Partnerländern, Monatbericht 7, S. 23 - 29. DBBk (1993a), Deutsche Bundesbank Geschäftsbericht 1993, Frankfurt a.M. DBBk (1993b), Deutsche Bundesbank, Die Finanzbeziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu den Europäischen Gemeinschaften seit dem Jahr 1988, Monatsbericht 11, S. 61 - 78 DBBk (1993c), Deutsche Bundesbank, Die jüngsten geld- und währungspolitischen Beschlüsse und die Entwicklung im Europäischen Währungssystem, Monatsbericht 8, S. 19 - 27. DBBk (1993d), Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 9. Fritsch-Bournazel, R. (1992), Europe and German Unification, Oxford.

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AUSGEWÄHLTE WIRTSCHAFTSPOLITISCHE PROBLEME

297

Aufbau einer mittelständischen Wirtschaft in den neuen Bundesländern Dietrich von Delhaes-Guenther

1.

Wachstum und Struktur der mittelständischen Wirtschaft

298

2.

Förderung des Mittelstandes

305

2.1.

Förderprogramme

305

2.2.

Fördervolumen

305

3.

Probleme des Marktzutritts und der Konsolidierung

308

3.1. 3.2.

Engpässe im Transformationsprozeß Marktwirtschaftliche Newcomer

308 309

3.3.

Wettbewerbsnachteile in der Anfangsphase

310

4.

Perspektiven

311

Literatur

313

298 Die Transformationsintensität der Wirtschaftsordnung in Ostdeutschland, insbesondere auch die Entlastung des Arbeitsmarktes, wird sehr wesentlich durch das Heranwachsen einer wettbewerbsfähigen mittelständischen Wirtschaft bestimmt. Seit der Wende bis Ende 1993 hat ein hochdynamischer Gründungsprozeß zur Entstehung von ca. 400.000 mittelständischer Unternehmen in Ostdeutschland geführt. Dabei entspricht die Unternehmensdichte, gemessen an den Einwohnerzahlen in den Dienstleistungen, ungefähr dem westdeutschen Niveau, während im industriellen Sektor ein erheblicher Aufholbedarf besteht. Ein großer Teil dieser kurzfristig entstandenen Betriebe klagt allerdings über zunehmende Konsolidierungs- und Existenzabsicherungsprobleme Im folgenden soll der sich im Osten Deutschlands heranbildende Mittelstand nach Art und Umfang sowie nach seinen Gründungsvoraussetzungen und Marktchancen skizziert werden.

1.

Wachstum und Struktur der mittelständischen Wirtschaft

Weder die genaue Anzahl noch die Branchen- oder Betriebsgrößenstruktur der nach 1989 entstandenen und wirtschaftlich aktiven mittelständischen Betriebe ist bekannt. Der an Bedeutung rasch zunehmende Mittelstand setzt sich aus einzelnen nach ihrer Entstehung sehr heterogenen Gruppen zusammen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau geht davon aus, daß es unmittelbar vor der deutschen Vereinigung einschließlich der Genossenschaften rund 170 000 selbständige mittelständische Unternehmen, vor allem des Handwerkes, gab, von denen heute noch etwa 70.000 weiterbestehen ' Eine weitere Gruppe bilden die durch die Treuhandanstalt privatisierten und reprivatisierten Unternehmen. Es wurden vom 1.7.1990 - 31.12.1993 insgesamt 13.643 Privatisierungen durchgeführt und 9.038 Reprivatisierungsanträge entschieden. Daraus resultierten 5.833 vollständig privatisierte Unternehmen und 6.048 Rückgaben von Treuhand-Unternehmen. 2 Die bei weitem wichtigste Gruppe bilden jedoch die durch ostdeutsche, westdeutsche und ausländische Investoren neugegründeten Unternehmen. Anhaltspunkte über die Gründungsdynamik insgesamt und nach ihrer regionalen und sektoralen Verteilung lassen sich der monatlich geführten Gewerbestatistik entnehmen. Diese ermöglicht jedoch nicht, wie in den alten Bundesländern, aus An- bzw. Abmeldungen genauere Zahlen über effektive Neugründungen oder Marktaustritte von Unternehmen zu ermitteln. So enthalten die Gewerbeanmeldungen keine eindeutigen Angaben über Standortverlagerungen, Übernahmen und unselbständige Zweigniederlassungen. Zudem erfolgt häufig die Anmeldung zum Gewerbe bereits einige Monate vor der geplanten Betriebsaufnahme, zu der es mitunter aufgrund von Markteintrittsproblemen gar nicht erst kommt.

Hussein (1993a), S.l. Treuhandanstalt (1993), S 3 und 11

299 Bei den gewerblichen Abmeldungen ist dagegen oftmals unklar, ob bei der Überführung von volkseigenen Betrieben, Kombinaten oder Produktionsgenossenschaften in marktwirtschaftliche Unternehmensformen (GmbH, AG), gleichzeitig auch Löschungen im Gewerberegister vorgenommen wurden. Ähnliche Unklarheiten ergeben sich auch beim Austritt von Mitgliedern vormaliger Produktionsgenossenschaften z.B. des Handwerks D i e Gewerbestatistik weist für Ostdeutschland 1990 - 93 folgende Zahlen aus:' Anmeldungen

Abmeldungen

1990

281.000

27.000

1991

293.000

100.000

1992

214.000

121.000

1993

190 0 0 0

122 000

Daraus wird der Tendenz nach erkennbar, daß der bis ins Jahr 1991 anhaltende Anmeldeboom ab 1992 wieder abflacht. Gleichzeitig steigt die Zahl der Abmeldungen von Jahr zu Jahr kontinuierlich an. Nach einer stürmischen Anfangsphase beginnt sich der nunmehr ins vierte Jahr eingemündete Gründungsprozeß zu verfestigen (s. hierzu Abbildung 1) In der regionalen Verteilung dominiert Sachsen. Auf den Freistaat entfallen 1992 ca. 30% aller gewerblichen An- und Abmeldungen. Nahezu gleichauf folgen Thüringen, SachsenAnhalt und Brandenburg mit j e w e i l s ca. 17% aller Gewerbeanmeldungen und jeweils 16 - 18% der Gewerbelöschungen. Diese Anteile entsprechen weitgehend den Bevölkerungsanteilen der genannten Bundesländer an der ostdeutschen Bevölkerung insgesamt. Auf Sachsen entfallen 30% (4,66 Mio ), auf Thüringen 16% (2,55 Mio ), auf Sachsen-Anhalt 18% (2,81 Mio.) und auf Brandenburg 16% (2,53 Mio ). Nach Wirtschaftsgruppen lassen sich vier Bereiche in der Gewerbestatistik unterscheiden Eindeutig wurde die Gewerbemeldeintensität aufgrund des hohen Nachholbedarfs durch die Gruppe Handel und Gaststätten bestimmt, wenn auch mit abnehmendem Gewicht im Laufe der Jahre. Während 1990 jede zweite Gewerbeanmeldung auf diesen Bereich entfiel, waren es im I. Quartal 1993 nur noch 43%. Gleichzeitig stieg der Anteil des Handels an den Abmeldungen insgesamt von 46% in 1990 auf 73% in 1993. Mit dem Vorrücken der großen westdeutschen Handelsketten hat sich hier bis 1993 in einzelnen Handelssparten ein Konzentrationsprozeß vollzogen. Zudem ist das Überangebot an rasch entstandenen Verkaufsplätzen für Gebrauchtwagen, Imbißständen, Getränkestützpunkten, Videotheken unter anderem abgebaut worden. D i e übrigen Dienstleistungen partizipierten 1990 - 9 2 an den Gewerbeanmeldungen mit 38 - 39%. Bei den Abmeldungen erhöhte sich ihr Anteil von 29% in 1991 auf 37% in 1992.

K a y s e r ; Hauser (1993), S. 310 ff sowie Creditreform (1993b), S 19

300

301 Stabile Verhältnisse weist die Gewerbestatistik für das Handwerk aus. Seit Mitte 1991 steht hinter jeder zehnten Gewerbeanmeldung bzw. -löschung ein Handwerksbetrieb. Allerdings sind diese Betriebe mit durchschnittlich vier Mitarbeitern wesentlich kleiner als westdeutsche Handwerksbetriebe mit einer Durchschnittsbeschäftigung von neun Personen.'1 Die Industrie wird statistisch erst ab 1992 geführt. Sie ist durchschnittlich mit etwa 4% an den Gewerbeanmeldungen und mit rund 2,5% an den Abmeldungen beteiligt. Bei diesen geringen Zahlen darf nicht übersehen werden, daß der Markteinstieg für Industriebetriebe mit einem ungleich größeren Kapitalaufwand und mit höherer Durchschnittsbeschäftigung als in anderen Wirtschaftsbereichen verbunden ist. Eine Übersicht über die Zugehörigkeit neugegründeter Unternehmen nach Wirtschaftsbereichen und den Gründungsmodalitäten enthält Tabelle 1. Sie basiert auf einer 1991 durchgeführten Umfrage unter 460 Existenzgründem. Angesichts der gewerbestatistischen Unsicherheiten muß die Zahl der neugegründeten und tatsächlich noch am Markt agierenden Unternehmen geschätzt werden. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau 5 geht davon aus, daß es Ende 1992 rund 320.000 wirtschaftsaktive neugegründete Mittelstandsbetriebe gab. Diese Zahl enthält 11.000 Altbetriebe aus der damaligen DDR, die infolge wechselnder Inhaber oder Unternehmensform in der Gründungsstatistik seit 1990 Eingang fanden. Addiert werden zu den 320.000 weitere 40.000 noch aktive Altbetriebe aus der Zeit vor der Wende ohne erneuten gewerbestatistischen Eintrag. Damit wird Ende 1992 eine Zahl von 363.000 Mittelstandsbetrieben erreicht, die unter Einbeziehung der freien Berufe auf insgesamt 430.000 anwächst. In Tabelle 2 wird eine anteilmäßige Aufschlüsselung nach Wirtschaftsbereichen vorgenommen und der Mittelstandsstruktur in den Altbundesländern gegenübergestellt. Gemessen an der westdeutschen Entwicklung und am Ost-West-Bevölkerungsverhältnis von 1 : 4 zeigt sich rein quantitativ betrachtet ein enormer Aufholbedarf des ostdeutschen Mittelstandes in der Industrie und bei den freien Berufen, weniger im Bereich des Handwerks, Handels und der übrigen Dienstleistungen. Nach den jüngsten Schätzungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau hat sich allerdings die Zahl der Industriebetriebe im Jahresverlauf 1993 auf 11.000 erhöht. Dabei handelt es sich überwiegend um Betriebe des industriellen Kleingewerbes mit relativ niedrigen Umsatz- und Beschäftigungszahlen. Dennoch müßte der industrielle Mittelstand Ostdeutschlands von 11.000 auf 25.000 Unternehmen anwachsen, um zumindest numerisch dem westdeutschen Niveau zu entsprechen. Es wird also künftig auf die Erweiterung dieser industriellen Basis ankommen, damit sich der Mittelstand insgesamt festigen kann, zumal einem Industriearbeitsplatz im Durchschnitt drei weitere Arbeitsplätze im Zulieferer- und Dienstleistungsgewerbe zuzuordnen sind.

Hussein (1993a), S. 2. Ebenda.

302 Tab 1: Wichtige Strukturdaten der Existenzgründungsbefragung 1993 ( 4 6 0 Unternehmen)

1. W i r t s c h a f t s b e r e i c h Produzierendes Gewerbe Handwerk Handwerksähnliches Gewerbe Handel Verkehr und Nachnchtenübermittlung übrige Dienstleistung ohne A n g a b e

Angaben in Prozent 1.9 51 3.2 22.1 5.4 14.7 1.6

2a) G r ü n d u n g s z e i t p u n k t 1 Halbjahr 1990 oder früher

22,8

3 Quartal 1990

25.3

4 Quartal 1990

15.4

1 Halbjahr 1991 oder später

26,3

ohne A n g a b e

10,3

b| G r u n d u n g s f o r m Neugrundung Übernahme eines Pnvatbetnebs Pnvatisierung/Ausgliederung ohne Angabe

71.8 8.3 18.9 1

3a) G r u n d u n g s k a p i t a l 0 bis unter 20 T D M

14,1

2 0 bis unter 50 T D M

18,3

50 bis unter 150 T D M

28.8

150 T D M und mehr

21.5

ohne A n g a b e

17.3

b) F i n a n z i e r u n g s f o r m mit öffentlicher Förderung

34.3

ausschließlich eigenfinziert

32.4

Fremdfinanziert ohne Fördermittel

30.1

ohne A n g a b e

Quelle:

M a y - S t r o b l ; Paulini (1993), S. 43.

3.2

64 Mio.

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16 Mio.

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Mittelstand insgesamt zum Vergleich: Bevölkerung

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369 In gewisser Hinsicht könnte hier eine Art "Frühbeet" für marktwirtschaftliche und unternehmerische Verhaltensweisen vermutet werden (wobei allerdings die polnische individuelle Landwirtschaft nicht in erster Reihe genannt werden sollte). Ein estnischer Ökonom hat 1991 behauptet, da alle seine Landsleute aus Notwendigkeit mit dem schwarzen Markt vertraut seien, gäbe es in dieser Hinsicht mit der Einführung der Marktwirtschaft keine Probleme. Wenn dies auch überoptimistisch erscheinen muß, da der Schwarzmarkt selten die Komplexität einer reifen Marktwirtschaft erreichen wird, ist der Nutzen dort evolvierter Attitüden und informeller Institutionen für die Transformation kaum zu bestreiten. Denkt man an die von Haffner so genannten "systemkonträren Beziehungen" 7 , könnte sich ähnliches aber auch im offiziellen Bereich entfaltet haben. Allerdings gehört zu den eingeübten Verhaltensweisen am Schwarzmarkt ebenso die Mißachtung staatlicher Regelungen. Da auch eine Marktwirtschaft auf solche nicht gänzlich verzichten kann, ließen sich aus einem umfangreichen Schwarzmarktengagement der Bevölkerung gleichermaßen Befürchtungen für die zukünftige Steuerdisziplin, die Funktionsfähigkeit der Gewerbeaufsicht und ähnliches ableiten.

2.4.

Extensive Industrialisierung und ihre Grenzen

Unterstellt man in den betrachteten Ländern ein ähnliches Muster wirtschaftlicher Entwicklung, so wird deutlich, daß das Modell extensiver Industrialisierung sich in den achtziger Jahren den Grenzen seiner Möglichkeiten angenähert oder sie erreicht hatte: Zwar bedeuten die noch sehr hohen Wachstumsraten in den siebziger Jahren nicht eine entsprechende Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung. Die Kritik der Solidarnosc aus dem Jahre 1980, das System habe "immer nur Maschinen produziert, mit denen noch mehr Maschinen produziert werden konnten", läßt sich hier verallgemeinern. An den Angaben zur Altersstruktur des Produktionsapparates ist aber ablesbar, daß es im letzten Jahrzehnt selbst dieser ihm eigenen Ratio nicht mehr genügen konnte. Die Folge waren Einbußen im erreichten Lebensstandard und schließlich Schrumpfung des Ergebnisses wirtschaftlicher Tätigkeit, selbst gemessen in den dem System angepaßten Kategorien. Festzuhalten bleibt, daß dieser Einbruch mehrheitlich vor Beginn der Transformation erfolgte.

H a f f n e r (1978), S. 15 ff.

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381

Barrieren für eine Transformation des Wirtschaftssystems in Rußland Reinhard PeterhofT

1.

Ordnungspolitische Ausgangslage und Zielsetzung; ein kurzer Vergleich

2.

Ordnungspolitische Zielsetzungen in Rußland: Von der "Vervollkommnung" zur Transformation

383

2.1.

Zielsetzung Reform

383

2.2.

Zielsetzung Transformation

385

3.

Barrieren für eine Transformation der Wirtschaftsordnung in Rußland . . . .

388

3.1.

Ordnungstheoretische Defizite

3.2. 3.3.

Rechtliche Grundlagen und Rechtsverständnis Ideologische Residuen und soziokulturelle Tradiertheiten als Transformationsbarrieren? Literatur

. . 382

388 390 392 397

382

1.

Ordnungs politische Ausgangslage und Zielsetzung; ein kuizer Vergleich

Die ordnungspolitische Ausgangslage der ehemals sozialistischen Länder, hier beispielsweise Rußlands, Polens, der Tschechoslowakei und der DDR, war Ende der achtziger Jahre im wesentlichen die gleiche. Ausgehend vom sogenannten "sowjetischen Wirtschaftsmodell" der vierziger Jahre, war eine Zentralverwaltungswirtschafit mit dominierendem Staatseigentum 1 und zentraladministrativem Planungssystem realisiert. Generell sollten sich auch im wirtschaftlichen Geschehen die politökonomischen Prinzipien wie das Primat der Politik über die Ökonomie, das Prinzip der planmäßigen Leitung, das Organisationsprinzip des demokratischen Zentralismus und das Prinzip der Gewaltenvereinigung widerspiegeln. Alle Reformdiskussionen und Reformansätze der sechziger und siebziger Jahre in einigen dieser Länder haben die ideologische Gültigkeit und letztendliche Wirksamkeit dieser Prinzipien nicht außer Kraft setzen können. Trotz des jeweils erklärten politischen Willens, wenn auch unterschiedlich präzisiert, zu einer Transformation ihrer Wirtschaftssysteme von einer Zentralverwaltungswirtschaft in eine Marktwirtschaft, sind die Länder bei der Verfolgung dieser Zielsetzung sehr verschieden vorangekommen. Die grundlegende Position Polens hinsichtlich des Transformationsziels wird im Balcerowicz-Memorandum des Jahres 1989 deutlich: "The Government of Poland intends to transform the Polish economy into a market economy, with an ownership structure changing in the direktion of that found in advanced industrial economies. Such a transition f r o m a centrally planned economy to a market economy has no historical precedent." 2 Diese ordnungspolitischen Eckwerte wurden fast zeitgleich (Oktober 1989) im sogenannten Balcerowicz-Plan für den wirtschafts- und ordnungspolitischen Bereich detailliert und konkretisiert: Stabilisierung der Wirtschaft, vor allem Bekämpfung der Inflation als zeitlich erste Stufe, Umgestaltung des zentralgeplanten Wirtschaftssystems und weitgehende Privatisierung der Produktionsmittel als zeitlich zweite Stufe. Ganz ähnlich, aber ebenso eindeutig, werden in der Tschechoslowakei im entscheidenden Grundlagenkonzept "Seena?" (Szenarium) Weg und ordnungspolitische Zielsetzung definiert 3 : Stabilitätspolitik mittels Inflationsbekämpfung, Haushaltsbeschränkungen und Subventionsabbau,

Polen stellt insoweit eine gewisse Ausnahme dar, als etwa 70% der Landwirtschaft privatwirtschaftlich war. Balcerowicz (1989), S. 1 Scenäf (1990), S. I ff..

383 Aufbau eines institutionellen Rahmens für ein marktwirtschaftliches System, Kommerzialisierung und Privatisierung der staatlichen Unternehmen, Preisfreigabe und Liberalisierung des Außenhandels, begrenzte Konvertibilität der tschechoslowakischen Krone, Aufbau eines zweistufigen Bankensystems und Gründung auch privater Banken. Die Grundlagen dieser Konzeption wurden im Frühjahr 1990 formuliert, im Sommer desselben Jahres konkretisiert, doch wurde ihre Umsetzung politisch erst Anfang 1991 möglich. Nur im politischen Sinne jedoch stellte der Beginn der Transformationsbemühungen in der Tschechoslowakei (im Gegensatz zu Polen) einen "Kaltstart" dar. Zwar hatte in Polen vor allem Leszek Balcerowicz, Finanzminister von 1989 bis 1991, seit annähernd zehn Jahren an konzeptionellen Entwürfen für ein marktwirtschaftliches System gearbeitet. Doch auch tschechische und slowakische Ökonomen hatten, wenn auch nicht in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit, schon vor 1989 über alternative Möglichkeiten zur realisierten Wirtschaftsordnung diskutiert. Insoweit ist es nicht verwunderlich, daß Finanzminister Vaclav Klaus sich alsbald aufkommenden Erörterungen über "Dritte Wege" 4 strikt entgegenstellte, da sie mit Sicherheit der schnellste Weg zur Dritten Welt seien und lange zu warten bedeute, in eine Reformfalle zu geraten. Für die ehemalige DDR entstand hinsichtlich des Transformationsziels keine Irritation, insofern in Artikel I Abs. 1 des deutschen Einigungsvertrages ausgeführt wird: "Die Vertragsparteien errichten eine Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion " Das Beitrittsgebiet, die fünf neuen Bundesländer, übernahm damit die politische und wirtschaftliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland. - Der Hinweis darauf, daß beide Vertragsparteien einer Nation angehörig sind mit einer Geschichte, Sprache und Kultur, sowie einer - mit Ausnahme der letzten vierzig Jahre - gemeinsamen sozioökonomischen Entwicklung, soll zugleich die Ausführungen im weiteren akzentuieren.

2.

Ordnungspolitische Zielsetzungen in Rußland: Von der "Vervollkommnung" zur Transfonnation

2.1.

Zielsetzung Reform

Die Beweggründe für den Versuch einer Reparatur am untauglichen Objekt, dem zentraladministrativen Planungssystem mit dominierendem Staatseigentum, sind auch für die Sowjetunion (Rußland) hinreichend offengelegt worden 5 . Ein gleiches gilt für die polit-

Zwischenzeitlich machten sich im politischen Club "OBRADA", dem Wissenschaftler und Politiker angehörten, die weiterhin der Idee eines "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" anhingen, durchaus starke Tendenzen für eine sogenannte regulierte Marktwirtschaft bemerkbar. Dabei hatte man kein fertiges Modell vor Augen, sondern die Transformation sollte ein "ständiger, sich verändernder Prozeß der gesellschaftlichen Praxis und des gesellschaftlichen Bewußtseins" (Osers 1990, S. 107) sein, wobei ganz konkret auf den "planmäßigen Geld-Markt-Mechanismus" und regulative Eingriffe des Staates dergestalt zurückgegriffen wurde, daß "der Markt die Betriebe reguliert, und der Staat den Markt reguliert", ebenda, S 108. Saslavskaja (1984), A 4.

384 ökonomischen Grenzziehungen der Perestrojka: Angestrebt wurde "die Wiedereinführung und Entwicklung der Leninschen Prinzipien des demokratischen Zentralismus", um die "Vorzüge des Sozialismus aufzudecken und zu nutzen." 6 Die Perestrojka war also a priori als eine lediglich systemverbessernde, nicht aber systemüberwindende Reform gedacht, zudem ohne Gesamtkonzeption, belegt auch durch die Irritation Gorbatschovs, "worin eigentlich dieser Übergang besteht, wovon er ausgeht... und wohin er führt" 7 . Sie stellt sich im nachhinein als eine Ansammlung einzelner 8 , zudem zumeist inkonsistenter ordnungspolitischer Versatzstücke dar 9 . Nur "einzelne Rädchen" wurden ausgetauscht, "die ökonomische Wirklichkeit nicht als System insgesamt" begriffen 1 0 Nur einige der seinerzeit parteioffiziellen Repräsentanten der sowjetischen Wirtschaftswissenschaften" ließen in dem 1988 publizierten "Neuen Lehrbuch der Politökonomie" ihr Systemverständnis, ausgerichtet an den unverfälschten Prinzipien des MarxismusLeninismus, erkennen: die Artikulierung der "Interessen als Ganzes und aller ihrer Schichten und sozialen Gruppen" sollte auch zukünftig Aufgabe der KPdSU sein' 2 , der Primat der Politik über die Ökonomie sollte in Kraft bleiben 13 , das Organisationsprinzip des demokratischen Zentralismus sollte "Schlüsselprinzip der Planung" bleiben 14 , Preise sollten weiterhin als planrechnerische Hilfsmittel dienen, administrativ festgelegt' 5 ,

vorwiegend

Kern des Systems der Formen sozialistischen Eigentums (sollte, Anm. d. Verf.) das "Volkseigentum an den Produktionsmitteln" bleiben' 6 .

Gorbalschov (1987), S. 12, 18. Ebenda, S. 17. Im wesentlichen sind zu nennen: Das Gesetz über das staatliche Unternehmen (1987) sowie das Gesetz über das Genossenschaftswesen (1988). Peterhoff (1990), S. 165 ff.. Lacis (1986), S. 38. Bemerkenswert ist, d a ß im Januar 1994 einige dieser Autoren - unter anderem Abalkin - abermals einen konzeptionellen Entwurf für die Gestaltung der Ordnungs- und Wirtschaftspolitik vorgelegt haben, in d e m das alte Systemverständnis erkennbar wird Autorenkollektiv (1988), S. 377 Ebenda, S. 90. Ebenda, S. 547. Ebenda, S 356 ff. Ebenda, S. 347.

385 Doch dieses politökonomische Verständnis fand systemhaft weder in der Phase der "Vervollkommnung" noch später im Rahmen der Transformationsbemühungen einen Niederschlag in der Wirtschaftspolitik. Andererseits bedingt ein konzeptioneller Torso annähernd automatisch eine voluntaristische Umsetzung. Nicht nur Fehlperzeptionen marktwirtschaftlich orientierter gesetzlicher Regelungsteile - wie auch hätte ad hoc ein entsprechender Wissensfundus gebildet werden können 17 -, sondern auch der an den überkommenen Denk- und Machtstrukturen ausgerichtete Widerstand der mit der Durchführung betrauten Nomenklatura in der staatlichen Administration wie auch in erheblichem Maße in den staatlichen Unternehmen selbst, haben die Umsetzung der Reformansätze verzögert und im angesprochenen Sinne zusätzlich deformiert. Die Rechtsregelungen der Perestrojka haben bis auf wenige Ausnahmen 18 in der wirtschaftlichen Realität nur eine marginale Geltung erlangen können. In dieser Phase schwindenden politökonomischen und ideologischen Bewußtseins, der mehr und mehr paralysierten staatlichen Sanktionskraft, entstehen zunehmend rechtsfreie Räume, in denen die Defizite des unabdingbaren Verständnisses einer Wirtschaftsordnung auch als "rechtliches und sittliches Gebilde" manifest werden. - Dieses Vakuum ist seit dem "Verschleiß der Werte des Kommunismus" 1 9 nicht durch andere Wertvorstellungen aufgefüllt worden. 2.2.

Zielsetzung Transformation

Mit der Auflösung der Sowjetunion 20 im Dezember 1991 ging die Rechtsinitiative endgültig an Rußland über, nachdem es fast zwei Jahre einen "Krieg der Gesetze" zwischen diesen beiden staatsrechtlichen Subjekten gegeben hatte. Damit war (vorerst) die Idee eines sozialistischen Marktes obsolet geworden, schien politisch der Weg frei für eine Ersetzung der teils paralysierten - wenn auch zumeist noch existenten - zentraladministrativen Strukturen durch Institutionen, dienlich einer marktwirtschaftlichen Ordnung.

Der russische Ökonom Valov kennzeichnete die Situation der sowjetischen Wirtschaftswissenschaften bis Mitte der achtziger Jahre so, daß "unvoreingenommenes wissenschaftliches Forschen durch liebedienerischen, apologetischen Sozialismus ersetzt wurde...", wo "wir als 'Popen der sozialistischen Gemeinde' Tag und Nacht wiederholten, daß wir in einer Epoche leben, in der 'alle Wege zum Kommunismus führen'". Valov (1988), S. 7. Dies gilt zum Teil für das Genossenschaftsgesetz von 1988, wobei die Kooperativen de facto privatwirtschaftliche Kleinunternehmen, vor allem im tertiären Sektor waren. Sonderregelungen dieses Gesetzes beließen die landwirtschaftlichen Kolchosen in ihrer quasi-staatlichen Unternehmensverfassung. Dieser "Verschleiß" habe sich, so der exilrussische Philosoph Berdjajev, vor allem aufgrund der enttäuschten Hoffnung auf eine "neue seelische Struktur" des Menschen eingestellt, Berdjajev (1953), S 138; das Ausbleiben seiner "gewissenhaften Arbeit zum Wohle der ganzen Gesellschaft" und begriffen als "moralisches Prinzip", Akademie (1984), S. 88. Die abgeforderte, aber verweigerte Leistungsethik fiel als 'inneres Schwungrad' für die russische Volkswirtschaft aus. Im folgenden bleiben die von Reformregelungen kaum berührte Landwirtschaft, wie auch der materielle Aspekt, eine Neuorientierung des Produktionsapparates außer Betracht.

386 Konzeptionelle Entwürfe von Ökonomen aus den Instituten der Russischen Akademie der Wissenschaften im Jahre 1990, wie beispielsweise das "Ryschkov-Abalkin-Konzept" oder das bekanntere "500-Tage-Programm", errangen wenig mehr als einen wissenschaftlichen Diskussionswert, wurden auf einen wissenschaftlich-bibliographischen Restwert reduziert. Denn mit der Freigabe einer Reihe von Konsumgüterpreisen im Januar 1992 hatte unter der Ägide von Jegor Gajdar die erste Phase der geplanten "Schocktherapie" begonnen. Doch auch jetzt fehlte es, einmal von politischen Absichtserklärungen abgesehen, an einer konsistenten und (wie wenig später deutlich wurde) politisch verbindlich anerkannten und durchsetzbaren ordnungspolitischen Gesamtkonzeption. Institutionell nicht vorbereitet, blieb die monopolistische Angebotsstruktur der in ihren Verhaltensmustern fast durchgängig dem alten Systemdenken verhafteten staatlichen Unternehmen weithin unangetastet, ging das Recht auf die Preisbildung von den staatlichen Zentralorganen auf die Konzerne und Betriebe über. Das Recht auf die Preisgestaltung für die eigenen Produkte bewirkte jedoch nicht den von der Regierung erwarteten Preiswettbewerb zwischen den Unternehmen, vielmehr nutzten die zumeist monopolistischen Anbieter ihr neues Verfügungsrecht zu rigorosen Preiserhöhungen. Dies sowie der Zerfall der vertikalen administrativen Versorgungsstrukturen, ohne eine spürbare Herausbildung marktwirtschaftlicher Beziehungen zwischen den Produktionsstufen, führte seit Mitte 1992 zu einem drastischen Produktionsrückgang. Zudem druckte die russische Zentralbank ungehemmt und mit der Regierung unabgestimmt Geld, auch um die wechselseitig immens verschuldeten Unternehmen mit niedrig verzinsten Krediten zu versorgen. Streiks, so beispielsweise in einigen Bergbauzentren, nötigten die Regierung zudem zu Lohnkompensationen im nachhinein, wiederum durch die Notenpresse finanziert, die bei Auszahlung von der Hyperinflation bereits wieder eingeholt worden waren. 2 ' Die prozeßpolitische Zielsetzung, eine makroökonomische Stabilisierung der russischen Volkswirtschaft, wurde nicht erreicht. Dieser Mißerfolg ist auch dadurch bedingt, daß die wirtschafts- und ordnungspolitischen Zielsetzungen - der Umbau der Produktionsstrukturen und die Installierung marktwirtschaftlicher Institutionen - entscheidend verfehlt wurden. Diesbezüglich stellen zwar die "Grundbestimmungen des Privatisierungsprogramms staatlicher und kommunaler Unternehmen" vom 28.12.1991 ein relativ geschlossenes Programm 22 für die Änderung der Eigentumsordnung 23 dar24, doch die bevorzugte Form der Privatisierung durch sogenannte

Allein im Jahre 1993 hat Präsident Jelzin drei Erlasse mit Gesetzeskraft über Lohnerhöhungen in Budgetbetrieben mit eben diesen Ergebnissen herausgegeben. Ausgenommen sind 19 Sammelpositionen, vor allem aus dem Bereich der Rüstungs- und Schwerindustrie sowie "marktbeherrschende Unternehmen" und Unternehmen, die am 1. 1. 1992 einen Grundfonds von mehr als 200 Mio. Rubel auswiesen oder mit mehr als 10.000 Beschäftigten. In diesen Fällen muß die Genehmigung der Regierung eingeholt werden. Diesbezüglich weist auf anhaltende ideologische Grabenkämpfe auch die Tatsache hin, daß bei der Erarbeitung der Eigentumsgesetze im Jahre 1990 11 verschiedene Begriffe diskutiert wurden, primär um den Terminus "Privateigentum" zu vermeiden. Peterhoff; Schneider (1992), S. 106 ff..

387 "nichtkommerzielle Konkurse" 25 führte vorwiegend zur Bildung "geschlossener Aktiengesellschaften", das heißt de facto zur Aneignung der Unternehmen durch das jeweilige Management. Dabei entfiel auch fast gänzlich eine Entflechtung der Konzerne zur Herausbildung von Wettbewerbsstrukturen. 26 Die Industrieunternehmen Rußlands wiesen im Jahre 1994 hinsichtlich der Unternehmensverfassung vorwiegend Selbstverwaltungsstrukturen aus. Rund 80% aller Industrieunternehmen sind derzeit als GmbH's und AG's im Belegschaftseigentum organisiert, ohne deutliche Trennungslinie zwischen "Arbeitgebern" und "Arbeitnehmern". Evident ist das von dem ehemaligen Arbeiterselbstverwaltungssystem in Jugoslawien bekannte Verhalten, Einnahmen vorwiegend als Einkommen zu verwenden, notwendige Investitionen aber hintanzustellen. Die Wahrnehmung ökonomischer Verfügungsrechte ohne ein Verpflichtungsgefühl zur Haftung: "Unternehmerische Freiheit ohne Verantwortung" 27 sind signifikante betriebliche Verhaltensweisen. Im Rahmen der zeitlich teils vorgelagerten sogenannten "kleinen Privatisierung", das heißt der Gründung von Kooperativen und Pachtbetrieben vor allem im Handel und Dienstleistungsbereich, ging der stärkste Wachstumsschub vom sowjetischen Genossenschaftsgesetz im Jahre 1988 aus. Die volkswirtschaftliche Bedeutung dieser tatsächlich zumeist privatwirtschaftlichen Unternehmen - wie der später hinzukommenden kleinen und mittleren Produktionsuntemehmen - darf nicht unterschätzt werden 28 , wiewohl "die Wirtschaftsreformen" selbst "die Lage der Existenzgründer wie des unternehmerischen Mittelstandes überhaupt eher verschlechtert denn gebessert" haben29. Diese pessimistische Beurteilung der Lage wird vor allem mit der fehlenden Steuerreform sowie dem Widerstand des "bürokratischen Beamtentums vor Ort" erklärt. Fehlende oder lückenhafte Gesetze und Ausführungsbestimmungen ermöglichen der Bürokratie, den Freiraum für Willkürentscheidungen auszuweiten, veranlassen respektive zwingen aber andererseits private Unternehmen auch zu wirtschaftlichem Handeln in rechtlichen Grauzonen beziehungsweise im rechtsfreien Raum.

Unter diesem Terminus ist zu verstehen, daß das Management eines Betriebes dem Staatlichen Komitee für Vermögensverwaltung keinen Kaufpreis anbietet, sondern lediglich die Weiterführung des Betriebes und die Weiterbeschäftigung der Belegschaft garantiert Damit wurde auch das Hauptkriterium für die Privatisierung, die erwarteten Staatseinnahmen, irrelevant. Die "Grundbestimmungen" nannten diesbezüglich allein für das Jahr 1992 92 Mrd. Rubel, bis Ende 1994 470 500 Mrd. Rubel. Solche politökonomischen Absichten deuteten sich bereits in dem "13-Thesen-Programm H von Arkadij Volkskij, einflußreicher Repräsentant des sogenannten Direktorenclubs, an: "Strategische Sektoren", vor allem die Rüstungs- und Schwerindustrie, sollten bis auf weiteres nach administrativen Methoden weitergeführt und von den Reformmaßnahmen ausgenommen bleiben, Volskij (1992), S. 5. Grinberg (1994). Nach inoffiziellen Schätzungen wird etwa ein Drittel des russischen Sozialprodukts in der sogenannten "Schattenwirtschaft" erwirtschaftet. Dieser Begriff schließt noch immer privatwirtschaftliche Aktivitäten ein Pripisnov; Tschepurenko (1993), S. 9.

388 Die Privatisierungspolitik insgesamt, die vorab erst einmal nur zu einer "Entstaatlichung" und nur in geringem M a ß e zu einer wirklichen Privatisierung im Sinne von Verfügungsgewalt und zugleich Haftungspflicht durch die Betriebe selbst geführt hat, ließ die Notwendigkeit zur Entflechtung der fast ausschließlich monopolistischen Produktionsbetriebe ganz wesentlich außer acht. 30 Das 1991 erlassene Antimonopolgesetz blieb schon deshalb wirkungslos, weil die Monopolkontrolle von den bürokratischen Instanzen selbst im überkommenen administrativen Verständnis gehandhabt wurde. So gruppieren sich, spätestens seit Ende 1993 erkennbar, neue Trusts und Konzerne - sogenannte "finanzindustrielle Gruppen" (Finansogo-promyschlennyje gruppy) - als selbsternannte "Träger des wissenschaftlich-technischen Fortschritts" (wobei dessen Finanzierung vom Staat gefordert wird), was jedoch nichts anderes sei als "die russische Art der Erhaltung industrieller Kerne" 31 . - Die Neigung zur "Politisierung der Wirtschaft" ist kein spezifisch russisches Phänomen. Dies beweisen nicht zuletzt die ordnungspolitischen Auseinandersetzungen um die industrielle Umstrukturierung in den neuen Bundesländern. 32 Das Fehlen einer komplex angelegten und konsistenten Zielkonzeption, die nicht stringent durchgehaltenen Transformationsschritte, die unkoordinierten Teilmaßnahmen "schag sa schagom" (Schritt f ü r Schritt), sind nach Ansicht von Sergej Glasjev, derzeit Leiter des Wirtschaftsausschusses des russischen Parlaments, die Ursache dafür, daß die Volkswirtschaft Rußlands gekennzeichnet ist durch ein "chaotisch turbulentes Regime mit galoppierender Inflation, ein chronisches Wachsen der Masse an Geld, einen fortgesetzten Rückgang der Produktion, eine hohe verdeckte Arbeitslosigkeit, den Abzug von Kapital aus der Produktion und dessen Abwanderung auf Devisenkonten - vorwiegend ins Ausland - sowie ein äußerst hohes Niveau der Zahlungsunfähigkeit der Betriebe untereinander" 33 . - Eine "Schocktherapie" im Rahmen einer Transformations"strategie" hat es in Rußland bisher nicht gegeben.

3.

Barrieren für eine Transformation der Wirtschaftsordnung in Rußland

3.1.

Ondnungstheoretische Defizite

Entwürfe, "Experimente" und Teilreformen systemerhaltender Art zur Effizienzverbesserung des realisierten Wirtschaftssystems hat es in der Sowjetunion, läßt man einmal die Neue Ökonomische Politik der zwanziger Jahre außer Betracht, seit Mitte der fünfziger

"Ca. 2.000 Erzeugnisse mit einem Gesamtwert von 11 Mrd. Rubel werden jeweils nur von einem Betrieb hergestellt Der Anteil der Monopolproduktion beträgt im Maschinenbaukomplex, bezogen auf das Produktionsvolumen, 80%." Javlinski, Schatalin (1991), S. 90. Gutnik (1994). Bereits Anfang der dreißiger Jahre hat Walter Eucken auch für Deutschland solche Tendenzen zu "staatlichen Strukturwandlungen", gefordert von einem verbürokratisierten Unternehmertum in monopolistischen Branchenstrukturen, aufgezeigt, Eucken (1932), S. 298 ff.. Glasjev (1994), S. 13.

389 Jahre gegeben 34 ; sie blieben insgesamt wirkungslos. Die politischen und wirtschaftlichen Führungsgruppen der Sowjetunion haben über mehrere Jahrzehnte die sich verschärfende ökonomische Krise des Landes, die Unfähigkeit des Wirtschaftssystems zu intensivem Wachstum, das technologische und produktionstechnische Zurückbleiben der sowjetischen Volkswirtschaft nicht nur gegenüber den westlichen Volkswirtschaften, sondern auch gegenüber einer Reihe von aufkommenden Ländern aus der Dritten Welt, nicht zur Kenntnis genommen. Die Lösung der Hauptfrage, "wie und auf wessen Kosten das Land eine Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung erreichen kann" 35 , blieb offen. Auch in der Phase der Perestrojka beließ es die politische Führung bei dem Versuch zu einer systemerhaltenden Reform, das heißt nur "einzelne 'Rädchen' im Getriebe des Wirtschaftsmechanismus auszuwechseln", ohne die "ökonomische Wirklichkeit endlich als System" zu begreifen 36 . Die Illusion, durch die Übernahme "ökonomischer Bausätze", vor allem aus der westlichen Betriebswirtschaft, das realisierte Wirtschaftssystem insgesamt zu erhalten, war noch nicht überwunden. Die derzeit sichtbaren Unsicherheiten bei den Transformationsbemühungen sind nicht nur durch Restriktionen zu erklären, die sich aus den schwierigen politischen Konstellationen ergeben, sie sind vielmehr im wesentlichen Folgewirkungen der jahrzehntelangen Abkapselung der sowjetischen Wirtschaftswissenschaft 37 vom internationalen Forschungsstand, sogar von den ökonomischen Diskussionen, Reformkonzeptionen und Reformansätzen in anderen sozialistischen Ländern seit den sechziger Jahren. Die engagierten und bemerkenswerten Bemühungen fast ausschließlich jüngerer Ökonomen, diese Wissensdefizite aufzuarbeiten - und vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen ist es unverzichtbar, auf die knappe Zeitspanne seit Beginn der Perestrojka hinzuweisen -, manifestieren sich unter anderem in dem sogenannten "500-TageProgramm". Doch die wenig später in politische Entscheidungspositionen gelangenden Ökonomen, zumeist aus Instituten der Sowjetischen (später: Russischen) Akademie der Wissenschaften, ließen in ihren Maßnahmen dann ein geringes Verständnis für "konsequente zusammenhängende und breite marktwirtschaftliche Reformen" erkennen für die Notwendigkeit der "Erarbeitung einer einheitlichen allgemeinen Konzeption des langfristigen Transformationsprozesses" 38

So der Vorschlag Jevgenij Libermans aus dem Jahre 1956, die Produktionskosten zur einzigen Kennziffer für die Betriebe zu machen mit dem Ziel, ein materielles Anreizsystem für die Betriebe zu schaffen, jedoch unter Beibehaltung der Planauflagen nach Umfang, Sortiment und Lieferfristen; das "Bolschewicka-Majak-Experiment" von 1964; der Ansatz für eine Reform der Industriepreise 1967. Gorbatschov (1987), S. 157 Lacis (1986), S 35 Die Trennung von Forschung und Lehre stellte einen weiteren wissensbegrenzenden Faktor dar. Fast auschließlich nur Wirtschaftswissenschaftler in den Instituten der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften konnten sich, sofern verfügbar und keineswegs ohne Kontrolle, mit westlicher Fachliteratur vertraut machen Gutnik (1991).

390 Pjotr Aven, ehemaliger russischer Außenhandelsminister, war der Ansicht, den Systembruch primär auf der Basis mathematisch-ökonometrischer Modelle bewirken zu können. Jegor Gajdar, zentrale Figur der jüngeren Reformökonomen in der Regierung, konzentrierte seine Reformmaßnahmen, beeinflußt von der Chikagoer Schule und beraten von US-amerikanischen Ökonomen, fast durchweg auf die Einsetzung monetaristischer und haushaltspolitischer Instrumente. 39 Die tieferen Ursachen hierfür müssen im wesentlichen auch darin gesucht werden, daß die meisten russischen Ökonomen derzeit noch nicht zum "Denken in Ordnungen" bereit oder fähig sind. So werde auch der "Markt" nur allzu häufig noch als "anarchischer Prozeß" begriffen, säße der "Glaube an die allmächtige staatliche Wirtschafts(prozeß)lenkung - sogar in einer Marktwirtschaft - noch fest in den Köpfen" 40 . In der Tat weist eine kritische Durchsicht von Wirtschaftsprogrammen der russischen Regierung, Programmentwürfen, wie beispielsweise der "Reforma-Stiftung" oder des Parteiprogramms der "Bürgerlichen Union", daraufhin, "daß sie sich zwischen einer Mischung aus Liberalismus und Dirigismus einerseits und der Orientierung an einer staatsmonopolistischen Wirtschaft (oder 'industriell-feudalen Wirtschaft') andererseits bewegen" 41 . Das von der sozialistischen Politökonomie herrührende und gewohnte Denken in positivistischen Schemata bleibt als virulenter Faktor spürbar. Eine solche Bewertung des ökonomischen Systemdenkens läßt anklingen, was für die im weiteren zu erörternden Aspekte des Begriffs "Wirtschaftsordnung" ebenfalls von aktueller - und so scheint es: fundamentaler - Relevanz ist: "In dem jetzt vor sich gehenden Wandlungsprozeß im postkommunistischen Osten sind - wie in jedem Wandlungsprozeß - Altes und Neues vorhanden, dabei sind die Fronten nicht klar umrissen. Nicht nur kämpfen das Alte und Neue miteinander, sondern sie durchdringen sich, und dies geschieht in jeder sozialen Sphäre: im Staat, in der Wirtschaft, im Bewußtsein." 42 3.2.

Rechtliche Grundlagen und Rechtsveretändnis

Rechtsnormen sollen menschliches Verhalten steuern. Sie erlangen vor allem dadurch einen höheren Wirkungsgrad, wenn ihre Allgemeinverbindlichkeit - und Einklagbarkeit über die Zeit erfahren wird. Im Verständnis der marxistisch-leninistischen Ideologie wird jegliche Gewaltenteilung in einem Staatswesen - zum Zwecke der wechselseitigen Kontrolle der Gewalten - als Schmälerung der Volksmacht interpretiert. Ideologisch so begründet war die Fülle jeder politischen Gewalt: der legislativen, judikativen und exekutiven in den sozialistischen Staaten bei der Führung der jeweiligen kommunistischen Staatspartei konzentriert. Partei- und Staatsführung selbst standen über dem Recht, waren kontrollfreie Rechtsetzer.

Anmerkenswert, d a ß sich die Privatisierung im Rahmen der "Grundbestimmungen" in erster Linie an fiskalischen Zielsetzungen und der Garantie der Arbeitsplatzsicherung ausrichtete Sie ließ im wesentlichen die notwendigen Veränderungen der bestehenden Branchenstrukturen, größenstrukturen sowie die Herausbildung von Wettbewerbsmärkten unbeachtet Gutnik (1991). Ebenda. Ignatov (1993), S. 1.

Betriebs-

391 Die auf Beschluß des Ministerrates (Regierung) vom 12.12.1977 neu formulierte Verfassung der Sowjetunion sah zwar vor, daß die Gesetzgebung nunmehr an der Verfassung zu überprüfen sei, doch die faktische Gewaltenvereinigung in der Hand der KPdSU machte eine Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen weiterhin faktisch unmöglich. Ein Verfassungsgericht gab es nicht. Das sowjetische Verwaltungs- und Wirtschaftsrecht war nur rudimentär entwickelt, wurde weitgehend durch Regierungsverordnungen ersetzt, die zudem meist unveröffentlicht blieben. 43 Und infolge einer fehlenden Verwaltungsgerichtsbarkeit war eine Privatperson auch auf diesem Rechtsbereich den f ü r sie unkontrollierbaren Entscheidungen der Instanzen ausgeliefert: Mehr Rechtsobjekt denn Rechtssubjekt. Im Sinne der Anpassung der Rechtsregelungen an den beabsichtigten Umbau wirtschaftlicher Ordnungsstrukturen hat Gorbatschov seit 1987 versucht, das Recht in den Dienst seiner Reformpolitik zu stellen 44 In marxistischer Terminologie war es der Versuch, die sich öffnende Schere zwischen den "vorauseilenden Produktivkräften" und dem "juristischen Überbau" zu schließen. Das bedeutete unter anderem konkret, das Unternehmen nunmehr rechtlich als Wirtschafts"subjekt" und nicht wie bisher als Wirtschafts"objekt" zu definieren, das heißt ihm ökonomische Entscheidungsfreiheiten (Verfügungsrechte) zuzuweisen und ökonomische Verantwortlichkeit abzufordern. 45 Im Kern war damit die Umkehrung der bisher gültigen Verbotsformel beabsichtigt: "Was nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist verboten." 46 Doch dieses neue Recht, das "die erste Bedingung eines Neuanfangs in der Wirtschaft und den politischen Einrichtungen" sein sollte, "war nicht vorhanden" 47 . Ein Privatrecht hat es in der Phase der Perestrojka nicht gegeben und ist auch zur Zeit noch nicht in dem Maße durchgeformt, um die rechtliche Position von einzelnen und Gruppen als Wirtschaftssubjekte zu stärken, die Transformation der Wirtschaftsordnung insgesamt zu fördern. Seit Dezember 1993 hat Rußland eine demokratische Verfassung präsidialen Zuschnitts. Sie gewährt unter anderem den Bürgern das gesetzlich geschützte "Recht auf Privateigentum" (Art. 35.1), das "Recht auf privaten Landbesitz" (Art. 36.1), das "Recht über seine Arbeitskraft zu verfügen" (Art. 37.1) und verfügt in Art. 11.1 die Gewaltenteilung:

Die sogenannte "Geheimgesetzgebung", das heißt die Anwendung unveröffentlichter Gesetze, war gängige Rechtspraxis Brunner (1988), S. 550. Der wissenschaftliche "Eiertanz" um die unter politökonomischem Blickwinkel "richtige" Interpretation des "Chozrascot", "neuen Chozrascot" und "vollständigen Chozrascot": die Übertragung von ökonomischen Verfügungsrechten an die Unternehmen, läßt sich in der sowjetischen Fachliteratur bis in die siebziger Jahre hinein verfolgen. "Das Bestreben, sämtliche Lebensbereiche durch detaillierte zentrale Planung und Kontrolle zu erfassen, hat die Gesellschaft förmlich geknebelt und ist zu einem emstzunehmenden Hemmschuh für die Initiative von Menschen, gesellschaftlichen Organisationen und Belegschaften geworden", Gorbatschov (1988), S.41. Uschakov (1989), S. 237.

392 "Die Staatsmacht in der Russischen Föderation wird vom Präsidenten, der Föderalen Versammlung (Föderationsrat und Staatsduma), der Regierung und Gerichtsinstanzen ausgeübt." Das neu eingerichtete Oberste Verfassungsgericht hat bisher - beispielsweise bei seiner Stellungnahme zur Amnestie für die Gruppe um Ruzkoj und Chasbulatov Willen und Fähigkeit zu einer nur am geltenden Recht ausgerichteten Entscheidung bewiesen. Beides, Verfassung und Verfassungsgerichtsbarkeit, stellt für die russische Nation einen Fortschritt von unstrittig historischer Dimension dar. In der Rechtsetzungs- und Rechtspraxis jedoch standen auch nach 1990 "Regelungsflut und Regelungslücken" annähernd gleich stark nebeneinander. Präsident Jelzin hatte bis Ende 1991 bereits über 100 Erlasse (im Gesetzesrang) herausgegeben. Andererseits fehlt bis heute noch immer ein Konkursgesetz, eine markt- und privatwirtschaftlichen Gegebenheiten angepaßte Steuergesetzgebung, ist das vor über drei Jahren verabschiedete Antimonopolgesetz bisher bedeutungslos geblieben. "Übermaß und Abwesenheit rechtlicher Regelungen haben aber die gleiche Folge: die Rechtsunsicherheit" 48 . Die auch schon in der Sowjetunion gültige Normenhierarchie, die dem Gesetz Vorrang einräumt, ist in der Rechtspraxis weiterhin von geringer Bedeutung; nach wie vor gilt nur allzu häufig, daß sich "die Verwaltungspraxis in erster Linie an internen Verwaltungsvorschriften 49 und zuletzt am förmlichen Gesetz orientiert" 50 . Die Diskrepanz zwischen formalem Recht und rechtlicher Wirklichkeit bleibt insoweit signifikant. Den wirtschaftspolitischen Regelungen mangelt es an Dauerhaftigkeit und Allgemeinverbindlichkeit, es gibt keine "Konstanz der Wirtschaftspolitik, die an der wirtschaftlichen Basis erkennbar wäre. Der Mut, "unternehmerisch" tätig zu werden, wird auch dadurch gemindert, daß die Verwaltungsbürokratie Gesetze und Verordnungen in der Rechtspraxis entsprechend ihren jeweiligen Interessen auslegt. Korruption und Rechtsmißachtung in mafiosen Strukturen können so Platz greifen: die spürbar fortbestehende Gültigkeit der Devise "Macht geht vor Recht", nunmehr nicht nur von der Staatspartei und deren Bürokratie, sondern von vielen Gruppierungen und durchsetzungsfähigen Einzelpersonen genutzt. 3.3.

Ideologische Residuen und soziokulturelle Tradiertheiten als Transformationsbarrieren?

Sofern es richtig ist, daß sich eine "Gesellschaft nur historisch verstehen und deuten lasse" (Friedrich Tenbruck) - hier mit Blick auf die Transformationsbestrebungen von Staat und Wirtschaft -, muß mit Bezug auf Rußland die gegenüber anderen Transformationsländern vielfach anders verlaufene zeitgeschichtliche (wenn nicht gar historische) Entwicklung berücksichtigt werden. Böhmen und Mähren, die 1918 am meisten entwik-

Brunner (1988), S. 561 Zumindest bis 1988 galt zudem: "Die Verwaltungsvorschriften und die Rechtsverordnungen der Zentralbehörden werden wiederum häufig gar nicht oder nur an versteckter Stelle publiziert, so daß sie dem Bürger nicht zugänglich sind", Brunner (1988), S 561 Ebenda, S. 561.

393 kelten Regionen der Tschechoslowakei, waren seit 300 Jahren durch ihre Zugehörigkeit zu Österreich in westliche Rechtstraditionen eingebunden und hatten in der zweiten Hälfte des 19 Jahrhunderts eine erhebliche Industrialisierung erfahren Und auch das 1918 neu gegründete Polen hatte mit seinen wirtschaftlich dominierenden preußischen und österreichischen Teilgebieten zum westlichen Rechtskreis 51 gehört. Beide Staaten hatten zudem in der Zwischenkriegszeit eine demokratische Staatsverfassung gehabt. Anders Rußland: Durch die bolschewistische Oktoberrevolution 1917 ist die feudalistische Staatsverfassung, die ab 1905 nur in Ansätzen zu einer konstitutionellen Monarchie umgewandelt werden konnte, durch eine Parteidiktatur auf Basis einer quasi-feudalistischen Staatsverfassung abgelöst worden: Die "Selbstherrschaft" des Zaren wurde durch eine ideologisch gerechtfertigte "Selbstherrschaft" einer Staatspartei ersetzt, die gleichfalls über dem Recht stand. Vor dem Hintergrund der im Bewußtsein des russischen Volkes noch nicht verblaßten Erfahrung mit dem "Recht" im realen Sozialismus muß eine zeitlich offensichtlich weiter zurückreichende Kontinuität frappierend wirken. Der wohl bedeutendste russische Rechtsphilosoph, Bogdan Kistjakovskij, kennzeichnete im Jahre 1909 Rechtsordnung und Rechtsverständnis in Rußland wie folgt: Es habe "im Alltagsleben des russischen Volkes keinerlei Rechtsordnung gegeben" 52 , das Zivilrecht sei "archaisch, es gibt bei uns kein systematisches Handelsrecht, und einige andere Gebiete des Zivilverkehrs sind kaum durch genaue Normen reguliert" 55 . Dem russischen Gewohnheitsrecht fehle es an "Einheitlichkeit, und besonders fehlt ihm der Grundzug jedes Gewohnheitsrechts, nämlich die einheitliche Anwendung" 5 ' 1 . Dies erkläre auch den eher "nach innen gewandten Charakter des Rechtsbewußtseins der Russen" 55 , was heiße, daß rechtliche und moralische Normen ineinander übergingen. Die Rechtsunsicherheit sei der Grund, daß man sich dem "Gesetz nur als Zwang" füge 56 . "Wo", fragt Kistjakovskij, "ist unser Geist der Gesetze, unser Gesellschaftsvertrag?" 57 . Es zeige sich, Alexander Herzen zitierend, "daß in Rußland hinter dem sichtbaren Staat keine Idee des Staates, kein unsichtbarer Staat, keine Apotheose der bestehenden Ordnung der Dinge steht" 58 . Die Industrialisierung, die technische und gesellschaftspolitische Infrastruktur, war um die Jahrhundertwende in Rußland im Vergleich zur Tschechoslowakei und auch zu Polen 59

In diesem Zusammenhang scheint es erwähnenswert, daß Polen nach 1989 unter anderem auf sein Handelsrecht aus der Zwischenkriegszeit zurückgegriffen hat. Kistjakovskij (1909), S. 218. Ebenda, S. 245. Ebenda, S. 235. Ebenda, S. 234. Ebenda, S. 218. Ebenda, S. 217. Ebenda, S. 219. Gegebenenfalls auch in der Absicht, das sozialistische Wirtschaftssystem zu exkulpieren, griff der polnische Soziologe Szczepanski bei der Suche nach Ursachen dafür, daß in Polen die "entwickelte sozialistische Persönlichkeit", die sich mit hohem Arbeitsethos innerhalb der sozialistischen Produk-

394 weit geringer entwickelt respektive rückständig. Der slowakische Religions- und Sozialphilosoph Thomas Garrigue Masaryk äußerte sich 1912 skeptisch zu der Vorstellung, daß "Marx' staatsloser Kommunismus ... die mittelalterliche agrarische Naturalwirtschaft des theokratischen Rußlands abschaffen und ersetzen" 60 könne. Die Organisierung von politischen und wirtschaftlichen Gruppeninteressen, beispielsweise in den ursprünglichen Formen von Gilden und Zünften oder in späteren Organisationsformen von Handwerkskammern oder Gewerbeverbänden, hatte sich bis Anfang des 20. Jahrhunderts nur wenig entfalten können. Es gab weitgehend keine "Vertragstradition", wie sie in Mittel- und Westeuropa zur Entstehung einer unabhängigen Rechtsprechung beigetragen hatte. Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende Industrialisierung Rußlands (abgesehen von der Haus-, der sogenannten Kustarenindustrie) in einigen Regionen 61 beruhte zudem ganz überwiegend auf der Finanzierung durch importiertes Kapital. Eine Kapitalfinanzierung durch den kaum vorhandenen Mittelstand blieb unbedeutend. Die Industrie organisierte sich in hohem Maße in Trusts und Kartellen. Beide Faktoren, die räumliche Isolierung wie auch diese Organisationsformen, verhinderten die Herausbildung relevanter wettbewerblicher Strukturen. 62 Ein Blick auf die "Nomenklatura" im zaristischen wie im sowjetischen Staatswesen deutet eine andere Kontinuität an. Die Beamten im zaristischen Verwaltungsapparat standen und verstanden sich - eher in einem persönlichen Unterwerfungsverhältnis gegenüber dem Zaren respektive dem Adel, als daß sie sich im Dienst sachlicher Aufgaben sahen. Über die russische Intelligencija, die in der Literatur später zumeist fast nur als eine Art rebellischer geistiger Opposition auftaucht, urteilen berühmte geistige Weggefährten wie Nikolaj Berdjajev, Petr Struve oder Bogdan Kistjakovskij diffiziler. So schreibt letzterer: Für sie, die Intelligenz, sei bezeichnend, daß "sie auch eine erstaunliche Leidenschaft für formalistische Vorschriften und detaillierte Reglementierung" zeige, für "einen besonderen Glauben an die Artikel und Paragraphen von Organisationsstatuten", was darauf hinweise, daß sie "in der Rechtsnorm keine Sache der inneren Überzeugtheit sieht, sondern le-

tionsverhältnisse aktiviere, eher noch eine Ausnahmeerscheinung sei, weit zurück: In Polen sei die historisch gesehen notwendige Kategorie "Kapitalismus" zu schwach ausgebildet gewesen und habe zu kurz gedauert, als daß sich die Menschen an die im Industriezeitalter notwendige Disziplin der Arbeit hatten gewöhnen können Dies sei im katholischen Polen durch das Fehlen der "protestantischen Arbeitsethik" noch verstärkt worden. Szczepanski (1977), S. 10. Masaryk (1992), S. 442. Es sind im wesentlichen nur acht regionale Zentren, die, abgesehen von St. Petersburg und Moskau, vor allem aufgrund vorhandener Bodenschätze (Kohle, Erz, Erdöl) entstanden und die infolge der riesigen Entfernungen zueinander sowie des unterentwickelten Transport- und Kommunikationswesens weitgehend voneinander isoliert blieben. Der Osteuropa-Historiker Karl Schlögel schreibt hinsichtlich dessen, was der Ökonom von heute "Wettbewerbsgesinnung" nennt, mit Bezug auf Rußland zu Ende des 19. Jahrhunderts: "Der vorbürgerliche Egalitarismus will nicht über den Wettbewerb hinaus, sondern kennt ihn noch nicht einmal Ihm sind die Leistungsfähigsten, die aus den engen Verhältnissen herauswollen, fremder und ferner als der politische Herr, der über der Gemeinde der Egalitären steht", Schlögel (1990), S. 28.

395 diglich eine Regel, die einen äußeren Ausdruck erhalte"63. Letztlich sei auch "unsere Bürokratie ... ein Abkömmling unserer Intelligencija, ... die völlig von ihrem Bürokratismus durchdrungen ist'""1. Selbst wenn diese Kennzeichnung zu überspitzt und pauschaliert geraten sein sollte, so fiele es dennoch schwer, gewisse Ähnlichkeiten zum abgeforderten Selbstverständnis und gezeigten Verhalten der sowjetischen Intelligencija zu übersehen. Die dienende Funktion der sowjetischen Sozialwissenschaften, das geistige Unterwerfungsverhältnis nun gegenüber Ideologie und Partei, infolge dessen "unvoreingenommenes wissenschaftliches Forschen durch liebedienerischen, apologetischen Sozialismus ersetzt"65 wurde, kann ernsthaft nicht bestritten werden. Dem weitaus überwiegenden Teil der sowjetischen Funktionsintelligenz in Partei-, Staats- und Wissenschaftsbürokratie ging es primär um die Sicherung ihres kleinbürgerlichen Lebensstandards, um die bevorzugten Zugriffe auf materielle Versorgungsgüter oder auch nur um Auslandsreisen als "Reisekader". Ein Austausch der alten Funktionselite insgesamt ist, abgesehen von Deutschland, in keinem der Transformationsländer möglich. Sofern es dann so etwas wie ein "kollektives Gedächtnis" gibt, in dem eine Gesellschaft Erfahrungen aus politischen Ordnungsstrukturen speichert, muß für die Situation in Rußland 66 bedacht werden, daß hier keine Erlebnisgeneration Erfahrungen aus demokratischen und marktwirtschaftlichen Ordnungsstrukturen übermitteln kann, die russische Literatur zur Rechts- und Staatsphilosophie und zu den Sozialwissenschaften aus der Zeit vor 1917 der jungen Generation nur allmählich wieder zugänglich gemacht werden kann. Rational scheinende, sektoral begrenzte Rezeptionen67 und auch Fehlrezeptionen westlicher Fachliteratur bleiben dann nicht aus. In der Zwischenzeit bleibt die Gefahr der "bürokratischen Verstopfung" durch die nicht abgelöste alte Funktionselite virulent. Was, wäre zu fragen, ist in Rußland als geistiges Sediment von dem politischen und sozialen Bedingungssystem des Sozialismus noch vorhanden? Einen sozialistischen Gesellschaftsvertrag hat es zwar nicht de iure, so doch de facto gegeben: die Gewöhnung der Menschen an ihre soziale Einbindung in die betrieblichen Kollektive. Man "lebte" quasi in seinem Betrieb und erwartete, daß dieser die "Konsumbedürfnisse wie die Zuteilung von Wohnraum, von betrieblichen Sanatorien, Restaurants, Kindergärten, Sportanlagen und auch die Warenverteilung regelt"68. Die philosophische Wurzel des

Kistjakovskij (1909), S. 236. Ebenda, S. 236 f . Valov (1988), S. 6 ff. und 29 f.. Ganz abgesehen davon, daß in dem geographisch größten Staatswesen der Welt einige der alten Kulturnationen bemüht sind, ihre zur russischen Nation teils sehr verschiedenen soziokulturellen Traditionen wiederzubeleben. Hier vor allem muß auf die zu beobachtende Begrenzung auf betriebswirtschaftliche Einzeldisziplinen hingewiesen werden, auf die bereits angesprochene Neigung zur Übernahme von "Bausätzen" respektive "einzelnen Rädchen", ohne deren Wechselwirkungen in einer Gesamtordnung zu bedenken. Teckenberg (1991), S. 101.

396 Marxismus-Leninismus, der utopische Glauben nämlich, "daß es eine Technik gibt, wodurch beide, der empirische Mensch und das Wesen des Menschen, zur Einheit gebracht werden, so daß der Aufruf 'Werde, was Du bist!' tatsächlich erfüllt wird", ist abgestorben. Die Zielsetzung, "den Menschen in ein völlig 'soziales Wesen' umzubilden, jede Spannung zwischen Individuen und Gesellschaft abzuschaffen, die auf das Privatinteresse gerichteten Aspirationen und Ansprüche auszuschalten"69, wurde verfehlt. Aus beidem haben sich jedoch Bewußtseinsrückstände erhalten: "Kollektivismus, Kult des Staates, Angst vor Verantwortung, pseudomoralische Verachtung des durch individuelle Leistung gewonnenen Reichtums" 70 . Als schlimmste Hypothek dieses Denk- und Herrschaftssystems im Übergang zu Demokratie und Marktwirtschaft aber erweist sich das noch nicht überwundene "magische Denken": Im Bewußtsein eines Großteils der Bevölkerung wird auch der Wandel als "magisches Geschehen, als irdisches Paradies, das irgendwie von selbst 'kommen' muß" verstanden. 71 Noch fehlt ihr weitgehend das Verständnis für die Notwendigkeit, Möglichkeit und die Grenzen gesellschaftlicher Gestaltbarkeit. Doch welche gesellschaftlichen Kräfte könnten dieses Verständnis fördern? Derzeit gibt es "keine Kirchen, keinen wirklichen ideologischen Glauben, keine spezifischen nationalen Organismen, kein unabhängiges Kulturleben, keine politischen Organisationen, keine Gewerkschaften, keine Instrumente, durch die partikulare Interessen zum Ausdruck kommen, keine spontane und organische Gliederung der Gesellschaft"72. Der neue russische Konservativismus stellt diesbezüglich eher eine Gefährdung dar; er hatte bereits vor der Oktoberrevolution 1917 einen festen Platz im geistigen Leben Rußlands: "Die Ideen von Ordnung, von moralischem Rigorismus, nationaler Reinheit, kultureller Isolation und Messianismus"73. In ihm werden jene Züge einer "Philosophie des Glücks" erkennbar 74 , wie sie seit Dostojevskij bis hin zu Lenin, wenn auch hinsichtlich der Wege und Formen höchst verschieden, sich als Glaube an ein irdisches Paradies niederschlägt. Die Hoffnung, daß die russisch-orthodoxe Kirche in dieser zweiten geistigen und existentiellen Krise der russischen Nation in diesem Jahrhundert entscheidende Hilfen für die Konzipierung einer freiheitlichen Wirtschafts- und Sozialordnung geben könnte, geht fehl. Sie hat in der Vergangenheit keine irgendwie geartete Soziallehre entwickelt und nichts deutet daraufhin, daß sie sich derzeit darum bemüht. Ihrer "Theologie" ist ein Rechtsverhältnis des Menschen gegenüber Gott fremd: Sie kennt keine "Belohnungsstrategie"

Kolakowski (1994). Ignatov (1993), S. 5. Ebenda, S. 6. Kolakowski (1994). Jerofejev (1992), S 17. Verblüffend auch die wiederkehrende "Verachtung der kleinen Schritte" zur Erreichung des Zieles, die Beschränkung auf den bekannten idealistischen "Maximalismus", der letztlich auch die Konkretisierung der Zielsetzung in einem geschichtsphilosophischen Nebel verhangen bleiben laßt.

397 (Erfolgsethik) im Sinne eines transzendentalen Egoismus, wie dies den westlichen christlichen Konfessionen zu eigen ist. Diese durchaus spürbaren Verhaltensweisen und Wesenszüge stellen gewiß eine geistige Hypothek für den Willen zu unternehmerischem Handeln dar. Es wäre ein Irrtum daraus schließen zu wollen, daß in Rußland heute unternehmerisches Potential gänzlich fehle, sich nicht stärker entwickeln könne. Vorstellungskraft, Wille und Fähigkeit zu unternehmerischem Handeln sind am sichtbarsten bei der jungen Generation ausgebildet. A m auffälligsten agieren derzeit jedoch Einzelpersonen und Personengruppen, die teils zur ehemaligen Nomenklatura gehörten, teils aus dem kriminellen Milieu stammen. Vor allem dieser Personenkreis interpretiert "Markt" als das bloße Recht des Stärkeren, wendet infolge der fehlenden Rechtsstaatlichkeit in hohem Maße wirtschaftskriminelle wie kriminelle Mittel zur Durchsetzung seiner Ziele an. Legale wie illegale privatwirtschaftliche Aktivitäten finden sich heute in Rußland vorwiegend in den Bereichen von Handel, Transport und Dienstleistungen, viel seltener dagegen im Produktionssektor. Die geringe Neigung zu langfristigen Investitionen in Produktionsanlagen ist im wesentlichen auf die Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Eigentums wie auf die unzureichende Konstanz der Wirtschaftspolitik zurückzuführen. "Man kann", zitiert Solschenizyn den Reformpolitiker Stolypin des Jahres 1905, "keinen Rechtsstaat schaffen, ohne unabhängige Staatsbürger zu haben,... doch den unabhängigen Staatsbürger kann es nicht geben ohne Privateigentum" 75 . Nimmt man die von anderen ostmitteleuropäischen Nationen und Staaten doch sehr verschiedenen geschichtlichen Entwicklungen Rußlands wie seine ideengeschichtlichen Strömungen in den Blick, dann gewinnt der Satz K. Paul Hensels, daß "Wirtschaftsordnungen ... sittliche, rechtliche und morphologische Gebilde" sind 76 , besonderes Gewicht. Die Transformation seiner Wirtschaftsordnung würde Rußland insoweit eine geistige Revolution vielfältiger Art abfordern.

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399

Personenregister Abelshauser 79, 101, 354, 371 f., 379 Akerlof 120, 127, 207, 208 Albeck 206, 209 Albers 225 Altvater 371, 380 Andel 113, 127 A polte 105, 109, 116, 127 Arnim 175, 181 Baadte 101, 103 Balcerowicz 382 f., 397 Barbier 206, 209 Bartling 85 ff , 101 Baum 317, 339 Bazillion 352, 354 Becker 138, 149, 157, 230 ff., 248 Bender 181 Berding 342 f., 346, 354 f. Berdjajev 385, 394, 397 Best 120, 224, 351, 354 Bethkenhagen 17, 35 Biedenkopf 193, 209 Bley 186, 209 Böhme 344 f., 351 f., 354 Borchardt 167, 182, 371 f., 380 Boroch 108, 127 Boss 166, 181 Brennan 110, 127 Brunner 123, 127, 151 f., 157, 391 f., 397 Buchanan 110, 127, 168, 174, 181 Budde 322, 324, 327, 339 Bukovski 397 Buttler 330, 339 Cassel 105, 108, 110, 116, 127, 135, 157 Ciaassen 141, 157, 265 f. Coester 225 Comelsen 135, 157 Cox 89, 101 DeGrauwe 136, 157 Delhaes 297, 359, 367, 373, 380 Delors 282 Dönges 79, 85, 90, 101 Dreißig 340 Dübel 200 f., 209 Dudey 109, 127 Dumke 345 f., 350, 354 Ebel 11, 35 Eisenmann 35 Engels 191, 198, 207 ff., 212, 225 Eucken 99, 116, 128, 228, 248, 388, 398 Ewers 99, 101 Fassing 317, 340

Fehl 134, 373, 380, 396 Felix 75 Fischer-Menshausen 321, 340 Fischer 58, 321, 340, 344, 354, 355, 375, 380 Franke 208 f. Frantzen 75 Fratianni 157 f. Frenkel 259, 266 Friedrich 164, 181, 200, 205, 209, 232, 248, 343, 392 Frisch 88, 95, 101 Fuest 163, 166, 181 Gajdar 386, 390 Gebauer 157 f. Geck 333, 340 Gerlach 332, 340 Giersch 287, 293, 321, 334, 340 Glasjev 388, 398 Gollasch 75 Gorbatschov 384, 389, 391, 398 Grabley 186 f., 209 Grinberg 387, 398 Gröner 90, 98, 101, 103, 127 f., 248 f., 279, 289, 293, 315, 338, 340 Gros 8, 13, 20, 68, 88, 92, 95, 99, 256, 259, 266 Günther 271, 273 f., 276, 293 Gutmann 157 f., 227, 318, 340 Gutnik 388 ff., 398 Gutowski 157 f. Hacker 4, 35 Haendcke-Hoppe-Amdt 17, 35 Haffner 369, 380 Hagen 137, 143, 145 f., 149, 157 f., 209 Hahn 342 f., 346 ff., 351 ff., 355 Hahne 335, 340 Hake 18, 35 Hansmeyer 127 f., 181 Härtel 78 f., 86, 88 ff., 93 f., 96 f., 101 f. Hartwig 58, 101, 103, 110, 127 f., 133, 150, 157, 159, 172 f., 181, 209 f., 236, 380 Hasse 340 Hauser 63, 167, 182, 299, 304, 313 Hausherr 343 Hax 58, 340 f. Hayek 116, 174, 362, 380 Hedtkamp 23, 101 Heilemann 153, 157 Heine 331, 340 Heinzmann 336, 340 Heise 322, 340, 393 Henderson 344, 347, 349, 351 f., 355

400 Henke 113, 127 Hensel 362, 380, 397 f. Herder-Dorneich 225 Herschel 220, 225 Heuss 228, 248 Hickel 4, 35, 55, 58, 166, 181 Hintze 342, 355 Hirscher 35 Hirschman 338 Hirschmann 248 Hoffmann 167, 181, 380 Hölscher 127 Holthoff-Frank 98, 102 Hort 282 f., 293 Huber 342, 348 ff., 352 f., 355 Hübl 161, 181 Hußmann 335, 339 Hussein 298, 301, 307, 313 Ignatov 363, 390, 396, 398 Immenga 88, 93, 102 Inotai 280, 293 Issing 149, 152, 157, 265 f. Janossy 371, 380 Javlinskij 398 Jeffries 8, 380 Jelzin 386, 392 Jens 92, 101 f. Jerofejev 396, 398 John 259, 266 Kaldor 173, 181 Kantzenbach 80 f., 102, 138, 157, 207, 209, 248 f. Kayser 299, 304, 313 Kemper 78, 102 Keuchel 219, 223 ff. Kiesewetter 350, 355 Kirner 135, 157 Kissel 194, 209 Kistenmacher 333, 340 Kistjakovskij 393 f f , 398 Kitterer 162, 166, 181 Klaus 383 Klemmer 222, 225 Klodt 322 ff., 340 Kohl 106, 316 Kolakowski 396, 398 Kolosi 378, 380 Kopper 312 Krakowski 84, 89, 94, 102 Kratz 131, 152 f., 157 Krelle 79, 102 Kröger 75 Kroll 88, 102

Krüger 75, 78, 94, 96, 101 f. Krüsselberg 75, 228, 230, 248 Kühl 220, 225 Kusch 11, 35 Lacis 384, 389, 398 Lambsdorf 191, 209 Lampert 222, 225 Leipold 70, 75, 116, 128, 157, 209 f., 338, 340, 398 Leisner 68, 75 Leptin 12, 35 Leschke 174 f., 182 Lichtblau 82 f., 88 ff., 92, 102 Liepmann 332, 340 Lillig 163, 182 Lindemann 164, 181 Lippe 3, 14, 35, 198, 350 Lippert 268 ff., 293 Lipschitz 128, 158 List 182, 339, 343, 355 Lorenz 215, 225 Löwisch 220, 225 Lucas 230 f., 248 Lütge 343 f., 355 Maier 164, 182 Maiziere 190 Masaryk 394 Mason 152, 158 Masuch 265 f. May-Strobl 302, 304, 311, 313 Mazaryk 398 McDonald 110, 128, 158 Meißner 317, 340 Melzer 6, 35 Meitzer 151 f., 157 Meredith 152, 158 Mertens 220, 225 Meyer 127, 212, 225, 248 Michaelis 205, 209 Mittag 11, 25, 35 Möllemann 166, 182 Möller 253, 276 Molsberger 340 Montag 35 Mösche 38, 58 Möschel 193, 202, 210, 268, 293 Mötsch 75 Mottek 344, 355 Muellerheim 75 Müller 55, 58, 166 f., 180 ff. Naggl 153, 158 Necker 87, 102, 312 Neumann 134, 137, 141, 145 f., 158, 160, 182

401 Noelle-Neumann 160, 182 Noll 77, 88, 94, 99, 102 Nolte 323, 337, 340 Oberhauser 205 Olson 123, 128, 176, 182, 193, 210 Opitz 59, 75 Oppenländer 330, 340 Osers 383, 398 Otte 38, 58 Paqué 322 ff., 340 Paulini 302, 304, 311, 313 Perroux 329, 331, 341 Peterhoff 381, 384, 386, 398 Peters 317, 327, 341 Petry 333, 340 Petzina 354, 372, 379, 380 Pfeiffer 200 f., 209 Pfister 75 Piazolo 75 Pies 159, 174, 182 Pohl 80, 87, 102 Popper 169, 182 Preuße 334, 339, 341 Priewe 4, 35 Pripisnov 387, 398 Ramb 127 Rauscher 101, 103 Reetz 233, 249 Reuter 219, 224, 225 Richardi 223, 225 Rittenbruch 332 f., 341 Roggemann 62, 75 Romer 230, 249 Röpke 197, 210, 288, 293 Rose 173, 182 Rose 63, 75, 260, 266 Roth 166, 182 Rothschild 376, 380 Rüden 146, 158 Rumpier 347, 355 Rüthers 194, 210 Säbel 338, 340 Sachse 186 f., 209 Sieker 220, 225 Salvatore 157, 158 Sargent 138, 158 Saslavskaja 383, 398 Sauernheimer 260, 266 Schatalin 388, 398 Scheide 146, 149, 158 Schilling-Kaletsch 341 Schinasi 158

Schlecht 22, 81, 84 ff., 91, 103, 125, 128, 172, 195, 336 Schlesinger 149, 158 Schlögel 394, 398 Schmidt 9, 12, 35, 46, 48, 50, 52, 58, 166, 182 Schneider 10, 14, 17, 35, 58, 340 f., 386, 398 Schnyder 335, 339 Schönborn 259, 262, 266 Schüller 35, 92, 103, 127, 195, 203, 209, 210, 232, 249, 286, 293, 367, 380 Schwalbach 338, 341 Schwegler-Rohmeis 398 Schwenn 49 f., 55, 58 Seibel 45, 53, 58 Seickert 75 Semmler 380 Siebert 13, 125, 128, 194, 210, 287, 293, 327, 330, 341 Sinn 9, 13, 21, 35, 54, 58, 79, 80, 82, 103, 114, 122, 128, 160, 173, 182, 191, 199 f f , 204, 210, 259, 262, 266, 274, 293, 338 Solschenizyn 397 f. Soltwedel 222, 225, 336, 341 Sommerlad 343, 355 Späth 107, 128, 341 Specht 35 Spermann 205, 209 Stäglin 6, 35 Stein 157 f., 172 Steinkühler 166, 182 Stolypin 397 Stolper 167, 182 Streit 71, 75, 80, 103, 166, 209, 293, 329, 341 Szczepanski 393 f., 398 Szlachta 377, 380 Teckenberg 395, 398 Tenbruck 392 Thalheim 5, 7, 17, 35 Thieme 7, 58, 101, 103, 127 f., 131, 133 ff., 136, 149, 157 f., 181 f., 209 f., 340 f , 380 Tichy 262, 266 Tietmeyer 152, 156, 158, 284, 293 Tilly 350, 355 Towara 335, 341 Tschepurenko 387, 398 Ulrich 75, 105, 185 Uschakow 398 Valov 385, 395, 398 Velde 138, 158 Viertel 198, 254, 271, 273, 274, 293 Voigt 375, 378 ff. Volskij 387, 398

402 Wagner 38, 58, 79, 83, 92, 103, 168, 181, 185 f., 188, 189, 196, 205 ff., 210, 229, 231, 248, 285 ff. Walter 99, 128, 228, 331, 340, 388 Wasmuth 75 Watrin 166, 182, 340 Weber 75, 78, 103, 125, 128, 286, 293 Weidenfeld 101, 103 Werner 274, 293 Wesel 75 Wetzker 35 Weyl 341 Wiedemeyer 205, 209 Wienert 331, 341 Willgerodt 69, 75, 90, 103, 110, 121, 125, 128, 219, 225, 279, 293, 340 Willms 145, 158 Witt 293 Wlotzke 215, 225 Wolter 213, 215, 225 Würfel 323, 341 Wutzke 94, 103 Ziegler 322, 340, 158, 249 Zimmermann 101, 103 Zwickel 196

403

Sachregister ABM 92, 199, 208, 21 1, 217 ABS 40, 82, 84, 88, 114, 214 f., 217 f., 240 ff., 318 f., 383 Absatzmärkte 125, 272, 287, 348 Abwicklung 72, 75, 139, 163, 170, 235, 242 f. AFG 211, 215, 217, 221 Agglomerationsvorteile 287, 327 Agrarmarktordnung 97, 107 Akzeleratorwirkung 326 Altlasten, ordnungspolitische 81, 105 ff , 110, 115, 122, 125, 161, 168, 285 Altschulden 21, 114, 121, 149, 164 f., 310 Angebotsseite 113, 119 ANKER 270, 334 Ankerwährung 268, 283 Anreizprobleme 175 Arbeitnehmerverdienst 19 Arbeitsangebot 192 Arbeitskosten 15, 101, 193, 198 f., 288, 309 Arbeitskräftebilanzierung 185 f. Arbeitsproduktivität 8 f., 15 ff., 70, 120, 271 Arbeitslosengeld 199, 203, 208 Arbeitslosenquote 85, 108, 119, 196, 199, 284, 365 Arbeitslosigkeit, verdeckte 7 ff., 24, 89, 138, 185, 190, 195 ff., 200 f., 203, 205, 208 ff., 212, 14, 217 f., 229, 234, 236, 248, 269, 276, 284 f., 287, 293, 360, 388 Arbeitsmarkt 43, 83, 101, 107, 135, 209, 225, 233, 235, 248, 293, 322 Arbeitsmarktordnung 211, 219, 222 ff. Arbeitsmarktverfassung 213, 219 Arbeitsnachfrage 218 f. Arbeitspotential 3, 9 Arbeitsrecht 183, 193, 211, 214 f., 219 ff., 223, 225, 336 Arbeitsrechtsordnung 213 f. Arbeitsschutzrecht 214, 219, 225 Arbeitsteilung 270, 273, 325, 328, 329, 380 Arbeitszeit 9, 10, 126, 230 Assoziierung 267, 277 f. ATLAS 334 f., 338 Aufbaugesetz 63, 73 Aufwertung 23, 81, 114, 254, 265 Ausbildungspolitik 126 Außenhandel 5, 20, 25, 345, 367 Ausgleichsforderungen 50, 141, 163 Auslandsverschuldung 25, 27, 265 Baulandgesetz 63 Beschäftigungsgarantien 181, 321, 333 Beschäftigungsgesellschaften 217 f., 218

Beschäftigungszusagen 43, 50, 89 Betriebsüberlassungsvertrag 49 Bevölkerungsdichte 322 Bildung 3, 9, 70, 174, 218, 225, 237, 240, 248, 351, 353, 387 Bildungswesen 10 Binnenmarkt 268 Bodenpreise 71 Bodenreform 62, 66, 75 Brunner/Meltzer-Indikator 151 Bruttoanlageinvestitionen 288 Bundeskartellamt 92 ff., 100 ff., 118 Bundesverband der deutschen Industrie 312 Bundesverfassungsgericht 66, 116, 175 Bürokratie 123, 216, 351, 387, 392, 395 CEFTA 279 Couponlösung 69 Datenänderung 228 DDR 253 f., 256, 258, 267, 269 ff., 280 f., 301, 310, 318, 320, 322, 325, 327, 337, 365, 367, 374 f., 382 f Deindustrialisierung 55 Delors-II-Paket 282 Deregulierung 98, 124, 126, 211 f f , 215, 223 Deutsche Bundesbank 25, 35, 86 f. 101, 111, 1 13, 127, 132, 136 ff., 141 ff., 148, 151 f., 155 f f , 162 f., 166 ff., 177 f., 180 f., 194, 199, 209, 254 ff., 261, 263 ff., 285, 291 f., 309, 313 Deutsche Ausgleichsbank 163, 305 Devisenbilanz 17 Dienstleistungsbilanz 253 f., 256, 258, 261 Diversifikationsgrad 320 DIW 157, 198, 205, 209 DM-Eröffnungsbilanz 39 f., 44, 58, 139, 164 EAGFL 281 EFRE 281, 305 EG 163, 268 f f , 273 ff., 284, 288, 289, 291 ff. EG-Strukturfonds 282, 288 Eigentumsordnung 112, 386 Einigungsvertrag 39, 56, 164, 181, 191,213, 240, 274, 383 Einkommen 3, 18 ff., 64, 85, 108, 134 166, 173, 198, 206 ff., 232, 262, 266, 319, 328 f., 387 Energie 3, 16, 325 Energieverbrauch 14, 18 Enteignungen 59 ff., 65 f f , 70 f f , 75 Entflechtung 87 f., 91, 101, 387 f. Entschädigungsgesetz 68 f., 73 Entstehungsrechnung 322 Entwicklungsindikatoren 363 f., 376

404 Entwicklungspotential, endogenes 315, 331 f., 334,338 ERHARDsche Reformen 110 Erwerbsquoten 9, 10, 29 ESF 281 EU 175, 267, 282 f., 305, 310 Europäische Union 269, 283, 293 Exportbasistheorie 328 ff. Exportpolitik, sowjetische 8, 16 Fachkommission 241 Festhaltelöhne 201, 208 Finanzausgleich 163, 318 f., 337 f. Finanzstatistik 23, 25, 179 Firmenkurzportraits 50 Flachentarifvertrag 195 Forschung 3 f., 8, 9, 11, 22, 28, 29, 84, 126, 182, 228, 240, 286, 344 f., 354, 389 Forschung und Entwicklung 8, 11, 29, 84, 126, 286 Fortführungswert 334 Fusionskontrolle 91, 94 Geburtshelfertheorie 283 Geldmengensteuerung 133, 143, 149, 156 Geldwertstabilität 138 Gemeinschaftsaufgaben 281 Gemeinschaftsregelungen 267, 270, 272 Gewerkschaften 88, 119, 123, 169, 191, 192, 194 ff., 200, 202 ff., 212, 214, 216, 218, 306, 396 Gewinnbeteiligung 185, 205 Gleichgewichtslehre 196 GSG 108 GWB 84, 90 ff., 102 Handel, innerdeutscher 3, 14, 18, 26 f., 32, 50, 78, 91, 95, 102, 117 f., 138, 254, 256, 273, 299, 325 Handels- und Kooperationsabkommen 267, 274, 276 Handelsbilanz 254, 258 f. Hochschulbereich 10, 229 Hochschulen 227, 229, 236 ff., 245, 247 ff., 332 f. Hochschullehrer 237, 240, 242 f. Hochzinspolitik 276 Horten 7, 10, 134 Human capital 230 f., 248 f. Human on-the-job-training 230 f., 248 f. Humanvermögen 227 ff., 240, 243, 362, 371 Hyperinflation 114, 386 Importnachfrage 259 Individualarbeitsrecht 214, 219, 220 Induktionswirkungen 327

Industrialisierung 342 f., 354 f., 359, 363, 369, 374 ff., 393 f. Industrialisierungsgrad 325 Industrielle Kerne 90, 321 f., 325, 335 Industriepolitik 77, 84, 85, 87, 90, 101 f., 209, 337 f. Inflation 7, 137, 139, 157, 171, 365, 382, 388 Inflationsrate 137 f., 149, 156, 360 Infrastruktur 16, 19, 81, 85, 87, 106, 126, 149, 161, 176, 217, 224, 239, 305 f., 308, 321, 328, 331 f., 337, 372, 374, 393 Inlandsverschuldung 365 Innovationsfähigkeit 112, 126, 132, 160, 332 Input-Output-Verflechtungen 325 Integrationsprozeß 93, 106 Interimsabkommen 278 Internalisierungsstrategie 320 Investitionen 3, 12 ff., 18, 43, 50 f., 54, 56 f., 60, 67, 71 f., 74, 80, 87, 125 f., 161 ff., 173, 176 f., 192 f., 214, 229, 231, 235 f., 248, 259 f., 262, 266, 282, 284, 305, 309, 329 ff., 387, 397 Investitionshemmnisse 81, 85 Investitionsplan 51 Investitionsvorranggesetz 56, 67, 74 Investivlohn 185, 205 f., 209 Kapitalabbau 119 Kapitalimporte 260, 262, 265 f. Kapitalkosten 120 Kapitalstock 3, 12, 100,135, 234, 237, 309 Kapitalsubventionen 120, 125, 208 Kartellrecht, europäisches 84 Kassenhaltungsinflation 7, 137 Kaufkraft 3, 20 Kaufkraftparadoxon 21 Koalitionsfreiheit 214 f. Kombinate 70 f., 78 f., 83, 87, 186, 332 Konjunkturschwankungen 7 f. Konsolidierung 40, 53, 160, 168, 171 ff., 297, 308 Konsumgütersektor 117 Konsumsteuer 172 ff. Konzentration - horizontale 11, 16, 78, 86, 102, 136, 320, 327 -vertikale 11, 16, 78,86, 102, 136,320,327 Korrespondenzprinzip 333 Korruption 123, 392 Krankenversicherung 108 f., 113 Kreditabwicklungsfonds 121,141, 163 ff., 167, 178, 180 Kreislaufmodell 329 Krönungstheorie 283

405 Kündigungsschutz 193, 202, 207, 214, 216, 220 Kurzarbeit 200, 215, 216, 218 Kurzarbeiter 199, 216 Kurzarbeitergeld 203, 208, 215 f., 221 Landwirtschaft 3, 14, 17 f., 63, 207, 281, 325, 355, 363, 365, 369, 382, 385 Lastenausgleichsgesetz 64 Lebenshaltungskosten 365 Lebensstandard 3, 21f., 174, 228, 369 Lebenszyklus 328 Leistungsbilanz 2 5 3 f f , 258 ff., 262 f., 265, 276 Linder-These 335 Liquidationsverfahren 48 Liquidationswert 334 Lohndifferenzierung 114, 196 Lohndrift 196 f., 205 Lohnerhöhungen 200, 208, 386 Lohnforderungen 195, 198, 200, 218 Lohnkostenexplosion 114, 283 Lohnkostenniveau 192, 202 Lohnnebenkosten 108, 114, 121 Lohnpolitik 81, 101, 120, 195, 197ff„ 201, 221, 285, 289, 306 Lohnquote 225, 309 Lohnstückkosten 198f„ 208, 285, 309 Lohnsubventionen 87, 120 f., 185, 201, 207 ff. Lokomotivfunktion 267, 270, 275 f. Markteintrittsbarrieren 93 MBI 39, 52 MBO 39, 52 Meistbegünstigung 277, 352 Mezzogiomo-Syndrom 200, 207 Mitarbeiter - nichtwissenschaftliche 39, 43, 45 f., 51, 55, 131, 237, 240 ff. - wissenschaftliche 39, 43, 45 f., 51, 55, 131, 237, 240 ff. Mitarbeiterplan 51 Mittelstandspolitik 77, 90, 93 Mobilitätsbarrieren 286 Modrowgesetz 67 MOE 269 f., 276, 278, 280, 288 Monopole 95 f. Monopolisierung 84, 112 Monostrukturen 304, 320, 333 Nachfrage 86, 108, 121, 193, 228, 260, 276, 328, 332 Nationalsozialismus 59 ff., 65, 72 f. Naturalrestitution 69, 169 Nominallöhne 201 Oligopolfrieden 97 Ölpreisschocks 25, 197 on-the-job-trainig 230 f., 248 f.

- betriebsspezifisch 231 - generell 231 Ordnungspolitik 103, 115 f., 127f„ 174, 267, 284, 317 Parteien 123, 169 f., 224 Passivität des Geldes 135 Perestrojka 384 f., 389, 391, 398 Pflegeversicherung 109 PHARE 277 Pläne 7, 17, 51, 169 - weiche 7, 17, 51, 169 Planerfüllung 134 Politik der Schwerpunktbildung 11 Politische Ordnung 128, 372, 374 Potentialfaktor 332 Prämiensystem 134 Preisbereinigung 5 Preisdifferenzierung 118 Pressure group 224 Principal-Agent-Argument 168 Privatisierung, Rechtsgrundlagen 37 f f , 43 ff., 67 f., 71, 74, 77, 82 f., 88 f., 91 f., 101 ff., 110, 112, 120, 121, 125 ff., 141, 150, 157, 165, 172, 181, 204, 210, 320 f., 335, 338, 360, 383, 386 ff., 390, 398 Privatisierungsmarketing 37, 48 Privatisierungsstrategie 37, 45, 90, 96 Privatisierungsverfahren 46 ff., 125 Privatisierungszeitraum 54 Produktionsstruktur 79, 161, 229, 325, 332 Produktivität 3, 7, 9, 14ff., 112, 114, 119 f., 135, 157, 174, 185, 193, 195, 218, 236, 285, 287, 309, 330, 363 Prozeßpolitik 116, 360 Public-Choice-Diskussion 168 Qualifikationsstruktur 9, 365, 375 Qualifizierungsgesellschaften 217 Rationalisierungspeitsche 202 Realeinkommen 20 Reallöhne 21, 114, 201 Reformdruck 106 Regionalpolitik 126, 337 f. Regulierungen 81, 98, 110, 211, 219, 220, 222 ff. Rehabilitiemngsgesetz 59, 65 f. Reichsfluchtsteuergesetz 61, 73 Rentenreform 109 Rentenversicherung 108 f., 127, 166, 179 RGW 8, 26, 367, 380 Robotertechnik 10 Rückgabe 57, 64, 68, 69, 72, 74 f., 92, 124 Sachenrechtsbereinigung 59, 69 Sachkapitalinvestitionen 230

406 Sanierung 13, 38, 46, 53, 83, 161, 168, 321, 334 f., 338 Sanierungskonzepte 49 Satellitenindustrien 327 SBZ 59, 62, 64, 66, 72 f. Schattenwirtschaft 7, 367, 387 Schichtarbeit 10, 16 Schlüsselbereiche 320, 327 Schlüsselqualifikationen 233 ff., 249 Schocktherapie 80, 386, 388 Schwarzmarkt 138, 369 SED 6, 1 1 , 3 5 , 4 1 , 6 0 , 6 5 , 68, 72, 100, 188, 397 SED-Unrechtsbereinigungsgesetz 68 SMAD 62, 73 Sockelarbeitslosigkeit 108, 284 Sowjetunion 8, 17, 25 f., 66, 367, 383, 385, 388 f., 391 f., 398 Soziale Marktwirtschaft 75, 101, 103, 190, 210, 285, 293 Sozialismus 11 f., 132, 135, 237, 365, 371, 374 f., 383 ff., 393, 395, 397 Sozialplane 222 Sozialproduktsrechnungen 14 Sozialstaatsgebot 222 Sozialstaatsprinzip 219 Sozialversicherung 23, 109, 124, 166, 179 Spillover-Effekte 230, 236 Spin-off-Prozesse 333 Staatsausgaben 24, 150, 329 Staatseinnahmen 24, 150, 387 Staatsverschuldung 23, 25, 110, 151, 160, 166 ff., 170, 172 f., 182 Staatsvertrag 56, 80, 124, 199, 214 f., 271 f. Staatszielbestimmung 319 Standortbedingungen 87, 106, 203 Standortvorteile 125, 197, 320, 328, 332 Standortwettbewerb 98, 338 Statistik der DDR 3, 5 f., 23, 281 Steuern 138, 150, 161, 166, 308, 311, 327, 390 Steuerpolitik 126, 172 Steuersystempolitik 172 Strukturanpassungspolitik 317 Strukturbruch 145, 262, 318, 359, 371 ff. Strukturentwicklungstheorie 326 Strukturerhaltungspolitik 89, 335 Strukturwandel 79, 84 f f , 89, 97, 101, 119, 134, 222, 233, 318, 320, 326 f., 335 ff. Strukturwandel - intersektoraler 322 - intrasektoraler 322 Subventionen 16, 54, 90, 109, 120, 162, 170, 208, 2 7 5 , 3 1 9 , 3 2 7 , 3 3 3 Sunset Approach 124

SVR 109, 128, 197, 199, 201f„ 210, 283 f f , 293 Systemwechsel 125, 232 f., 233, 236 f SZS 9, 15, 23 Tarifautonomie 119 f., 169, 185, 190 ff., 203, 209, 214, 220 Tarifpartner 81, 194 f., 197 f., 200, 203, 205, 209, 215, 219 Tarifrecht 113, 124 Tarifvertragsrecht 119 f. THA 320 f., 334 f. Transfers 24, 106, 121, 159 f f , 165 ff., 176, 262, 276, 312 Transformationsarbeitslosigkeit 190, 229 Transformationskosten 213 Trendfaktoren 372f., 375 Treuhandanstalt 37 ff., 43 f f , 48 f., 52 ff., 56 ff., 67 f., 71 f., 82 ff., 87 ff., 93, 95, 100 ff., 114, 117, 119, 121 f., 149, 161, 163 f f , 178, 181, 191, 198, 201, 203 f., 208, 216, 298, 312 f., 320 f., 333 f., 337f. Treuhandgesetz 39, 56 f., 67, 74, 88 Obemahmeprivatisierung 121 f. Oberschuldungsmessung 334 Umlaufgeschwindigkeit des Geldes 149 Umtauschkurs 20 f., 138 Umweltprobleme 3, 13 Umweltrecht 13, 114 Unité motrice 326 Unternehmensstandort 81 Verbundvorteile 88, 89 Vereine, Creditreform 304 Vereinigung, Finanzierung 4, 12, 18, 28, 30, 35, 60, 65 ff., 69, 78, 83, 100, 102 f., 105 ff., 117, 120, 122 f , 125, 127 f., 141 f., 157 f , 160 ff., 166 f., 169, 171, 182, 210, 213, 227, 251, 253 f., 256, 258 ff., 262, 265 ff., 273 f., 277 f., 282 f., 285, 289, 293, 298, 320, 325, 327, 357 Verflechtung 98, 325, 363, 367 - außenwirtschaftliche 327 Vergesellschaftung 62, 359, 367 Verhaltensregeln 375 Vermögenszuordnungsgesetz 57, 71, 74 Verrechnungsmonopol 133 Verteilungskonflikt 169 f Vertragskontrolle 37, 52 Visegràd-Gruppe 279 f., 286, 288 Volkseigentum 60, 62 ff., 70, 78, 164, 384 Wachstumskrise 360 Wachstumspol 326, 328 Währungsreform 110 f., 131 f. Währungsumstellung 114, 120, 137, 141, 149, 157, 163, 169, 309

Währungsunion 21, 25, 35, 81, 106, 111, 114, 117, 128 f., 131 f., 135 ff., 141 ff., 145 ff., 149, 151 ff., 156 ff., 167, 258, 265, 267, 270 f., 284 Wanderungen 200 Weltmarktkonkurrenz 117 Wertfindung 54 Wertschöpfung 23, 25, 87, 205, 321 f. Westverschuldung 367 Wettbewerb 77, 79, 80, 82, 84 ff., 88, 95 ff., 101 ff., 106, 108, 114, 119, 123, 125 ff., 173 ff., 181, 196, 202, 219, 223, 225, 235, 279, 293, 308, 327, 327, 335, 337 f., 394 Wettbewerbsordnung 78, 84, 91, 99, 102, 174, 293, 317 Wettbewerbspolitik 77, 83 f., 90 f., 93, 98 ff., 100, 102 f. Wettbewerbsverzerrungen 87, 93, 101 Wirtschaftspolitik 25 f., 35, 85, 102, 107, 110, 115, 116, 126 ff., 157, 168, 181 f., 210, 225, 248, 268, 293, 316, 320, 337, 344, 354, 360, 371, 384 f., 392, 397 Wirtschaftsstruktur 3, 7, 9, 53, 79, 84, 88, 112, 281, 305 f., 319 f., 325, 330 f., 333 f., 337 f., 348 Wirtschaftsverfassung 110, 116, 378 Wirtschaftswunder 35, 110, 125, 128, 193, 209, 359, 371 f., 380 Wissenschaftsrat 239, 243 Wohlfahrtsverluste 119 Wohlstand 15, 343 Wohnungsbau 23, 109, 124 Zahlungsbilanzsituation 27 Zentralverwaltungswirtschaft 123, 188, 190,229, 232, 382 ZEUS 334 Zinsvolatilität 152 ff. Zollunion 345, 348, 352 Zollverein 341 ff.

408 Autoren und Seminarteilnehmer A ndrzejew ski, Dipl.-Vw. Thomas, Bochum Apolte, Dr. Thomas, Duisburg Baumann, Dipl.-Vw. Silke, Bayreuth Brockmeier, Dipl.-Vw. Thomas, Marburg Cassel, Prof. Dr. Dieter, Duisburg Cichy, Dr. Ulrich, Düsseldorf Ciaassen, Prof. Dr. Dr. E. M., Innsbruck Delhaes-Guenther, Priv.-Doz. Dr. Dietrich von, Halle Delhaes, Dr. Karl von, Marburg Derix, Prof. Dr. Hans-Heribert, Leipzig Ditges, Prof. Dr. Johannes, Leipzig Fischer, Dr. Axel, Leipzig Gröner, Prof. Dr. Helmut, Bayreuth Gutmann, Prof. Dr. Gernot, Köln Hamacher, Dr. Stefanie, Köln Hamel, Dr. Hannelore, Marburg Hartwig, Prof. Dr. Karl-Hans, Bochum Hertner, Prof. Dr. Peter, Florenz Hof, Prof. Dr. Hans-Joachim, Pforzheim Kim, Prof. Dr. Yong Koo, Südkorea Klein, Dr. Werner, Köln Knauf/, Dr. Rudolf, Kassel Krüsselberg, Prof. Dr. H. Günter, Marburg Leipold, Priv.-Doz. Dr. Helmut, Marburg Lippe, Prof. Dr. Peter von der, Essen Michalski, Ulrike, Universiät Duisburg Michler, Dr. Albrecht, Düsseldorf Möller, Dipl.-Ök. Michael, Düsseldorf Noll, Prof. Dr. Bernd, Pforzheim Oesters albesloh, Dipl.-Ök. Simon, Bochum Opitz, Dr. Gerhard, Frankfurt/M. Paraskewopoulos, Prof. Dr. Spiridon, Leipzig Peterhoff, Dr. Reinhard, Marburg Pies, Dr. Ingo, Ingolstadt/Bochum Schüller, Prof. Dr. Alfred, Marburg Thieme, Prof. Dr. H. Jörg, Düsseldorf Wagner. Prof. Dr. Ulrich, Pforzheim Winter, Prof. Dr. Helmut, Ravensburg Wu, Dipl.-Ök. Miao Shan, Düsseldorf