Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und Allgemeine Versicherungsbedingungen unter Einschluß des Versicherungsvermittlerrechts: Band 6/Halbband 2 Krankenversicherung [Reprint 2012 ed.] 9783110907506, 9783110124095

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Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und Allgemeine Versicherungsbedingungen unter Einschluß des Versicherungsvermittlerrechts: Band 6/Halbband 2 Krankenversicherung [Reprint 2012 ed.]
 9783110907506, 9783110124095

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Abkürzungsverzeichnis
Spezialschrifttum zum Recht der privaten Krankenversicherung
A. Rechtsquellen der Krankenversicherung
B. Begriff und Einteilung der Krankenversicherung
C. Abschluß und Verbriefung des Krankenversicherungsvertrages
D. Dauer des Krankenversicherungsvertrages
E. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers (bis hierher Lieferung 3; Material bis Mitte 72 verarbeitet)
F. Obliegenheiten des Versicherungsnehmers
G. Rechtspflichten des Versicherers
H. Beteiligung Dritter am Krankenversicherungsvertrag
Anhang I Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB KK 76)
Anhang II Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (MB KT 78)
Anhang III Ergänzendes Schrifttumsverzeichnis
Register

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Großkommentare der Praxis

W G DE

BRUCK-MÖLLER Kommentar zum

Versicherungsvertragsgesetz und zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen unter Einschluß des Versicherungsvermittlerrechtes begründet von Prof. Dr. jur. ERNST BRUCK |

8. Auflage herausgegeben von Prof. Dr. jur. Dr. h. c. HANS MÖLLER t Prof. Dr. jur. KARL SIEG Rechtsanwalt Dr. jur. RALF JOHANNSEN

Sechster Band, Zweiter Halbband Krankenversicherung von Dr. PAUL WRIEDE Vorsitzender Richter am Hanseatischen Oberlandesgericht zu Hamburg a. D.

w DE

G 1990 WALTER DE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK

Zitiermethode Bruck-Möller-Wriede VVG

Erscheinungsdaten der Lieferungen: Band VI Lieferung 3: Mai 1973 Band VI Lieferung 4: Dezember 1989

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und zu den allgemeinen Versicherungsbedingungen unter Einschluss des Versicherungsvermittlerrechtes / begr. von Ernst Bruck. Hrsg. von Hans Möller ... — Berlin ; New York : de Gruyter. (Großkommentare der Praxis) Auf d. Haupttitels, auch: Bruck-Möller NE: Bruck, Ernst [Begr.]; Möller, Hans [Hrsg.] Versicherungsvertragsgesetz Bd. 6. Halbbd. 2. Krankenversicherung / von Paul Wriede. — 8. Aufl. - 1990 ISBN 3-11-012409-2 NE: Wriede, Paul [Mitverf.]

© Copyright 1973/1989 by Walter de Gruyter & Co., D-1000 Berlin 30. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer GmbH, Berlin

Vorwort Die Fertigstellung des Abschnitts über die private Krankenversicherung im Gesamtwerk ist durch verschiedene Umstände ungewöhnlich verzögert worden. Infolgedessen sind die 1973 erschienenen Erläuterungen in den Anmerkungsgruppen A bis Ε ζ. T. überholt. Das gilt zunächst für die durch das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9. XII. 1976 (BGBl I S. 3317) veränderte Rechtslage bei der Anwendung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Ferner sind die MB KK 66 im Jahre 1976 ζ. T. neu gefaßt und 1978 im Hinblick auf das vorerwähnte Gesetz abgeändert worden (vgl. VA 1976 S. 437—441 und 1978 S. 205 — 206). Weiter konnten in jener ersten Teillieferung die MB KT noch nicht berücksichtigt werden. Beide Bedingungswerke sind nunmehr in ihrem jetzt maßgeblichen Wortlaut in Anhang I und II (S. Κ 459 — 472) abgedruckt. Wegen der besonderen Bedeutung des § 15 MB KT für verschiedene Fälle einer ipso-iure-Beendigung des Krankentagegeldversicherungsvertrages sind diese Bestimmungen — gleichsam als Ergänzung der Abschnitte D 20—27 (S. Κ 79 — 105) — als „Zusatz" in den Anmerkungen G 55 —60 (S. Κ 416 — 424) behandelt worden. Bei der Bearbeitung der Abschnitte F bis H ist weiteres allgemeines Schrifttum herangezogen worden, so daß eine Ergänzung des auf den S. Κ 1 — 2 abgedruckten Verzeichnisses geboten ist. Es findet sich im Anhang III (S. Κ 473 — 476). Rechtsprechung und Schrifttum sind bis Anfang 1989 berücksichtigt worden. Großhansdorf im Mai 1989

Paul Wriede

Inhaltsübersicht Weitere Untergliederungen sind den einzelnen mit großen Buchstaben bezeichneten Unterabschnitten vorangestellt. Anm.

Seite

Vorwort

V

Inhaltsübersicht

VII

Abkürzungsverzeichnis

IX

Spezialschrifttum zum Recht der privaten Krankenversicherung

Κ

Α. Β. C. D. E. F. G. Η.

Rechtsquellen der Krankenversicherung Begriff und Einteilung der Krankenversicherung . Abschluß und Verbriefung des Krankenversicherungsvertrages Dauer des Krankenversicherungsvertrages Rechtspflichten des Versicherungsnehmers (bis hierher Lieferung 3; Material bis Mitte 72 verarbeitet) Obliegenheiten des Versicherungsnehmers Rechtspflichten des Versicherers Beteiligung Dritter am Krankenversicherungsvertrag

Anhang

1

Al—45 Β 1 — 11

Κ 2—42 Κ 42—45

C l — 33 Dl—49

Κ 45—79 Κ 79—137

E 1—27 Fl—64 G 1-74

Κ 137 —166 Κ 167—294 Κ 294 - 446

Η 1-12

Κ 446 - 459

I Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB KK 76)

Κ 459-465

Anhang II Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (MB KT 78)

Κ 466 - 472

Anhang III Ergänzendes Schrifttumsverzeichnis

Κ 473 —476

Register

Κ 477-484

Abkürzungsverzeichnis AGBG AMG AN AVB BAA BÄO BB BDGG BGBl BPflV BSozG BSozHG BVerwG DB DÖV DVO EG EuM FS GKV GRG HPG HRGZ JRPV KHG KnVNG LM LZ MDR NJW NJW-RR oeA ÖOGH PKV RAA RuS RVO SeuffA SGB

Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Arzneimittelgesetz Amtliche Nachrichten des Reichsversicherungsamts Berlin (ab 1937: Amtliche Nachrichten für Reichsversicherung) Allgemeine Versicherungsbedingungen Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen Bundesärzteordnung Der Betriebsberater Bundesdatenschutzgesetz Bundesgesetzblatt Bundespflegesatzverordnung Bundessozialgericht Bundessozialhilfegesetz Bundesverwaltungsgericht Der Betrieb Deutsche Öffentlich-rechtliche Versicherung Durchführungsverordnung Europäische Gemeinschaft Entscheidungen und Mitteilungen des Reichsversicherungsamts Festschrift (mit Namen des Geehrten) gesetzliche Krankenversicherung Gesundheitsreformgesetz Heilpraktikergesetz Hanseatische Rechts- und Gerichts-Zeitschrift Juristische Rundschau für die Privatversicherung Krankenhausfinanzierungsgesetz Gesetz zur Neuregelung der knappschaftlichen Rentenversicherung Lindenmaier-Möhring, Das Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Monatsschrift für Deutsches Recht Neue Juristische Wochenschrift NJW Rechtsprechungsreport - Zivilrecht ohne eigenen Anspruch gegen den Versicherer österreichischer Oberster Gerichtshof private Krankenversicherung Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung Recht und Schaden Reichsversicherungsordnung SeufTerts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Sozialgesetzbuch (mit Angabe des Teils in römischen Ziffern) IX

Abkürzungsverzeichnis SGG UVNG V, ν VA

VAG Ver VerbB

VersArch VersN VersR VersRdsch VersSlg Vmer VStG Vter VuG VW VW

Warn WD Β ZA ZfS ZfV

ZHG ZHR ZRP ZVersWiss

X

Sozialgerichtsgesetz Unfallversicherungsneuregelungsgesetz Versicherung(s), versicherung(s) Veröffentlichungen des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung, des Zonenamts des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung, des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen Versicherer Die private Krankenversicherung im Jahre ... Rechenschaftsbericht (Jahrgang) des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V., Köln Das Versicherungsarchiv Der Versicherungsnehmer Versicherungsrecht Juristische Rundschau für die Individualversicherung Versicherungsrundschau (Österreich) Sammlung der seit 1945 ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen in Versicherungssachen, herausgegeben von Wahle Versicherungsnehmer Versicherungssteuergesetz Versicherter einer Versicherung für fremde Rechnung Versicherung und Geldwirtschaft Versicherungswissenschaft und Versicherungspraxis Unabhängige Zeitschrift für Sozial- und Individualversicherung Versicherungswirtschaft Unabhängige Halbmonatsschrift der deutschen Individualversicherung Warneyer, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts Wehr dienstbeschädigung Zonenamt des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung für die britische Besatzungszone Zeitschrift für Schadensrecht Zeitschrift für Versicherungswesen Unabhängiges Fachorgan für die Versicherungspraxis und für den Versicherungsaußendienst Gesetz über die Zahnheilkunde Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Konkursrecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft

Spezialschrifttum SPEZIAlSCHBDTrüM ZUM RECHT DEE PRIVATEN KRANKENVERSICHERUNG Die nachstehenden Werke werden ohne genauere Angaben zitiert. Schrifttum zu Spezialfragen findet sich vor den betreffenden Untergruppen. Apelbaum

Zu den Problemen der privaten Krankenv, ZVersWiss 1928 S. 260—270

Balzer

Die private Krankenv in Deutschland, Berlin 1932

Balzer ABC

ABC der privaten Krankenv, Berlin 1941

Β alzer- Aumüller

Tarife und Bedingungen der Privaten Krankenv 1968, 18. Folge, Karlsruhe 1968

Balzer-Jäger

Leitfaden der privaten Krankenv, Karlsruhe seit 1967

Biedermann

Die rechtlichen Grundlagen der privaten Krankenv VuG 1926 S. 169—170, 188—190

Breithaupt

Sammlung von Entscheidungen der Sozialv, Versorgung und Arbeitslosenv, Berlin o. J .

Bruck Ρ KV

Das Recht der privaten Krankenv Mannheim-Berlin-Leipzig 1934

Elsen

Die private Krankenv in Deutschland, Berlin 1933

Göbbels

Arzt und Private Krankenv, Berlin 1940

Guckenheimer

Die private Krankenv, VersArch 1932/1933 S. 763—799

Guckenheimer NoB Die Normativbedingungen der privaten Krankenv, JRPV 1933 S. 325—327, 345—347 Hagen Kranken γ

Krankenv auf neuer Rechtsgrundlage ZVersWiss 1938 S. 287—297

Hahnemann

Die deutsche Krankheitskostenv (private Krankenv), Leipzig 1930

Hertel

Rechtliche Besonderheiten des Vsschutzes in der Krankenv (ungedruckte Hamburger Diss.) 1955

Heyn

Die deutsche private Krankenv im Kriege, Berlin 1941

Höning

Grundzüge des privaten Krankenvsrechts (Frankfurter Diss.), Schramberg 1933

Klingmüller

Das Krankenvsvertragsrecht, 19. u. 20. Lieferung

Kopsch

Angleichung der drei Grundbedingungen für die Krankenv, VW 1954 S. 500—502

Möller Rechtsprobleme

Rechtsprobleme des Krankenvsvertrages im Lichte der neuen Grundbedingungen Sozialpolitik und private Krankenv, Schriftenreihe des Instituts für Vswissenschaft an der Universität Köln, Neue Folge Heft 7 S. 58

Möller Vsfall

Der gedehnte Vsfall in der privaten Krankenv, DVZ1951 S. 52—57

Narjes

Zur vsrechtlichen Begriffsbildung der Krankenv, JRPV 1932 S. 291—295

1

Bruck-Möller, W G , 8. Aufl. VI (Wriede)

Sonderdruck

aus

Balzer-Jäger,

Κ 1

Krankenvers. Α. Rechtsquellen

Gliederung Ohrt

Die allgemeinen Vsbedingungen der Privaten Krankenv, Kommentar zu den Grundbedingungen und den Tarifen mit Tarifbedingungen der Ρ KV sowie den Normativbedingungen, Karlsruhe 1961

Peters

Handbuch der Krankenv, 17. Aufl. Berlin seit 1950

Prölss Krankenv

Das kommende deutsche Krankenvsrecht ZHR Bd. 105 S.181—212

Reuter

Die private Krankenv (Kölner Diss.) Würzburg 1934

Rohrbeck

Zur gesetzlichen und privaten Krankenv Berlin 1941

Tauer-Linden

Private Krankenv, Wiesbaden 1965

Teichmann

Krankenv in „Kernfragen der Vsrechtsprechung" Berlin 1938 S. 83—93

Teichmann Gründl Die Grundlagen der deutschen Krankenv in „Die Praxis der Vswirtschaft" Heft 18 Thees

Die private Krankenv DJ 1938 S. 290—294

Trepte und Otte

Die private Krankenv in Festschrift „50 Jahre materielle Vsaufsicht". II, Berlin 1952, S. 129—159

Ullmann-Schäfer

Die Allgemeinen Vsbedingunegn in Balzer-Jäger Abschnitt D

Ullrich

Die gesetzliche Regelung der privaten Krankenv, Berlin 1938

Wissing-HeynSetzepfand

Die gesetzliche Regelung der privaten Krankenv, Berlin 1938

Zillesen

Die private Krankenv und ihre Beziehungen zum Arzt, München 1930 À. Rechtsquellen der Krankenversicherung

Gliederung: Schrifttum A 1 I. Rechtsquellen des Vsvertragsrechts im allgemeinen A 2 II. Spezielle Rechtsquellen des Rechts des Krankenvsvertrages A 3—35 1. Gesetzliche Rechtsquellen A 3—31 a) W G A 3—23 aa) Allgemeine Vorschriften A 3 bb) Allgemeine Vorschriften über das Recht der Schadensv A 4—23 aaa) § 49 W G A 5 bbb) § 50 W G A 6 ccc) §§ 51—52 W G A 7 ddd) § 53 W G A 8 eee) § 54 W G A 9 fff) § 55 W G A 10 ggg) §§ 56—57 W G A 11 hhh) § 58 W G A 12 iii) §§ 59—60 W G A 13 jjj) § 61 W G A 14 Κ 2

Wriede

kkk) §§ 62—63 W G A 15 111) § 64 W G A 16 mmm) § 65 W G A 17 nnn) § 66 W G A 18 ooo) § 67 W G A 19 ppp) § 68 W G A 20 qqq) § 6 8 a W G A 2 1 rrr) §§ 69—73 W G A 22 sss) §§ 74—80 W G A 23 b) § 10 II Gesetz betr. Aufhebung des Hilfskassengesetzes A 24 c) Vereinzelte bundesrechtliche Bestimmungen A 25—29 aa) VAG A 25 bb) VO vom 29. XI. 1940 A 26 cc) § 112 VglO A 27 dd) § 850 b I Ziff. 4 ZPO A 28 ee) § 850 e Ziff. 1 b ZPO A 29 ff) § 394 BGB A 30 gg) § 90 BSHG A 31 2. Gesetzentwürfe zur Regelung der PKV im Rahmen des W G A 32—35

Anm. [A 1—A 4]

I. Rechtsquellen allg. Schrifttum A 32 a) Entwurf 1938 A 33 b) Entwurf 1942 A 34 c) Weitere Entwicklung A 35 3. Vertragliche Rechtsquellen A 36—45 Schrifttum A 36 a) Vertragliche Rechtsquellen im allgemeinen A 37 b) „Normativbedingungen" A 38 c) „Grundbedingungen" A 39 d) „Musterbedingungen" A 40 e) Texte der AVB A 41—45 aa) Allgemeine Vsbedingungen der Krankenvs - Aktiengesellschaften

(Normativbedingungen) A 41 bb) „Grundbedingungen" A 42—44 aaa) Allgemeine Vsbedingungen für die Krankheitskostenv A 42 bbb) Allgemeine Vsbedingungen für die Krankenhauskosten- und Krankenhaustagegeldv A 43 ccc) Allgemeine Vsbedingungen für die Krankentagegeldv A 44 cc) Allgemeine Vsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldv, Teil I, Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenv(MB/KK) A 45

[A 1] Schrifttum: Balzer S. 105—108, Biedermann VuG 1926 S. 169—170, 188—190, Böhm VersR 1956 S. 737—739, Bruck P K V S. 3—6, Göbbels S. 97—112, Hagen VersPr 1933 S. 39, Hahnemann S. 29—36, Höning S. 28—45, Klingmüller S. 2—8, Reuter S. 7—12, Teichmann ZVersWiss 1935 S. 24—31. [Â 2] I. Rechtequellen dee Vereicherungsvertragerechts im allgemeinen. Vgl. Bd. 1 Einl. Anm. 1—110 S. 41—93 [A 3] Π. Spezielle Rechtequellen des Rechts des Krankenversicherungevertrages. 1. Gesetzliche Rechtequellen, sa) Allgemeine Vorschriften.

a) W G

Außer den in Bd. 1 Einl. Anm. 3—15, S. 43—49 genannten allgemeinen Rechtsquellen bestehen für das Recht des Krankenvsvertrages keine spezialgesetzlichen Rechtsquellen. Vor allem enthält das W G keine Sonderregelung für dieses Rechtsgebiet, da zur Zeit der Schaffung des Gesetzes die P K V keine wesentliche Rolle gespielt hat und im übrigen für die bereits bestehenden Einrichtungen dieser Art landes- und reichsgesetzliche Bestimmungen, insbesondere das Hilfskassengesetz vom 7. IV. 1876 i.d.F. des Gesetzes vom 1. VI. 1884 (RGBl 1876 S. 125 bzw. 1884 S. 54) bestanden. Gleichwohl sind die allgemeinen Vorschriften des W G (§§ 1—48) auf den Krankenvsvertrag anzuwenden. Dabei ist jedoch zu beachten, daß bei Verträgen mit sog. kleineren W a G (§ 53 VAG) in den AVB mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde von den zugunsten der Vmer zwingenden Vorschriften der §§ 38, 39 und 42 W G abgewichen werden kann (§ 189 I Nr. 1 W G ) . [A 4] bb) Allgemeine Vorschriften Uber das Recht der Schadensversicherang. Darüber hinaus sind nach jetzt herrschend gewordener Ansicht auch die allgemeinen Vorschriften über das Rechts der Schadensv (§§ 49—80) grundsätzlich auf den Krankenvsvertrag anwendbar, soweit dieser Vsschutz nach den Grundsätzen der Schadensv gewährt (BGH 24. I X . 1969 BGHZ Bd. 52 S. 350 = VersR 1969 S. 1036, 15. II. 1968 VersR 1968 S. 361 — betr. Heilkostenersatz in der Unfallv —, OLG Düsseldorf 22. V. 1935 VA 1935 S. 229 Nr. 2802 = HansRGZ 1935 A Sp. 556, OLG Hamburg 19. I X . 1968 VersR 1968 S. 1077, OLG Hamm 14. VI. 1968 VersR 1969 S. 508, ferner Bd. 1 Anm. 26 zu § 1, S. 104," Prölss-Martin18 Anm. 1 zu § 1 NoB S. 922, Anm. 2 zu § 11 NoB S. 934, Ehrenzweig S. 450—451, v. Gierke II S. 362—363, Gerhard-Hagen Anm. 8, 13 zu § 1, S. 11—13, Biedermann VuG 1926 S. 169, 189, Hahnemann S. 34—36, Balzer S. 105—108, Wengenroth, Risiko und Prämienpolitik in der PKV, Berlin 1933, S. 9, ders. NeumannsZ 1931 S. 249, Höning S. 28—41, Teichmann ZVersWiss 1935 S. 21—34, l»

Wriede

Κ 3

Krankenvers. Α. Rechtsquellen

Anm. [A4—A7]

Böhm VersR 1956 S. 737—739, RAA v. 23. IX. 1932 (zit. von Teichmann a. a. 0. S. 24), a. A. Bruck PKV S. 4, Guckenheimer VersArch 1932/33 S. 766, Hagen VersPrax 1933 S. 38—39, RG 12. III. 1936 J W 1936 S. 2793, OLG Braunschweig 5. V. 1955 VersR 1956 S. 593, RAA VA 1928 S. 130—131, VA 1929 S. 118). Die in § 1 I W G vorgenommene Gegenüberstellung von Schadens- und Personenv ist in dieser Form verfehlt (Bd. 1 Anm. 23 zu §1, S. 103, Bd 2 Anm. 3 vor §§ 49—80 S. 4): Schadensv und Summenv sind konträre Begriffe im Zusammenhang mit der Form der Bedarfsdeckung. Bei Vsverträgen der ersten Art wird nur der entstandene konkrete Bedarf gedeckt. Bei Verträgen nach dem System der Summenv werden die summenmäßig festgelegten Leistungen ohne Rücksicht darauf gewährt, ob und in welcher Höhe ein Bedarf eingetreten ist. Der Begriff Personenv hat nichts mit der Form der Bedarfsdeckung zu tun, sondern stellt auf die Besonderheiten des vten· Risikos ab; er weist darauf hin, daß das vte Wagnis unmittelbar mit dem Leben oder der körperlichen Integrität einer natürlichen Person im Zusammenhang steht, was zB. bei den Zweigen der Sachv und bei der Haftpflichtv nicht der Fall ist. In letzterem Sinne ist die Ρ KV P e r s o n e n v . Soweit sie Leistungen nach dem Prinzip der konkreten Bedarfsdeckung gewährt, d. h. vor allem im Bereich der Krankheitskostenv ist sie auch S c h a d e n s v , nicht aber Summenv (ähnlich Guckenheimer VersArch 1932/33 S. 326, v. Gierke II S. 362—363, ebenso Böhm VersR 1956 S. 737). Insoweit sind daher auch die §§ 49—80 W G anwendbar mit Ausnahme derjenigen Vorschriften, die sich ausschließlich auf die Interessev (Genaueres hierzu Bd. 1 Anm. 28 zu § 1, S. 104, Bd. 2 Anm. 49—51 zu § 49, S. 66—67) beziehen. Die Krankheitskostenv ist keine Interessenv, sondern eine V gegen die Entstehung von Passivenbeziehungen (Bd. 2 Anm. 78 zu § 49, S. 89—90 ; Genaueres Abschnitt G). § 1 I I W G steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Vielmehr weist schon die amtliche Begründung zum W G (Ani. 1 S. 13 zur Drucksache Nr. 364 des Reichstages 12. Legislaturperiode) zu § 1 darauf hin, daß die Vertragsparteien auch in der Personenv die Gewährung des durch den Eintritt des Vsfalles verursachten Schadens vereinbaren können. Man wird nur umgekehrt aus § 11 2 W G in Verbindung mit den allgemeinen Vorschriften über die Schadensv entnehmen können, daß n u r in den Zweigen der Personenv summenmäßig festgelegte Leistungen versprochen werden dürfen (ebenso Möller J W 1938 S. 918, Bd. 2 Anm. 3 vor §§ 49—80, S. 4). Seit seiner Aufhebung durch Abschnitt II Ziff. 2 der VO v. 19. XII. 1939 (RGBl I S. 2443) hindert auch § 10 II des G betreffend Aufhebung des HilfskassenG vom 20. XII. 1911 (RGBl S. 985) — vgl. unten A 24 — diese Annahme nicht mehr. Danach war die Anwendbarkeit der §§ 49—80 W G auf Krankenvsverträge jedenfalls mit Gegenseitigkeitsvereinen ausgeschlossen. Das entsprach der früher vorherrschenden Meinung (z. B. Bruck PKV S. 4). Im einzelnen gilt danach folgendes: [A 5] aaa) § 49 YVG ist anwendbar (ebenso Höning S. 41—42, Teichmann ZVersWiss 1935 S. 26). Diese Norm ist jedoch abdingbar (z.B. Bd. 2 Anm. 5 zu § 49, S. 44, Prölss-Martin18 Anm. 2 zu § 49, S. 265) : Der Krankenver kann z. B. in der Weise zu leisten versprechen, daß er unmittelbar an den Heilbehandler zahlt und damit den Vmer von seinen aus Anlaß der Behandlung entstehenden Verpflichtungen ganz oder z. T. befreit, d. h. Naturalleistungen erbringt. [A 6] bbb) § 50 W G ist anwendbar, aber für die PKV ohne wesentliche Bedeutung. Zwar werden die bei ihr üblichen Leistungsbegrenzungen durch betragsmäßige Höchstsätze den Charakter von Vssummen haben (Bd. 2 Anm. 14 zu § 50, S. 177, Höning S. 42, dagegen Teichmann ZVerWiss 1935 S. 25). Sie sind aber weder Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Prämie noch können sie Ausgangspunkt für die Überlegung sein, ob eine Über- oder Unterv vorliegt (vgl. §§ 51, 56, 59). [A 7] ccc) §§ 51,52 W G sind für die Krankheitskostenv schon deswegen unanwendbar, -weil sie keinen Vswert kennt,auch der Umfang der möglichen Passiva nicht von vornherein begrenzt ist, Wriede

Anm. [A 8—A12]

II. Spez. Rqu. 1. Gesetzliche Rqu.

in welchem Falle ausnahmsweise von einem negativen Vswert gesprochen werden kann (Bd. 2 Anm. 15 zu j[52, S. 222—223). [A 8] ddd) § 58 W G ist für die Krankenv ohne praktische Bedeutung (ebenso Höning S. 43, Teichmann ZVersWiss 1935 S. 25). Der durch Erkrankungen entgehende Gewinn kann durch Abschluß von Krankentagegeldvsverträgen, d. h. in Form von Summenvsverträgen abgedeckt werden. [A 9] eee) § 64 W G bezieht sich nur auf die Interessev und kommt daher für die Krankheitskostenv nicht in Betracht. [A 10] ttf) § 55 W G gilt in erster Linie gleichfalls für die Interessev, enthält aber darüber hinaus einen allgemeinen Grundsatz des Rechts der Schadensv, daß nämlich der Ver, auch wenn nach dem Leistungsrahmen des Vertrages eine höhere Leistung möglich wäre, nicht mehr als den eingetretenen Schaden zu ersetzen hat (sog. vsrechtliches Bereicherungsverbot, vgl. hierzu Möller JW 1938 S. 916—920, Bd. 2 Anm. 45—50 vor §§ 49—80 S. 29—33). Dieser Grundsatz gilt daher auch für die Krankheitskostenv. Die AVB enthalten darüber hinaus entsprechende Bestimmungen (z. B. §§ 1 Ziff. 1 NoB, 4 (1) GrB, 1 (l)a MB KK). Im Hinblick auf § 1 I 2 W G war früher zweifelhaft, ob das auch ohne dahingehenden Vertragsinhalt anzunehmen war (vgl. Schmidt-Rost JRPV 1939 S. 258, Strauß JRPV 1933 S. 149—151 für die Heilkostenvsleistungen der Unfallv). Diese Bedenken dürften j etzt überwunden sein. [ A l l ] ggg) §§ 56,57 W G gelten nur für die Interessev und haben daher für die Krankheitskostenv keine Bedeutung. [A 12] hhh) § 58 W G enthält, obwohl in erster Linie für die Interessev geltend, einen auch für die Krankheitskostenv beachtlichen Grundsatz: Die Norm will zur Verwirklichung des die gesamte Schadensv beherrschenden Gedankens beitragen, daß der Vmer nicht mehr Leistungen erhalten soll, als der entstandene Schaden ausmacht. Zwar wird für § 58 W G nicht wie für § 59 W G vorausgesetzt, daß die Leistungen der mehreren Ver den möglichen oder eingetretenen Schaden übersteigen, jedoch ist die Kenntnis jedes der mehreren Ver vom Bestehen der anderen Verträge, die das gleiche Risiko mit umfassen, deswegen von Bedeutung, weil im einzelnen Vertrag der nicht gedeckte Teil — bei der Krankheitskostenv des befürchteten Passivums — vielleicht gerade deswegen vorgesehen worden ist, um das subjektive Risiko des Vertrages mit Hilfe einer Selbstbeteiligung des Vmers herabzumindern. Dieser Zweck würde vereitelt werden, wenn der Vmer den nicht gedeckten Teil anderweitig unter V bringen würde, ohne daß der Ver davon Kenntnis erlangt. Das könnte eine unzulässige Gefahrerhöhung bedeuten (darüber, ob Gefahrerhöhungen in der PKV beachtlich sind, vgl. Abschnitt F). Das subjektive Risiko ist in der Krankheitskostenv u. a. insofern von besonderer Bedeutung, als der Umfang der Inanspruchnahme von Heilbehandlungsmaßnahmen weitgehend von der persönlichen Einstellung und Veranlagung der betreffenden Gefahrsperson (Abschnitt H) abhängt. Daher ist die in § 58 W G vorgesehene Anzeigepflicht auch ohne dahingehende Vertragsbestimmungen (so §§ 6 (2) GrB KK u. KH, 6 (3) GrB KT, § 9 (4) u. (5) MB KK) gegeben (im Ergebnis ebenso Biedermann S. 189, Höning S. 43, Prölss-Martin18 Anm. 1 zu § 1 NoB S. 922, Ohrt S. 98—100, ferner Ehrenzweig S. 451, OLG Hamburg 3. XII. 1940 HansRGZ Β 1941 Sp. 20—24, a. A. RAA VA 1927 S. 130). Das Bedenken Teichmanns (S. 26—27), die Bedingung des § 58 W G , daß die Vssummen zusammenrechenbar sein müßten, mache die Anwendbarkeit dieser Norm zweifelhaft, kann nicht anerkannt werden. Anstelle der Mitteilung der Vssumme des anderen Vers muß der Vmer sinngemäß dessen Leistungstarif angeben. Genaueres zu den erwähnten Bestimmungen der AVB vgl. Abschnitt F. Wriede

Anm. [A 18—A 18]

Krankenvers. Α. Rechtsquellen

[A 13] iii) §§ 59,60 W G . Hier gilt entsprechendes. An der Frage ihrer Anwendbarkeit für die Krankheitskostenv hat sich vor allem der Streit darüber entwickelt, ob diese zur Schadens- oder Personenv zu rechnen ist (vgl. zB. Balzer S. 106—108, Hagen VersPrax 1933 S. 39). Die hier behandelte Situation, daß nämlich das gleiche Risiko bei mehreren Vern vt ist und die Summe der an sich zu zahlenden Entschädigungen den Betrag des Schadens übersteigt, kann auch außerhalb des Bereichs der Interessev gegebensein, so ζ. B. bei der Haftpfichtv, auf die diese Bestimmungen daher gleichfalls anzuwenden sind (ζ. B. PrölssMartin 19 Anm. 1 zu § 59 S. 298, Bruck S. 545, die Entscheidung des RG 6. XII. 1935 JRPV 1936 S. 40—43 = RGZ Bd. 149 S. 365—374 ist durch die Neufassung des § 59 W G überholt). Das gleiche gilt für die Krankheitskostenv, für die die Bestimmungen daher mit Ausnahme des § 60 II, der nur für die Interessev in Betracht kommt, maßgeblich sind (ebenso Prölss-Martin 18 Anm. 1 zu § 1 NoB S. 922, Höning S. 43—44, Biedermann S. 189, Strauß JRPV 1933 S. 149—150 für die Unfallv, Teichmann S. 27—28 gegen RAA VA 1927 S. 130, die eingehenden Ausführungen von Schmidt-Rost JRPV 1939 S. 258 bis 263 sind durch die Neufassung des § 59 I W G überholt). Auch wird § 60 I 2. Alternative (verhältnismäßige Herabsetzung der Vssumme und der Prämie des später geschlossenen Vertrages) für die Krankheitskostenv dahin ausgelegt werden müssen, daß der Vmer einen entsprechend niedrigeren Tarif wählen kann. Eine prozentuale Minderung von Leistung und Gegenleistung ist im bisher üblichen System der Krankheitskostenv unbekannt. Die AVB enthalten oft Sonderbestimmungen für den Fall der Doppel- oder Mehrfachv: vgl. z. B. §§ 6 (2) GrB, 9 (4) MB/KK (Genaueres hierzu vgl. Abschnitt F). [A 14] jjj) § 61 W G ist anwendbar (ebenso Biedermann S. 189, wohl auch Teichmann S. 30), jedoch sehen die gebräuchlichen AVB nur einen Leistungsausschluß bei vorsätzlicher Herbeiführung des Vsfalles vor (vgl. §§ 15 Ziff. 4 NoB, 4 (9) GrB, 5 (1) b MB/KK). [A 15] fckk) §§ 62, 63 W G sind auf die Krankheitskostenv anwendbar (ebenso Prölss-Martin 18 Anm. 1 zu § 1 NoB S. 922, Ehrenzweig S. 451). Das Einholen von Weisungen des Vers für die Abwendung und Minderung des Schadens (§ 62 I 1 2. Halbs.) ist jedoch nicht üblich und wäre auch kaum durchsetzbar, da das einerseits auf eine Beschränkung der freien Arztwahl (§§ 16 Ziff. 1 NoB, 4 (2) MB/KK) hinauslaufen könnte und zum andern der gewählte Arzt nicht dazu angehalten werden könnte, etwa nach ihm vorgeschriebenen Behandlungsmethoden zu verfahren. Die §§ 62, 63 W G haben daher im wesentlichen nur dann praktische Bedeutung, wenn die Heilbehandlung über das objektiv notwendige Maß hinaus in Anspruch genommen wird (Teichmann S. 25—26). Die AVB enthalten zumeist einschlägige Bestimmungen (z. B. §§ 16 Ziff. 3 NoB, 4 (8) GrB KK, 5 (3) MB/KK). Näheres hierzu s. Abschnitt G. [A 16] 111) § 64 W G . Ein Sachverständigenverfahren ist in der Krankheitskostenv ungebräuchlich, wenn auch ohne weiters denkbar, ζ. B. zur verbindlichen Feststellung der Fortdauer der Behandlungsbedürftigkeit. Eine dem Sachverständigenverfahren ähnliche Regelung ist in §5 (2) e GrB KT vorgesehen (Genaueres Abschnitt G). [A 17] mmm) § 65 W G ist anwendbar, aber ohne wesentliche Bedeutung für die Praxis. [A 18] nnn) § 66 I und Π W G sind anwendbar. Im Rahmen der Krankheitskostenv kann es sich dabei ζ. B. um Kosten handeln, die für die Einholung besonderer Auskünfte oder gutachterlicher Äußerungen der Heilbehandler entstehen. III betrifft nur die Interessev. Wriede

Anm. [A19—A 24]

II. Spez. Rqu. 1. Gesetzliche Rqu.

[A 19] ooo) § 67 W G ist anwendbar; daher sind entsprechende Bestimmungen der AVB — z. B. §§ 11 Ziff. 1 NoB, 6 (3) b GrB, 11 MB/KK — entbehrlich, soweit sie nicht darüber hinausgehende Bedeutung haben; Genaueres hierzu s. Abschnitt G. Die Anwendbarkeit des § 67 auf die Krankheitskostenv wird heute überwiegend bejaht (BGH 17. X. 1957 VersR 1957 S. 729—731, 24. IX. 1969 VersR 1969 S. 1036—1037, ÖOGH 20. V. 1960 VersR 1961 S. 432, OLG Stuttgart 23. III. 1954 VersR 1954 S. 185, 22. X. 1959 VersR 1960 S. 88, LG Frankfurt/M 9. IV. 1964 VersR 1964 S. 955 = NJW 1964 S. 1729, Bd.2 Anm. 20 zu § 67 S. 713, Möller, Rechtsprobleme S. 69—70, Böhm VersR 1956 S. 738 bis 739, R. Schmidt MDR 1957 S. 170, Prölss-Martin 18 Anm. 2 zu § 11 NoB S. 934, Anm. 9 zu § 67 S. 345, Strauß JRPV 1933 S. 150—151 — für die Heilkostenv der Unfallv —, Teichmann S. 30—31; a. M. RG 12. III. 1936 J W 1936 S. 2793, OLG Braunschweig 5. V. 1955 VersR 1956 S. 593, OLG Düsseldorf 11. IX. 1957 VersR 1958 S. 235, LG Freiburg 14. IV. 1959 MDR 1959 S. 929 — nur Leitsatz, Hofmann VersR 1958 S. 659 bis 660). — Zur Frage der Zuordnung der Verträge mit Tagegeldleistungen zur Kranheitskostenv und damit der Anwendbarkeit des § 67 auf solche Verträge vgl. Bd. 2 Anm. 20 bis 21 zu § 67 S. 713—714. [A 20] ppp) § 68 W G ist nicht unmittelbar anwendbar, da die Bestimmung sich auf die Interessev bezieht. Es ist indessen allgemein anerkannt, daß sie auf den Tatbestand des Nichtentstehens der vten Gefahr und ihres späteren Wegfalls analog anzuwenden ist (Prölss-Martin18 Anm. 1 zu § 68 S. 353). Die Vorschrift enthält mit anderen Worten eine besondere Ausgestaltung des Rechtsgedankens der §§ 306 und 323 BGB. Fälle dieser Art können auch im Rahmen einer Krankheitskostenv eintreten (ebenso Teichmann S. 31), z. B. wenn die Gefahrsperson, auf deren Erkrankung der Vertrag abstellt, vor oder nach Vertragsbeginn stirbt (vgl. §§ 2 (2) a GrB KK, 15 (2) MB/KK) oder nicht, wie erwartet, in den Kreis der als „Familien- oder Anschlußvte" in Betracht kommenden Personen eintritt oder daraus ausscheidet (Genaueres hierzu Anm. C 19) oder an der im Gruppenvsvertrag vorgesehenen Veranstaltung nicht teilnimmt. Dem ist der Fall des Eintritts der Krankenvspflicht nicht gleichzustellen, da auch der Pflichtvte nicht gehindert ist, statt der Leistungen des Sozialvers (oder daneben) den Privatver in Anspruch zu nehmen. Dieser trägt daher weiterhin die Gefahr; § 68 II ist hier nicht anzuwenden (Sasse VersR 1956 S. 72 gegen ÖOGH 9. II. 1955 VsRdschau 1955 S. 367). Für den Fall des Eintritts der Vspflicht enthalten die AVB auf entsprechende Anweisung der Aufsichtsbehörden (vgl. VA 1938 S. 91—92, 1948 S. 83) Sonderbestimmungen (vgl. §§ 6 Ziff. 1 II NoB, 2(2)b Ziff. 3 GrB KK, 13 (3) MB/KK. Genaueres hierzu Anm. D 39). [A 21] qqq) § 68 a W G ist anwendbar, soweit dort die hier als anwendbar bezeichneten Bestimmungen genannt sind. [A 22] rrr) §§ 69—78 W G sind unanwendbar, da sie sich nur auf die Interessev beziehen (ebenso Höning S. 45, Teichmann S. 26). [A 28] ess) §§ 74—80 W G sind auf die Krankheitskostenv anwendbar (z. B. bei Gruppenvverträgen, vgl. Anm. Β 10; ferner ζ. B. Millauer S. 89—90). Der Anwendbarkeit der §§ 77 und 80 II W G steht es nicht entgegen, daß dort von der „vten Sache" oder dem „vten Interesse" gesprochen wird. Diese Ausdrucksweise ist ersichtlich zu eng, da eine V für fremde Rechnung auch bei Vsverträgen möglich ist, die eine V gegen die Entstehung von Passiven zum Gegenstand haben. Für die sog. „Familienv" kommen die zit. Bestimmungen nicht in Betracht (ebenso Teichmann S. 26). Genaueres in Abschnitt H. [A 24] b) § 10 Π Gesetz betr. Aufhebung des Hilfekassengesetzes. Von einem gewissen weiterwirkenden Interesse für die Anwendbarkeit der Vorschriften des W G auf Krankenvsverträge ist — trotz der durch Abschnitt II Nr. 2 der VO Wriede

Krankenvers. Α. Rechtsquellen

Anm. [A 25]

zur Vereinheitlichung des Rechts der Vertragsv vom 19. XII. 1939 (RGBl I S. 2443) in der Fassung des Art. III Nr. 2 der VO vom 28. XII. 1942 (RGBl I S. 740) verfügten Aufhebung — die Bestimmung des § 10 II des Gesetzes betreffend die Aufhebung des Hilfskassengesetzes vom 20. XII. 1911 (RGBl S. 985). Sie lautet: Auf die Vsvereine auf Gegenseitigkeit, die zum Betrieb der V ihrer Mitglieder gegen Krankheit befugt sind, und auf diese Mitglieder finden von den Vorschriften des Gesetzes über den Vsvertrag nur die §§ 1 bis 22, 31 bis 48, 164, 188, 189, 194 Anwendung, auf Vereine, die ein Sterbegeld von mehr als 300 Mark gewähren, außerdem auch die §§ 159, 173 bis 178. Ergänzend dazu bestimmt I I I : Auf eine Vereinbarung, durch die von den Vorschriften des § 164 des Gesetzes über den Vsvertrag zum Nachteil des Vmers abgewichen wird, kann sich der Ver nicht berufen. Damit waren allerdings die Gegenseitigkeitsvereine, nicht aber die Aktiengesellschaften von der Anwendung einer Anzahl von Vorschriften des W G freigestellt, insbesondere von den Bestimmungen über die Gefahrstandspflicht. Diese unterschiedliche Regelung, die als nicht gerechtfertigt betrachtet wurde (Teichmann ZVersWiss 1935 S. 25), war der Hauptgrund für ihre Aufhebung (vgl. amtliche Begründung in Beilage zur DJ 1940 Nr. 3 S. 21). § 10 III des Gesetzes vom 20. XII. 1911 ist jedoch bestehen geblieben. Danach ist § 164 W G für die Ρ KV unabdingbar. Aber auch unabhängig hiervon ist dieser Hinweis auf eine spezielle Bestimmung aus dem Recht des Lebensvsvertrages von erheblichem Interesse für die Lösung der Frage, wann im Rahmen eines Krankenvsvertrages eine Gefahrerhöhung angenommen werden kann (vgl. Abschnitt F). [A 25] c) Vereinzelte bundesrechtliche Bestimmungen. aa) Das VAG enthält einzelne Normen, die als Rechtsquellen für bestehende Krvsverträge in Betracht kommen können. Dazu gehört in erster Linie § 79 i. V. m. §§ 77 ΠΙ 78 VAG hinsichtlich der Rechtslage bei Eröffnung des K o n k u r s e s ü b e r d a s V e r m ö g e n des V e r s , falls der betreffende Vertrag einem Geschäftsplan unterfällt, bei dem nach Art der Lebensv bestimmte Wahrscheinlichkeitstafeln zu Grunde gelegt werden (§12 VAG). Das muß seit demBeschluß des Sonderausschusses Vsaufsicht VA 1949 S. 6 jetzt allgemein angenommen werden (Prölss-Schmidt-Sasse Anm. 1 A zu § 12, S. 225, Fromm-Goldberg Anm. 2 zu §12 S.274 bis 278). Die zitierten Bestimmungen des VAG gehen den §§ 17, 25 KO und 13 I W G vor (§ 13 2 W G ) . Genaueres vgl. Anm. D 21. Den Konkursantrag kann abweichend von den Bestimmungen der §§ 103, 104, 208 KO nur die Aufsichtsbehörde stellen (§ 88 VAG). Ferner ist hier § 81 a 2 VAG zu nennen. Diese Bestimmung hat zwar keinen unmittelbaren Einfluß auf bestehende Verträge. Mit ihrer Hilfe kann jedoch die Aufsichtsbehörde unter den dort genannten Voraussetzungen durch Verwaltungsakt in bestehende Verträge eingreifen und sie inhaltlich ändern (Genaueres Bd. 1 Einl. Anm. 29 unter bb) S. 59—60, Prölss-Schmidt-Sasse Anm. 2—6 zu § 81 a S. 835, Fromm-Goldberg Anm. 3 zu § 81a S. 836—839). Gemäß § 89 I 2 VAG kann die Aufsichtsbehörde unter den dort genannten Voraussetzungen zeitweilige Zahlungsverbote verhängen, ohne daß dadurch die AVB oder der sonstige Vertragsinhalt im übrigen geändert werden (Genaueres Prölss-Schmidt-Sass Anm. 1—3 zu § 89 S. 860—864, Fromm-Goldberg Anm. 4 zu § 89 S. 868—871). Die Auflösung eines Vsvereins auf Gegenseitigkeit (§ 43 VAG) hat nach § 43 III VAG zur Folge, daß die Vsverhältnisse mit seinen Mitgliedern (nicht auch mit Nichtmitgliedern, falls Verträge gegen feste Prämie abgeschlossen wurden, § 21 II VAG) erlöschen. Genaueres Anm. D 22. Die gleiche Wirkung hat es, wenn die Aufsichtsbehörde einem W a G gemäß § 87 VAG den Geschäftsbetrieb untersagt (§ 87 III VAG). Gemäß § 14 VAG wirkt eine von den beteiligten Aufsichtsbehörden genehmigte Bestandsübertragung außer als gesetzlicher Forderungsübergang auch — und zwar ohne Zustimmung der betroffenen Vmer — als privative Schuldübernahme, so daß der übertragende (alte) Ver gegenüber dem Vmer nicht mehr forderungsberechtigt ist, ihm aber auch nichts mehr schuldet. Wriede

II. Spez. Rqu. 1. Gesetzliche Rqu.

Anm. [A 26—A 28]

[A 26] bb) Gemäß TO vom 29. XI. 1940 (BGBl I S. 1543) hat das BAA das Recht, im Verordnungswege die Anpassung bestehender Vsverträge, insbesondere der ihnen zugrunde liegenden AVB an geänderte gesetzliche Bestimmungen und an neue (geänderte) AVB zu verfügen (vgl. Weber in „50 Jahre materielle Vsaufsicht" S. 56—61, Fromm J R P V 1942 S. 126, Möller VersPraxis 1952 S. 8, Thees WallmannsZ 1940 S. 271—272, OLG Hamm 16. V. 1947, MDR 1947 S. 262—265). In bezug auf die PKV ist bisher eine solche Anordnung nicht ergangen. [A 27] cc) Gemäß § 112 VglO kann über der Vsaufsicht unterliegende Vsunternehmungen kein Vergleichsverfahren eröffnet werden. Das hat seinen Grund darin, daß die Aufsichtsbehörde nach den Vorschriften des § 89 VAG Sanierungsmaßnahmen ergreifen kann, wenn das zur Abwendung eines Konkurses zum Besten der Vten geboten erscheint. Das wird in der PKV regelmäßig angenommen werden können, da es sich zumeist um langfristig laufende Verträge handelt und in ihrem Verlauf eine natürliche Verschlechterung des Risikos einzutreten pflegt, so daß für die betreffenden Gefahrspersonen anderweitig kein Vsschutz oder dieser nur zu ungünstigeren Bedingungen erreicht werden könnte (Prölss-SchmidtSasse Anm. 1 zu § 89 S. 860—861, Fromm-Goldberg Anm. 1 zu § 89 S. 865). Unter diesen Umständen würde ein Vergleichsverfahren nur störend wirken (ζ. B. Bley VglO2 Anm. 1 zu § 112 S. 1021). Diesen Erwägungen entspricht es, daß nur die Aufsichtsbehörde die Konkurseröffnung beantragen kann (§ 88 I 2 VAG). [A 28] dd) § 850b I Ziff. 4 ZPO gewährt dem Vmer der PKV bedingten (vgl. II )Pfändungsschutz, soweit die Leistungen ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden. Nach h. M. fallen unter diese Bestimmung nicht nur Ansprüche gegen die Träger der G KV, sondern auch gegen die Ver der PKV (LG Dortmund 22. IX. 1936 J W 1936 S. 3204, LG Lübeck 20. VIII. 1937 J W 1937 S. 2611—2612, Bd. 1 Anm. 26 zu § 15 S. 307—309, Möller VW 1953 S. 433, Prölss-Martin 18 Anm. 2 A zu § 15 S. 141, Surminski ZfV 1964 S. 72), und zwar ohne Unterschied, in welcher Unternehmensform diese betrieben wird (Bd. 1 a.a.O.). § 850b I Ziff. 4 ZPO entzieht die Leistungen aus den dort genannten Kassen mit Rücksicht auf ihren sozialpolitischen Zweck der Pfändung: dem Empfänger soll für die mit Krankheits- oder Todesfällen verbundenen Aufwendungen auch tatsächlich Hilfe zuteil werden. Der Charakter der Unterstützung, auf den das Gesetz abstellt, wird nicht davon berührt, ob der Anspruch sich gegen einen Träger der GKV oder einen Ver der PKV richtet (OLG Braunschweig 13. V. 1910 OLG Rspr. Bd. 21 S. 91—92, LG Hamburg 13. VII. 1971 VersR 1971 S. 926, Bruck S. 751, ders. P K V S. 76, Richter J R P V 1936 S. 50—51). Als zu Unterstützungszwecken gewährt sind zunächst die Leistungen anzusehen, die zur Deckung eigener Aufwendungen des Empfängers aus Anlaß einer von ihm zu bezahlenden Heilbehandlung bestimmt sind und sich daher nach der Höhe dieser Aufwendungen richten (LG Lübeck a.a.O., AG Starnberg 21. III. 1956 VersR 1956 S. 612), mit anderen Worten die Leistungen aus der Krankheitskostenv (ebenso Bd. 1 Anm. 26 zu § 15 unter aa) a. E. S. 308)). Soweit es sich um Leistungen nach dem System der abstrakten Bedarfsdeckung handelt, ist im Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit sie Unterstützungscharakter haben. Das wird für summenmäßig bestimmte Wochenhilfeleistungen regelmäßig angenommen werden können. Bei Krankenhaustagegeld- und Krankentagegeldleistungen wird der Unterstützungszweck gleichfalls in der Regel gegeben sein, nämlich dann, wenn sie zum Ausgleich tatsächlich entstandener Aufwendungen bei Krankenhausbehandlung oder des Verdienstausfalls bei Arbeitsunfähigkeit bestimmt sind (OLG Braunschweig a.a.O., OLG Darmstadt 24. X. 1933 — zit. bei Richter a.a.O., Prölss-Martin a.a.O., AG Eckernförde 24. VII. 1954 ZfV 1955 S. 107 — mit im übrigen bedenklicher Begründung). Bei alledem kommt es nicht darauf an, daß die Leistungen vollen Umfangs Unterstützungscharakter haben, es genügt nach dem Wortlaut des § 850 b I Ziff. 4 ZPO, daß dies zu einem wesentlichen Teil der Fall ist. Es ist jedoch weiter Voraussetzung, daß die Verwendung der Leistung für den bestimmten Unterstützungszweck gewährleistet ist und nicht zur Vermögensmehrung führt, da dann der Schutzgedanke der Norm nicht mehr zutrifft. Wriede

Anm. [A 29]

Krankenvers. Α. Rechtsquellen

Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Vmer von mehreren „Kassen" aus dem gleichen Anlaß Leistungen erhält (vgl. OLG München 6. VI. 1952 NJW 1953 S. 108 = VersR 1952 S. 255, aM. Hagen II S. 491, Bruck PKV S. 76). Liegt dem Anspruch auf Heilkostenersatz die Heilbehandlung einer in den Vertrag eingeschlossenen Gefahrsperson (sog. Familien-, Anschluß- oder Mitvter, Genaueres Abschnitt H) zugrunde, so steht er dem Zugriff der Gläubiger des Vmers (im Rahmen des § 850 b I Ziff. 4, II ZPO) nur dann frei, wenn der Vmer die Aufwendungen selbst — als Schuldner des Heilbehandlers oder (ζ. B. aufgrund seiner Unterhaltspflicht) der betreffenden Gefahrsperson — zu tragen hat. Solange die Gefahrsperson das Entgelt für die Heilbehandlung schuldet, ist den Gläubigern des Vmers der Zugriff auf die Vsleistung schlechthin versagt und kann darüber hinaus die Gefahrsperson vom Vmer die Übertragung des Leistungsanspruchs gegen den Ver auf sich fordern. Das folgt aus der Zweckbindung dieser Leistung zum Ausgleich der Aufwendungen der Gefahrsperson. Eine rechtsgeschäftliche Abtretung oder eine Pfändung und Überweisung ist nur im Rahmen dieser Zweckbindung möglich (§§ 3991 BGB 8511 ZPO, Baumbach-Lauterbach» 0 Anm. 2 Β zu § 851 S. 1536. Genaueres: Sieg VersR 1956 S. 743—745, vgl. auch OLG Düsseldorf 21. V. 1928 JRPV 1928 S. 191—192). Das gleiche gilt — von Sieg a.a.O. offengelassen — für summenmäßig begrenzte Leistungen, soweit sie (vgl. oben) mindestens zu einem wesentlichen Teil als zum Ausgleich von Aufwendungen oder sonstigen Einbußen der vom Vertrage vorausgesetzten Art bestimmt anzusehen sind und dieser Zweck auch gewährleistet erscheint. Soweit das nicht der Fall ist, genießen sie keinen Pfändungsschutz. Soweit nach alledem unpfändbare Ansprüche gepfändet werden, hat der Ver (als Drittschuldner) aufgrund seiner sich aus Treu und Glauben ergebenden ergänzenden Leistungspflicht gegen die Pfändung mit den gebotenen Rechtsbehelfen im Interesse seines Vmers vorzugehen ; andernfalls macht er sich dem Vmer ersatzpflichtig (Genaueres s. Abschnitt G). Andere Ansprüche des Vmers gegen den Ver, die keinen Unterstützungscharakter haben, ζ. B. auf Beitragsrückgewähr, Rückerstattung zuviel gezahlter Prämien, genießen keinen Pfändungsschutz (AG Starnberg 21. III. 1956 VersR 1956 S. 612). Leistungen aus Krankenvsverträgen fallen daneben nicht auch noch unter § 850 I l l b ZPO, wie von einigen angenommen wird (Bd. 1 Anm. 22 zu § 15, S. 305; Stöber, Forderungspfändung, Bielefeld 1965, S. 235; Surminski ZfV 1964 S. 72). Nach dem ausdrücklichen Wortlaut muß es sich vielmehr um Verträge mit Versorgungscharakter handeln (so zutreffend Wieczorek Anm. D I I a zu § 850, S. 760; Thomas-Putzo Anm. 2 zu § 850, S. 956). Es wäre auch widersinnig, dieselben Leistungen einmal unter § 850b I Ziff. 4 als bedingt pfändbar und zum andern unter § 850 I l l b ZPO als zum Arbeitseinkommen gehörig erfassen zu wollen und sie damit im Rahmen der für dieses geltenden Vorschriften für ζ. T. unpfändbar zu behandeln. Soweit nach den vorstehenden Ausführungen Ansprüche des Vmers nicht der Pfändung unterfallen, gehören sie im F a l l e e i n e s K o n k u r s e s des V m e r s nicht zur Konkursmasse (§ 1 KO) und unterstehen daher nicht dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Konkursverwalters (§ 6 KO), sondern verbleiben dem Gemeinschuldner/ Vmer. Über die sich daraus ergebenden Konsequenzen vgl. Surminski VersR 1971 S.1109. [A 29] ee) § 850 e Zi», l b ZPO. Nach dieser Vorschrift sind bei der Berechnung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens u. a. auch die auf den Auszahlungszeitraum entfallenden Beträge abzuziehen, die der Schuldner an ein Unternehmen der PKV leistet, soweit sie den Rahmen des üblichen nicht übersteigen. Insoweit wird der Schuldner, der Vmer eines Krankenvsvertrages ist, dem Schuldner gleichgestellt, der aufgrund bestehender Vspflicht oder einer Weiterv Beiträge an einen Träger der sozialen Krankenv abführt. Zweifelhaft können dabei Art und Umfang der danach zu berücksichtigenden Prämienleistungen sein. Das Gesetz verweist auf den Rahmen des üblichen. Nach Stein-Jonas 17 (Anm. II 3 b zu § 850 e S. 3) sollen hierfür die unter gleichen Verhältnissen erwachsenden Sätze der GKV einen Anhalt geben. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Vorschriften über Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen belassen den Schuldnern mit Κ 10

Wriede

II. Spez. Rqu. 1. Gesetzliche Rqu.

Anm. [A 30, A 81]

höheren Einkommen auch einen höheren pfändungsfreien Betrag als solchen mit niedrigeren Verdiensten (vgl. die Tabelle zu § 850c ZPO). Sie respektieren damit, daß ein höher besoldeter Schuldner höhere Aufwendungen für seine Lebensführung hat als einer mit geringeren Einkünften. Dieser Gedanke muß auch im Rahmen des § 850 e Ziff. l b ZPO herangezogen werden, zumal auch die Beiträge zur GKV nach der Höhe des Lohns gestaffelt sind. Ein besser verdienender Schuldner wird in aller Regel einen teureren Krankenvsschutz als einer mit geringerem Einkommen nehmen. Man wird daher im allgemeinen davon ausgehen können, daß er den Vsschutz so gewählt hat, daß die Höhe der Prämien seinen wirtschaftlichen Verhältnissen entspricht. Danach ist „der Rahmen des Üblichen" zu bestimmen. Nur soweit diese Grenze überschritten wird, können die zu entrichtenden Prämien bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrages nicht berücksichtigt werden. — Zu den Prämien sind nicht Säumniszuschläge, Mahnkosten u. dgl. zu rechnen, d. h. Gebühren, die aufgrund eines besonderen Tatbestandes entstehen. [A 30] ff) Gemäß § 394 S. 1 BGB ist die Aufrechnung gegen eine Forderung ausgeschlossen, soweit sie der Pfändung nicht unterliegt. Das trifft für die in A 29 behandelten Forderungen in dem dort erörterten Umfange zu. Dieser Grundsatz erleidet jedoch gemäß § 394 S. 2 BGB zugunsten des Vers eine bedeutsame Ausnahme: er kann gegenüber diesen Ansprüchen mit Prämienforderungen aufgrund desselben, nicht aber eines gleichzeitig bestehenden anderen Vertrages (GB BAV 1961, S. 41) aufrechnen. Das Gesetz spricht zwar von Kranken-, Hilfsund Sterbe„kassen" und von den bei ihnen zu beziehenden „Hebungen" und mag damit in erster Linie die gesetzlichen Krankenkassen im Auge gehabt haben, zumal es private Krankenver von der Größe und Bedeutung wie heute z. Zt. des Inkrafttretens des BGB noch nicht gegeben hat. Im gleichen Sinne aber, wie zu § 850 b I Ziff. 4 ZPO nach h. M. (vgl. oben Anm. A 28) angenommen wird, daß die Ver der PKV zu den Krankenkassen" zu rechnen sind, muß das hier gelten. Beide Vorschriften stehen in engem Zusammenhang: sie erstreben in erster Linie den Schutz des forderungsberechtigten Schuldners; er soll, soweit nicht § 850b II ZPO eingreift, in den Genuß der zweckgebundenen Leistung kommen. In beiden Normen werden auch sprachlich die Träger dieser Leistung in gleicher Weise benannt. Hier wie dort ist der Rechtsgedanke der Norm nicht davon abhängig, daß es sich um eine gesetzliche oder private Kranken„kasse" handelt (ebenso Gerhard-Hagen Anm. 7 zu § 15 S. 82, Prölss-Martin18 Anm. 2 A zu § 15 S. 141). [A 31] gg) § 90 BSHG. Nach dieser Bestimmung, die an die Stelle des durch § 153 (2) Ziff. 2 BSHG aufgehobenen § 21a FürsPfl. VO vom 13. II. 1924 getreten ist, können Ansprüche gegen den Ver auf den Träger der Sozialhilfe übergehen, soweit dieser einem Hilfeempfänger für einen Zeitraum Hilfe gewährt, für den der Letztere Ansprüche gegen einen anderen — hier gegen den Ver — hat. Dieser Übergang wird gemäß II durch schriftliche Anzeige des Trägers bewirkt, die als Verwaltungsakt vom Hilfeempfänger/Vmer angefochten werden kann. Dem Ver bleibt im Falle des Zugangs einer solchen Anzeige bei ihm, wenn nach seiner Ansicht Ansprüche des Vmers nicht bestehen, nur die Möglichkeit, entweder negative Feststellungsklage vor dem ordentlichen Gericht gegen den Träger der Sozialhilfe dahin zu erheben, daß diesem kein Anspruch der geltend gemachten Art zustehe oder dessen Klage abzuwarten. Ein eigenes Anfechtungsrecht steht ihm nicht zu (BVG 23. X I . 1960 DÖV 1961 S. 390 — für das frühere Recht —, östreicher, Kommentar zum BSHG, München u. Berlin, Stand 15. V I I I . 1970 Anm. 17 zu §90 S. 11). Die Hilfeleistung des Sozialhilfeträgers muß, soll der Übergang wirksam sein, dem Anspruch des Vmers gegen den Ver nicht nur zeitlich, sondern auch sachlich entsprechen, d. h. beide müssen kongruent sein. Das folgt mittelbar aus § 90 I 3 BSHG, wonach der Übergang des Anspruchs nur insoweit geltend gemacht werden darf, als die Hilfe bei rechtzeitiger Leistung des anderen — hier des Vers — nicht gewährt worden wäre. Dem Übergang stehen etwaige Pfändungs- oder Abtretungsbeschränkungen nicht entgegen (Richter J R P V 1936 S. 51, Gottschick-Giese, Das Bundessozialhilfegesetz 4. Aufl., Köln-BerlinBonn-München 1970 Anm. 10 zu § 90 S. 429—430). — Zum früheren Recht vgl. ferner Wriede

Κ 11

Krankenvers. A. Rechtsquellen

Anni. [A 82—A 88]

RAA YA 1929 S. I l l , BAA VA 1953 S. 101, OLG^Düsseldorf 21. V. 1928 JRPV 1928 S. 191—192. [A 82] 2. Gesetzentwürfe zur Regelung der FEY im Rahmen des WG. Schrifttum: Hagen ZVersWiss 1938 S. 287—297, Prölss ZHR1938 Bd. 105 S. 181—212, Teichmann ZVersWiss 1935 S. 21—34, ders., Der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der PKV, Berlin 1938, Ullrich, Die gesetzliche Regelung der privaten Krankenv, Berlin 1938, Wiedemann AkadZ 1943 S. 25—26, Wissing-Heyn-Setzepfand, Gesetzliche Regelung der PKV, Berlin 1938, Wriede DVZ 1938 S. 222—223, ders. JRPV 1938 S. 372—375. [A 33] a) Entwurf 1938. In der Zeit von 1934 bis 1942 bestanden Bestrebungen, eine besondere gesetzliche Regelung für die PKV im Rahmen des W G zu schaffen. Sie haben zunächst zu einem vom Vsausschuß der Akademie für Deutsches Recht ausgearbeiteten Entwurf geführt, der jedoch nicht veröffentliccht worden ist (vgl. Hinweis in AkadZ 1938 S. 167—168). Der Text ist abgedruckt bei Wissing-Heyn-Setzepfand a.a.O. Der Entwurf sah eine Einordnung seiner Bestimmungen zwischen dem 3. und 4. Abschnitt des W G vor und gab der PKV damit den Charakter eines Vszweiges der Personenv. Eine Anzahl schadensund personenrechtlicher Bestimmungen des W G wurde darin z. T. wörtlich wiederholt. Ferner schlug der Entwurf vor, die §§ 179, 180 durch 6 neue Bestimmungen zu ersetzen und damit an die Neuregelung der PKV anzugleichen. Er hat, insbesondere von Prölss a. a. O., lebhafte Kritik erfahren. [A 34] b) Entwurf 1942. Nach weiteren langwierigen Beratungen wurde schließlich vom gleichen Gremium im Jahre 1942 ein weiterer Entwurf vorgelegt, der eine Ergänzung des W G hinter dem 4. Abschnitt vorsah. Er ist nicht offiziell veröffentlicht und auch vom Reichsjustizministerium nicht weiter bearbeitet worden. Sein Inhalt ist wiedergegeben bei Möller in Balzer-Schneider S. 332—335 und bei Wiedemann a. a. O. Auch dieser Entwurf wollte die PKV in den Kreis der Vszweige der Personenv einreihen. Er trägt dem Charakter der Krankheitskostenv durch Verweisungen auf eine Anzahl Normen des Rechts der Schadensv Rechnung und zeichnet sich gegenüber dem Entwurf 1938 vor allem durch die Prägnanz seiner Ausdrucksweise aus. [A 35] c) Weitere Entwicklung. Nach dem 2. Weltkriege sind Bestrebungen zur gesetzlichen Regelung der PKV bisher noch nicht wieder aufgenommen. [A 36] 3. Vertragliche Rechtsquellen. Schrifttum: Zu den N o B : Bruck PKV S. 4—6, Ehrenzweig S. 450—452, Guckenheimer JRPV 1933 S. 325—327, Hagen VersPr 1933 S. 38—39, 56—58, Anonym JRPV 1933, S. 346— 347; zu d e n G r B : Geithe VW 1958 S. 62, Kopsch VW 1951 S. 14—15, VW 1952 5. 242—243, VW 1954 S. 500—502, Möller Rechtsprobleme S. 62—73, ders. DVZ 1951 S. 52—57, Ohrt, Die AVB der privaten Krankenv, Karlsruhe 1961 (Nachdruck aus Balzer-Schneider S. 55—213/58),rSchulz ZfV 1959 S. 622 u. 655; zu d e n MB/KK: Aumüller ZfV 1967 S. 50—52, 84—85, VW 1966 S. 1167—1169, Krampe VA 1966 S. 266—268, Ohrt ZfV 1966 S. 1046—1052, Schulz ZfV 1966 S. 515—523, 611—672, 717—726, 1967 S. 53—56, 110—112, 147—149, VW 1966 S. 947—951, Schuster VersPr 1967 S. 39—40 Ullmann-Schäfer S. 8—131, VerB 1966 S. 66. [A 37] a) Vertraglich Rechtsquellen im allgemeinen, vgl. Bd. 1 Einl. Anm. 16—34 S. 49—63. [A 38] b) „Normativbedingungen" Die Vertragsbedingungen der PKV waren in der Zeit nach dem ersten Weltkriege, als die PKV ihre stürmische Aufwärtsentwicklung begann, zunächst noch sehr uneinK 12

Wriede

Anm. [A 39, A 40]

II. Spez. Rqu. 3. Vertragliche Rqu.

heitlich. Den alsbald einsetzenden Bestrebungen der Fachverbände nach einer Vereinheitlichung des Vertragswerkes, die auch im Hinblick auf die fehlenden speziellen gesetzlichen Normen geboten erschien, gelang es nach langwierigen Bemühungen (vgl. VA 1928 S. 89, 1929 S. 77, 1930 S. 83, 1931 S. 71) Anfang der 30er Jahre, Musterbedingungen auszuarbeiten, die das RAA alsbald als Normativbedingungen (vgl. hierzu Bd. 1 Einl. Anm. 20 S. 51) veröffentlicht hat (VA 1932 S. 151—156 — Fassung für W a G — und VA 1933 S. 218—223 — Fassung für AG — ; nur diese (NoB) sind nachstehend in A 41 abgedruckt worden). Aber auch diese AVB haben keinen ungeteilten Beifall gefunden und sind oft nur in Teilen in die Vertragswerke der einzelnen Ver übernommen oder später wieder abgeändert worden. Im Hinblick auf die danach immerhin festzustellende mindestens teilweise Verbreitung sind sie hier wiedergegeben worden und liegen neben den GrB und den M B / K K diesem Buche zugrunde. [A 39] c) „Grundbedingungen" Seit 1948 hat der Verband der privaten Krankenv e.V. den Plan zur Schaffung einheitlicher AVB wieder aufgegriffen (vgl. Donay VW 1948 S. 299, ZfV 2. Dezemberheft 1950 S. 7, VerbB 1949 S. 40—47). E r hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, daß im Interesse der Erhaltung der Individualität der Tarifgestaltung der einzelnen Ver nur die davon unabhängigen grundlegenden Vertragsbestimmungen vereinheitlicht werden sollten, die für alle Ver gelten könnten. Die in diesem Sinne ausgearbeiteten Bedingungen, die sog. Grundbedingungen (GrB) sind vom BAA als Normativbedingungen veröffentlicht worden, und zwar nach einigen Änderungen zuletzt in VA 1955 S. 2 für die Krankheitskostenv (GrB), VA 1955 S. 4 für die Krankenhauskosten- und Krankenhaustagegeldv (GrB KH) und VA 1955 S. 7 für die Krankentagegeldv (GrB KT). Die GrB sind von einer großen Zahl von Vern eingeführt oder doch über längere Zeit verwendet worden. Die auf die Höhe der Prämien, den Umfang der Leistungen des Vers, auf die Wartezeiten sowie auf die Gewährung der Leistungen im einzelnen bezüglichen Vertragsbestimmungen — auch diese sind privat- und öffentlich-rechtlich AVB (Bd. 1 Einl. Anm. 17 S. 49—50) — sind in den sogenannten Tarifen (das ist die meist tabellarische Aufstellung von Leistungen und Gegenleistungen) und Tarifbedingungen enthalten (Muster vgl. VerbB 1949 S. 85—88). Sie ergeben die individuelle Ausgestaltung des Vertrages mit dem einzelnen Ver. Die Wiedergabe einer Anzahl Bestimmungen des W G und des B G B im „Anhang" zu den GrB hat keine konstitutive Bedeutung etwa in dem Sinne, daß nur die abgedruckten Bestimmungen dieser Gesetze auf den Vertrag anwendbar sein sollen. Sie haben vielmehr nur erläuternden Charakter (ebenso LG Aachen 23. X 1959/VersR 1960 S. 146, Schulz ZfV 1962 S. 170). [A 40] d) „Musterbedingungen" Nachdem zwar die GrB bei einer großen Zahl von Unternehmen der Ρ KV eingeführt worden waren, andere, insbesondere größere Ver sich dazu jedoch nicht entschließen konnten, wurde 1964 im Verband der privaten Krankenversicherung die Arbeit zur Schaffung einheitlicher Bedingungen wieder aufgenommen. Sie wurde im Juni 1966 abgeschlossen. Die dort ausgearbeiteten AVB (MB/KK) wurden nach gewissen textlichen Änderungen (vgl. hierzu Schulz ZfV 1967 S. 54—56) vom BAA in VA 1966 S. 247—250 veröffentlicht. Das BAA hat dabei darauf hingewiesen, daß es sie für geeignet hält, „allgemein als Teil I der AVB verwendet zu werden". Die Unternehmungen sollen bei Vorlage neuer Geschäftspläne gehalten sein, diese Bedingungen zu verwenden. Es würde begrüßt werden, wenn sie auch für die bereits bestehenden Verträge übernommen werden könnten. Das BAA hat sich damit die von seiten der Vswirtschaft und amtlicher Stellen geäußerten Wünsche nach Schaffung möglichst vergleichbarer AVB für alle Krankenver zu eigen gemacht. Die MB/KK enthalten Bestimmungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldv. Sie folgen dem schon von den GrB verfolgten Prinzip, die allgemeinen für alle Verträge maßgeblichen Bedingungen zusammenzufassen, während die individuelle Ausgestaltung, insbesondere das Tarifwerk einem 2. vom Wriede

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Anm. [A 4i J

Ver zu schaffenden Teil vorbehalten bleibt. Die MB/KK beinhalten gegenüber den GrB eine Reihe wesentlicher materieller Verbesserungen des Vsschutzes: Dem Ver steht kein ordentliches Kündigungsrecht mehr zu ( vgl.hierzu D 42 ) ,die Leistungspflicht bei wiederauftretenden Wartezeiterkrankungen ist verbessert und die Leistungsausschüsse sind vermindert worden. Ferner besteht außer freier Arzt- auch freie Wahl unter den Krankenhäusern. Endlich ist der Vsschutz auf ganz Europa erstreckt worden. [A 41] e) Texte der AVB aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen der Krankenversicherungs-Aktiengesellschaften (Normativbedlngungen).

§1 Gegenstand der Versicherung Die Gesellschaft gewährt nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen und Tarife während der Dauer des Vertragsverhältmisses, unbeschadet der Bestimmungen des § 7, Ziff. 2, den Ersatz des Vermögensschadens, der durch notwendige Krankenpflege entsteh^ sowie Wochenhilfe und Sterbegeld. Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingiingen ist ein nach ärztlichem Urteil anormaler körperlicher oder geistiger Zustand.

§2 Versicherungsfähigkeit Versicherungsfähig sind alle im Geschäftsgebiet der Gesellschaft wohnenden gesunden Personen, die das 60. Lebensjahr noch nicht überschritten haben. Personen über 60 Jahre können ohne Anspruch anf Sterbegeld versichert werden.

§3 Versicherungsantrag 1. Der Versicherungsantrag ist auf dem hierzu bestimmten Vordruck zu stellen. Eine Aufnahme- und Schreibgebühr wird in der im Tarif festgesetzten Höhe erhoben. Der Antragstoller ist 6 Wochen an seinen Antrag gebunden. 2. Über die Annahme des Antrages entscheidet der Vorstand. Die Annahmeerklärung erfolgt in der Eegel durch Aushändigung oder Angebot des Versicherungsscheins. Für die Ablehnung brauchen Gründe nicht angegeben zu werden; sie ist aber dem Antragsteller schriftlich mitzuteilen. Die Aufnahme- und Schreibgebiihr ist von der Gesellschaft zurückzuerstatten, wenn der Versicherungsvertrag nicht zustande kommt. 3. Die Annahme des Antrags kann von einer Untersuchung durch einen von der Gesellschaft bezeichneten Arzt oder von einem Alterszeugnisse abhängig gemacht werden. Die Kosten trägt der Antragsteller. 4. Dem Antragsteller müssen die Versicherungebedingungen mit dem zuständigen Tarif spätestens bei Aushändigung des Versicherungsscheins zugehen. 5. Der Antragsteller erteilt der Gesellschaft für sich und seine von ihm gesetzlich vertretenen Familienangehörigen die Befugnis, über bestehende oder frühere bis 5 Jahre zurückliegende Krankheiten und Gebrechen bei Dritten (Ärzten, Krankenanstalten, sozialen Versicherungsträgern, sonstigen Versicherungseinrichtungen, Behörden usw.) alle für erforderlich erachteten Erkundigungen einzuziehen. Er ermächtigt die betreffenden Ärzte, Versicherungsträger, Krankenanstalten, Behörden usw. der Gesellschaft jede Auskunft zu erteilen und darüber auch vor Gericht Zeugnis abzulegen. Die gleichen Verpflichtungen haben die geschäftsfähigen mitversicherten Personen.

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II. Spez. Rqu. — AVB der KrVAG

Anm. [A 41] § 4

Willenserklärungen 1. Alle Willenserklärungen und Anzeigen, die bei oder nach Abschluß des Versicherungsvertrages der Gesellschaft gegenüber abgegeben werden, haben nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie dem Toretand schriftlich zugegangen sind. 2. Sofern ein Versicherungsnehmer der Gesellschaft eine Wohnungsänderung nicht mitgeteilt hat, genügt es für die RechtsWirksamkeit einer dem Versicherungsnehmer gegenüber abzugebenden Willenserklärung, wenn diese an die letzte der Gesellschaft bekannte Anschrift durch eingeschriebenen Brief abgesandt ist. Die Erklärung ist yon dem Zeitpunkte an wirksam, an dem sie ohne Wohnungeänderung bei regelmäßiger Beförderung dem Versicherungsnehmer zugegangen sein würde. 8. Kündigung, Anfechtung und Bücktritteerklärung der Gesellschaft haben durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen. § 5 Versicherungsbeginn und Versicherungsende A. 1. Der Versicherungsnehmer hat die erste Prämienrate einschließlich Nebengebühren gegen Aushändigung des Versicherungsscheins zu zahlen. Die Verpflichtung der Gesellschaft beginnt erst mit der Einlösung des Versicherungsscheins, jedoch nicht vor dem in dem Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt 2. Der Inhalt des Versicherungsscheins gilt als genehmigt, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach erfolgter Aushändigung Widerspruch gegen die Richtigkeit des Scheins erhebt. Wird der Versicherungsschein abweichend von dem Antrage oder den Versicherungsbedingungen ausgefertigt, so ist auf die Abänderung bei der Aushändigung des Scheins schriftlich besonders hinzuweisen. Das Recht des Versicherungsnehmers, die Genehmigung wegen Irrtums anzufechten, bleibt unberührt. B. 1. Die Versicherung endet durch: 1. 2. 8. 4. 6. 6.

Kündigung durch den Versicherungsnehmer, Kündigung durch die Gesellschaft^ Rücktritt, Fristlose Kündigung des Versicherungsvertrages, Tod, Verlegung des Wohnsitzes außerhalb des Geschäftegebietes der Gesellschaft.

2. Ausgeschiedene Versicherungsnehmer haben keinen Anspruch auf geleistete Zahlungen, mit Ausnahme von Prämien, die über die Dauer des Versicherungsverhältnisses hinaus gezahlt sind.

§6 Kündigung 1. Nach Ablauf der im Versicherungsschein festgesetzten Dauer verlängert sich das Versicherungeverhältnis stillschweigend jeweils um 1 Jahr, wenn es nicht einen Monat vor Ablauf von einem der vertragschließenden Teile durch eingeschriebenen Brief gekündigt worden ist, Darauf, daß der Brief nicht eingeschrieben war, kann sich die Gesellschaft nicht berufen, wenn im übrigen die schriftlich erfolgte Kündigung rechtzeitig bei ihr eingegangen ist. Wenn ein Versicherungenehmer krankenversicherungpflichtig wird, so kann er unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Schlüsse eines Kalendervierteljahres kündigen. 2. Der Anspruch auf Versicherungeleietungen erstreckt eich bei Kündigung durch den Vereicherten auch bei laufenden Schadenfällen nur auf den Vermögeneechaden (vgl. § 1), der bis zum Ablauf des Versicherungsverhältnissee entstanden ist. Wriede

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Krankenvers. Α. Rechtsquellen

Anm. [A 41]

1. Kündigt die Gesellschaft den Versicherungsvertrag nur für mitversicherte Personen, so kann der Versicherungsnehmer den gesamten Vertrag zum gleichen Termin kündigen, aber nur innerhalb einer Frist von 2 Wochen seit Empfang der Kündigung durch die Gesellschaft. 2. Laufende Schadenfälle sind bei Beendigung der ärztlichen Behandlung als abgeschlossen anzusehen. Der Anspruch auf Versicherungsleietungen erstreckt sich bei Kündigung durch die Gesellschaft auch für laufende Schadenfälle nur auf den Vermögensschaden (vgl. § 1), der bis zum Ablauf des S.Monats nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses entstanden ist, nicht aber für eine längere Zeit als die Leistungspflicht der Gesellschaft nach den Versicherungsbedingungen überhaupt besteht. Nach Ablauf des Versicherungsvertrages hat der Versicherungsnehmer keinesfalls aber einen Anspruch auf Sterbegeld.

§ 8 Verletzung der Anzeigepflicht 1. Hat der Versicherungsnehmer, der Versicherte oder eine mitversicherte Person bei dem Abschluß, der Abänderung oder der Wiederinkraftsetzung der Versicherung die Anzeigepflicht schuldhaft verletzt, so kann die Gesellschaft nach Maßgabe der §§ 16—22 des Reichsgesetzes über den Versicherungsvertrag vom 30. Mai 1908 vom Vertrage zurücktreten, ihn anfechten oder ihn mit sofortiger Wirkung kündigen Die Rechte der Gesellschaft aus dem vorstehenden Absätze entfallen aber nach 5jährigem Versicherungsverhältnis oder nach Ablauf von 5 Jahren seit Abänderung oder Wiederinkraftsetzung der Versicherung, es sei denn, daß wegen folgender Krankheiten die Anzeigepflicht schuldhaft verletzt ist: Lues, Tuberkulose, Stoffwechsel- und rheumatische Erkrankungen, Steinleiden, Krampfadern sowie Narbenbrüche, bei Kindern außerdem Knochen- oder Wachstumsveränderungen. Wenn der Versicherungsnehmer während der Dauer des Versicherungsverhältnisses durch wissentlich falsche Angaben, insbesondere durch Vortäuschung einer Krankheit, Versicherungsleistungen erschleicht oder zu erschleichen versucht, so ist die Gesellschaft von der Verpflichtung zur Leistung frei und hat das Recht, das Versicherungsverhältnis mit sofortiger Wirkung zu kündigen. Bei schuldloser Verletzung der Anzeigepflicht ist die Gesellschaft berechtigt, gemäß § 41 des oben genannten Gesetzes zu verfahren. Treffen die Voraussetzungen für den Rücktritt nur auf mitversicherte Personen zu, so kann er auf diese beschränkt werden. Der Versicherungsnehmer hat dann das Recht, innerhalb 2 Wochen seit Zugehen der Rücktrittserklärung mit sofortiger Wirkung zu kündigen. 2. Der Anspruch auf Versicherungsleistungen erstreckt sich im Falle der Kündigung im Sinne dieses Paragraphen oder des Rücktrittes auch für laufende Schadenfälle nur auf den Vermögensschaden, der bis zum Zugehen der Kündigung oder Rücktrittserklärung entstanden ist. 3. Das Recht der Gesellschaft zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB bleibt unberührt.

§ 9 Prämienleistungen 1. Die Versicherungsnehmer sind verpflichtet, Jahresprämien nach dem dem Versicherungsvertrage zugrunde liegenden Tarife zu zahlen. 2. Die Jahresprämie ist im voraus zu Beginn eines jeden VersicherungsJahres fällig, die Zahlung kann aber in monatlichen Raten erfolgen. Die erste Monatsrate ist bei Einlösung des Versicherungsscheines zu zahlen (vgl. § 5). Die übrigen monatlichen Raten gelten jeweils als gestundet und sind am 1. eines jeden Monats im voraus zu zahlen,

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Anm. [A 41]

können aber von der Gesellschaft im Schadenfalle in Anrechnung gebracht werden. Bei Kündigung des Versicherungsnehmers (Tgl. g 6) ist die Prämie nur bis zum Ablauf des Versicherungsvertrages zu zahlen. 3. Bei Festsetzung der Prämie wird ein Lebensjahr als voll gerechnet, wenn yon ihm bei Beginn des Versicherungejähres mehr als β Monate verflossen sind. Die Gesellschaft ist jederzeit berechtigt, vom Versicherungsnehmer einen amtlichen Altersnachweis zu verlangen. Im Falle unrichtiger Altersangabe ist, unbeschadet der Rechte der Gesellschaft aus § 8, die zuwenig bezahlte Prämie zuzüglich 5 ν. H. Verzugszinsen nachzuzahlen; etwa zuviel gezahlte Prämien werden auf die folgenden Prämienzahlungen angerechnet oder zurückgezahlt. 4. Die Prämien sind auch während des Bezuges von Schadenleistungen zu bezahlen; sie sind eine Bringschuld und an die zuständige Zahlstelle portofrei zu entrichten. Der Gesellschaft steht es frei, die Prämien gegen eine Abholungsgebühr bis zu 5 ν. H. jeder Monatsrate, höchstens aber —,50 BM, abholen zu lassen. 5. Stundung der Prämien kann nur vom Vorstand der Gesellschaft schriftlich genehmigt werden. § 1 0 Zahlungsverzug und dessen Folgen 1. Wird die Zahlung einer fälligen Prämie oder einer Prämienrate (vgl. § 9) nicht rechtzeitig bewirkt, so kann die Gesellschaft den Versicherungsnehmer unter Angabe der Höhe der Prämien- und Kostenschuld und der Rechtsfolgen weiterer Säumnis schriftlich auffordern, die Schuld innerhalb einer Frist von 2 Wochen vom Empfang der Aufforderung an gerechnet an die von der Gesellschaft bezeichnete Stelle portofrei zu bezahlen. Neben den Porto- und Mahnkosten können einmalige Verzugsgebühren bis zu 6 ν. Η jeder rückständigen Monatsrate, höchstens aber 2 RM für jede Monatsrate erhoben werden. Nach Ablauf der Frist von 2 Wochen werden, wenn bis dahin der angemahnte Betarag nicht bezahlt ist, die gestundeten Raten des laufenden Versicherungejahres fällig. 2. Tritt der Versicherungefall nach dem Ablauf der Frist ein und ist der Versicherungsnehmer zu dieser Zeit mit der Zahlung der geschuldeten Prämien, Gebühren oder Kosten im Verzuge, so ist die Gesellschaft von der Verpflichtung zur Leistung frei. Auch ist die Gesellschaft berechtigt, den Versicherungsvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, wenn der Versicherungsnehmer nach Ablauf der Frist mit der Zahlung im Verzuge ist. 3. Die Gesellschaft kann bereits bei der Bestimmung der Zahlungsfrist das Versicherungsverhältnis dergestalt kündigen, daß die Kündigung mit Fristablauf wirksam wird, wenn der Versicherungsnehmer in diesem Zeitpunkte mit der Zahlung im Verzuge ist. 4. Die Wirkungen der Kündigung fallen fort, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monats nach dem Ablauf der Zahlungsfrist die Zahlung nachholt, sofern nicht der Versicherungsfall bereits eingetreten ist. 6. Solange nicht gekündigt ist, bleibt die Gesellschaft zur Annahme der unmittelbar an sie portofrei entrichteten Rückstände, soweit sie ohne Verzug des Verrsicheungsnehmers zu entrichten gewesen wären, mit der Wirkimg verpflichtet, daß die Folgen des Verzuges beseitigt werden, sofern nicht der Versicherungsfall bereits eingetreten ist. Dagegen ist die Gesellschaft nicht berechtigt, über das beim Ablauf der Mahnfrist laufende Versicherungsjahr hinaus Prämien zu fordern. § 1 1 Abtretung und Aufrechnung von Ansprüchen 1. Sind von der Gesellschaft Versicherungsleistungen für einen Krankheitsfall oder Unfall gezahlt, für den der Versicherungsnehmer Entschädigungsansprüche gegen dritte Personen erheben kann, so ist er verpflichtet, seine Ansprüche in Höhe der bezogenen Leistungen an die Gesellschaft, und zwar auf Verlangen schriftlich, abzutreten. Unter diese Bestimmung fallen aber nicht die Ansprüche, die ein Versicherungsnehmer aufgrund 2

B r a c k - M ö l l e r , VVG, 8. Aufl. VI (Wriede)

Anm. [A 41]

Krankenvers. Α. Rechtsquellen

öffentlich- oder privatrechtlicher Versicherungsverträge hat, wenn er nicht ans diesen Versicherungsverhältnissen den Ersatz der gleichen ihm entstandenen Kosten für den Schadenfall zu beanspruchen hat. 2. Soweit der Versicherungsnehmer τοη schadenersatzpflichtigen dritten Personen oder aus anderen Versicherunggyerhältnissen Ersatz der ihm entstandenen Kosten erhalten hat, ist die Gesellschaft berechtigt, den Ersatz auf ihre Leistungen anzurechnen. 8. Liegt ein Unfall vor, so tritt eine Leistungspflicht der Gesellschaft nicht ein, soweit Versicherungsschutz bei einer Unfallversicherung besteht. Ein Unfall liegt vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. 4. Die Verpflichtung der Gesellschaft zum Ersätze solcher Ansprüche, die ein Versicherungsnehmer auf Grund einer gesetzlichen Zwangsversicherung bei deren Träger (z.B. Berufsgenossenschaft) geltend machen kann, tritt erst ein, wenn die Zwangsversicherung die von ihr beanspruchten Leistungen entweder bereits gewährt oder rechtskräftig abgelehnt hat. 5. Gibt der Versicherungsnehmer seinen Anspruch gegen Dritte oder ein zur Sicherung des Anspruchs dienendes Recht ohne Zustimmung der Gesellschaft auf, so wird die Gesellschaft insoweit von der Ersatzpflicht frei, als sie aus dem Anspruch oder dem Rechte hätte Ersatz erlangen können. β. Die Ansprüche auf Versicherungsleistungen können vom Versicherungsnehmer weder verpfändet noch abgetreten werden. Gegen Forderungen der Gesellschaft kann der Versicherungsnehmer weder aufrechnen noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.

§ 1 3 Ansschlußfristen und Verjährung 1. Sind Ansprüche auf Versicherungsleistungen abgewiesen, so muß die Klage auf diese Ansprüche innerhalb einer Ausschlußfrist von 6 Monaten, vom Zugehen des Abweisungsbescheide an gerechnet, zugestellt sein. In dem Abweisungsbescheid ist auf die mit Ablauf der Frist verbundene Rechtsfolge hinzuweisen. 2. Die Ansprüche auf Sterbegeld verjähren in 5 Jahren, die Ansprüche auf die übrigen Leistungen in 2 Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verlangt werden können.

§ 1 3 Ansprüche gegen die Gesellschaft (Wartezeiten) 1. Ansprüche gegen die Gesellschaft können erst nach Ablauf der Wartezeit (vgl* § 15) gestellt werden. Die Wartezeit wird von dem im Versicherungsschein angegebenen Tage des Versicherungsbeginns an berechnet. 2. Die allgemeine Wartezeit beträgt 3 Monate. 3. Die besonderen Wartezeiten betragen für: 4. Bei Unfällen fällt die allgemeine Wartezeit weg.

§ 1 4 Voraussetzungen für die Erstattung von Rechnungen 1. Die Erstattungspflicht der Gesellschaft ruht, solange nicht folgende Bedingungen eingehalten sind: a) Es müssen die Urschriften der Rechnungen eingereicht werden. Die Gesellschaft kann verlangen, daß die Rechnungen bezahlt und quittiert sind und den Zahlungstag enthalten.

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Anm. [A 41]

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b) Die Belege müssen den Namen der behandelten Person, die Bezeichnung der Krankheit, die Angabe der einzelnen Leistungen des Arztes (Sprechstunden-Beratungen, Besuche, hierbei vorgenommene Sonderverrichtungen) mit Bezeichnung der betreffenden Daten und der Ziffern der Gebührenordnungen enthalten. Auf den Rezepten müssen die Verordnungen und der Preis deutlich geschrieben sein. 2. Die Erstattungspflicht der Gesellschaft entfällt, wenn nicht folgende Bedingungen eingehalten sind: a) Die Belege sind spätestens Β Monate nach beendeter Behandlung einzureichen. Dauert die Behandlung länger als Β Monate, so ist spätestens 4 Monate seit ihrem Beginn eine Zwischenrechnung vorzulegen. Ist der Versicherungsnehmer ohne sein Verschulden innerhalb der genannten Fristen nicht im Besitz einer ärztlichen Bechnung, so hat er der Gesellschaft unter Angabe der Krankheit und der Art der Behandlung unverzüglich Anzeige zu erstatten. b) Erkrankungen außerhalb des Wohnsitzes des Versicherungsnehmers müssen innerhalb 5 Tagen an die Gesellschaft oder die zuständige Stelle der Gesellschaft gemeldet werden. 8. Die Rechtsfolgen der Ziff. 1 und 2 treten nicht ein, wenn die Verletzung der Vorschriften weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. 4. Der Überbringer von Belegen, die die Voraussetzungen der Ziff. 1 erfüllen, gilt als zum Empfange der darauf entfallenden Versicherungsleistungen berechtigt. 5. Die Belege gehen in das Eigentum der Gesellschaft über. § 1 5 Leistungsausschluß 1. Versicherungsschutz bei Krankheiten, Anomalien und körperlichen Fehlern (vgl. § 1) ist ausgeschlossen, a) wenn die Krankheit, die Anomalie, der körperliche Fehler — auch ohne Kenntnis des Versicherungsnehmers — vor Beginn des Versicherungsverhältnieses oder vor Beendigung der Wartezeit bestanden haben, b) wenn die Krankheit^ die Anomalie, der körperliche Fehler mit den unter a) bezeichneten Krankheiten usw. in unmittelbar ursächlichem Zusammenhang etehen. Dies gilt auch dann, wenn die Krankheit, die Anomalie, der körperliche Fehler nach Ablauf der Wartezeit noch nicht behoben ist. 2. Nach fünfjährigem — gegenüber Sterbegeldansprüchen nach dreijährigem — Versicherungsverhältnis können Einwände nach Ziff. 1, a) und b) von der Gesellschaft nicht erhoben werden, es sei denn, daß folgende Krankheiten vorliegen: Lues, Tuberkulose, Stoffwechsel- und rheumatische Erkrankungen, Steinleiden, Krampfadern, sowie Narbenbrüche, bei Kindern außerdem Knochen- oder Wachstumsveränderungen und die Folgeerscheinungen der genannten Erkrankungen. Gegenüber dem Sterbegeldanspruch bleibt es auch bei den genannten Krankheiten bei der dreijährigen Frist. 8. Den Nachweis, daß die Leistungsausschlußgründe der Ziff. 1 nicht vorliegen, hat der Versicherungsnehmer zu erbringen, wenn die Krankheit innerhalb β Monaten seit Beginn des Versicherungsverhältnieses laut Versicherungsschein eintritt. Im übrigen hat die Gesellschaft das Vorliegen der Leistungsausschlußgründe zu beweisen. 4. Krankheiten, Unfälle und Verletzungen, die auf aktive Teilnahme an inneren Unruhen, Kampfhandlungen im Kriege oder Wettkämpfen, auf Vorsatz oder auf den mißbräuchlichen Genuß von Bauschgiften (Morphium, Kokain usw.) zurückzuführen sind, begründen keine Ansprüche auf Versicherungsleistungen. 5. Nicht zu den Leistungen der Gesellschaft gehören Kosten, die nicht unmittelbar zur Behebung von Krankheitszuständen notwendig sind, insbesondere für staatlich angeordnete Impfungen, für Beseitigung von Schönheitsfehlern, für ärztliche Gutachten und Atteste für private und dienstliche Zwecke, für Reisekosten, sowie Kosten für Pflegepersonal, Kilometergelder, Transportunkosten und Desinfektionen. β. Während eines Aufenthaltes in Badeorten, Sommerfrischen, Sanatorien und Erholungsheimen werden Versicherungsleistungen nur gewährt, wenn sie der Vorstand vorher genehmigt hat. 2*

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Κ 19

Ληιη. [A 42]

Krankenvers. Α. Rechtsquellen

7. Schwangerschaftsbeschwerden und Entbindungen, Fehl- und Frühgeburten und deren Folgen gelten nicht als Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen.

§ 1 6 Allgemeines über ärztliche Behandlung 1. Die Wahl des Arztes oder Facharztes steht dem Versicherungsnehmer frei. Zur Erstattung τοη Rechnungen nicht in Deutschland approbierter Ärzte, Heilkundiger und der Ärzte, die Ferabehandlung oder Behandlung im Umherziehen betreiben oder bei Heilkundigen angestellt sind, ist die Gesellschaft nicht verpflichtet. 2. Nimmt ein Versicherungsnehmer einen auswärtigen Arzt in Anspruch, obwohl am Wohnort ein Arzt zur Behandlung zur Verfügung steht, so hat er die dadurch entstehenden Mehrkosten zu tragen. 3. Ergibt sich aus eingereichten Rechnungen im Einzelfalle eine Ubermäßige Inanspruchnahme oder Gewährung ärztlicher Hilfe, so ist der Vorstand berechtigt, die Erstattung auf einen angemessenen Betrag herabzusetzen. Sofern besondere, von der ärztlichen Organisation eingesetzte Kommissionen bestehen, entscheidet der Vorstand über die Herabsetzung nach Anhörung der Kommission. 4. Die Erstattung von Rechnungen bestimmter Ärzte kann abgelehnt werden. Eine solche Maßnahme ist den Versicherungsnehmern des betreffenden Bezirkes oder Landesteiles durch besondere schriftliche Mitteilung bekanntzugeben und in den Verwaltungsstellen sichtbar auszuhängen. Von der^Zustellung der Mitteilung an erlischt die Verpflichtung der Gesellschaft für die Erstattung der Kosten von Behandlungen, die von jenem Zeitpunkt an durch den betreffenden Arzt neu aufgenommen werden. Für laufende Schadenfälle gelten die Bestimmungen über die Erstattungspflicht bei Kündigungen durch die Gesellschaft (vgl. § 7). [A 42] bb) „Grundbedingungen" aaa) Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskostenversicherung Teil I Grundbedingungen (Fassung Dezember 19&4) Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz gegen den Schaden, der durch notwendige Aufwendungen für Heilbehandlung einer versicherten Person entsteht, außerdem sonst noch vereinbarte Leistungen. Umfang und Inhalt des Versicherungsschutzes ergeben sich aus den im Versicherungsschein aufgenommenen Besonderen Bedingungen, dem vereinbarten Tarif, den Grundbedingungen sowie den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere dem Gesetz über den Versicherungsvertrag (WG).

§1 Abschluß des Versicherungsvertrags (1) Der Versicherungsvertrag kommt durch Annahme eines Versicherungsantrags durch den Versicherer (Vorstand des Versicherungsunternehmens) zustande. (2) Der Versicherungsantrag ist auf dem hierfür bestimmten Vordruck zu stellen. Eine Abschrift des Antrags ist dem Antragsteller spätestens mit dem Versicherungsschein auszuhändigen. Der Antragsteller ist sechs Wochen an seinen Antrag gebunden. (3) Die Annahme erfolgt durch schriftliche Erklärung oder durch Aushändigung, oder Angebot des Versicherungsscheins. Kommt der Versicherungsvertrag nicht zustande so sind empfangene Leistungen mit Ausnahme der Antragsgebühr zurückzugewähren. (4) Der Antragsteller und die zu versichernden Personen bevollmächtigen den Versicherer im Versicherungsantrag, jederzeit alle für erforderlich erachteten Auskünfte bei Dritten (Ärzten, Heilbehandlern, Krankenanstalten, Versicherern, Behörden usw.) einzuholen und entbinden diese von ihrer Schweigepflicht. Κ 20

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II. Spez. Rqu. — AYB für Krankheitskostenvers.

Anm. [A 42]

§ 3 Beginn, Ende und Auflösung des Versicherungsvertrags ( 1 ) Der Versicherungsvertrag beginnt mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt des Inkrafttretens. Gleichzeitig beginnt das erste Versicherungsjahr. ( 2 ) Der Versicherungsvertrag endet durch: a) Tod des Versicherungsnehmers oder aller versicherton Personen mit Ablauf des Monate, in dem der Tod eintritt. Bei Tod des Versicherungsnehmers haben die überlebenden versicherten Personen das Recht, den Versicherungsvertrag zu tarifmäßigen Bedingungen fortzusetzen. Die Erklärung ist binnen zwei Monaten nach dem Tode abzugeben. b) Kündigung durch den Versicherungsnehmer 1. Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag zum Schluß eines Jeden Versicherungsjahres mit einer Frist von drei Monaten kündigen. 2. Vermindert der Versicherer seine Leistungen oder erhöht er die Beiträge mit Wirkung auch für bestehende Versicherungeverhältnisse, so kann der Versicherungsnehmer den davon betroffenen Versicherungsvertrag mit einer Frist von einem Monat zum SchluB des zweiten Monats nach dem Wirksamwerden der Änderung kündigen. Im Falle einer Kündigung des Versicherungsvertrags ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, die eingetretene Leistungsminderung oder Beitragserhöhung für die Zeit vom Wirksamwerden der Änderung bis zur Beendigung des Versicherungsvertrags gegen sich gelten zu lassen. 3. Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes krankenversicherungspflichtig, so kann der Versicherungsnehmer den Vertrag insoweit spätestens zum Ablauf des Monats kündigen, der dem Eintritt der Versicherungepflicht folgt. Innerhalb von zwei Monaten nach dem Eintritt der Krankenversicherungspflicht muß dieser nachgewiesen und die Kündigung erklärt sein. Entsprechendes gilt, wenn für eine versicherte Person infolge Versicherungspflicht eines Familienmitglieds kraft Gesetzes Anspruch auf Familienhilfe erlangt wird. c) Kündigung durch den Versicherer 1. Der Versicherer kann den Versicherungsvertrag außer in den Fällen der Ziffer 2 nur zum Schluß eines jeden der ersten drei Versicherungsjahre mit einer Frist von drei Monaten kündigen. 2. Ein außerordentliches Kündigungsrecht steht dem Versicherer außer in den Fällen des § β Abs. 2 der Grundbedingungenund der §§ 24, 27 (Gefahrerhöhung), 89 (Zahlungsverzug) und 41 W G (schuldlose Unterlassung von vorvertraglichen Anzeigen) zu, wenn der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person Leistungen des Versicherers unberechtigterweise in Anspruch genommen hat oder dem Versicherer die Fortsetzung des Vertrags nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann. Die Kündigung kann fristlos und nur innerhalb von einem Monat erfolgen, seitdem der Versicherer (Vorstand des Versicherungsunternehmens) von den Tatsachen, aus denen sich das Recht zur Kündigung ergibt, Kenntnis erhalten hat. 3. Treffen die Voraussetzungen für eine Kündigung durch den Versicherer nur auf einen Teil der versicherten Personen zu, so kann die Kündigung auf diese beschränkt werden. In diesem Fall ist der Versicherungsnehmer berechtigt, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung seinerseits den übrigen Teil des Vertrage zum gleichen Zeitpunkt zu kündigen. (3) Der Versicherungsvertrag wird aufgelöst durch: a) Rücktritt des Versicherers wegen schuldhafter Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht (§§ 16—21, 30 W G ) . Bleibt der Rücktritt auf einen Teil der versicherten Personen beschränkt, so ist der Versicherungsnehmer berechtigt, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Rücktritteerklärung seinerseits den übrigen Teil des Vertrags zum gleichen Zeitpunkt zu kündigen. Wriede

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Krankenvers. Α. Rechtsquellen

Anm. [A 42] b) Anfechtung durch den Versicherer wegen arglistiger Täuschung (§ 22 W G ) . § 3 * )

Leistungen des Versicherungsnehmers (1) Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die vertraglich vereinbarten Monatsbeiträge, Gebühren und Kosten zu entrichten. (2) Die Beiträge sind im voraus am Ersten eines jeden Monats fällig. (3) Die Leistungspflicht des Versicherungsnehmers entsteht mit Abschluß des Versicherungsvertrags. Der erste Beitrag ist für den Kalendermonat zu entrichten, in dem der Versicherungsvertrag in Kraft tritt (§ 2 Abs. 1); er ist einschließlich fälliger G«btthren und Kosten spätestens bei Aushändigung des Versicherungsscheins zu zahlen. (4) Die Leistungspflicht des Versicherungsnehmers erlischt mit Beendigung des Versicherungsvertrags. Der letzte Beitrag ist für den Kalendermonat zu entrichten, in dem der Vertrag endet. (5) Die Beitragsschuld ist Bringschuld; die Beiträge sind kostenfrei an eine vom Versicherer zu bezeichnende Stelle zu entrichten. Der Versicherer kann bestimmen, daß die Beiträge gegen eine im Tarif festgesetzte Hebegebühr abgeholt werden. (β) Ist ein Beitrag nicht rechtzeitig gezahlt und wird der Versicherungsnehmer schriftlich gemahnt, so ist er zur Zahlung der Mahngebühr verpflichtet^ deren Höhe sich aus dem Tarif ergibt. Als Nachweis dafür, daß und zu welchem Zeitpunkt gemahnt worden ist, genügt grundsätzlich ein Durchschlag des Mahnschreibens in den Akten des Versicherers. * ) Anstelle dieser Fassung des § 3 ist teilweise eine abewichende Fassung für Jahresbeiträge verwendet worden, die folgenden Wortlaut hat: §3 Leistungen des Versicherungsnehmers (Fassung für Jahresbeiträge) (1) Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die vertraglich vereinbarten Jahresbeiträge, Gebühren und Kosten zu entrichten. (2) Die Beiträge sind im voraus zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres fällig. Die Zahlung kann jedoch gegen einen geschäftsplanmäßigen Zuschlag in monatlichen Baten erfolgen. Die Monatsraten gelten jeweils als gestundet und sind zum 1. eines jeden Monats zu entrichten. Gerät der Versicherungsnehmer mit einer Beitragsrate in Verzug gemäß § 39 W G , so werden die gestundeten Baten des laufenden Versicherungsjahres fällig. Sobald die angemahnten Prämienteile und die Baten einschließlich des laufenden Monats gezahlt sind, gelten die weiteren Baten wieder bis zum 1. eines jeden Monats als gestundet. (3) Die Leistungspflicht des Versicherungsnehmers entsteht mit Abschluß des Versicherungsvertrags. Der Beitrag wird vom 1. des Monats an berechnet, in dem der Versicherungsvertrag beginnt (§ 2 Abs. 1); er ist einschließlich fälliger Gebühren und Kosten spätestens bei Aushändigung des Versicherungsscheins zu zahlen. (4) Die Leistungepflicht des Versicherungsnehmers erlischt mit Beendigung des Versicherungsvertrags. Die letzte Monaterate ist für den Kalendermonat zu entrichten, in dem der Vertrag endet. Über diesen Monat hinaus gezahlte Beiträge sind zurückzuerstatten. (5) Die Beitragsschuld ist Bringschuld, die Beiträge sind kostenfrei an eine vom Versicherer zu bezeichnende Stelle zu entrichten. Der Versicherer kann bestimmen, daß die Beiträge gegen eine im Tarif festgesetzte Hebegebühr abgeholt werden. (6) Ist ein Beitrag nicht rechtzeitig gezahlt und wird der Versicherungsnehmer schriftlich gemahnt, so ist er zur Zahlung der Mahngebühr verpflichtet, deren Höhe sich aus dem Tarif ergibt Die Verzugsfolgen des § 39 W G treten nur ein, wenn der VersicherungsK 22

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Anm. [A 42]

nehmer den gesetzlichen Vorschriften entsprechend gemahnt worden ist. Als Nachweis dafür, daß und zu welchem Zeitpunkt gemahnt worden ist, genügt grundsätzlich ein Durchschlag des Mahnschreibens in den Akten des Versicherers.

§4 Leistungen des Versicherers (1) Der Versicherer ist verpflichtet, dem Versicherungsnehmer die Aufwendungen, die durch notwendige Heilbehandlung der versicherten Personen entstehen, gemäß dem Versicherungsvertrag zu ersetzen. Außerdem sind sonstige im Tarif aufgeführte Leistungen zu bewirken. Der Versicherungsschutz ist auf Deutschland beschränkt; er kann durch Vereinbarung auf Auelandsaufenthalt ausgedehnt werden. (2) Die Leistungspflicht des Versicherers beginnt mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt des Inkrafttretens des Versicherungsvertrags, jedoch nicht vor Zahlung des ersten Beitrags und nicht vor Ablauf der Wartezeiten. Krankheiten und Unfälle, die zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem Beginn der Leietungspflicht behandelt wurden oder dem Versicherungsnehmer oder der versicherten Person bekanntgeworden sind, sowie ihre Folgen begründen jedoch keine Leistungspflicht für die Versicherungsfälle, die vor Ablauf des dritten Versicherungsjahres eingetreten sind. Den Nachweis, daß die Ausschlußgründe nicht vorliegen, hat der Versicherungsnehmer zu erbringen, wenn die Krankheit innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsabschluß auftritt. Leistungepflicht besteht ferner nicht gemäß §§ 20, 22 WG, sofern der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt hat und der Versicherer deshalb vom Versicherungsvertrag zurücktritt oder ihn anficht (§ 2 Abs. 8 a, b). (3) Die Wartezeiten laufen von dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt des Inkrafttretens des Versicherungsvertrags. a) Die allgemeine Wartezeit beträgt drei Monate; sie entfällt 1. Für jede versicherte Person bei Unfällen und bei folgenden akuten Infektionskrankheiten: Röteln, Masern, Windpocken, Scharlach, Diphtherie, Keuchhusten, Ziegenpeter (Mumps), spinale Kinderlähmung, epidemische Genickstarre, Kühr, Paratyphus, Typhus, Flecktyphus, Cholera, Pocken, Wechselfieber und Bückfallfieber; 2. Für den Ehegatten eines Versicherungsnehmers, dessen Mitversicherung innerhalb eines Monats nach der Eheschließung beantragt wird, sofern in diesem Zeitpunkt der Versicherungsvertrag des Versicherungsnehmers mindestens drei Monate besteht; 3. Für Kinder des Versicherungsnehmers, wenn dieser bei ihrer Geburt mindestens drei Monate versichert war, die Anmeldung des Neugeborenen beim Versicherer innerhalb eines Monate nach der Geburt erfolgt und die Mitversicherung mit dem Tage der Geburt beginnt. b) Die besonderen Wartezeiten ergeben sich aus dem Tarif. (4) Personen, die aus der gesetzlichen Krankenversicherung oder einer dieser gleichstehenden Einrichtung ausscheiden, wird die nachweislich dort zurückgelegte Versicherungszeit auf die Wartezeiten angerechnet. Voraussetzung ist, daß die Versicherung innerhalb von zwei Monaten nach Beendigung der Vorversicherung beantragt wird, in unmittelbarem Anschluß in Kraft treten soll, und daß die Beendigung der Vorversicherung innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreton nachgewiesen wird. (5) Der Versicherer ist zur Leistung nur verpflichtet, wenn ihm die im Tarif geforderten Nachweise erbracht sind; diese gehen in das Eigentum des Versicherers über. Bei Vorlage von Rechnungen kann der Versicherer den Nachweis vorheriger Bezahlung fordern. (β) Der Versicherer ist berechtigt, an den Überbringer von ordnungsmäßigen Belegen die Leistungen zu bewirken. (7) Die Kosten der Überweisung werden von den Leistungen abgezogen. (8) Übersteigt im Einzelfall eine Heilbehandlung das notwendige Maß, so kann der Versicherer seine Leistungen auf einen angemessenen Betrag herabsetzen. Wriede

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Anm. [A 42]

(9) Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei für die Krankheiten einschließlich ihrer Folgen, die Unfälle und die Todesfälle, die der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person vorsätzlich oder bei Begehen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens herbeigeführt hat; gleiches gilt für die Krankheiten einschließlich ihrer Folgen, die Unfälle und die Todesfälle, die auf einer Sucht oder ihren Folgen beruhen oder durch Kriegsereignisse herbeigeführt worden sind. Keine Leistungepflicht besteht, ferner wenn bei Kindern, die nach § 4 Abs. 3 a Ziff. 3 mitversichert sind, die Heilbehandlung durch Geburtsfehler, angeborene Anomalien oder vererbte Krankheiten notwendig wird, sowie für sonstige im Tarif oder durch Besondere Bedingungen ausgeschlossene Ereignisse. Berufsunfälle und diesen gesetzlich gleichgestellte Berufskrankheiten sind nur dann mitversichert, wenn dafür Beitragszuschläge gezahlt werden. Als Berufeunfälle gelten Unfälle, die in Ausübung einer auf Erwerb gerichteten Tätigkeit entstehen. Als Berufsunfälle gelten auch Berufssportunfälle. (10) Der Versicherer ist nach Maßgabe des § 39 W G von der Verpflichtung zur Leistung ¿rei, wenn er den gesetzlichen Vorschriften entsprechend gemahnt hat. Leistungspflicht besteht auch dann nicht, wenn der Versicherungsnehmer nach Ablauf der gesetzten Frist die rückständigen Beiträge, Gebühren und Kosten gegen Treu und Glauben erst in einem Zeitpunkt zahlt, in dem er bereits weiß, daß der Eintritt des Versicherungsfalls nicht mehr ungewiß ist. (11) Die Leistungspflicht des Versicherers erlischt mit Beendigung des Versicherungsvertrags. Für schwebende Versicherungsfälle werden nur die Aufwendungen ersetzt, die bis zu diesem Zeitpunkt entstanden sind. Wenn ohne den Nachweis von Aufwendungen eine feste Summe zu leisten ist, wird sie nur für die vor diesem Zeitpunkt liegende Zeit gewährt. Kündigt der Versicherer den Versicherungsvertrag gemäß § 2 Abs. 2 c Ziff. 1, so gelten für schwebende Versicherungsfälle Satz 2 und 3 mit der Maßgabe, daß längstens bis zum Ablauf des 3. Monats nach Beendigung des Versicherungsvertrags geleistet wird.

§5 Versicherungsfall (1) Eintritt des Versicherungsfalls a) Der Versicherungsfall beginnt mit dem Eintritt in die Heilbehandlung; er endet mit deren Abschluß, wenn nach ärztlichem Befund Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr besteht. Eine während der Behandlung neu eingetretene und behandelte Krankheit begründet nur dann einen neuen Versicherungsfall, wenn sie mit der ersten nicht in ursächlichem Zusammenhang steht. b) Versicherungsfälle sind auch Entbindung und Tod, soweit hierfür Leistungen vereinbart sind. (2) Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls Der Versicherer ist mit der in § β Abs. 3 W G vorgeschriebenen Einschränkung von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn eine der nachstehenden Obliegenheiten von dem Versicherungsnehmer oder einer versicherten Person verletzt wird: a) Der Versicherungsnehmer und die versicherten Personen sind verpflichtet, dem § 62 W G entsprechend nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen. b) Die Krankenhausbehandlung ist binnen 10 Tagen nach ihrem Beginn anzuzeigen. Im übrigen verzichtet der Versicherer in Abweichung von § 33 W G auf unverzügliche Anzeige des Versicherungsfalls, soweit er nicht im Einzelfall Weisungen gegeben hat. c) Die geforderten Nachweise sind spätestens drei Monate nach beendeter Behandlung einzureichen. Dauert die Behandlung länger als drei Monate, so ist mindestens bis zum Ende des vierten Monats nach Beginn der Behandlung und dann jeweils nach Ablauf von drei Monaten eine Zwischenrechnung vorzulegen. Können die Nachweise nicht rechtzeitig vorgelegt werden, so muß dem Versicherer dies mitgeteilt werden. d) Dem Versicherer ist gemäß § 34 W G jede Auskunft zu erteilen, die zur Feststellung der Leistungspflicht erforderlich ist. Κ 24

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Anm. [A 42]

§6 Verschiedene Bestimmungen (1) Willenserklärungen und Anzeigen a) Willenserklärungen und Anzeigen haben nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie dem Versicherer (Vorstand des Versicherungsunternehmene) oder der zuständigen Geschäftsstelle schriftlich zugegangen sind. b) Kündigung, Rücktritt und Anfechtung durch den Versicherer müssen durch eingeschriebenen Brief erfolgen. c) Willenserklärungen und Anzeigen, die yon Vermittlungs- und Inkassoagenten entgegengenommen oder abgegeben werden, sind für den Versicherer nicht rechtsverbindlich. (2) Mehrfachversicherung a) Ohne Einwilligung des Versicherers darf für die versicherten Personen weder ein weiterer Krankenversicherungsvertrag abgeschlossen noch von der Versicherungsberechtigung in der gesetzlichen Krankenversicherung Gebrauch gemacht werden. Wird hiergegen verstoßen, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei und zur fristlosen Kündigung berechtigt. § 6 Abs. 1 W G findet Anwendung. b) Wird eine versicherte Person krankenversicherungspflichtig, so hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer davon innerhalb eines Monats Mitteüung zu machen. Der Versicherer ist in diesem Fall berechtigt, den Vertrag insoweit spätestens zum Ablauf des Monats zu kündigen, der dem Eintritt der Versicherungspflicht folgt. Unterbleibt die Anzeige, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei und zur fristlosen Kündigung berechtigt. § β Abs. 1 VVG findet Anwendung. Entsprechendes güt, wenn für eine versicherte Person infolge Versicherungepflicht eines Familienmitglieds kraft Gesetzes Anspruch auf Familienhilfe erlangt wird. c) Die versicherten Personen haben hinsichtlich der Bestimmungen zu a) und b) die gleichen Verpflichtungen wie der Versicherungsnehmer; ihre Kenntnis und ihr Verschulden stehen denen des Versicherungsnehmers gleich. d) Besteht mit Einwilligung des Versicherers ein weiterer Krankenversicherungsvertrag oder mit Wiesen des Versicherers Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung, so ist es dem Versicherungsnehmer freigestellt, welchen Versicherer er in Anspruch nehmen will. e) Hat der Versicherungsnehmer eine Doppelversicherung in der Absicht genommen, sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, so ist dieser Vertrag nichtig; im übrigen gilt § 69 Abs. S W G . (3) Ansprüche gegen Dritte a) Besteht Anspruch auf Leistungen aus einer gesetzlichen Unfallversicherung, auf ein Heilverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf eine sonstige gesetzliche Heilfürsorge, so ist der Versicherer nur für die Aufwendungen ersatzpflichtig, welche trotz der gesetzlchen Leistungen notwendig bleiben. b) Hat der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person Schadenersatzansprüche nichtversicherungsrechtlicher Art gegen Dritte, so besteht die Verpflichtung, unbeschadet des gesetzlichen Forderungsübergangs gemäß § 67 W G diese Ansprüche bis zu der Höhe, in der aus diesem Vertrag Kostenersatz geleistet ist, an den Versicherer schriftlich abzutreten. Gibt der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person einen solchen Anspruch oder ein zur Sicherung des Anspruchs dienendes Recht ohne Zustimmung des Versicherers auf, so wird dieser insoweit von der Verpflichtung zur Leistung frei, als er aus dem Anspruch oder dem Recht hätte Ersatz erlangen können. (4) Abtretung, Aufrechnung und Verpfändung a) Forderungen gegen den Versicherer können weder abgetreten noch verpfändet werden. b) Der Versicherungsnehmer kann gegen Forderungen des Versicherers weder aufrechnen noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Wriede

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Anm. [A 43]

Krankenvers. Α. Rechtsquellen

(5) Erfüllungsort und Gerichtsstand Erfüllungsort für die beiderseitigen Leistungen aus dem Yersicherungsyertrag sind die Geschäftsräume des Vorstands am Sitz des Versicherers oder die Geschäftsräume der Hauptverwaltung. Gemäß § 48 W G können Klagen des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auch bei dem Gericht des Ortes anhängig gemacht werden, wo der Agent, der den Vertrag vermittelt hat, zur Zeit der Vermittlung seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer gewerblichen Niederlassung seinen Wohnsitz hatte, (β) Änderung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen Die Grundbedingungen und Tarife können mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde auch mit Wirkung für bestehende Versicherungsverhältnisse geändert werden, soweit sie Besimmungen über Leistungen des Versicherungsnehmers und des Versicherers, Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls, Willenserklärungen und Anzeigen, Mehrfachversicherung, Ansprüche gegen Dritte, Abtretung, Aufrechnung und Verpfändung betreffen. Soweit der Geschäftsplan vorsieht, daß Bückstellungen für das mit dem Alter der versicherten Personen wachsende Wagnis zu bilden sind, ist eine Erhöhung der Beiträge oder eine Minderung der Leistungen des Versicherers mit Bücksicht auf das Älterwerden der versicherten Personen während der Dauer des Versicherungsvertrags ausgeschlossen. [A 43] bbb) Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Erankenhauskosten- und Krankenhaustagegeld-Versicherung Teil I Grundbedingungen (Fassung Dezember 1954) Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz gegen Folgen von Krankheiten und Unfällen, soweit aus medizinischen Gründen stationäre Heilbehandlung im Krankenhaus notwendig wird, außerdem sonst noch vereinbarte Leistungen. Umfang und Inhalt des Versicherungsschutzes ergeben sich aus den im Versicherungsschein aufgenommenen Besonderen Bedingungen, dem vereinbarten Tarif, den Grundbedingungen sowie den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere dem Gesetz über den Versicherungsvertrag (WG).

§1 Abschluß des Versicherungsvertrags (1) Der Versicherungsvertrag kommt durch Annahme eines Versicherungsantrags durch den Versicherer (Vorstand des Versicherungsunternehmens) zustande. (2) Der Versicherungsantrag ist auf dem hierfür bestimmten Vordruck zu stellen. Eine Abschrift des Antrags ist dem Antragsteller spätestens mit dem Versicherungsschein auszuhändigen. Der Antragsteller ist sechs Wochen an seinen Antrag gebunden. (3) Die Annahme erfolgt durch schriftliche Erklärung oder durch Aushändigung oder Angebot des Versicherungsscheine. Kommt der Versicherungsvertrag nicht zustande, so sind empfangene Leistungen mit Ausnahme der Antragsgebühr zurückzugewähren. (4) Der Antragsteller und die zu versichernden Personen bevollmächtigen den Versicherer im Versicherungsantrag, jederzeit alle für erforderlich erachteten Auskünfte bei Dritten (Ärzten, Heilbehandlern, Krankenanstalten, Versicherern, Behörden usw.) einzuholen und entbinden diese von ihrer Schweigepflicht. § 3 Beginn, Ende und Auflösung des Versicherungsvertrags (1) Der Versicherungsvertrag beginnt mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt des Inkrafttretens. Gleichzeitig beginnt das erste Versicherungejähr. (2) Der Versicherungsvertrag endet durch: a) Tod des Versicherungsnehmers oder aller versicherten Personen mit Ablaut des Monats, in dem der Tod eintritt. Bei Tod des Versicherungsnehmers haben die überlebenden Κ 26

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Anm. [A 48]

yersicherten Personen das Recht, den Versicherungsvertrag zu tarifmäßigen Bedingungen fortzusetzen. Die Erklärung ist binnen zwei Monaten nach dem Tode albzugeben. b) Kündigung durch den Versicherungsnehmer. 1. Der Versicherungsnehmer kann den VersicherungsTertrag zum Schluß eines jeden Versicherungsjahres mit einer Frist τοη drei Monaten kündigen. 2. Vermindert der Versicherer seine Leistungen oder erhöht er die Beiträge mit Wirkung auch für bestehende VersicherungSYerhältnisse, so kann der Versicherungsnehmer den davon betroffenen Versicherungsvertrag mit einer Frist von einem Monat zum Schluß des zweiten Monats nach dem Wirksamwerden der Änderung kündigen. Im Falle einer Kündigung des Versicherungsvertrags ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, die eingetretene Leistungsminderung oder Beitragserhöhung für die Zeit vom Wirksamwerden der Änderung bis zur Beendigung des Versicherungsvertrags gegen sich gelten zu lassen. c) Kündigung durch den Versicherer. 1. Der Versicherer kann den Versicherungsvertrag zum Schluß eines jeden Versicherungsjahres mit einer Frist von drei Monaten kündigen; im Tarif kann dieses Kündigungsrecht des Versicherers beschränkt werden. 2. Ein außerordentliches Kündigungsrecht steht dem Versicherer außer in den Fällen des § 6 Abs. 2 der Grundbedingungen und der §§ 24, 27 (Gefahrerhöhung), 39 (Zahlungsverzug) und 41 VVG (schuldlose Unterlassung von vorvertraglichen Anzeigen) zu, wenn der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person Leistungen des Versicherers unberechtigterweise in Anspruch genommen hat oder dem Versicherer die Fortsetzung des Vertrags nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann. Die Kündigung kann fristlos und nur innerhalb von einem Monat erfolgen, seitdem der Versicherer (Vorstand des Versicherungsunternehmens) von den Tatsachen, aus denen sich das Recht zur Kündigung ergibt, Kenntnis erhalten hat. 3. Treffen die Voraussetzungen für eine Kündigung durch den Versicherer nur auf einen Teil der versicherten Personen zu, so kann die Kündigung auf diese beschränkt werden. In diesem Fall ist der Versicherungsnehmer berechtigt, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung seinerseits den übrigen Teil des Vertrags zum gleichen Zeitpunkt zu kündigen. (3) Der Versicherungsvertrag wird aufgelöst durch: a) Rücktritt des Versicherers wegen schuldhafter Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht (§§ 16—21, 30 WG). Bleibt der Rücktritt auf einen Teü der versicherten Personen beschränkt, so ist der Versicherungsnehmer berechtigt, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Rücktrittserklärung seinerseits den übrigen Teil des Vertrage zum gleichen Zeitpunkt zu kündigen. b) Anfechtung durch den Versicherer wegen arglistiger Täuschung (§ 22 VVG).

§3 Leistungen des Versicherungsnehmers (1) Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die vertraglich vereinbarten Monatsbeiträge» Gebühren und Kosten zu entrichten. (2) Die Beiträge sind im voraus am ersten eines jeden Monats fällig. (3) Die Leistungspflicht des Versicherungsnehmers entsteht mit Abschluß des Versicherungsvertrags. Der erste Beitrag ist für den Kalendermonat zu entrichten, in dem der Versicherungsvertrag in Kraft tritt (§ 2 Abs. 1) ; er ist einschließlich fälliger Gebühren und Kosten spätestens bei Aushändigung des Versicherungsscheins zu zahlen. (4) Die Leistungspflicht des Versicherungsnehmers erlischt mit Beendigung des Versicherungsvertrags. Der letzte Beitrag ist für den Kalendermonat zu entrichten, in dem der Vertrag endet. Wriede

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(5) Die Beitragsschuld ist Bringschuld; die Beiträge sind kostenfrei an eine vom Versicherer zu bezeichnende Stelle zu entrichten. Der Versicherer kann bestimmen, daß die Beiträge gegen eine im Tarif festgesetzte Hebegebühr abgeholt werden, (β) Ist ein Beitrag nicht rechtzeitig gezahlt und wird der Versicherungsnehmer schriftlich gemahnt, so ist er zur Zahlung der Mahngebühr verpflichtet, deren Höhe sich aus dem Tarif ergibt. Als Nachweis dafür, daß und zu welchem Zeitpunkt gemahnt worden ist, genügt grundsätzlich ein Durchschlag des Mahnschreibens in den Akten des Versicherers.

§4 Leistungen des Versicherers (1) Der Versicherer ist verpflichtet, dem Versicherungsnehmer für den Fall der aus medizinischen Gründen notwendigen stationären Heilbehandlung einer versicherten Person im Krankenhaus die im Tarif aufgeführten Leistungen zu gewähren. Die Leistungspflicht besteht jedoch nur, wenn die Heilbehandlung in einem der im Tarif näher gekennzeichneten Krankenhäuser durchgeführt wird. Außerdem sind sonstige im Tarif aufgeführte Leistungen zu bewirken. Der Versicherungsschutz ist auf Deutschland beschränkt; er kann durch Vereinbarung auf Auslandsaufenthalt ausgedehnt werden. (2) Die Leistungspflicht des Versicherers beginnt mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt des Inkrafttretens des Versicherungsvertrags, jedoch nicht vor Zahlung des ersten Beitrags und nicht vor Ablauf der Wartezeiten. Krankheiten und Unfälle, die zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem Beginn der Leistungspflicht behandelt wurden oder dem Versicherungsnehmer oder der versicherten Person bekanntgeworden sind, sowie ihre Folgen begründen jedoch keine Leistungspflicht für die Versicherungsfälle, die vor Ablauf des dritten Versicherungsjahres eingetreten sind. Den Nachweis, daß die Ausschluß gründe nicht vorliegen, hat der Versicherungsnehmer zu erbringen, wenn die Krankheit innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsabschluß auftritt. Leistungepflicht besteht ferner nicht gemäß §§ 20, 22 W G , sofern der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt hat und der Versicherer deshalb vom Versicherungsvertrag zurücktritt oder ihn anficht (§ 2 Abs. 3 a, b). (3) Die Wartezeiten laufen von dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt des Inkrafttretens des Versicherungsvertrags. a) Die allgemeine Wartezeit beträgt drei Monate; sie entfällt 1. Für jede versicherte Person bei Unfällen und bei folgenden akuten Infektionskrankheiten: Bötein, Masern, Windpocken, Scharlach, Diphtherie, Keuchhusten, Ziegenpeter (Mumps), spinale Kinderlähmung, epidemische Genickstarre, Ruhr, Paratyphus, Typhus, Flecktyphus, Cholera, Pocken, Wechselfieber und Bückfallfieber; 2. Für den Ehegatten eines Versicherungsnehmers, dessen Mitversicherung innerhalb eines Monats nach der Eheschließung beantragt wird, sofern in diesem Zeitpunkt der Versicherungsvertrag des Versicherungsnehmers mindestens drei Monate besteht; 3. Für Kinder des Versicherungsnehmers, wenn dieser bei ihrer Geburt mindestens drei Monate versichert war, die Anmeldung des Neugeborenen beim Versicherer innerhalb eines Monats nach der Geburt erfolgt und die Mitversicherung mit dem Tage der Geburt beginnt. b) Die besonderen Wartezeiten ergeben sich aus dem Tarif. (4) Der Versicherer ist zur Leistung nur verpflichtet, wenn ihm die im Tarif geforderten Nachweise erbracht sind; diese gehen in das Eigentum des Versicherers über. Bei Vorlage von Rechnungen kann der Versicherer den Nachweis vorheriger Bezahlung fordern. (5) Der Versicherer ist berechtigt, an den Überbringer von ordnungsmäßigen Belegen die Leistungen zu bewirken. (6) Die Kosten der Überweisung werden von den Leistungen abgezogen. (7) Übersteigt im Einzelfall eine Heilbehandlung das notwendige Maß, so kann der Versicherer seine Leistungen auf einen angemessenen Betrag herabsetzen. (8) Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei für die Krankheiten einschließlich ihrer Folgen, die Unfälle und die Todesfälle, die der Versicherungsnehmer Κ 28

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oder die versicherte Person vorsätzlich oder bei Begehen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens herbeigeführt hat; gleiches gilt für die Krankheiten einschließlich ihrer Folgen, die Unfälle und die Todesfälle, die auf einer Sucht oder ihren Folgen beruhen oder durch Eriegsereignisse herbeigeführt worden sind. Seine Leistungspflicht besteht ferner, wenn bei Kindern, die nach § 4 Abs. 3 a Ziff. 3 mitversichert sind, die Heilbehandlung durch Geburtsfehler, angeborene Anomalien oder vererbte Krankheiten notwendig wird, sowie für sonstige im Tarif oder durch Besondere Bedingungen ausgeschlossene Ereignisse. Berufeunfälle und diesen gesetzlich gleichgestellte Berufskrankheiten sind nur dann mitrersichert, wenn dafür Beitragszuschläge gezahlt werden. Als Berufsunfälle gelten Unfälle, die in Ausübung einer auf Erwerb gerichteten Tätigkeit entstehen. Als Berufsunfälle gelten auch Berufssportunfälle. (9) Der Versicherer ist nach Maßgabe des § 39 W G von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn er den gesetzlichen Vorschriften entsprechend gemahnt hat. Leistungepflicht besteht auch dann nicht, wenn der Versicherungsnehmer nach Ablauf der gesetzten Frist die rückständigen Beiträge, Gebühren und Kosten gegen Treu und Glauben erst in einem Zeitpunkt zahlt, in dem er bereite weiß, daß der Eintritt des Versicherungsfalls nicht mehr ungewiß ist. (10) Die Leistungspflicht des Versicherers erlischt mit Beendigung des Versicherungsvertrags. Für schwebende Versicherungsfälle werden nur die Aufwendungen ersetzt, die bis zu diesem Zeitpunkt entstanden sind. Wenn ohne den Nachweis von Aufwendungen eine fest« Summe zu leisten ist, wird sie nur für die vor diesem Zeitpunkt liegende Zeit gewährt. Kündigt der Versicherer den Versicherungsvertrag gemäß § 2 Abs. 2 c Ziff. 1, so gelten für schwebende Versicherungsfälle Satz 2 und 3 mit der Maßgabe, daß längstens bis zum 30. Tage nach Beendigung des Versicherungsvertrags geleistet wird.

§5 Versicherungsfall (1) Eintritt des Versicherungsfalls a) Der Versicherungsfall beginnt mit dem Eintritt in eine Heilbehandlung, in deren Verlauf die Aufnahme in ein Krankenhaus notwendig wird; er endet, sobald nach ärztlichem Befund Behandlungsbediirftigkeit nicht mehr besteht. Eine während der Behandlung neu eingetretene und behandelte Krankheit begründet nur dann einen neuen Versicherungsfall, wenn sie mit der ersten nicht in ursächlichen Zusammenhang steht. b) Versicherungsfälle sind auch Entbindung und Tod, soweit hierfür Leistungen vereinbart sind. (2) Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls Der Versicherer ist mit der in § 6 Abs. 3 W G vorgeschriebenen Einschränkung von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn eine der nachstehenden Obliegenheiten von dem Versicherungsnehmer oder einer versicherten Person verletzt wird: a) Der Versicherungsnehmer und die versicherten Personen sind verpflichtet, dem § 62 W G entsprechend nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen. b) Die Krankenhausbehandlung ist binnen 10 Tagen nach ihrem Beginn durch Einreichung einer Aufnahmebescheinigung des Krankenhauses nebst ärztlichem Befund anzuzeigen. Bei verspätetem Zugang der Anzeige werden Leistungen erst von diesem Tage an gewährt, jedoch nicht vor dem im Tarif vorgesehenen Zeitpunkt. c) Die geforderten Nachweise sind spätestens drei Monate nach Entlassung aus dem Krankenhaus einzureichen. Dauert die Behandlung länger als drei Monate, so ist mindestens bis zum Ende des vierten Monats nach Beginn der Behandlung und dann jeweils nach Ablauf von drei Monaten eine Zwischenrechnung vorzulegen. Können die Nachweise nicht rechtzeitig vorgelegt werden, so muß dem Versicherer dies mitgeteilt werden. d) Dem Versicherer ist gemäß § 34 W G jede Auskunft zu erteilen, die zur Feststellung der Leistungspflicht erforderlich ist. e) Die versicherte Person ist verpflichtet, sich auf Verlangen des Versicherers durch einen von diesem bestimmten Arzt untersuchen zu lassen. Das Ergebnis der Untersuchung Wriede

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Anm. [A 48]

ist bindend, wenn es nicht durch ein amtsärzltiches Gutachten widerlegt wird. Die Kosten des erstgenannten Gutachtens trägt der Versicherer, die des amtsärztlichen Gutachtens der unterlegene Teil.

§6 Verschiedene Bestimmungen (1) Willenserklärungen und Anzeigen a) Willenserklärungen und Anzeigen haben nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie dem Versicherer (Vorstand des Versicherungeunternehmens) oder der zuständigen Geschäftsstelle schriftlich zugegangen sind. b) Kündigung, Rücktritt und Anfechtung durch den Versicherer müssen durch eingeschriebenen Brief erfolgen. c) Willenserklärungen und Anzeigen, die yon Vermittlungs- und Inkassoagenten entgegengenommen oder abgegeben werden, sind für den Versicherer nicht rechtsverbindlich. (2) Mehrfachversicherung a) Ohne Einwilligung des Versicherers darf für die versicherten Personen weder ein weiterer Krankenversicherungsvertrag abgeschlossen noch von der Versicherungsberechtigung in der gesetzlichen Krankenversicherung Gebrauch gemacht werden, wenn hierdurch der Umfang des bisherigen Versicherungsschutzes erweitert würde. Wird hiergegen verstoßen, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei und zur fristlosen Kündigung berechtigt. § β Abs. 1 W G findet Anwendung. b) Die versicherten Personen haben hinsichtlich der Bestimmungen zu a) die gleichen Verpflichtungen wie der Versicherungsnehmer; ihre Kenntnis und ihr Verschulden stehen denen des Versicherungsnehmers gleich. c) Besteht mit Einwilligung des Versicherers ein weiterer Krankenversicherungsvertrag oder mit Wiesen des Versicherers Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung, so ist es dem Versicherungsnehmer freigestellt, welchen Versicherer er in Anspruch nehmen will. d) Hat der Versicherungsnehmer eine Doppelversicherung in der Absicht genommen, sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, so ist dieser Vertrag nichtig; im übrigen gilt § 69 Abs. 3 W G . (3) Ansprüche gegen Dritte a) Besteht Anspruch auf Leistungen aus einer gesetzlichen Unfallversicherung, auf ein Heilverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf eine sonstige gesetzliche Heilfiirsorge, so ist der Versicherer, soweit er laut Tarif Kostenersatz zu gewähren hat, nur für die Aufwendungen ersatzpflichtig, welche trotz der gesetzlichen Leistungen notwendig bleiben. b) Hat der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person Schadenersatzansprüche nichtversicherungsrechtlicher Art gegen Dritte, so besteht die Verpflichtung, unbeschadet des gesetzlichen Forderungsübergange gemäß § 67 W G diese Ansprüche bis zu der Höhe, in der aus diesem Vertrag Kostenersatz geleistet ist, an den Versicherer schriftlich abzutreten. Gibt der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person einen solchen Anspruch oder ein zur Sicherung des Anspruchs dienendes Recht ohne Zustimmung des Versicherers auf, so wird dieser insoweit von der Verpflichtung zur Leistung frei, als er aus dem Anspruch oder dem Recht hätte Ersatz erlangen können. (4) Abtretung, Aufrechnung und Verpfändung a) Forderungen gegen den Versicherer können weder abgetreten noch verpfändet werden. b) Der Versicherungsnehmer kann gegen Forderungen des Versicherers weder aufrechnen noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. (5) Erfüllungsort und Gerichtsstand Erfüllungsort für die beiderseitigen Leistungen aus dem Versicherungsvertrag sind die Geschäftsräume des Vorstands am Sitz des Versicherers oder die Geschäftsräume der Haupt-

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Wriede

I I . Spez. Rqu. — A V B Krankentagegeldvers.

Anm. [ A 44]

Verwaltung. Gemäß § 48 W G können Klagen des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auch bei dem Gericht des Ortes anhängig gemacht werden, wo der Agent, der den Vertrag vermittelt hat, zur Zeit der Vermittlung seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer gewerblichen Niederlassung seinen Wohnsitz hatte. (6) Änderung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen Wird im Tarif das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers ( § 2 Abs. 2 c Ziff. 1) auf die ersten drei Versicherungsjahre beschränkt, so können Grundbedingungen und Tarife mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde auch mit Wirkung für bestehende Versicherungsverhältnisse geändert werden, soweit sie Bestimmungen über Leistungen des Versicherungsnehmers und des Versicherers, Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls, Willenserklärungen und Anzeigen, Mehrfachversicherung, Ansprüche gegen Dritte, Abtretung, Aufrechnung und Verpfändung betreffen. Soweit der Geschäftsplan vorsieht, daß Bückstellungen für das mit dem Alter der versicherten Personen wachsende Wagnis zu bilden sind, ist eine Erhöhung der Beiträge oder eine Minderung der Leistungen des Versicherers mit Bücksicht auf das Älterwerden der versicherten Personen während der Dauer des Versicherungsvertrags ausgeschlossen. [ A 44] ccc) Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung Teil I Grundbedingungen (Fassung Dezember 1954) Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz gegen Folgen von Krankheiten und Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit hervorgerufen wird, außerdem etwa noch vereinbarte Nebenleistungen. Umfang und Inhalt des Versicherungsschutzes ergeben sich aus den im Versicherungsschein aufgenommenen Besonderen Bedingungen, dem vereinbarten Tarif, den Grundbedingungen sowie den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere dem Gesetz über den Versicherungsvertrag ( W G ) .

§1 Abschluß des Versicherungsvertrags (1) Der Versicherungsvertrag kommt durch Annahme eines Versicherungsantrags durch den Versicherer (Vorstand des Versicherungsunternehmens) zustande. (2) Der Versicherungsantrag ist auf dem hierfür bestimmten Vordruck zu stellen. Eine Abschrift des Antrags ist dem Antragsteller spätestens mit dem Versicherungsschein auszuhändigen. Der Antragsteller ist sechs Wochen an seinen Antrag gebunden. ( 3 ) Die Annahme erfolgt durch schriftliche Erklärung oder durch Aushändigung oder Angebot des Versicherungsscheins. Kommt der Versicherungsvertrag nicht zustande, so sind empfangene Leistungen mit Ausnahme der Antragegebühr zurückzugewähren. (4) Der Antragsteller und die zu versichernden Personen bevollmächtigen den Versicherer im Versicherungsantrag, jederzeit alle für erforderlich erachteten Auskünfte bei Dritten (Ärzten, Heilbehandlern, Krankenanstalten, Versicherern, Behörden usw.) einzuholen und entbinden diese von ihrer Schweigepflicht.

§ 3 Beginn, Ende und Auflösung des Versicherungsvertrags (1) Der Versicherungsvertrag beginnt mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt des Inkrafttretens. Gleichzeitig beginnt das erste Versicherungejahr. (2) Der Versicherungsvertrag endet durch: a) Eintritt folgender Ereignisse: 1. Wenn eine versicherte Person aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von mindestens 60% eine Bente aus der gesetzlichen Kenten- oder Unfallversicherung bezieht oder durch ärztliches Zeugnis festgestellt ist, daß die Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 5 Wriede

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Anm. [A 44]

Krankenvers. Α. Rechtsquellen

Abs. l a nicht nur vorübergehend besteht, endet der Versicherungsvertrag hinsichtlich dieser versicherten Personen, jedoch nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für den laufenden Versicherungsfall zu gewähren hat. Der Tarif kann die Fortsetzung des Vertrags auch zu neuen Bedingungen vorsehen. 2. Wenn eine versicherte Person das 65. Lebensjahr vollendet hat, endet insoweit der Versicherungsvertrag zum Schluß der laufenden Versicherungsperiode. Der Tarif kann die Fortsetzung des Vertrags, auch zu neuen Bedingungen, vorsehen. 3. Bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit einer versicherten Person endet der Versicherungsvertrag insoweit zum Schluß der Versichcrungsperiode, in der die Voraussetzung wegfällt. Der Tarif kann die Fortsetzung des Vertrage, auch zu neuen Bedingungen, vorsehen. 4. Tod des Versicherungsnehmers oder aller versicherten Personen mit Ablauf der Versicherungsperiode, in der der Tod eintritt. Bei Tod des Versicherungsnehmers haben die überlebenden versicherten Personen das Recht, den Versicherungsvertrag zu tarifmäßigen Bedingungen fortzusetzen. Die Erklärung ist binnen zwei Monaten nach dem Tode abzugeben. b) Kündigung durch den Versicherungsnehmer 1. Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag zum Schluß eines jeden Versicherungsjahres mit einer Frist von drei Monaten kündigen. 2. Vermindert der Versicherer seine Leistungen oder erhöht er die Beiträge mit Wirkung auch für bestehende Versicherungsverhältnisse, so kann der Versicherungsnehmer den davon betroffenen Versicherungsvertrag mit einer Frist von einem Monat zum Schluß des zweiten Monats nach dem Wirksamwerden der Änderung kündigen. Im Falle einer Kündigung des Versicherungsvertrags ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, die eingetretene Leistungsminderung oder Beitragserhöhung für die Zeit vom Wirksamwerden der Änderung bis zur Beendigung des Versicherungsvertrags gegen sich gelten zu lassen. c) Kündigung durch den Versicherer 1. Der Versicherer kann den Versicherungsvertrag zum Schluß eines jeden Versicherungsjahres mit einer Frist von drei Monaten kündigen; im Tarif kann dieses Kündigungsrecht des Versicherers beschränkt werden. 2. Ein außerordentliches Kündigungsrecht steht dem Versicherer außer in den Fällen des § β Abs. 8 der Grundbedingungen und der §§ 24, 27 (Gefahrerhöhung), 39 (Zahlungsverzug) und 41 W G (schuldlose Unterlassung von vorvertraglichen Anzeigen) zu, wenn der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person Leistungen des Versicherers unberechtigterweise in Anspruch genommen hat oder dem Versicherer die Fortsetzung des Vertrags nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann. Die Kündigung kann fristlos und nur innerhalb von einem Monat erfolgen, seitdem der Versicherer (Vorstand des Versicherungsunternehmens) von den Tatsachen, aus denen sich das Recht zur Kündigung ergibt, Kenntnis erhalten hat. 3. Treffen die Voraussetzungen für eine Kündigung durch den Versicherer nur auf einen Teil der versicherten Personen zu, so kann die Kündigung auf diese beschränkt werden. In diesem Fall ist der Versicherungsnehmer berechtigt, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung seinerseits den übrigen Teil des Vertrags zum gleichen Zeitpunkt zu kündigen. (8) Der Versicherungsvertrag wird aufgelöst durch: a) Rücktritt des Versicherers wegen schuldhafter Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht (§§ 16—21, 30 WG). Bleibt der Rücktritt auf einen Teil der versicherten Personen beschränkt, so ist der Versicherungsnehmer berechtigt, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Rücktrittserklärung seinerseits den übrigen Teil des Vertrags zum gleichen Zeitpunkt zu kündigen. b) Anfechtung durch den Versicherer wegen arglistiger Täuschung (§ 22 WG). Κ 32

Wriede

II. Spez. Rqu. — AVB Krankentagegeldvers.

Anm. [Â 44]

§3 Leistungen des Versicherungsnehmers (1) Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die vertraglich vereinbarten Beiträge, Gebühren nnd Kosten zu entrichten. (2) Die Beiträge sind im voraus am ersten Tage jeder Versicherungsperiode fällig. (3) Die Leistnngspflicht des Versicherungsnehmers entsteht mit Abschluß des Versicherungsvertrags. Der erst» Beitrag ist für die Versicherungsperiode zu entrichten, in der der Versicherungsvertrag in Kraft tritt (§ 2 Abs. 1); er ist einschließlich fälliger Gebühren und Kosten spätestens bei Aushändigung des Versicherungsscheins zu zahlen. (4) Die Leistungspflicht des Versicherungsnehmers erlischt mit Beendigung des Versicherungsvertrags. Der letzte Beitrag ist für die Versicherungsperiode zu entrichten, in der der Vertrag endet. (5) Die Beitragsschuld ist Bringschuld; die Beiträge sind kostenfrei an eine vom Versicherer zu bezeichnende Stelle zu entrichten. Der Versicherer kann bestimmen, daß die Beiträge gegen eine im Tarif festgesetzte Hebegebühr abgeholt werden. (6) Ist ein Beitrag nicht rechtzeitig gezahlt und wird der Versicherungsnehmer schriftlich gemahnt, so ist er zur Zahlung der Mahngebühr verpflichtet, deren Höhe sich aus dem Tarif ergibt. Als Nachweis dafür, daß und zu welchem Zeitpunkt gemahnt worden ist, genügt grundsätzlich ein Durchschlag des Mahnschreibens in den Akten des Versicherere.

§4 Leistungen des Versicherers (1) Der Versicherer ist verpflichtet, dem Versicherungsnehmer im Falle der Arbeitsunfähigkeit der versicherten Personen infolge von Krankheit oder Unfall das im Tarif vorgesehene Krankentagegeld zu zahlen. Außerdem sind sonstige im Tarif aufgeführte Leistungen zu bewirken. Der Versicherungsschutz ist auf Deutschland beschränkt; er kann durch Vereinbarung auf Auelandsaufenthalt ausgedehnt werden. (2) Die Leistungspflicht des Versicherers beginnt mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt des Inkrafttretens des Versicherungsvertrags, jedoch nicht vor Zahlung des ersten Beitrags und nicht vor Ablauf der Wartezeiten. Krankheiten und Unfälle, die zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem Beginn der Leistungspflicht behandelt wurden oder dem Versicherungsnehmer oder der versicherten Person bekanntgeworden sind, sowie ihre Folgen begründen jedoch keine Leistungspflicht für die Versicherungsfälle, die vor Ablauf des dritten Versicherungsjahres eingetreten sind. Den Nachweis, daß die Ausschlnßgründe nicht vorliegen, hat der Versicherungsnehmer zu erbringen, wenn die Krankheit innerhalb von sechs Monaten nach Vertragsabschluß auftritt. Leistungspflicht besteht ferner nicht gemäß §§ 20, 22 WG, sofern der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt hat und der Versicherer deshalb vom Versicherungsvertrag zurücktritt oder ihn anficht (§ 2 Abs. 3 a, b). (3) Die Wartezeiten laufen von dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt des Inkrafttretens des Versicherungsvertrags. a) Die allgemeine Wartezeit beträgt drei Monate. b) Die besonderen Wartezeiten ergeben sich aus dem Tarif. (4) Der Versicherer ist zur Leistung nur verpflichtet, wenn ihm die im Tarif geforderten Nachweise erbracht sind; diese gehen in das Eigentum des Versicherers über. Bei Vorlage von Rechnungen kann der Versicherer den Nachweis vorheriger Bezahlung fordern. (5) Der Versicherer ist berechtig^ an den Überbringer von ordnungsmäßigen Belegen die Leistungen zu bewirken. (β) Die Kosten der Überweisung werden von den Leistungen abgezogen. (7) Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei für die Krankheiten einschl. ihrer Folgen, die Unfälle und die Todesfälle, die der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person vorsätzlich oder bei Begehen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens herbeigeführt hat; gleiches gilt für die Krankheiten einschl. ihrer Folgen, die UnS

B r u c k - M ö l l e r , W G , 8. Aufl. VI (Wrlede)

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Anm. [A 44]

Krankeiivers. Α. Rechtsquellen

fälle und die Todesfälle, die auf einer Sucht oder ihren Folgen beruhen oder durch Kriegsereignisse herbeigeführt worden sind, sowie für sonstige im Tarif oder durch Besondere Bedingungen ausgeschlossene Ereignisse. Für die Mitversicherung von Berufsunfällen und diesen gesetzlich gleichgestellten Berufskrankheiten sind Beitragszuechläge zu zahlen, wenn der Tarif diese vorsieht. Als Berufsunfälle gelten Unfälle, die in Ausübung einer auf Erwerb gerichteten Tätigkeit entstehen. Als Berufeunfälle gelten auch Berufssportunfälle. ( 8 ) Der Versicherer ist nach Maßgabe des § 39 W G von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn er den gesetzlichen Vorschriften entsprechend gemahnt hat. Leistungepflicht besteht auch dann nicht, wenn der Versicherungsnehmer nach Ablauf der gesetzten Frist die rückständigen Beiträge, Gebühren und Kosten gegen Treu und Glauben erst in einem Zeitpunkt zahlt, in dem er bereits weiß, daß der Eintritt des Versicherungsfalls nicht mehr ungewiß ist. (9) Die Leistungepflicht des Versicherers erlischt mit Beendigung des Versicherungsvertrags. Für schwebende Versicherungsfälle werden das Krankentagegeld sowie sonstige im Tarif aufgeführte Leistungen nur bis zum Tage der Beendigung des Versicherungsvertrags gewährt; kündigt der Versicherer den Versicherungsvertrag gemäß § 2 Abs. 2c Ziff. 1, so erlischt die Leistungspflicht erst am 30. Tage nach Beendigung des Versicherungsvertrags.

§ 5 (1) Eintritt des Versicherungsfalls

Versicherungefall

a) Der Versicherungefall beginnt mit dem Eintritt in eine Heilbehandlung, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit oder Unfall ärztlich festgestellt wird; er endet, sobald nach ärztlichem Befund weder Behandlungsbedürftigkeit noch Arbeitsunfähigkeit mehr besteht. Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt nur dann vor, wenn die versicherte Person nicht in der Lage ist, ihrer Arbeit nachzugehen, und auch nicht mitarbeitend, leitend oder aufsichtsführend tätig sein kann. b) Versicherungsfälle sind auch Entbindung und Tod, soweit hierfür Leistungen vereinbart sind. ( 2 ) Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls Der Versicherer ist mit der in § β Abs. 3 W G vorgeschriebenen Einschränkung von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn eine der nachstehenden Obliegenheiten von dem Versicherungsnehmer oder einer versicherten Person verletzt wird: a) Die versicherte Person ist verpflichtet, nach Möglichkeit für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu sorgen; sie hat insbesondere die Vorschriften des Arztes gewissenhaft zu befolgen und alle Handlungen zu unterlassen, die der Genesung hinderlich sind. b) Entsprechend dem § 33 W G ist die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit dem Versicherer unverzüglich, spätestens aber innerhalb der im Tarif festgesetzten Frist, durch Vorlage eines Nachweises anzuzeigen. Bei verspätetem Zugang der Anzeige wird das Krankentagegeld erst vom Zugangstage an gewährt, jedoch nicht vor dem im Tarif vorgesehenen Zeitpunkt. Fortdauernde Arbeitsunfähigkeit ist dem Versicherer wöchentlich nachzuweisen. c) Die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ist durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung dem Versicherer binnen drei Tagen anzuzeigen. d) Dem Versicherer und dem von ihm beauftragten Krankenbesucher ist gemäß § 34 W G jede Auskunft zu erteilen, die zur Feststellung der Leistungspflicht erforderlich ist. e) Die versicherte Person ist verpflichtet, sich auf Verlangen des Versicherers durch einen von diesem bestimmten Arzt untersuchen zu lassen. Das Ergebnis der Untersuchung ist bindend, wenn es nicht durch ein amtsärztliches Gutachten widerlegt wird. Die Kosten des erstgenannten Gutachtens trägt der Versicherer, die des amtsärztlichen Gutachtens der unterlegene Teil.

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Wriede

II. Spez. Rqu. — AVB Krankentagegeldvers.

Anm. [A 44]

§6 Verschiedene Bestimmungen (1) Willenserklärungen und Anzeigen a) Willenserklärungen und Anzeigen haben nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie dem Versicherer (Vorstand des Versicherungeunternehmens) oder der zuständigen Geschäftsstelle schriftlich zugegangen sind. b) Kündigung, Rücktritt und Anfechtung durch den Versicherer müssen durch eingeschriebenen Brief erfolgen. c) Willenserklärungen und Anzeigen, die von Vermittlung«- und Inkassoagenten entgegengenommen oder abgegeben werden, sind für den Versicherer nicht rechtsverbindlich. (2) Wegfall der Versicherungsfähigkeit a) Der Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit einer versicherten Person ist dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. b) Erlangt der Versicherer von dem Eintritt dieses Ereignisses erst später Kenntnis, so sind beide Teile verpflichtet, die für die Zeit nach Beendigung des Versicherungsvertrags empfangenen Leistungen einander zurückzugewähren, der Versicherer jedoch abzüglich 10 v. H. als Verwaltungsgebühr. (3) Mehrfachversicherung Ein weiterer Versicherungsvertrag auf Krankentagegeld oder Krankenhaustagegeld darf für die versicherten Personen nur mit Einwilligung des Versicherers abgeschlossen werden, wenn hierdurch der Umfang des bisherigen Versicherungsschutzes erweitert würde. Der AbschluB eines Versicherungsvertrags auf Krankheitskostenersatz ist dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Wird hiergegen verstoßen, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei und zur fristlosen Kündigung berechtigt. § β Abs. 1 W G findet Anwendung. (4) Abtretung, Aufrechnung und Verpfändung a) Forderungen gegen den Versicherer können weder abgetreten noch verpfändet werden. b) Der Versicherungsnehmer kann gegen Forderungen des Versicherers weder aufrechnen noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. (5) Erfüllungsort und Gerichtsstand Erfüllungsort für die beiderseitigen Leistungen aus dem Versicherungsvertrag sind die Geschäfteräume des Vorstands am Sitz des Versicherers oder die Geschäftsräume der Hauptverwaltung. Gemäß § 48 W G können Klagen des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auch bei dem Gericht des Ortes anhängig gemacht werden, wo der Agent, der den Verlag vermittelt hat, zur Zeit der Vermittlung seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer gewerblichen Niederlassung seinen Wohnsitz hatte. (β) Änderung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen Wird im Tarif das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers (§ 2 Abs. 2 c Ziff. 1) auf die ersten drei Versicherungsjahre beschränkt, so können Grundbedingungen und Tarife mit Genehmigung der Aufsichtebehörde auch mit Wirkung für bestehende Versicherungsverhältnisse geändert werden, soweit sie Bestimmungen über Leistungen des Versicherungsnehmers und des Versicherers, Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls, Willenserklärungen und Anzeigen, Mehrfachversicherung, Abtretung, Aufrechnung und Verpfändung betareffen. Soweit der Geschäfteplan vorsieht, daß Bückstellungen für das mit dem Alter der versicherten Personen wachsende Wagnis zu bilden sind, ist eine Erhöhung der Beiträge oder eine Minderung der Leistungen des Versicherers mit Bücksicht auf das Älterwerden der versicherten Personen während der Dauer des Versicherungsvertrags ausgeschlossen. 3»

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Kranken vers. Α. Rechtsquellen

Anm. [A 46]

[A 45] ec) Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung Tell I Musterbedingungen des Verbandes der prlTaten K r a n k e n v e r s i c h e r u n g (MB KK) Der Versicherungsschutz

§1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes (1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz für Krankheiten, Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse. Er gewährt im Versicherungsfall a) in der Krankheitskostenversicherung Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen, b) in der Krankenhaustagegeldversicherung bei stationärer Behandlung ein Krankenhaustagegeld. (2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr besteht. Muß die Heilbehandlung auf eine Krankheit oder Unfallfolge ausgedehnt werden, die mit der bisher behandelten nicht ursächlich zusammenhängt, so entsteht insoweit ein neuer Versicherungefall. Als Versicherungsfall gelten auch a) Untersuchung und Behandlung wegen Schwangerschaft^ b) Entbindung und Tod, soweit hierfür Leistungen vereinbart sind. (8) Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich aus dem Versicherungsschein, späteren schriftlichen Vereinbarungen, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Musterbedingungen, Tarif mit Tarifbedingungen) sowie den gesetzlichen Vorschriften. (4) Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf Heilbehandlung in Europa. Er kann durch Vereinbarung auf außereuropäische Länder ausgedehnt werden (Vgl. aber § 15 Abs. 3). § 3 Beginn des Versicherungsschutzes (1) Der Versicherungsschutz beginnt mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt (Versicherungsbeginn), jedoch nicht vor AbschluÜ des Versicherungsvertrages, nicht vor Zahlung des ersten Beitrages bzw. der ersten Beitragsrate und nicht vor Ablauf von Wartezeiten. Für Versicherungsfälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sind, wird nicht geleistet. ( 2 ) Bei Neugeborenen beginnt der Versicherungsschutz ohne Wartezeiten unmittelbar nach der Geburt, wenn am Tage der Geburt ein Elternteil mindestens drei Monate beim Versicherer versichert ist und die Anmeldung zur Versicherung spätestens zwei Monate nach dem Tage der Geburt rückwirkend zum Ersten des Geburtsmonats erfolgt Der Versicherungsschutz darf nicht höher oder umfassender als der eines versicherten Elternteils sein.

§3 Wartezeiten (1) Die Wartezeiten rechnen vom Versicherungsbeginn an. (2) Die allgemeine Wartezeit beträgt drei Monate. Κ 36

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II. Spez. Rqu. — Musterbed. priv. Krankenvers.

Anm. [A 45]

Sie entfällt a) bei Unfällen und folgenden akuten Infektionskrankheiten: Bötein, Masern, Windpocken, Scharlach, Diphtherie, Keuchhusten, Ziegenpeter (Mumps), spinale Kinderlähmung, epidemische Genickstarre, Ruhr, Parathyphus, Typhus, Flecktyphus, Cholera, Pocken, Wechselfieber und Bückfallfieber; b) für den Ehegatten einer mindestens seit drei Monaten versicherten Person, sofern eine gleichartige Versicherung innerhalb zweier Monate nach der Eheschließung beantragt wird. (3) Die besonderen Wartezeiten betragen für Eingeweidebrüche, Geschwulstkrankheiten, Tuberkulose, Erkrankungen des zentralen Nervensystems, Geistes- und Gemütskrankheiten, Psychosen sechs Monate, für Entbindung, Zahnbehandlung und Zahnersatz acht Monate. (4) Sofern der Tarif es vorsieht, können die Wartezeiten aufgrund besonderer Vereinbarung erlassen werden, wenn ein ärztliches Zeugnis über den Gesundheitszustand vorgelegt wird. (5) Personen, die aus einer gesetzlichen Krankenversicherung, studentischen Pflichtkrankenversicherung oder einem öffentlichen Dienst mit Anspruch auf freie Heilfürsorge ausscheiden, wird die nachweislich dort ununterbrochen zurückgelegte Versicherungsbzw. Dienstzeit auf die Wartezeiten angerechnet, wenn eine Krankheitekostenvollversicherung vor Beendigung der Vorversicherung bzw. Dienstzeit oder innerhalb zweier Monate danach beantragt wird, der Versicherungsschutz in Abweichung von § 2 Abs. 1 Satz 1 im unmittelbaren Anschluß beginnen soll und die Beendigung der Vorversicherung bzw. Dienstzeit innerhalb dreier Monate nach Inkrafttreten nachgewiesen wird. Eine entsprechende Anrechnung kann auch bei Brankheitskostenteilversicherungen und Brankenhaustagegeldversicherungen erfolgen, wenn sie gleichzeitig neben einer Krankheitskostenvollversicherung abgeschlossen werden.

(1) (2)

(3) (4)

(5)

(6)

§ 4 Umfang der Leistungepflicht Art und Höhe der Versicherungsleistungen ergeben sich aus dem Tarif mit Tarifbedingungen. Der versicherten Person steht die Wahl unter den approbierten und niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten frei. Soweit die Tarifbedingungen nichts anderes bestimmen, dürfen Heilpraktiker im Sinne des deutschen Heilpraktikergesetzes in Anspruch genommen werden. Arznei-, Heil- und Hilfsmittel müssen von den in Abs. 2 genannten Behandlern verordnet, Arzneimittel außerdem aus der Apotheke bezogen werden. Bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung hat die versicherte Person freie Wahl unter den öffentlichen und privaten Krankenhäusern, die unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen, nach wissenschaftlich allgemein anerkannten Methoden arbeiten und Krankengeschichten führen. Für medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung in Krankenanstalten, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlung durchführen oder Rekonvaleszenten aufnehmen, im übrigen aber die Voraussetzungen von Abs. 4 erfüllen, werden die tariflichen Leistungen nur dann gewährt, wenn der Versicherer diese vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt hat. Bei Tbc-Erkrankungen wird in vertraglichem Umfange auch für die stationäre Behandlung in Tbc-Heilstätten und -Sanatorien geleistet.

§5 Einschränkung der Leistungspflicht (1) Keine Leistungspflicht besteht a) für solche Krankheiten einschließlich ihrer Folgen sowie für Folgen von Unfällen und für Todesfälle, die durch Kriegsereignisse verursacht oder als WehrdienstbeWriede

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Krankenvers. Α. Rechtsquellen

Anm. [A 46]

Schädigung anerkannt nnd nicht ausdrücklich in den Versicherungsschutz eingeschlossen sind; b) für auf Vorsatz oder auf Sucht beruhende Krankheiten und Unfälle einschließlich deren Folgen; c) für Kosten einer Behandlung durch Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker und in Krankenanstalten, deren Rechnungen der Versicherer aus wichtigem Grunde ron der Erstattung ausgeschlossen hat, wenn der Versicherungefall nach der Benachrichtigung des Versicherungsnehmers über den Leistungsausschluß eintritt. Sofern im Zeitpunkt der Benachrichtigung ein Versicherungsfall schwebt, besteht keine Leistungspflicht für die nach Ablauf yon drei Monaten seit der Benachrichtigung entstandenen Aufwendungen; d) für Kur- und Sanatoriumsbehandlung sowie Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Versicherungsträger, wenn der Tarif nichts anderes vorsieht; e) für Kosten einer ambulanten Heilbehandlung in einem Heilbad oder Kurort. Die Einschränkung entfällt, wenn die versicherte Person dort ihren ständigen Wohnsitz hat oder während eines vorübergehenden Aufenthaltes durch eine vom Aufenthaltszweck unabhängige Erkrankung oder einen dort eingetretenen Unfall Heilbehandlung notwendig wird; f) für Aufwendungen, die durch wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden und Arzneimittel entstehen; g) für Behandlungen durch Ehegatten, Eltern oder Kinder. Nachgewiesene Sachkosten werden tarifgemäß erstattet; h) für eine durch Siechtum, Pflegebedürftigkeit oder Verwahrung bedingte Behandlung oder Unterbringung. (2) Absatz 1 gilt entsprechend für Krankenhaustagegeldleistungen. (3) Übersteigt eine Heilbehandlung das medizinisch notwendige Maß, so kann der Versicherer seine Leistungen auf einen angemessenen Betrag herabsetzen. (4) Besteht Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder der gesetzlichen Rentenversicherung, auf eine gesetzliche Heilfürsorge oder Unfallfürsorge, so ist der Versicherer, unbeschadet der Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Krankenhaustagegeld, nur für die Aufwendungen leistungspflichtig, welche trotz der gesetzlichen Leistungen notwendig bleiben.

§6 Auszahlung der Versicherungsleistungen (1) Der Versicherer ist zur Leistung nur verpflichtet, wenn die von ihm geforderten Nachweise erbracht sind; diese werden Eigentum des Versicherers. (2) Der Versicherer ist berechtigt, an den Überbringer von ordnungsmäßigen Nachweisen zu leisten. (8) Die in ausländischer Währung entstandenen Krankheitekosten werden zum Kurs des Tages, an dem die Belege beim Versicherer eingehen, in Deutsche Mark umgerechnet. (4) Kosten für die Überweisung der Versicherungsleistungen und für Übersetzungen können von den Leistungen abgezogen werden. (5) Ansprüche auf Versicherungeleistungen können weder abgetreten noch verpfändet werden.

Ende des Versicherungsschutzes Der Versicherungsschutz endet — auch für schwebende VersicherungsfäUe — mit der Beendigung des Versicherungsverhältnisses. Κ 38

Wriede

II. Spez. Rqu. — Musterbed. priv. Krankenvers.

Anm. [Á 45]

Pflichten des Versicherungsnehmers

§8 Beitragszahlung (1) Der Beitrag ist ein Jahresbeitrag und wird vom Versicherungsbeginn an berechnet. Er ist zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres zu entrichten, kann aber auch in gleichen monatlichen Beitragsraten gezahlt werden, die jeweils bis zur Fälligkeit der Beitragsrate als gestundet gelten. Die Beitragsraten sind am Ersten eines jeden Monats fällig. (2) Wird der Vertrag für eine bestimmte Zeit mit der Maßgabe geschlossen, daO sich das Versicherungsyerhältnis nach Ablaut dieser bestimmten Zeit stillschweigend um jeweils ein Jahr verlängert, sofern der Versicherungsnehmer nicht fristgemäß gekündigt hat, so kann der Tarif an Stelle von Jahresbeiträgen Monatsbeiträge vorsehen. Diese sind am Ersten eines jeden Monats fällig. (3) Der erste Beitrag bzw. die erste Beitragsrate ist spätestens unverzüglich nach Aushändigung des Versicherungsscheines zu zahlen. (4) Kommt der Versicherungsnehmer mit der Zahlung einer Beitragsrate in Verzug, so werden die gestundeten Beitragsraten des laufenden Versicherungsjahres fällig. Sie gelten jedoch erneut als gestundet, wenn der rückständige Beitragsteil einschließlich der Beitragsrate für den am Tage der Zahlung laufenden Monat und die Mahnkosten entrichtet sind. (6) Ist ein Beitrag bzw. eine Beitragerate nicht rechtzeitig gezahlt und wird der Versicherungsnehmer schriftlich gemahnt, so ist er zur Zahlung der Mahnkosten verpflichtet, deren Höhe sich aus dem Tarif ergibt. (β) Die Beiträge bzw. Beitragsraten sind bis zum Ablauf des Monats zu zahlen, in dem das Versicherungsverhältnis endet. (7) Die Beiträge sind an die vom Versicherer zu bezeichnende Stelle zu entrichten.

§9 Obliegenheiten (1) Jede Krankenhausbehandlung ist binnen 10 Tagen nach ihrem Beginn anzuzeigen. (2) Der Versicherungsnehmer hat auf Verlangen des Versicherers jede Auskunft zu erteilen, die zur Feststellung des Versicherungefalles oder der Leistungspflicht des Versicherers und ihres Umfanges erforderlich ist. (3) Auf Verlangen des Versicherers ist die versicherte Person verpflichtet, sich durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen zu lassen. (4) Wird für eine versicherte Person bei einem weiteren Versicherer ein Krankheitskostenversicherungsvertrag abgeschlossen oder macht eine versicherte Person von der Versicherungsberechtigung in der gesetzlichen Krankenversicherung Gebrauch, ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, den Versicherer von der anderen Versicherung unverzüglich zu unterrichten. (5) Eine weitere Krankenhaustagegeldversicherung darf nur mit Einwilligung des Versicherers abgeschlossen werden. § 1 0 Folgen von Obliegenheitsverletzungen (1) Der Versicherer ist mit der in § 6 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz ( W G ) vorgeschriebenen Einschränkung von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn eine der in § 9 Abs. 1 bis 3 genannten Obliegenheiten verletzt wird. Die Kenntnis und das Verschulden der versicherten Person stehen der Kenntnis und dem Verschulden des Versicherungsnehmers gleich. (2) Wird eine der in § 9 Abs. 4 und 5 genannten Obliegenheiten verletzt, so ist der Versicherer nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 W G von der Verpflichtung zur Leistung frei, Wriede

Κ 39

Krankenvers. A. Rechtsquellen

Ânm. [A 46]

wenn er von seinem Kündigungsrecht innerhalb eines Monats nach dem Bekanntwerden Gebrauch macht. § 1 1 Ansprüche gegen Dritte Hat der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person Schadenersatzansprüche nichtversicherungsrechtlicher Art gegen Dritte, so besteht, unbeschadet des gesetzlichen Forderungsüberganges gemäß § 67 YVG, die Verpflichtung, diese Ansprüche bis zur Höhe, in der aus dem Versicherungsvertrag Kostenersatz geleistet wird, an den Versicherer schriftlich abzutreten. Gibt der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person einen solchen Anspruch oder ein zur Sicherung des Anspruches dienendes Recht ohne Zustimmung des Versicherers auf, so wird dieser insoweit von der Verpflichtung zur Leistung frei, als er aus dem Anspruch oder dem Recht hätte Ersatz erlangen können. § 1 3 Aufrechnung Der Versicherungsnehmer kann gegen Forderungen des Versicherers weder aufrechnen noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Ende der Versicherung § 1 3 Kündigung durch den Versicherungsnehmer (1) Der Versicherungsnehmer kann das Versicherungsverhältnis zum Ende eines jeden Versicherungsjahres, frühestens aber zum Ablauf einer vereinbarten Vertragsdauer, mit einer Frist von drei Monaten kündigen. (2) Die Kündigung kann auf einzelne versicherte Personen oder Tarife beschränkt werden. (3) Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes krankenversicherungspflichtig, so kann der Versicherungsnehmer eine Krankheitskostenvollversicherung insoweit zum Ende des Monats kündigen, in dem er den Eintritt der Versicherungspflicht nachweist. Will der Versicherungsnehmer von diesem Recht Gebrauch machen, so hat er spätestens innerhalb zweier Monate nach Eintritt der Versicherungspflicht zu kündigen. Die Regelung gilt entsprechend, wenn für eine versicherte Person infolge Versicherungspflicht eines Familienmitgliedes kraft Gesetzes Anspruch auf Familienhilfe erlangt wird, eine versicherte Person in eine studentische Pflichtkrankenversicherung eintreten muß oder infolge nicht nur vorübergehenden Wehr-, Grenzschutz-, Polizei- oder anderen Dienstes Anspruch auf freie Heilfürsorge erlangt. (4) Erhöht der Versicherer die Beiträge oder vermindert er seine Leistungen gemäß § 18 Abs. 1, so kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis hinsichtlich der betroffenen versicherten Person mit einer Frist von einem Monat zum Schluß des zweiten Monats nach dem Wirksamwerden der Änderung kündigen. Vom Wirksamwerden der Änderung an muß der Versicherungsnehmer die Beitragserhöhung oder Leistungsminderung gegen sich gelten lassen. (5) Der Versicherungsnehmer kann, sofern der Versicherer die Anfechtung, den Rücktritt oder die Kündigung nur für einzelne versicherte Personen oder Tarife erklärt, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang dieser Erklärung die Aufhebung des übrigen Teils der Versicherung zum Schlüsse des Monats verlangen, in dem ihm die Erklärung des Versicherers zugegangen ist, bei Kündigung zu dem Zeitpunkt, in dem. diese wirksam wird. Κ 40

Wriede

II. Spez. Rqu. — Musterbed. priv. Krankenvers.

Anm. [Â 45]

§ 1 4 Kündigung durch den Versicherer (1) Der Yenlicherer verzichtet auf das ordentliche Kündigungsrecht. Besteht bei ihm jedoch lediglich eine Krankenhaustagegeldversicherung oder eine Krankheitskostenteilversicherung, so ist er berechtigt, das Versicherungsverhältnis zum Ende eines jeden der ersten drei Versicherungsjahre mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen. (2) Die gesetzlichen Bestimmungen über das außerordentliche Kündigungsrecht bleiben unberührt. (3) Die Kündigung kann auf einzelne versicherte Personen oder Tarile beschränkt werden. § 1 5 Sonstige Beendigungsgründe (1) Das Versicherungsverhältnis endet mit dem Tod des Versicherungsnehmers. Die versicherten Personen haben jedoch das Recht, das Versicherungsverhältnis unter Benennung des künftigen Versicherungsnehmers fortzusetzen. Die Erklärung ist innerhalb zweier Monate nach dem Tode des Versicherungsnehmers abzugeben. (2) Beim Tod einer versicherten Person endet insoweit das Versicherungsverhältnis. (3) Das Versicherungsverhältnis endet mit dem Wegzug des Versicherungsnehmers aus dem Tätigkeitsgebiet des Versicherers, es sei denn, daß eine anderweitige Vereinbarung getroffen wird. Bei Wegzug einer versicherten Person endet insoweit das Versicherungeverhältnis.

Sonstige Bestimmungen § 1 6 Willenserklärungen und Anzeigen Willenserklärungen und Anzeigen des Versicherungsnehmers haben nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie dem Versicherer (Hauptverwaltung oder zuständige Geschäftsstelle) schriftlich zugegangen sind. § 1 7 Gerichtsstand Gerichtsstand ist der Sitz des Versicherers. Klagen gegen den Versicherer können auch bei dem Gericht des Ortes anhängig gemacht werden, wo der Vermittlungsagent zur Zeit der Vermittlung seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hatte. § 1 8 Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (1) Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (§ 1 Abs. 3) können mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde mit Wirkung für bestehende Versicherungeverhältnisse, auch für den noch nicht abgelaufenen Teil des Versicherungsjahres, geändert werden, soweit sie Bestimmungen über Versicherungsschutz, Pflichten des Versicherungsnehmers, sonstige Beendigungsgründe, Willenserklärungen und Anzeigen sowie Gerichtsstand betreffen. (2) Soweit der Geschäftsplan vorsieht, daß Bückstellungen für das mit dem Alter der versicherten Personen wachsende Wagnis zu bilden sind, ist eine Erhöhung der Beiträge Wriede

Κ 41

Krankenvers. Β. Begriff und Einteilung

Anm. [Β 1—Β 8]

oder eine Minderung der Leistungen des Tersicherere mit Bücksicht auf das Älterwerden der versicherten Personen während der Dauer des Versicherungsverhältnissses ausgeschlossen. B. Begriff und Einteilung der Krankenversicherung Gliederung:

a) Vollv und Zusatzv Β 5

Schrifttum Β 1

b) Krankheitskosten- und Tagegeldv Β6

I. Begriff der privaten Kranken ν Β 2—3 1. Begriff der V im allgemeinen Β 2 2. Begriff der privaten Krankenv Β 3 II. Einteilung der privaten Krankenv Β 4—11 1. Einteilung der V im allgemeinen Β 4 2. Einteilung der privaten Krankenv Β 5—11

c) Einzel-, Familien-, Gruppen- und Kollektivv Β 7—11 aa) bb) cc) dd)

Einzelv Β 8 Familienv Β 9 Gruppenv Β 10 Kollektiv- oder Sammelvsverträge Β 11

[Β 1] Schrifttum: Balzer-Aumüller S. 36—41, Balzer-Jäger Teil A, Böhm VersR 1956 S. 737—739, Bruck S. 82, Bruck PKV S. 1—3, Eichler S. 214—215, v. Gierke S. 361, HandbV S. 212—213, Höning S. 38—41, Manes S. 125—132, Möller DVZ 1951 S. 52—54, ders. Versicherungsvertragsrecht S. 30—37, Reuter S. 3—7, Tauer-Linden S. 64—71. [B 2] I. Begriff der privaten Krankenversicherung. 1. Über den Begriff der V im allgemeinen vgl. Bd. 1 Anm. 2—11 zu § 1 S. 96—100. [B 3] 2. Begriff der privaten Krankenversicherung. Die PKY ist ein Zweig der Privatv (über die Abgrenzung der Privatv zur Sozialv vgl. Bd. 1 Anm. 13—16 zu § 1 S. 101—102) und gehört, wie in A 4 ausgeführt, zur Personenv. Vsverhältnisse der PKV kommen aufgrund freiwillig abgeschlossener Verträge zustande. Sie verfolgen den Zweck, aufgrund freier Entschließung des Einzelnen eine Daseinsvorsorge für den Fall wirtschaftlicher Belastung durch den Eintritt bestimmter schicksalsbedingter Ereignisse zu schaffen. Der Kreis dieser Ereignisse läßt sich nicht unter einen Begriff zusammenfassen und ist insbesondere nicht auf Krankheiten beschränkt, wie der Name dieses Vszweiges anzudeuten scheint. Die Zusammenstellung der von der PKV getragenen Gefahren ist historisch, nämlich daraus zu erklären, daß sie sich zunächst wesentlich an das Leistungsgefüge der sozialen Krankenv angelehnt hat. Im Vordergrund stehen allerdings Ereignisse, die mit den Erkrankungen der am Vertragsverhältnis beteiligten natürlichen Personen zusammenhängen. Jedoch ist durchweg nicht die Gefahr des Krankwerdens vt — eine Erkrankung als solche bringt in der Regel keine vbaren materiellen Einbußen mit sich —, vielmehr sind die damit unmittelbar verknüpften Gefahren Gegenstand der PKV, nämlich — allgemein ausgedrückt — die durch eine Erkrankung hervorgerufenen Einbußen materieller Art, insbesondere Behandlungskosten und infolge Arbeitsunfähigkeit entgangener Verdienst. Zumeist sind durch Unfälle herbeigeführte Einbußen in gleicher Weise mit einbezogen. Daneben befaßt sich die PKV mit den durch Tod und Entbindung entstehenden Aufwendungen. Insgesamt ist daher das Wort K r a n k e n v , d. h. eine auf den (zukünftig) kranken Menschen bezügliche V zu eng gefaßt. Ein auf freiwilliger Basis bestehender Vsschutz vergleichbaren Umfangs kann auch bei den Trägern der GKVgenommen werden: Die in § 176 RVO bezeichneten Personengruppen können sich bei einer gesetzlichen Krankenkasse freiwillig vn, die aus der Vspflicht ausscheidenden Personen können sich gemäß § 313 RVO (freiwillig) weitervn. Die Anzahl solcher Vsverhältnisse hat in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen. Κ 42

Wriede

Anm. [B 4, Β 5]

I. 1. Begriff der priv. KrVers.

Auf der anderen Seite gibt es im Bereich der PKY öffentlich-rechtliche Vseinrichtungen (vgl. Schmidt-Sievers, Das Recht der öffentlich-rechtlichen Sachversicherung, Hamburg 1951 S. 27; Schmidt/Müller-Stüler, Das Recht der öffentlich-rechtlichen Sachv 2. Aufl. Karlsruhe 1968 S. 97, 106—107). Die mit ihnen abgeschlossenen Verträge gehören aber zur Privatv, da sie nicht kraft Gesetzes entstehen oder aufgrund gesetzlichen Zwanges genommen werden müssen (§ 192 I u. II W G , vgl. Bd. 1 Anm. 19 zu § 1 S. 103). Die Abgrenzung der PKY von jenen freiwilligen Krankenvsverhältnissen nach den zitierten Vorschriften der RVO kann daher weniger nach materiellen als vielmehr formellen Kriterien vorgenommen werden, wie in Bd. 1 Anm. 15 zu § 1S. 101 dargelegt ist. Trotz der danach bestehenden Ungenauigkeit der Benennung erscheint es zweckmäßig, die Bezeichnung PKV beizubehalten. Insgesamt wird man den Begriff dieses Vszweiges dahin bestimmen können: Es handelt sich um einen Zweig der Personenv im Rahmen der Privatv, der teils nach dem Prinzip der Schadens-, teils nach dem der Summenv betrieben wird und den aufgrund notwendiger Heilbehandlung als Folge von Erkrankungen oder Unfällen sowie aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, Tod und Geburt konkret entstehenden oder abstrakt angenommenen Bedarf zum Gegenstand hat. Gelegentlich wird in Zweifel gezogen, ob die Krankheitskostenv auch insoweit noch als echte V bezeichnet werden kann, als es sich um den Ersatz sog. B a g a t e l l s c h ä d e n (vgl. hierzu z. B. HandbV S. 49, Tosberg in HdV Sp. 1164—1165) handelt. Es wird eingewandt, daß in aller Regel jedermann einen gewissen Bedarf an ärztlicher und zahnärztlicher Behandlung nebst Medikamenten wegen mit ziemlicher Sicherheit zu erwartender Unpäßlichkeiten habe, daß es sich also um einen Bedarf handele, der nicht unvorhersehbar und daher nicht vbar sei. Daran ist richtig, daß jeder Vsvertrag die Ungewißheit der Entstehung des vten Bedarfs oder doch die Ungewißheit voraussetzt, wann dieser Bedarf eintreten wird (Bd. 1 Anm. 5 zu § 1 S. 97—98). Eine solche Ungewißheit kann aber auch hinsichtlich der hier in Betracht gezogenen Schäden nicht geleugnet werden. Man kann nur allgemein, nicht aber für jeden Menschen mit Gewißheit vorhersagen, daß und wann und in welcher Höhe er Aufwendungen im Interesse seiner Gesundheit wird machen müssen, die in den Rahmen solcher Bagatellschäden — dieser Begriff ist kaum näher zu definieren (vgl. HandbV a.a.O.) — fallen würden. Wenn dagegen jemand mit an Gewißheit grenzender Wahrscheinlichkeit im voraus weiß, daß er ζ. B. jedes Jahr wegen seines Asthmaleidens einige Wochen an die See fahren muß, um arbeitsfähig zu bleiben, so wäre der dafür erforderliche Aufwand allerdings nicht vbar. Der weiter gegen die Einbeziehung von Bagatellschäden in den Vsvertrag erhobene Einwand, sie verursachten einen unverhältnismäßigen Verwaltungskostenaufwand (ζ. B. Durst ZfV 1950 Oktoberheft S. 16, Rittersbach ZfV 1951 S. 44, dagegen Buchner ZfV 1954 S. 160 und Hilkemeyer ZfV 1954 S. 162), berührt die Wirksamkeit solcher Verträge nicht, sondern behandelt lediglich ihre zweckmäßige Ausgestaltung. [B 4] Π. Einteilung der privaten Krankenversicherung. 1. Über die Einteilung der V im allgemeinen vgl. Bd. 1 Anm. 12—33 zu § 1 S. 100—106 [B 6] 2. Einteilung der privaten Krankenversicherung. a) Vollversicherung und Zusatzversicherung. Die Vollv, ein aus der Schadensv übernommener Begriff (vgl. HandbV S. 528), bezieht die gebräuchlichen Heilbehandlungsarten, nämlich ärztliche, zahnärztliche und Krankenhausbehandlung nebst Versorgung mit Arzneien, Heil- und Hilfsmitteln in den Vsschutz ein. Daneben sehen die Tarife meistens — und zwar durchweg als Pauschalbeträge — Leistungen für Sterbefälle und Entbindungen vor. Verträge über Zusatzoder Zuschußvn haben dagegen nur Leistungen für bestimmte Arten von Einbußen zum Gegenstand, ζ. B. Tagegeld bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall, Zuschüsse für Krankenhauspflege- und/oder Operationskosten. Bei diesen Verträgen kann man oft danach unterscheiden, ob sie Zusatzleistungen zu Leistungen von anderer Seite, ζ. B. von einem Sozialver, gewähren oder für die Verbesserung eines allgemeinen Tarifs der Krankheitskostenv gedacht sind — z.B. für die Erweiterung gewisser Höchstsätze oder einer begrenzten Leistungsdauer oder für den Einschluß eines speziellen Risikos, etwa des Berufsunfalls oder eines Auslandsaufenthaltes. Dabei kann zweifelhaft sein, ob die Wriede

Κ 43

Krankenvers. Β. Begriff und Einteilung

Abbi. [Β 6—Β11]

Zusatzv als gesonderter Vertrag oder nur als Bestandteil eines anderen (Grund)vertrages anzusehen ist (vgl Prölss-Martin 18 Anm. 1 zu § 30 S. 190, Starke VersR 1950 S. 142, unten D 19). [B 6] b) Krankheitskosten- und Tagegeldversicherung. Diese Unterscheidung deckt sich ζ. T. mit der vorstehend erörterten. Sie macht deutlich, daß in der PKV zwei Leistungsprinzipien angewandt werden, nämlich das der konkreten Bedarfsdeckung — Ersatz nur und gerade des entstandenen Schadens oder eines Teiles davon — und das der abstrakten Bedarfsdeckung, das ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe ein Schaden entstanden ist, betragsmäßig festgelegte Leistungen vorsieht (vgl. Bd. 1 Anm. 23—26 zu § 1 S. 103—104). Zur Krankheitskostenv sind außer den Verträgen, die mehrere Behandlungsarten umfassen (Vollv), ζ. B. auch die Zusatztarife für Operationskosten zu rechnen. Tagegeldvn sehen Leistungen für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit oder eines Krankenhausaufenthaltes mit einem bestimmten Betrag pro Tag vor. Genaueres in der Übersicht bei Balzer-Jäger A S. 9—13 und Tauer-Linden S. 69—71. [B 7] c) Einzel-, Familien-, Gruppen- und Kollektivversicherung. Diese Unterscheidung stellt auf die am Vertrage beteiligten Personen ab, die dem Ver als dem die Gefahr tragenden Vertragsteil gegenüberstehen. [B 8] aa) Einzelversicherung. Hier ist es nur der Vmer; er ist Vertragspartner des Vers und auf seine Person bezieht sich das vte Wagnis: er ist zugleich Gefahrsperson, d. h. seine Heilbehandlung' seine Arbeitsunfähigkeit, sein Tod und — falls weiblich — seine Entbindung lösen dia Leistungspflicht des Vers aus. [B 9] bb) Familienversicherung. Umfaßt der Vertrag außer dem Vmer als der Gefahrsperson noch weitere Gefahrspersonen oder sind nur diese, nicht aber der Vmer als Gefahrspersonen vorgesehen, so kann das analog der Regelung in der Unfallv (§ 179 II u. III VVG) entweder in der Weise geschehen, daß diese anderen Personen eigene Rechte auf die Leistungen des Vers haben oder nur die Rolle von Gefahrspersonen haben sollen. Im ersteren Falle liegt eine Krankenfremdv für fremde Rechnung (nämlich für Rechnung jeder der Gefahrspersonen), im letzteren eine Krankenfremdv für eigene Rechnung (des Vmers) vor (vgl. Möller VersPrax 1936 S. 136—137, ders. J W 1938 S. 916—920, 917). Bei der sog. Familienv — oft auch Anschluß- oder Mitv genannt — handelt es sich durchweg (neben der Eigenv des Vmers) um eine Fremdv für Rechnung des Vmers (Genaueres Abschnitt II). [B 10] cc) Gruppenvereicherung. Hier ist der Vmer regelmäßig nicht zugleich Gefahrsperson, sondern hat nur die Funktion des Vertragspartners des Vers. Gefahrspersonen sind die Mitglieder eines im Vertrage näher bestimmten Personenkreises. Sie können selbständige Leistungsansprüche gegen den Ver haben — Fremdv für fremde Rechnung —, es kann aber auch sein, daß nur dem Vmer diese Rechte zustehen sollen — Fremdv für eigene Rechnung (Genaueres Abschnitt H; vgl. auch Balzer-Jäger E 1—34, Millauer S. 89—95, HdV Sp. 889—891, Tauer-Linden S. 76—77). [B 11] dd) Kollektiv- oder Sammelversicherungsverträge. Davon spricht man, wenn eine größere Anzahl selbständiger Verträge zur gemeinsamen Verwaltung in einem Rahmenvertrag, dem sog. Kollektivvertrag, zusammengefaßt werden. Dieser hat auf die Rechte aus den einzelnen Verträgen keinen Einfluß, soweit nicht der Zweck des Rahmenvertrages, ζ. B. hinsichtlich des Prämieninkassos, entgegensteht. Der Vertragspartner des Vers bei diesem Rahmenvertrag braucht daher weder Vmer, noch Gefahrsperson, noch anspruchsberechtigter Dritter zu sein. Es kann sich ζ. B. um den Inhaber eines Unternehmens handeln, dessen Arbeitnehmer mit einem Ver eine Zuschußv abgeschlossen haben, und der die Prämien hierfür vom Arbeitslohn Κ 44

Wriede

Anm. [C1, C 2]

I. Abschluß

einbehält und an den Ver abführt (Genaueres Abschnitt H ; vgl. ferner auch RG 11. XII. 1931 VAI932 Nr. 2383 S. 23—24, 30. IV. 1937 DöV 1937 S. 305—306, KG 7. XI. 1931 VA 1932 Nr. 2389 S. 30—33, Millauer S. 14—15). C. Abschluß und Verbriefung des Kranbenversicherungsvertragee Gliederung:

7. Vorläufige Deckungszusage C 17 8. Änderung des Vertrages C 18—22 a) Wechsel und Änderung der AVB oder des Tarifs, Zusatzverträge C 19 b) Vereinbarter Ein- und Ausschluß von Gefahrspersonen G 20 c) Einseitige Vertragsänderung durch den Ver G 21 d) Ruhen des Vertrages C 22 e) Wiederinkraftsetzen aufgehobener Verträge G 23 f) Fortsetzung des durch Tod des Vmers aufgelösten Vertrages durch Gefahrsperson C 24

I. Abschluß des Krankenvsvertrages C 1—23 Schrifttum C 1 1. Abschluß des Vsvertrages im allgemeinen C 2 2. Keine Vspflicht C 3 3. Vertragsantrag C 4—7 a) Antragsteller, Vsfähigkeit C 4 b) Form des Antrags C 5 c) Inhalt des Antrags C 6 d) Zugang und Wirkung des Antrags C7 4. Annahme des Antrags C 8—13 a) Frist G 8 b) Annahmeerklärung C 9—11 aa) Person des Annehmenden C 9 bb) Form und Inhalt der Annahmeerklärung C 10 cc) Wirkung der Annahme C 11 c) Besondere Voraussetzungen der Annahmeerklärung C 12—13 aa) ärztliche Untersuchung, Alterszeugnis G 12 bb) Aufnahme- und Schreibgebühren G 13

II. Verbriefung des Vertrages G 25—33

5. Ablehnung des Antrages C 14 6. Verschulden beim Vertragsschluß, Haftung für Agentenauskünfte G 15—16 a) Verschulden beim Vertragsschluß C 15 b) Haftung für Agentenauskünfte C 16

Schrifttum C 25 1. Verbriefung des Krankenvsvertrages im allgemeinen C 26 2. Anspruch auf Ausstellung eines Vsscheins G 27 3. Fiktion abweichenden Vertragsinhalts gemäß § 5 W G C 28—32 Schrifttum C 28 a) Grundlage der sog. Billigungsklausel C 29 b) Tatbestand des § 5 W G G 30 c) Rechtswirkungen des unterlassenen und des frist- und formgerechten Widerspruchs C 31—32 aa) Hinweislast des Vers nicht erfüllt C 31 bb) Hinweislast des Vers erfüllt C 32 4. Rechtsnatur des Vsscheins G 33

I. Abschluß des Krankenversicherungsvertrages [C 1] Schrifttum: Bruck S. 161—178, ders PKV S. 14—22, Ehrenzweig S. 63—74, Eichler S. 75—76, 87, v. Gierke II S. 129—143, Groh, Nebenabreden bei Versicherungsverträgen, Karlsruhe 1965, Hagen I S. 309—336, Möller, Versicherungsvertragsrecht S. 62—72, Ohrt S.13—20, Reuter S. 27—29, Ullmann-Schäfer S. 21—28. [C 2] 1. Abschluß des Vsvertrages im allgemeinen. Vgl. Bd. 1 Anm. 52—130 zu § 1 S. 114 —142. Wriede

Κ 45

Anm. [C 4]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

2. Seine Vspflicht. Im Rahmen der Ρ KV gibt es keine Vspflicht. Denkbar sind jedoch vertraglich begründete Vspflichten, etwa für die Teilnehmer von Lehrgängen oder sonstigen Veranstaltungen, die der gesetzlichen Sozialvspflicht nicht unterliegen, oder für die Arbeitnehmer eines Betriebes, denen auf diese Weise eine die Leistungen der Sozialv ergänzende Vorsorge zuteil werden soll. Vsverträge für kurzfristige Veranstaltungen werden oft in die Form von Gruppenvsverträgen gekleidet (Genaueres Abschnitt H; vgl. auch MillauerS. 22—23). Prölss-Martin 18 (Anm. 1 zu § 15 MB KK S. 961) sind der Ansicht, daß § 15 (1) S. 2 MB KK — und ebenso wohl § 2 (2) a S. 2 u. 3 GrB — für den Ver einen Abschlußzwang begründen (Genaueres Anm. C 24).

8. Vertragsantrag. [C 4] a) Antragsteller eines Krankenvsvertrages ist zumeist der zukünftige Vmer. Er kann sich durch einen anderen vertreten lassen (§164 I BGB). Eine Antragstellung durch den Ver kommt praktisch nicht vor, wenn auch überwiegend die Anregung zum Vertragsschluß von ihm, insbesondere von seinem Agenten, ausgeht. Antragsteller ist meistens eine natürliche Person; nur bei Gruppenvsverträgen kann es auch eine juristische Person oder eine Handelsgesellschaft sein, da hier der Vmer nicht zugleich Gefahrsperson zu sein braucht (Anm. Β 10). Daß mehrere natürliche Personen Antragsteller für einen Krankenvsvertrag sind, ist denkbar, wird aber kaum vorkommen. Der von einem G e s c h ä f t s u n f ä h i g e n gestellte Antrag ist ohne rechtliche Wirkung (§§ 104, 105 BGB). Ist der Antragsteller in d e r G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t b e s c h r ä n k t (§§ 106, 114 BGB), so kann er den Antrag nur mit Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters wirksam stellen (§ 107 BGB), wenn nicht dieser selbst den Antrag namens seines Mündels stellt. Gesetzliche Vertreter sind bei Minderjährigen, wenn beide Elternteile noch leben, grundsätzlich beide gemeinsam; §§ 1628,1629 I BGB sind nach der Entscheidung des BVerfG 29. VII. 1959 (BGBl. 1959 I S. 633) nichtig. Wegen der Beendigung und der Einschränkung der elterlichen Gewalt und damit ggf. der Vertretungsmacht der Eltern vgl. §§ 1666 ff. BGB. — Die Frage, ob nach den §§ 1643 1,1686,1822 Ziff. 5,1902 II 1 BGB die M i t w i r k u n g des V o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t s erforderlich ist, ist umstritten. Während Bruck PKV (S. 14—15) die Auffassung vertritt, die Genehmigung sei nicht erforderlich, da Verträge der PKV jährlich, ζ. T. auch nach kürzeren Zeitabschnitten gekündigt werden könnten, so daß der Schutzgedanke der §§ 1822 Ziff. 5, 1902 II 1 BGB — keine Verpflichtung des Mündels zu wiederkehrenden Leistungen für unbegrenzte Zeit ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts — nicht verletzt werde (vgl. auch PalandtLauterbach" Anm. 6 zu § 1822 S. 1494, Erman 1 Anm. zu Nr. 5 § 1822 S. 1095), geht die h. M. (KG 3. XI. 1928 VA 1931 S. 14 Nr. 2244 = JRPV 1929 S. 15—16, Neumann JRPV 1935 S. 33—36, Schweighäuser VN 1951, S. 77—78, Hedemann VersR 1952 S. 189—193, hier: S. 189—190) speziell für die Lebensv dahin, daß die Möglichkeit zur Kündigung des Vertrages keinen so ausreichenden Schutz des Mündels gewähre, als wenn der Vertrag von vornherein nicht über die ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässige Dauer hinaus abgeschlossen worden wäre, da die Kündigung leicht vergessen werden könne. Dieser Ansicht neigt auch der BGH (30. VI. 1958 BGHZ Bd. 28 S. 78—84) zu. Er hat seine Entscheidung, daß Lebensvsverträge für den Todes- und Erlebensfall mit laufender Prämienzahlungspflicht, die die in §§ 1822 Ziff. 5, 1902 II 1 BGB festgesetzte Dauer überschreiten, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedürfen, darauf gestützt, daß jedenfalls eine vor Vertragsablauf ausgesprochene Kündigung zu einem Vermögensverlust führe, da der Rückkaufswert nur einen Teil der Prämien umfasse, die der Vmer schon bis zur Kündigung für die Deckung des mit höherem Alter gegebenen Risikos entrichtet habe. Diese Erwägungen treffen für die PKV zwar für den Fall, daß ein Minderjähriger Vmer werden soll, nur in geringerem Umfange zu, da nach den bisherigen statistischen Erfahrungen das Ansteigen des vom Κ 46

Wriede

I. Abschluß 3. Vertragsantrag

Anm. [C 4]

Krankenver getragenen Risikos im wesentlichen erst nach Überschreiten des 3. Lebensjahrzehnts einsetzt. Handelt es sich dagegen um einen beschränkt geschäftsfähigen Volljährigen (§ 114 BGB), so kann der erwähnte Gesichtspunkt durchaus von Bedeutung sein. Denn die während der ganzen Vertragszeit gleich hohen Prämien (eine Veränderung wegen einer Änderung des Preisgefüges kommt hier nicht in Betracht) enthalten in den ersten Jahren schon einen Teil für die Deckung des mit zunehmendem Alter steigenden Risikos, so daß bei einer Kündigung des Vertrages nach über vierjähriger Dauer eine Vermögenseinbuße eintreten würde. In jedem Falle schlägt aber das auch vom BGH betonte Bedenken durch, daß die Kündigungsmöglichkeit nicht mit einer von vornherein beschränkten Vertragsdauer gleichzusetzen ist, da die Kündigung leicht vergessen werden kann. — Wird die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts versagt oder gilt sie gemäß §§ 1829 II, 1897 i. V. mit 1829 II BGB als verweigert, so ist der bereits abgeschlossene Vertrag nicht vollen Umfangs nichtig, wenn im Sinne des § 139 BGB angenommen werden kann, daß die Parteien ihn bei Kenntnis der Unwirksamkeit jedenfalls für die nach §§ 1822 Nr. 5, 1902 II 1 BGB ohne Genehmigung zulässige Zeitdauer abgeschlossen haben würden (RG 1. IV. 1913 RGZ Bd. 82 S. 124—126, 1. VI. 1926 RGZ Bd. 114 S. 35—39, BGH 7. II. 1962 FamRZ 1962 S. 154). — Solange der Antrag wegen Fehlens der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters (ggf. nebst Zustimmung des Vormundschaftsgerichts) noch in der Schwebe ist, kann der Ver den etwa aufgrund erklärter Annahme für ihn schon bindend gewordenen Vertrag gemäß § 109 I BGB widerrufen, sofern er nicht die beschränkte Geschäftsfähigkeit des Antragstellers gekannt und dieser wahrheitswidrig die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters behauptet hat (§ 109 II BGB). In den Fällen der §§ 110, 112 BGB ist der Vertrag vollwirksam, soweit der beschränkt Geschäftsfähige Prämien entrichtet hat (vgl. LG Koblenz 21. II. 1956 VersR 1956 S. 314, ferner Schweighäuser a. a. O., Hedemann a. a. O., Schulz ZfV 1959 S. 62—63, 1961 S. 486—488 u. S. 537—541). Bei E h e g a t t e n im gesetzlichen Güterstande (§§ 1363—1390 BGB) oder in Gütertrennung (§ 1414 BGB) kann jeder Gatte ohne Beteiligung des anderen wirksam einen Antrag auf Abschluß eines Krankenvsvertrages stellen. Für einen solchen Antrag und einen daraufhin zustandekommenden Vertrag haftet nur sein vom Vermögen des anderen Gatten getrenntes Vermögen (§§ 1363 II 1, 1364 bzw. 1414 BGB). Leben die Ehegatten im Güterstande der Gütergemeinschaft (§§ 1415—1518 BGB), so ist gleichfalls jeder berechtigt, ohne Mitwirkung des anderen einen Antrag zu stellen. Das Gesamtgut (§ 1416 BGB) haftet dafür aber nur dann, wenn der verwaltende Gatte, bei gemeinsamer Verwaltung beide Gatten, gemeinsam Antragsteller sind oder der Antragstellung zugestimmt haben (§§ 1438,1460 BGB). — Unabhängig vom Güterstande kann die Ehefrau den Ehemann gemäß § 1357 BGB im Rahmen ihrer S c h l ü s s e l g e w a l t verpflichten und dementsprechend Vertragsanträge stellen. Der Abschluß von Krankenvsverträgen gehört unter normalen Lebensverhältnissen nicht hierzu, da ein Geschäft dieser Art nicht in den üblichen häuslichen Wirkungskreis fällt (z. B. AG Düsseldorf 11. V. 1956 VersR 1956 S. 429, Palandt-Lauterbach 31 Anm. 2b zu § 1357 S. 1237). Bei längerer Abwesenheit des Mannes, z. B. infolge von Kriegsdienst, Gefangenschaft oder längerem Auslandsaufenthalt, erweitert sich der Wirkungskreis der Ehefrau, vorausgesetzt, daß noch ein gemeinschaftliches Hauswesen besteht (vgl. z. B. Palandt-Lauterbach 81 Anm. 2 a zu § 1357 S. 1237), so daß auch ein Krankenvsvertrag von der Ehefrau mit Wirkung für und gegen den Ehemann abgeschlossen werden kann (h. M. z. B. Freytag VW 1948 S. 213, Neumann VW 1948 S. 413—414). Gelegentlich enthalten die AVB sachliche B e s c h r ä n k u n g e n hinsichtlich des zu vernden P e r s o n e n k r e i s e s (vgl. z. B. die in der Entscheidung des BGH 28. IV. 1971 VersR 1971 S. 662 wiedergegebene Tarifbestimmung). Bei W a G finden sich solche Bestimmungen auch in der Satzung. — § 2 No Β will den Kreis der Gefahrspersonen und damit in der Regel auch der Vmer auf g e s u n d e P e r s o n e n bis zur Vollendung des 60. L e b e n s j a h r e s m i t W o h n s i t z im G e s c h ä f t s g e b i e t des Vers beschränken. Ältere Personen sollen ohne Anspruch auf Sterbegeld vt werden können (S. 2 a. a. O.). Ist ein Antrag von einer danach nicht zu diesem Personenkreis gehörigen und damit — § 2 NoB — nicht als „vsfähig" bezeichneten Person gestellt worden, so fragt es sich, ob er überhaupt wirksam ist, ob insbesondere die Wirkungen gemäß §§ 145, 146 BGB Wriede

Κ 47

Anm. [C 4]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

in Verbindung mit § 3 Ziff. 1 S. 3 NoB eintreten können. Diese Entscheidung hängt davon ab, ob auch ein solcher Antrag vom Ver wirksam angenommen werden kann. Denn wäre das nicht der Fall, könnte man dem Antrag keine Bindungswirkung beilegen. Allein die Tatsache, daß der Antragende nicht zu dem vorgesehenen Personenkreis gehört, macht den Vertrag noch nicht unwirksam (RG 20. XI. 1936 RGZ Bd. 153 S. 62). Die vertretungsberechtigten Organe einer AG oder eines W a G besitzen auch regelmäßig die entsprechende Vertretungsmacht, da diese gemäß §§ 82 I AktG, 34 I 1 VAG Dritten gegenüber nicht beschränkbar ist. Eine Ausnahme kann allerdings gelten, wenn angenommen werden muß, daß der Vorstand bei entsprechender interner Beschränkung seiner Vertretungsmacht (§§ 82 II AktG, 34 I 2 VAG) unter Mißbrauch seiner Stellung nach außen mit dem nicht „vsfähigen" Interessenten abgeschlossen hat und diesem der Mißbrauch erkennbar war (vgl. im einzelnen Möller JRPV 1937 S. 209 bis 213, 211, Prölss-Schmidt-Sasse Anm. 4b zu § 20 S. 207—298, ferner z. T. abweichend Kisch W a G S. 113—114, 121—122). Nur in dem seltenen Falle, daß diese Voraussetzungen schon bei der Antragstellung gegeben sind, würde der Antrag daher keine Bindungswirkung haben. Wird dagegen der Antrag an einen kleineren W a G (§ 53 I I I VAG) gerichtet, so ist beachtlich, daß die Vertretungsmacht seines Vorstandes gemäß §§ 53 II 1 VAG, 26 II BGB durch die Satzung auch nach außen hin eingeschränkt werden kann. Eine solche Beschränkung wird anzunehmen sein, wenn — wie bei kleineren W a G meistens — die AVB und damit eine den Personenkreis einschränkende Bestimmung wie die des § 2 NoB mit der Satzung verbunden sind (Möller a. a. 0. S. 213). Ist danach nach entsprechender Annahmeerklärung des Vers (Genaueres Anm. C 9—11) ein Vertrag mit Einschluß einer wegen mangelnder Gesundheit oder Überschreitung des 60. Lebensjahres nicht „vsfähigen" Person zustandegekommen, so kann sich der Ver dem nicht mit der Erwägung entziehen, der Vertrag sei gleichsam unter der Bedingung vorhandener „Vsfähigkeit" abgeschlossen worden. Denn das Lebensalter und der Gesundheitszustand der Gefahrsperson gehören zu den Umständen, die bei der PKV Gegenstand der vorvertraglichen Anzeigepflicht sind (§§ 16—20, 30 W G ) . Diese überwiegend zugunsten des Vmers zwingende (§ 34 a W G ) Spezialregelung geht den allgemeinen Normen des BGB vor, so daß der Ver sich grundsätzlich nur unter den weiteren Voraussetzungen dieser Bestimmungen und mit den dort aufgeführten Beschränkungen (vgl. insbesondere § 21 W G , dazu Anm. D 46) vom Vertrage lösen kann (Möller a. a. O. S. 212, Prölss-Martin18 Anm. 1 zu § 2 NoB S. 925). Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen kann in der Vorspiegelung der nicht vorhandenen Vsfähigkeit eine arglistige Täuschung liegen, die den Ver gemäß §§ 22 W G , 123 BGB zur Anfechtung des Vertrages berechtigen würde (OLG Nürnberg 13. X. 1965 VersR 1966 S. 532; zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung vgl. im übrigen Anm. D 47). Hinsichtlich der Voraussetzung des Wohnsitzes im Geschäftsgebiet des Vers wird, falls sie nicht gegeben ist, der Vertrag wegen § 5 Β Ziff. 1 Unterziff. 6 NoB dahinauszulegen sein, daß die materielle Gefahrtragung (vgl. Abschnitt G) erst beginnen soll, wenn die betreffende Gefahrsperson ihren Wohnsitz dorthin verlegt. Denn nach dieser Bestimmung endet der Vertrag ipso iure mit der Verlegung des Wohnsitzes nach außerhalb dieses Gebietes (vgl. Anm. D 23). War dem Ver jedoch bekannt, daß diese Bedingung voraussichtlich niemals eintreten wird, so kann er sich analog § 162 BGB nicht darauf berufen, daß die materielle Gefahrtragung noch nicht begonnen habe ; er muß sich vielmehr so behandeln lassen, als wenn die Bedingung eingetreten wäre (Möller a. a. O. S. 211—212, vgl. auch RG 20. XI. 1936 RGZ Bd. 153 S. 62). Entsprechendes gilt, wenn die AVB noch andere nicht unter die vorvertragliche Anzeigepflicht fallende Umstände zu Voraussetzungen der „Vsfähigkeit" oder „Aufnahmefähigkeit" erheben, ζ. B. die Tätigkeit des Antragstellers als Arzt mit selbständiger Praxis für eine Krankenhaustagegeldv (OLG Nürnberg 13. X. 1965 VersR 1966 S. 532), seine Qualifikation als „Selbständiger" und „Angehöriger eines freien Berufes" (für eine Krankentagegeldv; unrichtig entschieden vom AG Köln 21. III. 1969 und LG Köln 14. XI. 1969 VersR 1970 S. 317, 318 mit Anm. v. Wirthwein). Hat der Antragende in bezug auf seinen Wohnsitz im Geschäftsgebiet oder hinsichtlich sonstiger Umstände im vorerwähnten Sinne falsche Angaben gemacht, so kommt eine Anfechtung des Vertrages durch den Ver nach den allgemeinen Normen der §§ 119,

Κ 48

Wriede

I. Abschluß 3. Vertragsantrag

Anm. [C 5]

insbesondere des § 119 I I und 123 B G B in Betracht (vgl. Anm. D 47). Die Voraussetzungen der ersteren Bestimmung, daß der Anfechtende seine Erklärung — hier der Ver seine Annahmereklärung — bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde, ist in aller Regel gegeben, da der Ver aufsichtsrechtlich verpflichtet ist, nicht von den AVB abzuweichen. Oft schränkt die S a t z u n g e i n e s W a G den Kreis der als Mitglieder und damit als Vmer in Betracht kommenden Personen nach bestimmten gattungsmäßigen Merkmalen ein. Es ist umstritten, ob Mitgliedschaft und Vsverhältnis wirksam Zustandekommen, wenn diese Voraussetzungen nicht beachtet worden sind. Während Prölss-Schmidt-Sasse (VAG Anm. 4b zu § 20 S. 297) die Frage bejahen, sind Kisch ( W a G S. 121—122) und Fromm-Goldberg (Anm. 2 I I I A zu § 20 S. 342—343) der Meinung, daß das Vorliegen der geforderten Umstände Bedingung für das wirksame Zustandekommne der Mitgliedschaft und damit des Vsvertrages sind, sofern die Einschränkung der Satzung nicht lediglich die (im Verhältnis zum Antragsteller unerhebliche) Bedeutung einer internen Anweisung an den Vorstand oder einer internen Einschränkung seiner Vertretungsmacht hat. Abgesehen davon, daß die Auslegung der Satzung in letzterer Hinsicht höchst zweifelhaft sein kann und diese Meinung daher wenig praktikabel erscheint, ist sie auch konstruktiv verfehlt : Ihr kann aus den oben dargelegten Gründen insofern nicht gefolgt werden, als es sich bei den fehlenden Voraussetzungen um Tatbestände handelt, die Gegenstand der vorvertraglichen Anzeigepflicht sind. Im übrigen setzt diese Ansicht den Fall des NichtVorliegens der vorausgesetzten persönlichen Umstände praktisch dem Tatbestand eines von vornherein auf eine unmögliche Leistung gerichteten Vertrages gleich (§ 306 BGB). Jedoch kann auch eine nicht dem vorgesehenen Kreis an Kandidaten angehörende Person Vertragspartner und damit auch Mitglied und Vmer des W a G werden. Die Einschränkung der Satzung hat somit nur den Charakter einer Ordnungsvorschrift. Das entspricht ihrem Zweck: sie soll bewirken, daß dem W a G nach bestimmten Gattungsmerkmalen gleichgeartete Risiken angehören, die für ihn überschaubar sind. Damit führt aber ihre Mißachtung noch nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages. Die Ver machen ihre Annahmeerklärung zumeist davon abhängig, daß die Gefahrspersonen sie ermächtigen, von Heilbehandlern, Krankenanstalten, anderen Vern und Behörden Auskünfte über frühere Erkrankungen und Unfälle einholen und die Auskunftspersonen und -stellen von ihrer V e r s c h w i e g e n h e i t s p f l i c h t entbinden (vgl. §§ 3 Ziff. 5 NoB, 1 (4) GrB). Eine dahingehende Erklärung im Vsantrag hat mit seiner eigentlichen Funktion als Vertragsofferte nichts zu tun. Ihre Unterzeichner werden, soweit sie nicht zugleich als Vmer unterzeichnen, nicht Vertragspartner des Vers (Genaueres über die Bedeutung dieser Ermächtigung s. Abschnitt F). [C 5] b) Form des Antrages. Es besteht keine gesetzliche Formvorschrift. Auch wird in der Regel zwischen dem Interessenten und dem Ver vor Antragstellung k e i n e S c h r i f t f o r m im Sinne des § 127 S. 1 B G B vereinbart. Insbesondere können die Bestimmungen der §§ Β Ζ if f. 1, 4 Ζ l ï f . 1 N o B und des § 1 ( 2 ) S. 1 G r B nicht in diesem Sinne verstanden werden (wohl ebenso Bd. 1 Anm. 72 zu § 1 S. 122 gegen Ehrenzweig S. 64, 47, a. A. auch Ohrt S. 14), da sie die Vertragschließenden vor Vertragsschluß nicht binden. Auch dadurch, daß der Antragende mit seiner Antragstellung durchweg die Erklärung abgibt, die AVB als für sich verbindlich ansehen zu wollen, kommt keine dahingehende Vereinbarung zustande. Denn diese Erklärung ist zunächst ganz einseitig. Man kann sie nicht etwa als Annahme einer entsprechenden Vertragsofferte des Vers zum Abschluß in schriftlicher Form verstehen. Vielmehr gilt diese auf Unterwerfung unter die AVB gerichtete Erklärung des Antragenden nur für den Fall des (erwarteten) Zustandekommens des Vertrages. Die erwähnten Bestimmungen der NoB und der GrB können daher nur als Erklärung des Vers verstanden werden, daß er nicht bereit sei, mündlich oder teilweise mündlich gestellte Anträge entgegen- und anzunehmen. Das schließt aber nicht aus, daß er gleichwohl Anträge, die nicht der vorgesehenen Form entsprechen, wirksam annehmen kann. Der Tatsache, daß für den Abschluß von Krankenvsverträgen wie überhaupt meistens von Vsverträgen regelmäßig Vordrucke des Vers verwendet werden (diese bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, VA 1950 S. 131), kann nicht entnommen werden, 4

B r u c k - M ö l l e r , VVG, 8. Aufl. VI (Wriede)

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Anm. [G 6]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Yertr.

daß eine der gewillkürten Schriftform entsprechende Verkehrssitte besteht, so daß mündliche Erklärungen daneben keine Gültigkeit hätten (Bd. 1 Anm. 72 zu § 1 S. 122, ebenso Prölss-Martin18 Anm. 2 zu § 3 S. 47 mit weiteren Nachweisen, a. A. Ehrenzweig S. 47, 64, Ullmann-Schäfer S. 21). Denn es kann nicht festgestellt werden, daß sich in den Bevölkerungskreisen, die als Interessenten für Krankenvsverträge in Frage kommen, eine dahingehende ständige Übung herausgebildet hat. Dafür sind diese Kreise viel zu uneinheitlich. Anders ist die Rechtslage, wenn der Antragsvordruck selbst einen Hinweis darauf enthält, daß als Vertragsantrag lediglich die im V o r d r u c k d o k u m e n t i e r t e n Erklärungen gelten sollen, etwa indem der Antragende durch eine vorgedruckte Klausel zum Ausdruck bringt, daß sein Antrag neben den schriftlich niedergelegten keine mündlichen Erklärungen umfasse. Die oft verwendete Klausel, daß m ü n d l i c h e „ N e b e n a b r e d e n " mit dem Agenten keine oder nur Gültigkeit hätten, wenn sie vom Ver schriftlich bestätigt würden, ist in gleichem Sinne zu verstehen. Es erscheint gekünstelt, in solchen Klauselaufdrucken und ihrer Hinnahme durch den Antragsteller eine Vereinbarung gemäß § 127 S. 1 BGB sehen zu wollen (so L. Raiser, Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, Neudruck Bad Homburg v. d. H. 1961, S. 235). Auch die in Bd. 1 Anm. 72 zu § 1 S. 122 vertretene Auffassung über die Bedeutung des Wortes „Nebenabreden" ist unrichtig: Es trifft zwar zu, daß der Vermittlungsagent selbst mit dem Antragenden keine den Ver bindenden Vereinbarungen über den V e r t r a g s i n h a l t treffen kann, wohl aber kann er sich mit dem Antragenden darüber verständigen, welchen Inhalt dessen Offerte haben soll, insbesondere also darüber, welche mündlichen Erklärungen neben der schriftlichen als abgegeben angesehen werden sollen und welche Bedeutung etwa den schriftlichen Angaben beigemessen werden soll (OLG Hamburg 17. IX. 1964VersR 1965 S. 276). In diesem Sinne sind die „Nebenabreden" zu verstehen, was offenbar zumeist übersehen wird. Vereinbarungen der ersteren Art haben, wenn der Vordruck die erwähnte oder eine gleichbedeutende andere Klausel enthält, ohne schriftliche Zustimmung des Vers keine Wirkung, sofern nicht angenommen werden muß, daß die Partner der mündlichen Vereinbarung, insbesondere wenn auf Seiten des Vers eine abschlußbevollmächtigte Person mitwirkt, damit das Erfordernis der Schriftlichkeit haben aufheben wollen (vgl. dazu etwa Weber, Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Berlin 1967, Ν 308 S. 352—353). Der gleiche Erfolg wird erreicht, wenn aus dem Vordruck oder aus anderen Umständen hervorgeht, daß der Agent abweichend von § 43 Ziff. 1 W G (§ 47 W G ) nicht bevollmächtigt ist, mündliche Erklärungen des Interessenten entgegenzunehmen. Für weitergehende mündliche Erklärungen ist der Agent dann nur Bote des Interessenten, so daß dieser die Gefahr unvollständiger oder unrichtiger Übermittlung trägt und daher in der einfachen Antragsannahme des Vers nicht ohne weiteres auch die Annahme der erweiterten Offerte erblicken kann (L. Raiser S. 238—239). Auf die Bestimmungen des § 6 (1) au.c GrBund des § 16 MB E E , wonach der Ver nur ihm selbst oder der „zuständigen" Geschäftsstelle, nicht aber dem Agenten, zugegangene schriftliche Willenserklärungen gegen sich gelten zu lassen braucht, kann der Ver sich in diesem Zusammenhang nicht berufen. Diese Bestimmungen gelten nur für das bereits in Kraft getretene Vertrags Verhältnis, nicht aber für seinen Abschluß. Dafür ist, wie dessen Überschrift zeigt, im Rahmen der GrB nur § 1 GrB von Bedeutung. — Absprachen zwischen Antragendem und Agenten über die Bedeutung schriftlich abgegebener Erklärungen haben dagegen keinen selbständigen Erklärungsinhalt, sondern dienen nur der Erläuterung des schriftlich Erklärten. So, wie der Agent diese Erklärung vereinbarungsgemäß verstanden hat, ist sie für und gegen die Vertragschließenden maßgeblich. Die „Nebenabredeklausel" hat daher auf Vereinbarungen dieser Art keinen Einfluß. — Von dieser Frage zu trennen ist die andere, inwieweit der Ver für Erklärungen seines Agenten über Inhalt und Umfang des Vertrages einzustehen hat (Genaueres hierüber Anm. C 15). Die B e w e i s l a s t für die Formbedürftigkeit eines Vertrages hat derjenige, der sich auf seine Wirksamkeit beruft, daraus also Rechte herleiten will. Denn die Behauptung, der Vertragsschluß sei formbedürftig gewesen, ist Bestreiten der Wirksamkeit des ohne Beachtung der Form geschlossenen Vertrages und nötigt den Gegner zum Beweis.

Κ 50

Wriede

Anm. [C 6]

I. Abschluß 3. Vertragsantrag

In dem Antrag auf Abschluß eines Krankenvsvertrages werden zumeist auch die zur Erfüllung der v o r v e r t r a g l i c h e n A n z e i g e p f l i c h t erforderlichen Angaben gemacht. Der Vordruck enthält die dafür erforderlichen Fragen des Vers. Diese Angaben berühren die Wirksamkeit des Antrages und des daraufhin zustandekommenden Vertrages nicht, auch wenn sie falsch oder unvollständig sind. Der Ver hat in solchem Falle nur die sich aus den §§ 16—22, 30 W G ergebenden Rechte zum Rücktritt oder zur Anfechtung des Vertrages (Genaueres Abschnitt F). Eine Reihe von Angaben zu den Fragen des Vordrucks dient allerdings sowohl der Identifizierung des Antragenden als auch der Erfüllung der vorvertraglichen Anzeigepflicht, so z. B. die Antworten über das Geburtsdatum, den Wohnort, den Beruf und den Familienstand. Soweit hier falsche Angaben gemacht werden, kann sowohl die Gültigkeit des Vertrages als auch die Frage nach der Erfüllung der vorvertraglichen Anzeigepflicht berührt werden. [C β] c) Inhalt des Antrages. Der Antrag muß unzweideutig auf Abschluß eines Krankenvsvertrages gerichtet sein, so daß der Ver ihn durch eine einfache bejahende Erklärung annehmen kann. Meistens nimmt der Antrag aufgrund entsprechender vorgedruckter Erklärungen auf bestimmte AVB und einen oder mehrere Tarife Bezug. Das genügt, um sie zum Bestandteil des Antrages zu machen, d. h. als Erklärung des Antragenden, daß er die betreffenden Bestimmungen für den Fall der Annahme seines Antrages durch den Ver als für sich verbindlich betrachten will (zum Problem des Verbindlichwerdens allg. Geschäftsbedingungen vgl. ζ. B. Weber a. a. Ο. Ν 237—291 S. 317—346). Die Aushändigung entsprechender Schriftstücke an den Antragenden und seine Kenntnisnahme davon sind nicht erforderlich, wenn der Antragsteller nur die Möglichkeit ihrer Kenntnisnahme hatte (h. Μ. ζ. B. Weber a. a. Ο. Ν 241—248 S. 320—324, L. Raiser a. a. O. S. 186, Bd. 1 Einl. Anm. 25 S. 56—57). Soweit sich aus den näheren Umständen bei Stellung des Antrages — z. B. Aushändigung oder Vorlage des Bedingungswerks — nicht etwas anderes ergibt, ist bei bloßer Bezugnahme im Antrag die z. Z. des Wirksamwerdens der Annahmeerklärung des Vers (Anm. G11) geltende Fassung der AVB maßgeblich (L. Raiser a. a. O. S. 152—153), und zwar auch dann, wenn das zuständige Gremium des Vers bereits eine Änderung oder Neufassung beschlossen hatte, diese aber erst später von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden war. Der Beginn der materiellen Gefahrtragung (vgl. hierzu Bd. 1 Anm. 3 zu § 3 S. 143—144, Anm. D 5) ist dabei unerheblich, es kommt allein auf den Zeitpunkt des formellen Vertragsschlusses an (KG 6. III. 1935 JRPV1935 S. 215—217). Nimmt der Antrag nicht auf bestimmte AVB und einen bestimmten Tarif Bezug, ist durch Auslegung zu ermitteln, welche Bedingungen und welcher Tarif maßgeblich sein sollen (vgl. hierzu Bd. 1 Einl. Anm. 25—26 S. 56—58). Da sich im Rahmen der Ρ KV — anders als bei vielen anderen Vs-zweigen — noch kein Bindungswerk als Standardwerk durchgesetzt hat, kann bei Fehlen einer Vereinbarung auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung oder aufgrund eines Gewohnheitsrechts oder einer Verkehrssitte angenommen werden, daß bestimmte Bedingungen gelten sollen. Der Antrag einschließlich der in Bezug genommenen Bedingungen muß den Inhalt des Vertrages in seinen wesentlichen Punkten eindeutig oder doch in solcher Weise angeben, daß Einzelheiten nach den ganzen Umständen des Vertragsschlusses bestimmbar sind. Ζ. B. lassen sich die Höhe der Prämien und gewisser vom Lebensalter abhängig gemachter Leistungen aus dem in Aussicht genommenen Tarif entnehmen. — Der Inhalt des Antrages bestimmt sich danach, wie sein Adressat ihn nach den ganzen Umständen verstehen mußte (vgl. ζ. B. Soergel-Siebert-Hefermehl Anm. 11 zu § 133 S. 539—540). Ist auf Seiten des Vers ein (Abschluß- oder Vermittlungs-)Agent als Empfänger des Antrages eingeschaltet, so kommt es gemäß § 166 I BGB darauf an, wie dieser den Antrag verstehen mußte (OLG Hamburg 17. IX. 1964 VersR 1965 S. 276, SoergelSiebert-Schultze/v. Lasaulx10 Anm. 3 zu § 166 S. 823). — Ferner gehört die genaue Bezeichnung des Vertragspartners, des Antragsgegners, zum Inhalt des Antrages, sofern sich dies nicht ohnehin aus den Umständen ergibt. Meistens folgt der Name aus dem vom Ver selbst herausgegebenen Vordruck. Zweifel können entstehen, wenn ζ. B. ein Agent, der mehrere Branchen und Ver vertritt, keinen passenden Vordruck zur Hand hat und 4«

Wriede

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Ânm. [C 7]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

ein Formular eines anderen Vers verwendet. Ist aus den Umständen nicht ersichtlich, an welchen von mehreren möglichen Vern der Antrag gerichtet werden sollte, so ist er unwirksam und kann daher nicht Grundlage einer Annahmeerklärung werden. — Darüber, daß die der näheren Erläuterung des Risikos dienenden Angaben nicht zum Antrag im Sinne seiner Bedeutung als Vertragsofferte gehören, vgl. Anm. C5 a. E. und Abschnitt F. Oft werden gleichzeitig mehrere Anträge für verschiedene Tarife gestellt, ζ. B. neben einer Vollv eine oder mehrere Zusatzvn (Anm. Β 5), ohne daß ausdrücklich gesagt wird, was gelten soll, wenn der Ver nicht alle Anträge annehmen will. Das ist dann durch Auslegung, notfalls durch ergänzende Auslegung gemäß § 157 BGB (vgl. hierzu etwa Staudinger Anm. 37—38b zu §§ 133, 157 S. 754—757) zu bestimmen. Mangels näherer Anhaltspunkte wird vielfach angenommen werden können, daß Zusatzverträge nicht ohne die gleichzeitig beantragte Vollv gelten sollen. Oft wird auch eine Vollv nicht ohne Zusatzvn gewollt sein; es kann aber durchaus auch anders liegen. Es kommt allein auf die Umstände des einzelnen Falles an. Im Zweifel wird, wenn mehrere Anträge gestellt werden, der Gedanke im Vordergrund gestanden haben, daß sie ein einheitliches Ganzes seinen und daher nur einheitlich angenommen werden sollen, so daß die Ablehnung eines Teils der Anträge die übrigen wirkungslos macht. Zur Vermeidung von Differenzen empfiehlt es sich daher, vor der Annahme nur eines Teils der Anträge beim Antragsteller nachzufragen. Die Β e w e i s l a s t für den Inhalt des Antrags hat derjenige, der sich auf einen bestimmten Inhalt beruft. Vsanträge an W a G enthalten zugleich einen Antrag auf E r w e r b der Mitglieds c h a f t , sofern es sich nicht um einen Antrag auf V gegen feste Prämie handelt (§ 21 II VAG). Gemäß § 20 S. 2 VAG kann Mitglied eines W a G nur werden, wer mit dem Verein ein Vsverhältnis begründet, d. h. wer Vmer wird. Fehlt es an dieser Voraussetzung, ist der Vertrag und entsprechend bereits der Aufnahmeantrag angesichts des Verbotscharakters des § 20 S. 2 VAG wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (§ 134 BGB). Es ist nicht erforderlich, daß der Antragsteller zugleich Gefahrsperson werden soll (Prölss-Schmidt-Sasse Anm. 1 zu § 20 S. 294, Fromm-Goldberg Anm. 2 I zu § 20 S. 340—341). Daher kann ζ. B. der Vmer eines Gruppenvsvertrages, der selbst nicht als Gefahrsperson dieses Vertrages in Betracht kommt, Mitglied eines W a G werden, wenn der Vertrag mit diesem abgeschlossen wird. Durchweg werden diese Verträge jedoch gemäß §21 II VAG ohne Begründung einer Mitgliedschaft abgeschlossen (Genaueres Abschnitt H). Der Antrag auf Erwerb der Mitgliedschaft erfordert keine besondere Form, er folgt den gewöhnlichen Regeln (vgl. im einzelnen Kisch W a G S. 114—122, Prölss-Schmidt-Sasse Anm. 1—4 zu § 20, S. 294—298, Fromm-Goldberg Anm. 2 III A zu § 20 S. 342—343). Es ist unerheblich, ob die materielle Gefahrtragung erst später oder wegen Fehlens ihrer Voraussetzungen überhaupt nicht einsetzt oder zeitweilig unterbrochen wird (Prölss-Schmidt-Sasse Anm. 6 zu § 20 S. 298—299). Werden gleichzeitig oder nacheinander vom gleichen Vmer mehrere Vsverträge abgeschlossen, so wird nicht für jeden Vsvertrag ein gesondertes Mitgliedschaftsverhältnis begründet; es besteht insgesamt nur eine aufgrund des ersten Vertragsschlusses (Starke VersR 1950 S. 142—143). [C 7] d) Zugang und Wirkung des Antrages. Der mündlich und/oder schriftlich gestellte Antrag wird als empfangsbedürftige Willenserklärung für den Antragsteller bindend, sobald er dem Adressaten zugegangen ist (§ 130 11 BGB). Eine mündliche oder fernmündliche Erklärung geht zu mit Kenntnisnahme von ihrem Inhalt durch den Antragsgegner, eine schriftliche geht zu, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, daß bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse damit gerechnet werden kann, daß er von ihnen Kenntnis nehmen kann (Genaueres Bd. 1 Anm. 2—7 zu § 10 S. 238—240, vgl. ferner ÖOGH 26. II. 1958 Vers Rundschau 1959 S. 53 und LG Berlin 9. IV. 1959 ZfV 1959 S. 769: Kein Zugang eines Einschreibebriefes, der trotz entsprechender Mitteilung der Post vom Adressaten nicht Elbgeholt wird). Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Stellung von Mittelspersonen, hier von Agenten, Geschäftsstellen u. dgl. sowie Maklern. Κ 52

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Anm. [C 7]

I. Abschluß 3. Vertragsantrag

^ ' A g e n t e n sind gemäß § 43 Ziff. 1 W G ermächtigt, Vertragsanträge entgegenzunehmen, d. h. mit Zugang bei ihnen gelten sie im Verhältnis der Vertragsschließenden als dem Ver zugegangen (KG 1. VI. 1938 JRPV1938 S. 249—250). Diese Wirkung kann gemäß § 47 W G eingeschränkt werden, z. B. durch entsprechenden Aufdruck auf das Antragsformular. Eine dahingehende Bestimmung der AVB wird dem Antragenden nur dann entgegengehalten werden können, wenn sie ihm zuvor ausgehändigt oder vorgelegt worden waren, so daß er Gelegenheit zur Durchsicht hatte. Von grobfahrlässiger Unkenntnis (§ 47 W G ) wird man jedoch nur sprechen können, wenn nach dem Bildungsstand und den sonstigen Umständen als ganz selbstverständlich erwartet werden konnte, daß der Antragende die betreffende Bestimmung erkennen und richtig verstehen konnte. Der Standpunkt der h. M., wer Gelegenheit zur Kenntnisnahme erhalte, handele im Falle der Nichtkenntnisnahme regelmäßig grobfahrlässig (Bd. 1 Anm. 25 zu § 47 S. 1113), überspannt den Begriff der groben Fahrlässigkeit und setzt ihn mit dem der leichten Fahrlässigkeit gleich. Grobe Fahrlässigkeit wird angenommen, wenn nicht beachtet wird, was im gegebenen Falle jedem einleuchten mußte und schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden (z. B. Palandt-Heinrichs 31 Anm. 2 zu § 277 S. 276). Danach kann nicht regelmäßig erwartet werden, daß der Antragsteller in den ihm bei Stellung des Antrags übergebenen oder vorgelegten weiteren Schriftstücken nach Bestimmungen über die Einschränkung der Empfangsvollmacht des Agenten sucht. Es gehört nicht zu den einfachsten, ganz naheliegenden Überlegungen, solche Einschränkungen zu vermuten. — Eine Bestimmung dieser Art enthält § 4 Z i f f . 1 NoB, wonach u. a. Willenserklärungen, die bei Abschluß des Vertrages dem Ver gegenüber abgegeben werden, nur dann rechtliche Wirkung haben sollen, wenn sie dem V o r s t a n d e (schriftlich) zugehen. Die GrB und MB KK enthalten keine vergleichbare Norm für den Abschluß des Vertrages. § β (1) a u n d c GrB sowie § 16 MB KK betreffen nur Willenserklärungen und Wissenserklärungen bei bereits bestehenden Verträgen, während der allein auf den Vertragsabschluß bezügliche § 1 GrB keine Einschränkungen der hier fraglichen Art enthält. Daraus, daß § 1 (1) GrB bestimmt, die Annahme sei durch den Vorstand des Vers auszusprechen, kann nicht hergeleitet werden, daß der Antrag nur vom Vorstand entgegengenommen werden könne (so aber Ohrt S. 14). Die Frage, ob Anträge auch mit Eingang bei einer B e z i r k s d i r e k t i o n , G e s c h ä f t s - , V e r w a l t u n g s - , Zweig- o d e r Z a h l s t e l l e oder dgl. m. bereits als dem Ver zugegangen angesehen werden können, kann nicht generell beantwortet werden. Es kommt vielmehr auf die diesen Stellen vom Vorstand des Vers eingeräumten Vollmachten an. Bei größeren Zweigbüros des Vers wird man eine Empfangsvollmacht in der Regel annehmen können, mindestens wird der Ver durch Unterhaltung eines solchen Büros einen entsprechenden Rechtsschein erzeugen, den er gegen sich gelten lassen muß (ζ. B. Palandt-Heinrichs 31 Anm. 4 zu §§ 170—173 S. 143—145). Bei kleineren, vielleicht nur mit dem Zahlungsverkehr mit den örtlich ansässigen Vmern beauftragten „Vertretungen" des Vers wird das nicht angenommen werden können, sofern es sich dabei nicht zugleich um Agenten im Sinne des § 43 W G handelt. V s m a k l e r sind zur Entgegennahme von Anträgen im allgemeinen nicht bevollmächtigt (Bd. 1 Anm. 41 vor §§ 43—48 S. 557, OLG Hamburg 2. XI. 1934 JRPV 1935 S. 270—271). Sofern danach die aufgeführten Personen keine Vollmacht zur Entgegennahme des Antrages haben, sind sie Boten; der Antrag wird erst dann bindend, wenn er dem Ver oder einer von ihm bevollmächtigten Person zugeht. Trotz wirksamen Zugangs tritt k e i n e B i n d u n g ein, wenn der Antragsteller entweder seine Gebundenheit ausgeschlossen hat (§ 145 BGB) oder er seinen Antrag so rechtzeitig widerruft, daß der Widerruf spätestens gleichzeitig mit dem Antrag beim Empfangsbevollmächtigten oder dem Ver eingeht (§130 I 2 BGB). Die D a u e r d e r B i n d u n g bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 146—149 BGB, sofern der Antrag nicht eine Erklärung des Antragenden über die Dauer seiner Gebundenheit enthält oder auf AVB Bezug nimmt, die oft eine bestimmte Dauer vorsehen. Die F r i s t für die Gebundenheit beginnt mit dem wirksamen Zugang des Antrags und ist gemäß §§ 187 I, 188 II, 193 BGB zu berechnen. An den unter Bezugnahme auf die NoB oder die GrB gestellten Antrag ist der Antragende gemäß § 3 Ziff. 1 S. 3 Wriede

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Anm. [C 8]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

NoB bzw. § 1 (2) S. 8 GrB 6 Wochen gebunden. Zur Herbeiführung dieser Bindung bedarf es keiner noch vor dem eigentlichen Vertragsschluß zu treffenden V e r e i n b a r u n g (a. A. Bd. 1 Anm. 75 zu § 1 S. 123) wie ζ. B. für die Form des Vertragsschlusses (Anm. G 5). Vielmehr genügt eine e i n s e i t i g e F r i s t b e s t i m m u n g durch den Antragenden (§148 BGB). Diese liegt hier darin, daß er in seinem Antrag auf die AVB Bezug nimmt, die eine solche Frist vorsehen (ebenso Prölss-Martin18 Anm. 3 zu § 3 S. 48, LG Hamburg 23. V. 1952 VersR 1952 S. 419, OLG Celle 2. II. 1932 J R P V 1932 S. 266—267: Hier wird „Unterwerfung" des Antragstellers unter die AVB bei Stellung des Antrages gefordert, ohne daß klar ersichtlich ist, ob damit bereits eine Vereinbarung oder nur die einseitige Bezugnahme gemeint ist). Der A n t r a g e r l i s c h t gemäß § 146 BGB, wenn der Ver ihn vor Fristablauf ablehnt oder nicht innerhalb der Frist annimmt, und zwar muß die Annahmeerklärung dem Antragenden bis zum Ende der Frist im Sinne der §§ 130—132 BGB zugegangen sein. I n h a l t und U m f a n g der B i n d u n g bestimmen sich nach dem Inhalt, den der (mündlich und/oder schriftlich gestellte) Antrag im Augenblick des Zugangs bei dem zum Empfang Bevollmächtigten hat. Eine spätere Änderung oder die Nichtweiterleitung ergänzender Erklärungen des Antragstellers durch den Empfangsbevollmächtigten berührt die Rechtsstellung des Antragstellers nicht. Kann er die Annahmeerklärung des Vers als Annahme seines Antrages verstehen, so ist der Vertrag mit diesem Inhalt zustandegekommen (insoweit unrichtig OLG Düsseldorf 7. X I I . 1933 J R P V 1934 S. 123 bis 124 = HansRGZ A Sp. 174—175, das den den Antrag verfälschenden Agenten als Boten angesehen hat, richtig dagegen Groh S. 18—20). Im gleichen Sinne ist die Kenntnis des Empfangsbevollmächtigten von den näheren Begleitumständen der Antragstellung dem Ver zuzurechnen, was insbesondere für die Auslegung des Antragsinhalts von Bedeutung sein kann. Das folgt bereits aus § 166 I BGB (vgl. z. B. Palandt-Heinrichs31 Anm. 1 zu § 166 S. 139). Das hat der BGH (Urteil v. 1. III. 1972 VersR 1972 S. 530) übersehen, indem er die Kenntnis des Vsagenten nur unter dem Gesichtspunkt des § 43 Ziff. 2 W G prüfte (richtig OLG Hamburg 17. X I . 1964 VersR 1965 S. 276). Die Beweislast für die Wirksamkeit und den Inhalt des Antrages hat derjenige, der daraus Rechte herleitet. [C 8] 4. Annahme des Antrages. a) Frist. Insoweit gelten mangels abweichender Bestimmung des Antragenden in seinem Antrag die allgemeinen Bestimmungen des B G B : Der an den anwesenden Ver gerichtete oder fernmündlich gestellte Antrag muß sofort angenommen werden (§ 147 I BGB), andernfalls erlischt der Antrag (§ 146 BGB). Der an den abwesenden Ver gerichtete Antrag muß innerhalb eines Zeitraums angenommen werden, bis zu dessen Ablauf der Antragende unter regelmäßigen Umständen eine Antwort erwarten kann (§ 147 II B G B ; KG 4. X I . 1925 J R P V 1925 S. 330—331, OLG Celle 23. II. 1932 VA 1932 S. 229 Nr. 2427 = J R P V 1932 S. 266—267). Die für die Annahme des Antrages erforderlichen routinemäßigen Arbeiten, insbesondere aber die Prüfung des zu übernehmenden Risikos machen einen längeren Zeitraum erforderlich; verzögernde Umstände, die dem Antragsteller bekannt sind, verlängern die Frist (RG 10. X I . 1933 RGZ Bd. 142 S. 402—410). Die in § 3 ZiH. 1 S. 3 NoB und § 1 (2) S. 3 GrB angegebene 6-Wochenfrist für die Gebundenheit des Antragstellers (der sich auf diese AVB bezogen hat, vgl. Anm. C 7) bindet zugleich den Ver für seine Annahmeerklärung (§ 148 BGB), und zwar auch soweit es sich um Anträge „unter Anwesenden" handelt (§ 147 I 1 BGB). Nach Fristablauf kann er nicht mehr annehmen. Seine Erklärung muß dem Antragenden (oder dem für ihn handelnden Bevollmächtigten) vor Fristablauf zugegangen sein (§§ 130—132 B G B ; OLG Königsberg 5. VII. 1938 HansRGZ 1940 A Sp. 37—38, BGH 31. I. 1951 VersR 1951 S. 115, LG München 24. VI. 1958 VersR 1958 S. 590—591) ; seine verspätete Annahme gilt als neuer Antrag (§150 I BGB), den der Antragende in den Fristen der §§ 147—149 BGB —auch stillschweigend (BGH 31. 1.1951 VersR 1951S. 114 = N J W 1951 S. 313, 14. X. 1955 VersR 1955 S.738 = VA 1957 S. 13) —annehmen kann. Insoweit gilt die vom Antragenden bestimmte Frist nicht erneut. Über einen Fall zu § 149 BGB vgl. LG Hildesheim 14. X. 1953 VersR 1953 S. 425.

Κ 54

Wriede

I. Abschluß 4. Annahme des Antrages

Anm. [C 9, C10]

[C 9] b) Annahmeerklärung. aa) Person des Annehmenden. Die Annahme eines Vertragsantrags kann nach bürgerlichem Recht vom Adressaten des Antrages oder seinem Bevollmächtigten, bei der Ρ KV also vom Organ des Vers (Vorstand), den vom diesem dazu Bevollmächtigten, ζ. B. Prokuristen oder Abschlußagenten (§ 45 W G ) erklärt werden. Liegen dem Antrag die NoB oder die GrB zu Grunde, so soll gemäß § 3 Ziff. 2 S. 1 NoB bzw. § 1 (1) GrB der Vorstand des Vers über die Annahme entscheiden bzw. diese erklären. Damit wird nach außen im Sinne des § 47 W G kundgetan, daß jedenfalls ein Agent des Vers keine Abschlußvollmacht hat. Gleichwohl ist eine von einem Bevollmächtigten des Vorstands ausgesprochene Annahmeerklärung wirksam. Denn die zitierten Bestimmungen der AVB verfolgen nicht den Zweck, die Annahmeerklärung ausschließlich dem Vorstand des Vers vorzubehalten, sie haben ersichtlich nur den Regelfall im Auge, ohne andere Möglichkeiten des Vertragsabschlusses, ζ. B. die Annahme einer vom Antrag abweichenden Annahmeerklärung des Vers durch den Antragenden gemäß § 150 I BGB, ausschließen zu wollen (so offenbar auch Ohrt S. 16). Wenn daher der Ver einen Abschlußagenten bestellt hat und dieser die Annahme erklärt, kann der Antragende nicht unter Hinweis auf die erwähnten Bestimmungen einwenden, der Vertrag sei nicht wirksam zustandegekommen. § 47 W G schützt Dritte nur gegen ihnen unbekannte Beschränkungen der Vertretungsmacht der Agenten (Bd. 1 Anm. 3 zu § 47 S. 1101—1112), nicht aber dagegen, daß trotz Dritten gegenüber erklärter Beschränkung die Vollmacht wirksam besteht. Hat eine dazu nicht bevollmächtigte Person die Annahme erklärt, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach den §§ 177—179 BGB, falls nicht nach den besonderen Umständen des Falles — ζ. B. sofortiges Prämieninkasso durch den Agenten — eine Anscheinsvollmacht angenommen werden muß (vgl. AG München 22. XII. 1970 VersR 1971 S. 360 mit kritischer Anm. von Martin, dagegen Surminski VersR 1971 S. 709). [C 10] bb) Form und Inhalt der Annahmeerklärung. Eine Form ist für die Annahmeerklärung gesetzlich nicht vorgeschrieben. Sie kann ausdrücklich, insbesondere durch Erklärung des vertretungsberechtigten Organs des Annehmenden oder seines dazu Bevollmächtigten, ζ. B. eines Agenten (OLG Hamm 25. VI. 1928 JRPV 1929 S. 83, LG Hamburg 23. V. 1952 VersR 1952 S. 419) abgegeben werden, sie kann aber auch stillschweigend geschehen, ζ. B. durch Aufforderung zur Prämienzahlung, Übersendung des Vsscheins (KG 17. II. 1911 OLG Rspr. Bd. 24 S. 217), Übersendung der ersten Prämie durch den Interessenten, wenn dieser einen Antrag des Vers annehmen kann, nicht aber durch Entgegennahme der Erstprämie durch Vermittlungsagenten (OLG Stuttgart 28. X. 1958 VersR 1959 S. 261). Die Übersendung des Vsscheins ist für die Wirksamkeit der Annahmeerklärung nicht erforderlich (BGH 31.1.1951 VersR 1951 S. 114 = NJ W1951 S. 313). Eine Form für die Annahmeerklärung kann — ebenso wie für die Antragstellung (Anm. C 5) — vorher vereinbart werden (KG 3. V. 1930 JRPV 1930 S. 302 — Annahme durch den Interessenten) und ist nicht schon darin zu sehen, daß die AVB, auf die der Antrag Bezug nimmt, eine solche Form vorsehen. Denn sie werden erst mit Zugang der Annahme beim Antragenden Inhalt des Vertrages. Dementsprechend und ebenso nach seinem Wortlaut hat § 1 (3) S. 1 GrB lediglich die Bedeutung einer Ordnungsvorschrift ohne verbindlichen Charakter, so daß die Annahme auch mündlich oder fernmündlich wirksam erklärt werden kann, was wegen drohenden Fristablaufs wichtig sein kann. Wenn die zitierte Bestimmung die Annahmeerklärung an eine Form hätte binden wollen — das hätte für Änderungen oder Verlängerungen eines bereits geschlossenen Vertrages Bedeutung haben können —, so hätte sie etwa lauten müssen: „Die Annahme kann nur durch schriftliche Erklärung des Vorstands erklärt werden". § 3 Ziff. 2 S. 2 NoB sagt deutlicher, daß die Annahme in der R e g e l durch Aushändigung oder Angebot des Vsscheins erklärt wird. Die zum Vertragsschluß führende Annahmeerklärung ist ihrem Inhalte nach eine bloße Bejahung des im Antrage „vorgeschlagenen" Vertragsinhalts. Nach der im Vswesen herrschenden Verkehrssitte (OLG Stuttgart 28. X. 1958 VersR 1959 S. 261—262, AG Dortmund 19. VII. 1949 VW 1949 S. 411) muß dem Antragenden die Erklärung des Wriede

κ 55

Anm. [C 11]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

Vers z u g e h e n , so daß eine Annahme in der Form des § 151 S. 1 BGB nur bei Verzicht des Antragstellers auf Zugang der Annahmeerklärung in Betracht kommt (KG 17. I. 1923 J R P V 1924 S. 37, RGR Komm. Anm. 4 zu § 151). In der Vorauszahlung der ersten Prämie ist kein solcher Verzicht zu sehen (BGH 31. I. 1951 VersR 1951 S. 114, LG München 24. VI. 1958 VersR 1958 S. 591). Regelmäßig übersendet der Ver dem Antragsteller mit der Annahmeerklärung oder statt dieser den Vsschein oder bietet ihm diesen zur Einlösung, d. h. gegen Zahlung der ersten Prämie nebst Eintrittsgebühren, an. Die Übersendung des Scheins ist eine unzweideutige Annahmeerklärung, ebenso das Angebot zur Einlösung (BGH a. a. O. S. 115). Denn auf diese Weise erklärt der Ver seinen Willen zum Vertragsschluß. Es ist ohne Belang, ob der Schein ausgehändigt und die Prämie bezahlt wird. In den unter Bezugnahme auf die NoB oder die GrB gestellten Anträgen hat der Antragende darüber hinaus von vornherein sein Einverständnis mit dieser Form der Annahme erklärt (§§ 8 Ziff. 2 S. 2 NoB, 1 (3) S. 1 GrB). Hat der Ver die vom Antragenden gesetzte F r i s t ü b e r s c h r i t t e n , so wird der in der verspäteten Annahme liegende neue Antrag (§150 I BGB) oft stillschweigend, gelegentlich auch ohne Erklärung gegenüber dem Ver, d. h. in der Form des § 151 BGB angenommen (BGH 31. I. 1951 VersR 1951 S. 115, KG 28. X. 1925 VA 1926 S. 22 Nr. 1537). Einlösung des Vsscheins und sonstige Aufnahme der Prämienzahlung, z. B. auch Abschlagszahlungen sind in diesem Sinne zu werten (OLG Hamm 7. VI. 1926 VA 1926 S. 240 Nr. 1608, OLG Stuttgart 1.1.1935 J R P V 1935 Zusatzheft S. 49, OLG Hamburg 23. VII. 1937 HansRGZA 1938 Sp. 91). Eine vom Inhalt des Antrags a b w e i c h e n d e A n n a h m e ist gemäß § 150 II BGB als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag des Vers anzusehen. Auch dieser kann stillschweigend, z. B. durch Einlösung des Vsscheins, angenommen werden (OLG Naumburg 29. IX. 1933 VA 1933 S. 406—407 Nr. 2628). Wenn indessen die Annahmeerklärung in der Übersendung des Vsscheins zu erblicken ist und dieser vom Antrage abweicht, ist die Sondervorschrift des § 5 W G zu beachten (Genaueres Anm. C 25—29). Eine auf den Vsschein (falls seine Vorlage als Annahmeerklärung zu werten ist) aufgedruckte Klausel, wonach die AVB in der jeweils geltenden Fassung maßgeblich sein sollen, ist sittenwidrig, außer wenn die für den W a G geltende Satzung eine entsprechende Ermächtigung gemäß § 41 III 2 VAG enthält. In der widerspruchslosen Entgegennahme des Vsscheins, durch die der Vertrag unter der Voraussetzung des § 5 W G mit dem abgeänderten Inhalt Zustandekommen könnte, kann keine Zustimmung im Sinne des § 41 III 1 VAG gesehen werden (KG 6. III. 1935 J R P V 1935 S. 215). [C 11] cc) Wirkung der Annahme. Die Annahme wird erst im Augenblick ihres Zugangs (§§ 130—132 BGB) beim Antragsteller, ggf. bei seinem gesetzlichen Vertreter oder seinem zum Empfang Bevollmächtigten, z. B. seinem Vsmakler, wirksam. Damit kommt der Vertrag zustande (insoweit falsch KG 6. III. 1935 J R P V 1935 S. 216: Wirksamwerden mit Ausstellung und Absendung des Vsscheins an den Antragsteller). Gelegentlich geht der Vertragsschluß nicht in einem solchen gleichsam zweistufigen Akt vor sich, sondern es wird erst nach mehrfachen Verhandlungen oder längerem Schriftwechsel Einigkeit erzielt. Dann entsteht der Vertrag erst, wenn sich beide Teile über alle Punkte geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Seite eine Vereinbarung getroffen werden solte (§154 I 1 BGB). Ein aufgrund solcher Verhandlungen gemachtes Angebot des Vers, das alle wichtigen Punkte, über die in der Verhandlung Einigkeit erzielt wurde, umfaßt, kann vom anderen Teil stillschweigend angenommen werden, sofern er nicht nach den Umständen des Falles eine solche Annahme ausschließen wollte oder der Ver mit einer inzwischen eingetretenen Änderung seines Willens rechnen mußte (BGH 14. X. 1955 VersR 1955 S. 739). Der Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrages ist zugleich der des formellen Vsbeginns (Genaueres hierüber Anm. D 4). Trotz objektiv nicht erzielter voller Einigung der Parteien kann ein Vertrag bindend sein, wenn die Parteien ihn als geschlossen ansehen, sofern nach Lage des Falles anzuK 56

Wriede

I. Abschluß 4. Annahme des Antrages

Anm. [C12]

nehmen ist, daß sie den Vertrag auch ohne Einigung über den offen gelassenen Punkt geschlossen haben würden (§ 155 BGB). Die Lücke ist ggf. durch Auslegung, u. U. durch sog. ergänzende Vertragsauslegung zu schließen (ζ. B. Palandt-Heinrichs31 Anm. 1 zu § 155 S. 129). Ein solcher versteckter Einigungsmangel kann vorliegen, wenn die Parteien sich mißverstanden hatten. Dabei kommt es jedoch auf den objektiven Erklärungswert der Willenserklärungen an, so daß ein Mißverständnis nur angenommen werden kann, wenn die betreffende Willenserklärung objektiv mehrdeutig war. Hatte sie objektiv einen eindeutigen Sinn, ist für die Annahme eines versteckten Einigungsmangels kein Raum. Ferner kann versteckter Dissens gegeben sein, wenn die Parteien, die sich für einig halten, einen wesentlichen Punkt übersehen hatten, über den eine Einigung getroffen werden sollte. In diesem Falle ist der Vertrag unwirksam (PalandtHeinrichs a. a. O.). Die B e w e i s l a s t für die Wirksamkeit der Annahmeerklärung hat die Partei, die daraus Rechte herleitet. [C 12] c) Besondere Voraussetzungen für die Annahmeerklärung, aa) Ärztliche Untersuchung, Alterszeugnis. Gelegentlich wird in der P K V — ähnlich wie ζ. T. in der Lebensv — der Abschluß des Vertrages von einer ärztlichen Untersuchung oder der Vorlage eines Alterszeugnisses abhängig gemacht (vgl. § 3 Ziff. 8 NoB, ferner auch GB BAV 1954/55 S. 25—26 und VA 1955 S. 38—39). Auf Bestimmungen dieser Art ist, wenn die Vertragschließenden eine ä r z t l i c h e U n t e r s u c h u n g vereinbaren, § 160 W G entsprechend anzuwenden (PrölssMartin18 Anm. 1 zu § 3 NoB S. 926). Der Ver hat daher aufgrund dieser Vereinbarung kein Recht, die ärztliche Untersuchung zu verlangen. Nimmt er den Antrag an, ohne daß die Untersuchung stattgefunden hat, so kann er sich später nicht auf diesen Mangel berufen; der Vertrag ist gleichwohl vollgültig, eine nachträgliche Untersuchung kann nicht mehr gefordert werden. Auch ist der Vmer nicht verpflichtet, das etwa in seinen Händen befindliche Untersuchungsergebnis an den Ver herauszugeben. Denn der Vertrag ist bereits wirksam zustandegekommen und kann nicht nachträglich durch das — möglicherweise ungünstige — Untersuchungsergebnis beeinflußt werden, sofern nicht der Ver wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vom Vertrage zurücktreten oder die Rechte aus § 41 W G geltend machen kann (vgl. Abschnitt F). Der Ver kann seine Annahmeerklärung auch nicht mehr gemäß § 119 II BGB wegen Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften anfechten. Die ärztliche Untersuchung soll nämlich die Angaben des Antragstellers über seinen Gesundheitszustand im Rahmen seiner vorvertraglichen Anzeigepflicht ergänzen, und nach allgemeiner Ansicht ist das Recht zur Irrtumsanfechtung ausgeschlossen, soweit die Vorschriften über diese „Pflicht" reichen (Bd. 1 Anm. 6 zu § 22 S. 357). Das Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß §§ 22 W G , 123 BGB wird davon nicht berührt. Im Rahmen der Prüfung dieses Rechtsbehelfs kann der Vmer gemäß §§ 810, 811 BGB zur Vorlage des Untersuchungsbefundes verpflichtet sein. Hat die Untersuchung ein ungünstiges Ergebnis gehabt, so daß der Ver den Antrag nach seiner sonstigen Praxis oder seinem Geschäftsplan nicht oder nur unter Einschränkungen (Risikobegrenzungen, Prämienzuschläge) angenommen hätte, hat er ihn aber gleichwohl uneingeschränkt angenommen, so ist der Vertrag voll wirksam (falls nicht aus sonstigen Gründen eine Anfechtung möglich ist), selbst wenn ein W a G als Ver damit gegen die Pflicht zur gleichmäßigen Behandlung aller Vmer (§ 21 VAG) verstoßen würde. Denn diese Norm richtet sich nur an den W a G und seine Organe sowie an die Aufsichtsbehörde, nicht aber an seine Mitglieder (h. M. z. B. Prölss-Schmidt-Sasse Anm. 5 zu § 21 S. 307). Für das Verlangen nach Hergabe eines A l t e r s z e u g n i s s e s wird entsprechendes zu gelten haben. Eine Verpflichtung des Antragstellers zur Vorlage eines solchen Dokuments (Geburtsurkunde, Personalausweis) ist mangels einer § 160 W G entsprechenden Bestimmung zunächst wirksam. Nach Vertragsschluß kann ihre Erfüllung jedoch aus den gleichen Gründen wie bei einer Verpflichtung zur Vornahme einer ärztlichen Untersuchung nicht mehr gefordert werden. § 9 ZiH. 3 S. 2 u. 3 No Β enthält eine abweichende Wriede

Κ 57

Anm. [C 13—C 15]

Krankenvers. G. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

ausdrückliche Regelung dieser Frage. Da sie sich im Rahmen des § 41 I W Q hält, ist sie voll wirksam. [C 18] bb) Aufnahme- und Schreibgebühren. Im Zusammenhang mit der Stellung des Vsantrages wird gemäß § 8 Ziff. 1 S. 2 NoB eine „Aufnahme- und Schreibgebühr erhoben". Diese Wortfassung läßt nicht erkennen, ob der Ver schon mit der Entgegennahme des Antrags eine entsprechende einklagbare Forderung erlangen soll, oder ob er nur seine Annahmeerklärung von der Zahlung der Gebühr abhängig machen kann, oder ob die Zahlungspflicht erst mit Abschluß des Vertrages entstehen soll. Da sich die Konstruktion der Entstehung einer Zahlungspflicht im Augenblick der Antragstellung aus dem durch die Vertragsverhandlungen begründeten Rechtsverhältnis nicht ableiten läßt — es erzeugt nur Pflichten zur gegenseitigen Rücksichtnahme (Bd. 1 Anm. 90 zu § 1 S. 129—130) —, auch ein gesonderter nur auf Zahlung dieser Gebühr gerichteter Vertrag nicht ersichtlich ist, scheidet die erstere Möglichkeit aus. Die beiden anderen schließen einander nicht aus. Man wird die Bestimmung daher so verstehen können, daß der Ver die Annahme des Antrages von der Zahlung der Gebühr abhängig machen, sie z. B. gegen Aushändigung des Vsscheins fordern (das bloße Angebot des Vsscheins wäre bei Nichtzahlung der Gebühr dann nicht als Annahme zu werten, wenn dabei ein entsprechender Vorbehalt gemacht wird, vgl. Anm. C10), sie aber spätestens vom Augenblick des formellen Zustandekommens des Vertrages an als einklagbare Forderung geltend machen kann. Nach § 3 (3) S. 1 GrB entsteht die Leistungspflicht des Vmers auch hinsichtlich der Aufnahmegebühr (§ 3 (1) GrB) erst mit Abschluß des Vertrages. Gleichwohl steht es auch dem Ver der GrB privatrechtlich frei, seine Annahmeerklärung von der Erfüllung besonderer Voraussetzungen, z. B. Gesundheitszeugnis oder Zahlung einer Gebühr abhängig zu machen. [C 14] 5. Ablehnung des Antrages. Der Adressat eines Vertragsantrages ist im allgemeinen, insbesondere wenn er mit dem Antragsteller noch keine anderweitigen vertraglichen Bindungen hat, nicht verpflichtet, diesem seinen Entschluß, den Antrag nicht anzunehmen, mitzuteilen. Auch braucht er ihm die Gründe dafür nicht anzugeben (Ehrenzweig S. 66—67). Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann der Antragsgegner aufgrund des durch die Vertragsverhandlungen begründeten vertragsähnlichen Rechtsverhältnisses als verpflichtet angesehen werden, sich zu erklären: Wenn etwa der Antragsteller aufgrund seiner Verhandlungen mit dem zum Abschluß Bevollmächtigten des Vers davon ausgehen durfte, dieser werde den Antrag mit Sicherheit annehmen, oder wenn zur gleichen Zeit über den Abschluß mehrerer Verträge verhandelt und nur ein Teil davon angenommen wurde (KG 7. XI. 1931 JRPV 1932 S. 24—25= HansRGZ A1932 Sp. 470—472). Genaueres Bd. 1 Anm. 90 zu § 1 S. 129—130, Anm. C 15. Wenn § 3 Ziff. 2 S. 2 NoB das zur Klarstellung noch einmal ausdrücklich bestimmt und den Ver zur schriftlichen Mitteilung der Ablehnung verpflichtet, so handelt es sich hier um die Ausprägung einer Rechtspflicht im Rahmen des durch die Vertragsverhandlungen begründeten Rechtsverhältnisses; es ist keine Vertragspflicht, vielmehr ist die Rechtslage so zu verstehen, daß der Ver sich gleichsam mit diesem Anerbieten in die Vertragsverhandlungen eingelassen hat. Eine Unterlassung dieser Mitteilung begründet eine Schadensersatzpflicht des Vers wegen culpa in contrahendo (Bd. 1 a. a. O.). Die GrB verpflichten den Ver nicht ausdrücklich in diesem Sinne, nach den Umständen des Falles kann aber gleichfalls eine solche Mitteilungspflicht gegeben sein, deren Verletzung den Ver zum Schadensersatz verpflichten kann. [C 15] β. Verschulden beim Vertragsschluß, Haftung für Agentenauskünfte. a) Über c u l p a in c o n t r a h e n d o im Vsrecht im allgemeinen vgl. Bd. 1 Anm. 90 zu § 1 S. 129—130, Köbler VersR 1969 S. 773—778.

Κ 58

Wriede

I. Abschluß 6. Haftung für Agentenauskünfte

Anm. [C 16]

Schon aufgrund von Verhandlungen über einen Vertragsschluß entstehen für die als mögliche Vertragspartner verhandelnden Personen Sorgfaltspflichten zur Rücksichtnahme auf die beiderseitigen Interessen, die schuldrechtlichen vertragsähnlichen Charakter haben, so daß die Beteiligten für Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 B G B einstehen müssen. Eine Verletzung dieser Pflichten begründet entsprechende Schadensersatzpflichten. Dabei ist es unerheblich, ob ein Vertrag auch zustandekommt. Diese Regeln greifen nicht ein, soweit es sich um die Erfüllung der vorvertraglichen Anzeigepflicht des Vmers handelt (einschränkend Köbler a. a. O.). Insoweit gelten die §§ 16—21 W G als Spezialregelung dieser Materie (vgl. z. B. LG Hamburg 10. V. 1938 J R P V 1 9 3 9 S. 206—207 : Kein zum Rücktritt des Vers berechtigendes Verschulden des geschäftsungewandten Vmers, der sich bei Ausfüllung des Vsantrages der Hilfe des Vermittlungsagenten bedient, der die Aufnahme der wahrheitsgemäßen Angaben des Vmers in den Vordruck unterdrückt. Jedoch ist der Ver in diesem Falle wegen culpa in contrahendo ersatzpflichtig, BGH 1. I I I . 1972 VersR 1972 S. 530, 531. Denkbar ist z. B., daß der Ver gemäß § 40 II W G kündigen könnte, daß aber der Vmer, wäre sein Vsantrag bei wahrheitsgemäßer Beantwortung abgelehnt worden, noch anderweitig Vsschutz erlangt hätte, der ihm jetzt versagt wird. Insoweit müßte dann der kündigende Ver Schadensersatz leisten. Das würde praktisch darauf hinauslaufen, daß er trotz § 40 I I W G nicht kündigen kann). Die Rechtsprechung hat die in diesem Zusammenhang an den Ver zu stellenden Anforderungen z. T. überspannt und gelegentlich gefordert, daß er v e r p f l i c h t e t sei, Vsanträge in der darin bestimmten Frist oder in der Zeit bis zum vorgesehenen „Inkrafttreten" (Anm. D 4) zu bearbeiten oder doch seine Ablehnung zu erklären (z. B . LG Hamburg 20. II. 1951 VA 1951 S. 1 2 6 = VersR 1951 S. 158—159, LG Berlin 28. X I I . 1950 VersR 1951 S . 4 2 , K G v . 1 5 . X I . 1930 VA 1930 S. 250—251 Nr. 2 2 0 7 = J R P V 1931 S . 4 0 — 41, ferner auch OLG München 1. I I . 1965 VersR 1965 S. 373, Köbler a. a. O. S. 737—738). Das kann aber nur unter besonders gelegenen Umständen gelten, die nach Treu und Glauben eine Erklärung des Vers gebieten (so R G 26. I I . 1935 RGZ Bd. 147 S. 103—112, B G H 17. I I I . 1966 VersR 1966 S. 457, 458, KG 7. X I . 1931 J R P V 1932 S. 24—25 = HansRGZ A1932 Sp. 470—472, LG Köln 6. V I I . 1972 VersR 1972 S. 925, Prölss-Martin" Anm. 5 zu § 3 S. 52—45). Im übrigen kann der Ver die für den Antrag geltenden Fristen für seine Bearbeitung voll ausnutzen und braucht auch eine Ablehnung dem Antragenden nicht zu erklären (vgl. Anm. C 14). Vom Ver zu vertretendes Verschulden beim Vertragsschluß kann z. B . darin bestehen, daß der Vermittlungsagent Angaben des Antragstellers, die nicht in den Rahmen der als gefahrerheblich anzuzeigenden Umstände gehören, z. B. Angaben über die Zugehörigkeit zu dem nach den AVB allein „vsfähigen" Personenkreis (Genaueres hierüber Anm. C 4), verfälscht, so daß der Ver den an sich akzeptablen Antrag ablehnt. Keine Ansprüche wegen culpa in contrahendo bestehen, wenn der Ver die vom Vmer nachgesuchte Genehmigung für eine Spezialbehandlung trotz Dringlichkeit nicht in angemessener Zeit beantwortet (so aber unrichtig OLG Köln 12. IV. 1956 VersR 1956 S. 722). Hier handelt es sich vielmehr um die Verletzung einer sich aus dem bereits bestehenden Vertrage nach Treu und Glauben ergebenden Nebenpflicht (Genaueres Abschn. G). Sein mitwirkendes Verschulden bei Entstehung des Schadens aus unsorgfältiger Erfüllung der bei den Vertragsverhandlungen zu beobachtenden Pflichten hat der andere Teil gemäß § 254 B G B zu vertreten (BGH 1. I I I . 1972 VersR 1972 S. 530, 532). Der danach zum Schadensersatz wegen culpa in contrahendo Verpflichtete hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte (z. B . BGH 8 . 1 . 1 9 6 2 VersR 1962 S. 563). Oft — so z. B . in dem Fall des durch den Agenten verfälschten Vsantrages — wird der Vmer daher so zu stellen sein, als wenn der (tatsächlich nicht zustandegekommene) Vertrag abgeschlossen worden wäre oder der Antragsteller sich rechtzeitig anderweitig hätte vn können (BGH 1. I I I . 1972 N J W 1972 S. 822, 824). [C 16] b) Haftung für Agentenauskünfte. Von dieser Haftung ist ein anderes Einstehenmüssen des Vers für ein Fehlverhalten seiner Agenten zu unterscheiden (BGH 20. V I . 1963 BGHZ Bd. 40 S. 22, 24; Bd. 1 Wriede

Κ 59

Anm. [C 17, C18]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

Anm. 61 zu § 44 S. 1048), das zumeist — aber nicht sehr deutlich — als „Haftung für die Vertrauensstellung des Agenten" bezeichnet wird (so Bd. 1 Anm. 54 zu § 44 S. 1042). Es handelt sich dabei um eine inzwischen zum Gewohnheitsrecht gewordene (so BGH 9. V. 1951 BGHZ Bd. 2 S. 87 und a. a. O.; a. A. Prölss-Martin 18 Anm. 7 zu § 43 S. 247) ständige Rechtsprechung des RG, wonach ein Vsinteressent (mit Wirkung für das spätere Vertragsverhältnis) auf eine unrichtige Auskunft des Vermittlungs- oder Abschlußagenten und seiner Mitarbeiter (Erfüllungsgehilfen, § 278 BGB) über Umfang und Inhalt des abzuschließenden Vsvertrages und der sonst vertragswichtigen Punkte, insbesondere auch der für diesen Abschluß zu beantwortenden Fragen (Genaueres über die dann mögliche Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht Abschn. F) vertrauen darf, sofern nicht der Wortlaut der AVB und des Fragebogens eindeutig ist und vom Antragsteller nach seinem Bildungsstande hätte erkannt werden müssen. Dieser vom RG in ständiger Praxis (vgl. ζ. B. die Entscheidungen 2. XII. 1890 RGZ Bd. 27 S. 151, 30. III. 1900 RGZ Bd. 46 S. 184,19.1.1915 RGZ Bd. 86 S. 128,19. V. 1922 RGZ Bd. 104 S. 346, 2. X. 1925 RGZ Bd. I l l S. 314, 2. IV. 1935 RGZ Bd. 147 S. 186) angewandte und ausgebaute Rechtssatz ist vom BGH a. a. O. übernommen und fortgeführt worden (vgl. auch Entscheidung 28. X. 1963 VersR 1964 S. 36). Er hat in der Literatur weitgehend Beifall gefunden (Bd. 1 Anm. 55 zu § 44 S. 1044 mit weiteren Nachweisen, Eichler S. 58—59, a. A. Prölss-Martin 18 a. a. O., offenbar Ehrenzweig S. 49). Der Satz unterscheidet sich von der Rechtsfigur der culpa in contrahendo in mehrfacher Hinsicht: Er setzt kein Verschulden des Agenten voraus. Er wird nur dann angewandt, wenn es tatsächlich zum Vertragsschluß — wenn auch dem Wortlaut nach mit anderem Inhalt als vom Vmer gewollt — kommt. Ein eigenes Verschulden des Vmers — nach den Entscheidungen des BGH 9. V. 1951 BGHZ Bd. 2 S. 87, 92 und 20. VI. 1963 BGHZ Bd. 40 S. 22, 25 muß es erheblich sein -— schließt seine Anwendung aus, während im Falle der culpa in contrahendo § 254 BGB anzuwenden ist. Die Rechtsfolge besteht nicht in einer Schadensersatzpflicht des Vers, sondern darin, daß er den Vmer so stellen muß, als wenn der Vertrag von vornherein den Inhalt gehabt hätte, den er nach der Auskunft des Agenten haben sollte. Es handelt sich mithin um eine Art Garantiehaftung des Vers für die (falsche) Auskunft seines Agenten in Gestalt einer Wahrheitsfiktion (Haymann J R P V 1935 S. 323—324, Prölss JZ 1951 S. 517), so daß in der praktischen Wirkung der Vertrag entsprechend umgestaltet wird. Wegen zahlreicher Beispiele aus der umfangreichen Rechtsprechung vgl. Bd. 1 Anm. 63—69 zu § 44 S. 1049—1057, Prölss-Martin 18 Anm. 7 A zu § 43 S. 248—250. — Entsprechendes gilt im Falle falscher Belehrung über die Bedeutung von Fragen desAntragsvordrucks (Genaueres Abschnitt F). [C 17] 7. Vorläufige Deckungszusage. Diese kommt in der PKV praktisch nicht vor (Bd. 1 Anm. 92 zu § 1 S. 130, John in HdV Sp. 468), obwohl sie auch hier in beschränktem Umfange, ζ. B. für Zusatzvn für Auslandsreisen, möglich erscheint. [G 18] 8. Änderung des Vertrages. Über nachträgliche Änderungen des Vsvertrages im allgemeinen vgl. Bd. 1 Einl. Anm. 29 S. 58—61, Anm. 108—130 zu § 1 S. 137—142, Anm. 22—34 zu § 41 S. 524—530. Von den in Bd. 1 Anm. 110—121 zu § 1 S. 137—140 aufgeführten und erörterten Fällen nachträglicher Änderung eines im übrigen als idem fortbestehenden Vertrages sind in der PKV folgende von besonderer Bedeutung: Vereinbarter Wechsel oder vereinbarte Änderung der dem Vertrage zu Grunde liegenden AVB oder des Tarifs (Anm. C 19), vereinbarter Ein- oder Ausschluß von in den Vertrag einbezogenen Gefahrspersonen (Anm. C 20), einseitige Änderung der AVB in bestimmten Beziehungen durch den Ver aufgrund dahingehender Ermächtigung des Vers (Anm. C 21), vereinbartes Ruhen der beiderseitigen Rechte und Pflichten (Anm. G 22), auf einzelne Gefahrspersonen neben dem Vmer beschränkte Vertragsbeendigung durch einseitiges Rechtsgeschäft (Genaueres Anm. D 39, 43), Fortsetzung eines infolge Ausscheidens des Vmers beendeten Vertrages durch eine bisher nur als Gefahrsperson eingeschlossene Person (Genaueres Anm. C 24).

Κ 60

Wriede

Anm. [C19]

I. Abschluß 8. Änderung des Vertr. [C 19] a) Wechsel und Änderung der ÀYB oder des Tarifs, Zusatzverträge.

Anlaß zu einem Wechsel des Tarifs sind auf Seiten des Vmers zumeist wirtschaftliche Erwägungen. Er möchte seinen Vsschutz entweder verbessern oder — etwa wegen Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Lage oder anderweitiger Sicherstellung des vten Bedarfs, ζ. B. durch Zusage von Beihilfeleistungen seines Arbeitgebers — vermindern, um Prämien zu sparen. Es können auch Zweckmäßigkeitserwägungen des Vers für einen Wechsel maßgebend sein. So ist es denkbar, daß er im Interesse einer Arbeitsvereinfachung seinem Bestand an bestimmten Verträgen neu eingeführte AVB oder Tarife zu Grunde legen möchte, ohne daß damit eine wesentliche Änderung im Gefüge der beiderseitigen Leistungen verbunden ist. Eine Erweiterung oder Verminderung des Vsschutzes kann im übrigen dadurch erreicht werden, daß die Vertragspartner Z u s a t z v e r t r ä g e abschließen oder bestehende beenden. Sind solche Zusatzverträge ihrem Inhalte nach derart auf das Bestehen des Hauptvertrages zugeschnitten, daß ihnen keine selbständige Bedeutung zukommt — ζ. B. wird durch den Zusatzvertrag die zeitlich, summenmäßig oder in bestimmter sachlicher Beziehung (etwa Ausschluß des Berufsunfallrisikos oder von Auslandsreisen) begrenzte Leistungspflicht des Vers nach dem Hauptvertrage erweitert —, so sind ihr Inkrafttreten oder ihre Aufhebung als Änderungen des Hauptvertrages anzusehen; sie teilen daher auch sonst dessen Schicksal. Haben dagegen die Zusatzverträge selbständige Bedeutung — das wird ζ. B. für die Vereinbarung zusätzlicher Tagegeldleistungen für Krankenhausaufenthalt zu gelten haben —, so berührt ihr Bestand grundsätzlich nicht den des Hauptvertrages. Er kann vielmehr selbständig aufgehoben und seinerseits geändert werden; er führt auch im übrigen — so ζ. B. hinsichtlich der Wirkungen des Zahlungsverzuges gemäß §§ 38, 39 W G und der Folgen der Nichterfüllung von Obliegenheiten — sein eigenes „Leben" (vgl. RG 31. I. 1936 RGZ Bd. 150 S. 152; BGH 21. I X . 1964 BGHZ Bd. 42 S. 297; Bd. 1 Anm. 12 zu § 30 S. 408; Prölss-Martin" Anm. 1 zu § 30 S. 190, Weingarten VersR 1968 S. 232). Über die besondere Rechtslage bei Bestehen mehrerer Verträge mit einem W a G und Aufhebung eines oder mehrerer davon im Hinblick auf das Mitgliedschaftsverhältnis vgl. Starke VersR 1950 S. 142—143. Für die inhaltliche Änderung eines Vertrages ist, soweit nicht die bisherigen Vertragsbedingungen, insbesondere die AVB etwas anderes bestimmen (vgl. Anm. C 21), gemäß § 305 BGB ein V e r t r a g e r f o r d e r l i c h , dessen Wirksamwerden sich nach den allgemeinen Vorschriften des BGB (§§ 145—157) richtet. Das gilt auch für V s v e r t r ä g e der M i t g l i e d e r eines W a G . Wenn die zuständigen Organe eine Änderung der AVB auch für bestehende Vsverträge beschließen, so gilt das vereinsrechtliche Unterwerfungsprinzip des § 33 BGB nicht, vielmehr bestimmt § 41 I I I 1 VAG, daß eine Änderung der Satzung oder der AVB ein bereits bestehendes Vsverhältnis nur berührt, wenn der betreffende Vmer zustimmt. Es ist streitig, ob auch insoweit ein Vertrag zwischen dem W a G und dem Vmer erforderlich ist, oder ob es sich um zwei miteinander nicht im Verhältnis von Angebot und Annahme (§§ 145—157 BGB) stehende Willensakte, nämlich einmal der zuständigen Vereinsorgane und zum anderen des zustimmenden Vmers handelt. Diese Ansicht wird von Kisch ( W a G S. 79—80) und Prölss-Schmidt-Sasse® (Anm. 5 zu § 41 S. 423—424) vertreten, während die überwiegende Auffassung, insbesondere die Rechtsprechung (vgl. die bei Kisch a. a. O. Note 58 genannten Autoren und Entscheidungen, ferner wohl auch Böhm VersR 1954 S. 475) der Änderung vertraglichen Charakter beilegt. Diese Meinung verdient den Vorzug: § 41 I I I 1 VAG will die Änderung der für das Vsverhältnis maßgebenden AVB und Satzungsbestimmungen mit Rücksicht auf ihre besondere Bedeutung für das einzelne Mitglied dem vereinsrechtlichen Unterwerfungsprinzip entziehen. Die Änderung kann dann aber nur nach den allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen des BGB, d. h. durch Vertrag gemäß § 305 BGB durchgeführt werden, zumal § 41 III 1 VAG hierfür keine andere Rechtsfigur zur Verfügung stellt. Eine analoge Anwendung des § 185 BGB, die allenfalls in Betracht käme, könnte nur zu Unklarheiten führen. Es ist daher außer dem Beschluß der zuständigen Organe des W a G eine entsprechende Offerte zum Abschluß des Änderungsvertrages an die in Betracht kommenden Vereinsmitglieder und deren Annahmeerklärung erforderlich. Diese kann auch stillschweigend, z. B. durch Zahlung des nunmehr erhöhten Beitrags, Wriede

Κ 61

Anm. [G 19]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

Bezugnahme auf den Inhalt der abgeänderten AYB, abgegeben werden. Praktisch wird die Streitfrage keine große Bedeutung haben, da die Zustimmungserklärung regelmäßig als Annahme des Antrages zur Änderung des Vertrages angesehen werden kann. — Kein Streit besteht darüber, daß V s v e r t r ä g e m i t N i c h t m i t g l i e d e r n des W a G (§ 21 II VAG) nur durch Änderungsvertrag gemäß § 305 BGB abgeändert werden können. Die für den Neuabschluß in den AVB vorgesehenen A n t r a g s f r i s t e n gelten nicht ohne weiteres für Anträge auf Änderung des Vertrages (BGH 24. XI. 1951 VersR 1952 5. 37—38). Zur E n t g e g e n n a h m e des A n t r a g s des V m e r s sind außer den Organen der Ver und den von ihnen dazu bevollmächtigten Personen gemäß § 43 Ziff. 1 W G auch die Agenten ermächtigt (Genaueres Anm. G 7). Von der Möglichkeit, deren Vertretungsmacht gemäß § 47 W G einzuschränken, haben die NoB in § 4 Ziff. 1, die GrB in § β (1) a mid c und auch die MB KK in § 16 Gebrauch gemacht. Nach der ersteren Bestimmung ist zur Entgegennahme von Willenserklärungen nur der Vorstand berufen, nach den letzteren daneben noch die „zuständige Geschäftsstelle" (Genaueres über diesen Begriff Anm. D 32). Darüber hinaus stellen die zitierten Bestimmungen das Erfordernis der Schriftform auf. Sie sind — anders als für Anträge beim ersten Abschluß des Vertrages (Anm. C 5) — für Anträge auf Abänderung des Vertrages maßgeblich. Nach der Auslegungsregel des § 127 BGB ist daher Unterzeichnung des Antrages durch den Antragenden erforderlich, es genügt aber auch telegrafische oder fernschriftliche Übermittlung. Nimmt der Ver einen nicht formgerechten Antrag an, so ist der Vertrag gleichwohl wirksam, da dann anzunehmen ist, daß die Vertragschließenden stillschweigend auf die Einhaltung der Formvorschrift verzichtet haben. Aufgrund der bereits bestehenden Vertragsbeziehungen sind Ver und Vmer zu besonders sorgfältiger Beachtung der sich im Rahmen der Änderungsverhandlungen ergebenden Pflichten gehalten: Der Ver muß den Antrag mit möglichster Beschleunigung bearbeiten, damit der Vmer sich ggf. nach anderweitiger Deckung umsehen kann bzw. einen heranstehenden Kündigungstermin zur Beendigung des bestehenden Vertrages nicht versäumt. Für schuldhafte Verzögerungen haftet der Ver auf Schadensersatz wegen c u l p a in c o n t r a h e n d o . Dabei hat er für deis Verschulden seiner Leute, die bei der Übermittlung und Bearbeitung des Antrages eingeschaltet sind, insbesondere für Versäumnisse seiner Agenten, gemäß § 278 BGB einzustehen. Das gilt auch dann, wenn die Agenten zur Entgegennahme der Anträge nicht ermächtigt sind. Ein solcher Ausschluß ihrer Empfangsvollmacht hat nur die Wirkung, daß der Antrag nicht schon bei Entgegennahme durch den Agenten als dem Ver zugegangen gilt, sondern erst mit Eingang beim Vorstand oder — im Falle der §§ 6 (1) a GrB, 16 MB KK — bei der „zuständigen Geschäftsstelle". Dann ist der Agent nur Bote. Seine Versäumnisse bei dieser Tätigkeit hat der Ver zu vertreten. Die Haftung des Vers ist danach zu bestimmen, daß er den Vmer so zu stellen hat, als wenn der Antrag zeitgerecht, insbesondere noch vor Eintritt eines späteren Vsfalles bearbeitet worden wäre. Je nach den Umständen des einzelnen Falles kann es so liegen, daß dann der Änderungsvertrag noch rechtzeitig zustandegekommen wäre — etwa weil das bei früheren ähnlichen Gelegenheiten im Rahmen des gleichen Vertragsverhältnisses auch der Fall gewesen ist (OLG Neustadt 6. VII. 1956 VersR 1957 S. 311—312 = MDR 1957 S. 34) — oder daß der Vmer sich bei rechtzeitiger Ablehnung seines Antrages anderweitig hätte Vsschutz beschaffen können (RG 31. I. 1922 RGZ Bd. 104 S. 20—23, 13. III. 1923 VA 1923 Anh. S. 79—80 Nr. 1334; KG 13. VII. 1921 VA 1922 Anh. S. 56—57 Nr. 1281, 14. IV. 1937 VA 1937 S. 197 Nr. 3002). In diesen Fällen sind dem Vmer Leistungen entsprechend dem bei rechtzeitiger Bearbeitung voraussichtlich zustandegekommenen Verträgen zugesprochen worden. Ist der Vmer infolge der Säumnis des Vers davon abgehalten worden, seinen bereits bestehenden Vertrag rechtzeitig zu kündigen, ist er so zu stellen, als hätte er fristgerecht gekündigt: er ist entsprechend von der Prämienzahlungspflicht freizustellen. — Hat bei der Entstehung dieser Schäden ein V e r s c h u l d e n des V m e r s oder der Personen, für die er im Rahmen des Vertrages gemäß § 278 BGB verantwortlich ist, mitgewirkt, kommt eine Verminderung der Ersatzpflicht des Vers gemäß § 254 BGB in Betracht (KG 13. VII. 1921 VA 1922 VA Anh. S. 56—57 Nr. 1281, OLG Celle 7. X. 1926 VA 1928 S. 32—33 Nr. 1812 = JRPV 1926 S. 335—336, KG 6. V. 1933 JRPV 1933 S. 284—285, LG Kassel 31. I. 1952 VA 1952 S. 132). Κ 62

Wriede

I. Abschluß 8. Änderung des Vertr.

Anm. [C 20]

Für den Fall, daß der Ver Antragsteller wegen des Änderungsvertrages ist, haben die A u f s i c h t s b e h ö r d e n zum Schutz der Ymer gewisse Anforderungen an den Inhalt der Anträge gestellt (VA 1925 S. 59, 63, 1933 S. 253, 1934 S. 120—121, 1935 S. 89 = VW 1949 S. 433, VA 1948 S. 5—6 = VW 1949 S. 433), deren Beachtung auch im Rahmen der Ρ KV empfehlenswert erscheint: Die Anträge sollen klar verständlich und nicht mit anderen Erklärungen verbunden sein. Auf die Einhaltung dieser Anordnungen kommt es privatrechtlich nicht an. Die Wirkung eines unter Verstoß dagegen gestellten Antrages bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften. Maßgebend ist, ob der Vmer nach den ganzen Umständen des einzelnen Falles erkennen mußte, daß es sich um einen Änderungsantrag des Vers handelte. Ist die Änderung darauf gerichtet, daß der Ver ein erhöhtes oder bisher nicht vtes Risiko übernehmen oder das bestehende für eine längere Zeit, als ursprünglich vorgesehen, tragen soll, so ist die v o r v e r t r a g l i c h e A n z e i g e p f l i c h t (Genaueres Abschnitt F) insoweit zu erfüllen, als der Ver nicht aus dem bisher abgelaufenen Vertragsverhältnis über die anzuzeigenden Umstände, namentlich über Vorerkrankungen unterrichtet ist (§ 16 III W G ) . Die Nichtanzeige eines vor Abschluß des Änderungsvertrages eingetretenen gefahrerhöhenden Umstandes ist unter die §§ 16ff. W G im Hinblick auf den geänderten Vertrag zu subsumieren, nicht aber als Gefahrerhöhung des früheren Vertrages zu behandeln (RG 9. 1.1925 RGZ Bd. 110 S. 152—155). Falls der Änderungsvertrag nichts anderes bestimmt, ändert er den bisherigen Vertrag unmittelbar ab; er verpflichtet die Parteien nicht erst zur Vornahme dieser Änderungen, sondern hat v e r f ü g e n d e W i r k u n g . Der Z e i t p u n k t des Eintritts dieser Wirkung ist, falls nicht ausdrücklich vereinbart, durch Auslegung zu ermitteln. Ist insoweit keine Vereinbarung getroffen, wird analog der Auslegungsregel des § 271 I BGB anzunehmen sein, daß die Änderung im Augenblick des Zustandekommens des Änderungsvertrages wirksam werden soll. Die b e i d e r s e i t i g e n R e c h t e u n d P f l i c h t e n richten sich grundsätzlich vom Augenblick des Wirksamwerdens an nach den geänderten Bestimmungen: Die dann fällig werdenden Prämien und Gebühren sind dem neuen Tarif entsprechend zu berechnen (vgl. jedoch VA 1958 S. 192 wegen der technischen Berechnung der Beiträge bei Übergang in einen höheren Tarif). Dabei handelt es sich nicht um Erst-, sondern um Folgeprämien im Sinne des § 39 VVG, so daß der Fortbestand des Vsschutzes über den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung hinaus nicht gemäß § 38 II W G von der Zahlung der dann erstmalig nach dem geänderten Vertrag fällig werdenden Prämie abhängig ist (Bd. 1 Anm. 128 zu § 1 S. 142). — Ebenso richten sich die vom Vmer zu beachtenden Obliegenheiten jetzt nach dem neuen Vertragsinhalt. — Der Ver ist gemäß § 3 I W G verpflichtet, einen dem neuen Vertragsinhalt entsprechenden Vsschein auszustellen oder doch die eingetretene Änderung in einer Urkunde als Nachtrag zum Vsschein zu dokumentieren. Hinsichtlich der Genehmigung des Inhalts dieses Scheins bei Abweichung von dem Vereinbarten gelten die Bestimmungen des § 5 W G (Genaueres Anm. C 25—29). — Die Leistungspflicht des Vers ist vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung gleichfalls nach dem neuen Vertragsinhalt zu bestimmen. Für die zu dieser Zeit schwebenden Vsfälle sind mangels abweichender Vereinbarungen die in Anm. D 16 dargelegten Grundsätze entsprechend anzuwenden, d. h. es sind für vorher begonnene und zur Zeit des Eintritts der Änderung noch nicht abgeschlossene Vsfälle Leistungen nach dem alten Tarif zu gewähren, für die nachher begonnenen die des neuen Vertragsinhalts. Auf die Einhaltung der für den neuen Tarif vorgesehenen Wartezeiten hat der Ver ohne dahingehende Vereinbarung keinen Anspruch, auch wenn nach dem neuen Vertragsinhalt höhere Leistungen vorgesehen sind. Vielfach enthalten die AVB, insbesondere die Tarifbedingungen von vornherein dahingehende Klauseln. [C 20] b) Vereinbarter Ein- oder Ausschluß von Gefahrspersonen. Eine verhältnismäßig häufig vorkommende Vertragsänderung, namentlich bei den Vollvn (Anm. Β 5), betrifft einen Wechsel im Bestand der neben dem Vmer in den Vertrag einbezogenen Gefahrspersonen, der sog. Anschluß-, Familien -oder Mitvten (Genaueres Abschn. Η und Anm. Β 9). Der Vertrag wird in diesem Falle um die Gefahrtragung Wriede

Κ 63

Anm. [C 21]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

für das in dieser Person laufende Krankheitsrisiko pp. erweitert oder vermindert. Das Ausscheiden einer Gefahrsperson geschieht allerdings außer durch Todesfall zumeist aufgrund entsprechender Kündigung (Genaueres Anm. D 41 u. 43). Für den Abschluß des abändernden Vertrages gilt das in Anm. C 17 Ausgeführte entsprechend. Für den Einschluß des bisher anderweitig privatvten Ehegatten in den Vertrag des anderen Gatten gewähren die Ver vielfach Erleichterungen (vgl. Verb Β 1962 S. 46—47). Hatte der eintretende Gatte bisher bei einer gesetzlichen Krankenkasse oder einer gleichwertigen Einrichtung Anspruch auf Heilbehandlung, so kommt eine Anrechnung der Wartezeiten in Betracht (Genaueres Anm. D 11). Für die im Laufe eines Vsjahres in den Vertrag eingeschlossenen Gefahrspersonen gilt das gleiche Vsjahr wie für den Vertrag im übrigen, und zwar auch dann, wenn sie eigene Ansprüche gegen den Ver haben sollen, es sich also um eine Krankenfremdv für fremde Rechnung handelt (Genaueres hierüber Abschn. H). Denn der bestehende Vertrag wird nur hinsichtlich des Umfangs der Gefahrtragung des Vers, nicht aber auch im übrigen geändert, insbesondere nicht wegen des Turnus des Vsjahres. Das Nebeneinander verschieden ablaufender Vsjahre in einem Vertrage ist mit der rechtlichen und technischen Bedeutung dieses Begriffs nicht vereinbar. Daher dominiert das für den bisher bestehenden Vertrag vereinbarte Vsjahr. Dementsprechend ist die etwa vereinbarte Jahresprämie für den neu abgeschlossenen Teil im ersten Vsjahr pro rata temporis zu errechnen. Im gleichen Sinne sind die etwa im Tarif vorgesehenen auf das Vsjahr bezogenen Leistungshöchstsätze zu berechnen. Im übrigen gilt jedoch für Kündigungen und sonstige auf den Lauf des Vsjahres abgestellte Rechte und Pflichten als Vsjahr das des bisher schon bestehenden Vertrages. Nach den §§ 4 (8) a Ziff. 8 GrB, 2 (2) MB KK ist unter den dort genannten Voraussetzungen kein weiterer Vertragsschluß für die Einbeziehung von Neugeborenen des Vmers erforderlich ; vielmehr genügt eine formlose Mitteilung, aus der ersichtlich ist, daß das Neugeborene in den bestehenden Vsschutz einbezogen werden soll. Zwar behandeln die GrB diese Frage — systemwidrig — nur unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der allgemeinen Wartezeit. Der Inhalt der zitierten Bestimmung ergibt aber hinreichend deutlich, daß — ebenso wie nach den MB Κ Κ — die Einbeziehung durch (einseitige) Willenserklärung des Vmers von vornherein vereinbart ist. Die Voraussetzung, daß der Vmer bzw. ein Elternteil „mindestens drei Monate bei dem Ver v t " sein muß, läßt unklar, ob sich diese Frist auf die formelle, technische oder materielle Vertragsdauer beziehen soll (Genaueres hierzu Anm. D 2—13). Der — bei den GrB besonders deutliche — Zusammenhang dieses Zeitraums mit der allgemeinen Wartezeit nötigt zu der Auffassung, daß diese Frist zugleich mit dem Beginn der Wartezeit, d. h. mit dem technischen Beginn, in Lauf gesetzt wird. Wenn es in § 2 (2) MB KK statt Vmer ein „Elternteil" heißt, so macht das in der Regel keinen Unterschied : Schon nach allgemeinen Grundsätzen können in den Vertrag nur solche Gefahrspersonen einbezogen werden, deren Krankheitsaufwendungen unmittelbar oder mittelbar dem Vmer zur Last fallen, sei es aufgrund rechtlicher sei es aufgrund faktischer Verpflichtung (Genaueres Abschn. H). Daher kann § 2 (2) MB KK ζ. B. auch dann in Betracht kommen, wenn der Vmer einem neugeborenen Kinde einer Gefahrsperson, also etwa einem Enkelkinde, unterhaltspflichtig ist. [C 21] c) Einseitige Änderung durch den Yer. Schrifttum: Böhm VersR 1954 S. 474—478, Kisch W a G S. 74—81, Mohr VersR 1961 S. 964, Ohrt S. 110—114, Prölss-Schmidt-Sasse« Anm. 4—7 zu § 41 S. 424—425, Wriede VersR 1969 S. 195. Gemäß § 41 III 2 VAG können Vsverträge der Mitglieder eines W a G von diesem einseitig geändert werden, soweit die Satzung oder die AVB das für einzeln bezeichnete Bestimmungen der Verträge, insbesondere der AVB und der Tarife vorsehen. Das ist keine Ausnahme von der Norm des § 41 III 1 VAG in dem Sinne, daß insoweit wieder das vereinsrechtliche Majoritätsprinzip gilt, vielmehr weist S. 2 lediglich auf eine sich aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit ergebende Möglichkeit vereinfachter Änderung bestehender Verträge hin : der Vmer hat dem Ver von vornherein diese Befugnis eingeräumt (ebenso Böhm a. a. O. S. 475). Κ 64

Wriede

I. Abschluß 8. Änderung des Vertr.

Anm. [C 21]

Die Satzungsbestimmung muß im einzelnen angeben, welche Bestimmungen der AVB geändert werden können. Eine Generalklausel ist unwirksam (KG 5. X. 1927 JRPY 1927 S. 334, 6. III. 1935 JRPV1935 S. 216, 7.1.1957 VersR 1958 S. 242, ferner BAA VA 1958 S. 161). Die Satzungen pflegen vielfach alle Bestimmungen als änderungsfähig zu bezeichnen (vgl. Mustersatzung § 11 I 1 VA 1951 S. 46, Kisch a. a. 0. S. 79—80, FrommGoldberg Anm. 4 VA 2, Β zu § 41 S. 498). Von dem Änderungsrecht haben praktisch alle W a G in mehr oder minder großem Umfange Gebrauch gemacht. Die GrB enthalten in § 6 (6) S. 1 eine entsprechende Bestimmung in modifizierter Form. Danach können die GrB und Tarife hinsichtlich der im einzelnen bezeichneten Bestimmungen mit „Genehmigung" der Aufsichtsbehörde „auch" mit Wirkung für bestehende Vsverträge geändert werden. Diese Norm ist, wie ausgeführt, nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit zulässig (AG Heidelberg 29. XI. 1951 ZfV 1952 S. 67, Böhm a. a. O. S. 477—478) und nicht nach § 41 III 2 VAG auf Verträge mit einem W a G beschränkt. Ihre Fassung ist allerdings unkorrekt. Zunächst ergibt sie nicht eindeutig, daß die Änderung durch eine einseitige Maßnahme des Vers geschehen kann. Das folgt aber aus ihrer Zweckbestimmung, auch brauchte die Möglichkeit einer vertraglichen Änderung nicht besonders erwähnt und vor allem nicht auf die hier aufgeführten Punkte beschränkt zu werden. Ferner bedeutet „Genehmigung" nach dem auch hier maßgeblichen Sprachgebrauch des BGB n a c h t r ä g l i c h e Zustimmung der Aufsichtsbehörde (§ 184 S. 1 BGB). Nach dem Sinn der Norm ist aber nicht diese, sondern die vor Änderung des Vertrages einzuholende, mithin die v o r h e r i g e Zustimmung gemeint, d. h. eine Einwilligung (§ 183 S. 1 BGB). Schließlich ist das „auch" fehl am Platze. Der insoweit gleiche Wortlaut des § 41 III 2 VAG ist nur für eine entsprechende Satzungsbestimmung bedeutsam. Die Satzung als Organisationsgrundlage des W a G muß Näheres darüber enthalten, ob, in welcher Form und mit welcher Wirkung die AVB geändert werden können. Dementsprechend hat das zuständige Organ zu bestimmen, ob die Änderung sich nur auf künftig abzuschließende Vsverträge und/oder auf schon bestehende beziehen soll. Für den letzteren Fall bedarf es der Voraussetzungen des § 41 III VAG. Wenn aber ganz unabhängig davon, ob es sich um einen Vertrag mit einem W a G handelt, in den AVB, d. h. in den für einen bereits bestehenden Vertrag geltenden Normen, eine solche Ermächtigungsklausel enthalten ist, so ist es ganz unerheblich, ob der Ver (falls er W a G ist) daneben befugt ist, seinen Geschäftsplan für erst noch abzuschließende Verträge zu ändern. § 18 (1) MB KK ist in gleichem Sinne zu verstehen. Der Hinweis auf § 1 (3) stellt klar, daß sich diese Befugnis außer auf die MB KK und die Tarife auch auf Sonderabreden, die im Vsschein enthalten oder sonst schriftlich vereinbart worden sind, bezieht (jedoch immer beschränkt auf die in § 18 (1) bezeichneten Materien). Ferner läßt diese Bestimmung keine rückwirkende Änderung zu, sondern, allenfalls eine solche ex nunc (s. unten). In diesem Zusammenhang sind auch die sog. Anpassungsklauseln zu nennen, die sich vielfach in Tarifbedingungen finden und ζ. T. eine automatische Veränderung der Prämienhöhe aufgrund von Berechnungen des Vers vorsehen. Die einseitige Vertragsänderung durch den Ver setzt eine Beschlußfassung der zuständigen Organe, bei der AktG des Vorstandes, beim W a G grundsätzlich der obersten Vertretung (§29 VAG), voraus. Sie muß eine Änderung des Geschäftsplans für eine Mehrzahl gleichartiger Verträge zum Gegenstand haben und darf sich nicht auf einzelne Verträge, ζ. B. auf solche, deren Risiko für den Ver besonders ungünstig geworden ist, beschränken. — Die Z u s t i m m u n g der A u f s i c h t s b e h ö r d e darf gleichfalls keine singuläre, nur auf einzelne Verträge beschränkte sein, es muß sich vielmehr um die Zustimmung zu einer Änderung des Geschäftsplans handeln, die alle gleichgelagerten Verträge gleichmäßig betrifft. Sie muß ergeben, daß bereits bestehende Verträge geändert werden dürfen. Gerade das Zustimmungserfordernis soll die Gewähr für eine sachgerechte Handhabung der dem Ver eingeräumten Befugnis bieten, zumal die Vmer bei AktG keinen Einfluß auf die Willensbildung des beschlußfassenden Organs haben. Diese Zustimmung ist auch dann erforderlich, wenn aufsichtsrechtlich kein Anlaß zum Tätigwerden der Aufsichtsbehörde gegeben wäre. Der in der Zustimmung liegende Verwaltungsakt kann von dem einzelnen Vmer nicht im Verwaltungsrechtswege angefochten werden (BVG 16. VII. 1968 BB 1968 S. 1902= VersR 1969 S. 25). — 6

B r u c k - M ö l l e r , VVG, 8. Aufl. VI (Wriede)

Anm. [C 21]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

Auf der anderen Seite macht die Zustimmung die Änderungs„verfügung" des Vers nicht schlechthin unangreifbar. Vielmehr muß sie sich gemäß § 315 B G B im Rahmen billigen Ermessens halten; andernfalls ist sie unwirksam. Die darüber ergehende (zivil)gerichtliche Entscheidung hat konstitutive Wirkung für den einzelnen Vertrag (Genaueres Wriede a. a. 0 . S. 195). Die ändernde Verfügung des Vers kann daher nur dann Wirksamkeit beanspruchen, wenn sie das Gefüge des Vertrages im großen und ganzen bestehen läßt, ζ. B. das Verhältnis von Leistungen und Gegenleistungen der geänderten Risikolage im allgemeinen (nicht im speziellen Fall des einzelnen Vertrages) anpaßt, unzweckmäßig gestaltete Vertragsbestimmungen ändert, Kündigungsfristen verlängert oder verkürzt u. dgl. m. Sie kann nicht dazu führen, daß der Vertrag zu Lasten des Vmers gleichsam ausgehöhlt oder in seinem ursprünglichen Charakter mehr oder minder vollständig verändert wird (vgl. auch BGH 7. VII. 1955 VA 1955 S. 304, 306; Prölss-Schmidt-Sasse 8 Anm. 6 zu § 41 S. 424—425; Fromm-Goldberg a . a . O . ) . Wenn wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Vers derart einschneidende Maßnahmen erforderlich sind, so ist dafür die Aufsichtsbehörde nach den §§81a S. 2, 89 I VAG zuständig (vgl. Anm. A 25). Über die Möglichkeiten, Prämienerhöhungen durch aufsichtsbehördliche Maßnahmen anzuordnen vgl. Starke VW 1949 S. 150—151; Verfassungsgerichtshof Wien 7. X . 1948 VW 1949 S. 61; Bd. 1 Anm. 43 zu § 13 S. 288—289 m. w. N. — Diese einschränkende Auslegung der §§ 6 (6) S. 1 GrB K K und 18 (1) MB K K ist interessegemäß im Hinblick darauf, daß das dem Vmer gemäß §§ 2 (2) b Ziff. 3 GrB Κ Κ und 13 (4) MB K K eingeräumte außerordentliche Kündigungsrecht bei Verschlechterung seiner Rechtslage infolge einseitiger Vertragsänderung durch den Ver (Genaueres Anm. D 40) nur ein schwacher Rechtsbehelf ist, von dem meistens kein Gebrauch gemacht wird (Starke a. a. O.; Wriede a. a. O.). Denn in der Regel kann er sich anderweit infolge des seit Vertragsschluß vergangenen Zeitraums und der damit eingetretenen Risikoverschlechterung nur zu ungünstigeren Bedingungen und erneut unter Einhaltung von Wartezeiten vn. — Die Aufzählung der Bestimmungen in § 6 (6) S. 1 GrB K K , die im vorstehenden Sinne geändert werden können, verweist durch die Gleichheit der Benennung auf die §§ 3, 4, 5 (2) und 6 (1)—(4) GrB K K . § 18 (1) MB K K erklärt die §§ 1—12 und 15—17 MB K K für abänderlich. Nach Genehmigung der Änderung durch die Aufsichtsbehörde ist eine entsprechende Willensäußerung des Vers gegenüber den betroffenen Vmern erforderlich. Denn wenn wie hier eine Vertragsänderung durch einen einseitigen Akt soll vollzogen werden können, so muß dieser auch nach außen in Erscheinung treten. Er ist einer Kündigung oder Mahnung vergleichbar und bedarf daher als einseitiges Rechtsgeschäft einer entsprechenden W i l l e n s e r k l ä r u n g g e g e n ü b e r jedem der betroffenen V m e r . Erst mit ihrem Zugang (§§ 130—132 BGB) wird die Änderung wirksam (ebenso für den vergleichbaren Fall des § 41 I W G Bd. 1 Anm. 9—11 zu § 41, S. 522), sofern der Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens nicht anderweitig bestimmt wird (s. unten). Nach § 6 (6) S. 1 GrB K H und K T besteht das Recht zur einseitigen Vertragsänderung durch den Ver in den dort bezeichneten Punkten nur dann, wenn der Ver auf das ordentliche Kündigungsrecht des § 2 (2) c Ziff. 1 a. a. O. verzichtet hat (vgl. Kopsch ZfV 1955 S. 28). Da nach der hier vertretenen Auffassung (Anm. D 42) der Ver kein Recht zur ordentlichen Kündigung des auf einen längeren Zeitraum als ein Jahr abgeschlossenen Vertrages hat, besteht das Recht zur einseitigen Vertragsänderung in jedem Falle. Hierfür gelten im übrigen die vorstehenden Ausführungen. Durch die Mitteilung des Vers an den Vmer, daß er den Vertrag ändere, tritt — entsprechend den Darlegungen in Anm. C 18 — die Änderung sogleich, d. h. mit Zugang der entsprechenden Mitteilung in Kraft, sofern diese keine abweichenden Angaben enthält. Die Ermächtigung des § 6 (6) S. 1 GrB schließt die Möglichkeit nicht aus, die Verträge auch mit rückwirkender Kraft zu ändern. Davon kann aber — jedenfalls bei Verschlechterung der Stellung des Vmers — nur in engen Grenzen Gebrauch gemacht werden. Eine zu weitherzige Ausschöpfung der Ermächtigung würde gegen Treu und Glauben verstoßen. Das würde nämlich dazu führen, daß für die inzwischen verflossene Zeit die Differenz zu den etwa rückwirkend erhöhten Beiträgen nachzuzahlen und bereits ausgekehrte Vsleistungen ggf. ζ. T. wieder zurückgegeben werden müßten. Damit würde auch gegen den Zweck des außerordentlichen Kündigungsrechts gemäß §§ 2 (2) b Ziff. 2 GrB,

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I. Abschluß 8. Änderung des Vertr.

Anm. [C 22]

13 (4) MB KK verstoßen werden, das dem Vmer die Möglichkeit geben soll, sich der eingeführten Verschlechterung seiner Stellung alsbald zu entziehen. § § 6 (6) S. 2 GrB und 18 (2) MB KK schließen bei Verträgen mit Vern, deren Geschäftsplan die Bildung von Altersrückstellungen vorsieht, eine Veränderung von Leistungen und Gegenleistungen zu Ungunsten des Vmers aus, soweit sie „mit Rücksicht auf das Älterwerden der vten Personen während der Dauer des Vertrages" erfolgen soll. Anlaß für die Einfügung dieser Bestimmung ist die Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs 22. VI. 1949 (RFH Bd. 54 S. 347—352) gewesen. Danach werden bei der Festsetzung der Körperschaftssteuer Altersrückstellungen in der Bilanz eines Krankenvers nur anerkannt, wenn eine rechtliche Verpflichtung des Vers gegenüber den einzelnen Vmern besteht, „daß eine Erhöhung der Beiträge oder eine Minderung der Vsleistungen mit Rücksicht auf das höhere Wagnis infolge des Alterns der Vten für die Zukunft ausgeschlossen ist" (S. 350 a. a. 0.). Damit soll, wie auch der Zusammenhang der Gründe des Urteils ergibt, sichergestellt werden, daß der nach statistischen Durchschnittsberechnungen mit dem Älterwerden verbundene erhöhte Bedarf an Vsleistungen zu keiner Prämienerhöhung oder Leistungsverminderung führt (vgl. auch AG Wuppertal 27. II. 1969 N J W 1969 S. 2286), daß er vielmehr aus den in den ersten Vertragsjähren zu hohen Prämien gedeckt wird und die entsprechenden Anteile hieraus zurückgestellt werden. Veränderungen des Prämien- und Leistungsgefüges zum Nachteil der Vmer fallen daher dann nicht unter die zitierten Bestimmungen, wenn infolge anderer Umstände, ζ. B. eines Währungsverfalls, von Epidemien, Änderungen und Kostensteigerungen der medizinischen Behandlungsmethoden die Grundlagen der ursprünglichen Berechnungen entscheidend verändert werden. Veränderungen dieser Art haben mit der normalen Steigerung der sog. Morbidität bei zunehmendem Alter nichts zu tun. Ohrt (S. 113—114) ist der Meinung, daß eine Erhöhung der Rückstellung und entsprechend eine Beitragserhöhung auch dann zulässig sei, wenn sich einige Zeit nach der ersten Berechnung der Alterungsrückstellung ergebe, daß sie zu niedrig sei. Diese Auffassung mag steuerrechtlich richtig sein, da insoweit nur die Zulässigkeit der Rückstellung in Frage steht, die auch in diesem Falle der Deckung des zukünftigen Bedarfs dienen soll. Damit ist die Beitragserhöhung (und ebensowenig eine Leistungsverminderung, die dem gleichen Zweck dienen soll) aber nicht auch zivilrechtlich zulässig. §§ 6 (6) S. 2 GrB, 18 (2) MB K K schließen gerade Maßnahmen dieser Art, die mit Rücksicht auf das Älterwerden der Gefahrspersonen getroffen werden sollen, aus. Ein Kalkulationsirrtum des Vers kann daher — anders als eine spätere Veränderung der Berechnungsgrundlagen — nicht mehr korrigiert werden. — Diese Garantie gegen Beitragserhöhungen und Leistungsverminderungen schränkt, wie der Zusammenhang der beiden Sätze des § 6 (6) GrB und ebenso der beiden Absätze des § 18 MB Κ Κ zeigt, nur die Ermächtigung des Vers zu einseitigen Änderungen mit dieser Zweckbestimmung ein, hindert die Vertragspartner aber nicht an einer dahingehenden v e r t r a g l i c h e n Änderung (Genaueres hierüber Anm. C 18). Ein solcher Fall ist gegeben, wenn Gefahrspersonen in einen höheren Tarif „übertreten" und dabei vereinbarungsgemäß das „Übertrittsalter" der Berechnung der Prämien und der vom Eintrittsalter abhängigen Leistungen zu Grunde gelegt wird (ebenso jedoch mit bedenklicher Begründung OhrtS. 114). [C 22] d) Rohen des Vertrages. Schrifttum: Behrendt VN 1950 S. 125—126, Frick VersR 1952 S. 383, Gutachten des Zonenamts VA 1950 S. 155, Hoffmann ZfV 1959 S. 289—292, Klauser VersR 1951 S. 97, Otto VersR 1951 S. 97, Schulz ZfV 1959 S. 8—11, 38—42, Starke VW 1949 S. 354—356 und VersR 1951 S. 91. Der Krankenversvertrag erzeugt als Dauerschuld Verhältnis laufend neue beiderseitige Leistungspflichten. Das kann für den Vmer lästig werden, wenn er für eine vorübergehende Zeit anderweitig Krankenfürsorge genießt, ζ. B. für die Zeit einer krankenverspflichtigen Tätigkeit, der Ableistung von Wehrdienst oder wenn seine wirtschaftliche Lage ihm eine Fortsetzung des Vertrages (oder eines von mehreren Verträgen) einstweilen nicht gestattet. In solchen Fällen werden, um eine endgültige Beendigung des Vertrages mit ihren unerwünschten Folgen zu vermeiden, vielfach sog. Ruhensvereinbarungen ge6*

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Anm. [C 22]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

schlossen, die gemäß § 305 BGB zulässig sind. Danach soll der Vertrag als solcher fortbestehen, in dem vorgesehenen Zeitraum aber keine Leistungspflichten erzeugen. Oft wird nur die Zahlung einer geringen „Verwaltungsgebühr" vereinbart, die, falls sie laufend zu entrichten ist, der Bestimmung des § 39 W G unterliegt (vgl. Anm. E 21—25). Denn sie ist das Entgelt für das sich während der Zeit des Ruhens verschlechternde Risiko. Bei der Ruhensvereinbarung handelt es sich daher nicht um eine Stundung der sonst jeweils fällig werdenden Leistungen des Vmers (so daß diese nach Ablauf noch zu erfüllen wären), sondern um einen E r l a ß der zukünftig entstehenden beiderseitigen Leistungspflichten im Sinne des § 397 BGB (LG Hamburg 14. XII. 1950 VersR 1951 S. 75, Hoffmann a. a. O., Starke VW 1949 S. 354), so daß die Wirkungen des ursprünglichen Vertrages für die Zeit des Ruhens gleichsam „eingefroren" sind (Starke VersR 1951 S. 91). Ohne dahingehende Vertragsbestimmung hat der Vmer keinen A n s p r u c h auf A b s c h l u ß eines solchen Ruhensvertrages gegen den Ver. Vielfach sind entsprechende Weisungen der Aufsichtsbehörden ergangen, so zugunsten von Personen, die zum Wehroder Arbeitsdienst eingezogen wurden (vgl. VA 1936 S. 69, R 41/39 v. 15. IX. 1939 und R 32/40 v. 20. IV. 1940, abgedruckt bei Heyn, Die deutsche private Krankenv im Kriege, Berlin-Wilmersdorf 1941, S. 12—15, ergänzt durch VA 1948 S. 13 und 46, 1950 S. 109 bis 110, 170), ferner zugunsten von Personen, die nach der Kapitulation aus den Ostgebieten zugewandert sind (AO ν. 16. XII. 1947 VA 1948 S. 1—2, ergänzt durch VA 1948 S. 30, vgl. dazu Donay VA 1948 S. 6—7). Wegen der Soldaten der Bundeswehr hat der Verband der Ρ KV in Übereinstimmung mit dem BAV eine freiwillige Regelung dahin empfohlen, daß entweder Ruhensverträge oder sog. Anwartschaftsvn (vgl. unten) abgeschlossen werden (GB BAV 1957/58 S. 40). Vgl. ferner VA 1960 S. 122 Abschnitt G lit b) cc) sowie Anm. D 38. Diesen aufsichtsbehördlichen Weisungen entsprechend sind z. T. die AVB geändert, ζ. T. ist auch unmittelbar gemäß §§ 81 und 81a VAG in die betroffenen Vsverhältnisse abändernd eingegriffen worden. Soweit das nicht geschehen ist, können die Ver, falls sie sich weigern, einschlägigen Anträgen der Vmer zu entsprechen, nur durch aufsichtsrechtliche Maßnahmen dazu angehalten werden (§§ 81 III VAG, 20 VerwVollstrG v. 27. IV. 1953 BGBl. I S. 157). Für den A b s c h l u ß eines R u h e n s v e r t r a g e s gelten die Ausführungen in Anm. C 18 sinngemäß. Der Z e i t r a u m des R u h e n s kann von vornherein kalendermäßig festgelegt werden, es kann aber auch vereinbart werden, daß er mit Eintritt besonderer Voraussetzungen, ζ. B. mit der Wiederaufnahme der Prämienzahlung oder der Zahlung eines gestundeten Rückstandes aus der Zeit vor Beginn des Ruhens (Starke VersR 1951 S. 91, so offenbar auch Klauser a. a. O.), oder mit Abschluß einer dahingehenden Vereinbarung enden soll. Was gewollt war, ist durch Auslegung zu ermitteln. Wegen der Anpassung des übrigen Vertragsinhalts an die durch die Ruhensvereinbarung verfügte Abänderung gilt in erster Linie das im Einzelfall von den Parteien Vereinbarte (bzw. das von der Aufsichtsbehörde gemäß §§ 81 und 81a VAG angeordnete). Dabei gehen jedoch die zwingenden Vorschriften des W G stets vor. Soweit besondere Abreden fehlen, wird folgendes zu erwägen sein: Eine von vornherein in Aussicht genommene feste Vertragsdauer wird durch die Ruhensvereinbarung nicht betroffen werden, insbesondere nicht in dem Sinne, daß der Vertrag sich um den Zeitraum des Ruhens verlängert (so Starke a. a. O. S. 355—356), da dann eben kein echter Erlaß der beiderseitigen Pflichten eingetreten wäre (Bd. 1 Anm. 10 zu § 2 S. 146). Der im ursprünglichen Vertrag festgelegte Begriff des Vsjahres, der für die Ausübung von Kündigungsrechten, als Bemessungszeitraum für die Höhe der Prämien und einzelner Leistungen von Bedeutung sein kann, erfährt grundsätzlich keine Änderung. Soweit jedoch das Ruhen im Lauf eines Vsjahres beginnt und im Verlauf eines anderen oder desselben endet (ζ. B. Vsjahr = Kalenderjahr, Beginn des Ruhens am 1. X. 1969, Ende am 30. VI. 1972) und dementsprechend nur ein Teil der auf das betreffende Jahr entfallenden Prämien gezahlt werden (im Beispielsfalle zu 3/« für 1969 und zu Vs für 1972), ist es angemessen, die auf das Vsjahr abgestellten Leistungshöchstsätze entsprechend herabzusetzen, so daß der Vmer ggf. zuviel erhaltene Leistungen nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812—822 BGB) zurückgeben muß. — Die an den vollwirksamen Fortbestand des

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Anm. [C 22]

I. Abschluß 8. Änderung des Vertr.

Vertrages geknüpften Wirkungen, insbesondere der A b l a u f d e r W a r t e z e i t e n , Erhöhung von Leistungen des Vers, Wegfall von Kündigungsrechten des Vers (soweit man diese für zulässig hält, Genaueres Anm. D 42), können nach Einsetzen des Ruhens nicht eintreten, bereits eingetretene auf der anderen Seite nicht wieder entfallen. Diese günstigere Rechtsstellung sollte der Vmer nicht allein durch Zeitablauf, sondern auch durch die laufende Zahlung der Prämien erlangen, die dafür gleichsam von vornherein ein gewisses Entgelt enthalten. Dementsprechend beginnen die vor Einsetzen des Ruhens noch nicht abgelaufenen Fristen nach seiner Beendigung nicht von neuem (VA 1950 S. 155), sie laufen vielmehr erst jetzt weiter; ihr Lauf ist während des Ruhens gehemmt (Bd. 1 a. a. O., a. A. Schulz a. a. O. S. 10). — Da der Vertrag nach der Ruhenszeit nicht neu abgeschlossen wird, sondern nur der schon bestehende wieder auflebt, ist die v o r vert r a g l i c h e A n z e i g e p f l i c h t nicht erneut zu erfüllen und ist auch die jetzt f ä l l i g e P r ä m i e keine Erst-, sondern eine Folgeprämie (h. M. Bd. 1 a. a. O., LG Hamburg a. a. O., VA 1950 S. 155, Starke VersR 1951 S. 91, Otto VersR 1951 S. 97, Behrendt a. a. O., a. A. Klauser VersR 1951 S. 97). Entgegenstehende Vereinbarungen, insbesondere die Klausel, daß die Leistungspflicht des Vers erst mit der Zahlung des nach Ablauf des Ruhens fälligen Beitrags wieder aufleben soll, sind gemäß §§ 34 a bzw. 42 W G nichtig. Jedoch sind inzwischen etwa eingetretene und noch fortbestehende Gefahrerhöhungen — sofern überhaupt (Abschn. F) — jetzt anzuzeigen. — Die Frage, ob der Ver für Vsf älle einzutreten hat, die sich über den Beginn des Ruhens hinaus erstrecken oder vor seiner Beendigung begonnen haben und noch andauern, ist wegen der Gleichheit der Rechts- und Interessenlage nach den Grundsätzen zu beantworten, die für Vsfälle gelten, die bei formellem Vertragsablauf noch nicht beendet sind bzw. vorher begonnen haben (Genaueres Anm. D 16). Danach gilt, soweit die Vertragsparteien nichts Abweichendes vereinbart haben (Beispiel LG Berlin 16. II. 1951 VersR 1951 S. 170 bis 171 = VA [Berlin] 1951 S. 67), folgendes: Für den vor Beginn der Ruhenszeit eingetretenen und dann noch fortbestehenden Vsfall hat der Ver zu haften (a. A. Schulz a. a. O. S. 11). Dieser Fall wird selten vorkommen, da der Ver es in solchen Fällen ablehnen wird, eine solche Vereinbarung abzuschließen. Immerhin ist diese Möglichkeit nicht auszuschließen, z. B. wenn dem Vmer nach den AVB das Recht eingeräumt ist, durch einseitige Erklärung das Ruhen herbeizuführen, oder wenn der Vertrag durch Verfügung der Aufsichtsbehörde gemäß §§ 81, 81a VAG in diesem Sinne abgeändert wird. Auch ist es möglich, daß den Parteien bei Abschluß der Ruhensvereinbarung der Eintritt des Vsfalls nicht bekannt war, z. B. wenn eine eingeschlossene Gefahrsperson erkrankt war. Dauert dagegen der in der Ruhenszeit begonnene Vsfall bei Ablauf dieser Zeit noch an, so hat der Ver nicht zu leisten (a. A. Schulz a. a. O. S. 11). Die in der zit. Entscheidung des LG Berlins erwähnte Vereinbarung wäre daher nicht erforderlich gewesen. Vielfach werden Ruhensvereinbarungen erst abgeschlossen, wenn der Vmer schon geraume Zeit wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten mit der P r ä m i e n z a h l u n g säumig ist. Die Rechtslage kann zweifelhaft sein, wenn der Vmer sich entweder schon vor dem vereinbarten Zeitraum im qualifizierten Verzug gemäß § 39 I W G befunden hat oder der Fristablauf während dieser Zeit eintritt. Sofern die Vereinbarung dieses Umstandes (im Rahmen der zwingenden Vorschriften!) nicht besonders gedenkt (vgl. z. B. LG Berlin a. a. O. : Abzahlungsvereinbarung wegen des Rückstandes beseitigt Verzugsfolgen, Genaueres hierüber Anm. E 11, vgl. auch Schulz a. a. 0 . S. 38—42), gilt folgendes: Die vorher eingetretene Verzugsfolge der Leistungsfreiheit des Vers (§ 39 II W G ) bleibt auch nach Beendigung des Ruhens bestehen, bis der Vmer die angemahnten Prämien, soweit sie auf die Zeit vor Beginn des Ruhens entfallen, entrichtet hat. Denn die Ruhensvereinbarung berührt den Vertrag und die von ihm erzeugten Wirkungen nur in bezug auf die Ruhenszeit. Er lebt so wieder auf, wie er „zur Ruhe gegangen" ist (ebenso Prölss-Martin 18 Anm. 11 C zu § 39 S. 235, vgl. auch RG 8. IV. 1932 JRPV 1932 S. 307—309, a. A. LG Augsburg 28. II. 1951 VersR 1951 S. 124). Die anscheinend von Prölss-Martin 18 (Anm. 2 zu § 42 S. 242) vertretene Auffassung, daß in diesem Falle der Beginn der Leistungspflicht auch davon abhängig gemacht werden kann, daß der Vmer die nach der Ruhenszeit fällig werdenden Prämien zahlt, steht mit § 39 II W G in Widerspruch und ist daher unwirksam (§ 42 W G ) . § 39 II W G ergibt, daß der qualiWriede

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Anm. [C 22]

Krankenvers. G. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

fizierte Verzug endet, sobald die a n g e m a h n t e Prämie bezahlt ist (Bd. 1 Anm. 34 zu § 39 S. 507). Ist der angemahnte Betrag aufgrund der Ruhensvereinbarung ζ. T. erlassen worden, genügt die Zahlung des Restbetrages. — Eine gemäß § 39 III W G ausgesprochene Kündigung muß als aufgrund der Ruhensvereinbarung rückgängig gemacht angesehen werden. War noch nicht gekündigt, so kann das nach dem Wiederaufleben des Vertrages nachgeholt und die Kündigung wiederum vom Vmer gemäß III 3 durch rechtzeitige Zahlung der angemahnten Prämie wirkungslos gemacht werden. — War die 2-Wochenfrist zu Beginn des Ruhens noch nicht abgelaufen, so läuft der restliche Teil nach Schluß des Ruhens weiter, so daß der qualifizierte Verzug erst dann eintreten kann. Eine Mahnung zu einem Zeitpunkt, der aufgrund der nachträglich getroffenen Vereinbarung in die Ruhenszeit fällt, ist sowohl wegen der auf die Ruhenszeit entfallenden Prämien (vgl. LG Hamburg a. a. 0 . S. 76) als auch insoweit wirkungslos, als sie Prämien betrifft, die für die Zeit vor Beginn des Ruhens bestimmt waren. Denn während des Ruhens soll der Vertrag keine Wirkungen äußern, so daß auch der qualifizierte Verzug nicht eintreten kann. Der Ver muß vielmehr wegen der vorher fällig gewordenen und nicht gezahlten Prämien nach Ablauf der Ruhenszeit erneut das Mahnverfahren durchführen. Neuerdings sehen die Geschäftspläne einer größeren Anzahl Ver als sog. A n w a r t s c h a f t s v (vgl. hierzu auch Ohrt S. 217—223, Tauer-Linden S. 83—84, Verb. Β 1959 S. 76—77) die Möglichkeit vor, daß die Vmer unter gewissen Voraussetzungen — anderweitige Heilfürsorge aufgrund einer Pflichtv oder des Wehrdienstes, längerer Auslandsaufenthalt — Ruhensvereinbarungen mit dem Ver treffen können, so daß die beiderseitigen Rechte und Pflichten außer hinsichtlich des etwa vereinbarten Sterbegeldes zeitweilig ruhen und der Vmer einen stark ermäßigten Beitrag zu entrichten hat. Dieser dient der planmäßigen Ansammlung der Alterungsrückstellung auch während der Ruhenszeit. Diese Prämie, die den Vorschriften der §§ 35—42 W G unterfällt, ist daher höher, wenn die Ruhenszeit in die ersten Vsjahre fällt als wenn sie für einen späteren Zeitabschnitt wirksam werden soll, nachdem der Hauptvertrag schon für eine Reihe von Jahren bestanden hat, die Alterungsrückstellung also schon zu einem wesentlichen Teil aufgebracht worden ist. Diese Regelung sieht dementsprechend vor, daß die Ruhenszeit dem Vmer ζ. B. auf den Lauf der Wartezeiten, auf den Erwerb von Leistungsverbesserungen nach bestimmter Vertragsdauer voll angerechnet wird und nicht wie bei der oben erörterten Regelung als aus der Vertragszeit herausgeschnitten zu betrachten ist. — Mit Hilfe der Anwartschaftsv kann ein Krankenvsvertrag von vornherein in der Form abgeschlossen werden, daß die vollen beiderseitigen Rechte und Pflichten erst nach einer bestimmten Zeit einsetzen, der Vertrag also bis dahin als ruhend behandelt wird, es aber nach Einsetzen der Leistungspflichten so angesehen wird, als wenn er auch materiell schon vorher begonnen hätte. Es ist m. a. W. das damalige Eintrittsalter für Prämien- und Leistungsberechnung maßgeblich, die Wartezeiten haben sogleich zu laufen begonnen, zwischenzeitliche Erkrankungen und Unfälle haben auf die späteren Rechte und Pflichten keinen Einfluß. Der Vmer, bei dem die Voraussetzungen für den Abschluß einer Anwartschaftsv vorliegen, hat indessen keinen Anspruch hierauf. Es wird jedoch im Einzelfall zu prüfen sein, ob der Ver nicht je nach den Umständen schon aufgrund der bestehenden Vertragsbeziehungen nach Treu und Glauben verpflichtet ist, einen dahingehenden Antrag anzunehmen. Die dem Verband der PKV angehörenden Unternehmen haben sich bereit erklärt, für die Zeit des Wehrdienstes auf Wunsch der Vmer das Ruhen des Vertrages zu vereinbaren und die betreffende Zeit durch eine Anwartschaftsv zu überbrücken (VerbB 1957 S. 56 und 1964 S. 63). Das soll für alle Sparten der PKV gelten. Nach dem Gesetz über die Sicherung des Unterhalts der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen und ihrer Angehörigen v. 26. VII. 1957 (BGBl. I S. 1046) in der Fassung v. 31. V. 1961 (BGBl. I S. 661) und dem 2. Änderungsgesetz zum Wehrpflichtgesetz v. 22. III. 1962 (BGBl. I S. 169) werden die Beiträge für die nicht sozialvspflichtigen Familienangehörigen vom Bund gewährt; dabei genügt es, daß der Wehrpflichtige oder sein Familienangehöriger lediglich mitvt, d.h. Gefahrsperson, ist (§ 7 [2] Ziff. 2; vgl. Bettinger, Unterhaltssicherung, Berlin-Neuwied 1962 S. 35—36). Κ 70

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I. Abschluß 8. Änderung des Vertr.

Anm. [C 23, C 24]

[C 23] c) Wiederinkrafteetzen aufgehobener Verträge. Das BAA hat gemäß Rundschreiben R 3/60 v. 1. VI. 1960 (VA 1960 S. 121—123) den Κ ranken vern gestattet, ein beendetes Vsverhältnis mit den bereits früher erworbenen Rechten des Vmers mit diesem wieder in Kraft zu setzen, wenn dessen darauf gerichteter Antrag innerhalb von 6 Monaten nach der Beendigung beim Ver eingeht und in der Zwischenzeit kein entsprechender Vertrag mit einem anderen Ver abgeschlossen wurde. Die letztere Voraussetzung kann entfallen, wenn der andere Ver den Vertrag im Einvernehmen mit dem ersten Ver „freigibt", d. h. damit einverstanden ist, daß der Vertrag durch contrarius consensus des Vmers mit dem (zweiten) Ver aufgehoben wird (Genaueres Anm. D 27). Der danach wieder „in Kraft gesetzte" Vertrag ist nach der Weisung der Aufsichtsbehörde so zu behandeln, als wenn der frühere (mit demselben Ver) fortgesetzt würde und die Parteien wegen der in der Zwischenzeit fällig gewordenen Leistungen einen Erlaßvertrag geschlossen hätten. Dementsprechend sind die Rechtsfolgen insoweit in gleicher Weise zu beurteilen wie im Falle einer sog. Ruhensvereinbarung (Anm. C 21). Das Wiederinkraftsetzen kann auch stillschweigend, insbesondere nach Ablauf der Frist aus § 38 I 2 W G durch Einfordern und Zahlen der rückständigen Prämie erfolgen (ÖOGH 12. III 1959 VersR 1960 S. 282, 22. VI. 1960 VersR 1960 S. 959). — Der Verband der privaten Krankenv e. V. hat seinen Mitgliedern empfohlen, Vsverträge, die bei Stellung von Rentenanträgen gemäß § 315 a RVO gekündigt worden waren, bei endgültiger Ablehnung des Rentenantrages wieder in Kraft zu setzen (VerbΒ 1969 S. 64). [€ 24] f) Fortsetzung des durch Tod des Versicherungsnehmers aufgelösten Vertrages durch Gefahrsperson. Gemäß § 2 (2) a GrB KK u. KH, § 2 (2) a Ziff. 4 GrB KT, 15 (1) MB KK endet der Vsvertrag durch Tod des Vmers (Genaueres Anm. D 19). §§ 2 (2) a S. 2 u. 3 GrB E E u. EH, 2 (2) a Ziff. 4 S. 2 u. 3 GrB ET, 16 (1) S. 2 MB E E geben den überlebenden Gefahrspersonen das Recht, den Vertrag zu tarifmäßigen Bedingungen fortzusetzen. Zu diesem Zweck ist eine entsprechende Erklärung binnen 2 Monaten nach dem Tode des Vmers abzugeben. Diese sich aus dem aufgelösten Vertrage ergebende als R e c h t bezeichnete Befugnis muß als Gestaltungsrecht aufgefaßt werden, durch dessen Ausübung ein Vertragsverhältnis zwischen der oder den überlebenden Gefahrspersonen und dem Ver begründet wird (ungenau GB BAV 1954/55 S. 26: Ver ist durch die Erklärung der Gefahrsperson „gebunden"; a. A. Prölss-Martin18 Anm. 1 zu § 15 MB KK S. 960—961: Kontrahierungszwang des Vers). Es ist in der Wirkung etwa dem Recht des Vorkaufsberechtigten (§ 504 BGB) vergleichbar, durch dessen Betätigung gemäß § 505 II BGB zwischen diesem und dem Vorkaufsverpflichteten ein Kaufvertrag mit dem Inhalt des mit dem Dritten abgeschlossenen Vertrages zustandekommt. Während jedoch das Vorkaufsrecht auf Gesetz oder Vertrag beruht, ergibt sich das durch den Tod des Vmers aufschiebend bedingte Eintrittsrecht der Gefahrspersonen aus dem zwischen anderen, nämlich zwischen dem Vmer und dem Ver geschlossenen Vertrage, der mithin eine Sonderform eines Vertrages zugunsten Dritter (der sonst nur Forderungsrechte für den Dritten begründet) darstellt (ähnlich Prölss-Martin18 a. a. O.). Das hat zur Folge, daß der Ver dem Eintrittsberechtigten alle Einwendungen aus dem zugrunde liegenden Vertrage entgegenhalten kann (§ 334 BGB analog), und zwar wird das unabhängig davon möglich sein, ob das Eintrittsrecht bereits ausgeübt worden ist oder nicht. — Das Recht entsteht auch dann, wenn der Vmer nicht selbst Gefahrsperson gewesen ist. Denn Zweck der Regelung ist es, die materielle Sicherung der Gefahrspersonen fortzusetzen. Das Eintrittsrecht wird durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt. Die Erklärung bedarf der Form des § 6 (1) a GrB bzw. § 16 MB KK und muß dem Vorstand oder der zuständigen Geschäftsstelle (Anm. D 32) zugehen. Zugang beim Vermittlungs- oder Inkassoagenten genügt nicht (§§ 6 (1) c GrB, 16 MB KK). — Für beschränkt Geschäftsfähige (§§ 106, 114 BGB) ist § 111 BGB und bei Abgabe der Erklärung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht § 180 BGB zu beachten. Eine Wriede

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Anni. [C 24]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

Annahmeerklärung des Vers ist nicht erforderlich; der Ver kann die Ausübung des Eintrittsrechts auch nicht verhindern, es sei denn, er kann dem Berechtigten analog § 334 BGB entsprechende Einwendungen aus dem ursprünglichen Vertrage entgegensetzen, so z. B. den Einwand, dieser Vertrag sei wegen arglistiger Täuschung seitens des (verstorbenen) Vmers anfechtbar gewesen (die Fristen des § 124 BGB dürfen dann am Todestage noch nicht abgelaufen gewesen sein). Die Eintrittserklärung ist nach den eingangs zit. Bestimmungen binnen 2 Monaten nach dem Tode des Vmers „abzugeben". Die nach den §§ 187 I, 188 II BGB zu berechnende Frist ist danach gewahrt, wenn die Erklärung bis zum Ablauf des letzten Tages dem Ver zugegangen ist (§§ 130—132 BGB). — Mit dieser zeitlichen Begrenzung für die Ausübung des Eintrittsrechts soll erreicht werden, daß die Entscheidung über die Fortsetzung des Vertrages (mit veränderten Beteiligten) alsbald getroffen wird. Würde eine längere Zeit verstreichen können, würde die Risikolage für den Ver nicht mehr übersehbar sein. Es wäre zu befürchten, daß die berechtigte Gefahrsperson ihre Entschließung von Erwägungen abhängig machen könnte, die zu einer Gegenauslese führen könnten, nämlich insbesondere davon, ob in nächster Zeit mit Erkrankungen gerechnet werden müßte. Die Frist wird daher als Ausschlußfrist anzusehen sein, mit deren Ablauf das Eintrittsrecht erlischt. Die Frage, ob auch eine vom Berechtigten nicht zu vertretende Fristversäumnis das Recht zum Erlöschen bringt, wird in gleicher Weise zu beantworten sein wie im Falle des § 12 III W G (vgl. hierzu Bd. 1 Anm. 43—47 zu § 12 S. 271—273) : Nur eine vom Berechtigten zu vertretende Säumnis bringt das Recht zum Erlöschen. Ist die Säumnis von ihm nicht zu vertreten, so kann das Recht noch binnen angemessener Frist nach Wegfall der hindernden Umstände ausgeübt werden; es fängt keine neue 2-Monatsfrist an zu laufen. Nach dem Wortlaut der zit. Bestimmungen der GrB hat jede der überlebenden Gefahrspersonen das hier erörterte Recht. Geben mehrere die Eintrittserklärung ab, so entstehen entsprechend viele selbständige Vsverträge, sofern die Berechtigten nicht zum Ausdruck bringen, daß sie Vmer eines Vertrages werden wollen. Der häufigste Fall wird jedoch der sein, daß nur eine Gefahrsperson, z. B. die Witwe, neuer Vmer wird und die übrigen, z. B. die Kinder, als Gefahrsperson weiter geführt werden. Das muß die Eintrittserklärung erkennbar machen, sofern es sich nicht aus den Umständen des Falles ergibt. Jedoch ist zu beachten, daß, soweit die konkrete Bedarfsdeckung in Frage steht, zwischen dem neuen Vmer und den Gefahrspersonen gleichfalls ein solches Rechts- oder tatsächliches Verhältnis bestehen muß, daß dem ersteren durch die Erkrankungen der Gefahrspersonen Einbußen entstehen (Genaueres Abschn.G). Andernfalls ist die mit der Ausübung des Eintrittsrechts verfolgte Anschließung der Gefahrsperson an den (fortgesetzten) Vertrag wirkungslos, da der Ver insoweit keine Gefahr zu tragen hat. Der „neue" Vertrag soll außer hinsichtlich der Stellung der daran beteiligten Personen als mit dem ursprünglichen identisch behandelt werden, wie darin zum Ausdruck kommt, daß die berechtigte Gefahrsperson ihn „fortsetzen" kann. Die vorvertragliche Anzeigepflicht ist daher vom neuen Vmer nicht erneut zu erfüllen (ebenso Prölss-Martin 18 a. a. O.) ; lediglich die Gefahrstands- und Anzeigepflicht (Abschn. F) ist wie bei einem laufenden Vertrage zu beachten. Insbesondere ist eine in der Zeit zwischen dem Tode des ursprünglichen Vmers und der Erklärung des Eintritts etwa eingetretene Gefahrerhöhung anzuzeigen. Die erste für den fortgesetzten Vertrag zu entrichtende Prämie ist Folgeprämie im Sinne des § 39 W G , so daß die materielle Gefahrtragung keine Unterbrechung erfährt. Die für den bisherigen Vertrag maßgeblich gewesenen Tarifsätze hinsichtlich der Höhe der Prämien und der Leistungen des Vers gelten weiter im Rahmen der gleichen Vsperiode und des gleichen Vsjahres. — Ferner hat der Ver analog § 3 I 1 W G einen Nachtragsvsschein über das fortgesetzte Vertragsverhältnis auszustellen. Ohne dahingehende Vereinbarung, insbesondere entsprechende Bestimmung in den AVB besteht kein Eintrittsrecht. Dementsprechend kann auch nach Scheidung einer Ehe die bisher als Gefahrsperson geführte Ehefrau keine „Fortsetzung" verlangen, abgesehen davon, daß hier der bisherige Vertrag mit dem Ehemann als Vmer weiterbesteht. Den Vern ist jedoch empfohlen worden, mit der Ehefrau einen neuen Vsvertrag abzuschließen, für den das (frühere) Eintrittsalter zugrunde zu legen, jedoch die Prämie nach dem Tarif für einzeln vte Frauen zu berechnen wäre. Der entsprechende Antrag Κ 72

Wriede

Anm. [C 25, C 26]

II. 1. Verbriefung im allgemeinen

der Frau soll auch hier binnen zwei Monaten nach Beendigung der „Anschlußv" gestellt werden (GB BAV 1955/56 S. 29, Verb Β 1955 S. 66).

Π. Verbriefung des Vertrages [C 25] Schrifttum: Bruck S. 215—229, ders. PKV S. 33—36, Ehrenzweig S. 68—74, Eichler S. 88—93, y. Gierke II S. 146—149, Hagen I S. 350—367, Kisch, Der Versicherungsschein, Wiesbaden 1952, Möller Versicherungsvertragsrecht S. 62—77, Salberg, Die rechtliche Bedeutung des Vsscheins, Erlanger Dissertation 1934, Reimer Schmidt HdV Sp. 1594 bis 1597. [C 26] 1. Verbriefung des Krankenvsvertrages im allgemeinen. Der Inhalt eines Vertrages kann, ζ. B. zu Beweiszwecken oder weil das als Wirksamkeitsvoraussetzung vereinbart war (vgl. hierüber Anm. G 5), in einem oder mehreren Schriftstücken niedergelegt werden, ζ. B. indem beide oder die mehreren Vertragspartner eine Vertragsurkunde oder die zum Vertragsschluß führenden schriftlichen Mitteilungen unterzeichnen. Im Rahmen des Privatvsrechts ist der Ver verpflichtet, ü b e r den a b g e s c h l o s s e n e n V e r t r a g eine Urkunde, den Vsschein, auszustellen (§§3 1 1 W G 784 HGB). Der Wortlaut dieser Bestimmungen ist insofern irreführend, als damit auch im Sinne der vorstehenden Ausführungen eine Urkunde gemeint sein könnte, die den Vertrag erst zustandebringt. Tatsächlich erzeugt aber erst der abgeschlossene Vertrag die Pflicht zu ihrer Ausstellung (Kisch S. 8). — Entsprechendes gilt bei Abänderungen des Vertrages, insbesondere auch Verlängerungen der vorgesehenen Laufzeit des Vertrages (vgl. hierüber Anm. C 17—23). Dann genügt ein Nachtragsschein, der in Verbindung mit dem früher ausgestellten Vsschein d e r Vsschein des nunmehr geltenden Vertrages ist. Ist der Inhalt des Vertragsverhältnisses bei mehrfachen Änderungen aus den Urkunden nur noch mit Schwierigkeiten zu entnehmen, hat der Ver eine neue Urkunde auszustellen (Bd. 1 Anm. 3 zu § 3 S. 154). — Der Vsschein ist nach alledem nicht d e r V e r t r a g im Sinne einer Urkunde, in der der Vertragsschluß vollzogen wurde, sondern ein Dokument über den außerhalb der Urkunde abgeschlossenen Vertrag. Er ist damit nur Beweisurkunde (Genaueres Anm. C 32). Bei Verträgen mit W e n aG ist der Vsschein vielfach Bestandteil des Mitgliedsausweises (Kisch S. 8). In der Gruppenv ist nur die über den Gruppenvsvertrag als solchen ausgestellte Urkunde Vsschein, nicht aber der der einzelnen daraus begünstigten Person, meistens der Gefahrsperson, ausgestellte sog. Vsausweis, dessen Bedeutung sich nach dem Vertragsinhalt bestimmt und für diese Personen oft eine dem Vsschein in Einzelverträgen angenäherte Funktion hat (vgl. OLG Bamberg 3. XII. 1958 VersR 1961 S. 25—26 für einen Vsausweis bei der Lebensgruppenv, einschränkend Millauer S. 172—173). Der Vsschein ist gemäß § 3 Γ VVG vom Ver zu unterzeichnen; dabei genügt eine faksimilierte Unterschrift. Es ist die Unterschrift einer zum Vertragschluß namens des Vers bevollmächtigten Person, ggf. auch der nur gemeinsam zeichnungsberechtigten Personen erforderlich. Auch die des Abschlußagenten reicht aus (§ 45 W G ) . Das Dokument muß als „Urkunde über den Vsvertrag" dessen gesamten Inhalt wiedergegeben (Kisch S. 12—13). Es müssen daraus also die Namen und Anschriften der vertragschließenden Personen und die der am Vertrage als Gefahrspersonen Beteiligten ersichtlich sein ; weiter müssen der Beginn des Vertrages (im Sinne des materiellen Sollbeginns, vgl. Anm. D 5) und, falls von vornherein festgelegt, auch der Ablauf des Vertrages darin angegeben sein. Ferner sind darin der vereinbarte Tarif, die für den Vertrag maßgeblichen AVB — beide werden meistens als besondere Druckstücke angeheftet — und die etwa hiervon abweichenden Sondervereinbarungen, ζ. B. Risikozuschläge, Leistungsausschlüsse, Wegfall von Wartezeiten, wiederzugeben. Dieser Bedeutung des Vsscheins werden die § 1 (3) MB KK und die Präambel (2) GrB nicht gerecht, da sie den Wriede

Κ 73

Anm. [C 27]

Krankenvers. C. Ahschluß und Verbriefung des Vertr.

Eindruck erwecken, als seien lediglich die Bestimmungen über die materielle Gefahrtragung des Vers (Genaueres hierüber Abschm. G) in den Vsschein aufzunehmen. § 3 Ziff. 4 NoB bestimmt, daß dem Antragsteller spätestens bei Aushändigung des Vsscheins die AVB mit dem zuständigen Tarif zugehen müssen. Nach dieser Regelung soll es also genügen, daß der Vsschein selbst diese Vertragsbestandteile nicht besonders enthält, wenn sie dem Antragsteller schon vorher ausgehändigt worden waren. Gleichwohl ist im Hinblick auf die Bestimmung des § 3 I W G zu fordern, daß der Vsschein die dem Vertrage zu Grunde liegenden AVB und den vereinbarten Tarif besonders erwähnt. Jedenfalls kann diese Bestimmung der NoB nicht dahin verstanden werden, daß der Vsschein diese Bestandteile nicht zu enthalten braucht, was allerdings möglich wäre, da § 3 I W G nicht zwingend ist (§ 15a W G , vgl. auch § 35 S. 2 W G ) . Gemäß § 1 (2) S. 2 GrB ist dem Antragsteller spätestens mit dem Vsschein eine Abschrift des Vertragsantrags auszuhändigen. Die GrB gehen damit über die zugunsten des Vmers zwingende (§ 15a W G ) Bestimmung des § 3 III W G hinaus. Die Abschrift kann daher nach diesen AVB Bestandteil des Vsscheins sein, sie braucht es aber nicht. Das bei der Unterschrift des Vers auf dem Vsschein vermerkte Datum bezeichnet regelmäßig den Tag der Ausstellung der Urkunde, es braucht mit dem Vertragsbeginn (s. o.), der gesondert anzugeben ist, nicht identisch zu sein. [C 27] 2. Anspruch anf Ausstellung eines Versicherungsscheine. Der Vmer hat, sobald der Vertrag zustandegekommen ist, einen klagbaren Anspruch auf Ausstellung des Vsscheins, d. h. auf Besitz Verschaffung daran. Über die ggf. zu erhebende Klage und die Durchführung der Zwangsvollstreckung aus einem entsprechenden Titel vgl. Kisch S. 22—24. Diesem Anspruch ist der auf Berichtigung oder Vervollständigung eines unrichtigen oder unvollständigen Scheins immanent, soweit noch eine Berichtigung verlangt werden kann und nicht infolge Fristablaufs sein Inhalt als genehmigt zu gelten hat (Anm. C 31). Diese Rechtspflicht des Vers besteht neben der Gefahrtragungspflicht, hat aber geringeres Gewicht, so daß bei Leistungsstörungen nicht die §§ 320—327 BGB, wohl aber die §§ 275—292 BGB anzuwenden sind, wobei insbesondere § 286 I BGB — Ersatz des Verspätungsschadens — von Bedeutung sein kann (Genaueres Bd. 1 Anm. 14 zu § 3 S. 157—158, Kisch S. 24—25). Jedoch ist der Vmer zur Zahlung der Erstprämie nur gegen Aushändigung des Vsscheins verpflichtet (§ 35 S. 2 W G , Genaueres Anm. E 10). Die Verpflichtung zur Aushändigung des Vsscheins besteht selbst dann noch, wenn der Vertrag infolge Kündigung oder Rücktritts für die Zukunft bereits erloschen ist, sofern der Vmer noch ein schutzwürdiges Interesse an der Hergabe der Urkunde hat (Kisch S. 19). Der Anspruch auf Ausstellung des Vsscheins ist nicht selbständig abtretbar oder pfändbar (Prölss-Martin 18 Anm. 8 zu § 3 S. 55) ; er geht analog § 401 I BGB mit über, wenn der Hauptanspruch auf die Gefahrtragung des Vers infolge Abtretung auf einen anderen übergeht (Bd. 1 Anm. 5 zu § 15 S. 299—300, Genaueres Abschn. G). Hat der Vmer den Schein bereits in Händen, so wird der Erwerber der Hauptforderung gemäß § 952 I 1 BGB Eigentümer des Scheins (vgl. Kisch S. 11, 71, Anm. G 30), ein Pfandgläubiger erlangt gemäß S. 2 a. a. O. ein entsprechendes Recht an der Urkunde. Aufgrund dieser Rechtsstellung können sie vom Vmer Herausgabe des Scheins fordern (§§ 985,1227 BGB). Vielfach kommt der Vertrag dadurch zustande, daß der Ver dem Vmer den Vsschein aushändigt oder ihm den Schein gegen Zahlung der Erstprämie und/oder der sonst nach dem Vertrage zu entrichtenden Gebühren anbietet (vgl. Anm. C 10). Wird der Schein dabei ausgehändigt, so hat der Ver seine Pflicht aus § 3 I 1 W G erfüllt. Geschieht das nicht, so bleibt der Ver aufgrund des mit dem Angebot des Scheins zustandegekommenen Vertrages zur Aushändigung verpflichtet, kann jedoch daran wegen seines Anspruchs auf Zahlung der fälligen Prämien und Gebühren ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 I BGB geltend machen. Das gilt auch, wenn der Vmer einen Anspruch auf Berichtigung oder Ergänzung des Scheins hat. Wenn der dem Vmer bereits ausgehändigte Vsschein vernichtet worden ist, d. h. nicht nur die Urkunde selbst aufgehört hat zu bestehen, sondern auch wenn sie wegen sonstiger Veränderungen ihren Zweck als Beweisurkunde nicht mehr erfüllen kann, z. B.

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Wriede

II. Verbriefung 3. Fiktion abweichenden Vertrinhalts (§ 5 W G )

Anm. [C 28—C 30]

unleserlich geworden ist (Kisch S. 35), oder wenn dem Ymer die Urkunde im Sinne des § 935 I BGB abhanden gekommen ist, er also den unmittelbaren Besitz unfreiwillig verloren hat oder das beim mittelbaren Besitzer geschehen ist, kann er gemäß § 3 II 1 W G vom Ver eine Ersatzurkunde verlangen. Für diesen Anspruch gelten die gleichen Grundsätze wie vorstehend für den primären Anspruch auf Ausstellung des Vsscheins. Die Voraussetzung des § 3 II 2 W G kommt in der PKV nicht in Betracht, da ihre Vsscheine weder Legitimationspapiere zu sein pflegen noch Orderpapiere sind (Anm. C 32). Die Kosten der Ersatzurkunde hat der Vmer zu tragen und auf Verlangen des Vers vorzuschießen (§ 3 IV W G ) . Der Anspruch auf Ausstellung des Vsscheins und der Ersatzurkunde verjährt gemäß § 12 I W G in zwei Jahren; die Frist beginnt am Schluß des Jahres, in dem die Ausstellung zuerst verlangt werden kann. [C 28] 3. Fiktion abweichenden Vertragsinhalts gemäß § 6 W G . Schrifttum: Ehrenzweig S. 71—74, Kisch, Der Vsschein, Wiesbaden 1952, S. 54—110, Prölss J R P V 1940 S. 51, Raiser OeffrV 1940 S. 267, Ruppelt, Der § 5 W G , Seine Auslegung und Anwendung durch Lehre und Rechtssprechung, ungedr. Hamburger Diss. 1951, Richter, Betrachtungen zum Abschluß des Vsvertrages, Leipzig 1940, S. 14, Schulz ZfV 1957 S. 389 und 570, Thees VersPrax 1941 S. 54, Vassel OeffrV 1940 S. 253. [C 29] a) Grundlage der sog. Billigungsklausel. Da der Vsschein nicht die den Vertragsschluß verkörpernde Urkunde ist (Anm. C 25), sondern nur eine — noch dazu nur von einer Vertragspartei, dem Ver, auszustellende — Urkunde ü b e r den Vertragsabschluß, ist sein Inhalt für den Vertragsinhalt nicht schlechthin maßgebend. E r ist vielmehr dem Bestätigungsschreiben eines Vertragsteils vergleichbar (Kisch S. 55). E r könnte daher, insbesondere je nach dem Verhalten des Vmers nach Erhalt des Scheins eine gewisse Beweiskraft für den Vertragsinhalt entfalten. Stimmt jedoch der Vmer dem vom Vertragsinhalt abweichenden Inhalt des Vsscheins — ausdrücklich oder stillschweigend — zu, so erlangt damit der Vsschein nicht nur eine dahingehende Beweiskraft, vielmehr wird der ursprüngliche Vertrag rückwirkend dem Inhalt des Vsscheins entsprechend abgeändert. — Soll der Vertrag erst mit Aushändigung des Vsscheins Zustandekommen und weicht der Inhalt des letzteren vom Antragsinhalt ab, so gilt diese Annahmeerklärung nach den allgemeinen Vorschriften gemäß § 150 II BGB als Ablehnung des Antrags verbunden mit einem neuen Antrag des Vers, den der Vmer seineresits annehmen kann (Anm. G 10), so daß der Inhalt des Scheins auf diese Weise zum Vertragsinhalt werden kann. Kommt der Vertrag nur durch Angebot des Vsscheins zustande (ohne daß dieser ausgehändigt wird), gilt wiederum das oben ausgeführte, wenn der Vmer nachträglich zustimmt. § 5 W G baut gleichsam auf dieser Rechtslage auf, wenn er unter bestimmten Voraussetzungen den abweichenden Inhalt des Vsscheins als durch den Vmer genehmigt fingiert. [C 30] b) Tatbestand des § 5 W G . Dem Vmer muß ein Vsschein ausgehändigt worden sein. Dazu sind auch die etwa gleichzeitig mit übergebenen weiteren Dokumente, etwa die AVB, der Tarif (§ 8 ZiH. 4 NoB), die Abschrift des Antrages des Vmers (§ 1 (2) S. 2 GrB) zu rechnen, ferner auch Nachträge (OLG Braunschweig 4. IX. 1932 J R P V 1933 S. 46), Verlängerungsscheine und die der Ubersendung dieser Urkunden dienenden Begleitschreiben, soweit darin Angaben enthalten sind, die für die Ermittlung des Vertragsinhalts von Bedeutung sein können (OGHZ 27. IV. 1950 VersR 1950 S. 100, Frey VersR 1950 S. 124). Der danach festzustellende Inhalt des Vsscheins muß vom Vertragsinhalt, falls der Vertrag bereits unabhängig von seiner Übersendung zustandegekommen ist, oder, falls der Antrag des Vmers durch Aushändigung des Scheins angenommen werden soll, von diesem abweichen. Der Inhalt des Antrages ist im Sinne der Ausführungen in den Anm. Wriede

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Anm. [C 30]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

C 5 und 6 zu bestimmen, so daß ggf. auch sogenannte mündliche Nebenabreden dazu gerechnet werden müssen (ebenso Groh, Nebenabreden bei Vsverträgen, Karlsruhe 1965 S. 27—30). Keine Abweichung liegt vor, wenn der Antrag Lücken aufweist und nach den ganzen Umständen angenommen werden muß, daß der Ver diese Lücken durch die übliche Regelung ausfüllen soll und diese dann im Vsschein angibt. — Streitig ist, ob nur solche Abweichungen in Betracht kommen, die dem Vmer ungünstig sind (so Bd. 1 Anm. 9 zu § 5 S. 176, Ehrenzweig S. 72—73, Prölss-Martin18 Anm. 2 zu § 5 S. 58, a. A. Kisch a. a. O. S. 74—75, ÖOGH 21. XII. 1960 VersR 1960 S. 478, offen gelassen BGH 21. V. 1959 VersR 1959 S. 498). Dem Gesetzgeber war nach der geschichtlichen Entwicklung der Billigungsklausel und ihrer Zweckbestimmung (hierüber Kisch S. 64—65) bekannt, daß darunter ursprünglich nur dem Vmer ungünstige Abweichungen fallen sollten. Nur solche werden vor der Neufassung des § 5 a. F. W G Gegenstand von Differenzen zwischen Ver und Vmer gewesen sein. Ihnen sollte durch die Aufnahme der Billigungsklausel in die AVB, für die § 5 a. F. W G zum Schutz der Vmer bestimmte Mindestanforderungen aufstellte, entgegengewirkt werden. Die Tatsache jedoch, daß diese Norm und auch ihre Neufassung vorwiegend bei dem Vmer ungünstigen Abweichungen bedeutsam ist und ihre II bis IV a. F. den Vmer schützende Bestimmungen enthalten, die nicht zu seinen Ungunsten abgeändert werden können (§ 15 a W G ) , rechtfertigt noch nicht die Annahme der hM., daß nur solche Abweichungen erfaßt werden sollen, die für den Vmer ungünstig sind. Die Bestimmung will spätere Streitigkeiten über den tatsächlichen Vertragsinhalt vermeiden. Dieser Zweck würde weitgehend vereitelt werden, wenn § 5 sich nur auf einen Teil der Abweichungen beziehen würde, zumal oft unklar ist, ob eine Abweichung dem Vmer günstig oder ungünstig ist. Man denke z. B. an eine Verlängerungsklausel wie die des § 6 Ziff. 1 S. 1 NoB oder an ein beiden Teilen eingeräumtes Kündigungsrecht. Auch würde zweifelhaft sein, was zu gelten hätte, wenn der Vsschein günstige und ungünstige Abweichungen enthält. Lehnte z. B. der Vmer die ihm vorteilhaften Abweichungen ab, so wäre nach h. M., da insoweit die allgemeinen Vorschriften zu gelten hätten, kein Vertrag zustandegekommen, so daß für eine Genehmigung der ungünstigen kein Raum mehr wäre. Vollends unklar wäre es bei in ihrem Gunsterweis zweifelhaften Abweichungen. Diese Überlegungen gebieten es im Interesse der Rechtssicherheit, der von Kisch vertretenen Ansicht den Vorzug zu geben, zumal § 5 I W G nicht zwischen günstigen und ungünstigen Abweichungen unterscheidet und die Tatsache, daß die II bis IV Schutzbestimmungen für den Vmer enthalten, nur ein sehr schwaches Argument für die h. M. hergibt. Weiter ist erforderlich, daß der Ver den Vmer bei Aushändigung des Vsscheins, d. h. im gleichen zeitlichen Zusammenhang (OLG Celle 19. VI. 1952 VersR 1952 S. 283) auf die Abweichungen vom Antrage bzw. von den bereits getroffenen Vereinbarungen sowie auf die Rechtsfolgen unterlassenen Widerspruchs durch besondere schriftliche Mitteilung oder durch auffälligen Vermerk auf dem Vsschein hinweist (§ 5 II W G ) . Als besondere schriftliche Mitteilung ist eine solche zu verstehen, die nicht mit anderen Erklärungen verbunden ist (OLG Celle a. a. O.). Als Unterschrift genügt hierbei ebenso wie für den Vsschein selbst eine faksimilierte Unterschrift des Vers (Prölss-Martin18 Anm. 7 zu § 5 S. 62—63). Der wahlweise mögliche Vermerk auf dem Vsschein ist auffällig, wenn er durch Drucktype, Farbe und/oder Umrandung aus dem übrigen Text hervorsticht. Neben diesem allgemeinen Hinweis ist gemäß II 2 2. Halbs, ein besonderer Hinweis auf die einzelnen Abweichungen erforderlich. Soweit § 5 A Zilf. 2 NoB geringere Anforderungen an den Inhalt dieses Hinweises aufstellt, ist die Bestimmung im Hinblick auf § 15 a W G zugunsten des Vmers unwirksam. Im Falle einer dem Vmer günstigen Abweichung des Vsscheins vom Vereinbarten bzw. von dem Antrage kann der Vmer sich auf einen an dieser Bestimmung ausgerichteten Hinweis berufen. Zu dem von § 5 II W G vorausgesetzten Hinweis ist der Ver nicht im Rechtssinne verpflichtet, vielmehr handelt es sich hierbei um eine Art Obliegenheit des Vers, deren Nichterfüllung ihm die Rechtsnachteile des § 5 III W G einträgt. Auf sein Verschulden kommt es dabei nicht an. Der Vmer muß, um die Genehmigungswirkung zu vermeiden, binnen Monatsfrist nach Empfang des von den notwendigen Hinweisen begleiteten Vsscheins widersprechen. Da für den Fristbeginn auf den Empfang, nicht auf den Zugang abgestellt wird, gelten Κ 76

Wriede

II. Verbriefung 3. Fiktion abweichenden Vertrinhalts (§ 5 W G )

Anm. [C 31, C 82]

nicht die §§ 130—132 BGB, vielmehr ist erforderlich, daß der Vmer oder sein hierzu Bevollmächtigter tatsächlich in die Lage versetzt werden, von dem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Empfangen ist der Vsschein auch dann, wenn der Vmer sich der Kenntnisnahme treuwidrig entzieht (§ 162 BGB analog). Die Frist ist nach den §§ 187—193 BGB, nicht nach § 7 W G zu berechnen (Kisch S. 79). Ist die Monatsfrist entschuldbar — z. B. infolge schwerer Erkrankung des Vmers — versäumt, so kann er den Widerspruch nachholen (Bd. 1 Anm. 13 zu § 5 S. 178, a. A. Kisch a. a. O. S. 91, Prölss-Martin 18 Anm. 4 zu § 5 S. 60). Widerspruchsberechtigt ist der Vmer, an seiner Stelle sein gesetzlicher oder rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter oder der an seine Stelle getretene gesetzliche Verwalter oder Testamentsvollstrecker. Der Widerspruch ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Monatsfrist ist also nur dann gewahrt, wenn diese Erklärung dem Ver oder seinem Agenten (§ 43 Ziff. 2 W G , vgl. aber §§ 4 Ziff. 1 NoB und 6 (1) a) und c) GrB, 16 MB KK, Genaueres hierzu Anm. D 32) bis zum Ablauf des Monats im Sinne der §§ 130—132 BGB zugegangen ist. § 5 II 1 W G schreibt Schriftform vor; hierfür sind die §§ 125 S. 1, 126 I BGB zu beachten. Inhaltlich muß die Erklärung erkennen lassen, daß der Vmer mit dem Inhalt des ihm ausgehändigten Vsscheins nicht einverstanden ist; die näheren Einzelheiten können noch nachträglich vorgebracht werden. c) RechtsTfirkungen des unterlassenen und des frist- und formgerecht erklärten Widerspruchs. Hier ist zu unterscheiden zwischen dem Fall, daß der Ver seiner Hinweislast gemäß § 5 II W G genügt hat und dem, daß dies nicht geschehen ist. [C 31] aa) Hinweislast des Versicherers nicht erfüllt. Hat er dieser Obliegenheit nicht oder nicht ordnungsgemäß entsprochen, so hat das Schweigen des Vmers keine genehmigende Wirkung, selbst wenn das nach anderen Grundsätzen — etwa weil beide Vertragspartner Kaufleute sind und der Vsschein als Bestätigungsschreiben angesehen werden könnte — möglich wäre. Vielmehr gilt kraft ausdrücklicher Vorschrift des § 5 III W G das tatsächlich von den Parteien veieinbarte (falls der Vsschein nach Vertragsschluß ausgehändigt wurde) oder der Inhalt des Antrages des Vmers (falls der Vertrag mit Aushändigung des Scheins Zustandekommen sollte). Im letzteren Falle kommen daher die allgemeinen Vorschriften der §§ 150 II, 154 BGB nicht in Betracht, vielmehr kommt der Vertrag — auch gegen den Willen der einen oder anderen Vertragspartei)!) — mit dem Inhalt des Vsantrages zustande, soweit dieser rechtlich und vstechnisch Inhalt eines Vsvertrages mit dem betreffenden Ver nach seiner Branche sein kann (OLG Celle 19. VI. 1952 VersR 1952 S. 283, 7. XII. 1959 VersR 1960 S. 121). Auch der Vmer kann sich daher z. B. nicht darauf berufen, daß der ihm als Annahmeerklärung des Vers übersandte Vsschein von seinem Antrage abweiche und daher gemäß § 150 II BGB als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrage zu gelten habe, den er angenommen habe (Kisch S. 77, Ehrenzweig Vsrundsch 1950 S. 139—140). Die B e w e i s l a s t für den Eintritt der Fiktion oder den Inhalt des Vereinbarten (von dem der nach Vertragsschluß übersandte Vsschein abweicht) hat derjenige, der Rechte daraus herleitet. E r muß daher ggf. auch beweisen, daß der Ver die Hinweislast nicht erfüllt hat. Da die Bestimmung des § 5 III W G nur zugunsten des Vmers zwingend ist, d. h. auf anderem als dem vorgeschriebenen Wege gegen seinen Willen kein von seinem Antrage inhaltlich abweichender Vertrag Zustandekommen kann, ist der Vmer nicht gehindert, durch besondere Vereinbarung mit dem Ver den abweichenden und mangels Erfüllung der Hinweislast an sich nicht genehmigungsfähigen Inhalt des Vsscheins noch nachträglich zum Vertragsinhalt zu erheben (BGH 21. V. 1959 VersR 1959 S. 498, Kisch S. 78). [C 82] bb) Hinweislast des Versicherers erfüllt. Hat der Ver seiner Hinweislast genügt, so hängt das weitere Schicksal des Vertrages davon ab, ob der Vmer frist- und formgerecht widerspricht. In diesem Falle gilt nichts Wriede

Κ 77

Aam. [C 83]

Krankenvers. C. Abschluß und Verbriefung des Vertr.

Besonderes, vielmehr treten die allgemeinen Rechtswirkungen des bürgerlichen Rechts ein: War bereits ein Vertrag zustandegekommen, so gilt sein Inhalt unabhängig vom Inhalt des Vsscheins; der Ver muß gemäß § 3 I W G einen berichtigten Vsschein ausstellen. Den Inhalt des Vertrages muß beweisen, wer daraus Rechte herleitet. War vor Aushändigung des Vsscheins noch kein Vertrag zustandegekommen, so ist der Antrag des Vmers mit Aushändigung des (abweichenden) Vsscheins gemäß § 150 II BGB abgelehnt. Der Widerspruch des Vmers macht darüber hinaus deutlich, daß er den darin liegenden neuen Antrag des Vers nicht annehmen will. Bei Widerspruch nur gegen einzelne von mehreren Abweichungen gilt das gleiche, falls noch kein Vertrag bestand. Darin wird dann aber in der Regel eine Offerte des Vmers an den Ver auf Abschluß ohne die beanstandeten Punkte zu finden sein, die dieser annehmen kann. Lag bereits ein Vertrag vor, so gilt dieser einschließlich der nicht beanstandeten Abweichungen des Vsscheins. Die eigentliche Wirkung der Billigkeitsklausel tritt ein, wenn der Vmer nicht fristund formgerecht widerspricht. Diesem Tatbestand ist der Fall gleichzustellen, daß er den Abweichungen des Scheins ausdrücklich zustimmt. Dann wird der bereits abgeschlossene Vertrag rückwirkend so abgeändert, wie der genehmigte Vsschein es ausweist. Sollte der Vertrag mit Aushändigung des Vsscheins Zustandekommen, so wird es so angesehen, als hätte der Vmer das darin liegende abweichende Angebot des Vers (§ 150 II BGB) angenommen, so daß der Vertrag als in diesem Augenblick (mit dem Inhalt des Vsscheins) zustandegekommen anzusehen ist. [C 33] 4. Bechtsnatur des Versicherungsscheins. Der dem Vmer ausgehändigte Vsschein ist B e w e i s u r k u n d e für den Abschluß und den Inhalt des (vorher oder mit seinem Zugang beim Vmer) außerhalb der Urkunde zustandegekommenen Vertrages (Kisch S. 30). Er beweist zunächst unwiderlegbar, daß die darin enthaltenen Erklärungen vom Ver abgegeben worden sind (sog. äußere Beweiskraft, § 416 ZPO). Er begründet weiter die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der beurkundeten Erklärungen (sog. innere Beweiskraft). Er begründet also z. B. die Vermutung, daß ein Krankheitskostenvsvertrag des Vmers X mit dem Ver Y unter Einschluß der Gefahrspersonen Α, Β und C von einem bestimmten Zeitpunkt ab nach bestimmten Bedingungen abgeschlossen worden ist. Er kann also sowohl zum Nachweis des Prämienanspruchs des Y als auch eines Leistungsanspruchs des X dienen. Diese Beweiswirkung ist grundsätzlich frei widerlegbar. Es ist ζ. B. der Nachweis zulässig, daß neben dem beurkundeten Vertragsinhalt noch ergänzende oder abändernde Abreden getroffen worden sind, wonach etwa der in der Urkunde angegebene materielle Vsbeginn (Anm. D 5) von der Beendigung eines anderen Vertrages abhängig sein soll (RG 17. XI. 1908 LZ 1909 Sp. 324—325), ζ. B. auch von der Beendigung eines Pflichtvsverhältnisses. Soweit jedoch die sog. Billigungsklausel des § 5 W G eingreift (Anm. C 32), hat der Vsschein konstitutive Wirkung, so daß sein Inhalt, soweit die Wirkung der Billigungsklausel reicht, nicht mehr durch den Nachweis anderweitiger Vereinbarung widerlegt werden kann. Der Vsschein ist als dem Vmer übergebene Urkunde über eine Forderung gegen den Ver auch S c h u l d s c h e i n im Sinne der §§ 371, 952 I BGB (Bd. 1 Anm. 28 zu § 3 S. 161, Bruck S. 219—220, Kisch S. 14, 30, a. A. Prölss-Martin 18 Anm. 6 zu § 3 S. 54: Schuldschein nur, wenn Einlösungsklausel gemäß § 4 II W G vereinbart, dagegen mit Recht Kisch S. 14). Jedoch ist u. a. beim Krankenvsvertrag die Eigentümlichkeit des Vsvertrages als eines Dauerschuldverhältnisses zu beachten, daß nämlich im Laufe des Vertragsverhältnisses nacheinander mehrere konkrete Leistungspflichten des Vers entstehen können. Das führt zu der von §371 S. 1BGB abweichenden Konsequenz, daß der Ver seine Leistung nicht von der Rückgabe, sondern nur von der Vorlage des Vsscheins abhängig machen kann (Bd. 1 Anm. 6 zu § 4 S. 168). Weder die NoB noch die GrB oder die MB KK sehen allerdings eine dahingehende Bestimmung vor. Ihr Schweigen ist jedoch nicht dahin zu verstehen, daß der Vmer oder der sonst aus dem Vertrage Berechtigte von der Vorlegungspflicht befreit ist. Der Ver ist vielmehr nach den vorstehenden Ausführungen und im übrigen auch gemäß §§ 810, 811 BGB ohne weiteres berechK 78

Wriede

Anm. [D 1]

I. DauerschuldVerhältnis

tigt, die Vorlage des Ysscheins zu fordern, etwa um die Anspruchsberechtigung des Überbringers von Belegen ( § § 4 (6) GrB KK, 4 (6) GrB KH und KT, 14 Ziff. 4 NoB, β (2) MB KK, Genaueres Abschn. G) prüfen oder um feststellen zu können, ob der Vertrag, auf den der Anspruchsteller sich bezieht, auch tatsächlich wie vorgesehen durch Aushändigung des Vsscheins zustandegekommen war. Eine Ausstellung des Vsscheins auf den Inhaber gemäß § 4 I W G sowie die Vereinbarung einer Einlösungsklausel im Sinne des § 4 II W G sind in der Ρ KV nicht üblich (Bruck PKV S. 33), wenngleich rechtlich durchaus möglich. Vsscheine der PKV können nicht Orderpapiere sein, da die Aufzählung dieser Papiere in § 363 II HGB abschließend ist. D. Dauer des Krankenvereicherangsvertrages Gliederung Schrifttum D 1 I. Krankenvsvertrag verhältnis D 2

als

Dauerschuld-

II. Vsbeginn — Begriffe D 3—13 1. Formeller Beginn D 4 2. Materieller Beginn D 5—12 a) Materieller Beginn gleichzeitig oder später als formeller Beginn D 6 b) Materieller Beginn früher als formeller Beginn D 7—11 aa) Echte Rückwärtsv D 8 bb) Rückdatierung des Vertrages D 9—11 aaa) Rückdatierung = Rückwärtsv? D 9 bbb) Einzelheiten D 10 cc) Sonderregelung bei „Übert r i t t " aus der G KV und aus anderen Rechtsverhältnissen mit Heilbehandlung; „Übert r i t t " aus anderen KrankenvsVerträgen D 11 c) Beweislast D 12 3. Technischer Beginn D 13 I I I . Ende des Krankenvsvertrages D 14—48 Schrifttum D 14 1. Allgemeines D 15—16 a) Beendigungsfälle D 15 b) Formelles, materielles und technisches Ende D 16 2. Ablauf des Vertrages D 17—19 a) Allgemeines D 17 b) Zeitvn D 18 c) Verträge auf Lebenszeit D 19 Wriede

3. Ipso iure zur Vertragsbeendigung führende Umstände D 20—26 a) Allgemeines D 20 b) Konkurs des Vers D 21 c) Auflösung des W a G D 22 d) Vertragsbeendigung wegen Verlegung des Wohnsitzes D 23 e) Vertragsbeendigung wegen Eintritts dauernder Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeit D 24 f) Vertragsbeendigung wegen Erreichens einer Altersgrenze D 25 g) Vertragsbeendigung wegen Wegfalls einer Voraussetzung der Vsfähigkeit D 26 h) Restfälle D 27 4. Aufhebungsvertrag D 28 5. Kündigung D 29—46 a) Begriff und Wirkung D 29 b) Kündigungsfälle D 30 c) Kündigungserklärung D 31—34 aa) Inhalt D 31 bb) Form D 32 cc) Beteiligte Personen D 33—34 aaa) Kündigung durch Vmer D 33 bbb) Kündigung durch Ver D 34 d) Rechtzeitigkeit und Befristung der Kündigung D 35 e) Rechtslage bei unwirksamer Kündigung des Vmers D 36 f) Kündigungsrechte des Vmers D 37—42 aa) Ordentliche Kündigung D 37 bb) Außerordentliche Kündigung D 38—42 aaa) Außerordentliche Kündigung wegen wichtigen Grundes D 39 Κ 79

Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 1—D 4] bbb) Kündigung wegen Eintritts der gesetzlichen Pflichtv D 40 ccc) Außerordentliche Kündigung wegen Veränderung von Leistungen oder Gegenleistungen durch den Ver D 41 ddd) Außerordentliche Kündigung wegen teilweiser Vertragsauflösung durch den Ver D 42 g) Kündigungsrechte des Vers D 43—46

aa) Ordentliche Kündigung D 43 bb) Außerordentliche Kündigung D 44—46 aaa) Außerordentliche Kündigung wegen wichtigen Grundes D 44 bbb) Außerordentliche Kündigung wegen anderer Tatbestände D 45 ccc) Ausschluß des Vmers aus einem W a G D 46 6. Rücktritt vom Vertrage D 47 7. Anfechtung des Vertrages D 48 8. Nichtigkeit des Vertrages D 49

[D 1] Schrifttum Bruck S. 229—242, ders. P K V S. 36—43, Ehrenzweig S. 101—106, Eichler S. 93—95, v. Gierke II S. 131—143, Klingmüller S. 11—14, Möller Versicherungsvertragsrecht S. 77—81, Ohrt S. 21—46, Reimer Schmidt HdV Sp. 459—464, Ullmann-Schäfer S. 37—41, 75. [D 2] I. KrankenVersicherungsvertrag als Dauerschuldverhältnis. Der Krankenvsvertrag begründet ein Schuldverhältnis, das sich regelmäßig über einen längeren Zeitraum erstrecken soll und bei dem der Umfang der beiderseitigen Leistungen von der Länge dieses Zeitraums abhängt (Dauerschuldverhältnis, vgl. hierzu z. B. Larenz I S. 22—25, Bd. 1 Anm. 46 zu § 1 S. 111). Im Rahmen des Vsvertragsverhältnisses sind — ähnlich wie bei anderen Dauerschuldverhältnissen, z. B. beim Miet- und Dienstvertrag — drei Zeiträume zu unterscheiden: Die Dauer der schuldrechtlichen Bindung der Vertragspartner = formelle Vsdauer, die der materiellen Gefahrtragung des Vers = materielle Vsdauer und die des prämienbelasteten Zeitraums (mit dem eine Anzahl weiterer vstechnischer Begriffe im Zusammenhang steht) = technische Vsdauer. Die beiden letzteren Begriffe beziehen sich mit anderen Worten auf die Hauptleistungspflichten des Vers und des Vmers. Alle drei Zeiträume brauchen sich nicht zu decken; vielfach stimmen aber materielle und technische Vsdauer überein (a. A. offenbar Ullmann-Schäfer S. 37). Genaueres Bd. 1 Anm. 4 zu § 2 S. 144, Reimer Schmidt a. a. O. [D 3] Π. Versicherungsbeginn, Begriffe. Der vorstehenden Unterscheidung entsprechend sind der formelle (Anm. D 4), der materielle (Anm. D 5—12) und der technische Beginn (Anm. D 13) des Krankenvsvertrages voneinander zu sondern (vgl. RG 25. XI. 1932 J W 1933 S. 761). Der Krankenvsvertrag, insbesondere der der Krankheitskostenv (Anm. Β 6). weist darüber hinaus die Besonderheit auf, daß der materielle Beginn der einzelnen Leistungsarten wegen der unterschiedlichen Dauer der Wartezeiten oft auf voneinander abweichende Daten fällt (Genaueres Abschnitt G). [D 4] 1. Formeller Beginn. Der formelle Beginn ist der Zeitpunkt, in welchem der Vertrag durch Annahme des Vertragsantrags zustandekommt (ζ. B. Bruck S. 230), d. h. im Augenblick des Zugangs der Annahmeerklärung bei ihrem Adressaten (Anm. G 11). Die Bestimmung des § 2 (1) S. 1 GrB, wonach der Vsvertrag mit dem im Vsschein bezeichneten Zeitpunkt des Inkrafttretens beginnt, ist daher irreführend: Der Vertrag als Dauerschuldverhältnis beginnt nicht notwendig mit dem im Vsschein angegebenen Tage, vielmehr bezeichnet dieses Datum einerseits den Beginn des prämienpflichtigen Zeitraums — denn nach

Κ 80

Wriede

II. Versbeginn 2. Materieller Beginn

Anm. [D 5]

S. 2 a. a. 0 . beginnt gleichzeitig das erste Vsjahr, auf das die Beitragsberechnung abgestellt ist — und zum andern den Beginn der Leistungspflichten des Vers, soweit dafür keine Wartezeiten einzuhalten sind (§ 4 (2) S. 1 GrB) sowie ferner den Stichtag, von dem an die Wartezeiten (§ 4 (3) GrB) und die auf das Vsjahr entfallenden Höchstsätze zu berechnen sind. Das Datum des „Inkrafttretens", das auf einer entsprechenden Vereinbarung beruhen muß, hat daher mehr vstechnische Bedeutung und ist damit auch für den Umfang der beiderseitigen Leistungspflichten wesentlich (Anm. D 5—13). Es hat aber mit dem formellen Beginn des Vertragsverhältnisses nichts zu tun (ebenso Ohrt S. 21—22, der etwas mißverständlich den Zeitraum, in dem beiderseits Leistungspflichten bestehen, als „Vsverhältnis" bezeichnen will). Eindeutig ist insoweit § 2 (1) S. 1 MB KK; dort wird als „Vsbeginn" der Zeitpunkt definiert, in welchem (grundsätzlich) der Vsschutz, d. h. die materielle Gefahrtragung des Vers und (gemäß § 8 (1) S. 1 MB KK) der prämienbelastete Zeitraum beginnen. Der formelle Vsbeginn hat für die Vertragsabwicklung im übrigen nur geringe Bedeutung : Gemäß § 8 (3) S. 1 GrB entsteht die Leistungspflicht des Vmers mit Abschluß des Vsvertrages, d. h. dem formellen Beginn. Diese Bestimmung ist überflüssig, weil schon nach allgemeinen Grundsätzen mit Vertragsabschluß die durch ihn begründeten Pflichten entstehen. Sie ist ferner irreführend, da hinsichtlich der Entstehung der Pflichten des Vers (in § 4 GrB) nicht ein Gleiches zum Ausdruck gebracht wird. Denn auch er hat — abgesehen von der Pflicht zur materiellen Gefahrtragung — von diesem Zeitpunkt an Leistungspflichten zu erfüllen, ζ. B. dem Vmer den Vsschein auszustellen (§§3 1 1 W G , 3 Ziff. 2 S. 2 NoB, vgl. Anm. C 27), ihm eine Abschrift des Aufnahmeantrages (§ 1 (2) S. 2 GrB), einen Abdruck der AVB und des Tarifs zu übergeben (§ 3 Ziff. 4 NoB, vgl. Anm. G 30). Von dem Zeitpunkt der Entstehung der Leistungspflichten ist der ihrer Fälligkeit zu unterscheiden. Die mit Vertragsschluß entstehenden Pflichten — die anderen Pflichten aus einem Dauerschuldverhältnis entstehen im Verlauf seines Bestehens — sind mangels abweichender Vereinbarung sogleich fällig (§ 271 I BGB). Hinsichtlich der Erstprämie ordnet § 35 S. 1 W G gleichfalls sofortige Fälligkeit an. Genaueres hierüber und die inhaltlich unklaren §§ 3 (3) S. 2 2. Halbs. GrB KK und 8 (3) MB KK in Anm. E 10. Die Entstehung der Erstprämienzahlungspflicht ist jedenfalls nach diesen Regelungen vom Beginn des prämienbelasteten Zeitraums unabhängig, obwohl diese Prämie erst zur Deckung des mit diesem Tage beginnenden Zeitabschnitts dienen soll. Im gleichen Sinne hat der Vmer gemäß § 5 Ziff. A 1 S. 1 NoB die erste Prämienrate einschließlich der Nebengebühren) gegen Aushändigung des Vsscheins zu zahlen, d. h. in der Regel (§ 3 Ziff. 2 S. 2 NoB) bei oder nach Vertragsschluß, jedenfalls aber unabhängig vom technischen Beginn. In §§ 8 Ziîf. 1 und 15 Ziff. 2 NoB ist von einem fünfjährigen Vsverhältnis — in der letzteren Bestimmung ferner von einem dreijährigen — die Rede, nach dessen Ablauf die dort bezeichneten Rechte des Vers nicht mehr geltend gemacht werden können. Diese Fristen beginnen mit dem formellen Veitragsschluß, da hier allein auf die Dauer der vertraglichen Bindung der Parteien und nicht etwa auf die der Prämienzahlungsoder Gefahrtragungspflicht abgestellt wird. Das geht auch aus der in der ersteren Bestimmung erwähnten zweiten Alternative „nach Ablauf von 5 Jahren seit Abänderung oder Wiederinkraftsetzung der V " deutlich hervor. Die B e w e i s l a s t für die Tatsache des formellen Beginns und den maßgeblichen Zeitpunkt hat derjenige, der daraus Rechte herleitet und daher z. B. im Rahmen der §§ 8 Ziff. 1 II und 15 Ziff. 2 NoB der Vmer, der geltend machen will, daß die dort bezeichneten Rechte des Vers nicht mehr bestehen. [D 6] 2. Materieller Beginn. Der materielle Beginn fällt auf den Zeitpunkt, von dem ab die Gefahrtragung des Vers nach dem Inhalt des Vertrages t a t s ä c h l i c h beginnt (z. B. ÖOGH 12. I. 1949 Vsrundschau 1949 S. 86, Reimer Schmidt a. a. 0.). Davon ist der Zeitpunkt zu unterscheiden, mit dem die materielle Gefahrtragung beginnen soll (aber nicht notwendig β

B r u c k - M ö l l e r , VVG, 8. Aull. VI (Wriede)

Κ 81

Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 6, D7]

beginnen muß, weil ζ. B. der Vmer die Erstprämie an diesem Tage noch nicht bezahlt hat, § 38 II VVG, oder einer von vornherein und damit gleichfalls vor dem Eintritt des Vsfalles zu erfüllenden Obliegenheit schuldhaft nicht nachgekommen ist und für diesen Fall Leistungsfreiheit des Vers vorgesehen ist, § 6 I u. II W G ) . Dieser „Sollbeginn" der Gefahrtragung wird in Übereinstimmung mit der Ausdrucksweise des § 2 I W G im Vsschein als „Zeitpunkt des Inkrafttretens" (wegen der Ungenauigkeit dieses Ausdrucks in § 2 (1) GrB vgl. Anm. D 4), als „Beginn der V " oder mit ähnlichen Worten bezeichnet. In diesem Sinne bestimmt § 5 A Ziff. 1 S. 2 NoB, daß die Verpflichtung des Vers „nicht vor dem im Vsschein bezeichneten Zeitpunkt" beginnt und ebenso § 4 (2) S. 1 GrB, daß „die Leistungspflicht des Vers . . . mit dem im Vsschein bezeichneten Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vsvertrages" beginnt, sofern die Erstprämie bezahlt und die Wartezeit abgelaufen ist. Dabei bezieht sich das Wort „Leistungspflicht" auf die eigentliche Vsleistung. Genauer formuliert daher § 2 (1) S. 1 MB KK, wonach der V s s c h u t z mit diesem Zeitpunkt beginnt. Fehlt im Vertrage die Angabe des Sollbeginns, so fällt er gemäß § 7 S. 1 W G auf den Mittag des Tages, an dem der Vertrag formell zustandekommt, mag nun die Annahmeerklärung vor oder nach 12 Uhr zugehen. Im letzteren Falle führt § 7 S. 1 W G zu einer gesetzlichen Rückwärtsv (h. M. z. B. Bd. 1 Anm. 7 zu § 7 S. 220). Enthält der Vertrag zwar die Angabe des Tages des Sollbeginns, nicht aber dessen Stunde, so ist streitig, ob hier der Rechtsgedanke des § 7 S. 1 W G analog anzuwenden ist (dafür z. B. Prölss-Martin18 Anm. 3 zu § 7 S. 97, R. Schmidt HdV Sp. 461—462, dagegen z. B. Bd. 1 Anm. 5 zu § 7 S. 219). Die Bestimmung bezieht sich ihrem Wortlaut nach ausdrücklich nur auf Verträge, die keine besondere Vereinbarung über den Sollbeginn enthalten und will damit ersichtlich seine von § 187 II BGB abweichende Sonderregelung nur auf diesen Fall beschränken, so daß es im übrigen bei der allgemeinen Vorschrift des BGB verbleiben muß, wonach der Zeitpunkt des Sollbeginns 0 Uhr des vereinbarten Tages ist. Sofern daneben die Einlösungsklausel des § 38 II W G zu beachten ist, kommt der Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung der Erstprämie in Betracht und nicht der Mittag dieses Tages (Bd. 1 Anm. 8 zu § 7 S. 220). § 7 S. 1 W G ist auf Verträge mit unbestimmter Dauer analog anzuwenden (Bd. 1 Anm. 4 zu § 7 S. 219). Der Krankenvsvertrag weist darüber hinaus die Besonderheit auf, daß dieser Zeitpunkt nur gleichsam grundsätzlich der Sollbeginn ist, daß aber für viele Leistungen des Vers noch W a r t e z e i t e n einzuhalten sind, die mit diesem Zeitpunkt zu laufen beginnen, und zwar unabhängig von der etwa verspäteten Zahlung der Erstprämie (§ 38 II W G ) oder der Erfüllung von Obliegenheiten, deren Verletzung Leistungsfreiheit des Vers zur Folge hat (§ 13 Ziff. 1 S. 2 NoB, § 4 (3) S. 1 GrB, § 3 (1) MB K K ; vgl. ferner Bd. 1 Anm. 6 zu § 2 S. 144—145; OLG Stuttgart 22. VII. 1953 VersR 1953 S. 365—366). Sie rücken den Sollbeginn der materiellen Gefahrtragung nicht schlechthin, sondern nur hinsichtlich der davon betroffenen Risiken hinaus. Im Verhältnis zum formellen Beginn ist zu unterscheiden : [D 6] a) Materieller Beginn gleichzeitig oder später als formeller Beginn. Diese Gestaltung sieht das Gesetz als Regelfall an ( § 2 I W G ) . Von der gleichen Auffassung sind die AVB beherrscht (§ 5 A Ziff. 1 S. 2 NoB, § 4 (2) S. 2 GrB, § 2 (1) MB KK). Das BAA hält jedoch aus risikotechnischen Gründen Verträge für unerwünscht, bei welchen als materieller Sollbeginn ein Zeitpunkt vorgesehen ist, der später als 6 Monate nach dem formellen Beginn liegt (VA 1966 S. 186). Zivilrechtlich wäre auch eine solche Vertragsgestaltung wirksam. [D 7] b) Materieller Beginn früher als formeller Beginn. Gelegentlich liegt der vereinbarte Zeitpunkt des materiellen Sollbeginns auf einem früheren Tage als dem des formellen Vertragsabschlusses. Hier ist zu unterscheiden, ob es sich um eine (echte) Rückwärtsv handelt (§ 2 W G ) oder ob nur ein Fall sog. Rückdatierung des Vertrages vorliegt. Κ 82

Wriede

Anm. [D 8]

II. Versbeginn 2. Materieller Beginn [D 8] aa) Echte Rückwärtsversicherung.

Zum Begriff der Rückwärtsv vgl. Bd. 1 Anm. 14—43 zu § 2 S. 147—152. Ihre Zulässigkeit wird auch für die P K V allgemein bejaht (OLG München 28.1.1966 VersR 1966 S. 438 m. Anm. von Krieger S. 921, OLG Hamm 12.1.1968 VersR 1968 S. 8 3 8 = VA 1968 S. 106 Nr. 514, LG Paderborn 8. VII. 1954 VersR 1954 S. 409, LG Berlin 25. X I . 1954 VersR 1955 S. 163, LG Karlsruhe 13. V I I I . 1970 VersR 1971 S. 168, AG Templin 29. IV. 1932 J R P V 1932 S. 232, Behne VersR 1951 S. 140—141, Greiser J R P V 1934 S. 145—150, Guckenheimer J R P V 1932 S. 340—341, Schulz MDR 1959 S. 978—983). Jedoch wird dabei im Hinblick auf § 2 II 2 W G vielfach die Einschränkung gemacht, daß eine Rückwärtsv in Bezug auf den Vmer als Gefahrsperson unmöglich sei, weil er nicht im Ungewissen darüber sein könne, ob in seiner Person in der zurückbezogenen Zeit ein Vsfall eingetreten sei (LG Berlin a. a. O., LG Göttingen 8. VII. 1948 NdsRpfl 1948 S. 196, Behne a. a. O., Prölss-Martin18 Anm. 1 zu § 2 S. 42, Schulz a. a. O. S. 979). Dem ist entgegenzuhalten, daß § 2 II 2 W G im Falle der Kenntnis (nur) des Vmers gerade keine Unwirksamkeit des Vertrages anordnet, sondern nur Leistungsfreiheit vorsieht und dem Ver die Prämie für die laufende Vsperiode zugesteht (ebenso OLG München a. a. O.). Unwirksamkeit des Vertrages (als Rückwärtsv) wird nur bei beiderseitiger Kenntnis vom Eintritts des Vsfalls angenommen (z. B. Bd. 1 Anm. 23 zu § 2 S. 149). Darüber hinaus ist § 2 II W G nicht zwingend (RG 16. X I . 1920 RGZ Bd. 100 S. 224, Genaueres Bd. 1 Anm. 43 zu § 2 S. 152). Abgesehen davon kommt es auch hier darauf an, welches Geschehen als Vsfall anzusprechen ist (Genaueres hierzu Abschnitt G). Beginnt etwa der Vsfall mit dem objektiven Krankheitsbeginn, so braucht der Vmer, auch wenn nur seine Person in Betracht kommt, davon nicht sogleich Kenntnis zu haben. Eine Rückwärtsv kann nur dann angenommen werden, wenn sich aus dem Vertrage unter Berücksichtigung aller Umstände ergibt, daß die materielle Gefahrtragung schon vor dem formellen Vertragsschluß beginnen soll (LG Berlin a. a. O. ; LG Karlsruhe a. a. 0 . ; Bd. 1 Anm. 16 zu § 2 S. 147—148; Prölss-Martin18 Anm. 1 zu § 2 S. 42; Genaueres Anm. D 9). Die Zahlung der Erstprämie läßt dann regelmäßig den Vsschutz rückwirkend mit dem vorgesehenen Tage beginnen (RG 25. V. 1937 RGZ Bd. 155 S. 105; Bd. 1 Anm. 18 zu § 2 S. 148). Wegen der weiteren Rechtsfolgen einer Rückwärtsv ist zu unterscheiden, ob der Vertrag nur eine solche oder zugleich auch eine Vorwärtsv umfaßt. Für den Bereich der P K V wird nur das letztere in Betracht kommen. Hier ist im Hinbück auf § 2 II 2 W G wesentlich, ob eine der Parteien oder beide zur Zeit des formellen Vertragsschlusses vom Eintritt des Vsfalls Kenntnis haben. Die von Bischoff (VersR 1957 S. 695) und jetzt auch vom LG Karlsruhe a. a. 0 . vertretenen These, daß als „Schließung des Vertrages" der ganze Vorgang von der Antragstellung bis zur Annahmeerklärung zu verstehen sei, wird von der h. M. mit Recht abgelehnt (Prölss-Martin18 Anm. 1 zu § 2 S. 42, vgl. auch Bd. 1 Anm. 42 zu § 2 S. 152). Wenn beide Parteien wissen, daß der Vsfall eingetreten ist, ist der Vertrag nur als Vorwärtsv, nicht aber als Rückwärtsv wirksam, da insoweit kein (wenn auch nur subjektives) Risiko getragen werden kann, der Vertrag hinsichtlich dieses Vsfalls daher auf eine unmögliche Leistung gerichtet war (§ 306 BGB). Ob die teilweise Unwirksamkeit den Vertrag insgesamt unwirksam macht, ist nach § 139 BGB zu entscheiden. Weiß nur der Ver, daß der Vsfall eingetreten ist, ist der Vertrag als Rückwärts- und Vorwärtsv wirksam ( Bd. 1 Anm. 30 und 24 zu § 2 S. 149 und 150). Ist dagegen nur dem Vmer der Eintritt des Vsfalls bekannt, so ist zwar der Vertrag (auch als Rückwärtsv) voll wirksam, jedoch ist der Ver leistungsfrei, ihm gebührt die volle Prämie für die laufende Vsperiode (§ 2 II 2 W G ) . Dieser Konsequenz können die Vertragsschließenden dadurch entgehen, daß sie entweder eine vorläufige Deckungszusage vereinbaren, die in der P K V allerdings ungebräuchlich ist (Anm. G 16), oder in Abweichung von § 2 112 W G vorsehen, daß der zwischen Antragstellung und Vertragsschluß eingetretene und vor Vertragsschluß beiden Parteien bekannt gewordene Schadensfall auch schon unter den Vsschutz fallen soll (RG 9. II. 1926 J W 1926 S. 1820= VA 1926 Nr. 1531b S. 15; OLG München a. a. O.; Bd. 1 Anm. 43 zu § 2 S. 152 m. w. N.). Genaueres vgl. Bd. 1 Anm. 27—43 zu § 2 S. 149—152. e«

Wriede

Κ 83

Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 9] [D 9] bb) Bückdatierung des Vertrages.

aaa) Bückdatierung = Bückwärtsvereicherung Î Es ist umstritten, ob auch dann eine Rückwärtsv anzunehmen ist, wenn der Vertragsschluß dem vereinbarten Zeitpunkt des materiellen Sollbeginns nachfolgt, weil ζ. B. die Annahme der Vertragsofferte sich verzögerte oder der Tag des „Inkrafttretens" des Vertrages bewußt zurückverlegt wurde, etwa damit für die Prämienberechnung ein jüngeres Lebensalter einer Gefahrsperson zugrunde gelegt werden konnte oder das für die „Aufnahmefähigkeit" zulässige Höchstalter (Anm. C 4; vgl. auch § 2 NoB) nicht überschritten wurde. Nach wohl h. M. (RG 8. X. 1909 VA 1910 Nr. 500 S. 16—17, 26. I. 1911 VA 1911 Nr. 608 S. 69—71, KG 2. VI. 1937 J R P V 1937 S. 234, OLG Düsseldorf 20. X. 1932 J R P V 1933 S. 192, LG Berlin 25. XI. 1954 VersR 1955 S. 163, Bd. 1 Anm. 16 zu § 2 S. 147—148, Prölss-Martin 18 Anm. 1 zu § 2 S. 42) ist in diesen Fällen keine Rückwärtsv anzunehmen (a.A. Behne VersR 1951 S. 141, der außer bei gegenteiliger Vereinbarung jeden Fall der Rückdatierung als Rückwärtsv ansieht, ihm folgend Ehrenzweig S. 73—74, ferner auch Loppuch J R P V 1937 S. 51—52). Nach allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts entstehen die durch einen Vertrag begründeten Pflichten frühestens mit seinem Abschluß. Wenn sie als zu einem früheren Zeitpunkt entstanden angesehen werden sollen — insoweit handelt es sich um eine Fiktion, da die Partner zu jener Zeit tatsächlich noch keine Bindung eingegangen waren —, bedarf es einer besonderen Vereinbarung, im Rahmen des Vsvertragsrechts der einer Rückwärtsv. Wenn bei Abschluß eines Vsvertrages ohne eine solche Vereinbarung und damit gleichsam ohne besonderen Anlaß der Zeitpunkt des „Beginns der V", des „Inkrafttretens der V " oder eines gleichbedeutenden Ausdrucks (der meistens u. a. den des Sollbeginns der materiellen Gefahrtragung und des technischen Beginns angibt) vor den des formalen Vertragsschlusses gerät, so kann daraus noch nicht entnommen werden, daß abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts die Leistungspflichten als schon vor Vertragsschluß entstanden oder doch auf die vor Vertragsschluß gegebenen Tatbestände bezüglich und anwendbar angesehen werden sollen (OLG Hamm 12.1.1968 VersR 1968 S. 838, LG Berlin a. a. O.). Ein dahingehender Wille des Antragstellers kann nach den ganzen Umständen dann angenommen werden, wenn als Vsbeginn ein Tag vor der Antragstellung oder ein kurz nachfolgender angegeben wird, so daß von vornherein klargestellt ist, daß der Vertrag nicht mehr bis dahin, sondern erst später Zustandekommen kann, die Angabe des früheren „Beginns" oder „Inkrafttretens" also dahin verstanden werden muß, daß insoweit eine Rückwärtsv gewollt ist (vgl. RG 25. XI. 1932 J W 1933 S. 761—762, OLG Hamm a.a.O., LG Paderborn 8. VII. 1954 VersR 1954 S. 409., OLG München 28. 1.1966 VersR 1966 S. 438—439). Mit R 3/60 Abschnitt A Abs. 1 und 2 (VA 1960 S. 121—123) hat das BAA es untersagt, daß durch nicht geschäftsplanmäßige Vereinbarungen, insbesondere durch Rückdatierung des Zeitpunkts, in dem „der Vertrag in Kraft treten soll", die Bestimmungen der AVB über den Lauf der allgemeinen dreimonatigen Wartezeit umgangen werden. Dabei hat es zugelassen, daß Anträge, die bis zum 15. eines Monats beim Ver eingehen, auf entsprechenden Antrag des Antragstellers, noch mit Wirkung vom Beginn dieses Monats angenommen werden; später eingehende Anträge sollen nur zum Beginn des nächsten Monats angenommen werden können. Diese Anordnung, der keine privatrechtliche Wirkung zukommt, läßt die hier erörterte Frage offen; es bleibt nämlich unklar, ob bei der danach in gewissen Grenzen zugelassenen Vorverlegung des Tages des „Inkrafttretens" eine echte Rückwärtsv anzunehmen ist mit der Folge der Anwendbarkeit des § 2 W G und der oben (Anm. D 8) erwähnten Konsequenz, daß die spätere Zahlung der Erstprämie die materielle Gefahrtragung rückwirkend in Kraft treten oder erst mit dem Zahlungstage beginnen läßt. Ist der Vertragswille des Antragenden (meistens des späteren Vmers) nicht schon von vornherein auf Abschluß einer Rückwärtsv gerichtet, so kann es hierzu nur kommen, wenn dieser Wille sich insoweit später geändert hat, wenn z. B. die „verspätete" (d. h. nach dem Tage des vorgesehenen „Inkrafttretens" zugehende) Annahmeerklärung des anderen Teils dahin zu verstehen ist, daß unter Ablehnung des ursprünglichen Antrags (§ 150 II BGB) nunmehr (auch) der Abschluß einer Rückwärtsv angeboten wird, die Annahmeerklärung also — zumindest insoweit — als neuer Antrag zu werten ist, den der Κ 84

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Anm. [D 10]

ursprüngliche Antragsteller seinerseits annehmen oder ablehnen kann. Eine solche Bedeutung kommt der „verspäteten" Annahmeerklärung nicht ohne weiteres zu. Hat sie nicht diese Bedeutung, was mangels anderweitiger Erklärungen nur aus den Umständen des Falles entnommen werden kann, so ist zu entscheiden, ob sie dahin zu verstehen ist, daß jetzt hinsichtlich des materiellen Sollbeginns noch der in der Offerte vorgesehene frühere Zeitpunkt oder der spätere des Yertragsschlusses gelten soll. Auch das kann nur nach den Umständen des Falles entschieden werden; dabei werden die bei Antragstellung zutage getretenen Erwägungen, die für die Wahl des Datums eine Rolle gespielt haben, herangezogen werden müssen. Sie haben den Antrag — gleichsam unsichtbar, aber ggf. dem Agenten oder dem sonst den Antrag etwa entgegennehmenden Bevollmächtigten des Vers erkennbar — „begleitet" und sind daher für seine Auslegung verwertbar. In aller Regel wird auch bei „verspäteter" Annahme das vorgesehene frühere Datum des „Inkrafttretens" vom Ver bestätigt werden. — Eine wesentliche Bedeutung kommt dieser Unterscheidung nicht zu, da mangels Vorliegens einer Rückwärtsv eine rückwirkende Gefahrtragungspflicht des Vers ohnehin nicht eintreten kann, und zwar auch dann nicht, wenn die Erstprämie schon im Vorwege — z. B. bei Antragstellung — entrichtet worden ist. Die Gefahrtragung beginnt frühestens mit dem formellen Zustandekommen des Vertrages. Ein etwa vorher liegendes Datum des „Inkrafttretens" hat dann nur vstechnische Bedeutung für den Beginn des prämienbelasteten Zeitraums, die Berechnung des Vsjahres und des Laufs der Wartezeiten (Anm. D 10). Dem entspricht § 2 (1) S. 1 MB KK, wonach der Vsschutz u. a. nicht „vor Abschluß des Vertrages" beginnt (im Ergebnis ebenso OLG München 26. V. 1972 VersR 1972 S. 1113).

[D 10] bbb) Einzelheiten. § 4 (2) 8 . 1 GrB bestimmt allerdings, worauf Schulz (ZfV 1959 S. 724) hinweist, daß die Leistungspflicht des Vers mit dem im Vsschein bezeichneten Zeitpunkt des „Inkrafttretens" beginnen soll, woraus im Falle einer Rückdatierung auf ein gegenteiliges Ergebnis geschlossen werden könnte. Indessen hat diese Bestimmung ebenso wie § 2 I W G den Regelfall vor Augen, daß dieser Zeitpunkt dem des formellen Vertragsschlusses nachfolgt. In § 3 (3) GrB wird der Zeitpunkt des formellen Vertragsschlusses dem des „Inkrafttretens" (im Sinne des § 2 (1) GrB) gegenübergestellt und der letztere als Beginn des prämienbelasteten Zeitraums gekennzeichnet. Da die Leistungspflicht des Vers im Prinzip auch mit diesem Tage beginnen soll (§ 4 (2) S. 1 GrB) und die beiderseitigen Ansprüche aus einem Vertrage grundsätzlich frühestens mit dem Vertragsschluß einsetzen, muß die Tatsache eines „verspäteten" Vertragsabschlusses als eine § 4 (2) S. 1 GrB abändernde Vereinbarung angesehen werden. Freilich kommt das in den GrB nicht deutlich zum Ausdruck, wie Schulz mit Recht rügt. Daraus könnte gefolgert werden, daß sich entsprechend auch die Prämienzahlungspflicht nur auf den Zeitraum vom formellen Vertragsschluß an erstreckt. Indessen ergibt ein Vergleich der Wortlaute der § 3 (3) und § 4 (2) S. 1 GrB, daß insoweit eine unterschiedliche Regelung Platz greift: Die Leistungspflicht des Vmers und damit u. a. seine Prämienzahlungspflicht „entsteht" mit Vertragsschluß, d. h. sie beginnt d a m i t ihre (auf eine gewisse Dauer berechnete) Existenz. Dagegen beginnt die Gefahrtragungspflicht des Vers nicht schon mit Vertragsschluß, sondern mit dem hiermit nicht notwendig identischen „Zeitpunkt des Inkrafttretens". Dieser ist für die Prämienzahlungspflicht nur als Berechnungsfaktor bedeutsam, da die erste Prämie f ü r d e n Kalendermonat zu entrichten ist, in dem der Vertrag in diesem Sinne „in Kraft tritt". Es entspricht im übrigen herrschender Ansicht (z. B. Bd. 1 Anm. 16 zu § 2 S. 147, HansOLG 6. X. 1920 VA 1921 Anh. S. 14—15 Nr. 1180= HansRZ 1920 S. 707, OLG Hamm 28. II. 1936 HansRGZ A Sp. 462—464, LG Berlin 25. XI. 1954 VersR 1955 S. 163, a. A. KG 10. X. 1936 JRPV 1937 S. 73—74= VA 1936 S. 267—268 Nr. 2931), daß die technische Vsdauer auch im Falle einer Rückdatierung des Vertrages mit dem Zeitpunkt des „Inkrafttretens" pp beginnt. Die Konsequenz, daß nämlich dann Prämien auch schon für einen vor Vertragsschluß liegenden Zeitraum zu entrichten sind, die GeWriede

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Anm. [D 10]

fahrtragungspflicht des Vers aber erst mit Vertragsschluß einsetzt (falls bis dahin die Erstprämie entrichtet ist, § 38 II W G ) , erscheint nur auf den ersten Blick unberechtigt. Einmal hat der Ymer es in der Hand, die „verspätete" Annahmeerklärung des Vers, mit dem dieser ihm ansinnt, den prämienbelasteten Zeitraum schon vor Vertragsschluß beginnen zu lassen, zurückzuweisen und darauf zu dringen, daß ein späterer Tag vorgesehen wird (sofern nicht mit der Rückdatierung gerade der Zweck verfolgt wurde, ein jüngeres Lebensalter der Gefahrspersonen maßgeblich sein zu lassen). Zum andern beginnen mit dem Tage des „Inkrafttretens" die Wartezeiten (vgl. nachstehend), so daß der Vmer, vom vorzeitigen „Inkrafttreten" durchaus auch Vorteile hat. Schließlich ist es im Rahmen der §§ 38, 39 W G nichts Ungewöhnliches, daß der Vmer Prämien für Zeiträume entrichten muß, während der er keinen Anspruch aufVsschutz hat (vgl. Bruck S. 233; KG 28.1. 1920 VA 1921 Nr. 1145 S. 47). Zur Entscheidung der Frage, ob der zurückliegende Zeitpunkt des „Inkrafttretens" für den Beginn der Wartezeiten maßgeblich ist, wie an sich § 13 ZiH. 1 NoB und § 4 (8) GrB (anders § 3 (1) MB KK) vorsehen, ist zu unterscheiden, ob die Rückdatierung gewollt war, insbesondere deswegen, weil ein jüngeres Eintrittsalter zugrundegelegt werden sollte, oder ob sie mehr zufällig eingetreten ist, z. B. weil sich die Annahme des Vertragsantrags verzögerte. Im letzteren Falle wird die zeitliche Differenz durchweg nur geringfügig sein. Auch hatte der Ver es in der Hand, diese Rückdatierung zu vermeiden, indem er — ggf. in Abänderung des Antrags — ein späteres Datum gewählt hätte. Hier erscheint es daher durchaus vertretbar, mit dem vereinbarten Zeitpunkt auch im Sinne der zitierten Bestimmungen den Lauf der Wartezeiten beginnen zu lassen (LG Berlin 25. XI. 1954 VersR 1955 S. 163). Damit wird dem dem Interesse der Gefahrengemeinschaft der Vmer dienenden Zweck der Einschaltung der Wartezeiten, nämlich das vte Risiko einzuschränken (vgl. insbesondere § 4 (2) S. 2 GrB, § 3 (2) S. 2 MB KK), nicht wesentlich zuwidergehandelt, zumal dieses Datum nach dem Tage der Antragstellung liegt und der Ver wegen der zeitlich später eintretenden, für die Einschätzung der Gefahr erheblichen Umstände durch die §§ 16—22 und 29 a W G weitgehend geschützt ist, und zwar z. T. stärker, als wenn es sich dabei nur um Wartezeiterkrankungen handelte (Abschn. F). Anders ist die Interessenlage, wenn absichtlich eine Rückdatierung auf ein vor dem Tage der Antragstellung liegendes Datum vorgenommen wird, damit z. B. ein jüngeres Lebensalter einer Gefahrsperson zugrundegelegt werden kann, so daß eine geringere Prämie oder höhere Leistungen als sonst in Betracht kommen können. Diese Zweckrichtung der Vereinbarung erfordert nicht nur keine Rückbeziehung des Laufs der Wartezeiten, sie ist damit unvereinbar, jedenfalls soweit die Zeit vor Antragstellung in Frage steht. Denn insoweit würde die Wartezeit ihres risikobeschränkenden Charakters hinsichtlich der Erkrankungen, die nach Vertragsschluß eintreten, entkleidet. Die in der Zeit vor Antragstellung eingetretenen Krankheiten sind vielmehr Gegenstand der vorvertraglichen Anzeigepflicht. Auch könnte auf diese Weise der Fall eintreten, daß die Wartezeit ganz oder z. T. schon vor Vertragsschluß abgelaufen ist, der Vertrag also praktisch ohne Wartezeit abgeschlossen worden wäre, der Vmer sich vielmehr hiervon „freigekauft" hätte. Gerade das ist aber mit dem Zweck dieses Instituts unvereinbar. Es ist daher geboten, die Wartezeiten in solchen Fällen gewollter Rückdatierung mit dem Tage des formellen Vertragsschlusses beginnen zu lassen (HansOLG 6. X. 1920 VA 1921 Anhang S. 14—15 Nr. 1180 = HansRZ 1920 S. 707, OLG Hamm 28. II. 1936 HansRGZ 1936 A Sp. 462, a. A. KG 10. X. 1936 JRPV 1937 S. 73 = VA 1936 S. 267 Nr. 2931). — Dem gleichen Zweck dient die oben erwähnte Anordnung des BAA (VA 1960 S. 121—123 Abschnitt A Abs. 1—2). Soweit auch im übrigen der Zeitpunkt des „Inkrafttretens" als Berechnungsfaktor im Vertrage vorgesehen ist, so für den Lauf des Vsjahres (§ 9 W G , § 9 Ziff. 2 u. 3 NoB, § 2 (1) S. 2 GrB) und die daran anknüpfenden Bestimmungen, z. B. für das Kündigungsrecht (§ 8 II W G , § 6 Ziff. 1 I NoB, § 2 (2)b Ziff. l , c Ziff. 1 GrB, § 13 (1) MB KK), das Bestehen von Leistungshöchstsätzen, bestehen keine Bedenken, das vereinbarte vor Vertragsschluß liegende Datum maßgeblich sein zu lassen, zumal auch die Prämien vereinbarungsgemäß von diesem an berechnet werden.

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Anm. [D 11]

[D 11] cc) Sonderregelung beim „Übertritt" aus der GEY und aus anderen Bechtsverhältnissen mit Heilbehandlung; „Übertritt" aus anderen Kranbenvsvertr&gen. Schrifttum : NN ZfV 1966 S. 273, Schulz ZfV 1960 S. 488,1966 S. 394, Ullmann-Schäfer S. 44—50, Tauer-Linden S. 76—81 Von einem „Übertritt" aus einem Vsverhältnis im Rahmen der GKV oder einem anderen Rechtsverhältnis, kraft dessen die betreffenden Personen Anspruch auf Heilfürsorge genießen, wird gesprochen, wenn dieses Rechtsverhältnis beendet und in nahem zeitlichen Zusammenhang damit ein Vertrag mit einem Ver der Ρ KV geschlossen wird, aufgrund dessen der Vmer Anspruch auf vergleichbare Leistungen erlangt. Der Übertritt ist mithin keine Auswechselung des bisherigen Leistungsträgers gegen den privaten Krankenver unter Fortsetzung des früheren Rechtsverhältnisses wie etwa bei einer Bestandsübertragung gemäß §14 VAG (LG Oldenburg 22. II. 1952 VersR 1952 S. 268). Vielmehr wird durch von einander unabhängige Rechtsgeschäfte oder rechtsgeschäftsähnliche Akte ein auf Gewährung von Heilfürsorge gerichtetes Rechtsverhältnis beendet und ein neues privates Vsverhältnis begründet. Die Leistungsträger treten dabei in keine Rechtsbeziehungen zueinander. Das vorherige Bestehen jenes anderen Rechtsverhältnisses kann jedoch für den Krankenvsvertrag unter bestimmten Voraussetzungen qualifizierende Bedeutung haben. Die Aufsichtsbehörden haben es im Falle solcher Übertritte seit langem zugelassen, daß auf die allgemeinen Wartezeiten verzichtet wird (vgl. zuerst VA 1936 S. 71). Nach der jetzt geltenden Regelung des R 3/60 Abschnitt A Abs. 2 (VA 1960 S. 121—123) darf die unter der Geltung des vorherigen Rechtsverhältnisses ununterbrochen zurückgelegte Zeit (so schon für die frühere Regelung AG Nürnberg 14. IV. 1953 VA 1953 S. 197; VerbB 1954 S. 60) auf alle im Geschäftsplan vorgesehenen Wartezeiten angerechnet werden, wenn der private Vsvertrag auf der Grundlage eines Krankheitskostenvolltarifs spätestens innerhalb von 2 Monaten nach Beendigung des früheren Rechtsverhältnisses beantragt wird, und zwar dahingehend, daß der neue Vertrag im unmittelbaren Anschluß daran in Kraft treten soll und die Beendigung des anderen Rechtsverhältnisses innerhalb von 3 Monaten nach Inkrafttreten des privaten Vsvertrages nachgewiesen wird. Die gleiche Anrechnung kann bei gleichzeitig abgeschlossenen Krankheitskostenteil-, Krankenhaustagegeld- und Krankentagegeldvn vorgenommen werden. In Betracht kommen dabei Zeiten des Anspruchs auf Heilfürsorge bei einer gesetzlichen Krankenkasse (§ 225 RVO) oder einer Ersatzkasse (§ 517 I RVO), und zwar auch in der DDR (vgl. VerbB 1961 S. 53—54) und im Ausland, soweit mit diesem Lande ein die Krankenv umfassendes Gegenseitigkeitsabkommen für die Sozialv besteht, bei einer studentischen Pflichtv (auch hier kommt eine ausländische in Betracht, so ζ. B. die in Frankreich, vgl. VerbB 1962 S. 56) sowie im Rahmen eines Wehr-, Grenzschutz-, Polizeioder eines anderen Dienstes. Auch die Zeit der Anspruchsberechtigung auf Behandlung nach § 10 (2) u. (3) des BundesversorgungsG ist anrechnungsfähig (VA 1961 S. 17). Vgl. auch die Übersicht bei Ullmann-Schäfer S. 47—50. Diese Ermächtigung der Aufsichtsbehörde, die grundsätzlich keine privartechtliche Wirkung hat, ist ζ. T. Inhalt des § 4 (4) GrB und des § 8 (&) MB KK geworden. Sollen dem abzuschließenden Vertrage andere AVB zugrunde gelegt werden, die keine dahingehende Bestimmung enthalten, so ist eine entsprechende Vereinbarung erforderlich; eine Bezugnahme auf die Anordnung des BAA genügt. Kommt der private Vsvertrag bereits vor dem Ende des früheren Rechtsverhältnisses zustande, so fällt sein materieller Sollbeginn mit dem „Übertrittstage" zusammen. Von diesem Tage an sind auch die Wartezeiten zu berechnen, auf die die Vorvzeit anzurechnen ist. Die Ermächtigung des BAA und die genannten Bestimmungen der GrB und der MB KK lassen es ausdrücklich zu, daß der materielle Sollbeginn — hier wiederum „Inkrafttreten der V " genannt — auch dann mit dem Übertrittstag zusammenfällt, wenn der V e r t r a g f o r m e l l e r s t s p ä t e r zustandekommt. Es muß nur der Vertragsantrag binnen 2 Monaten nach Beendigung des früheren Rechtsverhältnisses gestellt werden (Anm. C 7) .Bei Flüchtlingen aus der DDR ist das BAA damit einverstanden, daß die Wriede

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Aum. [D 11]

Antragspflicht erst mit dem Ende des Notaufnahmeverfahrens (§§ 3—14 der VDO v. 11. V I I . 1951 zum Gesetz über die Notaufnahme von Deutschen im Bundesgebiet v. 22. V I I I . 1950) beginnt. Bis dahin haben die Flüchtlinge Anspruch auf kostenfreie Heilfürsorge (VerbB 1961 S. 54). In allen diesen Fällen liegt jedoch, soweit nicht die MB KK in Betracht kommen, entgegen der Auffassung von Bruck-Möller (Bd. 1 Anm. 16 zu § 2 S. 148) und Behne (VersR 1951 S. 140) keine ( e c h t e ) R ü c k w ä r t s v vor. Denn sonst müßte, von den Ausnahmen des § 2 II u. III VVG abgesehen, die Deckung aufgrund der Zahlung der Erstprämie rückwirkend vom Übertrittstage an einsetzen (Bd. 1 Anm. 18 zu § 2 S. 148, Anm. 20 zu § 38 S. 495). Das ist aber nicht der Fall. Es gilt vielmehr auch für diese Vertragsgestaltung mangels ausdrücklicher anderweitiger Vereinbarung die Einlösungsklausel (§ 38 II W G , § 4 (2) S. 1 GrB) und nicht das Prinzip des rückwirkenden Inkrafttretens der (tatsächlichen) materiellen Gefahrtragung vom Tage des Sollbeginns an wie in der echten Rückwärtsv. Das muß deswegen angenommen werden, weil weder der aufsichtsbehördlichen Anordnung noch dem § 4 (4) GrB Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, daß insoweit die Ausnahmeregelung der Rückwärtsv gelten soll. Vielmehr behandeln diese Bestimmungen das Institut des Übertritts vorwiegend unter dem Gesichtspunkt der Anrechenbarkeit der Vorvszeit auf die Wartezeit des privaten Vertrages (ebenso ausdrücklich die frühere Anordnung der Aufsichtsbehörden VA 1949 S. 118). § 3 (5) S. 1 MB KK setzt dagegen für die Anrechnung der Vorvszeit oder der früheren Dienstzeit ausdrücklich voraus, daß der Vsschutz „in A b w e i c h u n g von § 2 (1) S. 1 im unmittelbaren Anschluß" an jene Zeit beginnen soll. Werden daher diese AVB zugrundegelegt, so muß eine echte Rückwärtsv angenommen werden (im Ergebnis ebenso Ullmann-Schäfer S. 46, die allerdings keine Rückwärtsv annehmen). Für Vsfälle, die schon vor dem Tage des Inkrafttretens begonnen hatten, besteht kein Vsschutz (§ 2 (1) S. 2 MB KK). Bei nachfolgendem Vertragsschluß ist also ggf. zwischen materiellem Sollbeginn ( = Übertrittstag) und materiellem Istbeginn ( = Tag der Zahlung der Erstprämie) zu unterscheiden. Nach der erwähnten früheren Anordnung der Aufsichtsbehörden sollte „der Vsschutz beim Übertritt zur PKV... auch dann" bestehen, „wenn der Vsfall in dem Zeitraum zwischen Vsantrag und -annahme eintritt, sofern der Antragsteller bei der P K V die erste Prämie vor Eintritt des Vsfalls bezahlt hat", d. h. die Gefahrtragungsleistung sollte bereits mit Antragstellung und Zahlung der Erstprämie beginnen, vorausgesetzt natürlich, daß der Ver den Antrag auch annahm. Es ist unklar, ob das auch unter der Geltung des § 4 (4) GrB anzunehmen ist. Für § 3 (5) MB KK stellt sich diese Frage nicht, da hier — wie ausgeführt — eine Rückwärtsv anzunehmen ist, so daß auch bei späterer Zahlung der Erstprämie die Gefahrtragung rückwirkend ab Sollbeginn einsetzt (genauer: als eingesetzt fingiert wird). Der Wortlaut des § 4 (4) GrB gibt für jene Annahme nichts her. S. 2 zählt nur die Voraussetzungen auf, unter welchen eine Anrechnung der früheren Zeit auf die Wartezeit möglich ist. Wenn darunter aufgeführt wird, daß der Antrag noch binnen 2 Monaten gestellt werden kann und der Vertrag „im unmittelbaren Anschluß (an das frühere Rechtsverhältnis) in Kraft treten soll", so besagt das noch nicht, daß hier lediglich die Stellung des Antrags (und die Zahlung der Erstprämie) die gleiche Wirkung haben soll wie sonst das Zustandekommen eines Vertrags (nebst Zahlung der Erstprämie). Die Anordnung des BAA vom 1. VI. 1960 (VA 1960 S. 121—122) wollte jene frühere Regelung offenbar beibehalten, da sie sich ausdrücklich als Neufassung früherer Anordnungen bezeichnet, die übersichtlicher gestaltet und denen nur einige zweckmäßige Ergänzungen angefügt werden sollten. Danach dürfte es aufsichtsrechtlich zulässig sein, eine dahingehende Vereinbarung mit einem Übertrittswilligen zu schließen. Allein die Bezugnahme auf eine AVB-Bestimmung wie die des § 4 (4) GrB genügt aber nicht für die Begründung solcher Rechte eines Antragstellers. Mangels näherer Vereinbarung ist unklar, von welchem T a g e an dieWartezeiten zu b e r e c h n e n sind, wenn der formelle Vertragsschluß dem Übertrittstage nachfolgt. Die Anordnung des BAA und § 4 (4) GrB sowie § 3 (5) MB KK enthalten hierüber nichts. Da jedoch für die Anrechnung der Vorvszeit u. a. vorausgesetzt wird,

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Anm. [D 11]

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daß „die V... in unmittelbarem Anschluß (an die Vorv) in Kraft treten soll" und der Zweck der Regelung darauf gerichtet ist, dem Übertretenden einen möglichst ununterbrochenen Vsschutz zu gewähren, ferner auch vsrechtlich keine durchgreifenden Bedenken dagegen bestehen, den technischen Vsbeginn in angemessenen Grenzen vor den formellen Vertragsschluß zu legen (Anm. D 10), ist anzunehmen, daß die Wartezeiten, soweit sie durch die Dauer des anrechnungsfähigen Rechtsverhältnisses noch nicht getilgt sind, mit dem Übertrittstage zu laufen beginnen. Weiter wird die Anrechnung der Vorvszeit auf die Wartezeit davon abhängig gemacht, daß die „ B e e n d i g u n g der V o r v i n n e r h a l b von 3 M o n a t e n nach Inkrafttreten nachgewiesen wird". Dieser Nachweis wird in der Regel durch eine entsprechende Bescheinigung des Vorvers geführt werden können. Aber auch andere Beweismittel sind zulässig, vor allem für Flüchtlinge aus der DDR, die im allgemeinen keine Bescheinigung ihres bisherigen Vers in Händen haben werden (VerbB 1961 S. 54). Als Nachweis für eine im Ausland zurückgelegte Pflichtvszeit wird eine Bescheinigung des dortigen Arbeitgebers über das Arbeitsverhältnis genügen, wenn dort eine gesetzliche Pflichtv besteht (VerbB 1955 S. 65). Zweifelhaft ist, was zu gelten hat, wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt wird. Dabei sind die Fälle zu unterscheiden, daß die Vorv oder das ihr gleichgeordnete Rechtsverhältnis tatsächlich beendet worden ist, dies aber nicht oder nicht fristgerecht nachgewiesen wird, und daß es an einer Beendigung überhaupt fehlt. Im ersteren Falle handelt es sich lediglich um die Verletzung einer Anzeigepflicht. War dagegen die Vorvszeit gar nicht beendet worden, so fehlt es an einer Tatbestandsvoraussetzung des Übertritts. Die Verletzung der Anzeigepflicht kann nicht analog §§ 16 ff W G behandelt werden, da der anzuzeigende Umstand für diesen Vertragsschluß geradezu Voraussetzung, also kein (dem Ver unbekannter) Gefahrumstand ist. Der Anzeige kommt vielmehr eine Art Ordnungsfunktion zu: Der Ver soll Gewißheit darüber haben, daß eine wesentliche Voraussetzung des Übertritts tatsächlich gegeben ist. Danach ist sie sogar im Interesse des Vers zu erfüllen und daher keine Obliegenheit, sondern eine klagbare Verpflichtung, deren Verletzung für den Ver Schadensersatzansprüche nach den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Normen auslösen kann. Der Schaden kann darin bestehen, daß der Ver Kosten für eigene Nachforschungen (z. B. bei einem ausländischen Sozialver) über die Beendigung der Vorv angestellt hat. Ist die Anzeige dagegen unterblieben, weil das frühere Rechtsverhältnis nicht beendet worden ist (oder gar nicht bestanden hat), so fehlt es an einer Voraussetzung nicht nur für die Verkürzung der Wartezeit, sondern auch der im Zusammenhang damit qualifizierten Rückdatierung. Die Frage, inwieweit die Wirksamkeit des schon formell abgeschlossenen Vertrages im übrigen davon berührt wird, ist analog § 139 BGB zu beurteilen: Ist anzunehmen, daß der Vertrag auch ohne Wartezeitverkürzung und ohne Rückdatierung zustandegekommen wäre, so bleibt der Vertrag im übrigen wirksam. Das kann z. B. dann der Fall sein, wenn es dem Vmer vor allem darauf ankam, in den Genuß privatärztlicher Behandlung zu gelangen und bei Krankenhausbehandlung wegen der Kosten einer höheren Verpflegungsklasse gedeckt zu sein. Ist ein dahingehender Wille nicht feststellbar, war es insbesondere erkennbar die Absicht des Vmers, den privaten Vsvertrag an die Stelle der früheren Heilfürsorge zu setzen, so wird der Vertrag im ganzen als unwirksam zu behandeln sein. — Soweit der Ver in entschuldbarar Unkenntnis der Nichtbeendigung der Vorv die Gefahr getragen hat, gebührt ihm pro rata temporis die Prämie (Bd. 1 Anm. 17 zu § 40 S. 518). Sowohl die aufsichtsrechtliche Regelung als auch § 4 (4) GrB und § 3 (5) MB KK setzen voraus, daß der private Vertrag in materieller Hinsicht unmittelbar an die Beendigung der Vorv anschließt. LG Hamburg (1. X I . 1951 VersR 1952 S. 47) ist im Anschluß an eine Auskunft des ZA der Auffassung, daß eine Anrechnung nicht in Betracht kommt, wenn der private Vertrag materiell schon vor Beendigung der Pflichtv begonnen hatte. Das würde erhebliche Unklarheiten zur Folge haben. Der Zweitver könne nicht übersehen, ob tatsächlich die Erstv aufgehoben sei. Unklar sei auch, bis zu welchem Zeitpunkt die Doppelv als zulässig erachtet werden müßte. — Diese Begründung ist sehr bedenklich. Zwar waren die Vorausetzungen nicht erfüllt, da die materielle Gefahrtragung „im unmittelbaren Anschluß" an die Vorv beginnen soll. Der Sinn dieser Prämisse ist Wriede

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Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 12, D 18]

indessen darin zu sehen, daß eine d e c k u n g s l o s e Zeit vermieden werden soll. Es lag aber auch keine Doppelv vor: Soweit der Vmer die Pflichtv in Anspruch nimmt, entstehen ihm keine Aufwendungen, die unter die private Deckung fallen. Nur soweit der Pflichtver den Heilbehandler nicht befriedigt — etwa weil der Ymer einen privaten Behandlungsvertrag abgeschlossen hat —, entstehen erstattungsfähige Aufwendungen. Gleichwohl kam eine Anrechnung der Vorvszeit nicht in Betracht, da jedenfalls die Voraussetzungen der AYB nicht erfüllt waren. Im Falle eines Ü b e r t r i t t s von e i n e m a n d e r e n P r i v a t v e r besteht keine derartige Sonderregelung (VA 1950 S. 88, VerbB 1960 S. 52). Ein Wechsel des Privatvers ist in der Regel für den Vmer unwirtschaftlich, da er bei einem anderen Ver wegen seines inzwischen gestiegenen Lebensalters höhere Prämien entrichten und wegen erlittener Vorerkrankungen mit Risikoausschlüssen rechnen muß (vgl. auch Ziff. 65—71 der Wettbewerbsrichtlinien der Vswirtschaft, VerbB 1967 S. 240—243). Es sind indessen Fälle denkbar, in denen ein berechtigtes Interesse an einem Übertritt besteht, so etwa wenn der Vmer wegen des Verhaltens des Vers Grund für eine fristlose Kündigung hat, ihm mit anderen Worten die Fortsetzung des Vertrages mit diesem Ver nicht mehr zumutbar ist oder wenn bei verschiedenen Vern vte Personen heiraten und den Wunsch haben, ihre Verträge zu einem einheitlichen bei e i n e m Ver zusammenzufassen. Hier wirkt sich das aufsichtsrechtliche Verbot einer Anrechnung der Vorvszeit ungünstig aus (über mögliche Erleichterungen vgl. VerbB 1962 S. 46—47). Im ersteren Falle könnte allerdings der Vmer, wenn der wichtige Grund zugleich eine positive Vertragsverletzung des Vers beinhaltet, vom Ver dahingehend Schadenersatz fordern, daß dieser ihm die durch den Abschluß des anderweitigen Vertrages entstehenden Nachteile ersetzt. — Über das Wiederinkraftsetzen aufgehobener Verträge vgl. Anm. C 23. [D 12] c) Beweislast. Ist streitig, wann die materielle Gefahrtragung des Vers beginnt, so hat, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen nicht geklärt werden können, derjenige die Beweislast, der aus dem Beginn rechtliche Folgerungen ableitet. [D 13] 3. Technischer Beginn. Die Prämien sind ähnlich wie Miet- und Pachtzinsen für bestimmte Zeitabschnitte zu entrichten. Der Beginn des ersten dieser Abschnitte heißt technischer Beginn und ihre Gesamtheit dementsprechned technische Vsdauer. In den AVB und im Vsschein wird dieser Zeitpunkt meistens als der des „Inkrafttretens" oder des „Beginns" der V bezeichnet (z. B. §§ 2 (1) S. 1, 3 (3) S. 2 GrB, § 5 Ziff. 1 S. 2 NoB, § 2 (1) S. 1 MB KK; Bruck Ρ KV S. 36). Der Bemessungszeitraum für die Prämien wird in § 9 W G Vsperiode genannt. Als solche wird in der Ρ KV entweder wie auch in anderen Vszweigen der Zeitraum eines Jahres, jedoch dann meistens mit Stundungsvereinbarung, so daß die Prämien in Monatsraten entrichtet werden können (so § 9 Ziff. 1 u. 2 S. 1 NoB, § 8 (1) MB KK), oder der eines Kalendermonats (§ 3 (1) GrB) vereinbart (Genaueres Anm. E 6 ). Soweit danach die Vsperiode kürzer als ein Jahr ist, kommt daneben dem Begriff des Vsjahres eine wesentliche Bedeutung für den Umfang der Gefahrtragungspflicht des Vers, die beiderseitigen Kündigungsrechte und andere Vertragsbestimmungen zu. Der Beginn des ersten Vsjahres fällt mit dem Beginn der ersten Vsperiode zusammen (§ 3 (3) S. 2 i. V. m. § 2 (1) GrB, § 8 (1) MB KK). Soweit Jahresprämien vereinbart sind, sind Vsjahr und Vsperiode identisch. Der technische Beginn ist demnach nicht nur für den Beginn des prämienbelasteten Zeitraums maßgeblich. An ihn knüpft auch eine Reihe weiterer Vertragsbestimmungen an, so der Beginn der Wartezeiten (§ 13 Ziff. 1 S. 2 NoB, § 4 (3) GrB, § 3 (1) MBKK; Genaueres hierzu Abschn. G), der Umfang der beiderseitigen Hauptleistungspflichten, soweit Höchstsätze und Prämienrückgewährspflichten in Frage kommen und die Leistungen des Vers sich nach Ablauf bestimmter Fristen seit Vertragsbeginn (d. h. hier des technischen Beginns) ändern, nämlich meistens erhöhen oder auch die des Vmers sich ermäßigen sollen, indem ζ. B. Risikozuschläge entfallen

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Wriede

I I I . Ende des Vertrages 1. Allgemeines

Anm. [D 14, D 15]

(Genaueres Anm. E 7), die Berechnung der Kündigungsfristen und -termine (§§ 6 Ziff. 1 1 NoB, 2 (2)b Ziff. l , c Ziff. 1 GrB, 13 (1), 14 (1) S. 2 MB KK, Anm. D 35) sowie der Wegfall von Kündigungsrechten des Vers (§2 (2)c Ziff. 1 GrB, § 1 4 (1) S. 2 MB KK). Das gilt jedoch nur mit Einschränkungen, wenn der Zeitpunkt des technischen Beginns vereinbarungsgemäß zurückverlegt worden ist (Anm. D 9). Regelmäßig fallen dem synallagmatischen Charakter des Vsvertrages entsprechend der technische und der materielle Sollbeginn auf den gleichen Zeitpunkt. Über Abweichungen vgl. Anm. D 7—11. [D 14]

m . Ende des Vertrages. Schrifttum:

Beitzke, Nichtigkeit, Auflösung und Umgestaltung von Dauerrechtsverhältnissen, Schloß Bleckede 1948; Förstenberg, Das Kündigungsrecht des Vers. Leipzig 1933; Molitor, Die Kündigung, 2. Aufl. Mannheim 1951; Pfeiffer J R P V 1930 S. 291—294 u. 328—331 ; Süß VersR 1952 S. 185. [D 15] 1 . Allgemeines. a) Beendigungsfälle. Dem Tatbestand der Begründung eines Dauerschuldverhältnisses (Anm. D 4) entspricht der seiner Aufhebung (im weitesten Sinne). Es sind im wesentlichen drei verschiedene Formen der Aufhebung zu unterscheiden (vgl. hierzu etwa Beitzke a. a S. 19—28) : Der Vertrag kann beendet, d. h. es kann gleichsam ein Schlußpunkt erreicht oder gesetzt werden mit der Folge, daß grundsätzlich die bis dahin eingetretenen Rechtswirkungen bestehen bleiben, daß aber über den bezeichneten Zeitpunkt hinaus keine neuen Rechtswirkungen mehr eintreten, sondern nur die bereits entstandenen und noch nicht erfüllten noch abgewickelt werden und nur insoweit ein Schuldverhältnis fortbesteht (vgl. ζ. B. Larenz, I S. 22—25). Eine solche Wirkung haben die Fälle des Erreichens des von vornherein vereinbarten bestimmten oder bestimmbaren Zeitpunktes — sog. Ablauf des Vertrages — (Anm. D 17—19), des Eintretens anderer kraft Vereinbarung oder gesetzlicher Bestimmung als Beendigungsgründe vorgesehener Umstände (Anm. D 20—27), der durch (neue) Vereinbarung herbeigeführten Vertragsbeendigung (contrarius consensus, Anm. D 28) sowie vor allem der Kündigung durch einen Vertragsteil (Anm. D 29—46). Weiter kann der Vertrag dadurch aufgehoben werden, daß ein Partner vom Vertrag zurücktritt. Die Wirkung des Rücktritts kann allgemein dahin gekennzeichnet werden, daß der Vertrag zwar auch wie bei den vorstehend genannten Aufhebungstatbeständen für die Zukunft wirkungslos wird und damit die in ihm mit weiterem Zeitablauf vorgesehenen Pflichten nicht mehr neu entstehen, daß aber vor allem das bisherige Vertragsverhältnis umgestaltet wird mit der Folge, daß die Vertragspartner verpflichtet werden, einander grundsätzlich alle empfangenen Leistungen zu erstatten, daß mit anderen Worten die eingetretenen Wirkungen wieder rückgängig gemacht werden sollen (vgl. §§ 346—356 B G B für das vertraglich vorgesehene Rücktrittsrecht, ferner eingehend B d . l Anm. 15 zu § 20, S. 347 und Anm. D 47). Anders als das allgemeine Schuldrecht, das ein (gesetzliches) Rücktrittsrecht bei (nachträglichen) Leistungsstörungen vorsieht (ζ. B . §§ 325, 326 BGB), gewährt das Vsvertragsrecht dem Ver (darüber hinaus) ein solches Recht bei Vorliegen von Umständen, die das Vertragsverhältnis von Anfang an belasten (§§ 16 II , 38 I 1 W G , vgl. Abschn. F). Schließlich kann in einigen Fällen, in denen der Vertragsschluß selbst durch bestimmte Willensmängel beeinflußt worden ist, eine rückwirkende Vernichtung des Vertragsverhältnisses durch Anfechtung herbeigeführt werden, so daß gleichfalls für die Zukunft keine Leistungen mehr entstehen (§§ 119,120, 123 BGB, 22 W G ) . Auch in diesen Fällen sind die Parteien grundsätzlich zur Rückgewähr der erbrachten Leistungen verpflichtet, jedoch sind die insoweit entstehenden Pflichten anders als beim Rücktritt, nämlich nach Wriede

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Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 16]

den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung geordnet. Daneben kann u. U. eine Schadensersatzpflicht bestehen (Anm. D 48). Keine Aufhebung des Vertrages liegt vor, wenn sich nach Vertragsschluß herausstellt, daß der Vertrag von vornherein unwirksam gewesen ist, etwa weil er gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§§ 134,138 BGB) oder weil er von einem nicht voll geschäftsfähigen oder nicht vertretungsberechtigten Person (§§ 105, 108,177 BGB) abgeschlossen wurde und auch keine Heilung dieses Mangels in Betracht kommt. Die Rechtsfolgen bezüglich etwa bereits erbrachter Leistungen sind grundsätzlich die gleichen wie nach erfolgter Anfechtung. Daher mag dieser Tatbestand in diesem Zusammenhang erwähnt werden (Anm. D 49). Bei Dauerschuldverhältnissen mit besonderer personenrechtlicher Bindung der Parteien, z. B. bei Arbeits- und Gesellschaftsverträgen, wird von der herrschenden Rechtsprechung und Lehre die Anwendbarkeit der Normen über die rückwirkende Aufhebung von Verträgen geleugnet und nur eine Aufhebungsmöglichkeit für die Zukunft angenommen (vgl. etwa die Nachweise bei Palandt-Heinrichs 81 Einführung 5c vor § 145 S. 117, Erman-Hefermehl Bd. 1 Vorbem. IV 2 vor § 145, S. 209—210). Das kann trotz des das Vsvertragsverhältnis in besonderem Maße beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben (z. B. Prölss-Martin18 Vorbem. II S. 11—18) hier angesichts der ausdrücklichen Bestimmungen des W G über die Zulässigkeit dieser Rechtsbehelfe nicht gelten. Wenn das W G in den Fällen der §§ 16 II, 17 I, 38 I, in welchen nach allgemeinem Schuldrecht eine Irrtumsanfechtung möglich wäre bzw. die Normen über Leistungsstörungen anwendbar wären, ein Rücktrittsrecht gewährt, so gibt es damit zu erkennen, daß es dieses Rechtsinstitut für seinen Bereich für generell anwendbar hält. Mit Beendigung des Vsvertrages endet in der Regel zugleich die Mitgliedschaft zum W a G (§ 20 S. 3 VAG). [D 16] b) Formelle, materielle und technische Beendigung des Vertrages. Der Unterscheidung zwischen formellem, materiellem und technischen Beginn (Anm. D 4—13) entspricht die zwischen dem formellen, materiellen und technischen Ende des Vertragsverhältnisses. Das f o r m e l l e E n d e ist erreicht, wenn das ursprüngliche Dauerschuldverhältnis zu bestehen aufhört und damit keine (neuen) von seinem Fortbestand abhängig gemachten Verpflichtungen mehr zu erzeugen vermag. Das m a t e r i e l l e E n d e bezeichnet den Zeitpunkt, bis zu dem der Ver die Gefahrtragung zu erbringen hat. Bis zum t e c h n i s c h e n E n d e werden die Prämien berechnet. Alle drei Zeiträume enden in der Ρ KV meistens mit demselben Zeitpunkt. Von diesem Grundsatz besteht hinsichtlich des materiellen Endes der Gefahrtragung eine wichtige Ausnahme in dem Falle, daß im Augenblick des formellen Vertragsablaufs noch ein Vsfall andauert. Dieser ist, soweit nicht summenmäßig bestimmte einmalige Leistungen in Frage kommen, in aller Regel ein gedehnter, d. h. er erstreckt sich über einen gewissen Zeitraum (Abschn. G). Endet der Vertrag, bevor der Vsfall beendet ist, so taucht die Frage auf, ob der Ver für den „überhängenden" Teil noch leistungspflichtig ist. Sie wird überwiegend bejaht, und zwar auch für andere Vszweige, bei denen das Problem aktuell werden kann, ζ. B. in der Feuerv (z. B. KG 11. V. 1932, JRPV 1932 S. 264; Schweighäuser HRZ 1919 Sp. 223, Bruck S. 629; für die PKV OLG Hamburg 13. II. 1953 VersR 1953 S. 190—191, Guckenheimer JRPV 1933 S. 326, mit Einschränkungen Koppen VersR 1953 S. 353—355; a.A. Apelbaum ZVersWiss 1928 S. 262—263, Hagen VersPraxis 1933 S. 56), ohne daß dafür bisher eine konstruktive Begründung gegeben worden ist. Das Problem kann nur durch eine nähere Untersuchung der rechtlichen Verknüpfung des gedehnten Vsfalles mit der Entstehung des konkreten Leistungsanspruchs geklärt werden. Der Ver schuldet dem Vmer bis zum formellen Ablauf des Vertrages die Dauerleistung „Gefahrtragung" (Bd. 1 Anm. 40—45 S. 109—111). Mit Eintritt des Vsfallse tritt diese aus ihrem latenten in ein akutes Stadium über, sie verwandelt sich in eine Verpflichtung zur Geldleistung oder zur Erbringung von Naturalleistungen (Bd. 1 Anm. 42 S. 109—110). Dieser Umwandlungsprozeß ist in einem nicht gedehnten Vsfall in einem kurzen Augenblick vollzogen, beim gedehnten ist dazu jedoch ein längerer Zeitraum erforderlich. Κ 92

Wriede

Anm. [D 16]

III. Ende des Vertrages 1. Allgemeines

Über diese Spanne erstreckt sich daher bei ihm der Vorgang „Schadensentstehung", der gleichbedeutend mit dem Vorgang „Gefahrverwirklichung" ist (Wriede, Der gedehnte Vsfall, ungedr. Hamburger Dissertation 1949, S. 26—28). Die Umwandlung ist mit anderen Worten erst vollzogen, wenn das letzte Teilstück dieses Vorgangs vorliegt (ähnlich Vidal, Die Tatsachengrundlage des Vsverhältnisses und die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs im Privatvsrecht, WuR 1928 Heft 2 S. 46). — Das gleiche gilt übrigens auch, wenn man mit den Gegnern der Gefahrtragungstheorie annimmt, daß der Anspruch auf die Vsleistung durch den Eintritt desVsfalls aufschiebend bedingt ist (z. B. PrölssMartin 18 Anm. 2 Β zu § 1 S. 35). Nach dieser Lehre kann die Forderung des Vmers daher erst dann vollwirksam sein, wenn die Bedingung vollendet vorhanden ist, d. h. sich „voll und ganz vollzogen hat" (RGR Komm. z. BGB 11 Bd. 1 Anm. 4 zu § 158 S. 565). Die Heilbehandlung muß also erst beendet sein, vorher ist die Bedingung nicht vollexistent und der Anspruch noch kein unbedingter geworden. Diese Ansicht ist außer wegen der sonst gegen die Bedingungstheorie vorzubringenden Bedenken (Bd. 1 a. a. O.) auch deswegen angreifbar, weil nicht einmal ein bedingter Anspruch vorhanden ist, wenn nicht nur seine Entstehung von einem künftigen ungewissen Ereignis abhängt, sondern auch der Inhalt der Leistung erst durch diese künftige ungewisse Tatsache bestimmt werden soll, ohne daß vorher irgendwelche oberen oder unteren Grenzen gezogen worden sind (RG 10. VII. 1914 JW 1914 S. 978). Das letztere ist bei der Schadensv allgemein der Fall. — Diese Erwägungen könnten auf den ersten Blick zu der Annahme verleiten, daß, wenn alle Voraussetzungen des konkreten Leistungsanspruchs erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses vorliegen, der Ver nicht mehr zu leisten brauche. Zu dieser Konsequenz könnten in der Tat die Anhänger der Bedingungstheorie gelangen. Nach der Gefahrtragungstheorie, die hier für maßgeblich gehalten wird, schuldet jedoch der Ver sein eigentümliches Leistungsverhalten schon vor Beginn des Vsfalles. Daher kann der Beginn des Umwandlungsprozesses nicht unbeachtlich sein, sondern muß entscheidend auf die permanente Leistungspflicht einwirken: Mit diesem Beginn steht fest, daß nunmehr auf jeden Fall eine k o n k r e t e Leistung fällig und nicht mehr bloß das allgemeine Leistungsverhalten „Gefahrtragung" geschuldet werden wird. Der auf Zahlung einer Geldsumme, gelegentlich auch auf Befreiung von einer Verbindlichkeit des Vmers gegenüber dem Krankenbehandler gerichtete konkrete Leistungsanspruch ist sogleich dem G r u n d e n a c h gegeben, lediglich sein Umfang hängt von Art und Dauer der weiteren Entwicklung des Vsfalles ab und ist erst mit ihrem Abschluß vollen Umfangs vorhanden. Auch sonst erscheint nach der Lebensanschauung der Beginn eines Vorgangs, seine „Spitze" (Ehrenberg VuG 1927 S. 179) als besonders eindrucksvoll und einschneidend. Mit dem Beginn eines befürchteten Geschehens wird der bisher „ruhende" Status umgewandelt und ein neuer breitet sich aus. Dem Ende des Vorganges wird im Vergleich dazu weniger Gewicht beigemessen. Wenn danach der Beginn das entscheidende Ereignis ist, so ist es auch gerechtfertigt, diesen Zeitpunkt für die Entscheidung der Frage maßgeblich sein zu lassen, ob der Ver für Vsfäüe noch haften muß, die über das formelle Ende des Vertrages hinaus andauern : Mangels gegenteiliger Vereinbarung (soweit zulässig) haftet daher der Ver für bei Vertragsablauf noch nicht beendete sog. schwebende Vsfälle vollen Umfangs (vgl. dazu die Ausführungen bei den einzelnen Aufhebungstatbeständen). Für die Zeit nach Beendigung des Vsvertrages sind grundsätzlich keine Prämien mehr zu entrichten. Da indessen die Prämien nach bestimmten Zeitabschnitten, den Vsperioden, bemessen werden (§ 9 W G ) , deren Ende nicht notwendig stets mit dem formalen Vertragsende zusammenzufallen braucht, können sich auch für das t e c h n i s c h e E n d e des Vertrages Abweichungen von diesem Grundsatz ergeben. Das W G hat für die verschiedenen Beendigungsfälle eine sehr kasuistische Regelung getroffen. Danach wird teils die Prämie für die ganze bei Vertragsbeendigung laufende Vsperiode geschuldet, teils die Prämie für die Periode, die ζ. Z. der Erlangung der Kenntnis von den die Aufhebung rechtfertigenden Tatsachen läuft, teils nur eine pro rata temporis berechnete Teilprämie, teils eine nach Kurztarif zu berechnende (vgl. im einzelnen Bd. 1 Anm. 7—20 zu § 40 S. 515—519). Die Regelung knüpft im wesentlichen daran an, ob der Grund für die Vertragsbeendigung bei dem einen oder dem anderen Vertragspartner bestanden hat. Im einzelnen ist darauf bei den nachfolgend dargestellten Aufhebungsgründen einzugehen. Wriede

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Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anni. [D 17, D 18] [D 17] 2. Ablauf des Vertrages. a) Allgemeines.

Ein Dauerschuldverhältnis kann für begrenzte oder für unbegrenzte Zeit begründet werden. Im Rahmen des Vsvertragsrechts spricht man entsprechend von Zeitv bzw. von dauernder Y (§ 8 II 1 W G ) . Wenn der Vertrag nach seinem Inhalt für eine nach dem Kalender oder anderen Umständen bestimmbare Zeit eingegangen worden ist, endet er ohne weiteres Zutun der Vertragspartner, sobald der betreffende Termin erreicht ist. § 13 (1) MB Κ Κ ist daher sachlich verfehlt, wenn er auch insoweit von einer Kündigungsmöglichkeit spricht. Ein nach Tagen, Wochen oder Monaten bemessener Vertrag endet mangels abweichender Vereinbarung gemäß § 7 S. 2 W G am Mittag des letzten Tages der Frist (aA Bd. 1 Anm. 6 zu § 2 S. 220 für den Fall, daß der Vertrag nicht wie in § 7 S. 1 vorgesehen abgeschlossen worden ist). Ein Vertrag, der etwa anläßlich einer bestimmten Veranstaltung, ζ. B. eines Lehrgangs, einer vorübergehenden Tätigkeit oder einer Auslandreise abgeschlossen worden ist, wird im Zweifel für deren Dauer gelten sollen, d. h. er endet um 24 Uhr des Tages, an dem die Veranstaltung usw. endet. Hier gilt § 7 S. 2 W G nicht. Nach der früheren a u f s i c h t s r e c h t l i c h e n R e g e l u n g waren Krankenvsverträge mit einer längeren Laufzeit als jeweils 1 Jahr nicht gestattet (VA 1933 S. 228, 1934 S. 135—136, vgl. auch VA 1936 S. 228, wonach § 165 W G auf die PKV nicht anwendbar sein sollte). Später erlaubten die Aufsichtsbehörden eine längstens 3jährige Laufzeit für Krankheitskosten- und Teilkostenvsverträge (VA 1950 S. 155, 1951 S. 181, GB BAV 1962 S. 34). Ein Verstoß gegen diese Anordnungen ist privatrechtlich unerheblich, so daß an sich auch Verträge für eine Zeit von etwa 10 Jahren rechtswirksam abgeschlossen werden könnten. Mit dieser Einschränkung wollte das RAA verhindern, daß Vmer für längere Zeit an Vsverträge gebunden wurden, die wegen noch fehlender ausreichender Erfahrungen Unzuträglichkeiten mit sich bringen konnten (VA 1933 S. 228). Krankentagegeldvsverträge dürfen hingegen aufsichtsrechtlich nur für die Dauer eines Jahres mit Verlängerungsmöglichkeit um jeweils ein weiteres Jahr abgeschlossen werden (VA 1968 S. 50 a. E.).

[D 18] b) Zeitra. V e r t r ä g e m i t b e s t i m m t e r G e l t u n g s d a u e r (Zeitvn auch Festzeitverträge genannt) können unbeschadet der gesetzlichen Beendigungsgründe ohne dahingehende Vereinbarung nicht vorzeitig beendet werden, insbesondere wird anzunehmen sein, daß bei ihnen eine ordentliche Kündigung, d. h. eine solche, die an keine weiteren Voraussetzungen als den Ablauf bestimmter Zeitabschnitte geknüpft ist (Anm. D 37 und 43), nicht zulässig ist. § 8 II W G ist auf sie nicht anwendbar, da er sich auf Verträge mit unbestimmter Dauer bezieht. Festzeitverträge der Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldv dürfen aufsichtsrechtlich nur für eine Höchstdauer von 3 Jahren mit jeweils 1 jähriger Verlängerungsklausel abgeschlossen werden, Krankentagegeldvsverträge wegen ihres größeren subjektiven Risikos jedoch nur mit einer Dauer von 1 Jahr (VA 1968 S. 50). Diese Anordnung ist privatrechtlich nicht bindend, Verträge mit längerer fester Laufzeit sind daher wirksam. Die aufsichtsrechtlich vorgesehene Verlängerungsklausel (VA 1950 S. 155) macht den Vertrag nach Ablauf der 3 jährigen Bindungsfrist mangels Kündigung zu einem solchen von unbestimmter Dauer. Die Kündigung läßt die Verlängerungsklausel entfallen, so daß er dann mit Ablauf der nächsten Vsperiode endet. Die aufsichtsrechtlich in diesem Zusammenhang formulierte Klausel (VA 1951 S. 181) besagt dagegen nur, daß beide Teile den Vertrag erstmalig auf den Schluß des 3. Vsjahres und der Vmer dann weiter auf den Schluß jedes Vsjahres mit einer 3-Monatsfrist kündigen können. Verträge mit dieser Klausel sind daher von vornherein auf unbestimmte Dauer abgeschlossen, so daß § 8 II W G gilt. Danach ist der Vmer höchstens auf die Dauer von 2 Jahren gebunden (§ 15a W G ) . Von einer „Verlängerungsklausel" kann daher hier nicht gesprochen werden. Κ 94

Wriede

III. Ende des Vertrages 2. Ablauf

Anm. [D 19]

[D 19] c) Verträge auf Lebenszeit des Vmers sind in der PKV die Regel (§ 5 Β 1 Ziff. 5 NoB — hier wird allerdings auf den Tod schlechthin abgestellt, es wird aber anzunehmen sein, daß damit der Tod des Vmers gemeint ist —, § 2 (2)a I GrB, § 15 (1) S. 1 MB KK). Sie verstoßen nicht gegen das erwähnte aufsichtsrechtliche Verbot, da sie als Verträge auf unbestimmte Zeit im Sinne des § 8 II W G anzusehen sind (Bd. 1 Anm. 15 zu § 8 S. 225) und daher auch ohne dahingehende Vereinbarung kündbar sind (wegen des ordentlichen Kündigungsrechts des Vers vgl. Anm. D 43). Verträge auf der Grundlage der NoB und der MB Κ Κ enden mit dem Tage des Ablebens des Vmers, nicht mit dem Tode der sonst noch in den Vertrag einbezogenen Gefahrspersonen (Guckenheimer JRPV1933 S. 326), und zwar auch dann, wenn letztere ihn überleben und daher in Bezug auf sie die vte Gefahr möglicherweise noch fortbesteht (vgl. § 15 (1) S. 2 (2) MB KK). Mitternacht des Todestages ist maßgeblich entsprechend dem der Bestimmung des § 187 I BGB zugrunde liegenden Gedankens, daß regelmäßig nach vollen Tagen zu rechnen ist (ζ. B. Soergel-Siebert Bd. 1 Anm. 1 zu § 187 S. 912). Diese Regelung gilt für Verträge auf der Grundlage der NoB, die keine näheren Bestimmungen hierüber enthalten. Allerdings sollen diese Verträge, wie § 6 ZUÎ. 1 I NoB erkennen läßt, nur für eine bestimmte Dauer abgeschlossen werden und daher Zeitvn sein. Für die zu vereinbarende Dauer sind daher aufsichtsrechtlich die erwähnten Anordnungen zu beachten. Im Hinblick darauf, daß (in Übereinstimmung mit der zwingenden Norm des § 8 I W G ) von vornherein die jeweils stillschweigende Verlängerung des Vertrages um je 1 Jahr vorgesehen ist, falls nicht fristgerecht gekündigt wird, steht der Vertrag praktisch einem auf Lebenszeit des Vmers abgeschlossenen und mit ordentlichem Kündigungsrecht ausgestatteten gleich (zum Kündigungsrecht des Vers Anm. D 43). Nach den GrB endet der Vertrag erst mit Ablauf des z. Zt. des Todes des Vmers laufenden Monats (§ 2 (2) a I ). Die hier weiter einbezogene Bestimmung, daß der Vertrag auch mit dem Tode aller „vten Personen" ende, ist entbehrlich (a. A. Ohrt S. 23—24) : Wenn nur die eingeschlossenen Gefahrspersonen sterben, der Vmer dagegen am Leben bleibt, besteht der Vertrag für ihn weiter, wenn er selbst zugleich Gefahrsperson ist. Ist er nicht selbst Gefahrsperson, sondern „nur" Vertragspartner des Vers, ζ. B. weil er anderweitig Heilfürsorge bekommt und den Vertrag nur wegen der ihn durch Behandlung seiner Familienangehörigen treffenden Kosten abgeschlossen hat, so wird der Vertrag mit Ableben aller Gefahrspersonen ohnehin gegenstandslos, da jetzt keine der befürchteten Passiven mehr entstehen können und damit die vom Ver geschuldete Leistung diesem unmöglich geworden ist (§§ 323 BGB 68 II W G analog). Diese Bestimmung der GrB bewirkt daher in Verbindung mit § 3 (4) GrB allein eine Besserstellung des Vers, indem er trotz Wegfalls der vten Gefahr die Prämie bis zum Ende des laufenden Monats bzw. der laufenden Vsperiode verlangen kann. Ohne nähere Vereinbarung sind die P r ä m i e n nur bis zum Ablaufstage zu entrichten, d. h. pro rata temporis. Einen Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie kennt das deutsche Recht nicht (Bd. 1 Anm. 4 zu § 40 S. 514). Das ist für die NoB ausdrücklich in § 5 Ziff. 2 und ferner mittelbar in § 9 Ziff. 2 S. 4 bestimmt, wonach selbst bei Kündigung durch den Vmer (und zwar auch wegen Eintritts der Vspflicht) die gleiche Regelung gilt. — Nach § 3 (4) GrB ist die letzte Prämie, bei Jahresprämien die letzte Monatsrate für den Kalendermonat (gemäß § 3 (4) S. 2 GrB KT für die Vsperiode) zu leisten, in dem der Vertrag endet. Da im Todesfalle der Vertrag ohnehin erst mit Ablauf des Sterbemonats endet, ergibt sich hier keine Überschneidung zwischen formellem und technischem Vertragsende. Das gleiche bestimmt § 8 (6) MB KK; da hier jedoch der Vertrag schon mit dem Todestage endet, überschneidet die technische die formelle und materielle Vertragsdauer. Bis zum Zeitpunkt des Ablaufs etwa noch eintretende V s f ä l l e , ζ. B. bezüglich der den Vmer überlebenden Gefahrspersonen, können noch Ansprüche (der Erben) gegen den Ver begründen, wenn der Vmer auf Grund eines zwischen ihm und der Gefahrsperson bestehenden Rechtsverhältnisses für die Behandlungskosten aufzukommen hat (Genaueres Abschn. G). Ist allerdings dieses Rechtsverhältnis so beschaffen, daß diese Verpflichtung nicht auf die Erben übergeht, so im Rahmen des § 1615 BGB für die Fälle der gesetzWriede

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Kranken vers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 20]

liehen Unterhaltspflicht unter Verwandten auf- und absteigender Linie oder hatte ζ. B. der Vmer einem mittellosen Verwandten oder Bekannten regelmäßig, jedoch ohne Übernahme einer Rechtspflicht und ohne daß eine solche aus anderen Gründen bestand, die Aufwendungen für die Behandlungskosten ersetzt und diese Belastung durch den jetzt durch seinen Tod beendeten Vertrag gedeckt, so können den Erben durch die Behandlung nach dem Erbfall keine Aufwendungen mehr entstehen. Dann endet die materielle Gefahrtragung schon mit dem Todestage, d. h. u. U. schon vor dem formellen Vertragsablauf, wenn nämlich dieser wie ζ. B. gemäß § 2 (2) a I GrB Κ Κ und KH bzw. § 2 (2) Ziff. 4 S. 1 GrB KT, § 8 (6) MB KK erst mit dem Ende des z. Zt. des Todes laufenden Monats bzw. der Vsperiode eintritt. Wenn dagegen die Pflicht zur Tragung der Behandlungskosten auf die Erben übergeht, so wenn die Gefahrsperson dahingehende Unterhaltsansprüche gegen den Vmer hatte, die sich jetzt gegen die Erben richten (§§ 1712 I BGB, 70 I EheG), und ebenso wenn ζ. B. eine natürliche Person als Vmer einen Gruppenvsvertrag abgeschlossen hatte, so haftet der Ver, sofern nichts Abweichendes vereinbart ist, für die über den Zeitpunkt des Todes hinaus andauernden und die danach (vor formellem Vertragsablauf) eingetretenen Vsfälle vollen Umfangs (Anm. D 16). Die Vorschriften der §§ 6 Ziff. 2,7 Ziff. 2 S. 2 NoB kommen in diesem Zusammenhang als abweichende Vereinbarungen nicht in Betracht, da sie sich auf Kündigungsfälle, aber nicht auf die Vertragsbeendigung wegen Ablebens des Vmers beziehen. Die Konstruktion des nach den NoB abgeschlossenen Vertrages als einer Zeitv mit Verlängerungsklausel zwingt an sich zu der Annahme, daß die Kündigung lediglich die Weitergeltung dieser Klausel beseitigt, so daß der Vertrag nunmehr als Zeitv ohne weiteres mit Ablauf des gerade laufenden Vsjahres endet. Die zitierten einschränkenden Bestimmungen wollen aber ersichtlich gerade auch diesen Fall neben solchen erfassen, in welchen die Kündigung das Vertragsverhältnis unmittelbar beendet und nicht nur wie hier mittelbar durch Beseitigung der Verlängerungsklausel zum Ablauf bringt. Nach den GrB ist die Leistungspflicht des Vers gemäß § § 4 (11) S. 1—3 GrB KK, 4 (10) S. 1—8 GrB KH, 4 (9) S. 1 u. 2 1. Halbs. GrB KT auf die bis zum Tage der Beendigung (gleichviel aus welchem Grunde) des Vertrages anfallenden Kosten bzw. summenmäßig bestimmten Leistungen beschränkt, so daß hier für die oben dargelegten Rechtsfolgen nur insoweit Raum ist, als es sich um Aufwendungen handelt, die am Todestage nach dem Ableben des Vmers noch entstehen. — In offenbar gleichem Sinne bestimmt § 7 MB KK, daß der Vsschutz — ersichtlich im Sinne des § 1 (1) MB KK — mit der Beendigung des Vsverhältnisses ende. Welche „Vermögensschäden" bzw. „Aufwendungen" bis zum Stichtage entstanden sind, kann zweifelhaft sein, je nachdem, ob man darunter schon die Entstehung von Zahlungspflichten (ζ. B. gegenüber dem Arzt) oder erst deren tatsächliche Erfüllung versteht. Wie im Abschnitt G noch im einzelnen auszuführen ist, wird im Recht der P K V gewohnheitsrechtlich auf die einzelne „Inanspruchnahme" der Heilbehandlungsmaßnahme abgestellt, so daß es für die hier interessierende Frage allein darauf ankommt, inwieweit für den Vmer rechtliche und/oder faktische Verpflichtungen aus Heilbehandlungsmaßnahmen entstanden sind, die bis zum Stichtage vorgenommen worden sind. Etwa pauschalierte Beträge, die sich auf einen Zeitraum über den Stichtag hinaus beziehen, sind pro rata temporis zu vergüten. [D 20] 3. Ipso iure zur Vertragsbeendigung fahrende Umstände, a) Allgemeines. Hier handelt es sich um Tatbestände, die, falls sie eintreten, kraft Gesetzes oder aufgrund entsprechender Vertragsbestimmungen ohne weiteres Zutun der Vertragspartner zur Beendigung des Vertrages führen. Dazu könnte im weitesten Sinne auch die Beendigung durch Tod oder Erreichen einer Altersgrenze gerechnet werden (oben Anm. D 18 u. 19). Diese Fälle unterscheiden sich von den nachfolgend aufgeführten aber dadurch, daß sie bei dauernder V mit Sicherheit eintreten (falls nicht vorher eine andere Beendigung eingreift), was bei den in diesem Abschnitt behandelten Beendigungsgründen nicht der Fall ist. Im Rahmen der vertraglich vereinbarten Beendigungsgründe ist

Κ 96

Wriede

I I I . Ende des Vertrages 3. Ipso iure

Anm. [D 21]

dabei zu beachten, daß als solche keine Umstände vorgesehen werden dürfen, deren Eintreten nach dem übrigen Vertragsinhalt von der vten Gefahr umfaßt sein soll oder die als Gefahrerhöhung zu qualifizieren wären. Die erstere Vertragsgestaltung wäre ein Widerspruch in sich und würde den Vertrag seines eigentlichen Zwecks entkleiden. Hierher wäre etwa die Vereinbarung zu rechnen, daß der Vertrag mit Auftreten einer bestimmten Krankheit enden soll, die nach dem übrigen Vertragsinhalt unter die vte Gefahr zu rechnen ist. Eine solche Vertragsbestimmung kann auch nicht dahin umgedeutet werden, daß diese Krankheit sodann von der Gefahrtragung ausgeschlossen sein soll. Denn in diesem Falle würde der Ver die „Krankheitsgefahr" im übrigen zu tragen haben und der Eintritt der betreffenden Krankheit den Bestand des Vertrages unberührt lassen. Das entspricht nicht ihrem Zweck. Sie ist vielmehr unwirksam. Das gilt grundsätzlich nicht, wenn die ipso iure Vertragsbeendigung an das Eintreten von Krankheiten geknüpft wird, die ohnehin von der Gefahrtragung des Vers a u s g e s c h l o s s e n sind. Hier ist aber zu bedenken, daß schwere Krankheiten — zumal im vorgeschrittenen Lebensalter — die allgemeine Widerstandsfähigkeit des Körpers erheblich schwächen können, so daß die Anfälligkeit, z. B. gegen Infektionskrankheiten, steigt. Da dieser Umstand, soweit er nicht altersmäßig bedingt ist, eine Gefahrerhöhung beinhaltet, sind hierauf die zugunsten des Vmers zwingenden (§ 34a W G ) Vorschriften der §§ 23—29a W G anzuwenden, so daß nur bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen die dort vorgesehene Kündigung des Vertrages — etwa gemäß § 27 I W G — durch den Ver möglich ist nicht aber eine ipso-iure-Vertragsbeendigung. Eine weitere Einschränkung erfährt der Grundsatz, daß der Beendigungstatbestand nicht unter die vte Gefahr fallen darf, dann, wenn diese ihrer Natur nach nur einmal eintreten kann und die AVB hierfür ungeachtet der damit verknüpften Vertragsbeendigung die vertragsgemäße Leistung vorsehen. Denn wenn die vte Gefahr sich nicht mehr erneut vollziehen kann — wie in der Sachv im Falle des Totalverlustes des Objekts der vten Beziehung—, kann der Ver insoweit keine Gefahrtragungsleistung mehr erbringen, ist ihm m. a. W. seine Leistung objektiv unmöglich geworden, so daß der Vertrag schon nach allgemeinen Grundsätzen wirkungslos wird (§ 323 I u. I I I B G B , vgl. auch § 68 II u. IV W G ) . Das ist der Fall, soweit der Vertrag Leistungen für den Todesfall vorsieht und ferner bei Eintritt dauernder Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Krankentagegeldv nach den GrB KT (§2 (2) a Ziff. 1, vgl. Anm. D 24). Die letztere Bestimmung dient daher nur der Klarstellung der schon nach den erwähnten Grundsätzen eingetretenen Vertragsbeendigung. Eine Vereinbarung der eingangs an zweiter Stelle erwähnten Art — z. B. Vertragsbeendigung bei Aufnahme einer gesundheitsschädlichen Beschäftigung — würde gleichfalls gegen die zugunsten des Vmers zwingenden Bestimmungen der §§ 23—29a W G verstoßen und daher nichtig sein. [D 21] b) Konkurs des Vers. Die Wirkung eines Konkurses des Vers auf den Krankenvsvertrag bestimmt sich gemäß §§ 13 S. 2 W G , 79 VAG nach den §§ 77—78 VAG, seitdem der Sonderausschuß Vsaufsicht beschlossen hat, die P K V im Sinne des § 12 VAG den Vszweigen zuzurechnen, die nach Art der Lebensv die V aufgrund bestimmter Wahrscheinlichkeitstafeln, also auf mathematischer Grundlage betreiben, und die Aufsichtsbehörden den Krankenvern die Beachtung entsprechender Berechnungsgrundlagen und Vorschriften über die Anlage der Deckungsmittel auferlegt haben (vgl. im einzelnen Prölss-Schmidt-Sasse Anm. 1 zu § 12 S. 225, Anm. 1 zu § 79 S. 704 Fromm-Goldberg Anm. 1 u. 2 zu § 12 S. 274—278). Mit dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung (§ 108 KO) erlöschen danach die Vsverträge. Dieser Zeitpunkt selbst, nicht das Ende des Eröffnungstages ist maßgeblich, da das Erlöschen gemäß § 77 III 1. Halbs. VAG „durch die Konkurseröffnung" eintreten soll. Hinsichtlich der G e f a h r t r a g u n g des V e r s gelten mangels abweichender Vereinbarungen die edlgemeinen Grundsätze (Anm. D 16). Der Ver hat daher für die z. Zt. des Erlöschens des Vertrages bereits eingetretenen Vsfälle noch zu leisten. Im Rahmen der NoB sind die einschränkenden Bestimmungen der §§ 6 Zitt. 2, 7 Ziff. 2 S. 2 nicht 7

B r u c k - M ö l l e r , VVG, 8. Aufl. VI (Wriede)

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Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 22]

anwendbar, da sie sich nur auf Kündigungsfälle beziehen und der Eintritt des Konkurses über das Vermögen des Vers damit nicht gleichzusetzen ist. Nach den GrB ist die Leistungspflicht des Vers gemäß §§ 4 (11) S. 1—3 GrB K K , 4 (10) S. 1—3 GrB KH, 4 (9) S. 1 u. 2 1. Halbs. GrB KT auf die bis zur formellen Beendigung des Vertrages anfallenden Aufwendungen (vgl. hierzu Anm. D 19) bzw. summenmäßig bestimmten Leistungen beschränkt, so daß es bei den nach dem Prinzip der konkreten Bedarfsdeckung gewährten Leistungen ggf. auf die Stunde der Entstehung des Aufwandes ankommen kann (vgl. § 108 KO). Summenmäßig bestimmte Leistungen müssen für den Tag der Konkurseröffnung pro rata temporis berechnet werden. Das gleiche gilt für Verträge auf der Grundlage der MB K K (§ 7). Ferner hat der Vmer einen A n s p r u c h auf S c h a d e n s e r s a t z wegen vorzeitiger im Vertrage nicht vorgesehener Beendigung des Vsvertrages. Sein Schaden ist nach dem Mehraufwand zu berechnen, der erforderlich ist, damit er anderweitig einen gleichwertigen Vsschutz erlangt (ebenso Prölss-Schmidt-Sasse Anm. 5 zu §77 S.697, Prölss-Martin18 Anm. 6 zu § 13 S. 134—135). Die gegenteilige Ansicht von Bruck-Möller (Bd. 1 Anm. 18 zu § 13 S. 283, ähnlich Fromm-Goldberg Anm. 4 III Β 2 zu § 77 S. 747), daß nämlich § 13 W G als Sonderbestimmung in Sinne des § 25 KO vorgehe, verkennt, daß die §§ 25 und 26 S. 2 KO kein materielles Recht setzen — das übersehen übrigens auch Prölss-Martin a. a.O. hinsichtlich § 26 KO —, sondern auf die materiellrechtlichen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts verweisen und nur den Rang der danach gegebenen Forderungen im Rahmen des Konkursverfahrens als einfache Konkursforderungen bestimmen wollen. Wenn der Vmer schon bei Unsicherwerden des Vers vor Konkurseröffnung u. a. einen Anspruch auf Schadenersatz hat, falls er deswegen eine Umdeckung vornimmt (Bd. 1 Anm. 38 zu § 13 S. 287), so muß ihm dieser Anspruch erst recht zustehen, wenn es gar zur Konkurseröffnung kommt. Gemäß § 77 III 2. Halbs. VAG steht dem Vmer ohne weiteres ein A n s p r u c h auf den auf diesen Zeitpunkt zu berechnenden und auf seinen Vertrag entfallenden T e i l der P r ä m i e n r e s e r v e zu, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob etwa ein Vsfall eingetreten ist oder nicht. Dieser Anspruch genießt im Rahmen des Konkursverfahrens eine eigentümliche Vorzugsstellung, die von der der Aussonderungs- (§§ 43—46 KO), und Absonderungsberechtigten (§§ 47—51 KO) sowie von der der bevorrechtigten Konkursgläubiger (§ 61 KO) zu unterscheiden ist.Es handelt sich um ein auf die Werte des Deckungsstocks beschränktes dem Absonderungsrecht ähnliches Vorrecht eigener Art (Prölss-SchmidtSasse Anm. 7 zu § 77 S. 697—698). Soweit die etwaigen Leistungs- und Schadensersatzansprüche des Vmers durch die Auszahlung aus der anteiligen Prämienreserve nicht gedeckt werden, hat der Vmer einfache Konkursforderungen (§ 77 III VAG). Die P r ä m i e n werden bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens, also ggf. pro rata temporis zuzüglich der darauf entfallenden Kosten geschuldet (§ 40 III W G analog, vgl. Bd. 1 Anm. 20 zu § 13 S. 283, Anm. 13 zu § 40 S. 517). Etwa im voraus für die Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens gezahlte Prämien kann der Vmer unter Abzug der entsprechenden Kosten (als einfache Konkursforderung) zurückverlangen (§ 40 III W G ) . Eine in Unkenntnis des Konkurses für diese Zeit gezahlte Prämie ist Masseschuld (Bd. 1 a. a. O.). [D 22] c) Auflösung des W a G . Gemäß § 43 III 1 VAG erlöschen die Vsverträge (außer Lebensvsverträgen, S. 3 a. a. O.) zwischen dem W a G und seinen Mitgliedern infolge Auflösung des Vereins durch Beschluß der obersten Vertretung (§ 42 Ziff. 2 VAG, Genaueres bei Kisch W a G S. 275—277). Auf Vsverträge des W a G mit Nichtmitgliedern hat der Auflösungsbeschluß keine solche ipso-iure-Wirkung (Kisch a. a. O. S. 281). Diesem Beschluß stellt § 87 III VAG die Untersagung des Geschäftsbetriebes durch die Aufsichtsbehörde gleich. Der Auflösungsbeschluß wird erst wirksam durch (rechtskräftige) Genehmigung der Aufsichtsbehörde (§ 43 II 1 VAG, vgl. hierzu Kisch a. a. O. S. 276—277). Die Bestimmung des § 43 III 3 VAG über die Privilegierung von Lebensvsverträgen (und den gemäß § 7 III VAG ihnen gleichzustellenden ähnlichen Verträgen) gilt nicht für die PKV (wohl ebenso, jedoch ohne nähere Begründung Kisch a. a. O. S.

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Wriede

III. Ende des Vertrages 3. Ipso iure

Anm. [D 22]

284 und Prölss-Schmidt-Sasse Anm. 3 zu § 43 S. 429, a. A. gleichfalls ohne nähere Begründung Bruck S. 109). Die Erwägungen, die für die Sonderstellung der Lebensvsverträge sprechen, daß nämlich die Beendigung des Vertrages für die betroffenen Vmer sehr unbillig wäre, da sie vielfach wegen ihres inzwischen verschlechterten Gesundheitszustandes und ihres höheren Lebensalters eine anderweitige gleichwertige V, wenn überhaupt, so nur unter ungünstigeren Bedingungen erlangen könnten und daher angenommen werden muß, daß sie sich bei Abschluß der Verträge einem solchen vorzeitigen Erlöschen ihrer Rechte und Pflichten nicht stillschweigend haben unterwerfen wollen (Kisch a. a. O. S. 284, vgl. auch R G 15. X I I . 1903 J W 1904 Nr. 31 S. 100—101), treffen auch für die P K V (und ebenso für die Unfallv) zu. Während aber das VAG ihnen in den §§12 und 79 für spezielle Tatbestände (Inhalt des Geschäftsplans bzw. Vorschriften über den Dekkungsstock) Raum gegeben und die Sondervorschriften für die Lebensv für die P K V für anwendbar erklärt hat, insbesondere auch § 77 III über die Wirkungen des Konkurses des Vers (Anm. D 21), fehlt eine solche Bezugnahme auf § 43 III 3. Das kann nur dahin verstanden werden, daß hier keine Gleichbehandlung Platz greifen, vielmehr Krankenund Unfallv den Bestimmungen des § 43 III 1 u. 2 unterfallen sollen. Der Vsvertrag endet danach (formal) um 24 Uhr des im Auflösungsbeschluß angegebenen Tages, jedoch nicht vor Ablauf von 4 Wochen seit Rechtskraft des Genehmigungsbescheides der Aufsichtsbehörde (Kisch a. a. O. S. 282, Prölss-Schmidt-Sasse Anm. 3 A zu § 43 S. 430, Fromm-Goldberg Anm. 5 II Β zu § 43 S. 507—508). Für die Fristberechnung gelten §§ 187 I, 188 II BGB. Hat der Genehmigungsbescheid ζ. B. am 2. V. Rechtskraft erlangt, so endet der Vertrag am 30. V. um 24 Uhr. Die Rechtskraft tritt ein mit Bekanntgabe der Genehmigungsverfügung, die gemäß §§ 19, 7 II Ziff. 5 der 3. DVO zum BAG durch Zustellung zu geschehen hat (hierzu Prölss-Schmidt-Sasse a. a. O. Anm. 2 zu § 19 der 3. DVO S. 100). Bei Untersagung des Geschäftsbetriebes durch die Aufsichtsbehörde hat diese den Zeitpunkt des Erlöschens der Vsverträge zu bestimmen, der gleichfalls nicht vor Ablauf von 4 Wochen seit Rechtskraft eintreten kann (Kisch a. a. O. S. 283). Die m a t e r i e l l e G e f a h r t r a g u n g s p f l i c h t des Vers besteht grundsätzlich bis zum Zeitpunkt des Erlöschens des Vertrages fort. Falls bis dahin ein Vsfall neu eintritt und darüber hinaus andauert oder ein schon früher eingetretener fortdauert, gelten mangels abweichender Vereinbarungen in den AVB die allgemeinen Grundsätze (Anm. D 16). Die danach gegebenen Ansprüche richten sich gegen den in der Abwicklung begriffenen W a G . §§ 6 Ziff. 2, 7 Ziff. 2 S. 2 NoB kommen in diesem Zusammenhang nicht in Betracht, da sie sich auf die Vertragsbeendigung durch Kündigung beziehen. Dagegen beschränken §§ 4 (11) S. 1—Β GrB K K , 4 (10) S. 1—3 GrB K H und 4 (9) S. 1 u. 2 1. Halbs. GrB K T die Leistungspflicht des Vers auf die bis zum formellen Ende eingetretenen Aufwendungen (Anm. D 19) bzw. die bis dahin fällig gewordenen summenmäßig bestimmten Leistungen. Gleiches gilt gemäß § 7 MB K K . Die Prämienzahlungspflicht des Vmers erstreckt sich auf die Zeit bis zum Ablauf der z. Zt. des Erlöschens laufenden Vsperiode; die t e c h n i s c h e V s d a u e r wird also in den meisten Fällen einen Zeitraum nach dem Erlöschen mit umfassen (§ 43 III S. 2 2. Halbs. VAG). Für spätere Vsperioden vorausgezahlte Prämien kann der Vmer unter Abzug der darauf entfallenden Kosten zurückfordern. Hierzu sind nur die Kosten des Inkassos und der Rückzahlung, nicht aber auch die allgemeinen Verwaltungskosten und anteilige Provisionen zu verstehen (Kisch a. a. O. S. 284 Anm. 41). Die gegenteilige Auffassung von Prölss-Schmidt-Sasse (Anm. 3Ac zu §.43) und Fromm-Goldberg (Anm. 5 II C 2 zu § 43) erscheint ungerechtfertigt, da dann gerade der Vmer benachteiligt würde, der — meistens ohne zwingenden Grund — seiner Zahlungspflicht im voraus nachgekommen war. Die nicht gedeckten Verwaltungs- und Provisionskosten sind vielmehr durch das Vereinsvermögen, notfalls durch die zu erhebenden Nachschüsse der Mitglieder zu decken. S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e der vten Mitglieder wegen vorzeitiger Beendigung des Vsvertrages gegen den Ver bestehen — anders als im Falle des Konkurses (Anm. D 21) — nicht, da die Mitglieder nach vereinsrechtlichen Grundsätzen an die Beschlüsse der obersten Vertretung gebunden sind, sofern es sich nicht um sogenannte Sonderrechte handelt; das ist hier nicht der Fall (vgl. R G 23. III. 1910 RGZ 73 S. 191). 7»

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Krankenvers. D. Dauer des Yertr.

Anm. [D 23, D 24]

[D 23] d) Vertragsbeendigimg wegen Verlegung des Wohnsitzes. Nach § 6 Β Ziff. 1 Nr. 6 NoB endet „die Y . . . durch Verlegung des Wohnsitzes außerhalb des Geschäftsgebietes" des Vers. Diese Bestimmung korrespondiert mit § 2 NoB, wonach die Aufnahmefähigkeit u. a. vom Wohnsitz innerhalb des Geschäftsgebietes abhängt (Anm. C 4). Die Norm ist, wie der Zusammenhang mit anderen Beendigungsgründen zeigt, dahin zu verstehen, daß der Vertrag mit Eintritt dieses Ereignisses ohne weiteres enden soll, und zwar auch dann, wenn der Vmer diesen Umstand dem Ver nicht alsbald anzeigt oder er diesem nicht alsbald sonstwie bekannt wird. Es kommt daher wegen der Anzeige auch nicht auf die Formvorschrift des § 4 Ziff. 1 NoB an. Da § 2 NoB nicht nur die Aufnahmefähigkeit des Vmers, sondern auch die der Gefahrspersonen betrifft, ist entsprechend auch ihre Wohnsitzverlegung hier erheblich: Verlegt der Vmer seinen Wohnsitz nach außerhalb des Geschäftsgebietes, so endet der Vertrag vollen Umfangs. Trifft das nur für andere Gefahrspersonen zu, so endet der Vertrag nur für sie (a. A. Guckenheimer J R P V 1933 S. 326, der den Zusammenhang mit § 2 NoB nicht beachtet). — Der Begriff des Wohnsitzes bestimmt sich nach den §§ 7—11 BGB. Da nach § 7 II BGB der Wohnsitz einer Person gleichzeitig an mehreren Orten bestehen kann, kommt im Rahmen des § 5 Β Ziff. 1 Nr. 6 NoB nur eine solche Verlegung in Betracht, nach deren Vollzug der Betreffende keinen Wohnsitz mehr im Geschäftsgebiet des Vers hat. — Die gleichen Grundsätze gelten gemäß § 15 (3) MB KK für hierauf sich beziehende Verträge. Für das E n d e der m a t e r i e l l e n G e f a h r t r a g u n g gilt, da die NoB für diesen Fall keine Sonderbestimmung enthalten, der in Anm. D 16 dargelegte Grundsatz, daß der Ver für Vsfälle, die bei Vertragsbeendigung noch nicht abgeschlossen sind, vollen Umfangs haftet. Prölss-Martin18 (Anm. 3 zu § 7 No. 3 S. 929) halten § 7 Ziff. 2 NoB für anwendbar. Es kann sich hier nur um eine analoge Anwendung handeln, da diese Bestimmung nur den Fall der Kündigung betrifft, die Wohnsitzverlegung aber damit nicht gleichgesetzt werden kann. Aber auch für eine Analogie besteht kein Anhalt (auch Prölss-Martin führen keinen an). Risikobeschränkungen in den AVB — darum handelt es sich auch hier in einem weiteren Sinne — sind nach allgemeinen Grundsätzen eng auszulegen (Bd. 1 Einl. Anm. 65 S. 73). Daran ist auch hier festzuhalten, zumal die Kündigung mit der Wohnsitzverlegung nicht wesensverwandt ist, die letztere insbesondere nicht notwendig den Willen des Vmers enthält, damit den Vertrag zu beendigen. — Das t e c h n i s c h e E n d e des Vertrages fällt mangels gegenteiliger Vereinbarung mit dem formellen Ende zusammen (Anm. D 16). Indessen kommt hier analog § 68 II W G eine Prämienberechnung nach sog. Kurztarif in Betracht, d. h. es ist aie Prämie zu entrichten, die der Ver hätte fordern können, wenn der Vertrag von vornherein nur bis zu dem Zeitpunkt der Wohnsitzverlegung beantragt worden wäre. Das kann je nach dem Prämientarif des Vers eine andere, meistens höhere Prämie sein, als wenn die Jahresprämie pro rata temporis berechnet würde. Hier ist die Analogie geboten, da die Vertragsbeendigung infolge Wohnsitzverlegung dem Tatbestand des Interessenwegfalls vergleichbar ist. — Für Verträge auf der Grundlage der MB Κ Κ gelten deren §§ 7 bzw. 8 (6): Die Leistungspflicht des Vers (vgl. dazu Anm. D 19) endet mit dem Wegzug, die Prämienzahlungspflicht des Vmers mit Ablauf des Monats, in dem dieses Ereignis eintritt. [D 24] e) Vertragsbeendigung wegen Eintritte dauernder Arbeite- oder Erwerbsunfähigkeit. Gemäß § 2 (2) a Ziff. 1 GrB KT endet der Vertrag bei Eintritt dauernder Arbeitsunfähigkeit hinsichtlich der betroffenen Person, und zwar grundsätzlich mit Ablauf der Leistungspflicht des Vers für den gerade vorliegenden Vsfall. Einander gleichgestellt sind die Fälle eines Rentenbezuges aus der gesetzlichen Renten- oder Unfallv aufgrund mindestens 50%iger Erwerbsunfähigkeit und der der Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 5 (1) a S. 2 GrB KT (darüber, daß ein solcher Beendigungstatbestand, daß nämlich die Gefahrtragung endet und damit ein Vsfall nicht mehr eintreten kann, zulässig ist und im Grunde nur der Klarstellung einer sich schon aus allgemeinen Rechtsnormen ergebenden Folge dient, vgl. Anm. D 19).

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I I I . Ende des Vertrages 3. Ipso iure

Anm. [D 24]

Die Wortfassung der AVB ist ungenau : Sie stellt eingangs zutreffend auf den Eintritt eines Ereignisses ab, sagt aber nicht präzise, welches Ereignis in Ziff. 1 gemeint ist. Der Tatbestand, daß eine Gefahrsperson „Rente bezieht", kann auf den Beginn der Rentenzahlung hinweisen und der Tatbestand, daß die Dauernatur der Arbeitsunfähigkeit durch ärztliches Zeugnis „festgestellt" wird, auf den Augenblick dieser Feststellung. Diese beiden Zeitpunkte sind aber ersichtlich nicht gemeint, da sie recht willkürlich gewählt werden können. Maßgeblich ist vielmehr der Eintritt der qualifizierten Erwerbsoder Arbeitsunfähigkeit selbst. Die AVB stellen (außer auf die Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 5 (1) a S. 2 GrB KT) auf die „ E r w e r b s u n f ä h i g k e i t von m i n d e s t e n s 5 0 % " im Sinne der gesetzlichen Renten- und Unfallv ab. Die erstere kennt aufgrund des G zur Neuregelung des Rechts der Rentenv der Arbeiter v. 23. II. 1957 (BGBl. I S. 45), des G zur Neuregelung des Rechts der Rentenv der Angestellten vom selben Tage (BGBl. I S. 88) und des G zur Neuregelung der knappschaftlichen Renten v. 21. V. 1957 (BGBl. I S. 533) seit dem 1. 1.1957 zwei Rentenformen, nämlich die Rente wegen B e r u f s u n f ä h i g k e i t bei einer mindestens 50%igen Einbuße an Erwerbsfähigkeit im bisherigen Berufe (§§ 1246 II RYO, 23 II AVG, 46 II KnYNG) und die Rente wegen E r w e r b s u n f ä h i g k e i t (§§ 1247 II RVO und 24 II AVG, 47 II KnVNG), die gewährt wird, wenn auf eine nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann oder durch sie nur noch geringfügige Einkünfte zu erzielen sind. §§ 1246 Π RVO, 28 Π AVG, 46 Π KnVNG lauten: Berufsunfähig ist ein Vter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich oder geistig gesunden Vten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Vten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die der Vte durch Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden ist. §§ 1247 Π BVO, 24 Π AVG, 47 Π KnVNG lauten: Erwerbsunfähig ist der Vte, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann. Die Voraussetzung der hier erörterten Bestimmung der GrB KT wird schon dann als gegeben anzusehen sein, wenn Rente wegen Berufsunfähigkeit im obigen Sinne gewährt wird, da eine mindestens 50% ige Minderung der Erwerbsfähigkeit gefordert wird. Die AVB lehnen sich an die frühere Fassung des § 559 a RVO an, der von völliger oder teilweiser Erwerbsunfähigkeit sprach. Die in den jetzt geltenden Bestimmungen verwendeten Worte bedeuten keine sachliche Änderung (amtl. Begr. zu § 581 UVNG, BTDrucksache IV/120 S. 58). — In der gesetzlichen Unfallv wird Verletztenrente bei Erwerbsunfähigkeit und bei mindestens 20% iger Minderung der Erwerbsfähigkeit gewährt (§§ 580f. RVO). Dabei ist der Begriff der Erwerbsunfähigkeit der gleiche wie in der gesetzlichen Rentenv (§§ 580 I, 562 II RVO). Für die Beendigung des Vsvertrages nach der hier erläuterten Bestimmung soll allein die Tatsache der Rentengewährung maßgebend sein, so daß hier darauf verzichtet werden kann, auf die einzelnen Voraussetzungen der erwähnten sozialvsrechtlichen Vorschriften einzugehen. Zu beachten ist jedoch, daß die Gewährung der Rente in einem durch Rechtsmittel nach Maßgabe der Bestimmungen des SGG angreifbaren Verwaltungsakt der Vsträger angeordnet wird. Der sog. Rentenbescheid der Vsträger (§§ 1583, 1631 RVO, 204 AVG) wird daher ggf. erst nach Erschöpfung des Rechtsmittelzuges rechtskräftig und damit auch erst dann Wriede

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Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 24]

im Rahmen des Krankentagegeldvsvertrages maßgeblich. Das hat indessen hier nur geringe Bedeutung, da die Vsträger die Rente in der Regel nicht höher als von ihnen für richtig befunden ansetzen werden und nur der Anspruchsteller Rechtsmittel einlegen wird, um eine Verbesserung zu erreichen. Der umgekehrte Fall kann ζ. B. eintreten, wenn die angenommenen Voraussetzungen eines höheren Rentenbezuges sich als unrichtig herausstellen und der Vsträger sich daher veranlaßt sieht, ein Rechtsmittel einzulegen. Auch können sich für den privaten Vsvertrag daraus Schwierigkeiten ergeben, daß erst im Verlauf des Rechtsmittelverfahrens eine mehr als 50% ige Minderung der Erwerbsfähigkeit für einen früheren Zeitpunkt festgestellt wird. Dann muß der Vertrag rückwirkend so abgewickelt werden, als wenn schon damals die Beendigung gemäß § 2 (2) a Ziff. 1 GrB KT eingetreten gewesen wäre, d. h. die seither beiderseits gewährten Leistungen sind ohne rechtlichen Grund gegeben worden und daher gemäß § 812 I 1 BGB zurückzuerstatten. Indessen hat der Ver, wenn er von dem Beendigungstatbestand keine Kenntnis gehabt hat, die vte Gefahr bis zur Erlangung dieser Kenntnis getragen. Diese Leistung kann im Sinne des § 818 II BGB vom Vmer nicht herausgegeben werden, so daß er ihren Wert zu ersetzen hat, der in der vereinbarten Prämie seinen Ausdruck gefunden hat (Bd. 1 Anm. 17 zu § 40 S. 518). Das gilt sowohl, wenn der Vsfall nicht eingetreten ist, als auch dann, wenn dies geschehen ist, die abstrakte Gefahrtragung sich also zu einer konkreten Leistung verdichtet hat. Zwar könnte diese konkrete Leistung des Vers ihrer Beschaffenheit nach zurückerstattet werden ; wenn man sie aber im Sinne der Gefahrtragungstheorie als bloße Ausdrucksform der Gefahrtragungsleistung betrachtet, die als solche nicht zurückgegeben werden kann, so kann hinsichtlich der konkreten Leistung keine Ausnahme gemacht werden. Das wäre auch unbillig im Hinblick darauf, daß der Vmer auf der anderen Seite die Prämien als Äquivalent der Gefahrtragung nicht zurückerhält (a. A. Bruck P K V S. 32). Im Ergebnis ist die Rechtslage daher so anzusehen, als wenn der Vertrag bis zum Bekanntwerden der „genügenden" Minderung der Erwerbsfähigkeit der betreffenden Gefahrsperson unverändert fortbesteht. Man könnte insoweit in Anlehnung an ähnliche gesellschaftsrechtliche Erscheinungen (vgl. z. B. Palandt-Thomas31 Anm. 3d zu § 705 S. 638—639) von einem faktischen Vsverhältnis sprechen. Hat der Vmer Kenntnis vom Eintritt der zur Vertragsbeendigung führenden Erwerbsunfähigkeit, so haftet er an sich verschärft gemäß § 819 I BGB. Aber auch das führt zu keinem anderen Ergebnis, da er die Gefahrtragungsleistung ohnehin nicht herausgeben kann. Sobald der Ver diese Kenntnis erlangt, wird davon auszugehen sein, daß er die Gefahr nicht mehr trägt und daher in diesem Falle die für die Zeit nach Erlangung der Kenntnis erhaltenen Prämien pro rata temporis herausgeben muß, soweit sie ihm nicht gemäß § 3 (4) S. 2 GrB KT, d. h. bis zum Ende der Vsperriode gebühren, in der die Beendigung (tatsächlich) eingetreten ist. Eine Ausnahme von dem oben erwähnten Grundsatz, daß auch Geldwertleistungen des Vers, die in der Zeit nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit erbracht worden sind, nicht zurückgefordert werden können, kann dann gegeben sein, wenn der Vmer durch sein Verhalten gegenüber dem Ver diesen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt hat (§ 826 BGB), was der Fall sein kann, wenn er z. B. dem Ver arglistig den Eingang eines zur Vertragsbeendigung führenden Rentenbescheides verschweigt. Die nicht nur vorübergehende Natur der (ärztlich festgestellten, vgl. § 5 (1) a S. 1 GrB KT A r b e i t s u n f ä h i g k e i t (Genaueres über diesen Begriff in Abschn. G) muß ihrerseits durch „ärztliches Zeugnis festgestellt" sein. Die Zuverlässigkeit einer solchen Prognose kann zweifelhaft sein; vielfach werden die Ansichten der hierüber befragten Ärzte divergieren. Der Wortlaut der Bestimmung läßt die Annahme zu, daß es in solchem Falle ausreicht, daß nur einer der befragten Ärzte die Arbeitsunfähigkeit als dauernde bezeichnet. Eine solche Regelung würde jedoch dem Mißbrauch zugunsten desjenigen Vertragsteils Vorschub leisten, der auf vorzeitige Vertragsbeendigung bedacht ist. Der Zweckbestimmung der Norm kann nur eine objektive Feststellung gerecht werden. Der Hinweis auf das ärztliche Zeugnis kann daher nur als solcher auf die für diese Feststellung anzuwendende Methode verstanden werden. Im Streitfalle muß daher das Gericht, notfalls mit Hilfe medizinischer Sachverständiger hierüber eine Entscheidung fällen. Hier würde sich die Durchführung eines Sachverständigenverfahrens analog §§ 64, 184 W G empfehlen. Κ 102

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I I I . Ende des Vertrages 3. Ipso iure

Anm. [D 24]

Wenn die Voraussetzungen der hier erörterten Bestimmung gegeben sind, endet der Vertrag, jedoch nicht vor Ablauf der ggf. bestehenden konkreten Leistungspflicht des Vers für einen etwa gerade laufenden Vsfall. Die dauernde Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeit muß nicht notwendig einen Vsfall beinhalten; sie kann ζ. B. auf eine von der Gefahrtragung ausgeschlossene Krankheit zurückzuführen sein. Dann liegt kein Vsfall vor. Gleichwohl entfällt für die Zukunft die Gefahrtragungspflicht, da auch eingeschlossene Krankheiten und Unfälle keine Arbeits- oder Erwerbsunfähigkeiten mehr verursachen können, nachdem dieser Zustand (aus anderer Ursache) schon gegeben ist. Für die Frage des Vertragsablaufs sind daher folgende Fälle zu unterscheiden : 1. Die in diesem Sinne zur Vertragsbeendigung führende Minderung der Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit fällt unter die vte Gefahr; 2. sie fällt nicht unter die vte Gefahr; 3. wie Fall 2, aber der Vsfall war schon vorher durch eine andere unter die vte Gefahr fallende Arbeitsunfähigkeit ausgelöst worden ; 4. wie Fall 1, aber der Ver war aus anderen Gründen von der Verpflichtung zur Leistung frei. Die AVB gehen offenbar von Fall 1 aus. Mit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit (im Sinn des § 5 (1) a S. 2 GrB KT) beginnt der Vsfall (über die insoweit falsche Begriffsbestimmung in S. 1 a. a. O. vgl. Abschn. G), für den der Ver vollen Umfangs entsprechend den Tarifbestimmungen zu leisten hat. Mit dem Tage der Erschöpfung dieser Leistungspflicht endet der Vertrag formell und materiell hinsichtlich der betroffenen Gefahrsperson oder insgesamt, wenn es sich dabei zugleich um den Vmer handelt, und zwar auch, soweit andere Leistungen des Vers in Frage stehen (§ 4 (9) GrB KT). Das technische Ende tritt dagegen gemäß § 3 (4) S. 2 GrB KT erst mit Ablauf der zu dieser Zeit gerade laufenden Vsperiode ein. Die technische Vsdauer (Anm. D 13) wird daher in der Regel die formelle und materielle überschreiten. Fällt die für die Beendigung des Vertrages maßgebliche Minderung der Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit nicht unter die vte Gefahr — Fall 2 —, sei es, daß die dafür ursächliche Erkrankung oder der ursächliche Unfall von der Gefahrtragung ausgeschlossen ist, sei es, daß die Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenv nicht als Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 5 (1) a S. 2 GrB KT gewertet werden kann, so tritt die (teilweise oder volle) Beendigung des Vertrages mit dem Eintritt dieses Umstandes ein, da der Vertrag nunmehr gegenstandslos ist (s. o.). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit kann z. B. dann nicht zugleich Arbeitsunfähigkeit bedeuten, wenn sich Alterserscheinungen bemerkbar machen, die als „Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte" im Sinne der rentenvsrechtlichen Bestimmungen zwar Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit hervorrufen können (RVA 31. X. 1900 AN 1901 S. 186—189, Bayer. LVA 8. X. 1915 EuM Bd. 7 S. 252—254), nicht aber zugleich krankheits- oder unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit darstellen. ·— Das materielle und technische Ende des Vertrages bestimmen sich in diesem Falle nach den §§ 4 (9) bzw. 3 (4) GrB KT. Fall 3 ist ebenso zu behandeln wie Fall 1 ; denn die AVB unterscheiden diese Fälle nicht, sondern stellen nur darauf ab, daß zur Zeit des Eintritts des für die Beendigung maßgeblichen Ereignisses gerade ein Vsfall „anhängig" ist. Dem Wortlaut und Zweck der Bestimmung ist nicht zu entnehmen, daß die Erstreckung der Beendigung auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Leistungspflicht nur dann Platz greifen soll, wenn der Beendigungstatbestand zugleich den Vsfall auslöst. Denkbar ist in diesem Falle, daß die unter die vte Gefahr fallende Arbeitsunfähigkeit endet, bevor die Leistungspflicht des Vers erschöpft ist, die über 50% ige nicht unter die vte Gefahr zu rechnende Erwerbsunfähigkeit aber fortbesteht. Dann endet der Vertrag (ganz oder teilweise) mit Abschluß des Vsfalles. Das ist z. B. der Fall, wenn die Gefahrsperson wegen einer (eingeschlossenen) Erkrankung vorübergehend arbeitsunfähig wird und während dieser Zeit einen vom Vsschutz ausgeschlossenen Unfall erleidet, der sie dauernd erwerbsunfähig macht. Im Falle 4 kommt gleichfalls (wie im Falle 2) keine Erstreckung der Beendigung in Betracht. Die AVB machen diese ausdrücklich davon abhängig, daß der Ver Leistungen für den laufenden Vsfall zu gewähren hat. Ist das nicht der Fall, etwa weil sich der Vmer Wriede

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Anm. [D 25, D 26]

Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

im qualifizierten Prämienverzug befindet (§ 39 II W G ) , seine Leistungspflicht wegen Obliegenheitsverletzung verwirkt hat ( § 6 1 W G ) oder die Wartezeit noch nicht abgelaufen ist, so endet der Vertrag sogleich formell und materiell; das technische Ende bestimmt sich nach § 3 (4) GrB KT. Die Bestimmung des § 2 (2) Ziff. 1 a S. 2 GrB KT hat keine privatrechtliche Bedeutung. Es ist selbstverständlich, daß die Vertragspartner nach Eintritt einer Vertragsbeendigung eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses vereinbaren können. Die Bestimmung gibt dem Ver lediglich aufsichtsrechtlich die Befugnis, in den Tarifbedingungen dahingehende Bestimmungen vorzusehen. [D 25] f) Vertragsbeendigung wegen Erreichens einer Altersgrenze. Nach § 2 (2) a Ziff. 2 S. 1 GrB KT endet der Vertrag hinsichtlich der davon betroffenen Personen mit Ablauf der Vsperiode, in der sie das 65. Lebensjahr vollenden. Handelt es sich dabei um den Vmer, so endet der Vertrag vollen Umfangs, sonst nur hinsichtlich der betreffenden Gefahrsperson. Vsperiode ist der Zeitraum, für den nach dem Tarif die jeweils fälligen Prämien zu entrichten sind (§ 3 (3) S. 2 GrB KT). — Diese Bestimmung verstößt nicht gegen die in Anm. D 19 erörterte Erwägung, daß der Umstand, dessentwegen der Vertrag enden soll, nicht von der vten Gefahr umfaßt sein und auch keine Gefahrerhöhung darstellen darf. Allerdings schließt die Klausel auch das mit dem Älterwerden verbundene Risiko von einer bestimmten Zeit an aus. Da jedoch ein Krankenvsvertrag auch mit einer nur begrenzten Laufzeit abgeschlossen werden kann und auch sonstige Risikobeschränkungen zulässig sind, so daß von vornherein das dann gegebene altersmäßig oder aus sonstigen Gründen bedingte erhöhte Risiko nicht unter die vte Gefahr fallen soll, muß dieser Zweifel zurückstehen. — Die Wahl des 65. Lebensjahres soll offenbar darauf hinweisen, daß in vielen Fällen mit Erreichen dieses Zeitpunktes die Berufstätigkeit aufgegeben wird (Ohrt S. 182). Das trifft indessen in vielen Fällen nicht zu. Sog. Selbständige pflegen oft weiterhin ihrem Erwerb nachzugehen und haben daher dann durchaus noch ein Interesse an einer Tagegeldv. Gemäß § 2 (2) a Ziff. 2 S. 2 GrB KT kann „der Tarif die Fortsetzung des Vertrages, auch zu neuen Bedingungen vorsehen", eine privatrechtlich selbstverständliche und daher im Rahmen der AVB überflüssige Bestimmung. Sie hat nur die aufsichtsrechtliche Bedeutung, daß der Ver in diesem Rahmen von den GrB KT abweichen darf. Je nach dem Inhalt der einschlägigen Tarifbestimmungen ist daher eine besondere Vereinbarung oder eine einseitige empfangsbedürftige Erklärung des Vmers gegenüber dem Ver erforderlich. Hierbei ist § 6 (1) a GrB KT zu beachten (vgl. dazu Anm. C 7). Die m a t e r i e l l e G e f a h r t r a g u n g und der p r ä m i e n b e l a s t e t e Z e i t r a u m enden gemäß § 4 (9) S. 1 u. 2 1. Halbs, bzw. § 3 (4) GrB KT mit Ablauf der Vsperiode, in der die betreffende Person das 65. Lebensjahr vollendet. [D 26] g) Vertragsbeendigung wegen Wegfalls einer Voraussetzung der Vsfähigkeit. Gemäß § 2 (2) a Ziff. 8 S. 1 GrB KT endet der Vertrag hinsichtlich der davon betroffenen Personen zum Schluß der Vsperiode, in der eine der im Tarif bestimmten Voraussetzungen für ihre Vsfähigkeit wegfällt. Handelt es sich dabei um den Vmer, so endet der Vertrag im ganzen. Diese Voraussetzungen können z. B. eine bestimmte berufliche Tätigkeit, den sonstigen Beschäftigungsbereich, den Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte oder den Wohnsitz zum Gegenstand haben. Die für die sog. Aufnahmefähigkeit gelegentlich vorausgesetzte Altersgrenze (Anm. G 4) kommt hier nicht in Betracht. Soweit mit dem Wegfall einer solchen Voraussetzung eine Gefahrerhöhung im Sinne der §§ 23 I, 27 I 1 W G verbunden ist — z. B. die betreffende Gefahrsperson übernimmt eine Tätigkeit, die mit einem erhöhten Krankheits- oder Unfallrisiko verbunden ist —, ist die Bestimmung unwirksam, da sie für den Vmer ungünstigere Rechtsfolgen vorsieht, als in den §§ 24—30 W G bestimmt ist (§ 34a W G ) . Diese gewähren dem Ver unter bestimmten Voraussetzungen nur ein Kündigungsrecht oder stellen ihn von seiner Leistungspflicht frei (Genaueres Abschn. F). — Tritt mit dem Wegfall der besonderen Voraussetzung für die Vsfähigkeit eine Gefahrverminderung ein — z. B. die Κ 104

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III. Ende des Vertrages 4. Aufhebungsvertrag

Anm. [D 27, D 28]

neue Tätigkeit gefährdet die betreffenden Gefahrsperson weniger stark —, oder ändert sich die Gefahr nicht oder nur unwesentlich (§ 29 W G ) , so endet der Vertrag; insoweit bestehen keine entgegenstehenden zugunsten des Vmers zwingende Bestimmungen. Das gleiche gilt, wenn die entfallende Voraussetzung die Gefahrslage nicht berührt, wie z. B. (in der Regel) die Veränderung des Wohnsitzes. Die materielle Gefahrtragung endet nach § 4 (9) S. 1 und 2 1. Halbs. GrB KT auch für schwebende Vsfälle mit dem formellen Ende des Vertrages, der prämienbelastete Zeitraum dagegen erst mit Ablauf der bei Eintritt des maßgeblichen Ereignisses laufenden Vsperiode (§ 3 (4) GrB KT). [D 27] g) Restfälle. Weitere Fälle einer Vertragsbeendigung ohne darauf gerichtete Willenserklärungen der Beteiligten können sich dann ergeben, wenn z. B. der Vsvertrag aufgrund eines Rahmenvertrages (Anm. Β 11) besteht und dieser aufgelöst wird oder wenn die Voraussetzungen entfidlen, unter welchen der Einzelvertrag aufgrund des Rahmenvertrages abgeschlossen werden konnte. Sofern der Einzelvertrag für diesen Tatbestand keine besonderne Bestimmungen enthält (solche waren in dem vom KG am 7. XI. 1931 VA 1932 S. 30—33 Nr. 2389 entschiedenen Fall gegeben), ist aus den ganzen Umständen, insbesondere aus der Art der Verknüpfung des Rahmenverttrages mit dem Einzelvertrag und dem Zweck des ersteren zu entnehmen, ob und in welcher Weise seine Beendigung Einfluß auf das Schicksal des Einzelvertrages nehmen soll (vgl. ζ. B. RG 11. XII. 1931 VA 1932 S. 23—24 Nr. 2383: Kündigung des Rahmenvertrages bewirkt Beendigung des Einzelvertrages erst mit Ablauf der für diesen vereinbarren Laufzeit). Je nachdem, mit welcher der üblichen Beendigungsformen dieser besondere Beendigungstatbestand verglichen werden kann, sind seine Rechtsfolgen, insbesondere auch im Hinblick auf die Dauer der materiellen Gefahrtragung (einschließlich der Haftung für schwebende Vsfälle, vgl. dazu Anm. D 19) und der technischen Vsdauer zu beurteilen. Im Falle der Auflösung eines Gruppenvsvertrages erlischt die V für alle Einzelrisiken grundsätzlich mit sofortiger Wirkung, da die V des einzelnen Risikos keine selbständige Laufzeit hat. Etwas anderes gilt nur, wenn das Einzelrisiko hinsichtlich der Prämie selbständig behandelt wird (vgl. im einzelnen Millauer S. 61). [D 28] 4. Aulhebungsvertrag. Der Vsvertrag kann ebenso wie jedes andere Schuldverhältnis analog § 305 BGB durch Vertrag ganz oder ζ. T. und auch mit Rückwirkung (ÖOGH 12. IV. 1950 VersRdsch 1950 S. 136—138 = VersSlg Nr. 18) aufgehoben werden (ζ. B. OGH 23. VI. 1950 OGHZ Bd. 4 S. 74—80, OLG Koblenz 9. III. 1951 VersR 1951 S. 164). Ein solcher Vertrag kann ausdrücklich oder stillschweigend Zustandekommen. Für ausdrücklich abgeschlossene Beendigungsverträge gilt hinsichtlich des Vertragsantrags und seiner Annahme das in Anm. C 18 Ausgeführte entsprechend (HansOLG 1. XII. 1950 VersR 1951 S. 53). Eine Verkehrssitte im Sinne des § 151 S. 1 BGB, wonach die Annahmeerklärung dem Antragenden gegenüber nicht erklärt zu werden braucht, besteht im Vsgewerbe nicht (HansOLG und OLG Koblenz a. a. O.). Jedoch ist ein (nach § 151 S. 1 BGB gleichfalls möglicher) Verzicht auf die Annahmeerklärung darin zu sehen, daß der Vmer in seinem Antrage äußert, er wolle mit dem Ver nichts mehr zu tun haben (OGH a. a. O.). Das gleiche gilt in dem häufigeren Falle, daß der Vmer eine fristlose, verspätete, formungültige oder aus sonstigen Gründen unwirksame Kündigung ausspricht, mit der der Ver einverstanden ist. Hier ist zwar die Willenserklärung des Kündigenden als Kündigung wirkungslos, sie kann aber u. U. gemäß § 140 BGB in einen Antrag auf Vertragsaufhebung umgedeutet werden (RG 9. I. 1934 RGZ Bd. 143 S. 124—130, Förstenberg S. 46—47). Auf seine Annahme hat der Erklärende von vornherein verzichtet, da er der Auffassung ist, daß er das Vertragsverhältnis durch seine einseitige Willenserklärung beendigen kann. Etwas anderes gilt nur, wenn er um eine „Bestätigung" der Vertragsbeendigung ersucht hat. Nach h. M., die allerdings abzulehnen ist (Anm. D 35), ist der Ver in der Regel Wriede

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Kranken vers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 29]

gehalten, unwirksame Kündigungen des Vmers zurückzuweisen, sobald er ihren Mangel erkennt, sonst muß er sich so behandeln lassen, als sei 'wirksam gekündigt worden (ζ. B. OLG Köln 29. V. 1929 JRPV 1929 S. 305, OLG Düsseldorf 16. XI. 1933 JRPV 1934 S. 143—144, 27. VII. 1954 YersR 1954 S. 587—588, LG Berlin 1. IV. 1957 VersR 1957 S. 510—511, Pfeiffer S. 292—293, zweifelnd Prölss-Martin 18 Anm. 5 F zu § 8 S. 102, a. A. Bd. 1 Anm. 29 zu § 8 S. 230). Die h. M. bewertet mithin — ohne diese Konsequenz zum Ausdruck zu bringen — das Schweigen des Vers als nicht empfangsbedürftige Annahmeerklärung gegenüber der in eine Offerte zur Vertragsbeendigung umgedeuteten unwirksamen Kündigungserklärung des Vmers, und zwar auch dann, wenn diese Wertung nicht dem wahren Willen des Vmers entspricht. Eine Anfechtung dieser Annahmeerklärung gemäß § 119 I 1. Fall BGB wird dem Ver nach dieser Auffassung verwehrt sein. Eine einverständliche Vertragsaufhebung durch schlüssiges Verhalten hat die Rechtsprechung z. B. darin gesehen, daß der Vmer dem Ver mitgeteilt hatte, das Gebäude, das Gegenstand des vten Risikos war, sei zerstört, er halte eine weitere Prämienzahlung nicht mehr für erforderlich, und der Ver darauf 3 Jahre lang geschwiegen hatte (OLG Hamm 9. III. 1950 VersR 1950 S. 85, a. A. BGH 24.1.1951 VersR 1951 S. 76). In gleichem Sinne ist der Fall beurteilt worden, daß der Vsvertrag durch Währungsverfall gegenstandslos geworden war und danach beide Teile jahrelang nichts mehr unternommen hatten (RG 12. I. 1932 VA 1932 S. 26 Nr. 2385, a. A. KG 31. 1.1931 VA 1931 S. 20—22 Nr. 2249). Dagegen ist nicht schon dann eine Vertragsaufhebung anzunehmen, wenn der Vmer nur jahrelang keine Prämien mehr zahlt (RG 15. V. 1942 JRPV 1942 S. 140, OGH a. a. O., OLG München 2. IX. 1949 VersR 1950 S. 8, a. A. OLG Celle 10. VII. 1934 VA 1934 S. 207—208 Nr. 2710). Der Aufhebungsvertrag bedarf nicht der für den Abschluß des Vsvertrages etwa vorgesehenen Form (RG 23. III. 1907 RGZ Bd. 65 S. 390 — für § 313 BGB —, OGH a. a. O.) ; auch sind die in den AVB etwa vorgesehenen Formvorschriften für die Abgabe wirksamer Willenserklärungen (so §§ 4 Ziff. 1 NoB, 6 (l)aGrB, 16 MB KK) nicht anzuwenden (OGH a. a. O.). Die formelle Beendigung des Vertrages tritt mangels näherer Vereinbarung (bei Umdeutung unwirksamer Kündigungserklärungen in Aufhebungsofferten wird sie sich aus diesen ergeben) analog § 271 I BGB sofort ein. Das Ende der materiellen Gefahrtragung bestimmt sich ohne nähere Vereinbarung hierüber nach den allgemeinen Grundsätzen (Anm. D 16). Waren für den Vertrag die NoB maßgeblich, so hat es mit diesen Grundsätzen sein Bewenden; die §§ 6 Ziff. 2, 7 Ziff. 2 S. 2 NoB gelten nur für Kündigungsfälle und können auf Aufhebungsvereinbarungen nicht ausdehnend oder analog angewandt werden, außer wenn die in einen Antrag auf Aufhebung umzudeutende Kündigungserklärung ersichtlich hierauf Bezug nimmt und sie vom Ver ausdrücklich oder stillschweigend angenommen wird. Dann gelten diese Bestimmungen kraft Vereinbarung. Dagegen haben die Bestimmungen der §§ 4 (11) S. 2 u. 3 GrB KK und KH sowie 4 (9) S. 2 1. Halbs. GrB KT und § 7 MB KK über das Ende der materiellen Gefahrtragung generellen Charakter und sind daher auch für eine Vertragsbeendigung durch Aufhebungsvertrag anzuwenden (vgl. ferner Anm. D 19). Das technische Ende wird im Zweifel mit dem Ende der materiellen Gefahrtragung zusammenfallen (KG 5. II. 1930 JRPV 1930 S. 135, Bd. 1 Anm. 20 zu § 40 S. 519). § 9 Ziff. 2 S. 4 NoB kommt nicht in Betracht außer im Falle einer „angenommenen" (unwirksamen) Kündigung, die auf § 6 Ziff. 1 I NoB gestützt wird. Bei Verträgen auf der Grundlage der GrB gilt § 3 (4) GrB uneingeschränkt; ebenso § 8 (6) MB KK für darauf sich beziehende Verträge. [D 29] 6. Kündigung. a) Begriff und Wirkung. Die Kündigung (abgekürzt: Künd) ist der wichtigste Beendigungstatbestand des Vsvertrages. Der zur Künd berechtigte Vertragsteil kann den Vertrag durch einseitige, empfangsbedürftige (§§ 130—132 BGB) Willenserklärung für die Zukunft beendigen (RG 19. VI. 1917 RGZ Bd. 90 S. 330), während die bis dahin eingetretenen Rechtswirkungen grundsätzlich unberührt bleiben. Zuweilen hat die Künd auch nur eine teilK 106

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III. Ende des Vertrages 5. Kündigung

Anm. [D 30, D 81]

weise Beendigung des Vertrages zur Folge (vgl. § 30 I u. II W G ; § 7 Ziff. 1 NoB; §§ 2 (2)b Ziff. 3, c Ziff. 3, 6 (2)b GrB KK; § 2 (2 c Ziff. 3 GrB K H u . GrB KT, §§ 13 (2)—(5), 14 (3) MB KK). Die Abgabe der Künderklärung steht im Belieben des Berechtigten, es besteht deswegen weder Rechtspflicht noch handelt es sich dabei um die Beachtung einer Obliegenheit (RG 12. X. 1917 NeumannsZ 1917 S. 464). Ausnahmsweise kann die Ausübung des Kündrechts rechtsmißbräuchlich und daher unwirksam sein (z. B. LG Hamburg 31. III. 1939 JRPV 1939 S. 239—240). — Die Künd (ihre Berechtigung vorausgesetzt) wird wirksam mit Zugang der Erklärung (§§ 130—132 BGB) beim Vertragsgegner, ggf. seinem Vertreter, nicht erst mit Ablauf des betreffenden Tages. — Die aufgrund einer Künd herbeigeführte Vertragsbeendigung oder Teilbeendigung kann nicht einseitig rückgängig gemacht werden (RG 29. X. 1910 J W 1911 S. 39), jedoch kann in der Zustimmung des anderen Teils mit einem solchen Widerruf, die auch stillschweigend, z. B. durch Zahlung bzw. Entgegennahme der weiteren Prämien erfolgen kann, ein Neuabschluß oder die Vereinbarung der Fortsetzung des alten Vertrages, d. h. die Beseitigung der durch die Künd bereits eingetretenen Rechtswirkungen gesehen werden (ÖOGH 14. XI. 1963 VersR 1964 S. 599, LG Köln 26. IX. 1952 VersR 1955 S. 474, AG Dortmund 18. V. 1954 VersR 1954 S. 412, Förstenberg S. 44—46). [D 30] b) Kündigungsfälle. Das Kündrecht besteht kraft Gesetzes, einer gesetzesgleichen Rechtsnorm oder eines Vertrages, insbesondere der AVB. Von wesentlicher Bedeutung für die Rechtsanwendung ist die Unterscheidung zwischen ordentlichem und außerordentlichem Kündrecht. Das erstere setzt keinen speziellen Kündgrund voraus, während das letztere einen besonderen Tatbestand erfordert, ohne den diese Künd — jedenfalls als außerordentliche — wirkungslos ist (Genaueres über die einzelnen Kündfälle Anm. D 38—42 u. 44—46). In diesem Falle kam die außerordentliche Künd u. U. in eine ordentliche umgedeutet werden, wenn deren weitere Voraussetzungen (Anm. D 37, 43) gegeben sind und der Kündigende seine Künd erkennbar mindestens hilfsweise als ordentliche gewollt hat. Das wird in der Regel wohl nur dann angenommen werden können, wenn der von ihm zum Anlaß seiner Künd genommene Sachverhalt die außerordentliche Künd nicht rechtfertigt (Molitor a. a. O. S. 256—257). [D 31] c) Kündigungserklärung, aa) Inhalt. Die Künderklärung muß den Willen des Erklärenden zur Vertragsbeendigung für einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt (über eine insoweit bestehende Ausnahme vgl. Anm. D 40, zur Frage der Angabe des Zeitpunktes vgl. LG Köln 25. III. 1971 VersR 1973 S. 26) unmißverständlich zum Ausdruck bringen. Sie muß ferner ergeben, welcher Vertrag, insbesondere wenn mehrere bestehen (vgl. auch Anm. D 19 für sog. Zusatzverträge), ggf. welcher (persönliche oder sachliche) Teil eines Vertrages beendet werden soll (vgl. z. B. Starke VersR 1950 S. 142). Die Verwendung des Wortes „Künd" genügt insoweit, ist aber nicht unbedingt notwendig, wenn nur der entsprechende Wille aus der Erklärung entnommen werden kann, wobei auch sonstige Umstände des Falles mit zu berücksichtigen sind (RG 4. XII. 1917 RGZ Bd. 91 S. 308—309, OLG Hamm 24. I. 1927 VA 1927 S. 71 Nr. 1716, OLG Köln 1. VI. 1938 VA 1938 S. 196 Nr. 3060, LG Düsseldorf 8. VI. 1951 VA 1951 S. 125, KG 7. XII. 1938 JRPV 1939 S. 91 — bedenklich). Die Androhung einer Künd genügt nicht (AG Stuttgart 18. II. 1952 VersR 1952 S. 160, LG Stuttgart 7. IV. 1951 VersR 1951 S. 162 — wegen der Frage der Eindeutigkeit der Künderklärung sehr bedenklich) ebensowenig die bloße Einstellung der Prämienzahlung (LG Düsseldorf 8. VI. 1951 VA 1951 S. 125). Eine als Anfechtung oder Rücktritt bezeichnete, oder ihrem ganzen Inhalt nach zu verstehende Erklärung kann nicht in eine Künd umgedeutet werden, da jene Rechtsbehelfe (vgl. Anm. D 47 u. 48) eine davon ganz verschiedene Bedeutung haben (OLG Köln 5. V. 1937 VA 1937 S. 185 Nr. 2993, KG 9. II. 1929 JRPV 1929 S. 145, a. A. OLG Celle 19. VI. 1952 VersR 1952 S. 284). Die Künd kann nicht vom Eintritt oder Ausbleiben einer Bedingung abhängig gemacht werden, in Wriede

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Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 32, D 33]

diesem Falle ist sie wirkungslos (gesetzliche Ausnahme: § 39 III 2 W G ; vgl. ferner RG 27. II. 1923 RGZ Bd. 106 S. 333: gleichzeitiges Angebot zur Fortsetzung des Vertrages mit erhöhten Prämien beeinträchtigt Wirksamkeit der Künd nicht). Wohl aber kann sie die Erklärung enthalten, daß, falls der zunächst ins Auge gefaßte Vorgang nicht zur Künd berechtige, ein anderer Rechtsbehelf — etwa eine ordentliche Künd — geltend gemacht werde. Sie kann auch zur Vertragsaufhebung führen, wenn sich der andere Teil damit einverstanden erklärt (contrarius consensus vgl. Anm. D 27). [D 32] fob) Form. Die Künderklärung ist grundsätzlich formfrei (gesetzliche Ausnahme: Künd des Vers gemäß § 39 III 2 W G muß gem. 1 1 schriftlich erfolgen), so daß sie auch mündlich ausgesprochen werden könnte. Soweit v e r t r a g l i c h Schriftform (vielfach auch eingeschriebener Brief) vorgesehen ist (§§ 4 Ziff. 1 u. 3, 6 Ziff. 1 NoB, 6 (l)b GrB, 16 MB KK) ist gemäß § 127 BGB eigenhändige Unterschrift oder telegrafische Übermittlung erforderlich. Jedoch darf der Ver sich für seine schriftlichen Künderklärungen einer gedruckten oder gestempelten faksimilierten Unterschrift bedienen (§ 39 I 1 VVG, RG 27. II. 1923 RGZ Bd. 106 S. 330—333). Nichtbeachtung der Formvorschriften macht die Künderklärungen unwirksam, und zwar in der Regel auch dann, wenn die Form nur vertraglich vereinbart wurde (§ 125 BGB). Darauf, daß der Brief abredewidrig nicht eingeschrieben war, kann sich der Empfänger nicht berufen, wenn ihm der Brief fristgerecht zugegangen ist. Denn im allgemeinen wird mit der Vereinbarung, daß eine Willenserklärung durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen habe, nur der Zweck verfolgt, den Nachweis der Absendung sicherzustellen, so daß auch einfache schriftliche Mitteilungen, die den Empfänger erreicht haben, genügen (RG 23. IX. 1911 RGZ Bd. 77 S. 70, 9. III. 1920 RGZ Bd. 98 S. 235). Wenn jedoch in § 6 Ziff. 1 NoB und in § 6 (l)b GrB die Form des Einschreibebriefes nur für die Erklärungen des Vers, nicht aber auch für die des Vmers gefordert wird, so muß das analog § 154 II BGB dahin verstanden werden, daß diese Form Wirksamkeitsvoraussetzung sein soll (wohl ebenso Bd. 1 Anm. 13 zu § 20 S. 346, Anm. 34 zu § 8 S. 233). Das gilt nicht, soweit es sich um gesetzliche Kündrechte des Vmers handelt, die zu seinen Gunsten zwingend sind und formlos ausgeübt werden dürfen, so das Kündrecht gemäß § 8 II W G (§ 15a W G ) , vgl. Anm. D 35. [D 33] cc) Beteiligte Personen. aaa) Kündigung durch den Ymer. Der Vmer kann selbst oder durch eine von ihm dazu bevollmächtigte Person — in diesem Falle ist § 174 BGB zu beachten — kündigen (bei Vertretung ohne Vertretungsmacht vgl. §180 BGB); besteht beschränkte Geschäftsfähigkeit (§§106, 114 BGB), so bedarf er der vorherigen Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters (§§ 107, 111 BGB); ein geschäftsunfähiger Vmer (§ 104 BGB) kann nur durch seinen gesetzlichen Vertreter kündigen. Entsprechendes gilt im Falle gesetzlicher Verwaltung (Konkursverwaltung, Testamentsvollstreckung). Juristische Personen handeln durch ihre Organe. Andere Vertragsbeteiligte, insbesondere Vte und (bloße) Gefahrspersonen (Abschn. H) können nicht kündigen (insoweit mißverständlich § 6 Ziff. 2 NoB). Über die Belehrungspflicht des Vers in solchem Falle vgl. AG Köln 7. II. 1941 JRPV 1941 S. 70 (bedenklich), vgl. ferner Anm. D 36. A d r e s s a t u n d E m p f ä n g e r der Künderklärung ist der Ver, und zwar ein Vorstandsmitglied allein auch dann, wenn nur mehrere gemeinschaftlich vertretungsberechtigt sind (§§ 78 II 2 AktG, 34 I 2 VAG). Wirksam ist auch der Zugang bei vom Vorstand mit der Bearbeitung des Vertrages betrauten (vgl. BGH 29. V. 1970 VersR 1970 S. 660) oder zum Empfang von Willenserklärungen bevollmächtigten Personen, z. B. den mit sog. Postvollmacht (§ 40 III PostO) ausgestatteten Angestellten. Kraft Gesetzes ist daneben jeder Abschluß- und Vermittlungsagent des Vers empfangsberechtigt (§ 43 Ziff. 2 W G ) . Diese gesetzliche Vertretungsmacht kann gemäß § 47 W G eingeschränkt werden. Davon machen die AVB durchweg Gebrauch. Die Künderklärung muß aber

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Anm. [D 34]

III. Ende des Vertrages 5. Kündigung

stets an den Ver selbst gerichtet sein. Ist sie an den Agenten gerichtet, so ist sie unwirksam, wenn nicht ihrem ganzen Inhalt entnommen werden muß, daß sie für den Ver bestimmt sein soll (bedenklich LG Berlin 16. IV. 1956 VersR 1957 S. 12). § 4 Ziff. 1 NoB, § 6 (1) a u. c GrB, § 16 MB E E sehen für Willenserklärungen des Vmers gegenüber dem Ver bestimmte Empfangspersonen (Vorstand, Hauptverwaltung, „zuständige Geschäftsstelle") vor. Die dadurch herbeigeführte Beschränkung der Vertretungsmacht der Vsagenten ist nur im Rahmen des § 47 W G wirksam (vgl. hierzu Bd. 1 Anm. zu §47 S. 1101—1118). Als „ z u s t ä n d i g e G e s c h ä f t s s t e l l e " wird im allgemeinen die von der zentralen Verwaltung des Vers getrennte Verwaltungsstelle oder Person aufzufassen sein, an die der Vmer seine Prämien zu entrichten hat und bei der er seine Leistungsansprüche geltend machen kann (unbeschadet der Tatsache, ob diese dort oder — wie vielfach üblich — in der Zentrale geprüft werden), bei der also kurz gesagt sein „Konto geführt" wird (vgl. BGH 29. V. 1970 VersR 1970 S. 660). Eine von einer solchen Stelle lediglich mit dem Inkasso beauftragte Person ist nicht Geschäftsstelle in diesem Sinne. Falls die Geschäftsstelle — z. B. in Bezirken mit geringem Bestand — mit dem Vermittlungsagenten identisch ist, kann dem Vmer daraus im Hinblick auf § 6 (l)c GrB kein Nachteil erwachsen: Seine Künderklärung ist mit ihrem Eingang dort wirksam zugegangen (BGH a. a. O.; ebenso Bd. 1 Anm. 32 zu § 8 S. 231). — Sofern die Künderklärung danach zunächst einer nicht empfangsbevollmächtigten und erst später einer hierzu legitimierten Person zugegangen ist, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich. Jene andere Person war dann nur Bote (bedenklich LG Marburg 2. III. 1963 VersR 1963 S. 1191 : Ver müsse Künd, die Agent angenommen habe, zurückweisen). Geht die Künderklärung nicht dem Vorstand oder (soweit zugelassen) der „zuständigen Geschäftsstelle" zu, sondern einem sonst vom Vorstand zur Empfangsnahme Bevollmächtigten, so ist sie dem Ver trotz der einschränkenden Bestimmungen der AVB wirksam zugegangen. In diesem Zusammenhang genügt auch eine sog. Anscheinsvollmacht, die aber hinsichtlich eines Agenten in der Regel nicht gegeben sein wird, wenn seine gesetzliche Vertretungsmacht wirksam ausgeschlossen ist (LG Marburg 2. III. 1963 VersR 1963 S. 1191). Der B e w e i s für das Zugehen der Künderklärung und ihren Inhalt obliegt dem Vmer. Es besteht bei Einschreibsendungen eine Vermutung dafür, daß der Brief dem Adressaten zugegangen ist (Prölss-Martin18 Anm. 4 zu § 39 S. 228 mit weiteren Nachweisen, a. A. mit sehr angreifbarer Begründung BGH 27. V. 1957 BGHZ Bd. 24 S. 308, 312, VersR 1957 S. 442, 25.1.1968 VersR 1968 S. 241, dagegen z. B. J. Prölss, Beweiserleichterungen im Schadensersatzprozeß, Karlsruhe 1966, S. 18). [D 34] bbb) Kündigung durch Ter. Der Ver kann sein Kündrecht durch den Vorstand, durch von diesem bevollmächtigte Personen — hierbei ist § 174 BGB zu beachten — oder durch den Abschlußagenten (§ 45 W G ) , dessen Vollmacht nicht insoweit eingeschränkt ist (§47 W G ) , ausüben. Die Künd durch ein von mehreren nur gemeinsam zeichnungsberechtigten Vorstandsmitgliedern ist wirksam, wenn es entsprechend bevollmächtigt war (OLG Hamburg 5. V. 1960 VersR 1961 S. 1010). Bei Vertretung ohne Vertretungsmacht vgl. § 180 BGB. Von mehreren an e i n e m Vertrage beteiligten Vern kann jeder für seinen Anteil kündigen (RG 19. VI. 1917 RGZ Bd. 90 S. 330). — Adressat und E m p f ä n g e r der Erklärung ist nur der Vmer, auch wenn es sich um eine V für fremde Rechnung handelt oder weitere Gefahrspersonen neben dem Vmer in den Vertrag einbezogen sind. Ist der Vmer geschäftsunfähig (§104 BGB), so muß die Künderklärung an seinen gesetzlichen Vertreter gerichtet werden und diesem auch zugehen (§ 131 I BGB); ist der Vmer beschränkt geschäftsfähig, so gilt das gleiche (§ 131 II 1 BGB), und zwar auch dann, wenn der gesetzliche Vertreter dem Vertragsschluß zugestimmt hatte (BGH 17. VI. 1967 BGH Ζ Bd. 47 S. 353= VersR 1967 S. 569, 570f; ferner auch Rohde VersR 1960 S. 295 u. Weimar VersR 1960 S. 391 zu dem gleichliegenden Fall der Mahnung gem. § 39 W G ) oder wenn der Minderjährige im Haushalt seines gesetzlichen Vertreters wohnt, so daß dieser von der Künd hätte Kenntnis nehmen können (OLG Düsseldorf 9. V. 1961 VersR 1961 S. 878). Wirksamer Zugang der Künd beim beschränkt geschäftsfähigen Vmer ist nur dann möglich, wenn sein gesetzlicher Vertreter seine Einwilligung (§183 BGB) auch zur AbWriede

Κ 109

Krankenvers. D. Dauer des Yertr.

Anm. [D 85, D 36]

wicklung des Vertrages erteilt hatte. Diese ist nicht schon darin zu sehen, daß der gesetzliche Vertreter dem Vertragsschluß zugestimmt hatte (BGH a. a. O., LG Verden 17. II. 1959 MDR 1959 S. 665—666, Weimar VersR 1960 S. 391, a. A. Rohde VersR 1960 S. 295—296). — Schwere Erkrankungen oder vorübergehende geistige Störungen stehen der Annahme nicht entgegen, daß eine Künd dem Erkrankten zugegangen ist (OLG Celle 4.1.1935 JRPV 1935 S. 303). Nach dem Tode des Vmers ist die Künd, soweit der Vertrag nicht durch den Tod aufgelöst wird, an seine Erben oder den gesetzlichen Verwalter des Nachlasses zu richten. — Im Falle einer dem Ver nicht bekannt gewordenen Wohnungsänderung (zu diesemBegriff vgl. OLG Koblenz 20. IX. 1967 VersR 1967 S. 1061, 1062) ist § 10 W G beachtlich: Die Künd gilt mit Eintreffen eines an die letzte dem Ver bekannte Anschrift gerichteten Einschreibebriefes als zugegangen. — Hinsichtlich der B e w e i s l a s t gilt das in Anm. D 32 a. E. Ausgeführte sinngemäß. [D 35] d) Rechtzeitigkeit und Befristung der Kündigung. Die Künderklärung muß vielfach, insbesondere bei außerordentlicher Künd innerhalb einer bestimmten Frist nach Eintritt eines bestimmten Zeitpunktes erklärt werden, d. h. dem anderen Teil bis dahin zugehen (§§ 130—132 BGB), wenn sie die gewollte Wirkung auslösen soll, so z. B. in dem Fall der §§6 12, 24 II, 27 I 2, 30 II W G , 7 Ziff. 1 NoB, 2 (2) c Ziff. 2 S. 2 GrB, 13 (3) S. 2 (5) MB KK. Der Beginn und der Lauf dieser Frist bestimmen sich nach den §§ 187 I, 188 II u. III, 193 BGB. Wird sie, wenn auch nur geringfügig, überschritten, ist die Erklärung als Künd wirkungslos (LG Hamburg 10. III. 1937 JW 1937 S. 1166 = JRPV 1937 S. 176), sie kann u. U. in eine Offerte zur Vertragsauflösung umgedeutet werden, die der andere Teil (auch stillschweigend) annehmen kann (Anm. D 28). Obwohl danach die Künd innerhalb einer Ausschlußfrist zu erklären ist, kommt eine Nachsicht bei schuldloser Fristversäumung, wie sie z. B. im Falle des § 12 III W G von der h. M. angenommen wird (z. B. BGH 8. II. 1965 BGHZ Bd. 43 S. 235, 236—239 = VersR 1965 S. 425, 426, Bd. 1 Anm. 43—47 zu § 12 S. 271—273), hier nicht in Betracht, da die für diese Ansicht ins Feld geführten Erwägungen (Entstehungsgeschichte des § 12 III W G , Verwandtschaft mit den Obliegenheiten) hier nicht Platz greifen. Bei Ausübung von Kündrechten ist (z. T. neben dem vorstehend erwähnten zeitlichen Moment) vielfach weiter beachtlich, daß zwischen dem Zugang der Erklärung und dem Eintritt der Kündwirkung ein bestimmter Mindestzeitraum — die sog. K ü n d f r i s t — liegen muß (z. B. §§ 24 I 2, 41 II 1 W G , 6 Ziff. 1 I 1, II NoB, 2 (2)b Ziff. 1 u. 2 GrB, 13 (1) u. (4) MB KK). Von dieser Künd unterscheidet man die „fristlose" Künd, deren Wirkung sogleich (mit Zugang) eintritt. Die Erklärung der befristeten Künd muß dem Empfänger spätestens am Tage vor Fristbeginn zugehen. Umstritten ist, was zu gelten hat, wenn dieser Tag ein Sonnabend, Sonn- oder gesetzlicher Feiertag ist, die Monatsfrist also z. B. am 2. Mai zu laufen beginnt. Mit der h. M. (AG Hamburg 19. I. 1951 VersR 1951 S. 125, AG München 23. IV. 1951 VersR 1951 S. 204, LG Köln 20. II. 1953 VersR 1953 S. 185, Molitor a. a. O. S. 192—194, Prölss-Martin 18 Anm. 5 Β zu § 8 S. 100, a. A. Bd. 1 Anm. 29 zu § 8 S. 230, AG Osnabrück 11. XII. 1941 JRPV 1942 S. 60) wird anzunehmen sein, daß grundsätzlich (über Ausnahmen Molitor a. a. O.) § 193 BGB analog anzuwenden ist, so daß die Künd noch rechtzeitig ist, wenn sie am darauffolgenden Werktag, im Beispiel am 2. Mai, zugeht. Für die Berechnung der Frist, vor deren Beginn sie zugehen muß, sind die §§ 187—188 BGB maßgebend. Der Beweis für die Rechtzeitigkeit der Künd und die Einhaltung der Kündfrist obliegt dem Kündigenden. Wegen des Nachweises des (rechtzeitigen) Zugangs vgl. Anm. E 22. [D 36] e) Rechtslage bei unwirksamer Kündigung des Ymers. Im Privatvsrecht ist — anders als in allen anderen Rechtsgebieten — die Auffassung verbreitet, der Ver sei gehalten, „unvollständige, formunwirksame, verfrühte oder aus anderen Gründen ungültige (ordentliche oder außerordentliche) Kündigungen zurückK 110

Wriede

III. Ende des Vertrages 5. Kündigung

Anm. [D 36]

zuweisen, sobald er deren Mängel bei Anwendung verkehrsüblicher Sorgfalt erkannt hat, sonst muß er sich behandeln lassen, als sei wirksam gekündigt" (Prölss-Martin18 Anm. 5 F zu § 8 S. 102, neuerdings noch LG Dortmund 23. XII. 1968 YersR 1969 S. 654—656). Die letztere Schlußfolgerung ist abzulehnen (ausführlich Wriede, VersR 1965 S. 9—12). Die Künd als einseitiges Rechtsgeschäft bedarf für ihre Wirksamkeit grundsätzlich keiner Mitwirkung des Gegners. Von der erwähnten Rechtsmeinung sind von vornherein solche Künd auszuscheiden, die infolge fehlender Geschäftsfähigkeit, mangels Vollmacht oder aufgrund von Willensmängeln unwirksam sind. Sie können auch durch Zustimmung des Vers keine Wirkungen entfalten. Jene Ansicht betrifft Fälle, in welchen das beanspruchte Kündrecht nicht besteht oder nicht form- oder fristgerecht ausgeübt worden ist. Die Unwirksamkeit dieser Künd kann auch durch das Verhalten des Vers nicht geheilt werden. Es kommt nur in Betracht, daß die Künd auf einen späteren Zeitpunkt wirkt oder daß sie zugleich als Offerte zum Abschluß eines Aufhebungsvertrages (Anm. D 28) ausgelegt oder in eine solche gemäß § 140 BGB umgedeutet werden kann (RG 9. 1.1934 RGZ Bd. 143 S. 124—130, BGH 15. XII. 1955 BGHZ Bd. 19 S. 269, RGR-Komm. Anm. 3 zu § 140 S. 481), die der Ver dann seinerseits ausdrücklich oder stillschweigend annehmen kann. Wirkung auf einen späteren Zeitpunkt kann nur angenommen werden, wenn die Künderklärung nach den ganzen z. Zt. ihrer Abgabe dem Ver erkennbaren Umständen des Falles die Auslegung zuläßt, daß der Vmer das Vertragsverhältnis auf alle Fälle durch Künd aufgelöst sehen will (z. B. LG Düsseldorf 15. I. 1964 VersR 1964 S. 741; bedenklich AG Fürth 26. IX. 1968 VersR 1968 S. 1054—1055) und nicht nur für den primär ins Auge gefaßten Zeitpunkt (z. B. LG Berlin 22. V. 1951 VersR 1951 S. 163). Nur wenn die Erklärung als Offerte zur Vertragsaufhebung aufgefaßt werden kann, kommt es auf das Verhalten des Vers an. Dabei ist jedoch zu beachten, daß sein Schweigen nicht ohne weiteres als Annahmeerklärung gewertet werden kann. Nur ausnahmsweise ist es in diesem Sinne zu verstehen, wenn nämlich mit Rücksicht auf Treu und Glauben im Hinblick auf ein bestehendes Vertragsverhältnis oder sonstige besondere Umstände eine Verpflichtung, die ablehnende Entscheidung mitzuteilen, begründet wird und diese Mitteilung unterbleibt. Schweigen kann insbesondere dann in der Regel nicht als Zustimmung gelten, wenn es sich um eine Änderung bestehender Vertragsverhältnisse oder unbegründete Zumutungen oder Ansprüche handelt. Eine Künd ohne Einhaltung der vorgesehenen Kündfrist stellt eine unbegründete Zumutung dar. Auf eine solche zu antworten und die Nichtbeantwortung als Zustimmung gelten zu lassen, ist der Ver weder durch die Rücksicht auf Treu und Glauben noch nach der Verkehrssitte noch aus irgendwelchen anderen Gründen genötigt (RG 19. I. 1915 VA 1915 Nr. 860 S. 10, vgl. auch BGH 4. IV. 1951 BGHZ Bd. 1 S. 354). Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob nicht der Ver aufgrund des bestehenden Vertragsverhältnisses doch verpflichtet ist, den Vmer auf die Unwirksamkeit seiner Künd aufmerksam zu machen und welche Rechtsfolgen eintreten, wenn er dieser Verpflichtung zuwiderhandelt. Man wird in der Tat den Ver angesichts des in besonderem Maße von Treu und Glauben beherrschten Vsvertragsverhältnisses in diesem Sinne für verpflichtet halten müssen, damit der Vmer vor Nachteilen bewahrt wird. Eine Pflicht zur Belehrung über die bestehenden Kündmöglichkeiten besteht aber nicht. Eine Verletzung dieser aus dem Vertragsverhältnis fließenden Nebenpflicht macht den Ver ersatzpflichtig: Er hat den Vmer so zu stellen, als wenn er ihn pflichtgemäß (d. h. auch in angemessener Frist) auf die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Künd hingewiesen hätte. Der eingetretene Schaden kann durchaus verschieden geartet sein. So kann es sein, daß der Vmer dann einen anderen Vertrag überhaupt nicht oder nicht vorzeitig abgeschlossen hätte, so daß der Ver ihm die dafür „umsonst" aufgewandte Prämie ersetzen muß. Es kann auch so liegen, daß der Vmer bei Belehrung eine andere Kündmöglichkeit des gleichen Vertrages wahrgenommen hätte. Dann müßte der Ver ihn so stellen, als wenn er den Vertrag zu diesem Termin gekündigt hätte. Die B e w e i s l a s t für die Tatsachen, die die Wirksamkeit der Künd auf den gewollten oder einen anderen Termin oder das Zustandekommen eines Aufhebungsvertrages begründen sollen, fällt dem Vmer zu, der geltend macht, daß der Vertrag beendet sei. Sie kann auch dem Ver obliegen, wenn dieser sich auf die Vertragsbeendigung zu einem bestimmten Zeitpunkt beruft. Wriede

Κ 111

Anm. [D 37]

Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

[D 37] f) Kündigungsrechte des Vmers. aa) Ordentliche Kündigung. Die ordentliche Künd eines Dauerschuldverhältnisses setzt keinen speziellen Kündtatbestand voraus. Es sind nur gewisse Fristen zu beachten. Gemäß § 8 II 1 W G kann ein auf unbestimmte Zeit eingegangener Ysvertrag von jedem Vertragsteil nur für den Schluß der laufenden Vsperiode gekündigt werden. Diese Künd ist, da sie an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft ist, als ordentliche zu qualifizieren (Bd. 1 Anm. 16 zu § 8 S. 225). Als auf unbestimmte Zeit eingegangen sind solche Verträge anzusehen, deren Dauer nicht von vornherein nach dem Kalender bestimmt werden kann oder sonst bestimmbar erscheint, so z. B. nicht, wenn der Vertrag für die Dauer einer bestimmten vorübergehenden Veranstaltung oder Tätigkeit gelten soll (OLG Bremen 27. VI. 1961 VA 1961 S. 203). Dagegen ist ein auf Lebenszeit einer oder mehrerer Personen abgeschlossener Vertrag als für unbestimmte Zeit eingegangen anzusehen (Bd. 1 Anm. 15 zu § 8 S. 225 gegen Ehrenzweig S. 101) und daher gemäß § 8 II 1 W G ordentlich kündbar. Dieses Recht und seine nähere Modifikation in S. 2 u. 3 ist zugunsten des Vmers zwingend (§ 15 a W G ). Die Stellung des Vmers erschwerende Vereinbarungen sind daher nichtig. Gemäß § 6 Ziff. 1 I NoB ist zur Beendigung des Vertrages, der sich nach Ablauf der vorgesehenen Vertragsdauer aufgrund der dort normierten sog. Verlängerungsklausel stillschweigend jeweils um ein Jahr verlängert, eine Künd erforderlich. Diese Konstruktion des Vertrages als eines sich jeweils um ein Jahr verlängernden ändert nichts an der praktischen Konsequenz, daß er als auf Lebenszeit (§ 5 Β Ziff. 1 Nr. 5 NoB) und damit als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen anzusehen ist. Das Kündrecht ist damit als ordentliches zu werten. Die Künd kann jederzeit, d. h. auch schon Jahre vor dem Kündtermin erklärt werden, jedoch muß zwischen dem Zugang der Erklärung und diesem Termin die Frist von einem Monat eingehalten werden (Genaueres zur Fristbestimmung Anm. D 35). — Für die Künderklärung des Vmers soll Schriftform erforderlich sein (S. 2, ebenso § 4 Ziff. 1 NoB). Das steht zum halbzwingenden Inhalt des § 8 II W G in Widerspruch und ist daher unwirksam (Bd. 1 Anm. 34 zu § 8 S. 233, Prölss-Martin18 Anm. 5 C zu § 8 S. 101). Es genügt mündliche oder fernmündliche Kündigung. — Wird der Vertrag nicht gekündigt, so dauert er als idem zu den gleichen Vertragsbedingungen fort. Die vorvertragliche Anzeigepflicht ist daher nicht erneut zu beachten (RG 26. IV. 1921 VA 1922 Anh. S. 29 Nr. 1255), die nach der Verlängerung fällige Prämie ist Folgeprämie gemäß § 39 W G (OLG Dresden 29.1.1926 J R P V 1926 S. 58). Der Ver hat gemäß § 3 I 1 W G einen Verlängerungs- oder Nachtragsvsschein auszustellen, falls nicht der ursprüngliche Vsschein auch die weitere Vertragsdauer deckt, was in der Regel der Fall sein wird. Über die Unwirksamkeit der infolge von Willensmängeln durch Versäumung der Frist bewirkten Vertragsverlängerung vgl. Bd. 1 Anm. 9 zu § 8 S. 224. § 7 Ziff. 1 NoB geht davon aus, daß der Ver den Vertrag „nur für mitvte Personen" kündigen kann (Genaueres Anm. D 44). Daraus folgern Prölss-Martin18 (Anm. 1 zu § 7 NoB S. 929), daß der Vertrag von beiden Teilen, d. h. auch vom Vmer für einzelne oder alle angeschlossenen Personen gekündigt werden kann. Dafür bieten weder die NoB noch das Gesetz einen Anhaltspunkt, soweit nicht ein a. o. Kündrecht vorgesehen ist (so bei Eintritt der Sozialvspflicht oder des Anspruchs auf Familienhilfe nur für einzelne Gefahrspersonen, Anm. D 40). § 8 II 2 W G bestimmt lediglich (zugunsten des Vmers zwingend, § 15a W G ) , daß die Kündtristen im Falle ordentlicher Künd für beide Teile gleich sein müssen. Daraus kann argumentum e contrario entnommen werden, daß die Ausgestaltung der Kündrechte im übrigen für beide Vertragsteile unterschiedlich sein kann. Verträge auf der Grundlage der GrB sind auf unbestimmte Zeit geschlossen; sie enthalten keine Verlängerungsklausel. Das in § 2 (2)b Ziff. 1 normierte Kündrecht ist ein ordentliches i. S. des § 8 II W G . Es kann jederzeit ausgeübt werden. Zwischen dem Zugang der Künderklärung beim Vorstand des Vers oder der zuständigen Geschäftsstelle (§ 6 (1) a GrB, vgl. Anm. D 33) und dem Ablaufstage soll ein Zeitraum von drei Monaten liegen (wegen der Fristberechnung vgl. Anm. D 35). Als Ablaufstag ist das jeweilige Ende des Vsjahres vorgesehen, das erstmalig mit dem materiellen Sollbeginn beginnt (Anm. D 5). Da indessen § 8 II W G relativ zwingend die Künd auf den Schluß Κ 112

Wriede

III. Ende des Vertrages 5. Kündigung

Anm. [D 88]

der laufenden V s p e r i o d e zuläßt und diese sich gemäß §9 W G gleichfalls zwingend (Bd. 1 Anm. 7 zu § 9 S. 237)— nach dem Bemessungszeitraum der Prämie richtet, die hier als Monatsprämie ausgewiesen ist (§ 3 (1) u. (2) GrB — abweichend spricht § 3 (2) GrB KT von Vsperiode, überläßt also den Tarifbedingungen die Bestimmung des hier maßgeblichen Bemessungszeitraums), ist die Künd auf den Schluß eines jeden Monats zulässig (übersehen von LG Düsseldorf 15.1.1964 VersR 1964 S. 741—742). — Die Formvorschrift des § 6 (1) a GrB ist für das Kündrecht aus § 2 (2) b Ziff. 1 GrB wegen §§ 8 II, 15a W G gleichfalls unwirksam, so daß mündliche oder fernmündliche Künd ausreichend ist (Bd. 1 Anm. 34 zu § 8 S. 233, Prölss-Martin18 Anm. 5 C zu § 8 S. 101). Verträge, für die die MB KK gelten, sind gleichfalls grundsätzlich (vgl. die in §§8 (2), 13 (1) erwähnten Möglichkeiten einer bestimmten Vertragsdauer) auf unbestimmte Zeit geschlossen; sie können vom Vmer jeweils zum Ende des Vsjahres ordentlich gekündigt werden. Die Künderklärung muß spätestens drei Monate vor Ablauf des betreffenden Vsjahres dem Ver zugegangen sein (vgl. hierzu Anm. D 33 u. 35), § 8 (2) MB KK sieht allerdings bei Verträgen mit Verlängerungsklausel die Möglichkeit der Vereinbarung von Monatsprämien vor. Dann ist der Vertrag jeweils zum Monatsende kündbar (vgl. die obigen Ausführungen zu § 2 (2) b Ziff. 1 GrB). Aber auch in diesem Falle muß gemäß § 13 (1) MB KK die Künderklärung dem Ver drei Monate vor dem gewollten Beendigungszeitpunkt zugegangen sein. In Erweiterung dieses Kündrechts gegenüber den NoB und den GrB lassen die MB KK in § 13 (2) eine auf einzelne Gefahrspersonen oder Tarife beschränkte ordentliche Künd zu. Die auf einzelne Tarife beschränkte setzt voraus, daß dem Vertrage mehrere Tarife zugrundeliegen oder weitere durch Zusatzverträgine den ursprünglichen Vertrag eingeschlossen wurden (vgl. Anm. C 19). Die in § 13 (1) MB KK enthaltenen Worte, daß der Vertrag „frühestens aber zum Ablauf einer vereinbarten Vertragsdauer" gekündigt werden kann, ist mißverständlich. Verträge mit bestimmter Laufzeit, z. B. für bestimmte Veranstaltungen, Auslandsreisen können allenfalls außerordentlich gekündigt werden (Anm. D 38—42). Sie enden zum vorgesehenen Zeitpunkt, ohne daß eine vorherige Künd erforderlich ist (unklar UlimannSchäfer S. 109). Insoweit ist die Bestimmung überflüssig. Sie hat nur Bedeutung für Verträge mit Verlängerungsklausel im Sinne des § 8 I W G , die in § 8 (2) MB Κ Κ besonders erwähnt werden. Hinsichtlich der Dauer der materiellen Gefahrtragung und der technischen Ysdauer gilt grundsätzlich das zu Anm. D 16 Ausgeführte. Die NoB enthalten für den Fall der Künd durch den Vmer gemäß § 6 Ziff. 1 I eine Sonderregelung in § 6 Ziff. 2. Danach erstreckt sich der Anspruch auf Vsleistungen auch bei „laufenden Schadensfällen" nur auf den Vermögensschaden (§ 1 NoB), der bis zum Vertragsablauf entsteht. — Gemäß § á (11) S. 1—3 GrB KK u. KH, § 4 (9) S. 1 u. 2 1. Halbs. GrB KT endet die Leistungspflicht auch bei „schwebenden Vsfällen" mit dem formellen Ende des Vertrages; es werden hier gleichfalls nur die bis dahin entstandenen Aufwendungen ersetzt bzw. die bis dahin fällig gewordenen summenmäßig bestimmten Leistungen ohne Rücksicht auf die weitere Dauer des Vsfalles gewährt. In gleichem Sinne (vgl. § 1 (1)) bestimmt § 7 MB KK, daß der Vsschutz mit Beendigung des Vertrages endet. — Das technische Ende des Vertrages fällt bei ordentlicher Künd durch den Vmer mit dem formellen zusammen, da die Künd wie ausgeführt gemäß §§ 8 II 1, 15a W G zugunsten des Vmers zwingend auf das Ende der aus § 9 W G zu entnehmenden Vsperiode wirkt, die sich wiederum nach den Zeitabschnitten für die Prämienzahlung richtet (vgl. auch §§ 5 Β Ziff. 2, 9 Ziff. 2 S. 4 NoB, 3 (4) GrB, 8 (6) MB KK). [D 38] bb) Außerordentliche Kündigung. Die außerordentliche Künd setzt zum Unterschied von der ordentlichen einen besonderen Tatbestand (Kündgrund) voraus, der vom regelmäßigen Ablauf des Vsvertrages abweicht. Dementsprechend hat diese Künd in der Regel eine vorzeitige, d. h. nicht notwendig auf den Schluß der Vsperiode wirkende Vertragsbeendigung zur Folge. Falls die Künd ihres speziellen Kündgrundes entbehrt, taucht die Frage auf, ob sie als ordentliche Künd für den nächstzulässigen Termin zu gelten hat. Genaueres hierüber in Anm. D 36. 8

B r u c k - M ö l l e r , VVG, 8. Aufl. VI (Wriede)

κ 113

Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 39, D 40]

[D 89] aaa) Außerordentliche Kündigung wegen wichtigen Grundes. Einen allgemeinen Ausdruck hat der besondere Kündgrund im Tatbestand des „wichtigen Grundes" (§§ 626, 723 I 2 BGB) gefunden. Als solcher ist ein Sachverhalt zu verstehen, bei dessen Vorliegen die Durchführung des Vertrages erheblich gefährdet ist und es dem einen oder auch beiden Vertragsteilen nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann, das Vertragsverhältnis fortzusetzen (BGH 1. VI. 1951 MDR 1951 S. 610, 27. II. 1963 BB 1963 S. 573). Auf ein Verschulden des Kündgegners kommt es dabei nicht an; vielfach ergibt sich aber der wichtige Grund aus einem schuldhaft vertragswidrigen Verhalten des anderen. Die zitierten Bestimmungen enthalten einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der auch auf andere Dauerschuldverhältnisse und damit auf Vsverträge anzuwenden ist (Bd. 1 Anm. 25 zu § 8 S. 227). Die in den Anm. D 40 u. 41 behandelten Fälle des Eintritts der Krankenvspflicht und der Herabsetzung der Leistungspflicht des Vers oder der Erhöhung der Gegenleistung des Vmers sind nur besonders ausgeprägte Tatbestände des wichtigen Grundes. Daneben haben Rechtsprechung und Lehre weitere typisierte Fälle herausgestellt. Hier ist vor allem der des Unsicherwerdens des Vers zu nennen (Genaueres Bd. 1 Anm. 33—40 zu § 13 S. 286—287), ferner der des Wegfalls oder der Erschütterung der Geschäftsgrundlage (Bd. 1 Anm. 26 zu § 8 S. 228—229), des schweren Verstoßes des Vers gegen seine Vertragspflichten, so etwa der Verweigerung des Vsschutzes aus haltlosen Gründen — n i c h t wegen Meinungsverschiedenheiten über die Anwendbarkeit gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen (KG 7. VII. 1928 VA 1929 S. 51 Nr. 1961, OLG Oldenburg 8. V. 1935 JRPV 1935 S. 224, OLG Celle 19. VI. 1952 VersR 1952 S. 283, AG Heidelberg 18. V. 1951 ZfV 1951 S. 314), grober Säumigkeit bei Erledigung seiner Pflichten (OLG Düsseldorf 27. VII. 1954 VersR 1954 S. 587) oder Vornahme unberechtigter einseitiger Leistungsausschlüsse (AG Iserlohn 28. IX. 1950 VA 1951 S. 44). Die auf solche Tatbestände gestützte fristlose Künd beendet das Vertragsverhältnis mit Zugang beim Ver. Zum gleichen Zeitpunkt endet grundsätzlich die materielle Gefahrtragung und der prämienbelastete Zeitraum (Anm. D 16). Für sog. schwebende Vsfälle hat der Ver, sofern keine abweichende Vereinbarung vorliegt (Anm. D 37), bis zu deren Abschluß zu leisten (Anm. D 16). Ferner kann eine Haftung des Vers für nach formellem Vertragsablauf eintretende „Vsfälle" als Schadensersatzpflicht gegeben sein, falls er den wichtigen Grund zu vertreten hat, darin also eine von ihm zu vertretende Unmöglichkeit der Leistung (§325 I 1 BGB) oder auch eine positive Vertragsverletzung zu sehen ist. Der Vmer wird allerdings im Rahmen seiner „Pflicht" zur Minderung des Schadens (§254 II BGB) gehalten sein, sich alsbald anderweitig um gleichwertigen Vsschutz zu bemühen. Soweit dieser jedoch nicht ausreicht — z. B. weil die dabei einzuhaltende Wartezeit noch nicht abgelaufen ist — wird volle Ersatzpflicht des Vers anzunehmen sein. § 6 Ziff. 2 NoB enthält, wie der Zusammenhang mit § 6 Ziff. 1 ergibt, nur eine Regelung über die Dauer der materiellen Gefahrtragung für die hier vorgesehenen Kündfälle, nicht aber für die Künd wegen wichtigen Grundes. Gemäß § 9 Ziff. 2 S. 4 NoB ist die Prämie bis zum Ablauf des Vertrages zu zahlen. §§ 4 (11) GrB KK, 4 (10) GrB KH und 4 (9) GrB KT sowie § 7 MB KK i. V. m. § 1 (1) MB Κ Κ bestimmen generell, daß sich die Leistungspflicht des Vers (bei Künd) durch den Vmer nur auf die bis zum Ablauf (dem formellen Ende) entstandenen Aufwendungen (zum Begriff der Aufwendungen vgl. Anm. D 19) erstreckt. In gleichem Sinne läßt § 3 (4) S. 1 GrB die Prämienzahlungspflicht des Vmers mit dem formellen Vertragsablauf erlöschen, jedoch schränkt S. 2 das dahin ein, daß die letzte Prämie für den Kalendermonat bzw. für die Vsperiode zu entrichten ist, in dem bzw. in der der Vertrag endet, so daß bei fristloser Künd die Prämienzahlungsdauer den formellen Ablauf überschreiten kann. Gleiches gilt gemäß § 8 (β) MB KK. [D 40] bbb) Kündigung wegen Eintritte der gesetzlichen Pflichtv. Die Tatsache des E i n t r i t t s d e r g e s e t z l i c h e n P f l i c h t v einer Gefahrsperson (§§ 165—175 RVO) oder der Erlangung eines Anspruchs auf Familienhilfe für sie durch einen Dritten (§§ 205—205d RVO) hat als solche k e i n e n E i n f l u ß auf den Bestand

Κ 114

Wriede

III. Ende des Vertrages 5. Kündigung

Anm. [D 40]

des p r i v a t e n V s v e r t r a g e s . Das hat ÖOGH mit Urteil vom 9. II. 1955 (VRdsch 1955 S. 367) verkannt, wenn er unter Hinweis auf § 68 W G ausführt, daß mit Eintritt der Sozialvspflicht das Interesse des Ymers an dem privaten Krankenvsvertrag erlösche (ähnlich für den Fall einer Konkurrenz der gesetzlichen Unfallv mit einer Betriebshaftpflichtv LG I Berlin 8. VI. 1928 JRPV 1928 S. 264). Dieser Auffassung ist Sasse (VersR 1956 S. 72, ebenso Prölss-Martin18 Anm. 1 zu § 6 NoB S. 928) mit Recht entgegengetreten. Die Krankheitskostenv ist keine Interessev, sondern eine V gegen die Entstehung von Passiven (Anm. A4). § 68 W G ist auf sie daher nicht unmittelbar anwendbar (Anm. A 20). Auch eine analoge Anwendung scheidet aus. Denn die vspflichtig gewordene Gefahrsperson kann im Krankheitsfalle davon absehen, die (Natural)leistungen des Sozialvers in Anspruch zu nehmen und sich für eigene bzw. für Rechnung des Vmers die erforderliche Behandlung verschaffen; die vte Gefahr kann sich maW durchaus noch verwirklichen (ebenso im Ergebnis KG 15. IV. 1931 JRPV 1931 S. 269, und — unter Bezugnahme auf §§ 181, 189 RVO — LG Breslau 17. II. 1932 JRPV 1932 S. 329). Soweit der Krankenvsvertrag Summenvsleistungen vorsieht, kommt § 68 W G ohnehin nicht in Betracht. Der E i n t r i t t d e r S o z i a l v s p f l i c h t oder der Familienhilfe begründet für den Vmer eines Krankheitskostenvsvertrages hinsichtlich der davon betroffenen Gefahrspersonen ein a u ß e r o r d e n t l i c h e s K ü n d r e c h t . Das Kriterium der Krankenvspflicht bestimmt sich in erster Linie nach den §§ 165 bis 175 RVO. Danach wird die Vspflicht durch die dort im einzelnen aufgeführten persönlichen Verhältnisse des Einzelnen, insbesondere die von ihm ausgeübte Tätigkeit und die Höhe des dafür zu beziehenden Entgelts begründet. Im wesentlichen gilt folgendes : Vspflichtig sind vor allem Personen, die abhängige Arbeit leisten (Arbeitnehmer), leisten wollen (Arbeitslose), geleistet haben (Rentner), oder dafür ausgebildet werden (Lehrlinge) und ferner eine Reihe von kleineren selbständigen Gewerbetreibenden : 1. Ohne Rücksicht auf die Höhe ihres Arbeitsverdienstes gehören dazu a) Arbeiter, Angestellte auf Seefahrzeugen (§ 165 (1) Nr. 1, 2 (3) RVO), Gesellen, Hausgehilfen sowie Gehilfen, Lehrlinge und Seeleute — die letzteren drei Gruppen nur soweit sie nicht unter § 165b RVO fallen (§ 165a RVO); b) Personen, die die Voraussetzungen für den Bezug einer Arbeiter- oder Angestelltenrentenv erfüllen und diese Rente beantragt haben, sofern sie nicht schon nach anderen Vorschriften vt sind (§ 165 (1) Nr. 3 (6) RVO); c) Hausgewerbetreibende, selbständige Lehrer, Erzieher und Musiker, die keine Angestellten beschäftigen; Artisten und Hebammen (§ 166 (1) Nr. 1—4 RVO); d) Arbeitslose gemäß § 155 AFG, 2. Vspflicht besteht ferner für folgende Personengruppen, sofern ihr Jahresarbeitsverdienst eine bestimmte Höchstgrenze nicht überschreitet: a) Angestellte, insbesondere die in § 165b RVO aufgeführten Personen. Für Angestellte in knappschaftlich vten Betrieben kann die Satzung der Reichsknappschaft die Vspflicht über die in § 165 RVO festgesetzte Arbeitsverdienstgrenze hinaus erstrecken (§ 16 RKG) ; b) in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege selbständig tätige Personen, die in ihrem Betrieb keine Angestellten beschäftigen (§ 166 (1) Nr. 5 RVO). Nicht unter die Vspflicht fallen Personen dieser Gruppen, sofern sie die besonderen Voraussetzungen der §§ 168—172,175 RVO erfüllen (bei gewissen Nebenbeschäftigungen, bei Arbeiten im grenzüberschreitenden Verkehr, Tätigkeit als Beamte oder im Vorbereitungsdienst hierzu Beschäftigte und Soldaten, Beschäftigung durch den Ehegatten). Der „ F a m i l i e n h i l f e " unterfallen die in § 205 RVO aufgeführten Angehörigen eines Vspflichtigen, nämlich die unterhaltsberechtigten Ehegatten und Kinder, sofern sie sich gewöhnlich im Inlande aufhalten und nicht anderweitig gesetzlich Anspruch auf Krankenpflege haben. Kinder in diesem Sinne sind die ehelichen, die für ehelich erklärten und an Kindes Statt angenommen, ferner uneheliche Kinder — bei männlichen Vten, wenn ihre Vaterschaft festgestellt ist — sowie Stiefkinder und uneheliche Kinder, wenn sie vom Vten überwiegend unterhalten werden. 8*

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Krankenvers. D. Dauer des Yertr.

Anm. [D 40]

Das Bestehen und der Zeitpunkt des Beginns einer Vspflicht wird vom Träger der GKV oder bei Einlegung eines Rechtsmittels gegen seine Entscheidung im Verfahren nach dem SGG festgestellt. Diese Entscheidung ist gemäß § 405 III RVO für alle Gerichte bindend, so daß sie im Verhältnis zwischen Vmer und Ver nicht mehr angegriffen werden kann (vgl. LG Köln 3. VII. 1953 VersR 1953 S. 366). Zweifelhaft ist die Rechtslage, wenn der Eintritt der Sozialvspflicht, insbesondere im Verfahren nach dem SGG, erst nachträglich festgestellt werden kann. Dann fragt es sich, ob der betroffene Vmer noch mit Rückwirkung kündigen kann. Das kann nicht generell entschieden werden, sondern nur an Hand der jeweils maßgeblichen AVB (vgl. unten u. z. B. LG Köln a. a. 0.). Bei den in den vergangenen Jahren mehrfach gesetzlich verfügten Erhöhungen der Einkommensgrenzen in §§ 165 (1) Nr. 2 und 166 (1) RVO wurde den davon betroffenen Personen ein g e s e t z l i c h e s K ü n d r e c h t gegenüber ihren privaten Krankenvern eingeräumt. Es handelt sich dabei um folgende Heraufsetzungen der Einkommensgrenzen : 1. Gemäß Gesetz vom 13. VIII. 1952 (BGBl. I, S. 437) mit Wirkung vom 1. IX. 1952 auf DM 6000,—, 2. gemäß Gesetz vom 27. VII. 1957 (BGBl. I, S. 1070) mit Wirkung vom 1. X. 1957 auf DM 7920,—, 3. gemäß Gesetz vom 24. VIII. 1965 (BGBl. I, S. 912) mit Wirkung vom 1. IX. 1965 auf DM 10800,—, 4. gemäß Gesetz vom 27. VII. 1969 (BGBl. I, S. 950) mit Wirkung vom 1. VIII. 1969 auf DM 11880,—, 5. nach demselben Gesetz mit Wirkung vom 1. I. 1970 auf DM 14400,—. 6. Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Rechts der GKV (2. KVÄ 21. XII. 1970 BGBl. I S. 1770) wurde mit Wirkung vom 1.1.1971 die Jahresarbeitsverdienstgrenze „dynamisiert". Sie beträgt nunmehr gemäß § 165 I Nr. 2 RVO n. F. jeweils 75% der für die Jahresbezüge in der Rentenv geltenden Beitragsbemessungsgrenze. Sie bestimmt sich nach den §§ 1385 II, 1255, II RVO; sie betrug für 1971 DM 17100,— (vgl. Fritzsche DB 1971 Beilage Nr. 1 S. 8), für 1972 waren es DM 18900,—, für 1973 ist sie auf DM 20 700,— festgesetzt worden. Die zu 1. bis 3. genannten Gesetze gaben den danach infolge der Gesetzesänderung (zum jeweiligen Stichtag, nicht auch den später) vspflichtig gewordenen Personen unabhängig von der Regelung der betreffenden privaten Verträge das Recht, ihre Verträge zum Ende des Monats zu kündigen, in dem sie den Beginn der Vspflicht nachwiesen. Dieses Recht stand dem Vmer daher nach dem Gesetzeswortlaut nur zu, wenn er selbst vspflichtig geworden war, nicht aber wenn eine andere Gefahrsperson davon betroffen wurde. Die erwähnten Bestimmungen werden aber analog mit der Maßgabe angewandt werden können, daß der Vmer dann insoweit kündigen konnte. Die Künd war ferner nicht vorgesehen, wenn für eine der Gefahrspersonen (einschließlich des Vmers) ein Dritter Anspruch auf Familienhilfe dadurch erlangte, daß er aufgrund der erwähnten Gesetze vspflichtig wurde. Eine analoge Anwendung der erwähnten Kündbestimmungen auch auf diesen Fall war zweifelhaft; immerhin wurde ein am Vertrage nicht beteiligter Dritter von der Vspflicht betroffen; das ggf. ihm zustehende Kündrecht konnte nicht ohne weiteres auf den Vmer übergehen. Der Vmer war dann auf das vertraglich vorgesehene Kündrecht beschränkt, dessen Ausübung in den GrB und in den MB KK zeitlich begrenzt ist (s. unten). Durch das zu 4. genannte Gesetz ist nunmehr § 173b mit Wirkung vom 1. VIII. 1969 in die RVO neu eingefügt worden. Sein I 1 bestimmt jetzt als Dauerregelung und damit auch für alle zukünftigen Erhöhungen der Verdienstgrenzen das, was die früheren Gesetze für die damaligen Änderungen vorgesehen hatten. Nach dem — höchst unklaren — Wortlaut des S. 2 a. a. 0 . sollen offenbar die oben erwähnten bisher nicht geregelten Fälle erfaßt werden, daß nämlich 1. nur eine (oder mehrere) in den Vertrag eingeschlossene Gefahrspersonen vom Eintritt der Vspflicht erfaßt werden ; in diesem Falle hat der Vmer insoweit das Kündrecht. Peters (Bd. II Anm. 3b zu § 173b) will diese Folgerung schon aus S. 1 herleiten;

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Anm. [D 40]

III. Ende des Vertrages 5. Kündigung

2. eine Gefahrsperson (einschließlich des Ymers) dadurch in den Schutz der Sozialvs gelangt, daß ein am privaten Vertrage nicht beteiligter Dritter infolge Erhöhung der Verdienstgrenze für sie Anspruch auf Familienhilfe erwirbt. Auch in diesem Falle steht das Kündrecht aber nur dem Vertragspartner des Vers, dem Vmer, zu, und zwar nur hinsichtlich der betroffenen Gefahrsperson. Ist der Vmer selbst der Betroffene, so kann der Vertrag nur insgesamt, also auch hinsichtlich der sonst etwa eingeschlossenen, von der Vspflicht nicht berührten Gefahrspersonen, gekündigt werden. Es besteht nur die Möglichkeit, den Vertrag in anderer Form mit anderem Vmer, insbesondere aus dem Kreise der bisher nur eingeschlossenen Gefahrspersonen „fortzusetzen". Genau genommen handelt es sich dabei aber mangels entgegenstehender vertraglicher Bestimmungen (wie ζ. B. im Falle des Todes des Vmers, vgl. Anm. C 24) um den Abschluß eines neuen Vertrages. Wer infolge einer (auch zukünftigen) Erhöhung der Verdienstgrenze neu unter die Vspflicht fällt und bei einem Privatver durch einen Krankheitskostenvollvsvertrag vt ist (wegen der Frage, ob dieser Vertrag schon vorher bestanden haben muß, oder gleichzeitiger Beginn 'genügt, vgl. SG Nürnberg 2. VII. 1970 VersR 1971 S. 216, Surminski ZfV 1969 S. 897), kann, statt von dem vorstehend erörterten Kündrecht Gebrauch zu machen, gemäß § 173b (1) RVO Befreiung von der Vspflicht beantragen. Die Wortfassung ist allerdings zu eng. Sie geht davon aus, d a ß d e r V m e r f ü r sich u n d s e i n e A n g e h ö r i g e n , für die ihm Familienkrankenhilfe zusteht, entsprechende Vertragsleistungen vom Privatver zu beanspruchen hat. Es kann aber durchaus der Fall eintreten, daß nur eine oder mehrere der im Vertrage eingeschlossenen Gefahrspersonen infolge Erhöhung der Verdienstgrenze vspflichtig werden, nicht aber auch der Vmer, oder daß sie aufgrund der entstehenden Vspflicht eines Dritten Anspruch auf Familienhilfe erlangen. Auch in diesen Fällen muß es möglich sein, eine Befreiung zu erreichen. Die gegenteilige Auffassung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (24. XI. 1967 Breithaupt Sammlung 1968 S. 188) vermag nicht zu überzeugen. Diese zu § 381 (4) S. 2 RVO — Gewährung eines Beitragszuschusses zur Rentnerkrankenv — ergangene Entscheidung stellt in erster Linie rein formal darauf ab, daß in dem in S. 2 in Bezug genommenen S. 1 a. a. O. von freiwilligen Mitgliedern einer gesetzlichen Krankenkasse die Rede sei und es sich dabei nur um eine Person handeln könne, die selbst Mitglied der Kasse und nicht über eine andere Person — dort den Ehegatten — vt sei. Ferner wird angeführt, daß der Rentner in einem solchen Falle nicht selbst Anspruch auf die Vsleistung des Privatvers habe und daher sein Krankheitsschutz nur über einen möglicherweise unsicheren Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vmer bestehe. Das alles erscheint reichlich spitzfindig und wird der Lebenswirklichkeit nicht gerecht. Über den B e f r e i u n g s a n t r a g entscheidet die zuständige Krankenkasse (§§ 173b (1) S. 2 mit 173a (2) RVO), d. h. die Kasse, die verpflichtet wäre, den Antragsteller als Mitglied zu führen. Gegen die Entscheidung ist der Rechtsweg an die Sozialgerichte gegeben. Ein entsprechendes Recht haben gemäß § 173a (1) RVO Personen, die gemäß § 165 (1) Nr. 3 RVO als Rentner der Vspflicht unterfallen würden, wenn sie Vmer einer Krankheitskostenvollv sind (eine Teilv genügt nicht, vgl. BSG 28. IV. 1965 BSG Bd. 23 S. 42) und nicht während der letzten fünf Jahre vor Stellung des Rentenantrages mindestens 52 Wochen bei einem Träger der GKV vt waren. Entsprechendes gilt für Hinterbliebene eines vspflichtigen Rentners. In beiden Fällen hängt die Befreiung davon ab, daß der Antragsteller von seinem Privatver Vertragsleistungen erhält, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenhilfe entsprechen. Die Höhe der Leistungen ist unerheblich. Krankenhilfe umfaßt gemäß § 182 RVO Krankenpflege und Krankengeld oder statt dessen gemäß § 184 RVO Krankenhauspflege. Die Leistungen des Privatvers müssen diesem Leistungsbild entsprechen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß Rentner gemäß § 182 (1) Nr. 2 S. 2 RVO kein Krankengeld erhalten. Daher muß der Vsvertrag insbesondere ambulante und stationäre ärztliche Behandlung, Zahnbehandlung, Versorgung mit Arzneien und Heilmitteln, Krankentagegeld (für den Arbeitnehmer ab 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit) — diese Leistung kann auch durch eine Zusatzv vorgesehen werden —, ferner Krankenhauspflege und ggf. Familienkrankenpflege umfassen. Die Begrenzung der Wriede

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Anm. [D 40]

Leistungen auf Höchstsätze oder eine Höchstdauer sowie der Ausschluß bestimmter Risiken stehen der Befreiung nicht entgegen. Ebensowenig schadet die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung (Fritzsche a. a. O. S. 5). Indessen müssen sich diese Beschränkungen in angemessenen Grenzen halten, sie dürfen nicht zu einer praktischen Aushöhlung des Vertrages führen. Wird die Familienkrankenpflege anderweitig sichergestellt, ζ. B. durch eigene Pflichtv oder privaten Krankenvsvertrag, durch Heilfürsorge bei der Bundeswehr, so sind entsprechende Leistungen in dem für die Befreiung abgeschlossenen Vertrage nicht erforderlich (Fritzsche a. a. 0 . S. 5). Die A u s ü b u n g des oben erwähnten gesetzlichen K ü n d r e c h t s ist weder an eine Ausschlußfrist gebunden, noch ist eine Kündfrist (hierzu vgl. Anm. D 35) vorgesehen. Allerdings wird anzunehmen sein, daß es der Verwirkung unterliegt, wenn es erst nach längerer Zeit ausgeübt wird und diese Ausübung als gegen Treu und Glauben verstoßend angesehen werden muß (ζ. B. BGH 15. VI. 1951 LM BGB § 242 [B a] Nr. 2,15. II. 1967 WM 1967 S. 515, 517, Palandt-Heinrichs 31 Anm. 9 zu § 242 S. 202—204). Das könnte ζ. B. dann angenommen werden, wenn der Vmer die Künd zunächst nur deswegen unterlassen hat, weil er noch für einen schwebenden Vsfall die Leistungen des Vers in Anspruch nehmen will. Auf der anderen Seite verstößt die Künd gegen Treu und Glauben, wenn die dazu berechtigende Pflichtv sogleich nach Absendung der Künd endet (LG Hamburg 8. X. 1964 VersR 1964 S. 1261). Die Künd wirkt auf das Ende des Monats, in dem sie erklärt wird, d. h. dem Ver zugeht (Anm. D 33). Vorausgesetzt wird jedoch, daß dem Ver spätestens bis zum Ablauf dieses Monats (nicht notwendig zusammen mit der Künderklärung) der Eintritt der Vspflicht nach § 1 der genannten Gesetze bzw § 173b (2) 2 RVO „nachgewiesen" wird. Über die Anforderungen an diesen Nachweis vgl. unten. Eine Form ist für diese Künd nicht vorgeschrieben. Da indessen diese Bestimmungen nicht zwingend sind, sind die in den AVB vorgesehenen Formvorschriften (§ 4 Ziff. 1 NoB, § 6 (1) a u. c GrB KK, § 16 MB KK) einzuhalten. — Da die Kündwirkungen in den erwähnten Gesetzen nicht geregelt sind, sind die beiderseitigen Leistungspflichten der Vertragspartner nach den einschlägigen Bestimmungen der AVB (§§ 6 Ziff. 2, 9 Ziff. 2 S. 4 NoB, 3 (4), 4 (11) GrB KK, 7, 8 (6) MB KK) zu bestimmen. Ist auch hier keine Regelung vorgesehen, gelten die allgemeinen Grundsätze (Anm. D 16). In den a n d e r e n F ä l l e n d e s E i n t r i t t s d e r V s p f l i c h t und der Entstehung des Anspruchs auf Familienhilfe, z. B. infolge Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit oder bei Absinken des Arbeitsentgelts unter die Pflichtgrenze gelten die vertraglichen Bestimmungen. Sie beruhen auf Anordnungen der Aufsichtsbehörden (Neufassung durch Abschnitt C des R 3/60 VA 1960 S. 122), die für den einzelnen Vertrag jedoch keine bindende Wirkung haben. Sie lassen in Abschnitt D gewisse Ausnahmen in zeitlicher Hinsicht zu. Soweit die AVB im übrigen Einschränkungen zu Lasten des Vmers enthalten, wird er in der Regel mit einer einverständlichen Aufhebung des Vertrages nach Maßgabe der Anordnungen der Aufsichtsbehörden rechnen können. Ein dahingehendes Recht steht ihm aber nicht zu. Auch ist der Ver nicht schlechthin verpflichtet, den Vmer auf die Möglichkeit einer Künd wegen Eintritts der Vspflicht hinzuweisen (z. B. LG Köln 1. VII. 1952 VersR 1952 S. 22). § 6 Ziff. 1 Π NoB berechtigt nach seinem Wortlaut nur dann zur Künd, wenn der Vmer selbst gemäß §§ 165—175 RVO vspflichtig geworden ist. Die Bestimmung wird aber analog anwendbar sein, wenn eine eingeschlossene Gefahrsperson von der Vspflicht betroffen oder für sie aufgrund der Vspflicht eines anderen — das kann ein außenstehender Dritter, der Vmer oder eine der anderen Gefahrspersonen sein — Anspruch auf Familienhilfe (§§ 205—205d RVO) entsteht (ebenso Prölss-Martin 18 Anm. 1 zu § 6 NoB S. 928). Wird der Vmer selbst vspflichtig, so bewirkt seine Künd eine Beendigung des Vertrages einschließlich der eingeschlossenen, möglicherweise nicht von der Vspflicht des Vmers betroffenen Gefahrspersonen, da ein Fortbestand des Vertrages ohne Vmer nicht denkbar ist (a. A. KG 10. X. 1931 J R P V 1931 S. 371). Das gilt jedoch nur dann, wenn der Vmer zugleich Gefahrsperson ist. Denn sonst ist der Rechtsgrund des außerordentlichen Kündrechts — Vermeidung einer „doppelten" V — nicht gegeben. Wird eine oder werden mehrere eingeschlossene Gefahrspersonen vspflichtig oder entsteht für sie Anspruch auf Familienhilfe, so kann der Vmer den Vertrag insoweit kündigen. Ist er nicht

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selbst Gefahrsperson und betrifft die Vspflicht oder die Familienhilfe alle übrigen Gefahrspersonen, so kann er den Vertrag gleichfalls vollen Umfangs kündigen. Denn eine Beendigung nur für die eingeschlossenen Gefahrspersonen würde den Vertrag gegenstandslos machen. — Die Ausübung dieses Kündrechts ist nicht fristgebunden (AG Hamburg 9. VIII. 1949 VersR 1951 S. 204) ; der Vmer kann es aber verwirken (s. oben). Die Künd ist zum Quartalsschluß zulässig, jedoch muß sie einen Monat vorher beim Ver eingegangen sein (Genaueres Anm. D 35). Wegen der Frage, ob eine danach verspätete Künd auf den nächstzulässigen Termin — ggf. auch als ordentliche — wirkt, vgl. Anm. D 36. — Hinsichtlich der Form der Künderklärung und ihres Adressaten ist § 4 Ziff. 1 NoB zu beachten, da das hier behandelte Kündrecht nicht (wie das des § 8 II W G ) zugunsten des Vmers zwingend geregelt ist (Genaueres Anm. D 32). Wird der Eintritt der Vspflicht erst geraume Zeit später, insbesondere durch rechtskräftige Entscheidung im Verfahren nach dem SGG festgestellt, so sind in der Regel zwei Möglichkeiten denkbar : Der Vmer kann sogleich nach Erhalt der Kenntnis von den Tatsachen, die ihn nach dieser Entscheidung vspflichtig machen — gleichsam vorsorglich ·— kündigen. Dann ist freilich die Wirksamkeit der Künd zunächst fraglich. Sie wird mit der rechtskräftigen Entscheidung im Sozialgerichtsverfahren bei Bejahung der Vspflicht wirksam, andernfalls ist sie von vornherein unwirksam. Diese Künd des Vmers ist keine bedingte — als solche wäre sie nicht zulässig —, denn sie hängt nicht von einem zukünftigen ungewissen Ereignis ab, sie ist vielmehr gegründet auf die schon zur Zeit ihrer Erklärung gegebenen Tatsachen, deren rechtliche Bewertung nur umstritten ist. Auf die inzwischen beiderseits erbrachten Leistungen ist Bereicherungsrecht mit der sich aus § 818 II BGB ergebenden Folge anzuwenden, daß eine Rückgewähr nicht stattfindet (vgl. Anm. D 48). — Kündigt der Vmer dagegen erst, nachdem die sozialgerichtliche Entscheidung ergangen ist, so wirkt die Künd nicht auf den Zeitpunkt des Eintritts der Vspflicht zurück. Das wäre keine Künd mehr, sondern eine Art partieller Rücktritt vom Vertrage, dessen Folgen besonderer Regelung hinsichtlich der inzwischen von beiden Seiten erbrachten Leistungen bedürfte (verkannt von LG Köln 3. VII. 1953 VersR 1953 S. 366). § 6 Ziff. 1 II NoB sieht keine solche Rückwirkung vor, sondern läßt nur eine Künd zum Quartalsschluß, d. h. einen auf die Künderklärung folgenden Zeitpunkt zu, nimmt es also in Kauf, daß Privat- und Sozialv eine zeitlang nebeneinander bestehen. Wegen der D a u e r d e s p r ä m i e n b e l a s t e t e n Z e i t r a u m s bestimmt § 9 Ziff. 2 S. 4, wegen der D a u e r d e r m a t e r i e l l e n G e f a h r t r a g u n g § 6 Ziff. 2 NoB das Nähere: Beide enden zugleich mit dem formellen Vertragsablauf zum Quartalsschluß. Nach § 2 (2) b Ziff. 3 S. 1 GrB KK ist das Kündrecht gegeben, wenn eine der Gefahrspersonen (einschließlich des Vmers, Abschnitt H) vspflichtig wird oder — S. 3 a. a. 0 . —· aufgrund des Vspflicht eines anderen —· des Vmers, einer der übrigen Gefahrspersonen oder eines Dritten, z. B. des Ehemannes der bisher als Gefahrsperson in den Vertrag eingeschlossenen Tochter des Vmers — Anspruch auf Familienhilfe erlangt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses Kündrechts sind mithin die gleichen wie für § 6 Ziff. 1 II NoB. Auf die obigen Ausführungen über den Umfang des Kündrechts wird daher verwiesen. — Der Vmer kann den Vertrag — anders als gemäß § 6 Ziff. I I I NoB — zu einem beliebigen Termin nach Eintritt der Vspflicht oder des Anspruchs auf Familienhilfe, spätestens aber zum Ablauf des Kalendermonats kündigen, der auf diesen Eintritt folgt. Die Ausübung dieses Kündrechts ist gemäß S. 2 a. a. 0 . an eine Ausschlußfrist gebunden : Die Erklärung muß dem Ver binnen zwei Monaten nach Eintritt der Vspflicht oder des Anspruchs auf Familienhilfe zugegangen sein (vgl. hierzu Anm. D 33). Eine vorherige Künd ist ohne weiteres zulässig. Wegen der Fristberechnung vgl. Anm. D 35, wegen der Form der Künd Anm. D 32. Diese Fristgewährung in Verbindung mit der Möglichkeit ,die Vertragsbeendigung sofort nach Eintritt der Vspflicht oder der Familienhilfe eintreten zu lassen, beinhaltet ein regelwidriges rückwirkendes Kündrecht, falls — wie danach zulässig — die Künderklärung dem Aufhebungstermin nachfolgt (ebenso LG Hamburg 8. X. 1964 VersR 1964 S. 1261). Hier kann mithin der Fall eintreten, daß der Ver noch bis zu zwei Monate die Gefahr trägt und damit ggf. auch konkrete Leistungen erbringt, dann aber die Künd den Vertrag rückwirkend auflöst, ohne daß der Ver noch Anspruch auf die Prämien für die gleiche Zeit hat (§ 3 (4) GrB KK). Zwar bestimmt § 4 (11) GrB KK, daß die Leistungspflicht des Vers mit der Beendigung Wriede

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Krankenvers. D. Dauer des Yertr.

des Vertrages erlischt. Die daraus im Falle des Rücktrittsrechts zu ziehende Folgerung, daß die über diesen Tag hinaus erbrachte Gefahrtragungsleistung analog § 346 S. 2 BGB in Form der vereinbarten Prämie zu erstatten ist (Anm. D 47), kann hier angesichts der Ausgestaltung des Kündrechts als eines rückwirkenden nicht Platz greifen. Der Sinn dieser Rückwirkung ist gerade dahin zu verstehen, daß der Vmer über den Tag des Eintritts der Yspflicht hinaus nicht mehr mit Prämien belastet werden soll, weil er gleichzeitig Beiträge zur Sozialv aufbringen muß (GB BAV 1954/55 S. 26, 1958/59 S. 42). Diese Erwägung trifft allerdings nicht zu, wenn Anspruch auf Familienhilfe aufgrund der Vspflicht eines anderen als des Vmers eintritt. — Nach § 2 (2)b Zill. 3 S. 2 GrB KK muß ferner innerhalb der gleichen Zweimonatsfrist — aber nicht notwendig zugleich mit der Künderklärung — der Eintritt der Vspflicht oder des Anspruchs auf Familienhilfe „ n a c h g e w i e s e n " werden; andernfalls ist die Künd als außerordentliche unwirksam (LG Köln 15. X. 1963 VersR 1964 S. 229, GB BAV 1954/55 S. 26). Hierfür wird in der Regel ein urkundlicher Beweis, insbesondere ein dahingehender Bescheid des Sozialvsträgers erforderlich und ausreichend sein. Die Nachweispflicht gebietet aber dem Vmer ferner anzugeben, ob der Bescheid rechtskräftig ist, ggf. ob dagegen ein Rechtsmittel eingelegt werden soll oder bereits eingelegt worden ist. Die Wirkung einer fristgerecht ausgesprochenen Künd bleibt in diesem Falle in der Schwebe, bis das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen worden ist. Diese Künd ist keine (unzulässig) bedingte, da die sie rechtfertigenden Tatsachen bereits vorliegen und lediglich deren rechtliche Würdigung umstritten ist. Die Entscheidung im Verfahren nach dem SGG ist — jedenfalls in diesem Falle — nicht konstitutiv. Wegen der zwischenzeitlich beiderseits erbrachten Leistungen gilt das gleiche wie oben zu § 6 Ziff. I I I NoB ausgeführt. Unterläßt der Vmer im Hinblick auf den Streit über den Eintritt der Vspflicht oder der Familienhilfe die Künd in der vorgesehenen Ausschlußfrist, so kommt bei späterer Feststellung jener Tatsachen weder eine rückwirkende Künd noch überhaupt eine außerordentliche Künd in Betracht. Es bleibt dann nur die ordentliche Künd gemäß § 2 (2) b Ziff. 1 GrB KK (Anm. D 36). Das gleiche gilt, wenn eine Gefahrsperson aufgrund des Gesetzes über die Krankenv für Rentner vom 12. VI. 1956 (BGBl. I S. 500) vspflichtig wird und von der Möglichkeit der Aufrechterhaltung des privaten Vsvertrages keinen Gebrauch machen will (vgl. hierzu Daum ZfV 1956 S. 580). Die m a t e r i e l l e G e f a h r t r a g u n g endet grundsätzlich mit dem formellen Vertragsablauf (§ 4 (11) S. 1 u. 2 GrB KK). Im Falle der gemäß § 2 (2) b Ziff. 3 S. 2 GrB KK zugelassenen rückwirkenden Künd muß angenommen werden, daß sie mit Zugang der Künderklärung beim Ver endet. Wegen des Begriffs der bis dahin gemachten und daher vom Ver zu erstattenden Aufwendungen vgl. Anm. D 19 a. E. Der p r ä m i e n b e l a s t e t e Z e i t r a u m endet gemäß § 3 (4) GrB KK mit dem Ablauf des Kalendermonats, für dessen Tag die Künd erklärt worden ist. Das vorstehend erörterte Kündrecht des Vmers soll nach den erwähnten Anweisungen des BAA (VA 1960 S. 122 Abschnitt C lit. b bb) und cc)) auch dann Platz greifen, wenn eine Gefahrsperson in eine s t u d e n t i s c h e P f l i c h t v „eintreten m u ß " (zur Rechtswirksamkeit der studentischen Pflichtv, insbesondere ihrer Vereinbarkeit mit dem Bundesrecht vgl. BVerwG 4. VII. 1969 BVerwG E Bd. 32 S. 308) oder infolge nicht nur vorübergehenden Wehr-, Grenzschutz-, Polizei- oder anderen Dienstes Anspruch auf freie Heilfürsorge erhält. Bei nur vorübergehenden Diensten dieser Art soll der Ver Anträgen auf Ruhen der Verträge entsprechen, wenn der Vmer sich zur Zahlung der geschäftsplanmäßigen Gebühr verpflichtet (über den Begriff des Ruhens eines Vsvertrages vgl. Anm. G 21). Soweit diese Weisungen des BAA nicht Bestandteil der Verträge geworden sind — sie sind z. B. in den GrB nicht enthalten —, besteht das Kündrecht als solches nicht. Entsprechende Erklärungen des Vmers können daher nur wirksam werden, wenn sie als Anträge auf Abschluß eines entsprechenden Aufhebungsvertrages (Anm. D 28 u. 36) angesehen werden können und vom Ver angenommen werden. Die Rechtsfolgen bestimmen sich dann nach den hierfür maßgeblichen Grundsätzen. Gemäß § 18 (3) MB KK ist das Kündrecht des Vmers (einer Vollv) hinsichtlich der von der Vspflicht betroffenen Person zum Schluß des Monats gegeben, in dem der Vmer die Tatsache der Vspflicht nachweist. Dieses Recht kann aber im Unterschied zur gesetzlichen Regelung bei Eintritt der Vspflicht im Falle einer Erhöhung der Pflichtgrenze

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III. Ende des Vertrages 5. Kündigung

Anm. [D 41]

nicht zeitlich unbeschränkt geltend gemacht werden, sondern nur innerhalb zweier Monate nach diesem Ereignis, genauer der sie begründenden Tatsachen. Eine spätere Künd ist wirkungslos. Zumeist werden Künd und Nachweis dem Ver gleichzeitig zugehen. Denkbar ist aber auch, daß fristgerecht gekündigt und der erforderliche Nachweis vorher oder nachträglich erbracht wird. Im letzteren Falle ist die Wirksamkeit der Künd davon abhängig, daß der Nachweis fristgerecht geführt wird, da die Künderklärung allein nach den AYB nicht genügt, sondern der Nachweis ihr notwendiger Bestandteil ist. Es handelt sich bei nachgeholtem Nachweis insbesondere nicht um eine aufschiebende Bedingung im Sinne des § 158 BGB, die eine Künd unwirksam machen würde (vgl. z. B. Erman-Hefermehl Vorbem. 2d u. 6 vor § 158 S. 256—258). Das Kündrecht ist auch hier — ebenso wie nach den GrB — gegeben, wenn für eine Gefahrsperson Anspruch auf Familienhilfe (auch durch einen Dritten) erworben wird (§ 13 (3) S. 31. Halbs. MB KK). Im Anschluß an die oben erwähnte Anordnung der Aufsichtsbehörden zu Abschnitt C lit. b) bb) u. cc) sehen die MB Κ Κ im 2. Halbs, das erwähnte Kündrecht ausdrücklich vor. — Wegen der Rechtsfolgen der Künd gilt Entsprechendes wie oben zu § 2 (2) b Ziff. 3 GrB ausgeführt (vgl. §§ 7, 8 (6) MB KK).

[D 41] ccc) Außerordentliche Kündigung wegen Veränderung von Leistungen oder Gegenleistungen durch den Ver Das a. o. Kündrecht gemäß § 2 (2) b Ziff. 2 S. 1 GrB, das aufgrund einer Weisung der Aufsichtsbehörden eingefügt worden ist (VA 1950 S. 92), steht in unmittelbarem Zusammenhang mit § 6 (6) GrB, wonach der Ver unter gewissen Voraussetzungen berechtigt ist, die GrB in bestimmten Punkten zu ändern (Genaueres hierzu Anm. C 21). Falls dadurch das Äquivalent von Leistungen und Gegenleistungen zuungunsten des Vmers geändert wird (im folg. „Minusänderung"), ist dieser zur vorzeitigen Künd berechtigt. — Nicht jede Vertragsänderung gibt dieses Recht, sondern nur diejenige, die die beiderseitigen Leistungspflichten zum Nachteil des Vmers berührt, d . h . in der Regel die in den §§ 3 u. 4 GrB aufgeführten und in den Tarifen oder den Tarifbedingungen hierauf bezüglichen Bestimmungen. Dazu gehören ζ. B. nicht die Änderungen der Bestimmungen über das Kündrecht, über Willenserklärungen, über Art und Umfang sowie über die Erfüllung von Obliegenheiten. Vertragsänderungen dieser Art können zwar die Stellung des Vmers gleichfalls verschlechtern — ζ. B. Einschränkung der ihm bisher zustehenden Kündrechte, Einführung von Formerfordernissen für die Abgabe von Willenserklärungen, Neubegründung von Obliegenheiten —, diese Änderungen betreffen aber nicht das Leistungsgefüge des Vertrages, wenngleich sie mittelbar gleichfalls eine Veränderung in dieser Hinsicht zur Folge haben können. — B e i t r a g s e r h ö h u n g e n kommen durch Erhöhung der Prämiensätze oder sonstigen Gebühren (Mahn- und Inkassogebühren), Verkürzung der Zeiträume, für die die einzelne Prämie gelten soll oder durch Herabsetzung des Alters, von dem ab für heranwachsende Kinder der Erwachsenenbeitrag gezahlt werden soll, in Betracht, ferner auch dadurch, daß größere Vorauszahlungen gefordert oder Skontosätze vermindert werden. Schließlich kann eine Prämienerhöhung auch darin liegen, daß die Prämie bei Vertragsbeendigung noch für einen längeren als bisher vorgesehenen Zeitraum zu entrichten ist (§ 3 (4) GrB). L e i s t u n g s v e r m i n d e r u n g e n können in verschiedenen Formen vorkommen, ζ. B. Einführung bisher nicht vereinbarter Höchstsätze oder ihre Herabsetzung, Einführung oder Erhöhung von Selbstbeteiligungen des Vmers, Wegfall von Leistungsgruppen, Einführung einer zeitlichen Leistungsbegrenzung oder Verminderung einer schon vorhandenen Herabsetzung der vorgesehenen Prämienrückgewähr. Außer im Tarif können Minusänderungen auch in den Tarifbedingungen vorgenommen werden, so ζ. B. wenn dem Vmer günstige Abweichungen von den GrB wegfallen, wenn Wartezeiten, die für den Vmer noch in Betracht kommen können (ζ. B. für später evtl. noch in den Vertrag einzuschließende Gefahrspersonen), verlängert oder neu eingeführt werden, wenn die Gewährung von Leistungen von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht wird, sofern es sich dabei nicht um Obliegenheiten handelt, ferner wenn die freie Wahl zwischen den Behandlern eingeschränkt (ζ. B. nur noch öffentliche Krankenhäuser oder keine HeilWriede

Κ 121

Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Λ lim. [D 41]

praktiker mehr anerkannt werden) oder die Leistungspflicht für bei Vertragsablauf schwebende Vsfälle eingeschränkt wird (§ 4 (11) S. 4 GrB KK). — Oft wird das Vorliegen einer Minusänderung nur schwer feststellbar sein, so insbesondere bei umfangreicheren Umstellungen des Tarifs, bei denen sowohl die Beiträge als auch die Leistungen nach oben oder unten verändert werden und nicht zu übersehen ist, ob diese Veränderungen im Ergebnis für den Vmer günstig, ungünstig oder wertneutral sind. In einem Rechtsstreit hierüber wird der Ver aufgrund seiner Prozeßförderungspflicht gehalten sein, seine Kalkulationsgrundlagen vorzulegen, damit sie ggf. von einem Mathematiker überprüft werden können. — Daß die Minusänderung „ a u c h m i t W i r k u n g f ü r b e s t e h e n d e Vs V e r h ä l t n i s s e " vorgenommen werden muß, wie die hier erläuterte Bestimmung besagt, ist überflüssig, da eine den betreffenden Vertrag nicht berührende Veränderung des Tarifund Bedingungswerks des Vers unerheblich ist. Mittelbar ergibt sich daraus, aus dem Zweck und dem Zusammenhang der Bestimmung mit § 6 (6) GrB jedoch, daß es sich um eine allgemeine, nicht auf einzelne Verträge beschränkte Maßnahme handeln muß. Eine nur singuläre Minusänderung wäre durch § 6 (6) GrB nicht gedeckt (Anm. C 21) und daher schlechthin unbeachtlich. Sie kann unter Berücksichtigung aller Umstände den Vmer zur Künd wegen wichtigen Grundes berechtigen (AG Iserlohn 28. IX. 1950 VA 1951 S. 44, Anm. D 37). — Eine M i n u s ä n d e r u n g a u f g r u n d g e s e t z l i c h e r o d e r a u f s i c h t s r e c h t l i c h e r M a ß n a h m e n (ζ. B. gemäß VO 29. XI. 1940 RGBl. I S. 1543 bzw. § 81 a S. 2 VAG) erfüllt gleichfalls nicht die Voraussetzungen des hier behandelten Kündrechts. In solchen Fällen wird aber eine Künd wegen wichtigen Grundes in Betracht gezogen werden müssen (Anm. D 39). Zu der Frage, ob auch Beitragserhöhungen nach den sog. Anpassungstarifen ein Kündrecht nach den hier erörterten Bestimmungen gewähren vgl. A. S. ZfV 1973 S. 32. Der Vertrag kann bei Vorliegen einer danach relevanten Minusänderung zum S c h l u ß des 2. M o n a t s n a c h dem W i r k s a m w e r d e n der Ä n d e r u n g gekündigt werden (wegen der Voraussetzungen der Änderung vgl. Anm. C 21). Die Änderung wird frühestens mit Zugang der entsprechenden Willenserklärung des Vers beim Vmer oder seinem Vertreter wirksam. Soll sie ihrem Inhalt nach erst zu einem späteren Datum beginnen, so ist dieses maßgeblich. Das folgt zunächst aus der unmittelbaren Bezugnahme der Worte „Wirksamwerden der Änderung" auf den ersten Teil des Satzes „vermindert der Ver . . . " ; dieser Teil hat ersichtlich die materielle Änderung, nicht ihre bloß formelle Verfügung im Auge. Es ergibt sich weiter aus S. 2 a. a. 0., der lediglich klarstellend (s. unten) bestimmt, daß der Vmer die eingetretene Änderung bis zum Vertragsablauf hinnehmen muß. Fällt der Zeitpunkt der Änderung in den Lauf eines Kalendermonats (ζ. B. 15. oder 31.1.), so wirkt die Künd auf den Schluß des übernächsten Monats (hier auf den 31. III.), d. h. es müssen mindestens zwei volle Kalendermonate dazwischen liegen. Soll die Änderung am ersten eines Monats beginnen (z. B. am 1. II.), d. h. um 0 Uhr dieses Tages, so endet der Vertrag bei rechtzeitiger Künd (s. unten) entsprechend am Schluß des nächsten Monats (hier zum 31. III.). Denn auch in diesem Falle liegen zwischen Eintritt der Änderung und Vertragsablauf zwei volle Monate. Erforderlich ist jedoch, daß das Kündrecht f r i s t g e r e c h t ausgeübt wird: Die Künderklärung muß spätestens einen Monat vor dem Zeitpunkt, zu dem gekündigt werden kann (in den genannten Beispielen also bis zum 28. bzw. 29. II), beim Ver eingehen. Genaueres zur Berechnung der Kündfrist Anm. D 35. S. 2 a. a. 0. besagt etwas Selbstverständliches. Denn schon aus § 6 (6) GrB ergibt sich, daß der Vmer die vom Ver verfügte Minusänderung bis zum (vorzeitigen) Ablauf des Vertrages gegen sich gelten lassen muß. Daran kann durch die Künd nichts geändert werden (im Ergebnis ebenso ZA VW 1950 S. 33). Die D a u e r d e r m a t e r i e l l e n G e f a h r t r a g u n g u n d des p r ä m i e n b e l a s t e t e n Z e i t r a u m s bestimmen sich nach den §§ 4 (11) S. 1—3 GrB KK, 4 (10) S. 1 u. 2 GrB KH, 4 (9) S. 1 u. 2 1. Halbs. GrB KT bzw. § 3 (4) GrB, vgl. auch Anm. D 19. Für Verträge aufgrund der MB Κ Κ gilt entsprechendes gemäß § 18 (4) MB KK. Hier ist darüber hinaus indessen vorgesehen, daß der Vmer den Vsvertrag auch nur hinsichtlich der von der Minusänderung betroffenen Person künd kann, während ihm nach § 2 (2) b Ziff. 2 GrB im Falle einer auf eine Gefahrsperson beschränkten Minusänderung nur die Möglichkeit bleibt, den ganzen Vertrag zu künd.

Κ 122

Wriede

III. Ende des Vertrages 5. Kündigung

Anm. [D 42, D 48]

[D 42] ddd) Außerordentliche Kündigung wegen teilweiser Vertragsauflösung durch Ver. Der Ver hat gemäß § 30 I W G und nach weiteren vertraglichen Bestimmungen (§§ 7 Ziff. 1, 8 Ziff. 1 III 2 NoB, 2 (2) c Ziff. 3 S. 1 und (3) a S. 2 GrB, 13 (5) MB KK) in einer Reihe von Fällen das Recht, den Vertrag nur in bezug auf einen Teil der Gefahrspersonen durch Künd oder Rücktritt zu beenden (Genaueres Anm. D 44 und 47). Dann ist der Vmer seinerseits berechtigt, den Vertrag auch im übrigen zu künd (§§ 30 II W G , 7 Ziff. 1, 8 Ziff. 1 III 3 NoB, 2 (2) c Ziff. 3 S. 2 und (3) a S. 2 GrB, 13 (5) MB KK). Genaueres hierüber Anm. D 44. [D 43] g) Kündigungsrechte des Vers. aa) Ordentliche Kündigung des Vers. Schrifttum: Biedermann VuG 1926 S. 169—170, Bruck PKV S. 40, Hagen ZVersWiss 1938 S. 292, Kopsch VW 1952 S. 242, Wriede VN 1951 S. 70—71, ders. VersR 1972 S. 9—10. Die Frage, ob Krankenvsverträge durch ordentliche Künd des Vers beendet werden können, hat eine bemerkenswerte Entwicklung genommen. Die durchaus herrschende Meinung geht in Anlehnung an die allgemein — außer in der Lebensv — anerkannte Praxis dahin, daß in gleicher Weise wie der Vmer auch der Ver den Vertrag zum Ablauf eines jeden Vsjahres künd könne, ohne daß dafür der Eintritt besonderer Voraussetzungen erforderlich sei (KG 1. VII. 1931 JRPV 1931 S. 339, OLG Hamm 16. XII. 1970 VersR 1971 S. 633, LG Hamburg 31. III. 1939 JRPV 1939 S. 239, Biedermann a. a. O., Bruck PKV a. a. O., Hagen a. a. O., Kopsch a. a. O.). Dieses Recht soll, wie auch sonst im Zivilrecht, nur dort seine Schranke finden, wo seine Ausübung als Rechtsmißbrauch anzusehen sei (LG Hamburg a. a. O., Band 1 Anm. 23 zu § 8 S. 227). Das RAA hatte zunächst zum Schutz der Vmer den Abschluß von Krankenvsverträgen mit längerer als einjähriger Laufzeit untersagt, da man mangels ausreichender Erfahrungen bei langfristigen Verträgen Unzuträglichkeiten für die Vmer befürchtete (VA 1933 S. 228, 1934 S. 135—136); später wurde die Frist auf drei Jahre ausgedehnt (VA 1950 S. 155, 1951 S. 181 = VA Berlin 1951 S. 134). Schon vor dem zweiten Weltkriege wurde indessen erkannt, daß ein voraussetzungsloses Kündrecht des Vers für den Vmer zu erheblichen Härten führen kann (z. B. RAA VA 1934 S. 136) : Die Gefahrsperson hat mit zunehmendem Alter in aller Regel eine höhere Krankheitsanfälligkeit und höheren Aufwand für die Behandlung von Krankheiten zu erwarten, so daß eine anderweitige V für sie, wenn überhaupt, nur zu erschwerten Bedingungen — erhöhten Prämiensätzen und/oder Risikobeschränkungen — zu erlangen ist, insbesondere wenn inzwischen schwere Krankheiten eingetreten waren, die Rezidive erwarten lassen können. Daher haben eine ganze Reihe von Vern schon seit langem auf das ihnen nach damaliger Auffassung zustehende Kündrecht verzichtet (HandbV S. 213, VerbB 1963 S. 48—49) und damit ein erhöhtes Risiko auf sich genommen, das notwendig eine ungünstigere Kalkulation ergab als bei ihren Mitbewerbern. Andere Ver sind diesem Beispiel später gefolgt (GB BAV 1954/55 S. 25). Dieses Vorgehen hat dazu geführt, daß der mit der Abfassung eines Gesetzentwurfes zur Regelung der PKV befaßte Ausschuß der Akademie für Deutsches Recht in § 10 des E 1938 (abgedruckt bei Wissing-Heyn-Setzepfand, Gesetzliche Regelung der PKV, Berlin 1938) das Kündrecht auf 5 Jahre beschränkte. Noch weitergehend haben die GrB KK dieses Recht auf die ersten drei Vsjahre begrenzt (§ 2 (2) c Ziff. 1). In den entsprechenden Bestimmungen der GrB Κ H und KT ist diese Beschränkung nicht enthalten, jedoch können die Tarifbedingungen es (aufsichtsrechtlich) vorsehen. Gemäß § 14 (1) S. 2 MB Κ Κ soll es für die ersten drei Vsjahre gegeben sein, wenn lediglich eine Krankenhaustagegeld- oder eine Krankheitskostenteilv besteht. — Aber auch soweit danach noch ein voraussetzungsloses Kündrecht für den Ver beansprucht wird, ist es mit der vom Ver übernommenen Gefahrtragungspflicht nicht vereinbar und daher unwirksam. Die Berechtigung des Vers zur ordentlichen Künd wird vielfach mit der Erwägung begründet, daß es dem Ver möglich sein müsse, sich von einem Risiko zu trennen, das Wriede

Κ 123

Anm. [D 48]

Krankenvers. D. Dauer des Yertr.

für die Gefahrengemeinschaft auf die Dauer nicht tragbar erscheint (KG a. a. 0., RAA VA 1934 S. 136, Bruck PKV a. a. 0., Hagen a. a. O., Kopsch a. a. O.). Schon die Tatsache, daß viele Ver auf dieses Recht verzichten, zeigt jedoch, daß dieses Argument nicht zwingend ist, insbesondere daß dafür keine unbedingte vstechnische Notwendigkeit besteht. Es ist aber auch rechtlich nicht haltbar. Der Krankenvsvertrag deckt eine Gefahr, die unmittelbar auf das Funktionieren de s menschlichen Organismus Bezug hat. Erfahrungsgemäß wird das Risiko mit zunehmendem Lebensalter der Gefahrsperson und nach eingetretenen Erkrankungen oder Unfällen größer. Diese Verstärkung der vten Gefahr ist, wie allgemein anerkannt, keine Gefahrerhöhung im Sinne der §§ 23, 27 W G (OLG Hamburg 14. XII. 1939 HansRGZ 1940 Β Sp. 63, Band 1 Anm. 5 zu § 23 S. 375, Prölss-Martin 18 Anm. 2 zu § 29 S. 187—188, v. Gierke II S. 366, Guckenheimer VArch 1932/33 S. 789—790, Behne ZfV 1951 S. 32). Sie ist vielmehr der vten Gefahr von vornherein immanent ebenso wie es bei der Lebensv niemals zweifelhaft gewesen, sondern geradezu ein wesentlicher Teil des von ihr übernommenen Risikos ist, daß eine Gefahrsperson wegen erheblicher Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes ein überdurchschnittliches Sterblichkeitsrisiko aufweist (ζ. B. Bruck-Dörstling Vorbem. 5 vor § 9 S. 172). Wenn aber das Eintreten dieser Umstände keine Gefahrerhöhung im Rechtssinne darstellt, es vielmehr von vornherein Bestandteil der vom Ver zu tragenden Gefahr ist (vgl. auch RG 3. I. 1936 RGZ Bd. 150 S. 50), so kann ihr Wirksamwerden kein Kündrecht gemäß § 27 I W G auslösen und erst recht keine innere Rechtfertigung für die Zulässigkeit einer ordentlichen Künd sein. Im Gegenteil: wenn der Ver vertraglich verpflichtet ist, das mit fortschreitendem Alter und aus sonstigen schicksalsbedingten Gründen sich erhöhende Risiko zu tragen, so ist es geradezu vertragswidrig, ein venire contra factum proprium, ihm die voraussetzungslose Lösung vom Vertrage zu gestatten (Wriede a. a. O.). Das ist für die Lebensv schon seit jeher anerkannt (Bruck-Dörstling Anm. 22 zu § 6 S. 129) ; für die Krankenv mit ihrem insoweit ähnlichem Risiko kann nicht gut etwas anderes gelten. Für das schweizerische Recht werden ähnliche Erwägungen in bezug auf die Anwendbarkeit des § 42 S W G für den Krankenvsvertrag vertreten (Paratte, L'assurance privée maladie en Suisse, Bern 1954 S. 78—82). Der u. a. von Hägen a. a. O. angeführte Gesichtspunkt, daß der Krankenver in besonderem Maße der Gefahr böswilliger Ausnutzung ausgesetzt sei und ihm daher die Möglichkeit offengelassen werden müsse, einzelne Gefahrspersonen aus der Gefahrengemeinschaft auszuschließen, ist durchaus beachtlich, erfordert aber nicht die Gewährung eines ordentlichen Kündrechts (wegen des Rechts zur Künd aus wichtigem Grunde bei vertragswidrigem Verhalten des Vmers vgl. Anm. D 44). Allein die Tatsache, daß ein Verdacht auf ein vertragswidriges Verhalten vorliegt, kann angesichts der angeführten schweren Bedenken das ordentliche Kündrecht nicht rechtfertigen; das würde auf eine Umgehung der Notwendigkeit des Nachweises der Voraussetzungen für das Bestehen eines „wichtigen Grundes" hinauslaufen. Hier mag dem Ver dadurch geholfen werden, daß zu seinen Gunsten Beweisvermutungen vereinbart werden. Die NoB sehen an sich keine ordentliche Künd für den Ver vor, da der Vertrag gemäß § 6 Ziff. 1 I nur für jeweils ein Jahr abgeschlossen wird. Aufgrund der in dieser Bestimmung enthaltenen Verlängerungsklausel ist der Vertrag aber praktisch gleichfalls auf Lebenszeit abgeschlossen (Anm. D 18) und bedarf zu seiner Beendigung einer Künd. Auch dieses Kündrecht ist daher im Sinne der vorstehenden Ausführungen unwirksam. § 7 Zill. 1 NoB sieht — offenbar in Anlehnung an § 30 W G — auch eine teilweise Künd des Vertrages hinsichtlich einzelner Gefahrspersonen vor. Der Zusammenhang dieser Bestimmung mit § 6 NoB macht deutlich, daß hier auch eine ordentliche Künd in Betracht kommen soll. Prölss-Martin18 (Anm. 1 zu § 7 NoB sind ersichtlich der Auffassung, daß auch eine auf den Vmer selbst beschränkte Künd möglich ist. Das ist unrichtig. Ein Vertrag ohne Vmer ist undenkbar. Es kann dann nur eine Umgestaltung des Vertrages vereinbart werden, so daß an Stelle des ausscheidenden Vmers eine andere, z. B. eine bisher nur als Gefahrsperson eingeschlossene Person tritt. Entsprechendes gilt für das in § 2 (2) c ZiH. 1 GrB und § 14 (1) S. 2 MB KK vorgesehene Kündrecht des Vers. Es ist schlechthin unwirksam. Κ 124

Wriede

III. Ende des Vertrages 5. Kündigung [D 44] bb)

Anm. [D 44]

außerordentliche Kündigung

aaa) außerordentliche Künd wegen wichtigen Grundes. Wegen der allgemeinen Grundsätze über die Künd aus wichtigem Grunde vgl. Anm. D 39. Die Rechtsprechung hat ein solches Kündrecht des Vers angenommen, wenn der Vmer durch unlauteres Vorgehen Leistungen des Vers zu erlangen versucht, die ihm nach Sachlage nicht zustehen (LG Mannheim 8. II. 1934 JW 1934 S. 3080f, HansOLG 3. XII. 1940 HRGZ 1941 Β Sp. 20—24). Das von Prölss" (Anm. 5 zu § 2 GrB S. 799) gebrachte Beispiel, daß der Vmer den Ver ständig — nicht nur in dem einen oder anderen Vsjahr — für Leistungen in Anspruch nimmt, die weit über dem Durchschnitt der übrigen Vmer liegen, ist sehr bedenklich: Wenn dieser Inanspruchnahme ein echter Bedarf zugrunde liegt und die Heilbehandlung nicht das notwendige Maß überschreitet, so liegt kein unlauteres Verhalten des Vmers vor, auch wird man nicht davon sprechen können, daß dem Ver nach Treu und Glauben eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zuzumuten sei; denn das Verlangen des Vmers liegt durchaus im Rahmen seiner vertraglichen Rechte. Die vte Gefahr ist nicht von vornherein nur auf eine Inanspruchnahme etwa im Rahmen bis zur Höhe der durchschnittlichen Leistungspflicht begrenzt. § 8 Ziff. 1Π 2 NoB enthält eine Normierung dieses wohl häufigsten Falles eines wichtigen Grundes : Erschleichung oder versuchte Erschleichung der Vsleistungen durch falsche Angaben, insbesondere durch Vortäuschung von Krankheiten. Der Ver genießt Leistungsfreiheit und kann fristlos künd. Daß für einen nur vorgetäuschten Vsfall keine Leistungen zu erbringen sind, ist selbstverständlich. Der Sinn dieses Teils der Bestimmung kann nur darin gesehen werden, daß der Ver auch dann vollen Umfangs leistungsfrei sein soll, wenn für einen an sich gegebenen Vsfall mit Hilfe einer Vorspiegelung falscher Tatsachen höhere Leistungen erschlichen werden sollen. Für spätere Vsfälle gilt das jedoch nicht mehr, da der Ver sich durch fristlose Künd vom Vertrag hätte lösen können und daher, wenn das nicht geschieht, angenommen werden muß, daß die Fortsetzung des Vertrages für ihn trotz des Verstoßes nicht unzumutbar war, ζ. B. wenn es sich um ein einmaliges Vergehen des sonst redlichen Vmers gehandelt hat. Aus dem gleichen Grunde muß die Künd auch in angemessener Zeit nach Kenntniserlangung — Kenntnis des Sachbearbeiters genügt (Bd. 1 Anm. 37 zu § 16 S. 325) — von dem verwerflichen Verhalten des Vmers ausgesprochen werden; andernfalls ist sie unwirksam (vgl. auch BAAVA 1956 S. 130). Dieses Kündrecht kann der Ver gemäß § 7 Ziff. 1 NoB, ohne daß besondere Voraussetzungen vorzuliegen brauchen, auf einen Teil der Gefahrspersonen beschränken. Dieses Recht ist in jedem Falle des Bestehens eines a. o. Kündrechts gegeben. Das ist um so mehr anzunehmen, als § 7 sich ohne besondere Überschrift an den mit „Kündigung" überschriebenen § 6 anschließt und ferner der Fall des Teilrücktritts mit entsprechendem Kündrecht des Vmers für einen unter § 41 W G fallenden Sachverhalt in § 8 Ziff. 1 II u. III NoB gesondert aufgeführt wird, entsprechendes jedoch für die im vorhergehenden Absatz geregelte Künd wegen unredlichen Verhaltens des Vmers unterblieben ist. Prölss-Martin 18 (Anm. 1 zu § 7 NoB S. 929) sind darüber hinaus sogar der Meinung, daß der Vertrag von beiden Teilen, also auch vom Vmer für einzelne oder für alle „Mitvten" oder nur für den Vmer gekündigt werden kann. Dafür bietet jedoch weder der Inhalt der NoB einen Anhaltspunkt noch ergibt sich das aus dem Gesetz. § 8 II W G bestimmt lediglich (und zugunsten des Vmers zwingend, § 15a W G ) , daß die K ü n d f r i s t e n für beide Teile gleich sein müssen, so daß im übrigen die Ausgestaltung des Kündrechts für beide Teile unterschiedlich geregelt sein kann. Eine Künd nur für die Person des Vmers kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil ein Vertrag ohne Vmer nicht denkbar ist. Hier ist nur eine vereinbarungsgemäße Umwandlung durch Einführen eines anderen Vmers möglich. Nach der hier hinsichtlich des ordentlichen Kündrechts vertretenen Auffassung (Anm. D 43) kommt auch für eine Teilkünd nur ein a. o. Kündrecht in Betracht, so daß sie nur möglich ist, wenn die erforderlichen Kündgründe in der betreffenden Gefahrsperson gegeben sind ; ist das der Vmer, so kann der Vertrag nur vollen Umfangs gekündigt werden. Wriede

Κ 125

Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 44]

Kündigt der Ver teilweise, so k a n n der V m e r seinerseits den Vertrag im ü b r i gen k ü n d i g e n (§ 7 Ziff. 1 NoB). Dieses Recht ist an eine Ausschlußfrist von 2 Wochen seit Zugang der Teilkünd des Vers gebunden. Wegen der Fristberechnung vgl. Anm. D 35. Diese Künd des Vmers kann daher u. U. rückwirkende Kraft haben, jedoch nicht auf einen Zeitpunkt, der vor dem Wirksamwerden der Künd des Vers liegt. Der Ver kann das Recht zur fristlosen Künd auch für einen späteren Zeitpunkt ausüben. Die dazwischenliegende Spanne darf aber eine angemessene Frist nicht überschreiten; sonst würde darin zum Ausdruck kommen, daß die Fortsetzung des Vertrages für den Ver doch nicht unzumutbar wäre. Die NoB enthalten für den Fall der Künd durch den Ver keine Bestimmungen über die t e c h n i s c h e V s d a u e r . Aus § 9 Ziff. 1 u. 2 S. 4 ist im Gegenschluß zu folgern, daß der Ver auch bei a. o. Künd für einen vor Ablauf des Vsjahres liegenden Zeitpunkt die volle Jahresprämie fordern kann (a. A. Prölss-Martin 18 Anm. 3 zu § 8 NoB S. 931). Insoweit gilt hier der Grundsatz der Unteilbarkeit der Prämie (Bd. 1 Anm. 15 zu § 35 S. 455, Anm. 4 zu § 40 S. 514). Hinsichtlich der D a u e r d e r m a t e r i e l l e n G e f a h r t r a g u n g gilt § 8 NoB Ziff. 2: Sie endet mit Zugang der Künderklärung. § 2 (2)c Ziff. 2 GrB erwähnt neben dem allgemeinen Grundsatz der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertrages den Tatbestand, daß der Vmer „oder eine vte Person Leistungen des Vers unberechtigterweise in Anspruch genommen" hat. Das ist ungenau. Zunächst handelt es sich dabei nicht um einen von dem erwähnten Grundsatz zu unterscheidenden Tatbestand, sondern um einen besonderen Anwendungsfall. Ferner ist zur Inanspruchnahme von Leistungen neben dem Vmer nur der Vte im Falle einer V für fremde Rechnung (Anm. A 23, Abschnitt H), niemals aber eine Gefahrsperson als solche berechtigt, auch wenn ihre Erkrankung die Leistungspflicht des Vers auslöst (Abschnitt G). Vor allem aber kann die unberechtigte Inanspruchnahme in aller Regel nur dann ein Kündrecht begründen, wenn dabei ein Verschulden des Vmers oder der Personen mitgewirkt hat, deren Verhalten er zu vertreten hat. Soweit es sich um die Wahrnehmung von Obliegenheiten handelt, insbesondere von Auskungftspflichten hat der Vmer das Verhalten der Gefahrspersonen analog §§ 161, 179 IV W G zu vertreten (Bd. 1 Anm. 61 zu § 6 S. 207), das Verhalten sonstiger Dritter hat der Vmer nur dann zu vertreten, wenn sie Wissenserklärungsvertreter bzw. Repräsentanten sind (Genaueres Bd. 1 Anm. 84—87 bzw. 92—102 zu § 6 S. 212—213 bzw. 214—217). Soweit Vertragspflichten in Frage stehen, kommt eine Verantwortlichkeit des Vmers nur in Betracht, wenn die Gefahrspersonen (oder sonstige Dritte) insoweit Erfüllungsgehilfen sind (§278 BGB). — Eine schuldlose oder nur leicht fahrlässige unberechtigte Inanspruchnahme, ein bloßes Versehen, ist kein zu mißbilligender Verstoß gegen Treu und Glauben von solcher Intensität, daß deswegen eine fristlose Künd am Platze wäre. Der Ver kann daher nur dann fristlos kündigen, wenn der Vmer oder die Gefahrsperson oder der sonstige Dritte, deren Verhalten er zu vertreten hat, grobfahrlässig oder vorsätzlich gehandelt haben. Gemäß § 2 (2)c Zill. Β S. 1 GrB kann die a. o. Künd auf alle oder einzelne Gefahrspersonen (außer den Vmer) beschränkt werden, wenn die Kündvoraussetzungen nur bei ihnen vorliegen, sie also ein grob treuwidriges Verhalten an den Tag gelegt haben. Diese Bestimmung spricht zwar schlechthin von Künd, nicht von einer a. o., gleichwohl kommt nur diese in Betracht, da das ordentliche Kündrecht des Vers, selbst wenn man es entgegen der hier vertretenen Ansicht (Anm. D 43) für zulässig hält, an keine Voraussetzungen geknüpft ist, die nur bei einem Teil der Gefahrspersonen vorliegen könnten. Die A u s ü b u n g des Kündrechts ist an eine Ausschlußfrist von einem Monat gebunden (§ 2 (2)c Ziff. 2 GrB). Sie beginnt, sobald der Vorstand des Vers von den es begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Die Kenntnis eines Sachbearbeiters, ζ. B. des Leiters der kontoführenden Bezirksstelle, reicht also — anders als ζ. B. bei Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht (Bd. 1 Anm. 37 zu § 16 S. 325—326) — nicht aus. Die Kenntnis einzelner Tatsachen, die lediglich einen dahingehenden Verdacht erregen, genügt nicht. Die Künd braucht nicht notwendig als fristlose erklärt zu werden. Sie kann auch für einen etwas späteren Zeitpunkt ausgesprochen werden (vgl. oben).

Κ 126

Wriede

III. Ende des Vertrages 5. Kündigung

Anm. [D 45, D 46]

Zweifelhaft ist, ob im Falle einer solchen Teilkünd dem Vmer analog § 30 II W G ein Kündrecht wegen des Vertrages zugebilligt werden muß. Die GrB schweigen hierüber im Gegensatz zu den NoB (vgl. oben zu § 7 Ziff. 1 NoB). Dem § 30 II W G liegt der Gedanke zugrunde, daß der Vmer für den nach den Bestimmungen des 2. Titels des W G gekündigten Teil des Vertrages allein anderweitig nur schwer eine Deckung finden wird, während diese Schwierigkeiten geringer sein werden, wenn er einem anderen Ver das gesamte Risiko anbieten könnte (Begr. I S. 40). Diese Bestimmung betrifft den Fall einer teilweisen Vertragsauflösung durch den Ver wegen Verstoßes gegen die vorvertragliche Anzeigepflicht oder die Gefahrstandspflicht, d. h. kurz gesagt, die vte Gefahr ist größer (geworden) als zunächst angenommen. Der Rechtsgrund der hier erörterten Teilkünd wegen wichtigen Grundes liegt dagegen in der sog. Vertragsgefahr, d. h. in der Gefahr, daß der Vmer (u. U. veranlaßt durch eine Gefahrsperson) dazu neigt, Leistungen zu beanspruchen, auf die kein Anspruch besteht (vgl. hierzu etwa BGH 28. IV. 1971 VersR 1971 S. 662, 663, Prölss-Martin18 Anm. l b zu §§ 16, 17 S. 148). Die Interessenlage ist in beiden Fällen gleichgerichtet: Der Vmer wird sich, wenn die Vertragsgefahr nur wegen Teils der vten Gefahrspersonen erhöht erscheint, bei der Beschaffung anderweitiger Deckung den gleichen Schwierigkeiten gegenüber sehen, als wenn die Vertragsaufhebung wegen eines teilweise erhöhten Risikos ausgesprochen worden ist. Diese Überlegung rechtfertigt die analoge Anwendung des § 30 II W G auf eine Künd gemäß § 2 (2)c Ziff. 3 S. 1 GrB. Für die t e c h n i s c h e V s d a u e r gilt § 3 (4) GrB: der letzte Beitrag ist für den Kalendermonat zu entrichten, in dem der Vertrag formell endet. Die m a t e r i e l l e D a u e r bestimmt sich nach den §§ 4 (11) S. 1—3 GrB KK, 4 (10) S. 1 u. 2 GrB KH bzw. 4 (9) S. 1 u. 2 1. Halbs. GrB ET Die MB KK beschränken sich wegen des a. o. Kündrechts des Vers auf den Hinweis, daß die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen unberührt bleiben (§ 14 (2)). Damit sind ersichtlich die a. o. Kündrechte nach dem W G gemeint. Das kann aber nicht bedeuten, daß das gesetzlich nicht normierte, sich vielmehr aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergebende Recht zur fristlosen Künd wegen wichtigen Grundes (vgl. Anm. D 39 und 44) dem Ver nicht zustehen soll. Es gilt grundsätzlich für jedes Dauerschuldverhältnis. Es ist auch im Rahmen der MB KK nach den gleichen Grundsätzen zu behandeln, wie vorstehend zu den NoB und den GrB ausgeführt (ebenso offenbar UlimannSchäfer S. 119—120, wenn dort von „Künd wegen positiver Vertragsverletzung" gesprochen wird). B e w e i s l a s t : Die Voraussetzungen für die Entstehung des a. o. Kündrechts, dessen rechtzeitige und formgerechte Ausübung sowie für den Zugang der Künderklärung beim richtigen Empfänger, ggf. auch dessen Vertretungsmacht hat der Ver zu beweisen. [D 45] bbb) Außerordentliches Kündigungsrecht wegen anderer Tatbestände. Neben der Künd wegen wichtigen Grundes kommen für den Ver die sich aus dem W G ergebenden a. o. Kündrechte der §§ 6 I 2 (anwendbar in den Fällen der §§ 6 (2) a u. b GrB KK, 6 (2) a GrB KH, 6 (3) GrB KT u. 10 (2) MB KK), 24 I 1, 27 I 1, 41 II (Abschnitt F) und 39 III 1 u. 2 (Anm. E 25) in Betracht, für die die AVB z. T. ergänzende Vorschriften enthalten. Im einzelnen wird auf die zit. Abschnitte verwiesen. — Ein a. o. Kündrecht wegen Vermögensverfalls des Vmers, das sich der Ver gemäß § 14 W G vorbehalten kann, ist in den hier behandelten AVB nicht vorgesehen. Es hat daher bei den allgemeinen Vorschriften, insbesondere des Konkurs- und Vergleichsverfahrens sein Bewenden (Bd. 1 Anmerkungen zu § 14 S. 290—297). [D 46] cce) Ausschluß des Ymers aus einem WaG. Dem a. o. Kündrecht des Vers ist das Recht des W a G an die Seite zu stellen, ein Mitglied aus dem Verein auszuschließen. Soweit die den wichtigen Grund begründenden Umstände zum Bereich des Vsvertrages gehören, insbesondere durch Bestimmungen des W G oder der AVB geregelt sind, ist das Ausschlußrecht danach zu bestimmen. Mit der dadurch herbeigeführten Beendigung des Vsverhältnisses endet in der Regel Wriede

Κ 127

Kranken vers. D. Dauer des Yertr.

Anm. [D 47]

auch die Mitgliedschaft (§ 20 S. 3 VAG). Daneben sind wichtige Gründe denkbar, die nicht auf das Vsverhältnis, sondern allein auf die Mitgliedschaft oder auf sonstige Umstände Bezug haben und gleichfalls die Fortsetzung der Mitgliedschaft für den Verein nach Treu und Glauben unzumutbar machen, so daß er zum Ausschuß und damit untrennbar verbunden zur Beendigung des Vsverhältnisses berechtigt ist (BGH 21. X. 1971 VersR 1972 S. 37, AG Hamburg 12. VI. 1956 u. LG Hamburg 14. VII. 1956 VA 1956 S. 228—229, Sasse VersR 1956 S. 75—76, Prölss-Schmidt-Sasse" Anm. 10g zu § 20 S. 302; a. A. Kisch W a G S. 132—133). Vielfach sehen die Satzungen der W a G ein besonderes Ausschließungsverfahren vor. Auch wird oft bestimmt, daß der Ausgeschlossene gegen die Ausschlußverfügung besondere Ausschüsse oder den Aufsichtsrat anrufen kann. Dieses Verfahren ist zunächst zu erschöpfen, bevor die ordentlichen Gerichte damit befaßt werden können (BGH 22. IX. 1960 WM 1960 S. 1188—1190). Andernfalls wird es so angesehen, als wenn der Ausgeschlossene sich dem Ausschließungsbeschluß unterworfen hat (RG 22. X. 1914 RGZ Bd. 85 S. 356—357, OGH 31. III. 1949 OGHZ Bd. 1 S. 373—374). Die Ordnungsmäßigkeit des Ausschließungsverfahrens und seine Überprüfung durch die dafür vorgesehenen Institutionen des Vereins kann im Verfahren vor den ordentlichen Gerichten nachgeprüft werden, soweit nicht die Satzung Gegenteiliges bestimmt, was in gewissen Grenzen zulässig ist (Genaueres bei Kisch a. a. O. S. 134—135). Die t e c h n i s c h e u n d m a t e r i e l l e V s d a u e r werden analog zu den in den AVB für die a. o. Künd vorgesehenen Bestimmungen zu regeln sein (vgl. Anm. D 44). [D 47] β. Bücktritt vom Vertrage. Während die Künd ein Dauerschuldverhältnis nur für die Zukunft beendet und daher die bis dahin eingetretenen Wirkungen unverändert läßt, wird das Vertragsverhältnis durch Ausübung eines Rücktrittsrechts zwar auch für die Zukunft beendet — es hat somit auch Wirkung ex nunc —, darüber hinaus aber nach h. M. (RG 11. IV. 1902 RGZ Bd. 50 S. 266) unmittelbar rückwirkend vernichtet. Nach einer anderen Ansicht (ζ. B. Wolf AcP Bd. 153 S. 102) wird das vertragliche Schuldverhältnis nur geändert, nämlich in ein Abwicklungsverhältnis umgewandelt. Jedenfalls wird jeder Vertragsteil grundsätzlich zur Rückgewähr der von ihm empfangenen Leistungen verpflichtet (§20 II 2 W G , vgl. auch § 346 S. 1 BGB für das vertraglich vorbehaltene Rücktrittsrecht). Es wird nicht wie bei einer Anfechtung des Vertrages die Tatsache des Vertragsschlusses rückwirkend beseitigt. Ein durch Rücktritt aufgelöster Vertrag kann daher noch durch Anfechtung vernichtet werden (OLG Celle 21. X. 1913 VA 1914 Anh. S. 59 Nr. 816), man kann aber nicht von einem wirksam angefochtenen Vertrag noch zurücktreten. Jedoch können Rücktritt und Anfechtung gleichzeitig (OLG Breslau 17. X. 1933 VA 1933 S. 396—397, LG Regensburg 24. IX. 1951 VersR 1952 S. 49) oder das eine für den Fall, daß der andere Rechtsbehelf nicht durchgreift, erklärt werden (RG 17. V. 1907 RGZ Bd. 66 S. 153—154). Entsprechend kann ein durch Künd oder sonstigen Beendigungsgrund beendeter Vertrag noch durch Anfechtung oder Rücktritt rückwirkend aufgelöst werden (OLG Nürnberg 4. XI. 1966 VersR 1967 S. 1044, vgl. aber OLG Hamburg 13. X. 1967 VersR 1968 S. 485 für die Rücktrittsfiktion des § 38 I 2 W G ) . Dagegen ist eine Künd nach Vertragsauflösung durch eines dieser Gestaltungsrechte wirkungslos. Schließlich kann eine Künd im Hilfverhältnis zu ihnen erklärt werden. Die §§ 346—356 BGB gelten nur für das in einem Vertrage vorbehaltene Rücktrittsrecht (§ 346 S. 1 BGB) und damit nicht ohne weiteres für das gesetzlich vorgesehene (BGH 14. VI. 1952 BGHZ Bd. 6 S. 229—230, RG 29. III. 1927 RGZ Bd. 116 S. 379—380). Eine ausdrückliche Verweisung auf jene Bestimmungen des BGB fehlt im W G . Die §§ 20, 38 I, 40 I 1, II 2 u. 3 W G enthalten eine Anzahl Bestimmungen über Frist und Form der Erklärung sowie über den Inhalt des durch die Ausübung des Rechts entstehenden Rückgewährsschuldverhältnisses. Diese Regelung ist unvollständig. Lücken müssen durch analoge Anwendung der §§346—356 BGB ausgefüllt werden; das ist zulässig, wenn das gesetzliche Rücktrittsrecht —• wie das im W G vorgesehene des Vers — den Tatbestand einer schuldhaften oder zumindest rechtswidrigen Vertragsverletzung voraussetzt (BGH a. a. O.) Ein R ü c k t r i t t s r e c h t des V m e r s ist im W G nicht vorK 128

Wriede

III. Ende des Vertrages 6. Rücktritt

Anm. [D 47]

gesehen. Es kommt in Betracht bei vom Ver verschuldeter Unmöglichkeit der Gefahrtragung und bei Verzug mit dieser Leistung gemäß §§ 325 1 1 bzw. 326 1 1 u. II BGB. Auf dieses Rücktrittsrecht sind gemäß § 327 S. 1 BGB die Vorschriften der §§ 346—356 BGB analog anzuwenden; die erwähnten Bestimmungen des W G greifen hier nicht ein (Genaueres Bd. 1 Anm. 24 zu § 8 S. 227). Der V e r k a n n nach den Bestimmungen des W G in zwei Fällen vom Vertrage z u r ü c k t r e t e n : wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht (§§16 II, 17 I, 18) — Genaueres Abschn. F — und wegen Nichtzahlung der Erstprämie (§ 38 I) — Genaueres Anm. E 20. In diesen Fällen ist das Vsverhältnis von vornherein mit einem schweren Mangel, gleichsam mit einem „Geburtsfehler" (Bd. 1 Anm. 3 zu § 20 S. 344) behaftet, der den Ver zur rückwirkenden Vertragsauflösung berechtigt. Nach § 8 Ziff. 1 1 NoB hat der Ver ein Rücktrittsrecht bei Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht. Die NoB erwähnen das Rücktrittsrecht wegen Nichtzahlung der Erstprämie nicht besonders. Daraus kann aber — anders als bei den GrB, vgl. unten, — mangels weiterer Anhaltspunkte nicht geschlossen werden, daß dem Ver dieses Recht nicht zustehen soll. Es bestimmt sich vielmehr allein nach § 38 I W G (Genaueres unten und Anm. E 20). — Der Ver der GrB nimmt gemäß § 2 (8)a nur das erstere Rücktrittsrecht in Anspruch. Das folgt aus der die Auflösungsgründe abschließend aufzählenden Fassung dieser Bestimmung. Bei Nichtzahlung der Erstprämie hat es daher mit der Leistungsfreiheit des Vers gemäß § 4 (2) S. 1 GrB sein Bewenden (vgl. auch Anm. E 19). Die MB KK erwähnen das Rücktrittsrecht nicht besonders. Da der Abschnitt „Ende der V " (§§ 13—15) jedoch — anders als § 2 (2) und (3) GrB — nicht den Charakter einer abschließenden Aufzählung Edler in Betracht kommenden Beendigungstatbestände hat, muß angenommen werden, daß die kraft Gesetzes bestehenden Rücktrittsrechte des Vers uneingeschränkt bestehen bleiben sollen. Gemäß § 4 Zill. 1 NoB ist für die Rücktrittserklärung des Vmers S c h r i f t f o r m erforderlich. Soweit die GrB vereinbart worden sind, kann der Vmer formfrei zurückgetreten (§ 6 (l)a). Für die Rücktrittserklärung des Vers ist dagegen nach beiden AVB Schriftform erforderlich (§ 4 Ziff. 8 NoB bzw. § 6 (l)b GrB), und zwar ein eingeschriebener Brief. Die MB KK schreiben für die Rücktrittserklärung des Vmers Schriftform vor (§ 16). Vgl. hierzu im einzelnen Anm. D 32. Die R ü c k t r i t t s e r k l ä r u n g ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Für sie gilt auch hinsichtlich der beteiligten Personen das gleiche wie für die Künderklärung (Anm. D 33 u. 34). Sie muß unzweideutig erkennen lassen, daß eine rückwirkende Auflösung des Vertrages gewollt wird. Das Wort „Rücktritt" braucht nicht verwendet zu werden (RG 3. VIII. 1938 RGZ Bd. 158 S. 168). Die Worte „ K ü n d " und „Anfechtung" haben indessen eine andere speziellere Bedeutung und können daher im allgemeinen nicht in „Rücktritt" umgedeutet werden (z. B. OLG Düsseldorf 11. IV. 1961 VersR 1961 S. 1014; Genaueres Bd. 1 Anm. 12 zu § 20 S. 346). Zur Frage, ob die Rücktrittserklärung begründet werden muß vgl. Schulz VersR 1968 S. 332—335. Das auf eine Verletzung der vorvertragllichen Anzeigepflicht gestützte Rücktrittsrecht des Vers ist gemäß § 20 I W G f r i s t g e b u n d e n ; mit Ablauf der Frist erlischt es. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in welchem der Ver von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erlangt (§ 20 I W G ) . Ausreichend ist die Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters oder Abschlußagenten, ferner auch, daß die Tatsache aktenkundig ist (Bd. 1 Anm. 37 zu § 16 S. 325—326). Es ist positive Kenntnis erforderlich, fahrlässige Unkenntnis genügt nicht, und zwar muß bekannt sein, daß der Vmer oder sein Repräsentant ihnen bekannte gefahrerhebliche Umstände nicht angezeigt oder über ihnen bekannte Umstände falsche Angaben gemacht haben (RG 28. III. 1930 RGZ Bd. 128 S. 119). Die Kenntnis braucht sich nicht darauf zu erstrecken, daß der Vmer oder sein Repräsentant schuldhaft gehandelt haben (h. M. z. B. Prölss-Martin 18 Anm. 2 zu § 20 S. 157 bis 158, zweifelnd Bd. 1 Anm. 5 zu § 20 S. 344—345, a. A. KG 14. XII. 1929 J R P V 1930 S. 79 u. OLG Hamm 3. VII. 1931 VA 1931 Nr. 2302 S. 227). Das folgt schon daraus, daß nach der gesetzestechnischen Regelung des Rücktrittrechts in §§ 16, 17 W G der Ver das Verschulden des Vmers nicht darzulegen braucht, sondern es dessen Sache ist, sich zu entlasten, die Rücktrittserklärung im Prozeß also schon schlüssig ist, wenn nur der Ver die objektive Verletzungshandlung vorträgt. Es wäre sinnwidrig und mit dem Zweck 9

B r u c k - M ö l l e r , W G , 8. Aufl. VI (Wriede)

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der Fristbestimmung nicht zu vereinbaren, wenn der Ver zwar den Rücktritt ohne Kenntnis vom Verschulden des Vmers schlüssig erklären kann, die Frist aber noch nicht zu laufen beginnen würde. — Der Ablauf der Monatsfrist ist gemäß §§187 1,188 II u. I I I , 193 B G B zu berechnen. Die B e w e i s l a s t für die mangelnde Rechtzeitigkeit des Rücktritts obliegt dem Vmer (RG 16. V. 1911 Warn 1911 Nr. 361). Das wegen N i c h t z a h l u n g der E r s t p r ä m i e gegebene Rücktrittsrecht (§ 38 I 1 W G ) ist u n b e f r i s t e t (Genaueres Anm. E 20). Es kann daher auch noch zu einem späteren Zeitpunkt ausgeübt werden, sofern nicht I 2 Platz greift oder die nachträgliche Zahlung der Prämie (auch im Zwangsvollstreckungswege) das Recht zum Erlöschen bringt. Im übrigen kann die spätere Ausübung eines Rücktrittsrechts unter den gleichen Voraussetzungen rechtsmißbräuchlich sein wie die eines Kündrechts. Die W i r k u n g e n des R ü c k t r i t t s sind für den Fall der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht in § §20 I I 2, 21 sowie 40 I 1 W G geregelt und für den Fall der Nichtzahlung der Erstprämie nur hinsichtlich der Leistungen des Vmers in § 40 II 2 W G . Im ersteren Falle sind die Parteien danach grundsätzlich zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen verpflichtet, jedoch kann der Ver die Prämien für die Zeit bis zum Schluß der z. Zt. der Erlangung der Kenntnis von der Verletzung der Anzeigepflicht laufenden Vsperiode behalten bzw. noch nicht gezahlte fordern. — Diese Regelung ist entgegen der z. B . von v. Gierke (II S. 116) vorgebrachten Bedenken mit der Gefahrtragungstheorie durchaus vereinbar: Gemäß § 20 II 2 W G schuldet der Vmer dem Ver die Herausgabe der empfangenen Leistungen, d. h. die ihm (mit oder ohne Vsfall) gewährte Gefahrtragung. Da sie ihrer Natur nach nicht zurückgewährt werden kann, ist — ebenso wie in § 346 S. 2 B G B für die Nutzung einer Sache und für geleistete Dienste — deren Wert zu ersetzen, d. h. hier dem Ver die Prämie zu zahlen bzw. die bereits gezahlte zu belassen. Wenn diese für die Zeit bis zum Ende der bei Kenntniserlangung laufenden Vsperiode geschuldet wird, so ist das zwar eine gewisse Abweichung von dem in § 346 S. 2 B G B enthaltenen Grundsatz, da danach die Gegenleistung nur für die Zeit geschuldet würde, für die der Ver die Gefahr getragen hat, d. h. bis zum Wirksamwerden der Rücktrittserklärung. Diese Besonderheit ist aber im Hinblick auf die sich aus § 21 W G ergebenden Konsequenzen (s. unten) gerechtfertigt. Darüber hinaus erhaltene Prämienzahlungen hat der Ver zu vergüten und für die Zeit seit Empfang zum gesetzlichen Zinsfuß von 4 % zu verzinsen (§§ 20 II 2 W G , 288 I 1 BGB). — Auf den ersten Blick mag es allerdings widersprüchlich erscheinen, daß der Vmer außer zur Zahlung dieser Vergütung für die empfangene Gefahrtragungsleistung unter den Voraussetzungen der §§ 20 II 2, 21 W G weiter verpflichtet ist, auch noch die t a t s ä c h l i c h erhaltenen Geld- oder Naturalleistungen des Vers zurückzugeben bzw. für die letzteren deren Wert zu ersetzen, obwohl doch diese Leistungen des Vers nach der Gefahrtragungstheorie nur als eine Art Konkretisierung der gleichen Gefahrtragung erscheinen, die der Vmer nach erfolgtem Rücktritt durch Überlassung der Prämien an den Ver ausgeglichen hat. Ein Widerspruch besteht aber tatsächlich nicht. Diese Rückgewährsverpflichtung betrifft nämlich, wie § 21 W G zeigt, nur Geld- oder Naturalleistungen für Vsfälle, die durch nicht angezeigte Gefahrumstände beeinflußt worden sind, d. h. solche die von vornherein nicht in den Rahmen der vom Ver übernommenen Gefahr gehörten und daher von ihm nicht zu tragen waren. Es ist im übrigen anerkannt, daß der Wortlaut des § 21 W G zu eng gefaßt ist und nicht nur die noch ausstehenden konkreten Leistungen für vor dem Rücktritt eingetretene Vsfälle, sondern auch die vom Ver bereits erbrachten Leistungen umfaßt (Bd. 1 Anm. 19 zu § 20 S. 348, Kisch II S. 333). Danach hat die gesetzestechnische Stellung und Wortfassung der §§ 20 II 2 und 21 W G allein Bedeutung für die B e w e i s l a s t : Es wird zugunsten des Vers vermutet, daß eingetretene Vsfälle dem Grunde und/oder dem Umfange nach durch nicht angezeigte Gefahrumstände beeinflußt worden sind. Dem Vmer ist der Nachweis des Gegenteils gestattet. — Die danach vom Vmer zu erstattenden Leistungen sind gleichfalls seit Empfang mit 4 % zu verzinsen. Die Tragweite des § 21 W G für sog. ü b e r h ä n g e n d e V s f ä l l e , d. h. für solche, die bei Erklärung des Rücktritts noch andauern, ist umstritten. Der Zeitpunkt des „Eintritts" des Vsfalls ist, wenn es sich — wie in der P K V wohl in aer Regel (vgl. hierzu Abschnitt G) — um einen „gedehnten Vsfall" handelt, mit dessen Beginn gleichzusetzen Κ 130

Wriede

III. Ende des Vertrages 6. Rücktritt

Anm. [D 47]

(Anm. D 15). Welches der Beginn des Vsfalles ist, richtet sich allein nach der vten Gefahr: Es ist der Zeitpunkt, in welchem sich diese zu verwirklichen beginnt. Eine etwaige Definition des Vsfalles in den AVB (z. B. § 5 GrB) ist daneben nicht schlechthin maßgeblich, sondern allenfalls Anhaltspunkt für die Bestimmung der vten Gefahr. Für die NoB ist davon auszugehen, daß der Vsfall beginnt, wenn der Vermögensschaden zu entstehen anfängt, der für die notwendige Krankheitsbehandlung aufgewandt wird ( § 1 1 NoB), bei den GrB KK gilt gemäß Präambel I und § 4 (1) das gleiche ; ebenso gemäß § 1 1 (1) und (2) MB KK; im Falle der GrB KH ist es der Zeitpunkt des Beginns der Krankenhausbehandlung, im Rahmen der GrB KT der Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Genaueres Abschnitt G). Liegt daher der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Rücktritterklärungs zeitlich später, so ist § 21 W G anwendbar, und zwar hat der Ver noch für die ganze Dauer des Vsfalles zu leisten (BGH 16. VI. 1971 VersR 1971 S. 810, OLG Hamburg 13. II. 1953 VersR 1953 S. 353—355, BAA GB 1960 S. 40, Bd. 1 Anm. 13 zu §21 S.354). Die Gegenansicht (KoppenVersR 1953 S.353, LG Augsburg 18. VI. 1969 VersR 1969 S. 1089 mit zust. Anm. von Koppen, Balzer-Jäger Β S. 7—8, Neeße VersR 1967 S. 721, ders. VersR 1972 S. 213—219, Prölss-Martin 18 Anm. 5 zu § 21 S. 161, Wieden, Der Vsfall in der privaten Krankenv, Kölner Diss. 1968 S. 91—93) — der Dauervorgang des Vsfalles in der Krankheitskostenv sei mit anderen gedehnten Vsfällen risikotechnisch nicht vergleichbar, daher sei eine einschränkende Auslegung und die Zulassung begrenzender Klauseln geboten, zumal § 21 W G keine Begrenzung des Umfangs der Leistungen des Vers für den überhängenden Vsfall vorsehe — hat im Gesetz keine Grundlage. Wenn es die „Verpflichtung zur Leistung gleichwohl bestehen" läßt, so kann damit nur die einschränkungslose Leistungspflicht gemeint sein. Das gewichtigste Argument knüpft an § 41 II W G an: Wenn schon bei unverschuldeter Nichtanzeige für überhängende Vsfälle nicht zwingend gehaftet zu werden brauche, müsse das erst recht geboten sein bei verschuldeter Anzeigepflichtverletzung. Diese Überlegung ist indessen nicht zwingend, sie sieht das Problem nur von einer Seite. Man kann nämlich — und muß es sogar — den Satz auch „umdrehen" : Wenn der Vmer schon bei verschuldeter Nichtanzeige für davon nicht betroffene Vsfälle auch über das Vertragsende hinaus unabdingbar Leistungen beanspruchen kann, so muß das erst recht gelten im Falle unverschuldeter Nichtanzeige, sofern nur der nicht angezeigte Umstand auf den überhängenden Vsfall keinen Einfluß hat. Diese Einschränkung muß in Anlehnung an § 21 W G gemacht werden, da dem Ver nicht angesonnen werden kann, ein höheres Risiko zu tragen, als nach den ihm angezeigten Gefahrumständen zu erwarten war. Darüber hinaus sind aber vertragliche Leistungsbeschränkungen nicht zuzulassen, für nicht betroffene überhängende Vsfälle muß daher auch im Falle des § 41 II W G gehaftet werden. Das folgt aus dem dem § 21 W G zugrunde liegenden Rechtsgedanken: Der Ver soll sich nach dem Inhalt der ihm vor Vertragsschluß mitgeteilten oder sonst bekannt gewordenen Gefahrumstände ein Bild über das zu übernehmende Risiko machen können, das er mit Vertragsabschluß zu tragen verspricht. Ist dieses Risiko in Wahrheit aber wegen nicht angezeigter Gefahrumstände größer, so würde die Gefahrtragungsleistung insoweit über den kontrahierten Umfang hinausgehen. Nach allgemeinen Grundsätzen würde der Ver in dieser Hinsicht nicht zu leisten brauchen. Nach der speziellen Regelung des W G ist das — im Interesse einer Klarstellung — erst nach Rücktritt oder Künd (je nach Fallgestaltung) der Fall. Im übrigen ist aber Leistungspflicht gegeben. Wenn nun in § 21 W G sogar im Falle des Rücktritts eine Forthaftung für bereits eingetretene (von dem nicht angezeigten Umstand nicht berührte) Vsfälle anordnet, so muß das umsomehr gelten, wenn der Vertrag durch den weniger stark eingreifenden Rechtsbehelf der Künd beendet wird (ebenso BGH a. a. O.). Zu weit geht allerdings Bd. 1 Anm. 21 zu § 41 S. 524, wonach die Leistungspflicht offenbar für bereits eingetretene Vsfälle auch dann bestehen soll, wenn sie durch die nicht angezeigten Gefahrumstände beeinflußt worden ist. — Die Bestimmungen der AVB, die die Leistungspflicht des Vers bei Vertragsbeendigung beschränken — §§ 6 Ziff. 2 NoB, 4 (11) GrB KK, 4 (10) GrB KH, 4 (9) GrB KT, 7 MB KK — sind daher im Falle der §§ 21 und 41 II W G unanwendbar. Das kann allerdings nicht dazu führen, daß der Ver dann etwa für einen noch jahrelang andauernden Vsfall (ohne jede Gegenleistung) konkrete Leistungen erbringen muß. Denn jede Rechtsausübung steht unter dem die gesamte Rechtsordnung beherrschenden 9«

Wriede

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Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 47]

Grundsatz yon Treu und Glauben, der auch zu einer Begrenzung formal bestehender Ansprüche führen kann (vgl. etwa Staudinger-Weber Anm. A 558 zu § 242). Dieser Gedanke kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles eine zeitliche oder ziffernmäßige Einschränkung der vom Ver in solchen Fällen geschuldeten Leistungen bewirken. Zweifelhaft ist, inwieweit der Vmer P r ä m i e n r ü c k v e r g ü t u n g e n , t e c h n i s c h e Ü b e r s c h ü s s e u. dgl. im Falle eines Rücktritts zurückzahlen muß. In der Regel wird es sich dabei wirtschaftlich um Korrekturen seiner Prämienzahlungspflicht handeln, so daß eine Rückzahlung nicht in Betracht kommt. Ferner gibt es Leistungen des Vers die mit der Gefahrtragungspflicht auf der einen und mit der Prämienzahlungspflicht auf der anderen nicht unmittelbar etwas zu tun haben, so z. B. die der Ausstellung des V s s c h e i n s , einer Ersatzurkunde oder von Abschriften von Vertragserklärungen oder von eingereichten Rechnungen (§ 3 W G ) . Diese Urkunden werden dem Vmer zu Beweiszwecken ausgehändigt; sie sind daher — jedenfalls in der PKV, in welcher der Vsschein kein Wertpapier oder Legitimationspapier ist —, nach einem Rücktritt nicht herauszugeben. Zurückzuzahlen sind jedoch die von einem W a G gemäß § 38 VAG ausgeschütteten b i l a n z m ä ß i g e n Ü b e r s c h ü s s e . Diese fließen nicht aus dem Vsverhältnis, sondern aus der Mitgliedschaft und stellen daher keine Prämienkorrektur dar wie die oben erwähnten als Prämienrückgewähr, Bonus, technischer Überschuß u. dgl. bezeichneten, Zahlungen oder Gutschriften des Vers (Genaueres hierzu bei Prölss-Schmidt-Sasse* Anm. 1 zu § 38 S. 413, Kisch W a G S. 218, Haasen, Das Recht auf den Überschuß bei den privaten Vsgesellschaften, Stuttgart 1955 S. 36—39). — Die Abrede einer Überschußverteilung in einem Vertrag mit einer Vs-AG wird als ein genossenschaftliches Element dieses Vertrages aufzufassen sein, das den Vmer zu einer Ertragsbeteiligung am Betriebsgewinn der AG berechtigt (Haasen a. a. O. S. 64—66). Dieses Recht wird mit Ausübung des Rücktritts gleichfalls aufgehoben, so daß die Überschüsse ebenso wie beim W a G zurückzugewähren sind. Etwaige Leistungen des Vers für die Abwendung und Minderung des Schadens und Schadensfeststellungskosten teilen das Schicksal der Hauptleistung. Die vorstehende Regelung gilt auch im Falle einer — im Rahmen der PKV selten vorkommenden (Abschnitt H) — V für fremde Rechnung; § 40 I 1 W G macht bezüglich der Vergütung des Vmers für die Gefahrtragungsleistung des Vers für diesen Fall keine Ausnahme. Ebenso wie diese stehen auch die konkreten Leistungen des Vers grundsätzlich dem Vten zu. Tritt nun der Ver wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vom Vertrage zurück, so ist nur der Vmer, nicht aber der Vte Schuldner und Partner des gesetzlichen Rückgewährschuldverhältnisses. Eine Einbeziehung des Vten dergestalt, daß er (im Rahmen des § 21 W G ) zur Herausgabe der konkreten Leistungen (und der Vmer zur Zahlung des Gegenwerts für die Gefahrtragung) verpflichtet wäre, würde die Begründung eines Schuldverhältnisses zu seinen Lasten bedeuten. Sie ist dem geltenden Recht fremd (a. A. ohne nähere Begründung Bd. 1 Anm. 20 zu § 20 S. 348). Bereicherungsgrundsätze kommen hier nicht in Betracht. Im Falle des R ü c k t r i t t s des Vers g e m ä ß § 38 I VVG hat der Ver etwa noch gezahlte oder vorher geleistete Teilbeträge oder Eintrittsgelder dem Vmer analog § 346 S. 1 BGB zurückzugewähren. Ihm gebührt nur eine angemessene Geschäftsgebühr (§ 40 II 2 u. 3 W G ) . Die Bestimmung der Höhe der Geschäftsgebühr steht analog § 316 BGB — dem Ver soll für die von ihm aufgewandten Kosten eine Entschädigung gewährt werden — dem Ver zu. Sie erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Vmer (§ 315 II BGB). Ihre Höhe kann je nach Art des Vertrages und der Höhe der dem Ver entstandenen Kosten verschieden sein. Es kommen neben einem Anteil an den allgemeinen Geschäftsunkosten die speziellen Kosten für den Abschluß dieses Vertrages in Betracht, insbesondere Abschlußprovisionen, die Kosten einer etwaigen ärztlichen Untersuchung. Die Parteien sind grundsätzlich an die Bestimmung durch den Ver gebunden; der Ver kann sie nicht nachträglich zu seinen Gunsten ändern. Entspricht sie jedoch nicht billigem Ermessen, so ist sie unverbindlich und kann durch das zuständige Gericht erfolgen (§ 315 III 2 BGB). Da § 40 II 2 W G zugunsten des Vmers zwingend ist (§ 42 W G ) , ist auch eine im Vertrage für diesen Fall festgesetzte Geschäftsgebühr nur unter diesen Voraussetzungen Κ 132

Wriede

III. Ende des Vertrages 7. Anfechtung

Aiim. [D 48]

maßgeblich. Etwas anderes gilt nur, wenn diese Bestimmung durch die Aufsichtsbehörde genehmigt ist (§ 40 II 3 W G ) . Eine Vergütung für die Gefahrtragung des Vers kommt nicht in Betracht, da er noch keine Gefahr getragen hat (§ 38 II W G ) . [D 48] 7. Anfechtung des Vertrages Eine Willenserklärung kann in bestimmten Fällen mit der Folge angefochten werden, daß sie als von Anfang an nichtig anzusehen ist (§ 142 I BGB), so daß der Vertrag, zu dessen Abschluß sie geführt hat, gleichfalls rückwirkend als nicht zustandegekommen zu behandeln ist. Im Bereich des Vsrechts kommt eine Anfechtung von Vertragserklärungen durch den Vmer als auch durch den Ver in Betracht. Der V m e r kann seine zum Vertragsschluß führende Antrags- oder Annahmeerklärung, kurz aber ungenau „den Vertrag" (ebenso einen den bestehenden Vertrag abändernden Vertrag, vgl. Anm. C 17—19) wegen Irrtums, falscher Übermittlung, arglistiger Täuschung oder Drohung nach Maßgabe der §§ 119, 120, 123 BGB anfechten, wenn seine Erklärung durch Willensmängel dieser Art beeinflußt worden ist (vgl. die Beispiele in Bd. 1 Anm. 3 zu § 22 S. 356—357). Von besonderem Interesse gerade auch für die PKV sind hierbei Täuschungshandlungen durch Vsagenten. Es entspricht fast einhelliger Ansicht, daß der täuschende Agent nicht als Dritter im Sinne des § 123 II 1 BGB anzusehen ist, so daß es nicht darauf ankommt, daß der Ver die Täuschung kannte (Genaueres Bd. 1 Anm. 16—18 zu § 44 S. 1012—1014). Das A n f e c h t u n g s r e c h t des V e r s ist durch § 22 W G eingeschränkt: Soweit die Vorschriften über die vorvertragliche Anzeigepflicht in Betracht kommen, kann der Ver nicht wegen Irrtums gemäß § 119 BGB anfechten. Im übrigen verbleibt es ihm nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (Bd. 1 Anm. 6 zu § 22 S. 357—358). Erfüllt der Tatbestand der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht zugleich den der arglistigen Täuschung, so kann der Ver sowohl vom Vertrage zurücktreten als auch das ihm günstigere Anfechtungsrecht gemäß § 123 I BGB geltend machen. Von der vorstehenden Einschränkung abgesehen, stehen auch dem Ver die Anfechtungsrechte nach den allgemeinen Vorschriften zur Seite. Arglistige Täuschung ist gegeben, wenn der Vmer oder die Person, für die er insoweit einstehen muß (s. unten) bei Abgabe der betreffenden Willenserklärung falsche Tatsachen vorgespiegelt oder wahre unterdrückt, dadurch insoweit beim Ver einen Irrtum hervorgerufen oder aufrechterhalten hat, sich der Täuschungshandlung bewußt gewesen ist oder doch mit ihrer Möglichkeit gerechnet und sie gebilligt hat und sich ferner bewußt gewesen ist oder damit gerechnet und es gebilligt hat, daß der Ver den vom Vmer gestellten Antrag bei Kenntnis der Sachlage nicht oder nur unter den für den Vmer ungünstigeren Bedingungen angenommen hätte (z. B. BGH 13. V. 1957 NJW1957 S. 988—989, Bd. 1 Anm. 11, 13—15 zu § 22 S. 359—362). Das gleiche gilt, wenn der Vertragsantrag des Vers durch arglistige Täuschung des Vmers beeinflußt worden ist. Es ist nicht erforderlich, daß der Vmer sich bereichern wollte. Für die Frage, ob das arglistige Verhalten des Vmers den Ver in seiner Entschließung beeinflußt hat, kommt es — anders als beim Rücktritt — auf die subjektive Auffassung des Vers an (Süß VersR 1952 S. 185). Die Annahme der Arglist kann entfallen, wenn der Vmer durch den Agenten dahin belehrt worden ist, daß er den Fragebogen nur in bestimmter Weise auszufüllen, z. B. nur sog. ernste Erkrankungen anzugeben brauche (KG 14. X. 1933 JRPV1934 S. 46). Es kommt bei alledem sehr auf die Umstände des einzelnen Falles, insbesondere hinsichtlich der Fragen nach den Vorerkrankungen und dem Gesundheitszustand auf den Bildungsgrad des Vmers sowie darauf an, inwieweit er nach seiner Veranlagung dazu neigt, Erscheinungen seiner körperlichen Funktionen als Anzeichen für Erkrankungen zu deuten (Elster JRPV 1934 S. 260—261). — Hat der Vmer die A n g a b e n d u r c h einen gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen V e r t r e t e r machen lassen, so kommt es analog § 166 I 1 BGB auf dessen arglistiges Verhalten an, falls er nicht nach bestimmten Weisungen des Vmers gehandelt hat. § 19 S. 1 W G ist hier nicht anzuwenden (Bd. 1 Anm. 12 zu § 22 S. 360). Umstritten ist, ob T ä u s c h u n g s h a n d l u n g e n v o n G e f a h r s p e r s o n e n , die nicht Vmer oder sein Vertreter sind, diesem analog §§ 161,179 IV W G zuzurechnen, Wriede

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Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 48]

oder ob sie als Dritte im Sinne des § 123 II 1 BGB zu behandeln sind. Bd. 1 Anm. 12 zu § 22 (S. 360) will Täuschungshandlungen von Gefahrspersonen dem Vmer zurechnen; Süß (VersR 1952 S. 188) und Magnusson (VersR 1953 S. 300) lassen dagegen die Anfechtung des Vers gemäß § 123 II 1 BGB nur zu, wenn der Vmer von der Täuschungshandlung des anderen Kenntnis hatte. Dieser Ansicht ist zuzustimmen. §§ 161 und 179 IV W G sind als Ausnahmevorschriften eng auszulegen. Zwar wird danach im Rahmen der Vorschriften über die vorvertragliche Anzeigepflicht das Verhalten und die Kenntnis der Dritten dem Vmer zugerechnet. Daraus folgt aber noch nicht, daß diese Zurechnung auch hinsichtlich des viel weitergehenden Rechts der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung Platz greifen soll. Jene Bestimmungen beziehen sich ausdrücklich auf das nach den Vorschriften des VVG erhebliche Verhalten und die danach wesentliche Kenntnis des Vmers. § 123 I BGB ist aber entgegen Prölss-Martin 18 (Anm. 1 zu § 79 S. 383) auch durch § 22 W G keine Bestimmung dieses Gesetzes geworden. Die Täuschungshandlung oder Drohung muß für den Willensentschluß des anderen Teils ursächlich, mindestens mitursächlich (RG 15. XI. 1911 RGZ Bd. 77 S. 314) gewesen sein. Ein Mitverschulden des Anfechtenden bei der Entstehung seines Irrtums steht der Anfechtung nicht entgegen (RG 25. VI. 1930 SeuffArch. 84 S. 321), würde aber gegenüber einem Schadensersatzanspruch gemäß § 254 BGB zu berücksichtigen sein. § 22 W G schränkt das Recht zur Anfechtung von Willenserklärungen, zu deren Abgabe der Ver widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, nicht ein (Bd. 1 Anm. 8 zu § 22 S. 358). Die B e w e i s l a s t für den gesamten Tatbestand, der eine Anfechtung — gleichviel aus welchem Grunde — rechtfertigen soll, trifft den Anfechtenden (vgl. für die Irrtumsanfechtung RG 30. IV. 1935 H RR 1935 Nr. 1372, für die Täuschungsanfechtung BGH 13. V. 1957 NJW 1957 S. 988). Bei Anfechtung wegen arglistiger Täuschung besteht insbesondere kein allgemeiner Erfahrungssatz, daß ein Vmer, der Antragsfragen bewußt unrichtig beantwortet, regelmäßig auch mit Arglist in Bezug auf die Willensbildung des Vers gehandelt hat (BGH a. a. O., a. A. z. B. KG 16. IX. 1933 JRPV 1934 S. 45, 2. III. 1935 JRPV 1935 S. 185, Prölss-Martin18 Anm. 2 zu § 22 S. 162—164). Da es sich bei diesem Bewußtsein um eine sog. innere Tatsache handelt und der Täuschende seine arglistige Absicht wohl nur selten selbst eingestehen wird, kann in der Praxis der Beweis, daß dieses Bewußtsein vorgelegen hat, meistens nur durch einen Indizienbeweis geführt werden. Das läuft darauf hinaus, daß in der Regel dann, wenn schwere oder erkennbar chronische Erkrankungen oder Krankenhausaufenthalte verschwiegen werden, ein solches Bewußtsein anzunehmen ist (vgl. aus der umfangreichen Rechtsprechung: KG 11. II. 1931 JRPV 1931 S. 148, OLG Stuttgart 5. II. 1952 VersR 1952 S. 348 — Nieren- und Steinleiden, LG Münster 29. IX. 1951 VersR 1952 S. 115 — Blasenerkrankungen und Blasenoperation, AG Aschaffenburg 20. VI. 1952 VersR 1952 S. 365 — Asthma, LG Frankfurt 14. I. 1953 VersR 1953 S. 73 — Krankenhausbehandlung wegen erheblicher Magenbeschwerden, LG Landshut 5. V. 1953 S. 393 — Krankenhausbehandlung wegen Magenbeschwerden, Diagnose: Magenkrebs, LG Frankfurt 26. V. 1954 VersR 1954 S. 483 — Rheuma u. Gallenblasenerkrankung, AG Hamburg 11. II. 1954 VersR 1954 S. 350 — Unterleibsoperationen, LG Wiesbaden 17. IX. 1954 VersR 1954 S. 578 — Gallenblasenentzündung, Diabetes u. Magenerkrankungen, LG Dortmund 31. X. 1955 VersR 1956 S. 82 — Bauchoperationen, LG München 20. VII. 1955 VersR 1956 S. 110 — Herzkranzverengung, Kur wegen Herzleiden). Das gleiche gilt, wenn eine Vielzahl anderweitig abgeschlossener Tagegeldvsverträge bei Beantragung eines weiteren gleichartigen Vertrages verschwiegen wird (OLG Düsseldorf 30. VI. 1970 VersR 1972 S. 197). Dagegen ist beim Verschweigen leichterer Erkrankungen der Beweis meistens als nicht geführt angesehen worden. Dabei sind der Bildungsgrad und die besonderen Umstände bei Beantwortung der entsprechenden Antragsfragen (LG Stuttgart 15. XII. 1955 VersR 1957 S. 13) und die Art der beantragten V (KG 5. III. 1953 VersR 1953 S. 421) mit als Indizien zu werten. Vom Ergebnis her gesehen ergibt daher die Rechtsprechung ein durchaus einheitliches Bild, wenn auch die Begründungen z. T. stark voneinander abweichen (OLG Hamburg 8. VII. 1971 VersR 1971 S. 902). — Für den Fall, daß die Täuschung durch Verschweigen von Umständen begangen wird, die nach Sachlage, insbesondere nach Treu und Glauben dem anderen Teil hätten offenbart werden müssen, muß der Κ 134

Wriede

III. Ende des Vertrages 7. Anfechtung

Anm. [D 48]

Anfechtende behaupten und beweisen, daß diese Tatsachen mitzuteilen gewesen wären und die Behauptung des anderen Teils widerlegen, daß sie mitgeteilt worden seien (RG 5. X. 1918 J W 1918 S. 814). In Bezug auf den Nachweis der Kausalität zwischen Täuschungshandlung oder Drohung und Willensentschluß des Getäuschten kommt dem Anfechtenden die sich aus der analogen Anwendung des § 287 I ZPO ergebende Beweiserleichterung zustatten (BGH 13. XII. 1951 BGHZ 4 S. 192). Darüberhinaus kommt hier auch ein Beweis des ersten Anscheins in Betracht (BGH 12. XI. 1957 NJW 1958 S. 177). In seinen Entscheidungen vom 10. IV. 1958 (WM 1958 S. 992) und vom 30. III. 1960 (MDR 1960 S. 660) hat der BGH allerdings darauf hingewiesen, daß es sich beim Ursachenzusammenhang nicht um einen typischen Geschehensablauf handele, vielmehr hänge die Frage, ob eine arglistige Täuschung für den Willensentschluß des anderen Teils bestimmend gewesen sei, von zahlreichen individuellen Umständen ab. Das trifft jedoch für den Abschluß eines Vertrages im Rahmen eines Massengeschäfts wie der Ρ KV nicht zu; die vom BGH entschiedenen Fälle behandeln den Abschluß von Individualverträgen. Die A n f e c h t u n g s e r k l ä r u n g ist wie die der Künd eine e i n s e i t i g e e m p f a n g s b e d ü r f t i g e W i l l e n s e r k l ä r u n g (§ 143 I BGB), die bei einem Vertrage gegenüber dem anderen Vertragspartner oder dessen Vertreter erklärt werden muß (§ 143 II BGB), nicht aber gegenüber einem Vten oder einer Gefahrsperson abgegeben werden kann, mag auch dieser Dritte das erhebliche Tatbestandsmerkmal gesetzt haben. Die Erklärung muß hinreichend deutlich ergeben, daß das Vertragsverhältnis mit Rückwirkung aufgehoben werden soll (RG 3. VIII. 1938 RGZ Bd. 158 S. 168, vgl. auch Anm. D 47). Die Erklärung ist grundsätzlich f o r m f r e i gültig. Die AVB können jedoch Formvorschriften vorsehen. Das ist geschehen in §§ 4 Ziff. 1 u. 3 NoB, 6 (1) b GrB, 16 MB KK (vgl. hierzu Anm. D 32). Hinsichtlich der an der Anfechtungserklärung b e t e i l i g t e n P e r s o n e n gilt das gleiche wie für die Künd des Vertrages (Anm. D 33 u. 34). — Anfechtungserklärungen sind gemäß §§ 121,124 BGB f r i s t g e b u n d e n . Die A n f e c h t u n g b e w i r k t , daß das angefochtene Rechtsgeschäft, d . h . die durch Irrtum, falsche Übermittlung, Täuschung oder Drohung beeinflußte Willenserklärung als von Anfang an nichtig anzusehen ist (§ 142 I BGB) und damit in der Regel der Vertrag, zu dessen Wirksamkeit sie erforderlich war, unwirksam wird (die Ausdrucksweise des § 22 W G ist daher nicht korrekt). Infolgedessen sind die von beiden Seiten bewirkten Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht worden und können daher im Grunde nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtferigten Bereicherung zurückgefordert werden. Der Begriff der Bereicherung ist wirtschaftlicher Natur (BGH 20. X. 1958 MDR 1959 S. 110). Zwecks Feststellung der Bereicherung sind die Vermögensstände der Vertragspartner vor und nach dem als Bereicherung zu qualifizierenden Vorgang zu vergleichen. Dabei sind einerseits die Nachteile als mindernd abzuziehen und die Vorteile hinzuzurechnen, so daß die Bereicherung in dem Überschuß der durch den Vorgang erzielten Aktiva über die zugleich eingetretenen Passiav besteht (RG GSZ 30. I. 1940 RGZ Bd. 163 S. 360—361). Diese Grundsätze erleiden im Bereich des Vsvertragsrechts Einschränkungen : Der Vmer kann die Gefahrtragungsleistung des Vers „wegen ihrer Beschaffenheit" nicht herausgeben; er hat daher nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 818 II BGB ihren Wert, d. h. ihren objektiven Verkehrswert zu ersetzen. Der Vertragsinhalt ist für die Wertbestimmung an sich bedeutungslos (RG 3. V. 1935 RGZ 147 S. 398, BGH 19. IX. 1962 NJW 1962 S. 2293 — die vereinbarte Gegenleistung ist allerdings grundsätzlich obere Grenze des Anspruchs, BGH 30. VI. 1960 LM Nr. 22 zu § 123 BGB), jedoch wird man bei einem Krankenvsvertrag als einem in großer Zahl zu gleichen Prämiensätzen abgeschlossenen Geschäft davon ausgehen können, daß die vereinbarte Prämie regelmäßig ein zutreffender Wert dieser Leistung ist. Im allgemeinen wird daher die Prämie dem Ver bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Anfechtung gebühren. Überzahlte Prämien sind dem Vmer zurückzuzahlen. Das gilt entgegen der in Bd. 1 Anm. 4 zu § 22 S. 357 vertretenen Auffassung auch dann, wenn der Vmer wegen arglistiger Täuschung oder Drohung des Vers angefochten hat, wenn nur der Ver die Gefahr tatsächlich getragen hat. Die Tatsache dieses verwerflichen Verhaltens des Vers kann darüber hinaus je nach Lage des Falles Grundlage für einen Schadensersatzanspruch des Vmers wegen Wriede

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Krankenvers. D. Dauer des Vertr.

Anm. [D 49]

Verschuldens beim Yertragsschluß oder gemäß § 823 II BGB i. V. §§ 240 bzw. 263 StGB oder gemäß § 826 BGB sein (vgl. RG 23. II. 1928 VA 1928 Nr. 1849 S. 189—191). Eine a b w e i c h e n d e R e g e l u n g gilt gemäß § 40 I 1 W G , wenn der Ver die Anfechtung — gleich aus welchem Grunde (Bd. 1 Anm. 10 zu § 40 S. 516, a. A. Prölss-Martin 18 Anm. 2 a zu § 40 S. 237) — erklärt: Dem Ver gebührt die Prämie bis zum Schluß der Vsperiode, in der er von dem Anfechtungsgrunde Kenntnis erlangt. Dieser Grundsatz ist im Falle einer Anfechtung wegen Irrtums oder falscher Übermittlung eingeschränkt (§ 122 BGB): Der anfechtende Ver hat dem Vmer den Schaden zu ersetzen, den dieser dadurch erleidet, daß er ohne Verschulden (§ 122 II BGB) auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut hat. Dieser Schaden kann außer in dem Betrag der gemäß § 40 I 1 W G über den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Anfechtungserklärung hinaus gezahlten Prämien darin bestehen, daß der Vmer für einen jetzt anderweitig abzuschließenden Vertrag höhere Prämien zahlen muß oder bei gleichen Prämien nur geringere Leistungen erhält. Die vom Ver erbrachten konkreten Leistungen braucht der Vmer grundsätzlich nicht herauszugeben, da sie nur Ausgestaltungen der allgemeinen nicht herausgebbaren Gefahrtragungsleistung des Vers sind, für deren Ausgleich diesem die Prämien verbleiben (§ 818 II BGB). Demgegenüber ist jedoch in erster Linie die aus dem Grundgedanken des § 21 W G sich ergebende Einschränkung zu machen, daß dem Vmer solche Leistungen nicht gebühren, die etwa durch (vorvertraglich) nicht angezeigte, insbesondere arglistig verschwiegene Gefahrumstände beeinflußt worden sind. Auf die entsprechenden Ausführungen in Anm. D 47 wird verwiesen. Denn diese bei nur schuldhafter Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht geltende Regelung muß erst recht im Falle einer arglistigen Täuschung eingreifen, falls diese sich auf diese Anzeigepflicht bezieht. — Hat der Vmer den Ver durch arglistige Täuschung oder durch Drohung zum Abschluß des Vertrages bestimmt, so wird dieser regelmäßig darüber hinaus gleichfalls Schadensersatzansprüche nach den oben erwähnten Bestimmungen haben, mit deren Hilfe er die konkreten Bar- oder Naturalleistungen zurückfordern kann, da er sie ohne Täuschung oder Drohung nicht erbracht haben würde, falls der Vertrag dann nicht abgeschlossen worden wäre. Denkbar ist es auch, daß er den Vertrag ohne das verwerfliche Verhalten des Vmers nur zu ungünstigeren Bedingungen abgeschlossen haben würde. Dann muß dieser ihm dementsprechend Ersatz leisten, also z. B. die Leistungen zurückgeben, die dann nicht gedeckt worden wären, oder entsprechend höhere Prämien für den gemäß § 40 I 1 W G maßgeblichen Zeitraum nachentrichten. Für sog. ü b e r h ä n g e n d e V s f ä l l e , d . h . solche, die vor der Anfechtungserklärung eintreten und über diesen Zeitpunkt hinaus andauern, verbleiben nach den vorstehenden Darlegungen zwar dem Vmer grundsätzlich die bis dahin erbrachten Leistungen, er kann aber keine Leistungen für die überhängende Zeit fordern, da — anders als beim Rücktritt (Anm. D 47) — aufgrund der Anfechtung der Vertrag als von Anfang an nicht existent behandelt werden muß, also auch ein Vsfall gar nicht wirksam hätte eintreten können. Beim Rücktritt hingegen werden die eingetretenen Wirkungen des Vertrages als wirksam entstanden behandelt (so daß auch ein Vsfall gültig eintreten konnte und vertragsgemäß abgewickelt werden mußte) und die Parteien nur verpflichtet, einander die ihnen rechtmäßig zugeflossenen Leistungen zurückzugewähren. Bei einem K r a n k e n v s v e r t r a g f ü r f r e m d e R e c h n u n g (Abschn. H) kann der Ver die an den Vten bewirkten konkreten Leistungen nach vorstehenden Ausführungen gleichfalls nicht nach Bereicherungsgrundsätzen zurückfordern, da sie nur Ausgestaltungen der Gefahrtragungspflicht sind, für deren Ausgleich dem Ver die Prämie verbleibt (a. A. Bd. 1 Anm. 27 zu §22 S. 366). Einem darauf gerichteten Schadensersatzanspruch wird der Vte nur dann ausgesetzt sein, wenn er die Täuschung oder Drohung verübt hat. [D 49] 8. Nichtigkeit des Vertrages. Der (scheinbar wirksam) abgeschlossene Vertrag kann aus verschiedenen Gründen nichtig sein (vgl. hierzu sowie zu den Rechtsfolgen einer Nichtigkeit im einzelnen Bd. 1 Anm. 31—54 zu § 22 S. 366—373). § 6 (2) GrB KK bestimmt, daß im Falle der in betrügerischer Absicht abgeschlossenen Doppelv „dieser Vertrag" nichtig sein soll. Damit soll ersichtlich der Inhalt des § 59 III Κ 136

Wriede

I. Allgemeines 1. Abgrenzung

Anm. [E 1, E 2]

W G in verkürzter Form wiederholt werden, wonach der in dieser Absicht geschlossene Vertrag unwirksam sein soll. Das kann jeder der mehreren Verträge, das können aber auch alle Verträge sein. Die AVB als Vertragsordnung können die Nichtigkeit indessen nur für den Vertrag vorsehen, für den sie gelten, nicht auch für die in Betracht kommenden anderen Verträge, für die vielleicht andere AVB vereinbart sind. § 6 (2) e GrB Κ Κ ist ohnehin entbehrlich, da § 59 III W G analog gilt (Anm. A 13). Eine Bestimmung gleichen Inhalts enthält § 6 (2) d GrB KH. Sie kann jedoch nur für die Krankenhauskostenv Bedeutung haben, nicht auch für die Tagegeldleistungen dieses Vertrages. Denn bei diesen handelt es sich um eine Summenv, deren Leistungen nicht dazu bestimmt sind, konkret entstandene Schäden abzudecken (Anm. Β 6). E. Rechtspflichten des Vmers Gliederung:

4. Nichterfüllung der Prämienschuld E 16—25 a) Allgemeines E 16 b) Spezielle vsrechtliche Regelung E 17—25 aa) Nichtzahlung der Erstprämie E 18—20 aaa) Einfluß der Nichtzahlung auf die Gefahrtragungspflicht E 19 bbb) Rücktrittsrecht desVers

Schrifttum E 1 I. Allgemeines, Einteilung E 2—5 1. Abgrenzung E 2 2. Haupt- und Nebenpflichten E 3 a) Hauptpflicht E 4 b) Nebenpflichten E 5 II. Prämienzahlungspflicht E 6—25

E 20

1. Begriff der Prämie E 6

bb) Nichtzahlung der Folgeprämie E 21—25 aaa) Allgemeines E 21 bbb) Mahnverfahren gemäß § 39 I W G E 22 ccc) Qualifizierter Verzug E 23 α) Wegfall der Gefahrtragungspflicht des Vers E 24 β) Kündrecht des Vers E 25

2. Höhe der Prämie E 7 3. Prämienzahlungspflicht E 8—15 a) Prämienschuldner E 8 b) Prämiengläubiger E 9 c) Fälligkeit der Prämie, Stundung E 10—12 aa) Erstprämie E 10 bb) Folgeprämie E 11 cc) Beweislast E 12 d) Erfüllung der Prämienschuld E 13—15 aa) Zahlung E 13 bb) Zahlungssurrogate E 14 cc) Beweislast E 15

III. Verjährung und Verwirkung der Forderungen des Vers E 26—27 1. Verjährung E 26 2. Verwirkung E 27

[E 1] Schrifttum: Brockmann VersR 1953 S. 345, 1954 S. 449, 1960 S. 678; Bruck PKV S. 44—54; Buchner VersR 1950 S. 45; Ehrenzweig VersR 1954 S. 526, 1955 S. 68; Eichler S. 98 bis 121; Gärtner VersR 1961 S. 104; Gaßmann VersR 1966 S. 325; Haasen VersR 1955 S. 68; Koppen VersR 1953 S. 172; Möller Versicherungsvertragsrecht S. 71—94; Ohrt S. 47—59; Rohde VersR 1960 S. 295; Surminski ZfV 1964 S. 674; Thees DJ 1942 S. 757; UIlmann-Schäfer S. 75—91; Weimar VersR 1960 S. 391. [E 2] I. Allgemeines, Einteilung. 1. Abgrenzung. Zu den Rechtspflichten des Vmers eines Krankenvsvertrages im weitesten Sinne sind alle ihm durch Abschluß des Vertrages auferlegten, sich aus dem Gesetz und dem Vertrage ergebenden an seine Person gerichteten Verhaltensgebote zu rechnen, die ihm ein Wriede

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Anm. [E 8—E 5]

Krankenvers. E. Rechtspflichten des Vmers

Tun oder Unterlassen auferlegen. Im engeren rechtstechnischen Sinne werden zu den Rechtspflichten — hier genauer zu den Verbindlichkeiten — nur jene gerechnet, deren Erfüllung in der Regel vom Berechtigten durch Klage und Zwangsvollstreckung erzwungen werden kann (Genaueres Reimer-Schmidt, Die Obliegenheiten, Karlsruhe 1953 S. 34—37, 312—321). Nur diese im Rahmen eines Krankenvsvertrages bedeutsamen Pflichten werden in diesem Abschnitt behandelt. Wegen der Obliegenheiten vgl. Abschnitt F. [E 3] 2. Haupt- und Nebenpflichten. Bei den Verbindlichkeiten des Vmers sind die Haupt- von den Nebenpflichten zu sondern, da sie z. T. unterschiedlichen Rechtsnormen unterstehen. [E 4] a) Hauptpflichten. Im Bereich des Krankenvsvertrages kommt nur eine Hauptpflicht in Betracht, die Pflicht zur Zahlung der Prämie als des Entgelts für die Gefahrtragungsleistung des Vers (vgl. hierüber Abschnitt G). Die von den W a G und auch von Körperschaften des öffentlichen Rechts als Entgelt geforderten „Beiträge" sind privatrechtlich den Prämien gleichgestellt (§1 II 1 W G ) . Nur die Prämienzahlungspflicht, nicht auch die weiteren nachstehend erörterten Nebenpflichten, steht zur Gefahrtragungspflicht des Vers in einem synallagmatischen Verhältnis. [E 5] b) Nebenpflichten. Unter diesen sind zunächst als weitere Z a h l u n g s p f l i c h t e n zu nennen die Pflicht zur Entrichtung von Aufnahme- und Abschlußgebühren (z. B. § 3 Ziff. 1 S. 2 NoB, vgl. hierzu Anm. C 13), ferner der Vssteuer (§ 7 VStG), von Inkasso- und Mahngebühren (z. B. §3 (1) GrB), Verzugs- und Prozeßzinsen (§§ 288, 291 BGB),der Kosten für die Anfertigung von Urkunden und Abschriften (§3 IV W G ) , der Kosten der ärztlichen Untersuchung im Zusammenhang mit dem Abschluß des Vertrages (§ 3 Ziff. 3 S. 2 NoB, vgl. Anm. C 12) wie der Geschäftsgebühr im Falle des § 40 II 2 W G . — Als sonstige n i c h t auf Z a h l u n g g e r i c h t e t e N e b e n p f l i c h t e n ist hier die zur Rückgabe oder Vorlage des Vsscheins im Falle des Eintritts eines Vsfalles (Bd. 1 Anm. 6 zu § 4 S. 168) anzuführen, ferner die in § 9 Ziff. 3 S. 2 NoB enthaltene Pflicht, dem Ver einen amtlichen Altersnachweis — in der Regel die Geburtsurkunde oder eine amtlich beglaubigte Abschrift — vorzulegen. Ergänzende Rechtspflichten des Vmers können aufgrund von Treu und Glauben entstehen (vgl. hierzu Möller in Kernfragen der Vsrechtsprechung 1938 S. 45—46, Kisch ZVersWiss 35 S. 285—287, Prölss-Martin18 Vorbem. II 3 B S. 15—16). Ein besonderer zumeist wohl atypischer Sachverhalt, dessen das Gesetz und die AVB nicht gedacht haben, kann aufgrund des Gebotes, daß im Rahmen des Vsvertrages Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte in besonderem Maße zu wahren sind (RG 14. XII. 1934 RGZ Bd. 146 S. 224, BGH 24. V. 1956 VersR 1956 S. 366), zu ergänzenden Vertragspflichten führen, so ζ. B. zu der Pflicht, objektiv unrichtige Angaben hinsichtlich der für die Bewertung des Risikos oder zur Berechnung des eingetretenen Schadens wesentlichen Umstände (BGH a. a. 0.) nach Kenntnisnahme von ihrer Unrichtigkeit richtigzustellen. Soweit Pflichten dieser Art einer entsprechenden Obliegenheit zuzurechnen sind — so bei Anzeige„pflichten" —, ist ihre Verletzung nach den dafür maßgeblichen Rechtsnormen zu behandeln (§8 NoB, §5 (2) GrB; vgl. dazu Abschn. F); andernfalls erzeugt ein schuldhafter Verstoß gegen solche Pflichten Schadensersatzansprüche des Vers nach den allgemeinen Vorschriften des BGB. Schließlich mögen die bei den Verhandlungen über einen Vertragsabschluß zu beobachtenden Treupflichten in diesem Zusammenhang erwähnt werden, obwohl sie nicht erst durch den Vertragsschluß, sondern schon durch die vorhergehenden Verhandlungen begründet werden (Anm. C 15). Sie können allerdings in der Regel nicht durch Klage und Zwangsvollstreckung erzwungen werden, sondern begründen nur SchadensersatzPflichten im Falle ihrer Verletzung.

Κ 138

Wriede

I. Allgemeines 2. Haupt- und Nebenpflichten

Anm. [E 5]

Zu diesen vorvertraglichen Pflichten gehört auch die gelegentlich in den AVB (ζ. B. § 3 Ziff. 3 S. 2 NoB) vorgesehene, daß der Antragsteller die K o s t e n d e r vom Ver für seine Entschließung über den Antrag von Fall zu Fall geforderten oder in den AVB als unumgänglich bezeichneten ä r z t l i c h e n U n t e r s u c h u n g zu tragen hat. Hier sind die Vertragsverhandlungen schon in ein konkreteres Stadium gelangt: Der Antragsteller übernimmt die Zahlungspflicht, wenn er der Aufforderung zur Durchführung der ärztlichen Untersuchung nachkommt. Diese Verpflichtung unterliegt mangels (zulässiger — vgl. Bd. 1 Anm. 10 zu § 35 S. 454) abweichender Vereinbarung den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen und nicht den vsrechtlichen Sonderbestimmungen der §§ 38—40 W G . § 5 A Zilf. 1 NoB enthält keine insoweit abweichende Bestimmung. Hier ist zwar von „Nebengebühren" die Rede, deren Zahlung (neben der Erstprämie) die Gefahrtragung des Vers entsprechend § 38 II W G beginnen lassen soll, darunter kann aber nicht der Anspruch auf Ersatz der Arztkosten verstanden werden. Vielmehr sind unter „Gebühren" nur die eigentlichen Abschlußgebühren, d. h. pauschalierte Aufwendungen des Vers, zu rechnen, nicht aber diese „Kosten" (vgl. auch § 3 Ziff. 3 S. 2 NoB). Ebensowenig unterfallen sie den in § 4 (10) S. 2 GrB KK, § 4 (9) S. 2 GrB KH, § 4 (8) S. 2 GrB KT erwähnten „Kosten". Der Zusammenhang ergibt vielmehr, daß damit die Mahnkosten für das Mahnverfahren gemäß § 39 W G gemeint sind. Die Nichtzahlung der Untersuchungskosten hat danach, falls der Vertrag zustandekommt, keinen Einfluß auf die Gefahrtragung des Vers. Auf der anderen Seite kann der Ver in diesem Falle auch nicht gemäß § 326 BGB vorgehen, da es sich bei dieser Pflicht nur um eine Nebenpflicht handelt und sie sich im übrigen nicht einmal aus dem Vertrage selbst ergibt. — Das gleiche gilt im Falle einer c u l p a in c o n t r a h e n d o des Vmers (Anm. C 15) und seiner sich daraus ergebenden auf Zahlung gerichteten Schadensersatzpflicht. Die übrigen auf Zahlung gerichteten Nebenpflichten des Vmers (z. B. die aus § 3 (1) GrB) werden vielfach den für die Prämienzahlungspflicht geltenden Bestimmungen unterstellt (vgl. hierüber Anm. E 17—25). Jedoch muß das vereinbart sein, andernfalls gelten auch insoweit die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen. Für die A b s c h l u ß g e b ü h r e n bestehen nähere aufsichtsrechtliche Bestimmungen, die darauf abzielen, daß die Vsinteressenten über die Höhe der ihnen durch den Abschluß entstehenden Belastungen von vornherein unterrichtet und vor Mißbräuchen geschützt werden (Rundschreiben des RAA 20. IV. 1938 VA 1939 S. 83) : Die durch den Abschluß dem Vmer außer dem Vsentgelt entstehenden Kosten und Nebengebühren sind in den Antrags- und Vsscheinvordrucken in einer Übersicht anzugeben. Daneben ist zu vermerken, daß weitere Gebühren nicht erhoben werden und insbesondere die Agenten dazu nicht berechtigt sind. Bei Abschluß von Gruppenvsverträgen können die danach vorgesehenen Gebühren und Kosten erlassen werden (VA 1949 S. 5 und 33). Das Verbot des RAA und die entsprechende privatrechtlich wirksame Erklärung des Vers schließen jedoch die Erhebung gesetzlich vorgesehener Zahlungen, z. B. von Verzugs- und Prozeßzinsen sowie weiterer Verzugsschäden (§§ 288, 291, 286 I BGB) nicht aus. — Die Abschlußgebühren werden im Rahmen der ÑoB (§ 5 A Ziff. 1) den Bestimmungen über die Prämien unterstellt: Ihre Zahlung ist (mit) Voraussetzung für den Beginn der materiellen Gefahrtragung. Auf sie ist daher auch im übrigen § 38 W G anzuwenden, nicht aber § 39 W G , da sie in den Bestimmungen über die Zahlung der Folgeprämien (§§ 9f. NoB) nicht erwähnt werden. Die GrB enthalten keine entsprechenden Vorschriften (§§ 4 (2) S. 1, 4 (10) S. 1, GrB KK, 4 (9) S. 1 GrB KH, 4 (8) S. 1 GrB KT). Die Erwähnung der Gebühren und Kosten in § 8 (1) GrB kann nicht in diesem Sinne verstanden werden. Hier wird nur das Bestehen der Zahlungspflichten zusammenfassend dargestellt. Auch die MB Κ Κ erwähnen die Abschlußgebühr nicht. Die V s s t e u e r , die an sich der Vmer dem Fiskus schuldet, für deren Zahlung jedoch der Ver diesem haftet (§7 1 VStG) wird im Verhältnis zwischen Vmer und Ver als Teil der Prämie behandelt (§ 7 IV VStG). Soweit sie daher nicht schon, wie meist üblich, in die Prämie eingerechnet ist, unterliegt sie den für diese geltenden Bestimmungen des Vertrages, insbesondere also der AVB und des W G . I n k a s s o g e b ü h r e n sind wegen ihres sachlichen Zusammenhangs den Regeln über die Prämien zu unterstellen, auf die sie sich beziehen. V e r z u g s - oder P r o z e ß z i n s e n sowie K o s t e n oder Gebühren f ü r M a h n u n g e n und f ü r P r ä m i e n p r o z e s s e unterWriede

Κ 139

Anm. [E 6]

Krankenvers. E. Rechtspflichten des Vmers

liegen gleichfalls diesen Regeln (für solche im Zusammenhang mit Erstprämien vgl. Bd. 1 Anm. 6 zu § 38 S. 490; für auf Folgeprämien sich beziehende Kosten s. § 39 IV W G ; die Ansichten wegen der Prozeßkosten sind str., dafür Bd. 1 Anm. 6 zu § 39 S. 500, dagegen Prölss-Martin18 Anm. 6 zu § 39 S. 229). Die G e s c h ä f t s g e b ü h r gemäß § 40 II 2 W G folgt den allgemeinen bürgerlichrechtlichen Bestimmungen. [Έ 6] Π. Prämienzahlungspflicht. 1. Zum Begriff der Prämie. Die Prämie — bei W a G (§§ 21 I, 24 I und II VAG) und öffentlich-rechtlichen Vera auch Beitrag genannt — ist das Entgelt für die Gefahrtragung des Vers (§ 1 II W G ) . Damit sind privatrechtlich auch die in Form von Umlagen, d. h. nach dem konkreten Deckungsbedarf des W a G erhobenen Beiträge Prämien im Sinne des W G . Diese Gleichstellung ist im Bereich der zwingenden Vorschriften des W G nicht abdingbar (Bd. 1 Anm. 5 zu § 15a S. 314). Das W G unterscheidet in den §§ 38f. zwischen der ersten oder einmaligen Prämie — letztere wird im Rahmen der PKV bei kurzfristigen Verträgen, z. B. für Auslandsreisen und besondere Veranstaltungen in Betracht kommen — und den Folgeprämien Diese Unterscheidung ist für die Rechtsfolgen der Säumigkeit des Vmers mit der Zahlung bedeutsam (Anm. E 17—25). Erstprämie ist die nach Vertragsschluß zeitlich als erste fällig werdende Prämie. Erstprämie ist auch die zeitlich erstfällige auf eine Erweiterung des Vertrages entfallende Prämie, gleich ob sie gesondert berechnet oder in die bisher schon gezahlte Folgeprämie eingerechnet wird. Wird ein Vertrag n a c h seiner Beendigung durch Vereinbarung „verlängert", so ist aus den ganzen Umständen zu entnehmen, ob es sich um einen Neuabschluß zu den Bedingungen des alten Vertrages handelt oder um eine rückwirkende Beseitigung der bereits eingetretenen Vertragsbeendigung (vgl. hierzu Anm. C 23). Nur im ersteren Falle kommt erneut eine Erstprämie in Betracht (Bd. 1 Anm. 9—12 zu § 8 S. 223—225, ferner Anm. 31 zu § 35 S. 460f.). — Soweit nach alledem keine Erstprämie anzunehmen ist, handelt es sich um Folgeprämien. Die Prämien werden entweder als J a h r e s p r ä m i e n oder für einen kürzeren Zeitraum, in der PKV meistens als M o n a t s p r ä m i e n vereinbart. Für den letzteren Fall ist es bedeutsam, ob „echte" Monatsprämien vorgesehen sind, oder ob nur die bedungene Jahresprämie in monatlichen (oder anderen unterjährigen) Raten gezahlt werden kann. In jenem Falle ist nur die erste Monatsprämie Erstprämie. Bei Ratenzahlungsvereinbarungen kommt es darauf an, ob es sich um eine generelle — meist in den AVB vorgesehene — Vereinbarung handelt oder um eine auf den Einzelfall abgestellte. Nur in letzterem Falle behält die (in Raten zahlbare) Prämie insgesamt ihren Charakter als Erstprämie, im ersten ist dagegen die Rechtslage ebenso wie bei echten Monatsprämien (Prölss-Martin18 Anm. 2 zu § 38 S. 218—219). Die Stundung der Erstprämie über den vorgesehenen Zeitpunkt des Beginns der materiellen Gefahrtragung hinaus ändert nichts an ihrem Charakter als Erstprämie (BGH 25. VI. 1956 VersR 1956 S. 482f.). Nach Bd. 1 Anm. 38 zu § 35 S. 464 (mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung) soll solche Stundung dagegen die Wirkung haben, daß diese Prämie zur Folgeprämie wird (vgl. zur Frage des Einflusses der Stundung auf den Beginn der materiellen Gefahrtragung Anm. E 10). Danach läßt die in den AVB vorgesehene Vereinbarung über Ratenzahlung (auch) der Erstprämie jedenfalls alle Raten außer der ersten zu Folgeprämien werden (so auch § 9 Ziff. 2 S. 1 u. 2 i. V. § δ A Ziff. 1 NoB, § 3 (2) GrB — Fassung für Jahresprämien —, § 8 (1) S. 2 MB KK). Genaueres Anm. E 10. Die Bedeutung der Vereinbarung von Jahresprämien, die in unterjährigen Raten gezahlt werden können, liegt darin, daß auf der einen Seite dem Vmer Stundung gewährt wird, auf der anderen aber, daß, soweit das Prinzip der Unteilbarkeit der Prämien in Betracht kommt oder aus anderem Grunde die Prämie bis zum Schluß der laufenden Vsperiode zu zahlen ist, mangels entgegenstehender Vereinbarung (so z. B. § 3 (4) S. 2 GrB — Fassung für Jahresbeiträge —, § 8 (6) MB KK) der Ver Anspruch auf alle weiteren zur selben Jahresprämie gehörenden Raten hat.

Κ 140

Wriede

II. Prämienzahlungspfl. 2. Höhe der Prämie

Anm. [E 7]

[E 7] 2. Die Höhe der Prämie bestimmt sich grundsätzlich nach der im Vertrage getroffenen Vereinbarung. Wird hierüber bei Vertragsschluß nichts verlautbart, so ist damit angesichts der Entgeltlichkeit des Vsvertrages keine Unentgeltlichkeit vereinbart, vielmehr muß in der Regel angenommen werden, daß die Parteien in diesem Falle den in der Ρ KV allgemein üblichen Prämientarif des Vers zugrunde legen wollten: Der Prämientarif — meistens ist er mit dem Leistungstarif des Vers zusammengefaßt (vgl. die Übersicht bei Balzer-Aumüller, Tarife und Bedingungen der Privaten Krankenversicherung 18. Aufl. Karlsruhe 1968 S. 111—694) — ist Teil des aufsichtsrechtlich bedeutsamen Geschäftsplans (§ 12 VAG). Der Tarif darf danach erst angewandt, d. h. abzuschließenden oder dahingehend abzuändernden Verträgen zugrunde gelegt werden, wenn die Aufsichtsbehörde ihn genehmigt hat (§§ 13, 8 VAG). Ein ohne diese Genehmigung vereinbarter Tarif oder die Vereinbarung einer vom Tarif abweichenden Prämie ist privatrechtlich ohne weiteres gültig (KG 27. VI. 1942 JRPV 1942 S. 135—136), sofern nicht die Wirksamkeit der abweichenden Vereinbarung nach den allgemeinen bürgerlichrechtlichen Bestimmungen in Frage gestellt wird, ζ. B. ein Vertragsteil zur Anfechtung gemäß §§ 119, 123 BGB berechtigt ist oder der Tatbestand eines Verstoßes gegen die guten Sitten vorliegt (§ 138 BGB, vgl. KG a. a. O.). Der Prämientarif gilt für Verträge mit durchschnittlichem Risiko. Ergibt die Prüfung eines Antrages ein ü b e r d u r c h s c h n i t t l i c h e s R i s i k o , so daß die im Tarif nach den sonstigen Daten und Merkmalen des Antragstellers vorgesehene Prämie als nicht ausreichend erscheint und der Ver sich daher zur Annahme nur bei Vereinbarung eines Prämienzuschlags entschließen kann, so kann das entweder in der Form erreicht werden, daß er das ausdrückliche Einverständnis des Antragstellers einholt oder in seiner Annahmeerklärung auf den höheren Satz hinweist und es dem Antragsteller überläßt, dieses Angebot (§ 151 S. 1 BGB) anzunehmen, was auch stillschweigend geschehen kann, ζ. B. durch Zahlung des geforderten höheren Beitrags (OLG Naumburg 29. IX. 1933 VA 1933 Nr. 2628 S. 406—407). Der Ver kann auch gemäß § 5 I und II W G verfahren (Anm. C 27—29). Für diesen Fall wird die Auffassung vertreten (Geithe VW 1954 S. 12), daß ein besonderer Hinweis gemäß § 5 II W G nicht erforderlich sei, wenn der Ver im Rahmen der AVB oder seines Tarifs allgemeine Grundsätze für die Berechnung des Zuschlags aufgestellt habe oder sich der Interessent in seinem Antrage von vornherein mit einem bestimmten Höchstzuschlage einverstanden erklärt habe. Das erscheint bedenklich angesichts der strengen Voraussetzungen des zu Ungunsten des Vmers nicht abdingbaren (§ 15a W G ) § 5 II W G , die sicherstellen wollen, daß der Antragsteller einen genauen und eindringlichen Hinweis auf die Abänderung gegenüber seinem Antrage erhält. Allgemeine Grundsätze des Vers für die Berechnung des Zuschlags, die übrigens nicht zum (zustimmungsbedürftigen) Geschäftsplan des Vers (§ 5 III Ziff. 2 VAG) gehören, lassen seinem Ermessen einigen Speilraum; aus ihnen kann daher nicht genau entnommen werden, welcher Zuschlag im Einzelfall in Betracht kommt. Das gilt auch dann, wenn der Interessent durchAngabe eines Höchstzuschlages in seinem Antrag zu erkennen gibt, daß er mit einer Erhöhung der Prämie grundsätzlich einverstanden ist. Denn auch in diesem Falle steht ihr Ausmaß nicht fest. Anders wäre es nur, wenn der Antrag nach den ganzen Umständen dahin zu verstehen wäre, daß der Antragsteller mit der Berechnung eines im billigen Ermessen des Vers liegenden Zuschlags im Rahmen der angegebenen oberen Grenze einverstanden ist. In solchem Falle gilt § 315 BGB. Eine ausdrückliche Erklärung hierüber erscheint empfehlenswert. Der Prämientarif stellt durchweg auf das „Eintrittsalter" der betr. Gefahrsperson ab, d. h. wenn AVB oder Tarif nichts anderes besagen, auf das Lebensalter, das die Person bei Abschluß des Vertrages, mithin regelmäßig bei Zugang der Annahmeerklärung des Vers hat. Gemäß § 9 Zilf. 3 S. 1 NoB wird ein angefangenes Lebensjahr voll gerechnet, wenn von ihm bei Beginn des Vsjahres mehr als 6 Monate verstrichen sind. Hier ist also der technische Beginn, nicht der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgebend. Der Tag der Geburt und der Tag, an dem das Vsjahr beginnt, werden voll gerechnet (§ 187 II BGB). Die 6-Monatsfrist endet mit dem Ablauf des Tages des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Zahl dem Anfangstage der Frist entspricht, ggf. Wriede

Κ 141

Anm. [E 7]

Krankeiivers. E. Rechtspflichten des Vmers

mit dem letzten Tage des Monats (§ 188 II und III BGB). Wenn also die Gefahrsperson am 1. IX. 1930 geboren worden ist und das Vsjahr am 1. III. 1968 beginnt, ist das Eintrittsalter 38 Jahre (Bruck PKV S. 44). Die Bestimmung des § 9 Ziff. 8 S. 8 NoB, wonach der Ver im Falle unrichtiger Altersangabe die etwa zu wenig gezahlte Prämie nebst Zinsen nachfordern kann, ist mit den Vorschriften über die Rechte des Vers bei Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht nicht zu vereinbaren. Das Lebensalter muß jedenfalls in der Regel für die Beurteilung des vom Krankenver zu tragenden Risikos als erheblich im Sinne des § 16 I W G angesehen werden. Bei Verstoß hiergegen kann der Ver gemäß § 16 II W G vom Vertrage zurücktreten und nur die bisher gezahlte, nicht aber die dem höheren Risiko entsprechende höhere Prämie fordern (§ 40 I W G ) . Das ist nur bei Fortsetzung des Vertrages gemäß § 41 I W G für die Zukunft möglich. Da diese Bestimmungen zugunsten des Vmers zwingend sind (§ 42 W G ) , ist der entgegenstehende § 9 Ziff. 3 S. 3 NoB nichtig (ebenso Bruck PKV S. 45). Für unbedenklich muß hingegen eine nach Erkennen dieser Obliegenheitsverletzung getroffene Vereinbarung über die Nachzahlung der Prämiendifferenz gehalten werden, wenn dadurch der Rücktritt des Vers abgewendet wird. Risikozuschläge können vereinbart werden, wenn das vom Ver zu übernehmende Wagnis erheblich über dem Durchschnitt einer Person gleichen Geschlechts und gleichen Lebensalters liegt. Die Beurteilung dieser Frage erfordert eine eingehende medizinische und vstechnische Überprüfung des Gesundheitszustandes und der ggf. für die Zukunft zu erwartenden Aufwendungen (Schulz ZfV 1957 S. 731—734, 760—763). Die danach erforderlich erscheinenden Risikozuschläge werden nach verschiedenen Methoden berechnet (Schulz a. a. O.). Die Erhebung dieser Zuschläge bedarf nicht der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. V e r ä n d e r u n g e n d e r H öhe der vereinbarten Prämie können sich aus verschiedenen Tatbeständen ergeben. Sie kann von den Vertragspartnern gemäß § 305 BGB vereinbart werden (Anm. C 19). Daneben besteht eine Reihe von Möglichkeiten einseitiger Vertragsänderungen durch den Ver (Anm. C 21). Ferner kann sich das Recht des Vers zur Erhöhung der von den Mitgliedern eines VVaG zu zahlenden Prämien aus dessen Satzung ergeben (§§ 24 I, 27 VAG), soweit das Recht, Nachschüsse zu fordern, nicht ausgeschlossen (§ 24 II VAG) oder der Höhe nach beschränkt ist (§ 24 III 1 VAG; Genaueres bei Kisch VVaG S. 200—203). Auch kann durch Satzungsänderung eine Änderung der Prämie begründet werden, falls die Satzung das vorsieht (§ 41 III 2 VAG). Ein weiteres Recht zur einseitigen Prämienerhöhung durch den Ver sieht § 41 I W G im Falle eines vom Ver zu tragenden höheren Risikos vor, das infolge vom Vmer nicht zu vertretender objektiver Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht beim Vertragsschluß nicht berücksichtigt worden war (Abschn. F). Umgekehrt kann der Vmer in den Fällen des § 41a W G eine Herabsetzung der Prämie verlangen (Näheres vgl. Abschnitt F). Die Bestimmungen der §§ 41 und 41a W G sind auch im Bereich der PKV anwendbar (wohl ebenso Schmidt-Tüngler ZVersWiss 1942 S. 193). Zwar gelten sie gemäß den §§ 162—164a W G für die Lebensv nur zum Teil und im übrigen nur eingeschränkt. Diese Einschränkungen ihres Anwendungsbereichs können aber für die PKV nicht analog herangezogen werden. Eine Leistungsanpassung bei falscher Altersangabe (§162 W G ) ist bei ihr schon nach ihrer Tarifstruktur nicht möglich, so daß eine deswegen gebotene Korrektur des Leistungsgefüges nur auf der Prämienseite möglich bleibt. Gefahrerhöhungen und -Verminderungen kommen nur außerhalb des Rahmens der schicksalhaften Veränderungen des Gesundheitszustandes in Betracht, z. B. bei Übernahme bzw. Aufgabe von Tätigkeiten insbesondere beruflicher Art, die gesundheitsgefährdend oder unfallträchtig sind (Klingmüller in Balzer-Jäger S. 18). Tritt schicksalhaft bedingt eine Neigung zu größerer Krankheitsanfälligkeit auf, so liegt keine Gefahrerhöhung vor. Jedoch kann eine Gefahrverminderung in Betracht kommen, wenn für einen Vertrag mit angenommenem erschwerten Risiko ein Prämienzuschlag vereinbart worden war und nachträglich die das erschwerte Risiko bedingenden Umstände entfallen oder sich als nicht existent erweisen. Es wäre bei der Vielgestaltigkeit der hier denkbaren Möglichkeiten nicht interessegerecht, die Vertragspartner eines Krankenvsvertrages nach Maßgabe der §§ 164, 164a W G hinK 142

Wriede

II. Prämienzahlungspfl. — Prämienschuldner

Anm. [E 8]

sichtlich der Möglichkeit einer späteren Anpassung des Vertrages an die veränderte Gefahrslage zu beschränken. Wegen der Eingriffsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden gemäß §§ 81 II 1, 81a S. 2, 87 I und 89 I 1 VAG, die eine Prämienerhöhung zur Folge haben können, vgl. Bd. 1 Anm. 29—33 zu § 41 S. 527—529. [E 8] 3. Prämienzahlungspflicht. a) Prämienschuldner ist nur derVmer, nicht auch die in den Vertrag eingeschlossene Gefahrsperson (§§ 9 Ziff. 1 NoB, 3 (1) GrB, 8 MB KK). Mehrere Vmer haften als Gesamtschuldner (§ 427 BGB). Die Gefahrspersonen (und ebenso andere „außenstehende" Dritte) haben gemäß § 267 I BGB die Befugnis, die Prämienschuld des Vmers zu erfüllen. Sie können daran ein erhebliches Interesse haben, wenn ζ. B. der Vmer säumig und der Vsschutz deswegen gefährdet ist. Der Ver k a n n diese Erfüllung ablehnen, wenn der Vmer widerspricht (§ 267 II BGB). Dazu wird in der Regel kein Anlaß sein. Das wäre dann denkbar, wenn der Ver ein Interesse daran hat, gemäß § 38 I W G vom Vertrage zurückzutreten oder den Vertrag gemäß § 39 III W G zu kündigen. Jedoch wird in diesem Falle im Hinblick auf die grundsätzliche Unkündbarkeit des Krankenvsvertrages (Anm. D 43) mit besonderer Sorgfalt geprüft werden müssen, ob die Ablehnung der Zahlung nicht rechtsmißbräuchlich ist. Die Ausnahmeregelung des § 35a I W G gilt nicht zugunsten der Gefahrspersonen (Bd. 1 Anm. 5 zu § 35a S. 477). Sie kann nur dann zu ihren Gunsten eingreifen, wenn sie den Anspruch des Vmers gegen den Ver erworben, insbesondere gepfändet haben, was nur dann zulässig ist, wenn ihnen dieser Anspruch im Verhältnis zum Vmer deswegen zusteht, weil sie die betreffenden Aufwendungen für die Heilbehandlung selbst getragen haben (Anm. A 28). Soweit der Pfandgläubiger den Ver befriedigt hat, geht dessen Prämienforderung gegen den Vmer auf den Pfandgläubiger über (§ 268 III BGB analog) und erweitert sich sein Pfandrecht an der Forderung des Vmers gegen den Ver entsprechend (§ 35a II W G ) . Gelegentlich sind dem Vmer von dritter Seite Prämien zu erstatten oder Z u s c h ü s s e zu leisten. Das kann auf einer vertraglichen Vereinbarung beruhen; so kann z. B. bei Gruppenvsverträgen der Vmer aufgrund entsprechender Abreden mit den Gruppenmitgliedern Anspruch auf volle oder teilweise Erstattung seiner Prämienaufwendungen haben (vgl. über die in Betracht kommenden Vertragsgestaltungen Millauer S. 92—95) oder ein geschiedener Ehemann hat sich aufgrund seiner Unterhaltspflicht gegenüber seiner geschiedenen Frau verpflichtet, die von ihr aufzuwendenden Prämien zu ersetzen. Solche Vereinbarungen sind jedoch auf den Vsvertrag ohne Einfluß. Schuldner des Vers bleibt allein der Vmer. Der Ver hat jedoch die Möglichkeit, aufgrund eines Vollstreckungstitels gegen den Vmer in dessen Ansprüche gegen den Dritten zu vollstrecken. Ebenso hat es keinen Einfluß auf den Vertrag, wenn aufgrund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen dem Vmer Zuschüsse zur Bezahlung seiner Prämienschuld gewährt werden. Hier ist in erster Linie der Z u s c h u ß der Träger der g e s e t z l i c h e n R e n t e n v gemäß § 381 IV 2 RVO (eingefügt durch Gesetz über die Krankenv der Rentner v. 12. VI. 1956 BGBl. I S. 500) zu nennen (vgl. hierzu ausführlich Heyn, Die Rentnerkrankenv, Essen 1963 S. 251—290). Danach erhalten Personen, die die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente oder Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenv der Arbeiter oder Angestellten erfüllen, aber nicht zu dem in § 165 I Ziff. 3 u. 4 RVO genannten Personenkreis gehören, d. h. weder in den letzten 5 Jahren vor Stellung des Rentenantrages mindestens 52 Wochen bei einem Träger der GKV vert waren noch rentenberechtigte Hinterbliebene solcher oder sonst krankenvspflichtig gewesener Personen sind, von ihrem Rentenvsträger einen Zuschuß, wenn sie bei einem privaten Vsunternehmen gegen Krankheit vert sind. „Privat" sind in diesem Sinne auch öffentlich-rechtliche Ver, sofern sie nur mit dem Vmer einen privat-rechtlichen Vsvertrag abgeschlossen haben. Der Zusammenhang der Bestimmungen des § 381 IV RVO ergibt, daß nur ein Zuschuß für eine Krankheitskostenv, nicht aber für eine Tagegeld- oder sonstige Zusatzv in Betracht kommt. Denn grundsätzlich wird der Zuschuß für die GKV und damit für eine umfassende Vollv gewährt. In gleicher Weise ist daher, falls ein privatrechtlicher Vertrag besteht, das Vorliegen einer ihrem Gegenstand nach im wesentlichen gleichen Wriede

Κ 143

Krankenvers. E. Rechtspflichten des Vmers

Anm. [E 9, E 10]

Deckung erforderlich (ebenso BSG 28. IV. 1965 Bd. 23 S. 42). Die Höhe des Zuschusses bestimmt sich nach dem Durchschnitt der von den Rentenvsträgern für die Pflichtvten zur Verfügung gestellten Beträge und damit nicht nach der Höhe der für den privaten Vertrag zu entrichtenden Prämie (BSG 21. III. 1961 Bd. 14 S. 116). Für den Beginn der Zuschußzahlung ist der Tag des Antrags auf Rentenzahlung maßgebend (BSG 21. III. 1961 Bd. 14 S. 112). Dem Anspruch steht nicht entgegen, daß der Ver keinen Sitz im Inlande hat und nicht der deutschen Vsaufsicht untersteht (BSG 23. VIII. 1967 Bd. 27 S. 129). Der Zuschuß ist auch bei ständigem Auslandsaufenthalt des Rentners zu zahlen (BSG 27. V. 1971, mitgeteilt von Werdermann DB Beilage Nr. 18/71 S. 10). — Umstritten ist, ob der Zuschuß auch dann zu gewähren ist, wenil der Rentner nicht selbst Vmer des betreffenden privaten Vertrages ist (dafür SG Regensburg 13. XII. 1960 VersR 1961 S. 412, SG Hamburg 20. IX. 1961 — Kr. 38/61 —, zweifelnd Bogs ZVersWiss 1963 S. 481, vgl. ferner auch Heyn ZfV 1964 S. 377—380, Daum ZfV 1956 S. 578—579, verneint vom BSG 28. VIII. 1970 mitgeteilt von Werdermann a. a. O. S. 11). Weiter ist hier § 7 II 2 des Gesetzes über die Sicherung des Unterhalts für Angehörige der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen — Unterhaltssicherungsgesetz — v. 26. VII. 1957 (BGBl. I S. 1046) in der Fassung des Gesetzes ν. 21. IV. 1961 (BGBl. IS. 457) zu nennen, wonach nichtsozialvspflichtige Wehrpflichtige für nichtsozialvspflichtige Familienangehörige ohne eigenes Einkommen als Sonderleistungen u. a. die Beiträge für eine private Krankenv erhalten. Weiter ist hinzuweisen auf die vom Bundesministerium für Familien- und Jugendfragen an jugendliche Zuwanderer aus Mitteldeutschland gewährten Beihilfen zur Begleichung der für einen privaten Krankenvsvertrag zu entrichtenden Beiträge (VerbB 1961 S. 64). Ferner sehen § 13 II des Bundessozialhilfegesetzes und §§ 45, 47, 58 des Arbeitsförderungsgesetzes in bestimmten Fällen eine Erstattung von Prämien zur Ρ KV vor. [E 9] b) Prämiengläubiger ist der Ver. Mehrere Ver (das kommt in der PKV kaum vor) sind Gesamtgläubiger gemäß § 420 BGB. Empfangsbevollmächtigt ist außer dem Vorstand die von diesem (im Vsschein oder auf andere Weise) bezeichnete oder intern bevollmächtigte Zahloder Geschäftsstelle (§§ 9 Ziff. 4 S. 1 NoB, 8 (5) S. 1 GrB, 8 (7) MB KK, vgl. auch Anm. D 33), auch ein Agent, falls er im Besitz einer vom Ver unterzeichneten (Nachbildung der Unterschrift genügt) Prämienrechnung oder -quittung ist. Es ist nicht erforderlich, daß der Ver ihm diese Urkunde zum Inkasso übergeben hat; für die Bevollmächtigung im Verhältnis zum Vmer genügt allein die Tatsache des Besitzes des Agenten (Bd. 1 Anm. 21 zu § 43 S. 986). Die Tilgungswirkung tritt dann auch unabhängig von der Aushändigung der Urkunde an den Zahler ein. Ein Makler ist nicht ohne weiteres zum Inkasso bevollmächtigt. — Andere Personen als Agenten gelten gemäß § 370 BGB als zum Empfang ermächtigt, wenn sie im Besitz einer vomVer oder seinem Empfangsbevollmächtigten unterzeichneten Quittung sind (vgl. RGR-Komm. Anm. 2 zu § 370 S. 1324—1325), sofern sich nicht aus den ganzen Umständen etwas Gegenteiliges ergibt. — Gemäß § 9 Zill. 4 S. 2 NoB und ebenso gemäß § 8 (5) S. 2 GrB hat der Ver das Recht, die Prämien beim Vmer unter Erhebung einer Gebühr abholen zu lassen. Die Ausübung dieses Rechts setzt aber voraus, daß sie dem Vmer angemessene Zeit vorher angekündigt wird (Anm. E 12). [E 10] c) Fälligkeit der Prämie, Stundung. aa) Die Erstprämie und ggf. auch ihre erste Rate im Falle einer generellen Stundungsvereinbarung (Anm. E 6) ist mangels abweichender Vereinbarung gemäß § 35 S. 1 W G „sofort" nach Vertragsschluß f ä l l i g ; d. h. der Anspruch des Vers auf diese Prämie entsteht und wird fällig mit dem Zustandekommen des Vertrages. Die abweichende frühere Rechtsprechung, insbesondere des Reichsgerichts, wonach „sofort" im Sinne von „unverzüglich" zu verstehen war (z. B. RG 24. IX. 1926 RGZ Bd. 114 S. 324) hat nach der Neufassung des § 38 W G (durch VO v. 19. XII. 1939) keine Grundlage mehr (Bd. 1

Κ 144

Wriede

II. Prämienzahlungspfl. — Fälligkeit, Stundung

Anm. [E 10]

Anm. 30 zu § 35 S. 460, Magnusson VW 1956 S. 584—585, Prölss-Martin 18 Anm. 3 zu § 35 S. 209—210, verkannt von KG 8. XII. 1949 VersR 1950 S. 102, OLG München 16. IX. 1964 VersR 1964 S. 1264). Der Zeitpunkt der Fälligkeit ist vor allem wesentlich für den fingierten Rücktritt gemäß § 38 I 2 W G (Anm. E 20). Die so bestimmte Fälligkeit der Erstprämie wird nicht dadurch berührt, daß der Vmer gemäß §35 S. 2 W G zur Z a h l u n g n u r g e g e n A u s h ä n d i g u n g des V s s c h e i n s verpflichtet ist, falls dessen Ausstellung nicht ausgeschlossen ist (Bd. 1 Anm.48 zu § 35 S. 470, Palandt-Heinrichs 31 Anm. l b zu § 273 S. 256—257, a. A. Kisch Vsschein S. 24). Damit wird dem Vmer nur ein Zurückbehaltungsrecht eingeräumt, das Verzugseintritt ausschließt und ferner die Wirkungen des § 274 BGB entstehen läßt, sofern es nicht vertraglich ausgeschlossen ist (Anm. E 23). Nichts anderes bedeutet es, wenn in § 5 A Ziff. 1 S. 1 NoB bestimmt wird, daß der Vmer gegen Aushändigung des Vsscheins zu zahlen hat, insbesondere wird damit keine von der gesetzlichen Regelung abweichende Fälligkeit begründet (Magnusson a. a. O. für die gleichlautende Bestimmung des § 8 I 1 AFB). Unklar in ihrer Tragweite ist die Bestimmung des § 3 (3) S. 2 2. Halbs. GrB, wonach die erste Prämie (oder Rate) „spätestens bei Aushändigung des Vsscheins zu zahlen" ist. Das könnte bedeuten, daß der Ver schon vorher Zahlung ohne Aushändigung des Vsscheins fordern kann, das gesetzliche Zurückbehaltungsrecht also ausgeschlossen sein soll. Dann wäre aber wieder unverständlich, daß an die Tatsache der Aushändigung gleichsam eine Art „Überfälligkeit" der Prämienschuld geknüpft wird, die es nicht gibt. Die in Bd. 1 Anm. 30 zu § 35 S. 460 vertretene Auffassung, daß durch diese Bestimmung die Fälligkeit vom Abschluß des Vertrages auf den der Aushändigung des Vsscheins verlegt worden sei, ist mit dem Wort „spätestens" nicht zu vereinbaren ; dann hätte es fehlen müssen. Unklar ist die Ansicht von Ohrt S. 48, die Bestimmung entspreche § 35 S. 2 W G , wonach die Zahlung der Erstprämie spätestens Zug um Zug gegen Aushändigung des Vsscheins zu erfolgen habe. Wenn nach alledem der Sinn der Bestimmung dunkel bleibt, muß es mit der des § 35 W G sein Bewenden haben. — Gemäß § 8 (3) MB KK ist die Erstprämie oder -rate „spätestens unverzüglich nach Aushändigung des Vsscheins zu zahlen". Danach soll offenbar die Fälligkeit erst nach erfolgter Aushändigung gegeben, der Ver also insoweit vorleistungspflichtig sein (a. A. — unklar— Ullmann-Schäfer S. 79: Fälligkeit mit Abschluß des Vertrages, Vmer braucht aber erst nach Aushändigung des Vsscheins zu zahlen). Das „spätestens" ist aber auch hier nicht recht verständlich. Die Fälligkeit der Erstprämie wird auch nicht dadurch beeinflußt, daß der materielle und der technische Beginn des Vertrages vereinbarungsgemäß auf einen späteren Zeitpunkt als den des Vertragsschlusses gelegt werden (LG Hildesheim 6. X. 1965 VersR 1965 S. 1165). Indessen kann eine wesentliche Verschiebung des technischen und materiellen Beginns auf einen späteren Termin ein Indiz für die Annahme einer Stundung der Erstprämie bis dahin sein (s. nachstehende Ausführungen zum Begriff der Stundung). Der Eintritt der Fälligkeit kann abgeändert, insbesondere zeitlich verlegt und die Wirkungen einer bereits eingetretenen Fälligkeit aufgehoben werden. Derartige Verfügungen über die Rechtsposition des Gläubigers — meistens als S t u n d u n g bezeichnet — erfordern, da sie den Vertragsinhalt (wenn auch nur für einen konkreten Fall) ändern, gemäß § 305 BGB eine Vereinbarung der Parteien (vgl. z. B. Esser, Schuldrecht, 2. Aufl., Karlsruhe 1960, § 78 Abschnitt C, S. 339). Dafür bestimmt § 9 Ziff. 6 NoB, daß sie nur mit schriftlicher Erklärung des Vorstandes wirksam ist, d. h. nicht die Vereinbarung als Ganzes muß schriftlich abgefaßt sein, sondern nur die Angebots- oder Annahmeerklärung des Vorstandes. Auch ist mit dieser Bestimmung die Abschlußbefugnis des Abschlußagenten (§ 45 W G ) abbedungen. — Umgekehrt ist gemäß § 6 (1) GrB und ebenso nach § 16 MB KK das Stundungsgesuch des Vmers in schriftlicher Form zu stellen, während der Ver sein Einverständnis nicht notwendig schriftlich abzugeben braucht. Auch ist es bei entsprechender Vollmacht möglich, daß die „zuständige Geschäftsstelle" (Anm. D 33) die Stundungsvereinbarung mit dem Vmer abschließt. Daneben besteht die gesetzliche Vertretungsmacht des Abschlußagenten (§ 45 W G , Bd. 1 Anm. 10 zu § 45 S. 1065). — Diese Vereinbarungen können einen sehr vielgestaltigen Inhalt haben, der notfalls durch Auslegung zu ermitteln ist (BGH 25. VI. 1956 BGHZ Bd. 21 S. 122, 133, Bd. 1 Anm. 34—35 zu § 35 S. 462—463, Palandt-Heinrichs 31 Anm. 10

B r u c k - M ö l l e r , W G , 8. Aufl. VI (Wriede)

Κ 145

Anm. [E 10]

Krankenvers. E. Rechtspflichten des Vmers

2g zu § 271 S. 255). So kann es zweifelhaft sein, ob eine über den Zeitpunkt des Sollbeginns der materiellen Gefahrtragung ·— meistens als „Zeitpunkt des Inkrafttretens" oder ähnlich bezeichnet (Anm. D 5) — hinaus bewirkte Stundung der Erstprämie auch diesen Zeitpunkt hinausschieben (so im Falle RG 4. X. 1912 RGZ Bd. 80 S. 139,142—143) oder ob die materielle Gefahrtragung gleichwohl wie vorgesehen und damit ohne vorherige Zahlung der Erstprämie beginnen soll (sog. „deckende Stundung"). Das letztere wird die Regel sein (BGH 25. VI. 1956 BGHZ Bd. 21 S. 122 = VersR 1956 S. 482, ÖOGH 28. XI. 1962 VersR 1964 S. 603, Bd. 1 Anm. 38 zu § 35 S. 464), da im allgemeinen nicht angenommen werden kann, daß die Stundungsvereinbarung über die Verlegung des Fälligkeitstermins hinaus auch die Bedeutung haben soll, daß der vereinbarte „Zeitpunkt des Inkrafttretens" auf den der tatsächlichen Zahlung der Erstprämie verlegt werden sollte, daß vielmehr der Vmer die Gewährung des Vsschutzes zum zugesagten Termin erstrebt, ohne bis dahin die Erstprämie zahlen zu müssen. Deckende Wirkung wird der Stundung insbesondere dann zukommen, wenn nur ein Teil der Erstprämie gestundet wird. Allein der Umstand, daß der „Zeitpunkt des Inkrafttretens" später liegt als der des Vertragsschlusses, begründet im allgemeinen noch nicht die Annahme einer Stundung der Erstprämie bis zu jenem Tage (vgl. LG Hildesheim 6. X. 1965 VersR 1965 S. 1165, dagegen Gaßmann VersR 1966 S. 325). Es ist streitig, welche Wirkung die N i c h t e i n h a l t u n g d e r S t u n d u n g s a b r e d e für den Vmer hat, ob insbesondere die Erstprämie durch die Stundung zur Folgeprämie im Sinne des § 39 W G wird, so daß Leistungsfreiheit des Vers erst nach Durchführung des Mahnverfahrens eintreten würde ( so vor allem Bd. 1 Anm. 38 zu § 35 S. 464—465 unter Hinweis auf die frühere höchstrichterliche Rechtsprechung). Dieser Auffassung kann mit dem BGH (25. VI. 1956 BGHZ Bd. 21 S. 132—133 = VersR 1956 S. 132) und PrölssMartin18 (Anm. 2 zu § 38 S. 219) nicht gefolgt werden; vielmehr kommt es nach der Neufassung der §§ 38f. W G durch Nr. 15 und 16 der VO v. 19. XII. 1939 (BGBl. I S. 2443) für die Frage, ob es sich im Einzelfall um eine Erst- oder eine Folgeprämie handelt, nur noch darauf an, ob es die zeitlich erste (oder einmalige) oder eine zeitlich folgende Prämie ist. Die zeitlich erste Prämie wird durch eine Stundung ihres Charakters auch dann nicht entkleidet, wenn infolgedessen die materielle Gefahrtragung schon vor ihrer Zahlung beginnt. Jedoch muß angesichts der der Zahlung der Erstprämie grundsätzlich beizumessenden Bedeutung weiter angenommen werden, daß die infolge „deckender Stundung" vor ihrer Zahlung begonnene Gefahrtragung rückwirkend wieder entfällt, wenn die Zahlung nicht vereinbarungsgemäß geleistet wird, daß mit anderen Worten die Gefahrtragung durch die nicht rechtzeitige Zahlung auflösend bedingt ist (ebenso ÖOGH a. a. O., Wahle VersR 1961 S. 480). — Die Bestimmungen der §§ 8 Zilf. 2,10 Ziff. 1 S. 1 NoB, 8 (2) S. 3—4 GrB (Fassung für Jahresbeiträge) und 8 (1) S. 2 MB KK erfordern in diesem Zusammenhang eine besondere Betrachtung. Danach können vereinbarte Jahresprämien in unterjährigen Raten bezahlt werden; die zweite und die folgenden Raten gelten insoweit als gestundet. Die Raten des zeitlich ersten Jahresbeitrages sind dann grundsätzlich nicht insgesamt als Erstprämie zu behandeln, so daß nur der Eintritt der Rechtsfolgen der Nichtzahlung als bis zum Ablauf der Stundungsfrist hinausgeschoben anzusehen wäre, vielmehr gilt dann nur die erste Prämienrate als Erstprämie und gelten alle folgenden als Folgeprämien (ÖOGH 28. XI. 1962 VersR 1964 S. 602, 603, Brockmann VersR 1953 S. 345, Prölss-Martin 18 Anm. 2 zu § 38 S. 219). Anders ist es dagegen, wenn die Erstprämie — gleich, welchen Zeitraum sie decken soll — aufgrund einer auf den Einzelfall abgestellten Vereinbarung in Raten gezahlt werden soll. Hier bilden alle Raten zusammen die Erstprämie, so daß schon bei nicht rechtzeitiger Zahlung einer Rate die Wirkungen des § 38 I W G eintreten und, falls es sich um eine deckende Stundung handelt, die Gefahrtragung des Vers rückwirkend entfällt. —- Ist im Falle der oben erwähnten generellen Stundungsvereinbarung des § 8 (1) S. 2 MB KK der Vmer schon mit der ersten Rate im Rückstand, so ist — § 8 (4) S. 1 MB KK — zu unterscheiden : Befindet sich der Vmer nicht im Verzuge, insbesondere weil er die nicht rechtzeitige Zahlung nicht zu vertreten hat (§§ 284 II 1, 285 BGB), so hängt der Eintritt der Wirkungen des § 38 W G allein von der Zahlung dieser ersten Rate ab; wird sie vor Ablauf der Drei-Monatsfrist des § 38 I 2 W G entrichtet, so bleibt der Vertrag mangels Rücktrittserklärung des Vers bestehen, auch setzt die Gefahrtragungsleistung des Vers

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Wriede

II. Prämienzahlungspfl. — Fälligkeit, Stundung

Anm. [E 11]

im Augenblick der Zahlung ein. War dagegen Zahlungsverzug gegeben (kein qualifizierter Verzug gemäß § 39 W G erforderlich, Prölss-Martin 18 Anm. 3 zu § 8 MB KK S. 955), so werden zunächst alle gestundeten Raten des laufenden Vsjahres fällig, jedoch genügt zur Vermeidung der Wirkungen des § 38 W G die Zahlung des rückständigen Teils einschließlich der Rate für den am Zahlungstage laufenden Monat (sowie, wie hinzugefügt werden muß, der etwa inzwischen fällig gewordenen Raten) und der ggf. schon entstandenen Mahnkosten (§ 8 (4) S. 2 MB KK). Diese „Veränderung" der Höhe der ersten Prämie im Verzugsfalle ist unabhängig davon, daß — wie ausgeführt — im übrigen — d. h. wenn nur die erste Rate fristgerecht gezahlt wird — die späteren Prämienraten (auch des ersten Jahresbeitrags) als Folgeprämien zu behandeln sind. Diese Regelung verstößt nicht gegen § 42 W G (vgl. BGH 25. I. 1968 VersR 1968 S. 241). — §§ 5 A Ζ iff. 1, 9 Ziff. 1 u. 2 und 10 Ziff. 1 NoB sowie § Β (2) GrB (Fassung für Jahresbeiträge) haben für den Fall nicht rechtzeitiger Zahlung der ersten Prämienrate keine vergleichbare Regelung getroffen; sie behandeln nur den Verzug mit Folgeraten. Hier verbleibt es daher dabei, daß die Wirkungen des § 38 W G mit der Zahlung nur dieser Rate abgewendet werden können. [E 11] bb) Folgeprämie. Die Folgeprämie ist mangels abweichender Vereinbarung jeweils am ersten Tage des Zeitabschnitts fällig, für den sie technisch bestimmt ist, regelmäßig also des entsprechenden Vsjahres oder des unterjährigen Zeitabschnittes. Dem entspricht auch die besondere vertragliche Regelung in § 9 Ziff. 2 NoB und in § 3 (2) GrB. Jedoch werden gemäß § 10 Ziff. 1 S. 8 NoB und § 3 (2) S. 3 GrB (Fassung für Jahresbeiträge) die gestundeten unterjährigen Raten bei Eintritt des qualifizierten Verzuges vorzeitig fällig. Gemäß § 8 (4) S. 2 MB KK genügt einfacher Verzug. Diese Bestimmungen sind zulässig (BGH 25.1.1968 VersR 1968 S. 241). Nach den letzteren beiden AVB wird die Stundung wieder wirksam, wenn die rückständigen und die laufenden Raten nebst Mahnkosten entrichtet sind. Die durch S t u n d u n g (über die gemäß §§ 9 Ziff. 5 NoB, 6 (1) GrB und 16 MB KK dabei zu beachtenden Besonderheiten vgl. Anm. E 10) bewirkte Verschiebung der Fälligkeit kann unterschiedliche Bedeutung haben, je nachdem sie vor oder nach Eintritt des qualifizierten Verzuges (Anm. E 23—25) vereinbart wird. S t u n d u n g v o r F ä l l i g k e i t läßt den andernfalls mit dem Fälligkeitstermin eintretenden (einfachen) Verzug (§ 284 II 1 BGB) nicht erst eintreten, so daß auch das Mahnverfahren gemäß § 39 I W G nicht möglich ist und die Rechtsfolgen der II u. III nicht Platz greifen können. Wird n a c h E i n t r i t t d e r F ä l l i g k e i t gestundet, so kann Verschiedenes gewollt sein. Es kann sein, daß der Ver lediglich darauf verzichtet, gerichtliche Maßnahmen einzuleiten (OLG Celle 18. IX. 1940 HansRGZ A 1942 Sp. 40—42), daß aber die bereits eingetretenen rechtlichen und tatsächlichen Folgen aufrechterhalten bleiben sollen, daß also weiterhin der Vmer als im Verzug befindlich behandelt wird und damit ζ. B. zinspflichtig ist, daß die Leistungsfreiheit gemäß § 39 II W G fortbesteht oder auch das Vertragsverhältnis gemäß § 39 III W G (vorläufig) als gekündigt gilt, dem Vmer jedoch die Möglichkeit erhalten bleibt, durch der Stundungsvereinbarung entsprechende Zahlung den Wegfall der Kündigung gemäß § 39 III 3 W G zu erreichen (vgl. hierüber Anm. E 25). Es kann auch vereinbart sein, daß die noch laufende Frist gemäß § 39 I W G verlängert wird, so daß zwar der eingetretene (einfache) Verzug bestehen bleibt, aber der qualifizierte Verzug mit den Wirkungen gemäß den II u. III zunächst ferngehalten wird bis zum fruchtlosen Ablauf der verlängerten Frist. Diese Wirkung hat der BGH (7. X. 1965 VersR 1965 S. 1141) für den Fall der Entgegennahme eines vordatierten Verrechnungsschecks während des Laufs der Mahnfrist angenommen. Die Stundung der Folgeprämie kann ferner die Wirkung haben, daß die infolge der Säumigkeit bereits eingetretene Rechtslage rückwirkend umgestaltet, insbesondere Verzugsfolgen beseitigt werden, so daß die Rechtslage wieder so angesehen werden soll, als wenn der Vmer dem ursprünglichen Vertrag entsprechend gezahlt hätte. Derartige Wirkungen sind angenommen worden in folgenden Entscheidungen: RG 10. XI. 1933 VA 1933 Nr. 2625 S. 399—400, LG Berlin 17. XI. 1950 VersR 1951 S. 65, 16. II. 1951 VersR 1951 S. 171. — Was im einzelnen gewollt war, ist Tatfrage, insbesondere Frage der Auslegung, die alle Umstände des Falles io*

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Anm. [E 12, E13]

Krankenvers. E. Rechtspflichten des Vmers

zu berücksichtigen hat (LG Hamburg 14. XII. 1950 YersR 1951 S. 75, 76). In der Regel wird eine nach Eintritt des qualifizierten Verzuges getroffene Stundungsvereinbarung nur einen Zahlungsaufschub bewirken, da nicht ohne weiteres angenommen werden kann, daß die bereits erfolgte wesentliche Umgestaltung des Vertragsverhältnisses wieder beseitigt werden soll. Hierfür müssen schon konkretere Anhaltspunkte vorliegen (RG 8. IV. 1932 JRPV 1932 S. 307—309, OLG Celle a. a. O., LG Hamburg a. a. O., LG Berlin 17. XI. 1950 VersR 1951 S. 65, 16. II. 1951 VersR 1951 S. 170, 171, 1. X. 1952 VersR 1952 S. 426, Prölss-Martin 18 Anm. 11 Β zu § 39 S. 235, a. A. Bd. 1 Anm. 41 und 42 zu § 35 S. 466—467). Hat sie keinen dahingehenden Inhalt, so werden die eingetretenen Rechtsfolgen erst durch Zahlung der Rückstände, und zwar mit Wirkung vom Zahlungstage ab wieder aufgehoben. Im gegenteiligen Falle wird die Beseitigung der Rechtsfolgen wiederum durch die vereinbarungsgemäße Zahlung aufschiebend bedingt sein. Der Ausfall dieser Bedingung läßt daher eo ipso den früheren Rechtszustand wieder aufleben und damit auch die Tatsache der erfolgten Fristsetzung gemäß § 39 I W G (RG 5. VII. 1929 JRPV 1929 S. 262, 8. IV. 1932 JRPV 1932 S. 307—309, OLG München 24./25. IV. 1958 VersR 1959 S. 798, 799, Prölss-Martin 18 Anm. 11 Β zu § 39 S. 235). — Über den Zusammenhang zwischen Stundung und Ruhensvereinbarung vgl. Anm. C 22. [E 12] cc) Die Beweislast für die Vereinbarung einer Stundung und den Inhalt der Abrede obliegt demjenigen, der sich auf sie beruft, d. h. in der Regel dem Vmer. [E 13] d) Erüllung der Prämienschuld. Schrifttum: Frels VersR 1971 S. 592, Kalka VersR 1967 S. 14—16, Surminski ZfV 1964 S. 674 bis 676. aa) Zahlung. Von der Frage der tatsächlichen Tilgung der Prämienschuld ist die nach Ort und Zeitpunkt der hierfür erforderlichen Handlungen des Schuldners zu unterscheiden. Hierauf kommt es vor allem im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 38 und 39 W G an (Anm. E 17—25). Die für die Zahlung erforderlichen Handlungen hat der Vmer nach der g e s e t z l i c h e n R e g e l u n g (soweit also nichts anderes vereinbart ist) gemäß § 269 I u. II BGB i. V. m. § 36 W G an seinem jeweiligen Wohnsitz oder, falls er den Vertrag für seinen Gewerbebetrieb abgeschlossen hat (was für einen Gruppenvsvertrag in Frage kommen kann), am Ort seiner gewerblichen Niederlassung zu erbringen. Er hat daher rechtzeitig gezahlt, wenn er das für die Bewirkung der Zahlung Erforderliche zur rechten Zeit an diesem Ort getan hat, vorausgesetzt, daß das Geld beim Ver oder unter den Voraussetzungen des § 43 Ziff. 4 W G bei seinem Agenten eingeht oder die Gutschrift bei seinem Geldinstitut erfolgt (BGH 5. XII. 1963 VersR 1964 S. 129, 20. XI. 1970 VersR 1971 S. 216 = NJW 1971 S. 280, ebenso für das österreichische Recht ÖOGH 16. VI. 1965 VersR 1966 S. 551). Daraus, daß er gemäß § 36 I 2. Halbs. W G die Prämien auf seine Gefahr und Kosten dem Ver übermitteln muß, ergibt sich nichts Abweichendes, wie die gleichlautende Bestimmung des § 270 I i. V. m. § 270 IV BGB zeigt (BGH 5. XII. 1963 VersR 1964 S. 129). Diese Belastung des Vmers besagt nur, daß er die Kosten der Geldübermittlung zu tragen und noch einmal zu zahlen hat, falls der Betrag beim Ver nicht eingeht (das letztere ist allerdings eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 243 II BGB). Sowohl § 9 Ziff. 4 S. 1 NoB als auch § 3 (δ) S. 1 GrB bezeichnen die P r ä m i e n s c h u l d ausdrücklich als B r i n g s c h u l d . Damit weichen diese AVB von der gesetzlichen Regelung ab, nach der sie eine modifizierte — nämlich wegen der Belastung des Schuldners mit der Transportgefahr — Schickschuld ist (h. M., BGH a. a. O., Bd. 1 Anm. 7 zu § 36 S. 482, vgl. auch § 270 I u. IV BGB und dazu ζ. B. Palandt-Heinrichs 31 Anm. 1 a zu § 270 S. 252—253, a. A. Prölss-Martin 18 Anm. 1 zu § 36 S. 217, dagegen Frels a. a. O.). Bei Bringschulden ist der Leistungsort mit dem Ort des Wohnsitzes oder der gewerblichen

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Wriede

Anm. [E 13]

II. Prämienzahlungspfl. — Erfüllung

Niederlassung des Gläubigers identisch, bei Schickschulden mit dem des Schuldners; bei diesen fallen daher der Ort, an dem das Leistungsverhalten zu erbringen ist, und der Ort, an dem der Erfolg eintritt, auseinander. Bei Holschulden schließlich ist für beides der Sitz des Schuldners maßgeblich (Näheres unten). — Der Hinweis in den erwähnten Bestimmungen der NoB und GrB, daß der Vmer die Übermittlungskosten zu tragen hat, läßt nicht hinreichend deutlich erkennen, daß es sich entgegen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bringschuld um eine Schickschuld handeln soll, wie in Bd. 1 Anm. 15 zu § 36 S. 486 angenommen wird, zumal in § 6 (5) GrB ausdrücklich bestimmt wird, daß Erfüllungsort die Geschäftsräume des Vorstandes am Sitz des Vers oder die Geschäftsräume der Hauptverwaltung sind. Die Auslegungsregel des § 269 III BGB kommt nicht in Betracht, da die Schuld ausdrücklich als Bringschuld bezeichnet wird. Die erwähnten AVB legen daher fest, daß Leistungsort für die Prämienschuld der Sitz des Vers (im Falle der NoB auch der vereinbarten Zahl- oder Verwaltungsstelle) ist. Diese Abweichung von § 36 W G ist zulässig, da diese Norm nicht von § 42 W G erfaßt wird (BGH 20. XI. 1970 VersR 1971 S. 216). — Unter der Geltung dieser AVB kommt es daher in bezug auf den Zeitpunkt der Zahlung darauf an, wann der Vmer diese dem Ver an dessen Sitz oder Zweigstelle so anbietet, daß nur noch die Annahme des Geldbetrages zur Herbeiführung der Tilgung erforderlich ist oder bei Gutschrift auf dem Konto eines Geldinstituts diese so eingeleitet wird, daß sie nach dem normalen Geschäftsgang noch rechtzeitig ausgeführt, d. h. dem Ver auf dessen Konto gutgeschrieben werden kann. Die MB KK weichen von der gesetzlichen Regelung nicht ab. Wenn § 8 (7) bestimmt, daß die Beiträge „an die vom Ver zu bezeichnende Stelle zu entrichten" sind, so wird damit lediglich der Adressat der Geldsendung oder Überweisung angesprochen, aber nichts darüber gesagt, daß der Erfüllungsort anstatt beim Vmer beim Ver, insbesondere bei dieser „Stelle" liegen soll. Die zitierte Bestimmung kann jedoch für die Frage bedeutsam werden, ob der Vmer rechtzeitig das seinerseits Erforderliche zur Zahlung getan hat: Richtet er seine Zahlung an eine andere als die ihm angegebene Stelle und tritt infolgedessen eine Verzögerung der Tilgung ein, so ist diese nicht schon als am Tage der (falsch adressierten) Absendung bewirkt anzusehen, sondern erst dann, wenn sie „richtig" auf den Weg gebracht wird. Die Bestimmungen über den Leistungsort gelten entsprechend auch für die Leistungsstelle innerhalb derselben politischen Ortschaft (RG11.1.1912 RGZ Bd. 78 S. 140—141). Die zur Erfüllung einer Schickschuld erforderliche Leistungshandlung ist daher noch nicht erfüllt, wenn der Vmer den geschuldeten Betrag am Leistungsort bei der X-Bank mit der Weisung einzahlt, ihn an die Y-Bank des Vers zu überweisen, oder wenn er seiner Bank am selben Ort den entsprechenden Überweisungsauftrag erteilt. Vielmehr bedient sich der Vmer hier dieser Institute als seiner Erfüllungsgehilfen (RG 15. VI. 1922 RGZ Bd. 105 S. 35, a. A. Bd. 1 Anm. 7 zu § 36 S. 483), so daß bei Schickschulden die Leistungshandlung erst vollbracht ist, wenn die vom Vmer eingeschaltete Bank den Betrag von seinem Konto abgebucht und den Überweisungsträger an die Bank des Vers oder die zwischengeschaltete Verrechnungsstelle abgesandt hat (str., ebenso Larenz I § 17 V c S. 205 N. 2, vgl. die Übersicht über den Stand der Meinungen in BGH 5. XII. 1963 VersR 1964 S. 129 = N J W 1964 S. 499); bei Bringschulden ist erst mit der Gutschrift auf dem Konto des Vers geleistet (BGH 20. XI. 1970 VersR 1971 S. 216, KG 12. VII. 1930 JRPV 1930 S. 430). Welche Leistungshandlungen des Vmers im einzelnen erforderlich sind, bestimmt sich nach der von ihm gewählten Zahlungsform. Bei B a r z a h l u n g einer Schickschuld genügt es, wenn die Zahlung am Leistungsort vor Fristablauf — z. B. durch Brief oder Postanweisung — auf den Weg gebracht, d. h. der Brief bei der Post aufgegeben oder der Betrag bei der Post eingezahlt wird. Im Falle einer Bringschuld ist erst mit dem Eingang des Geldes beim Ver oder seinem Geldinstitut geleistet (KG a. a. O.). Es ist streitig, ob eine Zahlung durch Z a h l k a r t e , d . h . einer Barzahlung zur Bewirkung einer Gutschrift auf dem Postscheckkonto des Vers wie eine Barzahlung zu behandeln ist. Das ist mit h. M. anzunehmen (z. B. RG 8. VII. 1920 RGZ Bd. 99 S. 258). Im Falle einer Ü b e r w e i s u n g v o n K o n t o zu K o n t o ist zu beachten, daß der Vmer sich seiner Bank als seines Erfüllungsgehilfen bedient (str. s. oben), so daß eine Schickschuld erst erfüllt ist, wenn die Bank den Überweisungsauftrag ihrerseits an die andere Wriede

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Anm. [E 13]

Krankenvers. E. Rechtspflichten des Vmers

Bank oder die zwischengeschaltete Verrechnungsstelle absendet. Anders ist es, wenn Vmer und Ver bei derselben Bank oder bei demselben Postscheckamt Konten unterhalten. Hier wird der Eingang des Überweisungsauftrags des Vmers bei diesem Institut genügen, auch hier vorausgesetzt, daß die Überweisung im Anschluß daran auch vollzogen wird (Larenz a. a. 0.). Handelt es sich um eine Bringschuld, so kommt es nur auf die Tatsache und den Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Vers an. Bei Verzögerung der Gutschrift infolge Säumigkeit der Empfängerbank ist entscheidend, ob der Überweisungsträger der Absenderbank so rechtzeitig eingegangen ist, daß die Buchung auf dem Konto des Vers bei normaler Erledigung noch fristgerecht hätte erfolgen können. Auf die Kenntnis des Vers von der Gutschrift kommt es nicht an (RG 13. X. 1922 RGZ Bd. 105 S. 269, 31. III. 1925 JRPV 1925 S. 131, BGH 9. III. 1951 NJW 1951 S. 437). Bei Z a h l u n g d u r c h B a r - o d e r V e r r e c h n u n g s s c h e c k ist, sofern eine Schickschuld vorliegt, mit Absendung oder Hingabe des Schecks — Entgegennahme durch den Ver (im Zweifel erfüllungshalber, § 364 II BGB) und Deckung vorausgesetzt — die Zahlung als bewirkt anzusehen (BGH 29. I. 1969 VersR 1969 S. 368), und zwar auch dann, wenn der Scheck vordatiert ist (BGH 7. X. 1965 BGHZ Bd. 44 S. 178 = VersR 1965 S. 1142 gegenüber der bis dahin sehr uneinheitlichen Rechtsprechung, vgl. hierzu Prölss-Martin18 Anm. 6c zu § 35 S. 212). Handelt es sich um eine Bringschuld, tritt Tilgung erst mit der Bareinlösung oder (nicht stornierten) Gutschrift ein (§ 788 BGB), sofern nicht der Scheck ausnahmsweise an Erfüllungs Statt gegeben (und angenommen) wird; dann tritt die Tilgung schon mit der Annahme ein. Mit der Annahme eines W e c h s e l a k z e p t s des V m e r s , die — wie regelmäßig — nur erfüllungshalber erfolgt (§ 364 II BGB), so daß beide Forderungen nebeneinander bestehen, liegt dagegen noch keine Zahlung vor, weil der Vmer mit dem Akzept erst Zahlung zum späteren Fälligkeitstermin verspricht (a. A. ohne nähere Begründung Frels a. a. 0.). Mit der Entgegennahme des Akzepts ist daher in der Regel eine Stundungsvereinbarung verbunden. Diese kann außer wegen des Zahlungsaufschubs sehr verschiedene Wirkungen auf das Vertragsverhältnis haben (Anm. E 10—12). Der durch Diskontierung des Wechsels erlangte Erlös bewirkt nur eine vorläufige Tilgung der Prämienschuld, da der Ver als Aussteller oder Indossant dem späteren Inhaber bis zur Einlösung durch den Akzeptanten oder bis zum Eintritt des Rechtsverlustes gemäß Art. 53 WG als Rückgriffsschuldner haftet (Art. 43 WG). Erst mit Erlöschen dieser Haftung wird sein Diskonterlös endgültig und damit die Prämienschuld in Höhe dieses Erlöses getilgt. Entsprechendes gilt bei Zahlung durch von einem Dritten angenommenen Wechsel (§ 788 BGB). Bei Entgegennahme eines Wechsels übernimmt der Ver darüber hinaus die Verpflichtung, sich zunächst aus dem Wechsel zu befriedigen und die dafür erforderlichen Rechtshandlungen (rechtzeitig) vorzunehmen, insbesondere den Wechsel fristgerecht dem Akzeptanten vorzulegen (Art. 38 WG) ggf. Protest zu erheben (Art. 44 WG) und die erforderlichen Nachrichten zu geben (Art. 45 WG), um seine Ansprüche gegen die übrigen Wechselverpflichteten zu erhalten. Verletzt er diese Pflicht, so haftet er dem Wechselgeber/Vmer für den diesem entstandenen Schaden (vgl. Hueck, Recht der Wertpapiere, 10. Aufl., Berlin und Frankfurt a. M., 1967 S. 96). Er kann nur dann auf die Prämienforderung zurückgreifen, wenn er dem Vmer den Wechsel zurückgibt oder ihn aus seiner Wechselverpflichtung freistellt (Soergel-Siebert Anm. 5 zu § 364 S. 454). Die Prämienschuld kann aufgrund entsprechender Vereinbarung auch H o l s c h u l d sein. Eine solche Abrede ist selten. Dann treten Leistungshandlung und -erfolg am Sitz des Vmers ein und der Ver trägt die Leistungsgefahr. Eine solche Vereinbarung kann auch stillschweigend, insbesondere dadurch Zustandekommen, daß der Ver die Prämien regelmäßig beim Vmer abholen läßt, wie § 37 W G ergibt (Bd. 1 Anm. 8—10 zu § 37 S. 487 spricht von einer Holschuld kraft Übung und unterscheidet sie von einer vereinbarungsgemäßen Holschuld. Die Unterscheidung von einer stillschweigenden Vereinbarung dürfte indessen kaum möglich sein). Daß durch eine solche Übung (nicht schon bei nur gelegentlicher Abholung, vgl. ÖOGH 4. VIII. 1961 VersR 1962 S. 340) die sonst vorgesehene Bring- oder Schickschuld zur Holschuld wird, sollte entgegen Prölss-Martin 18 (Anm. 1 zu § 37 S. 217) nicht zweifelhaft sein: Es wäre unerträglich anzunehmen, daß der Vmer noch einmal leisten müßte, wenn dem Inkassobeauftragten der kassierte Betrag

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II. Prämienzahlungspfl. — Erfüllung

Anm. [E 13]

(ohne sein Verschulden, das der Ver zu vertreten hätte) abhandenkommt und daß im Falle ursprünglich vereinbarter Bringschuld die Zahlung erst mit Aushändigung des Betrages an den Ver oder die Zahlstelle als vollzogen gelten sollte. Der Hinweis von PrölssMartin auf die zit. Entscheidung des ÖOGH stützt ihre Auffassung nicht. Denn dort handelte es sich um einen einmaligen Inkassoversuch eines Beauftragten des Vers, dem der Vmer nicht entsprochen hatte, so daß der darin vielleicht liegende Antrag auf Abänderung der Schickschuld in eine Holschuld nicht angenommen worden war. Mit Recht hat ÖOGH ausgeführt, keinesfalls werde durch einen Inkassoversuch eines Vertreters die Schickschuld zu einer Holschuld. Von der Vereinbarung einer Holschuld kann der Ver sich nicht einseitig lösen. Anders ist es, wenn diese Vereinbarung dadurch zustandegekommen ist, daß die Prämie regelmäßig beim Vmer eingezogen worden ist. Dann kann der Ver gemäß § 37 W G durch schriftliche, d. h. (§ 126 BGB) vom Ver oder seinen Bevollmächtigten unterzeichnete gegenüber dem Vmer abzugebende Willenserklärung die Holschuld in eine Schick- oder Bringschuld zurückverwandeln, je nachdem welche Form vorher oder sonst vereinbart war, insbesondere in den AVB vorgesehen ist (Bd. 1 Anm. 11 zu § 37 S. 488). — Die Ausübung der Bestimmung des § 9 Ziff. 4 S. 2 NoB und des § S (δ) S. 2 GrB, wonach der Ver einseitig bestimmen kann, daß die Prämien gegen eine Gebühr vom Vmer abgeholt werden sollen, macht — gleichsam umgekehrt — die Prämienschuld zu einer Holschuld (ebenso Ohrt S. 49). Auch hier handelt es sich um eine allerdings nicht formbedürftige gegenüber dem Vmer abzugebende Willenserklärung, die auch stillschweigend, ζ. B. durch Entsendung des Inkassobeamten abgegeben werden kann. Indessen wird in der Regel zu fordern sein, daß der Ver seine Erklärung angemessene Zeit vor dem Inkasso abgibt. Zwar deutet der nahe Zusammenhang mit den vorhergehenden Sätzen 1 darauf hin, daß insoweit keine Ausnahme von dem Grundsatz gelten soll, wonach die Beitragsschuld Bringschuld ist. Die Einräumung der Entscheidungsbefugnis hierüber an den Ver macht auch deutlich, daß die Bestimmung seinen Interessen dienen soll: Er kann auf diese Weise auf die Zahlungsmoral des Vmers unmittelbar Einfluß nehmen. Gleichwohl wäre es — ebenso wie im Falle des § 37 W G (s. oben) —nicht vertretbar, die Leistungsgefahr wie bei einer Bring- oder Schickschuld dem Vmer aufzubürden. Entschließt sich der Vmer angesichts des Verlangens des Vers zur Zahlung unter Ausschaltung des Inkassobeauftragten, so bleibt es im übrigen bei der Regelung nach den AVB : Der Ver kann diese Zahlung nicht zurückweisen, bleibt aber zur Erhebung der für das Abholen festgesetzten Gebühr berechtigt, da der Vmer die getroffene Bestimmung des Vers nicht einseitig annullieren kann. Die AVB besagen nicht ausdrücklich, daß der Ver sich von der Inkassoverpflichtung wieder einseitig lösen kann. Die Formulierung der NoB, wonach es dem Ver „freisteht", die Prämien abholen zu lassen, macht aber deutlich, daß der Ver auch insoweit einseitig vorgehen kann. In gleichem Sinne wird die Bestimmung der GrB zu verstehen sein. Dabei ist aber die zugunsten der Vmer zwingende Bestimmung (§ 42 W G ) des § 37 W G und garnit das Erfordernis der Schriftlichkeit der Gegenerklärung zu beachten, sofern die dort vorgesehene regelmäßige Übung vorliegt; — insgesamt eine für einen einfachen Sachverhalt recht komplizierte Regelung. Im Falle einer Holschuld hat der Verm, was die Rechtzeitigkeit seiner Leistungshandlung betrifft, das seinerseits Erforderliche getan, wenn er den Betrag seiner Prämienschuld zur rechten Zeit so zur Verfügung stellt, daß der Ver sie durch seinen Inkassobeauftragten abholen kann (z. B. Larenz I § 17 IV S. 202). Erscheint dieser nicht zeitgerecht, so ist, sofern die Zahlung später nachgeholt wird, diese als rechtzeitig erfolgt anzusehen. In den letzten Jahren wird mehr und mehr Zahlung im sog. L a s t s c h r i f t v e r f a h r e n vereinbart (vgl. hierzu ζ. B. Engel, Rechtsprobleme um das Lastschriftverfahren. Karlsruhe 1966; Schmidt AcP Bd. 166 S. 12—14). Der Gläubiger zieht dabei mit Hilfe seiner Bank die fälligen Beiträge vom Schuldner in der Weise ein, daß die Gläubigerbank die sog. Lastschriften an die Schuldnerbank weiterleitet, die sie — entweder aufgrund einer vom Schuldner dem Gläubiger oder der Schuldnerbank erteilten Einwilligung — dem Konto des Schuldners belastet. Das Verfahren weist damit Ähnlichkeiten zur Holschuld auf. Man wird daher hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Zahlung in gleicher Weise annehmen können, daß der Vmer das seinerseits Erforderliche getan hat, wenn er auf seinem Konto einen entsprechenden Betrag (Guthaben oder Kredit) bereithält (im Ergebnis ebenso Wriede

Κ 151

Anm. [E 13]

Krankenvers. E. Rechtspîlichten des Vmers

Engel a. a. O. S. 63). Schlägt die rechtzeitige Abbuchung fehl, so kommt es darauf an, welche Seite dafür verantwortlich ist. Einen Fehler der Gläubigerbank hat der Ver, einen Fehler der Schuldnerbank der Vmer zu vertreten. Die T i l g u n g der Prämienschuld kann grundsätzlich auch durch Dritte erfolgen, da es sich dabei nicht um eine höchstpersönliche Leistung handelt. Dritte haben regelmäßig nur eine Befriedigungsbefugnis (§267 I BGB), die nur unter den Voraussetzungen des II — Widerspruch des Schuldners und Ablehnung durch den Gläubiger — entfällt. Ein Befriedigungsrecht haben Dritte nur in bestimmten Fällen: Hier ist zunächst derjenige Dritte zu nennen, der durch eine bereits begonnene Zwangsvollstreckung des Vers wegen einer Prämien- oder Gebührenschuld des Vmers in seinen Rechten an den von der Zwangsvollstreckung betroffenen Sachen und Rechten bedroht ist (§ 268 I BGB). Ferner sind gemäß § 35 a I W G gewisse am Vsvertrage berechtigte Personen dazu ermächtigt (ohne einen dahingehenden klagbaren Anspruch gegen den Ver zu erlangen, BGH 12. III. 1964 VersR 1964 S. 500), nämlich der Vte einer V für fremde Rechnung, der unwiderruflich Bezugsberechtigte, der widerruflich Bezugsberechtigte nach Eintritt des Vsfalles und der Pfandgläubiger der Forderung gegen den Ver, soweit Prämien oder sonstige dem Ver gebührende Zahlungen fällig geworden sind. Die Erfüllung durch den Dritten kann gemäß oder analog (nämlich soweit die Dritten des § 35 a I W G in Frage stehen) § 268 II BGB auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung mit einer Forderung des Dritten gegen den Ver (Anm. E 14) erfolgen. Gemäß § 268 III BGB gehen die Forderungen des Vers insoweit auf den nach § 268 I BGB befriedigungsberechtigten Dritten über, als dieser für den Vmer zahlt. Das gleiche wird sinngemäß für die gemäß § 35 a I W G befriedigungsberechtigten Dritten anzunehmen sein (ebenso Bd. 1 Anm. 8 zu §35a S. 478). Das Pfandrecht des tilgenden Pfandgläubigers an der Forderung gegen den Ver wird darüber hinaus gemäß § 35a II W G in Höhe seiner Tilgungsleistung noch erweitert. Er erlangt mithin wegen der analog § 268 III BGB auf ihn übergegangenen Prämienforderung ein (erweitertes) Pfandrecht an der Forderung gegen den Ver. Der Vmer ist zur Leistung von T e i l z a h l u n g e n mangels dahingehender Vereinbarung (z. B. im Zusammenhang mit einer Stundungsabrede) nicht berechtigt (§266 BGB) ; der Ver kann sie daher ablehnen, ohne in Gläubigerverzug zu geraten. Das gleiche gilt im Falle einer Aufrechnung mit einer geringeren Gegenforderung. Nimmt der Ver eine Teilleistung an, so treten gleichwohl die im Falle einer Säumigkeit mit der ganzen Leistung vorgesehenen Rechtsfolgen, insbesondere die der §§ 38f. W G ein. Dieser Grundsatz erleidet dann eine Ausnahme, wenn der nicht gezahlte Restbetrag nur verhältnismäßig gering ist. Dann kann es unter Berücksichtigung idler Umstände des Fiilles rechtsmißbräuchlich sein, wenn der Ver sich auf den Standpunkt stellt, der Vmer habe nicht gehörig erfüllt, so daß die Säumnisfolgen gegeben seien (BGH 25. VI. 1956 BGHZ Bd. 21 S. 136). Die Rechtsprechung hierzu ist uneinheitlich: So hat das RG (7. XII. 1917 J W 1918 S. 226—227 = VA 1918 Nr. 1042 Anh. S. 47—49) einen Rückstand von etwa 2% für erheblich gehalten, das KG (29. VI. 1929 JRPV1929 S. 299) war der gleichen Ansicht bei einem Rest von 4%, ebenso OLG Stuttgart (27. IV. 1928 JRPV 1928 S. 259 = VA 1928 Nr. 1854 S. 198) bei einem solchen von fast 15%. Dagegen hat OLG Düsseldorf (17. X. 1927 JRPV 1928 S. 29—30) einen Rückstand von etwa 2Va% für unerheblich gehalten. RG (8. X. 1935 JRPV 1935 S. 361—363 = VA 1935 Nr. 2832 S. 265—266) und OLG Kiel (25.1.1929 Praxis 1929 S. 53) haben unter Berücksichtigung anderer Umstände einen geringen Rückstand für unbeachtlich angesehen. Vgl. ferner OLGe Nürnberg 14. VII. 1952 VersR 1952 S. 370, Neustadt 12. II. 1960 VersR 1960 S. 409, Hamm 30. IX. 1960 VersR 1961 S. 1086, Düsseldorf 25. II. 1965 NJW 1965 S. 1763 und Rother NJW 1965 S. 1749. Werden mehrere Prämien oder vereinbarte Prämienraten geschuldet, so können sie, wenn die Zahlung des Vmers zur Deckung des ganzen Rückstandes nicht ausreicht, grundsätzlich nicht als eine Forderung angesehen werden, so daß der Ver zur Ablehnung der Zahlung gem. § 266 BGB berechtigt sein könnte (KG 6. X. 1910 Rspr. d. OLG Bd. 22 S. 290). Ebensowenig können Zinsen und Kosten im Sinne dieser Ausführungen als Bestandteile der Hauptschuld, auf die sie sich beziehen, angesehen werden. Abweichend hiervon bestimmt jedoch § Β (2) S. 8 GrB (Fassung für Jahresbeiträge), daß bei Eintritt des Verzuges gemäß § 39 W G mit einer Monatsrate (einer Folgeprämie) die an sich geK 152

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Ânm. [£ 14]

II. Prämienzahlungspfl. — Erfüllung

stundeten übrigen Raten des laufenden Vsjahres sogleich fällig werden. Solange daher der qualifizierte Verzug (Anm. E 23) nicht eingetreten ist, sind mehrere rückständige Raten im Sinne der vorstehenden Ausführungen als selbständige Schulden zu behandeln (a. A. Ehrenzweig VersR 1954 S. 526, 1955 S. 68). Gemäß § 8 (4) MB KK ist Fälligkeit der als gestundet geltenden Monatsraten schon bei einfachem Verzug mit einer Rate gegeben. Nach beiden Bestimmungen gilt sie aber wieder als in Monatsraten zerlegt, sobald die zunächst rückständige Prämie bis einschließlich der laufenden Rate sowie der Mahnkosten beglichen wird. Reicht eine Zahlung des Vmers zur Deckung mehrerer Prämienschulden aus demselben Vertrage oder aus mehreren Verträgen nicht aus, so ist in erster Linie der vom Vmer angegebene Verwendungszweck maßgeblich (§ 366 I BGB) ; hier kommt auch der mutmaßliche Wille in Betracht: eine Teilzahlung kann danach für eine der mehreren Forderungen bestimmt sein, wenn sie diese deckt und dadurch Rechtsnachteile für den Vmer vermieden werden (OLG Celle 22. VI. 1966 VersR 1966 S. 1025—1027). Andernfalls gilt die gesetzliche Tilgungsfolge des II; im Rahmen eines Vertrages wird es dabei hauptsächlich auf das Fälligkeitsdatum der einzelnen Schuldposten ankommen. Abweichend hiervon sind, wenn neben einer Hauptschuld Zinsen und Kosten zu tilgen sind, zunächst die Kosten, dann die Zinsen und zuletzt die Hauptschuld zu decken (§ 367 BGB). Bei abweichender Bestimmung des Vmers kann der Ver die Zahlung zurückweisen ; andernfalls muß er die Bestimmung des Vmers gegen sich gelten lassen. [E 14] bb) Zahlungssurrogate. Die Prämien-, Gebühren- pp. -schuld kann grundsätzlich durch A u f r e c h n u n g des Vers oder des Vmers getilgt werden. Das setzt voraus, daß beide Parteien gegeneinander gleichartige und fällige Forderungen haben (§ 387 BGB). Die Forderung des Vmers auf Tragung der Gefahr ist mit der Forderung des Vers auf Zahlung der Prämien nicht gleichartig; erst nach Eintritt des Vsfalles kann sich die Gefahrtragungsleistung in eine Geldschuld verwandeln. Dann würde die Aufrechnung zulässig sein. Das ist indessen nicht der Fall, wenn der Ver ζ. Β. statt, wie meistens üblich, Ersatz von Aufwendungen die Bereitstellung von Heilfürsorge schuldet (Abschn. G). Von dem Grundsatz der Gegenseitigkeit der Forderungen macht § 35b W G zug u n s t e n des V e r s eine Ausnahme, indem ihm gestattet wird, mit einer Prämienpp. -forderung gegen den Vmer gegenüber der Forderung von Drittberechtigten auf Gewährung von Barleistungen aufzurechnen. Voraussetzung ist dabei, daß es sich um Forderungen aus demselben Vertrage handelt. Als Drittberechtigte kommen in der PKV Vte aufgrund einer V für fremde Rechnung und Bezugsberechtigte in Betracht (Abschn. H). Einem Zessionar des Vmers gegenüber kann der Ver unter den Voraussetzungen des § 406 BGB aufrechnen. Bestand die Aufrechnungslage schon vor der Abtretung, d. h. war die Forderung entstanden und schon fällig, so kann der Ver gegenüber dem Zessionar unbeschränkt aufrechnen. Denn der Schuldner einer abgetretenen Forderung soll durch die Abtretung nicht schlechter gestellt werden, als es vorher stand. Darüber hinaus ist dem Ver die Aufrechnung auch dann gestattet, wenn seine Forderung schon vor der Abtretung entstanden, aber — ζ. B. infolge einer Stundungsvereinbarung — zur Zeit der Abtretung noch nicht fällig war, außer wenn die Prämienforderung später als die abgetretene Forderung fällig wurde und der Ver von der Abtretung zuvor erfahren hatte (Genaueres bei Larenz I § 30 IV S. 351—352, vgl. auch BGH 28. XI. 1955 BGHZ Bd. 19 S. 157—158). Im Falle einer Verpfändung der Forderung des Vmers an einen Dritten oder ihrer Pfändung durch einen Gläubiger (soweit diese zulässig ist, vgl. Anm. A 28) gilt § 406 BGB entsprechend (§§ 1275 BGB bzw. 804 II ZPO). Das R e c h t zur A u f r e c h n u n g k a n n durch Gesetz und Vereinbarung b e schränkt werden. Grundsätzlich kann, soweit eine Forderung nicht der Pfändung unterliegt — das ist für Forderung auf Vsleistungen in der PKV weitgehend der Fall (Anm. A 28) — gegen sie nicht aufgerechnet werden (§ 394 S. 1 BGB). Davon macht § 394 S. 2 BGB zugunsten des Vers eine Ausnahme hinsichtlich der ihm geschuldeten „Beiträge" (vgl. hierzu auch Anm. A 29). Beiträge in diesem Sinne sind nicht nur die Prämien, sondern wegen ihrer Wriede

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Anm. [E 15, Έ 16]

Krankenvers. Ε. Rechtspflichten des Vmers

Gleichbehandlung mit diesen auch Gebühren, Eintrittsgelder u. dgl. (vgl. Anm. E 5). Mit diesen Forderungen kann daher der Ver gegenüber dem Leistungsverlangen des Vmers trotzdem aufrechnen. Ein weiteres gesetzliches Aufrechnungsverbot enthält § 26 VAG, wonach der Vmer, der Mitglied eines W a G ist, gegen dessen Prämienforderung nicht aufrechnen kann (eingehend hierzu Kisch W a G S. 204—206). Die AVB enthalten durchweg gegen den Vmer gerichtete Aufrechnungsverbote. So bestimmen §§ 11 Ziff. 6 S. 2 NoB, 6(4) b GrB und 12 MB KK, daß der Vmer gegen Forderungen des Vers weder aufrechnen noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen kann. Damit soll ebenso wie im Falle des § 26 VAG sichergestellt werden, daß dem Ver die erforderlichen Deckungsmittel in bar zufließen. Aufrechnungsverbote betreffen nur die einseitige Aufrechnung, sie stehen der Wirksamkeit von A u f r e c h n u n g s v e r t r ä g e n nicht schlechthin entgegen, sofern dadurch der Zweck des Verbotes nicht umgangen wird. In diesem Falle würden sie gemäß § 134 BGB nichtig sein können. Bei der Umdeutung einer einseitigen (verbotenen) Aufrechnungserklärung in eine — vom Empfänger stillschweigend angenommene — Offerte zum Abschluß eines Aufrechnungsvertrages ist daher Zurückhaltung geboten (KG 2. IV. 1932 JRPV 1932 S. 171). Soweit ein Aufrechnungsverbot reicht, besteht grundsätzlich auch kein Z u r ü c k b e h a l t u n g s r e c h t , da es dem Zweck des Verbotes gleichfalls, wenn auch nur zeitweilig, entgegensteht. Ein Zurückbehaltungsrecht kann der Vmer geltend machen, wenn der Ver sich zu Unrecht weigert, die Gefahrtragungsleistung zu erbringen. Eine H i n t e r l e g u n g des Betrages der Prämienschuld kommt bei Annahmeverzug des Vers und bei Ungewißheit über die Person des Vers — man denke etwa an den Fall einer Bestandsübertragung gemäß § 14 VAG — schuld tilgende Wirkung unter den Voraussetzungen des § 372 BGB zu. [E 15] cc) Beweislast. Die Tatsache der vertragsgemäßen Erfüllung der Prämienschuld hat der Vmer als Schuldner zu beweisen (§§ 358, 363, 345 BGB), und zwar auch dann, wenn der Ver aus der Tatsache der Nichterfüllung besondere Rechte, vor allem das Recht zur Verweigerung der Leistung oder zur Aufhebung des Vertrages herleitet (h. M. vgl. ζ. B. RG20. XI. 1928 HRR 1929 Nr. 373, Palandt-Heinrichs 31 Anm. 1 zu § 345 S. 351). [E 16] 4. Nichterfüllung der Prämienschuld. a) Allgemeines. Die Nichterfüllung der dem Vmer auferlegten Rechtspflichten läßt zunächst die Frage auftauchen, ob er hierfür verantwortlich ist. In diesem Falle entstehen schon nach bürgerlichem Recht Rechtsnachteile für ihn, die in einzelenn Beziehungen im Vsvertragsrecht eine weitergehende Ausprägung erfahren haben; diese gehen den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen vor. Ist der Vmer für das eingetretene Leistungshindernis nicht verantwortlich, so muß der Ver diese Tatsache hinnehmen und wird nur in bestimmten Fällen seinerseits von seiner Leistungspflicht frei. In letzterer Hinsicht haben die allgemeinen Grundsätze ζ. T. wiederum eine spezielle vsrechtliche Form erhalten. Der Ver ist aber grundsätzlich nicht gehalten, im Falle einer Nichtzahlung der ihm geschuldeten Beträge die ihm gerade aufgrund dieser Tatsache zustehenden speziellen Rechte geltend zu machen. Er kann vielmehr auf dem Zahlungsanspruch beharren und ihn durch Klage und Zwangsvollstreckung durchsetzen. Zahlungsunfähigkeit befreit den Vmer nicht (§ 279 BGB). Dieser Anspruch wird, sobald der Vmer sich im Verzuge befindet oder deswegen gegen ihn Klage erhoben wird, durch einen Zinsanspruch in Höhe von 4% ergänzt (§§ 288, 291 BGB) ; falls es sich bei dem Vmer um einen Kaufmann handelt und der Vsvertrag für beide Teile ein Handelsgeschäft ist, tritt die Zinspflicht bereits mit der Fälligkeit der Prämienschuld ein und beträgt 5% (§§ 353, 352 II HGB; über den Begriff des Verzuges vgl. Anm. E 23). Daneben kann der Ver Ersatz des ihm durch den Verzug des Vmers entstandenen weiteren Schadens und damit u. U. einen höheren Zins verlangen (§ 286 I BGB).

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Wriede

II. Prämienzahlungspfl. — Nichterfüllung

Anm. [E 17—E 19]

Die für gegenseitige Verträge, zu denen auch der Ysvertrag zu rechnen ist (Bd. 1 Anm. 38—45 zu § 1 S. 108—111), geltenden allgemeinen Regeln der §§ 320—327 BGB über die Rechtslage bei Eintritt sogenannter Leistungsstörungen sind, soweit solche Störungen bezüglich der Prämienzahlungspflicht in Frage stehen, nicht anwendbar; vielmehr gelten insoweit die Bestimmungen der §§ 38—42 W G . Jene Rechtsnormen sind gleichfalls unanwendbar bezüglich der Nebenleistungspflichten des Vmers, die nicht das Schicksal der Prämienschuld teilen (Anm. E 5). Denn die §§ 320—327 BGB sind nur maßgeblich für die Hauptpflichten aus einem gegenseitigen Vertrage, die in einem synallagmatischen Verhältnis zueinander stehen; das sind beim Vsvertrage die Gefahrtragungspflicht auf der einen und die Prämienzahlungspflicht auf der anderen Seite. Im Falle von Leistungsstörungen bei Nebenpflichten hat es daher mit den allgemeinen für alle Schuldverhältnisse geltenden Bestimmungen der §§ 275, 280, 281, 286 und 306 BGB sein Bewenden. [E 17] b) Spezielle vsvertragliche Regelung. Das W G unterscheidet hinsichtlich der Rechtsfolgen der Nichterfüllung der Prämienschuld zwischen der Nichtzahlung der ersten oder einmaligen Prämie und der der Folgeprämien (zur Unterscheidung vgl. Anm. E 6 und 9). Voraussetzungen und Rechtsfolgen der deswegen eintretenden oder möglichen Veränderungen der Rechtsbeziehungen der am Vertrage Beteiligten sind sehr unterschiedlich: Die Nichtzahlung der Erstprämie läßt den Vertrag als von vornherein mit einem Mangel behaftet erscheinen: Der Ver kann ihn durch Rücktritt auflösen ; die Unterlassung gerichtlicher Geltendmachung dieser Prämie wirkt nach drei Monaten eo ipso in gleicher Weise (§ 38 I W G ) . Auch setzt die Gefahrtragungsleistung gar nicht erst ein (II). Die Nichtzahlung einer Folgeprämie löst vergleichbare Nachteile für den Vmer erst nach Durchführung eines besonders geordneten Mahnverfahrens aus. Über die besondere Rechtslage bei Gruppenvsverträgen vgl. Millauer VersR 1964 S. 16—22. [E 18] aa) Nichtzahlung der Erstprämie. Der objektive Tatbestand der Nichtzahlung ist insbesondere hinsichtlich des Zeitpunktes, an dem noch nicht gezahlt ist, vom (erfolgreichen) Leistungsverhalten des Vmers her zu beurteilen (Anm. E 13). Eine teilweise Tilgung hindert grundsätzlich den Eintritt der Rechtsfolgen des § 38 I W G nicht (Genaueres Anm. E 13). — Im Rahmen Tatbestandsvoraussetzungen des § 38 W G ist es gleichgültig, ob der Ver seiner Pflicht zur Aushändigung des Vsscheins bereits nachgekommen ist. Die Vorschrift stellt allein auf die Tatsache der Nicht- bzw. nicht rechtzeitigen Zahlung der Erstprämie ab. Die Nichtaushändigung des Vsscheins gewährt dem Vmer lediglich ein Zurückbehaltungsrecht, das, wenn er es im Prämienprozeß geltend macht, nur zur Verurteilung zur Zahlung Zug um Zug gegen Aushändigung des Vsscheins führt und das im übrigen lediglich den Eintritt des Zahlungsverzuges hindert (Anm. E 9), auf den es im Rahmen des § 38 W G nicht ankommt (a. A. Kisch Vsschein S. 24). [E 19] aaa) Einfiuß der Nichtzahlung auf die Gefahrtragungspflicht. Gemäß § 38 II W G ist der Ver von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn die Erstprämie zur Zeit des Eintritts des Vsfalles noch nicht gezahlt ist. Der Wortlaut des Gesetzes ist ungenau : Es entfällt nicht eine bereits vorhanden gewesene Leistungspflicht, sondern diese setzt gar nicht erst ein. Der Beginn der Gefahrtragungsleistung ist m. a. W. aufschiebend bedingt durch die Zahlung der Erstprämie — genauer: durch die Erfüllung des vom Vmer insoweit geschuldeten und erfolgreichen Leistungsverhaltens (Anm. E 13). Auf ein Verschulden der Vertragspartner kommt es grundsätzlich nicht an. Wenn jedoch die Nichtzahlung durch ein treuwidriges Verhalten des Vers verhindert wird, kann gemäß § 162 I BGB die Zahlung gleichwohl als bewirkt angesehen werden (RG 26. II. 1935 RGZ Bd. 147 S. 112, ähnlich ÖOGH 4. VIII. 1961 VersR 1962 S. 340 und ihm folgend PrölssMartin 18 Anm. 4 zu § 38 S. 221, die allerdings nur darauf abstellen, ob die Nichtzahlung Wriede

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Anm. [E 19]

Krankenvers. E. Rechtspflichten des Vmers

auf einem Umstand beruht, der dem Ver zur Last fällt, was angesichts der Voraussetzungen des § 162 I BGB nicht genügt). Dieser Fall kann gegeben sein, wenn der Ver zugesagt hat, die Erstprämie an einem oder bis zu einem bestimmten Tage abholen zu lassen, diese Zusage aber nicht einhält und nach diesem Termin ein Vsfall eintritt, für den der Ver hätte haften müssen. Die Bestimmung des § 5 A Ziff. 2 S. 2 NoB, wonach die Verpflichtung des Vers erst mit der Einlösung des Vsscheins beginnen soll, kann zwar dahin verstanden werden, daß außer der Zahlung der Erstprämie auch noch die Aushändigung des Scheins erforderlich sein soll. Insoweit bindet sie aber den Vmer wegen Verstoßes gegen § 42 W G nicht (im Ergebnis ebenso BGH 31. I. 1951 VersR 1951 S. 115, KG 13. VII. 1932 J R P V 1933 S. 9). Auf der anderen Seite ändert der im Vertrage vorgesehene Beginn der materiellen Gefahrtragung — vielfach „Zeitpunkt des Inkrafttretens der V " genannt (so in § 4 (2) S. 1 GrB) oder als „Beginn des Vsschutzes" bezeichnet (§ 2 MB KK) — die Bestimmung des § 38 II W G weder zugunsten noch zuungunsten des Vmers ab. Er hat vielmehr daneben selbständige Bedeutung : Die Gefahrtragung beginnt frühestens an diesem Tage, sie ist darüber hinaus von der bis dahin bewirkten Zahlung der Erstprämie abhängig (§ 5 A Ziff. 1 S. 2 NoB, § 4 (2) S. 1 GrB, § 2 (1) MB KK). Eine spätere Zahlung läßt die Gefahrtragung grundsätzlich nicht rückwirkend einsetzen. Allenfalls kann durch Stundungsvereinbarung der Beginn der Haftung des Vers zum vorgesehenen Zeitpunkt ohne Zahlung der Erstprämie bedungen werden. In diesem Falle wird zumeist dieser Haftungsbeginn auflösend bedingt durch die abredegemäße Zahlung der gestundeten Prämie sein (Anm. E 10). In der Krankheitskostenv beginnt der Vsfall regelmäßig mit dem Beginn der Heilbehandlung, in der Tagegeldv mit Beginn der Arbeitsunfähigkeit bzw. der stationären Behandlung (Genaueres Abschn. G). Die Notwendigkeit einer Heilbehandlung und das Eintreten der Arbeitsunfähigkeit kündigen sich im Wohlbefinden der betreffenden Gefahrsperson vielfach schon eine gewisse Zeit vorher an. Das kann für den Vmer Anlaß sein, die bisher versäumte Zahlung noch vor Beginn des Vsfalles nachzuholen, um die Gefahrtragungspflicht des Vers entstehen zu lassen. Dieses mit dem Gedanken der Gefahrengemeinschaft nicht zu vereinbarende Verhalten hat nicht den bezweckten Erfolg, wenn es sich nach den ganzen Umständen des Falles als gegen Treu und Glauben verstoßend erweist. Das hat das RG für die insoweit ähnliche Rechtslage bei der Haftpflichtv in ständiger Rechtsprechung angenommen (23. X. 1936 RGZ Bd. 152 S. 242 — die Nichtzahlung der Erstprämie betreffend —, 14. 1.1938 RGZ Bd. 156 S. 382—384, 19. XII. 1939 RGZ Bd. 162 S. 243 — diese beiden Entscheidungen betreffen die Nichtzahlung der Folgeprämie, ähnlich schon KG 10. X. 1927 VA 1928 S. 32 Nr. 1811 für die Tierv; a. A. OLG Düsseldorf 10. X. 1932 VA 1932 S. 319 Nr. 2499). Das RG hat insbesondere in den beiden zuletzt erwähnten Entscheidungen darauf hingewiesen, daß beide Beteiligten des Vsverhältnisses die Strenge des für das Vsrecht besonders bedeutsamen Grundsatzes von Treu und Glauben in gleichem Maße hinnehmen müßten. Auch müßten bei der Prüfung des Sachverhalts nach dieser Richtung alle Umstände gewürdigt, insbesondere müsse geprüft werden, ob der Vmer die Zahlung nur mit Rücksicht auf den drohenden Vsfall und die davon befürchteten ihn ohne Vsschutz selbst treffenden Aufwendungen nachgeholt habe. — Diese Grundsätze kommen auch für die PKV in Betracht. Die Bestimmung des § 4 (2) S. 2 GrB, wonach sich die Leistungspflicht des Vers in den ersten drei Jahren nicht auf Krankheiten und Unfälle erstreckt, die den Gefahrspersonen in der Zeit zwischen Vertragsschluß und (tatsächlichem, vgl. Anm. D 5) Beginn der materiellen Gefahrtragung bekannt geworden sind, versucht, dieses Problem falls es vor Zahlung der Erstprämie aktuell wird, durch einen Risikoausschluß zu lösen. Gegen die Wirksamkeit dieser Bestimmung sind im Rahmen des § 38 W G aus Rechtsgründen keine Bedenken zu erheben. Sie sollen der Einschränkung des subjektiven Risikos und des sog. Vertragsrisikos dienen, insbesondere wohl verhindern, daß der Vertrag im Hinblick auf bereits bestehende oder befürchtete Erkrankungen geschlossen oder die Erstprämie nur aus solchen Erwägungen gezahlt wird. Diesem Gedanken wird sie aber nur z. T. gerecht. Bei Eintritt von akuten Erkrankungen oder Unfällen kann sie geradezu das Gegenteil bewirken, nämlich den betroffenen Vmer veranlassen, die fällige ErstK 156

Wriede

II. Prämienzahlungspfl. — Nichterfüllung

Anm. [ £ 20]

prämie gar nicht erst zu entrichten, da er für die nunmehr notwendige Heilbehandlung in den nächsten drei Jahren ohnehin keine Leistungen zu erwarten hat. Eine Beschränkung der Klausel auf andere Erkrankungen wäre daher sinnvoller gewesen. — Die MB KK haben daher mit Recht von einer entsprechenden Bestimmung abgesehen. § 2 (1) S. 2 MB KK besagt nur etwas Selbstverständliches, daß nämlich anspruchsbegründende Vsfälle erst nach Beginn der materiellen Gefahrtragung eintreten können. [E 20] bbb) Rücktrittsrecht des Vers. Die Nichtzahlung der Erstprämie läßt nicht nur die Gefahrtragungspflicht des Vers nicht entstehen, er kann auch seinerseits gegen den Vmer vorgehen und entweder auf Zahlung klagen (Anm. E 16) oder den Vertrag durch Rücktritt auflösen (die GrB sehen dieses Recht nicht vor, vgl. Anm. D 47), und zwar entweder indem er den Rücktritt ausdrücklich erklärt oder es 3 Monate hindurch nach Eintritt der Fälligkeit unterläßt, die Prämie gerichtlich geltend zu machen. Genaueres über das Wesen des Rücktrittsrechts, seine Ausübung und seine Wirkungen in Anm. D 47. Das Rücktrittsrecht betrifft grundsätzlich nur den von der Nichtzahlung betroffenen, nicht auch andere zwischen den gleichen Partnern bestehende Vsverträge (vgl. Anm. C 19; Starke VersR 1950 S. 142—143). Das erstere Rücktrittsrecht setzt außer der Nichtzahlung der Erstprämie voraus, daß sie „nicht rechtzeitig" gezahlt und im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung, d. h. bei deren Zugang beim Vmer (§§ 130—132 BGB), noch nicht bewirkt ist (vgl. Anm. E 13). Die Frage, ob die Prämie rechtzeitig geleistet worden ist, bestimmt sich nach der Fälligkeit (Anm. E 10). Auch hier kommt der Rechtsgedanke des § 162 I BGB in Betracht: Der Ver kann nicht zurücktreten, wenn die rechtzeitige Zahlung infolge seines treuwidrigen Verhaltens unterblieben ist. Auf die Aushändigung des Vsscheins kommt es dabei grundsätzlich nicht an (Anm. E 10). Das Unterlassen gerichtlicher Geltendmachung der rückständigen Prämie gilt kraft unwiderleglicher gesetzlicher Fiktion 3 Monate nach Fälligkeit als Rücktritt. Sie setzt zunächst voraus, daß die Fälligkeit, die sich nach § 35 S. 1 W G bestimmt (Anm. E 10), nicht, z. B. durch Stundung, hinausgeschoben worden ist (Anm. E 10). In diesem Falle ist die 3-Monatsfrist vom späteren Fälligkeitszeitpunkt zu berechnen, sofern nicht die Stundungsvereinbarung dahin zu verstehen ist, daß die Fälligkeitsverschiebung bei Nichtzahlung w e d e r entfallen soll. Das wird bei der sog. deckenden Stundung meistens der Fall sein. — Der Lauf der 3-Monatsfrist ist gemäß § 188 II u. III BGB zu berechnen. Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlich anerkannten Feiertag, so endigt die Frist am nächsten Werktag (§ 193 BGB).Die gerichtliche Geltendmachung muß sich auf die Erstprämie beziehen. Die Klage wegen eines Teilbetrages genügt. Außer der Leistungsklage genügt auch eine Feststellungsklage. Die Zulässigkeit der Klage (diese kann fehlen z. B. infolge sachlicher und/oder örtlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts, mangelnden Rechtsschutzinteresses, Nichtzulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges, Zuständigkeit eines Schiedsgerichts, vgl. z. B. Baumbach-Lauterbach 30 Grundzüge 3 vor § 253 S. 488—489) ist solange unerheblich, bis die Klage wegen fehlender Zulässigkeit abgewiesen wird (vgl. § 212 I BGB). Wenn die Frist dann noch nicht verstrichen ist, kann erneut fristwahrend geklagt werden. Wenn also der Mangel der Zulässigkeit später geheilt oder, z. B. durch Verweisung an das zuständige Gericht, behoben wird, so hat die mit einem Zulässigkeitsmangel behaftete Klage doch fristwahrende Bedeutung (z. B. RG 31. V. 1921 RGZ Bd. 102 S. 340—341,12. V. 1936 RGZ Bd. 151 S. 235—238). Jedoch muß die Klagerhebung selbst den an sie gemäß § 253 II ZPO zu stellenden Mindestanforderungen genügen; andernfalls wirkt erst die Behebung der unverzichtbaren Mängel fristwahrend (BGH 9. V. 1957 LM Nr. 16 zu § 253 ZPO). Entsprechendes gilt bei gerichtlicher Geltendmachung in anderer Form als Klagerhebung (s. unten). Es genügt die Einreichung der Klage bei Gericht (§§ 261b III, 496 III ZPO), sofern sie demnächst zugestellt wird, d. h. ohne eine nicht erhebliche vom Kläger (mit)verschuldete Verzögerung, die insbesondere dadurch gegeben sein kann, daß er den erforderlichen Gerichtskostenvorschuß nicht zahlt (BGH 22. XII. 1952 N J W 1953 S. 620, Wriede

Κ 157

Anm. [E 21, E 22]

Krankenvers. E. Rechtspflichten des Ymers

15. XI. 1955 LM Nr. 2 zu § 261b ZPO) oder die Angabe der genauen Anschrift des beklagten Ymers verzögert. Als gerichtliche Geltendmachung ist aber nicht nur die Klagerhebung zu verstehen. Darunter fallen auch andere vom Ymer veranlaßte gerichtliche Maßnahmen (vgl. § 209 II BGB), nämlich die Geltendmachung des Anspruchs durch Zahlungsbefehl (§§ 696 II, 693 II ZPO), die Anbringung eines Güteantrages bei der Gütestelle im Sinne des § 794 I Nr. 1 ZPO (vgl. dazu Schumacher MDR 1956 S. 590), die Anmeldung des Anspruchs im Konkursverfahren über das Vermögen des Vmers gemäß § 139 KO (vgl. RG12.1.1943 RGZ Bd. 170 S. 276), ferner die Geltendmachung der Aufrechnung in einem anhängigen Rechtsstreit (der z. B. aus einem anderen Vsvertrag derselben Parteien herrühren kann), die Streitverkündung seitens des Vers an den Vmer in einem zwischen dem Ver und einem Dritten anhängigen Rechtsstreit, von dessen Ausgang die Erstprämienforderung abhängt (z. B. wendet der Ver gegenüber der Klage des Vsvermittlers auf Zahlung einer Abschlußprovision ein, daß der Vertrag gar nicht zustande gekommen sei und verkündet dem angeblichen Vmer den Streit für den Fall der Feststellung des Vertragsschlusses ; vgl. z. B. BGH 18. I. 1961 BGHZ Bd. 36 S. 214—217). Die in Bd. 1 Anm. 42 zu § 12 S. 271 und von Prölss-Martin" Anm. 9 zu § 12 S. 131 unter Berufung auf die ständige Praxis (z. B. RG 2. II. 1909 LZ 1909 Sp. 696—697, 20. VI. 1911 VA 1913 Nr. 711 Anh. S. 3, 20. III. 1912 VA 1913 Nr. 749 Anh. S. 83) vertretene gegenteilige Auffassung übersieht, daß diese Entscheidungen keinen allgemeinen Grundsatz des Inhalts enthalten, daß eine Streitverkündung keine fristwahrende Wirkung im Sinne des § 12 III oder gar des § 38 I 2 W G haben, sondern wesentlich auf den Wortlaut der dort anzuwendenden vertraglichen Ausschlußklauseln abstellen, die ausdrücklich eine Klagerhebung geboten, während sowohl § 12 III als auch § 38 I 2 W G den weiteren Begriff der gerichtlichen Geltendmachung verwenden. Dieser hat in der Aufzählung der für die Unterbrechung der Verjährung zulässigen Rechtsbehelfe in §§ 209 II, 220 BGB einen erschöpfenden Ausdruck gefunden. — Die Rücknahme der gerichtlichen Geltendmachung hat, soweit sie nach den einschlägigen Verfahrensbestimmungen zulässig ist, zur Folge, daß die fristwahrende Wirkung rückwirkend entfällt (§§ 212—215 BGB analog). Wird der Vertrag vor Ablauf der 3-Monatsfrist — z. B. vom Vmer wegen wichtigen Grundes — gekündigt, so kommt daneben ein Rücktritt gemäß § 38 I 2 W G nicht in Betracht (OLG Hamburg 13. X. 1967 VersR 1968 S. 485). — Über die Möglichkeit, den danach beendeten Vertrag weder in Kraft zu setzen, vgl. Anm. C 23. [E 21] bb) Nichtzahlung der Folgeprämie. aaa) Allgemeines. Der in § 39 I 1 W G vorausgesetzte Tatbestand der nicht rechtzeitigen Zahlung der Folgeprämie (zum Begriff der Folgeprämie vgl. Anm. E 6) ist, was die Rechtzeitigkeit betrifft, einmal von der Fälligkeit dieser Prämie (Anm. E 11) und zum anderen vom (erfolgreichen) Leistungsverhalten des Vmers in dieser Hinsicht zu beurteilen (Anm. E 13). Die Nichtzahlung der Folgeprämie trotz Fälligkeit löst noch keine speziellen vsrechtlichen Nachteile für den Vmer aus; der Ver ist jedoch wie auch sonst der Gläubiger einer fälligen Forderung berechtigt, diese gerichtlich geltend zu machen sowie Zinsen und — da bei kalendermäßiger Fälligkeit auch sogleich Verzug eintritt (§ 284 II BGB) —Verzugsschaden zu fordern (Anm. E 16). Die besonderen vsrechtlichen Folgen der Nichtzahlung der Folgeprämie setzen sog. qualifizierten Verzug des Vmers voraus (Anm. E 23). Dieser tritt erst nach Durchführung des in § 39 I W G geordneten Mahnverfahrens ein (Anm. E 22). [E 22] bbb) Mahnverfahren gemäß § 89 I WG. Die Mahnung ist ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft (nach h. M. eine rechtsgeschäftähnliche Handlung, die wie ein Rechtsgeschäft zu behandeln ist), zu erklären durch den Ver oder seinen Bevollmächtigten, z. B. den Abschlußagenten (Bd. 1 Anm. 9 zu § 39 S. 500), soweit seine Vollmacht nicht dem Vmer erkennbar beschränkt ist (§ 47 W G ) , oder die „zuständige Geschäftsstelle" im Sinne des § 6 (1) a GrB (Anm.

Κ 158

Wriede

II. Prämienzahlungspfl. — Nichterfüllung

Anm. [E 22]

D 33). Makler und Vermittlungsagenten als solche sind nicht dazu berechtigt; ihre Mahnung kann ohne Vollmacht des Vers nur unter den Voraussetzungen des § 180 S. 2 BGB wirksam werden. Adressat und Empfänger der Mahnung ist der Vmer. Insoweit gilt das für die Kündigung durch den Ver in Anm. D 34 Ausgeführte sinngemäß. Die qualifizierte Mahnung bedarf nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift der Schriftform, für die Unterzeichnung genügt jedoch — abweichend von § 126 I BGB — eine faksimilierte Unterschrift. Das gleiche gilt, wenn die Mahnung gemäß § 39 III 2 W G mit einer Kündigung verbunden wird (OLG Frankfurt a. M. 14. XII. 1961 VersR 1962 S. 777, Asmus VersR 1966 S. 1009—1010, Prölss-Martin18 Anm. 5 zu § 39 S. 228). An den I n h a l t der M a h n u n g werden von der Rechtsprechung strenge Anforderungen gestellt. Sie muß zunächst ergeben, daß der Ver vom Vmer die Zahlung einer oder mehrerer bestimmter fälliger Prämien(raten) fordert. Die Höhe der Schuld braucht nicht angegeben zu werden, wenn sie sich für den Vmer deutlich aus den Vertragsunterlagen ergibt. Geforderte Zinsen und Kosten müssen beziffert werden, falls auch sie zur Grundlage der speziellen Rechtsfolgen gemacht werden sollen (§39 IV W G ) . Wird die Höhe der Schuld — wie meistens — mitgeteilt, so löst eine zu geringe Bezifferung den qualifizierten Verzug nur wegen des angegebenen Betrages aus, sofern die Mahnung nicht aus diesem Grunde für den Vmer ganz unverständlich ist; eine zu hohe Forderung macht die Mahnung unwirksam, wenn sie deswegen für den Vmer unverständlich ist (OLG Hamburg 28. VI. 1926 JRPV 1926 S. 261). BGH 13. II. 1967 (VersR 1967 S. 467 = NJW 1967 S. 1229 = BB 1967 S. 395) will offenbar — darüber hinausgehend — die Mahnung stets für unwirksam halten, wenn sie eine Zuvielforderung enthält. Die wohl h. M. vertritt in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des RG über den Inhalt der gewöhnlichen Mahnung (§ 284 I BGB, vgl. z. B. RG 8. I. 1904 SeuffA 59 Nr. 219,16. IV. 1912 LZ 1912 Sp. 542, 4. II. 1925 Das Recht 1925 S. 100, ebenso BGH 19. V. 1967 LM Nr. 6 zu § 346 BGB = MDR 1967 S. 826) die Auffassung, daß eine Zuvielforderung dann unschädlich ist, wenn anzunehmen ist, daß der Schuldner auch eine Mahnung in richtiger Höhe unbeachtet gelassen und der Gläubiger die Annahme des geschuldeten Betrages nicht abgelehnt hätte (z. B. Prölss-Martin18 Anm. 6 zu § 39 S. 228—229, ähnlich OLG Hamm 7. VII. 1952 VersR 1952 S. 421, vgl. ferner Weber VW 1948 S. 298—299). Abgesehen davon, daß diese Lehre wegen der offenkundigen Beweisschwierigkeiten sehr unpraktikabel ist, wird dabei übersehen, daß eine für den Empfänger unklare rechtsgeschäftliche Erklärung keine Rechtswirkungen erzeugen kann, so z. B. wenn in dem Mahnschreiben Rückstände aus mehreren Verträgen in unverständlicher Weise zusammengefaßt werden. Ist das aber der Fall, so kann es auf die weiteren Erwägungen der h. M. nicht mehr ankommen. Ist dem Vmer dagegen die Mahnung trotz der Zuvielforderung verständlich — ihm ist z. B. ohne weiteres geläufig, daß er einen bestimmten niedrigeren Betrag schuldet —, so ist die Mahnung wegen dieses Betrages auch wirksam ; insoweit geht die Ansicht des BGH zu weit. Bei unverständlicher Mahnung kann es je nach den ganzen Umständen des Falles, insbesondere nach der Geschäftsgewandtheit des Vmers für ihn nach Treu und Glauben geboten sein, beim Ver zurückzufragen. Erst die daraufhin erfolgende Klarstellung stellt dann die wirksame Mahnung dar, so daß erst mit ihrem Zugang die an die Mahnung geknüpften Rechtswirkungen eintreten. Hat der Vmer eine solche Rückfrage wider Treu und Glauben unterlassen, so ist es so anzusehen, als wenn er auf Nachfrage die erforderliche Klarstellung erhalten hätte. Mit diesem Zeitpunkt beginnt die Frist zu laufen. Das Mahnschreiben muß eine Zahlungsfrist von mindestens 2 Wochen enthalten. Eine kürzere Frist macht das Schreiben als qualifizierte Mahnung wirkungslos; insbesondere kommt der bei anderen Fristsetzungen anerkannte Rechtssatz hier nicht in Betracht, daß eine zu kurz bemessene Fristsetzung nicht unwirksam sei, sondern die angemessene in Lauf setze (vgl. z. B. Palandt-Heinrichs 81 Anm. 5a) bb) zu § 326 S. 335). Die Frist beginnt um 0 Uhr des auf den Zugangstag folgenden Tages (§ 187 I BGB). Für die Berechnung ihres Ablaufs gelten die §§ 188,193 BGB. § 10 Ziff. 1 S. 1 NoB bezeichnet die 2 Wochenfrist nicht als Mindestfrist. Die Bestimmung einer längeren Frist durch den Ver wird gleichwohl als wirksam angesehen werden müssen. Ferner muß das Mahnschreiben die aus § 39 II und III W G ersichtlichen Rechtsfolgen der nicht fristgemäßen Zahlung angeben, auch wenn nur eine von ihnen geltend Wriede

Κ 159

Anm. [Έ 23]

Krankenvers. E. Rechtspflichten des Vmers

gemacht werden soll (RG 13. XI. 1914 RGZ Bd. 86 S. 25, 27; BGH 13. II. 1967 VersR 1967 S. 467). Die Worte des Gesetzes brauchen nicht gewählt zu werden, jedoch muß die Belehrung eindeutig sein und darf ζ. B. nicht statt Leistungsfreiheit (II) das Ruhen des Vertrages androhen (RG 20. III. 1917 VA 1917 Nr. 992 Anh. S. 41—42) und nicht statt auf die Kündigungsmöglichkeit darauf hinweisen, daß der Vertrag dann schon als aufgehoben betrachtet werde (RG 4. VI. 1918 RGZ Bd. 93 S. 82). Es muß auch darauf aufmerksam gemacht werden, daß die nach Fristablauf geleistete Zahlung des angemahnten Rückstandes die eingetretenen Rechtsnachteile wieder beseitigt, und zwar die Leistungsfreiheit für alle künftigen Vsfälle (II) und eine bereits ausgesprochene Kündigung falls die Zahlung innerhalb der Frist des III 3 geleistet wird. Eine Mahnung, die diesen Anforderungen nicht entspricht, ist als qualifizierte Mahnung unwirksam; sie kann als einfache Mahnung (§ 284 I BGB) in Betracht kommen. Die Bestimmungen der §§ 4 ZiH. 1 S. 1—2 NoB und 4 (10) S. 1 GrB weichen von der gesetzlichen Regelung nicht ab. Eine auf diese Weise wirksam erfolgte Fristsetzung wird gegenstandslos, wenn der Ver die Mahnung mit einer später ablaufenden Frist wiederholt; dann gilt nur diese (OLG Koblenz 20. IX. 1967 VersR 1967 S. 1061). Wegen der bei der Bewirkung der Mahnung beteiligten Personen gelten die Ausführungen in Anm. D 34 für die bei der Kündigung durch den Ver Beteiligten entsprechend. Nachweise aus der sehr umfangreichen Rechtsprechung bei Prölss-Martin 18 Anm. 4 zu § 39 S. 227—228. Die B e w e i s l a s t für die Ordnungsmäßigkeit der Mahnung obliegt dem Ver. Er hat insbesondere auch den wirksamen und rechtzeitigen Zugang zu beweisen. Das kann nach allgemeinen Beweisgrundsätzen auch durch einen Beweis des ersten Anscheins geschehen. Die Frage, welche Anforderungen insoweit zu stellen sind, ist umstritten. Nach einer Ansicht soll schon der Nachweis der Absendung eines Briefes genügen (Bd. 1 Anm. 25 zu § 39 S. 504). Auch wird die Vereinbarung (so § 8 (6) S. 2 GrB) für zulässig gehalten, daß ein bei den Akten des Vers befindlicher Durchschlag des Mahnschreibens oder ein entsprechender Vermerk als Nachweis des Zugangs genüge (Bd. 1 a. a. O.). Dagegen läßt der BGH (Urteil 24. V. 1957 BGHZ 24 S. 308 = VersR 1957 S. 1142) nicht einmal im Falle des Nachweises der Absendung eines Einschreibebriefes den Beweis des ersten Anscheins für den Zugang des Briefes zu, obwohl, wie statistisch nachgewiesen, nur in 0,005 % der Fälle solche Briefe verloren gegangen waren. Das ist mit Recht als Eingriff in die tatrichterliche Entscheidungskompetenz und als sachlich verfehlt kritisiert worden (J. Prölss, Beweiserleichterungen im Schadensersatzprozeß, Karlsruhe 1966 S. 18). — Eine vereinbarte Beweiserleichterung für den Ver, wie in § 3 (6) S. 2 GrB vorgesehen, steht mit dem zugunsten des Vmers zwingenden Charakter des § 39 W G (vgl. § 42 W G ) in Widerspruch. Danach ist unabdingbare Voraussetzung für den Eintritt des qualifizierten Verzuges und der damit verbundenen Rechtsfolgen die tatsächlich erfolgte formgerechte Mahnung; und im Streitfalle muß dem Gericht die entsprechende Überzeugung verschafft werden. Die Notwendigkeit dieser Überzeugungsbildung kann nur im Bereich der Vertragsfreiheit durch eine solche Vereinbarung ersetzt werden. Hier besteht sie aber insoweit nicht (a. A. GB BAV 1955/56 S. 29). Die Überzeugung kann aber nach den Grundsätzen des Prima-facie-Beweises herbeigeführt werden. Wird die Absendung eines Briefes vollbewiesen, ζ. B. durch Vorlage des Einschreibebeleges, so wird man nach den praktischen Erfahrungen mit dem deutschen Postverkehr prima facie davon ausgehen können, daß der Brief den Empfänger auch erreicht hat. Für den Zeitpunkt des Zugangs wird dagegen bei den deswegen bestehenden ζ. T. erheblichen Differenzen bei der Postzustellung keine Regel aufgestellt werden können. [E 23] ccc) Qualifizierter Verzug. Nach fruchtlosem Ablauf der dem Vmer gesetzten Zahlungsfrist tritt, sofern dieser sich dann — wie im Regelfall — im Zahlungsverzuge hinsichtlich der mit dem formgerechten Mahnschreiben angeforderten Beträge befindet (dieser Verzug braucht nicht schon bestanden zu haben, er kann ζ. B. erst durch das Mahnschreiben und daher erst mit Ablauf der darin bestimmten Frist ausgelöst worden sein, vgl. BGH 25.1.1968 VersR 1968 S. 241, 242), der sog. qualifizierte Verzug ein, der eine weitgehende Umge-

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II. Prämienzahlungspfl. — Nichterfüllung

Anin. [E 23]

staltung des Vertrages zur Folge hat, nämlich einmal die Gefahrtragungspflicht des Vers entfallen läßt (Anm. E 24) und dem Ver darüber hinaus das Recht zur außerordentlichen Kündigung verleiht (Anm. E 25). Diese Rechtsfolgen entfallen ex nunc, sobald die qualifiziert angemahnten Beträge beglichen werden. Dabei ist es unerheblich, ob der Vmer inzwischen mit weiteren Prämien in (einfachen) Verzug geraten ist (a. A. Koppen VersR 1953 S. 172—174). Wegen dieser tritt qualifizierter Verzug erst nach deswegen erneut durchgeführtem Mahnverfahren ein (h. M. Bd. 1 Anm. 34 zu § 39 S. 507, Prölss-Martin 18 Anm. 6 zu § 39 S. 230—231, beide mit weiteren Nachweisen). — Insoweit ist die Stelllung des Vers bei Geltung der §§ 3 (2) S. 4 GrB (Fassung für Jahresbeiträge) oder 8 (4) S. 1 MB KK günstiger: Mit Eintritt des qualifizierten Verzuges (im Falle der GrB) bzw. des einfachen Verzuges (im Falle der MB KK) mit einer Rate werden die übrigen Raten des laufenden Vsjahres ihrerseits fällig, da die vereinbarte Stundung entfällt. Der Ver ist daher jetzt in der Lage, den gesamten restlichen Jahresbeitrag zum Gegenstand einer (im Falle der GrB: erneuten) qualifizierten Mahnung zu machen. Die Stundung setzt erst wieder ein und die Rechtsfolgen gemäß § 39 II und III W G entfallen wieder, wenn außer der zunächst allein rückständigen Rate auch die bis zum Zahlungstage weiter fällig gewordenen Monatsraten und die Mahnkosten bezahlt werden (BGH 25. 1.1968 VersR 1968 S. 241, 242). (Einfacher) Z a h l u n g s v e r z u g tritt bei der fast ausnahmslos an bestimmten Tagen fälligen Prämienschuld ohne weiteres mit Ablauf dieses Tages ein (§ 284 I I I BGB) : Gemäß §§ 9 Ziff. 2 S. 1 und 3 NoB, 3 (2) S. 1 u. 8 GrB (Fassung für Jahresbeiträge) und 8 (1) S. 2 MB KK richtet sich die Fälligkeit nach dem Vsjahr, dessen Lauf sich aus dem Vertrage und regelmäßig auch aus dem Vsschein ergibt. Jahresbeiträge sind danach am ersten Werktage — außer Sonnabend — eines jeden Vsjahres fällig (§ 193 BGB). Monatsraten oder -prämien (§ 3 (1) und (2) GrB) sind entsprechend am ersten Werktage — außer Sonnabend — eines jeden Kalendermonats fällig. Ist die Fälligkeit nicht kalendermäßig bestimmt — das kann z. B. der Fall sein bei einer Nachschußpflicht gegenüber einem W a G (§24 II VAG) —, so gerät der Vmer gemäß § 284 I 1 BGB erst aufgrund einer einfachen Zahlungsaufforderung des Vers in Verzug, falls die Zahlungspflicht fällig war oder gleichzeitig mit Zugang der Mahnung fällig wird (RG 11. IV. 1902 RGZ 50 S. 261). Dabei kann es sich auch um die Mahnung gemäß § 39 W G handeln (BGH 25. 1.1968 VersR 1968 S. 241). Der Mahnung steht die Zustellung einer Klage auf Zahlung oder eines Zahlungsbefehls gleich (§ 284 I 2 BGB). § 261b III ZPO kommt hier nicht in Betracht. Trotz Fälligkeit und Mahnung tritt kein Verzug ein, wenn die Zahlung infolge eines Umstandes unterbleibt, den der Vmer nicht zu vertreten hat (§ 285 BGB), persönliche Zahlungsunfähigkeit gehört, auch wenn sie unverschuldet ist, nicht hierzu (§ 279 BGB), jedoch können z. B. Erschwernisse des zwischenstaatlichen oder interzonalen Zahlungsverkehrs (RG 26. VII. 1939 RGZ 161 S. 105), vorübergehende übermäßige Erschwernisse in der persönlichen Sphäre des Vmers (hierzu z. B. KG 12. VII. 1930 J R P V 1930 S. 429, OLG Stuttgart 27. V. 1952 VersR 1952 S. 18), unverschuldete Unkenntnis des Sitzes des Vers sowie insbesondere unverschuldeter Rechtsirrtum hinsichtlich des (Noch)bestehens der Zahlungspflicht den Eintritt des Verzuges hindern oder einen eingetretenen Verzug wieder entfallen lassen. In dieser Hinsicht werden jedoch von der Rechtsprechung strenge Anforderungen gestellt (z. B. BGH 9. II. 1951 LM Nr. 1 zu § 285 = N J W 1951 S. 398, 18. III. 1952 LM Nr. 4 zu § 285 BGB, 3. VI. 1952 N J W 1953 S. 1426). Ferner ist der Verzug ausgeschlossen, wenn dem Zahlungsanspruch des Vers eine dauernde (z. B. Verjährung) oder aufschiebende Einrede (z. B. Stundung, Anm. E 10—12) entgegensteht. Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, ob sich der Vmer auf diese Einrede dem Ver gegenüber berufen hat, ihr Bestehen genügt (h. M. so z. B. BGH 13. III. 1963 N J W 1963 S. 1149). Nach prozessualen Grundsätzen muß der Vmer jedoch im Prozeß das Bestehen des Gegenrechts darlegen, da es sonst wegen des Beibringungsgrundsatzes nicht berücksichtigt wird. Die Einrede des Zurückbehaltungsrechts (§ 273 I BGB) muß allerdings auch außerhalb eines Rechtsstreits, soll sie den Verzug ausschließen, dem Ver gegenüber geltend gemacht werden, damit dieser Gelegenheit bekommt, dieses Recht durch Sicherheitsleistung gemäß § 273 III BGB abzuwenden (RG 1. X I I . 1911 RGZ 77 S. 438). Dem Vmer ist es freilich vielfach versagt, sich gegenüber der Prämienforderung auf ein Zurückbehaltungsrecht, z. B. wegen eines LeiXI

B r u c k - M ö l l e r , W G , 8. Anil. VI (Wriede)

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Anm. [Έ 24]

Krankenvers. E. Rechtspflichten des Vmers

stungsanspruchs oder des Anspruchs auf Aushändigung des Ysscheins zu berufen (so in § 11 Ziff. 6 S. 2 NoB, § 6 (4)b GrB, § 12 MB KK). [Έ 24] α) Wegfall der Gefahrtragnngspflicht. Mit Beginn des qualifizierten Verzuges (Anm. E 23), d. h. ab 0 Uhr des auf den Ablauf der Zahlungsfrist folgenden Werktages (außer Sonnabends, § 193 BGB) enfällt ipso iure die Gefahrtragungspflicht des Vers für n e u beginnende Vsfälle. §39 II W G — § § 1 0 Ziff. 2 S. 1 NoB und 4 (10) S. 1 GrB sind inhaltlich gleichlautend — bestimmt das allerdings nicht mit diesen Worten, sondern besagt nur — damit aber gleichbedeutend —, daß der Ver für jetzt eintretende Vsfälle von der Verpflichtung zur Leistung frei ist. Die Gefahrtragungspflicht wird m. a. W. nicht schlechthin storniert, sondern nur suspendiert; sie setzt wieder ein, wenn der Zahlungsverzug entfällt, insbesondere durch volle Tilgung der angemahnten Schuld (Anm. E 13 und 14) beseitigt wird (BGH 24. 1.1963 VersR 1963 S. 377), und zwar im gleichen Augenblick, nicht erst mit Beginn des nächsten Tages, andererseits auch nicht rückwirkend (LG Berlin 11. XII. 1967 VersR 1968 S. 737). Wegen der Unschädlichkeit geringfügiger Rückstände vgl. Anm. E 12. Der Zahlungsverzug kann aber, wie in Anm. E 23 ausgeführt, auch ohne Tilgung des Rückstandes entfallen. Auch in diesem Falle setzt daher die Gefahrtragungspflicht wieder ein (OLG Stuttgart 27. V. 1952 VersR 1953 S. 18, OLG Schleswig 30. IV. 1964 VersR 1965 S. 26, Bd. 1 Anm. 35 zu § 39 S. 507—508). So ist es ζ. B. denkbar, daß der im qualifizierten Verzug befindliche Vmer bei einer Wanderung in einer einsamen Gegend einen Unfall erleidet und ohnmächtig wird, erst nach einigen Tagen gefunden und in ärztliche Behandlung gegeben wird. Für diesen Vsfall würde daher Leistungspflicht bestehen, wenn der Vmer durch seinen Unfall gehindert war, die beabsichtigte Zahlung zu leisten. Es kommt allein auf den Verzug hinsichtlich der angemahnten Prämien an. Die Gefahrtragungspflicht setzt nicht schon wieder ein, wenn die nächste Prämie fällig wird, mag sie beglichen werden oder nicht (BGH 24. 1.1963 VersR 1963 S. 377). Mit Eintritt der Verjährung der angemahnten Prämie oder der Entstehung einer sonstigen (dauernden oder vorübergehenden) Einrede des Vmers gegenüber seiner Zahlungsverpflichtung entfällt der Verzug (Anm. E 23), so daß die Gefahrtragungspflicht auch in diesem Falle wieder auflebt. Die gegenteilige Auffassung von Prölss-Martin 18 (Anm. 7 zu § 39 S. 231) übersieht, daß das Gesetz ausdrücklich darauf abstellt, daß der Vmer sich zur Zeit des Eintritts des Vsfalles im Verzug befinden muß, dieser aber nach allgemeiner Ansicht nicht gegeben ist, wenn der Forderung eine Einrede entgegensteht (z. B. RGR Komm. Anm. 8 zu § 284 S. 1079). Ausnahmsweise bewirkt die Tilgung der rückständigen und qualifiziert angemahnten Beiträge dann kein Wiederaufleben der Gefahrtragungspflicht, wenn die Tilgung unter Umständen erfolgt, die das Verhalten des Vmers als rechtsmißbräuchlich kennzeichnen. Insoweit gilt das in Anm. E 19 für den Fall der treuwidrigen Zahlung der Erstprämie Ausgeführte in gleicher Weise. § 4 (10) S. 2 GrB will sich offenbar an diese Rechtsprechung anlehnen, ist aber zu eng gefaßt und daher insoweit wegen Verstoßes gegen § 42 W G unwirksam: Es kommt nicht allein darauf an, ob der Vmer weiß, daß der Eintritt des Vsfalles nicht mehr ungewiß ist, vielmehr sind nach der zitierten Rechtsprechung des RG alle Umstände des Falles zu prüfen, insbesondere ob der Vmer die Tilgung nur mit Rücksicht auf den drohenden Vsfall und die davon befürchteten Aufwendungen nachgeholt hat (ähnlich Möller DVZ 1951 S. 55—56). Die Auffassung von Buchner (VersR 1950 S. 45), daß Leistungsfreiheit auch dann gegeben sei, wenn der im qualifizierten Verzug befindliche Vmer bei Zahlung des Rückstandes keine Kenntnis von der bereits bestehenden und alsbald zum Vsfall führenden Krankheit habe, läßt sich auch mit dem Gedanken des Schutzes der Gefahrengemeinschaft nicht begründen. Für V s f ä l l e , die v o r F r i s t a b l a u f eingetreten sind, bleibt die Leistungspflicht des Vers trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 39 II W G grundsätzlich bestehen. Das folgt aus denselben Erwägungen, die für die Ansicht bestimmend sind, daß der Ver bei Beendigung des Vsvertrages für vorher eingetretene Vsfälle insoweit weiter zu haften hat, als sie über den Zeitpunkt des formellen Vertragsendes hinaus andauern (Anm. D 15). Vgl. im übrigen Anm. E 25.

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II. Prämienzahlungspfl. — Nichterfüllung

A um. [E 26]

[E 25] ß) Kündigungsrecht des Yers. Der Eintritt des qualifizierten Verzuges gibt dem Ver darüber hinaus das Recht, den Vsvertrag durch fristlose Kündigung zu beenden (§ 39 III 1 W G , im gleichen Sinne § 10 Ziff. 2 S. 2 NoB und § 2 (2)c Züf. 2 S. 1 GrB). Diese Berechtigung ist an die selben Voraussetzungen geknüpft wie der vorstehend behandelte Wegfall der Gefahrtragungspflicht. Sie kann daher unter denselben Umständen entfallen, so daß eine Kündigung nicht mehr möglich ist. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt des Zugangs der Künd beim Vmer oder seinem Vertreter an (Anm. D 34). — Das Kündrecht betrifft nur den von der Nichtzahlung betroffenen Vertrag, nicht auch andere zwischen denselben Partnern bestehende Verträge (Starke VersR 1950 S. 142—143). Gemäß § 39 III 2 W G — und ebenso gemäß § 10 Ziff. 3 NoB und § 2 (2)c Ziff. 2 S. 1 GrB — kann der Ver die Kündigung auch schon im Mahnschreiben aussprechen mit der Folge, daß sie mit Fristablauf wirksam wird, wenn der Vmer zu diesem Zeitpunkt mit der Zahlung im Verzug ist. Das Mahnschreiben muß auf diese Rechtsfolge besonders hinweisen. Besteht bei Fristablauf kein Verzug, so ist die Kündigung wirkungslos. Ist der Verzug wegen derselben Prämie später (wieder) gegeben, so kann der Ver jetzt gemäß III 1 kündigen oder sich mit den Rechten aus II begnügen. Über den Inhalt der Kündigungserklärung vgl. Anm. D 31, über die beteiligten Personen Anm. D 34. Die Kündigung ist nur im Falle des § 39 III 2 W G im Hinblick auf I 1 und in dessen Umfang formbedürftig. Nach § 4 Ziff. 3 NoB und § 6 ( l ) b GrB „muß" die Kündigung durch eingeschriebenen Brief ausgesprochen werden (vgl. hierzu Anm. D 32). Da die dem Vmer zugegangene Kündigung nicht deswegen unwirksam ist, weil der Brief nicht eingeschrieben war (Anm. D 32), kommt es nicht darauf an, ob das mit der Kündigung verbundene Mahnschreiben im Falle des § 39 III 2 W G „eingeschrieben" war. Die wirksame Kündigung hat mit ihrem Zugang beim Vmer oder seinen Vertreter das Erlöschen des Vsvertrages zur Folge. Wegen der Einwirkung der Kündigung auf die beiderseitigen Leistungspflichten im allgemeinen vgl. Anm. D 15 und 16. Danach haftet der Ver für die in diesem Augenblick noch andauernden (bereits vor Beginn des qualifizierten Verzuges eingetretenen) Vsfälle grundsätzlich weiter (Anm. E 24). Die AVB enthalten indessen insoweit zumeist einschränkende Bestimmungen : Nach § 7 Ziff. 2 S. 2 NoB erstreckt sich die Leistungspflicht des Vers nur auf die Vermögensschäden, die bis zum Ablauf des 3. Monats nach dem Wirksam werden der Kündigung entstehen (Fristberechnung gemäß §§ 187 I, 188 II BGB), sofern nicht die Leistungspflicht aus anderen Gründen (z. B. Beendigung der Heilbehandlung, Ablauf der Höchstdauer der Leistungspflicht) schon vorher endet. Gemäß § 4 (11) S. 1 und 2 GrB KK, § 4 (10) S. 1 und 2 GrB KH oder § 4 (9) S. 1 und 2 GrB KT endet die Leistungspflicht auch bei schwebenden Vsfällen mit dem formellen Vertragsablauf, also nicht schon mit Ablauf der Frist des § 39 I W G . Dasselbe bestimmt § 7 MB KK. Hinsichtlich der Zahlungsverpflichtung des Vmers bestimmt § 40 II 1 W G , daß der Ver trotz erfolgter Kündigung Anspruch auf die Prämie für die laufende Vsperiode h a t ; das gilt auch dann, wenn der Vmer zuvor, aber auf einen späteren Termin gekündigt hatte (OLG Braunschweig 6. IV. 1954 VersR 1954 S. 313—314). Von dieser Regelung weicht § 5 Β Ziff. 2 NoB zugunsten des Vmers (und damit zulässig, § 42 W G ) ab : Die Prämienzahlungspflicht erstreckt sich nur auf die Zeit bis zum formellen Vertragsablauf. Nach § 4 (4) GrB und § 8 (6) MB KK ist die Prämie bis zum Ablauf des bei der Vertragsbeendigung laufenden Kalendermonats zu entrichten. Sofern danach ein größerer Betrag als nach der erwähnten gesetzlichen Bestimmung zu zahlen ist, ist die Vertragsbestimmung unwirksam (§ 42 W G ) . Die W i r k u n g e n der Kündigung e n t f a l l e n r ü c k w i r k e n d — § 39 III 3 W G —, wenn der Rückstand innerhalb eines Monats nach dem Wirksamwerden der Kündigung, d. h. im Falle des III 1 nach ihrem Zugang beim Vmer und im Falle des S. 2 nach Ablauf der Zahlungsfrist getilgt wird (wegen des Zeitpunktes des Wirksamwerdens der möglichen Tilgungsformen vgl. Anm. E 13 und 14). Für die Berechnung der Monatsfristen gelten die §§ 187, 188 II und III BGB. Es kommt entgegen dem Wortlaut des Gesetzes nicht darauf an, daß die Tilgung durch Zahlung, und durch den Vmers selbst bewirkt wird. Umstritten ist dabei die Frage, ob es in diesem Sinne auch als Zahlung anzusehen ist, 11

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Anm. [E 26]

Kranken vers. E. Rechtspflichten des Vmers

wenn der Ver den Rückstand innerhalb der Monatsfrist durch Zwangsvollstreckung beitreibt oder der Vmer die Zahlung zur Abwendung einer solchen Vollstreckung leistet (bejaht von LG Duisburg 2. VIII. 1961 VersR 1961 S. 739; Brockmann VersR 1960 S. 678—679, Prölss-Martin18 Anm. 7b zu § 39 S. 232; abgelehnt von Gärtner VersR 1961 S. 104—106). Die erstere Ansicht verdient mit einer Einschränkung den Vorzug: Das Gesetz stellt allein auf die Tatsache der Zahlung ab. Wenn die fristgerechte Tilgung als solche die wiederbelebende Wirkung haben soll, so kann es nicht darauf ankommen, in welcher Form sie erreicht wird, insbesondere nicht darauf, daß der Ver die Zahlung freiwillig leistet. Jedoch muß es sich dabei — insoweit ist eine Einschränkung gegenüber der h. M. zu machen •— um eine e n d g ü l t i g e Tilgung handeln; wird sie aufgrund eines durch einen Rechtsbehelf anfechtbaren nur vorläufig vollstreckbaren Titels erwirkt, hat mithin die Leistung im Hinblick auf § 717 II und III ZPO nur vorläufigen Charakter und damit keine endgültig tilgende Wirkung, so kann ihr auch nicht die wiederbelebende Wirkung beigemessen werden. Das ist — und zwar rückwirkend — erst dann der Fall, wenn die Endgültigkeit der Zahlung (z. B. mit Eintritt der Rechtskraft des Vollstrekkungstitels) gegeben ist. Ebenso wie eine vom Ver danach beigetriebene endgültige Zahlung muß auch eine von ihm erklärte schuldtilgende Aufrechnung als geeignet angesehen werden, die Wirkungen der Kündigung fortfallen zu lassen. § 39 III 3 W G setzt weiter voraus, daß bis zu dem für die Tilgung"maßgeblichen Zeitpunkt der Vsfall noch nicht eingetreten ist. Die Notwendigkeit dieser Voraussetzung erscheint zweifelhaft. Wenn nämlich die Kündigung trotz eingetretenen Vsfalls als nicht mehr existent betrachtet werden würde, so würde der Ver für den zwischenzeitlich eingetretenen Vsfall gemäß II gleichwohl nicht zu haften brauchen, da eben nur die Kündigung nicht aber auch die Leistungsfreiheit des Vers entfallen würde. Es wäre daher durchaus sinnvoll gewesen, die Wiederbelebung allein von der fristgerechten Nachholung der Tilgung und nicht auch davon abhängig zu machen, daß der Vsfall nicht eintritt. Bd. 1 Anm. 50 zu § 39 S. 511—512 versucht diese Konsequenz dadurch zu umgehen, daß die Bestimmung dahin ausgelegt wird, daß die Kündigungswirkungen nur für den eingetretenen Vsfall nicht mehr entfallen sollen, der Vertrag aber im übrigen fortbestehen soll, sofern es sich nicht um einen (das vte Interesse vernichtenden) Totalschaden handele. Diese Auslegung steht indessen mit dem klaren Wortlaut des Gesetzes in Widerspruch. Hätte der Gesetzgeber dem Eintritt des Vsfalles nur diese eingeschränkte Wirkung beimessen wollen, so hätte er diesen Umstand gar nicht zu erwähnen brauchen, da sich die Leistungsfreiheit des Vers für den nach Ablauf der Mahnfrist eintretenden Vsfall schon aus II ergibt. Wegen der Möglichkeit, den aufgehobenen Vertrag wieder in Kraft zu setzen vgl. Anm. C 23. [E 26] ΠΙ. Verjährung und Verwirkung der Forderungen des Yers. 1. Verjährung. Schrifttum: Ehrenzweig S. 181—184, Hagen I S. 624—626, Hedemann VersR 1953 S. 377—379. Jeder (nichtfamilienrechtliche) Anspruch unterliegt nach deutschem Recht grundsätzlich der Verjährung (§ 194 BGB). Nach Vollendung der Verjährung k a n n der Verpflichtete die Leistung verweigern (§ 222 I BGB), der Anspruch als solcher geht damit nicht unter, so daß das trotz Verjährung Geleistete nicht zurückgefordert werden kann (§ 222 II BGB). Die Verjährung wird im Prozeß nicht von Amts wegen berücksichtigt, vielmehr muß der Schuldner diese Einrede ausdrücklich geltend machen. Die Vorschriften über Beginn und D a u e r der V e r j ä h r u n g (§§ 195—201 BGB) sind durch § 12 I und II W G ζ. T. abgeändert worden. Die hier genannten Ansprüche sind solche, die ihre unmittelbare Rechtsgrundlage im Vsvertrage haben, m. a. W. nach ihrer Rechtsnatur auf diesem Vertrage beruhen. Es genügt nicht, daß der Vertrag nur gleichsam ihre historische Grundlage bildet, wie ζ. B. für einen Bereicherungsanspruch, der daraus hergeleitet wird, daß der Ver trotz (von ihm zunächst nicht erkannter) Leistungsfreiheit an den Vmer geleistet hat (BGH 14. I. 1960 BGHZ 32 S. 13—17, OLG Celle 14. 1.1960 VersR 1960 S. 841f, Bd. 1 Anm. 8 und 9 zu § 12 S. 258—259, a. A. Prölss-Martin18 Anm. 2 zu § 12 S. 114—115). Die Verpflichtungen des Vmers zur Zahlung

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III. Verjährung u. Verwirkung der Forderungen der Vers.

Anm. [E 26]

der Prämien nebst Zinsen und Kosten, der Inkasso- und anderer Gebühren, der Eintrittsgelder sowie der Gebühr gemäß § 40 II 2 W G (Genaueres hierüber Anm. D 47) verjähren daher nach § 12 I W G ; das gleiche gilt für Ansprüche auf Ersatz des durch Verzug des Vmers mit der Tilgung dieser Forderungen entstandenen Schadens (§§ 286 I, 288 BGB) ; sie verjähren, auch wenn sie erst später entstanden sind als der Anspruch, von dem sie abgeleitet werden, gleichzeitig mit diesem (§ 224 BGB, RG 12. XI. 1937 RGZ 156 S. 121). — Die im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Abschluß des Vsvertrages entstehenden Ansprüche des Vers (Anm. E 5) gehören nicht hierher, da sie nicht auf dem Vsvertrage beruhen, ja sogar entstehen können, wenn der Vertrag nicht zustandekommt. Insbesondere ist die Haftung aus culpa in contrahendo eine von der vertraglichen Haftung zu unterscheidende selbständige Anspruchsnorm (vgl. z. B. Palandt-Heinrichs 31 Anm. 6a zu § 276 S. 270). Ansprüche dieser Art verjähren gemäß § 195 BGB in 30 Jahren. Das gleiche gilt, soweit der Ver nach Rücktritt oder Anfechtung Rückgewähr- bzw. Bereicherungsansprüche gegen den Vmer hat (Anm. D 47 und 48). Wenn es sich im letzteren Falle um Ansprüche aus unerlaubter Handlung handelt, kommt in erster Linie die dreijährige Verjährung des § 852 I BGB in Betracht. Diese Verjährungsfristen können durch Vertrag nicht verlängert werden; auch kann die Verjährung weder ausgeschlossen noch an erschwerende Voraussetzungen geknüpft werden (§ 225 S. 1 BGB); daher ist auch ein im voraus vereinbarter Verzicht auf die Verjährung unwirksam (RGR Komm. Anm. 1 zu § 225 S. 732—733). Die Erhebung der Einrede kann dann aber rechtsmißbräuchlich sein (siehe unten). Jedoch kann der Beginn und damit auch der Ablauf der Verjährungsfrist dadurch hinausgeschoben werden, daß z. B. durch Stundung der Fälligkeitstermin auf einen späteren Zeitpunkt verlegt wird. Auch ist es zulässig, auf das einmal eingetretene Verjährungsrecht zu verzichten; dazu genügt eine einseitige Erklärung gegenüber dem anderen Teil (RGR Komm. Anm. 4 und 5 zu § 222 S. 727). Der Eintritt der Verjährung kann begünstigt, insbesondere die Frist durch Vertrag verkürzt werden (§ 225 S. 2 BGB): § 15a W G steht nicht entgegen, soweit eine solche Vereinbarung den Vmer besser stellt. Der B e g i n n der vorstehend angegebenen Verjährungsfristen ist unterschiedlich geregelt. Die Verjährung gemäß § 12 11 W G beginnt mit dem Schluß des Jahres, in dem der Anspruch, dem die Einrede entgegengesetzt werden soll, verlangt werden kann (S. 2 a. a. O.), d. h. er fällig geworden ist (Genaueres hierzu Anm. E 10—12). Bei den der 30jährigen Verjährung unterliegenden Ansprüchen kommt es gemäß § 198 S. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs an; er ist gegeben, wenn sämtliche Tatbestandsmerkmale vorliegen, die zu seiner Geltendmachung erforderlich sind. Für die hier in Betracht kommenden Ansprüche ist daher auf den Augenblick ihrer Fälligkeit abzustellen. Hängt diese jedoch von einer Kündigung oder Anfechtung des Forderungsbeberechtigten ab, so beginnt die Frist bereits in dem Augenblick, in welchem die Kündigung oder Anfechtung zulässig war (§ 199, 200 BGB). Da es an einer entsprechenden Bestimmung für das Rücktrittsrecht fehlt, beginnt die Verjährung der Rückgewähransprüche (Anm. D 47) erst mit Zugang der Rücktrittserklärung. Die dreijährige Verjährung gemäß § 852 I BGB beginnt erst, wenn der Berechtigte Kenntnis von den Tatbestandsmerkmalen hat, die seinen Anspruch rechtfertigen (vgl. z. B. OLG Köln 28. II. 1940 JRPV1940 S. 94—95). Der Lauf dieser Fristen ist g e h e m m t nach Maßgabe des § 202 BGB (bei vorübergehendem Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners, z. B. bei Stundung) und des § 203 BGB (bei Verhinderung der Rechtsverfolgung). Diese Zeiten der Hemmung werden bei der Berechnung der bereits laufenden Verjährungsfristen nicht mitgerechnet (§ 205 BGB). Für die sog. Ablaufshemmung sind die §§ 206, 207 BGB zu beachten: Die Vollendung der Verjährung durch Fristablauf wird in den hier erwähnten Fällen — nicht vollgeschäftsfähiger Gläubiger ohne gesetzlichen Vertreter z. B. kleinerer W a G nach Wegfall des Vorstandes; Ansprüche für und gegen einen Nachlaß •— hinausgeschoben. Von der Hemmung der Verjährung ist ihre U n t e r b r e c h u n g zu unterscheiden: Mit Eintritt der Unterbrechung kommt die bis dahin verstrichene Zeit nicht mehr in Betracht. Die gleiche Frist beginnt erst nach Beendigung der Unterbrechung neu zu laufen (§217 BGB). Für diesen Wiederbeginn gilt § 12 I 2 W G nicht. Eine Unterbrechung tritt ein, wenn der Schuldner seine Leistungsverpflichtung gegenüber dem Gläubiger Wriede

Κ 165

Anm. [E 27]

Krankenvers. E. Rechtspflichten des Vmers

anerkennt (§ 208 BGB) oder dieser seine Forderung gerichtlich oder in bestimmter anderer Form geltend macht (§§ 209, 210 BGB). Über die Dauer der Unterbrechung und ihren nachträglichen rückwirkenden Fortfall s. §§ 211—216 BGB. Auch das Recht zur V e r w e i g e r u n g d e r L e i s t u n g kann verwirkt werden, d . h . seine Betätigung r e c h t s m i ß b r ä u c h l i c h sein. Das ist der Fall, wenn der Schuldner den Gläubiger durch sein Verhalten geflissentlich, z. B. durch Eingehen auf Vergleichsverhandlungen (RG 24. IV. 1904 RGZ Bd. 57 S. 376—377), häufigen Wohnungswechsel, falsche polizeiliche Anmeldung (OLG Königsberg 16. VIII. 1940 H RR 1941 Nr. 111), durch die Erklärung, auf die Verjährungseinrede verzichten zu wollen oder eine dahingehende — an sich unwirksame (§225 S. 1 BGB) — Vereinbarung (BGH 17. XII. 1959 VersR 1960 S. 517—518) oder auch unabsichtlich (RG 1. XII. 1936 RGZ 153 S. 107 bis 110, BGH 3. II. 1953 BGHZ Bd. 9 S. 5—6) veranlaßt hat, von rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung oder einem gleichgestellten Akt abzusehen. Wegen weiterer Fälle aus der Rechtsprechnug vgl. z. B. Palandt-Heinrichs 31 Anm. 3 Überbl. vor § 194 S. 156. Nach dem Wegfall der die Arglisteinrede rechtfertigenden Umstände beginnt die Verjährungsfrist nicht neu zu laufen, vielmehr ist der Gläubiger nunmehr gehalten, seine Forderung binnen angemessener Frist so geltend zu machen, daß eine Unterbrechung der Verjährung eintritt (z. B. BGH 17. XII. 1959 VersR 1960 S. 517—518). [E 27] 2. Yerwirkung. Schrifttum: Kleine JZ 1951 S. 9—12, Soergel-Siebert Anm. 281—337 zu § 242 S. 81—94, Staudinger-Werner, Bd. II Teil l b Anm. D 561—D 765, insb. D 737—D 740 S. 899—956 (S. 948). Die Verwirkung ist ein Unterfall der wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung. Das mißbräuchliche Vorgehen des Rechtsinhabers besteht hier in der illoyal verspäteten Ausübung des Rechts (BGH 27. VI. 1967 BGHZ 25 S. 51—53). Im Falle des Eintritts der Verwirkung muß der Rechtsinhaber sich so behandeln lassen, als habe er auf die Geltendmachung seines Rechts verzichtet. Das Recht wird damit praktisch gegenstandslos. Der Rechtsbehelf der Verwirkung ist als Ausnahme von dem Grundsatz, daß Verträge zu erfüllen sind, an strenge Voraussetzungen geknüpft. Es genügt insbesondere nicht, daß seit der Entstehung des Rechts längere Zeit vergangen ist, vielmehr müssen noch besondere Umstände hinzutreten, aufgrund welcher die verspätete Geltendmachung als treuwidrig empfunden wird (RG 4. VI. 1937 RGZ Bd. 155 S. 151—154, BAG 26. VI. 1958 NJW 1958 S. 1988 bis 1989). Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Gegner des Rechtsinhabers aus dessen Verhalten entnehmen durfte und auch entnommen hat, dieser wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, und er sich darauf mit seinen Dispositionen eingestellt hat (BGH a. a. O., BAG a. a. O.). Nicht nur Ansprüche, sondern auch andere Rechte, z. B. Gestaltungsrechte unterliegen der Verwirkung. Im Hinblick auf die kurze Verjährungsfrist des § 12 11 W G wird eine Verwirkung der aus dem Vertrage fließenden Ansprüche des Vers kaum in Betracht kommen (offenbar a. A. AG Hamburg 29. IV. 1952 VersR 1952 S. 427 mit z. T.bedenklicher Begründung, anders auch RG 23. 1.1929 RGZ Bd. 123 S. 163 im Falle einer der 5jährigen Verjährung unterliegenden Prämienforderung nach den ADS). Eine Verwirkung ist indessen denkbar bei den Ansprüchen des Vers, die nicht unter § 12 11 W G fallen.

Κ 166

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Gesamtgliederung des Abschnitts F

Anm. [F 1]

F. Obliegenheiten des Versicherungsnehmers Gliederung: Schrifttum (aus der Zeit nach Mitte 1953) Fl Vorbemerkung, Begriff der Obliegenheiten F 2 I. Obliegenheiten bei Vertragsabschluß F 3 —36 Schrifttum F 3 1. Vorbemerkung F 4 2. Tatbestand der wAnzpfl F 5—27 a) Beteiligte Personen F 5 — 6 aa) Mit der Anzpfl belastet F 5 bb) Empfänger F 6 b) Zeitpunkt und Tatbestand der Erfüllung F 7 - 8 aa) Zeitpunkt der Erfüllung F 7 bb) Tatbestand der Erfüllung F 8 c) Form F 9 d) Inhalt F 1 0 - 2 4 Schrifttum aa) Erhebliche Gefahrumstände F 10-18 aaa) Begriff der Erheblichkeit F 10 bbb) Erläuterungen durch den Ver oder seine Agenten F 11 ccc) Beantwortung der gestellten Fragen F 12 ddd) Einteilung der gefahrerheblichen Umstände F 13 — 18 α) Gesundheitsfragen, Beispiele aus der Rechtsprechung F 14—16 αα) Anzeigepflichtige Umstände F 15 ßß) Nicht anzeigepflichtige Umstände F 16 β) Gefahrumstände aus Umfeld und Gewohnheiten der Gefahrsperson F 17 γ) Subjektives Risiko, Vertragsgefahr F 18 bb) Kenntnisfrage F 1 9 - 2 4 aaa) Kenntnis des Interessenten F 1 9 - 2 3

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α) Kenntnis der Gefahrumstände F 20 β) Kenntnis der Gefahrerheblichkeit F 21 γ) Kenntnis der belasteten Personen F 22 δ) Kenntnis der Unrichtigkeit der vorvertraglichen Anzeige F 23 bbb) Kenntnis des Vers und seiner Hilfspersonen F 24 e) Ermächtigungen, Entbindung von der Schweigepflicht F 2 5 - 2 7 aa) Vorbemerkung F 25 bb) Ermächtigung zur Einholung von Auskünften F 26 cc) Datenschutz und Datenschutzermächtigungsklausel F 27 3. Abweichen der tatsächlichen von der angezeigten Risikolage; Rechtsfolgen der Abweichung F 28 — 36 a) Vorbemerkung F 28 b) Risikolage ungünstiger F 29 — 34 aa) Schuldhafte Verletzung der Anzpfl F 2 9 - 3 3 aaa) Objektiver Tatbestand F 30 bbb) Subjektiver Tatbestand F 31 ccc) Außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 8 Ziff. 1 NoB; Anzpfl bei Abänderung des Vertrages F 32 ddd) Anzpfl nur für einen Teil des Risikos verletzt F 33 bb) Nichtschuldhafte Verletzung der Anzpfl F 34 c) Risikolage günstiger F 35 d) Beweislast bei Divergenz zwischen angezeigter und tatsächlicher Risikolage; Beweisführung F 36 4. Zusatz: VvAnzpfl und Leistungsausschluß für „alte Leiden" F 3 7 - 3 8 a) Teilweise Unzulässigkeit des § 15 Ziff. 1 NoB F 37 b) Auslandsreiseverträge F 38

Κ 167

Anm. [F 1, F 2]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

II. Obliegenheiten vor Beginn des Vsfalls F 39-58

bb) Rechtsfolgen bei Obliegenheitsverletzung F 51 —55 aaa) Konkurrenz der §§ 32, 6 I und II mit § § 2 3 - 3 0 bbb) Anwendung des § 6 I F 52 ccc) Anwendung des § 6 II F 53 ddd) Rechtslage bei V für fremde Rechnung und Personenfremdv F 54 eee) Beweislast F 55 d) Anzeige eines Berufswechsels oder des Wegfalls einer Voraussetzung der Vsfähigkeit in der Krankentagegeldv F 56 e) Anzeige einer Einkommensminderung F 57 f) Beweislast F 58

1. Obliegenheiten bei Gefahrerhöhung F 39-44 Schrifttum a) Überblick F 39 b) Gesetzliche Regelung, Abgrenzung zur vten Gefahr F 40 aa) Subjektive Gefahrerhöhung F 41-42 aaa) Tatbestand F 41 bbb) Rechtsfolgen eines Verstoßes F 42 bb) Objektive Gefahrerhöhung F 43 cc) Beweislast F 44 2. Vorbeugende gesetzliche Obliegenheiten F 45—46 a) Anzeigeobliegenheiten bei Mehrfachv b) Abwendungsobliegenheit gemäß § 62 F 46

III. Obliegenheiten nach Beginn des Vsfalls F 59-64

3. Vertraglich vereinbarte vorbeugende Obliegenheiten F 47 — 58 a) Abgrenzungen b) Inhaltskontrolle, vertraglich vereinbarter Obliegenheiten F 47 a c) Mehrfachv, Überblick F 4 8 - 5 5 aa) Tatbestände F 4 9 - 5 0 aaa) Anzeigeobliegenheiten bei Mehrfachv bbb) Zustimmungserfordernis F 50

Schrifttum 1. Überblick 2. Anzeigeobliegenheiten F 60 3. Auskunfts- und Belegobliegenheiten F 61 4. Untersuchungsobliegenheiten F 62 5. Schadenminderungsobliegenheiten F 63 6. Rechtsfolgen bei Verletzung der nach Eintritt des Vsfalls zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheiten F 64

[F 1] Schrifttum (aus der Zeit nach Mitte 1953) Bertsch, Die Abgrenzungen von Risikobeschränkungen und liegenheiten, Tübinger Dissertation 1964; Bischoff VersR 1972 1978 S. 981-988; Klingmüller, Festschrift für Reimer Schmidt, Krebs VersR 1964 S. 466-470; Sasse DB 1957 Beilage 5 zu Nr. Weltkongress für Versicherungsrecht 1967, 4. Band S. 6 ff.

vertraglich begründeten ObS. 799-808; Hübner VersR Karlsruhe 1976 S. 753-769; 11; Reimer Schmidt, Zweiter

[F 2] Vorbemerkung, Begriff der Obliegenheiten Begriff u n d Arten der Obliegenheit hat Möller in Bd. I (Anm. 3 — 24 zu § 6, S. 185 —196) insbesondere in Anlehnung an Bruck 7. Aufl. (S. 44) u n d Reimer Schmidt, Obliegenheiten (S. 21 - 9 7 , 2 9 5 - 3 0 2 , 3 1 2 - 3 2 1 ) umfassend behandelt. D a r auf wird hier verwiesen (vgl. auch die Übersicht bei R ö h r S. 7—10). Die h. L. in Rechtsprechung u n d Literatur ist dieser Auffassung weitgehend gefolgt. Der B G H hat sich der schon vom R G vertretenen im wesentlichen gleichen Ansicht angeschlossen (vgl. z. B. 13. VI. 1957 B G H Z 24 S. 378, 382) u n d ist z. B. hinsichtlich der Frage des Einstehenmüssens f ü r das Verhalten von Hilfspersonen bei der Erfüllung von Obliegenheiten von diesem Begriff ausgegangen (25. XI. 1953 B G H Z 11 S. 120,123). D a s neuere Schrifttum legt durchweg ohne nähere eigene Ü b e r p r ü f u n g diesen Obliegenheitsbegriff zugrunde (z. B. Krebs a. a. O.; Sasse a. a. O.). K l 68

Wriede

I. Vertragsabschluß 1. Vorbemerkung

Anm. (F 3, F 4]

Lediglich Bischoff a. a. O. stellt im Rahmen seiner Untersuchung über die Abgrenzung von Obliegenheit und Risikobeschränkung nähere Überlegungen zum materiellen Inhalt der Obliegenheit (im Gegensatz zu dem von der h. L. herausgearbeiteten mehr formellen Begriff) an und will diesen darin sehen, daß es sich um ein Verhalten des Vmers handeln muß, dessen primäre Motivation typischerweise entweder in der Wahrnehmung ursprünglich eigener Schutzbelange (Sorgfaltsverhalten wie im eigenen Interesse, ähnlich wohl Ehrenzweig S. 176: „Risikoverwaltung") besteht oder dadurch bedingt ist, daß mit Eingehung und nach Abschluß des Vsvertrages der Ver nähere Kenntnis über Art und Umfang des Risikos in seiner jeweiligen Gestalt haben muß. Prölss-Martin (Anm. 4 zu § 6) beharren demgegenüber auf der Ansicht, daß es sich bei den Obliegenheiten um echte Rechtspflichten handle, die grundsätzlich einklagbar seien. Sie stützen sich auf die Wortfassung des VVG und seine Begründung sowie auf zahlreiche andere Gesetze, in welchen die Worte „Obliegenheit" und „Pflicht" unterschiedslos sowohl für die von der h. L. als Obliegenheiten bezeichneten als auch für die einklagbaren Pflichten verwendet würden. Diese Auffassung ist leicht mit dem Hinweis zu entkräften, daß der Gesetzgeber der zitierten Gesetze die im Laufe der Zeit insbesondere von der Rechtswissenschaft herausgearbeiteten systematischen Unterscheidungen innerhalb des Kreises der Verhaltensnormen noch nicht erkannt oder gebührend berücksichtigt hatte. Im übrigen waren die von PrölssMartin noch in der 19. Aufl. a. a. O. zitierten Bestimmungen des AktG und des HGB z. T. schon seit langem durch Novellierungen überholt, durch die echte Rechtspflichten als solche und nicht mehr als Obliegenheiten bezeichnet wurden. Auch die in der 24. Aufl. a. a. O. noch weiterhin erwähnte Bestimmung des § 486 I Nr. 2 HGB ist schon aufgrund der Seerechtsnovelle vom 21. VI. 1972 (BGBl I S. 966) seit dem 7. IV. 1973 nicht mehr geltendes Recht. Rechtsprechung und Schrifttum sind PrölssMartin ganz überwiegend nicht gefolgt. Auf Einzelfragen die Anwendung des Begriffs der Obliegenheiten betreffend wird, soweit das für die PKV von Bedeutung ist, bei den einschlägigen Erläuterungen eingegangen werden. [F 3] I. Obliegenheiten bei VertragsabschluB Schrifttum: Bruck, HansRZ 1925 Sp. 177-184; Feilchenfeld, Die Verletzung der Anzeigepflicht in der Lebensversicherung, Berlin 1929; Firmery, Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht im Versicherungsvertrag, Düren 1934; v. Gierke, Anzeigepflicht in Manes Versicherungslexikon 3. Aufl., Berlin 1930, Sp. 125, 127 f.; Gruneke, Versicherte Gefahr und Anzeigepflicht in der privaten Krankenversicherung, Kölner Dissertation 1965; Haasen, VersR 1951 S. 249-252; Haymann, VersArch 1933/34 S. 945-982, 1061-1088; ders. JRPV 1934 S. 177-185; Kisch, Hdb II S. 172-405; Keinert, Vorvertragliche Anzeigepflicht (§§16 ff. VersVG). Nach österreichischem und deutschem Recht. Zugleich ein Beitrag zur Vertreterrolle des Versicherungsagenten, Wien—New York 1983; Koops, Vorvertragliche Anzeigepflicht, Hamburger Rechtsstudien Bd. 20, 1934; Millauer, VersR 1964 S. 355; Röhr, Die vorvertragliche Anzeigepflicht, Karlsruhe 1980; Roesch, Versicherungsnehmer 1953 S. 9 7 - 9 9 ; H. D. Schmidt, VersR 1986 S. 511 — 518; Reimer Schmidt, Zweiter Weltkongress für Versicherungsrecht 1967 4. Bd. S. 6ff.; Schulz, Deutsche Versicherungs-Zeitschrift 1960 S. 202-205; Süß, VersR 1952 5. 185-188; Wagner, Bd.VI 1 Anm. F 1 5 - F 2 1 S. 211-215!

[F 4] 1. Vorbemerkung Die in den §§ 16 f. dem (künftigen) Vmer, ggf. auch dem Vten durch Gesetz auferlegten Obliegenheiten (sog. vorvertragliche Anzeigepflicht — wAnzpfl) sind nur dann rechtserheblich, wenn es tatsächlich zum Vertragsabschluß kommt, auch wenn es sich nur um eine vorläufige Deckungszusage handelt (OLG Hamm Wriede

Κ 169

Anm. [F 5]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

26. X. 1950 VersR 1951 S. 38, 39) oder wenn bei einem bestehenden Vertrag die Gefahrtragungsleistung des Vers — wenn auch nur in einzelnen Beziehungen — erweitert oder ein aufgehobener Vertrag wieder in Kraft gesetzt wird (Anm. C 23 S.K71; vgl. auch § 8 Ziff. 1 I NoB). Die Anzpfl besteht bei Abänderung oder Wiederinkraftsetzung eines Vertrages nur hinsichtlich der dadurch neu oder höher vten Gefahren (vgl. Anm. C 22 S. Κ 69; Bd. I Anm. 126 zu § 1 S. 141; Anm. 59 zu § 16 S. 334 — 335; Röhr S. 57 — 61). — Die wAnzpfl hat speziell für den Krankenvsvertrag eine überragende Bedeutung, wie die schon fast unübersehbare Rechtsprechung zu diesem Fragenkreis zeigt (so auch Keinert a. a. O. S. 20). Wegen ihrer R e c h t s n a t u r ist zunächst auf Bd. I Anm. 4 f. zu§ 16, S. 316 f. sowie auf die Ausführungen von Röhr, S. 15 — 39, der sie als Ausprägung des Gedankens vom Wegfall der Geschäftsgrundlage auffaßt, zu verweisen. Die Anzeige selbst stellt — anders als der damit gewöhnlich verbundene Antrag auf Abschluß des Vsvertrages — keine W i l l e n s e r k l ä r u n g dar, da sie nicht darauf gerichtet ist, ein privates Rechtsverhältnis zu begründen, zu ändern oder zu beenden, sondern lediglich die Mitteilung tatsächlicher Verhältnisse zum Gegenstand hat. Damit ist sie eine Wiss e n s e r k l ä r u n g , die dem Empfänger die Kenntnis von Tatsachen vermitteln soll (vgl. ζ. B. Kisch S. 188, 274; Haymann a. a. O. S. 178; Bd. I Anm. 5 zu § 16 S. 317; Röhr S. 120; Keinert a. a. O. S. 19). Die damit ggf. verbundenen Rechtswirkungen treten kraft Gesetzes, nicht wie bei manchen anderen Obliegenheiten aufgrund schon bestehenden Vertrages ein (vgl. Larenz AT § 26; Palandt-Heinrichs Überbl. 2 c vor § 104; Erman-Brox Einl. Rz 6 vor § 104). Auf die Mehrzahl solcher rechtsgeschäftsähnlicher Handlungen sind die allgemeinen Vorschriften über Willenserklärungen entsprechend anzuwend e n , soweit sich nicht aus ihrer besonderen Zweckbestimmung ein anderes ergibt (Palandt-Heinrichs a. a. O., Enneccerus-Nipperdey § 207 II; Larenz AT a. a. O.; Keinert a. a. O. S. 25), so auf unrichtige Anzeigen die Bestimmungen über die Geschäftsfähigkeit (§§ 104-115 BGB - vgl. ausführlich Haymann a. a. O. S. 182; a. A. PrölssMartin Anm. 7 zu §§16, 17 ohne Begründung). Die von nicht oder nicht voll geschäftsfähigen Personen erstatteten richtigen Anzeigen haben insofern „tilgende" Wirkung, als damit dem Ver die erforderliche Kenntnis verschafft wird, so daß die Anzpfl nicht mehr besteht (§§ 16 III, 17 II — vgl. auch Haymann a. a. O.). Die Bestimmungen über Willensmängel (§§116—124 BGB) sind nicht analog anwendbar, weil hier nicht wie bei einem Rechtsgeschäft der Wille des Erklärenden im Mittelpunkt steht und ihm im Falle von Willensmängeln zum Durchbruch verholfen werden soll, sondern die nicht auf einen rechtsgeschäftlichen Erfolg gerichtete Mitteilung von Tatsachen. Sie kann nur berichtigt werden (Haymann a . a . O . S. 183f.). Analog anwendbar sind ferner die Regeln über das Wirksamwerden von Willenserklärungen mit ihrem Zugang beim Adressaten (§§ 130-132 BGB - vgl. BGH 17. IV. 1967 BGHZ 47 S. 353, 357), über ihre Auslegung (§ 133 BGB; BGH 1 II. 1968 VersR 1968 S. 293, 294), über die Stellvertretung, soweit nicht § 19 Abweichungen ergibt (Anm. F 5) und die Zustimmung (§§ 164—185 BGB), soweit sie sich auf einseitige Rechtsgeschäfte beziehen sowie über die Formbedürftigkeit (§§125 — 127 BGB — vgl. Anm. F 7). [F 5] 2. Tatbestand der vvAnzpfl a) Beteiligte Personen aa) Mit der Anzpfl belastet ist derjenige Vertragsbeteiligte, dem diese Obliegenheit durch das Gesetz auferlegt ist in dem Sinne, daß durch Befolgung dieser Anordnung Rechtsnachteile aus dem abzuschließenden Vertrag vermieden werden. Daneben kommen auch Kenntnis und K l 70

Wriede

I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. [F 5]

Verhalten Dritter „in Betracht" (vgl. §§ 19, 79 I, 161, 179 IV; Näheres dazu nachstehend). Zur Verdeutlichung der in diesem Zusammenhang wesentlichen Merkmale der (auf Seiten des Vmers) möglichen Beteiligten ist es zweckmäßig, die denkbaren Vertragsgestaltungen kurz zu skizzieren: Es können vt werden sowohl in der Krankheitskosten- als auch in der Summenv (vgl. hierzu Anm. Β 6 S. Κ 44) 1. eigene I n t e r e s s e n des ( k ü n f t i g e n ) Vmers — Interesse hier im weiteren Sinne verstanden (vgl. Bd. II Anm. 47 zu § 49 S. 65 f.; Anm. Η 7) — , a) die durch Gesundheitsstörungen in der Person des Vmers betroffen werden; b) die durch solche Störungen bei einer Gefahrsperson (zum Begriff s. nachstehend und Anm. H 4—8) betroffen werden, die keine eigenen Ansprüche gegen den Ver erwerben soll; c) die auf diese Weise entweder in der Person des Vmers oder in der der Gefahrsperson betroffen werden (V beider Möglichkeiten — a) und b) — in einem Vertrag); 2. f r e m d e I n t e r e s s e n , d. h. die eines Vten im Sinne einer V für fremde Rechnung (Vmer ist nur Vertragspartner des Vers, nicht auch Gefahrsperson), a) die durch Gesundheitsstörungen in der Person des Vten betroffen werden; b) die durch solche Störungen bei einer Gefahrsperson betroffen werden, die dem Vten „zugeordnet" ist; c) die durch solche Störungen entweder in der Person des Vten oder in der einer Gefahrsperson betroffen werden (V beider Möglichkeiten — a) und b) — in einem Vertrag); 3. eigene u n d f r e m d e I n t e r e s s e n in e i n e m Vertrag mit den in Ziff. 1. und 2. aufgezeigten möglichen Vertragsgestaltungen. In jedem dieser Fälle ist der (künftige) Vmer als Vertragspartner des Vers mit der Anzpfl belastet. Das Vorhandensein anderer Vertragsbeteiligter ergibt sich je nach dem beabsichtigten Vertragsinhalt (vorausgesetzt, der Vertrag kommt mit diesem letztlich auch zustande). Im F a l l e l . a ) gibt es keinen weiteren Belasteten. Rechtsgeschäftliche oder gesetzliche Vertreter des Vmers sind nicht dazu zu rechnen, auch wenn ihre Kenntnis und ihr Verhalten dem Vmer schaden können (§ 19 — vgl. dazu die Erläuterungen in Bd. I S. 340 — 343). Entgegen der Annahme von Möller (Bd. I Anm. 69 zu §6 S. 209) sind sie nicht in dem oben erwähnten Sinne mit der wAnzpfl belastet. Denn sie haben im Rahmen des Vsvertrages bei Verstoß gegen die Obliegenheit keine Rechtsnachteile zu befürchten. Vielmehr wird ihre Kenntnis und ihr Verhalten im Rahmen der §§ 19 VVG, 166 BGB (die letztere Norm für den gesetzlichen Vertreter) dem Vmer zugerechnet. Nur ihm droht die Sanktion und er ist daher gehalten, für die Erfüllung der Obliegenheit zu sorgen. Die G e f a h r s p e r s o n ( F a l l 1. b) ist weder in der Krankheitskosten- noch in der Summenv mit der wAnzpfl belastet, wie Wagner (Bd. VI 1 Anm. F 8 S. 206 f.) für die Unfallv überzeugend dargelegt hat: Allein dem Vmer nicht auch der Gefahrsperson droht bei Obliegenheitsverletzung ein Rechtsnachteil. Diese unterliegt daher nicht dem Rechtszwang, der sie zur Erfüllung veranlassen könnte. Die gleichlautende Wortfassung der §§ 791 161, 179 IV scheint dem zu widersprechen. Auch wird in der amtlichen Begründung zur Neufassung dieser Bestimmungen (Beilage Nr. 3 zur DtJust 1940 S. 14, 16 und 19) ausgeführt, hierfür seien die gleichen Erwägungen maßgeblich gewesen wie für die Novellierung des § 79 I. Diese wird (S. 14 a. a. O.) damit begründet, daß die Risikolage des Vers nicht dadurch betroffen werden dürfe, daß bei der V für fremde Rechnung eine Rollenspaltung auf Seiten des Vertragsgegners vorliege. Daher müsse die bisherige Regelung, die Kenntnis und Arglist des Wriede

Κ 171

Anm. [F 5]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Vten nur im Rahmen der wAnzpfl und der Rückwärtsv für beachtlich erklärt hatte, auf alle Fälle ausgedehnt werden, in welchen Kenntnis und Verhalten des Vmers maßgebend seien. Nun tritt zwar auch dann eine Rollenspaltung ein, wenn das vte Risiko nicht in der Person des Vmers oder des Vten läuft, sondern in der einer gleichsam noch weiter (da nicht anspruchsberechtigt) „vom Vertrage entfernten" Gefahrsperson. Ihre Beziehung zum Vertrag ist aber eine durchaus andere als die des Vten. Auch zwingt der Wortlaut beider Normgruppen angesichts seiner neutralen Fassung („kommt... in Betracht") nicht zu identischen Schlußfolgerungen, wie Wagner (Bd. VI 1 a. a. O.) treffend ausgeführt hat. Die §§ 161, 179 IV sind auf die PKV entsprechend anzuwenden (h. M. z.B. OLG Köln 11. X. 1982 VersR 1983 S. 772, 773; OLG Hamm 15. VI. 1983 VersR 1984 S. 230; Bd. II Anm. 23 zu §79 S. 987; Schmidt a . a . O . S. 516). Für die Schadens ν fehlt es zwar an einer den §§161, 179IV entsprechenden Zurechnungsnorm. Ihre (analoge) Anwendbarkeit ergibt sich aber — jedenfalls für die PKV — daraus, daß die Unfallv regelmäßig auch Leistungen nach dem Prinzip der konkreten Bedarfsdeckung umfaßt (§ 8 VI AUB — a. A. Winter [für die Lebensv] Bd. V 2 Anm. F 20 S. 641; Fuchs S. 105). Nach §§ 161, 179 IV ist auch das V e r h a l t e n der G e f a h r s p e r s o n „in Bet r a c h t " zu z i e h e n , d. h. auch ihr Verschulden. Da sie jedoch mit der Erfüllung der Obliegenheit nicht belastet ist, ist es auf den ersten Blick unklar, an welchem „Sollverhalten" ihr Verschulden gemessen werden soll. Das gleiche Problem taucht bei Anwendung des § 278 BGB auf: Hier ist nicht einmal erforderlich, daß der Erfüllungsgehilfe weiß, daß er mit seinem Handeln (zugleich) eine Verpflichtung des Schuldners erfüllt (BGH 21. IV. 1954 BGHZ 13 S. 111,113 f.). Es muß nur in diesem Rahmen als Erfüllung der Schuldnerverpflichtung in Betracht kommen, d. h. in innerem sachlichen Zusammenhang damit stehen (BGH 15. XII. 1959 BGHZ Bd. 31 S. 359, 365 f.; 25.11.1960 VersR 1960 S. 424, 425; Palandt-Heinrichs Anm. 4c zu §278; Erman-Battes Rz40 zu §278). Das Verhalten des Erfüllungsgehilfen muß m. a. W. nicht im Hinblick auf die ihn dem Schuldner oder Dritten gegenüber treffenden Verpflichtungen oder das von ihm aus sonstigen Gründen veranlaßte Tun oder Unterlassen bewertet werden, sondern so als ob der Schuldner es im Rahmen des ihn verpflichtenden Schuldverhältnisses selbst praktiziert hätte (ebenso EsserSchmidt Schuldrecht Bd. I Teil 2, 5. Aufl. 1976 S. 55; v. Caemmerer in Festschrift Hauß Karlsruhe 1978 S. 36-41). In gleicher Weise ist das in §§ 161, 179 IV als beachtlich bezeichnete Verhalten zu verstehen: Es muß so angesehen werden, als wenn der mit der Obliegenheit belastete Vmer es selbst betätigt hätte (ebenso Werber Gefahrerhöhung S. 225). Ihre, der Gefahrsperson, ggf. mangelnde Kenntnis vom Vertrag — hier von der Antragstellung — schließt daher sein Verschulden nicht aus: Es wird zu Lasten des Vmers fingiert (im Ergebnis ebenso Bd. II Anm. 23 zu § 78 S. 987; a. A. Röhr S. 184, der die Gefahrsperson als obliegenheitsbelastet ansieht und daher folgerichtig für eine Verschuldensannahme Kenntnis fordert). Die Gefahrsperson hat danach praktisch nur die Stellung eines Wissensvertreters (Bd. I Anm. 8 0 - 8 2 zu §6 S. 211 f.; Anm. 3 - 5 zu §44 S. 1003-1006) und/oder eines Repräsentanten des Vmers. In ihrer Person läuft das „nach außen verlagerte" Risiko des (künftigen) Vmers/Vten (Bd. II a. a. O.; Gruneke S. 144 f.). Sie ist gleichsam das Gegenstück zur vten Sache in der Sachv (Fuchs S. 41; vgl. auch Anm. F 22 und H 4). Wenn die G e f a h r s p e r s o n g e s c h ä f t s u n f ä h i g ist, wird eine Zurechnung ihrer Kenntnis und ihres Verhaltens nicht möglich sein. Bei beschränkt geschäftsfähigen Gefahrspersonen wird man, wenn es auf ein reales Handeln und ihre Fähigkeit K l 72

Wriede

I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. |F 5]

ankommt, von Vorgängen in bezug auf ihre wirtschaftliche und soziale Bedeutung relevant Kenntnis zu nehmen, auf ihre geistige Reife und Einsichtsfahigkeit abstellen müssen. Ist sie nicht gegeben, ist auch hier eine Zurechnung nicht anzunehmen. Im Rahmen der vvAnzpfl wird vielfach nur der Fall von Bedeutung sein, daß die Kenntnis der Gefahrsperson dem anzeigebelasteten Vmer verborgen, diesem aber zuzurechnen und daher bei Nichtanzeige sein Verschulden zu fingieren ist. Diese Konsequenz wird von den Anhängern der Lehre nicht gezogen, die eine eigene Anzeigeobliegenheit der Gefahrsperson annehmen, ohne dies näher zu begründen (Bd. I Anm. 61 zu § 6 S. 207; Anm. 6 zu § 16 S. 317; Röhr S. 184). Süß (a. a. O. S. 188) meint, in diesem Falle fehle es am Verschulden des Vmers, da er keine Kenntnis erlangt habe. OLG Hamm (16. III. 1973 VersR 1973 S. 834, 836) will offenbar eine Analogie zu §§ 161,179 IV selbst für die Krankentagegeldv nicht gelten lassen. Zum Begriff des R e p r ä s e n t a n t e n vgl. Bd. I Anm. 5 4 - 1 0 9 zu § 6 S. 206-218 und die bei Prölss-Martin (Anm. 8 Β u. C zu § 6) zitierte Rechtsprechung sowie ferner BGH 24. II. 1986 VersR 1986 S. 696; 19. III. 1986 VersR 1986 S. 541; OLG Frankfurt/M 14. III. 1985 VersR 1986 S. 1005; OLG Celle 25. IV. 1986 RuS 1986 S. 214 (nur Leitsatz). OLG Hamm (31.1.1979 VersR 1980 S. 137, 138) und OLG Köln (11. X. 1982 VersR 1983 S. 772) halten die G e f a h r s p e r s o n für a n z e i g e b e l a s t e t , wenn sie den Aufnahmeantrag nebst F r a g e b o g e n m i t u n t e r z e i c h n e t . Das kann nur dann richtig sein, wenn sie sich insoweit rechtsgeschäftlich binden will (und dies auch als geschäftsfähige Person kann), nicht aber wenn sie damit, wie vielfach üblich, nur ihr Einverständnis mit der Einholung von Auskünften bei Dritten erklärt (vgl. dazu Anm. F 2 5 - F 2 8 ) . Unklar OLG Köln (11. X. 1982 VersR 1983 S. 772) und auch Klingmüller PKV S. 17 f., der offenbar die Gefahrsperson analog § 79 I als anzeigebelastet ansieht. Bei einer Vertragsgestaltung gemäß Z i f f . 1. c) ist gleichfalls nur der Vmer mit der Obliegenheit belastet. Bei einer V f ü r f r e m d e R e c h n u n g (vgl. die oben unter Z i f f . 2 aufgeführten Fälle) gilt hinsichtlich der etwa beteiligten Gefahrspersonen (ohne eigenen Anspruch gegen den Ver) — Z i f f . 2 b) u n d c) — das vorstehend Ausgeführte. Der Vte hingegen ( F ä l l e 2. a) u n d c) ist soweit sein vtes Interesse gefährdet ist, angesichts seiner eigenen Anspruchsberechtigung gegenüber dem Ver (§ 75 11), die bei Obliegenheitsverletzung entfallen kann, selbst belastet (Reimer Schmidt, Obliegenheiten S. 279-280; Schirmer, Festschrift S. 826-830, 842-843; Bd. IV Anm. Η 19 S. 508; Bd. VI 1 Anm. F 7 S. 204-205; Röhr S. 180-183; a. A. OLG Köln 30. VII. 1979 VersR 1979 S. 1094, 1095). Zweifelhaft ist, ob und inwieweit Verstöße des einen mit Obliegenheiten belasteten Beteiligten Sanktionen des Vers gegen den anderen auslösen können und Kenntnis und Verhalten des einen dem anderen zugerechnet werden müssen (Näheres dazu bei Schirmer ZVersWiss 1981 S. 121, 124-127). In der Literatur wird vielfach bei Erläuterung des §79 die Ansicht vertreten, d a ß Vmer u n d Vter „sich gegenseitig r e p r ä s e n t i e r e n in dem Sinne, daß die schuldhafte Verletzung einer Obliegenheit durch einen von ihnen dem Vsanspruch schadet, wenn nicht der andere sie erfüllt" (Bd. VI 1 Anm. F 7 S. 204f. a. E.; ähnlich Bd. II Anm. 5 - 8 zu § 79 S. 981 f.; Möller, Verantwortung S. 27; Gruneke S. 114f., 116 Ν 2; Prölss-Martin Anm. 8c zu § 6; a. A. Bd. I Anm. 61 zu § 6 S. 207). Das trifft für die wAnzpfl nicht oder doch nur im Ergebnis dann zu, wenn allein Interessen des Vten (Fälle 2. a) und c), nicht aber zugleich auch solche des Vmers (Fall 3.) vt sind. Im ersteren Falle wie überhaupt in allen aufgeführten Vertragsvariationen (Ziff. 1. —3.) ist der Vmer mit den gesetzlichen (und nach Zustandekommen des Wriede

Κ 173

Anm. [F 6|

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Vertrages auch mit vertraglichen — Schirmer Festschrift S. 842 f.) Obliegenheiten belastet. Sein schuldhafter Verstoß (der auch aufgrund einer Zurechnung als vorliegend angenommen werden kann, s. oben) kann Sanktionen des Vers auslösen, die gemäß § 334 BGB auch gegenüber dem Vten wirken (Schirmer ZVersWiss 1981 S. 125 f.), einer Zurechnung zum Vten bedarf es hier daher nicht. Der Vmer ist insoweit nicht eo ipso Wissensvertreter oder Repräsentant des Vten, und zwar auch nicht deswegen, weil ein Tun des Vmers, das zur Erfüllung der Obliegenheit des Vten führt, diesen in dieser Hinsicht entlastet. Diese Wirkung kann auch durch jeden anderen erzielt werden, der nicht einmal am Vertrag beteiligt sein muß. Daß aufgrund der internen Beziehungen zwischen Vmer und Vten ersterer Repräsentant des letzteren in anderer Hinsicht sein kann, steht nicht entgegen. Wenn durch den Vertrag auch Interessen des Vmers vt sind ( F a l l 3.), ist ein Verstoß des Vten gegen die die Interessen des Vmers betreffenden Obliegenheiten unbeachtlich, sofern nicht aufgrund der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen ein Repräsentantenverhältnis oder Wissensvertretung angenommen werden muß. Die Kenntnis des Vten von gefahrerheblichen Umständen in bezug auf die Interessen des Vmers ist unerheblich. Zeigt er sie dem Ver gleichwohl an, so entfallt insoweit die vvAnzpfl des Vmers (§ 16 III 1. Alt.). § 3 Ziff. 3 NoB ändert an dieser Rechtslage nichts: Es steht danach dem Ver frei, den Vertragsabschluß von dem Ergebnis einer ärztlichen Untersuchung oder der Vorlage eines Alterszeugnisses (dies deswegen weil gemäß § 2 NoB die Altersgrenze von 60 Jahren erheblich sein soll) abhängig zu machen (Anm. C 12 S. Κ 57 f.). Von (einklagbaren) Verpflichtungen der „mitvten" Personen (§ 3 Ziff. 5 S. 3 Nob) kann keine Rede sein, weil allein durch den Vertrag mit dem Vmer Dritte nicht rechtsgeschäftlich verpflichtet werden können (Palandt-Heinrichs Vorbem. 5 a vor § 328). Die dritte Gefahrsperson kann sich insoweit nur durch Übernahme einer eigenen rechtsgeschäftlichen Verpflichtung zur Erstattung der (rechtsgeschäftsähnlichen) Anzeigen binden (vgl. oben und ferner Prölss-Martin 22 Anm. 2 a. E. zu § 10 MB KK; a. A. dieselben24 Anm. 1 zu § 10 MB KK). Entsprechendes gilt für § 1 (4) GrB. § 10 (3) MB KK kommt in diesem Zusammenhang nicht in Betracht, da sich diese Bestimmung auf die nach Abschluß des Vertrags zu erfüllenden Obliegenheiten bezieht. Zur Erfüllung der Anzpfl können sich die damit belasteten Personen der Hilfe anderer, insbesondere r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e r o d e r g e s e t z l i c h e r V e r t r e t e r bedienen. Dabei taucht einmal die Frage auf, ob und inwieweit es auf die Kenntnis dieser und/oder der mit der Anzpfl belasteten Personen ankommt (vgl. dazu F 22) und ferner, wessen Verschulden bei ihrer Verletzung maßgeblich ist (Näheres dazu in Anm. F 31; ferner Bd. I Anm. 1 - 1 4 zu § 19 S. 340-343; Röhr S. 183-185). Die in Bd. I Anm. 7 und 11 zu § 19 vertretene Ansicht, daß es bei Abschluß für einen beschränkt geschäftsfähigen aber schuldfahigen Vmer darauf ankommen soll, ob der gesetzliche Vertreter in dessen Namen oder jener mit Zustimmung des Vertreters im eigenen Namen abschließt — nur im ersteren Fall keine Anzpfl des Vmers (anders für den zweiten Fall OLG Hamm 8. II. 1978 VersR 1978 S. 860) - , wirkt gekünstelt, wenngleich § 19 diese Annahme nahelegt. [F 6| bb) Empfänger der Anz ist der Ver, d. h. sein Vorstand und die von ihm dazu ermächtigten Personen (vgl. Anm. C 7 S. Κ 52, Κ 53 und ferner BGH 29. V. 1970 VersR 1970 S. 660) oder ein von ihm zur Entgegennahme bevollmächtigter Dritter, insbesondere sein Abschlußagent. Für V e r m i t t l u n g s a g e n t e n bestimmt § 43 Ziff. 1 u. a., daß er Kl 74

Wriede

I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. |F 6]

Vsanträge, Ziff. 2, daß er u. a. spätere Anzeigen für den Ver entgegennehmen kann; z u r E n t g e g e n n a h m e wAnz, so daß sie mit Zugang bei ihm als dem Ver zugegangen gelten, ist er dagegen n i c h t e r m ä c h t i g t (vgl. Anm. F 24). Die h. M. (BGH 11. XI. 1987 NJW 1988 S. 973, 974f. = VersR 1988 S. 324, 326; OLG Hamm 23. XII. 1974 VersR 1975 S. 248; Bd. I Anm. 7 zu § 16, S. 317, Anm. 19 zu § 43, S. 981 m. w. N.; Prölss-Martin Anm. 3 zu § 43; Haymann a. a. O. S. 179; Keinert S. 44; Röhr S. 142; offen gelassen von BGH 1. III. 1972 VersR 1972 S. 530) hält es für unerträglich, daß der Vermittlungsagent, dem ja gerade die Werbung von Vsverträgen obliege und der auch zur Entgegennahme der Anträge ermächtigt sei, nicht auch befugt sein soll, die regelmäßig mit der Antragstellung einhergehende Erstattung der wAnz im Namen des Vers entgegenzunehmen. Sie dehnt daher die dem Vermittler nach § 43 Ziff. 1 eingeräumte Empfangs Vollmacht auch hierauf aus. Das erscheint angesichts des klaren Wortlauts dieser Bestimmung und ihrer Ziff. 2 nicht zulässig (ebenso OLG Nürnberg 30. VIII. 1979 VersR 1980 S. 36, 37; OLG Köln 3. III. 1983 VersR 1983 S. 1125; 21.11.1985 RuS 1985 S. 230; Kisch II S. 258-259; H.-D. Schmidt a. a. O. S. 514, der aber offenbar verkennt, daß Schriftlichkeit der Anzeige nicht erforderlich ist). Die Einschränkung des Gesetzes hat auch ihren guten Sinn: Der vom Vermittlungsagenten entgegengenommene Vertragsantrag wird mit dieser Entgegennahme für den Antragsteller bindend (§ 130 11 BGB) — er kann ihn in der Regel nicht mehr widerrufen, von diesem Zeitpunkt an läuft die Annahmefrist (vgl. Anm. C 7 und C 8, S. Κ 52 — 54). Das schafft insbesondere für den Antragsteller, der die internen Geschäftsvorgänge zwischen dem Agenten und dem Ver nicht übersehen kann, insoweit klare Verhältnisse. Ganz anders ist aber die Interessenlage hinsichtlich der wAnz. Sie bilden eine wesentliche Grundlage für die Risikoeinschätzung durch den Ver; er muß daher die vom Antragsteller erteilten Auskünfte vollen Umfangs kennen lernen. Würde der Vermittlungsagent auch insoweit empfangsbevollmächtigt sein, so müßte es so angesehen werden, als seien die ihm beim Ausfüllen des Fragebogens oder sonst im Zusammenhang mit der Akquisition bekannt gewordenen gefahrerheblichen Umstände zugleich zur Kenntnis des Vers gelangt (so in der Tat die h. M., vgl. Bd. I Anm. 19 zu § 43, S. 981, Anm. zu §44, S. 100 m. w. N.; a. A. LG Frankfurt/M 19. V. 1982 VersR 1983 S. 773; Kisch II S. 258-259; wohl zweifelnd KG 28. VI. 1967 VersR 1968 S. 546, 547). Das ist zunächst dann von Bedeutung, wenn mündliche Anzeigen zulässig (vgl. § 34 a S. 2) oder die betreffenden Umstände für die Auslegung der schriftlichen Anzeigen in Betracht kommen. Vor allem aber: Sofern dem Ver ein gefahrerheblicher Umstand bekannt ist — das wäre auch bei nur mündlicher Anzeige an den Vermittler nach der h. M. der Fall —, besteht für den Interessenten keine Anzeigepflicht (mehr), wie §§16 III, 17 II zeigen. Das würde jedoch dem erwähnten Interesse des Vers, selbst alle gefahrerheblichen Umstände zu erfahren, entgegenstehen. Dabei ist zu beachten, daß § 44, wonach die Kenntnis des Vermittlungsagenten dem Vers nicht zu-gerechnet wird, hier nicht eingreift. Denn soweit der Agent für Wissenserklärungen empfangsbevollmächtigt ist, gelten sie mit (mündlichem oder schriftlichem) Zugang bei ihm als dem Ver zugegangen, sofern nicht im Rahmen der §§ 34 a, 47 Abweichendes vereinbart wurde (Bd. I Anm. 10 zu § 44, S. 1007 — 1008 m. w. N.). Umsomehr ist es im Hinblick auf das dargelegte Interesse des Vers geboten, § 43 Ziff. 1 eng nach seinem Wortlaut anzuwenden. Im übrigen wird, insbesondere zur Entscheidung des BGH (11. XI. 1987 VersR 1988 S. 324, 326 f.), auf die Ausführungen in Anm. F 24 verwiesen. Nach alledem sind die wAnz, die ein Vermittlungsagent entgegennimmt, dem Ver erst dann zugegangen, wenn sie seinem Vorstand, dem von diesem dazu ermächtigten Angestellten oder einer Verwaltungsstelle (vgl. Anm. C 7, S. Κ 53) im Sinne Wriede

Κ 175

Anm. [F 7]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

des § 130 11 BGB zugehen. Gegenüber §§ 4 Zifï. 1 NoB, 6(1) GrB KK, KH und KT ist § 11 Ziff. 16 AGBG zu beachten. Wegen der davon zu unterscheidenden Frage, wann der Ver als von ihrem Inhalt in Kenntnis gesetzt angesehen werden muß, vgl. Anm. F 24. Die Empfangsvollmacht des Agenten kann gemäß §47 eingeschränkt werden, was durch einen entsprechenden Hinweis auf dem Vordruck für die Anzeigen geschehen kann, indem z. B. gefordert wird, daß die Anzeigen gegenüber dem Ver schriftlich abzugeben sind (Bd. I Anm. 13 zu §34a, S. 449f.; Keinert S. 51). Eine Beschränkung in den AVB genügt nicht, da diese vor Vertragsschluß noch nicht maßgeblich sind (ebenso BGH 1. II. 1968 VersR 1968 S. 293, 294; Stiefel-Hofmann Anm. 2 zu § 9; a. A. OLG Hamm 23. XII. 1974 VersR 1975 S. 248 für den Fall, daß der Antragsteller die Maßgeblichkeit der AVB bei Antragstellung anerkannt hat; Bd. I Anm. 7 zu § 47, S. 1104; Röhr S. 130). Geht die Anzeige anderen Personen zu, kann sie gleichwohl wirksam werden, wenn sie dem „richtigen" Adressaten oder dessen Wissensvertreter zugeleitet wird (vgl. Bd. I Anm. 13 zu §34a, S. 449 f., Anm. 3 - 1 5 zu §44, S. 1003-1012). Nach Ansicht des OLG Frankfurt/M (27.1.1983 VersR 1983 S. 1070) soll trotz Beschränkung der Empfangsvollmacht des Agenten eine ihm übergebene Anz als dem Ver zugegangen gelten, wenn der Agent sie nicht zurückweist. Dem ist zu widersprechen (vgl. dazu Anm. F 8). — Eingehend zum V e r h ä l t n i s von F o r m v o r b e h a l t u n d B e s c h r ä n k u n g der V e r t r e t u n g s m a c h t des V e r m i t t l e r s Keinert S. 63 — 83: Dem Vmer schadet schon einfache Fahrlässigkeit, wenn er die vereinbarte Schriftform mißachtet. Wird dagegen die Beschränkung der Empfangsvollmacht des Vermittlers übersehen — unterstellt, dieser ist grundsätzlich zur Entgegennahme der wAnz ermächtigt —, so ist die Obliegenheit nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit verletzt (§ 47). Im ersteren Fall trifft die Beweislast den (späteren) Vmer, im zweiten den Ver (vgl. auch Sieg ZVersWiss 1984 S. 240, 242). Hält man entgegen der hier vertretenen Ansicht auch in den AVB enthaltene Formerfordernisse für den Zugang der wAnz für maßgeblich (§§ 4 Ziff. 1 NoB, 6 (1) a GrB, 16, MB KK und KT), so lassen die dem Ver ohne Beachtung dieser Form effektiv zugegangenen Anzeigen die Anzpfl gleichwohl gegenstandslos werden, sobald Kenntnisnahme durch den Ver eingetreten ist (vgl. Anm. F 8). [F 7] b) Zeitpunkt und Tatbestand der Erfüllung aa) Zeitpunkt der Erfüllung Die Anzpfl ist gemäß §161 „bei S c h l i e ß u n g des V e r t r a g e s " zu erfüllen, d. h. bis zum formellen Vertragsabschluß (Anm. C i l S. Κ 56 f.): Es müssen nicht nur die gerade bis zur Antragstellung bekannt gewordenen Umstände angezeigt werden, sondern auch die bis zum Vertragsabschluß weiter in Erscheinung tretenden (LG Berlin 20. II. 1969 VersR 1969 S. 845) sowie die Veränderungen, die sich gegenüber den vorher angezeigten etwa ergeben sollten, und zwar auch dann, wenn vom Ver nicht ausdrücklich danach gefragt worden war (RG 30. VI. 1916 VA 1917 Nr. 973 Anh. S. 8; 10. XI. 1931 RGZ Bd. 134 S. 148, 152, 25. XI. 1932 JRPV 1933 S. 5, 7, KG 21. XII. 1938 VA 1939 Nr. 3101 S. 218, OLG Celle 2. XII. 1941 JRPV 1942 S. 158, 159, BGH 30.1.1980 VersR 1980 S. 667, LG Braunschweig 17. VI. 1968 VersR 1969 S. 150 f.; LG Kiel 9. V. 1972 VersR 1973 S. 757). Entscheidend ist, daß die Anzeige abgesandt wird, bevor der Vertrag abgeschlossen wird, d. h. in der Regel, bevor die Annahmeerklärung des Vers dem Antragsteller zugeht. Bei verspäteter oder modifizierter Annahmeerklärung (§ 150 BGB) kommt auch noch die Zeit bis zu ihrer (fristgerechten, §§147 — 149 BGB) Annahme durch die andere Partei hinzu K l 76

Wriede

I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. (F 8]

(vgl. Anm. C 8 S. Κ 54). Eine verspätete (nachträgliche) Anzeige ist unschädlich für den Vmer, wenn auch die rechtzeitige die Entscheidung des Vers nicht mehr hätte beeinflussen können (BGH 27. VI. 1984 VersR 1984 S. 884, 885). Hängt die Wirksamkeit des Vertrages von der Genehmigung eines Dritten ab, so ist der Vertrag bis dahin schwebend unwirksam. Dann kommen auch noch die bis zur Genehmigung bekannt werdenden Umstände in Betracht (Röhr S. 98, der allerdings entgegen § 16 11 auf die Entstehung des Umstandes, nicht auf seine Erkenntnis abstellt). Die Anzeige kann daher ζ. B. auch noch im Augenblick der Aushändigung des Vsscheins durch einen Agenten diesem gegenüber erstattet werden, wenn man entgegen der hier vertretenen Ansicht (Anm. F 6) diesen insoweit als empfangsbevollmächtigt ansieht (LG Braunschweig 19. VI. 1968 VersR 1969 S. 150 f.), vorausgesetzt, daß bis dahin keine schuldhafte Verzögerung vorliegt. Die Anzpfl besteht nur insoweit und solange, als der Ver oder seine Empfangsbevollmächtigten von dem anzuzeigenden Umstand keine zutreffende Kenntnis haben. Erlangen sie sie auf andere Weise, so entsteht die Anzpflicht gar nicht erst oder sie erlischt damit, wie §§ 16 III, 17 II ergeben. Es ist daher unerheblich, wer dem Ver die erforderliche Kenntnis (rechtzeitig) verschafft (h. M. z. B. Bd. I Anm. 6 zu § 16 S. 317). Hat der Ver diese Kenntnis, so ist weder für die Rechtsfolgen der §§ 16 f. noch für die des §41 Raum. Es ist dann auch unerheblich, ob die mit der Anzeige belasteten Personen schuldhaft gehandelt haben oder die abgesandte Anzeige den Ver erreicht hat (so aber Röhr S. 188 — 195). Im Falle arglistigen Handelns besteht kein Recht zur Anfechtung gemäß §§ 22 VVG, 123 BGB, weil dieses Verhalten für den Entschluß des Vers dann nicht ursächlich geworden ist. [F 81 bb) Tatbestand der Erfüllung Die Anzpfl ist eine Art S c h i c k s c h u l d , wie sich aus dem Wortlaut des § 16 11 — „Der Vmer hat... dem Ver anzuzeigen" — ergibt. Sie ist daher erfüllt, wenn der damit Belastete das hierfür Erforderliche getan hat und die Anz den Ver auch tatsächlich erreicht (OLG Hamm 23. XII. 1974 VersR 1975 S. 248; Bd. I Anm. 12 zu § 16 S. 319). Erreicht die rechtzeitig abgegebene Anz ihn nicht oder erst nach Absenkung seiner Annahmeerklärung, so greifen die Rechtsfolgen der §§ 16 III 2. Alt., 41 11, II ein (vgl. Anm. F 34). Es ist unerheblich, ob die Anz den Entschluß des Vers vielleicht nicht mehr, wie § 16 voraussetzt, beeinflussen kann, weil er seine Annahmeerklärung bereits abgesandt hatte (Bd. I Anm. 8 zu § 16 S. 318). Diese Bestimmung will dem Anzpflichtigen den Umfang seiner Obliegenheit vor Augen führen und stellt daher auf das von ihm zu beobachtende Verhalten ab. Damit und im Hinblick auf das in § 16 III statuierte Verschuldensprinzip kommt zugleich zum Ausdruck, daß der Anzpflichtige mit der Erstattung seiner nach Antragstellung abzugebenden Anz nicht schuldhaft zögern darf (Bd. I Anm. 46 zu § 16 S. 329; Haymann a. a. O. S. 179; a. A. Röhr S. 139). Man wird hier die zum Begriff „unverzüglich" (§ 121 11 BGB) herausgearbeiteten Grundsätze heranziehen können (ζ. B. Palandt-Heinrichs Anm. 3 zu § 121). Der aufgrund der Weisung des BAA (VA 1971 S. 236, 237) vielfach in Vordrucken — und damit in AGB — enthaltene Hinweis, die nachgeholte Anz müsse binnen 3 Tagen durch Einschreibebrief erstattet werden, verstößt gegen § 34 a VVG und § 11 Nr. 16 AGBG; er ist daher unwirksam. Insoweit gilt nur das Gesetzesrecht (§6 II AGBG), d.h. § § 1 6 - 1 8 V V G . - Nach Ansicht des OLG Frankfurt/M (27.1.1983 VersR 1983 S. 1070) soll der Vmer hinsichtlich der unverzüglichen Absendung der Anz entlastet sein, wenn er sie dem dazu nicht bevollmächtigten Vermittlungsagenten übergibt und dieser sie nicht — mit Rücksicht auf seine mangelnde Vollmacht — zurückweist. Sie soll dann als zugegangen gelten. Das ist mit der vom OLG zitierten Rechtsprechung des BGH (4. IV. 1963 VersR 1963 S. 525, 526; Wriede

Κ 177

Anm. [F 8]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

29. V. 1970 VersR 1970 S. 660, 661) nicht zu belegen. Dort wird nur ausgeführt, daß eine Schadensanzeige statt an den Ver an einen Vermittlungsagenten (§ 43 Ziff. 2) oder eine Bezirksdirektion gerichtet werden durfte. Von der Notwendigkeit einer Zurückweisung ist keine Rede. Das OLG hat offenbar die in Anm. D 36 (S. Κ 110 f.) als verfehlt bezeichnete Ansicht vor Augen, wonach der Ver unwirksame Kündigungserklärungen zurückweisen soll, andernfalls sie als wirksam zu behandeln sein sollen. Für den Fall, daß die rechtzeitig abgegebene A n z e i g e u n d die A n n a h m e e r k l ä r u n g des Vers sich k r e u z e n , ist mit der h. M. wegen des sich aus dem angezeigten Umstand etwa ergebenden ungünstigeren Risikos für den Ver §41 anzuwenden (so ζ. B. Bd. I Anm. 8 zu § 16 S. 318; Prölss-Martin Anm. 3 zu §§ 16, 17). Der dem Ver durch § 411 und II gewährte Schutz reicht aber dann nicht aus, wenn der zwischen Antragstellung und Annahme anzuzeigende Umstand eine G e f a h r e r h ö h u n g im Sinne der §§23, 27 beinhaltet (vgl. hierzu Anm. F 39 —F 44), die — allein oder im Zusammenhang mit den ihm schon bekannt gewordenen Umständen — die Übernahme des Risikos nicht oder nur zu für den Interessenten ungünstigeren Bedingungen als tragbar erscheinen läßt. § 41 II 1 gewährt nur ein fristgebundenes Kündigungsrecht für den Fall, daß die Gefahr nach den Geschäftsgrundsätzen des Vers nicht übernommen wird. Diese Bestimmung schränkt daher die Entschlußfreiheit des Vers erheblich ein und schützt ihn vor allem nicht davor, daß der zusätzliche Gefahrumstand bis zum Wirksamwerden der Kündigung (mit)ursächlich für einen Vsfall wird, für den er eintreten muß. Hier soll §29 a eingreifen, der n e b e n d e n R e c h t s b e h e l f e n für den Fall der Verletzung der wAnzpfl auch die der §§ 23 — 29 f ü r a n w e n d b a r erklärt (Bd. I Anm. 6 zu § 29a S. 405). Für die Ansicht von Prölss-Martin (Anm. 1 zu § 29 a), daß die ersteren Regeln im Umfang des § 29 a ausgeschlossen seien, gibt das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Allerdings scheint die Begründung zu dieser Bestimmung (Beilage zur DtJust 1940 Nr. 3 S. 8) dieser Ansicht zuzuneigen. Sie hat jedoch im Wortlaut des Gesetzes keinen Ausdruck gefunden. Auch kann es für beide Vertragsteile durchaus sachgerecht sein, wenn der Ver statt von den Rechten der §§23 — 29 von der Möglichkeit des § 411 Gebrauch macht. Voraussetzung des § 29 a ist zunächst, daß der Ver bei Annahme des Vertragsantrags von der Gefahrerhöhung noch keine Kenntnis hat. Das ist nach dem Schutzzweck der Norm dahin zu verstehen, daß die Unkenntnis noch bei Absendung der Annahmeerklärung bestehen muß. Denn wenn er in Kenntnis des erhöhten Risikos seine Erklärung absendet, verdient er keinen Schutz (Bd. I Anm. 5 zu § 29 a S. 405). Wegen des Begriffs der G e f a h r e r h ö h u n g wird auf Anm. F 39—43 verwiesen. Eine solche liegt n i c h t v o r , wenn der Anzpflichtige erst nachträglich erfahrt, daß der betreffende Umstand schon z. Zt. der Ausfüllung des Fragebogens, d. h. in der Regel bei Antragstellung, vorlag, von ihm also objektiv nicht oder unrichtig angezeigt worden war, wenn ζ. B. eine schon bei Antragstellung latent vorhandene Krankheit erst danach in Erscheinung getreten ist (BGH 30.1.1980 VerR 1980 S. 667; OLG Düsseldorf 5. VI. 1951 VersR 1951 S. 201 in Anlehnung an RG 10. XI. 1931 RGZ 134 S. 148, 151 f.; OLG Köln 14. X. 1931 JW 1932 S. 2555; a. A. ohne nähere Begründung OLG Hamm 5. IV. 1966 VersR 1967 S. 391; AG Tübingen 21.1.1958 VersR 1958 S. 718; Dörstling in Anm. zu OLG Düsseldorf a. a. O. für die insoweit anders liegende Lebensv). Ist der Vertrag zu dieser Zeit noch nicht zustande gekommen, muß die Anzeige nachgeholt werden (BGH 30.1.1980 VersR 1980 S. 667); Kenntniserlangung nach Vertragsschluß löst keine Anzpfl mehr aus. Hier greift § 41 ein. K178

Wriede

I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. [F 9]

Der h. M. (OLG Karlsruhe 19. V. 1982 VersR 1983 S. 124; LG Wuppertal 15. Χ. 1953 VersR 1953 S. 474; AG Tübingen a. a. O.; Bd. I Anm. 7 zu § 23 S. 376; Prölss-Martin Anm. 1 zu § 29a; Röhr S. 98) kann nicht gefolgt werden, wenn sie in der f r a g l i c h e n Zeit neu e i n t r e t e n d e K r a n k h e i t e n oder Unfälle sowie die Verschlimmerung einer bereits angezeigten Erkrankung im Rahmen des §29 a für relevant hält (ebenso Werber, Landesreferate zum Weltkongress für Vsrecht,. Budapest 1986, Thema II Bd. 1 S. 219). Geringfügige Erkrankungen — z. B. Erkältungskrankheiten, Zahnschmerzen wegen Karies — auch unwesentliche kleine Unfälle beinhalten ohnehin keine Erhöhung der zunächst mit der Antragstellung angezeigten Risikolage (§ 29). Umstände dieser Art können allenfalls für die Beurteilung der — von Anfang an gegebenen — Anfälligkeit der betreffenden Gefahrsperson eine Rolle spielen und daher gemäß §§ 16 f. anzpflichtig sein. Weiter ist nach ganz allgemeiner und richtiger Ansicht (z. B. OLG Hamburg 14. XII. 1939 HansRGZ 1940 Β Sp. 63; Bd. I Anm. 5 zu § 23 S. 375; Prölss-Martin Anm. 2 zu § 29; v. Gierke II S. 366; Guckenheimer VersArch 1932/33 S. 789-790; Behne ZfV 1951 S. 32) die schicksalsbedingt mit zunehmendem Lebensalter und/oder durch andere Einflüsse, ζ. B. Epidemien, sich verstärkende Krankheits- und Unfallanfälligkeit im Rahmen eines bestehenden Krankenvsvertrages keine Gefahrerhöhung im Sinne der §§ 23, 27. Vor allem aber: Ungünstige Veränderungen der Risikolage, die nach vollzogenem Vertragsschluß im Hinblick auf die vom Ver nach dem Vertragsinhalt zu tragende Gefahr nicht als Gefahrerhöhung bewertet werden können, können auch dann nicht als solche qualifiziert werden, wenn sie in der nach § 29 a relevanten Zeitspanne eintreten. Ebensowenig wie eine nach Vertragsabschluß eintretende und unter die Deckung des Vertrages fallende Gesundheitsstörung eine anzpflichtige Gefahrerhöhung darstellt — sie kann Tatbestandsmerkmal eines Vsfalles sein —, kann ein solcher Vorgang nach § 29 a von Bedeutung sein. Das übersehen Haasen a. a. O. S. 251 und Röhr a. a. O. S. 99. Ereignisse dieser Art sind daher nur Gegenstand der wAnzpfl. Für die Annahme einer Gefahrerhöhung nach dieser Vorschrift kommen nur andere Umstände in Betracht, wie ζ. B. ein Wechsel in einen gefahrenträchtigeren Beruf, Antritt einer Auslandsreise in Länder mit unzulänglichen hygienischen Einrichtungen oder mit Seuchengefahren. Wegen der im Falle einer solchen Gefahrerhöhung gegebenen Rechtslage wird auf die Erläuterungen in Anm. F 39 —44 verwiesen. § 2 (2) c Ziff. 2 GrB zitieren nur die §§ 24, 27 VVG, aber nicht § 29 a. Das könnte dahin verstanden werden, daß der Ver unter der Geltung dieser AVB nicht gemäß §§ 29 a, 241, 27 I zur Kündigung, sondern wegen einer Gefahrerhöhung in der Zeit zwischen Antragstellung und Vertragsschluß nur zum Rücktritt, ggf. auch zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung berechtigt sein soll. Diese Annahme ist jedoch wegen des halbzwingenden Charakters des § 29 a (vgl. § 34 a) unzutreffend. Beide Gruppen von Rechtsbehelfen sind auf diesen Tatbestand nebeneinander anwendbar (Bd. I Anm. 6 zu § 29 a S. 405; Sieg VVR S. 130; die gegenteilige Auffassung der amtl. Begründung — DtJust 1940 Beilage 3 S. 8 - , der auch Prölss-Martin — Anm. 1 zu § 29 a — und Röhr a. a. O. S. 99 folgen, verkennt, daß die Vorschrift keine Einschränkung gegenüber den Bestimmungen über die wAnzpfl enthält, was zur Klarstellung notwendig gewesen wäre). Der Ver kann daher wählen. Die günstigere Lösung, daß der Ver, statt zurückzutreten, den Vertrag nur kündigt, kann dem Vmer wegen § 34 a nicht genommen werden. [F 91 c) Form Die Anzeige der gefahrerheblichen Umstände wird im allgemeinen mit dem Antrag auf Abschluß des Vsvertrages (Anm. C4—7 S . K 46 —54) verbunden. Der entsprechende Vordruck des Vers (vgl. Muster bei Caspers VW 1980 S. 196 f. und Wriede

Κ 179

Anm. [F 9]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

die Erläuterungen dazu S. 194, 249—251; ferner die Richtlinien des BAA im Rundschreiben R 5/71, VA 1971, S. 236-238, abgedruckt bei Bach-Moser S. 298-301) hat dann eine doppelte Bedeutung. Daneben kann er noch andere vertragswesentliche Erklärungen enthalten (vgl. Anm. C 4 a. E. S. Κ 49, Anm. F 25-27). Die Anzeige ist gesetzlich an keine F o r m gebunden. Jedoch k a n n , gemäß § 34a S. 2 S c h r i f t f o r m v e r e i n b a r t werden. Hierfür ist, da z. Zt. ihrer Erstattung noch kein Vertrag besteht, eine Sondervereinbarung erforderlich. Man wird diese nicht schon daraus herleiten können, daß in den AVB, die dem Vertrage zugrunde gelegt werden sollen, eine entsprechende Bestimmung enthalten ist, so in §§ 4 Ziff. 1 NoB, 6 (l)a GrB, 16 S. 1 MB KK und KT. Denn sie gelten für die wAnzpfl noch nicht (vgl. Groh, Nebenabreden bei Vsverträgen, Karlsruhe 1965, S. 39; Anm. C 5 S. Κ 51; a. A. Bd. I Anm. 13 zu § 16 S. 319; Röhr S. 130). Es wird aber ausreichen, daß der Vordruck ζ. B. eine entsprechende Klausel aufweist und der Antragsteller/Anzeigepflichtige nicht widerspricht (ähnlich Keinert S. 49) oder der Vermittler es mit ihm vereinbart. Das verkennt offenbar LG Berlin (20. II. 1969 VersR 1969 S. 845, 846), indem es mündliche Anzeigen an den Vermittler (zur Weiterleitung an den Ver, vgl. Anm. F 6) nicht gelten läßt, ohne festzustellen, daß Schriftform vereinbart war. Schriftform bedeutet, daß die Urkunde vom Aussteller — hier von den mit der Anzpfl belasteten Personen (Anm. F 5) — unterzeichnet wird, in einem Telegramm oder Fernschreiben enthalten ist (§§ 127, 126 BGB analog). Eine Verletzung dieser Vereinbarung hat zwar analog § 125 S. 2 BGB im Zweifel Nichtigkeit der Anzeige zur Folge. Wenn indessen der Inhalt der nicht formgerechten Anzeige dem Ver oder anderen empfangsberechtigten Personen (Anm. F 6) auf andere Weise zur Kenntnis gelangt, treten die Rechtsfolgen mangelnder Form nicht ein (§16 III). Darüber hinausgehende Vereinbarungen über Formerfordernisse — etwa eingeschriebener Brief — sind gemäß § 34 a S. 2 und unter den Voraussetzungen des § 11 Nr. 16 AGBG unwirksam. Das letztere ist vor allem dann von Bedeutung, wenn entgegen der hier vertretenen Auffassung eine in den AVB enthaltene Bestimmung (so eine der oben erwähnten) auch für die Erstattung der wAnzpfl für maßgeblich gehalten wird. Entsprechendes wird anzunehmen sein, wenn der Vordruck eine solche Klausel enthält; denn auch sein Inhalt fällt, soweit er rechtliche Regelungen trifft, unter § 11 AGBG. Umstritten ist die Wirksamkeit einer AVB-Bestimmung, die die Abgabe der Anzeigen auf besonderem Vordruck des Vers verlangt (vgl. z. B. Staudinger-Schlosser Anm. 5 zu § 11 Nr. 16; Ulmer-Brandner-Hensen Rz 5 zu § 11 Nr. 16). Die weitgehend übliche von den Interessenten auch akzeptierte Erstattung der Anzeigen auf Formularen des Vers beinhaltet indessen regelmäßig eine dahingehende Individualabrede, so daß es zumeist auf diese Streitfrage nicht ankommen wird. Denkbar ist jedoch, daß der Interessent dem Vermittler gegenüber bestimmte Krankheiten nicht angeben möchte und diese dem Ver brieflich mitteilt. Dann könnte die Frage aktuell werden, insbesondere wenn der Brief den Ver nicht oder erst nach Vertragsschluß erreicht. Vielfach wird auch vereinbart, daß die Anzeigen an eine bestimmte Stelle des Vers zu richten sind (vgl. §§ 4 Ziff. 1 NoB, 6 (1) a GrB) oder an andere, z. B. den Vermittlungsagenten nicht gerichtet werden dürfen (§ 16 S. 2 MB KK und KT). Die Wirksamkeit der beiden ersteren Bestimmungen ist, wenn sie bereits als für die Anzeigenerstattung maßgeblich angesehen werden müßten, gleichfalls im Hinblick auf § 11 Ziff. 16 AGBG zweifelhaft. Es wird die Ansicht vertreten, daß abgesehen von der Schriftform jede formale Erschwerung für Anzeigen in AGB unzulässig ist (z. B. Ulmer-Brandner-Hensen Anm. 7 zu § 11 Nr. 16; Palandt-Heinrichs Anm. 16 zu § 11 AGBG; Röhr S. 134; Staudinger-Schlosser Anm. 6 zu § 11 Nr. 16 AGBG; a. A. z. B. Löwe-von Westphalen-Trinkner Anm. 8 zu § 11 Nr. 16). Als IndividualabK 180

Wriede

I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. |F 10]

reden sind solche Vereinbarangen dagegen wirksam, so ζ. Β. wenn sie im Zusammenhang mit der Akquisition durch einen (dazu bevollmächtigten) Vermittler abgeschlossen werden. Eine Verletzung solcher Abrede wird entsprechend den obigen Ausführungen zu behandeln sein: Solange die Anzeige dem „richtigen" Adressaten — Vorstand und Hauptverwaltung des Vers sind immer „richtig" — nicht zugegangen oder auf andere Weise aktenkundig geworden ist, ist sie noch nicht wirksam. Erhält er auf andere Weise von ihrem Inhalt Kenntnis, erlischt die Anzeigepflicht, so daß er sich auf eine Verletzung der Vereinbarung nicht berufen kann. Das gleiche gilt, wenn die Anzeige einem Wissens Vertreter zugegangen ist (vgl. Bd. I Anm. 13 zu § 34 a S. 449 f., ausführlicher Anm. 3 - 1 5 zu §44 S. 1003-1012). [F 10] d) Inhalt Schrifttum: Gruneke S. 99-108; Honsell VersR 1982 S. 112-117; Kisch Hdb II S. 203-218; Klauser VersR 1953 S. 362; Koppen S. 4 3 - 5 4 ; Moser S. 3 7 - 4 2 , S. 8 9 - 9 3 ; Ohrt S. 9 8 - 9 9 ; Röhr S. 72-109; H.-D. Schmidt VersR 1986 S. 512; Tauer-Linden S. 108-111 u. 114-120.

aa) Erhebliche Gefahrumstände aaa) Begriff der Erheblichkeit Gemäß 161 sind alle dem (künftigen) Vmer, Vten oder den Gefahrspersonen (im folgenden: Interessenten) bekannten Umstände anzuzeigen, die geeignet sind, auf den Entschluß des Vers zum Abschluß überhaupt oder zu den vorgesehenen Bedingungen Einfluß auszuüben und daher nach der gesetzlichen Terminologie „ f ü r die Ü b e r n a h m e der G e f a h r e r h e b l i c h " sind (vgl. grundlegend Kisch a. a. O.). Das sind zunächst alle subjektiven und objektiven Gefahrumstände (BGH 8. VI. 1977 VersR 1977 S. 660, 661; OLG Hamm 16.1.1981 S. 953), die für die Abschätzung des vom Ver zu übernehmenden vstechnischen Risikos bedeutsam sind, ferner aber auch solche, die der sog. Vertragsgefahr zugerechnet werden, d. h. Umstände, die für die Beurteilung der Frage herangezogen werden können, ob der Ver Gefahr zu laufen droht, aus dem abzuschließenden Vertrage zu Unrecht, insbesondere auch über das gebotene Maß hinaus in Anspruch genommen zu werden (Röhr S. 76 m. w. N.; Anm. F 18). Das Erfordernis, diese Umstände anzuzeigen, beinhaltet bereits das Gebot, sie auch „richtig" anzuzeigen. Gleichwohl hat das Gesetz die unrichtige Anzeige in §§ 17 u. 18 gesondert behandelt — die letztere Vorschrift gilt nur für unterlassene, nicht für Falschanzeigen. Das erscheint verfehlt, zumal die Entscheidung darüber, ob ein gefahrerheblicher Umstand nicht oder unrichtig angezeigt wurde, oft zweifelhaft ist, ζ. B. von mehreren gleichartigen Erkrankungen wird nur eine angezeigt, nur eine unabhängig von einer Unfallverletzung eingetretene Infektionskrankheit wird angegeben (vgl. Röhr S. 169). Die E r h e b l i c h k e i t aller dieser Gefahrumstände ist a u s der Sicht des Vers zu b e u r t e i l e n , nicht aus der des Interessenten (vgl. auch LG Köln 8. XII. 1981 VersR 1982 S. 1188) oder seines Arztes. Der Ver muß nach Grundsätzen statistischer Wahrscheinlichkeit abwägen, ob der Interessent nach der mitgeteilten und der vom Ver ggf. selbst ermittelten Anamnese und den sonstigen persönlichen Verhältnissen, soweit sie auf die zu vernde und auf die Vertragsgefahr von Einfluß sein können (vgl. LG Frankfurt/M 26. V. 1954 VersR 1954 S. 483), zum Durchschnitt gleichartiger Wagnisse in bezug auf die vom Ver zu übernehmende vte Gefahr zu rechnen ist oder ein besonderes Risiko darstellt, dessen Übernahme nicht oder nur unter besonderen Bedingungen (Risikobeschränkungen, Prämienzuschläge) möglich erscheint (Schulz Wriede

Κ 181

Anm. [F 10]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

VersR 1968 S. 1036f.). Es ist in der Literatur u m s t r i t t e n , ob es für die Frage der Erheblichkeit auf den S t a n d p u n k t des e i n z e l n e n Vers ankommt — so ζ. B. Schmidt a. a. O. S. 513 — o d e r ob — so die h. M. — ein o b j e k t i v e r M a ß s t a b anzulegen ist (vgl. die Übersicht bei Röhr S. 82 — 84). Der Wortlaut des § 16 12 spricht für die erstere Ansicht (so auch BGH 28. III. 1984 VersR 1984 S. 629; 11. VII. 1984 VersR 1984 S. 855; OLG Köln 24.1.1985 RuS 1985 S. 231; Bd. I Anm. 25 zu § 16 S. 321; Anm. 14 zu § 23 S. 381): Diese Umstände müssen „geeignet" sein, „auf den Entschluß des Vers... einen Ausfluß auszuüben"; es muß m. a. W. ein Kausalzusammenhang derart bestehen, daß bei (richtiger, § 17) Anzeige der Tatsache dieser Ver den Vertrag nicht oder zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte. Danach soll es wesentlich auf die Geschäftspraxis dieses Vers ankommen (Röhr S. 85). Allerdings kann diese dem Interessenten ohne nähere Hinweise hierauf nicht bekannt sein. Er kann nicht übersehen, welche Umstände dieser Ver als erheblich ansieht (OLG Düsseldorf 6. VII. 1979 VersR 1979 S. 928 f.). Er kann sich nur nach dem ihm verständlichen Inhalt der gestellten Fragen richten. Es ist daher nach dieser Ansicht Sache des Vers, seine Fragen so detailliert zu formulieren, ferner auch seine mit der Beratung der Interessenten betrauten Bediensteten so zu informieren, daß jene nach entsprechender Unterrichtung erkennen, welche Umstände dieser Ver zu erfahren wünscht. Trotzdem erscheint die G e g e n m e i n u n g z u t r e f f e n d (wohl ebenso ÖOGH 21. X. 1982 VersR 1984 S. 900). Die Frage, welche Umstände gefahrerheblich sind, steht nämlich in innerem Zusammenhang mit der Regelung des Problems, ob eine spätere Veränderung der Gefahrslage als Gefahrerhöhung nach §§ 23 I und 27 I anzusehen ist. Würde im Rahmen der §§161, 171 auf die spezielle Praxis des betreffenden Vers abzustellen sein, so müßte das auch im Anwendungsbereich der Vorschriften über die Gefahrerhöhung gelten. Insoweit ist aber das Gesetz nicht geändert worden, als u. a. § 1612 durch die VO vom 19. XII. 1939 eingefügt wurde. Diese Diskrepanz kann nur dadurch überwunden werden, daß auch im Rahmen der wAnzpfl ein objektiver Maßstab angelegt wird. Auf der anderen Seite ist es dem Interessenten verwehrt, die gestellten Fragen aus seiner subjektiven Sicht in bezug auf ihre G e f a h r e r h e b l i c h k e i t auszulegen, insbesondere anzunehmen, daß er gewisse Umstände, die von den Fragen erfaßt werden, wegen ihrer vermeintlichen Unwichtigkeit nicht anzugeben brauche (RG 15. VI. 1928 JW 1928 S. 2128; OLG Celle 14. XI. 1957 VersR 1958 S. 618f.; OLG Frankfurt 14. V. 1974 VersR 1975 S. 632 f.; OLG Köln 13.11.1973 VersR 1973 S. 1017; OLG Düsseldorf 6. VII. 1979 S. 928 f.; Röhr S. 84; H.-D. Schmidt a. a. O. S. 512). Es können auch solche Umstände dazu gehören, die zu dem vom Ver zu übernehmenden Risiko in keinem näheren Zusammenhang zu stehen scheinen, z. B. Kriegsdienstbeschädigungen, die vom Vsschutz ausgeschlossen werden sollen (OLG Hamburg 13. II. 1953 VersR 1953 S. 190f.), bei Krankenhauskostenv auch Vorerkrankungen, die keiner stationären Behandlung bedurften. Der Ver soll sich über das zu vnde Risiko ein Gesamtbild machen können, das sich aus zahlreichen einzelnen Tatsachen zusammensetzen kann, von welchen die eine oder andere einem Laien vielleicht unwesentlich erscheinen. (OLG Stuttgart 26. VI. 1979 VersR 1979 S. 859, 860; LG Frankfurt 19. V. 1982 VersR 1983 S. 773). Gefahrumstände, die vielleicht in Zukunft zu erwarten sind, sind nicht anzuzeigen. Falls sie eintreten, können sie als Gefahrerhöhung in Betracht kommen (vgl. Anm. F 40 — F 44). Anders ist es, wenn etwa bereits bestimmte Entschlüsse für die Zukunft vorliegen, deren Verwirklichung fest beabsichtigt ist. Darin liegt bereits ein gegenwärtig vorhandener Umstand, der, falls gefahrerheblich, anzuzeigen ist, z. B. ein vorgesehener Wechsel in einen gefahrenträchtigeren Beruf (a. A. Haymann JRPV 1934 S. 178, der insoweit eine echte Rechtspflicht annimmt). K182

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I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. |F 10]

Es dient daher einmal wesentlich der Vereinfachung der rechtlichen Beurteilung, wenn gemäß § 16 I 3 die Umstände im Z w e i f e l als e r h e b l i c h anzusehen sind, n a c h w e l c h e n der Ver a u s d r ü c k l i c h u n d s c h r i f t l i c h f r a g t . Schaltet der Ver einen Arzt in die Risikoprüfung ein, so sind die von diesem gestellten Fragen solche im Sinne des § 16 13 (BGH 29. V. 1980 VersR 1980 S. 762, 763). Insoweit bedarf es der Kenntnis des Interessenten über die Erheblichkeit nicht (RG 15. VI. 1928 JW 1928 S. 2128). Allerdings ist diese Vermutung widerlegbar. Zum andern enthält diese Bestimmung eine Regelung der Beweislast zugunsten des Vers (vgl. unten und ferner im einzelnen Bd. I Anm. 28 — 30, 43 zu § 16 S. 323, 327 f.). Nach Ansicht des OLG Nürnberg (18. XI. 1976 VersR 1978 S. 57 f.) soll eine Antragsfrage rückwirkend ihre Erheblichkeit einbüßen, wenn der Ver sie in später eingeführten Fragebogen fortläßt. Das kann allenfalls ein Indiz für die Unerheblichkeit des erfragten Umstands sein, und zwar sowohl vom Standpunkt der objektiven wie der subjektiven Theorie. Wenn jedoch feststeht, daß ein Ver einen erfragten Umstand z. Zt. des Vertragsabschlusses für belanglos hält, kann er sich auch nach der objektiven Theorie später nicht gut darauf stützen, daß dieser Umstand nicht oder falsch angezeigt worden sei. Die Fragen dürfen, insgesamt betrachtet, nicht auf bloße Werturteile gerichtet sein (OLG Düsseldorf 19. X. 1982 VersR 1984 S. 1034); solche Fragen sind unbeachtlich. Die Ver bedienen sich in der Regel eines detaillierten F r a g e b o g e n s , der mit dem Vordruck für den Antrag auf Abschluß des Vsvertrages verbunden ist. Der Fragebogen ist Teil des Geschäftsplans des Vers und daher genehmigungsbedürftig (Prölss-Schmidt-Frey Rz 4 zu § 12). Das BAA hat die vom ZA herausgegebenen Richtlinien (VA 1952 S. 5; VerbB 1951 Anh. S. 31 f.) überarbeitet (VA 1971 S. 236-238; vgl. dazu Caspers VW 1980 S. 194-198 und S. 249-251). S c h r i f t l i c h k e i t im Sinne des § 16 I 3 bedeutet nicht, daß der Fragebogen vom Ver unterzeichnet sein muß (Bd. I Anm. 29 zu § 16 S. 323). Bei k u r z f r i s t i g e n Verträgen, z. B. für Auslandsreisen (vgl. hierzu Koppen S. 70 f.), wird oft kein Fragebogen verwendet. Wenn etwa in den AVB für einen solchen Vertrag vorgesehen ist, daß bestimmte Haftungsbeschränkungen nicht eingreifen, falls er aufgrund eines Antrags mit Angaben zum Gesundheitszustand abgeschlossen und im konkreten Fall kein Fragebogen vorgelegt wurde, kann angenommen werden, daß der Ver hier auf die Erfüllung der wAnzpfl verzichtet hat (vgl. auch BGH 3. XI. 1982 VersR 1983 S. 121, 122 Ii. Sp. oben). Wie in Anm. F 8 ausgeführt, hat der Interessent nicht nur die bei Antragstellung vorliegenden gefahrerheblichen Umstände a n z u z e i g e n , sondern a u c h die bis zum V e r t r a g s s c h l u ß n o c h e i n t r e t e n d e n . Insoweit liegen ausdrückliche und schriftliche Fragen (§1613) nur bei entsprechendem Hinweis im Fragebogen vor, der etwa folgenden Inhalt haben kann (VA 1971 S. 237): „Ich verpflichte mich, ärztliche Behandlungen und alle Veränderungen im Gesundheitszustand der zu vnden Personen, die bis zur Annahme dieses Antrags eintreten, dem Vorstand umgehend schriftlich anzuzeigen"

F e h l t es an einer a u s d r ü c k l i c h e n s c h r i f t l i c h e n F r a g e oder ist der Hinweis nicht deutlich, so kommt es darauf an, ob und inwieweit der Interessent die Erheblichkeit der ihm bekannten Umstände für die Entschließung des Vers erkennt (nicht etwa: erkennen mußte — vgl. § 16 11). Dabei ist zu berücksichtigen, daß ein Ver, der einen Fragenkatalog verwendet, grundsätzlich nicht erwarten kann, daß der Interessent ihm weitere Umstände mitteilt, die — objektiv gesehen — auch als gefahrerheblich gewertet werden können. Er muß vielmehr in Rechnung stellen, daß jener im Fragebogen (auch) eine Entscheidung des Vers darüber sieht, welche SachWriede

Κ 183

Anm. |F 10]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

verhalte diesem als für die zu treffende Entschließung überhaupt wissenswert erscheinen und welche nicht. Etwas anderes kann nur für solche nicht erfragten Umstände gelten, von denen sich sagen läßt, daß ihre (ungefragte) Mitteilung allgemein oder zumindest in den betreffenden Verkehrskreisen als selbstverständlich angesehen wird (BGH 24. IX. 1986 VersR 1986 S. 1089,1090; vgl. ferner OLG Hamm 7.1.1983 VersR 1983 S. 1047, 1048; OLG Karlsruhe 3. V. 1984 VersR 1986 S. 884; a. A. OLG Hamburg 15. XII. 1982 VersR 1983 S. 1052). Für die Beurteilung dieser Frage kommt es entscheidend auf die Umstände des Falles, insbesondere auf den Bildungsgrad und die Fähigkeit des Interessenten an, in die vstechnischen Überlegungen eines Vers dieser Sparte Einblick zu nehmen (vgl. ζ. B. KG 7. VII. 1928 JRPV 1928 S. 311 f.). Denkbar ist aber auch, daß der Ver auf die Erstattung der Anzeigen insoweit verzichten will, als er keine ausdrücklichen schriftlichen Fragen stellt. Die Verwendung detaillierter Fragebogen ist gerade in der PKV derart gebräuchlich, daß die Entgegennahme eines Antrags ohne Risikofragen, wie z. B. bei Verwendung von Zahlkarten für kurzfristige Verträge, für den Interessenten die Annahme rechtfertigen kann, der Ver lege auf die Erstattung der Anzeigen (und die darauf basierende Prüfung des Risikos) keinen Wert. A n s t a t t dem Interessenten G e s u n d h e i t s f r a g e n durch einen Fragebogen vorzulegen, k a n n sich der Ver eines A r z t e s bedienen. Das wird z. B. bei beantragtem Wartezeiterlaß und dann der Fall sein, wenn die Antworten Zweifel über die Gefahrslage erwecken und daher eine genauere Ermittlung erforderlich erscheint. Näheres dazu in Anm. F 24. Für die durch den Arzt mündlich gestellten Fragen nach der Anamnese gilt zwar die Vermutung des § 16 I 3 nicht. Jedoch wird sich ihre Erheblichkeit regelmäßig aus der Tatsache der ärztlichen, d. h. fachkundigen Befragung ergeben (BGH 29. V. 1980 VersR 1980 S. 762; kritisch dazu Keinert S. 162-163). Die vom Arzt erlangte Kenntnis ist dem Ver zuzurechnen (Anm. F 24). Die Befragung durch den Arzt entbindet den Interessenten nicht von der Obliegenheit, erkannte nicht erfragte Gefahrumstände anzuzeigen (BGH a. a. O.; LG Verden 30. XI. 1982 PKV Info 1983 S. 53 = VersR 1983 S. 923 - nur Leitsatz). Über die Frage der Einwilligung des Interessenten in die ärztliche Untersuchung vgl. Anm. F 26. W e n n d e r I n t e r e s s e n t anstelle einer detaillierten Beantwortung den Ver auf die E i n h o l u n g einer A u s k u n f t bei einem anderen Ver, seinem Arzt oder sonstigen Dritten v e r w e i s t , so kann das ausreichend sein, soweit der Dritte über die anzugebenden Gefahrumstände unterrichtet und zur Auskunft bereit ist (vgl. wegen des Datenschutzes Anm. F 25 — 28). Es ist dann Sache des Vers, entweder hiervon Gebrauch zu machen, auf der Beantwortung der gestellten Fragen durch den Interessenten zu beharren, den Antrag abzulehnen oder auf die Beantwortung zu verzichten, was auch stillschweigend geschehen kann. Er kann jedenfalls später nicht geltend machen, der Interessent habe die Anzeigepflicht verletzt (OLG Karlsruhe 5. III. 1959 VersR 1959 S. 605, OLG Nürnberg 2. VI. 1966 VersR 1966 S. 1132, Problematik verkannt von Wehrenberg NJW 1975 S. 816 f. und Aumüller VersR 1975 S. 890 f.). Wenn die benannte Auskunftsperson die Beantwortung verweigert (vgl. LG Kassel 6. II. 1979 VersR 1979 S. 759), muß der Ver dem Interessenten Gelegenheit geben, die betreffenden Fragen noch nachträglich zu beantworten. Wird das unterlassen und muß angenommen werden, daß der Interessent bei entsprechender Aufforderung die Angaben nachgeholt hätte, so wird man dem Ver kein Rücktrittsrecht wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht einräumen können (vom LG Kassel a. a. O. übersehen). Fehlt dem Interessenten die notwendige Übersicht über die anzuzeigenden Umstände, so muß er hierauf hinweisen, um dem Ver Gelegenheit zu geben, bei dritten Auskunftspersonen nachzufragen. Grundsätzlich K184

Wriede

I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. [F 10]

bringt indessen der Ver durch den Fragebogen zum Ausdruck, daß er vom Interessenten und nicht von Dritten die Fragen beantwortet haben will (OLG Hamburg 3. VII. 1979 VersR 1979 S. 1122). Der Verband der Privaten Krankenversicherer e. V. hat offenbar seinen Mitgliedern empfohlen, in solchen Fällen keine Auskünfte zu erteilen, sondern nur dann, wenn dies der Feststellung der Leistungspflicht dient (vgl. LG Kassel a. a. O.), eine merkwürdige Einstellung angesichts der Bedeutung, die der wahrheitsgemäßen Erfassung des Risikos von vornherein zukommt. Vielfach werden Fragen nach dem Gesundheitszustand in zeitlicher Hinsicht begrenzt; über die Bedeutung dieser Beschränkung vgl. unten. Naheliegende andere Fragen, z. B. solche nach dem psychischen Befund der Gefahrspersonen oder nach Vorstrafen, deren (positive) Beantwortung die Vertragsgefahr (Anm. F 18) betreffen könnten, werden zumeist nicht gestellt. Bisher unentdeckte Straftaten braucht der Interessent allerdings auch bei entsprechender Frage nicht zu offenbaren (BGH 24. IX. 1986 VersR 1986 S. 1089, 1090). Das Fehlen solcher Fragen schadet dem Interessenten, dem im übrigen schriftliche und ausdrückliche Fragen gestellt werden, nur im Falle arglistigen Verschweigens (§ 18). Hat der Interessent eine unrichtige Anzeige erstattet (§ 17), ist § 18 nicht anzuwenden, der sich nur auf unterlassene Anzeigen bezieht. Auch besteht dann Grund zu der Annahme, daß der Interessent die Gefahrerheblichkeit des unrichtig angezeigten Umstandes erkannt hatte (Bd. I Anm. 6 zu § 18 S. 338). Der Fragenkatalog spiegelt die Summe der Erfahrungen der Ver darüber wider, welche Umstände sie für die Beurteilung des zu übernehmenden Risikos für erheblich halten. Die gestellten F r a g e n b e d ü r f e n gelegentlich d e r A u s l e g u n g (vgl. dazu den interessanten Fall in BGH 2. XI. 1967 VersR 1968 S. 41 und ferner OLG Hamburg 15. XII. 1982 VersR 1983 S. 1052, 1053; Bd. I Anm. 40 zu § 16 S. 326 f.). Diese hat a u s der Sicht der b e f r a g t e n P e r s o n e n zu erfolgen, nicht vom Standpunkt eines objektiven Beurteilers (ebenso OLG Hamburg a. a. O.; Kisch Hdb II S. 271; Haymann a. a. O. S. 180 f.; Keinert a. a. O. S. 37). Denn diese selbst sollen ja die Subsumtion der ihnen bekannten Tatsachen unter die gerade ihnen gestellten Fragen vornehmen. Auf den ihnen bekannten Sachverhalt kommt es an. Es wäre lebensfremd, den Inhalt der Fragen nach der Auffassung eines objektiven Betrachters bestimmen zu wollen. Vielmehr müssen hier die gleichen Grundsätze gelten wie für die Auslegung von Willenserklärungen: Ihr Inhalt ist nach den dem Empfanger bekannten und erkennbaren Umständen zu bestimmen (z. B. Erman-Brox Rz 16 —19 zu § 133). Daher können sich je nach dem Bildungsgrad der Interessenten erhebliche Unterschiede ergeben. Wenn sie daher eine Frage — objektiv falsch — als auf einen Umstand A gerichtet verstehen, der nicht gegeben ist, während sie — objektiv richtig — den Umstand Β erfassen soll, der vorliegt, so ist die Fehlanzeige des Interessenten nicht unrichtig. Angesichts der Vielfalt möglicher Krankheitszustände, Gesundheitsstörungen und darauf hindeutender Symptome ist es praktisch unmöglich, alle denkbaren darauf hindeutenden Anzeichen in einem Fragenkatalog zusammenzufassen. Es muß daher als ausreichend konkrete Fragestellung angesehen werden, wenn der Ver sich mehr „gattungsmäßiger" Begriffe bedient, daher nach „Beschwerden, Krankheiten oder Unfallfolgen" fragt und hinzufügt, daß auch solche anzugeben sind, die „als unwesentlich angesehen werden" (OLG Frankfurt 17. V. 1974 VersR 1975 S. 632, 634 m.w. N.; OLG Hamburg 8. X. 1976 VersR 1977, S. 1151, 1152; OLG Düsseldorf 6. VII. 1979 VersR 1979 S. 928 f.). Die Beweislást für die Erheblichkeit eines Gefahrumstandes trifft den Ver, der Rechtsfolgen darauf stützen will, daß ein gefahrerheblicher Umstand nicht oder nicht Wriede

Κ 185

Anm. [F 11]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

richtig angezeigt worden sei. Diese Last wird durch § 16 I 3 erleichtert, indem danach ein ausdrücklich und schriftlich erfragter Umstand im Zweifel als erheblich gilt. Das muß auch im Rahmen des § 17 angenommen werden, da auch diese Bestimmung auf den „erheblichen Umstand" abstellt und sich damit insoweit auf die Definition der vorhergehenden Vorschrift bezieht (RG 28. III. 1930 RGZ Bd. 128 S. 116, 118 f.). Diese Vermutung kann aber vom Vmer widerlegt werden. Das stößt deswegen auf erhebliche Schwierigkeiten, weil er — zumal als Laie — die den Fragen zugrunde liegenden vstechnischen Erwägungen und Erfahrungen nicht kennen kann. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es — entgegen der hier vertretenen Ansicht (s. oben) — mit der h. M. auf die subjektive Beurteilung durch den angesprochenen Ver ankommen soll. Der BGH (28. III. 1984 VersR 1984, S. 629, 630) hat daher mit Recht ausgeführt, daß der Vmer seiner Darlegungs- und Beweislast in dieser Hinsicht erst dann in der prozessual erforderlichen substantiierten Form nachkommen kann, wenn zuvor der Ver vorgetragen hat, nach welchen Grundsätzen bei der Risikoprüfung zu verfahren ist (vgl. die prozessual ähnliche Situation im Falle der Verwirkung einer Forderung in BGH 19. V. 1958 NJW 1959 S. 1188). Nimmt der Ver einen nur z. T. beantworteten Fragebogen ohne Rückfrage entgegen, so entfallt insoweit die Vermutung des § 16 I 3 (OLG Frankfurt 13. X. 1966 NJW 1967 S. 680, 682 a. E.). [F 11) bbb) Erläuterungen durch den Ver oder seine Agenten Schrifttum: Haymann DÖ1W 1934 S. 131-135; Ohse VersWissArch Bd. 48 S. 455-463; Pest, Die Tätigkeit des Vermittlungsagenten im Privatvswesen beim Vertragsschluß und ihre Auswirkungen auf die Rechtsbeziehungen zwischen Ver und Vmer, Kölner Dissertation 1939; Süß VersR 1952 S. 185, 187 f.

Erläuterungen eines Vermittlers des Vers darüber, wie einzelne Fragen im Katalog zu verstehen sein sollen, sind nach den Grundsätzen zu beurteilen, die für die Haftung des Vers für Agentenauskünfte entwickelt worden sind (Anm. C 16 S. Κ 59 — 60). Auskünfte über Erkrankungen und dgl. kann nur die befragte Gefahrsperson selbst geben. Deren Bewertung in bezug auf ihre Gefahrerheblichkeit durch den Agenten soll den Ver nach Ansicht des OLG Braunschweig (30. XI. 1966 VersR 1967 S. 51; 6.V. 1969 VersR 1969 S. 122, 123) nicht binden. Das ist mit jenen Grundsätzen unvereinbar. Das OLG (ebenso OLG Bamberg 30. VI. 1966 VersR 1967 S. 51, 53) übersieht, daß der Agent über den Begriff der Gefahrerheblichkeit eine falsche Auskunft erteilt hatte. Das wäre für den Ver nur dann nicht bindend gewesen, wenn der Interessent ihre Unrichtigkeit erkannt oder mit nicht nur geringem Eigenverschulden hätte erkennen müssen (OLG Köln 13. XII. 1954 VersR 1955 S. 75, 76; OLG Hamburg 25. V. 1970 VersR 1970 S. 1147, 1148). Leichte Fahrlässigkeit wird ihm daher in der Regel in dieser Hinsicht nicht schaden (anders im Rahmen der §§ 16 III, 17 II jeweils 2. Alt.). In den Fragebögen ist auf Weisung des BAA (VA 1971 S. 236, 238) vielfach der Hinweis enthalten Der Vermittler ist nicht berechtigt, über die Bedeutung oder Erheblichkeit der in diesem Antrag gestellten Fragen verbindliche Erklärungen namens des Vers abzugeben.

Die Wirksamkeit und Tragweite dieses Hinweises, der vom OLG Düsseldorf (6. VII. 1979 VersR 1979 S. 928 f.) ohne nähere Begründung als beachtlich angesehen wird, erscheint zweifelhaft. Die Ver bezwecken damit für diesen Bereich eine Einschränkung ihrer „Haftung für Agentenauskünfte" (Anm. C 16 S. Κ 59). Man könnte zur Rechtfertigung an eine analoge Anwendung des § 47 S. 1 denken, wonach der Ver die in §§43 — 46 normierte Vertretungsmacht seiner Agenten einschränken kann. Das setzt voraus, daß die durch Gewohnheitsrecht begründete „Haftung" des Vers auf einer Ermächtigung der Agenten beruht, die jener Vertretungsmacht vergleichbar K186

Wriede

I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. [F 11]

an die Seite gestellt werden kann. Das wird man grundsätzlich annehmen können — Literatur und Rechtsprechung behandeln diese Frage, soweit ersichtlich, nicht —, kann doch diese „Haftung" im Einzelfall für den Ver erheblich schwerwiegender sein als die Verantwortlichkeit, die durch Maßnahmen erzeugt wird, die ein Agent im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht vornimmt. Man denke nur an den Fall, daß ein Vermittlungsagent eine unrichtige Belehrung über die Bedeutung einer Gesundheitsfrage gibt und damit das vom Ver zu übernehmende Risiko — diesem unerkannt — erheblich erweitert, im Ergebnis also einen Abschluß herbeiführt, zu dem — außer sonstigen Bevollmächtigten des Vers — allenfalls ein Abschlußagent ermächtigt gewesen wäre. Wenn schon die eng begrenzte gesetzliche Vertretungsmacht der Agenten beschränkbar ist (vgl. dazu Bd. I Anm. 3 zu § 47 S. 1101 f.), müßte, so könnte argumentiert werden, ihre Vertretungsmacht, die gestellten Fragen aufgrund des Gewohnheitsrechtsatzes zu interpretieren, erst recht beschränkbar sein. Dem stehen aber erhebliche Bedenken entgegen: Die „Ware" V ist für einen abschlußwilligen Durchschnittsbürger nur schwer erfaßbar. Sie bedarf der Erläuterung durch einen Fachmann. Hierfür setzen die Ver in erster Linie ihre Agenten ein. Sie haben bei der Vertragsanbahnung mit anderen Worten einmal die Aufgabe, den Interessenten mit dem Inhalt dessen vertraut zu machen, was er zu „erwerben" beabsichtigt, und zum anderen den dahin führenden — im Unterschied zu anderen Geschäften des täglichen Lebens — jedenfalls bei der PKV angesichts des umfangreichen Fragebogens zumeist recht umständlichen Weg zu verdeutlichen (vgl. RG 19.1.1915 RGZ Bd. 86 S. 128, 132). Soweit sie sich dabei im Rahmen des objektiven Inhalts der Antragsfragen halten, entstehen keine Probleme. Wenn jedoch Unklarheiten bestehen oder — was häufiger der Fall sein wird — wegen der besonderen Fallgestaltung bei einzelnen Interessenten Subsumierungszweifel auftreten, ist der Agent die vom Ver entsandte und mit der Lösung gerade dieser Aufgabe betraute Auskunftsperson. So muß jedenfalls der Interessent die Funktion des Agenten in der Regel verstehen. Dann ist es aber nicht angängig, sondern ein venire contra factum proprium, wenn der Ver die Verantwortung für die von seiner Auskunftsperson gegebenen Erläuterungen schlechthin ablehnen könnte, und zwar auch dann wenn den Interessenten kein Verschulden in bezug auf das Erkennen der Unrichtigkeit der erteilten Auskunft trifft. Die Rechtswirksamkeit der oben zitierten Klausel ist daher zumindest höchst zweifelhaft. Die gängige Praxis der Gerichte ist gegenteiliger Ansicht, begründet diese aber nicht (z. B. LG Kassel 6. II. 1979 VersR 1979 S. 759, 760; OLG Düsseldorf 6. VII. 1979 VersR 1979 S. 928 f.). Sie geht jedenfalls nicht auf die Frage ein, ob die genannte Einschränkung der Befugnisse des Agenten auch dann rechtens ist, wenn solche Subsumierungs- oder Auslegungszweifel entstehen. Angesichts der erwähnten Eigenart der „Ware" V ist der Ver vielmehr schon bei der Vertragsanbahnung als verpflichtet anzusehen, dem Interessenten bei auftretenden Zweifeln die erforderlichen Belehrungen zu erteilen. Die Aufgabe seiner Agenten kann sich nicht darin erschöpfen, dem Interessenten einen Fragebogen zu präsentieren, ihm die Vorzüge seines Vers zu schildern und den ausgefüllten Fragebogen wieder entgegenzunehmen. Vielmehr darf ein Interessent, wenn der Ver ihn schon persönlich (durch seinen Agenten) „bedient", erwarten, daß dieser ihm auch die richtigen Auskünfte erteilt. Es handelt sich dabei um eine — schon vor Vertragsabschluß zu beachtende — sog. vertragstypische Nebenpflicht des Vers (so schon RG 31.1.1941 DR 1941 S. 1210, 1213; ferner BGH 31.1.1962 NJW 1962 S. 1196, 1197 f.), die unter § 9 (2) Ziff. 2 AGBG fallt. Ihr Ausschluß würde die Erreichung des Vertragszwecks, nämlich die störungsfreie Deckung des Interessenten gegen die vorgesehenen Gefahren, gefährden, d. h. „das als Ziel der Vertragsdurchführung angestrebte wirtschaftliche Ergebnis Wriede

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Anm. [F 12]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

nur mit wesentlichen Einschränkungen" erreichen (Ulmer-Brandner-Hensen Rz 5 zu § 9). Die Klausel hält daher — jedenfalls in dem hier aufgezeigten engen Rahmen — einer Nachprüfung nach dem AGBG nicht stand (Schlosser-Coestler/WaltjenGrabe Rz 37 zu § 9; ebenso im Ergebnis, allerdings nur im Sinne einer möglichen Entlastung des Vmers von einem Schuldvorwurf, Bd. I Anm. 22 zu §44 S. 1017 f.; Keinert S. 165 f.). Sie bezieht sich im übrigen nach ihrem Wortlaut nicht auf die Erläuterung des Begriffs der Gefahrerheblichkeit. Ein unredliches Verhalten des Agenten in dieser Hinsicht kann den Ver ferner zum Schadensersatz wegen Verschuldens beim Vertragsschluß verpflichten (vgl. Anm. D 15 S. Κ 58f.; wohl ebenso LG Itzehoe 6. XI. 1980 VersR 1981 S. 1069f.). Beide Haftungen bestehen nebeneinander (OLG Köln 28. XI. 1985 RuS 1986 S. 195). Von der vorstehend behandelten Frage ist die andere zu unterscheiden, welchen Einfluß auf die Rechtslage das Verhalten des Vermittlers hat, wenn die mit der Anzpfl belasteten Personen (Anm. F 5) die v e r e i n b a r t e S c h r i f t f o r m oder die gemäß § 47 e i n g e s c h r ä n k t e E m p f a n g s v o l l m a c h t — diese als gegeben unterstellt (Anm. F 6) — m i ß a c h t e n . Die vielfach geäußerte Ansicht, eine (gleichsam spontan zu erwartende) unterbliebene oder unrichtige Belehrung durch den Vermittler in dieser Hinsicht könne die Anzpflichtigen exkulpieren, würde bewirken, daß die formungültige oder wegen mangelnder Empfangsvollmacht nicht wirksam zugegangene Anzeige dem (späteren) Vmer nicht schadet. Damit würde im Ergebnis § 44 unterlaufen, wonach die Kenntnis des Vermittlers (die in diesen Fällen ja gegeben wäre) der des Vers nicht gleichsteht. Dieser Meinung kann daher nicht gefolgt werden (so mit Recht Keinert S. 9 3 - 9 6 im Anschluß an Bd. I Anm. 14 zu §47 S. 1108 oben und Anm. 35 zu § 44 S. 1025). [F 12] ccc) Beantwortung der gestellten Fragen Wenn im Fragebogen nach „Krankheiten" oder „Beschwerden" gefragt wird, ist, da die Fragen aus der Sicht des Interessenten zu beurteilen sind (Anm. F 10), n i c h t ein o b j e k t i v e r , a l l g e m e i n g ü l t i g e r K r a n k h e i t s b e g r i f f (Gruneke S. 101; Näheres dazu in Anm. G 6) m a ß g e b l i c h , sondern das, was ein verständiger Interessent bei objektiver Betrachtung darunter verstehen durfte. Fragen nach durchgeführten (zahn)ärztlichen Behandlungen sind erschöpfend zu beantworten (OLG Düsseldorf 19. X. 1982 VersR 1984 S. 1034; LG Düsseldorf 23. III. 1984 VersR 1984 S. 1062; LG Köln 8. XII. 1981 VersR 1982 S. 1188; H.-D. Schmidt VersR 1986 S. 512). Die Bezeichnung von Infekten als „Grippe" kann aus dem Verständnis eines medizinisch wenig versierten Interessenten ausreichend sein (LG Köln 19. IX. 1979 VersR 1980 S. 713). Die Fragen sind auf Tatsachen zu richten, nicht auf Werturteile; Fragen dieser Art sind unbeachtlich (OLG Düsseldorf 19. X. 1982 VersR 1984 S. 1034; Bd. I Anm. 29 zu § 16 S. 323). Erbetene Auskünfte über den Gesundheitszustand beinhalten ein erhebliches subjektives Moment. Indessen sind auch die (subjektiven) Empfindungen des Betroffenen, ζ. B. die Frage nach Beschwerden, Tatsachen, über die Auskunft erbeten werden kann, insbesondere verstößt eine solche Frage nicht gegen das AGBG (LG Köln 8. II. 1981 VersR 1982 S. 1188). Werturteile erfordern dagegen eine subjektiv bestimmte Einordnung von Tatsachen unter davon abstrahierende Begriffe. Fragen nach Krankheitssymptomen sind berechtigt, weil sie auf bestehende oder in der Entstehung begriffene Krankheiten hinweisen können (OLG Frankfurt 14. V. 1974 VersR 1975 S. 632, 633; LG Oldenburg 7. XII. 1954 VersR 1955 S. 164; Prölss VersR 1954 S. 153; VerbB 1954 S. 59). Keine Frage liegt vor, wenn dem Interessenten angesonnen wird, eine vorgedruckte Erklärung zu unterschreiben, wonach er über einen guten Gesundheitszustand verfüge (RG 18. X. 1927 RGZ Bd. 118 S. 217 f.). Auf die Frage, ob der Interessent sich gesund fühle oder vollkomK188

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I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Amn. [F 13]

men gesund sei, sind ggf. nicht nur ausgeprägte oder festgestellte Krankheiten oder Unfallfolgen anzugeben, sondern auch subjektiv empfundene Beschwerden, die das allgemeine Wohlbefinden nicht nur vorübergehend beeinträchtigen (OLG Frankfurt 13. X. 1966 NJW 1967 S. 680, 681). - Anstelle von Antworten auf Gesundheitsfragen kann der Interessent auf einen Bericht seines Arztes verweisen, der alle erbetenen Auskünfte enthält (OLG Hamm 4. V. 1984 VersR 1984 S. 979). Nach Ansicht des OLG München (28. III. 1985 VerbB 1985 S. 42) soll der Ver nicht gehalten sein, lückenhafte Angaben des Interessenten zu überprüfen. Das ist nicht bedenkenfrei: Der Ver mag grundsätzlich nicht verpflichtet sein, die Richtigkeit der Angaben in jedem Falle zu überprüfen. Wenn aber die gestellten Fragen nur teilweise oder sonst lückenhaft beantwortet werden und der Ver daran — etwa durch Rückfrage — keinen Anstoß nimmt und den Vertragsantrag akzeptiert, muß angenommen werden, daß er insoweit auf die Erfüllung der wAnzpfl verzichtet (ebenso ÖOGH 1. III. 1979 VersR 1981 S. 568; Haymann a. a. O. S. 180). S t r i c h e a n s t e l l e von A n t w o r t e n werden zumeist als Verneinung gewertet (OLG München 30. XII. 1976 VersR 1977 S. 539, 540; LG Wuppertal 15. X. 1953 VersR 1953 S. 473; Bd. I Anm. 41 zu § 16 S. 327; Röhr S. 129), teilweise wird auch Nichtbeantwortung angenommen (KG. 9. VII. 1919 VA 1920 Nr. 1116 Anh. S. 4; Prölss-Martin Anm. 6 zu §§ 16,17). Es kommt auf die Umstände des einzelnen Falles an. Ohne nähere Anhaltspunkte wird man auf Verneinung schließen müssen (ausführlich hierzu Keinert a. a. O. S. 98-126). Soweit der Interessent auf die Fragen mit eigenen Worten eingeht, sind die A n t w o r t e n gelegentlich a u s l e g u n g s b e d ü r f t i g . Es kommt dabei — ebenso wie bei Willenserklärungen — auf den sogenannten „Empfangerhorizont" an, d. h. darauf, wie ein Ver — „objektiviert" — die Anzeigen nach den ganzen Umständen verstehen durfte (§ 133 BGB analog, BGH 1. II. 1968 VersR 1968 S. 293, 294; vgl. Anm. F 4). Wegen des Kreises der als Empfänger in Betracht kommenden Personen vgl. Anm. F 6. Zweifelhaft ist die Rechtslage, wenn jene Umstände nur dem Vermittlungsagenten, nicht aber dem eigentlichen Adressaten bekannt sind, wenn etwa die Sachschilderung des Interessenten gegenüber dem Agenten in gleichsam zusammengefaßter Form als Antwort in den Fragebogen eingeht. Folgt man der in Anm. F 6 vertretenen Ansicht, daß ein Vermittlungsagent nur zur Entgegennahme des Vertragsantrags, nicht aber der wAnz bevollmächtigt ist, so ist zwar bei der A u s l e g u n g des V e r t r a g s a n t r a g s auch auf die K e n n t n i s des A g e n t e n abzustellen (OLG Hamburg 17. IX. 1964 VersR 1965 S. 276; Soergel-Schultze/v. Lasaulx Rz8 zu § 166), n i c h t a b e r bei der Anzeige. Auf dem Boden der h. M., wonach der Agent auch zur Entgegennahme dieser Anzeigen bevollmächtigt ist, ist dagegen seine Kenntnis dem Ver zuzurechnen; § 44 gilt insoweit nicht (Bd. I Anm. 10 zu § 44 S. 1007). Der Interessent kann sich auf seine unzulängliche Kenntnis der deutschen Sprache und/oder falsche Wiedergabe seiner Antworten durch den Vermittler, die auf sprachliche Mißverständnisse zurückzuführen ist, nicht berufen. Vielmehr muß der Ver sich darauf verlassen können, daß auch ein Ausländer eine rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Erklärung nur in Kenntnis ihrer Bedeutung abgibt (LG Berlin 20. II. 1969 VersR 1969 S. 845; AG Siegen 24. VIII. 1979 VersR 1980 S. 326). [F 13] ddd) Einteilung der gefahrerheblichen Umstände „Die Gefahrumstände, die geeignet sind, auf den Entschluß des Vers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, einen Einfluß auszuüben" (§16 1 2), lassen sich in der PKV in 3 Gruppen einteilen: Wriede

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Anm. (F 14]

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α) Tatsachen aus dem Bereich des Gesundheitszustandes der Gefahrsperson (Anm. F 14-16), β) Tatsachen, die daneben den persönlichen Lebensbereich der Gefahrsperson betreffen und Ursache dafür sein können, daß Heilbehandlung notwendig wird und/ oder Arbeitsunfähigkeit eintritt (Anm. F 17); Heilbehandlung umfaßt unter bestimmten Voraussetzungen auch Vorsorgeuntersuchungen — vgl. § 1 (2) b MB KK — und ferner rein diagnostische Maßnahmen (Anm. G 7), γ) Umstände, die in der Persönlichkeit der Gefahrsperson und/oder des aus dem Vertrage Anspruchsberechtigten begründet sind, nämlich Eigenschaften, die bei diesen Personen den Entschluß entstehen lassen können, ohne entsprechenden oder vermeintlichen tatsächlich gar nicht bestehenden Anlaß Heilbehandlung überhaupt, ggf. in größerem als dem gebotenen Umfang in Anspruch zu nehmen, Arbeitsunfähigkeit zu Unrecht vorzugeben oder gar vorzutäuschen (subjektives Risiko, Vertragsgefahr, Anm. F 18). Alle diese Umstände und damit nicht nur solche, die auf den Gesundheitszustand Bezug haben, sind für die Entschließung des Vers von Bedeutung (vgl. auch Gruneke S. 101). Im einzelnen: (F 14] α) Gesundheitsfragen, Beispiele aus der Rechtsprechung Diese Fragen beziehen sich einerseits auf frühere Erkrankungen, Unfälle, dahingehende Verdachtsmomente, die etwa Untersuchungen oder Behandlungen veranlaßt haben, auf aufgetretene Beschwerden oder Störungen des Wohlbefindens (Senger VersR 1968 S. 545 f.), die — ebenso wie Symptome, die nach der Lebenserfahrung auf (beginnende) Krankheiten schließen lassen können (vgl. OLG Frankfurt 14. V. 1974 VersR 1975 S. 632, 634; Bd. I Anm. 16 zu § 16 S. 320; Prölss-Martin Anm. 1 zu §§ 16, 17) — nicht notwendig auf krankhafte Veränderungen hindeuten. Bei alledem kommt es nicht darauf an, daß der Interessent die in Betracht zu ziehenden Umstände objektiv richtig bezeichnet, vielmehr ist es nur erforderlich, daß er die Art seiner Erkrankungen, Beschwerden Anomalien und dgl. mit seinen Worten beschreibt (OLG Nürnberg 28. II. 1985 VersR 1986 S. 569). Der Begriff der „Gesundheitsstörung" geht über den KrankheitsbegrifT hinaus und umfaßt alle gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die nicht nur belanglos sind und rasch vergehen, auch wenn die Ursache ungeklärt ist (OLG Frankfurt/M 6. XI. 1985 VA 1986 S. 180). Andererseits kommt es auf den Gesundheitszustand bis zum Vertragsschluß an (vgl. Anm. F 7 und F 8). Dabei sind die gleichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Auf den f r ü h e r e n Z u s t a n d beziehen sich die geforderten Angaben über in der Vergangenheit eingetretene Erkrankungen, Unfälle, Beschwerden und ihre evtl. Behandlung. Diese Fragen sind lückenlos zu beantworten, damit der Ver sich ein Bild vom damaligen Gesundheitszustand des Interessenten machen kann (OLG Frankfurt 19. V. 1982 VersR 1983 S. 773). Das gilt vor allem für durchgeführte stationäre Behandlungen, auch wenn sie nur der Beobachtung und/oder der Diagnose gedient haben (a. A. OLG Hamm 8. VII. 1987 RuS 1987 S. 295 - bedenklich, da der Anlaß zur Untersuchung für die Beurteilung späterer Befunde bedeutsam sein kann), für Operationen, und zwar auch dann, wenn sie ärztlich empfohlen, aber nicht vorgenommen wurden, für Röntgentiefentherapie und Behandlung mit radioaktiven Strahlen oder Stoffen, für Heilkuren und Überwachung durch Gesundheitsbehörden sowie durchgeführte Blutuntersuchungen, insbesondere wegen einer HIV-Infektion. Die letztere Frage will das BAA nur zulassen, wenn der Ver eine geschäftsplanmäßige Erklärung abgibt, wonach Rechtsfolgen aus unrichtigen Antworten nur dann gezogen werden dürfen, wenn es um Befunde aus den letzten 5 Jahren geht (A. S. ZfV 1988 S. 66). K l 90

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I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. [F 15]

Meistens werden die auf die Vergangenheit bezüglichen Fragen ohnehin auf diesen Zeitraum beschränkt. Davon ausgenommen werden vielfach solche nach stationären Behandlungen, Operationen, Röntgen- und Radiumbestrahlungen. Nach der Auslegungsregel des § 16 I 3 sind dann insoweit nur die ohne zeitliche Begrenzung erfragten Umstände im Zweifel erheblich. Sie können es gleichwohl sein, so wenn ζ. B. eine Gesundheitsstörung stationär behandelt werden sollte, dies aber aus besonderen Gründen unterblieb. Ihr Verschweigen schadet dem Vmer nur, wenn er arglistig handelt (§ 18, vgl. auch Gruneke a. a. O. S. 105 f.). Die Fragen nach dem g e g e n w ä r t i g e n Z u s t a n d betreffen das (Noch)bestehen von Krankheiten, Unfallfolgen, Beschwerden, körperlichen und/oder geistigen Anomalien — darunter auch Kriegsdienst- und/oder Unfallschäden und deswegen evtl. gegebenem Rentenbezug —, von körperlichen Mißbildungen, Fehlen von Zähnen, das Vorliegen von Parodontose. Es werden Angaben erbeten über das Benutzen von Prothesen und anderer Hilfsmittel, über das Sehvermögen, Größe, Gewicht, Lebensalter und Beruf. Es soll mitgeteilt werden, ob die Gefahrsperson laufend Medikamente einnimmt, eine Diät einhält und ob Schwangerschaft besteht. Allgemein wird danach gefragt, ob sie sich z. Zt. gesund fühlt. Es fallt auf, daß Fragen nach dem psychischen Befund fast vollständig fehlen, obwohl negative Umstände dieser Art vielfach Ursache für Erkrankungen und bedeutsam für das subjektive Risiko sind. Angesichts der Vielzahl möglicher Krankheitsbefunde und der darauf hindeutenden Symptome ist es praktisch unmöglich, alle denkbaren Umstände dieser Art konkret zu erfragen. Die daher mehr allgemein gehaltenen Auskunftsersuchen sind für ausreichend zu halten (vgl. Anm. F 10 a. E.). [F 15] αα) Anzeigepflichtige Umstände Aus der besonders umfangreichen Rechtsprechung aus dem Bereich unterlassener oder falscher Beantwortung von Gesundheitsfragen mögen die folgenden Entscheidungen angeführt werden, die ζ. T. die Lebens- und auch die Unfallv betreffen: Als a n z e i g e p f l i c h t i g sind b e u r t e i l t worden: - Nieren- und Steinleiden (KG 11.11.1931 JRPV 1931 S. 148; OLG Stuttgart 5. II. 1952 VersR 1952 S. 348), - Nervenschmerzen, insbesondere in der Herzgegend (KG 19. IX. 1933 JRPV 1934 S. 45), - Kaubeschwerden wegen nicht verheilter Kieferverletzung (LG Düsseldorf 7. VII. 1950 VersR 1950 S. 179), - Blasenerkrankung und -operation (LG Münster 29. IX. 1951 VersR 1952 S. 115), - Asthma (AG Aschaffenburg 20. VI. 1952 VersR 1952 S. 365), - Kriegsverletzung, auch wenn Leistungen dafür ausgeschlossen (OLG Hamburg 13. II. 1953 VersR 1953 S. 190 f.), - Krankenhausbehandlung wegen erheblicher Magenbeschwerden (LG Frankfurt 14.1. 1953 VersR 1953 S. 73), - Lungen- und Rippenfellentzündung mit Rippenresektion (LG Lübeck 13. V. 1953 VersR 1953 S. 395), - Röntgenbestrahlungen (OLG Celle 13. IV. 1953 VersR 1953 S. 234), - Krankenhausbehandlung wegen Magenkrebs (LG Landshut 5. V. 1953 VersR 1953 S. 393 — wegen Lebensv), - Operation wegen Brustkrebs (LG Hamburg 3. II. 1954 VersR 1954 S. 171), - Unterleibsoperation (AG Hamburg 11. II. 1954 VersR 1954 S. 350), - Rheuma und Gallenblasenerkrankung (LG Frankfurt 26. V. 1954 VersR 1954 S. 483), Wriede

Κ 191

Anm. [F 15]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

- Dauerschnupfen (AG Koblenz 23. VI. 1954 VersR 1954 S. 505), - Mandelentzündung (OLG Celle 24. V. 1954 VersR 1954 S. 453 - wegen Lebensv), — Gallenblasenentzündung, Diabetes, Magenerkrankung (LG Wiesbaden 17. IX. 1954 VersR 1954 S. 578), - Bauchoperation (LG Dortmund 31. X. 1955 VersR 1956 S. 82), — Herzkranzverengung, Kur wegen Herzleiden (LG München 20. VII. 1955 VersR 1956 S. 110), - Thyreotoxikose, Arthrosis deformans (LG Köln 2. VII. 1957 VersR 1957, S. 635), - Rheuma (OLG Celle 5.1.1959 VersR 1959 S. 461), — Unfallverletzung, Grippe, Kniegelenk- und Thoraxprellung (LG Berlin 2. X. 1958 VersR 1959 S. 41 f.), — Schmerzen in „Leber- und Gallenblasengegend" (AG Berlin-Schöneberg 24. XI. 1959 VA 1960 Nr. 262 S. 172), — ständige starke Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit (LG Flensburg 27. VIII. 1963 VersR 1963 S. 1213 f.), — Blähungen, Völlegefühl, durchfallartiger Stuhlgang (LG Landau 9. IV. 1964 VersR 1964 S. 1228), - anacide Gastritis (LG Kaiserslautern 20. V. 1964 VersR 1964 S. 1285), — Gallenblasenentzündung, Ekzeme, Krampfadern (LG Köln 29. VI. 1965 VersR 1965 S. 870), — Skoliose, Osteochondrose, Spondylose der Hals- und Lendenwirbelsäule (LG Hamburg 11. II. 1966 VersR 1966 S. 460), — Verschlechterung des Allgemeinbefindens (OLG Hamm 5. IV. 1966 VersR 1967 S. 391), - Asthma, Leberzellenschaden (LG Freiburg 6. IV. 1966 VersR 1968 S. 39), — Kieferhöhlenvereiterung, Herzbeschwerden (OLG Bamberg 30. IX. 1966 VersR 1967 S. 51), — vegetative Dystönie, klimakterische Depressionen (LG Bielefeld 11. VII. 1967 VersR 1968 S. 84), - Herzleiden (LG Münster 25. X. 1966 VersR 1968 S. 743; LG Berlin 25. IX. 1966 VersR 1967 S. 1144; KG 28. XI. 1967 VersR 1968 S. 546), - Verdacht auf Appendicitis (LG Köln 18. X. 1967 VersR 1968 S. 662), — Unterleibsbeschwerden, grippaler Infekt, vegetative Dystönie (OLG Nürnberg 8.1.1968 VersR 1969 S. 369, - Verdacht auf Lungentbc (LG Braunschweig 19. VI. 1968 VersR 1969 S. 150), - Gastritis, Malaria tertiana (KG 18. IX. 1968 VersR 1969 S. 53), — Lungengeschwulst (LG Braunschweig — ohne Datumsangabe — ZfV 1969 S. 195), - Coxarthrose bei Hüftdysplasie (LG Berlin 20. II. 1969 VersR 1969 S. 845), — hypotone Regulationsstörungen mit cerebralen Durchblutungsstörungen, Spasmus im linken Harnsystem, Schädelbruch (LG Braunschweig 8.V. 1969 VersR 1971 S. 122), — Lebererkrankung, Herz- und Kreislaufbeschwerden (OLG Hamburg 25. V. 1970 VersR 1970 S. 1174), - Lumbago acuta (LG Berlin 25. II. 1971 VersR 1971 S. 830), - Magenbeschwerden (OLG Hamburg 8. VII. 1971 VersR 1971 S. 902), - Mastdarmgeschwulst (LG Kiel 9. V. 1972 VersR 1973 S. 757), — dyspepsische Beschwerden, Mandelentzündung, Muskelhärte (OLG Köln 23. II. 1973 VersR 1973 S. 1017), - Nierenstein bei ambulanter Behandlung (OLG Hamm 16. III. 1973 VersR 1973 S. 834), K192

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I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. |F 15]

— wiederholt auftretende Schwellungen und Schmerzen in Gelenken (OLG Koblenz 20. XII. 1973 VersR 1975 S. 34), — ziehende Schmerzen im Oberbauch, Sehnenscheidenentzündung (AG Krefeld 22. II. 1973 VersR 1973 S. 1033), — Herz- und Kreislaufbeschwerden (OLG Köln 31.1.1974 VersR 1974 S. 849), — Lumbagoanfälle (OLG Frankfurt 14. V. 1974 VersR 1975 S. 633), — Gastroduodenitis, Ulcus duodeni, chronisch rezidivierende Pankreatitis (OLG Düsseldorf 12. IX. 1974 VersR 1975 S. 1019), — chronisch rezidivierende Cholezystopathie, Pankreopathie (LG Hannover 29. XI. 1974 VersR 1975 S. 797), — Herz- und Kreislaufbeschwerden, Blutdruckschwankungen (OLG Hamburg 8.X. 1976 VersR 1977 S. 1151), — Halswirbelsäulensyndrom (OLG Düsseldorf 28. VI. 1977 VersR 1977 S. 1095), — längere (als angezeigte) Arbeitsunfähigkeit, Hypertonie, Lumbalgie, Gastralgie, vegetative Dystönie, häufige Röntgenuntersuchungen (LG Berlin 17. V. 1977 VersR 1978 S. 273), — Fistel, Neigung zu Akne, leichte Herzbeschwerden (LG Hamburg 15. VI. 1977 VersR 1979 S. 928 f.), — Proteinurie, Kniegelenkbeschwerden, Gonorrhöe, Kreislaufregulationsstörungen, vertebragen bedingte Lendenschmerzen (AG Altötting 5. XII. 1978 VersR 1979 S. 1024), — Gehirnerschütterung, Virusenteritis, akute Nephrititis, Lumbago (OLG Hamburg 3. VII. 1979 VersR 1979 S. 1122), — Cerebrale Durchblutungsstörungen, Verdacht auf leichten Schlaganfall (OLG Düsseldorf 6. VII. 1979 VersR 1979 S. 928 f.), — stationäre und ambulante Behandlung wegen Unfallfolgen (OLG Köln 4. XII. 1980 VersR 1982 S. 1092), — Gicht, Leberschaden, Erhöhung der Blutfettwerte, Bluthochdruck, Neigung zu Diabetes (OLG Hamm 13. XII. 1978 VersR 1980 S. 135 f.), — Gastritis, Magenbeschwerden (LG Kassel 6. II. 1979 VersR 1979 S. 759), — geringer Bluthochdruck (LG Köln 11. VI. 1980 VersR 1981 S. 670 - nicht unbedenklich), — 81tägige stationäre Behandlung (LG Berlin 18. XI. 1980 VerbB 1981 S. 43), — Gehirnerschütterung (anstatt angezeigter Kopfprellungen) (OLG Hamm 21. XI. 1980 VersR 1981 S. 829 - Unfallv), — Blutspuren im Urin (LG München 12.1.1981 VerbB 1981 S. 43), — Magenbeschwerden (AG Hamburg 24. II. 1981 VersR 1981 S. 744), — Leibbeschwerden (AG Landshut 20. XI. 1981 VersR 1983 S. 51), — stationäre Behandlung wegen nervöser Erschöpfungszustände und psychovegetativen Syndroms (LG Ellwangen 28. VII. 1981 VersR 1982 S. 1162), — Hämorrhoiden (LG Köln 2. XI. 1981 VersR 1983 S. 29 f.), — langjährige Alkoholabhängigkeit mit Beeinträchtigung des Wohlbefindens (AG Nürnberg 25. II. 1982 VersR 1982 S. 1163), — Nierensteine (AG Köln 22. III. 1982 VersR 1984 S. 729 - nur Leitsatz), — stationäre und ambulante Behandlung wegen Herz- und Lungenleiden (OLG Hamm 26. III. 1982 VersR 1982 S. 1072), — mehrfache „Hexenschüsse" mit Arbeitsunfähigkeit (OLG Hamm 2. VI. 1982 VersR 1983 S. 974), — Lungensyndrom, Lumbago, postoperative Infarktpneumonie (AG Mannheim 28. VIII. 1982 VersR 1983 S. 773), — Nierenkoliken, Bronchialbeschwerden, Hypertonie, leichte Herzinsuffizienz (OLG Düsseldorf 19. X. 1982 VersR 1984 S. 1034) Wriede

Κ 193

Anm. [F 15]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

— Gonarthrose, Osteospondylose, Leberschäden, Gastritis, Neuralgien (LG Verden 30. XI. 1982 VersR 1983 S. 923), — Augenschmerzen trotz 18monatiger Behandlung (AG Berlin-Schöneberg 11.1.1983 VersR 1983 S. 949), — Schilddrüsenerkrankung, medikamentös behandelt (OLG Köln 3. III. 1983 VersR 1983 S. 1125), — regelmäßige nächtliche Behandlung bei unbekannter Diagnose (OLG Frankfurt 11. III. 1983 VersR 1983 S. 1126), — seit Jahren ärztlich kontrollierter Bluthochdruck (OLG Hamm 8. IV. 1983 VersR 1984 S. 958), — postoperative Nachschau im Krankenhaus (OLG Frankfurt 13. X. 1983 VersR 1984 S. 1062), — nicht eindeutig einer bestimmten Krankheit zugeordnete langjährige Beschwerden (OLG Hamm 21. X. 1983 VersR 1984 S. 728), — Blinddarmentzündung, Ödembildung an Extremitäten (AG Warendorf 6.1.1984 VersR 1984 S. 839), — Hexenschuß (LG Berlin 15. XII. 1983 VersR 1984 S. 730), — Hypertonie, Bezeichnung einer Behandlung als „Erschöpfung" statt richtig als „Angstzustände" (KG 24. II. 1984 VersR 1985 S. 331), — Magenbeschwerden, die eine Röntgenuntersuchung veranlaßten (LG Düsseldorf 23. III. 1984 VersR 1984 S. 1062), — Myom bei „schnellem Wachstum" (OLG Karlsruhe 3. V. 1984 VersR 1986 5. 884 f.), — wiederholte Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe bei Unwohlsein (OLG Hamm 15. VI. 1984 - 20 W 69/83, nicht veröffentlicht), — Hypertonie, Gastroenteritis, Herzbeschwerden (LG Koblenz 19. VI. 1984 VersR 1985 S. 681), — coronare Herzerkrankung bei Zustand nach Herzinfarkt (OLG Hamm 21. XI. 1984 VersR 1985 S. 828), — Hüftdeformation seit der Geburt, Interessent darf sich nicht als „gesund" bezeichnen (LG München I 7. IX. 1984 VerbB 1985 S. 41), — häufige Behandlungen wegen Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule (AG Stuttgart 30. X. 1984 VersR 1985 S. 776), — länger andauernde Anfälligkeit für Atemwegsbeschwerden (AG Offenburg 6. XI. 1984 VersR 1986 S. 258), — Anzahl der fehlenden Zähne (OLG Celle 23. III. 1985 VersR 1986 S. 569, 570), — Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Einnahme von Sedativa (OLG Oldenburg 19. VI. 1985 VerbB 1985 S. 41), — monatelange Arbeitsunfähigkeit, jahrelanger Bluthochdruck, Oberbauchbeschwerden (KG 1. III. 1985 VerbB 1985 S. 42), — wiederholte Behandlung wegen Juckreiz der Haut (LG Wuppertal 22. VIII. 1985 VersR 1987 S. 373), — langjährige Rückenschmerzen, auch wenn sie noch keinem bestimmten Krankheitsbild zugeordnet werden können (OLG Hamm 19. XII. 1986 VersR 1987 S. 41 f.), — vorgesehene stationäre Behandlung (LG Bad Kreuznach 15.1.1987 VerbB 1987 S. 37 f.), — Hexenschuß (OLG Hamburg 29.1.1987 VersR 1988 S. 396-397), — Dauer eines Krankenhausaufenthaltes, Arbeitsunfähigkeit wegen psychiatrischer Behandlung (OLG München 7. V. 1987 VerbB 1987 S. 37), — Verdickungen, Stränge und Knoten unter der Haut (OLG Celle 25. XI. 1987 VersR 1988 S. 396 - nur Leitsatz), K194

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I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. IF 16]

— Schiefstellung der Augen (AG Köln 11. XII. 1987 VersR 1988 S. 458), — Rückenschmerzen, Beschwerden beim Wasserlassen auch ohne Krankheitswert, wenn nach „Beschwerden" gefragt; Beschwerden sind Beeinträchtigungen des körperlichen Wohlbefindens von einigem Gewicht, auch wenn sie keinem bestimmten Krankheitsbild zugeordnet werden können. Indiz dafür ist Aufsuchen eines Arztes (OLG Hamm 19. XII. 1986 RuS 1987 S. 113 f.), — Selbstmordversuch, wenn nach Gemütskrankheiten gefragt wird (ÖOGH 22. V. 1986 VersRdsch 1987 S. 98), — Kreuzschmerzen und Prostatabeschwerden mit entsprechenden urologischen Untersuchungen (OLG Hamm 19. XII. 1986 RuS 1987 S. 113), — Rückenschmerzen nach einer früheren Operation der Lendenwirbelsäule (OLG Köln 14. X. 1987 RuS 1987 S. 354), — Nebenhodenentzündung auch dann, wenn frühere gleichartige Erkrankung angezeigt (OLG Düsseldorf 4. II. 1986 VersR 1987 S. 581 - nur Leitsatz), — Analfissur (OLG Düsseldorf 15. XII. 1987 VersR 1988 S. 1019). [F 16] ßß) Nicht anzeigepflichtige Umstände In diesem Sinne sind bewertet worden: — als belanglos empfundene Magenbeschwerden, wegen der kein Arzt bemüht wurde (objektive Ursache Magenkrebs) (KG 18. II. 1928 JRPV 1928 S. 106), — Alterungserscheinungen (OLG Breslau 25. III. 1931 JRPV 1931 S. 244; OLG Hamburg 14. XII. 1939 HansRGZ 1940 Β Sp. 63), — Narbenbildung in der Lunge aufgrund früher erlittener Tbc (KG 5. VI. 1940 HansRGZ 1940 A Sp. 159), — Krankheitsanlage, die aufgrund früher erlittener Malaria verblieben ist, ohne äußerlich in Erscheinung tretende Gebrechen; von Jugend an bestehende Anlage zu schwerer Psychopathie, die niemals in Erscheinung getreten ist (OLG Celle 18. VI. 1941 HansRGZ 1941 A Sp. 239), — umweltbedingte funktionelle Störungen als Ausdruck einer psychosomatischen Konstitution, die keine ärztliche Behandlung erforderlich gemach hat (LG Bremen 24. X. 1951 VersR 1952 S. 34 m. abl. Anm. von Buchner), — Schmerzen, wenn Arzt Patienten als gesund erklärt; Kenntnis einer Krankheit — Bluthusten — erst dann, wenn Interessent Ursache kennt (OLG Bremen 8. V. 1953 VersR 1953 S. 362 m. abl. Anm. Klauser), — leichte Gehirnerschütterung, klimakterische Beschwerden (OLG Frankfurt 13. X. 1966 VersR 1967 S. 552), — kleinere vorübergehende Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes infolge augenblicklicher Überarbeitung (OLG Bamberg 30. IX. 1966 VersR 1967 S. 51), — erhöhter Blutdruck, wenn keine entsprechende Feststellung des Arztes und Mitteilung an Interessenten (BGH 2. XI. 1967 VersR 1968 S. 41), — nicht bestätigter Verdacht einer Gallenblasenentzündung und pectanginöser Beschwerden (KG 12. XII. 1972 VersR 1973 S. 843 f.), — Schmerzen in linker Brustseite, wenn alsbald ärztlich kein Befund festgestellt (OLG Köln 22. III. 1973 VersR 1973 S. 1034), — Unregelmäßigkeiten der Mensis, die über das Normalmaß nicht hinausgehen (OLG Hamm 22. VIII. 1979 VersR 1980 S. 714), — Kopfschmerzen als „Grippe" angezeigt (LG Köln 19. IX. 1979 VersR 1980 S. 713), — einmalig erhöhter Blutdruck (180/100 mmHg) vor 2 Jahren (LG Mannheim 10. XI. 1982 VersR 1983 S. 1023), Wriede

Κ 195

Anm. (F 17]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

— Nervosität, Konzentrationsschwäche, Übererregbarkeit, Angst, Erinnerungsschwierigkeiten (OLG Hamm 7.1.1983 VersR 1983 S. 1047), — Gallensteine, die niemals Beschwerden verursacht haben (OLG Köln 3. III. 1983 VersR 1983 S. 1125), — Symptome, die möglicherweise erste Anzeichen einer von den behandelnden Ärzten noch nicht erkannten paranoiden Psychose waren (OLG Hamm 7.1.1983 VersR 1983 S. 1047), — neunmalige kürzere Arbeitsunfähigkeit wegen kleinerer Unfälle, Gastroenteritis und grippaler Infekte, wenn für die Krankentagegeldv eine 42tägige Karenzzeit vorgesehen war (OLG Hamm 26. X. 1984 VersR 1985 S. 752), — Herzkrämpfe, Luftmangel, Kraftlosigkeit, wenn noch keine ärztliche Diagnose (OLG Hamm 28. XI. 1984 VersR 1985 S. 958 - Lebensv), — Erkältungen, Kopfschmerzen, nicht krankhafter Haarausfall, auch wenn nach Beschwerden gefragt wird (LG Bielefeld 25. III. 1986 RuS 1986 S. 216), — konstitutioneller weder krankhafter noch behandlungsbedürftiger Minderwuchs, auch wenn ausschließlich der Diagnostik dienender Krankenhausaufenthalt vorlag (OLG Hamm 8. XI. 1985 NJW 1986 S. 1554-1555 = VersR 1987 S. 555-557), — Verdacht auf Diabetes bei einem jungen Mann, der daher zu diagnostischen Zwecken in ein Krankenhaus eingewiesen wird (BGH 27. VI. 1984 VersR 1984 S. 884), — Krankenhausaufenthalt zur Untersuchung mit negativem Befund nicht als „Krankenhausbehandlung" anzusehen; dieser Begriff bezieht sich nur auf Therapie (OLG Hamm 8. VII. 1987 RuS 1987 S. 295), [F 17] β) Gefahrumstände aus Umfeld und Gewohnheiten der Gefahrsperson Hierher sind die Sachverhalte einzuordnen, die unabhängig vom Gesundheitszustand der Gefahrsperson sind und sich etwa aus einer besonders unfallträchtigen oder gesundheitsschädlichen Berufs- oder Freizeittätigkeit oder aus psychischen Belastungen ergeben. In der Krankentagegeldv werden zumeist Angaben über die Berufstätigkeit verlangt (vgl. z. B. OLG Karlsruhe 2. III. 1978 VersR 1979 S. 153: arglistige Täuschung angenommen wegen unrichtiger Angabe, daß selbständiges Gewerbe ausgeübt werde, tatsächlich aber Schwarzarbeit vorlag; OLG Hamm 24. VI. 1981 VersR 1982 S. 85: dgl. wegen falscher Angaben über Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst). Dabei kann zweifelhaft sein, ob es sich um Gefahrumstände im Sinne des § 16 11 handelt. Umstände der genannten Art können ferner der häuslichen Umgebung (z. B. Infektionsgefahren) oder den Gewohnheiten der Gefahrsperson anhaften, so die Neigung zur Trunksucht oder zum Drogenmißbrauch. Nach solchen Umständen wird freilich in den gebräuchlichen Fragebogen meistens nicht gefragt. Ihre Gefahrerheblichkeit kann indessen durchaus bedeutend sein. Aus dem Fehlen solcher Fragen kann nicht auf die Unerheblichkeit solcher Umstände geschlossen werden (OGH 27. IV. 1950 VersR 1950 S. 100; Prölss-Martin Anm. 2 zu §§16, 17), wohl aber liegt die Annahme nahe, daß der Ver insoweit auf eine Anzeige verzichtet. Bei arglistigem Verschweigen ist unter den weiteren Voraussetzungen des § 18 ein Rücktritt, unabhängig hiervon auch eine Anfechtung gemäß §§ 22 VVG, 123 BGB möglich. Umstände aus dem Bereich des Umfeldes der Gefahrsperson sind vor allem in der Krankentagegeldv von Bedeutung. Dort wird regelmäßig nach der Art der Erwerbstätigkeit (z. B. KG 2. III. 1935 JRPV S. 185) und danach gefragt, ob sie selbständig oder unselbständig ausgeübt wird (z. B. AG Köln 21. III. 1969, LG Köln 14. IX. 1969 VersR 1970 S. 317 f.), was nicht notwendig gefahrerheblich sein muß, K196

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I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. [F 18]

sondern sich auf die Vsfahigkeit beziehen kann (vgl. Anm. C 4 und G 56). Für Unselbständige wird zumeist vom Dienstherrn für eine gewisse Zeit das Arbeitsentgelt weiter gewährt, so daß insoweit kein Bedarf für den Ersatz eines Ausfalls besteht. In beiden Fällen interessiert vor allem auch die Höhe des Durchschnittseinkommens, nach welchem die vte Tagegeldleistung bemessen zu werden pflegt, um das subjektive Risiko (Näheres dzau in Anm. F 18) einzuschränken (OLG Hamm 20. XII. 1985 VersR 1986 S. 864). In diesem Zusammenhang kommt es weiter auf das Bestehen anderweitiger gleichartiger Vsverträge (ζ. B. OLG Saarbrücken 18. VI. 1985 VersR 1987 S. 98), auf Ansprüche gegen einen Sozialver oder andere Dritte für den Fall von Arbeitsunfähigkeit an. Hinsichtlich des Begriffs und der Berechnung des Einkommens kann § 76 BSozHG Anhaltspunkte geben: Danach ist das Nettoeinkommen in der Weise zu berechnen, daß von allen Einkünften, gleich welcher Art, die darauf zu entrichtenden Steuern, Pflichtbeiträge zur Sozialv, Beiträge zu gesetzlich vorgeschriebenen öffentlichen oder privaten Vsverhältnissen sowie Werbungskosten abzuziehen sind (vgl. ζ. B. die Erläuterungen bei Knopp/Fichtner, Bundessozialhilfegesetz 5. Aufl. München 1983). Wenn der Ver nach anderweitig abgeschlossenen Vsverträgen fragt, so soll der Interessent nicht gehalten sein, von ihm beantragte aber noch nicht zustandegekommene Verträge anzugeben (LG Bielefeld 7. V. 1986 ZfS 1986 S. 249). In so einem Falle kann aber ein nach § 18 beachtliches arglistiges Verhalten gegeben sein, wenn der Interessent etwa in Kenntnis dieser Rechtsauffassung den Zweitvertrag so beantragt, daß er erst nach Abschluß des ersten wirksam wird. Das muß um so mehr angenommen werden, als z. B. nach §§ 9 (5) MB KK, 9 (6) MB KT der Abschluß weiterer Verträge bei bestehendem Erstvertrag anzeige- bzw. genehmigungspflichtig ist. [F 18] γ) Subjektives Risiko, Vertragsgefahr Hierzu gehören Umstände, die im Charakter des oder der Interessenten begründet sind (zum Begriff des s u b j e k t i v e n R i s i k o s vgl. Bd. II Anm. 3 u. 14 zu §61 S. 515, 523; Mohr HdV Sp. 2008-2010; Tosberg HdV Sp. 1750f.; Ohrt S. 98; BachMoser Einleitung Rz 51 — 53): Es ist allgemein bekannt, daß Menschen auf ein tatsächliches oder vermeintliches Unwohlsein in bezug auf die Inanspruchnahme von Heilbehandlung und die Annahme, ihre Erwerbstätigkeit fortsetzen zu können, sehr unterschiedlich reagieren. Mancher neigt aus Schwäche oder Nachgiebigkeit gegen solche Zustände wegen fehlender Bereitschaft zur Selbsthilfe oder mangelndem Willen zur Gesundung dazu, sogleich um ärztliche Hilfe für sich oder die in den Vertrag einbezogene Gefahrsperson zu ersuchen. Ferner gibt es Menschen, die sich aus persönlichen Gründen „in die Krankheit flüchten". Entsprechendes gilt für das Ausmaß einer solchen Inanspruchnahme. Dieser Personenkreis bedeutet daher für den Ver ein erheblich höheres Risiko. Gefahrumstände dieser Art fallen gleichfalls unter die §§ 16 ff. (BGH 8. VI. 1977 VersR 1977 S. 660, 661; OLG Hamm 16.1.1981 VersR 1981 S. 953; Bd. I Anm. 16 zu §16 S. 319, 320; Prölss-Martin Anm. l b zu §§16, 17). Dahingehende Fragen werden in den Vordrucken der Ver meistens nicht gestellt. Sie würden eine Wertung des eigenen Verhaltens und das der in den Vertrag einbezogenen Gefahrspersonen erfordern, die für den Ver ohne wesentlichen Erkenntniswert wäre. Denkbar ist jedoch ζ. B., daß dem Interessenten die hypochondrische Veranlagung einer mitzuvsden Gefahrsperson bekannt ist. Ein Verschweigen dieses Umstandes kann aber, wenn im übrigen ausdrückliche schriftliche Fragen gestellt werden, nur bei Arglist erheblich sein (§ 18). Wriede

Κ 197

Anm. [F 18]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Gefahrumstände dieser Art sind in V e r t r ä g e n m i t a b s t r a k t e r B e d a r f s d e k k un g oft besonders gravierend, weil dort gelegentlich die Neigung der Anspruchsberechtigten festzustellen ist, die nicht vom Nachweis entsprechender Einbußen abhängigen Leistungen in Anspruch zu nehmen und zu diesem Zweck den Behandler zu veranlassen, Bestätigungen über Eintritt, Dauer und/oder Notwendigkeit von Arbeitsunfähigkeit oder Krankenhausbehandlung auszustellen, die der objektiven Sachlage nicht oder nur ζ. T. adäquat sind und ohne Bestehen von Vsschutz auch nicht verlangt worden wären. Diese Gefahr unangemessener Inanspruchnahme des Vers besteht vor allem dann, wenn die abstrakt bestimmte Leistung den geschätzten Bedarf, bei Kranken- und Krankenhaustagegeldleistungen den Erwerbsausfall und sonstige mögliche Einbußen erheblich übersteigt oder noch anderweitig vergleichbare Vsverträge oder Leistungszusagen bestehen. Diese Risikofaktoren sind sowohl im Rahmen der in Anm. F 17 behandelten, dem Umfeld der Gefahrspersonen zuzurechnenden Gefahrumstände bedeutsam als auch für die sog. Vertragsgefahr. Diese ist zwar begrifflich von dem subjektiven Risiko zu unterscheiden, eine klare Grenze wird sich aber — vor allem bei Summenvsverträgen — nicht ziehen lassen. So hat auch der BGH (28. IV. 1971 VersR 1971 S. 662 — 664) beide Begriffe synonym behandelt für den Fall des obliegenheitswidrigen Abschlusses einer weiteren Tagegeldv (Näheres dazu in Anm. F 48 — 56). Als V e r t r a g s g f a h r wird die Gefahr verstanden, daß der Ver — nicht notwendig in unredlicher Absicht — in Anspruch genommen wird, ohne daß die rechtlichen und/oder tatsächlichen Voraussetzungen dafür vorliegen (vgl. Bd. I Anm. 17 und 27 zu § 16 S. 320 bzw. 322; Langenbach S. 42, 46; Gruneke S. 103; Honseil S. 112, der von einem „moralischen Risiko" spricht). Auf diese Umstände können sich — mehr indiziell — Fragen nach gewissen „Begleitumständen" beziehen, so nach einschlägigen Vorstrafen (Bd. I Anm. 27 zu § 16 S. 322), nach Vorerkrankungen, körperlichen Mängeln, Verletzungen und deren Folgen, auch wenn sie nicht unter die Deckung des Vers fallen sollen (so z. B. ausgeschlossene Kriegsdienstbeschädigungen, vgl. OLG Hamburg 13.11. 1953 VersR 1953 S. 190 f.), bei Krankenhauskostenv auch Vorerkrankungen, die keiner stationären Behandlung bedurft hatten (OLG Stuttgart 26. VI. 1979 VersR 1979 S. 859, 860; LG Frankfurt 19. V. 1982 VersR 1983 S. 773), ferner Fragen nach anderweitigen — auch schon beendeten — gesetzlichen oder privaten Personenvsverträgen (OLG Koblenz 14. VII. 1980 VersR 1981 S. 31; OLG Hamm 16.1.1981 VersR 1981 S. 953), auch nach solchen, die beantragt, aber von dem anderen Ver noch nicht angenommen (vgl. LG Düsseldorf 7.1.1975 VersR 1975 S. 560) oder abgelehnt worden sind, nach dem Bestehen anderweitiger Heilfürsorge, z. B. nach dem Soldatenversorgungsgesetz, in der Tagegeldv nach der Höhe des Einkommens (vgl. z. B. OLG Nürnberg 4. XI. 1966 VersR 1967 S. 1044), der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, nach dem Bestehen und dem Umfang eines Gewerbebetriebes. In der K r a n k e n t a g e g e l d v i s t die Vertragsgefahr besonders bedeutsam, vor allem wenn der Anspruchsberechtigte mehrere gleichartige Verträge mit verschiedenen Vera abgeschlossen oder beantragt hat und die insgesamt vorgesehenen Leistungen sein Einkommen erheblich übersteigen. Dann ist die Besorgnis, daß der Ver über das gebotene Maß in Anspruch genommen wird, besonders groß. Es ist statistisch nachweisbar (vgl. Heid und Schmidt VersR 1980 S. 300), daß je besser die finanzielle Absicherung eines Vmers bei stationärer Behandlung oder Arbeitsunfähigkeit ist, er um so eher geneigt ist, etwa statt einer ambulanten eine Krankenhausbehandlung vorzuziehen, auf die Dauer der insoweit anspruchsbegründenden Tatsachen im Sinne einer Verlängerung Einfluß zu nehmen bzw. sich „krank schreiben" zu lassen. Derjenige, der für solche Fälle keinen ausreichenden Vsschutz genießt oder trotzdem mit K198

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I. Vertr^gsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. [F 19|

wirtschaftlichen Einbußen rechnen muß, ζ. Β. weil seine Einkünfte entscheidend von seinem persönlichen Einsatz abhängen, wird bestrebt sein, darauf hinzuwirken, daß sein Arbeitsausfall möglichst kurzfristig ist. Die Ver müssen daher größten Wert darauf legen, daß sich die Höhe der Tagegelder in angemessenem Verhältnis zum ggf. eintretenden Verdienstausfall halten und das Risiko nicht durch den Abschluß weiterer gleichartiger Verträge erhöht wird. Die erhebliche Bedeutung dieses Risikofaktors ergibt sich auch aus der umfangreichen Rechtsprechung über den „parallel" liegenden Fall des Abschlusses weiterer Vsverträge neben bereits bestehenden, dem durch §§ 6 (2) GrB KH, 6 (3) GrB KT, 9 (5) MB KK, 8 (6) MB KT entgegengewirkt werden soll (vgl. ζ. B. BGH 28. IV. 1971 VersR 1971 S. 662; 13. XI. 1980 VersR 1981 S. 183; OLG Düsseldorf 30. VI. 1970 VersR 1972 S. 197; OLG München 16. X. 1975 VersR 1976 S. 58; OLG Hamburg 13. XII. 1976 VersR 1978 S. 79; 11. IX. 1979 VersR 1980 S. 375; OLG Stuttgart 10. III. 1977 VersR 1977 S. 904; OLG Koblenz 14. VII. 1980 VersR 1981 S. 31; LG Hamburg 19. III. 1975 VersR 1976 S. 535; LG Düsseldorf 7.1.1975 VersR 1975 S. 560). Vgl. hierzu im übrigen Anm. F 48 — 56. Falsche Antworten auf entsprechende Fragen sind als Verstoß gegen §§ 16 f. zu werten (BGH 8. VI. 1977 VersR 1977 S. 660; OLG Hamm 14.1. 1977 VersR 1978 S. 223; LG Aschaffenburg 22. X. 1971 VersR 1973 S. 459; LG Frankfurt 28. III. 1977 VersR 1978 S. 1012 f.). In der K r a n k h e i t s k o s t e n v sind vertragsgefahrliche Umstände denkbar, wenn mehrere Verträge mit im wesentlichen gleichen Leistungszusagen bestehen und der Anspruchsberechtigte es unternimmt, seine Aufwendungen für eine Heilbehandlung mehrfach geltend zu machen. Nach dem Bestehen weiterer Verträge wird regelmäßig auch aus diesem Grunde gefragt. Die Vertragsgefahr ist in der Krankheitskostenv jedoch erheblich geringer als bei Summenvsverträgen, weil bei jener regelmäßig der Nachweis entsprechender Aufwendungen gefordert wird. Denkbar ist allerdings, daß versucht wird, mit gefälschten oder mit Gefälligkeitsbelegen Leistungen zu erlangen. Das Bestehen von Mehrfachvn — ebenso die Absicht, sie abzuschließen — ist daher auch im Sinne der §§ 16 ff. als gefahrerheblich anzusehen. Die in Bd. II Anm. 27 zu § 58 S. 431 f. vertretene Ansicht, daß § 58 (für den Bereich der Schadensv) als lex specialis die Anwendung jener Vorschriften ausschließe (ebenso Honseil S. 113), ist unrichtig: Die §§16 ff. sollen dem Ver vor Vertragsabschluß die Prüfung des Risikos ermöglichen, wobei ein bereits bestehender oder angestrebter Vertrag gleichen oder ähnlichen Inhalts ein wesentliches Beurteilungskriterium sein kann. § 58 gilt dagegen für bereits bestehende Verträge und würde, da ohne Sanktion, für den Ver nur von geringem Wert sein (im Ergebnis ebenso Bruck S. 540 Ν 27; Ehrenzweig S. 241 f.; offenbar zweifelnd OLG Hamburg 7. X. 1915 VA 1916 Nr. 923 S. 26 f.). [F 19] bb) Kenntnisfrage Schrifttum: A. Ehrenzweig S. 8 3 - 8 5 ; Kisch Hdb II S. 230-232; Röhr S. 110-119, 147-160; H.-D. Schmidt VersR 1986 S. 512.

aaa) Kenntnis des Interessenten Die gemäß § 16 11 (vgl. auch §41 12) erforderliche Kenntnis des Interessenten bezieht sich auf zwei verschiedene „Objekte", nämlich (α) auf Gefahrumstände und (ß) darauf, daß diese „für die Übernahme der Gefahr" durch den Ver, für seine Gefahrtragsleistung „erheblich" sind (RG 15. VI. 1928 JW 1928 S. 2128; OLG Nürnberg 2. VI. 1966 VersR 1966 S. 1132; Bd. I Anm. 34 zu § 16 S. 324; Gruneke S. 109; a. Α. A. Ehrenzweig S. 8 4 - 8 5 , 93; Kisch Hdb II S. 248; vermittelnd Röhr S. 152, der auf die Erkennbarkeit der Gefahrerheblichkeit abstellen will, sich damit aber mit dem Wortlaut des § 16 11 in Widerspruch setzt). Das erstere Objekt der Kenntnis Wriede

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Anm. [F 20]

ist mithin etwas Tatsächliches, das zweite erfordert dessen Wertung nach vstechnischen Kriterien (vgl. hierzu Anm. F 10). Ähnlich wie im Rahmen der §§ 439 I, 539 BGB für die Kenntnis des Rechtsmangels die Kenntnis nur der ihn begründenden Tatsachen nicht ausreicht, vielmehr der betroffene Käufer oder Mieter den Kern der rechtlichen Folgen der ihm bekannten Tatsachen kennen muß (BGH 30. VI. 1952 LM Nr. 1 zu § 539 BGB = NJW 1952 S. 1131, 20. XII. 1978 NJW 1979 S. 713f.), ist hier zu fordern, daß der Interessent sich bewußt ist, daß die fragliche Tatsache für die Entschließung des Vers von Bedeutung sein kann. Diese Wertung ist in der Regel entbehrlich, wenn der Ver ausdrücklich und schriftlich nach den Gefahrumständen fragt, dann wird deren Erheblichkeit vermutet (§16 1 3). A u f ein V e r s c h u l d e n des I n t e r e s s e n t e n bei der Erfassung der Gefahrumstände und ihrer Erheblichkeit k o m m t es — anders als bei der Erstattung der Anzeige (vgl. hierzu Anm. F 29 — 33) — n i c h t a n , wie die Bestimmungen des § 16 11 und III 2. Alt. deutlich ergeben. Sein Verschulden ist hier nur im Zusammenhang mit der Frage relevant, ob er den etwaigen Erläuterungen des Agenten über die Bedeutung und Erheblichkeit von erfragten Umständen vertrauen darf, so daß die Haftung des Vers für Agentenauskünfte möglich ist (vgl. Anm. C 16 S. Κ 59 f. und Anm. F 21 a. E.). [F 20] α) Kenntnis der Gefahrumstände K e n n t n i s s e t z t p o s i t i v e s W i s s e n der mit der Anzeigeobliegenheit belasteten Person (Anm. F 5) über die erfragten gegenwärtigen und vergangenen Umstände v o r a u s . Hinsichtlich künftiger Umstände kommt nur die Kenntnis bestimmter Erwartungen, nämlich die auf Erfahrungen beruhende subjektive Befürchtung oder gar Gewißheit ihres Eintretens in Betracht, so etwa die, bei der geplanten Teilnahme an einer Sportveranstaltung einen Unfall oder bei einer vorgesehenen Reise in die Tropen eine Infektionskrankheit zu erleiden. Ein bloßes Kennenmüssen ist unerheblich (BGH 13.X. 1982 VersR 1983 S. 25; 27. VI. 1984 VersR 1984, 884 f.; OLG München 25. VI. 1987 VersR 1988 S. 33; falsch daher insoweit KG 18. II. 1928 JRPV 1928 S. 106; OLG Frankfurt 17. V. 1974 VersR 1975 S. 632, 634; OLG Hamm 7.1.1983 VersR 1983 S. 1047, 1048 a. E.). Eine Pflicht, Erkundigungen einzuholen, besteht nicht (a. A. BGH 3. XI. 1966 VersR 1967 S. 56, 58; OLG Hamburg 3. VII. 1979 VersR 1979 S. 1122), Vorgänge, die er sich aus ihm zugänglichen Unterlagen, ζ. B. aus abgelegten Arztrechnungen, wieder ins Gedächtnis zurückrufen kann, müssen jedoch als ihm bekannt behandelt werden; es kommt m. a. W. auf das jederzeit aktualisierbare Wissen an (so mit Recht Röhr S. 152 im Anschluß an die h. Μ., ζ. B. Bd. I Anm. 32 zu § 16 S. 324). Der Interessent muß daher sein Gedächtnis auf ihm (noch) bekannte Indiztatsachen prüfen, die auf das Vorhandensein solcher Unterlagen hindeuten. Was im maßgeblichen Zeitraum (Anm. F 7) auch in dieser Hinsicht seinem Gedächtnis entfallen ist, ist nicht „bekannt". Die K e n n t n i s e i n e s s o g . W i s s e n s v e r t r e t e r s — das kann eine Gefahrsperson sein, die keine eigenen Ansprüche gegen den Ver erlangen soll (Anm. F 5), ebenso auch ein Arzt, den der Interessent mit der Erstellung eines Gesundheitsberichts für den Ver beauftragt — wird dem (künftigen) Vmer zugerechnet (vgl. RG 8. III. 1921 RGZ 101 S. 402 f.; ferner auch AG Norderstedt 20. II. 1986 VersR 1986 S. 1185; dazu grundsätzlich Bd. I Anm. 3 zu §44 S. 1003; Ricardi AcP Bd. 169 S. 385; bedenklich OLG Hamm 6. II. 1985 VersR 1985 S. 1032, 1033, das auf mangelndes Verschulden des über den Inhalt der Gesundheitsfragen nicht unterrichteten Arztes abstellt, statt dessen Kenntnis dem Interessenten zuzurechnen). K e n n t n i s v o n e i n e r K r a n k h e i t wird bei medizinisch nicht vorgebildeten oder sonst nur in mehr oder minder begrenztem Umfang erfahrenen Personen dann

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Anm. |F 21]

anzunehmen sein, wenn sie zwar nicht die Diagnose und den volkstümlichen oder gar wissenschaftlichen Namen der Gesundheitsstörung kennen, aber doch die auftretenden, ggf. mit Unwohlsein verbundenen Symptome bemerken, wenn diese später rückschauend nach ärztlichem Urteil als mit einer solchen Störung zusammenhängend festgestellt werden (OLG Nürnberg 8.1. 1986 VersR 1969 S. 369 LG Oldenburg 7. XII. 1954 VersR 1955 S. 164; VerbB 1954 S. 59). Nur vermutete Krankheiten brauchen, wenn nicht ausdrücklich und schriftlich danach gefragt wird — außer im Falle der Arglist (§18) — nicht angezeigt zu werden, sondern allein die Umstände, auf die sich die Vermutung gründet. Einem psychisch Kranken kann ζ. B. seine Erkrankung verborgen geblieben sein (OLG Hamm 12. XII. 1980 VersR 1981 S. 847; 7.1.1983 VersR 1983 S. 1047). Kenntnis von (gefahrerheblichen) Umständen hat ein Interessent auch dann, wenn diese ihm glaubhaft von Dritten vermittelt wird, ζ. B. durch einen Arzt oder seine Eltern über Erkrankungen oder Verletzungen im Kindesalter. Das letztere kann bei stationären Behandlungen in diesem Alter wesentlich sein, da nach diesen oft ohne zeitliche Begrenzung gefragt wird (Anm. F 14). Ist der Interessent auf die Beurteilung der Frage, ob ein krankhafter Befund vorliegt, auf die Auskunft eines Arztes angewiesen, ζ. B. ob er an „erhöhtem Blutdruck" leide, so erstattet er keine (subjektiv) unrichtige Anzeige, wenn er sich an die Mitteilung des Arztes hält, mag diese auch objektiv falsch sein (BGH 2. XI. 1967 VersR 1968 S. 41 mit Anm. Senger VersR 1968 S. 545; OLG Nürnberg 8.1.1968 VersR 1969 S. 369 — vgl. ferner auch die Beispiele aus der Rechtsprechung in Anm. F 13 — 18). In diesem Falle ist der Arzt nicht Wissensvertreter des Interessenten, sondern nur dessen Auskunftsperson. Ferner wird es gemäß § 16 II 2 der Kenntnis gleichgestellt, wenn die Gefahrsperson sich der Kenntnisnahme arglistig entzieht, d. h. während der Zeit des Bestehens der Anzeigepflicht (Anm. F 7) in dem Bewußtsein handelt, sie werde nach der ihr möglichen Kenntnisnahme den Umstand anzeigen müssen, ζ. B. sie liest einen ihr zugänglichen Bericht über ihren Gesundheitszustand deswegen nicht, weil sie gerade damit befaßt ist, einen Fragebogen auszufüllen. Das gilt allerdings nur dann, wenn der so nicht zur Kenntnis genommene Umstand auch tatsächlich gefahrerheblich war und dies vom Interessenten auch erkannt worden wäre (vgl. Röhr S. 154-156). [F 21] ß) Kenntnis der Gefahrerheblichkeit Die Erkenntnis über die hier fragliche Bedeutung (vgl. Anm. F 19) eines dem Interessenten bekannten Umstandes wie auch das Verständnis der ihm vom Ver in dieser Hinsicht gestellten Fragen erfordert Wertungsvorgänge und gedankliche Prozesse, die je nach Bildungsgrad des Interessenten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Da es auch insoweit, wie erwähnt, nur auf die positive Erkenntnis ankommt, kann an diese Vorgänge, falls sie, z. B. durch ein Gericht, nachvollzogen werden müssen, nicht ein durchschnittlicher Maßstab angelegt werden. In dieser Hinsicht entstehen oft Zweifel: So sind schon die Fragen nach vergangenen und gegenwärtigen Krankheiten oder Beschwerden, nach dem gegenwärtigen Gesundheitszustand in dieser Allgemeinheit gelegentlich auslegungsbedürftig (vgl. Anm. F 10). Da allein auf die Erkenntnis gerade der befragten Personen abzustellen ist, werden insoweit gelegentlich Schwierigkeiten entstehen. „Krankheit", „Beschwerden", „gesund" werden in der Regel von jedermann wie andere Begriffe der Umgangssprache nach dem allgemeinen Sprachgebrauch verstanden, der auf objektive Begriffe abhebt: Man spricht auch dann von einer Krankheit, wenn der davon Betroffene die Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes noch nicht bemerkt hat. Anders kann es bei detaillierten Fragen sein. Ist z. B., wenn nach durchgemachten Operationen gefragt wird, auch die Eröffnung eines Eiterherdes unter der OberWriede

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haut als (gefahrerheblich) anzugeben, ist als Unfall eine Fußverstauchung anzuzeigen, die das Gehen ein paar Tage behindert hat, ist das Einnehmen von Baldrian bei gelegentlichen Schlafstörungen, das Gurgeln mit Salbeitee als Benutzung von Medikamenten zu werten? Ist etwa die Tatsache, daß der Interessent mit Kleinkindern in einer verkehrsreichen Straße und damit wegen der Kinder in unfallträchtiger Umgebung wohnt, gefahrerheblich? Auch hier ist auf die Sicht der befragten Personen Bedacht zu nehmen und zu prüfen, wie sie diese Fragen tatsächlich verstanden haben und nicht, wie sie sie verstehen mußten (vgl. auch ÓOGH 11. XII. 1980 VersRdsch 1983 S. 125). In diesem Zusammenhang können die E r l ä u t e r u n g e n eines A g e n t e n dazu angetan sein, dem Interessenten die Erkenntnis der Erheblichkeit oder Unerheblichkeit zu vermitteln (zu den verschiedenen Möglichkeiten der Einflußnahme durch Agenten bei der Erfüllung der vvAnzPfl vgl. Anm. F 11 — Allgemeines über „Haftung des Vers für Agentenauskünfte" vgl. Anm. C 16, S. Κ 59 f.). Die Fragebogen der Ver enthalten vielfach den Hinweis, daß der Vermittler nicht berechtigt sein soll, über die Bedeutung und Erheblichkeit der gestellten Fragen verbindliche Erklärungen abzugeben. Damit wollen die Ver verhindern, daß die Erläuterungen der Vermittler ihnen zugerechnet werden. Wegen der Rechtswirksamkeit einer solchen Klausel vgl. die Ausführungen in Anm. F l l . Sie bezieht sich nach ihrem Wortlaut nur auf die Erläuterung der gestellten Fragen, nicht aber auf die Auslegung des (abstrakten) Begriffs der Gefahrerheblichkeit als solchen. Der Ver muß daher (unabhängig von der in Anm. F l l vertretenen Ansicht) nach den in Anm. C 16 S. Κ 59 f. dargelegten Grundsätzen die Interpretation seines Agenten gegen sich gelten lassen, sofern nicht den Interessenten ein erhebliches eigenes Verschulden in dieser Hinsicht trifft. Wenn daher ein Agent bei der Beantwortung der gestellten Fragen mitwirkt, ist nicht schlechthin die durch ihn vermittelte Erkenntnis über die Gefahrerheblichkeit oder -Unerheblichkeit maßgebend. Vielmehr ist der Interessent gehalten, die Erläuterungen auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen. Nur die auf diese Weise und ohne erhebliches Eigenverschulden gewonnene Erkenntnis über die Erheblichkeit oder Unerheblichkeit eines Gefahrumstandes ist relevant. Dabei kommt es sehr auf die Urteilsfähigkeit des einzelnen Interessenten an (ähnlich OLG Celle 24. V. 1954 VersR 1954 S. 453 dort wird allerdings zusätzlich auf die dort gar nicht einschlägige Klausel verwiesen, daß der Antragsteller auch dann für die Angaben verantwortlich sei, wenn der Agent sie niedergeschrieben habe, und daß Nebenabreden mit diesem nicht verbindlich seien; OLG Bamberg 30. IX. 1966 VersR 1967 S. 51, 53; KG 28. XI. 1967 VersR 1968 S. 546, 547; LG Kaiserslautern 20. V. 1964 VersR 1964 S. 1285 f.; LG Köln 18. X. 1967 VersR 1968 S. 662, 663, das allerdings statt eines erheblichen Verschuldens des Interessenten Fahrlässigkeit für ausreichend hält, um die Haftung des Vers für Agentenauskünfte entfallen zu lassen). Da unter den Voraussetzungen des § 16 I 3 ein erfragter Umstand im Zweifel als erheblich gilt, kommt es auf diese Erwägungen vor allem dann an, wenn eine Frage unklar oder zweifelhaft ist, ob ein bestimmter Sachverhalt davon überhaupt erfaßt wird (vgl. OLG Hamm 22. XII. 1976 VersR 1978 S. 31: Beobachtungsaufenthalt im Krankenhaus mit negativem Befund als stationäre Behandlung anzugeben?). Ferner kommen sie im Rahmen des § 18 und dann in Betracht, wenn keine schriftlichen Fragen gestellt werden. Nur in diesem Zusammenhang kann daher im Rahmen der Kenntnisfrage ein Verschulden des Interessenten relevant sein. [F 22] γ) Kenntnis der belasteten Personen Die Kenntnis der anzpfl Tatsachen und ihrer Gefahrerheblichkeit muß bei den nach Anm. F 5 mit der Anzpfl belasteten Personen vorliegen. Im Falle der E r s t a t -

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t u n g d e r A n z d u r c h einen B e v o l l m ä c h t i g t e n o d e r V e r t r e t e r o h n e V e r t r e t u n g s m a c h t kommt es daneben — anders als nach § 166 I BGB — auch auf die Kenntnis des Vertretenen an; die Kenntnis bei einem von beiden genügt (§ 19 S. 1 — vgl. im einzelnen Bd. I Anm. 1 - 6 zu § 19 S. 340 f.; RG 28. III. 1930 RGZ Bd. 128 S. 116, 120; LG Braunschweig 19. V. 1968 VersR 1969 S. 150; vgl. auch Anm. D 4 8 S. Κ 133 f.). Es findet jedoch keine Kenntniszurechnung dergestalt statt, daß alles, was der Interessent weiß, zugleich als dem Bevollmächtigten bekannt gilt oder umgekehrt (Bd. I Anm. 5 zu § 19 S. 341; a. M. wohl OLG Hamm 24. X. 1961 VersR 1962 S. 511 — 512). Der (spätere) Vmer kann sich daher ζ. B. darauf berufen, daß er von der Antragstellung durch einen Vertreter nichts gewußt und daher nicht schuldhaft den ihm bekannten Umstand und dessen Erheblichkeit verschwiegen habe. Fehlt es dann auch beim Vertreter an einem Verstoß gegen die Anzpfl, etwa weil er diese Kenntnis nicht besaß, so besteht kein Rücktrittsrecht des Vers (Bd. I a. a. O.). Bei Genehmigung eines von einem falsus procurator abgeschlossenen Vertrages durch den Vertretenen (§1771 BGB) muß dieser die ihm bis dahin bekannt gewordenen und von jenem nicht angezeigten Umstände anzeigen, solange der Vertrag noch nicht zustandegekommen ist; andernfalls ist die Anzpfl verletzt. Umstritten ist, ob § 19 S. 1 auch für den g e s e t z l i c h e n V e r t r e t e r gilt. Mit der h. M. (Bd. I Anm.7 zu § 19 S. 341 f.; Prölss-Martin Anm. 1 zu § 19) ist anzunehmen, daß für den gesetzlichen Vertreter nur § 1661 BGB anzuwenden ist. Denn die Gefahr, der jene Bestimmung vorbeugen will, daß nämlich zum Nachteil des Vers ein unwissender Strohmann als Bevollmächtigter für den Vertragsschluß und die damit regelmäßig verbundene Erfüllung der Anzpfl vorgeschoben wird (Bd. I Anm. 5 zu § 19 S. 340), besteht bei gesetzlicher Vertretung jedenfalls nicht in diesem Maße. Vor allem aber nimmt die Sonderregel des § 19 eben nur den Fall einer Vertretung durch einen Bevollmächtigten und durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht von der allgemeinen Bestimmung des § 166 I BGB aus. Hat daher ζ. B. allein die Ehefrau eines Interessenten Kenntnis von dem anzuzeigenden Umstand und seiner Erheblichkeit, etwa von einem Karzinom ihres Gatten, und muß nach den ganzen Umständen angenommen werden, daß sie ihn beim Vertragsschluß und damit auch hinsichtlich der Erfüllung der wAnzPfl im Rahmen ihrer Schlüsselgewalt (§ 1357 BGB) vertritt, so wird durch ihr Schweigen die AnzPfl verletzt (vgl. LG Braunschweig 19. V. 1968 VersR 1969 S. 150, das allerdings die Ehefrau unrichtig als Erfüllungsgehilfin ansieht). D a s Wissen eines Vten von einem gefahrerheblichen Umstand, der ihn oder eine ihm zuzuordnende Gefahrsperson betrifft, ist unbeachtlich, wenn er von dem beabsichtigten Vertragsschluß keine Kenntnis hat oder die rechtzeitige Benachrichtigung des (künftigen) Vmers über die (dem Vten bekannten) gefahrerheblichen Umstände „nicht tunlich" ist (§§ 179 II, 79 II analog), d. h. die Anzeige nur mit außergewöhnlichen Maßnahmen hätte erstattet werden können (Prölss-Martin Anm. 2 b zu § 79). Die Kenntnis des Vten ist dann erheblich, wenn es ihm möglich gewesen wäre, den Ver (anstelle des nicht erreichbaren Vmers) zu benachrichtigen (Prölss-Martin a . a . O . ; Ehrenzweig S. 218). Auf seine Unkenntnis vom Vertragsschluß kann sich der Vte aber nicht berufen, wenn der Vmer dem Ver verschweigt, daß er ohne Auftrag des Vten abschließt. Dann wird die Kenntnis des Vten vom Vertragsschluß unwiderleglich vermutet und sein Wissen über gefahrerhebliche Umstände ist relevant (§ 79 III, vgl. Bd. II Anm. 14 zu § 79 S. 983; Ehrenzweig S. 217 f.). Zeigt dagegen der Vmer den mangelnden Auftrag des Vten dem Ver an, so ist diesem zuzumuten, sich entweder beim Vten zu erkundigen oder den Vertragsantrag zurückzuweisen. Die Streitfrage, ob die Nichtanzeige des Vmers schuldhaft erfolgt sein muß, damit die Wirkung des § 79 III eintritt (Bd. II a. a. O. einerseits, Ehrenzweig a. a. O. andererseits), hat nur geringe praktische Bedeutung, weil der Ver im eigenen Interesse regelmäßig nachfragen wird, ob ein Auftrag des Vten vorliegt. Wriede

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Anm. [Γ 23]

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Man könnte daran denken, diese Regelung entsprechend auf die G e f a h r s p e r s o n anzuwenden, die weder Vmer noch Vter werden soll oder ist. Das kann jedoch nur dann gelten, wenn sie das „nach außen verlegte" Risiko des V t e n ist, nicht aber auch dann, wenn ihre Gesundheitsstörung dem V m e r Einbußen verursachen wird. Denn § 79 II ist eine Schutzvorschrift zugunsten des Vten (Bd. II Anm. 23 zu § 79 S. 987; Gruneke S. 127). Ist die Gefahrsperson dem Vmer zugeordnet — etwa weil er sich gegen die durch sie veranlaßten Behandlungskosten sichern will —, so ist es seine Sache, dafür zu sorgen, daß die ihre Person betreffenden gefahrerheblichen Umstände angezeigt werden. Das kann wie durch jeden Dritten auch durch die Gefahrsperson geschehen. Ihre Kenntnis und ihr Verhalten werden dem Vmer zugerechnet (Anm. F 5). Es kommt mithin für den Tatbestand der §§16—18 nicht darauf an, ob sie von dem beabsichtigten Vertragsabschluß Kenntnis oder den Fragebogen selbst mit unterschrieben hat (für diesen Fall vgl. OLG Hamm 31.1.1979 VersR 1980 S. 137 f.; AG Würzburg 11.11.1981 VersR 1981 S. 1126; a. A. Röhr S. 184, der § 179 IV übersieht). Die Gefahrsperson ist hier praktisch Repräsentant und Wissensvertreter des Vmers. Schließlich stützt auch § 41 I 2 diese Ansicht, wie in Anm. F 34 näher dargelegt wird. §§ 6 (2) c GrB KK, 6 (2) b GrB KH, 10 (3) MB KT und KH enthalten allein nach ihrem Wortlaut eine inhaltlich gleiche Bestimmung wie die §§161, 179 IV. Ihr Geltungsbereich ist aber teils enger teils weiter als der sich aus diesen ergebende Rechtssatz: Einerseits beschränken die AVB sich hier auf n a c h Vertragsabschluß zu beachtende Obliegenheiten, die Bestimmungen betreffen nicht die wAnzpfl. Andererseits sollen sie offenbar auch für Gefahrspersonen gelten, deren Gesundheitsstörung einem Vten Einbußen verursacht. Das kann, wenn sie entgegen der hier vertretenen Ansicht auch die wAnzpfl betreffen sollen, nur dann der Fall sein, wenn der Vte vom Vertragsschluß Kenntnis hatte (§ 791, II) oder die oben erörterte Ausnahme des § 79 III vorliegt. Eine zu Lasten des Vten darüber hinausgehende Bestimmung in den AVB würde gemäß § 34 a unwirksam sein. § 79 II u. III gehören zwar nicht zum Anwendungsbereich des § 34 a. Hier geht es aber um die Frage, in welchem Umfang der Vte mit der wAnzpfl belastet ist. §§ 16 ff. regeln allein die Belastung des Vmers als Normalfall. Hält man im Falle einer V für fremde Rechnung auch den Vten für anzeigepflichtig, so muß ihm in gleicher Weise die Vergünstigung des § 34 a zustehen und damit auch in bezug auf § 79 II u. III. In aller Regel werden Gefahrspersonen, die nicht selbst Vmer oder Vter werden sollen, von dem beabsichtigten Vertragsschluß jedoch Kenntnis erhalten, wenn zur Gültigkeit des Vertrages ihre Zustimmung erforderlich ist, so wenn der Vertrag Leistungen nach Art der Summenv vorsieht (§§ 159 II, 179 III — Genaueres in Anm. H 5 und 6). Diese Kenntnis erlangt diese Gefahrsperson ferner, wenn sie den Ver ermächtigt, Auskünfte von Heilbehandlern und anderen Vern einzuholen (Genaueres dazu in Anm. F 25—28). (F 23] δ) Kenntnis der Unrichtigkeit der vorvertraglichen Anzeige Es ist umstritten, ob § 17 I wie § 16 I Kenntnis des gefahrerheblichen Umstandes oder nur die der objektiven Unrichtigkeit der Anzeige voraussetzt. Der Wortlaut spricht für die letztere Ansicht, da hier — anders als in § 161 — nicht gefordert wird, daß dem Interessenten der wahre Sachverhalt bekannt war. Danach braucht der Ver zur Begründung seines Rücktrittsrechts nur die Unrichtigkeit der Anzeige zu behaupten, während dem Vmer/Vten im Rahmen seiner Entlastungspflicht gemäß § 17 II auch der Nachweis obliegt, daß ihm der wahre Sachverhalt nicht bekannt war und dieser von ihm auch bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt (§ 2761 BGB) nicht hätte erkannt werden können. Diese vom Gesetzgeber gewollte unterK204

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I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

A η m. [F 24)

schiedliche Regelung (vgl. Gerhard-Hagen S. 86) hat entgegen der h. M. (RG 18. III. 1927 JRPV1927 S. 144; 28. III. 1930 RGZ Bd. 128 S. 116,118 f.; Bd. I Anm. 5 zu § 17 S. 336; Röhr S. 149 f.) durchaus ihren guten Sinn. Die Anzeigeobliegenheit setzt zu ihrer Entstehung, wie § 16 11 zeigt, voraus, daß der Interessent den gefahrerheblichen Umstand positiv kennt. Derjenige, der über einen Umstand eine unrichtige Anzeige macht, muß sich so behandeln lassen, als wenn er von dessen Existenz eine mehr oder minder richtige Kenntnis hat. Es ist daher auch in bezug auf die Beweislast durchaus sachgerecht, ihm die Darlegungslast dafür aufzubürden, daß ihm von dem Umstand nur der angezeigte „Teil" bekannt war (vgl. Anm. F 36). — Dabei wird nicht verkannt, daß die Unterscheidung zwischen Nicht- und Falschanzeige erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann (vgl. die Beispiele in Bd. I Anm. 4 zu § 17 S. 336). Man kommt aber am Gesetzeswortlaut nicht vorbei. Der Hinweis von Röhr (S. 150) auf das Wörtchen „auch" in § 17 I, durch das der Tatbestand des § 161 in jene Bestimmung einbezogen werde, überzeugt nicht, zumal auch für § 18 nur die unterlassene, nicht aber die unrichtige Anzeige erheblich ist, und zwar ersichtlich aus demselben oben erwähnten Grunde. [F 24] bbb) Kenntnis des Vers und seiner Hilfspersonen Das Bestehen der v v A n z p f l setzt v o r a u s , d a ß dem Ver der betreffende U m s t a n d u n b e k a n n t ist. Kennt er ihn bereits, so besteht schon objektiv keine Anzpfl (Röhr S. 110). Unerheblich ist es, wann (bis zur Annahme des Antrags) und auf welche Weise der Ver diese Kenntnis erlangt hat (vgl. OLG Hamm 6. II. 1985 VersR 1985 S. 1032 f.). Bei ihm aktenkundige Umstände sind als ihm bekannt zu behandeln, auch wenn sie dem zuständigen Sachbearbeiter bei Prüfung der Risikolage nicht gegenwärtig sind. Wenn die Organe des Vers sich die Vorteile der Arbeitsteilung zunutzemachen, müssen sie auch dafür Sorge tragen, daß einschlägige Unterlagen zu gegebener Zeit verfügbar sind. Auch hier kommt es daher auf die „aktualisierbare Kenntnis" an (Röhr S. 112 f.; LG Frankfurt 19. III. 1986 NJW RR 1986 S. 1085, 1086 a. E.; a. A. offenbar OLG Köln 15. XI. 1984 VersR 1985 S. 957 f.). Da nach der aufsichtsrechtlichen Praxis derselbe Ver neben der PKV nicht auch noch andere Vszweige betreiben darf (vgl. Prölss-Schmidt-Frey Anm. 34 zu § 8), stellt sich hier die Frage nicht, ob aktenkundige Vorgänge einer anderen Sparte desselben Vers in diesem Zusammenhang in Betracht kommen. Allgemeine Erfahrungstatsachen, insbesondere auch medizinischer Art, deren Kenntnis bei einem Krankenver vorausgesetzt werden können, müssen als ihm bekannt behandelt werden, so daß ein Interessent seine Anzpfl nicht verletzt, wenn er in dieser Hinsicht — etwa aufgrund unkorrekter Belehrung durch einen Agenten über die Gefahrerheblichkeit einer bestimmten Krankheit — unrichtige Angaben macht. K e n n t n i s des Vers ist a n z u n e h m e n , wenn sie bei den geschäftsführenden Organen — falls mehrere bestellt sind, bei einem von ihnen (§§ 78 II 2 AktG bzw. 341 VAG mit 78 112 AktG) - , bei einem Prokuristen (§491 HGB) oder einem Handlungsbevollmächtigten (§ 541 HGB) vorliegt, bei dem mit der Risikoprüfung beauftragten Sachbearbeiter (§ 55 I HGB) oder einem z. B. für die Entgegennahme der betreffenden Anzeige besonders Beauftragten (OLG Köln 31.1.1974 VersR 1974 S. 849 f., 4. XII. 1980 VersR 1982 S. 1092, für die Kenntnis im Falle des §20; vgl. auch OLG Hamburg 2. IV. 1963 NJW 1963 S. 1406; OLG Schleswig 24.1.1967 VersR 1968 S. 487 f.: für Schadensanzeige genügt Kenntnis der Bezirksdirektion). Das gilt auch dann, wenn nach dem Inhalt des Fragebogens, d. h. regelmäßig des Antragsformulars oder der danach für den Antrag u. U. schon maßgeblichen AVB (vgl. Anm. F 9) Anzeigen in schriftlicher Form an den Vorstand oder die zuständige Wriede

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Anm. [F 24]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Geschäftsstelle zu richten sind (§§ 4 Ziff. 1 NoB, 6 (1) a GrB; vgl. BGH 29. V. 1970 VersR 1970 S. 660; OLG Düsseldorf 19. V. 1953 VersR 1953 S. 315; vgl. ferner zum sog. Wissensvertreter RG 8. III. 1921 RGZ Bd. 101 S. 402 f.; dazu grundsätzlich Bd. I Anm. 3 zu §44 S. 1003, ferner Ricardi AcP Bd. 169 S. 385). Soweit auf die AVB das AGBG anzuwenden ist, ist dieses Zugangserfordernis zu Lasten des Vmers gemäß § 11 Nr. 16 dieses Gesetzes unwirksam (vgl. Anm. F 9). Weiter genügt gemäß § 166 I BGB die — dienstliche, nicht private — K e n n t n i s des A b s c h l u ß a g e n t e n , der mit dem betreffenden Vertragsantrag befaßt ist. Erfahrt er mithin z. B. bei den Vertragsverhandlungen mit dem Interessenten einzelne gefahrerhebliche Umstände, so ist es für diesen unschädlich, wenn sie nicht auch noch im Fragebogen gesondert angegeben werden, da sie als dem Ver bekannt gelten (§§ 16 III, 17 II). Dasselbe ist anzunehmen, wenn für den Abschlußagenten ein von ihm insoweit beauftragter Angestellter tätig wird (OLG Hamm 26. X. 1950 VersR 1951 S. 39; Bd. I Anm. 37 zu § 16 S. 325; a. A. OLG Köln 2. II. 1927 JRPV 1927 S. 99). Die von einem V e r m i t t l u n g s a g e n t e n im Zusammenhang mit der Entgegennahme eines Vsantrags erlangte Kenntnis von gefahrerheblichen Umständen ist dem Ver nicht zuzurechnen, wie § 43 Ziff. 2 im Vergleich zu § 43 Ziff. 1 ergibt (anders BGH 11. XI. 1987 VersR 1988 S. 234, 236 f. - vgl. dazu weiter unten; wie hier im Ergebnis OLG Köln 21. II. 1985 RuS 1985 S. 230 f.; LG Hamburg 3. IV. 1952 VersR 1952 S. 197 f.; LG Kaiserslautern 20. V. 1964 VersR 1964 S. 1285; OLG Nürnberg 27. IX. 1966 VersR 1969 S. 130; KG 28. XI. 1967 VersR 1968 S. 546 f. unter Hinweis auf § 44). Der erstmaligen Deklaration der Gefahrslage kommt für den Ver eine so erhebliche Bedeutung zu, daß die auf den Vermittler beschränkte Kenntnis auch nur einzelner Umstände für die Risikobeurteilung, die der Vermittler ja nicht vorzunehmen hat, für den Ver nicht ausreichen kann. Dementsprechend kann auch bei Beurteilung des Inhalts der Gefahranzeigen nicht auf die Sicht des Vermittlers abgestellt werden (vgl. AG Warendorf 6.1.1984 VersR 1984 S. 839), die wegen seiner genaueren Kenntnis der Situation des Interessenten möglicherweise ein anderes Ergebnis haben würde als die des Sachbearbeiters des Vers. Mit Recht hat das Gesetz daher den Vermittler insoweit nicht für empfangsbevollmächtigt erklärt wie in dem (minder wichtigen) Fall des § 43 Ziff. 2 noch überhaupt seine — anders als durch Anzeigen erlangte — Kenntnis in § 44 als relevant bezeichnet (Prölss-Martin Anm. 3 zu §44; Röhr S. 115). Nach Ansicht des BGH (11. XI. 1987 VersR 1988 S. 234, 236 f.), der sich dabei auf die Begründung des Entwurfs zum VVG stützt, erstreckt sich die gesetzliche Vollmacht des Vermittlers aus § 43 Ziff. 1 zugleich auf die Entgegennahme der Anzeigen, so daß die dabei erlangte Kenntnis des Agenten über nicht schriftlich fixierte Gefahrumstände dem Ver zuzurechnen sei. Die Entgegennahme des Vertragsantrags und der Erklärungen des Antragstellers hierüber stellten einen einheitlichen Lebensvorgang dar, der keine juristische Aufspaltung erlaube. Der Vermittler sei — auf alleinige Veranlassung des Vers — dessen „Auge und Ohr". Einer Analogie zu § 43 Ziff. 2, wie in Bd. I (Anm. 10 zu § 44 S. 1007) befürwortet, bedürfe es nicht. Diese Begründung überzeugt nicht. Die möglicherweise in diese Richtung tendierende Gesetzesbegründung ist im — allein maßgeblichen — Wortlaut nicht zum Ausdruck gekommen. Die Entgegennahme eines Vertragsantrags, einer Willenserklärung, durch einen dazu Bevollmächtigten, bewirkt, daß sie damit als dem Vertretenen zugegangen gilt. Die Kenntnisnahme des Vertreters von allein die Willenserklärung betreffenden Umständen, z. B. über die Vsfahigkeit des Antragstellers, ist dem Ver zuzurechnen (§ 1661 BGB). Die Erstattung von Anzeigen über Gefahrumstände ist keine Willenserklärung (Anm. F 4). Auch sind diese Anzeigen nicht nur im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertragsantrag abzugeben, sondern wei-

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Wriede

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Anm. [F 24]

terhin bis zum endgültigen Vertragsabschluß (Anm. F 7). Von einem einheitlichen Lebensvorgang, der keine juristische Aufspaltung erlaube, kann daher nicht gut gesprochen werden. Das zeigt sich vor allem dann, wenn Antrag und Anzeigen von Willensmängeln beeinflußt sind. Dann ist eine Unterscheidung unabweisbar (vgl. Anm. F 4). Auf der Grundlage dieser Entscheidung des BGH kann es erheblich sein, daß die Ver die erwähnte V o l l m a c h t i h r e r V e r m i t t l u n g s a g e n t e n — außer durch die in Anm. F 11 behandelte Klausel — vielfach a u s s c h l i e ß e n , so daß deren Kenntnis über gefahrerhebliche Umstände jenen aus diesem Grunde nicht zuzurechnen ist. Das gilt jedoch nur unter den weiteren (unabdingbaren) Voraussetzungen des § 47. OLG Köln (19. V. 1988 VersR 1988 S. 904) meint, dem Antragsteller sei grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen und die Vollmachtsbeschränkung daher wirksam, wenn er nicht sogleich die aus den AVB ersichtliche Klausel zur Kenntnis nehme. Das erscheint sehr bedenklich, da die AVB erst ab Vertragsabschluß maßgeblich sind (ebenso Groh, Nebenabreden bei Vsverträgen, Karlsruhe 1965, S. 39: Die in AVB niedergelegten Beschränkungen der Agentenvollmacht braucht sich der Vmer bei der Stellung des Antrags nicht entgegenhalten zu lassen, wenn ihm nicht Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis nachgewiesen werden kann). Soweit der Ver bei der Beantwortung eines Fragebogens oder — was näher liegt — für eine spezielle Befragung des Interessenten einen A r z t e i n s c h a l t e t , werden die von der Rechtsprechung und Literatur zur Lebensv entwickelten Grundsätze herangezogen weden können (vgl. z. B. BGH 29. V. 1980 VersR 1980 S. 762; dazu kritisch Keinert S. 163-165). Der Ver wird sich eines Arztes regelmäßig dann bedienen, wenn er genauere Kenntnisse über den früheren oder gegenwärtigen Gesundheitszustand des Interessenten für erforderlich hält, als das allein mit Hilfe von dessen Antworten auf den Fragebogen möglich ist, der nur auf das Wissen und Beurteilungsvermögen eines Laien abstellt. Der Arzt kann sich — je nach dem Auftrag des Vers — auf Fragen nach gegenwärtigen oder früheren Gesundheitsstörungen nach Krankheiten in der Familie, Anomalien und dgl. beschränken, kann sich nach durchgeführten Behandlungen und ihren Ergebnissen erkundigen; er kann bei Einverständnis des Interessenten darüber hinaus Untersuchungen mehr oder minder großen Umfangs vornehmen. Die ihm dabei zuteil werdenden K e n n t n i s s e sind dem Ver z u z u r e c h n e n , gleichgültig ob der Arzt sie diesem (mündlich oder schriftlich) übermittelt oder nicht. Das folgt daraus, daß sich der Ver, der dazu selbst nicht in der Lage ist, gerade des Arztes für die Ermittlung genauerer Tatsachen für die Beurteilung des Risikos bedient, d. h. sich dessen spezielle Fähigkeiten zunutze macht. Die Vorteile dieser Arbeitsteilung gebieten eine Wissenszurechnung (vgl. hierzu Bd. I Anm. 3 — 15 zu §44 S. 1003-1012; Ricardi AcP 169 S. 385, 389-395). Danach ist die Funktion des Arztes in diesem Zusammenhang eine wesentlich andere als die des Vermittlungsagenten: Während dieser vor allem Interessenten aufspüren und für seinen Ver werben soll und dabei u. U. gewisse Kenntnisse über das Risiko gewinnt (die nach der hier vertretenen Ansicht — vgl. oben — für das spätere Vertragsverhältnis unerheblich sind), ist der Arzt vom Ver eigens in einen wesentlichen Teil der Risikoprüfung, nämlich in die Ermittlung der dieser zugrunde liegenden Tatsachen eingeschaltet. Das rechtfertigt es entgegen der Ansicht von Haasen (VersR 1951 S. 249), die Kenntnis des Arztes der des Vers gleichzusetzen (ebenso Bd. I Anm. 37 zu § 16 S. 323; Röhr S. 117). Es ist dabei unerheblich, in welchem Rechtsverhältnis der Arzt zum Ver steht, ob er insbesondere laufend als sog. Gesellschaftsarzt für diesen tätig ist oder nur für Wriede

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Anm. IF 25, F 26]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

einen konkreten Fall. Daher kann auch der Hausarzt des Interessenten in Betracht kommen. Wesentlich ist allein, daß der Ver ihn mit den Ermittlungen beauftragt (BGH 2. XI. 1967 VersR 1968 S. 41 - für die Lebensv). [F 25] e) Ermächtigungen, Entbindung von der Schweigepflicht aa) Vorbemerkung Die Ver machen den Abschluß von Krankenvsverträgen in der Regel außer von der Unterzeichnung einer Datenschutzermächtigungsklausel, die Weitergabe der von ihnen erfaßten Daten betreffend (vgl. dazu Anm. F 27), davon abhängig, daß der Interessent ihnen die Befugnis einräumt, über frühere, noch bestehende oder abgelehnte anderweitige Personenvsverträge sowie über Krankheiten, Unfallfolgen, Gebrechen und Anomalien Auskünfte einzuholen, und er zu diesem Zweck die um Auskunft ersuchten Personen und Stellen von ihrer Schweigepflicht entbindet (Anm. F 26). Klauseln dieser Art werfen im Hinblick auf verfassungsrechtliche Normen, auf den Datenschutz und das AGBG eine Reihe von Fragen auf, die näher untersucht werden müssen. [F 26] bb) Ermächtigung zur Einholung von Auskünften Schrifttum: Göppinger NJW 1958 S. 241, 245; Hollmann NJW 1978 S. 2332; dies. NJW 1979 S. 1923; Kleinewefers und Wilts VersR 1963 S. 989 ff.; Moser S. 65 f.; Niebling MDR 1982 S. 193, 194; Ohrt und Petersen VW 1950 S. 97-99; Rein VersR 1976 S. 117-120; Schütte NJW 1979 S. 592; Schulz ZfV 1960 S. 315; Zeidler, Festschrift für Gebhard Müller 1970 S. 595-613.

Bestimmungen dieser Art sind enthalten in §§ 3 Ziff. 5 NoB und 1 (4) MB KK, KH und KT. Mangels entsprechender vorvertraglicher Vereinbarung gelten sie jedoch vor Vertragsabschluß für das Stadium der Antrags- und Risikoprüfung durch den Ver noch nicht. Daher werden Klauseln mit vergleichbarem Inhalt vielfach in die Antragsvordrucke eingefügt (vgl. z. B. das Muster des BAA in VA 1952 S. 5). Die g e g e n w ä r t i g g e b r ä u c h l i c h e E r k l ä r u n g (VerbB 1977 S. 52; eine Neufassung ist in Vorbereitung, VerbB 1985 S. 47) hat folgenden Wortlaut: „Schweigepflichtentbindungserklärung Ich ermächtige den Ver, auch zugleich für die mitzuvnden Personen, soweit und solange sie von mir gesetzlich vertreten werden, jederzeit Auskünfte über frühere, bestehende und bis zum Ende des Vertrages eintretende Krankheiten, Unfallfolgen und Gebrechen sowie über beantragte, bestehende oder beendete Personenvn einzuholen. Dazu darf er Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker, Krankenanstalten aller Art, Vsträger, Gesundheits- und Versorgungsämter befragen. Diese befreie ich von ihrer Schweigepflicht und ermächtige sie, dem Ver alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen."

Diese Erklärung hat zwei von einander zu unterscheidende B e s t a n d t e i l e : Ihre b e i d e n e r s t e n S ä t z e beinhalten das A n g e b o t z u m A b s c h l u ß e i n e s V e r t r a g e s über die Abtretung eines Ausschnittes aus dem Anspruch des Interessenten gegen die Auskunftspersonen auf Erteilung von Auskünften dahin, daß der Ver zu ihrer Einholung im eigenen Namen ermächtigt wird, während der Anspruch selbst dem Interessenten verbleibt. Eine solche „Teilabtretung" wird von der Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend mit Recht für zulässig gehalten (vgl. z. B. Münch-Komm-Roth Rz 33 zu § 399 m. w. N.). Dieses Angebot soll bereits durch die Entgegennahme seitens des Vers gemäß § 151 BGB angenommen und die Ermächtigung damit wirksam werden. Anders würde der verfolgte Zweck, ggf. schon vor Vertragsabschluß im Rahmen der Risikoprüfung dem Ver die Einholung von Auskünften zu ermöglichen, nicht erreicht werden können. K208

Wriede

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Anm. |F 26]

S. 3 enthält dagegen eine e i n s e i t i g e E r k l ä r u n g , durch die die Auskunftspersonen oder -stellen von ihrer dem Erklärenden gegenüber bestehenden Schweigepflicht dahin entbunden werden sollen, daß sie die geheimzuhaltenden Tatsachen dem Ver sollen offenbaren dürfen. Diese Freistellung von der Schweigepflicht soll jenen durch den Ver übermittelt werden. Sie hat daher eine eigenständige Bedeutung (Genaueres s. weiter unten). Beide B e s t a n d t e i l e der Erklärung sind in verschiedener Hinsicht z w e i f e l h a f t : In der bisherigen Praxis ist allerdings nicht in Frage gestellt worden, ob es rechtens ist, dem Interessenten derart pauschale und weitgehende Ermächtigungen abzuverlangen (vgl. OLG Köln 28. II. 1928 Nr. 1874 S. 221; OLG Celle 16. III. 1966 VersR 1966 S. 870, 871; Ohrt und Petersen a . a . O . S. 9 7 - 9 9 ; Schulz a . a . O . S. 319-321; Koppen S. 7 7 - 7 8 ; Rein a. a. O. S. 121). Zeidler a. a. O. (ähnlich Heußner ZVersWiss 1978 S. 57, 63 für die Einwilligung nach § 3 S. 1 Nr. 2 BDSG) führt mit Recht aus, daß eine derart umfassende Ermächtigung das v e r f a s s u n g s r e c h t liche G e b o t d e r A c h t u n g der I n t i m s p h ä r e des Einzelnen verletzt, zumal ihm (damals vor Erlaß des BDSG und der Änderung des StGB und der RVO - vgl. Anm. F 27) kein ausreichender Schutz gegen eine Weitergabe der erlangten Informationen durch den Privatver und seine Bediensteten zugestanden habe, wie das z. B. bei Personen der Fall gewesen sei, auf die § 300 StGB a. F. oder § 141 RVO a. F. anzuwenden gewesen wären. Es müsse daher eine Güterabwägung vorgenommen werden. Für die durchaus schutzwürdigen Belange der Ver sei eine so umfassende Ermächtigung auch nicht erforderlich (S. 608 — 610). Für die Risikoprüfung des zu übernehmenden Wagnisses werde von der Ermächtigung auch keineswegs in allen Fällen Gebrauch gemacht. Der insoweit „überschießende" Teil sei daher entbehrlich und auch unwirksam. Es reiche aus und sei insoweit auch zulässig, wenn nach Prüfung des Einzelfalles wegen der Gesundheitsvorgeschichte noch weitere relevante Vorgänge aufzuklären seien, vom Interessenten deswegen eine Ermächtigung wegen bestimmter Auskunftspersonen zu verlangen, so daß ihm der Entschluß verbleibe, ob er sie erteilen wolle. Dem Ver stehe es bei Verweigerung frei, gleichwohl abzuschließen oder den Antrag zurückzuweisen. Die bei Erteilung der Ermächtigung eingeholten Auskünfte von Heilbehandlern gehörten wiederum nur in die Hand eines Arztes, bei dem sie gegen unverantwortliche Weitergabe geschützt seien. In entsprechender Weise könne bei der Bearbeitung von Schadensfällen vorgegangen werden (vgl. hierzu Anm. F 60 f.). Diese im Grunde beifallswerten Ausführungen (ähnlich Hollmann a. a. O. unter Hinweis auf § 9 II AGBG) müssen wegen der inzwischen geänderten Bestimmungen des StGB und der RVO ergänzt werden: Die §§ 300 StGB und 141 RVO sind mit Wirkung vom 1.1. 1975 aufgehoben worden. Die Verletzung des Berufsgeheimnisses u. a. von Heilbehandlern ist seither in § 203 StGB geregelt, der die Verletzung von Privatgeheimnissen durch bestimmte Berufsgruppen unter Strafe stellt (Gesetz vom 2. III. 1974 BGBl 1974 I S. 469, 487). Gemäß § 203 I Ziff. 6 StGB stehen jetzt auch die den „Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensv oder einer privatärztlichen Verrechnungsstelle" anvertrauten Privatgeheimnisse unter Strafrechtsschutz. Ferner unterliegen die hier in Betracht kommenden Tatsachen regelmäßig dem S c h u t z des B D S G . Nach seinen §§ 21, 11, II werden Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person als „personenbezogene Daten" dem speziellen Schutz dieses Gesetzes unterstellt. Dabei kommt es nicht auf die technische Art der Datenerfassung (§ 2 II Nr. 1 BDSG) an; es genügt z. B. eine manuelle Aufzeichnung oder eine mittels Tonbands, sofern sie für eine gewisse Dauer festgehalten werden soll (Simitis-Dammann-MallWriede

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Anm. [F 26]

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mann-Reh Rz 78 zu § 2; Ordemann-Schomerus Anm. 2.1 zu § 2). Zu diesen Daten sind auch Angaben über Gesundheitsverhältnisse und vertragliche sowie öffentlichrechtliche Beziehungen zu rechnen (Simitis-Dammann-Mallmann-Reh Rz 6—11 zu § 2). Gemäß § 3 BDSG dürfen solche Daten nur verarbeitet, d. h. u. a. an andere übermittelt werden (§ 1 II BDSG), wenn das entweder durch Rechtsvorschriften erlaubt ist oder der Betroffene einwilligt. Von öffentlich-rechtlichen Stellen (§71 BDSG) und damit von den Leistungsträgern des Sozialrechts (§12 SGB AT) dürfen — vorbehaltlich der Sonderregelung durch Landesdatenschutzgesetze — personenbezogene Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nur übermittelt werden, wenn das zur Erfüllung der Aufgaben der übermittelnden Stelle erforderlich ist oder der Empfänger ein berechtigtes Interesse daran hat und schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht entgegenstehen (§11 S. 1 BDSG). Schon die zuerst genannte Voraussetzung wird für Auskunftswünsche eines PKVers regelmäßig nicht vorliegen, so daß eine Auskunft nur mit Einwilligung des Betroffenen erhältlich sein wird. Für Auskünfte über personenbezogene Daten von Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs — ζ. B. von Privatvern, Heilbehandlern — vgl. die Hinweise in Anm. F 27. Die Einhaltung des Datenschutzes ist durch Strafbestimmungen bewehrt (§ 41 BDSG). Ferner ist auf § 35 SGB AT hinzuweisen, der die L e i s t u n g s t r ä g e r des Sozialr e c h t s (§12 SGB AT) und weitere ihnen zugeordnete Stellen zur G e h e i m h a l t u n g u. a. von persönlichen Geheimnissen gegenüber den Geheimnisträgern v e r p f l i c h t e t . Davon ist nur die Amtshilfe unter den Leistungsträgern ausgenommen, soweit das zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Dem damit skizzierten umfassenden Schutz persönlicher Daten vor fremdem Zugriff auf der einen Seite entspricht es auf der anderen, daß f ü r die D u r c h b r e c h u n g dieses S c h u t z e s durch Einwilligung des Betroffenen gewisse M i n d e s t a n f o r d e r u n g e n erfüllt sein müssen, wenn das Verfassungsgebot zur Wahrung der Intimsphäre wie überhaupt der Achtung des Willens des Einzelnen, so höchstpersönliche Tatsachen wie die seinen Gesundheitszustand betreffenden vor fremdem Einblick zu schützen (BVerfG 8. III. 1972 BVerfGE Bd. 32 S. 373, 380), eingehalten werden soll. Eine Blankoerklärung der in der PKV jetzt üblichen Art im Rahmen eines zumeist auf unbestimmte Zeit, vielfach Jahrzehnte andauernden Vertrages wird diesen Erfordernissen nicht mehr gerecht, zumal der Ver davon nur in verhältnismäßig wenigen Fällen Gebrauch macht und sie im übrigen, wie Zeidler a. a. O. zutreffend ausführt, für seine Zwecke in dieser umfassenden Form auch gar nicht erforderlich ist (a. A. Bd. V/2 Anm. C 272 S. 434). Falls im Rahmen der Risikoprüfung das Einfordern bestimmter Auskünfte geboten erscheint, mag der Ver den Interessenten auffordern, eine allein hierauf bezügliche Ermächtigung zu erteilen, die regelmäßig der Schriftform bedarf (§ 3 S. 2 BDSG). Wird sie verweigert, steht es dem Ver frei, den Antrag abzulehnen oder — vielleicht unter einschränkenden Modalitäten — dem Interessenten einen neuen Antrag zu machen, ggf. auch auf die Auskunft zu verzichten. Eine spezielle Ermächtigung liegt vor, wenn der Interessent sich mit einer ärztlichen Untersuchung und der Weitergabe ihrer Ergebnisse an den Ver einverstanden erklärt. Auf eine solche Vereinbarung ist § 160 analog anzuwenden: Sie begründet für den Ver keine Rechte. Auch das bedarf der Schriftform. Die gegenteilige A n s i c h t des Β A A — vgl. zuletzt für die Unfallv in VA 1978 S. 207 — k a n n d a h e r n i c h t gebilligt werden. Die Ermächtigung muß vielmehr auf einen konkreten Sachverhalt abgestellt und zusammen mit der Einwilligung über die Entbindung von der Schweigepflicht (vgl. dazu weiter unten) so gefaßt sein, daß sich die Auskunft erteilende Stelle nicht veranlaßt sehen kann, auch Tatsachen preiszugeben, die keinen unmittelbaren Bezug auf die K210

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I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

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erbetene Information haben, und welche die Auskunftsperson gleichsam nur „bei Gelegenheit" der Kenntnisnahme von den relevanten Daten erfahren hat (Göppinger a. a. O. S. 242). Das R e c h t a u f A u s k u n f t über Einzelheiten der Anamnese, der Diagnose und Therapie sowie auf Einsichtnahme in die vom Heilbehandler geführten Krankenunterlagen s t e h t als ein aus dem Arztvertrag sich ergebender Nebenanspruch mit gewissen Einschränkungen, insbesondere im Falle einer notwendigen weiteren Therapie und psychiatrischer Behandlung (vgl. BGH 2. X. 1984 NJW 1985 S. 674), grundsätzlich n u r d e m P a t i e n t e n zu (BGH 23. XI. 1982 BGHZ Bd. 85 S. 327, 333 f.; OLG Celle 30. XI. 1977 NJW 1978 S. 1200; OLG Köln 12. XI. 1981 NJW 1982 S. 704; Laufs Rz 179; ders. NJW 1976 S. 1121,1125; Daniels NJW 1976 S. 345, 346f.; Ahrens NJW 1983 S. 2609-2613). Es ist u m s t r i t t e n , o b und inwieweit es wegen seines höchstpersönlichen Charakters a u f D r i t t e ü b e r t r a g b a r u n d v e r e r b l i c h ist (vgl. z. B. Münch-Komm-Roth Rz 33 zu § 399). Der BGH (31. V. 1983 NJW 1983 S. 2627, 2628) kommt zu dem Ergebnis, daß der Anspruch des Patienten nicht vollen Umfangs höchstpersönlich ist, sondern auch legitimen wirtschaftlichen Interessen dienstbar gemacht werden kann. Insoweit sei er an sich übertragbar und vererblich. Jedoch stehe dem Auskunftsverlangen des Zessionars oder Erben die ärztliche Schweigepflicht entgegen. Diese könne, insbesondere den Erben gegenüber, nur unter gewissen Voraussetzungen überwunden werden; dabei komme vor allem der Entscheidung des Behandlers erhebliche Bedeutung zu. Danach ist der A n s p r u c h in d e m g e n a n n t e n U m f a n g ü b e r t r a g b a r und kann sein Inhaber ohne Vollübertragung den Ver ermächtigen, ihn im eigenen Namen geltend zu machen. Adressaten der daneben in der oben erwähnten Klausel ausgesprochenen E n t b i n d u n g v o n d e r S c h w e i g e p f l i c h t sind die darin abstrakt genannten „Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker, Krankenanstalten aller Art, Vsträger, Gesundheits- und Versorgungsämter". Privatver werden merkwürdigerweise nicht erwähnt, obwohl auch sie wichtige Auskünfte geben können und ihre „Angehörigen" (nicht im familienrechtlichen Sinne) gemäß § 203 I Ziff. 6 StGB zur Geheimhaltung verpflichtet sind. Die Erklärung über die Freistellung von der Schweigepflicht sollen die Auskunftspersonen durch den Ver als Boten des Erklärenden erhalten. Die R e c h t s p o s i t i o n des letzteren ist n i c h t ü b e r t r a g b a r , da sie wie die Einwilligung in Freiheitsbeschränkungen, Körperverletzungen, ärztliche Eingriffe usw. höchstpersönlicher Natur ist (vgl. z. B. Palandt-Heinrichs Anm. 2 b zu § 399; Rieger Rz 1637). Die A u s ü b u n g dieses Rechts ist k e i n R e c h t s g e s c h ä f t (wie die Einräumung der Ermächtigung, vgl. oben), da sie nicht auf die Begründung von Rechten und Pflichten gerichtet ist, sondern eine geschäftsähnliche Handlung (Niebling a. a. O.; Rieger Rz 1636; a. A. Winter in Bd. V Teil 2 Anm. C 272). Für sie kommt eine g e s e t z l i c h e V e r t r e t u n g geschäftsunfähiger oder beschränkt geschäftsfähiger Personen nur in Betracht, wenn diese die Tragweite der geforderten Entscheidung nicht zu übersehen vermögen. Insoweit ist daher die in S. 3 der üblichen Erklärung offenbar mit vorgesehene gesetzliche Vertretung von Familienangehörigen nicht möglich. Eine starre Altersgrenze wie z. B. für die Geschäfts- und Deliktsfähigkeit läßt sich nicht ziehen (BGH 2. XII. 1963 NJW 1964 S. 1177 im Falle einer Freiheitsentziehung). Wenn gesetzliche Vertretung und Personensorge verschiedenen Personen zustehen (z. B. § 1673 II BGB), hat der Sorgeberechtigte die Entscheidung zu treffen, wenn das Mündel dazu nicht in der Lage ist (Trockel NJW 1972 S. 1495; Bockelmann S. 56). W i l l e n s m ä n g e l s i n d u n b e a c h t l i c h . Es kommt ggf. nur darauf an, ob der Mangel derart ist, daß die Erklärung nicht mehr als Ausfluß einer eigenen sachgerechten Willensbildung angesehen werden kann (BGH a. a. O.). Sie kann j e d e r z e i t w i d e r r u f e n w e r d e n (vgl. OLG Celle 16. III. 1966 VersR 1966 S. 870), bis der GeheimnisträWriede

Κ 211

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ger die geheimzuhaltende Tatsache preisgegeben hat. Sie unterliegt nicht den Beschränkungen wie etwa ein Vertragsantrag gemäß § 145 BGB. Angesichts des höchstpersönlichen Charakters des Rechts auf Geheimhaltung ist es darüber hinaus im Hinblick auf die A n f o r d e r u n g e n des A G B G unzulässig, vom Interessenten schon im voraus auf unübersehbare Zeit eine generelle Freistellung der Geheimnisträger zu verlangen. Es entspricht der h. M., daß auch einseitige vom Verwender vorformulierte Erklärungen des Vertragspartners, die Vertragsbestandteil werden sollen, der Inhaltskontrolle unterliegen (Ulmer-Brandner-Hensen Rz 19 zu § 1 m. w. N.), und zwar auch dann, wenn sie wie hier keinen rechtsgeschäftlichen Inhalt haben (Niebling a. a. O.). § 91 AGBG erfordert eine sachgerechte, an Treu und Glauben ausgerichtete Interessenabwägung. Wenn danach eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders anzunehmen ist, ist eine Klausel unwirksam. Staudinger-Schlosser (Rz 180 zu § 9 AGBG) halten die entsprechende Klausel für die Lebensv für unwirksam. Das I n t e r e s s e des Vers daran, für die Erfordernisse seiner Risikoprüfung von Heilbehandlern, anderen Vern, öffentlich-rechtlichen Stellen Auskünfte über frühere Gesundheitsfeststellungen zu erlangen, ist berechtigt, nicht zuletzt auch im Interesse seiner übrigen Vmer. Auch dient es an sich der Verwaltungsvereinfachung und damit dem Kosteninteresse, wenn er ein für allemal die Möglichkeit hat, ohne weitere Kontaktaufnahme mit dem Interessenten bei den dritten Geheimnisträgern nachzufragen. Dem steht das I n t e r e s s e der G e f a h r s p e r s o n gegenüber, ihr höchstpersönliches Recht auf Geheimhaltung ihrer Daten nicht weiter als unbedingt erforderlich preiszugeben und vor allem jederzeit darüber, und dann auf den konkreten Einzelfall bezogen, verfügen zu können und sich dieses Rechts auch nicht teilweise auf unübersehbare Zeit und für nicht voraussehbare künftige Gesundheitsstörungen zu begeben. Dieses Interesse überwiegt jedenfalls dann, wenn dem Ver die Möglichkeit verbleibt, zum Schutz seiner und seiner Vmer Belange im Einzelfall zur Überprüfung des im Rahmen der wAnzpfl dargelegten Gesundheitszustandes und anderer für die Gefahrtragung wesentlicher Fakten (z. B. Art der Berufstätigkeit, Höhe des Einkommens) bei Dritten nachzufragen. Dazu mag er jeweils die Einwilligung der betreffenden Gefahrsperson erbitten und bei Verweigerung oder je nach dem Ergebnis der Auskunft seine Entscheidung über die Annahme des Vsantrags treffen. Gegen eine dieser Praxis entsprechende Klausel im Fragebogen dürften keine Bedenken bestehen. Sie würde keinen nennenswerten Mehraufwand verursachen, da hierfür weitgehend vorformulierte Vordrucke oder Computerprogramme verwendet werden könnten. Ein berechtigtes Interesse an einer im voraus abgegebenen Entbindung von der Schweigepflicht besteht danach nur f ü r den F a l l des T o d e s der G e f a h r s p e r son. Der vererbte Auskunftsanspruch kann zwar vom Erben zur Einziehung auf den Ver übertragen werden. Das Recht, den Heilbehandler von der Schweigepflicht zu befreien, erlischt jedoch mit dem Tode der Gefahrsperson. Das ist im Rahmen der Risikoprüfung unerheblich, da der Ver insoweit keine Gefahr mehr übernimmt. Für die Prüfung von Leistungsansprüchen kann indessen das Einholen von Auskünften von erheblicher Bedeutung sein. Nur für diesen Fall wird der Ver daher für berechtigt zu halten sein, sich die Einwilligung im voraus erteilen zu lassen. Liegt keine solche Ermächtigung vor, kann nach der Rechtsprechung des BGH (23. XI. 1982 BGHZ 85 S. 327, 338) der Auskunftsanspruch wegen wirtschaftlicher Belange der Erben auf diese übergehen, soweit nicht die ärztliche Schweigepflicht entgegensteht. Insoweit kann daher der Erbe auch den Ver zur Einholung von Auskünften ermächtigen. L e t z t l i c h h a t nach den Ausführungen des BGH a. a. O. der A r z t zu e n t s c h e i d e n , ob der Bruch des Geheimnisses gerechtfertigt ist. Er soll dazu die Erklärungen und sonstigen Bekundungen des Verstorbenen, das ihm K212

Wriede

I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. [F 26]

von diesem in dieser Hinsicht entgegengebrachte Vertrauen einerseits und die Belange der Erben auf der anderen Seite gegeneinander abwägen und dabei sachfremde Gesichtspunkte, vor allem die evtl. eigene Haftung betreffend, hintan stellen, eine u. U. recht fragwürdige Erwägung, zumal sie offenbar keiner Kontrolle zugänglich sein soll. Er hat nur seine Gründe für die Auskunftsverweigerung darzulegen (Rieger Rz 1637). Die Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht kann, wie erwähnt, jederzeit widerrufen werden. Dadurch würde die Klausel insgesamt gegenstandslos. Das würde den Ver möglicherweise zur fristlosen Kündigung oder zum Verlangen nach einer Anpassung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage berechtigen (so Puskás VA 1980 S. 109 für den Fall des Widerrufs der Datenschutzermächtigungsklausel, ebenso Winter Bd. V Teil 2 Anm. C 300 S. 450). Auch das zeigt, wie wenig praktikabel eine generelle Freistellungserklärung sich auswirken kann. Eine auf den Einzelfall abstellende Obliegenheit zur Erteilung der Ermächtigung und Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht würde bei Nichterfüllung nur die Rechtsfolgen aus § 6 III auslösen können, den Vertrag im übrigen aber unberührt lassen (vgl. im übrigen Anm. F 64). Da wAnzpflen nur kraft Gesetzes begründet werden können (Bd. I Anm. 5 zu § 16 S. 316), ist der Ver nicht zum Rücktritt berechtigt, wenn der Vmer ein nach Vertragsschluß gestelltes Verlangen nach Abgabe dieser Erklärungen nicht erfüllt. Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die in §§ 3 Ziff. 5 NoB und 1 (4) GrB KK, KH u. KT enthaltenen Klauseln, die neben Mängeln in der Ausdrucksweise auch den Kreis der Auskunftspersonen nicht eindeutig bezeichnen. W e l c h e der im Rahmen der Risikoprüfung in Betracht kommenden und von Dritten zu erfragenden T a t s a c h e n u n t e r d e n G e h e i m n i s s c h u t z f a l l e n , ist z.T. zweifelhaft. Als Rechtsgrundlage für die Beurteilung kommen die §§ 203 StGB, 35 SGB AT und 11, 24 BDSG in Betracht. Zum B e g r i f f des G e h e i m n i s s e s gehört, daß die betreffende Tatsache entweder nur ihrem Träger, d. h. der Person, zu deren persönlichen Lebensbereich sie gehört, oder doch nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist. Ferner ist erforderlich, daß der Wille des Geheimnisträgers an der Geheimhaltung schutzwürdig ist (Dreher-Tröndle Rz 2 zu § 203; Rein a. a. O. S. 119). Unerheblich ist dabei, ob der Dritte, an den ein Geheimnis weitergegeben wird oder werden soll, seinerseits zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, wie das jetzt gemäß § 203 I Ziff. 6 StGB u. a. für „Angehörige" der Krankenver vorgesehen ist (Dreher-Tröndle Rz 26 zu § 203; Rein a. a. O. S. 120). — Von den gleichen Grundsätzen geht auch § 35 SGB AT aus, wonach die Leistungsträger außerhalb des Rahmens der Amtshilfe untereinander gegenüber allen Personen zur Geheimhaltung über Umstände verpflichtet sind, die sie im Zusammenhang mit ihrer Aufgabenerfüllung erfahren und die zu den Geheimnissen u. a. des persönlichen Lebensbereichs gehören (Burdenski-von Maydell-Schellhorn Rz 12 — 19 zu § 35, S. 276-277). - Das BDSG schützt „ p e r s o n e n b e z o g e n e D a t e n " . Dieser Begriff ist weiter als der des zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnisses im Sinne der §§ 203 I Ziff. 6 StGB und 35 SGB AT. Das folgt schon daraus, daß personenbezogene Daten nicht notwendig nur der betreffenden Person oder einem kleinen Personenkreis bekannt sein müssen und ferner aus § § 1 0 1 2 , 1 1 1 2 und 24 12 BDSG, die für die Weitergabe geheimnisgeschützter Daten durch den Erstempfanger besondere Voraussetzungen aufstellen bzw. (§ 241 2 BDSG) sie untersagen. Für die Praxis der Ver wird es daher in erster Linie auf die Beachtung des BDSG und der entsprechenden Landesgesetze ankommen. Beachtlich ist weiter, daß einem Heilbehandler anläßlich der Behandlung eines Patienten oft mehr Umstände bekannt' werden, als von diesem angenommen wird, Wriede

Κ 213

Anm. [F 26]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

so daß die Ermächtigung zur Preisgabe auch solcher — nicht notwendiger ärztlicher — Erkenntnisse führen kann, die dem Arzt nicht nur von seinem Patienten anvertraut worden sind, sondern die er auch von Dritten, ζ. B. von anderen Ärzten, von Angehörigen des Patienten oder durch anderweitige Informationen erfahren hat, die aber mit der konkreten Behandlung nicht immer im Zusammenhang stehen müssen (vgl. hierzu eingehend Göppinger a. a. O.). Über Erkenntnisse der letzteren Art soll der Patient nach Ansicht von Göppinger (S. 244) keine wirksame Einwilligung im Sinne einer die Rechtswidrigkeit der Preisgabe ausschließende Erlaubnis geben können (str., vgl. z. B. Schönke-Schröder Rz 23 zu § 203). Es soll m. a. W. nach Göppinger keine Identität der Geheimnisse bestehen, über die der Patient ohne weiteres rechtswirksam verfügen kann, und über Inhalt und Umfang der Kenntnisse des Arztes. Von dieser Ausnahme abgesehen, werden zu den unter die vorstehend erwähnten Bestimmungen fallenden Geheimnisse — dazu sind nur die Tatsachen zu rechnen, die der Betreffende in seiner „amtlichen" Funktion erfahren hat (Rieger Rz 1624) —, zu deren Preisgabe die zur Verschwiegenheit Verpflichteten u. a. aufgrund entsprechender Ermächtigung des Geheimnisträgers befugt sind, zu rechnen sein: Feststellungen über frühere Erkrankungen (einschränkend aber BGH 23. XI. 1982 BGHZ Bd. 85 S. 327 ff.), den gegenwärtigen Gesundheitszustand, über frühere und gegenwärtige Lebensumstände, über erlittene Unfälle und Kriegsdienstbeschädigungen, über Körperfehler und Anomalien. Das gilt indessen nur mit der Einschränkung, daß die betreffenden Tatsachen nicht ohnehin offenkundig sind, wie das z. B. bei fehlenden Gliedmaßen, Sehfehlern und Verwachsungen der Fall ist. Im Rahmen der Risikoprüfung, namentlich für Tagegeld ν kann das B e s t e h e n a n d e r w e i t i g e r K r a n k e n v s V e r h ä l t n i s s e oder das V o r h a n d e n s e i n von Heilf ü r s o r g e a n s p r ü c h e n für den Ver bedeutsam sein (Anm. F 17). Es kann sich daher als notwendig herausstellen, bei den betreffenden Vern, Vsträgern oder Behörden nachzufragen. Zu klären ist daher, ob allein schon das Bestehen solcher Rechtsverhältnisse der Schweigepflicht unterliegt. Das wird vielfach schon deswegen nicht der Fall sein, weil die betreffenden Rechtsverhältnisse offenkundig sind. Es wird ζ. B. in der Regel einem größeren Personenkreis bekannt sein, daß ein Interessent der gesetzlichen Krankenvspflicht unterliegt, Anspruch auf Heilfürsorge nach den Bestimmungen des Bundesfürsorgegesetzes hat oder als Beamter beihilfeberechtigt ist. Anders mag es sein hinsichtlich der Tatsache, ob und in welcher Höhe jemand eine private Personenv abgeschlossen hat, unter welchen Voraussetzungen er dort ggf. Leistungen erhält und in welcher Höhe (Rein a. a. O. S. 120); ferner können das Bestehen von Unterhaltspflichten oder -ansprüchen, die Höhe des eigenen und des Familieneinkommens wie überhaupt die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers — Tatsachen, die für die Tagegeldv von erheblicher Bedeutung sind — durchaus Gegenstand eines persönlichen Geheimnisses sein. In solchen Fällen kommt es, wenn keine Ermächtigung des Interessenten vorliegt, nach überwiegender, insbesondere auch in der Rechtsprechung vertretener Ansicht auf eine Güterabwägung an, bei der das Geheimhaltungsinteresse des Antragstellers gegen das Interesse des Vers an der Aufklärung der Risikolage abzuwägen ist. So hat der BGH (2. IV. 1957 BGHZ Bd. 24 S. 72, 82 f.) das Interesse eines (schon vten) Vmers an der Geheimhaltung einer ärztlichen Bescheinigung über seine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit zurücktreten lassen gegenüber dem Interesse des Vers und eines Dritten an der Aufklärung des Sachverhalts, nachdem der Verdacht entstanden war, der Vmer habe sie zu Unrecht in Anspruch genommen. In gleichem Sinne hat der BGH (8. X. 1968 NJW 1968 S. 2288, 2290) der Mitteilung eines Arztes über die Verkehrsuntauglichkeit eines Patienten an die Straßenverkehrsbehörde Vorrang eingeräumt vor der Geheimhaltungspflicht gemäß § 300 a. F. StGB. Andererseits hat K214

Wriede

I. Vertragsabschluß 2. Versvertragl. Anzpfl.

Anm. IF 27]

das BVerfG (8. III. 1972 BVerfGE 32 S. 373, 381) festgestellt, daß das allgemeine Interesse an der Aufklärung von Straftaten keinen Vorrang hat vor der Achtung des privaten Bereichs des Beschuldigten (vgl. auch Burdenski-von Maydell-Schellhorn Rz 37 f. zu § 35 S. 406 f.; zweifelnd Heußner ZVersWiss 1978 S. 66 f.). Diese Grundsätze enthalten für die praktische Arbeit des Vers und der von ihm befragten Auskunftspersonen keine große Hilfe, da — von eindeutigen Fällen abgesehen — letztlich erst durch höchstrichterliche Entscheidung festgestellt werden wird, ob das eine oder andere der widerstreitenden Interessen Vorrang genießt. Entgegen der Ansicht von Rein (a. a. O. S. 121) und Frels (VersR 1976 S. 511, 512) wird man das Interesse des Vers an der Aufklärung der Risikolage des Antragstellers gegenüber dessen Geheimhaltungsinteresse nicht regelmäßig für überwiegend halten können. Es wird vielmehr sehr auf die Umstände des Einzelfalles ankommen. Auch der Hinweis von Rein a. a. O. auf § 34 StGB hilft nicht weiter, sondern bestätigt, daß der jeweilige Sachverhalt maßgebend sein soll. Im Zweifel sollte der Ver daher vom Interessenten eine entsprechende Ermächtigung erbitten und seine Bereitschaft zum Vertragsschluß zunächst hiervon abhängig machen. [F 27] cc) Datenschutz und Datenschutzermächtigungsklausel Schrifttum: Biagosch VersR 1979 S. 489-493; Heußner ZVersWiss 1978 S. 5 7 - 7 6 ; Mohr ZVersWiss 1978 S. 4 3 - 5 6 ; v. Puskás VA 1980 S. 5 2 - 5 5 , 102-110; Simitis VersR 1981 S. 197, 203 f.

Die vom Ver e r f a ß t e n D a t e n ü b e r die G e f a h r s p e r s o n e n unterliegen dem Datenschutz nach dem BDSG und den Datenschutzgesetzen der Bundesländer, soweit sie in sog. Dateien gespeichert werden (§ 2 (3) Ziff. 3 BDSG, vgl. dazu etwa Auernhammer Rz 20 — 28 zu § 2). Dabei kann es sich sowohl um Tatsachen über den Gesundheitszustand handeln — so im Rahmen der Krankheitskostenv — als auch um Fakten über die Einkommensverhältnisse, die für Tagegeldvsverhältnisse bedeutsam sind (Auernhammer Rz 6 zu § 23) sowie endlich um Vorgänge, die — kurz gesagt — Erfahrungen mit der Redlichkeit des Vmers und der in den Vertrag einbezogenen Gefahrspersonen betreffen (Mohr a. a. O. S. 52 f.; Bd. V Teil 2 Anm. C 279 S. 438; Auernhammer Rz 7 zu § 23; Ordemann-Schomerus Anm. 1.1. zu § 23). Der Erhebung dieser Daten dienen die verschiedenen Anzeigeobliegenheiten vor und nach Vertragsschluß und die damit verknüpften Ermächtigungen an den Ver (vgl. Anm. F 26) zur Einholung von Auskünften bei Dritten. Die so erfaßten Daten werden vielfach vom Ver gespeichert für eine mögliche spätere Verwendung im Sinne des § 2 (2) Ziff. 1 BDSG. Das ist gemäß § 23 S. 1 BDSG ohne weiteres zulässig, soweit sich diese Verwendung im Rahmen des Vertragszwecks bewegt, z. B. die Daten, die für die Beurteilung von Schadensfällen herangezogen oder für statistische Erhebungen ausgewertet werden. Das gilt auch für Daten der Gefahrspersonen, die nicht zugleich Vmer oder Vter sind. Insoweit kann im Sinne der genannten Bestimmung von einem vertragsähnlichen Vertrauensverhältnis gesprochen werden (Bd. V Teil 2 Anm. C 279 S. 439). Die im Z u s a m m e n h a n g mit der v v A n z p f l e r h o b e n e n Datenfallen nicht darunter, wenn der in Aussicht genommene Vertrag nicht zustandekommt. Bei Abbruch der Verhandlungen müssen sie gelöscht, d. h. unkenntlich gemacht werden (§ 2 (2) Ziff. 4 BDSG); denn sie können einem Vertragszweck oder vertragsähnlichem Vertrauensverhältnis nicht mehr dienlich sein (§ 27 (3) S. 2 BDSG). Eine Speicherung — etwa wegen der bei den Vertragsverhandlungen zutage getretenen Unredlichkeit des Interessenten — ist dann nur mit Zustimmung des Betroffenen zulässig (Ordemann-Schomerus Anm. 2 zu § 23 a. E.). Die danach e r l a u b t e r w e i s e g e s p e i c h e r t e n D a t e n dürfen vom Ver n i c h t ohne weiteres an D r i t t e weitergegeben werden (§3 S. 1 BDSG). Im Bereich des Wriede

Κ 215

Anm. [F 28]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Privatrechts ist insoweit § 24 BDSG einschlägig. Diese Bestimmung stellt für die Datenübermittlung bestimmte Voraussetzungen auf: Sie muß sich entweder „im Rahmen der Zweckbestimmung" des Vertrages oder des vertragsähnlichen Vertrauensverhältnisses halten oder „zur Wahrung berechtigter Interessen der übermittelnden Stelle oder eines Dritten oder der Allgemeinheit erforderlich" sein (§ 24 (1) S. 1 a. a. O.). Angesichts dieser sehr allgemein gehaltenen, auf gerechte Interessenabwägung abstellenden Bedingungen (vgl. dazu etwa Simitis a. a. O. S. 202 f.) können Zweifel entstehen, wenn ein Ver gespeicherte Daten z. B. an den eigenen Außendienst, an Rückver, andere Ver, Konzerngesellschaften oder Fachverbände im eigenen oder im Interesse anderer Krankenver weitergeben möchte (vgl. Biagosch a. a. O. S. 491-493; Bd. V Teil 2 Anm. C 2 7 7 - 2 9 0 S. 437-443). Darüber hinaus sind personenbezogene Daten, d. h. Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person (§ 2 (1) BDSG), die einem Berufsoder besonderen Amtsgeheimnis unterliegen, von der Ermächtigung des § 24 (1) S. 1 BDSG ausgenommen (S. 2 a. a. O.). Sie dürfen daher nur mit schriftlicher Einwilligung des Betroffenen (oder aufgrund vorrangiger Rechtsvorschriften) weitergegeben werden (§ 3 S. 1 Ziff. 2 BDSG). Das gilt namentlich für Auskünfte von Heilbehandlern und Trägern der Sozialv über gesundheitliche Daten, es wird ferner aber auch für Angaben über die Einkommensverhältnisse eines Betroffenen zu gelten haben (ebenso Auernhammer Rz 5 zu § 2), die für die Tagegeldv erheblich sind. Im Hinblick darauf, daß u. a. gerade auch im Bereich von Personenvsverträgen eine Datenübermittlung sowohl für die Belange des einzelnen Vers als auch ihrer Gesamtheit und damit letztlich aller in der Gefahrengemeinschaft zusammengefaßten Vmer geboten ist, um die Vsleistungen möglichst risikogerecht und kostengünstig zu gestalten, ist es daher sinnvoll, die G e n e r a l k l a u s e l n des B D S G für diesen Anwendungsbereich zu k o n k r e t i s i e r e n und eine entsprechende Ermächtigung des Vers durch die Betroffenen zu erstellen (so treffend Simitis a. a. O. S. 204). Das wird mit Hilfe der „ D a t e n s c h u t z e r m ä c h t i g u n g s k l a u s e l " erreicht, die Gegenstand einer „Geschäftsplanmäßigen Erklärung" der Ver sein kann, die eine solche Datenweitergabe für geboten halten (VA 1979 S. 408-410). Die Tragweite und inhaltliche Bedeutung dieser Klausel und der „Geschäftsplanmäßigen Erklärung" sind in Bd.V Teil 2 Anm. C 291-301 S. 443-451 (für die Lebensv) ausführlich erläutert (vgl. ferner v. Puskás a. a. O. S. 102 — 110). Darauf kann für die ähnliche Situation bei der PKV verwiesen werden. Hinsichtlich der von der Klausel mitgedeckten Datenweitergabe an den Verband der privaten Krankenversicherung e.V. ist zu ergänzen, daß damit lediglich der Zweck verfolgt wird, möglichen Vsbetrug zu bekämpfen und falsche Angaben bei der Antragstellung und bei Leistungsansprüchen aufzudecken (v. Puskás a. a. O. S. 105, 110). [F 28] 3. Abweichen der tatsächlichen von der angezeigten Risikolage; Rechtsfolgen der Abweichung a) Vorbemerkung Die tatsächliche Risikolage bei Vertragsschluß kann gegenüber der angezeigten und/oder durch Ermittlungen des Vers erfaßten Lage ungünstiger (Anm. F 29 —F 34) oder günstiger (Anm. F 35) sein. Im ersteren Fall kann es sein, daß den Interessenten an der Nicht- oder Falschanzeige ein Verschulden trifft (Anm. F 29 bis F 33), oder daß er schuldlos gehandelt hat (Anm. F 34). Die Rechtsfolgen sind unterschiedlich geordnet. K216

Wriede

I. Vertragsabschluß 3. Tats, und angez. Risikolage

Anm. [F 29, F 30]

[F 29] b) Risikolage ungünstiger aa) Schuldhafte Verletzung der Anzpfl In diesem Falle steht dem Ver innerhalb einer Frist von einem Monat seit Erlangung der Kenntnis von der Verletzung (§ 201) das Recht zum Rücktritt vom Vertrage zu (§§ 16 II, 17 I). Dieses Recht wird durch § 301 in bestimmter Hinsicht eingeschränkt (Anm. F 33). Das Rücktrittsrecht und die durch seine Ausübung bewirkten Rechtsfolgen sind in Anm. D 47 S. Κ 128 —133 dargestellt. Wegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Verletzungstatbestandes sowie wegen der Beweislastverteilung wird auf die eingehenden Ausführungen in Bd. I Anm. 3 9 - 5 1 zu § 16 S. 326-333, Anm. 3 - 7 zu §17 S. 336-337, und Anm. 22 — 26 zu §44 S. 1017 —1021 verwiesen, deren Ergebnisse hier nur kurz zusammengefaßt wiedergegeben und um weitere Erkenntnisse ergänzt werden (vgl. ferner auch Kisch Hdb II S. 261-304). Gelegentlich wird der Ver kein Interesse daran haben, sich vom Vertrage zu lösen. Eine dem § 41 a vergleichbare gesetzliche Handhabe, der abweichenden Risikolage durch Vertragsänderung Rechnung zu tragen fehlt; sie kann nur einverständlich erreicht werden (§ 305 BGB). Eine gesetzliche Regelung ist wünschenswert (vgl. Schmidt-Tüngler ZVersWiss 1942 S. 190, 199). [F 30] aaa) Objektiver Tatbestand Dieser ist verletzt, wenn der Interessent einen ihm bekannten (fahrlässige Unkenntnis genügt nicht, BGH 13. X. 1982 VersR 1983 S. 25; vgl. die in Anm. F 20 zitierten abweichenden Entscheidungen) gefahrerheblichen Umstand (Anm. F 10) nicht oder unrichtig (wegen des Streits über die Voraussetzungen des § 17 I vgl. Anm. F 23 und ferner Röhr S. 148 — 150) anzeigt, insbesondere dahinzielende Fragen des Vers nicht oder unrichtig beantwortet. Unkenntnis kann ζ. B. vorliegen, wenn der Interessent psychisch krank war und sich dessen bei Antragstellung nicht (mehr) bewußt ist (BGH 13. X. 1982 VersR 1983 S. 24, 25; OLG Hamm 12. XII. 1980 VersR 1981 S. 874). Dabei kommt es auf den — ggf. durch Auslegung zu bestimmenden — Inhalt der Fragen und Antworten an (vgl. die Beispiele in Bd. I Anm. 40 — 42 zu § 16 S. 326 f. und ferner Anm. F 10 — 18). Bei den Anzeigen ist in diesem Zusammenhang die wirkliche Sachlage, soweit sie dem Interessenten bekannt war (die arglistige Entziehung von der Kenntnisnahme wird der positiven Kenntnis gleichgestellt, § 16 II 2), mit der angezeigten zu vergleichen, also ζ. B. diese der dem Interessenten mitgeteilten (vgl. BGH 27. VI. 1984 VersR 1984 S. 884) Diagnose des Arztes gegenüberzustellen (BGH 1. II. 1968 VersR 1968 S. 293, 294; LG Köln 2. VII. 1957 VersR 1957 S. 635). Unrichtig ist eine Anzeige auch dann, wenn ein die Gefahr mindernder Umstand, der tatsächlich nicht besteht, als vorhanden behauptet wird, ζ. B. eine frühere Erkrankung oder die Folgen eines Unfalls wahrheitswidrig als vollständig geheilt bezeichnet oder nicht den Tatsachen entsprechend angegeben wird, daß der Interessent Abstinenzler, Nichtraucher oder nicht drogensüchtig sei. Objektive Unrichtigkeiten, die auf die Risikobeurteilung keinen Einfluß haben, sind unbeachtlich. Insofern kommt es unter Beachtung der in Anm. F 21 dargestellten Grundsätze auf die Wertung des Einzelfalles an. Die vom Interessenten abgegebenen, insbesondere von ihm unterzeichneten Erklärungen sind ihm so, wie sie dem Ver oder den von diesem dazu Ermächtigten zugehen, auch dann zuzurechnen, wenn sie von einem Dritten stammen, für dessen Verhalten er einzustehen hat, ζ. B. für das eines Bevollmächtigten (§19 S. 2), mag der Interessent an ihrer inhaltlichen Abfassung mitgewirkt haben oder nicht (vgl. ausführlich Kisch Hdb II S. 272 f.). Das gleiche gilt, wenn — wie oft — ein Agent Wriede

Κ 217

Anm. [F 31]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

des Vers die Antworten im Fragebogen nach den Angaben des Interessenten formuliert und sie dabei inhaltlich — bewußt oder unbewußt — verfälscht hat, gleichgültig ob dieser das kontrolliert hat oder nicht (h. M. vgl. nur OLG Nürnberg 28. II. 1985 VersR 1986 S. 569 und ferner Anm. F 24). Die Gefahrerheblichkeit eines Umstandes gehört zum objektiven, nicht zum subjektiven Tatbestand (RG 28. III. 1930 RGZ Bd. 128 S. 116, 118 f.; Bd. I Anm. 34 zu § 16 S. 324; Prölss-Martin Anm. 2 zu §§ 16, 17). Jener stellt allein auf die positive Kenntnis des gefahrerheblichen Umstandes ab, während für das Verschulden (beim Erstatten der Anzeigen) auch schon ein Kennenmüssen ausreicht. Das folgt schon aus der Fassung des § 161 und III (sowie § 17): Nach § 16 I hat der Interessent die ihm bekannten, durch Gefahrerheblichkeit qualifizierten Umstände anzuzeigen; es wird mithin vorausgesetzt, daß er gerade auch von diesem qualifizierenden Merkmal Kenntnis hat. Das folgt ferner aus § 16 II 2, wonach nur das arglistige, nicht aber auch die sonst schuldhafte Nichtkenntnisnahme der Kenntnis gleichgestellt wird. Ähnlich wird in § 19 zwischen Kenntnis und Arglist auf der einen Seite, d. h. wegen des Erfassens eines gefahrerheblichen Umstandes (S. 1), und Verschulden auf der anderen Seite, d. h. in bezug auf die Erstattung der Anzeige (S. 2), unterschieden. Bei der Prüfung der in Betracht kommenden Umstände braucht der Interessent m. a. W. keine weitere Sorgfalt anzuwenden. Dieser Notwendigkeit ist er in der Regel ohnehin enthoben, wenn der Ver nach dem betreffenden Umstand ausdrücklich und schriftlich fragt (§16 1 3). Dann gilt der Umstand im Zweifel als gefahrerheblich. Das V e r s c h u l d e n s e r f o r d e r n i s wird dagegen durch §§ 16 III und 17 II allein auf die Tätigkeit des Anzeigens bezogen; es hat daher mit dem logisch davor liegenden Erfassen des erheblichen Umstandes nichts zu tun. Für die von Kisch (Hdb II S. 248), Raiser (Anm. 9 zu § 5 S. 170) und Prölss-Martin 23 (Anm. 5 zu §§ 16,17 S. 153) vertretene Gegenmeinung wird keine Begründung gegeben. Ein Interessent, der z. B. eine beschwerdefreie Gewebeverdickung von einem Arzt untersuchen läßt und die Auskunft erhält, es handle sich nicht um einen krankhaften Befund, verletzt daher seine Anzeigepflicht nicht, wenn er diesen Sachverhalt nicht anzeigt oder auf die Frage des Vers nach Beschwerden und Krankheiten diesen Vorgang nicht erwähnt (vgl. BGH 27. VI. 1984 VersR 1984 S. 884; OLG Hamburg 8. X. 1976 VersR 1977 S. 1151,1152 re. Sp.). Auch wenn der Arzt keine so eindeutige Antwort gibt, sondern eine spätere erneute Untersuchung für erforderlich erklärt, hat der Interessent in der Zwischenzeit keine Kenntnis von einem Krankheitsbefund erlangt, solange er keine Beschwerden hat, so daß schon die objektive Voraussetzung einer Anzpfl nicht gegeben ist. Anders ist es, wenn der Ver eine auf solche Untersuchungen zielende Frage — etwa nach sog. Vorsorgeuntersuchungen (Anm. G 42) — stellt oder wissen möchte, ob sich dem Interessenten Verdachtsmomente nach einer Gesundheitsstörung aufgedrängt haben, was im Zusammenhang mit der vielfach gestellten Frage bedeutsam sein kann, ob der Interessent sich vollkommen gesund fühlt. [F 31] bbb) Subjektiver Tatbestand Subjektiv sind auf Seiten des Interessenten gemäß § 276 1 1 BGB, der auch für vorvertragliche Schuldverhältnisse gilt (Palandt-Heinrichs Anm. 1 a) aa) zu § 276). V o r s a t z o d e r F a h r l ä s s i g k e i t in b e z u g a u f die ( r i c h t i g e ) E r s t a t t u n g d e r A n z e i g e e r f o r d e r l i c h . Dabei handelt es sich, da die Verletzung der wAnzpfl keine Verletzung irgendwelcher Rechte des Vers darstellt, ähnlich wie im Falle des §254 BGB um ein „Verschulden gegen sich selbst" (Kisch Hdb II S. 183-186, R. Schmidt Obliegenheiten S. 143). Gemäß § 276 I 3 BGB richtet sich die Verantwortlichkeit von vermindert zurechnungsfähigen Personen nach §§ 827, 828 BGB (vgl. OLG Frankfurt 11. III. 1983 VersR 1983 S. 1126). An die Sorgfaltspflicht des K218

Wriede

I. Vertragsabschluß 3. Tats, und angez. Risikolage

Anm. [F 31]

Interessenten werden nicht geringe Anforderungen gestellt. Es wird erwartet, daß er insbesondere den Fragebogen eingehend prüft und die nach dem Prüfungsergebnis erkannten Gefahrumstände ohne Sorgfaltsverstoß anzeigt sowie schließlich auch sonstige nicht von Fragen erfaßte, positiv als gefahrerheblich erkannte Umstände (richtig) anzeigt, also ζ. B. die Tatsache, daß er beruflich oder außerberuflich — etwa als Sozialarbeiter — in besonderem Maße infektionsgefährdet ist. Im Falle nicht ausdrücklich und schriftlich erfragter Umstände schadet dem (späteren) Vmer oder Vten indessen nur arglistiges Verschweigen (§ 18), und zwar in der Zeit bis zum Vertragsschluß (Bd. I Anm. 6 zu § 18, S. 339; zu der insoweit abweichenden Ansicht des BGH vgl. weiter unten). Bei der Beurteilung der Verschuldensfrage, insbesondere des Umfangs der anzuwendenden Sorgfalt kommt es nicht auf die individuellen Verhältnisse des Interessenten und nicht auf seinen Bildungsgrad an, vielmehr ist hierbei — anders als bei der Erfassung der gefahrerheblichen Umstände (vgl. Anm. F 21) — ein abstrakter, objektiver Maßstab anzulegen, bei dem die persönlichen Eigenarten des Interessenten unerheblich sind. Entscheidend ist, wie sich ein ordentlicher und gewissenhafter Bürger bei Erstattung der Anzeigen verhalten würde (vgl. im einzelnen z. B. Erman-Battes Rz 16—27 zu § 276). Das, was er nach seinem Bildungsgrad, ggf. aufgrund der ihm möglichen Auslegung der Fragen des Vers oder nach erfolgter Belehrung durch dessen Vermittler als gefahrerhebliche Umstände positiv erkannt hat und bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch erfahrt oder sich in sein Gedächtnis zurückrufen kann (Anm. F 20), muß er angeben und d a b e i die nach allgemeinen Kriterien zu beurteilende, im Verkehr e r f o r d e r l i c h e Sorgf a l t a n w e n d e n . Diese bezieht sich, wie erwähnt, nur auf das Anzeigen selbst, insbesondere auf das richtige und vollständige Beantworten der gestellten Fragen sowie — ggf. im Rahmen des § 18 — auf das Mitteilen der sonst als gefahrerheblich erkannten Umstände (vgl. KG 28. XI. 1967 VersR 1968 S. 546, 547; OLG Hamburg 25. II. 1970 VersR 1970 S. 1147, 1148; OLG Hamm 16. III. 1973 VersR 1973 S. 834, 835 re. Sp.; OLG Hamburg 8. X. 1976 VersR 1977 S. 1151, 1152; OLG Frankfurt/ M 11. III. 1983 VersR 1983 S. 1126; LG Köln 2. XI. 1981 VersR 1983 S. 29) sowie endlich auf das Übermitteln der Anzeigen an den Ver. Das E r f a s s e n des o b j e k tiven S a c h v e r h a l t s g e h ö r t n i c h t in diesen Z u s a m m e n h a n g , wie OLG Köln (13. II. 1973 VersR 1973 S. 1017, 1018 Ii. Sp.) irrig annimmt, wenn es das nicht gehörige Zurückbesinnen auf angeblich entfallene Tatsachen als schuldhafte Nichtanzeige wertet. Vgl. im übrigen die Beispiele aus der Rechtsprechung in Bd. I Anm. 4 6 - 4 8 zu § 16, S. 328f. und ferner in Anm. F 22. Wenn der I n t e r e s s e n t beim Vertragsschluß, der sich regelmäßig über einen längeren Zeitraum erstreckt und daher verschiedene Phasen umfassen kann, ganz oder bei einzelnen Abschnitten d u r c h einen B e v o l l m ä c h t i g t e n o d e r V e r t r e t e r o h n e V e r t r e t u n g s m a c h t v e r t r e t e n wird, so kommt es gemäß § 19 — anders als nach § 166 I BGB — nicht nur auf (die Kenntnis und) das Verschulden (S. 2) des Vertreters an, sondern auch darauf, ob bei dem Interessenten selbst (Kenntnis und) Verschulden vorliegt. Wegen der Problematik des V o r l i e g e n s der K e n n t n i s u n d der a r g l i s t i g e n N i c h t k e n n t n i s n a h m e in bezug auf gefahrerhebliche Umstände ist auf Anm. F 22 zu verweisen. Wegen der hier zu behandelnden Verschuldensfrage bei Mitwirkung eines Bevollmächtigten oder Vertreters ohne Vertretungsmacht enthält § 19 S. 2 eine Sondernorm: Es darf weder diesem noch dem Interessenten selbst ein Verschulden in bezug auf die Nicht- oder unrichtige Erstattung der Anzeige zur Last fallen. Ein Verschulden des letzteren kann auch darin liegen, daß er seinen Bevollmächtigten nicht richtig informiert (OLG Hamm 24. X. 1961 VersR 1962 S. 511). War dagegen das (inhaltlich richtige) Informationsschreiben z. B. verloren gegangen und die Anzeige aus diesem Grunde nicht oder unrichtig erstattet worden, Wriede

Κ 219

Anm. [F 31]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

so trifft weder den Interessenten noch den anderen ein Vorwurf (Bd. I Anm. 5 zu §19 S. 341). Der Fall einer V e r t r e t u n g des Interessenten d u r c h einen g e s e t z l i c h e n Vert r e t e r fällt nicht unter § 19 S. 2. Insoweit gelten daher die allgemeinen Grundsätze über das Einstehenmüssen des (künftigen) Vmers für das Verhalten Dritter (RG 13. XII. 1938 RGZ Bd. 159 S. 243, 246; BGH 19.1.1967 VersR 1967 S. 343, 344; Bd. I Anm. 79, 8 4 - 8 7 zu §6 S. 211 f.; R.Schmidt Obliegenheiten S. 285-287): Analog § 1661 BGB hat der Vmer für das schuldhafte Verhalten seines gesetzlichen Vertreters einzustehen. Das Verschulden kann darin bestehen, daß der Vertreter sein eigenes Wissen über einen gefahrerheblichen Umstand und/oder die ihm vom Interessenten oder von dritter Seite mitgeteilten Tatsachen hierüber nicht oder falsch anzeigt. Wird die Α η ζ einem zur Empfangnahme nicht bevollmächtigten V e r m i t t l u n g s a g e n t e n ü b e r g e b e n (vgl. Anm. F 6), so soll sie nach Ansicht des OLG Frankfurt/ M (27.1.1983 VersR 1983 S. 1070) dann als dem Ver zugegangen gelten, wenn der Vermittler sie nicht mit Rücksicht auf seine mangelnde Vollmacht zurückweist. Das ist unrichtig (vgl. dazu Anm. F 8). Von dem Fall der Vertretung des Interessenten bei Erstattung der Anzeigen ist der andere zu unterscheiden, daß es sich um einen V s v e r t r a g f ü r f r e m d e R e c h n u n g oder darum handelt, daß die vte G e f a h r allein oder u. a. m i t der P e r s o n eines a n d e r e n , einer Gefahrsperson (ohne eigene Ansprüche gegen den Ver), v e r k n ü p f t ist. Im ersteren Falle ist der (künftige) Vte neben dem (künftigen) Vmer anzpfl (Anm. F 5). Im letzteren Falle wird das Wissen der Gefahrsperson dem (künftigen) Vmer oder Vten zugerechnet (§§161, 179 IV analog), je nachdem wer von diesen nach dem Innenverhältnis ζ. B. für die Kosten der Heilbehandlung der Gefahrsperson aufzukommen hat (vgl. Anm. F 5 und F 22). Anzpflichtig ist die Gefahrsperson selbst dagegen nicht; ihr Unterlassen ist daher unschädlich. Jene Wissenszurechnung kann daher auch bei Unkenntnis des (künftigen) Vmers oder Vten zu der Annahme einer schuldhaften Verletzung der Anzpfl durch diese führen (Möller Verantwortlichkeit S. 27; Ricardi AcP Bd. 169 S. 385, 386 f.). In diesem Falle ist jedoch § 30 I zu beachten (Anm. F 33). Bei Prüfung der Verschuldensfrage ist es oft von Bedeutung daß beim A u s f ü l l e n des F r a g e b o g e n s ein A g e n t des Vers, gelegentlich auch sein V e r t r a u e n s a r z t , m i t g e w i r k t hat. Es kann deswegen das Verschulden des Interessenten oder seine Arglist (§§ 18, 22) entfallen (vgl. Bd. I Anm. 22 zu § 44 S. 1017 f.). Über ihre Mitwirkung bei der Auslegung des Fragebogens vgl. Anm. F 11, wegen der Belehrung über die Erheblichkeit von Gefahrumständen vgl. Anm. F 12. Hier geht es noch um die M i t w i r k u n g bei der B e t ä t i g u n g der A n z p f l , nachdem der Interessent gefahrerhebliche Umstände erkannt hat oder ihm solche zuzurechnen sind. Diese Unterscheidung wird von der Rechtsprechung trotz eindeutiger höchstrichterlicher Entscheidungen ζ. T. verkannt. Das RG hat in ständiger Praxis auf die unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einerseits der Haftung des Vers für Agentauskünfte (hier bei Auslegung des Fragebogens und Belehrungen über Erheblichkeit von Gefahrumständen) und andererseits auf die der Agentenmitwirkung beim Erstatten der Anzeigen grundsätzlich fortbestehende Verantwortlichkeit des Interessenten für die Richtigkeit seiner Anzeigen hingewiesen (RG 29. VI. 1897 RGZ 39 S. 177, 179 f.; 30. III. 1900 RGZ 46 S. 184,187-192; 2. IV. 1935 RGZ 147 S. 186,188-190; BGH 9. V. 1951 BGHZ 2 S. 87, 92). R i c h t i g e n t s c h i e d e n haben daher OLG Hamburg (13. II. 1953 VersR 1953 S. 190, 191); OLG Nürnberg (28. II. 1985 VersR 1986 S. 569: Verschulden des Interessenten, da ein vom Vertrauensmann des Vers oder Agenten falsch ausgefüllter Fragebogen ungeprüft unterschrieben; ebenso LG

K220

Wriede

I. Vertragsabschluß 3. Tats, und angez. Risikolage

Anm. [F 31]

Flensburg 27. Vili. 1963 VersR 1963 S. 1213, 1214; LG Landau 9. IV. 1964 VersR 1964 S. 1228; LG Berlin 20.11.1969 VersR 1969 S. 845, 846; OLG Hamm 16. III. 1973 VersR 1973 S. 834; LG Kassel 6. II. 1979 VersR 1979 S. 759, 760 - im übrigen z.T. bedenklich), OLG Köln (13. XII. 1954 VersR 1955 S. 75, 76: eindeutige Fragen können vom Agenten nicht in anderem Sinne ausgelegt werden, Falschbeantwortung daher schuldhaft; ebenso OLG Hamburg 25. V. 1970 VersR 1970 S. 1147, 1148; LG Köln 3. II. 1982 VersR 1983 S. 124; LG Saarbrücken 19. XI. 1982 VersR 1983 S. 1049). Z.T. u n r i c h t i g sind die Entscheidungen folgender Gerichte: OLG Celle (24. V. 1954 VersR 1954 S. 453: Hinweis im Fragebogen, daß Interessent für Richtigkeit der Antworten auch dann verantwortlich ist, wenn andere das Ausfüllen besorgen, hat entgegen der Ansicht des OLG nichts mit der Haftung des Vers für Agentenauskünfte zu tun), OLG Bamberg (30. IX. 1966 VersR 1967 S. 51, 53: mißverständlich, wenn OLG Haftung des Vers für Agentenauskünfte über Erheblichkeit von Gefahrumständen verneint, weil nur Interessent selbst über seine Erkrankung, ausgeheilte Kieferhöhlenvereiterung, Auskunft geben könne; im Ergebnis wohl zutreffend, weil Interessent Umfang seiner Erkrankung nicht richtig angegeben hatte), LG Kaiserslautern (20. V. 1964 VersR 1964 S. 1285, 1286: falsche Belehrungen des Agenten über Gefahrerheblichkeit entlasten den Interessenten angesichts klarer Frage nicht im Sinne des § 16 III, Bedeutung dieser Bestimmung verkannt). Andererseits kann das Mitwirken eines Vertrauensarztes bei Prüfung des Gesundheitszustandes oder eines Agenten bei der Darstellung technischer Einzelheiten, indem sie ihre Erhebungen mit ihren Worten wiedergeben, zur Entlastung des anzpflichtigen Interessenten führen (BGH 29. V. 1980 VersR 1980 S. 762 f.; LG Hamburg 24. V. 1984 VersR 1985 S. 329). Auf die vorstehend behandelte Unterscheidung kommt es deswegen an, weil im Rahmen der Haftung des Vers für Agentenauskünfte dem Vmer nur ein erhebliches Eigenverschulden schadet (z. B. RG 19.1.1915 RGZ 86 S. 128, 132; BGH 9. V. 1951 BGHZ 2 S. 87, 92; 20. VI. 1963 BGHZ 40 S. 22, 25), d. h. in solchem Falle die falsche Auskunft den Ver nicht bindet, während im Rahmen der §§16 III, 17 II schon leichte Fahrlässigkeit des Interessenten das Rücktrittsrecht begründet. Das Rücktrittsrecht des Vers setzt i m F a l l e des §18 qualifiziertes Verschulden des Interessenten, nämlich A r g l i s t (vgl. Anm. D 4 8 S. Κ 133), voraus. Nicht ausdrückliche Fragen sind namentlich solche, die nicht genügend konkret gefaßt, oder die auf die Angabe von Werturteilen gerichtet sind (Anm. F 10). Wenn der Ver, wie ζ. B. bei kurzfristigen Auslandsvn (Anm.F 10), auf das Erfragen von gefahrerheblichen Umständen verzichtet, so ist der Tatbestand des § 18 nicht gegeben und kann auch sonst das Unterlassen der Anzeige grundsätzlich nicht schuldhaft sein. Gleichwohl ist ein arglistiges Verschweigen denkbar, so wenn ζ. B. ein Schwerkranker in Kenntnis seiner Unversicherbarkeit eine solche V beantragt, um auf diese Weise Leistungen des Vers zu erlangen. Daneben kommt eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in Betracht (§§ 22 W G , 123 BGB - vgl. Anm. D 48 S. Κ 133). - Die Einschränkung des Rücktrittsrechts gemäß § 18 gilt nicht, wenn ein nicht erfragter Umstand im Sinne des § 17 unrichtig angezeigt wird (Bd. I Anm. 6 zu § 18 S. 338). Entgegen BGH (27. VI. 1984 VersR 1984 S. 884) und Prölss-Martin (Anm. 2 zu § 18) ist die Vorschrift auch anzuwenden, wenn sich erst nach Abgabe des Fragebogens (und vor Vertragsannahme) herausstellt, daß neu eingetretene oder vorher nicht bekannte und nicht erfragte Umstände anzugeben sind (Bd. I Anm. 6 zu § 18 S. 339). Die Erwägung des BGH, daß in dieser Phase kein Fragebogen mehr zu beantworten sei, erscheint sehr formalistisch und ist in ihrer Konsequenz nicht durchdacht. Sie würde nämlich bedeuten, daß der Interessent in dieser Zeit bei Prüfung ihm neu bekannt werdender Umstände auf ihre Gefahrerheblichkeit nicht mehr an die durch Wriede

Κ 221

Anm. [F 32]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

den Fragebogen (auf erste Sicht) vorgegebene Wertung gebunden wäre, sondern darüber nach eigenem Dafürhalten entscheiden könnte. Das ist schon deswegen unzutreffend, weil ihm in aller Regel eine Kopie des (ausgefüllten) Katalogs verbleibt, den er zu Rate ziehen kann. Diese Erwägung gebietet nicht nur die Anwendung des § 16 I 3 für die fragliche Zeit - davon geht offenbar auch der BGH (1. II. 1968 VersR 1968 S. 293) aus - , sondern ebenso des § 18. Vielfach enthalten die Vordrucke den Hinweis Ich verpflichte mich, ärztliche Behandlungen und alle Veränderungen im Gesundheitszustand der zu vernden Personen, die bis zur Annahme dieses Antrages eintreten, dem Vorstand umgehend schriftlich anzuzeigen.

Damit wird der vorstehend dargelegten Überlegung Rechnung getragen. Der oft anzutreffende Vermerk Für die Richtigkeit der Angaben bin ich auch dann verantwortlich, wenn ein Dritter (ζ. B. der Vermittler) den Antrag niederschreibt

kann nur als Hinweis auf die Rechtslage angesehen werden. Er erweitert jedenfalls nicht die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Interessenten. Das wäre auch im Hinblick auf § 34 a nicht zulässig (Bd. I Anm. 50 a. E. zu § 16 S. 332; Anm. 22 zu § 44 S. 1017). [F 32] ccc) Außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 8 Ziff. 11 NoB; Anzeigepflicht bei Abänderung des Vertrages § 8 Ziff. 11 NoB räumt dem Ver neben dem Rücktritts- und Anfechtungsrecht ein a u ß e r o r d e n t l i c h e s K ü n d r e c h t ein, wenn „der Vmer, der Vte oder eine mitvte Person bei dem Abschluß, der Abänderung oder der Wiederinkraftsetzung der V die Anzpfl schuldhaft verletzt". Nach der halbzwingenden (§ 34 a) gesetzlichen Regelung ist für die unter die §§ 16 — 21 fallenden Tatbestände nur ein Rücktrittsrecht des Vers gegeben. Es stellt jedoch keine danach unzulässige Schlechterstellung des Vmers dar, wenn dem Ver statt dessen das genannte Kündrecht gegeben wird; denn die Künd ist im Vergleich zum Rücktritt das mildere Mittel, da sie die bis dahin eingetretenen Rechtswirkungen unberührt läßt, während der Rücktritt den Vertrag rückwirkend in ein gesetzliches Rückgewährschuldverhältnis umgestaltet mit der Folge, daß der Vmer — außer im Falle des § 21 — u. a. die empfangenen Leistungen zurückzugeben hat (Genaueres Anm. D 47 S. Κ 130-131). Prölss-Martin22 (Anm. 1 zu § 8 NoB S. 1132) meinen, diese Bestimmung gehe für den Fall der A b ä n d e r u n g eines Vertrages über § 16 hinaus; es könne im Hinblick auf §34a insoweit eine A n z p f l nicht wirksam begründet werden. Sie übersehen, daß durch die Vereinbarung von Anzpfln für andere Tatbestände, als durch §§16 — 21 geregelt, so für eine Änderung des Vertrages, von diesen Vorschriften gar nicht abgewichen wird. Im übrigen ist die Interessenlage bei Abänderung eines Vertrages, falls damit eine Erweiterung des Risikos für den Ver verbunden ist, der von den §§16, 17 geordneten durchaus gleich. Der Ver hat ein erhebliches Interesse daran zu erfahren, ob und inwieweit das ihm angetragene weitere Risiko nachteiliger, evtl. auch günstiger ist, bevor er dem Änderungsantrag zustimmt. Es bestehen daher keine Bedenken, §§ 16 ff. entsprechend anzuwenden. Die Anzpfln werden in dem hier interessierenden Zusammenhang in aller Regel ohnehin nur Umstände betreffen, die dem Ver aus dem bisherigen Vertragsverhältnis noch nicht bekannt geworden sind. Beziehen sie sich auf gefahrerhebliche Umstände im Sinne der §§ 16 ff., so bestimmt sich die Rechtslage nach den §§ 16 — 22 (vgl. auch Anm. C 19 S. Κ 63); außerdem kann der Ver unter der Geltung der NoB nach deren § 8 Ziff. 11 kündigen. Betreffen sie andere Umstände, so taucht die Frage auf, ob die in § 8 Ziff. 11 NoB angedrohten K222

Wriede

I. Vertragsabschluß 3. Tats, und angez. Risikolage

Anm. [F 331

Sanktionen an § 61 und II zu messen sind. Das trifft nicht zu, da die anzuzeigenden Umstände nicht ein schon bestehendes Vertragsverhältnis betreffen, sondern ein erst noch abzuschließendes. Gegen die Wirksamkeit des § 8 Ziff. 1 I NoB bestehen daher keine Bedenken. Jedoch darf der Ver wegen § 34 a durch die fristlose Künd nicht besser gestellt werden als durch Rücktritt gemäß §§ 16 II oder 171. Wenn daher der anzpfl Umstand für einen „überhängenden" Vsfall nicht (mit)ursächlich war, bleibt der Ver gemäß § 21 trotz Künd leistungspflichtig. § 8 Ziff. 2 NoB ist daher rechtsunwirksam (ebenso Guckenheimer JRPV 1933 S. 345). Die Ausübung dieses Kündrechts (und ebenso der weiteren dort genannten Rechte) des Vers soll — außer in den genannten Fällen — an eine fünfjährige Ausschlußfrist gebunden sein (§ 8 Ziff. 1 II S. 1 NoB). Diese Bestimmung ist § 163 nachgebildet worden. Sie enthält eine Vergünstigung für den Vmer für den Fall, daß die gesetzliche Frist (mangels Kenntnis des Vers) bis zum Ablauf von 4 Jahren 11 Monaten und 1 Tag noch nicht begonnen hatte; insoweit ist sie wirksam. Die Frage nach dem Bestehen einer wAnzpfl im Falle einer W i e d e r i n k r a f t s e t z u n g eines r u h e n d e n V e r t r a g e s erfordert eine differenzierende Betrachtung, insbesondere über den Zweck der Ruhensvereinbarung (vgl. hierzu Anm. C 22 S. Κ 67-70). [F 33] ddd) Anzeigepflicht nur für einen Teil des Risikos verletzt Wenn die Voraussetzungen für die Entstehung des Rücktrittsrechts nur in bezug auf einen Teil der mehreren von einem Vertrag erfaßten Gefahrspersonen gegeben sind (zur Rechtslage, wenn die Verletzung der Anzpfl nur einzelne Tarife oder Leistungsarten betrifft, s. weiter unten), so kann der Ver grundsätzlich nur hinsichtlich dieser Personen vom Vertrage zurücktreten (§ 301) und zwar gleichgültig, ob die Verletzung der Anzpfl vom Vmer oder dem ggf. gleichfalls anzpflichtigen Vten (§ 79) begangen wurde, oder ob eine Verletzung deswegen angenommen werden muß, weil die Kenntnis einer nicht selbst anzpflichtigen Gefahrsperson diesen zugerechnet werden muß (§§161, 179 IV analog, vgl. Anm. F 5 und F 22), so daß die Nichtoder Falschanzeige als schuldhaft (§§16 III, 17 II) zu gelten hat. Vollen Umfangs darf sich der Ver vom Vertrage nur lösen, wenn anzunehmen ist, daß er den Vertrag zu den gleichen Bedingungen allein in bezug auf die übrigen Gefahrspersonen nicht abgeschlossen haben würde (BGH 13. X. 1982 VersR 1983 S. 25; 10. XII. 1986 VersR 1987 S. 177). Insoweit hat er darzulegen, daß ζ. B. die nach Teilrücktritt verbleibenden Gefahrspersonen von vornherein ein schlechtes Risiko darstellten und er den Vertrag nur wegen der Einbeziehung der (angeblich) guten Risiken der jetzt vom Rücktritt betroffenen Personen abgeschlossen habe (ebenso Röhr S. 256). Dabei kommt es auf die Geschäftsgrundsätze gerade dieses Vers und nicht auf einen allgemein üblichen Maßstab wie im Falle des § 16 12 an (Anm. F 10). Nach § 8 Ziff. 1 V S. I NoB „kann" der Ver den Rücktritt auf die betroffenen Personen beschränken. Er soll sich offenbar auch vollen Umfangs auf diese Weise vom Vertrage lösen können. § 30 ist zwar a b ä n d e r b a r (vgl. § 34a). Zweifelhaft ist aber, ob diese Befugnis mit § 9 I II Ziff. 1 AGBG vereinbar ist. BGH (13. X. 1982 VersR 1983 S. 25) hält den Ver nach dem amtlichen Leitsatz unter Ziff. 2 letzter Hs. für v e r p f l i c h t e t , den R ü c k t r i t t auf die von der Verletzung betroffenen Risiken zu b e s c h r ä n k e n , wenn nicht der in § 30 I a. E. geregelte Ausnahmefall vorliegt. Diese These wird aber in der Entscheidung nicht näher begründet, insbesondere nicht im Hinblick auf das AGBG. Der Gesetzgeber des VVG hat diese Einschränkung des Rücktrittsrechts für abdingbar erklärt und ihr damit ein geringeres Gewicht beigemessen als hinsichtlich der in § 34 a genannten Bestimmungen. Das mag für die meisten Nichtpersonenvsverträge vertretbar sein. In der PKV stellt jedoch die NichtWriede

Κ 223

Anm. [F 33]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

beachtung dieser Begrenzung eine erhebliche Benachteiligung des Vmers dar, weil für die von der Verletzung der Anzpfl nicht betroffenen Gefahrspersonen wegen ihres seit Vertragsschluß höheren Lebensalters und ihrer möglicherweise inzwischen eingetretenen Risikoverschlechterungen anderweitig vergleichbarer Vsschutz in der Regel nur zu erschwerten Bedingungen erreichbar ist. Daher ist das u n e i n g e s c h r ä n k t e R ü c k t r i t t s r e c h t nach den genannten Bestimmungen des AGBG unwirksam. § 2 (3) a S. 2 GrB KK, KH und KT enthält keine solche Abweichung von der gesetzlichen Regelung. Das gleiche ist für die auf der Grundlage der MB KK und KT abgeschlossenen Verträge anzunehmen; sie sehen keine Einschränkung des Rücktrittsrechts vor (§ 13 (5)). Trotz teilweiser Beendigung des Vertrages gebührt dem Ver die volle P r ä m i e , die auf den Zeitraum der bei Wirksamwerden des Rücktritts laufenden Vsperiode entfällt (§ 401 S. 1). Für die späteren Perioden mindert sie sich verhältnismäßig entsprechend dem Tarif. Für „überhängende" Vsfälle, Prämienrückvergütungen u. dgl. gelten die Ausführungen in Anm. D 47 S. Κ 130 ff. In der PKV werden vielfach einem V e r t r a g m e h r e r e T a r i f e zugrunde gelegt. Oft besteht f ü r m e h r e r e T a r i f e eine e n t s p r e c h e n d e A n z a h l von V e r t r ä g e n (vgl. dazu Anm. C 19 S. Κ 6 1 - 6 3 ; Bach-Moser Einl. Rz 72-80). Ist in letzterem Falle der nicht oder falsch angezeigte Umstand nur für einen der Verträge bedeutsam, so kann der Ver nur von diesem — ggf. nur hinsichtlich einzelner Gefahrspersonen — zurücktreten. Ist ζ. B. verschwiegen worden, daß eine Gefahrsperson Träger einer Zahnprothese ist, so wird ein Vertrag, der nur die Kosten einer stationären Behandlung betrifft, davon in der Regel nicht berührt werden. Auf der anderen Seite kann der Ver seinen Rücktritt von einem Vertrage, der neben Zahn- auch ambulante ärztliche Behandlung umfaßt, in diesem Falle nicht ohne weiteres auf die Zahnbehandlung beschränken. Das bedürfte schon einer entsprechenden Vereinbarung (Bd. I Anm. 13 zu §30 S.408f.). §§ 13 (5), 14 (3) MB KK und KT sehen die Möglichkeit vor, daß der Ver Rücktritt (oder Kündigung) „für einzelne vte Personen oder Tarife" erklärt. Die ausdrückliche Erwähnung der Tarife ist dahin zu verstehen, daß unabhängig davon, ob ein Vertrag mehrere Tarife umfaßt oder jedem Vertrag ein gesonderter Tarif zuzuordnen ist, in jedem Fall bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§16ff. ein auf einen e i n z e l n e n T a r i f b e z ü g l i c h e r R ü c k t r i t t z u l ä s s i g sein soll. Insoweit liegt mithin die in Bd. I a. a. O. geforderte besondere Vereinbarung vor. Entspricht die Rücktrittserklärung nicht den vorstehend dargelegten Grundsätzen, etwa weil dieser Rechtsbehelf zu weitgehend den ganzen Vertrag erfassen oder zu eng begrenzt nur eins von mehreren Risiken betreffen soll, so ist fraglich, ob die Erklärung des Vers überhaupt wirksam oder der tatsächlichen Rechtslage entsprechend umzudeuten ist. Das ist zunächst durch Auslegung unter Berücksichtigung der Umstände des Falles, insbesondere der in gleichem Zusammenhang etwa geführten Verhandlungen zu prüfen. Das kann zu einer Umdeutung im Sinne des § 140 BGB führen, und zwar dahin, daß der Ver ein Angebot zur Aufhebung oder Änderung des Vertrages gemacht hat, das der Vmer annehmen kann. Im Zweifel wird man indessen eine auf eine rechtlich nicht zulässige Folge gerichtete Erklärung für unwirksam halten müssen. Die für den „umgekehrten" Fall — Unwirksamkeit einer Kündigungserklärung des Vmers — von der Rechtsprechung ζ. T. angenommene Belehrungspflicht des Vers (vgl. Anm. D 36 S. Κ 110 f.) kommt zu Lasten des Vmers nicht in Betracht. Wenn nur in bezug auf den Vmer als G e f a h r s p e r s o n ein Teilrücktritt des Vers erklärt wird, so wird der Vertrag vollen Umfangs aufgehoben, auch wenn Κ 224

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I. Vertragsabschluß 3. Tats, und angez. Risikolage

Anm. [F 33]

hinsichtlich weiterer Gefahrspersonen keine Anzpflverletzung vorliegt (Anm. D 44 S. Κ 125; a. Α. BGH 3. Χ. 1984 VersR 1985 S. 54, 55: Es entfállt in der Person des Vmers nur dessen Funktion als Gefahrsperson, nicht die des Vertragspartners des Vers. Danach soll der Rücktritt unterschiedliche Wirkungen erzeugen: Ist nur der Vmer Gefahrsperson, so wird der Vertrag insgesamt aufgehoben. Sind daneben noch weitere Gefahrspersonen in den Vertrag einbezogen, so soll der Vmer nach dieser Ansicht nur seiner Funktion als Gefahrsperson enthoben werden. Diese Konsequenz dürfte konstruktiv nicht zu halten sein). Hier wird man jedoch dem Rechtsgedanken des § 301 in der Weise Rechnung tragen müssen, daß der Ver als v e r p f l i c h t e t angesehen werden muß, d e n V e r t r a g mit den n i c h t b e t r o f f e n e n P e r s o n e n f o r t z u s e t z e n , wenn eine von ihnen oder ein Dritter bereit ist, als Vmer des „neuen" Vertrages einzutreten. Für den neu abzuschließenden Vertrag werden im Prinzip die gleichen Grundsätze anzuwenden sein wie für einen nach Ablauf einer Ruhensvereinbarung wieder auflebenden Vertrag (Anm. C 22 S. Κ 68 f.): Es ist insbesondere die wAnzpfl nicht erneut zu erfüllen. Jedoch sind zwischen Rücktritt und Neubeginn der Gefahrtragung etwa eingetretene Gefahrerhöhungen anzuzeigen. Die erste für den „neuen" Vertrag zu leistende Prämie ist keine Erst-, sondern eine Folgeprämie. Für Vsfalle der nicht betroffenen Gefahrspersonen, die vor dem Rücktritt eingetreten sind, haftet der Ver weiter und ebenso für Vsfälle, die vor Beginn der Gefahrtragung des „neuen" Vertrages begonnen haben. Das wird allerdings nur dann gelten können, wenn auch für diesen Zeitraum die Fortzahlung der Prämien vorgesehen wird. Die vstechnischen Abreden des alten Vertrages werden mangels gegenteiliger Vereinbarung weiter gelten: so insbesondere der Begriff des Vsjahres und der Lauf etwa noch nicht verstrichener Wartezeiten. Eine Hemmung ihres Ablaufs wird man annehmen müssen, falls zwischen Rücktritt und Neubeginn der materiellen Gefahrtragung eine Lücke klafft. Alles das wird nicht gelten können, wenn zwischen der Beendigung des alten Vertrages und dem Neubeginn ein längerer Zeitraum liegt. Diese Spanne wird man im Hinblick darauf, daß ein längeres Zuwarten für die Seite der fortsetzungsberechtigten Gefahrspersonen die Möglichkeit eröffnet, den Neuabschluß nur dann anzustreben, wenn sie eine Verschlechterung des Risikos befürchten, nicht zu lange ausdehnen dürfen. Auf der anderen Seite wird zu berücksichtigen sein, daß die Frage des Neuabschlusses einige Überlegungen, vor allem bei mehreren Gefahrspersonen erfordert. Es wird bei alledem wesentlich auf die Umstände des Falles ankommen. Ein Zwischenraum von etwa 3 Monaten sollte aber regelmäßig die obere Grenze sein. § 15 (1) S. 3 MB KK, wonach im Falle des Todes des Vmers die verbliebenen Gefahrspersonen binnen 2 Monaten die Fortsetzung des Vertrages verlangen können, gibt hierfür einen Anhaltspunkt. Die Ausübung des Teilrücktritts löst f ü r den Vmer d a s R e c h t zur K ü n d gemäß § 30 II aus. Seine Ausübung ist an keine Frist gebunden. Da jedoch die Künd nicht für einen späteren Zeitpunkt als den Schluß der zur Zeit des Rücktritts — genauer seines Wirksamwerdens — gerade laufenden Vsperiode ausgesprochen werden kann und eine rückwirkende Künd in aller Regel begriffswidrig ist, kann dieses Recht des Vmers auch nur bis zu diesem Zeitpunkt ausgeübt werden (Bd. I Anm. 20 zu § 30 S. 410). Genaueres zu diesem Kündrecht in Anm. D 29 ff. § 8 Ziff. 1 II S. 2 NoB beschränkt die Ausübung dieses Kündrechts auf 2 Wochen seit Zugang der Rücktrittserklärung und läßt nur eine fristlose Künd zu. Diese Einschränkung gegenüber dem Gesetzesrecht ist an sich zulässig, weil § 30 II nicht zwingend ist. Sie ist jedoch fragwürdig im Hinblick auf § 9 II Nr. 1 AGBG, weil sie dem Vmer abweichend von § 30 II nur eine sehr knapp bemessene Überlegungsfrist einräumt. Da indessen der Rücktritt des Vers auch noch 2 Wochen oder noch kürzere Wriede

Κ 225

Anm. [F 34]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Zeit vor Ablauf der Vsperiode ausgesprochen werden kann, wird man sie für gültig halten müssen, da sie den Vmer in solchem Falle günstiger stellt. Entsprechendes gilt hinsichtlich § 2 (3) a S. 2 GrB. Unklar ist in dieser Bestimmung (ebenso in § 3 (2) c S. 2 GrB), daß die Künd des übrigen Vertragsteils auf den „gleichen Zeitpunkt" zu erklären ist. Offenbar soll damit der Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages für die vom Rücktritt betroffenen Gefahrspersonen gemeint, also eine rückwirkende Künd möglich sein. Auch das erscheint unangemessen, weil die nicht betroffenen Gefahrspersonen ein erhebliches Interesse daran haben können, den Vertrag trotz ausgesprochenen Teilrücktritts noch geraume Zeit — längstens bis zum Ablauf der Vsperiode — aufrecht zu erhalten, etwa um in der Zwischenzeit die Möglichkeit anderweitigen Vsschutzes zu prüfen. Auch dieser Teil der Bestimmung ist daher gemäß § 9 1 und II Nr. 1 AGBG für unwirksam zu halten. - Auch § 13 (5) MB KK und KT fordert die Ausübung des Kündrechts binnen 2 Wochen nach Zugang der Rücktrittserklärung des Vers. Insoweit kann auf das vorstehend Ausgeführte verwiesen werden. Die Künd soll auf den Schluß des Monats des Zugangs möglich sein. Darin liegt gleichfalls eine unangemessene Beschränkung der den nicht betroffenen Gefahrspersonen einzuräumenden Überlegungsfrist. [F 34] bb) Nicht-schuldhafte Verletzung der Anzpfl B e r u h t die u n r i c h t i g e (zu günstige) D a r s t e l l u n g der Gefahrslage n i c h t a u f e i n e m V e r s c h u l d e n des Interessenten — im Falle des § 18 nicht auf einem arglistigen Verschweigen —, so kann sich der Ver nicht durch Rücktritt vom Vertrage lösen, sondern muß das höhere Risiko zunächst einmal tragen, ohne daß die vereinbarte Prämie eine entsprechende Gegenleistung darstellt. In solchem Falle sieht § 41 besondere Lösungen vor. Im einzelnen wird dazu auf Bd. I Anm. 4 — 21 zu §41, S. 520 — 524, verwiesen. § 41 I 2 wirft die Frage auf, ob es hier nur auf die Kenntnis des Vmers ankommen soll oder auch eine Wissenszurechnung beachtlich ist. Im ersteren Falle wäre die Bestimmung überflüssig. Denn wenn der Vmer keine Kenntnis von dem gefahrerheblichen Umstand hat, kann er die Anzpfl nicht schuldhaft verletzen. § 4 1 1 1 würde dann für den Gesetzeszweck ausreichen (ähnlich Kisch Hdb II S. 357: Bei beiden Tatbeständen des § 411 fehlt es an einem Verschulden des Vmers). § 41 12 stützt daher die auch hier vertretene Ansicht (vgl. Anm. F 22), daß die Kenntnis einer mit dem Vmer nicht identischen Gefahrsperson ihm zuzurechnen ist. Davon macht nur § 79 II zugunsten des Vten eine Ausnahme. Im Rahmen des § 41 I, II ist beachtlich, daß die Krankenver allgemein — anders als früher — j e t z t a u c h h ö h e r e R i s i k e n gegen entsprechende Prämienzuschläge vn (vgl. z. B. Ohrt S. 128 — 130). Ist das im Geschäftsplan nicht vorgesehen oder übersteigt das konkrete Risiko diesen Rahmen, so sollte der Ver in analoger Anwendung des §41 I I für berechtigt gehalten werden, s t a t t eines P r ä m i e n z u s c h l a g s einen entsprechenden R i s i k o a u s s c h l u ß g e l t e n d zu machen. Das ist eine im Rahmen der Risikoeingrenzung allgemein anerkannte Praxis in der PKV. Diese Maßnahme sollte in Betracht gezogen werden, bevor das Kündrecht gemäß § 41 II — als ultima ratio — ausgeübt wird. Ihre Geltendmachung folgt den gleichen Grundsätzen wie die Forderung nach einer Prämienerhöhung. Da die Rechte des Vers aus § 41 fristgebunden sind, oft aber unklar sein wird, ob entweder ein Recht zum Rücktritt gemäß §§16 II, 171 zur Prämienerhöhung, zum Risikoausschluß oder zur Kündigung gegeben ist, empfiehlt es sich, diese Rechtsbehelfe im Hilfsverhältnis — etwa in der vorstehend genannten Reihenfolge — in der vorgeschriebenen Monatsfrist geltend zu machen (Bd. I Anm. 4 zu § 41 S. 520; Prölss-Martin Anm. 2 zu § 30; Kisch Hdb II S. 365).

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I. Vertragsabschluß 3. Tats, und angez. Risikolage

Anm. [F 35]

Treffen die Voraussetzungen des § 41 nur auf einzelne der durch den Vertrag erfaßten Gefahrspersonen zu, so sind die Regeln des § 301 und II entsprechend anzuwenden (Röhr S. 250). Die gebräuchlichen AVB weichen von der Gesetzeslage nicht ab (was wegen § 42 auch nur zugunsten des Vmers möglich wäre). § 8 Ziff. 1 IV NoB verweist vollen Umfangs auf § 41. § 2 (2) c Nr. 2 S. 1 GrB ist in gleichem Sinne zu verstehen, auch wenn die Verweisung mißverständlich ist, woraus Prölss 14 (Anm. 5 zu § 2 GrB S. 799) zu Unrecht herleiten will, daß der Ver in jedem der Fälle des § 41 ein außerordentliches Kündrecht habe. Das wäre auch mit § 42 unvereinbar. [F 35] c) Gefahrslage günstiger Nicht jede nach Vertragsschluß eintretende Verbesserung der Gefahrslage und ebensowenig jeder in dieser Hinsicht erkannte Irrtum berechtigt den Vmer zum Verlangen nach einer Anpassung des Vertragsinhalts, d. h. Rücknahme eines Leistungsausschlusses oder einer Prämienermäßigung. Nach den Grundsätzen über das Fehlen oder die Veränderung der Geschäftsgrundlage wäre das auch nur in sehr begrenztem Umfang möglich. Diese haben für diesen Sachverhalt in § 41 a eine besondere Ausprägung erfahren (BGH 5. II. 1981 VersR 1981 S. 621, 622). Die Bestimmung setzt voraus, daß wegen bestimmter die Gefahr erhöhender Umstände eine höhere als für vergleichbare Risiken sonst vorgesehene Prämie vereinbart worden ist. Das kann z. B. der Fall sein, wenn nach der Anamnese einer Gefahrsperson nach ärztlicher Erfahrung mit dem Eintreten bestimmter Erkrankungen gerechnet werden muß, diese Erwartung sich aber nach späterer Erkenntnis als unrichtig herausstellt, oder wenn die Gefahrsperson eine zunächst ausgeübte risikoerhöhende Tätigkeit später aufgibt. Das gleiche gilt nach § 41 a II, wenn die Gefahrslage irrtümlich wegen eines angenommenen, tatsächlich aber nicht bestehenden Umstandes für erhöht gehalten worden war. In beiden Fällen kann eine angemessene Herabsetzung der Prämie verlangt werden. Das gilt auch — insoweit ähnelt §41 a dem § 29a —, wenn ein die Gefahr erhöhender Umstand in der Zeit zwischen Stellung und Annahme des Vertragsantrags entfallt oder seine Bedeutung für die Risikobeurteilung verliert. Im einzelnen wird auf die Erläuterungen in Bd. I Anm. 3 — 19 zu §41 a S. 530 — 534 verwiesen. In der PKV ist es, wenn ein erhöhtes Risiko vt werden soll, vielfach üblich, statt oder neben einer Prämienerhöhung einen R i s i k o a u s s c h l u ß z u vereinbaren. Entfällt der Gefahrumstand, der zu der Annahme einer erhöhten Gefahr Anlaß gab, oder beruhte diese Annahme auf einem Irrtum eines der Vertragspartner, so erscheint es gerechtfertigt, dem Vmer in Analogie zu § 41 a das Recht einzuräumen, den Wegfall des Ausschlusses zu fordern. Die Rechtsnatur dieses Verlangens ist in gleicher Weise zu beurteilen wie das nach Prämienherabsetzung (Bd. I Anm. 9 zu § 41 a S. 532). Für die Lebensv ist die Anwendung des § 41 a durch § 164 a ausgeschlossen. Eine entsprechende Bestimmung für die Unfallv fehlt. Es fragt sich, ob f ü r die P K V mit ihrer der Lebensv ähnlichen Risikolage § 164 a a n a l o g h e r a n z i e h e n ist. Das erscheint nicht gerechtfertigt. — In der amtlichen Begründung zu § 164 a (Beilage zur Deutschen Justiz 1940 Nr. 3, S. 16 f.) wird ausgeführt: Lebensvsverträge würden — anders als in der Sachv — auf Jahrzehnte abgeschlossen und entsprechend kalkuliert. Maßgebend für die Berechnung der Prämie seien daher — auch bei besonders gefährlichen Risiken — ausschließlich die Verhältnisse zur Zeit des Vertragsschlusses. Trete nachträglich eine Verschlechterung ein, so bleibe diese unberücksichtigt. Daher müßten auch nachträglich eintretende Verbesserungen außer Betracht bleiben, wenn nicht nachträglich die gesamte Berechnungsgrundlage ins Wriede

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Anm. [F 35|

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Wanken geraten solle. Prämienzuschläge würden nicht nach dem einzelnen Risiko berechnet, sondern nach dem Gesamtverlauf der Sterblichkeit gleichartiger Risiken. Diese Prämienerhöhungen reichten nur aus, wenn umgekehrt auch diejenigen die vereinbarten Prämien weiterzahlten, bei denen eine Besserung eintrete. Würde § 41 a I in der Lebensv anwendbar sein, so wäre daher eine erhebliche Verteuerung der V erhöhter Risiken die Folge. Das gelte auch für § 41 a II. In der Literatur finden sich nur vereinzelt Stimmen hierzu. Freytag (VW 1968 S. 1272) rechtfertigt den § 164 a mit der Erwägung, es handele sich dabei um eine logische Folge aus der spezifisch vsmathematischen Betrachtungsweise dieses Vszweiges. Die vten Personen bildeten eine Gefahrengemeinschaft, die Gruppen jeweils „gleichartiger" Risiken zusammenfasse. Die entsprechende Einstufung erfolge bei Vertragsschluß aufgrund der dann verfügbaren Informationen. Damit sei die zu übernehmende Gefahr für die ganze Dauer des Vertrages festgelegt (dagegen Härlen VW 1969 S. 150, der mit der Einfügung vertraglicher Abreden, die eine Herabsetzung gestatten würden, helfen will). Röhr (S. 266) will — gleichsam als Pendant zur wAnzpfl des Interessenten — im Falle des § 41 a II eine Anzpfl des Vers annehmen, um diesen davor zu schützen, daß der Vmer das Recht auf die Prämienermäßigung erlangt, und zwar soll diese Pflicht dann gegeben sein, wenn der Ver den Interessenten auf dessen Irrtum hinweist. Das ist wenig verständlich. Wenn der Ver den Irrtum des Interessenten erkennt (was in der PKV kaum vorkommen wird, weil es sich im wesentlichen um Gefahrumstände aus der ganz persönlichen Sphäre der Gefahrspersonen handelt), wird er in aller Regel gar nicht erst einen Prämienzuschlag (oder einen Risikoausschluß) fordern. Er mag den Interessenten auf seinen Irrtum hinweisen — so wenn z. B. dieser einen medizinischen Fachausdruck als Krankheitsbezeichnung verstanden hat, der in Wahrheit aber auf keine Krankheit hinweist. Liegt ein beiderseitiger Irrtum vor, so greifen nach allgemeiner Ansicht (vgl. z. B. Palandt-Heinrichs Anm. 6 C d aa zu § 242) die Grundsätze über das Fehlen der Geschäftsgrundlage ein, die in § 41 a, wie erwähnt, einen gesetzlichen Ausdruck gefunden haben. Die Erwägungen der amtlichen Begründung zu § 164 a könnten in gleicher Weise für die PKV gelten, bei der die Verträge überwiegend auch auf Jahrzehnte abgeschlossen zu werden pflegen. Sie sind aber nicht stichhaltig, zumindest nicht für den hier erörterten Zusammenhang mit dem Abschluß des Vertrages. Es widerstreitet schon dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden, daß ein Interessent nur deswegen — auf Jahrzehnte! — die erwähnten Nachteile hinnehmen soll, weil er zufällig bei Vertragsschluß als höheres Risiko angesehen worden ist, als er es tatsächlich darstellte. Daß die Kalkulation eines Lebensvers für gefahrliche Risiken die Möglichkeit einschließe, daß sich ein Risiko nachträglich als minder gefährlich herausstelle, erscheint wenig überzeugend, zumal es sich hier um Ausnahmefälle handeln dürfte, die bei den zugrundliegenden statistischen Erhebungen kaum ins Gewicht fallen dürften, jedenfalls nicht in einem solchen Ausmaße, daß deswegen, wie die Begründung meint, eine wesentliche Verteuerung der V erhöhter Risiken die Folge wäre, ja viele Menschen gar unvbar würden. Auch die Überlegung, besonders gefährdete Risiken könnten sich noch verschlechtern, ohne daß der Ver berechtigt sei, deswegen höhere Prämien zu fordern, überzeugt nicht. Nicht nur besonders gefährdete, sondern auch ganz „normale" Risiken können sich entscheidend verschlechtern und damit eine überdurchschnittliche Sterbenswahrscheinlichkeit beinhalten. Das ist aber dem Risiko der Lebensv von vornherein immanent ebenso wie dem der PKV. Bei dieser kann es noch viel gravierender in Erscheinung treten, weil lang andauernde Krankheiten ganz erhebliche Leistungen erfordern können. Die Abdeckung dieser „Negativ"-Seiten ist gerade Gegenstand der Lebens- wie der Krankenv. Umgekehrt kann K228

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I. Vertragsabschluß 3. Tats, und angez. Risikolage

Anm. [F 36]

aber nicht die „Positiv"-Seite, daß nämlich ein als ungünstig eingestuftes Risiko sich als ein „normales" herausstellt, nicht auch dazu gerechnet werden. § 41 a macht ohnehin schon die Einschränkung, daß die Prämienermäßigung nur für die Zukunft verlangt werden kann, obwohl das betreffende Risiko schon in der vergangenen Zeit nur eine geringere Prämie erfordert hätte. Diese Überlegungen gebieten eine restriktive Anwendung des § 164 a, so daß er f ü r die P K V n i c h t in B e t r a c h t kommt. [F 36] d) Beweislast bei Divergenz zwischen angezeigter und tatsächlicher Risikolage; Beweisführung Schrifttum: Süß VersR 1952 S. 1 8 5 - 1 8 8 .

Der Ver, der wegen Verletzung der wAnzpfl vom Vertrage z u r ü c k t r i t t , h a t die diesen Rechtsbehelf begründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen (Anm. F 30; Bd. I Anm. 28, 34 und 43 zu § 16 S. 323 f., 327). Dazu gehören — das Vorhandensein und die Gefahrerheblichkeit eines Umstandes (Anm. F 10), — positive Kenntnis hiervon bei den mit der Anzpfl belasteten Personen (Anm. F 5 und F 22), — das Fehlen, ggf. (§ 18) auch das arglistige Verschweigen oder die Unrichtigkeit der Anzeige. Im einzelnen: Das V o r l i e g e n eines U m s t a n d e s , der ggf. als gefahrerheblich zu qualifizieren ist, wird in der PKV vielfach an Hand von Unterlagen geführt, die der Ver sich bei der Prüfung von Leistungsansprüchen durch Befragen der Behandler oder anderer Ver, bei welchen die anzbelasteten Personen vt waren oder noch sind (vgl. dazu Anm. F 25 — F 27), beschafft. Daraus, insbesondere aus den jenen gegenüber gemachten Angaben zur Anamnese, ergibt sich häufig das zu beweisende Vorhandensein von Gefahrumständen. Von früheren Behandlern erstellte Diagnosen beweisen das nicht schlechthin, da sie unrichtig sein können. Eine dahingehende Behauptung des Vmers hat entgegen LG Köln (2. VII. 1957 VersR 1957 S. 635) nicht dieser zu beweisen, vielmehr ist es Sache des Vers, sie zu widerlegen. Aus der Tatsache der durchgeführten Behandlung (mindestens zu diagnostischen Zwecken) wird aber zumeist auf das Vorliegen von Beschwerden oder Gesundheitsstörungen zu schließen sein (Wriede VersR 1958 S. 12). Die G e f a h r e r h e b l i c h k e i t e i n e s U m s t a n d e s wird unter den Voraussetzungen des § 16 I 3 v e r m u t e t (vgl. dazu Bd. I Anm. 2 8 - 3 0 zu § 16 S. 323). Diese V e r m u t u n g k a n n w i d e r l e g t w e r d e n , so daß den Ver die volle Beweislast trifft. Das ist z. B. denkbar, wenn der Vmer den Nachweis führt, daß der erfragte aber verschwiegene oder unrichtig angezeigte Umstand nach seiner Beschaffenheit und dem Zusammenhang mit den persönlichen Verhältnissen der betreffenden Gefahrsperson gerade nicht gefahrerheblich ist (OLG Köln 5. VII. 1973 VersR 1974 S. 877, 879; Anm. F 10). Das ist vor allem bei Anwendung der (hier für richtig gehaltenen, vgl. Anm. FIO) objektiven Theorie zur Frage der Erheblichkeit — maßgebend bei der Bewertung des Risikos sind die allgemeinen Grundsätze des betreffenden Vszweiges, nicht die des angesprochenen Vers — bedeutsam. § 16 13 bewirkt weder, daß die erfragten Umstände auch tatsächlich erheblich sind (OLG Nürnberg 4. XI. 1966 VersR 1967 S. 1044, 1045; Kisch Hdb II S. 220 f.), noch umgekehrt, daß nicht von einer Frage erfaßte unerheblich sind (OGH 27. IV. 1950 VersR 1950 S. 100; Röhr S. 108). Für die letztere Annahme spricht allenfalls eine tatsächliche Vermutung zugunsten des Vmers, da in aller Regel angenommen werden kann, daß die Ver nach ihren einschlägigen Geschäftserfahrungen alle als erheblich in Betracht kommenden Wriede

Κ 229

Anm. [F 36]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Umstände in ihrem Fragenkatalog berücksichtigt haben. Das kann im Rahmen einer Würdigung aller Gegebenheiten eines konkreten Falles von Bedeutung sein. — Für die Erheblichkeit nicht erfragter Umstände muß der Ver vollen Beweis erbringen. — Wenn im Rechtsstreit die Frage der Erheblichkeit erfragter Umstände umstritten ist, hat der Ver substantiiert darzulegen, von welchen Grundsätzen bei der Risikoprüfung auszugehen ist. Ist das geschehen, gehen Zweifel, ob der erfragte Umstand erheblich ist, zu Lasten des beweispflichtigen Vmers (BGH 28. III. 1984 VersR 1984 S. 629, 630). Ein K a u s a l z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n der N i c h t a n z e i g e u n d dem E n t s c h l u ß des Vers zur Übernahme des Risikos ist von diesem nicht nachzuweisen; es kommt nach der hier vertretenen objektiven Theorie (Anm. F 10) allein auf die in dem betreffenden Vszweig praktizierten Grundsätze an, d. h. darauf, ob die fraglichen Umstände üblicherweise auf die Entscheidung eines Vers Einfluß zu nehmen pflegen (ebenso Süß a. a. O. S. 186). Der N a c h w e i s der p o s i t i v e n K e n n t n i s bei den anzpflichtigen Personen ist streng genommen ein Indizienbeweis, da die Tatsache des Wissens von einem Umstand fremdem Einblick verschlossen ist. Es bestehen hierfür jedoch vielfach tatsächliche Vermutungen aufgrund der Vorgänge, in deren Zusammenhang der erhebliche Umstand von Bedeutung war: Es kann regelmäßig angenommen werden, daß z. B. Gesundheitsstörungen jeder Art von gewisser Schwere, Unfallfolgen, Einkommensverhältnisse dem Betroffenen in der Erinnerung haften geblieben sind oder durch Einsichtnahme in abgelegte Dokumente aktualisiert werden können. Das letztere wird man indessen meist nur bei den mit dem Vertragsschluß und der Erfüllung der Anzpfl befaßten Personen annehmen können, nicht jedoch bei solchen, die davon keine Kenntnis haben. Der Nachweis kann daher u. U. schwierig sein, so auch bei Krankheiten, die keine Beschwerden verursacht haben (vgl. OLG Hamm 11. VI. 1986 VersR 1986 S. 865). Nach h. M. (vgl. Prölss-Martin Anm. 9 zu §§ 16, 17) trifft den Ver auch die Beweislast d a f ü r , d a ß die Anz u n t e r b l i e b e n ist. Das entspricht an sich der Wortfassung des § 16 II, widerstreitet aber dem zu § 363 BGB entwickelten Grundsatz, daß die Erfüllung einer Verpflichtung von ihrem Schuldner zu beweisen ist, und zwar auch dann, wenn der Gläubiger aus der Nichterfüllung Rechte herleitet (BGH 29.1.1969 NJW 1969 S. 875; 19. X. 1977 VersR 1977 S. 1153, 1155; Palandt-Heinrichs Anm. 1 zu § 363; Ermann-H. P. Westermann Rz 13 zu § 362). Das kann jedoch hier angesichts der klaren Fassung des § 16 II nicht gelten. Auf der Grundlage der h. M. kann der Ver den Beweis des Unterbleibens der Anz erst führen, nachdem der Vmer dargelegt hat, daß, wann und auf welche Weise er die Anz auf den Weg gebracht haben will. Aufgabe des Vers ist es dann, diese Angaben zu widerlegen. Zweifel gehen zu seinen Lasten (vgl. die ähnliche Beweislage im Falle der Verwirkung: BGH 16. V. 1958 NJW 1958 S. 1188; unklar Röhr S. 147). Im Falle des § 18 hat der Ver darüber hinaus die A r g l i s t des I n t e r e s s e n t e n zu beweisen (Kisch Hdb II S. 251; Röhr S. 171; a. A. Bd. I Anm. 8 zu § 18 S. 339). Dieses Tatbestandsmerkmal gehört nach der insoweit eindeutigen Wortfassung zu den Voraussetzungen des Rücktrittsrechts. Im Rahmen des § 17 I hat der Ver nur die o b j e k t i v e U n r i c h t i g k e i t der Anz zu beweisen, nicht auch die Kenntnis des Interessenten hiervon. Diese ist nur im Rahmen des diesem gemäß § 17 II obliegenden Entlastungsbeweises relevant (s. unten). § 16 11 weicht davon ab, weil die wAnzpfl insoweit nicht besteht, als der anzuzeigende Umstand dem Interessenten nicht bekannt ist. Derjenige dagegen, der unrichtig anzeigt, gibt sich als Anzpflichtiger zu erkennen. Es ist daher nur sachgerecht, ihn als beweispflichtig dafür zu behandeln, daß seine Leistung seiner Verpflichtung entsprach (vgl. BGH 19. X. 1977 VersR 1977 S. 1153, 1155). K230

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I. Vertragsabschluß 3. Tats, und angez. Risikolage

Anm. |F 36]

Die das R ü c k t r i t t s r e c h t a u s s c h l i e ß e n d e n U m s t ä n d e sind vom Vmer zu beweisen; das sind — sein und seiner Repräsentanten mangelndes Verschulden an der Verletzung der Anzpfl (Anm. F 31), — Kenntnis des Vers vom verschwiegenen Umstand oder der Unrichtigkeit der Anz (Anm. F 23 und F 24), — Erlöschen des Rücktrittsrechts wegen Fristablaufs gemäß § 201 (Anm. D 47 S . K 129 f.). Hinsichtlich des N i c h tve r s c h u l d e n s werden von der Rechtsprechung von jeher hohe Anforderungen gestellt: positiv als gefahrerheblich erkannte Umstände sind als solche anzuzeigen. Jede Fahrlässigkeit beim Anzeigen (nicht schon beim Erfassen des Umstandes und seiner Bewertung als gefahrerheblich, Anm. F 31) schadet. Der Vmer muß mithin beweisen, aus welchen Gründen der Umstand nicht oder unrichtig angezeigt oder die (richtige) Anz nicht ordnungsgemäß auf den Weg gebracht worden ist. Hat die Anz den Ver trotz Beachtung der gehörigen Sorgfalt nicht erreicht, ist der Vmer entschuldigt. Das gilt auch dann, wenn er mit der Erstattung einer nachträglichen Anz schuldhaft zögert, aber feststeht, daß auch die rechtzeitig abgesandte Anz den schon gefaßten Beschluß des Vers nicht mehr hätte beeinflussen können (BGH 27. VI. 1984 VersR 1984 S. 884, 885). K e n n t n i s des Vers von der Existenz des Gefahrumstandes oder der Unrichtigkeit der Anz wird der Vmer oft nur schwer nachweisen können, da er in dessen Geschäftsunterlagen keinen Einblick hat und auch deren Vorlage nicht verlangen kann (vgl. § 810 BGB, der auch im Rechtsstreit zu beachten ist, § 422 ZPO). Eine entsprechende Prozeßförderungspflicht, wie etwa im Rahmen des § 16 I 3 (vgl. oben), besteht nicht. Sie wird vielfach angenommen, wenn der Beweisführer negative Tatsachen zu beweisen hat (vgl. z. B. BGH 16. V. 1958 NJW 1958 S. 1188). Der hier behandelte Sachverhalt ist damit nicht vergleichbar. Kenntnis des Vers ist anzunehmen, wenn der zuständige Sachbearbeiter sie erlangt hat; sie braucht nicht bei einem vertretungsberechtigten Organ vorzuliegen. Bei kombinierten, nicht notwendig in einem Vsschein dokumentierten Verträgen genügt die Kenntnis einer der dafür zuständigen Abteilungen. Der Ver kann sich demgegenüber nicht auf seine interne Geschäftsverteilung berufen (BGH 24.1.1963 VersR 1963 S. 227). Das E r l ö s c h e n des R ü c k t r i t t s r e c h t s hängt zumeist davon ab, daß der Ver die Monatsfrist aus § 20 I versäumt hat. Dafür ist der Zeitpunkt entscheidend, an welchem er Kenntnis von der Verletzung der Anzpfl erlangt hat. Wegen der Voraussetzungen hierfür ist auf Anm. D 4 7 S. Κ 129 f. zu verweisen. Die Beweislast hat nach ganz h. M. der Vmer (vgl. BGH 29. V. 1980 VersR 1980 S. 762; Rosenberg, Die Beweislast 5. Aufl., München und Berlin 1965, S. 384 f.; a. A. Kisch Hdb II S. 354, der die Rechtzeitigkeit zu den rechtsbegründenden Tatsachen zählt). — Für diesen Fall wird man jedoch eine Prozeßförderungspflicht des Vers annehmen müssen, da er sich aufgrund der in seinem Einflußbereich entstandenen Vorgänge zum Rücktritt entschlossen und der Vmer darin keinen Einblick hat. Der Ver wird diese Vorgänge ζ. B. an Hand von Korrespondenzunterlagen darzulegen haben. Dem Vmer obliegt es nachzuweisen, daß der Ver zu einem früheren Zeitpunkt die erforderliche Kenntnis erworben hat. Zweifel gehen zu Lasten des Vmers. Im Falle n i c h t s c h u l d h a f t e r V e r l e t z u n g der A n z p f l (§41; vgl. Anm. F 34) trifft den Ver die Beweislast für die Voraussetzungen dieser Bestimmung, d. h. dafür, daß — ein höheres Risiko als das aus den erstatteten Anzeigen sich ergebende vorliegt und dafür nach seinen Geschäftsgrundsätzen eine höhere Prämie angemessen ist (Kisch Hdb II S. 370 f.), Wriede

Κ 231

Anm. [F 37]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

— ggf. nach diesen Grundsätzen das höhere Risiko von ihm nicht vt wird (§ 30 II). Demgegenüber k a n n der Vmer e i n w e n d e n und muß die zugrundeliegenden Tatsachen nachweisen, daß — der Ver den die Gefahr angeblich erhöhenden Umstand bei Vertragsschluß bereits kannte; insoweit wird auf die obigen Ausführungen zur Kenntnisfrage verwiesen, — die Rechte des Vers aus § 41 I und II durch Fristablauf gemäß III bereits erloschen seien. In Bd. I (Anm. 16 zu §41 S. 523) und von Kisch (Hdb II S. 371) wird dagegen die Ansicht vertreten, daß insoweit die Beweislast beim Ver liege. Das ist jedoch mit der h. M. zur Fristwahrung bei der Ausübung von Gestaltungsrechten, u. a. im Falle des § 201 nicht vereinbar (vgl. oben). Sowohl das Verlangen nach Prämienerhöhung wie auch das Kündigungsrecht sind Gestaltungsrechte wie der Rücktritt und wie dieser an Ausschlußfristen gebunden (ebenso Röhr S. 212 Ν 1226). Zur G e l t e n d m a c h u n g d e r R e c h t e aus § 41 a obliegt dem Vmer der Nachweis der Voraussetzungen (Bd. I Anm. 18 zu § 41 a S. 533). Da er die Prämienkalkulation des Vers in der Regel nicht kennt, wird auch hier der Ver gehalten sein, die entsprechenden Grundsätze darzulegen, deren Anwendbarkeit auf den konkreten Fall der Vmer, ζ. B. mit Hilfe eines Sachverständigen, aufzuzeigen hat. Betrifft die V e r l e t z u n g der v v A n z p f l n u r einen Teil der in den Vertrag e i n b e z o g e n e n R i s i k e n (Anm. F 33), so hat der Ver, der vom Vertrag insgesamt zurücktreten will (§ 301), die Beweislast für die Voraussetzungen des letzten Hs dieser Bestimmung. Dem Vmer obliegt ggf. der Beweis dafür, daß die Verletzung der wAnzpfl sich nur auf einen Teil der Risiken bezieht. [F 37] 4. Zusatz: WAnzpfl und Leistungsausschluß für „alte Leiden" Schrifttum: Geithe VW 1954 S. 12; Gruneke S. 136-141; Kopsch VW 1952 S. 243; ders. ZfV 1955 S. 28; Ohrt S. 62, 78, 81; Lauinger ZfV 1955 S. 403; Prölss-Martin22 Anm. 1 zu § 15 AVK S. 1104f.; Schotte ZVersWiss 1942 S. 2 6 - 4 1 (zur geschichtlichen Entwicklung); Schulz ZfV 1957 S. 636, 792; ders. DB 1961 Beilage 17 S. 5; ders. VersR 1968 S. 743; Süß VersR 1952 S. 188; Teichmann in Kernfragen der Vsrechtsprechung, Berlin 1938 S. 83—93; Tosberg ZfV 1957 S. 562; Trepte VA 1952 S. 152.

a) Teilweise Unzulässigkeit des § 15 Ziff. 1 NoB Nach dieser Bestimmung sollen Aufwendungen für Krankheiten, Anomalien, körperlichen Fehlern und den durch sie verursachten Folgeerkrankungen u. a. dann vom Vsschutz ausgeschlossen sein, wenn sie vor Vertragsschluß objektiv bestanden haben. Dieser Leistungsausschluß für sog. „alte Leiden" ist auch unter dem Gesichtspunkt der Bestimmungen über die wAnzpfl zu prüfen. Grundsätzlich steht es den Parteien eines Vsvertrages frei zu vereinbaren, daß ζ. B. nur bestimmte Aktiven- oder Passivenbeziehungen (Interessen im weiteren Sinne, vgl. Bd. II Anm. 72 zu § 49 S. 86) gegen die Einwirkungen bestimmter Gefahren vt sein sollen, wobei aus dem Kreis der dem Vertrag zugrundgelegten allgemeinen Gefahrbeschreibung einige spezielle Gefahren (und Interessen) ausgeschlossen werden können, die ihrerseits wieder durch Gegenausnahmen erweitert werden können (vgl. z. B. Bd. II Anm. 11 vor §§ 49 - 80 S. 9 f.). In der PKV ist es daher ohne weiteres zulässig, ζ. B. Aufwendungen des Vmers für bestimmt bezeichnete Krankheiten oder Unfallfolgen auf Dauer oder zeitlich begrenzt von der Leistungspflicht auszunehmen (Näheres Anm. G 18 — 35). Solche Krankheiten pp. können etwa mit ihrem medizinischen Namen gekennzeichnet werden. Es ist aber auch möglich, solche, die sich in einem bestimmten Zeitraum nach Vertragsschluß und vor Beginn der materiellen K232

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I. Vertragsabschluß 4. Leistungsausschl. „alte Leiden"

Anm. [F 37|

Gefahrtragung (Anm. D 5 S. Κ 81 f.) ereignet haben und für gleiche oder andere Gesundheitsstörungen ursächlich werden, aus dem Leistungskatalog des Vers herauszunehmen (vgl. ζ. B. BGH 24. III. 1976 VersR 1976 S. 851; OLG Celle 5. X. 1962 VersR 1962 S. 1145; Ohrt S. 64). § 15 Ziff. 1 NoB sowie neuerdings eine Reihe von gesellschaftsspezifischen AVB für Auslandskrankenv (Näheres Anm. F 38) gehen über diese möglichen Risikobeschränkungen erheblich hinaus, wenn sie generell L e i s t u n g e n f ü r nicht näher gekennzeichnete K r a n k h e i t e n , Gebrechen, Unfallfolgen u n d d a d u r c h v e r u r s a c h t e n G e s u n d h e i t s s t ö r u n g e n vom V s s c h u t z a u s n e h m e n wollen, die vor V e r t r a g s s c h l u ß e i n g e t r e t e n sind. Diese Regelung steht mit den zugunsten des Vmers zwingenden Bestimmungen der §§16 — 22, 40 — 41a in Widerspruch und ist daher u n w i r k s a m . Denn nach diesen kann sich der Ver nur bei Vorliegen der darin genannten weiteren Voraussetzungen durch (befristeten, § 20 I) Rücktritt oder durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung vom Vertrage lösen und damit von seiner Leistungspflicht befreien (ebenso Winter Bd. V/2 Anm. F 29 S. 646) bzw. eine Prämienerhöhung erreichen oder durch Kündigung (ohne rückwirkende Leistungsbefreiung) vom Vertrage lossagen (vgl. dazu Anm. F 28 — 34). § 15 Ziff. 1 NoB will den Leistungsausschluß nicht einmal dann einschränken, wenn der Vmer wegen der Vorerkrankungen seiner wAnzpfl genügt hat (ebenso Süß a. a. O.). Nimmt der Ver in solchem Falle den Antrag ohne Einschränkung (nach Inkrafttreten des AGBG am 1. IV. 1977) an, so ist diese Bestimmung auch gemäß §9 I, II Ziff. 1 AGBG unwirksam (vgl. schon die Bedenken des ZA in VA 1950 S. 38 f.; ähnlich PrölssMartin Anm. 1 zu § 5 MB KK). Die g e g e n t e i l i g e , g a n z h. M. (vgl. das oben angegebene Schrifttum außer Gruneke und ferner BGH 24. III. 1976 VersR 1976 S. 851, 852; 14. XII. 1977 VersR 1978 S. 271, 272; OLG Düsseldorf 10. VII. 1930 JRPV 1931 S. 14; OLG Hamburg 29. XI. 1972 VersR 1973 S. 1014, 1015; OLG Karlsruhe 5. III. 1959 VersR 1959 S. 605; LG Dortmund 17. IV. 1951 VersR 1951 S. 146; AG Koblenz 23. VI. 1954 VersR 1954 S. 505) ist daher n i c h t h a l t b a r (ebenso Gruneke a. a. O.). Es überzeugt entgegen der in Bd. I (Anm. 59 zu § 16 S. 335) vertretenen Ansicht auch nicht, daß Klauseln dieser Art nicht auf die wAnzpfl abstellen. Das ist ein rein formaler Gesichtspunkt. Die Klausel greift vielmehr in diese Regelung ein und unterhöhlt sie (ebenso überzeugend Kisch Hdb II S. 408 — 415: dem Ver sei es nicht gestattet, seine Haftung schlechthin vom Fehlen solcher Umstände abhängig zu machen, die erfahrungsgemäß bei der V der betreffenden Art für die Übernahme der Gefahr erheblich seien. Dagegen stehe es ihm frei, die zu vernden Gegenstände und Personen nach anderen Kriterien zu umschreiben und etwa zu bestimmen, daß ζ. B. Lebensv nicht für Personen über einem bestimmten Alter, Unfallv nicht für Angehörige bestimmter Berufe gewährt würden. Denn hier handle es sich um den Ausschluß bestimmter Arten von Gefahren und nicht darum, daß er eine bestimmte Gefahr übernehme, zugleich aber für den Fall gewisser sie befördernder Umstände seine Befreiung ausbedinge; ebenso Ehrenzweig VersR 1954 S. 335; ähnlich auch Bd. I Anm. 11 zu § 16 S. 319 — die dem widersprechende Ansicht in Anm. 59 a. a. O. S. 335 ist damit nicht vereinbar). Im übrigen ist die A n s i c h t des B G H a. a. O. u n z u t r e f f e n d , die W a r t e z e i t k l a u s e l n h ä t t e n seit etwa 1936 die F u n k t i o n der früher in fast allen AVB enthaltenen B e s t i m m u n g e n ü b e r den A u s s c h l u ß „ a l t e r L e i d e n " ü b e r n o m men. Jene dienten u. a. dazu, solche Krankheiten aus dem Vsschutz auszuklammern, die schon vor Vertragsschluß entstanden, aber damals möglicherweise noch nicht erkannt gewesen seien, in vielen Fällen jedoch während der Wartezeit behandlungsbedürftig würden. Ein Blick auf die seit Anfang der 30er Jahre verwendeten NoB Wriede

Κ 233

Anm. [F 38]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

(vgl. Anm. A 38), nämlich auf die §§ 15 Ziff. 1 und 13, zeigt, daß Wartezeiten n e b e n der Klausel über den Ausschluß „alter Leiden" vorgesehen wurden und diese daher nicht durch jene ersetzt worden sein können. In ähnlicher Weise schließt §4 (2) S. 3 G r B Leistungen für Krankheiten und Unfälle für bestimmte Zeiten aus, die zwischen Vertragsabschluß und Ablauf der Wartezeit behandelt oder bemerkbar werden. Das ist mit den Bestimmungen über die wAnzpfl vereinbar; diese beziehen sich nur auf die vor Vertragsschluß bekannt gewordenen Gefahrumstände (vgl. auch Anm. G 5). (F 38] b) Auslandsreisevsverträge In deren AVB (Einzelheiten dazu bei Ohrt S. 223 — 230) finden sich v i e l f a c h ä h n l i c h e B e s t i m m u n g e n . Oft wird vorgesehen, daß — z.T. mit gewissen Ausnahmen im Falle eintretender Lebensgefahr und heftiger Schmerzen — keine Leistungspflicht für Krankheiten und Unfallfolgen besteht, die bei Beginn des Vsschutzes bereits vorhanden waren oder — in einer zumeist begrenzten Zeit — vorher behandelt wurden oder sich bemerkbar gemacht hatten. Es gibt indessen auch AVB, die keine solchen Ausschlußklauseln enthalten. In jenen anderen AVB taucht mithin die Klausel über den Leistungsausschluß für „alte Leiden" in neuer Form wieder auf. Sie begegnet daher in gleicher Weise den in Anm. F 37 dargelegten Bedenken. In der Rechtsprechung (OLG Karlsruhe 5. III. 1959 VersR 1959 S. 605; OLG Celle 5. VII. 1985 VerbB 1985 S. 44; OLG Köln 29. VII. 1985 VerbB 1985 S. 44; OLG Oldenburg 20. VIII. 1986 VerbB 1987 S. 39 = PKV Publik 1988 S. 106; OLG Hamm 10. X. 1986 VersR 1988 S. 154; 8.1.1988 RuS 1988 S. 178 f.; LG München I 18. X. 1984 VerbB 1985 S. 45; LG Gießen 26. V. 1986 VerbB 1987 S. 39) und der Literatur (Ohrt S. 229) wird diese Ausschlußklausel für wirksam gehalten. Dabei wird die aufgezeigte Problematik aber nicht erörtert, jedoch die Tragweite der Bestimmung z. T. erheblich eingeschränkt. Sie greife nicht wegen jeder in der Vergangenheit aufgetretenen Gesundheitsstörung ein, sondern gelte nur für solche, die bei Reiseantritt schon zutagegetreten seien (so OLGe Celle, Köln, Oldenburg a. a. O.; LGe München I, Gießen a. a. O.). OLG Oldenburg a. a. O. meint ferner, der Vsschutz müsse auch in Relation zu den geringen Prämien gesehen werden. OLG Hamm (10. X. 1986 VersR 1988 S. 154) schränkt ihre Bedeutung auch dahin ein, daß es abweichend von der ganz h. M. über die Rechtslage bei Konkurrenz eingeschlossener und ausgeschlossener Gefahrumstände (vgl. Anm. G 36) — die Mitursächlichkeit einer (nach der Klausel ausgeschlossenen) Vorerkrankung (hier Diabetes und Arteriosklerose) für das Ausmaß einer auf der Auslandsreise erlittenen Unfallverletzung als unerheblich betrachtet. Vom Standpunkt der Ver erscheint diese Regelung bis zu einem gewissen Grade verständlich, weil sie bei diesen Verträgen zumeist darauf verzichten, eine eingehende Risikoprüfung mit Hilfe von Fragebogen vorzunehmen. Sie begnügen sich überwiegend mit der Entgegennahme einer Anmeldung und Zahlung der vorgesehenen Prämie. Diese Handhabung läßt auch den Schluß zu, daß sie überhaupt von der Erfüllung der wAnzpfl absehen wollen, die ja grundsätzlich unabhängig von der Vorlage eines Fragebogens vom Interessenten zu betätigen ist. Der Verzicht auf jegliche Risikoprüfung rechtfertigt gleichwohl nicht den Ausschluß „alter Leiden". Der halbzwingende Charakter der §§ 16 ff. und 41 f. kann auf diese Weise nicht aus der Welt geschaffen werden. Es muß dabei auch bedacht werden, daß das Vertragsrisiko für die Ver bei Verträgen dieser Art nicht unverhältnismäßig groß ist, weil sie durchweg nur für eine kurze Zeit abgeschlossen werden. Nach einigen AVB sollen darüber hinaus nur gesunde Personen „vsfahig" sein. Wegen der Bedeutung dieser Bestimmung für die Wirksamkeit des Vertragsantrags K234

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II. Vor Beginn des Vsfalls 1. Bei Gefahrerhöhung

Anm. [F 39]

und des unter Verstoß hiergegen abgeschlossenen Vertrages sowie der Maßgeblichkeit der §§ 16 ff. vgl. Anm. C 4 S. Κ 47 f. — Man könnte allerdings daran denken, daß ein Interessent, der auf der Grundlage solcher AVB einen Vertragsantrag stellt, sich damit — in Erfüllung seiner wAnzpfl — als gesund bezeichnet. Das setzt aber positive Kenntnis der Klausel voraus, fahrlässige Unkenntnis genügt nicht. Entsprach diese „Anzeige" subjektiv (§§1611, 171) nicht der Wahrheit, so kann der Ver die in Anm. F 29 —33 erörterten Rechtsfolgen geltend machen. Man wird in diesem Zusammenhang jedoch § 16 I 3 nicht anwenden können, weil die Klausel keine ausdrückliche schriftliche Frage beinhaltet. II. Obliegenheiten vor Beginn des Vsfalls (F 39] 1. Obliegenheiten bei Gefahrerhöhung Schrifttum: Vgl. zunächst die Übersicht in Anm. F 1; ferner: Boldt VersR 1981 S. 869 f.; Heid und Schmidt VersR 1980 S. 300-305; Honsell VersR 1981 S. 1094-1098; ders. VersR 1982 S. 112, 114-117; Klingmüller PKV S. 18f.; Migsch VersRdsch 1978 S. 363f.; J. Prölss, Festschrift für Larenz, München 1983 S. 487, 497-499; Rittner NJW 1976 S. 1529; Reimer Schmidt, Festgabe für Hans Möller, Karlsruhe 1972 S. 443-462; Suppes VersR 1977 S. 396; Werber, Die Gefahrerhöhung im deutschen, schweizerischen, französischen, italienischen, schwedischen und englischen Vsvertragsrecht, Karlsruhe 1967; ders. VersR 1976 S. 897—901; ders. Landesreferate zum Weltkongress für Vsrecht, Budapest 1986 Thema II Bandi, S. 215-231; Winter, Festgabe für Hans Möller, Karlsruhe 1972 S. 537-559.

a) Überblick Die Vorschriften über die wAnzpfl sollen dafür sorgen, daß der Ver die von ihm zu übernehmende Gefahrslage richtig einschätzen und das dafür zu fordernde Entgelt zutreffend ermitteln kann. Diese bei Stellung des Vertragsantrags (Regelfall) gegebene Risikolage kann in der Zeit danach, insbesondere nach Vertragsschluß vielfachen Änderungen unterworfen sein (wegen der Rechtslage vor Vertragsabschluß vgl. Anm. F 8): Die Gefahrslage kann günstiger oder ungünstiger werden, auch können sich günstige und ungünstige Faktoren in ihren Auswirkungen auf die Risikolage mehr oder minder gegenseitig aufheben. Vorgänge dieser Art können die auf der Grundlage der wAnzpfl gegebene Geschäftsgrundlage berühren. Übersteigen sie ein gewisses Maß (vgl. § 29 S. 1), so ist eine Vertragskorrektur geboten. Insoweit enthalten die Vorschriften über die bei Gefahrerhöhung zu beachtenden Obliegenheiten und die bei ihrer Verletzung eingreifenden Sanktionen einen gesetzlichen Anwendungsfall des Grundsatzes über die Auswirkungen einer Veränderung der Geschäftsgrundlage (h. M. vgl. die Übersicht bei Röhr S. 23 Ν 129; Werber Landesreferate S. 216 f.). Näheres dazu in Anm. F 40 — 44. Hiervon abgesehen hält das Gesetz es für zweckmäßig, dem Vmer, ggf. auch dem Vten, Verhaltensmaßregeln aufzuerlegen, die einer Verschlechterung der Gefahrslage entgegenwirken sollen. Daneben bestehen die weiteren gesetzlichen Obliegenheiten der §§ 58 und 62 I. Danach ist der Vmer eines Krankheitskostenvsvertrages gehalten, einen anderweitig gegen dasselbe Interesse (i. w. S.) genommenen Vsvertrag jedem der beteiligten Ver unverzüglich anzuzeigen (Anm. F 45) bzw. einen erkennbar drohenden Schaden abzuwenden (Anm. F 46) oder, falls der Vsfall bereits begonnen hat, den Schaden möglichst zu mindern (Anm. F 63). Es liegt auf der Hand, daß allein mit diesem Instrumentarium dem Interesse des Vers an der Vermeidung von Vsiällen und ihren Auswirkungen nicht gedient ist, daß sich vielmehr je nach der Eigenart des einzelnen Vszweiges weitere Verhaltensnormen zur Erreichung dieses Zweckes anbieten, die vertraglich vorgesehen werden können. Wriede

Κ 235

Anm. [F 40]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Vereinbarungen dieser Art unterliegen nach § 32 nicht den Regeln des 2. Titels des VVG. Für sie gelten die Bestimmungen des § 6 1 und II (Anm. F 4 7 —58). Diese können mit den §§23 ff. konkurrieren (BGH 8. VII. 1987 VersR 1987 S. 921). [F 40] b) Gesetzliche Regelung, Abgrenzung von der vten Gefahr Als G e f a h r e r h ö h u n g sind solche Gefährdungsvorgänge anzusehen, die geeignet sind, einen gegenüber dem Gefahrzustand bei Vertragsabschluß neuen Gefahrzustand von einiger Dauer zu schaffen, der die Grundlage eines neuen Schadensverlaufs bilden kann und damit den Eintritt des Vsfalls oder dessen Umfang generell zu fördern geeignet ist (BGH 10.1.1951 VersR 1951 S. 67; OLG Köln 24. IV. 1986 VersR 1987 S. 1026; ähnlich Bene ZfV 1951 S. 32: Veränderung der Gefahr, die bei Vertragsschluß außerhalb der Berechnung des Vers lag). Das Gesetz unterscheidet zwei Fälle von Gefahrerhöhungen (wegen einer Verminderung der Gefahr vgl. Anm. F 35): — Subjektive Gefahrerhöhung: die Gefahr wird durch ein Verhalten des Vmers oder Vten oder durch von ihnen gestattete Maßnahmen Dritter erhöht; das Verhalten oder Gestatten einer Gefahrsperson ohne eigene Ansprüche wird jenen zugerechnet (§§161, 179 IV analog); insoweit gelten die Ausführungen in Anm. F 5 entsprechend (Näheres in Anm. F. 41 — F 42); — objektive Gefahrerhöhung: die Gefahrslage wird unabhängig vom Willen dieser Personen erhöht (Näheres in Anm. F 43). Nach ganz h. M. liegt eine v s r e c h t l i c h r e l e v a n t e G e f a h r e r h ö h u n g vor, wenn die Veränderung der Risikofaktoren allgemein nach den den Betrieb des betreffenden Vszweiges beherrschenden Anschauungen den Ver vernünftigerweise hätte Anlaß geben können, das Vsverhältnis aufzugeben, gegen erhöhte Prämien oder — wie für die PKV hinzugesetzt werden muß — auf die erhöhenden Faktoren bezügliche Risikoausschlüsse fortzusetzen (vgl. Prölss-Martin Anm. 2 A d zu § 23 m. w. N.). Gefahrerhöhungen sind in d e r P K V nicht sehr häufig anzutreffen. Unrichtig ist jedoch die vielfach, so von Prölss-Martin (Anm. 2 C g zu § 23), vertretene Ansicht, die Bestimmungen über die Gefahrerhöhung seien hier wegen ihres Wesens nicht anzuwenden (ähnlich Ohrt S. 66). Die Eigenart dieses Vszweiges hat allerdings für den Begriff der Gefahrerhöhung erhebliche Bedeutung. Die im Lebensablauf sich erfahrungsgemäß erhöhende Gefahr des Eintritts und des Ausmaßes von Krankheiten, von Unfällen wie überhaupt des allmählichen Verfalls der körperlichen und geistigen Kräfte und der damit einhergehenden Gesundheitsstörungen gehört nicht in diesen Zusammenhang (vgl. RG 29. IV. 1941 JRPV 1941 S. 137, 139; BGH 6. VII. 1983 VersR 1983 S. 848; 15. VI. 1982 VersR 1983 S. 850; J. Prölss a. a. O. S. 498; Werber Landesreferate S. 224 und ferner die Hinweise in Anm. D 4 3 S. Κ 123 f.). Diese Intensivierung der Gefahrslage ist dem vom Ver übernommenen Risiko von vornherein immanent (§ 29 S. 2). Das ergibt sich auch daraus, daß die Ver für auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Verträge gemäß § 12 VAG gehalten sind, die Prämien so zu berechnen, daß wegen des im späteren Ablauf erhöhten Risikos eine Altersrückstellung gebildet wird (vgl. PrölssSchmidt-Frey Rz 1 f. zu § 12 und die dort abgedruckten Richtlinien für die Aufstellung technischer Geschäftspläne für die Krankenv). Das verkennt der BGH (6. VII. 1983 VersR 1983 S. 848 Ii. Sp. unten), wenn er meint, die jüngeren Vmer ermöglichten durch ihre Beiträge die höheren Leistungen für die älteren Vmer und könnten daher erwarten, daß ihnen in höherem Lebensalter die gleichen Leistungen K236

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II. Vor Beginn des Vsfalls 1. Bei Gefahrerhöhung

Anm. [F 40]

gewährt würden. Dieser Gedanke mag in der gesetzlichen Rentenv in Betracht kommen; er ist mit § 12 VAG unvereinbar. Im gleichen Sinne nicht als Gefahrerhöhung zu werten ist die V e r s t ä r k u n g der Erscheinungen, die als s u b j e k t i v e s R i s i k o gekennzeichnet werden (vgl. Anm. F 18), nämlich Neigungen der Gefahrspersonen wie etwa die „Flucht in die Krankheit", Vernachlässigung der eigenen Gesundheit wegen nachlassenden Lebenswillens, ebenso aber auch eine sich verstärkende Überempfindlichkeit oder Ängstlichkeit gegenüber jedem Unwohlsein, die zu vermehrter Inanspruchnahme von Heilbehandlungen führen können. Auch diese Veränderungen der Gefahrslage sind von vornherein zur vten Gefahr zu rechnen, soweit nicht § 61 eingreift (vgl. dazu Anm. G 19). Im Rahmen der K r a n k e n - u n d K r a n k e n h a u s t a g e g e l d v kann sich dieses Risiko und auch die V e r t r a g s g e f a h r (Anm. F 18) durch Verminderung des Nettoeinkommens erhöhen. Denn damit verstärkt sich oft die Neigung des Betroffenen, die vten Tagegelder mehr als nach Sachlage geboten in Anspruch zu nehmen. Eine solche Tendenz ist nicht im Lebensablauf „vorprogrammiert" und daher als Gefahrerhöhung anzusehen, und zwar als objektive, wenn die Einkommensminderung ohne Zutun des Betroffenen erfolgt (vgl. dazu Anm. F 43). Aber auch eine Verletzung der Gefahrstandspflicht (Anm. F 41 —42) ist denkbar. Diese Risiken können sich auch durch A b s c h l u ß w e i t e r e r T a g e g e l d v s v e r t r ä g e erhöhen (KG 3. VI. 1980 VersR 1980 S. 839). Der Vmer kann diese für sich selbst oder eine Gefahrsperson ohne eigene Ansprüche abschließen — darin wird eine Verletzung der Gefahrstandspflicht nach § 231 gesehen werden können; er und die Gefahrsperson können aber auch in den Vertrag eines anderen Vmers einbezogen werden und auf diese Weise in den Genuß höherer Leistungen kommen. Das kann, wenn gewollt oder gestattet, zu einer subjektiven, sonst zu einer objektiven Gefahrerhöhung führen. Diese Variante ist deswegen bedeutsam, weil sie nicht wie die erstere von den Bestimmungen der §§ 6 (3) GrB KT, 9 (5) MB KK und 9 (6) MB KT erfaßt wird (Genauers hierzu in Anm. F 48-55). Klingmüller (PKV S. 19) vertritt die Ansicht, daß alle Gefahrerhöhungen stillschweigend vom Ver mit übernommen werden. Er will § 164 (vgl. zu dieser Bestimmung Anm. A 24 S. Κ 7 f. und weiter unten) analog angewandt wissen, wonach als Gefahrerhöhung nur solche Änderungen der Gefahrumstände gelten, die nach ausdrücklicher Vereinbarung in diesem Sinne verstanden werden sollen (ebenso Bruck S. 303 f.). Das ist zu weitgehend. Die Begründung zum VVG führt zu § 164 (damals §161) aus (S. 153), es gehöre geradezu zu den Aufgaben der Lebensv, Deckung dagegen zu bieten, daß die Verhältnisse, die erhaltend oder verkürzend auf das menschliche Leben einwirkten, einem fortwährendem Wechsel unterlägen. Demgegenüber sei die Zahl der Umstände, welche für den Ver die Bedeutung hätten, daß er im Falle einer ihm nachteiligen Änderung die Tragung der Gefahr ablehnen müsse, nur eine beschränkte. Die fraglichen Umstände ließen sich von vornherein genau bezeichnen und würden dementsprechend schon jetzt regelmäßig bei der Schließung des Vertrages einzeln zur Kenntnis des Vmers gebracht. — Diese Erwägungen können für die PKV nicht in gleicher Weise gelten. Zunächst einmal ist in der Lebensv — von zeitlich begrenzten Risikovn abgesehen — der Eintritt des Vsfalls ohnehin zumeist gewiß, was bei der PVK nicht der Fall zu sein braucht. Vor allem aber sind die Möglichkeiten einer insbesondere negativen Veränderung der Gefahrumstände und damit der entsprechenden höheren Belastung des Vers in der PKV ungleich größer als es die Verfasser des § 164 damals für die Lebensv angenommen haben. Sie werden vor allem die seither eingetretene rasante technische Entwicklung mit ihren Auswirkungen auf Leben und Gesundheit der Gefahrspersonen nicht vorausgesehen haben. Sie macht es — jedenfalls für die PKV — praktisch unmöglich, schon Wriede

Κ 237

Anm. [F 41]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

im voraus denkbare Gefahrerhöhungen festzulegen. — Winter (a. a. O. S. 543) bemerkt zutreffend, daß der allmähliche Verfall der körperlichen Kräfte bei Lebensund Krankenv keine Gefahrerhöhung beinhaltet. Sein Hinweis (N 17) auf § 5 MB KK (ähnlich Prölss-Martin Anm. 2 C g) zu § 23) ist in diesem Zusammenhang schwer verständlich. Die Frage der Gefahrerhöhung wird hier nicht behandelt, vielmehr enthält diese Bestimmung lediglich genau bestimmte Einschränkungen der Leistungspflicht des Vers. Soweit darin Tatbestände der Gefahrerhöhung erfaßt worden sein sollten (was nicht der Fall ist), hätte die Leistung des Vers auch nicht schlechthin ausgeschlossen werden dürfen, sondern hätten die §§ 23 ff. für anwendbar erklärt werden müssen. Auf einem gegenteiligen Standpunkt stehen im übrigen auch die GrB KK, KH und KT, die in § 2 (2)c Ziff. 2 auf § § 2 4 - 2 7 VVG verweisen. Wie in Anm. A 24 S. Κ 7 f. ausgeführt, ist der dort zitierte § 10 III des G e s e t z e s ü b e r die A u f h e b u n g d e r H i l f s k a s s e n durch die VO vom 19. XII. 1939 n i c h t a u f g e h o b e n worden. Danach soll es den VVaG verwehrt sein, mit ihren Vmern von § 164 abweichende Vereinbarungen zu deren Nachteil abzuschließen. Jene Bestimmung ist bisher noch nicht nach den Vorschriften des Gesetzes über die Sammlung des Bundesrechts vom 10. VII. 1958 (BGBl I S. 437) erfaßt worden und wird daher möglicherweise nach § 3 (1) dieses Gesetzes noch für nicht fortgeltend erklärt werden. Sie ist aber schon jetzt für obsolet zu halten: §§23 — 30 VVG sind, nachdem § 10 II des Gesetzes vom 20. XII. 1911 aufgehoben worden ist, auf Krankenvsverträge mit VVaG uneingeschränkt anwendbar. Der Verordnungsgeber von 1939 war offenbar der Ansicht, daß § 164 für Krankenvsverträge analog zu gelten habe. Das ist, wie ausgeführt, nicht zutreffend. Die Anwendung der §§23 — 30 ist daher nicht auf ausdrücklich dafür vorgesehene Gefahrumstände beschränkt, wie § 164 für Lebensvsverträge voraussetzt. Für zum Nachteil des Vmers abweichende Vereinbarungen ist daher ohnehin kein Raum. [F 41] aa) Subjektive Gefahrerhöhung aaa) Tatbestand Eine solche ist anzunehmen bei V e r ä n d e r u n g e n der Risikolage, die der Vmer/ Vte ohne Zustimmung des Vers vornimmt oder gestattet, und d i e e i n e e r h ö h t e E r k r a n k u n g s - o d e r U n f a l l g e f a h r m i t sich b r i n g e n , etwa bei Reisen in Länder mit unzureichenden hygienischen Verhältnissen und/oder erhöhter Infektionsgefahr, ferner wenn Gefahrspersonen alkohol- oder drogensüchtig werden (OLG Schleswig 25. XI. 1983 VersR 1984 S. 954), in einen unfallträchtigen oder infektionsgefährdenden Beruf (ebenso Klingmüller PKV S. 18 Ν 68) überwechseln (wegen Besonderheiten in der Krankentagegeldv vgl. Anm. F 57), eine(n) gefahrliche(n) Sport oder Liebhaberei zu betreiben beginnen. Zum Begriff der Vornahme einer Gefahrerhöhung vgl. OLG Köln 24. IV. 1986 VersR 1987 S. 1026. Das VVG geht ersichtlich davon aus, daß eine G e f a h r e r h ö h u n g sich in einer kurzen Zeitspanne vollzieht. Das ist zwar meistens der Fall, u. a. in der PKV kommen aber auch V o r g ä n g e in Betracht, die sich e r s t ü b e r e i n e n l ä n g e r e n Z e i t r a u m e n t w i c k e l n , so ζ. B. bei Trunk- und Drogensucht sowie Abhängigkeit von Medikamenten. Eine Erhöhung der vten Gefahr wird hier erst angenommen werden können, wenn eine gewisse Intensität und eine Abhängigkeit von den berauschenden Mitteln erreicht ist. Die Bestimmung des Zeitpunktes, auf den es wegen der dann falligen und unverzüglich zu erstattenden Anz (§§ 23 II, ggf. 27 II) wesentlich ankommen kann, wird im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Eine Gefahrerhöhung in der PKV kann auch in Betracht kommen, wenn eine Gefahrsperson (mit oder ohne eigene Ansprüche gegen den Ver) operative Eingriffe K238

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II. Vor Beginn des Vsfalls 1. Bei Gefahrerhöhung

Anm. [F 41]

zur Veränderung der äußeren Geschlechtsmerkmale vornehmen läßt (vgl. Transsexuellengesetz vom 10. 6. 80, BGBl I S. 1654), die zu Gesundheitsstörungen führen können. In solchem Falle können allerdings u. U. psychotherapeutische Gründe als Gebot der Menschlichkeit im Sinne des § 26 und damit als Rechtfertigungsgründe in Betracht kommen (vgl. VerbB 1980 S. 48). Fraglich ist, ob eine subjektive Gefahrerhöhung auch darin zu sehen ist, daß eine Gefahrsperson dazu übergeht, wesentlich t e u r e r e B e h a n d l u n g s m e t h o d e n in Anspruch zu nehmen, so daß zwar nicht die Häufigkeit und/oder Dauer der Vsfälle sich vergrößert, sondern deren Auswirkungen. Dieser Möglichkeit kommt in manchen Vszweigen weitaus stärkere Bedeutung zu als jenen (Bd. I Anm. 8 zu § 23 S. 377; Werber Gefahrerhöhung S. 15). In der PKV wird man d a r i n keine G e f a h r e r h ö h u n g sehen können angesichts der AVB-Bestimmungen darüber, daß der Gefahrsperson die freie Wahl unter den niedergelassenen Ärzten (§§ 16 Ziff. 1 NoB, 4 (2) MB KK) und den in § 4 (4) MB KK näher bezeichneten Krankenhäusern zusteht. Sie können sich daher auch zu einer teureren als unbedingt notwendigen Behandlungsmethode entschließen, ohne damit gegen § 23 I zu verstoßen. Wegen der möglichen Herabsetzung einer im Übermaß in Anspruch genommenen Heilbehandlung vgl. Anm. G 7 und G 33. In diesen Zusammenhang gehört auch d i e E r h ö h u n g d e r sog. V e r t r a g s g e f a h r (zu diesem Begriff vgl. Anm. F 18 a. E.). Insoweit ist ζ. Β. an die Entwicklung krimineller Neigungen, insbesondere zum Vsbetrug zu denken (vgl. ζ. B. RG 13. X. 1936 VA 1936 Nr. 2948 S. 294 = JRPV 1941 S. 137; OLG Hamm 23. III. 1933 VA 1933 Nr. 2605 S. 370; 5. IV. 1933 VA 1933 Nr. 2606 S. 371; LG Münster 7. XII. 1951 VersR 1952 S. 66 — diese Entscheidungen betreffen Aufforderungen des feuervten Vmers zur Brandstiftung). In der PKV kommt eine solche Gefahrerhöhung in Betracht, wenn ζ. B. der Vmer in etwa vergleichbarer Weise die Absicht äußert, sich durch Mehrfachv, insbesondere in der Tagegeldv, ungerechtfertigte Vorteile zu verschaffen, nämlich Leistungen, die sein Einkommen erheblich übersteigen. Honsell (VersR 1982 S. 112, 114 ff.) leugnet zu Unrecht, daß insoweit eine Gefahrerhöhung vorliegt. Er meint im Anschluß an die Entscheidung des BGH vom 13. XI. 1980 (VersR 1981 S. 183), neu auftretende Indizien für — von ihm so genannte — moralische Risiken erhöhten die Gefahr nicht. Neue dieses Risiko betreffende Umstände dokumentierten vielleicht nicht zunehmende UnZuverlässigkeit des Vmers, sondern einen von Anfang an vorhanden gewesenen Charaktermangel. Der Abschluß einer Mehrfachv und ebenso die unterlassene Anzeige hierüber erhöhten nicht die Gefahr einer Inanspruchnahme des Vers wegen nur vorgetäuschter oder verschuldeter Vsfälle. — Dem ist entschieden zu widersprechen: Daß ein Vmer vielleicht von vornherein unzuverlässig war, wie Honsell meint, steht der Möglichkeit nicht entgegen, daß ein anderer es erst später wird. Anfangliche Unzuverlässigkeit kann im Bereich der vvAnzPfl relevant, eine später eintretende sehr wohl eine erhebliche subjektive Gefahrerhöhung sein. Der Hinweis Honsells auf das Recht zur fristlosen Kündigung wegen wichtigen Grundes, das die Anwendung der §§ 23 ff. ausschließe, überzeugt gleichfalls nicht. Die spezielle Regelung dieser Bestimmungen geht jenem Rechtsbehelf vor. Auch der BGH gibt a. a. O. für seine Ansicht, daß die Vertragsgefahr nicht unter die in § 6 II angesprochenen Gefahren zu rechnen sei, keine Begründung (ebensowenig schon BGH 28. IV. 1971 VersR 1971 S. 662), sondern geht einfach von dieser These aus und kommt deswegen in unnötige Schwierigkeiten wegen der dann anzunehmenden Rechtslage (ebenso Honsell a. a. O. S. 116). Gerade die Erfahrungen der PKVer mit der Tagegeldv sind ein beredter Nachweis dafür, daß der Entschluß eines Vmers, einen weiteren Tagegeldvertrag abzuschließen, generell geeignet ist, die Gefahr einer Inanspruchnahme zu erhöhen. Diese statistisch Wriede

Κ 239

Anm. [F 41]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

festgestellte Tatsache (vgl. Heid und Schmidt VersR 1980 S. 300) setzt entgegen der Ansicht des BGH (13. XI. 1980 VersR 1981 S. 183, 185) nicht notwendig betrügerische Absichten des Vmers oder gar des behandelnden Arztes voraus. Sie ist vielmehr in den Charaktereigenschaften mancher Menschen begründet, die aufgrund der Tatsache, daß sie gegen Aufwendungen für Heilbehandlung und/oder gegen Verdienstausfall bei Arbeitsunfähigkeit vt sind, von den Vsleistungen in höherem Maße Gebrauch zu machen versuchen, als wenn kein Vsschutz besteht. Es ist dabei zu bedenken, daß ζ. B. die Grenze zwischen Arbeitsfähigkeit und -Unfähigkeit (in der Krankentagegeldv) vielfach schwer zu ziehen sein wird. Ein robuster Mensch, der zudem an seiner Berufstätigkeit stark interessiert ist, wird sich nicht wegen jedes Unwohlseins sogleich als arbeitsunfähig bezeichnen, während ein anderer, der vielleicht wehleidiger ist als jener, eher dazu neigt und dies auch einem Arzt glaubhaft zu machen versteht, ohne daß dabei eine betrügerische Absicht zu bestehen braucht. Eine solche Einstellung ist oft auch dann zu beobachten, wenn Leistungen über längere Zeit oder überhaupt noch nicht in Anspruch genommen wurden. Diese Erfahrung der Ver hat dazu geführt, daß sie, über die an sich schon eingreifenden Regeln der §§ 23 ff. hinausgehend, einen Neuabschluß von ihrer Zustimmung abhängig machen (§§ 6 (2) a ) - c ) GrB KK; 6 (2) a ) - b ) GrB KH; 6 (3) GrB KT; 9 (5) MB KK; 9 (6) MB KT). Nach einer verbreiteten Ansicht (so z. B. Bd. II Anm. 27 zu § 58 S. 430; Honseil a. a. O. mit weiteren Nachweisen) wird zwar durch den Abschluß eines zweiten Vertrages für dasselbe Risiko die Vertragsgefahr erhöht, es sollen aber die §§ 23 f f . wegen der S p e z i a l r e g e l u n g des § 58 u n a n w e n d b a r sein. Das ist — zumindest in dieser Allgemeinheit — unverständlich. § 58 geht nur hinsichtlich der Anzeigepflicht insoweit über die §§ 23 II, 27 II hinaus, als er auch gegenüber dem Zweitver eine Anzeige vorschreibt. Eine Verletzung dieser Anzeigepflicht bleibt aber nach der gesetzlichen Regelung ohne nachteilige Folgen für den Vmer und ist daher mangels vertraglicher Sanktion „ein Schwert mit stumpfer Klinge" (Bd. II Anm. 39 zu § 58 S. 436). Vor allem aber stellt § 58 gegenüber den §§ 23 ff. für den Ver insofern ein Minus dar, als jene Bestimmung weder ein Kündigungsrecht noch Leistungsfreiheit vorsieht. Es ist nicht einzusehen, warum nur im Falle einer (subjektiven) Gefahrerhöhung durch Abschluß eines weiteren Vsvertrages eine so weitgehende Besserstellung des Vmers Platz greifen soll als bei anderen Gefahrerhöhungen. Vielmehr muß angenommen werden, daß beide Gruppen von Vorschriften nebeneinander Bestand haben (a. A. Kisch DJZ 1934 Sp. 833 — 836, der das vorstehend erörterte Problem nicht behandelt). Eine Gefahrerhöhung ist mithin gegeben, wenn die z. Zt. des Vertragsschlusses zur Vertragsgrundlage gewordene Risikolage negativ verändert wird. Die in Bd. I (Anm. 7 zu § 23 S. 376) unter Hinweis auf OLG Düsseldorf (5. VI. 1951 VersR 1951 S. 201 und Dörstling ebenda) — zu § 29 a — vertretene Ansicht, eine nach der Antragstellung neu eingetretene, nicht schon vorher latent vorhanden gewesene und ebenso eine sich zu diesem Zeitpunkt verschlimmernde Krankheit sei als Gefahrerhöhung zu bewerten, ist mithin unrichtig, wie in Anm. F 8 dargelegt. Für diese Fälle sind, soweit vor Vertragsschluß eingetreten, nur die Bestimmungen über die wAnzPfl anwendbar. Die n e g a t i v e V e r ä n d e r u n g m u ß e r h e b l i c h sein (§ 29), d. h. die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit der zusätzlichen Gefahrenquelle zum gleichen Prämiensatz muß für den Ver nach den Grundsätzen des betreffenden Vszweiges nicht mehr tragbar sein: Ebenso wie bei der Beurteilung der Gefahrslage bei Beginn des Vsverhältnisses kommt es auch hier nicht auf die Geschäftspraxis des betreffenden Vers, sondern auf einen objektiven Maßstab an (Anm. F 10). Das Gewicht der K240

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II. Vor Beginn des Vsfalls 1. Bei Gefahrerhöhung

Anm. [F 42]

Veränderung ist hier geringer anzusetzen als nach den allgemeinen Grundsätzen, die sonst bei Veränderung der Geschäftsgrundlage angewandt werden, in welchem Zusammenhang ein Überschreiten der Opfergrenze gefordert wird (vgl. ζ. B. PalandtHeinrichs Anm. 6 Β c zu § 242). Wegen der in der PVK weniger bedeutsamen Frage, ob der neu hinzugetretene Umstand von gewisser Dauer sein muß — das ist hier zumeist der Fall — wird auf die Ausführungen in Bd. I Anm. 6 zu § 23 S. 378 und bei Prölss-Martin Anm. 2 A b bb zu § 23 verwiesen. Eine G e f a h r e n k o m p e n s a t i o n , d. h. eine zusammenfassende Betrachtung gefahrerhöhender und -mindernder in etwa gleichzeitig eintretender Umstände (vgl. BGH 9. VII. 1975 VersR 1-975 S. 845,846 f.; 11. XII. 1980 VersR 1981 S. 245 f.; PrölssMartin Anm. 2 A d zu § 23; Boldt a. a. O. S. 869; Honsell a. a. O. S. 1094) ist auch in der PKV denkbar, so etwa wenn bei Übernahme einer unfallträchtigen Berufstätigkeit die bisher ausgeübte, mit einer erheblichen Infektionsgefahr verbundene aufgegeben wird. Einzelheiten sind umstritten (vgl. Boldt und Honsell a. a. O.). § 2 3 I b e l a s t e t d e n V m e r m i t der Obliegenheit, solche Gefahrerhöhungen ohne Zustimmung des Vers zu unterlassen und ihre Vornahme durch Dritte nicht zu gestatten (sog. G e f a h r s t a n d s p f l i c h t ) . Diese Last trifft daneben ggf. den Vten einer V für fremde Rechnung. Verstöße von Gefahrspersonen, die nicht Vmer oder Vte sind, werden diesen zugerechnet, je nachdem wem sie „zugeordnet" sind (vgl. Anm. F 5 und 22). Die Gefahrstandspflicht wird durch gegenteiliges Tun verletzt. Ein Verstoß wird durch nachträgliche Z u s t i m m u n g des Vers geheilt; er verzichtet damit auf die zu seinen Gunsten eingetretenen Rechtsfolgen (Anm. F 42) und auf die Anzeige gemäß § 23 II, die mit der Kenntnisnahme vom Verstoß ohnehin entfallt (§ 25 II 2). Diese Zustimmung kann auch stillschweigend, z. B. durch Schweigen auf die mitgeteilte Gefahrerhöhung, erteilt werden. Die Zustimmung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die auch von einem Abschluß-, nicht aber von einem Vermittlungsagenten ausgesprochen werden kann. Der letztere kann nur ein etwaiges Ersuchen des Vmers auf Zustimmung des Vers sowie die Anzeige gemäß § 23 II für den Ver entgegennehmen (§ 43 Ziff. 1 und 2). Gemäß §§ 6 (1) a) GrB KK, KH u. KT, 16 S. 2 MB KK u. KT ist jedoch ein Vsvermittler dazu nicht ermächtigt. Erklärungen des Vmers dieser Art sind mithin dem Ver erst zugegangen, wenn der Vermittler sie dem Ver, d. h. seinem vertretungsberechtigten Organ oder der von diesem dazu ermächtigten Stelle, zumeist der zuständigen Geschäftsstelle, aushändigt (vgl. Anm. C 7). |F 42] bbb) Rechtsfolgen eines Verstoßes Ein V e r s t o ß gegen die Gefahrstandspflicht (§23 I) und die damit im Zusammenhang stehende Anzpfl (§23 II) löst u n t e r s c h i e d l i c h g e o r d n e t e R e c h t s f o l g e n aus. Der Ver erwirbt unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, den Vertrag zu kündigen und daneben nach Eintritt des Vsfalls die (konkreten) vertraglichen Leistungen zu verweigern: Kündigungsrecht — Der Ver kann den Vertrag fristlos kündigen, wenn der Vmer/Vte fahrlässig oder vorsätzlich gegen die Gefahrstandspflicht verstößt (§ 24 11). — Fehlt es an diesem Verschulden, so ist die Kündigung gleichwohl berechtigt; sie beendet den Vertrag aber erst einen Monat nach ihrem Zugang beim Vmer (§ 24 II). — In jedem Falle e r l i s c h t d a s K ü n d i g u n g s r e c h t (§24 II), Wriede

Κ 241

Anm. [F 42]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

— — wenn der Ver es nicht binnen Monatsfrist seit Erlangung der Kenntnis von der Verletzung der Gefahrerhöhung ausübt, oder — — sobald die frühere Risikolage wiederhergestellt ist (wenn der Vertrag nicht zuvor durch — fristlose oder befristete — Kündigung beendet worden war). Leistungsfreiheit tritt nur ein, wenn die Gefahrerhöhung für den Vsfall und/oder den Umfang der (ohne Verstoß) geschuldeten Leistung (mit)ursächlich ist (§ 25 I, III 2. Alt.). Sie ist gegeben — bei schuldhafter Verletzung der Gefahrstandspflicht (§ 251, II 1); — bei nichtschuldhafter Verletzung, falls die in § 23 II vorgesehene Anz über die eingetretene Gefahrerhöhung nicht unverzüglich nach Kenntniserlangung durch den Vmer/Vten erstattet wird und der Vsfall später als 1 Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anz dem Ver hätte zugehen müssen. K e i n e L e i s t u n g s f r e i h e i t besteht im vorstehend genannten Fall, wenn der Ver zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Gefahrerhöhung hat (§ 25 II 2). Leistungsfreiheit ist auch dann nicht gegeben, wenn der Ver bis zum Eintritt des Vsfalls von seinem Kündigungsrecht nicht fristgemäß Gebrauch macht (§25 III 1. Alt). Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Erläuterungen zu §§ 23 —26 in Bd. I S. 374 —397 verwiesen. Entgegen der dort in Anm. 20 zu §23 S. 383 vertretenen Ansicht ist jedoch in der Fremdpersonenv die Gefahrsperson, die nicht selbst VN oder Vter ist, nicht mit der Gefahrstands- und der Anzpfl nach § 23 belastet. Insoweit gilt vielmehr das in Anm. F 5 und 22 Ausgeführte entsprechend: Analog §§161, 179IV wird die Kenntnis und das Verhalten dieser Gefahrspersonen dem Vmer oder dem Vten zugerechnet, je nachdem wer von diesen die durch die Gefahrsperson ausgelösten Aufwendungen intern zu tragen hat (ähnlich für die Sachv BGH 14. IV. 1971 VersR 1971 S. 538, 539). Die Rechte aus den §§ 24 f. stehen dem Ver nicht zu, wenn eine der Voraussetzungen des § 26 vorliegt. Das kann z. B. der Fall sein, wenn der Vmer sich einer Unfall- oder Infektionsgefahr aussetzt, um einem anderen Hilfe zu leisten. Ist dieser beim selben Ver vt, greifen die 2. und 3. Alternative des § 26 ein; ist er anderweitig oder gar nicht vt, kommt nur die letztere in Betracht. Zugleich entfällt damit die Anwendbarkeit des § 61, dessen Voraussetzungen zugleich gegeben sein können (Bd. I Anm. 8 zu § 26 S. 397). Die 3. Alternative ist nicht gegeben, wenn sich der Vsschutz nur auf das Inland bezieht und die erwähnte Hilfeleistung im Ausland stattfindet (Bd. I Anm. 7 zu § 26 S. 397). Das R e c h t des Vers zur K ü n d i g u n g wird durch § 301 e i n g e s c h r ä n k t , wenn nur bei einem Teil der in den Vertrag einbezogenen Personen der Tatbestand einer subjektiven Gefahrerhöhung vorliegt: Der Ver kann dieses Recht nur in bezug auf die Person(en) geltend machen, bei der (denen) die Gefahrerhöhung eintritt, in bezug auf die übrigen nur dann, wenn anzunehmen ist, daß er den Vertrag für diese zu den gleichen Bedingungen nicht geschlossen haben würde. Das ist z. B. der Fall, wenn er das ungünstige Risiko nur wegen des ihm günstig erscheinenden desjenigen übernommen hatte, in dessen Person die Verschlechterung des Risikos eingetreten ist. Es kommt dabei auf die Praxis gerade dieses Vers, nicht auf einen objektiven Maßstab an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Erläuterungen in Bd. I zu § 30 S. 406 — 411 verwiesen. Das gilt auch dann, wenn der objektive Tatbestand einer Verletzung der Gefahrstandspflicht in der Person einer nicht selbst anspruchsberechtigten Gefahrsperson vorliegt. Ihr Verhalten wird dem Vmer oder Vten zugerechnet, je nachdem wem sie „zugeordnet" ist (vgl. Anm. F 5 und 22). K242

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II. Vor Beginn des Vsfalls 1. Bei Gefahrerhöhung

Anm. |F 43]

Diese Regelung ist hinsichtlich des Kündigungsrechts ohne weiteres einleuchtend: Wenn das gute Risiko durch Kündigung aus dem Vertrag ausscheidet und damit seine für die Gefahrslage des Gesamtvertrages günstige Wirkung entfallt, soll der Ver nicht verpflichtet sein, den „Restvertrag" unverändert fortzusetzen. Näherer Untersuchung bedarf indessen die Tragweite des in § 30 III vorgesehenen Leis t u n g s f o r t f a l l s bei n u r z. T. e i n t r e t e n d e r G e f a h r e r h ö h u n g . Leistungsfreiheit ist im Rahmen der Gefahrstandspflicht nur unter den oben aufgeführten Voraussetzungen des § 25 gegeben. Der objektive Tatbestand einer Verletzung der Gefahrstandspflicht kann, wie bereits erwähnt, in der Person des Vmers, des Vten oder einer nicht selbst anspruchsberechtigten Gefahrsperson eintreten, das weiter erforderliche Verschulden (die Gefahrerhöhung nicht verhindert zu haben) kann jedoch nur beim Vmer oder Vten vorliegen, welchen die Kenntnis der Gefahrsperson zugerechnet wird. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Anzpfl aus § 23 II. Betrifft der durch die Gefahrerhöhung (mit)verursachte Vsfall die Person des Vmers, so tritt Leistungsfreiheit ein, wenn bei ihm Kenntnis und Verschulden gegeben sind. Das gleiche gilt für den Vten. Hat die in der Gefahrsperson eingetretene Risikoverschlechterung bei ihr zu einem Vsfall geführt (dessen Aufwendungen der Vmer zu tragen hat), so ist der Ver insoweit leistungsfrei (die subjektiven Voraussetzungen — Kenntnis oder Kenntniszurechnung beim Vmer — als gegeben unterstellt). Das gleiche gilt, wenn der Vte die Einbußen zu tragen hat. Eine Leistungsfreiheit in bezug auf alle in den Vertrag einbezogenen Personen kommt nur in Betracht, wenn die bei einer von ihnen (oder bei allen) eingetretene Gefahrerhöhung Vsfalle bei allen auslöst; z. B. der von einer Expedition (ihre Vornahme als Verstoß gegen die Gefahrstandspflicht angenommen) heimgekehrte, mit einer Tropenkrankheit infizierte Vmer überträgt diese auf seine mitvten Angehörigen. Die in § 30 III statuierte analoge Erstreckung des hier vorgesehenen Rechtsbehelfs auf alle Personen, wenn der Vertrag allein für die nichtbetroffenen nicht abgeschlossen worden wäre, ist ohne Substanz. Ein m i t w i r k e n d e s V e r s c h u l d e n d e s V e r s oder seiner insoweit etwa eingeschalteten Erfüllungsgehilfen bei der Betätigung der Gefahrstands- oder Anzpfl führt nicht zu einer analogen Anwendung des § 254 BGB. Es kommt vielmehr nur darauf an, ob eine solche Betätigung — etwa bei der Beratung des Vmers über diese Pflichten — so gestaltet ist, daß deswegen das Verschulden des Vmers entfallt (§§ 24 I 2, 25 II 2) - vgl. OLG Stuttgart 6. VII. 1966 VersR 1967 S. 221 f. wegen Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 7 II 2 AKB. Verbleibt ein Mitverschulden des Vmers, so entfallen die Rechte des Vers nicht. Neben der eingehenden Regelung der Gefahrerhöhung kommen die für das allgemeine Schuldrecht geltenden N o r m e n ü b e r die B e a c h t u n g v o n N e b e n p f l i c h t e n der Vertragspartner nicht in Betracht, so etwa die über die Verletzung von Gläubigerobliegenheiten wie im Falle des § 642 BGB, die nach der Rechtsprechung des BGH (13. XI. 1953 BGHZ Bd. 11 S. 80, 83) als positive Vertragsverletzung zu behandeln sind. Sie müssen als durch die Speziairegeln des Vsrechts verdrängt angesehen werden. — Neben den §§ 23 ff. sind aber grundsätzlich die Bestimmungen des § 61, II und IV anwendbar, wenn mit der Verletzung einer Sicherheitsvorschrift zugleich eine Gefahrerhöhung verbunden ist (BGH 8. VII. 1987 VersR 1987 S. 922 ff.). [F 43] bb) Objektive Gefahrerhöhung Eine unabhängig vom Verhalten des Vmers (im Sinne des § 23 I) eintretende Gefahrerhöhung berechtigt den Ver gleichfalls zur Kündigung des Vertrages und — nach Eintritt eines durch die Gefahrerhöhung (mit)verursachten Vsfalls —, die darauf entfallende Leistung zu verweigern. Wriede

Κ 243

Anm. [F 43]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Die K ü n d i g u n g ist nur mit M o n a t s f r i s t z u l ä s s i g (§271). Dieses Recht erlischt, — wenn es nicht binnen 1 Monat nach Kenntniserlangung von der Gefahrerhöhung ausgeübt wird (§§ 27 I 2, 24 II), oder — sobald die frühere Risikolage wiederhergestellt ist (wenn der Vertrag nicht zuvor schon durch die Kündigung beendet worden war). Leistungsfreiheit tritt nur ein, wenn die Gefahrerhöhung für den Vsfall und/oder den Umfang der (ohne Verstoß) geschuldeten Leistung (mit)ursächlich ist (§ 28 II 2 2. Alt.). Sie ist gegeben, — wenn die in § 27 II vorgesehene Anzeige nicht unverzüglich nach Kenntniserlangung durch den Vmer/Vten erstattet wird und der Vsfall später als 1 Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anzeige dem Ver hätte zugehen müssen. K e i n e L e i s t u n g s f r e i h e i t besteht, wenn — dem Ver die Gefahrerhöhung in dem Zeitpunkt bekannt war, in welchem ihm die Anzeige hätte zugehen müssen, oder — er bis zum Eintritt des Vsfalls von seinem Kündigungsrecht nicht fristgemäß Gebrauch macht (§ 28 II 2 1. Alt.). Wegen der Einzelheiten wird auf die Erläuterungen in Bd. I § § 27 — 28 S. 397 — 401 verwiesen. Fraglich ist, inwieweit angesichts der Eigenart des vten Risikos in der PKV von außen kommende negative Einflüse auf den Gesundheitszustand und andere Umstände, die zu einer Ausweitung der Leistungspflicht führen können, hier relevant sind. Wie in Anm. F 40 ausgeführt, ist das mit zunehmendem Lebensalter sich in aller Regel verstärkende Risiko, Krankheiten oder Unfälle zu erleiden, nicht als Gefahrerhöhung anzusehen. Eine solche V e r s t ä r k u n g d e r v t e n G e f a h r kann sich auch daraus ergeben, daß die Gefahrsperson ohne eigenes Zutun ä u ß e r e n g e s u n d h e i t s g e f ä h r d e n d e n E i n f l ü s s e n ausgesetzt wird, die zu einer Häufung von Vsfallen und zur Ausweitung der erforderlichen Heilbehandlung führen können. Auch solche Umstände wird man gemäß § 29 S. 2 zu der vom Ver zu tragenden Gefahr zu rechnen haben, da es nach der Verkehrsauffassung gerade der Zweck des Krankenvsvertrages ist, den davon erfaßten Personen auch dann Leistungen zu gewähren, wenn unvorhergesehene Gefahren ihren Gesundheitszustand bedrohen. Das gilt auch dann, wenn die Vertragsschließenden an eine solche Vergrößerung der vten Gefahr nicht gedacht haben (RG 3.1. 1936 RGZ Bd. 50 S. 48, 50). Hier ist an Epidemien, Umweltverschmutzungen, insbesondere nuklearen Ursprungs, Einwirkungen von Medikamenten und Lebensmitteln zu denken, deren Gefahren zunächst verkannt wurden. Eine in den letzten Jahrzehnten verstärkt zu beobachtende Schadensausweitung besteht darin, daß sich die K o s t e n der H e i l b e h a n d l u n g laufend beträchtlich und über die Raten der Geldentwertung hinaus e r h ö h t haben (vgl. dazu für die ähnliche Entwicklung in der Rechtsschutzv Werber VersR 1976 a. a. O. gegen BVerwG 24. II. 1976 VersR 1976 S. 377). Das berührt wesentlich die Leistungspflicht der Ver im Rahmen der Krankheitskostenv. Für summenmäßig begrenzte Leistungen ist es unerheblich. Diese Kostensteigerung fallt mangels abweichender Vereinbarung unter § 27 I (ebenso Werber a. a. O.). Es kann nicht „nach den Umständen als vereinbart" angesehen werden, daß das Vsverhältnis davon unberührt bleiben soll (§ 29 S. 2). Die gesetzlichen Rechtsfolgen sind jedoch im Hinblick auf die in den neueren AVB für diesen Fall vorgesehenen Regelungen über die Anpassung von Prämien und Leistungen gegenstandslos geworden (vgl. Anm. C21 S. Κ 64 — 67). K244

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II. Vor Beginn des Vsfalls 1. Bei Gefahrerhöhung

Anm. |F 44]

Mit Hilfe dieser Klauseln und dem für den Vmer bestehenden Kündigungsrecht (§§ 2 (2) Ziff. 2 GrB KK, KH und KT; 13 (4) MB KK und KT - vgl. dazu Anm. D 41 S. Κ 121 f.) kann das gestörte Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung entweder wiederhergestellt oder der Vertrag kurzfristig beendet werden. B e d e n k e n bestehen allerdings gegen die R e g e l u n g d e r G r B für das Kündigungsrecht: Der Vmer soll den Vertrag ggf. erst zum Schluß des zweiten Monats nach dem Wirksamwerden der Änderung kündigen können und bis dahin die veränderten Bedingungen gegen sich gelten lassen. Das ist mit der zugunsten des Vmers zwingenden (§ 34 a) Norm des § 27 I unvereinbar, wonach der Ver nur mit Monatsfrist nach Kenntnisnahme von der Gefahrerhöhung kündigen kann. Das kann nicht dadurch umgangen werden, daß der Ver den Vmer nach einseitiger Vertragsänderung zu dessen Nachteil länger am Vertrag festhält, als es bei Gefahrerhöhung zulässig ist. § 13 (4) MB KK und KT läßt eine rückwirkende Kündigung auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung zu. Das erscheint, wenngleich systemwidrig, sachgerecht. Wie in Anm. F 40 ausgeführt, kann bei der Tagegeldv u. a. die V e r r i n g e r u n g des N e t t o e i n k o m m e n s eine G e f a h r e r h ö h u n g beinhalten. Nach § 4 (3) MB KT ist der Vmer in diesem Falle zu einer entsprechenden Anzeige verpflichtet. Eine Sanktion bei Verstoß gegen diese Obliegenheit ist nicht vorgesehen (LG Kaiserslautern 6. III. 1979 VersR 1981 S. 248, 249). Das ist nicht erforderlich, vielmehr gelten entgegen der Ansicht von Bach-Moser (Rz 11 zu § 4 MB KT) die §§ 23 ff. § 4 (3) MB KT ist lediglich als Ausprägung der Anzpfln aus §§ 23 II und 27 II zu verstehen. Wegen der Anwendung des § 30 wird auf die Erläuterungen in Anm. F 42 verwiesen. [F 44] cc) Beweislast Die Beweislast der Parteien ergibt sich zunächst aus den §§23 — 25 und 27, 28: Bei Ausübung des K ü n d i g u n g s r e c h t s trifft den Ver die Beweislast für die in §§ 24 1 1, 27 1 1 genannten Voraussetzungen, nämlich für — die Gefahrerhöhung und — im Falle des § 23 I darüber hinaus, daß der Vmer diesen Vorgang gekannt und gewollt oder gebilligt hat (h. M. seit BGH 25. IX. 1968 VersR 1968 S. 1153; OLG Köln 24. IV. 1986 VersR 1987 S. 1026; a. A. Möller in Festschrift Klingmüller Karlsruhe 1974 S. 301, 304). Gelingt dieser Beweis nicht, bleibt dem Ver nur die Kündigung mit Monatsfrist gemäß §27 I I . Dessen Tatbestandsmerkmal „unabhängig vom Willen des Vmers" ist nicht darlegungs- und beweisbedürftig; es verdeutlicht nur den Unterschied zu § 23 I. Die Kündigung kann von vornherein als fristlose, hilfsweise als befristete erklärt werden. Das ist keine Bedingung, die bei einer Kündigung nicht zulässig wäre, sondern ein Abstellen auf den einen oder anderen Sachverhalt, dessen Vorliegen noch unklar ist (vgl. im einzelnen Anm. D 31 S. Κ 107 f.). — Betrifft die Gefahrerhöhung nur einen Teil der vten Risiken — dies ist vom Vmer zu beweisen —, so hat der Ver ferner die Voraussetzungen des § 30 I letzter Hs zu beweisen. Dem Vmer obliegt demgegenüber der Beweis für — die Zustimmung des Vers zur Gefahrerhöhung, und zwar sowohl im Falle des § 23 I als auch des § 27 I. In beiden Fällen liegt praktisch eine entsprechende Vereinbarung vor; — sein mangelndes Verschulden an der Verletzung der Gefahrstandspflicht; — die nicht fristgerechte Ausübung des Kündigungsrechts (§§ 24 II 1. Alt., 27 12); Wriede

Κ 245

Anm. [F 45]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

— die Wiederherstellung des früheren Gefahrzustandes noch vor Wirksamwerden einer etwa ausgesprochenen Kündigung (§§ 24 II 2. Alt., 27 I 2); — im Falle des § 30 I ferner das Vorliegen der (vom Ver ggf. nachgewiesenen) Gefahrerhöhung nur für einen Teil der vten Risiken. Der Ver, der sich bei Eintritt eines Vsfalls auf L e i s t u n g s f r e i h e i t beruft, hat zu beweisen — die Gefahrerhöhung vor Eintritt des Vsfalls (§ 25 I), Unterlassen der Anzeige gemäß § 27 II (§ 28 I), — Kenntnis des Vmers von der Verletzung der Gefahrstandspflicht (s. oben), — im Falle mangelnden Verschuldens des Vmers bei Verletzung der Gefahrstandspflicht (von diesem zu beweisen, s. unten) oder bei objektiver Gefahrerhöhung, daß der Vsfall später als 1 Monat nach dem Zeitpunkt begonnen hat, zu welchem die Anzeige dem Ver hätte zugehen müssen (§§ 25 II 2, 28 I). Dem Vmer obliegt demgegenüber die Beweislast für — sein mangelndes Verschulden am Verstoß gegen die Gefahrstandspflicht (§ 25 III), — die unverzügliche Erstattung der Anzeige (§§ 25 II 2, 28 I), — Kenntnis des Vers von der Gefahrerhöhung spätestens in dem Zeitpunkt, in welchem ihm die Anzeige hätte zugehen müssen (§§ 25 II 2 letzter Hs, 28 II 1), — nicht fristgerechte Ausübung des Kündigungsrechts (§§ 25 III 1. Alt., 28 II 2 1. Alt.). — mangelnde Kausalität der Gefahrerhöhung für den Vsfall und dessen Umfang (BGH 16. IX. 1986 VersR 1987 S. 37). Die V o r a u s s e t z u n g e n des § 26 hat der Vmer zu beweisen, der sich darauf beruft, daß aus den darin aufgeführten Gründen keine Gefahrerhöhung vorliegt (vgl. im einzelnen die Erläuterungen in Bd. I S. 395 — 397). Die E r h e b l i c h k e i t der G e f a h r e r h ö h u n g (§ 29 S. 1) hat der Ver zu beweisen (RG 9. V. 1941 JRPV 1941 S. 119), die Voraussetzungen des S. 2 dagegen nach h. M. (Bd. I Anm. 11 zu §29 S. 404) der Vmer. Das erscheint zweifelhaft, weil mit der Behauptung, nach dem Vertragsinhalt sei der betreffende Vorgang keine Gefahrerhöhung, jener bestritten wird, was nach allgemeinen Beweislastregeln den Gegner beweispflichtig macht (Rosenberg, Die Beweislast 5. Aufl. 1964, S. 282 ff.). [F 45) 2. Vorbeugende gesetzliche Obliegenheiten a) Anzeigeobliegenheiten bei Mehrfachv Gemäß § 58, der im Rahmen der Krankheitskostenv (nicht aber in der Krankentagegeldv, OLG Karlsruhe 4. VI. 1987 RuS 1987 S. 264) anwendbar ist (vgl. Anm. A 12 über seine Bedeutung für die Begrenzung des subjektiven Risikos und ferner die Erläuterungen über die Voraussetzungen dieser Norm in Bd. II S. 410 — 459), hat der Vmer den Abschluß beider Verträge beiden Vern unverzüglich anzuzeigen und dabei die in Abs. II aufgeführten Einzelheiten des jeweils anderen Vertrages anzugeben. Sanktionen im Falle einer Verletzung dieser Obliegenheit sind im Gesetz nicht vorgesehen. Wenn für den Fall einer Verletzung ein Kündigungsrecht des Vers und/ oder Leistungsfreiheit vereinbart sind, sind die Vorschriften des § 6 I u. II anzuwenden. Das hat HansOLG (3. XII. 1940 HansRGZ 1941 Β Sp. 20) übersehen, indem es eine fristlose Kündigung des Vertrages aufgrund einer Satzungsbestimmung des VvaG anerkannt hat, wonach diese Kündigung u. a. im Falle einer (versuchten) Erschleichung von Vsleistungen vorgesehen war. Eine Erschleichung hat es darin gefunden, daß der Vmer aufgrund einer nicht angezeigten Mehrfachv seine AufwenK246

Wriede

II. Vor Beginn des Vsfalls 2. Vorbeugende

Anm. [F 46]

düngen für Krankheitskosten ζ. T. mit über 100% vergütet bekommen hatte, obwohl ihm ein betrügerisches Verhalten nicht vorzuwerfen war. Die Ansicht der wohl h. M. (vgl. Bd. II Anm. 39 und 44 zu § 58, S. 437 und 439), § 6 II sei hier nicht einschlägig, weil die Anzeigeobliegenheit nicht den primären Zweck der Vorbeugung habe, überzeugt nicht. Sie hat jedenfalls a u c h diesen Zweck. Möller räumt a. a. O. selbst ein, daß diese Ansicht nicht ganz unproblematisch ist. Sein weiterer Hinweis (Anm. 47 S. 440) auf die Rechtsprechung des BGH zu § 9 (4) und (5) MB KK (28. IV. 1971 VersR 1971 S. 662), wonach § 6 II auf Obliegenheiten zur Verringerung der Vertragsgefahr nicht anwendbar ist, stützt zwar diese These. Diese Entscheidung ist aber m. E. unrichtig (vgl. Anm. F 53). — Wegen der Rechtsfolgen einer Mehrfachv im übrigen vgl. Anm. G 67. [F 46] b) Abwendungsobliegenheit gemäß § 62 Die in § 62 normierte sog. Rettungspflicht umfaßt 3 Bestandteile, nämlich die zur Abwendung eines Schadens bei drohendem Vsfall, zu seiner Minderung nach Beginn und zur Befolgung der dabei vom Ver etwa erteilten Weisungen, die je nach den Umständen von ihm einzuholen sind. Die Vorschrift gilt uneingeschränkt für die Krankheitskostenv als Schadensv (Anm. A 15 S. Κ 6; Bd. II Anm. 3 zu §62 S. 619). Für S u m m e n v s v e r t r ä g e ist § 183 S. 1 analog anzuwenden, der nicht zum Nachteil des Vmers abgeändert werden darf (S. 2 a. a. O.). Das Gesetz regelt — anders als in § 62 II — die Verletzungsfolgen nicht. Das wird man dahin verstehen müssen, daß insoweit Raum für vertragliche Vereinbarungen ist. S. 2 bezieht sich nicht hierauf, sondern, wie die Begründung (Gerhard-Hagen S. 727) deutlich ergibt, nur auf S. 1, wonach der Ver dem Vmer mit seinen Weisungen nichts Unbilliges zumuten darf. An diesem Maßstab sind daher die in den hier erläuterten AVB enthaltenen einschlägigen Klauseln zu messen und ggf. einzuschränken: § 5 (2) a GrB KH verweist auf § 62; damit soll dieser zur vertraglichen Obliegenheit werden, die § 6 III unterstehen soll (vgl. dazu weiter unten). Die danach möglichen Weisungen des Vers stehen analog § 183 S. 1 unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit. Für die Krankentagegeldv und die V sonstiger summenmäßig festgelegter Leistungen sind keine Abwendungsobliegenheiten vorgesehen. Nach den zitierten Bestimmungen ist der Vmer u. a. gehalten, „bei dem Eintritt des Vsfalls" den S c h a d e n a b z u w e n d e n . Da mit seinem Beginn sich zugleich der Schaden zu entwickeln beginnt (vgl. Anm. G 38), kann er in diesem Zeitpunkt nicht mehr abgewendet, sondern nur noch in seinem Umfang gemindert werden (von dem Hinzutreten neu sich realisierender Gefahren einmal abgesehen). Man wird daher im Sinne der sog. Vorerstreckungstheorie (Bd. II Anm. 27 ff., insbesondere 31 zu § 62 S. 636-639) die Abwendungsobliegenheit als fallig ansehen müssen, sobald der Vsfall unmittelbar bevorsteht (BGH 6. II. 1985 VersR 1985 S. 656, 658 a. E. - für die Bauwesenv; Bd. II a . a . O . ; Bd. V I I Anm. F 50 S. 237-238; Prölss-Martin Anm. 1 A zu § 62; Reimer Schmidt, Obliegenheiten S. 219). Dagegen kommt die M i n d e r u n g s o b l i e g e n h e i t erst n a c h Beginn des V s f a l l s in Betracht (vgl. dazu Anm. F 63). Der A b w e n d u n g s o b l i e g e n h e i t kommt in der PKV keine große Bedeutung zu. Sie ζ. B. denkbar bei einer drohenden Körperverletzung oder einer drohenden Infektion aufgrund einer sich ausbreitenden Epidemie, vorausgesetzt, diese würden vertraglich vorgesehene Leistungen auslösen (vgl. ÖOGH 5. III. 1987 VersRdsch 1987 S. 327). Vmer/Vter sollten sich einem solchen Geschehen entziehen bzw. sich impfen lassen, ggf. für nicht anspruchsberechtigte Gefahrspersonen Entsprechendes veranlassen. Diese Obliegenheit ist auch während der Dauer eines Vsfalles zu beachten, Wriede

Κ 247

Anm. [F 46]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

wenn durch äußere Umstände eine Vergrößerung der Einbußen droht (Bd. II Anm. 32 zu § 62 S. 639 f.). Das kann ζ. B. der Fall sein, wenn bei einer Reise ins Ausland eine dort durchzuführende Heilbehandlung teurer würde als Rückreise und hiesige Behandlung zusammen (unrichtig daher AG Hamburg 18. III. 1983 VersR 1984 S. 1084, das § 9 AGBG nicht beachtet hat). Die mit der Obliegenheit belasteten Personen haben sie „nach Möglichkeit" zu beachten. Ob das geschehen ist, ist Tatfrage. Es kommt dabei nicht nur auf die subjektive Einstellung des Betreffenden an, es sind auch die aufgrund familiärer oder Anstandspflichten bestehenden Gebote und die gemäß § 323 c StGB zu erfüllende Hilfeleistungspflicht beachtlich, die ihn veranlassen können, sich einer Gefahrslage nicht zu entziehen. Das Einholen und Befolgen von Weisungen des Vers kann allenfalls für vorbeugende Maßnahmen, ζ. B. Impfungen, in Betracht kommen. Es ist nicht bekannt, daß jemals Derartiges verlangt worden ist. Wegen der Abgrenzung der Abwendungsobliegenheit von der Gefahrstandspflicht und von vorbeugenden vertraglichen Obliegenheiten vgl. Bd. II Anm. 7 und 8 zu § 62 S. 622. Gemäß § 63 11 haftet der Ver für die vom Vmer nach § 62 gemachten Aufwendungen im Rahmen seiner vertraglichen Leistungspflicht, für Aufwendungen in Erfüllung von Weisungen auch darüber hinaus (§ 63 12); im einzelnen wird auf die Erläuterungen in Bd. II Anm. 4 ff. zu § 63 S. 652 ff. verwiesen. Die Abwendungsobliegenheit kann mit dem Risikoausschluß der vorsätzlichen Herbeiführung des Vsfalls gemäß §§ 15 Ziff. 4 NoB, 4 (9) GrB KK S. 1, 5 ( l ) b MB KK konkurrieren (vgl. Bd. II Anm. 25 zu § 61 S. 531-533, Anm. 9 zu § 62 S. 622 f., Anm. G 19). Im Hinblick darauf, daß nach diesen Bestimmungen dem Vmer nur vorsätzliches Verhalten schadet, nach § 62 II 1 aber schon grobe Fahrlässigkeit zur Leistungsfreiheit führen kann, würde die gegenüber § 61 bestehende Einschränkung der AVB im Falle einer Konkurrenz gegenstandslos sein. Das kann nicht anerkannt werden (Bd. II Anm. 25 zu § 61 S. 533 a. E.). § 15 Ziff. 5 NoB will Leistungen, „die nicht unmittelbar zur Behebung von Krankheitszuständen notwendig sind, insbesondere für staatlich angeordnete Impfungen" ausschließen. Das ist, soweit mit solchen Maßnahmen die Abwendungsobliegenheit betätigt wurde, unwirksam. Zwar wird § 63 in § 68 a nicht erwähnt, jedoch greift hier § 9 (1), (2) Ziff. 1 AGBG ein (Prölss-Martin Anm. 7 zu § 63). Die F o l g e n eines V e r s t o ß e s gegen die Abwendungsobliegenheit sind in § 62 II, abgestuft nach dem Verschuldensgrad, geregelt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Erläuterungen in Bd. II Anm. 39 f. zu § 62 S. 646 — 648 Bezug genommen. Bei einer K r a n k e n f r e m d v ist das Verhalten der nicht anspruchsberechtigten Gefahrsperson dem Vmer bzw. Vten analog §§161, 179 IV zuzurechnen: Es ist so anzusehen, als hätte der Vmer/Vte das objektiv als Obliegenheitsverstoß zu wertende Verhalten selbst begangen. Danach ist zu beurteilen, ob ein nach § 62 II relevantes Verschulden anzunehmen ist. Auf ein Verschulden der Gefahrsperson kommt es nicht an (vgl. Anm. F 5). Die Beweislast für den objektiven Verletzungstatbestand trifft den Ver (Bd. II Anm. 34 zu § 62 S. 642 f.). Dagegen hat der Vmer/Vte sich zu exkulpieren. Die mit dieser Last verbundene Härte, daß nämlich der Ver leistungsfrei wird, wenn die Entlastung nicht gelingt, hat der BGH (30. IV. 1969 BGHZ Bd. 52 S. 86, 91) für die Kfz-HV aufgrund der Erwägung abgemindert, daß es untragbar erscheine, dem Vmer/Vte bei nicht festgestelltem, sondern nur vermutetem Verschulden die volle Leistung zu entziehen. Es müsse ihm die Möglichkeit verbleiben nachzuweisen, daß auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheit der Umfang des Schadens nicht geringer gewesen sein würde (vgl. im einzelnen Bd. II Anm. 38 zu § 62 S. 645 f.). K248

Wriede

II. Vor Beginn des Vsfalls 3. Vertragl. vereinbarte

Anm. [F AT]

Im Falle einer — oft gegebenen — Konkurrenz mit den Regeln über die Herbeiführung des Vsfalls kann der Vmer auch ohnehin hinsichtlich der Beweislast nicht schlechter gestellt werden als nach diesen: Macht der Ver Herbeiführung geltend, hat er Vorsatz zu beweisen. Die Exkulpationslast aus § 62 II 1 kommt dann nur zum Tragen, wenn der Vmer Ersatz von Rettungskosten gemäß § 63 fordert (vgl. Anm. G 19). § 5 (2) a GrB KK und KH verweist auf § 62 und sieht im Verletzungfalle Leistungsfreiheit „mit der in § 6 III VVG vorgeschriebenen Einschränkung" vor. Das ist in mehrfacher Hinsicht verfehlt: Für die Krankheitskostenv regelt § 62 II unabdingbar (§ 68 a), nicht aber § 6 III die Verletzungsfolgen. Auch handelt es sich nicht um eine Obliegenheit, die nach Eintritt des Vsfalls zu erfüllen ist, wie §6 III voraussetzt. Die Verweisung auf diese Norm ist daher auch für die vertragliche Abwendungsobliegenheit des § 5 (2) a GrBKH — soweit Tagegeldv — unrichtig. Für sie kommt neben der in bezug genommenen Bestimmung des § 62 II an sich § 6 1 in Betracht. Hier wird aber nur der speziellere § 62 anzuwenden sein: Dem Vmer/Vten schaden nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit — letztere auch nur bei Kausalität des Verstoßes — ; auch hat der Ver das Klarstellungserfordernis des § 6 I 3 nicht zu beachten, wenn er Leistungsfreiheit geltend machen will. [F 47] 3. Vertraglich vereinbarte vorbeugende Obliegenheiten Schrifttum: Arzt, Die vorbeugenden Obliegenheiten, ungedruckte Hamburger Dissertation 1951; Bertsch, Die Abgrenzung von Risikobeschränkungen und vertraglich begründeten Obliegenheiten, Tübinger Diss., 1964; Bischoff VersR 1972 S. 799-806; Hübner VersR 1978 S. 981-988; Klingmüller, 2. Weltkongress 4. Bd. S. 84; ders. Festschrift für Reimer Schmidt S. 753-769; Müller DB 1980 S. 2069-2073; Reimer Schmidt ZVersWiss 1968 S. 91 - 9 5 ; Sieg VersR 1963 S. 1089-1094; ders. BB 1970 S. 106-110; Schulz ZfV 1962 S. 186-188; ders. DB 1961, Beil. 17 zu Heft 46.

a) Abgrenzungen Die gesetzliche Gefahrstandspflicht fordert vom Vmer das Unterlassen einer Erhöhung der vom Ver übernommenen Gefahrslage und im Falle ungewollt eingetretener Gefahrerhöhung eine entsprechende Anzeige (§§ 23, 27 II). Diese Obliegenheiten reichen auch bei der PKV nicht aus, um die Risikolage in angemessenen Grenzen zu halten. Es werden daneben — überwiegend durch die AVB — weitere Verhaltensobliegenheiten vorgesehen, die der Verhütung von Gefahrerhöhungen dienen sollen. Für sie gelten gemäß § 32 nicht die Bestimmungen der §§23 — 30, 34 a, sondern hinsichtlich der vereinbarten Verletzungsfolgen die einschränkenden Bestimmungen des § 6 I, II und IV, die zugunsten des Vmers zwingend sind (§§ 15 a, 6 IV). Beide Gruppen von Vorschriften können sich überschneiden (vgl. dazu Bd. I Anm. 10 zu § 32 S. 415; Kisch Hdb II S. 585; Prölss-Martin Anm. 1 zu § 32). Andererseits bereitet die A b g r e n z u n g v o r b e u g e n d e r O b l i e g e n h e i t e n von R i s i k o b e s c h r ä n k u n g e n i. e. S. oft Schwierigkeiten. Das ist wegen der Verletzungsfolgen von erheblicher Tragweite: Liegt eine solche Obliegenheit vor, so kann der Ver die vorgesehene Leistungsfreiheit und/oder ein Kündigungsrecht nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 6 I, II, IV geltend machen. Ist dagegen die Klausel als Risikoausschluß zu werten, so kann die von der Gefahrtragung ausgenommene Gefahr oder die Beeinträchtigung des vom Vsschutz ausgenommenen Interesses nicht zu einem Vsfall führen, so daß der Ver aus diesem Grunde nicht haftet, ohne an die erwähnten Bestimmungen des -§ 6 gebunden zu sein (vgl. Bd. I Wriede

Κ 249

Aran. |F 47]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Anm. 1 3 - 1 5 zu § 6 S. 190f.; Anm. 41 - 4 6 zu § 32 S. 422 f.; Prölss-Martin Anm. 3 zu §6). Dieses die meisten Vszweige berührende Problem ist in Rechtsprechung und Schrifttum ausführlich diskutiert worden; es ist aber noch keine abschließende Lösung gefunden worden (vgl. zum Stand der Ansichten BGH 24. X. 1979 VersR 1980 S. 153,154; 18. XII. 1980 VersR 1981 S. 186,187; 13.1.1982 VersR 1982 S. 395; 16. III. 1983 VersR 1983 S. 573; 3. VII. 1985 VersR 1985 S. 854, 855; 17. IX. 1986 VersR 1986 S. 1097,1098; 25. V. 1987 VersR 1987 S. 1109; Bd. I Anm. 1 3 - 1 5 zu § 6 S. 190-191; Anm. 4 1 - 4 3 zu §32 S. 422; Bd. VI 1 Anm. G 1 3 3 f . S. 342-344; Prölss-Martin Anm. 3 zu §6; R. Schmidt, Obliegenheiten, S. 236 — 255). Nach der angeführten Rechtsprechung des BGH kommt es für die Annahme einer Obliegenheit darauf an, ob die betreffende, die Leistungspflicht des Vers ausschließende Bestimmung, unabhängig von ihrer Formulierung und ihrer Stellung in den AVB, vorwiegend oder in erster Linie auf ein bestimmtes Verhalten des Vmers abstellt, das auf eine sorgfältige Verwaltung des vten Risikos gerichtet ist und nicht hinter einer objektiven Voraussetzung zurücktritt. Ein Risikoausschluß soll dann gegeben sein, wenn die Klausel eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Verhältnisses enthält, für das allein der Ver Vsschutz gewähren will oder wenn von vornherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt wird. Bischoff will a. a. O. nicht alle auf ein Tun oder Unterlassen des Vmers sich beziehende Leistungsbeschränkungen als Obliegenheiten einstufen, sondern u. a. nur diejenigen die ein Verhalten verlangen, dessen „primäre Motivation typischerweise in der Wahrnehmung ursprünglich eigener Schutzbelange liegt". Davon sei zu unterscheiden das Verhalten, „das autonom oder auch zweckimmanent ist in dem Sinne, daß es primär durch einen eigenständigen Zweck motiviert wird und der Verwirklichung eines Lebenszwecks im weitesten Sinne dient, ein Verhalten also, von dem angenommen werden kann, daß ein vernünftiger Mensch in der Regel trotz der Möglichkeit eines Schadens auch dann nicht davon Abstand nehmen würde, wenn er nicht vt wäre und sich nicht vn könnte". Verhaltensnormen dieser Art sollen Gegenstand von Risikoausschlüssen sein (ebenso BGH 24. XI. 1972 VersR 1973 S. 176). Dieser Ansicht folgt auch Wagner für die Unfallv (Bd. VI 1 Anm. G 133 S. 342, 343 f.). Prölss-Martin (Anm. 3 B c zu §6) und Hübner (a. a. O. S. 985) wenden demgegenüber ein, daß sich autonomes und Sorgfaltsverhalten nicht mit einiger Sicherheit von einander trennen ließen, was allerdings bei vielen Begriffspaaren der Fall sei und nicht notwendig deren logische Richtigkeit in Frage stelle. Auch könne das Unterlassen eines autonomen Verhaltens Gegenstand einer Verhaltensnonn sein, so daß diese Eigenschaft für die Unterscheidung nicht ausschlaggebend sein könne. J. Prölss vertritt (a.a.O.), von Auflage zu Auflage in der Begründung z.T. schwankend, nunmehr (in der 24. Aufl.) den Standpunkt, ein Schutz des Vmers durch das Verschuldens- und Kausalitätserfordernis des § 6 II sei grundsätzlich nicht angebracht, wenn er mit dem vten Interesse so umgehe, daß es in eine vom Vsschutz ausgeschlossene Situation gerate. Wenn die Vermeidung einer ausgeschlossenen Situation nur eine Frage des Sicherheitsaufwandes sei, müsse der Vmer mit Vsschutz rechnen können, wenn die ausgeschlossene Situation nicht als Folge seiner Bequemlichkeit, sondern wegen erfolglosen Bemühens um die Sicherheit eintrete oder weil auch ein solches Bemühen nichts genützt hätte. Es komme daher darauf an, ob sich eine ausgeschlossene von einer eingeschlossenen Situation nur durch ein Weniger an Sicherheit unterscheide, beide also Verhaltensalternativen darstellten. Dann liege eine Obliegenheit vor, so bei Risikobeschränkungen, die darauf abstellten, daß gefahrmindernde und verhaltensabhängige Umstände nicht bewirkt worden seien. Ein auf K250

Wriede

II. Vor Beginn des Vsfalls 3. Vertragl. vereinbarte

Anm. IF 47]

ein Tätigsein sich beziehender Ausschluß enthalte eine Obliegenheit, wenn ein der ausgeschlossenen Tätigkeit inhaltsgleiches Handeln unter ungefährlicheren Begleitumständen eingeschlossen sei. Keine Obliegenheit sei anzunehmen, „wenn die Tätigkeit ohne Rücksicht auf die konkreten äußeren Begleitumstände und ohne Rücksicht auf die Art und Weise ihrer konkreten Durchführung vom Vsschutz ausgenommen ist". Für die Annahme einer Obliegenheit im Sinne des § 6 II müsse regelmäßig gewährleistet sein, daß der Vmer es typischerweise in der Hand habe, die ausgeschlossene Situation zu vermeiden. Danach soll es wie nach der Rechtsprechung des BGH wesentlich auf das Verhalten des Vmers, auf seine Risikoverwaltung ankommen, wodurch die jeweilige Gefahrslage ungünstig beeinflußt werden kann, wenn er sie entgegen den von ihm zu beachtenden Verhaltensnormen erhöht oder nicht vermindert. Diese G r u n d s ä t z e mögen für den Bereich der Sachv passen. Sie e r f o r d e r n jedoch f ü r die Ρ KV, deren Risiken ganz überwiegend vom Verhalten der Gefahrspersonen abhängen, eine M o d i f i k a t i o n : Regeln für eine sorgfaltige Risikoverwaltung würden in erster Linie die Lebensgewohnheiten der Gefahrspersonen betreffen müssen. Das würde dem G r u n d r e c h t auf die f r e i e E n t f a l t u n g der P e r s ö n l i c h k e i t (Art. 2 I GG) widerstreiten. Es können in diesem Zusammenhang allenfalls für konkret bestimmte Vorgänge Normen aufgestellt werden. Wenn etwa Vsschutz für eine Expedition mit besonderen gesundheitlichen Gefahren gewährt werden soll, ist es naheliegend, daß der Ver entsprechende Impfungen, die Mitnahme und den Gebrauch bestimmter Medikamente vorschreibt oder verlangt, daß die Gefahrsperson sich ständig ärztlich überwachen läßt, andernfalls Leistungsfreiheit gegeben sein soll. Hier würde eine Obliegenheit im Sinne der §§ 32, 6 anzunehmen sein. Wegen des Verhaltens von Gefahrspersonen ohne eigenen Anspruch gegen den Ver gilt das in Anm. F 5 für gesetzliche Obliegenheiten Ausgeführte entsprechend. Von solchen singulären Fällen abgesehen, müssen daher Vorschriften über Verhaltensweisen, mit welchen ein eigenständiger Zweck verfolgt wird und die auch ohne Vsschutz nicht unterlassen würden, als autonom im Sinne der Ausführungen von Bischoff und damit als Risikoausschlüsse angesprochen werden. Diesen Tatbeständen sind solche an die Seite zu stellen, die als Ausprägung einer vorsätzlichen oder grobfahrlässigen Herbeiführung von behandlungsbedürftigen Krankheiten oder Unfällen anzusehen sind (Bd. I Anm. 42 zu § 32 S. 422). Hiervon ausgehend sind einzelne Bestimmungen der AVB näher zu untersuchen, welcher Kategorie sie zuzuordnen sind: § 15 Ziff. 4 NoB enthält keine (verhüllten) Obliegenheiten, sondern nur Risikoausschlüsse: Die „ a k t i v e T e i l n a h m e an i n n e r e n U n r u h e n , K a m p f h a n d l u n g e n im K r i e g e " bezieht sich zwar auf ein Verhalten des Vmers oder der ihm gleichgestellten Personen, es weicht aber doch ganz erheblich von den Lebensgewohnheiten eines Normalbürges ab. Wer sich aus freien Stücken an solchen Geschehnissen beteiligt, nimmt in Kauf, daß er dabei Verletzungen oder auch — ζ. B. wegen der damit verbundenen Entbehrungen oder sonst ungesunden Lebensweise — Erkrankungen erleidet. Es handelt sich praktisch um einen Spezialfall bedingt vorsätzlicher Herbeiführung des Vsfalls und damit um einen echten Risikoausschluß. Die Beteiligung an solchen Vorgängen aufgrund entsprechender öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen (ζ. B. als Soldat oder Polizeibeamter) kann damit nicht verglichen werden. Hier liegt vielmehr ein aufgezwungenes Verhalten vor, das weder als im Rahmen der Risikoverwaltung liegend noch als autonomes qualifiziert werden kann, sondern auf äußeren Umständen beruht und schon daher Gegenstand eines Leistungsausschlusses sein kann. Näheres zum Begriff der Beteiligung an inneren Unruhen und Kampfhandlungen im Kriege vgl. Anm. G 21). Wriede

Κ 251

Anm. [F 47]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Bei der „ a k t i v e n T e i l n a h m e an W e t t k ä m p f e n " handelt es sich gleichfalls um einen Ausschluß, weil hier ein autonomes Verhalten anzunehmen ist. Es gehört in den Rahmen heutiger Lebensführung, daß sich jemand an Wettkämpfen körperlicher oder geistiger Art beteiligt und auch dann nicht davon absehen würde, wenn er nicht vt wäre (im Ergebnis ähnlich für § 2 Ziff. 3 b AKB Bd. I Anm. 42 zu § 32 S. 422). Einzelheiten hierzu in Anm. G 22. Ferner handelt es sich auch bei der Rauschgiftklausel — „ m i ß b r ä u c h l i c h e r G e n u ß von R a u s c h g i f t e n ( M o r p h i u m , K o k a i n usw.)" — um einen Leistungsausschluß. Nach der zitierten Auffassung von Möller könnte hier eine Obliegenheit angenommen werden, weil Rauschgiftabusus oft nicht „unmittelbar" zum Vsfall führt, sondern eine Gefahrerhöhung darstellen könnte, die ihrerseits Ausgangspunkt einer zum Vsfall führenden Kausalreihe sein könnte. Geht man jedoch davon aus, daß Rauschmittelmißbrauch nicht zur Lebensführung vernünftiger Menschen gehört und berücksichtigt ferner, daß er erfahrungsgemäß oft zu einer psychischen Abhängigkeit führt, nämlich zum Unvermögen, die Mitteleinnahme aus eigener Kraft abzubrechen, daß vielmehr im Laufe der Zeit schwere gesundheitliche Störungen einzutreten pflegen (vgl. ζ. B. Brockhaus Bd. 9 S. 347), so kann man nicht mehr von einer sich auf höherer Ebene zunächst stabilisierenden Gefahrslage sprechen. Vielmehr ist ein dem § 61 vergleichbarer Tatbestand gegeben, indem der Betreffende das Eintreten dieser Störungen billigend in Kauf nimmt. Wegen der Einzelheiten vgl. Anm. G 20. Wenn der Rauschmittelkonsum zu einer gewissen Abhängigkeit oder Stetigkeit geführt hat, kann auch eine Verletzung der Gefahrstandspflicht gegeben sein (vgl. dazu Anm. F 41 f.). Schließlich ist auch die in § 15 Ziff. 6 NoB enthaltene Beschränkung — keine L e i s t u n g a n l ä ß l i c h eines A u f e n t h a l t e s in K u r o r t e n , S a n a t o r i e n o d e r E r h o l u n g s h e i m e n — als Risikoausschluß zu behandeln, da es sich als ein autonomes Verhalten darstellt. Das ist auch mit der Erwägung zu begründen, daß durch einen Vsvertrag in der Regel nicht alle durch Gefahrverwirklichung entstehenden, sondern nur bestimmt bezeichnete Schäden ersetzt werden (im Ergebnis ebenso für die „Sanatoriumsklausel" OLG Nürnberg 26. II. 1976 VersR 1976 S. 725; OLG Hamm 27. X. 1976 VersR 1977 S. 1150). Genaueres in Anm. G 28. Die in §§ 4 (9) GrB KK, 4 (8) GrB KH und 7 (7) GrB KT jeweils S. 1 2. Hs. enthaltene Leistungsbeschränkung im Falle von K r a n k h e i t e n usw., „die auf einer Sucht o d e r i h r e n F o l g e n b e r u h e n " , deckt sich weitgehend mit der oben erörterten Klausel in § 15 Ziff. 4 NoB; die letztere ist weiter gefaßt, da „mißbräuchlicher Genuß" noch nicht gleichbedeutend mit einer „Sucht", d. h. mit Drogen- oder Rauschmittelabhängigkeit, diese vielmehr oft erst die Folge eines Mißbrauchs ist. Auch die „Suchtklausel" wird allgemein als Risikoausschluß angesehen (BGH 17. IX. 1975 VersR 1975 S. 1093; OLG Hamm 18. X. 1972 VersR 1973 S. 123; 9. X. 1974 S. 631, 632). Der 1. Hs. a. a. O. enthält eine weitere auf das Verhalten sich beziehende Leistungsbeschränkung für Krankheiten usw., die „bei Begehen eines V e r b r e c h e n s o d e r v o r s ä t z l i c h e n V e r g e h e n s h e r b e i g e f ü h r t werden". Diese Bestimmung stellt einen Spezialtatbestand des § 61 dar und ist damit gleichfalls als Risikoausschluß zu werten. Vgl. im übrigen Anm. G 23. Wegen der in § 5 (l)a MB KK u. KT enthaltenen Leistungsbeschränkung bei U r s ä c h l i c h k e i t von K r i e g s e r e i g n i s s e n wird auf die vorstehenden Ausführungen zu den entsprechenden Bestimmungen der NoB und GrB verwiesen. § 5 (l)b MB KK u. KT stellen den Ver von E n t z i e h u n g s m a ß n a h m e n eins c h l i e ß l i c h - k u r e n frei, beziehen sich also nicht in erster Linie auf konkret bezeichnete Ursachen notwendiger Heilbehandlung, sondern nehmen bestimmte ForK252

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II. Vor Beginn des Vsfalls 3. Vertragl. vereinbarte

Anm. [F 47 a, F 48]

men der Heilbehandlung aus dem Leistungskatalog heraus, so daß andere Maßnahmen der Heilbehandlung, etwa wegen Medikamenten- oder Alkoholabhängigkeit, hiervon nicht berührt werden (ebenso OLG Karlsruhe 3. XI. 1983 VersR 1986 S. 81; LG Braunschweig 25. IV. 1985 VersR 1986 S. 1096 - kein Verstoß ggen das AGBG). Hier wird kein bestimmtes Verhalten des Vmers oder der ihm gleichgestellten Personen zur Grundlage der Leistungsbeschränkung gemacht. Vielmehr wird nur der Umfang der (grundsätzlichen) Leistungszusage begrenzt, nicht anders als wenn ζ. B. für bestimmte Heil- oder Hilfsmittel keine Leistungen vorgesehen werden. Vgl. im übrigen Anm. G 30. Dagegen wird bei der in § 5 (l)c MB KT enthaltenen Klausel — K r a n k h e i t e n u n d U n f a l l f o l g e n wegen a l k o h o l b e d i n g t e r B e w u ß t s e i n s s t ö r u n g e n — wiederum auf eine bestimmte Ursache Bezug genommen, hinter der das auslösende Verhalten — Alkoholabusus — zurücktritt. Auch hier liegt daher ein Risikoausschluß aber keine vorbeugende Obliegenheit vor, und zwar deswegen weil es sich um ein sog. autonomes Verhalten handeln dürfte (BGH 24. XI. 1972 VersR 1973 S. 176 im Anschluß an Bischoff a. a. O. S. 805). Vgl. im übrigen Anm. G 20. Die teils in den AVB (§§ 16 Ziff. 1, 2 und 4 NoB; 4 ( 2 ) - ( 5 ) MB KK; 4 (5)-(9) MB KT) teils in den Tarifen enthaltenen Bestimmungen darüber, daß nur Aufwendungen für bestimmte Heilbehandler erstattet werden, betreffen zumindest mittelbar gleichfalls ein Verhalten des Betroffenen, das ihm ein sorgfältiges Umgehen mit dem Risiko gebietet — es sollen nur solche Behandler konsultiert werden, deren Qualifikation zu vermuten ist. Gleichwohl liegt hier keine Obliegenheit vor. Diese Regelungen sind vielmehr ebenfalls Ausfluß des das Vswesen beherrschenden Grundsatzes, daß nur bestimmte Interessen (i. w. S.) gegen Beeinträchtigungen durch genau umrissene Gefahren vt werden können. Auch handelt es sich dabei nicht um Bestimmungen, die das Eintreten eines Vsfalls möglichst verhindern sollen, sondern sie betreffen diesen Vorgang selbst. [F 47 a] b) Inhaltskontrolle vertraglich vereinbarter Obliegenheiten In AVB enthaltene Obliegenheiten und die dort bei Verstoß vorgesehenen Sanktionen sind nach wohl einhelliger und zutreffender Ansicht in der Literatur (so ζ. B. Sieg ZVersWiss 1977 S. 489, 492; Münch Komm-Kötz Rz 8 zu § 8 AGBG; Staudinger-Schlosser Rz 180 zu § 9 AGBG; Schirmer ZVersWiss 1986 S. 509, 550; Bd. V/2 Anm. A 80 S. 143 —145; Prölss-Martin Vorbem. 16 C a) nach den zunächst von der Rechtsprechung herausgearbeiteten und in §§3, 8 — 11 AGBG normierten Grundsätzen der Inhaltskontrolle unterworfen. Darauf ist bei der Erläuterung der einzelnen Obliegenheiten einzugehen. [F 48] c) Mebrfachv, Überblick Schrifttum: Beseler, Rechtsprobleme gleichzeitiger V in der GKV und PKV (Bonner Dissertation) 1973; Honsell VersR 1982 S. 115-117; Krebs VersR 1964 S. 466-470.

Die in den AVB vorgesehenen, den Abschluß weiterer Krankenvsverträge mit ganz oder ζ. T. identischem Inhalt betreffenden Obliegenheiten dienen nach einhelliger Ansicht (Bach-Moser Rz 44 zu §§ 9, 10; Prölss-Martin Anm. 2 zu § 9 MB KK) der Eindämmung des subjektiven Risikos und der Vertragsgefahr. Sie sollen der gelegentlich anzutreffenden Neigung entgegenwirken, daß ein Vmer oder Vter für einen Vsfall von mehreren Vera Leistungen zu erhalten versucht, die zusammen den entstandenen Bedarf übersteigen oder einen vereinbarten Selbstbehalt gegenstandslos machen würden. Klauseln dieses Inhalts sind wirksam, sie verstoßen insbesondere nicht gegen das AGBG (BGH 13. XI. 1980 VersR 1981 S. 183). Wriede

Κ 253

Anm. [F 49]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Nach §§ 6 (2) a GrB KK und KH, 6 (3) S. 1 - 3 GrB KT soll der Vmer ohne E i n w i l l i g u n g des Vers weder einen weiteren Krankenvsvertrag abschließen noch — so nach den GrB KK und KH — von der Vsberechtigung in der GKV Gebrauch machen, wenn dadurch der bisherige Vsschutz erweitert werden würde. Die letztere Einschränkung fehlt bei der an erster Stelle genannten Klausel. Ein weiterer Krankheitskostenvsvertrag (ohne Krankenhauskosten) bedarf daher der Zustimmung des Vers, auch wenn dadurch der Leistungsumfang des Erstvertrages nicht erweitert wird, ein kaum denkbarer Fall. Ferner ist nach § 6 (3) S. 2 GrB KT der Abschluß eines Krankheitskostenvsvertrages dem Ver unverzüglich anzuzeigen. Ein Verstoß gegen diese Obliegenheiten soll nach Maßgabe des § 6 I den Ver zur fristlosen Kündigung berechtigen und leistungsfrei machen (vgl. Anm. F 51 — 55). Gemäß § 9 (4) MB KK trifft den Vmer nur eine A n z p f l , wenn er bei einem anderen Ver einen Krankheitskostenvsvertrag abschließt oder von der Vsberechtigung Gebrauch macht. Einen weiteren Tagegeldvsvertrag darf er nur mit Einwilligung des Vers abschließen (§§ 9 (5) MB KK, 9 (6) MB KT). Wegen der Verletzungsfolgen verweisen §§ 10 (2) MB KK und MB KT gleichfalls auf § 61 VVG (Näheres dazu in Anm. F 51 - 55). Die Wirksamkeit der hier angesprochenen weiteren Vsverträge hängt nicht davon ab, daß der Vmer sich den Obliegenheiten entsprechend verhält. Ggf. ist § 68 anwendbar. [F 49] aa) Tatbestände aaa) Anzeigeobliegenheiten bei Mehrfachv Die Anzeigeobliegenheiten nach §§ 6 (2)b S. 1 und 3 GrB KK, 6 (3) S. 2 GrB KT und 9 (4) MB KK setzen den Abschluß eines weiteren Krankheitskostenvsvertrages mit einem anderen Ver, nach der letzteren Bestimmung auch den Fall einer Inanspruchnahme der Vsberechtigung in der GKV (§ 9 SGB V) voraus. Mit § 9 (4) MB KK soll der Ver in die Lage versetzt werden, sich mit dem anderen Ver oder Vsträger bei Abwicklung eines Schadensfalls in der Krankheitskostenv ins Benehmen zu setzen und zu verhindern, daß der Vmer wegen derselben Heilbehandlung von mehreren Vera (Vsträgera) Ersatzleistungen erhält, die insgesamt seinen Aufwand übersteigen oder einen zur Risikoeinschränkung vereinbarten Selbstbehalt gegenstandslos machen. Es soll m. a. W. hierdurch der Gefahr einer der Sachlage nicht entsprechenden übermäßigen Inanspruchnahme und damit auch der Vertragsgefahr und dem subjektiven Risiko entgegengewirkt werden (OLG Stuttgart 31. V. 1972 VersR 1972 S. 847; Prölss-Martin Anm. 2 zu §9 MB KK; Bach-Moser Rz 42, 47 zu §§ 9,10 MB KK). Darüber hinaus soll der Ver im Falle einer Mehrfachv von den Rechten gemäß § 59 Gebrauch machen können. Wird durch den Abschluß des weiteren Vertrages oder der Inanspruchnahme einer Vsberechtigung der wegen der Vertragsgefahr oder des subjektiven Risikos vereinbarte Selbstbehalt aufgehoben, so kann darin auch eine subjektive Gefahrerhöhung liegen, deren Konsequenzen sich aus den §§23 — 26 ergeben (vgl. Anm. F 51). Diese Rechtsfolge ist von der in § 10 (2) MB KK vorgesehenen zu unterscheiden. Fraglich ist, ob § 9 (4) MB KK im Anschluß an § 58 voraussetzt, daß die mehreren Verträge eine mindestens teilweise I d e n t i t ä t der zugesagten D e c k u n g aufweisen müssen. Eine solche Kongruenz kann nur gegeben sein, wenn sie (kumulativ) besteht hinsichtlich des Interesseträgers, also des Vmers oder Vten einer V für fremde Rechnung, des vten Interesses (i. w. S.), der vten Gefahr und des vten Bedarfs (Bd. II Anm. 13 f. und 17 zu § 58 S. 417 f. und 421 f.). Es muß m. a. W. dasselbe Interesse desselben Vmers oder Vten gegen dieselbe Gefahr bei mehreren Vera vt sein. Für die Κ 254

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II. Vor Beginn des Vsfalls 3. Vertragl. vereinbarte

Anm. [F 49]

Krankheitskostenv kommt noch die Besonderheit hinzu, daß die Vsleistungen nach Teilbereichen (ζ. B. Arzt, Krankenhaus- und Arzneikosten) aufgegliedert sind. Daher ist die geforderte (teilweise) Identität nur dann gegeben, wenn auch insoweit Kongruenz besteht. Nach den Erläuterungen in Anm. 13 a. a. O. kann die I d e n t i t ä t in der P e r s o n des Vmers u n d / o d e r des V t e n , d. h. der aus den mehreren Verträgen Anspruchsberechtigten bestehen. Gefahrspersonen ohne eigenen Anspruch gegen die Ver (im folgenden kurz oeA) interessieren im Rahmen der §§58 — 60 nicht. Nach § 9 (4) MB KK soll es abweichend davon und unabhängig von der Anspruchsberechtigung darauf ankommen, daß „für eine vte Person" ein weiterer Vertrag abgeschlossen wurde oder diese selbst von der Vsberechtigung Gebrauch macht. Für die Gefahrsperson (mit oder oeA) kann der Zweitvertrag durch den Vmer, den Vten, sie selbst oder einen Dritten abgeschlossen werden. Dabei soll es offenbar gleichgültig sein, wessen Interesse gegen welche Gefahren vt ist. Das ist nicht in jedem Falle mit dem Zweck der Bestimmung vereinbar. Wenn einer der Beteiligten (auf Seiten des Vmers) des Erstvertrages den Zweitvertrg für sich oder einen der anderen dieser Beteiligten abschließt, trifft die Ratio bei Identität in obigem Sinne zu: Der Ver hat einmal wegen der sich aus § 59 ergebenden Rechtsfolge ein berechtigtes Interesse daran, den anderen Vertrag und dessen Ver kennenzulernen (vgl. Anm. G 67). Zum andern besteht dieses Interesse wegen der damit u. U. verbundenen Gefahrerhöhung. W e n n jedoch z. B. die G e f a h r s p e r s o n oeA den Z w e i t v e r t r a g f ü r sich selbst als Vmer a b s c h l i e ß t oder von der Vsberechtigung der GKV Gebrauch macht, so ist nicht dasselbe (Vs)interesse (i. w. S.) zweimal vt, sondern zum einen das des Vmers des Erstvertrages wegen der ihm infolge Erkrankung der Gefahrsperson entstehenden Einbußen und zum anderen das der Gefahrsperson wegen der ihr selbst dadurch erwachsenden Aufwendungen. §§ 58, 59 sowie § 10 (2) MB KK greifen daher hier nicht ein (im Ergebnis ebenso OLG Köln 30. VII. 1979 VersR 1979 S. 1094, 1095; Prölss-Martin Anm. 3 zu § 9 MB KK; Rechtsstellung der Gefahrsperson wird hier und von OLG Köln jedoch verkannt; vgl. Anm. F 5). Wohl aber kann durch solche Verträge die Neigung ihrer Beteiligten gefördert werden, Erkrankungen der Gefahrsperson vorzutäuschen, oder sie in ihrer Veranlagung bestärken, die Krankheit zu dramatisieren, m. a. W. das subjektive Risiko und/oder die Vertragsgefahr zu erhöhen. Das gleiche gilt, wenn etwa die Gefahrsperson oeA des Erstvertrages den Zweitvertrag als Vmer auf die Person des Vmers oder Vten des Erstvertrages abschließt. Das Verhalten der Gefahrsperson oeA. ist zwar analog §§ 161, 179 IV dem Vmer (oder Vten) zuzurechnen (Anm. F 5), d. h. es ist so anzusehen, als wenn letzterer den Zweitvertrag selbst abgeschlossen hätte. Das ändert aber an der dargestellten Rechtslage nichts. Denn durch den Zweitvertrag wird gleichwohl nur das Interesse (i. w. S.) der Gefahrsperson, nicht das des Vmers (oder Vten) vt (verkannt von OLG Köln 26. IX. 1985 RuS 1986 S. 16,17 für den erwogenen theoretischen Fall wechselseitiger Vsnahme durch Vmer und Gefahrsperson). Wenn schließlich ein D r i t t e r Vmer des Z w e i t v e r t r a g e s , dieser abgestellt auf die Person eines der Beteiligten des Erstvertrages, wird, d. h. das Interesse eines „Außenstehenden" vt wird, kommt jene Erwägung einer Erhöhung des subjektiven Risikos oder der Vertragsgefahr nur unter besonders liegenden Umständen in Betracht, etwa bei arglistigem Zusammenwirken des Dritten mit jenen. Andernfalls wird der Gedanke einer Gefahrerhöhung nicht eingreifen können, so daß in diesem Falle die Verletzung der Anzpfl mangels Kausalität für den Vsfall keine Leistungsfreiheit nach § 10 (2) MB KK zur Folge haben kann (§§ 25 III 2. Alt., 28 II 2 2. Alt. bzw. 6 II). Wriede

Κ 255

Anm. [F 49]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Die Frage der oben für eine Mehrfachv als erforderlich bezeichneten (teilweisen) I d e n t i t ä t des vten I n t e r e s s e s ist vorstehend bereits mit erörtert worden, soweit die Person des Interesseträgers von Bedeutung ist. Im Rahmen der §§58 — 60 kommt es weiter darauf an, daß die mehreren Interessen i n h a l t l i c h mindestens ζ. T. ü b e r e i n s t i m m e n . Diese Kongruenz ist auch dann gegeben, wenn die Identität davon abhängt, daß der Anspruchsberechtigte im Vsfall ein ihm vertraglich zustehendes Wahlrecht — ζ. B. auf Kostenersatz statt auf summenmäßig bestimmte Leistung — ausübt. Nach § 9 (4) und (5) MB KK ist indessen nur erheblich, daß neben dem Krankheitskosten- oder Krankenhaustagegeldvsvertrag ein weiterer Krankheitskostenvsvertrag abgeschlossen oder von einer entsprechenden Vsberechtigung Gebrauch gemacht wird. In letzterem Zusammenhang ist auch beachtlich, daß für einen Beteiligten des Erstvertrages Ansprüche auf Familienhilfe gemäß § 10 SGB V gegeben sein können. Diese Regelung des § 9 (4) MB KK ist in verschiedener Hinsicht überraschend und für die Rechtsfoglen eines Obliegenheitsverstoßes bedeutsam: Zunächst kann auch der Abschluß eines weiteren Krankenhaustagegeldvertrages (§ 9 (5) MB KK) durchaus die Frage einer Erhöhung des subjektiven Risikos und der Vertragsgefahr aufwerfen, ist doch ζ. B. die Gefahr einer medizinisch nicht notwendigen Verlängerung eines Krankenhausaufenthaltes aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht von der Hand zu weisen. Nach wohl zutreffender Ansicht sind hier die §§ 23 — 29 a neben den vertraglichen Obliegenheiten und damit neben den §§ 6 II, 32 anwendbar (Werber Landesreferate S. 220; Bd. I Anm. 10 zu § 32 S. 415). Ferner ist das Zusammentreffen eines nur auf Ersatz bestimmter Aufwendungen gerichteten Krankheitskostenvsvertrages mit einem weiteren Vertrage, der andersartige Kosten betrifft — der erstere sieht etwa die einer ambulanten Behandlung, der zweite die einer stationären vor — weder für § 59 noch in bezug auf eine Gefahrerhöhung relevant. Die harte Sanktion des § 10 (2) MB KK bei Verstoß ist daher schon aus diesem Grunde nicht angemessen (ebenso Bach-Moser Rz48 zu §§9, 10). Schließlich ist bemerkenswert, daß die Vsberechtigung nur dann erheblich sein soll, wenn die „vte Person" selbst davon Gebrauch macht. Geschieht das durch den Vmer, einen Vten oder einen Dritten in bezug auf eine mit diesen nicht identische Gefahrsperson (§ 10 SGB V), greift § 9 (4) MB KK nicht ein, obwohl die Interessenlage für den Ver die gleiche ist, als wenn die Gefahrsperson selbst gegenüber dem Vsträger vsberechtigt wird. Auch in diesem Fall kommen daher Sanktionen bei Verstoß gegen die Anzpfl nicht in Betracht. Die hier erläuterten Obliegenheiten erfassen den Fall, daß für einen Vertragsbeteiligten (auf Seiten des Vmers) die K r a n k e n v s p f l i c h t ( § § 5 —8 SGB V) eintritt, nur bei Geltung der GrB KK (dort § 6 (2)b). Die Leistungen der GKV konkurrieren in der Regel nicht mit denen der PKV, weil jene die Heilbehandlung in natura zur Verfügung stellt, so daß ihrem Empfänger insoweit keine Aufwendungen entstehen (KG 25. IV. 1931 JRPV 1931 S. 269; Guckenheimer VersArch 1932/3 S. 769). Daher kann die a. a. O. statuierte Anzpfl weder wegen möglicher Mehrfachv noch wegen der Möglichkeit einer Gefahrerhöhung relevant sein. Die in S. 3 a. a. O. vorgesehenen Sanktionen — Leistungsfreiheit und fristlose Kündigung — sind daher unangemessen im Sinne des § 9 II Nr. 2 AGBG. Der Vmer kann durchaus daran interessiert sein, statt der Leistungen der GKV die der PKV in Anspruch zu nehmen. Die bei einer Mehrfachv ferner auftauchenden Fragen der Identität der vten Gefahr und des vten Bedarfs sind nach den vorstehenden Ausführungen nicht weiter erörterungsbedürftig. Der Zweck des § 6 (3) S. 2 GrB KT ist — auch im Hinblick auf die obigen Erwägungen — nur schwer verständlich. Der Ver soll offenbar mit Hilfe dieser K256

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II. Vor Beginn des Vsfalls 3. Vertragl. vereinbarte

Anm. [F 50]

Bestimmung die Möglichkeit erhalten, sich wegen des besonders „vertraggefahrlichen" Risikos der Tagegeldv mit dem anderen Ver in Verbindung zu setzen, um auf diese Weise Einzelheiten über den Gesundheitszustand des Vmers oder einer anderen Gefahrsperson (deren Einverständnis vorausgesetzt, vgl. Anm. F 26) zu erfahren. Der Zweitvertrag begründet weder eine Mehrfachv im Sinne der §§58 — 60, da der Erstvertrag Summen ν ist, noch kann er für diesen eine Gefahrerhöhung darstellen. Die Wirksamkeit der in S. 3 a. a. O. vorgesehenen Leistungsfreiheit ist daher gleichfalls zweifelhaft. Das gleiche gilt schließlich für § 6 (2)b S. 1, 3 - 5 GrB KK: Das Bestehen von Ansprüchen aufgrund der gesetzlichen Krankenvspflicht oder Familienv nach den Bestimmungen des SGB V begründet keine Mehrfachv und erhöht weder die Vertragsgefahr noch das subjektive Risiko, wie bereits ausgeführt worden ist. Anders ist es, wenn der Berechtigte eines Krankentagegeldvsvertrags krankenvspflichtig wird und bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld gemäß §§44 — 51 SGB V erlangt, das zusammen mit dem Tagegeld sein durchschnittliches Nettoeinkommen übersteigt. Dieser Fall ist in den GrB KT und MB KT nicht geregelt. Insoweit kann — ähnlich wie bei einer Einkommensminderung (Anm. F 57) — eine Erhöhung der subjektiven Gefahr gegeben sein, so daß die §§23 — 30 anwendbar sind (Anm. F 39 — 44). Eine Herabsetzung von Prämie und Leistung durch den Ver analog § 4 (4) MB KT (vgl. Anm. G 54) hält OLG Hamm (14.1.1983 VersR 1983 S. 1147, 1148) nicht für angängig. Die vorstehend erläuterten A n z o b l i e g e n h e i t e n e n t s t e h e n m i t A b s c h l u ß d e s Z w e i t v e r t r a g e s oder des Tatbestandes, durch den die Vsberechtigung nach §§9, 188 SGB V wirksam wird, und zwar müssen diese Vorgänge sich nach dem Zustandekommen des Erstvertrages ereignen, weil erst damit vertragliche Obliegenheiten begründet werden (BGH 1. II. 1968 VersR 1968 S. 293, 294). Die Vsberechtigung beginnt — die sonstigen Voraussetzungen der genannten Bestimmungen als gegeben unterstellt — mit Zugang einer entsprechenden schriftlichen Willenserklärung bei der in Betracht kommenden Krankenkasse (§ 188 SGB V). Eine Annahmeerklärung der Kasse ist nicht erforderlich (vgl. ζ. B. Aye-Göbelsmann-MüllerSchiekel-Schroeter Anm. 10 zu § 176 RVO). Die Anzobliegenheit entfallt nicht, wenn der Zweitvertrag durch Kündigung oder Rücktritt beendet wird (LG Frankfurt/M 5. XI. 1979 VersR 1980 S. 862; LG Köln 11. II. 1983 VersR 1983 S. 973, 974). Bach-Moser wollen der ersteren Entscheidung — offenbar irrtümlich — einen gegenteiligen Standpunkt entnehmen. Die vorstehend behandelten Obliegenheiten entfallen, sobald der Ver Kenntnis von den anzuzeigenden Tatsachen erlangt. Nach §§ 6 (2)c GrB KK, 6 (2)b GrB KH sollen die „vten Personen" die gleichen Verpflichtungen haben wie der Vmer. Ihre Kenntnis und ihr Verschulden sollen dem des Vmers gleichstehen (ebenso § 10 (3) MB KK und KT). Abgesehen davon, daß es sich hier um Obliegenheiten und nicht um erzwingbare Verpflichtungen im Rechtssinne handelt, können auch jene den Gefahrspersonen oeA nicht durch den Vertrag zwischen Vmer und Ver auferlegt werden. Vielmehr kommt hier nur eine Zurechnung von Kenntnis und Verschulden analog §§161, 179 IV in Frage. Insoweit wird auf die Ausführungen in Anm. F 5 zur wAnzpfl verwiesen. Bei den Anzeigen handelt es sich um Wissens- nicht um Willenserklärungen (vgl. Anm. F 4). [F 50] bbb) Zustimmungserfordernis Schrifttum: Heid und Schmidt VersR 1980 S. 300-305; Ohrt S. 96, 169, 194.

Nach §§ 6 (2) a GrB KK und KH, 6 (3) GrB KT ist die Einwilligung des Vers einzuholen, wenn für eine „vte Person" ein weiterer Krankenvsvertrag — so nach Wriede

Κ 257

Anm. [F 50]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

den beiden ersteren Klauseln — bzw. nach der zuletzt genannten Bestimmung ein weiterer Vertrag auf Kranken- oder Krankenhaustagegeld abgeschlossen werden soll. Das gleiche wird anzunehmen sein, wenn die Leistungen eines anderweitig bereits bestehenden Vertrages erhöht werden sollen; denn dazu ist gleichfalls ein Vertrag mit dem betreffenden Ver erforderlich (§ 305 BGB - OLG Hamm 17. IV. 1970 VersR 1971 S. 120, 122; Bach-Moser Rz61 zu §§9, 10). Dem Abschluß eines weiteren Vertrages wird in den beiden ersteren Bestimmungen die Inanspruchnahme der Vsberechtigung gemäß § 9 SGB V gleichgestellt. §§ 9 (6) MB KT und 9 (5) MB KK sehen das Einwilligungserfordernis nur noch für weitere Kranken- bzw. Krankenhaustagegeldvsverträge vor. Beide Normengruppen wollen in noch stärkerem Maße als die in Anm. F 49 behandelten Anzobliegenheiten dem subjektiven Risiko und der Vertragsgefahr entgegenwirken. Diese Risikofaktoren bestehen nach den Erfahrungen der PKVer vor allem bei den Tagegeldvsverträgen (BGH 28. IV. 1971 VersR 1971 S. 662, 663; OLG Hamm 17. IV. 1970 VersR 1971 S. 120; 7. II. 1979 VersR 1979 S. 616, 617; 3. IV. 1981 VersR 1982 S. 35, 36; OLG München 16. X. 1975 VersR 1976 S. 58; LG München 15. IX. 1967 VersR 1970 S. 1148 f.; Heid und Schmidt a. a. O. S. 300; a. A. BGH 18. XI. 1980 VersR 1981 S. 183, 185, der für den Begriff der Vertragsgefahr zu Unrecht — ebenso Bach-Moser Rz 61 zu §§ 9, 10 — betrügerische Absichten des Vmers für erforderlich hält). Bei den auf Aufwendungsersatz gerichteten Verträgen ist diese Gefahr geringer, da hier die Leistungsansprüche durch konkret belegte Aufwendungen nachgewiesen werden müssen. Während die GrB KK und KH auch bei den Krankheitskostenvsverträgen die Einwilligung des Vers für den Abschluß weiterer Verträge fordern, begnügen sich die MB KK mit der Anzobliegenheit gemäß § 9 (4). Das erscheint zwar ausreichend zur Wahrung der dem Ver ggf. nach § 59 zustehenden Rechte, nicht aber wenn mit dem Zweitvertrag die im Erstvertrag zur Risikobegrenzung vorgesehene Selbstbeteiligung gegenstandslos gemacht wird oder werden soll. Wegen der Bedeutung der Worte in den zitierten Bestimmungen der GrB, daß „für die vte Person" ein weiterer Vertrag abgeschlossen wird, wird im Hinblick auf die denkbaren verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten des Zweitvertrages auf die Erläuterungen in Anm. F 49 verwiesen: Nur soweit mit den Obliegenheiten deren Zweck erreichbar ist, kommen die vorgesehenen Sanktionen in Betracht. Zweifel dieser Art bestehen ferner, wenn der Schutzzweck der Obliegenheiten im Rahmen der Krankheitskostenv auch schon mit Hilfe einer Anzeige über den Abschluß des weiteren Vertrages gewahrt wird, so wenn der Zweitvertrag nicht geeignet ist, das subjektive Risiko oder die Vertragsgefahr des ersteren zu erhöhen, z. B. wenn die Leistungen beider Verträge nicht identisch sind. In diesem Zusammenhang — aber nur in diesem — wird Identität auch dann anzunehmen sein, wenn durch den einen Vertrag Kosten der stationären Behandlung gedeckt sind und der zweite (u. a.) auf Krankenhaustagegeld gerichtet ist. Zu weitgehend meint OLG Hamm (17. IV. 1970 VersR 1971 S. 120), daß auch Krankentagegeldvsverträge neben solchen für Krankheitskosten zustimmungsbedürftig sind. § 6 (2) a GrB KK ist im übrigen — anders als § 6 (2) a GrB KH — insofern zu weit gefaßt, als jeder weitere Vertrag für zustimmungsbedürftig erklärt wird; dafür besteht keine Notwendigkeit, wenn der schon bestehende Zweitvertrag durch einen inhaltlich gleichartigen ersetzt werden soll. Denn das ändert an der Gefahrslage nichts. Die GrB KH und KT sehen die Obliegenheit daher mit Recht nur für den Fall vor, daß eine Erweiterung des Vsschutzes angestrebt wird. Soweit nach alledem der A b s c h l u ß w e i t e r e r V e r t r ä g e oder die Inanspruchnahme der Vsberechtigung in der GKV n i c h t zu einer G e f a h r e r h ö h u n g f ü h r e n Κ 258

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II. Vor Beginn des Vsfalls 3. Vertragl. vereinbarte

Anm. |F 50]

kann, w i d e r s t r e i t e n die bei Verstoß vorgesehenen S a n k t i o n e n d e m G r u n d g e d a n k e n der §§ 25 III 2. Alt., 28 II 2 2. Alt., 6 II, wonach für den Vsfall nicht kausale Obliegenheitsverletzungen nicht zur Leistungsfreiheit führen dürfen. Insoweit greift mithin § 9 I, II Ziff. 1 AGBG ein. Wegen des berechtigten Interesses des Vers, von der Existenz eines weiteren Krankheitskostenvsvertrages Kenntnis zu erlangen (§ 59), würde eine Anzobliegenheit genügen. Die vorstehenden Erläuterungen gelten für die §§6 (2) a GrB KK und KH in gleicher Weise, wenn zu dem Erstvertrag für eine Gefahrsperson durch einen der Vertragsbeteiligten (aus Seiten des Vmers) von der Vsberechtigung (§ 9 SGB V) Gebrauch gemacht wird oder im Wege der Familienv (§ 10 SGB V). §§9 (5) MB KK und 9 (6) MB KT betreffen nur T a g e g e l d v s v e r t r ä g e , bei welchen subjektives Risiko und Vertragsgefahr verstärkt in Erscheinung zu treten pflegen, und zwar um so mehr je höher die Tagessätze sind (Heid und Schmidt a. a. O. S. 300 f.). Sie und ebenso die vorstehend behandelten Klauseln der GrB — diese soweit sie hier für sachgerecht gehalten werden — stellen eine durchaus a n g e m e s s e n e L ö s u n g des aufgezeigten Problems dar und verstoßen nicht gegen das AGBG (vgl. BGH 13. XI. 1980 VersR 1981 S. 183, 184; OLG Köln 10.1.1980 VersR 1980 S. 738; LG Frnakfurt/M 5. XI. 1979 VersR 1980 S. 562; LG Berlin 24. VI. 1986 VerbB 1986 S. 38 f.; LG Duisburg 29. IV. 1986 VerbB 1986 S. 39; a. A. OLG Karlsruhe 4. VI. 1987 VersR 1988 S. 709-712)). Eine besondere U n t e r r i c h t u n g des Vmers darüber, daß diese Obliegenheit zu beachten ist, ist n i c h t e r f o r derlichçja ihr Inhalt und die Verletzungsfolgen in den GrB und den MB deutlich dargestellt sind (vgl. BGH 13. XI. 1980 VersR 1981 S. 183 ff.; OLG München 16. X. 1975 VersR 1976 S. 58; OLG Koblenz 3. X. 1980 VersR 1981 S. 645; LG Düsseldorf 7.1.1975 VersR 1975 S. 560, 561). Die hier erläuterten B e s t i m m u n g e n setzen zunächst v o r a u s , daß beim Erstver je nach Vertragsinhalt Anspruch auf Leistung von Krankheitskosten, Tagegeld bei Arbeitsunfähigkeit bzw. stationärer Behandlung besteht, sei es auch nur als Wahlmöglichkeit anstelle von Kostenerstattung. Zeitlich nach dessen formellem Abschluß muß durch den Vmer oder Vten ein w e i t e r e r V e r t r a g a b g e s c h l o s s e n werden, der dasselbe Interesse (i. w. S.) desselben Interesseträgers gegen dieselbe Gefahr decken soll und gleichartige Leistungen vorsieht. Wird der Zweitvertrag durch eine Gefahrsperson oeA abgeschlossen, so gelten die Ausführungen in Anm. F 49 für die Anzeigeobliegenheit entsprechend. Der zweite Vertrag muß nicht notwendig mit einem PKVer abgeschlossen werden. Es kommt auch ein Unfallvsvertrag mit gleichartigen Leistungen in Betracht (OLG Hamm 30. IV. 1980 und 3. IV. 1981 VersR 1982 S. 34 und 35; LG München 5. IX. 1967 VersR 1970 S. 1148; LG Stuttgart 21. X. 1969 VersR 1970 S. 1149; LG Köln 9. VI. 1976 VersR 1977 S. 515; Heid und Schmidt a. a. O. S. 302). Im Rahmen der GrB ist auch die Inanspruchnahme der Vsberechtigung bei einem Träger der GKV relevant. Sie beginnt — die sonstigen Voraussetzungen des § 9 SGB V als gegeben unterstellt — mit Zugang einer entsprechenden Willenserklärung bei der in Betracht kommenden Krankenkasse (§ 188 (3) SGB V). Deren Annahmeerklärung ist nicht erforderlich (Aye-GöbelsmannMüller-Schiekel-Schroeter Anm. 10 zu § 176 RVO). Es ist u n e r h e b l i c h , wenn eine Gefahrsperson nach Abschluß des Erstvertrages aufgrund eines Dienstverhältnisses in den Genuß einer L o h n f o r t z a h l u n g im K r a n k h e i t s f a l l e kommt (z. B. nach §§ 63 HGB, 616 I HGB, 1 LohnfortzahlungsG vom 27. VII. 1969 mit späteren Änderungen). Das gilt auch dann, wenn der Dienstherr wegen dieser Verpflichtung einen diese ganz oder teilweise deckenden Vsvertrag abschließt, sofern er daraus anspruchsberechtigt ist. Steht dagegen die Leistung dem Dienstverpflichteten zu, der zugleich Vmer oder Vter des Erstvertrages ist, so ist der Tatbestand der hier erörterten Bestimmungen gegeben. Wriede

Κ 259

Anm. [F 50]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Ein bereits vor Abschluß mit der Erstver bestehender Vertrag über Tagegeldleistungen kann für den Ver dieses Vertrages von Bedeutung sein, für den Erstver kann er nur im Rahmen der Bestimmungen über die wAnzpf erheblich sein (vgl. OLG Hamm 7. VII. 1978 VersR 1978 S. 1137). Der weitere Vertrag wird erst mit dessen Abschluß relevant, d. h. in der Regel mit der Annahmeerklärung des Zweitvers (vgl. Anm. C 9), ggf. mit Zugang der Willenserklärung bei der gesetzlichen Krankenkasse (vgl. Aye-Göbelsmann-MüllerSchiekel-Schroeter Anm. 10 zu § 167). Es ist m. a. W. auf d e n f o r m e l l e n Vert r a g s b e g i n n , n i c h t auf d e n (etwa r ü c k d a t i e r t e n ) t e c h n i s c h e n Beginn a b z u s t e l l e n . Erst mit jenem tritt die Gefahrerhöhung ein. Das gilt auch dann, wenn der Zweitvertrag schon vor dem anderen beantragt, aber erst nach dessen Abschluß zustandekommt. In solchem Falle ist eine Einwilligung des Erstvers nicht erforderlich, wenn der Vmer die beantragte Zweitv bis zum Abschluß des Vertrages im Rahmen seiner wAnzpfl angezeigt hat (OLG Hamm 14.1.1977 VersR 1978 S. 223). Die Obliegenheit zum Einholen der Zustimmung des Erstvers gilt auch dann, wenn die Leistung eines bereits bestehenden Zweitvertrages erhöht wird (OLG Hamm 13. IV. 1970 VersR 1971 S. 120, 122). Es ist unerheblich, ob der Zweitver berechtigt ist, den mit ihm bestehenden Vertrag durch Rücktritt oder Anfechtung zu beenden (OLG Köln 25. XI. 1982 VersR 1983 S. 1048, 1049). War jedoch der Zweitvertrag z. Zt. der Kündigung des ersteren bereits beendet, so daß die befürchtete Vergrößerung der Vertragsgefahr oder des subjektiven Risikos wieder beseitigt war, so ist für die Sanktion des § 10 (2) MB KK und KT im Hinblick auf § 24 II 2. Hs. VVG entgegen der h. M. (OLG Köln 10.1.1980 VersR 1980 S. 738; LG Frankfurt 5. XI. 1979 VersR 1980 S. 862; LG Köln 11.11.1983 VersR 1983 S. 973; Heid und Schmidt VersR 1980 S. 300, 302) kein Raum mehr (OLG Karlsruhe 4. VI. 1987 RuS 1987 S. 264, 266 f.), es sei denn, das Vorgehen des Vmers ist als wichtiger Grund zu qualifizieren, das ohnehin zu einer fristlosen Kündigung berechtigt (vgl. Anm. D 44 S. Κ 125, 127). Die Obliegenheit, die Einwilligung, d. h. (§ 183 BGB), die vorherige Zustimmung des Erstvers zum Abschluß des Zweitvertrages einzuholen, muß nach dem Wortlaut der hier erörterten Bestimmungen vor dem Zustandekommen dieses Vertrages erfüllt sein. Die Zustimmung muß beim formellen Beginn des Zweitvertrages vorliegen. Wenn indessen der Erstver sie noch nachträglich erteilt, kann er sich nicht mehr auf den Obliegenheitsverstoß berufen. Er würde sich mit seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzen (venire contra factum proprium). Vgl. im einzelnen Bd. I Anm. 24 zu §23 S. 384 f. §§ 6 (1) a) GrB und 16 MB fordern für Willenserklärungen des Vmers — und damit auch für das Verlangen nach Einwilligung des Vers — S c h r i f t f o r m . Die Nichteinhaltung dieser Form, die lediglich der Beweissicherung dienen soll, ist unerheblich, wenn die Erklärung den Ver erreicht; er kann allenfalls Nachholung verlangen (vgl. ζ. B. Palandt-Heinrichs Anm. 2 b zu § 125). Daran wird er u. U. dann ein Interesse haben, wenn der Inhalt der Erklärung des Vmers unklar ist. Auf jeden Fall ist die trotz Nichteinhaltung der Form erteilte Einwilligung wirksam. Für sie ist keine Form vorgesehen. Es steht im f r e i e n E r m e s s e n des Vers zu entscheiden, ob er dem Abschluß des Zweitvertrages zustimmen will oder nicht. Er braucht grundsätzlich auch eine verneinende Stellungnahme nicht zu begründen. Jedoch wird man dann Einschränkungen machen müssen, wenn nach den ganzen Umständen durch die Zweitv effektiv keine Gefahrerhöhung eintreten kann, so ζ. B. weil sich die Einkommensverhältnisse des Vmers so verbessert haben, daß er bei Arbeitsunfähigkeit bzw. stationärer

Κ 260

Wriede

II. Vor Beginn des Vsfalls 3. Vertragl. vereinbarte

Anm. [F 51]

Behandlung Einnahmeausfälle erleiden würde, die durch den Erstvertrag nicht hinreichend gedeckt sein würden. In solchem Falle besteht bei ablehnender Haltung des Vers der Verdacht, daß dafür Konkurrenzgründe mit ausschlaggebend sind. Das wäre ein Ermessensmißbrauch, so daß die Einwilligung als erteilt zu gelten hätte. Die Z u s t i m m u n g kann a u c h s t i l l s c h w e i g e n d erteilt werden. Das kann angenommen werden, wenn nach den ganzen Umständne erwartet werden konnte, daß der Ver seinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck bringen würde (vgl. PalandtHeinrichs Anm. 3 b) bb) vor § 116). Das ist bei Dauerschuldverhältnissen wie bei einem Vsvertrag, der in besonderem Maße von Treu und Glauben beherrscht wird (vgl. Prölss-Martin Vorbem. II 3) regelmäßig anzunehmen, insbesondere dann wenn der Vmer erklärt, daß er die Nichtbeantwortung seiner Anfrage als Zustimmung bewerten werde (vgl. OLG Hamm 7. II. 1979 VersR 1979 S. 616 f.). Das setzt aber voraus, daß der Ver die Aufforderung des Vmers auch tatsächlich erhalten hat (OLG Hamm a. a. O.). Die Beweislast hat insoweit der Vmer. Die O b l i e g e n h e i t b e l a s t e t den V m e r , ggf. den Vten einer V für fremde Rechnung. Eine G e f a h r s p e r s o n oeA als solche ist n i c h t l e g i t i m i e r t , die Zustimmung einzuholen, da sie aus dem Vertrag keine eigenen Rechte herleiten kann (vgl. Anm. F 5; a. Α. OLG Köln 30. VII. 1979 VersR 1979 S. 1094,1095; Bach VersR 1983 S. 974). |F 51] bb) Rechtsfolgen bei Obliegenheitsverletzung aaa) Konkurrenz der §§ 32, 6 I und II mit §§23—30 Für die vorstehend (Anm. F 47 — 50) erläuterten vertraglich vereinbarten vorbeugenden Obliegenheiten gelten gemäß § 32 grundsätzlich die Vorschriften des 2. Titels des 1. Abschnitts des VVG nicht. Auf sie sind die zugunsten des Vmers zwingenden (§ 15a) Bestimmungen des §6 1 und II anzuwenden. Nur bei Vorliegen der darin genannten Voraussetzungen kann daher der Ver von den in den AVB ggf. vorgesehenen Rechten zur fristlosen Kündigung des Vertrages und/oder zur Verweigerung seiner Leistung Gebrauch machen. An dieser Frage hat sich der Streit entzündet, ob eine einschlägige Klausel der AVB eine „verhüllte" Obliegenheit oder einen echten Risikoausschluß enthält (vgl. Anm. F 47). W e n n der Verstoß gegen eine vorbeugende Obliegenheit zu einem D a u e r z u s t a n d e r h ö h t e r G e f a h r führt, kann auch der Tatbestand einer Gefahrerhöhung im Sinne der § § 2 3 - 2 9 gegeben sein (Bd. I Anm. 10 zu § 32 S. 415; Prölss-Martin Anm. 1 zu § 32). Es ist umstritten, ob diese Vorschriften neben § 61 und II anwendbar sind (vgl. Bd. I und Prölss-Martin a. a. O.; Martin Sachvsrecht Rz 3 zu M I, Rz 19 zu M II, Rz 73 und 77 zu Ν III). Nach wohl h. M. kommen die § § 2 3 - 3 0 jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Rechtsfolgen eines Verstoßes in den AVB abschließend geregelt sind (vgl. die Zitate bei Prölss-Martin a. a. Ο.; E. Prölss VersR 1965 S. 31). Nach diesen Grundsätzen könnte bei fehlender Zustimmung des Vers zum Abschluß eines Zweitvertrages in den in Anm. F 50 aufgeführten denkbaren Fällen, in welchen es durch diesen tatsächlich zu einer Mehrfachv kommt, zwar eine Erhöhung des subjektiven Risikos oder der Vertragsgefahr vorliegen. Im Hinblick auf die in den AVB geregelten Verletzungsfolgen dürften die §§ 23 ff. jedoch grundsätzlich als derogiert zu betrachten sein. Vgl. jedoch OLG Karlsruhe (4. VI. 1987 RuS 1987 S. 264, 266 f.): §§9 (5), 10 (2) MB KK sind dann gemäß §9 (2) Ziff. 1 AGBG im Hinblick auf § 24 II 2. Hs. unwirksam, wenn der Zweitvertrag im Zeitpunkt der Kündigung beendet und damit der Zustand vor der mit seinem Abschluß eingetretenen Gefahrerhöhung wieder hergestellt war. Wriede

Κ 261

Anm. [F 52]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Die wohl wichtigste Konsequenz der Gegenmeinung besteht darin, daß die Leistungsfreiheit des Vers bei Anwendung der §§ 23 ff. nicht in jedem Falle von einer Kündigung abhängig ist wie nach § 6 I 3 (so jedenfalls nach der Rechtsprechung des BGH hierzu, vgl. die Zitate bei Prölss-Martin Anm. 10 zu § 6). Wegen der Bedenken gegen die Heranziehung dieser Vorschrift auf Krankenvsverträge wird auf die Ausführungen in Anm. F 52 verwiesen. Hiervon abgesehen ist die Anwendung des § 6 I und II wegen des Kündigungserfordernisses für den Vmer günstiger; § 34 a wird daher nicht verletzt. [F 52] bbb) Anwendung des § 61 Der fahrlässige oder vorsätzliche Verstoß gegen die in §§ 6 (2) a und b GrB KK, 6 (2) a GrB KH, 6 (3) GrB KT, 9 (4) und (5) MB KK, 9 (5) und (6) MB KT normierten Obliegenheiten (Anm. F 4 8 - 5 0 , 57 f. - zu §9 (5), (6) MB KT) soll den Ver nach Maßgabe des § 6 I leistungsfrei machen und zur fristlosen Kündigung berechtigen (vgl. die erwähnten Bestimmungen der GrB und § 10 (2) MB KK und KT). Zur Verschuldensfrage vgl. zunächst Bd. I Anm.25 —35 zu § 6 S. 196—199; PrölssMartin Anm. 12 - 1 3 zu § 6; Bach-Moser Rz 64 - 66 zu §§ 9, 10 MB KK. Das V e r s c h u l d e n d e s V m e r s ist n a c h zwei R i c h t u n g e n r e l e v a n t . Zum einen muß er sich mit der verkehrsüblichen Sorgfalt (§ 276 BGB) darum bemühen, die ihm durch die hier erläuterten Obliegenheiten auferlegten Verhaltensvorschriften zu erkennen und zum andern darauf bedacht sein, daß er sie bei Vorliegen ihrer Tatbestände nicht ohne Verstoß gegen diese Sorgfalt verletzt. In der Rechtsprechung werden dabei jedoch gegenüber einem rein abstrakten Maßstab, insbesondere bei Beurteilung der Frage, ob grobe Fahrlässigkeit im Falle des § 61 anzunehmen ist, gewisse Einschränkungen im Hinblick auf die Verschiedenheit der Menschen nach Alter, Bildung, Lebensstellung und Lebenstätigkeit gemacht (z. B. BGH 5. XII. 1966 VersR 1967 S. 127; 11. VII. 1967 VersR 1967 S. 909, 910). Es werden daher auch gewisse subjektive Elemente für beachtlich gehalten. In e r s t e r H i n s i c h t ist vor allem bedeutsam, ob der Vmer imstande ist, den I n h a l t d e r b e t r e f f e n d e n N o r m zu e r f a s s e n (Bd. I Anm. 33 zu §6 S. 198f.; Prölss-Martin Anm. 13 zu §6). Die gelegentlich aufgestellte These, die Unkenntnis der AVB sei stets als fahrlässig zu qualifizieren (so z. B. Bach-Moser Rz 64 zu §§ 9, 10 MB KK), kann in dieser Allgemeinheit nicht anerkannt werden und ist auch aus den als Beleg angeführten Zitaten nicht herzuleiten. Es kommt vielmehr sehr auf die Umstände des einzelnen Falles, auf die Formulierung und Übersichtlichkeit der AVB, auf die mögliche und auch durchgeführte Belehrung durch den Ver, seine Leute oder Agenten an (vgl. Anm. C 16 S. Κ 59 f., F 11). In der überwiegenden Zahl der veröffentlichten Entscheidungen ist der Sachverhalt in dieser Weise geprüft worden (vgl. ζ .Β. OLG München 16. X. 1975 VersR 1976 S. 58; OLG Hamburg 13. XII. 1976 VersR 1978 S. 79; OLG Hamm 22. IX. 1978 VersR 1979 S. 78; OLG Köln 25. XI. 1982 VersR 1983 S. 1048; LG Hamburg 19. III. 1975 VersR 1976 S. 535). Vielfach wird dabei zum Ausdruck gebracht, daß die U n k e n n t n i s d e r A V B „in d e r R e g e l " (nicht „stets") als f a h r l ä s s i g zu qualifizieren sei. Die hier erörterten G r B u n d M B s i n d insoweit e i n d e u t i g g e f a ß t , indem sie die zu beachtenden Obliegenheiten deutlich — in den MB noch dazu unter entsprechender Überschrift - darstellen (ebenso OLG Koblenz 3. X. 1980 VerbB 1980 S. 46), ferner die bei Verstoß nachteiligen Folgen kurz zusammengefaßt kennzeichnen und im übrigen auf § 6 1 verweisen, auf dessen Unkenntnis sich der Vmer nicht berufen kann. OLG Hamm (30. IV. 1980 VersR 1982 S. 34, 35) hat unter besonderen Umständen in bezug auf § 9 (5) MB KK Unklarheit hinsichtlich der Frage angenommen, ob der Abschluß eines Unfallvsvertrages mit Tagegeldanspruch zustimmungsbedürftig ist. K262

Wriede

II. Vor Beginn des Vsfalls 3. Vertragl. vereinbarte

Anm. |F 52]

Wenn danach davon auszugehen ist, daß dem Vmer die betreffende Obliegenheit bekannt ist oder hätte bekannt sein müssen, so ist weiter e r h e b l i c h , ob er bei B e g e h u n g des V e r s t o ß e s s c h u l d h a f t h a n d e l t e , sei es, daß er die ihm auferlegte Anzeige unterließ, sei es, daß er die Zustimmung der Vers nicht einholte. Auch hierbei kommt es auf die Umstände des Falles an, wobei gleichfalls die (unterlassene) Belehrung durch Leute des Vers oder seine Agenten bedeutsam sein kann. Auch wenn der Ver die Anfrage des Vmers gar nicht erhalten hat, so daß er weder ausdrücklich noch stillschweigend zustimmen konnte (vgl. Anm. F 50), kann der Vmer entschuldigt sein, wenn feststeht, daß er seine Anfrage ordnungsgemäß auf den Weg gebracht hat (OLG Hamm 7. II. 1979 VersR 1979 S. 616, 617). Dasselbe Gericht (14.1.1977 VersR 1978 S. 223, 224) hält die versäumte Einholung der Zustimmung des Vers auch dann für entschuldigt, wenn die bei Antragstellung angezeigte Zweitv nachträglich aufgehoben, später auf erneuten Antrag jedoch abermals abgeschlosen wurde. Es meint, der Vmer habe das (rechtsirrig) als ein Wiederaufleben des früheren Vertrages ansehen dürfen. Die schuldhafte Verletzung einer der hier erläuterten vereinbarten gefahrmindernden Obliegenheiten gewährt dem Ver das R e c h t z u r f r i s t l o s e n K ü n d i g u n g des V e r t r a g e s , das binnen Monatsfrist nach Erlangung der positiven Kenntnis von der Verletzung ausgeübt werden muß (§6 1 2), andernfalls erlischt es (vgl. Anm. D 35). Die K ü n d i g u n g s f r i s t beginnt mit Zugang der — gleich von welcher Seite stammenden — Information über den anderweitig ohne seine Zustimmung abgeschlossenen Vertrag beim Ver auch dann zu laufen, wenn er noch an weiteren Einzelheiten des anderen Vertrages interessiert ist, die für seine Entscheidung, ob er kündigen will, bedeutsam sind (OLG Hamm 19. XII. 1980 VersR 1981 S. 925). Unrichtig ist allerdings die Ansicht dieses Gerichts, daß schon die Mitteilung des Vmers über den von ihm gestellten, aber noch nicht angenommenen Antrag auf Abschluß des Zweitvertrages die Frist in Lauf setze. Die Obliegenheit ist vielmehr erst mit Zustandekommen dieses Vertrages vollends verletzt, wie der klare Wortlaut des § 9 (4) u. (5) MB KK zeigt (ebenso Bach-Moser Rz 52 zu §§ 9, 10). Das ist auch für die entsprechenden Bestimmungen der GrB anzunehmen. Fraglich ist, ob der Ver zur Erlangung der Leistungsfreiheit auch dann noch kündigen muß, wenn er die Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung erst nach anderweitig eingetretener Beendigung des Erstvertrages erlangt (vgl. LG Köln 11. XI. 1981 VersR 1982 S. 1163, das die Frage offenlassen konnte). Das erscheint überflüssig, weil es nach bereits eingetretener Beendigung keinen Vertrag mehr gibt, der noch gekündigt werden kann. Das gleiche gilt, wenn der Erstvertrag vor Fristablauf endet (OLG Schleswig 19. IX. 1985 VersR 1986 S. 806; AG Gießen 17. VII. 1986 ZfS 1986 S. 379). Zur Kenntniserlangung durch Akteneinsicht vgl. Anm. F 24 und LG Aachen 10. XII. 1982 ZfS 1983 S. 86. Näheres über Begriff, Wirkung, Inhalt, Form und Rechtslage bei unwirksamer Kündigung in Anm. D 2 9 - 3 6 S. Κ 109-111. Nach §§ 6 (2) a GrB KK und KH, 6 (3) GrB KT, 10 (2) MB KK und KT tritt nach fristgerechter Kündigung L e i s t u n g s f r e i h e i t des Vers ein ( § 6 1 3 VVG). Wegen der Bedeutung dieser Vorschrift wird auf die Erläuterungen in Bd. I Anm. 40 — 51 zu § 6 S. 200 — 205 verwiesen. Umstritten ist vor allem die Frage, ob der Ver auch dann noch kündigen muß, wenn der Vsfall bereits eingetreten ist, oder wenn er die Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung in weniger als 1 Monat vor dem Vsfall erlangt hat. Die h. M. bejaht diese Frage im Anschluß an die ständige Rechtsprechung des BGH (ζ. B. 13.1. 1982 VersR 1982 S. 395, 396; 24. IV. 1985 VersR 1985 S. 775; a. A. Bd. I Anm. 4 0 - 4 3 zu § 6 S. 200-203; Prölss-Martin Anm. 10 zu § 6). Wriede

Κ 263

Anm. [F 52]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Es ist ferner strittig, ob der Ver sich auf die L e i s t u n g s f r e i h e i t ausdrücklich „berufen" muß, obwohl sie nicht erst dadurch, sondern k r a f t G e s e t z e s u n d v e r t r a g l i c h e r A b r e d e eintritt (vgl. Bd. I Anm. 44 zu §6 S. 203; Prölss-Martin Anm. 9 A c zu § 6 je m. w. N.). In aller Regel wird der Ver schon mit der fristlosen Kündigung gemäß § 6 I 2, 3 unter Bezugnahme auf die entsprechende Bestimmung der AVB auf seine damit eintretende Leistungsfreiheit hinweisen. Dann ist ein erneutes „ B e r u f e n " hierauf in einem sich etwa anschließenden Rechtsstreit n i c h t e r f o r d e r l i c h , wenn dem Gericht dieser Vorgang vorgetragen wird. Kündigt er trotz Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung nicht oder nicht fristgerecht, tritt ohnehin keine Leistungsfreiheit ein. Leistet der Ver trotz fristgerechter Kündigung für die eingetretenen Vsfälle, soweit sie von dem Obliegenheitsverstoß betroffen sind (vgl. Anm. F 53), oder ist sein Verhalten aus der Sicht des Anspruchsberechtigten so zu verstehen, daß er gleichwohl leistungsbereit ist, wird vielfach von einem „Verzicht" auf die Leistungsfreiheit gesprochen (Bd. I Anm. 45 —48 zu § 6 S. 203 f.; Prölss-Martin Anm. 15 zu § 6). Dieser im Zivilrecht nicht näher bestimmte Begriff setzt in der Regel die Innehabung einer (positiven) Rechtsposition voraus, die durch Verzicht entfallen soll (z. B. §§ 773 I Ziff. 1, 928, 959, 2346 ff. BGB). Darum handelt es sich hier aber nicht. Besser wird man darin einen (oft konkludent begründeten) deklaratorischen Anerkenntnisvertrag sehen müssen, durch den das Schuldverhältnis, hier der von Kündigung und Leistungsfreiheit betroffene Vsvertrag, erneut festgelegt und damit bestehenden Zweifeln entzogen wird (vgl. Palandt-Thomas Anm. 2 a zu § 781). Allgemein wird die Ansicht vertreten, daß der Ver der in Unkenntnis seiner Leistungsfreiheit geleistet oder seine Verpflichtung dazu anerkannt hat, dies kondizieren kann (z. B. Prölss-Martin Anm. 9 A e) zu § 6). Das kann indessen — von der Einschränkung des § 6 II abgesehen (vgl. dazu Anm. F 53) — nicht unbeschränkt gelten. So bleibt er wegen der vor der V e r l e t z u n g s h a n d l u n g e i n g e t r e t e n e n V s f ä l l e l e i s t u n g s p f l i c h t i g , auch wenn man mit dem BGH (vgl. Anm. F 53) die Anwendbarkeit des § 6 II auf Obliegenheiten, die der Vertragsgefahr entgegenwirken sollen, leugnet. Es wäre mit dem Rechtsgedanken eines gegenseitigen Vertrages schlechthin unvereinbar, sollte der Vmer gezwungen sein, trotz laufender Prämienzahlung auch die Leistungen zurückzugewähren, die er vor der Obliegenheitsverletzung rechtens erhalten hatte. § 6 II ist geradezu ein Ausdruck und eine Bestätigung dieses Rechtsgedankens (vgl. Näheres dazu in Anm. F 53). Dafür braucht man nicht Treu und Glauben zu bemühen, wie der BGH (z. B. 28. IV. 1971 VersR 1971 S. 662 f.) meint. L e i s t u n g s f r e i h e i t kann mithin n u r f ü r die V s f ä l l e in Betracht kommen, die in der Zeit n a c h der O b l i e g e n h e i t s v e r l e t z u n g begonnen haben. Bei vorher eingetretenen Vsfällen, die z. Zt. der Verletzung noch andauern, ist es — je nach Fallgestaltung — denkbar, daß der spätere Teil von der Leistungsfreiheit betroffen wird. Die A n w e n d u n g dieser K ü n d i g u n g s o b l i e g e n h e i t des Vers ist f ü r die P K V p r o b l e m a t i s c h . Sie soll nach der amtl. Begründung (S. 1773) im Interesse des Vmers verhindern, daß der Ver sich noch längere Zeit die Möglichkeit zur Kündigung offenhält und gleichzeitig weiter Prämien erhält. Diese Erwägungen passen nicht zu den Besonderheiten der PKV. Sie wirken sich vielmehr zu Ungunsten des Vmers aus, vor allem wenn man mit dem BGH die Kündigung auch dann fordert, wenn der Ver den Obliegenheitsverstoß in weniger als einen Monat vor dem Vsfall oder erst danach erfährt. Denn eine Kündigung hat für den Vmer ungleich nachteiligere Folgen als in anderen Vszweigen. Er wird anderweitigen gleichartigen Vsschutz in aller Regel nur zu ungünstigeren Bedingungen erhalten können, weil er wegen seines gegenüber dem Zeitpunkt des K264

Wriede

II. Vor Beginn des Vsfalls 3. Vertragl. vereinbarte

Anm. [F 531

Vertragsbeginns fortgeschrittenen Alters und ferner möglicherweise wegen inzwischen eingetretener Erkrankungen oder Unfälle für den anderen Ver ein höheres Risiko darstellt und nach der auch vom BAV gebilligten Praxis die vom Erstver angesammelte Alterungsrückstellung nicht erstattet wird, wie das gemäß § 176 für die Prämienreserve in der Lebensv zwingend (§ 178 II) vorgesdchrieben ist. Das dem § 6 I 3 zugrundeliegende „Klarstellungserfordernis" (Bd. I a. a. O.) könnte in den AVB in der Weise vorgesehen werden, daß der Ver, statt zu kündigen, dem Vmer binnen Monatsfrist nach Kenntnisnahme zu erklären hat, daß er für die adäquaten Folgen der Obliegenheitsverletzung von seinem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen werde. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde — etwa wegen betrügerischen Verhaltens des Vmers — ist unabhängig von den vorstehenden Erwägungen möglich (Anm. D 44 S. Κ 125-127). Eine solche Regelung erscheint weitaus sachgerechter und auch praktikabler als die Erwägung des BGH (29. IV. 1971 VersR 1971 S. 662), Kündigung und Leistungsverweigerung verstießen nach den besonderen Umständen des Falles gegen Treu und Glauben, da die Interessen des Vers durch den Abschluß eines weiteren Tagegeldvsvertrages nicht gefährdet worden seien. Entscheidungen dieser Art begründen für die Praxis, vor allem für die Rechtsberatung, eine erhebliche Unsicherheit. Denn ob Treu und Glaubne der einen oder anderen Partei zum Erfolg verhelfen, entscheidet erst die letzte gerichtliche Instanz. Ohne solche „besonderen Umstände" soll die fristlose Kündigung berechtigt sein (BGH 20. III. 1985 VersR 1985 S. 536). Mit Recht hält OLG Karlsruhe (4. VI. 1987 RuS 1987 S. 264, 266 f.) die Kündigungssanktion des § 10 (2) MB KK - das gleiche wird für § 10 (2) MB KT anzunehmen sein - im Hinblick auf § 24 II 2. Hs. VVG gemäß § 9 (2) Ziff. 2 AGBG für unwirksam, wenn der Zweitvertrag im Zeitpunkt der Kündigung des Erstvertrages beendet und damit der Zustand vor der Gefahrerhöhung durch Abschluß des zweiten wieder hergestellt war (a. A. die h. M. vgl. Anm. F 50). (F 53] ccc) Anwendung des § 6 II Die GrB und die MB erwähnen den § 6 II in diesem Zusammenhang nicht; sie stehen offenbar auf dem Standpunkt, daß dem Vmer der N a c h w e i s der Bedeut u n g s l o s i g k e i t der V e r l e t z u n g f ü r den V s f a l l nicht zur Seite steht. Das entspricht der vom BGH vertretenen und von der Rechtsprechung der Instanzgerichte sowie der Literatur überwiegend gebilligten Auffassung, daß diese Vorschrift nicht auf Obliegenheiten anzuwenden sei, die dem subjektiven Risiko und der Vertragsgefahr entgegenwirken sollen (BGH 28. IV. 1971 VersR 1971 S. 662, 663; 13. XI. 1980 VersR 1981 S. 183, 185 = BGH Ζ 79 S. 6; OLG München 16. X. 1975 VersR 1976 S. 58; OLG Hamburg 13. XII. 1976 VersR 1978 S. 79; OLG Hamm 7. II. 1979 VersR 1979 S. 616, 617; 22. IX. 1978 VersR 1979 S. 78; LG Düsseldorf 7.1.1975 VersR 1975 S. 560; LG Hamburg 19. III. 1975 VersR 1976 S. 535, 536; LG Köln 9. VI. 1976 VersR 1977 S. 515; 23.1.1978 VersR 1978 S. 1132; Ehrenzweig S. 178, Surminski NJW 1972 S. 343, 344; Heid/Schmidt VersR 1980 S. 300, 301; Honsell VersR 1982 S. 112, 115; Bach VersR 1983 S. 974; a. A. OLG Stuttgart 31. V. 1972 VersR 1972 S. 847; Prölss-Martin Anm.2 d bb zu § 10 MB KK; kritisch ferner Bach-Moser Rz. 7 2 - 7 9 zu §§9, 10 MB KK). In der an erster Stelle genannten Entscheidung begründet der BGH diese Ansicht mit der These, diese Vorschrift beziehe sich nur auf objektive Gefahrerhöhungen, nicht aber auf eine Verstärkung des subjektiven Risikos (ebenso Heid und Schmidt a. a. O.). Warum das so sein soll, wird nicht näher erläutert. In seinem nächsten Urteil geht das Gericht gleichsam noch einen Schritt weiter und führt aus, die Vertragsgefahr falle schon begrifflich nicht unter die hier angesprochene Gefahr. Wriede

Κ 265

Aran. [F 53]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Gleichwohl sei der Leitgedanke des Gesetzes i. V. m. § 242 BGB entsprechend anzuwenden und auch der soziale Zweck des Krankenvsvertrages zu berücksichtigen. Honseil a. a. O. schließt sich dieser Version an und meint, sie sei wie folgt zu begründen: Neu auftretende Indizien für (von ihm so genannte) moralische Risiken erhöhten die Gefahr nicht. Daher dürfe die Obliegenheit nicht als gefahrverhütend angesehen werden. Sie verpflichte den Vmer nicht zur Erhaltung seiner persönlichen Zuverlässigkeit. Weder der zweite Vertragsschluß noch die unterlassene Anzeige erhöhten die Gefahr einer Inanspruchnahme des Vers wegen vorgetäuschter oder verschuldeter Vsfälle. Der Vmer könne daher den Nachweis, daß sich in concreto das moralische Risiko nicht vergrößert habe, nicht führen. Diese Ansicht ist unverständlich; sie verkennt den Begriff des subjektiven Risikos und der Vertragsgefahr. Sie ist auch rechtlich nicht haltbar. Der BGH meint (VersR 1981 S. 183, 185), die Vertragsgefahr in der PKV könne sich überhaupt nur dann auswirken, wenn der Vmer den weiteren Vertrag in betrügerischer Absicht schließe oder den Entschluß, einen oder mehrere Verträge zumindest teilweise zu Unrecht in Anspruch zu nehmen, später fasse. Ein derart arglistiges Verhalten könne einem Vmer nicht von vornherein unterstellt werden; im Zweifel sei vielmehr von der Redlichkeit der Vertragspartner auszugehen. Die Vertragsgefahr setze auch voraus, daß die betrügerische Absicht des Vmers auch durch falsche Bescheinigungen der behandelnden Arzte über die Arbeitsunfähigkeit oder die Notwendigkeit des Krankenhausaufenthaltes unterstützt werde. Nur dann könne es praktisch zu einer vertragswidrigen übermäßigen Inanspruchnahme kommen. Diese Betrachtungsweise ist viel zu eng. Insbesondere kommen diese Risiken nicht allein bei betrügerischer Absicht des Vmers in Frage (ebenso Bach-Moser Einl. Rz 53, Rz 56 zu §§ 9,10). Die Notwendigkeit ambulanter oder stationärer Behandlung eines Patienten kann nicht allein nach nur objektiven Kriterien abgegrenzt werden wie etwa der Brandbegriff in der Feuerv. Es spielen dabei ganz erhebliche subjektive Momente eine wesentliche Rolle. Das liegt in der Verschiedenheit menschlicher Veranlagung begründet. Während der eine schon bei nur geringem Unwohlsein oder gar nur einer Befürchtung, es könne sich eine Krankheit, etwa aufgrund einer möglichen Infektion, entwickeln, nach ärztlicher Hilfe ruft, vertraut ein anderer darauf, daß seine Unpäßlichkeit durch die körpereigenen Abwehrkräfte oder durch Hausmittel behoben wird. Weit verbreitet ist daneben die Neigung, medizinische Hilfe eher und/oder umfangreicher in Anspruch zu nehmen, wenn dafür Vsschutz besteht („die Kasse bezahlt ja"). Damit brauchen keineswegs betrügerische Absichten verbunden zu sein, wie der BGH meint. Allerdings können diese, wie erwähnt (Anm. F 50), vor allem bei Tagegeldvn in Betracht kommen, weil hier die Vsleistungen nicht vom Nachweis entsprechender Aufwendungen abhängig sind. Bei dieser Sachlage ist die These, § 6 II sei bei Verletzung von Obliegenheiten, die der Erhöhung der Vertragsgefahr und des subjektiven Risikos entgegenwirken sollen, nicht anwendbar, unberechtigt. Die Bestimmung selbst gibt dafür keinen Anhaltspunkt. Die Ansicht des BGH (28. IV. 1971 VersR 1971 S. 662, 663 = NJW 1971 S. 1891 mit zust. Anm. von Surminski), der Einredebeweis mangelnder Kausalität der Pflichtverletzung passe auf diesen Tatbestand nicht, er würde die dem Vmer auferlegte Pflicht, durch die die Erhöhung dieser Gefahren ausgeschlossen werden solle, in aller Regel entwerten und weitgehend gegenstandslos werden lassen, die Verletzung der Obliegenheit werde in vielen Fällen sanktionslos bleiben, wird durch kein Tatsachenmaterial (das ohnehin von den Vorinstanzen hätte festgestellt werden müssen § 561 ZPO) belegt. Es ist allerdings zuzugeben, daß die oben skizzierte verbreitete Neigung vter Personen, die Leistungen des Vers mehr in Anspruch zu nehmen, als wenn kein Vsschutz bestünde, im Rahmen des (vom Vmer zu führenden) K266

Wriede

II. Vor Beginn des Vsfalls 3. Vertragl. vereinbarte

Anm. [F 54]

Kausalitätsbeweises gemäß § 6 II für den Ver schwerer zu erschüttern sein wird als die gefahrerhöhende Tatsache etwa eines Benzinlagers bei der Feuerv, da dem PKVer der Einblick in die Mentalität einer Gefahrsperson weitgehend verschlossen ist. Diese auf rein tatsächlichem Gebiet liegenden Schwierigkeiten rechtfertigen es aber nicht, eine zugunsten des Vmers zwingende Bestimmung (§ 15 a) einfach beiseite zu schieben (ähnlich Bach-Moser Rz 72 zu §§ 9, 10). Vielmehr ist mit Prölss-Martin (Anm. 2 d bb zu § 10 MB KK) zu fordern, daß an den Kausalitätsbeweis jedenfalls dann strenge Anforderungen zu stellen sind, wenn der Vmer gegen die hier erörterten Obliegenheiten verstoßen hat (soweit nach den Ausführungen in Anm. F 49 und 50 die vorgesehenen Sanktionen dem damit angestrebten Zweck adäquat sind). Auf dieser Grundlage hätten z. B. die vom BGH entschiedenen Fälle ohne die dort bemühten Ausführungen über Treu und Glauben und den sozialen Schutzzweck des PKVVertrages problemlos in gleichem Sinne gelöst werden können. Der Ansicht des BGH steht ferner die schon vom OLG Stuttgart (31. V. 1972 VersR 1972 S. 847, 849) hervorgehobene Überlegung entgegen, daß die dem § 6 II parallele Bestimmung des § 21 auch dann anzuwenden ist, wenn gefahrerhebliche Umstände, die die Vertragsgefahr betreffen, schuldhaft nicht angezeigt worden sind (BGH 8. VI. 1977 VersR 1977 S. 660, 661 - auch in dieser Entscheidung vermißt man eine nähere Begründung dafür, warum § 6 II für das subjektive Risiko und die Vertragsgefahr vermindernde Obliegenheiten nicht gelten soll). Bach-Moser (Rz 76 —79 zu §§ 9, 10 MB KK) plädieren für eine analoge Anwendung der §§ 58 ff., insbesondere des § 59 II auch auf die Tagegeldv und wollen damit eine pro-rata-Haftung der mehreren Ver erreichen, obwohl hier Summenvsverträge vorliegen, auf die diese Vorschrifen nicht zugeschnitten sind. Der Gedanke hat deswegen eine gewisse Berechtigung, weil bei diesen Verträgen die zugesagten Leistungen des Vers in Anlehnung an das Einkommen des Vmers, das ihm bei Arbeitsunfähigkeit entgehen würde, festgelegt zu werden pflegt und damit Elemente der Schadensv hineinspielen. Sieg (VersRdsch 1968 S. 185 f., Bd. II Anm. 20 f. zu §67 S. 713 f.) neigt aus diesen Gründen zu der Annahme, daß auch § 67 auf Tagegeldverträge anzuwenden sei. [F 54] ddd) Rechtslage bei V für fremde Rechnung und Personenfremdv Bei Verträgen dieser Art sollen nach §§ 6 (2)c GrB KK, 6 (2)b GrB KH, 10 (3) MB KK u. KT die „vten Pesonen" hinsichtlich der vorstehend erörterten Obliegenheiten die gleichen Pflichten haben wie der Vmer (so die zit. GrB); bzw. sollen (so die MB KK und KT) ihre Kenntnis und ihr Verschulden der Kenntnis und dem Verschulden des Vmers gleichstehen. Es wird jedoch auch hier (vgl. Anm. H 3) nicht erläutert, was unter „vter Person" zu verstehen ist, ob damit der Vte einer V für fremde Rechnung und/oder die Gefahrsperson einer Personenfremdv ohne eigene Ansprüche gegen den Ver gemeint sind. Dem V t e n e i n e r V f ü r f r e m d e R e c h n u n g stehen gemäß § 75 11 die Rechte aus dem Vertrage selbst mit den sich aus den weiterne Bestimmungen dieser Norm und des § 76 ergebenden Beschränkungen zu. Das schließt nicht aus, daß daneben der Vmer wegen eines ihn betreffenden Risikos gleichfalls Rechte aus dem Vertrage hat (vgl. Bd. II Anm. 5 zu § 74 a. E. S. 931). Vmer und Vter können daher nebeneinander jeder für sich Träger unterschiedlicher vter Interessen (im weiteren Sinne) sein. Sie können wegen der für ihre Person notwendigen Heilbehandlung Vsschutz nehmen, ebenso aber auch oder ausschließlich wegen der Behandlung, die bei einer dritten Person notwendig werden kann und für die sie nach den zu dieser Person bestehenden Rechtsbeziehungen aufzukommen haben. Jede dieser mehreren in den Vertrag einbezogenen Personen kann für eine Mehrfachv von Bedeutung sein, sei es, daß sie Wriede

Κ 267

Anm. |F 54]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

selbst einen solchen Vertrag abschließt (oder abzuschließen gedenkt), sei es, daß dies durch Vmer oder Vten oder eine außerhalb des Vertrages stehende Person geschieht. Es sind daher mehrere Fälle zu unterscheiden: Soweit das in der P e r s o n des V m e r s o d e r des Vten (im Sinne der §§74ff.) selbst lau f e n d e R i s i k o Gegenstand eines weiteren Vertrages wird oder werden soll, trifft sie die Obliegenheit zur Anzeige oder zur Einholung der Zustimmung des Vers. Der Vte ist zwar nicht Vertragspartei, es gelten jedoch die in Anm. F 5 für gesetzliche Obliegenheiten dargelegten Grundsätze auch für vertraglich vereinbarte: Seine Ansprüche gegen den Ver sind angesichts der eingangs zitierten Bestimmungen der AVB von vornherein mit diesen Obliegenheiten belastet. Das folgt bereits aus einer analogen Anwendung des § 79 I (der u. a. für gesetzliche Obliegenheiten gilt). Mit den hier erläuterten Bestimmungen der GrB und MB soll das offenbar nur wiederholt werden. Die GrB sprechen (im 1. Hs.) ausdrücklich von den „gleichen Verpflichtungen", die MB nur von einer Gleichstellung der Kenntnis und des Verschuldens. Das ergibt keinen rechtlichen Unterschied. Die die Mehrfachv betreffenden A n z o b l i e g e n h e i t e n (z.B. gemäß §9 (4) MBK KK) sind — ebenso wie bei gesetzlichen Obliegenheiten (vgl. Bd. II Anm. 5 —8 zu § 79 S. 981 f.) — s o w o h l an den V m e r als a u c h an den V t e n g e r i c h t e t . Ihre Erfüllung durch einen von ihnen (oder einen Dritten) genügt auch dann, wenn der andere sie schuldhaft unterläßt. Die U n t e r l a s s u n g s o b l i e g e n h e i t (z.B. §§6 (2)a GrB KK, 9 (6) MB KT) t r i f f t dagegen n u r d e n j e n i g e n , dessen V s s c h u t z e r w e i t e r t w e r d e n soll. Ist das der Vte, so wird es allerdings ausreichen, wenn der Vmer die Einwilligung des Vers (rechtzeitig) einholt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Erläuterungen in Bd. II (Anm. 5 - 8 zu §78 S. 981 f.) und ferner auf Schirmer (ZVersWiss 1981 S. 121, 124-127) verwiesen. OLG Köln (30. VII. 1979 VersR 1979 S. 1094, 1095) verkennt diese Zusammenhänge, wenn es allein den Vmer als mit dieser Obliegenheit belastet ansieht. Es mißachtet den gravierenden Unterschied zwischen der Rechtsstellung des Vten und einer Gefahrsperson oeA. (S. 1096 a. a. O.; unklar insoweit auch BachMoser Rz 8 5 - 8 7 zu § 10 MB KK). Wird die Mehrfachv wegen des Interesses (i. w. S.) des Vmers (oder eines Vten) daran abgeschlossen, daß ihm durch Erkrankung einer Gefahrsperson oeA. Einbußen entstehen so gilt das vorstehend Ausgeführte entsprechend: Der Vmer (oder Vte) haben die Anzeige zu erstatten oder die Einwilligung des Erstvers einzuholen. Wenn eine G e f a h r s p e r s o n oeA. einen Z w e i t v e r t r a g f ü r eigene R e c h n u n g a b s c h l i e ß t , gilt folgendes: Die hierbei zu beachtenden Obliegenheiten belasten nicht sie. Zwar ist ihr Verhalten nach den eingangs zitierten Klauseln dem Vmer des Erstvertrages zuzurechnen, durch den Zweitvertrag wird jedoch nicht sein Interesse, sondern das der Gefahrsperson vt. Es liegt m. a. W. keine Mehrfachv vor (im Ergebnis ebenso Prölss-Martin Anm. 2 zu § 10 MB KK; a. A. LG Köln 11. II. 1983 VersR 1983 S. 973 mit zust. Anm. von Bach). Der vom OLG Köln (26. IX. 1985 RuS 1986 S. 16 f.) erwogene Fall, daß die Gefahrsperson einen Zweitvertrag (u. a.) auf die Person des Vmers des Erstvertrages abschließt, ist kaum vorstellbar. Der Erstvertrag deckt das Interesse des Vmers (u. a.) für den Fall einer Erkrankung der Gefahrsperson. Es ist dann allenfalls theoretisch denkbar, daß die Gefahrsperson ein (durch den Zweitvertrag zu deckendes eigenes) Interesse für den Fall einer Erkrankung des Vmers haben soll. Aber selbst wenn dem so wäre, läge mangels identischer Interessen keine Mehrfachv vor. Die Annahme des OLG Köln, die Bestimmungen der §§ 9 (5), 10 (3) MB KK seien unklar, so daß § 5 AGBG eingreife, ist daher unrichtig. Auch im übrigen erscheint die Entscheidung angreifbar (vgl. Anm. F 48). Wenn ein D r i t t e r sein Interesse daran vt, daß ihm aufgrund einer Erkrankung eines Beteiligten des Erstvertrages Einbußen entstehen, gilt folgendes: Werden durch Κ 268

Wriede

II. Vor Beginn des Vsfalls 3. Vertragl. vereinbarte

Amn. [F 54]

einen solchen Vertrag Interessen gedeckt, die mit denen des Erstvertrages (z.T.) identisch sind, so entsteht zwar insoweit eine Art Mehrfachv, die Interesseträger sind jedoch verschieden. Die Unterlassungsobliegenheiten aus §§6 (2) a GrB KK und KH, 6 (3) S. 1 GrB KT, 9 (5) MB KK, 9 (6) MB KT greifen allenfalls dann ein, wenn die in den Zweitvertrag einbezogenen Beteiligten des Erstvertrages an dem Abschluß materiell mitwirken (ähnlich Prölss-Martin a. a. O. a. E., die allerdings nicht zwischen Gefahrspersonen mit oder oeA. unterscheiden). Sonst sind nur die vorgesehenen Anzobliegenheiten zu beachten (§§ 6 (3) S. 2 GrB KT, 9 (4) MB KK). G e f a h r s p e r s o n e n oeA. können n u r d a n n mit vertraglichen O b l i e g e n h e i ten b e l a s t e t werden, wenn sie sich entsprechend verpflichtet haben. Die Unterzeichnung des Fragebogens in bezug auf die wAnzpfl (OLG Hamm 31.1.1979 VersR 1980 S. 137, 138) gilt aber nicht ohne weiteres für die während der Laufzeit des Vertrages zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheiten, wie Bach-Moser (Rz 85 zu §§ 9, 10) anzunehmen scheinen. Je nach Sachlage können sie Repräsentanten des Vmers (oder Vten) wegen seines vten Interesses sein (so Bd. II Anm. 23 zu § 79 S. 987). Der BGH hat in seiner die Kfz-HV betreffenden Entscheidung vom 8.V. 1961 (VersR 1961 S. 555, 557) ausgeführt, daß das K ü n d i g u n g s e r f o r d e r n i s a u s § 6 13 e n t f ä l l t , wenn nur der Vte, der nicht Repräsentant des Vmers war, eine Obliegenheitsverletzung (hier: Verstoß gegen die Verwendungsklausel, § 2 Ziff. 2 a AKB) begehe. Infolgedessen sei das Kündigungsrecht gemäß § 6 I 2 nicht entstanden und S. 3 a. a. O. nicht anwendbar. Danach kommt es wegen dieses sog. Klarstellungserfordernisses darauf an, ob der Vte oder die Gefahrsperson oeA. Repräsentanten des Vmers sind. Nur in diesem Falle bedarf es der Kündigung, um Leistungsfreiheit zu erreichen. Das kann im Rahmen einer „Familienv" der Fall sein, wenn etwa der längere Zeit abwesende Ehemann ( = Vmer) es seiner Ehefrau überlassen hat zu entscheiden, ob auf seinen Namen (§ 1357 BGB) ein weiterer Vertrag mit (teilweise) identischem Inhalt abgeschlossen werden soll und die dabei zu beachtenden Obliegenheiten nicht eingehalten werden. Auf vorbeugende Obliegenheiten ist §30 a n a l o g a n z u w e n d e n (Kisch Hdb II S. 585; Prölss-Martin Anm. 10 zu § 6). § 32 unterstellt zwar diese Obliegenheiten nicht den Regeln des 2. Titels des 1. Abschnitts des VVG. Das schließt aber ihre Anwendung nicht aus. Es wäre gerade im Rahmen der PKV eine sehr unbillige Härte, wollte man dem Ver die Möglichkeit eröffnen, bei einem nur isolierten Verstoß den Vertrg insgesamt zu kündigen (vgl. auch LG Köln 11.11.1983 VersR 1983 S. 973 f.). Auch bei Anwendung dieser Norm ist auf die unterschiedliche Rechtsstellung der möglichen Beteiligten (auf Seiten des Vmers) zu achten (vgl. im übrigen Anm. F 33): Kündigt der Ver wegen eines vom Vmer b e g a n g e n e n V e r s t o ß e s — gleichgültig, ob er selbst Gefahrsperson ist oder sein vtes Interesse sich auf Einbußen infolge von Erkrankungen usw. einer anderen Gefahrsperson bezieht —, so endet der Vertrag, ggf. auch hinsichtlich weiterer darin einbezogener Personen. Diese haben jedoch nach der in Anm. F 33 dargelegten Ansicht das Recht, den Vertrag in angepaßter Form fortzusetzen (a. A. BGH 3. X. 1984 VersR 1985 S. 54, 55: Der Vmer verliert nur seine Eigenschaft als Gefahrsperson, nicht die als Vertragspartner des Vers). B e t r a f d e r V e r s t o ß n u r das Interesse des Vmers in bezug auf eine von m e h r e r e n G e f a h r s p e r s o n e n — z. B. der Vmer hat nur für das in der Person seiner Ehefrau, nicht auch für das in seiner laufende Risiko eine Mehrfachv ohne Einwilligung des Vers abgeschlossen —, so ist der Vertrag grundsätzlich nur insoweit kündbar. H a t ein V t e r (i. S. der §§ 74ff.) die O b l i e g e n h e i t v e r l e t z t , so ist (von den Einschränkungen des § 79 I und II abgesehen) die Kündigung auf ihn zu beschränken. Wriede

Κ 269

Aran. [F 55]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Ist er Träger mehrerer Interessen hinsichtlich verschiedener Gefahrspersonen, so ist die Kündigung auf dasjenige zu beschränken, hinsichtlich dessen die Obliegenheit verletzt worden ist. Eine G e f a h r s p e r s o n oeA. kann selbst nicht gegen eine Obliegenheit verstoßen, da sie damit mangels eigener Verpflichtung gegenüber dem Ver nicht belastet ist. Ihr Verhalten ist jedoch dem Vmer oder Vten zuzurechnen, so daß ggf. bei ihnen ein Verstoß als gegeben anzunehmen ist. [F 55] eee) Beweislast Der in Bd. I (Anm. 52 zu § 6 S. 205; ebenso Prölss-Martin Anm. 14 zu § 6) vertretenen Ansicht, der Ver müsse die objektiven Voraussetzungen der Obliegenheitsverletzung beweisen, kann nur insoweit gefolgt werden, als es sich um die Unterlassungsobliegenheit, einen Zweitvertrag nicht ohne Zustimmung des Erstvers abzuschließen, handelt, nicht aber auch, wenn die Erfüllung einer Anzobliegenheit umstritten ist. Nach der vom BGH (so 29.1.1969 NJW 1969 S. 875) und der h. M. vertretenen Ansicht hat der Schuldner einer Verpflichtung zum positiven Tun deren Erfüllung auch dann zu beweisen, wenn der Gläubiger aus der Nichterfüllung Rechte herleitet. Bei Unterlassungspflichten trifft dagegen diesen die Beweislast für die Zuwiderhandlung (Rosenberg, Die Beweislast 5. Aufl. S. 347). Diese für das Schuldrecht h. L. ist auch auf Obliegenheiten anzuwenden. Die Tatsache, daß Obliegenheiten Verpflichtungen mit „minderer Zwangsintensität" sind, rechtfertigt keine Abweichung hiervon. Dementsprechend hat der Ver, der seine Kündigung und ggf. den Eintritt seiner Leistungsfreiheit gemäß § 6 I auf eine nicht fristgerechte Anzeige stützt (z. B. nach §§ 6 (2) b Gr Β K K , 9 ( 4 ) M B KK), lediglich zu b e h a u p t e n , d a ß er eine A n z e i g e n i c h t e r h a l t e n habe. Es ist sodann Sache des V m e r s , ihre A b s e n d u n g u n d ihren Z u g a n g beim Ver nachzuweisen. Gelingt das, so hat der Ver die E i n h a l t u n g der M o n a t s f r i s t , d. h. den rechtzeitigen Zugang der Kündigung beim Vmer darzutun (BGH 26. IX. 1957 VersR 1957 S. 678, 679; Anm. D 35 S. Κ 110). Die w e i t e r e n o b j e k t i v e n V o r a u s s e t z u n g e n der Anzobliegenheit — nach den erwähnten Bestimmungen das Entstandensein der Krankenvspflicht, des anderweitigen Abschlusses oder der Vsberechtigung — hat gleichfalls der Ver zu beweisen. Demgegenüber hat der Vmer sich von dem bei Vorliegen des objektiven Sachverhalts zu vermutenden Verschulden (§ 6 I S. 1 und 2) zu e n t l a s t e n : Er mag ζ. B. darlegen, daß weder er noch die Gefahrspersonen oder Repräsentanten, deren Verhalten ihm zuzurechnen ist, Kenntnis von der Entstehung des anderweitigen sozialen oder privaten Vsverhältnisses erlangt haben und er diese auch bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt nicht erlangen konnte. Der Vmer kann die Kündigung des Vers auch dadurch zu Fall bringen, daß er nachweist, jener habe auf andere Weise von dem anzuzeigenden Umstand Kenntnis (vgl. dazu Anm. F 24 und 36) erhalten und ggf. die Kündigungsfrist nicht gewahrt. Hinsichtlich der U n t e r l a s s u n g s o b l i e g e n h e i t (ζ. B. nach §§6 (2)a GrB KK, 9 (5) MB KK, 9 (6) MB KT) trifft, wie erwähnt, den Ver die Beweislast f ü r den V e r s t o ß . Im übrigen gelten die vorstehenden Grundsätze. Dem Vmer steht darüber hinaus der Nachweis offen, daß der Ver dem Zweitvertrag zugestimmt habe. Das Fehlen der K a u s a l i t ä t s v o r a u s s e t z u n g e n des §6 II hat der Vmer n a c h z u w e i s e n . Dabei ist zu beachten, daß dies schon dann scheitert, wenn die Verletzung der Obliegenheit auch nur mitursächlich für Eintritt und/oder Umfang des Vsfalles gewesen ist. An den'Nachweis mangelnden Einflusses der Mehrfachv auf den konkreten Vsfall sind, wie in Anm. F 53 ausgeführt, strenge Anforderungen zu stellen. Κ 270

Wriede

II. Vor Beginn des Vsfalls 3. Vertragl. vereinbarte

Anm. [F 56]

[F 56] c) Anzeige eines Berufswechsels oder des Wegfalls einer Voraussetzung der Vsfáhigkeit in der Krankentagegeldv Die in § 9 (5) MB KT vorgesehene Anzobliegenheit (ähnlich § 6 (2) a GrB KT; vgl. dazu weiter unten) hat mehrfache Bedeutung. Ein Verstoß dagegen führt zu unterschiedlichen Rechtsfolgen. § 10 (2) MB KT greift nicht in jedem Falle ein. Ein Wechsel in einen a n d e r e n Beruf als dem, der bei Vertragsschluß ausgeübt (und dem Ver angegeben) wurde, k a n n das vte Risiko, infolge Krankheit oder Unfalls Verdienstausfall zu erleiden, v e r ä n d e r n . Wenn etwa ein Einzelhändler Handelsvertreter wird und deswegen laufend mit einem Kraftwagen unterwegs sein muß, oder wenn ein bisher im Bürodienst tätiger Angestellter wegen Veränderung der Betriebsverhältnisse seines Arbeitgebers mit unfallträchtigeren oder krankheitsgefahrdenderen Arbeiten befaßt wird, liegt eine Gefahrerhöhung vor. Diese kann auch darin bestehen, daß die Einkünfte im neuen Beruf niedriger sind (vgl. dazu Anm. F 57) und sich daher das subjektive Risiko oder die Vertragsgefahr erhöhen (Anm. F 18). Die §§23 — 30 sind daher bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen auf solche Tatbestände anwendbar. Dabei wird jedoch § 29 besonders zu beachten sein. Daneben besteht die Anzobliegenheit aus § 9 (5) MB KT. Sie kann zugleich die gemäß §§ 23 II und 27 II umfassen. Wird durch den Berufswechsel die G e f a h r s l a g e nicht oder nur unwesentlich v e r ä n d e r t — die Grundsätze des § 29 werden auch hier zu beachten sein —, so ist bei schuldhaftem Verstoß gegen § 9 (5) MB KT die S a n k t i o n des § 10 (2) MB KT u n a n g e m e s s e n ; sie widerstreitet den Grundgedanken der §§ 23 ff. und ist in solchem Falle gemäß § 9 II Ziff. 1 AGBG unwirksam. Ein Berufswechsel kann zugleich im Sinne des § 15 a MB KT den „Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die V s f ä h i g k e i t " bewirken. Es kommt mithin darauf an, inwieweit der fragliche Tarif die möglichen beruflichen Tätigkeiten zur Eingrenzung des Begriffs der Vsfähigkeit aufgegliedert. Wird — wie oft — nur zwischen selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigen unterschieden (so z. B. OLG Hamm 14.1.1983 VersR 1983 S. 1147, 1148; LG Frankfurt 20.1.1975 VersR 1975 S. 1116), so besteht für einen Berufswechsel innerhalb einer solchen Kategorie ein erheblicher Spielraum; er kann jene Rechtsfolge dann nicht auslösen (vgl. BGH 19. XII. 1975 VersR 1976 S.431, 432; OLG Karlsruhe 15. IX. 1977 VersR 1978 S. 365 f.; LG Kaiserslautern 6. III. 1979 VersR 1981 S. 248 f.). Im übrigen ist die W i r k s a m k e i t des §15a M B K T im Hinblick auf die halbzwingenden §§23ff. z.T. z w e i f e l h a f t (vgl. Anm. G 56). Ist der anzuzeigende B e r u f s w e c h s e l weder als Gefahrerhöhung noch gemäß § 15 a MB KT relevant, kann er gleichwohl f ü r den Begriff der A r b e i t s u n f ä h i g keit (§ 1 (3) MB KT) b e d e u t s a m sein. Denn diese bestimmt sich nach der dem Vertrage zugrundegelegten Berufstätigkeit (Anm. G 50). Aber auch in dieser Hinsicht ist die Sanktion des § 10 (2) MB KT bei einem Verstoß gegen § 9 (5) MB KT unangemessen im Sinne des § 9 (1) (2) Ziff. 2 AGBG. Vielmehr dürfte die Rechtslage wie folgt zu beurteilen sein: Solange der Wechsel nicht angezeigt oder dem Ver sonst bekannt wird, kann zwar der Vertrag insoweit nicht geändert werden. Der Vmer kann aber nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB aus der Nichtanzeige nicht zu seinen Gunsten herleiten, daß z. B. in seinem neuen Beruf für die Annahme einer Arbeitsunfähigkeit geringere Voraussetzungen zu erfüllen sind als in dem früheren (u. U. liegt darin eine Gefahrerhöhung). Dann wird er Leistungen des Vers nur nach Maßgabe der früheren Tätigkeit verlangen können. Im umgekehrten Fall wird er sich die schärferen Voraussetzungen seines neuen Berufs entgegenhalten lassen müssen. Wriede

Κ 271

Anm. [F 571

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Hiervon abgesehen, hat der Ver im Falle eines infolge Berufswechsels verringerten Nettoeinkommens gemäß § 4 (4) MB KT das Recht, die Tagegeldleistungen entsprechend herabzusetzen (Anm. G 54), so daß ihm ein angemessener Rechtsbehelf zur Verfügung steht. Die Tarifbedingungen sehen dazu vielfach Einzelheiten vor (vgl. BGH 19. XII. 1975 VersR 1976 S. 431 f.). Schließlich kann der anzuzeigende Berufswechsel im Rahmen des § 15 b MB KT erheblich sein. Diese Bestimmung bezieht sich allein auf die Berufsunfahigkeit des Betroffenen, nicht darauf, daß er nicht mehr in der Lage ist, einer Erwerbstätigkeit in einem anderen Beruf nachzugehen. In solchem Falle liegt ein Berufswechsel vor, der gemäß § 9 (5) MB KT anzuzeigen ist und — je nach Gestaltung des Tarifs — zu einer einverständlichen Vertragsänderung führen kann, u. U. auch zu einem Wegfall der Vsfähigkeit (§ 15 a MB KT; vgl. Anm. G 56). Zu Unrecht nimmt daher OLG Frankfurt (7. II. 1986 VersR 1987 S. 758 f.) eine Beendigung des Vertrages an, wenn ein Chirurg, der krankheitsbedingt nicht mehr operieren kann, als Homöopath weiter praktiziert. Endet mit Eintritt der Berufsunfähigkeit auch die Erwerbstätigkeit, so endet der Vertrag unabhängig davon, ob eine Anzeige erstattet wird (vgl. im übrigen Anm. D 20, 24 und 26 S.K 96 f., 100-105; bei Bearbeitung dieser Abschnitte war das AGBG noch nicht zu beachten). Nach §§6 (2) a GrB KT, 11 MB KT ist der Wegfall einer Voraussetzung der Vsfähigkeit (nach der letzteren Bestimmung auch der Eintritt der Berufsunfähigkeit) dem Ver unverzüglich anzuzeigen. Ein Verstoß dagegen soll angesichts der in §§ 2 (2) a Ziff. 3 GrB KT, 15 a und b MB KT vorgesehenen Beendigung des Vertrages — wegen der insoweit bestehenden Bedenken vgl. oben — keine nach § 6 I und II zu beurteilenden Konsequenzen haben. § 6 (2) b GrB KT wiederholt nur die schon aus §812 BGB sich ergebenden Bereicherungsansprüche. Nach der hier vertretenen Ansicht, daß der Vertrag allein bei Beendigung der Erwerbstätigkeit ipso iure enden kann, sonst aber nur unter den Voraussetzungen der §§ 23 ff., kommt die Rückgewährspflicht nur im ersteren Falle in Betracht. Im übrigen gelten die Erläuterungen in Anm. F 51 — 54 auch hier. [F 57] d) Anzeige einer Einkommensminderung Gemäß § 4 (3) MB KT hat der Vmer eine nicht nur vorübergehende Minderung des Nettoeinkommens dem Ver unverzüglich mitzuteilen. Auch diese Bestimmung soll der Eingrenzung des subjektiven Risikos oder der Vertragsgefahr dienen. Entgegen der Ansicht von Schäfer (Balzer-Jäger Teil D III S. 134/25) und Bach-Moser (Rz 11 zu § 4 MB KT) ist damit nicht nur eine Minderung unter den Betrag des vereinbarten Tagegeldes gemeint, sondern jede nicht nur unerhebliche Verringerung. Denn die Höhe des Tagegeldes kann z. B. wegen des subjektiven Risikos, der Vertragsgefahr oder anderweitig bestehender Ansprüche für die Zeit einer Arbeitsunfähigkeit, durchaus auch auf einen das Nettoeinkommen unterschreitenden Betrag vereinbart sein. Diese Risikobegrenzung würde ganz oder z. T. gegenstandslos, wollte man nur eine Minderung des Einkommens unter den vten Betrag berücksichtigen. Ob eine Minderung erheblich ist, wird sich vielfach an Hand der Tarifstufen des Vers beurteilen lassen. Für einen Verstoß gegen diese Anzobliegenheit sind in den MB KT keine Sanktionen vorgesehen. Jedoch ist auch hier beachtlich, daß ein solcher Sachverhalt das in der Krankentagegeldv besonders bedeutsame subjektive Risiko oder die Vertragsgefahr erhöhen kann (Anm. F 18) und aus diesem Grunde die daran geknüpften Rechtsfolgen der §§23 — 30 eingreifen können (ebenso Bach-Moser Rz 13 zu § 4 MB KT; a. A. offenbar Prölss-Martin Anm. 2 zu § 4 MB KT). Darüber hinaus kann der K272

Wriede

III. Nach Beginn des Vsfalls 2. Anzeige

Anm. [F 5 8 - F 60]

Ver gemäß § 4 (4) MB KT seine Leistungen dem verminderten Einkommen anpassen (Näheres Anm. G 54). Diese Regelung greift weniger hart in die Rechte des Vmers ein als jene gesetzlichen Bestimmungen. [F 58] e) Beweislast Die in Anm. F 55 dargelegten Grundsätze über die Beweislast hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Verstoß gegen eine Anzobliegenheit gelten auch für die in Anm. F 56 erläuterten. Mangels vertraglich vorgesehener Sanktion bei Verstoß gegen §4 (3) MB KT erübrigen sich hierzu Ausführungen zur Beweislast. III. Obliegenheiten nach Beginn des Vsfalls Schrifttum: Bruck S. 323-341; Ehrenzweig S. 155-158; Hüffer VersR 1974 S. 617-624 (zu § 6 III 1); Ohrt S. 9 2 - 9 5 ; Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 224-232.

[F 59] 1. Überblick Während die in Abschnitt I behandelten Obliegenheiten der richtigen Einschätzung der Gefahrslage durch den Ver dienen und die in II erörterten Fälle Veränderungen dieses Risikos betreffen, muß die durch den Ver repräsentierte Gefahrengemeinschaft ferner daran interessiert sein, daß bei Beginn eines eintretenden Vsfalles ihre dadurch bedingte Belastung möglichst gering gehalten wird. Zur Erfüllung dieser Aufgabe bedienen sich Gesetz und AVB gleichfalls des Instituts der Obliegenheit. Die Rechtsfolgen von Verstößen hiergegen sind z. T. im Gesetz, so in §§ 6 III u. IV, 33, 34, 34 a, 62 und 68 a, und im übrigen in den AVB geregelt. Die gesetzlichen Verhaltensnormen der §§ 33, 34 und 62 haben Anzeige- und Auskunfts- sowie Pflichten zur Minderung des Schadens zum Gegenstand, die AVB enthalten darüber hinaus weitere und/oder ergänzende speziellere Vorschriften über zu erstattende Anzeigen, zu erteilende Auskünfte, vorzulegende Nachweise und zur Vornahme von ärztlichen Untersuchungen (§§ 14 NoB, 5 (2) GrB KK, KH und KT, 9 ( l ) - ( 3 ) MB KK, 9 (1) —(4) MB KT). Soweit in den AVB die „vte Person" verpflichtet wird, Obliegenheiten zu erfüllen, ist zu beachten, daß Gefahrspersonen oeA. durch den Vertrag nicht damit belastet werden können. Ihr Verstoß kann nur dem Vmer oder Vten zugerechnet werden, wie in Anm. F 5 für die wAnzpfl näher ausgeführt worden ist. Auch diese Obliegenheiten unterliegen, soweit in den AVB bei Nichtbeachtung Sanktionen vorgesehen sind, der Kontrolle nach den zunächst von der Rechtsprechung aufgestellten und jetzt im AGBG normierten Grundsätzen (vgl. Anm. F 47 a). |F 60] 2. Anzeigeobliegenheiten Schrifttum: Krebs VersR 1962 S. 1 3 - 1 5 ; ders. VersR 1964 S. 466 - 470 (zur Frage der Kenntniserlangung des Vers).

Gemäß § 33 I hat der Vmer den Beginn eines V s f a l l e s nach Erlangung der Kenntnis hiervon unverzüglich dem Ver a n z u z e i g e n . Diese Bestimmung wird in den AVB z.T. eingeschränkt. Soweit danach eine Anzeigepflicht besteht, werden zugleich die Rechtsfolgen von Verstößen hiergegen festgelegt. Näheres hierzu in Anm. F 64. Im Anwendungsbereich der NoB ist der Vsfall nur anzuzeigen, und zwar innerhalb von 5 Tagen (wie zu ergänzen: seit Kenntnisnahme, s. unten), wenn die davon betroffene Gefahrsperson sich außerhalb des Wohnsitzes des Vmers befindet (§ 14 Ziff. 2 b). Mit „Erkrankung" sind anspruchsbegründende Vsfälle gemeint, wie die einleitenden Worte der Ziff. 2 zeigen. Wriede

Κ 273

Anni. [F 60]

Kranken vers. F. Obliegenheiten des Vmers

Der in den NoB nicht näher definierte Begriff des Vsfalles ergibt sich aus § 1 1 , wonach Gegenstand des Vertrages die Gewährung von Ersatz für durch notwendige Krankenpflege entstandene Vermögensschäden ist, m. a. W. das Entstehen solcher Aufwendungen (auch schon durch Eingehen oder Entstehen — z. B. gemäß § 683 BGB — von Verbindlichkeiten gegenüber Heilbehandlern, d. h. mit Beginn der Heilbehandlung) mit dem Vsfall gleichzusetzen ist (vgl. Anm. G 38). Die erwähnte Bestimmung spricht zwar nur von Erkrankung; das gleiche wird jedoch bei Unfällen anzunehmen sein, die eine Gesundheitsstörung zur Folge haben und eine Heilbehandlung notwendig machen. Sie gilt nicht für summenmäßig festgelegte Leistungen wie für Wochenhilfe und Sterbegeld ( § 1 1 NoB). Wenn der Vsfall das vte I n t e r e s s e (i. w. S.) e i n e s V t e n in e i n e m V s v e r t r a g f ü r f r e m d e R e c h n u n g betrifft, hat dieser, sonst der Vmer die Anzeige zu erstatten. Die Kenntnis einer Gefahrsperson einer Fremdpersonenv, die nicht zugleich Vmer oder Vter ist, vom Beginn eines sie betreffenden Vsfalles wird dem Vmer oder Vten zugerechnet, je nachdem, wessen Interesse davon berührt wird (Anm. F 5). E m p f ä n g e r der Anzeige soll neben dem Vorstand des Vers ( § 4 Ziff. 1 NoB) die „zuständige Stelle der Gesellschaft" sein (§ 14 Ziff. 2 b NoB). Diese Klausel (vgl. zunächst Anm. D 33 S. Κ 108) hält einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG nicht stand. Sie verstößt gegen § 11 Ziff. 16 a. a. O. Danach sind besondere Zugangserfordernisse in AGB nicht zulässig. Vielmehr genügt es, daß die betreffende Erklärung in den Machtbereich des Verwenders gelangt ist (vgl. ζ. B. Ulmer-Brandner-Hensen Rz 7 zu § 11 Ziff. 16; Wolf-Horn-Lindacher Rz 10 zu § 11 Ziff. 16). Sie ist dem Ver daher auch dann im Rechtssinne (§ 130 BGB) zugegangen, wenn sie bei einer Verwaltungsstelle eingeht, die nach der internen Geschäftsverteilung dafür nicht vorgesehen ist. Das ist vor allem dann erheblich, wenn es auf den Zeitpunkt des Zugangs ankommt. Soweit durch diese Klausel die g e s e t z l i c h e E m p f a n g s v o l l m a c h t v o n V e r m i t t l u n g s - u n d A b s c h l u ß a g e n t e n (§43 Ziff. 2) ausgeschlossen werden soll, ist das unter den weiteren Voraussetzungen des § 47 wirksam (OLG Hamm 3. XI. 1972 VersR 1973 S. 339, 340). Die Agenten haben dann nur die Funktion von Boten: Die ihnen gegenüber erstattete Anzeige geht dem Ver erst mit der Übergabe an diesen, d. h. erst dann zu, wenn sie in seinen Machtbereich gelangt. Die Bestimmung ergibt nicht, ob die 5-Tagefrist von dem Beginn des Vsfalls oder erst von der Kenntnisnahme des Anzeigepflichtigen (ggf. seines Repräsentanten, ζ. B. einer Gefahrsperson oeA.) zu rechnen ist. Meistens wird beides zusammenfallen. Der Unterschied kann aber bedeutsam sein, wenn etwa ein in den Vertrag einbezogenes Kind unter 7 Jahren, dessen Wissen nicht rechtserheblich ist (§§ 165,104 BGB analog; vgl. Anm. F 5), auf einer Schulreise erkrankt. Man wird hier § 33 I ergänzend heranziehen müssen, so daß es auf die positive Kenntnis des VN oder Vten von den einen Vsfall ausmachenden Tatsachen ankommt. Die B e r e c h n u n g d e r 5 - T a g e f r i s t bestimmt sich nach den §§ 187 I, 188 I, 193 BGB. Die Frist wird durch rechtzeitige Absendung der Anzeige gewahrt, wenn sie nur den Ver erreicht. Das ergeben die in den §§92 12, 110 12, 153 III, 171 12 enthaltenen Ausprägungen dieser Anzeigepflicht (ähnlich Prölss-Martin Anm. 3 zu § 33). Gemäß § § 5 (2)b GrB KK und KH, 9 (1) MB KK ist eine K r a n k e n h a u s b e h a n d l u n g binnen 10 Tagen nach ihrem Beginn (nicht erst nach Kenntnisnahme hiervon) dem Ver anzuzeigen. In bezug auf die damit belasteten Personen, den Empfänger der Anzeige, die Fristberechnung und ihre Einhaltung gilt das vorstehend Erörterte (vgl. § § 6 ( l ) a GrB KK, 16 MB KK) entsprechend. Allerdings stellt § 5 (2)b S. 2 GrB K H auf den Z u g a n g d e r A n z e i g e ab. Darin kann aber keine Abweichung gesehen werden. Es handelt sich dabei um eine (offenbar unbedachte)

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Wriede

III. Nach Beginn des Vsfalls 2. Anzeige

Anm. [F 60]

Wortwahl im Rahmen der Bestimmungen über die Rechtsfolgen bei Verstoß gegen die Obliegenheit (Näheres dazu in Anm. F 64). Die alsbaldige Anzeige soll dem Ver die Möglichkeit geben, die zur Prüfung und Feststellung seiner Leistungspflicht erforderlichen Maßnahmen alsbald zu ergreifen, wozu ihm durch §§ 5 (2) b GrB KK 5 (2) d u. e GrB KH und 9 (2) u. (3) MB KK weitere Möglichkeiten gegeben werden (vgl. Bach-Moser Rz 5 zu §§ 9, 10 und Anm. F 61). Krankenhausbehandlungen sind erfahrungsgemäß besonders kostenaufwendig, so daß hier ein berechtigtes Interesse an weitergehenden Nachforschungen besteht. Auch ist gelegentlich bei Personen, die Vsschutz genießen, die Neigung festzustellen, daß sie eine stationäre Behandlung einer an sich ausreichenden ambulanten vorziehen, weil mit dieser, insbesondere bei längerer Dauer, einige Unbequemlichkeiten — Wege zum Arzt, Wartezeiten — verbunden zu sein pflegen. Ein solches Verhalten kann einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht aus § 62 I beinhalten. An der rechtzeitigen Kenntnis hiervon hat der Ver gleichfalls ein erhebliches Interesse, damit er von seinem Recht, Hinweise zu geben (§§ 62 11 VVG, 5 (2)b S. 2 GrB KK) Gebrauch machen kann (vgl. Anm. F 62). Eine Anzobliegenheit für jede ambulante Behandlung würde einen Verwaltungsaufwand bewirken, der zu dem praktischen Nutzen in keinem Verhältnis stehen würde. Die GrB KK verzichten a. a. O. ausdrücklich darauf. Auch ist der Ver nach §§ 4 (8) GrB KK, 4 (7) GrB KH, 5 (2) MB KK berechtigt, seine Leistungen für im Übermaß in Anspruch genommene Heilbehandlungen herabzusetzen (vgl. Anm. G 41). Die einen Vsfall betreffenden Anzobliegenheiten gemäß §§ 5 (2) b GrB KH, 5 (2)b GrB KT, 9 (1) MB KT für T a g e g e l d v n sind durch einen Nachweis über die Aufnahme ins Krankenhaus nebst ärztlichem Befund bzw. über die eingetretene Arbeitsunfähigkeit, gleichfalls durch ärztliche Bescheinigung (die eines Heilpraktikers genügt nicht), zu ergänzen. Das hat seinen Grund darin, daß in Tagegeldvsverträgen das subjektive Risiko und/oder die Vertragsgefahr eine besonders große Bedeutung haben. Der Ver soll daher sogleich — anders als in der Krankheitskostenv üblich — in die Lage versetzt werden, den behaupteten Vsfall in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen und von den ihm zu diesem Zweck weiter zustehenden Rechten (vgl. Anm. F 61 f.) Gebrauch zu machen (OLG Hamm 3. XI. 1972 VersR 1973 S. 339, 342; OLG Köln 19. XII. 1985 VersR 1986 S. 906; OLG Schleswig 5. V. 1986 VersR 1986 S. 963). Anzeige und zusätzlicher Nachweis müssen nicht gleichzeitig eingereicht werden. Für fristgebundene Anzeigen genügt es im allgemeinen, daß sie rechtzeitig abgesandt werden und den Ver — wenn auch erst nach Fristablauf — erreichen. Das folgt aus § 269 I BGB, der auf Rechtshandlungen entsprechend anzuwenden ist. In den zitierten Bestimmungen wird davon abweichend auf den Z u g a n g innerhalb der vorgesehenen Frist — unverzüglich bzw. binnen 10 Tagen — abgestellt und daran (bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 6 III — vgl. Anm. F 64) die Verletzungsfolge — Leistung erst vom Tage des Zugangs an — geknüpft. Das verstößt nicht gegen § 11 Ziff. 16 AGBG, durch den besondere mehr formale Erfordernisse für den Zugang für unwirksam erklärt werden (Näheres dazu in Anm. F 64). Die Mitteilung, stationäre Behandlung sei erforderlich geworden, ersetzt in der Regel die Anzeige eingetretener Arbeitsunfähigkeit (OLG Hamm a. a. O.), insbesondere dann wenn die angegebene Diagnose die Annahme einer solchen im Sinne der AVB (vgl. § 1 (3) MB KT) rechtfertigt (Prölss-Martin Anm. 2 zu § 9 MB KT). Im Rahmen der K r a n k e n t a g e g e l d v sind weitere Anzobliegenheiten zu beachten: Gemäß §§ 5 (2)c GrB KT, 9 (1) S. 4 MB KT hat der Vmer die B e e n d i g u n g der A r b e i t s u n f ä h i g k e i t binnen 3 Tagen mitzuteilen. Damit soll verhindert werden, daß der Ver über diesen Zeitpunkt hinaus in Vorlage tritt und später SchwieWriede

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Anm. [F 60]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

rigkeiten hat, die Mehrleistungen zurückzuerlangen. Diese Obliegenheit dient zwar auch der Beschränkung der Inanspruchnahme des Vers, sie paßt aber nicht in den Rahmen der auch insoweit für anwendbar erklärten Vorschrift des § 6 III (vgl. §§ 5 (2) GrB KT, 10 (1) MB KT), da für die Zeit nach dem Ende des Vsfalls ohnehin keine Leistungspflicht des Vers mehr besteht (ähnlich Bach-Moser Rz 10 a zu §§9, 10 MB KT). Sie kann jedoch bei Würdigung aller Umstände von indizieller Bedeutung für die Beurteilung der Frage sein, ob etwa ein arglistiges Verhalten des Vmers/Vten vorliegt, das diesen zur fristlosen Kündigung wegen wichtigen Grundes berechtigen könnte (Anm. D 44 S. Κ 125-127). Wegen der in §§ 5 (2)b Abs. II S. 2 GrB KT, 9 (1) S. 3 MB KT vorgesehenen, laufend neu zu erfüllenden Nachweisobliegenheit vgl. Anm. F 61. §§ 14 Ziff. 2 a NoB, 5 (2)c GrB KK und KH sehen für die Krankheitskostenv drei- und viermonatige Fristen für die V o r l a g e d e r e r f o r d e r l i c h e n N a c h w e i s e , § 14 Ziff. 2 a S. 3 NoB auch eine Anzobliegenheit vor, wenn der Vmer die Belege nicht innerhalb dieser Zeit zur Verfügung hat. Die Vorlage der hier geforderten „Nachweise" oder „Belege" tritt, soweit der Vsfall nicht ohnehin anzuzeigen ist, an die Stelle der Anzeige gemäß § 33 und ist daher entsprechend zu behandeln. § 14 Ziff. 2 a S. 3 NoB verlangt darüber hinaus, daß den Vmer wegen der fristgerechten Beschaffung der Unterlagen kein Verschulden trifft. Soweit ihm danach auch leichte Fahrlässigkeit schaden soll, ist diese Bestimmung im Hinblick auf §§6 III, 15 a unwirksam. Danach sind nur Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit erheblich, diese auch nur, wenn der Verstoß auf die Feststellung und den Umfang der Leistungspflicht des Vers Einfluß hat. Näheres in Anm. F 64. Die Anzeigefristen werden, wie ausgeführt, durch rechtzeitige Absendung gewahrt. Die vorstehend behandelten Nachweise sollen in bestimmten Fristen „eingereicht" werden. Es ist unklar, ob auch insoweit rechtzeitige Absendung oder ihr Eingang beim Ver gemeint ist. Wegen des engen Zusammenhangs von Anzeigen und Nachweisen muß auch hier das erstere angenommen werden. Es wäre lebensfremd für die Nachweise eine andere Handhabung zu fordern als für die Anzeigen. Näheres zu den Belegobliegenheiten in Anm. F 61. Die vorstehend behandelten A n z e i g e p f l i c h t e n des Vmers/Vten b e s t e h e n n i c h t , wenn der Ver in den vorgesehenen Fristen a n d e r w e i t i g die ihm m i t z u t e i l e n d e n T a t s a c h e n e r f ä h r t (§33 II). Das versteht sich im Grunde genommen von selbst. Zu der Frage, ob und wann beim Ver eine solche Kenntnis anzunehmen ist, vgl. Anm. F 24 und Krebs a. a. O. m. w. N. Die zugunsten des Vmers zwingende Regelung des § 33 II (vgl. auch § 11 Ziff. 16 AGBG) hat dann besondere Bedeutung, wenn f ü r die A n z e i g e eine b e s o n d e r e F o r m , insbesondere Schriftform v o r g e s e h e n ist, was gemäß §34a S. 2 zulässig ist. Daraufkommt es nicht an, wenn der Ver die ihm vermittelte Kenntnis fristgerecht in anderer Weise, so auch durch mündliche Mitteilung des Vmers oder Dritter erlangt (BGH 9. XII. 1965 VersR 1966 S. 153, 154 a. E.). Das kann auch für die mit einem Teil der vorstehend behandelten Anzeigeobliegenheiten verknüpften Pflichten, das Angezeigte durch ärztliche Bescheinigungen zu belegen, erheblich sein, wenn ihm diese Nachweise — auf welche Weise auch immer — von dritter Seite zugehen. Ist nach dem Tarif und/oder den Tarifbedingungen des Vers eine B e i t r a g s r ü c k g e w ä h r bei s c h a d e n f r e i e m V e r l a u f vorgesehen (Näheres dazu in Anm. G 68), so werden die Vmer die geforderten Nachweise und Kostenbelege vielfach vorläufig zurückhalten in der Erwartung, daß sie nach Ablauf der dafür bestimmten Frist in den Genuß der Rückgewähr gelangen. Gleichwohl sind die vorstehend genannten Anzobliegenheiten vorsorglich zu erfüllen. Damit allein wird noch kein Leistungsanspruch geltend gemacht und kann der Bonus nicht verwirkt werden. Es

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Wriede

III. Nach Beginn des Vsfalls 3. Auskunft und Beleg

Anm. [F 61]

bleibt dann dem Ver überlassen zu entscheiden, ob und ggf. wann er von seinen Kontrollbefugnissen — so vor allem in der Kranken- und Krankenhaustagegeldv (vgl. §§ 5 (2) d und e GrB KT und KH, 9 (2) und (3) MB KT und KK) - Gebrauch machen will. Der Vmer mag sich je nach Dauer und Verlauf seiner Erkrankung und den ihm sonst in der vorgesehenen Frist schon entstandenen krankheitsbedingten Aufwendungen, die unter die Leistungspflicht des Vers fallen, schlüssig werden, ob er den Ver in Anspruch nehmen will. Im Hinblick auf den mit den zitierten Bestimmungen verfolgten Zweck, die für notwendig gehaltenen Kontrollen zeitnahe vorzunehmen, kann es dem Vmer nicht gestattet sein, mit dieser Entscheidung beliebig abzuwarten, sofern nicht der Ver von diesen Befugnissen ohnehin Gebrauch macht. Dazu wird er aus Kostengründen — zumal während der bei der Krankentagegeldv üblichen Karenzzeit — in der Regel keinen Anlaß haben, solange der Vmer nicht zu erkennen gibt, daß er die konkreten Leistungen beansprucht. Die Tarifbedingungen sollten zur Klarstellung der erörterten Fragen nähere Regeln aufweisen. [F 61] 3. Auskunfts- und Belegobliegenheiten Die in § 34 statuierten Auskunfts- und Belegpflichten des Vmers, die hier ohne Sanktionen bei Verstoß geregelt sind, werden in dieser Hinsicht durch §§ 5 (2)d GrB KK, KH und KT sowie 9 (2) iVm 10 (1) MB KK und KT ergänzt: Es soll - nach der letzteren Bestimmung unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 III — Leistungsfreiheit eintreten (Näheres dazu in Anm. F 64 und G 37 — hier insbesondere zu den zitierten Klauseln der GrB KK, KH und KT). Diese Obliegenheiten sind in den PKV von erheblicher Bedeutung. Die Ansicht von Bach-Moser (Rz 7 zu §§ 9, 10 MB KK), sie enthielten „eine stillschweigende Ausprägung des hier zugunsten des Vers Platz greifenden Grundsatzes von Treu und Glauben", ist nicht recht verständlich. Es handelt sich um eine Regelung, die wegen der Eigenart des Vsvertrages geboten ist, da sich die konkrete Leistungspflicht des Vers nach Vorgängen richtet, die sich in der Sphäre des Vmers zutragen und von welchen der Ver daher regelmäßig keine Kenntnis hat. Die A u s k ü n f t e sind nicht spontan, sondern nur auf V e r l a n g e n des Vers zu erteilen. Darüber hinaus wird nach der Rechtsprechung des BGH vom Ver eine Belehrung des Vmers über die Rechtsfolgen einer Verletzung der Auskunftsobliegenheit verlangt (vgl. Anm. F 64). Diese Aufforderung muß bestimmt bezeichnete, auf den konkreten Vsfall sich beziehende Fragen enthalten, zu deren Beantwortung der Vmer auch in der Lage ist, was bei medizinischen Tatsachen oft nicht der Fall sein wird. Reichen daher die Auskünfte dem Ver zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht aus, hält er — immer in einem nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilenden (str. vgl. Bd. I Anm. 14 zu § 34 S. 435) sachlich gebotenen Umfang — nähere Angaben der Heilbehandler, etwa über Diagnose und Therapie, für erforderlich, so kann er sein Auskunftsverlangen entsprechend erweitern. Wie in Anm. F 26 ausgeführt, erwirbt der Ver aufgrund der üblicherweise im Zusammenhang mit dem Aufnahmeantrag abgegebenen „Schweigepflichtentbindungserklärung" nicht das (einklagbare) Recht, diese Auskünfte vom Heilbehandler zu fordern. Zur Prüfung der Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs ist der Vmer jedoch gehalten, den Ver für den konkreten Fall entsprechend zu ermächtigen und den Behandler von seiner Schweigepflicht zu entbinden (Anm. F 26). Eine Verweigerung ist, soweit das Verlangen des Vers sachlich geboten ist, als Verletzung der Auskunftsobliegenheit zu werten (LG Köln 12. VI. 1970 VersR S. 1026; vgl. Anm. F 64). Diese Obliegenheit kann sich auch auf das B e s t e h e n w e i t e r e r V s v e r t r ä g e mit vergleichbaren Leistungen — nach Ansicht des OLG Hamm (30. IX. 1987 VersR 1988 S. 371) jedoch nur dann, wenn danach schon im Rahmen der wAnzpfl gefragt Wriede

Κ 277

Anm. [F 61]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

worden war, da der Ver ohne eine solche Frage zu erkennen gegeben habe, daß er diesem Umstand keine Bedeutung beimesse —, ferner auf solche Dritter, z. B. des Arbeitgebers erstrecken (Klingmüller PKV S. 20), wenn es sich dabei um eine Krankheitskostenv handelt (vgl. § 55), oder wenn Tagegeldleistungen auf die Höhe des Nettoeinkommens einschließlich etwaiger sonstiger Bezüge, die aus Anlaß des dem Vsfall zugrundeliegenden Geschehens gewährt werden, begrenzt werden sollen. In diesem Falle ist dem Ver auf Verlangen auch die Höhe der Einkünfte anzugeben (vgl. § 4 (2) und (3) MB KT). Was letztlich als „erforderlich" im Sinne des § 341 und der zitierten AVBBestimmungen anzusehen ist, bestimmt sich nach wohl h. M. (vgl. Prölss-Martin Anm. 2 A zu § 34; a. A. Bd. I Anm. 14 zu § 34 S. 435 f.) danach, was der betreffende Ver für die bei ihm übliche Bearbeitung für notwendig hält. Das muß sich indessen auf einen dem jeweiligen Vsfall entsprechenden angemessenen Rahmen beschränken und darf nicht in Mißbrauch oder Schikane ausarten. D a r l e g u n g s - u n d Beweisl a s t treffen insoweit den Ver. U m s t r i t t e n ist, o b der Ver — von der vorstehend genannten Beschränkung abgesehen — s e i n V e r l a n g e n über die den konkreten Vsfall betreffenden Auskünfte hinaus a u s d e h n e n d a r f , u m z. B. d e n W a h r h e i t s g e h a l t d e r v o r v e r t r a g l i c h für die Risikobeurteilung a b g e g e b e n e n E r k l ä r u n g e n des Vmers auch im übrigen zu ü b e r p r ü f e n . Bach-Moser (Rz 10 zu §§ 9, 10; ähnlich Klingmüller PKV S. 18 f.), wollen daraus, daß der Wortlaut des § 9 (2) MB KK u. KT über § 341 hinausgeht, folgern, daß auch solche die Leistungspflicht des Vers generell betreffenden Fragen darunter fallen (ebenso LG Darmstadt 27. VI. 1985 VerbB 1985 S. 40). Das entspricht nicht dem Zweck dieser Bestimmung und wird mit Recht von der ganz h. M. abgelehnt (so insbesondere OLG Hamm 12. XI. 1969 VersR 1970 S. 319, 320; 9. VI. 1978 VersR 1978 S. 1160, 1161; Prölss-Martin Anm. 1A zu §9 MB KK und die weiteren Nachweise bei Bach-Moser a. a. O.). Den Wahrheitsgehalt der vorvertraglich erstatteten Anzeigen kann der Ver in aller Regel im Rahmen seiner Risikoprüfung vor Abschluß des Vertrages untersuchen und dazu notfalls weitere Informationen einholen, z. B. die Vorlage ärztlicher Bescheinigungen oder Durchführung ärztlicher Untersuchungen fordern. Hiervon wird freilich zumeist kein Gebrauch gemacht, möglicherweise aus Konkurrenzgründen. Vielmehr stellt sich oft erst anläßlich eines Vsfalles anhand der Anamnese heraus, daß vor Abschluß unrichtige Angaben gemacht worden sind. Diese Erfahrung rechtfertigt es aber nicht, die zur Beurteilung des Vsfalls erforderlichen Auskünfte über diesen konkreten Zweck hinaus auch auf Fragen auszudehnen, die damit nichts zu tun haben, sondern nur dazu dienen sollen, nachträglich die Richtigkeit der w A n z zu überprüfen. Auch sind die Voraussetzungen, unter welchen der Ver gemäß § 6 III leistungsfrei ist, ganz andere als die der §§ 16 ff., die den Ver nach Rücktritt vom Vertrage zur Verweigerung seiner Leistung berechtigen können (vgl. OLG Hamm a. a. O.). Das A u s k u n f t s v e r l a n g e n des Vers kann f r ü h e s t e n s m i t B e g i n n des V s f a l l s gestellt werden. Das kommt zwar in §9 (2) MK KK u. KT nicht zum Ausdruck (während § 5 (2) d aller GrB auf § 34 verweist), ergibt sich aber aus der Natur der Sache. Bei der Krankheitskostenv wird im Falle ambulanter Behandlung ein solches Ersuchen regelmäßig erst nach Vorlage der Kostenbelege in Betracht kommen, weil der Vsfall nicht besonders anzuzeigen ist (Anm. F 60), es sei denn, der Ver hat hiervon auf andere Weise Kenntnis erlangt. Da der Ver bei stationärer Behandlung binnen 10 Tagen zu unterrichten ist, kann das Verlangen früher möglich sein. Nach der — hier für bedenklich gehaltenen (vgl. Anm. G 46 und 51) — Fassung der §§ 5 ( l ) a GrB KH u. KT, 1 (2) MB KK u. KT tritt in den Tagegeldvn der Vsfall K278

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III. Nach Beginn des Vsfalls 3. Auskunft und Beleg

Anm. [F 61]

bereits mit Beginn der Heilbehandlung ein, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit festgestellt bzw. stationäre Behandlung erforderlich wird. Da die GrB auf § 34 verweisen, könnte danach das Verlangen bereits mit Beginn der Heilbehandlung gestellt werden, auch wenn weder Arbeitsunfähigkeit noch stationäre Behandlung bereits vorliegen, was ziemlich sinnlos wäre. Daher waren hier die Sondervorschriften der §§ 5 (2)b GrB KH und KT erforderlich. Der N a c h w e i s der A r b e i t s u n f ä h i g k e i t ist gemäß §§ 5 (2)b GrB KT, 9 (1) iVm 4 (7) MB KT durch eine ärztliche Bescheinigung zu erbringen. An deren Inhalt ist der Ver zunächst einmal gebunden. Zur Überprüfung ihrer Richtigkeit kann er grundsätzlich nur von den Befugnissen gemäß §§5 (2) d und e GrB KT, 9 (2) und (3) MB KT Gebrauch machen. Es ist ihm versagt, die objektive Richtigkeit der ärztlichen Angaben auf andere Weise zu klären. Das folgt aus dem Zweck der Krankentagegeldv, die dem Vmer alsbald nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit einen Ausgleich für den damit eintretenden Verdienstausfall gewähren soll. „Für den Vten wäre es unzumutbar, wenn uneingeschränkt auf das objektive Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit abgestellt würde; andernfalls wäre er u. U. noch Jahre nach Abschluß der Heilbehandlung und damit lange nach Beendigung der Lage, in der er das Tagegeld benötigt hätte, darüber im unklaren, ob er einen Vsanspruch hat" (BGH 29. VI. 1977 VersR 1977 S. 833, 834 im Anschluß an OLG Hamm 7. XI. 1975 VersR 1976 S. 554; 23. V. 1986 VersR 1987 S. 1085; 3. VII. 1987 VersR 1988 S. 796 f.). Der ärztlichen Bescheinigung wird damit eine Art schiedsgutachterlicher Funktion im Sinne des §317 BGB beigemessen, jedoch mit dem Unterschied, daß die Feststellungen medizinischen Inhalts und deren Bewertung in bezug auf die Frage des Bestehens einer Arbeitsunfähigkeit von seiten des Vers — anders als nach § 319 12 BGB — nur mit Hilfe der Befugnisse aus den erwähnten Bestimmungen angegriffen werden können. Die gerichtliche Nachprüfung der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen wird dadurch nicht ausgeschlossen. Nach § 5 (2) e S. 2 GrB KT soll wiederum das Ergebnis einer Nachuntersuchung bindend sein, wenn es nicht durch ein amtsärztliches Gutachten widerlegt wird. Dabei ist vorauszusetzen, daß auch diese Untersuchungen zeitnahe durchgeführt werden. Diese der Überprüfung der (ersten) ärztlichen Bescheinigung dienende Regelung schließt die Anwendung des §319 12 BGB auf das Ergebnis der Nachuntersuchung aus: Die medizinischen Voraussetzungen des Anspruchs sollen baldmöglichst und nicht erst aufgrund eines u. U. langwierigen Rechtsstreits geklärt werden (wegen Einzelheiten hierzu vgl. Anm. F 62). Das amtsärztliche Gutachten seinerseits ist indessen nicht „letzte Instanz". Vielmehr sind darauf die §§ 3171, 3191 BGB anzuwenden: Bei offenbarer Unbilligkeit hat das Gericht zu entscheiden. In diesem Zusammenhang empfiehlt sich im Interesse zeitnaher Feststellung des Gesundheitszustandes ein alsbaldiges gerichtliches Beweissicherungsverfahren (§§485 — 494 ZPO). Das Verfahren nach §5 (2) e GrB KT ähnelt einem Schiedsgutachterverfahren. Gleiches gilt für die K r a n k e n h a u s t a g e g e l d v gemäß § 5 (2)e GrB KH. Ein vergleichbares Verfahren ist in den MB KT nicht vorgesehen. Jedoch ist der Ver an die gemäß § 4 (7) MB KT vorgelegte Bescheinigung darüber gebunden, daß die Gefahrsperson ihre Tätigkeit „nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann" (§ 1 (3) MB KT), wenn er nicht zeitnahe von seiner Befugnis zur Nachuntersuchung Gebrauch macht (OLG Hamm 3. VII. 1987 VersR 1988 S. 796 f.; Bach-Moser Rz 21 zu § 1 und Rz 2 und 7 zu §§ 9, 10 MB KT). Hat diese ein abweichendes Ergebnis, so hat der Vmer es zu entkräften, was durch einen im Wege eines Beweissicherungsverfahrens (§§485 — 494 ZPO) zu bestellenden gerichtlichen Sachverständigen geschehen sollte, damit der aktuelle Befund sogleich festgestellt werden kann. Wriede

Κ 279

Anm. [F 61]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

In Fällen dieser Art wird man aber dem Vmer im Hinblick auf den angegebenen Zweck des Vertrages das Recht zubilligen müssen, im Wege einer einstweiligen Verfügung ggf. gegen Sicherheitsleistung (§§ 936, 921 II ZPO) vorläufigen Rechtsschutz, d. h. Tagegeldleistungen etwa für einen begrenzten Zeitraum, zu beantragen. Bei einer K r a n k e n h a u s k o s t e n - u n d / o d e r -tagegeldv auf der Grundlage der GrB KH wird die gleiche Rechtslage anzunehmen sein (vgl. § 5 (2) e GrB KH). Gemäß §§ 5 (2)b II S. 2 GrB KT, 9 (1) S . 3 M K K T ist (neben der erstmaligen Anzeige nebst Nachweis) f o r t d a u e r n d e A r b e i t s u n f ä h i g k e i t dem Ver — meistens auf einem Vordruck — in bestimmten festen Fristen nachzuweisen. Diese Obliegenheit ist zu erfüllen, wenn die Arbeitsunfähigkeit über die vorgesehene Frist hinaus andauert. Ist sie z. B. am 10.1. eingetreten und sind Wochenfristen vereinbart, so ist der Nachweis am 17.1. fallig. Sofern für die Vorlage dieser Nachweise keine besondere Frist vorgesehen ist, wird unverzügliche Einreichung auf Verlangen des Vers anzunehmen sein, da anders der damit verfolgte Zweck der zeitnahen Überprüfung der behaupteten andauernden Arbeitsunfähigkeit (vgl. §§ 5 (2) e GrB KT, 9 (3) MB KT) nicht erreicht werden würde (vgl. LG Köln 20. VI. 1973 VersR 1974 S. 77). Ein Nachweis, der erst nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit vorgelegt wird, genügt aus dem gleichen Grunde nicht (OLG Köln 19. XII. 1985 VersR 1986 S. 906 f.). Der bei andauernder Arbeitsunfähigkeit zu wiederholende Nachweis ist entbehrlich, wenn der Ver, ζ. Β. bei erfahrungsgemäß länger andauernder Erkrankung, zu erkennen gibt, daß dies erst nach größerem Zeitabstand erforderlich ist (OLG Hamburg 12. V. 1971 MDR 1971 S. 1015f.; OLG Hamm 10. X. 1977 VersR 1978 S. 859, 860). OLG Hamm (13. XII. 1978 VersR 1980 S. 135, 136) hat die Nichterfüllung dieser Obliegenheit als entschuldigt angesehen, wenn der Ver während der Zeit einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit den Rücktritt wegen Verletzung der vvAnzpfl erklärt, daher seine Leistung abgelehnt hatte, aber gemäß § 21 verpflichtet geblieben war (vgl. ferner OLG Frankfurt 22. II. 1980 VersR 1980 S. 326 f.). Die in § 34 II statuierte Belegpflicht wird in den hier behandelten AVB nicht gesondert erwähnt. Jedoch wird gemäß §§ 14 Ziff. 1 NoB, 4 (5), 5 (2)c GrB, 6 (1) MB KK die L e i s t u n g des Vers von der V o r l a g e von Rechnungen und von „geforderten Nachweisen" a b h ä n g i g gemacht. Diese Obliegenheit unterfallt der halbzwingenden (§ 34 a) Norm des § 34 II: Diese Unterlagen können nur insoweit gefordert werden, als ihre Beschaffung dem Vmer billigerweise zugemutet werden kann (ebenso Schulz, Beilage Nr. 17 zu DB 1961 S. 5; Bach-Moser Rz 3 zu § 6 MB KK). Das hat OLG Hamm (13. XII. 1978 VersR 1980 S. 136 a. E.) offenbar verkannt, wenn es darin eine Voraussetzung der Leistungspflicht sieht. Der Wortlaut der §§ 14 Ziff. 1 NoB, 4 (5) GrB KK, 6 (1) MB KK läßt diese Annahme zwar zu, ist aber im Hinblick auf §§ 6 III, 34 II zu weit gefaßt: Nur unter den hier genannten Voraussetzungen tritt Leistungsfreiheit ein. Der Begriff der N a c h w e i s e ist umfassender als der der nur auf den konkreten Vsfall bezüglichen Rechnungen nach § 14 Ziff. I NoB. Der Ver kann daher ζ. B. ihm bisher nicht bekannte Belege über die Behandlung früherer Krankheiten fordern, für die der Vmer etwa von anderer Seite Leistungen erhalten hat oder wegen der er ζ. B. wegen erwarteter Beitragsrückgewähr keine Ansprüche geltend gemacht hatte, soweit die Belege für die Beurteilung der Leistungspflicht für den jetzt erhobenen Anspruch von Bedeutung sind (nicht auch zur Überprüfung der Angaben zur wAnzpfl im übrigen, vgl. oben) und die Beschaffung dem Vmer billigerweise zugemutet werden kann. Das kommt in den zitierten AVB nicht deutlich genug zum Ausdruck; sie erwecken vielmehr den Eindruck, als ob die Leistungspflicht schlechthin von der Vorlage der geforderten Belege abhängig ist. Die Zumutbarkeit kann ζ. B. bedeutsam K280

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III. Nach Beginn des Vsfalls 3. Auskunft und Beleg

Anm. [F 61]

sein, wenn dem Vmer die betreffenden Unterlagen abhanden gekommen sind — auf sein Verschulden kommt es dabei nicht an — und ihre Wiederbeschaffung — etwa von einem Arzt im Ausland — praktisch unmöglich ist. Die vorstehend behandelten A u s k u n f t s - u n d B e l e g p f l i c h t e n t r e f f e n , wenn auf Seiten des Vmers mehrere Personen am Vertrage beteiligt sind, d e n j e n i g e n , der wegen eines Vsfalls A n s p r ü c h e gegen d e n Ver e r h e b t , wie die analog anzuwendenden §§ 171 II, 182 ergeben, also entweder den Vmer oder den Vten im Falle einer V für fremde Rechnung, je nachdem, wem das vte Interesse (i. w. S.) zusteht. Soweit es sich um A u s k ü n f t e u n d Belege handelt, die die Behandlung einer n i c h t selbst a n s p r u c h s b e r e c h t i g t e n G e f a h r s p e r s o n betreffen, ist deren Intimsphäre berührt. Wenn sie wegen Minderjährigkeit oder mangelnder geistiger Reife nicht selbst in der Lage ist, über die Zweckmäßigkeit der Entbindung eines Heilbehandlers von der Schweigepflicht zu entscheiden, wird darüber von dem Sorgeberechtigten, ggf. einem Pfleger (§§ 1909 f. BGB), zu befinden sein. Für eine Abtretung des davon zu unterscheidenden Anspruchs auf Auskunft gegen den Behandler an den Ver (vgl. Anm. F 26) gelten die Vorschriften über Rechtsgeschäfte. Verweigert eine solche Gefahrsperson ihre Mitwirkung bei der Beschaffung der — zu Recht — geforderten Auskünfte oder Belege, so kann unter den Voraussetzungen des § 6 III Leistungsfreiheit gegeben sein (Anm. F 64). Das Verhalten der Gefahrsperson ist dem Vmer oder Vten zuzurechnen (Anm. F 5). Nach §§ 14 Ziff. 5 NoB, 6 (1) MB KK und KT erwirbt der Ver das E i g e n t u m an den ihm übergebenen Belegen. Das trifft nicht zu, wenn sie dem Vmer nicht gehören und der Ver insoweit bösgläubig ist (§ 932 BGB), etwa jener ihn darauf hinweist oder er das ohne weiteres ersehen kann. Die anderen hier behandelten AVB schweigen über diese Frage. In aller Regel wird man nach den gleichen Grundsätzen Eigentumsübergang annehmen können. Grundsätzlich hat jede Partei die bei ihrer R e c h t s v e r f o l g u n g außerhalb eines Rechtsstreits e n t s t e h e n d e n K o s t e n selbst zu tragen. Hiervon weicht § 661 in der K r a n k h e i t s k o s t e n v zugunsten des Vmers ab. Damit soll verhindert werden, daß die Vsleistung um die Ermittlungskosten verkürzt wird, was dem Zweck des Vertrages, außer bei einer Selbstbeteiligung volle Entschädigung für den eingetretenen Schaden zu gewähren, zuwiderlaufen würde (BGH 3. III. 1982 VersR 1982 S. 482, 483 f.). Es sind jedoch nur die Kosten zu erstatten, deren Aufwendung den Umständen nach geboten war (§ 66 I). Danach gilt folgendes: Für die Beschaffung der üblichen Kostenbelege, nämlich der Rechnungen der Heilbehandler, Apotheken, Lieferanten von Heil- und Hilfsmitteln, entstehen dem Vmer regelmäßig ohnehin keine Kosten. Ist er gehalten, insoweit Zweitschriften zu beschaffen, etwa weil er die Originale verloren oder anderweitig verwendet hat, so handelt es sich nicht um Kosten im Sinne des § 661. Das gleiche gilt für die Kosten, die im Zusammenhang mit der Bezahlung dieser Rechnungen, z. B. durch Banküberweisung, entstehen, wenn nach den AVB oder den Tarifbedingungen ihre vorherige Bezahlung gefordert wird (z. B. §§ 14 Ziff. 1 a) NoB, 4 (5) S. 2 GrB KK, 4 (4) S. 2 GrB KH und KT). Anders ist es mit den Unterlagen und Auskünften, die der Ver zur Feststellung seiner Leistungspflicht darüber hinaus für erforderlich hält und wegen der ihm oder dem Vmer Aufwendungen entstehen. Diese fallen unter § 661. Dabei ist zu beachten, daß diese Kosten dem Ver nur insoweit zur Last fallen, als sie zusammen mit der eigentlichen Vsleistung die tarifliche Obergrenze nicht übersteigen (Begründung, abgedruckt bei Gerhard-Hagen S. 309). In der Krankheitskostenv gibt es zwar keine Vssumme, jedoch werden vielfach für einzelne Leistungspositionen Jahreshöchstsätze vorgesehen, die auch hier als Obergrenze in Betracht kommen. Das kann z. B. der Fall sein für Zahnersatzleistungen. Besteht etwa über die medizinische Notwendigkeit oder Wriede

Κ 281

Anm. [F 62]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

den Umfang einer zahnprothetischen Behandlung Unklarheit und verlangt der Ver daher weitere Nachweise oder gar eine Nachuntersuchung (§§ 5 (2) d) und e) GrB KH, 9 (2) und (3) MBKK), so hat er diese Kosten zu übernehmen, soweit zusammen mit der Vsleistung der vereinbarte Höchstsatz nicht überschritten wird. In diesem Falle kann es fraglich sein, ob die vom Ver veranlaßten Kosten „den Umständen nach geboten" waren. Ist das nicht der Fall, so hat er die Kosten voll zu übernehmen. Bei der Entscheidung hierüber kommt es auf eine Betrachtung ex ante an. Soweit es sich um S u m m e n vs V e r t r ä g e handelt, gilt § 66 I nicht. Hier ist jedoch §185 analog anzuwenden. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber den rechtsähnlichen Sachverhalt bei der Unfallv geregelt. Die Bestimmung ist jedoch nicht zwingend, so daß nach VVG der hiervon abweichende § 4 (7) S. 2 MB KT nicht zu beanstanden ist, wonach der Vmer die Kosten der ärztlichen Bescheinigungen über Eintritt und Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit zu tragen hat. Bach-Moser (Rz 20 zu § 4 MB KT) und Prölss-Martin (Anm. 3 zu § 4 MB KT) halten diese Bestimmung im Hinblick auf § 9 (2) Ziff. 2 AGBG für bedenklich. Da jedoch der Vmer in der Krankheitskostenv, wie erwähnt, die Kosten für die Beschaffung der Nachweise zu tragen hat und die hier in Betracht kommenden Bestätigungen über die Arbeitsunfähigkeit praktisch die gleiche Funktion haben, erscheint die Regelung tragbar, zumal die dafür in Ziff. 14 GOÄ ausgewiesene Gebühr im Verhältnis zu den Tagegeldleistungen nur gering ist. [F 62] 4. Untersuchungsobliegenheiten Nach §§ 5 (2) e GrB KH und KT, 9 (3) MB KK und KT kann der Ver verlangen, daß die betroffene Gefahrsperson sich von einem vom Ver bestimmten Arzt untersuchen läßt. Auch hierbei handelt es sich nicht um eine einklagbare Verpflichtung, sondern um eine Obliegenheit, deren Nichterfüllung Rechtsnachteile zur Folge haben kann. Diese Bestimmung, die von der Rechtsprechung als wirksam anerkannt wird (BGH 29. VI. 1977 VersR 1977 S. 833; OLG Köln 5. II. 1979 VersR 1980 S. 619; OLG Hamm 8. X. 1982 VersR 1983 S. 1177; OLG Stuttgart 26. X. 1982 VersR 1984 S. 433; LG München I 8. VII. 1982 VersR 1983 S. 723), hat einen recht pauschal anmutenden Inhalt, da für das Verlangen und die Durchführung der Untersuchung keine weiteren Voraussetzungen bestehen sollen. Ihre Anwendung bedarf daher im Einzelfall sehr sorgfältiger Abwägung, einmal in bezug auf die Berechtigung des Verlangens — eine Untersuchusng kann z. B. aufgrund dieser Bestimmungen nicht verlangt werden, wenn damit geklärt werden soll, ob die wAnzpfl verletzt wurde (vgl. Anm. F 61), wohl aber kann sie geboten sein bei auf andere Weise nicht zu klärenden Zweifeln über die medizinische Notwendigkeit und Angemessenheit einer Heilbehandlung — und zum andern hinsichtlich des vom bestellten Arzt für notwendig erachteten Umfangs der Untersuchung. So kann es z. B. umstritten sein, ob statt einer ambulanten eine stationäre Untersuchung notwendig ist (OLG Hamm a. a. O.). Im Rahmen der K r a n k h e i t s k o s t e n v erhält der Ver von den Vsfallen mit ambulanter Behandlung regelmäßig erst nachträglich Kenntnis von Art und Ausmaß der durchgeführten Heilbehandlung, da hier auf die Anzeige des Vsfalles regelmäßig verzichtet wird (§§5 (2)b GrBKK, 9 (1) MB KK - konkludent). In diesen Fällen wird daher nur selten die Notwendigkeit einer Nachuntersuchung gegeben sein. Bei stationärer Behandlung sehen die AVB eine alsbaldige Unterrichtung des Vers vor (§§ 5 (2)b GrB KK und KH, 9 (1) MB KK - vgl. Anm. F 60), so daß eine für notwendig angesehene Nachuntersuchung zeitnahe veranlaßt werden kann. Wegen der in der K r a n k e n t a g e g e l d v in besonderem Maße zu beachtenden Vertragsgefahr (Anm. F 18) hat der Ver hier ein erhebliches Interesse an der ÜberK282

Wriede

III. Nach Beginn des Vsfalls 5. Schadensminderung

Anm. |F 63]

prüfung der Frage, ob die vom Vmer behauptete und durch ärztliche Bescheinigung zu belegende (§§5 (2)b GrB KT, 4 (7) MB KT) Arbeitsunfähigkeit besteht, den Voraussetzungen der §§5 ( l ) a S . 2 GrB KT, 1 (3) MB KT entspricht und die behauptete Dauer hat. In diesem Vszweig sind daher zeitnahe Nachuntersuchungen häufiger anzutreffen, zumal der Ver wegen der Bindungswirkung der vorzulegenden Nachweise regelmäßig daran gehindert ist, das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit nachträglich in Zweifel zu ziehen (vgl. Anm. F 61). Die weitere in §§ 5 ( l ) a S. 2 GrB KT, 1 (3) MB KT aufgeführte Voraussetzung der tatsächlichen Nichtausübung beruflicher Tätigkeit (über deren rechtlichen Charakter als Obliegenheit vgl. Anm. F 63) unterliegt nicht ärztlicher Kontrolle durch Nachuntersuchung. Insoweit kann der Ver nur eigene Ermittlungen, z. B. durch Krankenbesucher und durch das Verlangen nach weiteren Auskünften gemäß §§ 5 (2)d GrB KT, 9 (2) MB KT anstellen. B e l a s t e t m i t d e r U n t e r s u c h u n g s o b l i e g e n h e i t ist der Vmer und in einer V für fremde Rechnung der Vte (Anm. F 5). Wird die Untersuchung einer Gefahrsperson gefordert, die weder Vmer noch Vter ist, und verweigert sie ihre Durchführung, so ist dieses Verhalten im Rahmen des § 6 III dem Vmer oder Vten zuzurechnen je nachdem, welchem von ihnen die Gefahrsperson zugeordnet ist (Anm. F 5). Die K o s t e n e i n e r N a c h u n t e r s u c h u n g hat der Ver zu tragen (vgl. Anm. F 61). Die Durchführung der Nachuntersuchung setzt das E i n v e r s t ä n d n i s des Betroffenen mit der Untersuchung und die E n t b i n d u n g des Arztes v o n d e r S c h w e i g e p f l i c h t voraus. Problematisch ist hier, wie im Rahmen des § 6 III eine Weigerung zu werten ist. Der Ver wird sich bei seiner Aufforderung hierzu regelmäßig auf die betreffende Bestimmung der AVB beziehen und auch die nach der Rechtsprechung erforderliche Belehrung hinzufügen. Eine Weigerung wird daher zumeist als vorsätzlich zu beurteilen sein. Andererseits wird sie von dem Recht des Betroffenen auf Wahrung seiner Intimsphäre gedeckt und ist daher nicht eo ipso vertragswidrig wie etwa das Unterlassen einer Anzeige. Das ist sie nur dann, wenn auf diese Weise ein objektiv nicht begründetes Leistungsverlangen kaschiert werden soll, z. B. die behauptete Arbeitsunfähigkeit in Wahrheit nicht besteht. Das kann der Ver „nach Aktenlage" nicht abschließend beurteilen. Man wird die Weigerung aber regelmäßig als relevanten Verstoß bewerten müssen. Denn wer einen Krankenvsvertrag abschließt, muß sich darüber klar sein, daß der Ver im Zweifelsfall seine Leistung von einer Nachuntersuchung abhängig machen kann und dazu im Interesse der Gesamtheit seiner Vmer auch verpflichtet ist. Die Weigerung wird daher zumeist zur Leistungsverweigerung führen. — Ein nachträgliches Einverständnis ist als unerheblich angesehen worden, da die Leistung bereits verwirkt worden sei (LG Köln 12. VI. 1970 VersR 1970 S. 1026, 1027; vgl. auch LG Berlin 6. VI. 1985 VersR 1986 S. 135 f. mit kritischer Anm. von Bach). Das mag dann gelten, wenn es auf eine zeitnahe Untersuchung ankommt. Wenn es jedoch z. B. um die Feststellung und Bewertung von chronischen Krankheiten oder Anomalien geht, wird man diese Einschränkung nicht machen können. [F 63] 5. Schadenminderungsobliegenheiten Hier ist zunächst auf die Ausführungen in Anm. F 46 über die Abwendungsobliegenheiten zu verweisen, die im Gesetz und in § 5 (2) a GrB KK und KH in e i n e r Bestimmung geregelt werden. Die gesetzliche Minderungsobliegenheit des § 62 I (für die Schadensv) wird in § 5 (2)a GrB KK and KH ausdrücklich erwähnt und— trotz eigenständiger Regelung in Wriede

Κ 283

Anm. [F 63]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

§ 62 II — hinsichtlich der Verletzungsfolgen dem § 6 III unterstellt. Darauf wurde bereits in Anm. F 46 eingegangen. Die MB KK enthalten keine vergleichbare Bestimmung. Auf die K r a n k h e i t s k o s t e n v ist § 62 unmittelbar anwendbar (Anm. A 15 S. Κ 6). Seine Bedeutung ist aber, wie a. a. O. ausgeführt, nicht erheblich. Die Minderungsobliegenheit ist zu beachten, nachdem der Vsfall begonnen hat, sei es auch nur eine „logische Sekunde" zuvor. Sie greift mithin nicht schon ein, wenn eine Gefahrsperson, die sich unwohl fühlt oder etwa einen vermeintlich leichten Unfall erlitten hat, überlegt, ob sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen soll. Unterläßt sie das zunächst und entstehen deswegen später höhere Aufwendungen, so ist die Obliegenheit nicht verletzt. Der Vsfall beginnt, sobald die vte Gefahr Wirklichkeit wird (Anm. G 38). Das setzt in der Krankheitskostenv voraus, daß die „medizinisch notwendige Heilbehandlung" beginnt. Das ist der Fall, wenn diese Behandlung u. a. wissenschaftlichen Anforderungen entspricht (vgl. im einzelnen Anm. G 8). Mit Beginn einer dem nicht gerecht werdenden Behandlung liegt kein Vsfall vor. Ebenso gehört eine dieser Qualifikation ermangelnde später gewählte Behandlungsmethode nicht in den Rahmen eines schon bestehenden Vsfalls. Daher kommt dann die Betätigung der Minderungsobliegenheit — wenn etwa dieser Mangel vom Vmer erkannt und gebilligt oder von ihm grobfahrlässig verkannt wird — nicht in Betracht. Das kann Konsequenzen für die Darlegungs- und Beweislast haben. Bei Geltung der MB KK hat nämlich der Ver gemäß § 5 (1) f. zu beweisen, daß die (nachgewiesene) Behandlung nicht wissenschaftlichen Anforderungen genügt. Insoweit läuft daher § 62 leer (Anm. G 8). Im Rahmen der NoB und der GrB KK und KH hat dagegen der Vmer auch diese Voraussetzung seines Leistungsanspruchs zu belegen. Der Vmer hat „nach M ö g l i c h k e i t " für die Minderung des Schadens zu sorgen. Die Bedeutung dieser Worte ist umstritten. Man wird sie im Anschluß an Möller (Bd. II Anm. 33 zu § 62 S. 640 — 642) dahin zu verstehen haben, daß der Vmer das nach den Umständen des Falles, insbesondere auch unter Berücksichtigung der mit dem Eintritt von Krankheiten oder Unfällen vielfach verbundenen Aufregungen, Zumutbare und Angemessene zur Geringhaltung der Aufwendungen vorzunehmen hat. Dabei ist auf die Situation und die Umstände abzustellen, die dem Vmer zur Zeit des Beginns des Vsfalls oder während seiner Dauer, etwa bei einer Änderung der Therapie, ohne grobe Fahrlässigkeit erkennbar oder bekannt werden, wobei der Rat der hinzugezogenen Ärzte von wesentlicher Bedeutung ist. Eine Beurteilung aufgrund nachträglich erlangter umfassenderer oder besserer Erkenntnisse, die eine Minderung möglich gemacht hätten, kommt nicht in Betracht (BGH 12. VII. 1972 VersR 1972 S. 1039, 1040; OLG Hamburg 24. VIII. 1977 VersR 1978 S. 814, 815). Bei alledem ist der Vmer gehalten, die Entwicklung des Schadens nicht mit Blick auf den bestehenden Vsschutz gleichsam sich selbst zu überlassen (BGH a. a. O.). Die Minderungspflicht besteht nicht, wenn die möglichen Maßnahmen dem Vmer zwecklos erscheinen konnten (OLG Düsseldorf 8. X. 1974 VersR 1975 S. 462 f.). Die Minderungsobliegenheit kann im Verlauf einer Heilbehandlung s o w o h l d u r c h U n t e r l a s s e n gebotener Maßnahmen verletzt werden als a u c h d u r c h ein Tun. Ein Unterlassen kann ζ. B. vorliegen, wenn ein Patient aus medizinisch nicht vertretbaren Gründen den Behandler wechselt, seinen Weisungen nicht folgt und damit den Heilungsprozeß verzögert oder gar unmöglich macht (LG Karlsruhe 12. VII. 1951 VersR 1951 S. 266), wenn er sich weigert, eine nach medizinischen Grundsätzen gebotene und ihm zumutbare Operation vornehmen zu lassen, die sichere Aussicht auf Heilung oder wesentliche Besserung und damit künftige Verringerung von Behandlungskosten verspricht (OLG Düsseldorf 19. XII. 1974 VersR K284

Wriede

III. Nach Beginn des Vsfalls 5. Schadensminderung

Anm. [F 63]

1975 S. 1031 f.; LG Stuttgart 25. VII. 1979 VersR 1980 S. 161; LG Deggendorf 26. V. 1987 RuS 1987 S. 297 für die Unfallv; vgl. auch Bd. V I I Anm. F 52 S. 239 — 241 für die Unfallv) oder wenn er die Leistungszusage eines Dritten, z. B. eines Sozialvsträgers ausschlägt, obwohl ihm ihre Inanspruchnahme nach den ganzen Umständen zumutbar gewesen wäre (vgl. den Sachverhalt in der Entscheidung des LG Köln 24. V. 1976 VersR 1978 S. 224, das diesen Gesichtspunkt - von seinem Standpunkt aus mit Recht — nicht geprüft hat). A k t i v e s H a n d e l n kommt in Betracht, wenn sich der Vmer mit einer kostspieligeren Behandlungsmethode anstelle einer gleichfalls erfolgversprechenden, billigeren einverstanden erklärt, und er dies erkennt oder grobfahrlässig verkennt. Entsprechendes gilt, wenn der Behandler den Abschluß einer nach Sachlage unangemessenen Gebührenvereinbarung (§§ 2 GOÄ, 2 GOZ) fordert. Vielfach wird jedoch, wenn die Sorge um die eigene Gesundheit oder die eines Angehörigen im Vordergrund steht, ein Ü b e r m a ß an vermeintlich geeigneten Gegenmaßnahmen ergriffen, die in diesem Umfang objektiv nicht erforderlich waren, so wenn anstelle einer ambulanten sogleich eine stationäre Behandlung gewählt, ein teureres statt eines billigeren Medikaments mit vergleichbarem Wirkungsgrad verlangt, der Patient in ein weiter entferntes statt in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht wird, so daß höhere Transportkosten entstehen, obwohl der Befund dazu keinen Anlaß gibt. Ferner kann ein Verstoß gegen die Minderungsobliegenheit vorliegen, wenn gleichzeitig mehrere Behandler wegen desselben Leidens konsultiert werden. Sie kann auch verletzt werden, wenn nach einem Unfall versäumt wird, Namen und Anschrift des hierfür Verantwortlichen und von Zeugen festzustellen oder auf Ansprüche gegen jenen verzichtet wird. Das gilt auch noch für die Zeit nach erfolgter Leistung des Vers, wenn sich etwa nachträglich herausstellt, daß Regreßansprüche bestehen, deren Sicherung unterlassen wurde (ÖOGH 19. IV. 1979 VersR 1980 S. 591 f.). Das B e f o l g e n von W e i s u n g e n des Vers kann in der PKV dann in Betracht kommen, wenn der Abschluß einer Honorarvereinbarung gemäß §§ 2 GOÄ, 2 GOZ in Frage steht oder es sich um langandauernde Behandlungen handelt und Zweifel darüber auftauchen, ob die angewandte Therapie sachgerecht ist. In solchen Fällen kann der Vmer auch seinerseits gehalten sein, den Ver um Weisungen zu ersuchen. Im übrigen kann das Erteilen von Weisungen dem Prinzip der freien Arztwahl zuwiderlaufen (Anm. A 15 S. Κ 6). Soweit danach objektiv ein Verstoß anzunehmen ist, schaden dem Vmer nur V o r s a t z o d e r g r o b e F a h r l ä s s i g k e i t , letztere auch nur wegen der durch die Obliegenheitsverletzung entstandenen Mehrkosten (§ 62 II). Das Verschulden des Vmers setzt Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Vsfalls voraus. Bei der Krankenfremdv wird die Kenntnis und das Verhalten der dritten Gefahrsperson dem Vmer bzw. dem Vten zugerechnet (vgl. Anm. F 5). Wenn jedoch von einer Gefahrsperson mangels Einsichtsfahigkeit — ζ. B. bei einem Kind, das sich in einem Kinderheim befindet — ein schadenminderndes Verhalten nicht erwartet werden kann, entfallt das Verschulden des Vmers/Vten. Dieser muß sich insoweit entlasten. Gelingt ihm das nicht, so daß sein Vorsatz zu vermuten ist, so soll nach der Entscheidung des BGH (30. IV. 1969 BGHZ Bd. 52 S. 91) gleichwohl nur die für den Fall grober Fahrlässigkeit vorgesehene Regelung gelten (vgl. dazu im einzelnen Bd. II Anm. 3 8 - 4 0 zu § 62 S. 645-648 und Anm. F 64). Bei der Beurteilung der Verschuldensfrage wird, soweit es dabei auf medizinische Fragen ankommt, die dem Patienten von seinem Arzt zuteil gewordene Beratung von wesentlicher Bedeutung sein. Liegt kein relevanter Verstoß gegen §62 II vor und hat die Befolgung der Obliegenheit A u f w e n d u n g e n für den Vmer/Vten ausgelöst, die er „ d e n U m Wriede

Κ 285

Anm. [F 63]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

s t ä n d e n n a c h f ü r g e b o t e n h a l t e n d u r f t e " , so ist der Ver gemäß §63 11 im Rahmen des Vertrages zum Ersatz verpflichtet. Solche Kosten können z. B. entstehen, wenn ein Vmer, der im Ausland wegen eines Unfalls stationär behandelt werden muß, sich zur Abkürzung dieser Behandlung zur ambulanten Versorgung an seinen Heimatort bringen läßt. Amtsgericht Hamburg (18. III. 1983 VersR 1984 S. 1084) hat die Erstattung der für den Transport entstandenen Aufwendungen abgelehnt, weil das medizinisch nicht indiziert gewesen sei, wie in den AVB vorausgesetzt werde. Es hat den Anspruch nicht nach § 62 II geprüft. Möglicherweise handelte es sich auch bei dem zugrundeliegenden Vertrag um eine Summenv, auf die diese Norm nicht anzuwenden war. Wenn der Ver Weisungen erteilt hat, besteht diese Verpflichtung auch darüber hinaus (S. 2 a. a. O.). S. 1 a. a. O. begrenzt die ohne Weisungen des Vers gemachten Aufwendungen zusammen mit den eigentlichen Vsleistungen auf die Vssumme, die in der PKV in aller Regel nicht oder doch nur für einzelne Leistungsgruppen — z. B. Heilmittel, Zahnersatz — vorgesehen ist. Soweit daher die Aufwendungen unter den Leistungskatalog des betreffenden Tarifs subsumiert werden können, unterfallen sie zusammen mit den übrigen Leistungen den tariflichen Beschränkungen, sind also z. B. bei der Selbstbeteiligung oder den Höchstsätzen mit anzurechnen. Unklar ist die Begrenzung der Aufwendungen, die nicht unter die Begriffsmerkmale der Tarifpositionen passen, so z. B. die Kosten der Ermittlung des für einen Unfall Verantwortlichen. Hier wird man sich in der Weise helfen können, daß sie anteilig auf die Leistungspositionen angerechnet werden, zu deren Minderung sie dienen sollten. Für die v e r t r a g l i c h e Minderungsobliegenheit des § 5 (2)a GrB KH sind hinsichtlich der Krankenhaustagegeldv — vertraglich deswegen, weil § 62, auf den verwiesen wird, nur für die Schadensv gilt — die vorstehenden Erwägungen in gleicher Weise anzuwenden. Die zusätzliche Verweisung auf § 6 III hat — anders als im Falle der Abwendungsobliegenheit, vgl. Anm. F 46 — keine darüber hinausgehende Bedeutung, weil die Rechtsfolgen in §§ 6 III und 62 II praktisch identisch sind. Fraglich ist jedoch, ob auch § 63 analog anzuwenden ist. Das muß jedenfalls dann angenommen werden, wenn der Ver Weisungen erteilt hat, die Aufwendungen ausgelöst haben, andernfalls besteht dafür kein Anlaß. Für eine Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) ist angesichts der Sonderregelung des § 5 (2) a GrB KK kein Raum. Die in §§ 5 (2)a GrB KT, 9 (4) MB KT f ü r die K r a n k e n t a g e g e l d v enthaltene Obliegenheit, nach der die „vte Person" für die Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit zu sorgen, insbesondere die Vorschriften des Arztes gewissenhaft zu befolgen und alles zu unterlassen hat, was der Genesung hinderlich ist, weicht trotz ihres andersartigen Wortlauts sachlich nur insoweit von § 62 I ab, als der Vmer nicht gehalten ist, Weisungen des Vers nachzukommen oder solche gar einzuholen. Das ist angesichts der in diesem Vszweig besonders hohen Vertragsgefahr auffallig, begibt sich der Ver doch damit einer Einwirkungsmöglichkeit auf den Genesungsprozeß, wenn ihm die ärztliche Behandlung und damit die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bedenklich erscheinen, zumal auch die Feststellungen des von ihm eingeschalteten Vertrauensarztes ihm keine Handhabe bieten, auf die Behandlung Einfluß zu nehmen. Nach § 4 (5) MB KT setzt die Zahlung des Tagegeldes v o r a u s , d a ß w ä h r e n d der D a u e r d e r A r b e i t s u n f ä h i g k e i t eine H e i l b e h a n d l u n g (wegen der die Arbeitsunfähigkeit bedingenden Krankheit) s t a t t f i n d e t . Diese als Tatbestandsmerkmal oder Risikoausschluß konzipierte Klausel beinhaltet in Wahrheit eine (verhüllte) Obliegenheit zur Schadensminderung. Sie stimmt der Sache nach mit § 9 (4) MB KT überein und unterliegt daher §6 III (so mit Recht OLG Stuttgart 28. VII. 1988 VersR 1989 S. 43; insoweit unrichtig LG Karlsruhe 30.1.1986 VersR K286

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III. Nach Beginn des Vsfalls 5. Schadensminderung

Anm. |F 63]

1987 S. 759 — die von ihm zitierten höchstrichterlichen Entscheidungen betreffen nicht § 4 (5) MB KT sondern § 4 (5) MB KK ! vgl. auch Anm. G 50; zweifelnd BachMoser Rz 16 zu § 4 MB KT). Zweifelhaft ist die rechtliche Einordnung des § 1 (3) letzter Hs MB KT. Hier wird bei der Definition der Arbeitsunfähigkeit außer auf objektive Merkmale (dazu Anm. G 50) darauf abgestellt, daß die G e f a h r s p e r s o n weder ihre b e r u f l i c h e T ä t i g k e i t a u s ü b t n o c h einer a n d e r w e i t i g e n E r w e r b s t ä t i g k e i t n a c h g e h t . Der BGH (29. VI. 1977 VersR 1977 S. 833 f.) hat für eine ähnliche Bestimmung angenommen, daß insoweit eine Obliegenheit vorliegt. Er hat sich dabei allerdings wesentlich auf eine weitere Vorschrift der dortigen AVB gestützt, wonach die Gefahrsperson verpflichtet war, keine auf Erwerb gerichtete oder der Genesung hinderliche Arbeit auszuführen. § 9 (4) MB KT besagt im Grunde nichts anderes, wenn er fordert, daß die Gefahrsperson für die Wiederherstellung ihrer Gesundheit sorgen soll; lediglich eine anderweitige Erwerbstätigkeit wird hier nicht erwähnt. Das steht schon in § 1 (3) MB KT. Da es nach h. A. (vgl. Anm. F 47) bei Prüfung der Frage, ob eine Obliegenheit oder ein Risikoausschluß vorliegt, nicht darauf ankommt, in welchem Zusammenhang die betreffende Norm in die AVB eingeordnet ist, kann diese Aufteilung der Verhaltensnormen nicht der Annahme entgegenstehen, daß auch die negative Tätigkeitsklausel als Obliegenheit zu qualifizieren ist. Sie verfolgt einen doppelten Zweck: Es soll in erster Linie verhindert werden, daß durch die (anderweitige) Erwerbstätigkeit die Genesung verzögert wird. Ferner soll für die Gefahrsperson oder den Vmer dem Anreiz entgegengewirkt werden, trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit noch einen Verdienst zu erzielen, was leicht dazu führen kann, daß diese als länger dauernd vorgetäuscht wird. Es liegt m. a. W. auch hier eine schadenmindernde Obliegenheit vor (ebenso BGH 3. X. 1984 VersR 1985 S. 54, 55), auf die § 6 III anzuwenden ist. Gelegentlich kann indessen die Aufnahme oder Fortsetzung einer gewissen — u. U. auch entgeltlichen — Beschäftigung einen günstigen Einfluß auf den Genesungsprozeß ausüben, so ζ. B. bei psychischen Erkrankungen. Ergibt die medizinische Beurteilung, daß eine solche „Arbeitstherapie" angezeigt ist, wird man keinen Verstoß gegen diese Obliegenheit annehmen können (ebenso BGH a. a. O.). Daraus, daß § 9 (4) MB KT noch eine gesonderte Minderungsobliegenheit enthält, kann entgegen Bach-Moser (Rz 18 zu § 1 MB KT) nicht entnommen werden, daß es sich in § 1 (3) letzter Hs. MB KT auch nur um eine Begrenzung der primären Gefahrumschreibung handelt. Gemäß § 5 (l)f. S. 2 MB KT soll bei a u ß e r h a l b des W o h n s i t z e s in Deutschland a u f t r e t e n d e r A r b e i t s u n f ä h i g k e i t dann kein Anspruch auf Krankentagegeld bestehen, wenn oder sobald die Gefahrsperson in der Lage ist, nach dorthin zurückzukehren, dies aber unterläßt. Darin liegt eine (verhüllte) nach Beginn des Vsfalls zu erfüllende Verhaltensnorm und damit eine Obliegenheit, deren Nichtbefolgen mit Leistungsfreiheit bedroht ist. Ihre sachliche Berechtigung ist zumindest teilweise zweifelhaft. Der Ver hat zwar ein anzuerkennendes Interesse daran, das Vorliegen der behaupteten Arbeitsunfähigkeit von vornherein zu kontrollieren und dazu von den Befugnissen des § 9 (2) und (3) MB KT Gebrauch zu machen. Das kann aber — jedenfalls in der Bundesrepublik Deutschland — an jedem anderen Ort in gleicher Weise wie am Wohnsitz geschehen. Die Beschränkung erscheint daher in diesem Falle im Sinne des § 9 (1) (2) Ziff. 2 AGBG entgegen Treu und Glauben unangemessen, da dem Vertragszweck zuwiderlaufend. Anders kann es sein, wenn der reisefahige Arbeitsunfähige sich in der DDR aufhält. Soweit die Bestimmung danach wirksam ist, gilt § 6 III VVG (vgl. Anm. F 64). Im Rahmen der K r a n k e n h a u s t a g e g e l d v nach den MB KK ist, wie schon in Anm. F 46 für die Abwendungspflicht festgestellt, keine Minderungsobliegenheit Wriede

Κ 287

Anm. [F 64]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

vorgesehen. Hier kann der Ver sich bei übermäßig erscheinender Inanspruchnahme nur mit der Übermaßklausel gemäß § 5 (2) MB KK oder dem Einwand wehren, daß die stationäre Behandlung medizinisch nicht oder nicht mehr notwendig sei (§ 5 (l)f. MB KK — vgl. Anm. G 33). Gegen Verzögerungen etwa durch Mißachtung ärztlicher Weisungen bleibt ihm allenfalls der Einwand des Rechtsmißbrauchs in Analogie zu §162 BGB, was zu einer Kürzung der Tagegeldleistungen führen kann. [F 64] 6. Rechtsfolgen bei Verletzung der nach Eintritt des Vsfalls zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheiten Schrifttum: Baumgärtel VersR 1968 S. 8 1 8 - 8 2 0 ; Hofmann VersR 1977 S. 781 - 7 8 4 ; Hüffer VersR 1974 S. 6 1 7 - 6 2 4 ; Möller FS Klingmüller 1974 S. 3 0 1 - 3 1 6 ; Prölss-Martin Anm. 9 C zu § 6, Anm. 3 C zu § 34; Sieg ZVersWiss 1973 S. 437 - 4 4 9 ; Zuther VersR 1974 S. 6 3 0 - 6 3 2 .

Diese Rechtsfolgen sind in den AVB unterschiedlich geordnet. Sie unterliegen den einschränkenden, halbzwingenden (§ 15 a) Bestimmungen des § 6 III. Danach ist eine für diesen Fall getroffene Vereinbarung über Leistungsfreiheit nur bei vorsätzlichem oder grobfahrlässigem Verstoß zulässig, im letzteren Fall darüber hinaus auch nur insoweit, als die Zuwiderhandlung Einfluß auf die Feststellung des Vsfalls, die Leistung des Vers und ihren Umfang gehabt hat. Zum Begriff des V o r s a t z e s und der g r o b e n F a h r l ä s s i g k e i t bei Obliegenheitsverletzung vgl. Bd. I Anm. 28 bzw. 31 zu § 6 S. 197 f. Grobe Fahrlässigkeit ist z. B. in der Regel anzunehmen, wenn der Vmer sich nach Eintritt eines Vsfalles nicht an Hand der AVB über die ihn jetzt treffenden Verhaltensnormen unterrichtet, um Nachteile zu vermeiden (z. B. OLG Hamm 3. XI. 1972 VersR 1973 S. 339, 341; weitere Nachweise bei Prölss-Martin Anm. 12 zu § 6). Insofern wird die Rechtslage in Literatur und Rechtsprechung allgemein anders beurteilt als im Zusammenhang mit Obliegenheiten, die vor Eintritt des Vsfalls zu beachten sind (vgl. dazu Anm. F 52). Das dürfte auch berechtigt sein. Denn der Beginn eines Vsfalls stößt den Vmer gleichsam „mit der Nase" darauf, daß er, wenn er sich deswegen an seinen Ver wenden will, eine mehr oder minder große Anzahl von Regeln zu beachten hat. Eine solche Einsicht dürfte heute allgemeiner Lebenserfahrung entsprechen. Ihre Vernachlässigung verstößt daher im Sinne der von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze (vgl. z. B. Palandt-Heinrichs Anm. 2 a zu § 277) gegen einfachste, ganz naheliegende Überlegungen und ist als grobfahrlässig zu bewerten. Eine schuldhafte Obliegenheitsverletzung kann in der Regel nicht mehr in Betracht kommen, nachdem der Ver seine Leistungspflicht endgültig abgelehnt hat (BGH 7. XI. 1966 VersR 1967 S. 27, 28; Bd. I Anm. 36 zu § 6 S. 199). Die das Blankett des § 6 III ausfüllenden AVB-Bestimmungen, die bei V o r s a t z L e i s t u n g s f r e i h e i t vorsehen, sind in Literatur und Rechtsprechung Gegenstand lebhafter Erörterung darüber, ob diese Rechtsfolge auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Verstoß keinen Einfluß auf die Feststellung des Vsfalls, auf die Leistung des Vers und deren Umfang gehabt hat, der zugrunde liegende Sachverhalt als solcher vielmehr seine Haftung ohne weiteres begründet (vgl. die Nachweise bei Prölss-Martin Anm. 9 C a zu § 6). So wird von einigen die Leistungsfreiheit dann als gerechtfertigt angesehen, wenn das dem Präventions- und Garantiezweck der Klausel entspricht (PrölssMartin a. a. O.). Andere wollen in solchen Fällen die Leistungsverweigerung als rechtsmißbräuchlich ansehen. Der Mißbrauch könne entweder darin liegen, daß die Klausel „zu weit" geraten und daher im Wege der Inhaltskontrolle zu reduzieren sei oder ihre Anwendung sich im konkreten Fall als mißbräuchlich erweise (Hüffer a. a. O. S. 621 ff.). Sinnvoll sei die Verwirkung nur, wenn es der Schutz des Vers und die durch ihn repräsentierte Vtengemeinschaft erfordere und dadurch verhindert werde, daß die redlichen Vmer gegenüber unlauteren ins Hintertreffen gerieten. Sieg K288

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III. Nach Beginn des Vsfalls 6. Rechtsfolgen bei Verletzung

Anm. |F 64]

(a. a. O. S. 447 ff.) lehnt den Präventionsgedanken ab und rechtfertigt die Verwirkung als Sanktion für das die Vtengemeinschaft schädigende Verhalten des Einzelnen. Der BGH hat seit der Entscheidung vom 5. V. 1969 (VersR 1969 S. 651, 652) in ständiger und später vertiefter Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, daß die strikte Anwendung der Verwirkungsfolge zwar nach § 6 III zulässig ist, aber zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen führt, wenn die Interessen des Vers durch den Verstoß in keiner Weise berührt werden. Aber auch dann, wenn eine solche Verletzung vorliegt, soll er leistungspflichtig bleiben, wenn die Verwirkung in keinem vertretbaren Verhältnis zur Bedeutung des Verstoßes steht (16.1.1970 VersR 1970 S. 241). In der weiteren Entwicklung dieser Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Hüffer a. a. O. S. 617; Prölss-Martin Anm. 9 C a zu § 6) sind diese Thesen in die Formel gebracht worden, daß die V e r w i r k u n g n u r g e r e c h t f e r t i g t ist, w e n n die O b l i e g e n h e i t s v e r l e t z u n g g e n e r e l l geeignet ist, die b e r e c h t i g t e n I n t e r e s s e n des Vers zu g e f ä h r d e n u n d (zusätzlich) dem Vmer ein e r h e b l i c h e s V e r s c h u l d e n (im Rahmen von Vorsatz) z u r L a s t f ä l l t (13. VII. 1977 VersR 1977 S. 1021; 24. VI. 1982 VersR 1982 S. 182, 183; 13. IV. 1983 VersR 1983 S. 675 a. E). Diese zunächst für die Kraftfahrzeughaftpflichtv entwickelten Grundsätze (sog. Relevanzrechtsprechung) sind später auch auf andere Schadensvsverträge und die Unfallv angewandt worden (vgl. die vorstehend zitierten Urteile und ferner OLG Köln 7. VI. 1984 VersR 1986 S. 544 f.; OLG Saarbrücken 18. VI. 1985 VersR 1987 S. 98; OLG Köln 10. XI. 1986 RuS 1987 S. 82; OLG Koblenz 12. XII. 1986 RuS 1987 S. 144). Soweit danach der vorsätzliche Verstoß keine Verwirkung zur Folge hat, soll die Kausalitätsregel wie im Falle grobfahrlässigen Verhaltens des Vmers gelten (BGH 16.1.1970 VersR 1970 S. 242). Möller (a. a. O. S. 302 f.) hat diese Rechtsprechung als contra legem gerichtet scharf kritisiert. Eine Gesetzeswidrigkeit liegt jedoch nicht vor. § 6 III schreibt nicht zwingend vor, daß ein vorsätzlicher Verstoß Leistungsfreiheit bewirken muß. Vielmehr wird nur eine entsprechende Vereinbarung, insbesondere also eine dahingehende Bestimmung der AVB, für zulässig erklärt. Diese unterliegen — zunächst nach der Rechtsprechung, jetzt gemäß § 8 AGBG — der richterlichen Inhaltskontrolle (Ulmer-Brandner-Hensen Rz 28 f. zu § 8, Rz 38 f. zu § 9). Richtig sind allerdings die von Möller hervorgehobenen Bedenken gegen die vom BGH vorgenommene Aufspaltung des Vorsatzbegriffs in einen erheblichen und unerheblichen Teil. Das führt zu Rechtsunsicherheit. Die Meinung des BGH hat sich indessen auch bei den Instanzgerichten als herrschend durchgesetzt (vgl. die Nachweise bei Prölss-Martin Anm. 9 C a zu § 6). Sie wird auch für die PKV anzuwenden sein. Hinsichtlich der dem Vmer auferlegten A u s k u n f t s o b l i e g e n h e i t e n im Sinne des § 34 macht der BGH in ständiger Rechtsprechung zur Haftpflicht- und Sachv (zuletzt 13. IV. 1983 VersR 1983 S. 674, 675; vgl. im übrigen die Nachweise bei Prölss-Martin Anm. 3 C zu §34) die Leistungsfreiheit bei v o r s ä t z l i c h e m Verstoß von einer vorherigen ausdrücklichen, unmißverständlichen B e l e h r u n g darüber abhängig, daß diese Rechtsfolge auch bei Folgenlosigkeit des Verstoßes eingreife. Das Fehlen der Belehrung ist unerheblich, wenn der Verstoß ohnehin ursächlich war für die Feststellung des Vsfalls, die Leistungspflicht des Vers und/oder ihres Umfangs (BGH 17.1.1973 VersR 1973 S. 217). Das gilt auch bei arglistiger Verletzung der Auskunftsobliegenheit, da unredliches Vorgehen des Vmers nicht honoriert werden darf. Fehlt die Belehrung, so soll die Verschuldensvermutung des § 6 III 1 nicht bestehen. Auf die Ausnahmeregel des § 6 III 2 hat die Belehrung keinen Einfluß (BGH a. a. O.). Der BGH hat den „eigentlichen Grund" für diese Rechtsprechung „in einer gerechten Abwägung der schutzwürdigen Interessen beider Vertragsteile" gesehen. Wriede

Κ 289

Anm. (F 64]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Der Ver sei dem Vmer im allgemeinen geschäftlich und vstechnisch überlegen und müsse darum auf dessen Belange immer dort so weit wie möglich Rücksicht nehmen, wo der Vmer wegen seiner geringeren Vertrautheit mit dem Vswesen erfahrungsgemäß Gefahr laufe, den Vsschutz zu verlieren (BGH 30. XI. 1977 VersR.1978 S. 121, 122). In früheren Entscheidungen, insbesondere zur Haftpflichtv, ist auf die oft existenzbedrohende Folge einer Leistungsverweigerung hingewiesen worden. Auf diesen Gesichtspunkt ist der BGH in den jüngeren Urteilen nicht mehr zurückgekommen. Es würde auch zu einer beträchtlichen Rechtsunsicherheit führen, wollte man im Einzelfall darauf abstellen, ob eine solche Folge zu erwarten ist. Jene Erwägungen des BGH, die zur Anwendung der Grundsätze über die Belehrungspflicht auch auf die Sachv geführt haben, treffen in gleicher Weise auf die PKV, hier insbesondere auf die Tagegeldv (Näheres dazu weiter unten), zu. Sie sind daher auch hier heranzuziehen (ebenso für die Unfallv OLG Stuttgart 24. VI. 1975 VersR 1979 S. 366, 367; OLG Köln 7. VI. 1984 VersR 1986 S. 544; Prölss-Martin Anm. 2 zu § 17 AUB). Eine Belehrung kommt nur bei vom Ver geforderten Auskünften, aber nicht bei spontan zu erfüllenden Anzeigeobliegenheiten in Betracht. Hiervon ausgehend sind die einschlägigen Bestimmungen der hier erläuterten AVB zu prüfen: Leistungsfreiheit bei V e r l e t z u n g d e r A n z e i g e o b l i e g e n h e i t gemäß § 14 Ziff. 2 b) NoB soll nach Ziff. 3 a. a. O. nicht gegeben sein, wenn der Verstoß weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Das entspricht § 6 III 1; S. 2 wird nicht erwähnt, weil diese Bestimmung bei Abfassung der NoB in den Jahren 1932/3 (vgl. Anm. A 38 S. Κ 12 f.) noch nicht galt, sondern erst durch VO vom 28. XII. 1942 eingefügt worden ist. Sie ist gleichwohl anzuzwenden (§ 15 a). Aber auch mit dieser Einschränkung wird die vorgesehene Leistungsfreiheit angesichts der oben dargestellten Inhaltskontrolle der NoB kaum jemals eintreten können, da regelmäßig keine Gefährdung der Interessen des Vers angenommen werden kann, wenn eine a u s w ä r tige Erkrankung einer Gefahrsperson nicht fristgerecht angezeigt wird. Denn es ist nicht erkennbar, welcher Unterschied insoweit gegenüber einer (nicht anzeigepflichtigen) Erkrankung am Wohnsitz bestehen soll. Die in den GrB KK u. KH und MB KK enthaltene Obliegenheit, eine stationäre Behandlung binnen 10 Tagen anzuzeigen (§§ 5 (2)b GrB KK u. KH, 9 (1) iVm 10 (1) MB KK) unterliegt hinsichtlich der angedrohten teilweisen bzw. vollständigen Leistungsfreiheit den gleichen Beschränkungen. Hier ist es indessen schon eher als bei der vorstehend behandelten Obliegenheit der NoB denkbar, daß ein Verstoß die Interessen des Vers berührt. Er kann dazu führen, daß der Ver gehindert wird, alsbald Auskünfte über die medizinische Notwendigkeit der stationären Behandlung einzuholen und dabei Untersuchungen zu veranlassen, die später, bei verändertem Gesundheitszustand ausgeführt, kein zutreffendes Bild über den Befund im relevanten Zeitpunkt mehr geben würden. Es ist jedoch nicht sachgerecht, daß die Leistungspflicht des Vers bei verspäteter Anzeige der Krankenhausbehandlung vollen Umfangs entfallen soll (§ 10 (1) MB KK). Vielmehr erscheint die Lösung des § 5 (2)b S. 2 GrB KH angemessen, wonach Leistungen vom Tage des Zugangs der Anzeige an gewährt werden. Bei langandauernder stationärer Behandlung kann die Ablehnung des Vers sehr schwerwiegende wirtschaftliche und auch gesundheitliche Konsequenzen haben. Schutzwürdige Interessen des Vers erfordern das nicht. Er kann bei verspäteter Anzeige ohne weiteres nachprüfen, ob zu diesem Zeitpunkt die Behandlung medizinisch noch notwendig war. Die Bestimmung dürfte daher im Wege der Inhaltskontrolle in diesem Sinne zu reduzieren sein (§ 9 (1) AGBG, vgl. BGH 1. II. 1984 BGHZ Bd. 90 S. 69, 81 f.). Das gilt selbstverständlich nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 III. Hat daher der Vmer die Anzeige nebst Bescheinigung so auf den Weg gebracht, daß

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Wriede

III. Nach Beginn des Vsfalls 6. Rechtsfolgen bei Verletzung

Anm. [F 64]

er nach dem gewöhnlichen Postlauf mit fristgerechtem Eingang beim Ver rechnen konnte, liegt kein Verschulden vor. Im Falle grober Fahrlässigkeit wird er den Gegenbeweis mangelnder Kausalität in der Regel nicht führen können, wenn der Fall aus der (verständigen) Sicht des Vers eine sofortige Nachuntersuchung geboten hätte, die nicht durch spätere Begutachtung ersetzt werden kann (OLG Köln 19. XII. 1985 VersR 1986 S. 906, 908; OLG Schleswig 5. V. 1986 VersR 1986 S. 963). §§ 5 (2)b II S. 1 GrB KT, 10 (1) iVm 9 (1) S. 2 MB KT enthalten eine gleichartige Regelung bei Verletzung der Anzeige- und Nachweisobliegenheit über die eingetretene A r b e i t s u n f ä h i g k e i t : Die Tagegeldleistung soll bis zum Vorliegen der Anzeige entfallen. Das gilt, wie in §§ 5 (2) S. 1, GrB KT, 10 (1) MB KT (überflüssig und daher nur klarstellend) betont, nur unter den Einschränkungen des § 6 III und damit auch der dazu entwickelten, oben skizzierten Rechtsprechung. Der Verstoß gegen die Obliegenheit, Eintritt und ggf. Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit fristgerecht anzuzeigen und nachzuweisen (§§ 5 (2) b I GrB KT, 4 (7) MB KT), berührt die Interessen des Vers erheblich, da er ohne Kenntnis hiervon nicht in der Lage ist, die Richtigkeit der Angaben zu überprüfen. Später ist das zumeist wegen des inzwischen veränderten Gesundheitszustandes der betroffenen Gefahrsperson nicht mehr zuverlässig möglich (OLG Hamburg 27.1.1972 VersR 1972 S. 655; 3. XI. 1972 VersR 1973 S. 342; OLG Köln 19. XII. 1985 VersR 1986 S. 906, 907). Daher kann auch der Kausalitätsgegenbeweis gemäß § 6 III 2 nicht mehr geführt werden, wenn die Möglichkeit einer zeitnahen vom Ver vernünftigerweise für erforderlich gehaltenen Überprüfung der behaupteten Arbeitsunfähigkeit unwiederbringlich verloren ist (OLG Köln a. a. O.). Eine schuldhafte Verletzung dieser Obliegenheit kommt dann nicht mehr in Betracht, wenn der Ver zuvor seine Leistungspflicht aus anderen Gründen verneint hatte (OLG Hamm 3. VII. 1987 VersR 1987 S. 293), zumal es dann an der nach der Rechtsprechung des BGH erforderlichen Belehrung über die Rechtsfolgen unterlassener Auskünfte fehlt. §§ 5 (2) b GrB KT, 9 (1) MB KT sind analog auf die bei Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit laufend zu erbringenden Nachweise anzuwenden (OLG Köln a. a. O.). Die eingereichten ärztlichen Nachweise geben dem Ver vielfach Anlaß, e r g ä n z e n d e A u s k ü n f t e einzufordern (§§5 (2)d GrB KT, 9 (3) MB KT) und/oder N a c h u n t e r s u c h u n g e n durch einen von ihm bestimmten Arzt zu verlangen (§§ 5 (2) e S. 1 GrB KT, 9 (3) MB KT; vgl. LG Heidelberg 10. III. 1981 VersR 1982 S. 36 f.; AG Köln 21. XI. 1980 VersR 1982 S.461). Auch im letzteren Fall besteht eine Auskunftsobliegenheit im Sinne des § 34 I, auf die die oben dargelegte Rechtsprechung des BGH über die Notwendigkeit einer vorherigen Belehrung wegen der Rechtsfolgen eines Verstoßes anzuwenden ist. Bei den durch die Nachuntersuchung erfragten Fakten geht es einmal um Auskünfte, die die Gefahrsperson selbst mangels entsprechender Fachkenntnisse meistens nicht erteilen kann. Für die Richtigkeit dieser fachbezogenen Auskünfte hat der Vmer nicht einzustehen; der Arzt ist weder sein Repräsentant noch sein Erfüllungsgehilfe. Die von der Gefahrsperson dem beauftragten Arzt auf dessen Verlangen mitzuteilenden Tatsachen fallen dagegen unter die Auskunftsobliegenheit gemäß § 34 I und die diese Vorschrift ergänzenden AVB (BGH 11. VI. 1976 VersR 1976 S. 821, 823). Der danach erforderlichen Belehrungspflicht wird daher allein durch die zitierten AVB-Bestimmungen nicht genügt. Vielmehr muß der Ver im konkrente Falle, d. h. bei seinen Aufforderungen gemäß §§ 5 (2) d u. e GrB KT bzw. 9 (2) u. (3) MB KT auf die Rechtsfolgen eines Verstoßes besonders hinweisen (vgl. oben). Sowohl für die vom Behandler erbetenen Auskünfte als auch für die Durchführung einer Nachuntersuchung ist erforderlich, daß sich die betroffene G e f a h r s p e r son damit e i n v e r s t a n d e n erklärt, den Behandler oder den nachuntersuchenden Wriede

Κ 291

Anm. [F 64]

Krankenvers. F. Obliegenheiten des Vmers

Arzt von seiner S c h w e i g e p f l i c h t e n t b i n d e t und dieser bereit ist, die erbetenen Auskünfte nach erfolgter Untersuchung zu erteilen. Die beiden ersteren Voraussetzungen hängen vom Willen der Gefahrsperson ab. Weigert sie sich trotz Belehrung, wird regelmäßig die Obliegenheit verletzt sein und Leistungsfreiheit unter den Bedingungen des § 6 III sowie den von der Rechtsprechung aufgesellten weiteren Erfordernissen gegeben sein (vgl. Anm. F 62). Wenn sich dagegen der Behandler oder der beauftragte Arzt dem Auskunftsersuchen versagen — letztlich haben sie darüber zu entsheiden, ob sie ein unter ihre Schweigepflicht fallendes Geheimnis preisgeben sollen (BGH 23. XI. 1982 BGHZ Bd. 85 S. 327 und 338; vgl. auch Anm. F 26) - , so kann die Verwirkung nicht eingreifen, da der Obliegenheit, soweit sie von Vmerseite zu erfüllen war, entsprochen wurde und der Arzt insoweit nicht Repräsentant des Vmers oder Vten ist (im Ergebnis ebenso LG Köln 12. VI. 1970 VersR 1970 S. 1026; a. A. AG Köln 21. XI. 1980 VersR 1982 S. 461). Eine V e r l e t z u n g der gesetzlichen (§ 621) S c h a d e n m i n d e r u n g s o b l i e g e n h e i t (Anm. F 63) führt bei Vorsatz zur Leistungsfreiheit für den konkreten Vsfall. Jedoch wird man mit Prölss-Martin (Anm. 4 zu § 62) auch hier die Grundsätze der Relevanzrechtsprechung des BGH zur Aufklärungsobliegenheit heranziehen müssen, zumal bei nicht geglücktem Entlastungsbeweis zu Lasten des Vmers Vorsatz zu unterstellen ist, obwohl dieser nicht feststeht. Eine Belehrung des Vmers über die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 62 I ist dagegen nicht erforderlich. Es entspricht ohnehin den Geboten gehöriger Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten, für tunliche Minimierung eines sich abzeichnenden Schadens zu sorgen (vgl. § 254 II 1 BGB). Auch hätte der Ver oft gar keine Gelegenheit, hierauf hinzuweisen. Entsprechendes gilt für die vertragliche Obliegenheit der §§ 5 (2) a GrB KT, 9 (4) MB KT, durch welche die Minderungsobliegenheit konkret auf die besondere Situation der Krankentagegeldv zugeschnitten wird. Die auf sie anzuwendende Bestimmung des § 6 III stimmt der Sache nach mit § 62 II überein. Die Beweislast für den objektiven Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung trifft den Ver. Aufgabe des Vmers ist es, die damit gegebene Vermutung zu entkräften, er habe vorsätzlich oder grobfahrlässig gehandelt (BGH 13. IV. 1983 VersR 1983 S. 674, 675; OLG Düsseldorf 9.1.1968 NJW 1968 S. 1433; OLG Köln 19. XII. 1985 VersR 1986 S. 906, 907; Hüskes VersR 1963 S. 313). - Bei grober Fahrlässigkeit und bei Vorsatz im Falle fehlender Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verletzung einer nach Beginn eines Vsfalls zu beachtenden Obliegenheit hat der Vmer darüber hinaus die Beweislast mangelnder Kausalität seines Verstoßes auf Eintritt und Umfang des Vsfalls sowie auf die Feststellungen des Vers. Dieser Beweis ist auf das Nichteintreten von Tatsachen gerichtet; ihm kann er nur in der Weise nachkommen, daß er zunächst die sich aus dem Sachzusammenhang ergebenden Möglichkeiten ausräumt und sodann abwartet, welche Behauptungen der Ver über die von ihm bei richtiger und rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheit ergriffenen Maßnahmen und deren Ergebnis aufstellt. Diese hat jener zu widerlegen (BGH 4. V. 1964 VersR 1964 S. 709, 712; OLG Köln a. a. O.; LG Deggendorf 26. V. 1987 RuS 1987 S. 297; wegen weiterer Einzelheiten vgl. Prölss-Martin Anm. C b zu § 6). Das ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn die geforderten Auskünfte oder Nachweise sich auf gegenwärtige, insbesondere während des laufenden Vsfalls eingetretene — vielleicht auch vom Ver nur vermutete — Tatsachen beziehen, die ihm hätten Anlaß geben können zu weiteren Nachforschungen, etwa zu ärztlichen Nachuntersuchungen oder (in der Krankentagegeldv) Kontrollbesuchen. Diese können später nicht mehr durchgeführt werden und gehen damit als Beweisunterlagen verloren (vgl. z. B. OLG Hamm 3. XI. 1982 VersR 1973 S. 339, 342; OLG Frankfurt 22. II. 1980 VersR 1980 S. 326; OLG Düsseldorf 11. X. 1988 VersR 1989 S. 34; LG Köln 20. VI. 1973 VersR 1974 K292

Wriede

III. Nach Beginn des Vsfalls 6. Rechtsfolgen bei Verletzung

Aiim. |F 64]

S. 77 f.). In diesem Zusammenhang können allerdings auch frühere Erkrankungen und Unfälle eine Rolle spielen. Wesentlich für den Kausalitätsgegenbeweis ist es, daß durch die Obliegenheitsverletzung n i c h t i r g e n d e i n , sondern ein bestimmter n a c h teiliger E i n f l u ß auf die Feststellungen des Vers und/oder auf Eintritt und Umfang des Vsfalls verursacht wurde. Jede Unklarheit geht hier zu Lasten des Vmers/Vten (BGH 6. VI. 1966 VersR 1966 S. 745, 747). Diese Grundsätze gelten vor allem im Rahmen der K r a n k e n t a g e g e l d v hinsichtlich des Bestehens und der Dauer einer behaupteten Arbeitsunfähigkeit, da für deren Nachweis, wenn Anzeige und die vom Vmer beizubringenden (zahn)ärztlichen Bescheinigungen fehlen, später keine unmittelbaren objektiven Feststellungen durch die üblichen Kontrollbesuche und/oder Nachuntersuchungen mehr getroffen werden können, vielmehr diese Beweismittel unwiederbringlich verloren sind (OLG Hamm a. a. O.; OLG Hamburg 27.1.1972 VersR 1972 S. 655 f.; LG Heidelberg 10. III. 1981 VersR 1982 S. 36, 37). Kontrollbesuche sind vor allem wichtig für die tatbestandsmäßige Voraussetzung der Arbeitsunfähigkeit, daß die Gefahrsperson tatsächlich keinerlei Erwerbstätigkeit ausübt, was vom behandelnden oder nachuntersuchenden Arzt in der Regel nicht zuverlässig ermittelt werden kann (vgl. OLG Köln 10. XII. 1985 VersR 1986 S. 906, 908; OLG Schleswig 5. V. 1986 VersR 1986 S. 963). Der Beweis mangelnder Kausalität der Obliegenheitsverletzung wird nur dann zu führen sein, wenn etwa feststeht (oder bewiesen wird), daß die Gesundheitsstörung derart gravierend war — ζ. B. nach stationär durchgeführten schwierigen chirurgischen Eingriffen, nach schweren Unfallverletzungen —, daß eine auch nur geringfügige Erwerbstätigkeit praktisch ausgeschlossen war (vgl. ζ. B. OLG Köln 12. VII. 1966 VersR 1966 S. 948, 949 f. zur Unfallv; Prölss-Martin Anm. 3 zu § 10 MB KT). Soweit danach Leistungsfreiheit eintritt, kann sich diese nur auf den Vsfall beziehen, der Anlaß zur Anzeige und zum Auskunftsverlangen gegeben hat, nicht aber auf sonst etwa eingetretene oder spätere Vsfälle, für die der Verstoß unerheblich ist (vgl. RG 16. III. 1934 RGZ Bd. 144 S. 163, 168 f.). F a l l s nach diesen Grundsätzen der Ver l e i s t u n g s f r e i geworden ist, gleichw o h l aber — etwa in Verkennung der Rechtslage — L e i s t u n g e n e r b r a c h t hat, kann er diese gemäß § 812 BGB zurückfordern (vgl. Bd. I Anm. 22 zu § 6 S. 195). Dieser Anspruch ist gemäß § 814 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn er die Rechtslage positiv erkannt hatte; fahrlässige Unkenntnis genügt hierfür nicht, vielmehr ist erforderlich, daß der Ver — genauer der betreffende, dafür von ihm eingeschaltete Sachbearbeiter oder ein sonstiger vertretungsberechtigter Mitarbeiter — aus den ihm bekannten Tatsachen zumindest im Ergebnis die zutreffenden rechtlichen Schlüsse gezogen hat (Palandt-Thomas Anm. 2 a zu § 814). Bestehen insoweit Zweifel, sind an sich die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben. Es empfiehlt sich aber in solchen Fällen die Leistungen nur unter Vorbehalt zu gewähren, durch den die Anwendung des § 814 BGB ausgeschlossen wird (vgl. AG Konstanz 17.1.1980 VersR 1980 S. 915, 916). Vielfach wird, wenn der Ver in Kenntnis der Obliegenheitsverletzung leistet, von einem „Verzicht" auf die an sich gegebenen Rechtsfolgen gesprochen (so z. B. OLG Hamm 3. XI. 1972 VersR 1973 S. 339, 340; OLG Nürnberg 26. XI. 1981 VersR 1982 S. 695; LG München I 17. IX. 1982 VersR 1983 S. 531, 532; Bach-Moser Rz 32 zu §§9, 10 MB KK). Gemeint ist damit offenbar ein Verzicht auf die als Einrede verstandene Geltendmachung der Leistungsfreiheit. Das ist ungenau, da hier keine Einrede im prozeßrechtlichen Sinne in Betracht kommt. Die Leistungsfreiheit muß von einem Gericht auch dann beachtet werden, wenn sich ihre Voraussetzungen schon aus dem Vorbringen der Parteien ergeben. Die gegenteilige auf kaufmännische Wriede

Κ 293

Krankenver. G. RPflichten des Versicherers

Anm. [G 1]

und wirtschaftliche Erwägungen gestützte Ansicht des BGH (24. IV. 1974 VersR 1974 S. 689, 690) zu § 7 V AKB überzeugt nicht. Das Gericht meint, es müsse zur Disposition des Vers stehen, ob er sich bei einer Obliegenheitsverletzung auf die vereinbarte Leistungsfreiheit berufen wolle. Denn oft werde er ein Interesse daran haben, den Vertrag trotz des Verstoßes mit einem zufrieden gestellten Vmer fortzusetzen. Bei eo ipso eintretender Leistungsfreiheit könne das nur durch Neuabschluß geschehen. Die Versagung des Vsschutzes stelle daher in der Praxis die Ausnahme dar. Diese Erwägungen mögen praktischen Bedürfnissen entsprechen. Sie führen aber nicht daran vorbei, daß nach dem eindeutigen Wortlaut der Verwirkungsklauseln Leistungsfreiheit bei relevantem Verstoß nicht erst durch eine entsprechende Willenserklärung des Vers, sondern allein aufgrund des vorausgesetzten Tatbestandes eintritt. Den Überlegungen des BGH könnte durch eine entsprechende Fassung der Klausel — Leistungsfreiheit soll nur bei ausdrücklicher Verweigerung der Leistung gegeben sein — Rechnung getragen werden. Demgemäß kommt auch ein Verzicht auf eine Einrede nicht in Betracht. Vielmehr ist das Kulanzverhalten des trotz Obliegenheitsverstoßes leistenden Vers dahin zu verstehen, daß mit stillschweigendem Einverständnis des Vmers ein deklaratorischer Schuldanerkenntnisvertrag abgeschlossen wird, durch den die Parteien ihr Vertragsverhältnis in bezug auf den eingetretenen Vsfall festlegen und damit möglichen Ungewißheiten (wegen der Obliegenheitsverletzung) entziehen (vgl. ζ. B. BGH 24. III. 1976 WM 1976 S. 689, 690; Palandt-Thomas Anm. 2 a zu § 781). Unabhängig hiervon kann der V e r w e g e n u n e r l a u b t e r H a n d l u n g des Vmers, Vten oder einer Gefahrsperson o. e. A. gemäß §§ 823 II (iVm mit einschlägigen strafrechtlichen Bestimmungen), 826 BGB zum S c h a d e n s e r s a t z gegen den Bet r e f f e n d e n b e r e c h t i g t sein. Ansprüche wegen p o s i t i v e r V e r t r a g s v e r l e t z u n g , d. h. wegen Verstoßes gegen die hier erörterten Obliegenheiten, kommen neben der vsvertraglichen Spezialregelung des § 6 III nicht in Betracht. Auch würde bei Verletzung vertraglicher Obliegenheiten eine gemäß §§ 249 ff. BGB umfassende Ersatzpflicht des Vmers oder Vten regelmäßig zu einer schärferen Haftung führen, als nach §6 III zu ihren Gunsten zwingend (§15a) vorgesehen ist. Das übersehen PrölssMartin, wenn sie — von· der Verbindlichkeitstheorie ausgehend — auch solche Ansprüche für möglich halten (Anm. 4 zu § 6). G. Rechtspflichten des Versicherers Gliederung: I. Überblick G 1 II. Hauptleistungen G 2 - 6 7 1. Gefahrtragungspflicht, vte Gefahr G 2-62 a) Vte Gefahr im allgemeinen G 3 b) Vte Gefahr in der PKV G 4 c) Zeitliche Begrenzung, Wartezeiten G 5 d) Sachliche Begrenzung G 6 — 62 aa) Krankheitsbegriff in der PKV bb) (Medizinisch) notwendige Heilbehandlung G 7 - 1 7 aaa) Krankheitskostenv G 8-40

K294

Wriede

α) Primäre Gefahrumschreibung G 8 β) Konkretisierung der Gefahrumschreibung in AVB und Tarifen G 9 - 1 7 αα) Örtlicher Geltungsbereich G 10 ßß) In Betracht kommende Heilbehandler Gli ααα) Ärzte ßßß) Zahnärzte G 12

Anm. [G 1]

Gesamtgliederung des Abschnitts G γγγ) Krankenhäuser, Begriff der stationären Behandlung G 13 δδδ) Heilpraktiker G 14 γγ) Nichtärztliche Heilberufe G 15 — 17 ααα) Apotheker G 16 ßßß) Andere nichtärztliche Heilberufe G 17 γ) Risikoausschlüsse G 18 — 35 αα) Überblick β β) Auf bestimmte Ursachen abstellende Ausschlüsse G 19-24 ααα) Herbeiführung des Vsfalls ßßß) Gesundheitsstörungen durch Sucht oder Rauschgiftmißbrauch G 20 γγγ) Beteiligung an inneren Unruhen oder Kriegsereignissen, Wehrdienstbeschädigung G 21 δδδ) Teilnahme an Wettkämpfen G 22 εεε) Begehen von Straftatbeständen G 23 ζζζ) Berufsunfälle und Berufskrankheiten G 24 γγγ) Auf bestimmte oder in bestimmter Zeit eintretende Krankheiten oder Verletzungen abstellende Ausschlüsse G 25-27

Wriede

ααα) Schwangerschaftsbeschwerden, - Entbindungen, Fehl- und Frühgeburten ßßß) Geburtsfehler, angeborene Anomalien, vererbte Krankheiten bei ohne Wartezeit aufgenommenen Kindern G 26 γ γ γ ) Wartezeiterkrankungen G 27 δδ) Begrenzung der Leistungen des Vers nach der Art der Aufwendungen und der Höhe nach G 28-35 ααα) Kurortklausel, „gemischte Anstalten", Rehabilitation ßßß) Wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden G 29 γ γ γ ) Entziehungsmaßnahmen G 30 δδδ) Ausgeschlossene Behandler G 31 εεε) Behandlung durch nahe Angehörige G 32 ζζζ) Übermaßklauseln G 33 ηηη) Subsidiaritätsklauseln G 34 ξξξ) Pflegebedürftigkeit und Verwahrung G 35

Κ 295

Anm. [G 1]

Krankenver. G. RPflichten des Versicherers δ) Konkurrenz eingeschlossener und nicht gedeckter sowie ausgeschlossener Gefahrumstände G 36 ε) Darlegungs- und Beweislast, Beweisführung G 37 ζ) Vsfall, mehrere Vsfälle G 38 η) VsrechtlicheVorteilsausgleichung G 39 ξ) Fälligkeit der Leistung des Vers, Überbringerklausel G 40 bbb) Fiktive Vsfálle G 41-43 α) Überblick β) Vorsorgeuntersuchung G 42 γ) Geburtshilfe, Schwangerschaftsuntersuchung und -behandlung G 43 ccc) Summenvsverträge G 44-62 α) Überblick β) Krankenhaustagegeldv G 45—48 αα) Vte Gefahr und Vsfall der Krankenhaustagegeldv G 46 β β) Darlegungsund Beweislast, Beweisführung G 47 γγ) Leistungen der Krankenhaustagegeldv G 48 γ) Krankentagegeldv G 49-60 αα) Überblick Pß) Vte Gefahr G 50 γ γ ) Vsfall G 51 δδ) Darlegungsund Beweislast, Beweisführung G 52 εε) Vsleistungen G 53 ζζ) Herabsetzung der Vertragspflichten durch den Ver G 54

K296

ηη) Zusatz: Ipsoiure-Beendigung des Vsverhältnisses gemäß § 15 MB KT G 55-60 ααα) Überblick ßßß) Wegfall einer Voraussetzung der Vsfähigkeit G 56 γγγ) Eintritt der Berufsunfähigkeit G 57 δδδ) Bezug von Altersrente; Vollendung des 65. Lebensjahres G 58 εεε) Tod G 59 ξξξ) Wegzug aus dem Tätigkeitsgebiet des Vers G 60 δ) Geburtshilfe G 61 ε) Sterbegeld G 62 2. Ende der Leistungspflicht G 63 3. Übergang von Ersatzansprüchen G 64 4. Abtretungs- und Verpfändungsverbot G 65 5. Kostenübernahme mittels „KlinikCard" G 66 6. Mehrfachv G 67 III. Beitragsrückgewähr G 68 IV. Nebenpflichten des Vers G 6 9 - 7 1 1. Verpflichtung zur Ausstellung des Vsscheins, ggf. einer Ersatzurkunde, Hergabe von Abschriften 2. Hinweis- und Belehrungspflichten G 70 3. Ersatzpflichten gemäß §§ 63, 66 VVG G 71 V. Verjährung, Verwirkung, Klagefrist G 72-74

Wriede

1. Verjährung 2. Verwirkung G 73 3. Klagefrist G 74

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 2, G 3]

Schrifttum: Bach, Vsschutz bei stationärer Heilbehandlung im Privatvsrecht, Kölner Diss. 1979; Behne ZfV 1951 S. 3 1 - 3 3 ; Gruneke, Vte Gefahr und Anzeigepflicht in der Privaten Krankenv, Kölner Diss. 1965; Reichert-Facilides in FS Sieg 1976 S. 421-434; Wriede JRPV 1938 S. 373-374; ders. Diss. S. 6 0 - 6 3 , 121-126; ders. VersR 1950 S. 30.

[Gl] I. Überblick Die Gegenleistungen des Vers (im Sinne des 2. Titels des BGB) zu den Leistungen des Vmers (vgl. Abschnitt E) sind in Haupt- und Nebenpflichten zu unterscheiden, nämlich in 1. die Gefahrtragungspflicht (nachstehend II, Anm. G 2 —62) 2. die vielfach vereinbarte Verpflichtung zur Beitragsrückgewähr unter bestimmten Voraussetzungen (nachstehend III., Anm. G 68) 3. sonstige Nebenpflichten, insbesondere zur Ausstellung eines Vsscheins, Hinweisund Fürsorgepflichten (nachstehend IV., Anm. G 69 —71) [G 2] II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragungspflicht, vte Gefahr Der Ver schuldet nach heute herrschender und richtiger Ansicht (vgl. im einzelnen Bd. I Anm. 3 8 - 4 4 , S. 108-110; Reichert-Facilides a. a. O., der treffend die insbesondere von Prölss-Martin in Anm. 2 Aa zu § 1 vorgetragenen Einwände gegen die Gefahrtragungstheorie widerlegt) dem Vmer/Vten nicht nur eine durch den Vsfall aufschiebend bedingte Geldleistung, sondern von vornherein seit dem materiellen Beginn (Anm. D 5 S. Κ 81 f.) die Leistung „Gefahrtragung", gleichgültig ob das befürchtete Geschehen jemals eintreten wird oder nicht. Diese Leistung ist vergleichbar der eines Vermieters, der die Mietsache für den Mieter zum Gebrauch bereit hält, wobei es unerheblich ist, ob dieser sie tatsächlich benutzt. Allein für das Bereithalten gebührt dem Vermieter der Mietzins. Dieser ändert sich nicht deswegen, weil die Mietsache, ζ. B. ein empfindliches Gerät, im Falle ihrer vertragsgemäßen Benutzung erheblich verschlissen wird. In durchaus gleichem Sinne ist es für die Gefahrtragungsleistung des Vers unerheblich, ob sein Vertragspartner die konkreten Leistungen in mehr oder minder großem Umfang oder gar nicht in Anspruch nimmt. Bei Eintritt des Vsfalles verwandelt sich lediglich die Gefahrtragungspflicht in eine Pflicht zur Leistung bestimmter Geld- oder Sachleistungen, diese ζ. B. in Gestalt der Übernahme einer Zahlungsverpflichtung gegenüber einem Krankenhausträger (vgl. Anm. G 66). [G 3] a) Vte Gefahr im allgemeinen Von einer Gefahr (im materiellen Sinne) spricht man, wenn die Möglichkeit eines tatsächlichen (so in der Schadensv) oder abstrakt für denkbar gehaltenen (in der Summenv) nachteiligen Geschehens besteht, das die wirtschaftliche Situation des Betroffenen — seine Aktiven und/oder Passiven — negativ beeinflussen könnte. Die Verwirklichung der in diesem Sinne verstandenen Gefahr bringt daher s o g l e i c h , d. h. anfangend mit dem Beginn dieser Realisierung, diese Einbußen mit sich. Die Gefahrverwirklichung verursacht nicht erst mit einem weiteren tatsächlichen Vorgang den Schaden. Der übliche Sprachgebrauch, daß ein Ereignis der Außenwelt einen Schaden „verursache", ist verfehlt (Wriede Diss. S. 25, 27, 35 f.; a. Α. OLG Celle 18. VI. 1959 VersR 1959 S. 989, 990 mit krit. Anm. von Schulz VersR 1960 S. 203): Ein Ursachenzusammenhang kann nur zwischen tatsächlichen Ereignissen/Vorgängen bestehen. Schaden ist kein Ereignis oder Vorgang in diesem Sinne, sondern ein Begriff wirtschaftlicher oder rechtlicher Betrachtungsweise. Zwischen einer BrandWriede

Κ 297

Anm. [G 4]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Stiftung und der Zerstörung eines Hauses besteht ein Kausalzusammenhang. Das damit einhergehende wirtschaftliche Ergebnis der Substanzvernichtung wird als Schaden bezeichnet. Daneben können dem Hauseigentümer aufgrund von Rechtsnormen Schulden entstehen. Dieser „Erfolg" kann erst recht nicht durch die Brandstiftung „verursacht" worden sein. Der Schaden „entsteht" m. a. W. gleichsam parallel zum Vorgang der Gefahrverwirklichung, d. h. beginnend mit dem Vsfall und nicht erst als dessen tatsächliche Folge. — Diese Überlegungen gelten, wie schon angedeutet, nicht für die Summenv, da hier der tatsächliche Eintritt eines Schadens unerheblich ist. [G 4] b) Vte Gefahr in der PKV Als vte Gefahr wird seit Einführung der NoB (Anm. A 38 S. Κ 12 f.) nicht mehr, wie vorher vielfach üblich, die Möglichkeit einer Erkrankung (auch durch Unfall) angesehen, es wird vielmehr auf die Gefahr abgestellt, daß durch Aufnahme einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung Vermögenseinbußen, in der Krankentagegeldv bei Arbeitsunfähigkeit vor allem Verdienstausfalle eintreten (Behne a. a. O. S. 33). Die vte Gefahr wird zwar in den hier erläuterten AVB nicht ausdrücklich definiert. Sie läßt sich aber unschwer aus den Bestimmungen über den Gegenstand des Vertrages und die Leistungen des Vers (so aus den §§ 1 Abs. 1 NoB, 1 (1) MB KK und KT) oder aus ihren Präambeln (vgl. die drei GrB) entnehmen: Gemäß § 1 Abs. 1 NoB gewährt der Ver „den Ersatz von Vermögensschäden, der durch die notwendige Krankenpflege entsteht". Nach den Präambeln der GrB wird Vsschutz gewährt „gegen den Schaden, der durch notwendige Aufwendungen für Heilbehandlung... entsteht" (GrB KK), „gegen Folgen von Krankheiten und Unfällen, soweit aus medizinischen Gründen stationäre Heilbehandlung ... notwendig wird" (GrB KH) und „gegen Folgen von Krankheiten und Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit hervorgerufen wird" (GrB KT). Im letzteren Falle wird ein Tagegeld geleistet. Die Leistungsverpflichtung wird in § 4 (1) der jeweiligen GrB genauer präzisiert. Nach § 1 (1) und (2) MB KK werden im Falle medizinisch notwendiger Heilbehandlung wegen Krankheiten oder Unfallfolgen in der Krankheitskostenv Ersatz von Aufwendungen hierfür und sonst vereinbarte Leistungen gewährt, in der Kränkenhaustagegeldv ein Tagegeld bei stationärer Behandlung. In der Krankentagegeldv wird in solchem Falle, wenn während der Heilbehandlung Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, für deren Dauer in vertraglich vereinbartem Umfang ein Tagegeld geleistet (§ 1 (1) und (2) MB KT). Daraus wird deutlich, daß als vte G e f a h r nicht die befürchtete Krankheit oder ein möglicher Unfall anzusehen sind, sondern die B e f ü r c h t u n g der deswegen n o t w e n d i g e n t s t e h e n d e n E i n b u ß e n m a t e r i e l l e r Art (so schon NN JRPV 1933 S. 346, 347). Hiervon geht auch der BGH in ständiger Rechtsprechung aus (vgl. 20. II. 1956 VersR 1956 S. 186; 20. XII. 1956 VersR 1957 S. 55; 17. XII. 1977 VersR 1978 S. 271). Die so allgemein definierte vte Gefahr bedarf aus vstechnischen Gründen — die durch den Ver repräsentierte Gefahrengemeinschaft kann nicht alle denkbaren krankheitbedingten Aufwendungen tragen — inhaltlich näherer Konkretisierung in zeitlicher (Anm. G 5) und sachlicher (Anm. G 7 — 35; G 44 — 53) Hinsicht. Dabei taucht die Frage auf, inwieweit der durch AVB und Tarife näher eingegrenzte Leistungsrahmen der I n h a l t s k o n t r o l l e n a c h §§3, 8 — 11 A G B G unterliegt. Dieses Problem ist in der Literatur Gegenstand lebhafter Erörterung (vgl. nur die Übersicht in Bd. V/2 Anm. A 6 6 - 8 1 S. 135-145; Bd. III Anm. A 44 S. 66 f.; Schirmer ZVersWiss 1986 S. 509, 535-564; Prölss-Martin Vorbem. I 6C; Helm NJW 1978 S. 129, 131). K298

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 5]

Die im Anschluß an Bergeest (Die Vertrauensschadenv in ihren modernen Erscheinungsformen, Karlsruhe 1982, S. 6 0 - 6 3 ) in Bd. V/2 Anm. A 80 (S. 143-145) sowie von Schirmer ( a . a . O . S. 547 — 564) und Prölss-Martin a . a . O . vertretene Ansicht erscheint zutreffend, wonach die G e f a h r b e s c h r e i b u n g , s o w e i t sie d e n V m e r l e d i g l i c h b e g ü n s t i g t , k o n t r o l l f r e i ist. Jede negative Eingrenzung dieses sog. Kernbereichs unterliegt dagegen der Kontrolle nach dem AGBG. Soweit danach eine Bestimmung nicht Bestandteil der AVB geworden (§ 3 AGBG) oder als unwirksam (§§9 — 11 ABGB) anzusehen ist und infolgedessen keine angemessene den typischen Interessen beider Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung vorliegt, sondern eine regelungsbedürftige Lücke entsteht, ist sie im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Das ist durch das Grundsatzurteil des BGH vom 1. II. 1984 (BGHZ 90 S. 69, 7 3 - 8 0 ; bestätigt am 31. X. 1984 NJW 1985 S. 621, 622) höchstrichterlich anerkannt (ebenso OLG Bremen 26. V. 1987 VersR 1987 S. 662; Martin VersR 1984 S. 1107,1118; Ulmer-Brandner-Hensen Rz 46 zu § 6; StaudingerSchlosser Rz 12 zu § 6 AGBG; Wolf-Horn-Lindacher Rz 7 zu § 6; Palandt-Heinrichs Anm. 3 zu § 6 AGBG). — Auf Einzelheiten ist bei den Erläuterungen zu den einzelnen Teilen der Umgrenzung der vten Gefahr einzugehen. [G 5] c) Zeitliche Begrenzung, Wartezeiten Über B e g i n n u n d E n d e d e r G e f a h r t r a g u n g s v e r p f l i c h t u n g des Vers, den eigentlichen Haftungszeitraum, ist in Anm. D 5 —10 S. Κ 81—86 sowie in Anm. D 16 und D 18 ff. S. Κ 9 2 - 9 3 ; Κ 94ff. bereits das Erforderliche ausgeführt worden. Wegen der Rechtslage gemäß § 21 vgl. Anm. D 47 S. Κ 131 f. Aus der Rechtsprechung ist dazu noch auf folgende Entscheidungen hinzuweisen: OLG Köln 12. V. 1980 VersR 1980 S. 1162-1163, OLG Celle 25. VI. 1982 VersR 1983 S. 4 2 9 - 4 3 1 , OLG München 8. VII. 1982 VersR 1983 S. 652, OLG Köln 27.1. 1983 VersR 1983 S. 1179, LG Frankfurt/M 28. III. 1977 NJW 1978 S. 1007 - alle Entscheidungen betreffen die Frage, ob für Vsfälle, die nach Antragstellung, aber noch vof Annahme durch den Ver bzw. vor Ablauf der Wartezeit eintreten, gehaftet wird. Die OLGe kommen dabei übereinstimmend zu der Auffassung, daß für Aufwendungen aus der Zeit vor Beginn der materiellen Gefahrtragung kein Leistungsanspruch besteht. Bedenklich ist dagegen die Ansicht des LG Frankfurt/M, das die Haftung des Vers mit der Antragstellung beginnen lassen will, weil der Abschlußagent zugleich die Erstprämie entgegengenommen hatte. Erst nach Beginn der materiellen Gefahrtragung und vor ihrem Ende muß der - in der PKV regelmäßig „gedehnte" - Vsfall begonnen haben (BGH 22. II. 1984 VersR 1984 S. 630, 632; Wriede, Diss S. 7 1 - 7 3 ) , wenn Ansprüche gegen den Ver gegeben sein sollen. Der B e g i n n dieser m a t e r i e l l e n G e f a h r t r a g u n g — genauer: ihres materiellen Sollbeginns (vgl. Anm. D 5 S. Κ 81 f.) — wird in der PKV zumeist außer für bestimmte Fälle d u r c h die E i n s c h a l t u n g v o n W a r t e z e i t e n hinausgeschoben (§§ 13 NoB, 4 ( 2 ) - ( 4 ) GrB KK, 4 ( 2 ) - ( 3 ) GrB KH und KT, 2 und 3 MB KK und KT). Sie sind vom technischen Beginn an, der auf einen anderen Zeitpunkt als der Vertragsschluß fallen kann (vgl. BGH 25.1. 1978 VersR 1978 S. 362, 364; Anm. D 4 S. Κ 80 f. und D 13 S. Κ 90 f.) zu berechnen. Die Ansichten über ihre rechtliche Bedeutung sind nicht einheitlich (vgl. unten). Ihre die Leistungspflichten des Vers begrenzende Funktion ist in den AVB auch unterschiedlich geregelt. Die Bestimmungen über die Wartezeit hatten ursprünglich den Zweck, die Aufwendungen für solche Krankheiten vom Vsschutz auszuschließen, die bei Abschluß des Vertrages — möglicherweise noch unentdeckt — oder wenig später nach medizinischer Beurteilung bereits akut oder auch nur latent vorhanden waren und alsbald Wriede

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Anm. [G 5]

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zur Behandlungsbedürftigkeit führten. Sie sollten damit der Gefahr entgegenwirken, daß der Vertrag vielleicht nur wegen entsprechender Besorgnisse des Vmers abgeschlossen wurde (ähnlich — und insoweit zutreffend — BGH 14. XII. 1977 VersR 1978 S. 271 f.; OLG Hamburg 29. XI. 1972 VersR 1973 S. 1014, 1015 f.; Bach-Moser Rz 2 zu § 3 MB KK; Eichler S. 340). Durch diese Regelung läßt sich allerdings, wie OLG Hamburg a. a. O. mit Recht annimmt, der genannte Leitgedanke, nach Vertragsschluß und vor Ablauf der Wartezeiten sich entwickelnde Leiden (als Ursache für Heilbehandlungskosten oder Arbeitsunfähigkeit) vom Vsschutz auszuschließen, nicht voll erreichen. Denn die bis dahin auftretenden Gesundheitsstörungen werden oft — auch bei objektiver Beurteilung — erst danach zur Behandlungsbedürftigkeit führen und den Ver damit leistungspflichtig machen. Die getroffene Regelung sorgt aber für eine klare Abgrenzung, so daß dem beabsichtigten Zweck zuwiderlaufende Ergebnisse — von Ausnahmefällen abgesehen (vgl. weiter unten) — hingenommen werden müssen. Die vorstehend dargestellte Rechtslage ist durch die Einfügung des § 2 (1) S. 3 MB KK und KT (vgl. VA 1976 S. 205 f.) zugunsten der Vmer geändert worden. Danach wird auch für Gesundheitsstörungen gehaftet, deren Behandlung nach Vertragsschluß aber vor Ablauf der Wartezeiten beginnt und darüber hinaus andauert oder die erst jetzt behandlungsbedürftig werden, und zwar für die Kosten die nach diesem Zeitpunkt anfallen (vgl. dazu weiter unten). Nach §§ 13,15 Ziff. 1—3 NoB besteht kein Vsschutz für Krankheiten, Anomalien und körperliche Fehler (genauer für die Kosten ihrer Heilbehandlung), die während der Wartezeit und auch schon vor Vertragsbeginn bestanden haben oder mit ihnen in ursächlichem Zusammenhang stehen (über die Rechtswirksamkeit der letzteren Bestimmung vgl. Anm. F 37). Die letztere Leistungsbegrenzung wird durch Ziff. 2 a. a. O. z. T. in der Weise eingeschränkt, daß der Einwand, es handle sich um eine mit einer „Wartezeiterkrankung" in ursächlichem Zusammenhang stehende Erkrankung — von bestimmten Ausnahmen abgesehen — vom Ver 5 Jahre nach Vertragsabschluß nicht mehr erhoben werden kann. Hinsichtlich des Anspruchs auf eine etwa vereinbarte Sterbegeldleistung gilt nur eine dreijährige Frist. Zur Beweislast im Falle des Erlasses der Wartezeiten vgl. die kontroversen Entscheidungen des KG (29. VI. 1929 JRPV 1929 S. 299) und des LG Berlin II (25. XI. 1929 JRPV 1931 S. 246). Diese die Leistungspflicht des Vers stark begrenzende Regelung ist in den GrB gemildert worden (vgl. dazu Ohrt S. 64 f.). Nach § 4 (2) S. 1 GrB KK, KH u. KT beginnt die materielle Gefahrtragung erst, wenn die Erstprämie bezahlt und die Wartezeit abgelaufen ist. Dieser Grundsatz erfährt in S. 2 eine Einschränkung für Vsfalle, ausgelöst durch Krankheiten und Unfälle sowie deren Folgen, die zwischen dem Vertragsschluß und diesem Beginn der materiellen Gefahrtragung behandelt oder der davon betroffenen Person — sei es der Vmer, der Vte oder eine sonstige Gefahrsperson — bekannt geworden sind, wenn dafür vor Ablauf des 3. Vsjahres (das vom technischen Beginn an berechnet wird, vgl. Anm. D 13 S. Κ 90 f.) eine Heilbehandlung stattgefunden hat. S. 3 a. a. O. regelt die Beweislast für diese Fälle dahin, daß der Vmer das NichtVorliegen dieser Beschränkung beweisen soll, wenn eine Krankheit oder, wie zu ergänzen, eine Unfallfolge innerhalb von 6 Monaten nach Vertragsschluß eintritt. Bei späterem Auftreten soll danach der Ver den Beweis für den Wegfall seiner Leistungspflicht erbringen. Nach allgemeinen Beweislastregeln hat der eine Leistung fordernde Vmer die Voraussetzungen seines Anspruchs darzulegen und zu beweisen, d. h. hier, er muß vortragen, daß er die Erstprämie entrichtet hat, die Wartezeit abgelaufen ist und eine unter den Vsschutz fallende Heilbehandlung stattgefunden K300

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 5]

hat. Der Beweis des Ausschlußtatbestandes des S. 2 obliegt dagegen nach den allgemeinen Grundsätzen über die Beweislast dem Ver. Fraglich ist, ob die davon abweichende Regelung der GrB einer Inhaltskontrolle nach den vor Inkrafttreten des AGBG (vgl. dessen §§ 28, 30) entwickelten Grundsätzen standhält. Das ist zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des BGH (17. II. 1964 BGHZ 41 S. 151, 155) sind beweislaständernde Klauseln in AGB unwirksam, wenn dem Vertragspartner des Verwenders die Beweislast für Umstände aufgebürdet werden soll, die in seinem, des Verwenders, Verantwortungsbereich liegen. Diese Rechtsprechung hat in § 11 Nr. 15 a AGBG ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden. Sie greift hier nicht ein, weil das Eintreten von Wartezeiterkrankungen und ihrer Folgen in der Sphäre des Vmers liegt (ebenso LG München 18. V. 1983 NJW 1983 S. 1685, die im übrigen angreifbar erscheint; Wolf-Horn-Lindacher Rz 7 zu § 11 Nr. 15). Der Beweislastumkehr des § 4 (2) S. 3 GrB wird der Vmer in der Regel dadurch entsprechen können, daß er Verdachtsmomente des Vers, es handele sich um eine Wartezeiterkrankung, ausräumt (ebenso Ohrt S. 65). Die dreimonatige allgemeine W a r t e z e i t nach § 4 (3) a) Nr. 1 GrB KK und KH e n t f ä l l t bei U n f ä l l e n (zum Unfallbegriff vgl. Anm. G 24), und zwar auch dann, wenn durch den Unfall eine latent vorhandene Krankheitsanlage ausgelöst wird (BGH 24. III. 1976 VerbB 1976 S. 47). Gemäß Nr. 2 a. a. O. greift die Wartezeit ferner nicht ein für die V des Eheg a t t e n des V m e r s (als Gefahrsperson oeA), wenn der entsprechende Antrag auf Erweiterung des bereits bestehenden Vertrages binnen Monatsfrist nach der Heirat gestellt wird und dieser Vertrag bis dahin seit mindestens drei Monaten wirksam ist, vorausgesetzt diese Vertragserweiterung kommt auch tatsächlich zustande. Denn ein Kontrahierungszwang ist für den Ver nicht gegeben. Fraglich ist, von welchem Zeitpunkt an die Dreimonatsfrist zu berechnen ist. Rein nach dem Wortlaut der AVB könnte angenommen werden, daß der formelle Vertragsschluß maßgeblich sein soll. Da jedoch die Wartezeit gemäß (3) S. 1 a. a. 0. vom „Zeitpunkt des Inkrafttretens" gerechnet wird und damit der technische Beginn gemeint ist, ist dieser auch hier maßgeblich. Hinsichtlich der in Nr. 3 a. a. O. vorgesehenen V n e u g e b o r e n e r K i n d e r wird statt von einem Antrag auf Erweiterung des bestehenden Vertrages von einer Anmeldung (gleichfalls binnen Monatsfrist und nach mindestens dreimonatiger Vertragszeit) gesprochen. Insoweit besteht daher für den Ver ein Kontrahierungszwang; er kann die „Anmeldung" nicht ablehnen, vielmehr ist das Kind mit ihrem Zugang als Gefahrsperson vt (ebenso BAA VA 1954 S. 111). Diese Ausnahmen von der Einhaltung der Wartezeit bestehen für die Krankentagegeldv nicht (§ 4 (3) a GrB KT). — Neben der allgemeinen Wartezeit werden in den Tarifen vielfach längere Wartezeiten für bestimmte Leistungen vorgesehen, so z. B. für die Behandlung von Schwangerschaftsbeschwerden, für Zahnbehandlung und Zahnersatz. §4 (3) b GrB KK, KH u. KT weisen darauf besonders hin. Gleichwohl sind diese Begrenzungen auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Inhaltskontrolle von AGB bzw. den §§3,9 AGBG zu prüfen. Dabei wird es besonders auf die vorgesehene Dauer ankommen; z. B. dürfte eine Wartezeit von 10 Monaten für Schwangerschaftsbeschwerden angemessen sein. Eine V e r k ü r z u n g der W a r t e z e i t e n kommt gemäß § 4 (4) GrB KK beim sogenannten Übertritt aus der gesetzlichen Krankenv in Betracht (Anm. D i l S. Κ 87-90). Die MB KK u. KT stellen den Vmer hinsichtlich der Wirkung der Wartezeiten noch günstiger als die GrB. Gemäß § 2 (1) kommt es zunächst nicht mehr auf die Zahlung der Erstprämie an, weil diese (wie auch die Folgeprämien) jetzt ganz überwiegend im Lastschriftverfahren und damit auf Veranlassung des Vers eingezogen Wriede

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Anm. [G 5]

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werden. Vor allem aber ist der Leistungsausschluß für in der Wartezeit eingetretene „Vsfälle" (vor Beginn der Gefahrtragung kann ein Vsfall im Rechtssinne nicht eintreten) nur noch insoweit eingeschränkt, als nur für die während dieser Zeit stattgefundene Heilbehandlung nicht gehaftet wird. Auch kommt es nicht mehr auf das Eintreten oder Wahrnehmen von Krankheiten oder Unfällen an, sondern auf den Beginn einer Heilbehandlung, die regelmäßig jenen Vorgängen nachfolgt (ebenso Prölss-Martin Anm. 1 zu § 3 MB KK). Danach kann auch eine schon vor Vertragsschluß, d. h. (entgegen Prölss-Martin Anm. 3 zu § 2 MB KK) vor Annahme des Vertragsantrags durch den anderen Vertragspartner begonnene Krankheit, die erst nach dem technischen Beginn zur Behandlungsbedürftigkeit führt und über das Ende der Wartezeit hinaus andauert, wegen dieses letzten Teils der Behandlung einen Leistungsanspruch begründen. Es liegt auf der Hand, daß diese Regelung zu Mißbräuchen führen kann, indem der Vmer den Beginn der Heilbehandlung entsprechend verzögert, zumal der technische Beginn noch vorverlegt werden kann (vgl. Anm. D 7 - 1 0 S. Κ 8 2 - 8 6 und D 13 S. Κ 90f.). Ein solches Vorgehen wird man u. U. in Anlehnung an die in Anm. E 19 S. Κ 155, 156 zitierte Rechtsprechung als mit Treu und Glauben unvereinbar werten können, so daß der Leistungsanspruch ganz oder ζ. T. entfällt, je nachdem, ob bei objektiver Würdigung des Sachverhalts angenommen werden muß, daß die betreffende Gefahrsperson, wäre kein Vsvertrag abgeschlossen worden, die Heilbehandlung zu einem Zeitpunkt begonnen hätte, der vor dem tatsächlichen Abschluß oder im Verlauf der Wartezeit gelegen hätte. Eine R ü c k d a t i e r u n g des technischen Beginns auf einen Zeitpunkt vor Vertragsschluß ändert angesichts des klaren Wortlauts des §2 (1) S. 3 MB KK u. KT nichts daran, daß der Ver nur für Heilbehandlungen bzw. Arbeitsunfähigkeit (aus der Zeit nach Ablauf der Wartezeit) haftet, die nach Vertragsschluß stattgefunden haben (so schon BGH 25.1. 1978 VersR 1978 S. 362, 363 f. für die frühere Fassung des § 2 (1), als S. 3 noch fehlte). Eine Rückdatierung bedeutet daher in diesem Zusammenhang nur eine Verkürzung der Zeitspanne zwischen dem formellen und materiellen Beginn. Der BGH (24. III. 1976 VersR 1976 S. 851, 852, 25.1. 1978 VersR 1978 S. 362, 363f.) meint, W a r t e z e i t e n seien allein für den Zeitraum nach Vertragsschluß relevant. Sie s t e l l t e n einen zeitlich begrenzten R i s i k o a u s s c h l u ß dar, mit dem zwei Zwecke verfolgt würden: Es solle zum einen das subjektive Risiko eingegrenzt, nämlich verhindert oder zumindest erschwert werden, daß der Vmer den Zeitpunkt des Beginns der Heilbehandlung einer schon erkennbaren Krankheit auf einen Zeitpunkt nach Vertragsschluß verschiebe oder überhaupt den Vertrag abschließe. Zum andern hätten die Wartezeitklauseln die Funktion der früher gebräuchlichen Bestimmungen übernommen, wonach Leistungen für sog. „alte Leiden" ausgeschlossen werden sollten. Diese Ausführungen sind nur ζ. T. richtig: Für die Dauer der Wartezeit sind zwar die (regelmäßig) vollen Prämien zu entrichten, die Gefahrtragung des Vers bleibt aber für in dieser Zeit durchgeführte Heilbehandlungen oder Verdienstausfälle infolge Arbeitsunfähigkeit ausgesetzt. Der Vmer hat mithin für das 1. Vsjahr eine im Verhältnis zur Gegenleistung höhere Prämie zu zahlen als in den nachfolgenden Jahren. Auch werden auf diese Weise Leistungen für bei Vertragsbeginn latent oder schon akut vorhandene Krankheiten, die behandlungsbedürftig sind, für die Dauer der Wartezeit vom Vsschutz ausgenommen. Dabei können sich für den Ver Erkenntnisse über die richtige Erfüllung der wAnzpfl und die ggf. daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen ergeben. Zu widersprechen ist aber der Ansicht, es handele sich bei der Vereinbarung von Wartezeiten um einen Risikoausschluß, dessen Voraussetzungen der Ver zu beweisen habe (so Bach-Moser Rz 3 zu § 3 offenbar im Anschluß an die zit. Rechtsprechung des BGH; ebenso OLG Hamm 3. VI. 1977 VersR 1977 S. 953). Ein Risikoausschluß K302

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 5]

liegt vor, wenn aus der allgemein beschriebenen Gefahr bestimmte Gefahrumstände ausgenommen werden. Vsfall ist dann die Realisierung der so eingeschränkten Gefahr. Die Vereinbarung einer Wartezeit ist damit nicht vergleichbar; sie schiebt den Beginn der Gefahrtragungspflicht des Vers zeitlich hinaus. Ebensowenig wie vor Vertragsschluß von einem „Vsfall" gesprochen werden kann, ist das während der Wartezeit möglich, weil der Ver während dieser Zeit die vereinbarte vte Gefahr noch gar nicht trägt. Daher gehört es zu dem vom Vmer darzulegenden und ggf. zu beweisenden seinen Anspruch begründenden Tatsachenvortrag, daß der Vsfall erst nach Beginn der materiellen Gefahrtragung oder doch (vgl. § 2 (1) S. 3 MB KK) die medizinisch notwendige Heilbehandlung erst während der Wartezeit begonnen und darüber hinaus angedauert habe. Schließlich ist es unzutreffend, daß die W a r t e z e i t k l a u s e l n an die Stelle der A u s s c h l u ß b e s t i m m u n g e n f ü r „ a l t e Leid e n " getreten seien. Dazu wird auf Anm. F 37 verwiesen. Die allgemeine dreimonatige W a r t e z e i t e n t f ä l l t gemäß § 3 (2) a MB KK und KT für die Behandlung von Unfallfolgen, und zwar auch dann, wenn durch den Unfall eine schon vorhandene Krankheitsanlage akut ausgelöst worden ist (BGH 24. III. 1976 VerbB 1976 S. 47). Sie kommt ferner in der Krankheitskosten- und in der Krankenhaustagegeldv nicht in Betracht für N e u g e b o r e n e unter den in § 2 (2) MB KK genannten Voraussetzungen und mit den dort aufgeführten Beschränkungen. Auch hier besteht, wie nach den GrB (vgl. oben) für den Ver Kontrahierungszwang. Für den E h e g a t t e n einer Gefahrsperson ist die dreimonatige Wartezeit nicht einzuhalten, wenn ihre Einbeziehung in den bereits seit mindestens 3 Monaten bestehenden Vertrag binnen zwei Monaten nach der Heirat beantragt wird (§ 3 (2) b MB KK). Auch hier ist für die Berechnung der 3-Monatsfrist der technische Beginn maßgebend. Der Ver ist jedoch nicht verpflichtet, den Antrag anzunehmen. Nach 3 (3) MB KK und KT ist für bestimmte Krankheiten eine achtmonatige Wartezeit einzuhalten. Einen Wegfall der Wartezeiten für bestimmte Infektionskrankheiten sehen die MB anders als § 4 (3) a) Ziff. 1 GrB KK und K H nicht vor. Nach § 3 (4) MB KK u. KT können die W a r t e z e i t e n durch Vereinbarung e r l a s s e n werden, wenn dies in den Tarifbedingungen (die als Teil des Geschäftsplans — §§12, 11 VAG - der Erlaubnis der Aufsichtsbehörde bedürfen - §§ 5 ff. VAG) vorgesehen ist und ein ärztliches Gesundheitszeugnis vorgelegt wird. Diese Bestimmung gilt mithin nicht nur für die allgemeinen, sondern auch für die besonderen Wartezeiten. Sie geht damit über die vom BAA mit Rundschreiben R 3/60 lit A Ziff. I 5 (VA 1960 S. 121, 122) gestattete Regelung, die sich nur auf die allgemeinen Wartezeiten bezog, noch hinaus. Das ist durch die Genehmigung der MB durch das BAA (VA 1966 S. 247 ff.) gebilligt worden. Nach den zitierten Bestimmungen der MB soll ein „ärztliches Gesundheitszeugnis" ausreichend sein. Seine Vorlage begründet jedoch für den Antragsteller keinen (ggf. einklagbaren) Anspruch auf einen Wartezeiterlaß, und zwar schon deswegen nicht, weil er vor Vertragsschluß keine Rechte gegen den Ver hat, von Ersatzansprüchen wegen Verschuldens bei Vertragsschluß (Anm. C 15 S. Κ 58 f.) abgesehen (vgl. dazu weiter unten). Für einen bereits abgeschlossenen Vertrag hat die Bestimmung allenfalls bei einer nachträglichen Änderung Bedeutung. Sie enthält mithin nur einen Hinweis auf eine mögliche aufsichtsrechtlich zulässige, von den AVB abweichende Vertragsgestaltung (vgl. auch Ohrt S. 67). Sie ist daher in den AVB, die die Rechte und Pflichten der Vertragspartner regeln, an sich fehl am Platze und hat mehr einen plakativen Charakter. — Bei Abschluß eines solchen Vertrages steht es daher dem Ver frei, seine Zustimmung zum Wartezeiterlaß außer von der Vorlage eines Gesundheitszeugnisses noch von weiteren Voraussetzungen, ζ. B. vom Ergebnis einer Untersuchung durch einen von ihm bestimmten Arzt, von Risikoausschlüssen und/oder Prämienzuschlägen abhängig Wriede

Κ 303

Anm. [G 5]

Kranken ver s. G. RPflichten des Versicherers

zu machen. Hält der Antragsteller solches Verlangen des Vers für unangemessen, so kann er allenfalls dann, wenn ihm durch das Verhalten des Vers ein Schaden entstanden ist, diesen wegen Verschuldens beim Vertragsschluß ersetzt verlangen. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Ver die Verhandlungen ungebührlich hinauszögert, den Antragsteller mit unverbindlichen Zusagen hinhält und auf diese Weise bewirkt, daß dieser ein von einem anderen Ver gemachtes Angebot ausschlägt und daher für einen zwischenzeitlich eingetretenen Vsfall keine Deckung hat. Eine gerichtliche Nachprüfung der Angemessenheit des Verlangens des Vers wird nur in Betracht kommen, wenn nach den ganzen Umständen des Falles angenommen werden muß, daß bereits ein Vorvertrag auf Abschluß eines Vsvertrages vorgelegen hat. Das wird in der PKV — außer vielleicht bei Verhandlungen über Gruppenvsverträge — kaum vorkommen. Eine vorläufige Deckungszusage reicht dazu nicht aus (Prölss-Martin Anm. 2 Zusatz zu § 1). Die Vorverhandlungen allein sind im Zweifel nicht bindend (vgl. Palandt-Heinrichs Anm. 4 a Einf. vor § 145, Anm. 1 a zu §154). Das BAA hat für eine Reihe von Fällen die V e r k ü r z u n g von Wartezeiten und die A n r e c h n u n g anderweitig bereits zurückgelegter Vszeiten auf die Wartezeiten zugelassen (vgl. VA 1949 S. 106, 118; 1951 S. 43; 1952 S. 4; 1959 S. 5, 222 und ferner die bei Prölss-Martin Anm. 3 zu § 3 MB KK aufgeführten Fundstellen — der dortige Hinweis auf VA 1974 S. 252 ist dahin zu berichtigen, daß es heißen muß 1974 S. 242). Diese Verfügungen des BAA haben nur öffentlich-rechtliche Bedeutung. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß sich die Ver in aller Regel danach richten werden. Das hat das AG Nürnberg (24. IV. 1953 VA 1953 S. 197) offenbar verkannt, indem es sich bei der Auslegung einer Anrechnungsklausel allein auf die Auffassung des BAA über den von diesem gestatteten Wartezeiterlaß gestützt hat, anstatt die Bedeutung der dem Vertrage zugrundeliegenden AVB näher zu prüfen. Wegen der zeitlichen E r s t r e c k u n g der G e f a h r t r a g u n g im Falle des §21 ü b e r das formelle E n d e des V e r t r a g e s h i n a u s wird auf Anm. D 4 7 S. Κ 130 ff. verwiesen. Die nach den vorstehenden Ausführungen bestimmte D a u e r d e r W a r t e z e i t e n ist vom t e c h n i s c h e n Beginn des Vsvertrages an zu berechnen, und zwar unabhängig davon, wann der Vertrag formell zustandekommt (insoweit zutreffend BGH 25.1. 1978 VersR 1978 S. 362, 363 re. Sp. f.). Liegt vereinbarungsgemäß der „Zeitpunkt des Inkrafttretens" (so § 4 (3) S. 1 GrB KK, KH und KT) oder der „im Vsschein bezeichnete Zeitpunkt (Vsbeginn)" (§§ 2 (1) S. 1 MB KK, 2 S. 1 MB KT) vor dem formellen Vertragsschluß, so wird dadurch praktisch die Dauer der Karenzzeit nach dem Zustandekommen verkürzt (BGH a. a. O. S. 364). Die vorstehend dargestellte Regelung der Wartezeiten ist mit den A n f o r d e r u n g e n des A G B G v e r e i n b a r . Dieses Instrument zur Begrenzung des vten Risikos ist außer in der PKV auch in der Lebens- (vgl. §§ 10 ALB a. F., 8 ALB n. F.) und in der Tierv (vgl. § 14 Ziff. 4 AVR) seit langem üblich. Es findet sich auch in der Sozialv (§§ 207 RVO a. F. - aufgehoben gemäß Art. V Ziff. 2 GRG - , 1246 III, 1247 III RVO, 23 III, 24 III AVG). Es kann daher angenommen werden, daß diese Einrichtung in weiten Kreisen der Bevölkerung bekannt ist, so daß die entsprechenden Klauseln in den hier erläuterten AVB weder „so ungewöhnlich sind, daß" der Vmer „mit ihnen nicht zu rechnen braucht" (§ 3 AGBG) noch ihn „entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen" (§ 9 (1) AGBG). Auf die Streitfrage (vgl. Anm. G 4 a. E.), inwieweit die Gefahrbeschreibung der Bestands- und Inhaltskontrolle unterliegt, kommt es daher hier nicht an. K304

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Anm. |G6|

[G 6] d) Sachliche Begrenzung Schrifttum: Bach VersR 1979 S. 792-797; ders. MDR 1981 S. 462; Bach-Moser Einl. Rz 54-57; Behne ZfV 1951 S. 32-33; Bd. I Anm. 12 zu §6 S. 189f.; Bd. II Anm. 2 2 - 3 1 vor §§49-80 S. 13-18; Hagen I S. 382; Haidinger in Festgabe für Erich R. Prölss S. 120, 130; Hof NJW 1982 S. 687; Lötsch, Die Risikobeschränkungen, Hamburg 1935, S. 39-41; Ohrt ZfV 1960 S. 1046; Prölss-Martin Anm. 1 zu §49; Schmid NJW 1981 S. 2504-2509; Reimer Schmidt ZVersWiss 1968 S. 90; Sieg BB 1970 S. 110; Wriede Diss. S. 54-62; ders. VersR 1950 S. 30-31.

aa) Krankheitsbegriff in der PKV Schrifttum: Anlauf JRPV 1932 S. 353; ders. JRPV 1933 S. 104; Aye-Göbelsmann-Müller Schieckel-Schroeter Anm. 5 zu § 182; Bach-Moser Rz 49 zu § 1 MB KK; Bischofswerder JW 1929 S. 2289; Braunsberger JRPV 1929, S. 357; Elster JRPV 1932 S. 53; Fraenkel ZVersWiss 1932 S. 62; Göbbels ZVersWiss 1938 S. 198-200; Gruneke S.21-62; Guckenheimer JRPV 1932 S. 340; ders. JRPV 1933 S. 37 und 325; ders. VersArch 1932/33 S. 766; Herold VN 1960 S. 104; Hertel ZfV 1956 S. 748-750; Koenig, Schweizerisches Privatvsrecht, 2. Aufl. 1960, S. 401; Kopsch JRPV 1931 S. 465; Manes ZVersWiss 1930 S. 373; NN JRPV 1930 S. 141; Prölss-Martin Anm. 1 Czu§ 1 MB KK; Pschyrembel S. 640; Ressel JRPV 1930S. 141;SchmidtSalzer VersR 1967 S. 537-539; Siegmund, Krankheit im Privat- und Sozialvsrecht, Berlin 1934; Teichmann ZVersWiss 1935 S. 31; Wegler JRPV 1932 S. 81; Zillessen JRPV 1929 S. 361.

Wie in Anm. G 4 ausgeführt, wird in der PKV schon seit langem nicht das Eintreten einer Krankheit als das befürchtete Geschehen, d. h. als die vte Gefahr angesehen. Gleichwohl kommt der Krankheit als Bestandteil der vten Gefahr weiterhin zentrale Bedeutung zu. Denn Heilbehandlung, Arbeitsunfähigkeit und stationäre Behandlung setzen das Bestehen einer Krankheit (vgl. auch Schirmer ZVers Wiss 1986 S. 509, 552) oder mindestens den Verdacht darauf voraus (ebenso Gruneke a. a. O. S. 1 6 - 1 9 ) . Einen allgemein gültigen Krankheitsbegriff gibt es nicht (BGH 21. III. 1958 NJW 1958 S. 916, 917). Er ist, soweit in AVB verwendet, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch (vgl. Schmidt-Salzer a . a . O . ; vgl. auch BGH 13.VI. 1955 VersR 1955 S. 385) und danach zu bestimmen, in welchem Zusammenhang er verwendet wird (Siegmund a. a. O. S. 9 - 1 1 ) . In der Zeit vor Einführung der GrB bestand hierüber erheblicher Streit, der sich vor allem daraus ergab, daß nach den damals gebräuchlichen AVB die sog. alten Leiden vom Vsschutz ausgeschlossen sein sollten (vgl. dazu Anm. F 37). Es bestanden im wesentlichen drei Ansichten. Vorherrschend war und ist mit gewissen Modifikationen auch heute noch die o b j e k t i v e T h e o r i e . Danach ist Krankheit jede objektive Störung im normalen Lebensbetrieb des Organismus unabhängig davon, ob diese Störung nach außen in Erscheinung tritt und der betroffenen Person durch Beschwerden oder sonst bemerkbar wird (BGH 17. XII. 1986 BGHZ Bd. 99 S. 228 = VersR 1987 S. 278; OLG Karlsruhe 16. VII. 1986 VersR 1987 S. 302). Die Maßgeblichkeit dieser Definition wird z. T. aus dem Zusammenhang der in Betracht zu ziehenden AVB hergeleitet (so z. B. RG 26. II. 1929 VA 1929 Nr. 1979 S. 180; 10. XI. 1931 RGZ Bd. 134 S. 148, 152 — diese Entscheidungen betreffen den Krankheitsbegriff nach AVB für die Lebens-; OLG Düsseldorf 4. VI. 1928 JRPV 1928 S. 265; OLG Köln 14. X. 1931 JW 1932 S. 2555; OLG Düsseldorf 6. XII. 1937 JRPV 1938 S. 10; LG Köln 5. X. 1981 VersR 1983 S. 388), z.T. aus der Erwägung, daß der Ver nach dem Grundgedanken des Vsschutzes und ebenso nach § 2 1 nicht für Vorgänge haftbar gemacht werden soll, die z. Zt. des Beginns der Deckung bereits vorhanden waren (OLG Karlsruhe 19. II. 1930 VA 1930 Nr. 2111 S. 23; 6.1. 1932 VA 1932 Nr. 2379 S. 17; Braunsberger a. a. O.; ders. JW 1930 S. 1562; Bruck S. 629). Hiervon abweichend will Fraenkel Wriede

Κ 305

Anm. [G 6]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

(a. a. O. S. 69 ff.) nicht jede Veränderung oder Abweichung von der Norm als Krankheit werten. Wesentlich sei vielmehr die negative Beeinflussung der körperlichen Funktion über eine gewisse Mindestdauer, die mit einer Gefahr für den Organismus oder seiner Teile verbunden sei. Der Körper besitze nämlich ein großes Anpassungsvermögen und die Fähigkeit, solche Funktionsstörungen zu überwinden. Beeinträchtigungen durch Alterserscheinungen, Schrumpfung einer Niere ohne Funktionsstörungen des Organismus, Myome der Gebärmutter, die keine Beschwerden machten, ausgeglichene Herzfehler, schleichende Erkrankungen der Herzkranzgefäße, Hämorrhoiden ohne Funktionsstörungen und Plattfüße seien daher keine Erkrankungen. Nach der objektiven Theorie sind dagegen in diesen Fällen Krankheiten anzunehmen, die aber keine medizinisch notwendige Heilbehandlung erfordern und aus diesem Grunde im Rahmen eines Krankenvsvertrages nicht relevant sind (vgl. Anm. G 8). Nach der s u b j e k t i v e n T h e o r i e ist eine Krankheit erst dann als vorliegend anzunehmen, wenn der Betroffene sich krank fühlt. Danach liegt keine Krankheit vor, solange er sich im Vollbesitz seiner körperlichen und geistigen Kräfte wähnt, mag auch unbemerkt eine objektive Störung seines Organismus vorliegen. Diese Ansicht wurde vor allem vom OLG Frankfurt/M vertreten (29. VI. 1929 JRPV 1929 S. 334 = JW 1929 S. 2289 mit zustimmender Anm. von Bischofswerder; 11. II. 1931 JRPV 1931 S. 261; 6. IV. 1932 JRPV 1932 S. 155-156 - hier wird einschränkend gesagt, es genüge für die Annahme einer Krankheit, daß dem Kranken zum Bewußtsein komme, daß sein Zustand sich gegenüber früher verschlimmert habe; auf die Kenntnis von der wahren Ursache komme es nicht an). Zur Begründung seiner These hat sich dieses Gericht auch auf die Verkehrsauffassung berufen, die für die Auslegung der AVB maßgeblich sei. Auch nach Ansicht des OLG Stuttgart (11. IV. 1933 VA 1933 Nr. 2577 S. 335) sind pathologische und anatomische Veränderungen erst dann als Krankheit nach der Verkehrsanschauung anzusehen, wenn entsprechende Beschwerden in Erscheinung treten. Eine sogenannte Röntgenhaut sei daher keine Krankheit, sondern nur eine Veranlagung dazu (ähnlich LG Berlin II 8. VI. 1931 JRPV 1932 S. 203: Anlage zu einem Gebärmuttervorfall sei keine Krankheit). Demgegenüber weist Anlauf (JRPV 1933 S. 104) zutreffend darauf hin, daß der Sprachgebrauch auch den Begriff der latenten oder schleichenden Krankheit kennt, so daß auch noch nicht in Erscheinung getretene Störungen als Krankheit angesehen würden. Das spricht in der Tat für die objektive Theorie. Das Befürworten der subjektiven Theorie ist vor allem, wie erwähnt, darauf zurückzuführen, daß in früheren AVB bis zu den NoB (hier § 15 Ziff. 1) die sogenannten alten Leiden vom Vsschutz ausgeschlossen bleiben sollten. Die betreffenden Gerichte und Autoren haben es (im Ergebnis mit Recht, vgl. Anm. F 37) für nicht gerechtfertigt gehalten, solche Klauseln auch dann anzuwenden, wenn die in Betracht kommende Krankheit der Gefahrsperson bis dahin nicht bekannt war und sie daher auch nicht im Rahmen der vvAnzpfl angezeigt werden konnte. Es wurde dabei übersehen, daß die Klausel, soweit sie sich auf vor Vertragsschluß entstandene Krankheiten bezog, mit den halbzwingenden Bestimmungen der §§ 16 ff. unvereinbar ist (vgl. Anm. F 37). Eine dritte Ansicht, die sich gleichfalls auf die Verkehrsanschauung berief, hielt den m e d i z i n i s c h e n K r a n k h e i t s b e g r i f f für maßgeblich (so OLG Breslau 25. III. 1931 JRPV 1931 S. 244; Anlauf a. a. O.; Ressel a. a. O. Narjes JRPV 1932 S. 291; Zillessen a. a. O.). Sie wird heute nicht mehr vertreten. Vereinzelt ist der B e g r i f f der K r a n k h e i t auch in g e s e t z l i c h e n Bestimm u n g e n definiert worden. So heißt es in § 1 (3) des G e s e t z e s ü b e r die A u s ü b u n g der Z a h n h e i l k u n d e vom 31. III. 1952 (BGBl. I S. 221): „Als Krankheit ist jede von der Norm abweiK306

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 6]

chende Erscheinung im Bereich der Zähne, des Mundes und der Kiefer anzusehen, einschließlich der Anomalien der Zahnstellung und des Fehlens von Zähnen." Dementsprechend hat der BGH (20. V. 1958 LM Nr. 1 zum Zahnheilkundegesetz) auch das altersbedingte Fehlen von Zähnen als Krankheit angesehen. Diese Auslegung entspreche auch aus vsrechtlichen Erwägungen der Absicht des Gesetzgebers (ähnlich Döring NJW 1956 S. 1640). Schließlich mag auf die P r ä a m b e l zur S a t z u n g der W e l t g e s u n d h e i t s o r g a n i s a t i o n (BGBl. 1974 II S. 43 ff.) hingewiesen werden: „Gesundheit ist ein Zustand völligen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht ημΓ das Freisein von Krankheiten oder Gebrechen."

Aus diesem Begriff kann für die hier in Frage stehende Definition nur in dem Sinne ein Anhalt gewonnen werden, daß das Fehlen dieses Wohlbefindens ein Indiz für das Vorliegen einer Krankheit oder eines Gebrechens sein kann. Das Wohlbefinden ist ein subjektives Element. Es schließt auf der einen Seite nicht aus, daß gleichwohl — vielleicht noch unentdeckt — ein Krankheitsprozeß im medizinischen Sinne besteht, und zum andern nicht, daß ein medizinisch Gesunder sich trotzdem körperlich oder seelisch nicht wohl fühlt. Soziales Wohlbefinden ist im Rahmen der PKV ohnehin unerheblich. Diese in einzelnen Spezialgesetzen enthaltenen Krankheitsbegriffe dienen allein dem betreffenden gesetzgeberischen Zweck. Sie können keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen. Nach der R e c h t s p r e c h u n g zu § 221 S t G B wird als Krankheit jede Störung der körperlichen oder geistigen Gesundheit angesehen und damit u. a. auch starke Trunkenheit als solche aufgefaßt (vgl. die Nachweise bei Dreher-Tröndle, Strafgesetzbuch, 44. Aufl., Rz 3 zu § 221). In der G K V wird nach der Rechtsprechung des BSG (so BSG E 20. X. 1972 Bd. 35 S. 10, 12 m. w. N.) angenommen, daß ein wesentliches Merkmal einer Krankheit im Sinne des § 182 RVO in einem Abweichen des körperlichen und/oder geistigen Zustandes eines Menschen vom Regelzustand besteht. Darüber hinaus muß aber dieser den Gesundheitszustand des Betroffenen — abweichend vom Leitbild eines Gesunden — daran hindern, die naturgegebenen körperlichen und geistigen Funktionen so auszuüben, wie das bei gesunden Menschen der Fall zu sein pflegt. Der Begriff „Gesundheit" wird dabei mit dem Zustand gleichgesetzt, der dem Einzelnen die Ausübung dieser Funktionen ermöglicht. Das BSG stellt hier wesentlich darauf ab, daß auch tatsächlich eine Regelwidrigkeit vorliegt und durch Heilbehandlung gebessert, eine Verschlechterung verhütet, Beschwerden gelindert oder das Leben verlängert werden können. Es brauchen weder besondere Beschwerden oder Schmerzen vorzuliegen, noch die Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung zu drohen (28. IV. 1967 BSG E Bd. 26 S. 240, 242). In jedem Falle wird aber weiter vorausgesetzt, daß der regelwidrige Zustand entweder allein die Notwendigkeit einer Heilbehandlung erfordert oder zugleich oder ausschließlich Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (19. VI. 1963 BSG E Bd. 19 S. 179, 181; Peters in Kuhn, Das gesamte Recht der Heilberufe, Berlin 1958, S. 1/597). Jedoch wird auch dann Heilbehandlung im Rahmen der GKV gewährt, wenn der Betroffene oder der Arzt auch nur einen Krankheitsverdacht haben, der sich nicht durch entsprechende Befunde erhärten läßt (AyeGöbelsmann-Müller-Schieckel-Schroeter a. a. O.). Bei der näheren Bestimmung des K r a n k h e i t s b e g r i f f s im R a h m e n der hier e r l ä u t e r t e n AVB, die selbst — außer in § 1 II NoB (vgl. dazu unten) — dafür keine näheren Anhaltspunkte enthalten, ist auf der Grundlage der gebotenen objektiven gesetzesähnlichen Auslegung davon auszugehen, welcher vswirtschaftliche Zweck mit seiner Verwendung verfolgt wird und wie der Begriff nach dem allgemeinen Wriede

Κ 307

Anm. (G 6]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Sprachgebrauch verstanden wird (vgl. im einzelnen Bd. I Einl. Anm. 66 S. 73 f.; Prölss-Martin Vorbem. III. 4., 7. und 8.a). Die Verwendung des Begriffs dient der B e s c h r e i b u n g der v t e n G e f a h r (Anm. G 4): Gegenstand des Vsschutzes sind grundsätzlich die aufgrund einer Krankheit entstehenden materiellen Einbußen bestimmter Art. Ihrer näheren Eingrenzung dienen u. a. die Begriffe der „medizinisch notwendigen Heilbehandlung" und der „Arbeitsunfähigkeit", die ihrerseits auslegungsbedürftig sind (vgl. dazu Anm. G 8 und 50). Krankheit ist daher ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der in concreto in Betracht kommenden vten Gefahr; nur bestimmte kausale Folgen einer Erkrankung fallen unter den Vsschutz. Schon wegen dieser vstechnischen Konstruktion ist eine weite Auslegung des Begriffs geboten. Diesem Anliegen trägt auch der a l l g e m e i n e S p r a c h g e b r a u c h Rechnung. Dieser ist hier heranzuziehen, weil sich die AVB an weite Bevölkerungskreise unterschiedlichster Zusammensetzung wenden und daher der Begriffsinhalt maßgeblich sein muß, den alle Beteiligten für alle im Rahmen des Vsvertrages denkbaren Fälle damit verbinden. Der fachwissenschaftliche medizinische Begriff als solcher kommt daher nicht in Betracht (RG 21. XI. 1919 RGZ Bd. 97 S. 189, 190; BGH 13. VI. 1955 VersR 1955 S. 385; 15. VI. 1983 VersR 1983 S. 850; Anlauf a. a. O.; SchmidtSalzer a. a. O.; Prölss-Martin Anm. 1 C zu § 1 MB KK; Bach-Moser Rz 49 zu § 1 MB KK; Gruneke S. 21 ff.). Der Sprachgebrauch unterliegt entsprechend dem Eindringen weiterer medizinischer Erkenntnisse in das Allgemeinwissen einem ständigen Anpassungsprozeß. Dieses Wissen wird ferner auch von der Praxis der Sozialv beeinflußt, der die ganz überwiegende Mehrheit der deutschen Bevölkerung angehört. Gleichwohl kann der dort verwendete Begriffsinhalt nicht ohne weiteres für die PKV übernommen werden. Nach dem Sprachgebrauch werden a u c h l a t e n t v o r h a n d e n e , dem Betroffenen noch nicht bekannt gewordene p a t h o l o g i s c h e V o r g ä n g e o d e r V e r a n l a g u n g e n seines Körpers als Krankheit bezeichnet (so mit Recht Anlauf JRPV 1933 S. 104 unter Hinweis auf RG 10. XI. 1931 JRPV 1931 S. 384). Es ist daher unerheblich, ob sie ihm oder seinem Arzt erkennbar sind. Dementsprechend wird man auch eine Infizierung mit einem HIV-Virus als Krankheit anzusehen haben, wenn sie zum Ausbruch von Aids führt (vgl. AS ZfV 1988 S. 66; Wussow VersR 1988 S. 660, 664 — für die GKV). Ist das nicht der Fall und kann auch die Infektion — so nach dem bisherigen Stand der medizinischen Wissenschaft — nicht bekämpft werden, liegt keine Krankheit im Sinne der PKV vor. Zweifelhaft ist der „umgekehrte Fall", daß jemand oder sein Behandler begründeten V e r d a c h t auf d a s V o r l i e g e n einer K r a n k h e i t hat, die o b j e k t i v n i c h t gegeben ist. Nach der Rechtsprechung des BGH (20. II. 1956 VersR 1956 S. 186; 20. XII. 1956 VersR 1957 S. 55; 14. XII. 1977 VersR 1978 S. 271, 272; ebenso OLG Celle 5. X. 1962 VersR 1962 S. 1145; 27. XI. 1968 VersR 1969 S. 318; OLG Köln 4. XI. 1954 VersR 1955 S. 230) gehört zur Heilbehandlung nicht nur die unmittelbare Heiltätigkeit, sondern auch schon die erste ärztliche Untersuchung, die auf das Erkennen des Leidens zielt ohne Rücksicht darauf, ob sofort oder erst nach weiteren Untersuchungen eine endgültige und richtige Diagnose gestellt und mit der eigentlichen Therapie begonnen wird. In den entschiedenen Fällen lagen allerdings tatsächlich Krankheitsbefunde vor, die einige Zeit später eine Therapie notwendig machten. Die ersten nur diagnostischen Zwecken dienenden Untersuchungen hat der BGH jedoch auch dann zur medizinisch notwendigen Heilbehandlung gerechnet und damit das Vorliegen einer Krankheit angenommen, wenn sie zunächst zu einer falschen, unvollständigen oder gar negativen Diagnose geführt hatten: „Alle hiermit zusammenhängenden oder ihr notwendig vorausgehenden ärztlichen Verrichtungen K308

Wriede

Anm. [G 6]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

dienen letztlich der Krankheitsbekämpfung und sind im Rahmen der Gesamtbehandlung unerläßlich, es sei denn, daß sich ihr Zweck, wie ζ. B. bei reiner Gutachtertätigkeit, von vornherein im wissenschaftlichen Befund erschöpft" (20. II. 1956 VersR 1956 S. 186). Dann muß aber auch die Untersuchung nach objektiv nicht vorhandenen Krankheiten unter die Leistungspflicht des Vers fallen und damit ein rein subjektiver „Befund" als Krankheit gewertet werden, wenn der Betroffene oder sein Behandler nachvollziehbar unter dem Eindruck stehen, daß ein Befund gegeben sein kann (ebenso OLG Karlsruhe 5. III. 1981 VersR 1982 S. 263, 264; AG Hamburg 11. II. 1954 VersR 1954 S. 350; Prölss15 Anm. 4 zu § 1 NoB; Gruneke a. a. O. S. 56; ähnlich Guckenheimer JRPV 1933 S. 325). Insoweit kommt daher auch ein subjektives Moment in Betracht. Entsprechendes muß gelten, wenn im Verlauf der Behandlung einer tatsächlichen Erkrankung der Verdacht auf das Bestehen einer weiteren objektiv nicht gegebenen Krankheit auftaucht. Im gleichen Sinne billigt die GKV dem Vten Heilbehandlung zu, wenn er sich krank fühlt, auch wenn kein Befund festgestellt werden kann (Aye-Göbelsmann-Müller-Schieckel-Schroeter a. a. O.). Das verkennen Prölss-Martin und Bach-Moser a. a. O., die den Krankheitsbegriff rein objektiv verstehen und es daher für unerheblich halten, ob der Betroffene sich krank fühlt. Der subjektive Krankheitsbegriff ist ferner im Rahmen des § 4 (2) S. 2 GrB KK, KH und KT für den Leistungsausschluß bei „Wartezeiterkrankungen" bedeutsam (vgl. Anm. G 27). Schließlich kommt es auch für die wAnzpfl nur auf den subjektiven Begriff an (Gruneke a. a. O. S. 25 f.). Das Bestehen einer auch nur subjektiv angenommenen Krankheit ist nicht Voraussetzung für die in § 1 (2) b MB KK vorgesehenen Leistungen für „gezielte Vorsorgeuntersuchungen" (vgl. dazu Anm. G 42). D u r c h U n f ä l l e v e r u r s a c h t e G e s u n d h e i t s s c h ä d e n sind Krankheiten. Ihre gesonderte Erwähnung in den AVB ist entbehrlich und dient nur der Klarstellung. Es kann keinen Unterschied machen, ob es durch Einflüsse von außen — gleich welcher Art — oder durch interne Vorgänge zu einem regelwidrigen Gesundheitszustand kommt. Der Unfallbegriff ist in diesem Zusammenhang unerheblich; entscheidend ist allein, ob Gesundheitsschäden — wenn auch nur mit triftigen Gründen vermutet — vorliegen. Zum Begriff des Berufsunfalls vgl. Anm. G 24. Die D e f i n i t i o n des Krankheitsbegriffs in § 1 II NoB ist ungenau und wird auch dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht gerecht: Ein anormaler körperlicher Zustand ist ζ. B. auch bei Trunkenheit und dann gegeben, wenn jemand mit einer Mißbildung geboren worden ist oder sich später eine solche zugezogen hat. Nur solange ein solcher Befund einer Heilbehandlung zugänglich ist, wird man nach der Verkehrsauffassung von einer Krankheit sprechen können. Die Notwendigkeit ärztlichen Urteils ändert daran nichts. Eine ausdrückliche Einschränkung gegenüber dem nach den vorstehenden Ausführungen zu bestimmenden Krankheitsbegriff enthält § 15 Ziff. 7 NoB, wonach Schwangerschaftsbeschwerden, Entbindungen, Fehl- und Frühgeburten sowie deren Folgen nicht als Krankheiten „gelten". Nach juristischem Sprachgebrauch könnte damit eine Fiktion in dem Sinne gemeint sein, daß die genannten Tatbestände an sich unter den Krankheitsbegriff fallen, hier aber nicht als solche angesehen werden sollen. Das ist aber ersichtlich nicht der Sinn der Klausel, da Schwangerschaftsbeschwerden, sofern sie nicht ein gewisses Maß überschreiten, und Entbindungen als solche nicht als Krankheiten aufgefaßt werden. Vielmehr hat die Bestimmung insoweit nur klarstellende Bedeutung. Früh- und Fehlgeburten und deren Folgen sind dagegen gesundheitliche Regelwidrigkeiten im Leben einer Frau und daher als Krankheiten zu werten (ebenso BSG 30. V. 1967 BSGE 26 S. 285, 287). In dieser Hinsicht enthält die Bestimmung daher einen echten Risikoausschluß (vgl. Anm. G 25). Wriede

Κ 309

Anni. |G 6]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Bei der nachfolgenden Übersicht über G e r i c h t s e n t s c h e i d u n g e n u n d Ä u ß e r u n g e n des BAA z u m K r a n k h e i t s b e g r i f f im Sinne der AVB in konkreten Fällen ist zu berücksichtigen, daß die Gerichte — so namentlich das OLG Frankfurt/ M —, die den subjektiven Krankheitsbegriff für zutreffend hielten, zu ihren Entscheidungen, wie oben ausgeführt, wegen der Geltung des Leistungsausschlusses für vorvertraglich entstandene Krankheiten veranlaßt wurden. Im Rahmen der PKV sind als K r a n k h e i t e n g e w e r t e t worden: - Geschwulst in Kinderkopfgröße, obwohl nicht erkannt (OLG Köln 31. XII. 1927 JW 1928 S. 1755 f.), - pathologische Vorgänge an den Gallenwegen, auch wenn noch nicht in Erscheinung getreten (OLG Düsseldorf 4. VI. 1928 JRPV 1928 S. 261 f.), - Fehlgeburt (OLG Düsseldorf 11. VI. 1928 JRPV 1929 S. 85), - Myom einer Frau, wenn es abstirbt (Totalnekrose) (OLG Köln 31.1. 1931 JRPV 1931 S. 57 f.; 20. V. 1931 JW 1932 S. 3368; ähnlich Fraenkel S. 70 f.: Myom keine Krankheit, solange keine Störungen auftreten), - Bluthochdruck infolge Arteriosklerose (OLG Breslau 25. III. 1931 JRPV 1931 S. 244), - multiple Sklerose, auch wenn noch nicht erkannt (OLG Frankfurt/M 6. IV. 1932 JRPV 1932 S. 155 f.; 11. II. 1931 JW 1932 S. 3366 f.), - arteriosklerotische Gehirnstörung (LG München 8. IX. 1937 JRPV 1937 S. 363), - Bauchhöhlenschwangerschaft (RAA VA 1938 S. 94), - Prostatahypertrophie ohne Rücksicht auf Wohlbefinden des Betroffenen (OLG Hamm 8. IV. 1938 HansRGZ A 1938 Sp. 34), - nervöse Störungen (LG Wuppertal 16. X. 1952 VersR 1953 S. 52), - Blutungen bei Schwangerschaft (LG Hamburg 19. III. 1953 VersR 1953 S. 250 f.), - Dauerschnupfen (AG Koblenz 23. VI. 1954 VersR 1954 S. 505), - Tollwutverdacht, auch wenn unbegründet (GB BAV 1955/6 S. 30), - Bazillenausscheidung (GB BAV 1955/6 S. 130, ebenso BSG 27. V. 1971 BSGE 33 S. 9, 10 — bedenklich, da keine Störung des eigenen Organismus), - Harnleiterstein, sobald Behandlung erforderlich (LG Köln 28.1.1957 VersR 1957 S. 677), - Apoplexie und cerebrale Zirkulationsstörungen, wenn Dauerschaden (GB BAV 1958/9 S. 42), - Zahnlosigkeit außer bei Säuglingen (BGH 20. V. 1958 LM Nr. 1 ZahnheilkundeG), - Alkoholsucht schweren Grades, auch wenn sie sich noch nicht als Geisteskrankheit oder in körperlicher Erscheinungsform darstellt (BSG 18. VI. 1968 BSGE 28 S. 114, 115 f.), - Brusthypertrophie (offen gelassen von LG München I 22.1. 1975 VersR 1976 S. 654 — wohl dann als Krankheit anzuerkennen, wenn etwa Ursache für psychische Störungen), - Schlaganfall, solange Besserung der Folgen möglich erscheint (OLG Düsseldorf 13. III. 1973 VersR 1973 S. 636), - Adiposi tas (insoweit ist umstritten, ob auch die allein auf erhöhter Kalorienzufuhr beruhende Fettleibigkeit schon als Krankheit oder nur als Risikofaktor für krankhafte Folgeerscheinungen anzusehen ist, was richtig sein dürfte. A. A. BGH 29. XI. 1978 VersR 1979 S. 221; dazu kritisch Bach VersR 1979 S. 792-794; zustimmend dagegen BAA VA 1979 S. 135; ebenso OLG Hamm 16. IX. 1977 VersR 1978 S. 414 - Vorentscheidung zu BGH a. a. O.; OLG Köln 7.1. 1982 VersR 1983 S. 387; OLG Hamm 12. III. 1982 VersR 1982 S. 996; LG Hamburg 29. X. 1980 VersR 1981 S. 1049; K310

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 6]

verneinend haben sich geäußert: OLG Koblenz 14.1. 1986 VerbB 1986 S. 37; LG Köln 7. XII. 1979 VersR 1980 S. 274 f.; LG Freiburg 24.1. 1980 VersR 1980 S. 524; 23. VIII. 1978 VersR 1978 S. 1062 - der Leitsatz findet aber in den Gründen keine Stütze; AG Köln 20. VI. 1980 VersR 1980 S. 1041), — Transsexualität anerkannt für GKV (BSozG 6. VIII. 1987 NJW 1988 S. 1550 f.; LSG Stuttgart 27. XI. 1981 NJW 1982 S. 718: Der Betroffene empfinde seine Geschlechtsorgane und Merkmale als Irrtum der Natur und sei mit allen Mitteln bestrebt, diesen zu korrigieren. Er schrecke nicht vor den gefährlichsten und schmerzhaftesten Selbstverstümmelungen zurück, wenn er auf andere Weise mit seinen Bestrebungen nicht durchdringe. — In solchen Fällen wird auch für die PKV eine Krankheit anzunehmen sein (vgl. auch VerbB 1980 S. 49). — psychische Störungen aus begründeter Furcht vor Problemschwangerschaft und Mißbildung zu erwartender Kinder (LG München 22.1. 1975 VersR 1976 S. 654; LG Köln 6. V. 1983 VersR 1983 S. 1180), — Sterilität einer Frau, Überwindung der Kinderlosigkeit durch extrakorporale Befruchtung (BGH 17. XII. 1986 VersR 1987 S. 278 und 280 = NJW 1987 S. 703: ärztliche Maßnahmen, durch die die Funktion ausgefallener Organe ersetzt werden sollen, sind Heilbehandlung; vgl. ferner OLG Karlsruhe 6. II. 1986 NJW 1986 S. 1552; LG München 19. IX. 1984 VersR 1985 S. 332 f.; LG NürnbergFürth 13. IV. 1984 NJW 1984 S. 1828; LSG Gelsenkirchen 8. IX. 1983 NJW 1984 S. 1839; Lehming VW 1984 S. 327); verneinend OLG Nürnberg 28. II. 1985 NJW 1985 S. 2203; LG Bamberg 15. III. 1984 VersR 1985 S. 332; LG Freiburg 27. II. 1985 VersR 1986 S. 570, die Sterilität wohl auch als Krankheit ansehen, die extrakorporale Befruchtung aber nicht als Heilbehandlung werten, da die Sterilität damit nicht gebessert oder beseitigt werde. — Insemination einer gesunden Frau wegen ungenügender Qualität des Spermas des Ehemannes, da beide Partner als Einheit betrachtet werden müßten (LG Stuttgart 28. XI. 1984 VersR 1985 S. 776, 777 - eine unhaltbare Entscheidung, da es allein auf den Gesundheitszustand der Frau ankam; in diesem Sinne auch AG Hamburg 30. III. 1984 VersR 1985 S. 334); N i c h t als K r a n k h e i t e n sind a n e r k a n n t worden: — Gallensteine, da oft nur Anlage zum Ausbruch einer Krankheit (OLG Köln 7. III. 1928 JRPV 1928 S. 158), — Verkalkung der Herzkranzgefäße, solange nicht erkennbar, aber Krankheit im medizinischen Sinne (OLG München 15. XI. 1929 JW 1931 S. 1503), — Vorhandensein von Tbc-Bazillen, solange kein Organ zerstörend angegriffen (KG 24. IX. 1930 JRPV 1930 S. 420), — ausgeheilte Rückgratverkrümmung aufgrund „englischer Krankheit", da nur noch Veranlagung für Folgeerkrankungen (OLG Düsseldorf 23. X. 1930 VA 1930 Nr. 2203 S. 245 f.), — Herausbildung einer Zyste in den Anfängen (KG 28. II. 1931 JRPV 1931 S. 149), — Bruchanlage, da nur anormaler Zustand, aus dem sich Krankheit entwickeln kann. Beseitigung einer solchen Anlage ist nur vorbeugende Maßnahme (OLG Köln 25. II. 1932 JRPV 1932 S. 267), — Röntgenhaut (OLG Stuttgart 11. IV. 1933 VA 1933 Nr. 2577 S. 335), — funktionelle Magen- und Darmbeschwerden, nervöse Erschöpfungszustände, wegen der keine Behandlung erfolgte (LG Bremen 24. V. 1951 VersR 1952 S. 34 mit ablehnender Stellungnahme von Buchner, die zutreffend erscheint), — Klimakterium, sofern nicht besondere Folgeerscheinungen wie Bluthochdruck und Kreislaufstörungen eintreten (AG Wuppertal 13. VI. 1952 VersR 1952 S. 348), Wriede

Κ 311

Anm. [G 7, G 8] -

-

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Schwangerschaftsabbruch aus sozialer Indikation (AG Bremen 2. XI. 1977, LG Bremen 10. IV. 1978 VersR 1978 S. 1036; LG Berlin 4. VI. 1981 VersR 1983 S. 1180, 1181), Hautfalten unter den Augen (LG Köln 5. X. 1981 VersR 1983 S. 388), Legasthenie (LG Düsseldorf 9. II. 1984 AktZ 22 S 218/84; BSG 10. VII. 1979 BSG E 48 S. 258), Minderwuchs (OLG Hamm 8. XI. 1985 NJW 1986 S. 1554), ohne medizinische Indikation bewußt und gewollt herbeigeführte Unfruchtbarkeit (BSG 12. XI. 1985 NJW 1986 S. 1572) - für die PKV dürfte eine Krankheit anzunehmen sein, ein Leistungsanspruch aber an § 61 oder den entsprechenden Bestimmungen der AVB scheitern.

[G 7] bb) (Medizinisch) notwendige Heilbehandlung Sowohl in der Krankheitskosten- als auch in den Tagegeldvsverträgen der GrB und der MB kommt dem Begriff der medizinisch notwendigen Heilbehandlung wesentliche Bedeutung zu. Die nachstehenden Ausführungen (Anm. G 8 —17) hierzu für die Krankheitskostenv gelten daher auch für Tagegeldvsverträge, bei welchen die primäre Gefahrumschreibung weitere Tatbestandsmerkmale enthält (vgl. Anm. G 47 und G 50). [G 8] aaa) Krankheitskostenv α) Primäre Gefahrumschreibung Schrifttum: Bach VersR 1979 S. 792-797; Gruneke S. 6 2 - 8 7 ; Kienle NJW 1976 S. 1126-1131; Kriele NJW 1976 S. 355-358; ders. Erfahrungsmedizin 1985 S. 991-999; Leibholz, Gutachten über das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit und seine Bedeutung für die Homöopathie, Göttingen 1982 (unveröffentlicht); Mallach ZVersWiss 1980 S. 357-376; Müller MDR 1980 S. 881-883; Schmid NJW 1981 S. 2504-2505; Schulz ZfV 1958 S. 249, 289; Walther NJW 1982 S. 2592-2593; Wriede Diss. S. 123-124; ders. VersR 1950 S. 3 0 - 3 1 .

In der Krankheitskostenv muß zur Krankheit (Anm. G 6) nach den hier erläuterten AVB eine „notwendige Krankenpflege" ( § 1 1 NoB), müssen „notwendige Aufwendungen für Heilbehandlung" oder „Aufwendungen für notwendige Heilbehandlung" (Präambel bzw. § 4 (1) GrB KK) bzw. Aufwendungen für „die medizinisch notwendige Heilbehandlung" (§ 1 (1) a, (2) MB KK) hinzutreten; erst damit verwirklicht sich die vte Gefahr und beginnt der Vsfall (Anm. G 38). A u f w e n d u n g e n im zivilrechtlichen Sinne sind freiwillige Aufopferungen von Vermögenswerten zum Erreichen eines bestimmten Zwecks, d. h. die Weggabe von Aktivwerten oder die Übernahme von Verbindlichkeiten (vgl. z. B. Palandt-Heinrichs Anm. 1 zu § 256). Zu eng ist die Auffassung von Prölss-Martin (Anm. 2 A zu § 2 MB KK) und Schulz (a. a. O. S. 250), die darauf abstellen, daß der Vmer/Vte Verbindlichkeiten aufgrund von Dienst-, Werk- und Werklieferungsverträgen eingegangen sein muß. Z. B. hat der Apotheker, der die ihm verordneten Arzneien aus seiner Apotheke entnimmt, auch ohne Vertragsabschluß mit einem Dritten Aufwendungen in Höhe seiner Selbstkosten (vgl. LG Bayreuth 28.1.1964 VersR 1965 S. 77). Ebenso können dem Vmer/Vten Aufwendungen entstehen, wenn ihm eine Heilbehandlung, z. B. bei Unfällen, im Wege einer Geschäftsführung ohne Auftrag zuteil wird (§ 683 BGB). Abgesehen von solchen Aufwendungen durch Realakte, entstehen sie regelmäßig mit der tatsächlichen Inanspruchnahme des Behandlers, mag auch schon vorher ein dahingehender Vertrag abgeschlossen worden sein. Durch diesen Abschluß entsteht die Verbindlichkeit und damit die Aufwendung zunächst nur dem Grunde nach. Der Beginn der Heilbehandlung fällt mit der tatsächlichen InanspruchK312

Wriede

Anm. [G 8]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

nähme des Behandlers zusammen. Erst damit wird der Vertrag ausgefüllt und entsteht die Honorarforderung der Höhe nach (ähnlich Schulz a. a. O.). (Nachträgliche) Preisnachlässe des Behandlers mindern die Leistungspflicht des Vers entsprechend (OLG Nürnberg 9. IV. 1987 VersR 1988 S. 1207 mit Anm. von Kalis). Kommt es trotz Vertragsschluß nicht zu einer solchen Inanspruchnahme, so kann ein Schadensersatzanspruch des Behandlers, etwa des Krankenhauses, das einen Bettplatz reserviert hatte, gegeben sein. Dafür haftet der Ver nicht. W e n n der V m e r / V t e sich selbst b e h a n d e l t oder sich durch seinen Bediensteten behandeln läßt, entstehen ihm außer für die dabei notwendige Beschaffung von Leistungen Dritter, sog. Sachkosten (vgl. § 5 (1) g S. 2 MB KK), keine Aufwendungen im vorstehenden Sinne (LG Trier 25. VIII. 1988 VersR 1988 S. 1175; AG Trier 9. XII. 1987 VersR 1988 S. 1066). Das gleiche gilt, wenn er eine in seinen Vertrag einbezogene Gefahrsperson o e A behandelt, für deren Behandlungskosten er aufzukommen hat (z. B. aufgrund gesetzlicher Unterhaltspflicht oder sonst bestehender vergleichbarer Verpflichtung, etwa wegen eines Dienstvertrages). Denn eine gegen diese Gefahrsperson gerichtete Honorarforderung würde angesichts dieser Fürsorgepflicht auf ihn zurückfallen. Anders wäre es nur, wenn (auch) dieser eigene Arbeitsaufwand des Vmers/Vten durch den Vsvertrag gedeckt wird. Das ist z. B. im Rahmen eines Gruppenvsvertrages denkbar. Bei stationärer oder ambulanter B e h a n d l u n g in einem K r a n k e n h a u s e , an dessen T r ä g e r der V m e r / V t e b e t e i l i g t ist, wird es darauf ankommen, ob diese Beteiligung so wesentlich ist, daß er den Behandlungsvertrag, wirtschaftlich betrachtet, mit sich selbst abschließt. Dann entstehen ihm nur die tatsächlichen Aufwendungen des Hauses für Unterbringung, Verpflegung, Behandlung durch angestellte Ärzte, Medikamente u. dgl. Nur diese kann er vom Ver ersetzt verlangen. Trotz der unterschiedlichen oben zitierten Wortfassungen sind die erwähnten Gefahrbeschreibungen praktisch gleichbedeutend. Sie werden von Rechtsprechung und Literatur im wesentlichen in gleichem Sinne verstanden. So haben schon Guckenheimer (JRPV 1933 S. 325, 326) und NN (JRPV 1933 S. 346, 347) § 11 NoB dahin interpretiert, daß eine medizinisch notwendige Heilbehandlung erforderlich sei, indem sie betonen, daß eine aus übertriebener Ängstlichkeit nachgesuchte Behandlung nicht unter die Leistungspflicht des Vers falle (ebenso Ehrenzweig S. 451). Das von den NoB verwendete Wort „Krankenpflege", das auch die Behandlung nicht mehr besserungsfähiger Krankheitszustände umfassen könnte, ist, wie Ehrenzweig a. a. O. mit Recht bemerkt, „vergriffen", d. h. falsch gewählt; vielmehr ist auch hier eine Heilbehandlung im nachstehenden Sinne gemeint, wie der weitere Inhalt der NoB ergibt und wie sie auch nach den GrB KK und MB KK zu verstehen ist (vgl. OLG Köln 4. XI. 1954 VersR 1955 S. 230, 231 zu AVB, die weitgehend mit den NoB übereinstimmen, und ferner BGH 20. II. 1956 VersR 1956 S. 186 in der Revisionsentscheidung hierzu). Die unterschiedliche Wortfassung in den zitierten Bestimmungen der GrB KK ist daraus zu erklären, daß die Präambel ersichtlich den Vsschutz im allgemeinen kennzeichnen soll als eine Art Zusammenfassung des Inhalts des § 4 (1) S. 1 und (8), während diese Bestimmungen die Leistungspflicht des Vers — dem Grunde nach — präzisieren und damit zugleich die vte Gefahr umschreiben. Gleichwohl sind die unterschiedlichen Fassungen auffällig und können zu Auslegungsschwierigkeit führen (Möller Rechtsprobleme S. 72). Als „notwendige Heilbehandlung" kann jedenfalls auch nach diesen AVB nur eine medizinisch notwendige verstanden werden. Denn es wäre mit dem Gesamtinteresse aller Vmer an einem preisgünstigem Vsschutz nicht zu vereinbaren, die Notwendigkeit etwa nach der Ansicht der betroffenen Gefahrsperson oder eines sonstigen Dritten, der nicht als Heilbehandler zugelassen ist, bestimmen zu wollen. Wriede

Κ 313

Anm. [G 8]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Zweifel dieser Art können bei Geltung der MB KK nicht auftreten, da sie ausdrücklich die medizinische Notwendigkeit der Heilbehandlung voraussetzen (§ 1 (1) S. 2 a, (2) S. 1), die zudem „wissenschaftlich allgemein anerkannten" Methoden entsprechen muß (§ 5 (1) f MB KK). Der B e g r i f f d e r H e i l b e h a n d l u n g umfaßt alle nach medizinischen Grundsätzen durchgeführten ambulanten oder stationären Maßnahmen eines Arztes, Zahnarztes oder Heilpraktikers (bei diesen kommt nur eine ambulante Behandlung in Betracht, vgl. Anm. G 13 und 14) einschließlich der auf ihre Veranlassung und unter ihrer Verantwortung von Dritten ausgeführten (vgl. Anm. G 16 und 17; Uhlenbrock NJW 1972 S. 2201, 2202), die auf das Erfassen, Heilen, Bessern, Verhüten einer Verschlimmerung und auch nur Lindern der Beschwerden einer Krankheit gerichtet sind (vgl. ζ. B. BGH 14. XII. 1977 VersR 1978 S. 271, 272; 25.1.1978 VersR 1978 S. 362, 364; OLG Köln 4. XI. 1954 VersR 1955 S. 230; OLG Celle 5. X. 1962 VersR 1962 S. 1145; 27. XI. 1968 VersR 1969 S. 318; OLG Düsseldorf 13. III. 1973 VersR 1973 S. 636; OLG Karlsruhe 5. III. 1981 VersR 1982 S.263f.; OLG Hamm 21. VII. 1982 VersR 1983 S. 385; OLG Köln 21. III. 1985 RuS 1987 S. 143; OLG München 18. IX. 1986 NJW 1987 S. 717; Bach-Moser Rz 7 f. zu § 1; Göbbels, Schriftenreihe des Instituts für Vswissenschaft an der Universität Köln, Heft 1—2 S. 57; GB BAV 1956/57 S. 36). Das Ausführen von Empfehlungen über die allgemeine Lebensführung gehört jedoch nicht dazu (OLG München 18. IX. 1986 NJW 1987 S. 717). Diagnostische und therapeutische Maßnahmen kommen auch dann als Heilbehandlung in Betracht, wenn Grund zu der Annahme eines Krankheitsbefundes besteht, dieser aber objektiv nicht vorliegt (vgl. die Ausführungen in Anm. G 6). Der BGH (17. XII. 1986 VersR 1987 S. 278 = NJW 1987 S. 703) rechnet zur Heilbehandlung auch ärztliche Maßnahmen, durch die die Funktion ausgefallener Organe ersetzt werden sollen, in concreto die Uberwindung der Sterilität einer Frau durch extrakorporale Befruchtung (ebenso OLG Karlsruhe 16. VII. 1986 VersR 1987 S. 302; OLG München 30. VI. 1987 VersR 1987 S. 1186). K e i n e H e i l b e h a n d l u n g liegt vor in sog. S i e c h e n f ä l l e n , bei welchen dem Patienten durch medizinische Maßnahmen keine Linderung oder Besserung seines Zustandes mehr zuteil und auch der körperliche oder geistige Verfall nicht mehr aufgehalten werden kann. Dabei ist jedoch ein Unterschied zwischen den Aufwendungen für eine stationäre Pflegebehandlung — besser gesagt: Verwahrung — und ärztlichen Maßnahmen zu machen, die dem Betroffenen seinen Zustand erleichtern sollen. In letzterer Hinsicht liegen vielfach Heilmaßnahmen vor, soweit es sich nicht um die bloße Betreuung des Siechen handelt (vgl. BSozG 12. XII. 1979 BSG E 49 S. 216, 217; OLG Stuttgart 22. XII. 1977 VersR 1979 S. 712; OLG Köln 21. III. 1985 RuS 1987 S. 143 bei wiederholten Psychosen; Bach-Moser Rz 5 8 - 6 1 zu §5; Genaueres in Anm. G 35). Auch hier ist auf die Vertretbarkeit der getroffenen Maßnahmen im Sinne der Rechtsprechung des BGH (29. XI. 1978 VersR 1979 S. 221) abzustellen (vgl. dazu weiter unten). Die Heilbehandlung muß m e d i z i n i s c h n o t w e n d i g sein; dabei werden Methoden der sog. Erfahrungsmedizin mit einbezogen werden müssen (vgl. dazu unten). Es ist allgemein anerkannt, daß die B e u r t e i l u n g nicht ex post und nach dem Ergebnis der Behandlung erfolgen kann, sondern allein auf der G r u n d l a g e d e r jeweils, d.h. bei Beginn oder im Verlauf der Behandlung, e r k e n n b a r e n Tatsachen(OLG Hamm 15. III. 1972 VersR 1972 S. 777; OLG Hamburg 24. VIII. 1977 VersR 1978 S. 814, 815; OLG Köln 7.1.1982 VersR 1983 S. 387; 21. III. 1985 RuS 1987 S. 143; OLG Hamm 21. VII. 1982 VersR 1983 S. 385, 386; Bach-Moser Rz 15 zu § 1 MB KK; Schmid a. a. O.) und des jeweiligen Standes der in steter Fortentwicklung begriffenen medizinischen Wissenschaft (OLG Köln a. a. O.) sowie der sich K314

Wriede

Anm. [G 8]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

ebenfalls weiter entwickelnden Erfahrungsmedizin (falls diese als wissenschaftlich anerkannt werden sollte, vgl. dazu unten). Bei der nach diesen Grundsätzen vorzunehmenden Prüfung ist grundsätzlich ein o b j e k t i v e r M a ß s t a b anzulegen (BGH 14. XII. 1977 VersR 1978 S. 271,272; 29. XI. 1978 VersR 1979 S. 221; OLG Hamburg 16. IX. 1952 VersR 1952 S. 362; OLG Bamberg 7.1.1977 VersR 1977 S. 538; LG Dortmund 27. IV. 1953 ZfV 1953 S. 263; AG Hamburg 24. III. 1956 ZfV 1953 S. 179; Möller DVZ 1951 S. 54; Radetzky VersR 1952 S. 396; Schultz ZfV 1962 S. 170; Bach VersR 1979 S. 792; ders. MDR 1981 S. 462-463), also nicht allein auf die Ansicht des Behandlers abzustellen (OLG Oldenburg 24. II. 1972 VersR 1972 S. 776, 777; dazu Herkner VersR 1972 S. 943 f. und A. S. ZfV 1972 S. 627; OLG Bamberg 14. III. 1979 VersR 1979 S. 639, 640; a. A. Müller a. a. O., der unter Hinweis auf § 5 AGBG die Ansicht des Behandlers für entscheidend hält; ebenso OLG Hamm 21. VII. 1982 VersR 1983 S. 385, 386). Die Beurteilung des Behandlers wird allerdings in der Regel ein wesentliches Indiz für die medizinische Notwendigkeit darstellen (OLG Hamm 15. III. 1972 VersR 1972 S. 777; LG Hamburg 10.1.1952 VersR 1952 S. 396; Radetzky a. a. O.; a. A. LG Dortmund a. a. O.). Unerheblich ist die Auffassung einer Berufsgenossenschaft, die eine längere Behandlung als die medizinisch notwendige für geboten hält (LG Koblenz 10. XI. 1977 VersR 1978 S. 1012). Maßnahmen, die sich aufgrund der Unerfahrenheit des Behandlers als überflüssig herausstellen, sind nicht anzuerkennen (LG Köln 7. XII. 1979 VersR 1980 S. 525). Nach der n e u e r e n R e c h t s p r e c h u n g des B G H (29. XI. 1978 VersR 1979 S. 221 ff.; 17. XII. 1986 BGHZ Bd. 99 S. 228 = VersR 1987 S. 278; in gleichem Sinne OLG Köln 16. X. 1978 VersR 1980 S. 426; 7.1.1982 VersR 1983 S. 387; 12. XI. 1986 RuS 1987 S. 54; Prölss-Martin Anm. 2 Β a zu § 1 MB KK) soll es n i c h t a u s s c h l i e ß lich auf o b j e k t i v e G e s i c h t s p u n k t e ankommen, s o n d e r n darauf ob es n a c h den o b j e k t i v e n B e f u n d e n v e r t r e t b a r war, die e r g r i f f e n e n M a ß n a h m e n als n o t w e n d i g a n z u s e h e n , d. h. bei der Beurteilung der Ansicht des Behandlers einen mehr subjektiv bestimmten Maßstab anzulegen (dagegen OLG Bamberg 14. III. 1979 VersR 1979 S. 639, 640; Bach VersR 1979 S. 792, 793). Der BGH betont bei seiner Entscheidung die Interessenlage des Vmers, der als Laie nicht beurteilen könne, ob die bei ihm angewandte Therapie richtig und notwendig sei, ob sie ambulant oder stationär durchgeführt werden müsse. Er neigt damit den Erwägungen von Müller a. a. O. zu. Es sei für den Vmer unzumutbar, dieses Risiko uneingeschränkt tragen zu müssen (ähnlich schon OLG Hamm 16. IX. 1977 VersR 1978 S. 414): „Mehr als der Nachweis, daß es nach den damaligen Befunden und Erkenntnissen vertretbar war, die Behandlung als notwendig durchzuführen, kann mit Rücksicht auf Sinn und Zweck der vorliegenden AVB vom Vmer nach Treu und Glauben aber nicht verlangt werden. Jedenfalls dann, wenn die Entscheidung des behandelnden Arztes diesem Maßstab entspricht, muß der Vmer ihr auch im Blick auf seine Kranken- und Krankenhaustagegeldv vertrauen dürfen."

OLG Hamm (21. VII. 1982 VersR 1983 S. 385, 386) hat diese Ausführungen dahin zu interpretieren versucht, daß es nicht genüge, daß eine Heilbehandlung dem Arzt sinnvoll, nützlich oder vertretbar erscheine. Vielmehr müsse er auch davon überzeugt sein, daß die Behandlung nach medizinischen Erkenntnissen und Erfahrungen erforderlich sei, um den gewünschten Heilerfolg zu erreichen. Es will damit die Entscheidung über die medizinische Notwendigkeit nach der subjektiven Auffassung des Behandlers beurteilt wissen, während der BGH offensichtlich die o b j e k t i ν e Vertretbarkeit im Auge hat. Man wird dem Problem am besten gerecht werden können, indem man von den allgemeinen Grundsätzen über die Auslegung von AVB ausgeht (vgl. ζ. B. PrölssWriede

Κ 315

Anm. [G 8]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Martin Vorbem. III 8): Diese sind nach objektiven Gesichtspunkten ähnlich wie Gesetze unter Beachtung des wirtschaftlichen Zwecks der getroffenen Regelung und der gewählten Ausdrucksweise, den sie für a l l e Beteiligten und für alle Fälle vernünftigerweise gleichmäßig haben müssen, auszulegen. Innerhalb dieses objektiv zu bestimmenden Rahmens kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Vmers ohne vsrechtliche Spezialkenntnisse und damit — auch — auf seine Interessen an (BGH 16. VI. 1982 VersR 1982 S. 841, 842), die aber nicht vom konkreten Fall her zu bestimmen sind, wie Prölss-Martin a. a. O. mit Recht betonen. Dem entspricht es, wie bereits erwähnt, den Begriff der medizinischen Notwendigkeit grundsätzlich nach objektiven Gesichtspunkten zu bestimmen (OLG Hamburg 3. XII. 1964 VersR 1965 S. 174; Prölss-Martin Anm. 2 Β a zu § 1 MB KK), d. h. auf die zu Beginn und während der jeweiligen Behandlungsphasen allgemein anerkannten Ergebnisse der medizinischen Wissenschaft (einschließlich der sog. Erfahrungsmedizin; vgl. dazu unten) und nicht auf die davon etwa abweichende subjektive Ansicht des Behandlers oder seines Patienten abzustellen (OLG Oldenburg 24. II. 1972 VersR 1972 S. 776; OLG Bamberg 14. III. 1979 VersR 1979 S. 639 gegen OLG Hamm 16. IX. 1977 VersR 1978 S. 414; OLG Stuttgart 22. XII. 1977 VersR 1979 S. 712). Es ist hierbei unerheblich, ob spätere Erkenntnisse der Wissenschaft jene Entscheidungen als unrichtig erscheinen lassen (OLG Hamburg 15. III. 1977 VersR 1977 S. 777). Bei alledem ist jedoch zu beachten, daß auch in der Medizin vielfach von einander abweichende Auffassungen vertreten werden. Zur Ausfüllung des hier erörterten Begriffs stehen daher oft für Diagnostik und Therapie mehrere Möglichkeiten offen. Soweit diese in Fachkreisen eine gewisse Anerkennung gefunden haben, entsprechen sie den Grundsätzen der medizinischen Wissenschaft. Insoweit kann daher von einer Vertretbarkeit bei der Wahl der einen oder anderen Behandlungsmethode gesprochen werden (ähnlich Kriele a. a. O. S. 995). Die Notwendigkeit der Anwendung der danach vertretbaren Maßnahmen hängt von den jeweils erkennbaren oder mit Wahrscheinlichkeit zu vermutenden Befunden ab. Auch hierbei steht dem Behandler für seine Entschlußfassung eine gewisse „Bandbreite" zur Verfügung, die sich gleichfalls aus dem Rahmen anerkannter medizinischer Grundsätze im obigen Sinne ergibt. Ihre Auswahl muß ebenso objektiv vertretbar sein. In gleichem Sinne werden die „Leistungen ..., die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind" (§ 1 (3) GOÄ) verstanden (vgl. ζ. B. Goetz-Matzke-Schirmer Anm. 6 zu § 1). Danach kann sich der Begriff der Vertretbarkeit nur auf die Frage beziehen, ob sich die ergriffenen Behandlungsmaßnahmen im dargelegten Rahmen bewegen. Für die Einbeziehung der Interessenlage des Vmers, die der BGH a. a. O. in den Vordergrund rückt, bietet der Begriff „medizinisch notwendige Heilbehandlung" keinen Anhalt. Das muß umso mehr angenommen werden, als der Ver gemäß §§ 16 Ziff. 3 NoB, 4 (8) GrB KK, 4 (7) GrB KH, 5 (2) MB KK berechtigt sein soll, bei übermäßiger Inanspruchnahme von Heilbehandlung seine Leistungen auf ein angemessenes Maß zu reduzieren (vgl. dazu Anm. G 33). Auch daraus wird deutlich, daß es nicht auf die subjektiven Interessen des Vmers oder die Ansicht des Behandlers ankommt, soweit diese unvertretbar sind. In ähnlichem Sinne ist auch § 15 Ziff. 5 NoB zu verstehen, wonach „Kosten, die nicht unmittelbar zur Behebung von Krankheitszuständen notwendig sind, insbesondere ... Kosten für Pflegepersonal, Kilometergelder, Transportunkosten und Desinfektionen"

nicht zu den Leistungen des Vers gehören. Der in den Vordergrund gerückte Satz enthält nur eine Klarstellung; er ist angesichts des Begriffs der medizinisch notwendigen Heilbehandlung entbehrlich. Die im letzten Satzteil aufgeführten AufwendunK316

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 8]

gen — außer Desinfektionen — können jedoch dazugehören. Insoweit liegt daher eine Abgrenzung des Leistungskatalogs vor. Desinfektionen gehören nicht zur Heilbehandlung, können aber im Rahmen des § 62 bedeutsam werden, wenn der Vertrag weitere Gefahrspersonen umfaßt, für die Infektionsgefahr besteht. Insoweit wäre der Leistungsausschluß nicht von vornherein unwirksam, da § 63 nicht zwingend ist (§ 68 a). Das kann gleichwohl der Fall sein wegen Verletzung des Grundsatzes über die Vertragsgerechtigkeit, da die Pflicht zur Erstattung von Rettungskosten die Kehrseite der dem Vmer im Interesse des Vers auferlegten Pflicht zur Schadensabwendung ist (vgl. BGH 21. III. 1977 VersR 1977 S. 709, 710 Ii. Sp. oben). Der Begriff der Vertretbarkeit einer Behandlungsmethode ist auch in einem weiteren Zusammenhang beachtlich, so wenn es um Inhalt und Umfang der konkreten Maßnahmen geht. Es kann zweifelhaft sein, ob im Einzelfall eine ambulante Behandlung ausreichend oder eine stationäre erforderlich ist (vgl. OLG Bamberg 14. III. 1979 VersR 1979 S. 639, 640; Ν. N. ZfV 1980 S. 176 im Anschluß an BSG 12. XII. 1979 BSGE 49 S. 216, 217), ob es notwendig war, eine schwer kopfverletzte Gefahrsperson statt in ein nahe gelegenes spanisches Krankenhaus durch Lufttransport in eine neurochirurgische Spezialklinik nach Deutschland zu bringen (OLG Hamburg 24. III. 1977 VersR 1978 S. 814; vgl. auch OLG Koblenz 27. VI. 1986 VerbB 1986 S. 37). Hier wird man die gleichen Erwägungen zugrundelegen müssen wie oben ausgeführt. Bach (VersR 1979 S. 792, 793 f.) versucht, den Begriff der Vertretbarkeit dahin zu präzisieren, daß der Behandler nicht schuldhaft eine falsche Entscheidung treffen, er ferner nur die erfolgreicher und gefahrloser erscheinende Therapie anwenden dürfe und den Kostenaufwand in angemessenem Rahmen halten müsse. Damit kommen aber wieder subjektive auf die Person des Behandlers bezogene Elemente in den Begriff der Notwendigkeit hinein. H e i l b e h a n d l u n g im Sinne der hier erläuterten AVB soll eine in d e r m e d i z i n i s c h e n W i s s e n s c h a f t „ a l l g e m e i n a n e r k a n n t e " sein. Das wird zwar in den NoB und GrB nicht ausdrücklich gesagt, ergibt sich aber für sie daraus, daß nach ihrem weiteren Inhalt (vgl. §§ 14 NoB, 5 (1) a GrB KK, KH und KT) und nach den unternehmensspezifischen Tarifen/Tarifbedingungen nur Aufwendungen ersetzt werden, die durch Maßnahmen und Anordnungen approbierter Behandler veranlaßt sind. Für die MB KK folgt dies aus § 5 (l)f. (vgl. Anm. G 29) und — speziell für die stationäre Behandlung — aus §4 (4) und (5) (vgl. Anm. G 13 und G 28). Dieser Begriff und seine Anwendung stoßen in Theorie und Praxis auf erhebliche Zweifel (vgl. Kienle a. a. O. mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis; Kriele a. a. O.; Leibholz a. a. O.). In der Rechtsprechung wird dabei vielfach auf die Erkenntnisse der sog. Schulmedizin abgestellt und gefordert, daß sich die Behandlungsmethoden in der Praxis so durchgesetzt haben, daß in der überwiegenden Zahl gleichartiger Fälle nach statistischer Wahrscheinlichkeit ein beliebig wiederholbarer Erfolg erzielt werden kann (vgl. etwa Ullmann-Schäfer S. 67 f.; Bach-Moser Rz 53 zu § 5 MB KK). Mit dieser Begriffsbestimmung soll verhindert werden, daß dem Ver das Risiko medizinischer Experimente oder Forschung aufgebürdet wird (vgl. LG Kiel 19. III. 1956 VersR 1957 S. 661: Lanthasol-Inhalation nicht anerkannt; LG Köln 29.1.1982 VersR 1982 S. 486: Dünndarm-By-Pass-Operation zur Behandlung von Adipositas abgelehnt; AG Neuss 4. VIII. 1977 VersR 1977 S. 1119,1120: Akupunktur bei cervicaler Migräne abgelehnt; OLG Frankfurt 11. VI. 1987 NJW 1988 S. 778 = VersR 1988 S. 733: Ozonbehandlung mittels Eigenblutinfusion abgelehnt; ebenso VerwG Frankfurt 25. XI. 1987 NJW 1988 S. 2969; Schulz ZfV 1966 S. 669; Aumüller ZfV 1967 S. 84). Auch bei Prüfung dieser Voraussetzungen kommt es auf ihre Beurteilung im Zeitpunkt der Anwendung der in Zweifel gezogenen Methode an. Findet sie nachträglich die geforderte Anerkennung, so wird sich der Ver dieser Wriede

Κ 317

Anm. [G 8]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

(späteren) Erkenntnis nicht versagen können. Das würde Treu und Glauben widersprechen. Die erwähnte Definition ist indessen schon insofern zu eng, als sie den gesamten Bereich der Diagnostik nicht erfaßt, der, wie ausgeführt (Anm. G 6), zum Begriff der Heilbehandlung zu rechnen ist. Auch für diesen Bereich wird daher vorauszusetzen sein, daß die zur Ermittlung oder Ausschließung von krankhaften Befunden angewandten Verrichtungen „wissenschaftlich allgemein anerkannt" sind. Eine griffige I n h a l t s b e s t i m m u n g wird sich kaum finden lassen. Die Behandlungsmethoden der Medizin fußen auf praktischen Erfahrungen mit überkommenen und neu entwickelten Verfahren, auf Erkenntnissen über die Physis und Psyche des menschlichen Körpers sowie auf Forschungsergebnissen anderer Naturwissenschaften, insbesondere der Pharmakologie, der Chemie, Physik und Biologie. Darauf aufbauend sucht sie nach weiterführenden und einfacheren, den Patienten schonenderen Formen der Behandlung. Sie befindet sich damit — wie alle Wissenschaften — in einem ständig fortschreitenden Prozeß, der laufend neue Erkenntnisse über positive oder negative Wirkungen diagnostischer, therapeutischer oder prophylaktischer Maßnahmen vermittelt. Unter diesen Umständen ist es im Streitfalle schwierig zu entscheiden, ob eine angewandte (oder erst noch anzuwendende) Behandlungsmethode jenem Begriff entspricht. Es kann dabei nicht allein darauf ankommen, ob die Frage nur von einer Mehrzahl gehörter Gutachter bejaht oder verneint wird, sondern auf die Überzeugungskraft der von ihnen mitgeteilten und belegten theoretischen Erwägungen und praktischen Erfahrungen sowie der daraus abgeleiteten Schlußfolgerungen für den konkreten Fall. Von einem „allgemeinen Anerkenntnis" kann nicht nur dann gesprochen werden, wenn eine bestimmte Behandlungsmethode in der medizinischen Wissenschaft praktisch unangefochten ist — ob das überhaupt jemals der Fall sein wird, erscheint zweifelhaft; vielmehr m u ß es g e n ü g e n , d a ß sie eine n i c h t u n e r h e b l i c h e V e r b r e i t u n g in W i s s e n s c h a f t u n d P r a x i s g e f u n d e n hat, mag sie auch mehr oder weniger kritisiert werden (vgl. LG Köln 29.1. 1982 VersR 1982 S. 486; LG Aachen 7. III. 1986 VerbB 1986 S. 38). Keine solche Anerkennung liegt vor, wenn neue noch nicht oder nur gering erprobte, in ihren weiteren Auswirkungen noch unbekannte Behandlungsweisen angewandt werden (vgl. die oben mitgeteilten Entscheidungen; ferner auch OLG Bremen ll.V. 1955 NJW 1955 S. 1368: Arzneimittelwerbung zulässig, wenn u. a. seine Wirksamkeit nach Ansicht beachtlicher Fachkreise feststeht). Wenn im Einzelfall eine nicht diesen Anforderungen entsprechende Behandlung einen positiven Erfolg gehabt hat, ist es angesichts der Zweifelhaftigkeit des Begriffs nicht oder nur ζ. T. vertretbar, die dafür aufgewandten Kosten abzulehnen, zumal nicht auszuschließen ist, daß aufgrund weiterer Forschungen sie ihre Anerkennung finden wird (wohl ebenso BGH 2. XII. 1981 VersR 1982 S. 285 wegen Behandlung der weitgehend noch unerforschten Multiple Sklerose mit Ultraschall, die nach den (nicht beanstandeten) Feststellungen der Vorinstanz (OLG München 20.V.I980 VersR 1981 S. 325 f.) dem Patienten Linderung seiner Beschwerden gebracht hatte; vgl. ferner BVerwG 15. III. 1984 NJW 1985 S. 1413 zur Beihilfefähigkeit eines „Außenseitermittels"; Kienle a. a. O.; a. A. die dort auszugsweise mitgeteilte Entscheidung des BSG 14. III. 1975, die Kriele, Erfahrungsmedizin a. a. O. S. 996, mit Recht scharf kritisiert). Die Deutsche Krebshilfe überprüft nach ihrem Jahresbericht für 1986 (MSK-Magazin 1987 S. 5) nunmehr auch biologische Substanzen sowie Mittel und Verfahren, die schulmedizinisch nicht anerkannt sind, auf ihre Wirksamkeit für die Krebstherapie. Ohnehin ist seit langem anerkannt, daß die „Schulmedizin" keinen absoluten Vorrang genießt (vgl. RG 1. XII. 1931 RGSt Bd. 67 S. 12, 21 ff.). Es ist dabei allerdings zu beachten, daß die Mittel eines Krankenvers nicht dazu K318

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. (G 8|

bestimmt sind, Forschungsvorhaben zu finanzieren; andererseits wird aber bei der Behandlung bisher als nicht heilbar angesehener Krankheiten vielfach Neuland betreten. Die Abgrenzung kann daher im Einzelfall sehr problematisch sein. Gegenüber den B e h a n d l u n g s m e t h o d e n d e r sog. E r f a h r u n g s m e d i z i n , vor allem der Homöopathie, wird vielfach eingewandt, daß es ihr an einer wissenschaftlichen Begründung fehle, so daß Aufwendungen hierfür nicht unter die Leistungspflicht fallen würden. Diese Ansicht verkennt den Begriff der Wissenschaftlichkeit, der nach dem Grundgesetz zu bestimmen ist. Das BVerfG (29. V. 1973 BVerfGE Bd. 35 S. 79, 112 f.) hat zum Wissenschaftsbegriff im Sinne des Art. 5 III 2 GG ausgeführt: In den durch diese Bestimmung dem Wissenschaftler gewährten „Freiraum fallen vor allem die auf wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit beruhenden Prozesse, Verhaltensweisen und Entscheidungen bei dem Auffinden von Erkenntnissen, ihrer Deutung und Weitergabe. ... Damit sich Forschung und Lehre ungehindert an dem Bemühen um Wahrheit als,etwas noch nicht ganz Gefundenes und nie ganz Aufzufindendes' (Wilhelm von Humboldt) ausrichten können, ist die Wissenschaft zu einem von staatlicher Fremdbestimmung freien Bereich persönlicher und autonomer Verantwortung des einzelnen Wissenschaftlers erklärt worden. Damit ist zugleich gesagt, daß Art. 5 III GG nicht eine bestimmte Auffassung von der Wissenschaft oder eine bestimmte Wissenschaftstheorie schützen will. Seine Freiheitsgarantie erstreckt sich vielmehr ... auf a l l e s , was nach I n h a l t und F o r m als e r n s t h a f t e r p l a n m ä ß i g e r V e r s u c h zur E r m i t t l u n g der W a h r h e i t a n z u s e h e n ist. Dies folgt unmittelbar aus der prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnis."

Ähnlich definieren Maunz-Dürig-Herzog (Grundgesetz Lieferung 1—26, 1987, Rz 101 zu Art. 5 III), Wissenschaft ist „der autonome geistige Prozeß planmäßiger, methodischer und eigenverantwortlicher Suche nach Erkenntnissen sachbezogenobjektiver Wahrheit sowie kommunikativer Vermittlung solcher Erkenntnisse." Die „Schulmedizin" ist weitgehend naturwissenschaftlich ausgerichtet und sucht in diesem Bereich durch methodisches Vorgehen, insbesondere theoretische Überlegungen und entsprechende empirische Erhebungen Ursachen und Umstände von Krankheiten zu ermitteln sowie vielfach mit Hilfe von in anderen Disziplinen — so der Pharmakologie, Toxikologie, Physik, Biologie und Chemie — entwickelten Erkenntnissen den Ursachen und Auswirkungen von Krankheiten entgegenzuwirken. Demgegenüber geht die H o m ö o p a t h i e von der Überlegung aus, daß ein Mensch entweder aus sich selbst heraus oder durch äußere Einwirkungen erkranken kann. Jedes Kranksein soll durch die Gesamtheit aller „Befindungsveränderungen" des gesunden Lebensvollzuges, die „Totalität der Symptome", charakterisiert sein (Brockhaus Bd. 5 S. 393). Dieser Totalität hat das Heilvermögen der anzuwendenden Arznei zu entsprechen, mit der eine Heilung „von innen heraus" angestrebt wird. Das setzt — weitergehend als die „Schulmedizin" — eine besonders sorgfältige Beobachtung des Kranken nach Ursache, Entwicklung, Art der Beschwerden, ihrer Begleitumstände und der Persönlichkeit des Betroffenen voraus (Leibholz a. a. O. S. 10). Danach wird entschieden, ob überhaupt eine homöopathische Behandlung angezeigt oder ob nicht eine andere Therapie geboten ist. Denn jene ist nicht für die Behandlung jeder Krankheit geeignet; sie kann vor allem notwendige chirurgische Eingriffe nicht ersetzen (Leibholz a. a. O. S. 12). Die Homöopathie verfügt über eine große Anzahl geprüfter Arzneien des Mineral-, Tier- und Pflanzenreichs sowie aus erkrankten Körpergeweben, aus Erregern und Toxinen hergestellte Mittel, die in bestimmten Verdünnungen, sogenannten Potenzen, verwendet werden (Brockhaus a. a. O.). Ihre Wirkungsweise ist — oft schon vor langer Zeit — empirisch erprobt worden. Sowohl das Ermitteln der „Befindungsveränderungen", bei dem, soweit es sich um die körperlichen und geistigen Befunde des Kranken handelt, im wesentlichen die gleichen Methoden angewandt werden wie in der „Schulmedizin", als auch die Wriede

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Anm. [G 8]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Therapieverfahren sind wissenschaftlicher Art im Sinne der oben zitierten Definitionen, weil sie auf einem sorgfaltigen und planmäßigen Beobachten der Natur beruhen und darauf gerichtet sind, das Phänomen einer Krankheit zu ergründen und zu beeinflussen, m. a. W. die Wahrheit dieser Vorgänge zu ermitteln (Leibholz a. a. O. S. 13). Die Wissenschaftlichkeit einer medizinischen Behandlungsmethode setzt nicht notwendig voraus, daß ihre Wirkungsweise, u. a. auch die der dabei angewandten Mittel aus anderen Forschungsgebieten, im einzelnen nachvollziehbar festgestellt werden kann. Eine solche Betrachtungsweise übersieht, daß erfahrungsgemäß die Anwendung eines Mittels selbst bei gleicher Dosierung und unter gleichen Bedingungen bei verschiedenen und auch beim selben Patienten nicht notwendig identische Wirkungen erzeugt wie bei einem chemischen oder physikalischen Prozeß. Ein ganz wesentlicher Faktor ist in der Medizin bei alledem der lebende Organismus in seiner jeweiligen physischen und psychischen Verfassung. Wirkungsweise und Erfolg eines Mittels lassen sich daher nicht eindeutig, sondern nur empirisch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit feststellen und prognostizieren. Das steht dem Begriff der Wissenschaftlichkeit nicht entgegen. Der planmäßige Versuch zur Ermittlung der Wahrheit, der nach der zitierten Entscheidung des BVerfG den Wissenschaftsbegriff ausmacht, geht gerade davon aus, daß jede wissenschafltiche Erkenntnis unabgeschlossen ist oder, wie wohl zu ergänzen ist, doch mindestens sein kann. Das gilt für die „Schulmedizin" wie für die Erfahrungsmedizin in gleicher Weise. Der Umstand, daß bisher nur empirisch festgestellte Therapieerfolge mit den bis jetzt bekannten naturwissenschaftlichen Methoden vielleicht nicht nachvollziehbar sind, gestattet es nicht, sie als unwissenschaftlich zu qualifizieren (ebenso Kriele NJW a. a. O. S. 357 f.). Wenn danach — je nach dem Erfahrungsstand — solche Behandlungsmethoden mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Therapieerfolge versprechen, ist es — bei entsprechenden pathologischen Befunden — vertretbar im Sinne der Entscheidung des BGH (29. XI. 1978 VersR 1979 S. 221 ff.), sie als „wissenschaftlich allgemein anerkannt" zu werten (ebenso Kriele Erfahrungsmedizin a. a. O. S. 995, der mit Recht darauf hinweist, daß nach dem Sprachgebrauch der Rechtswissenschaft eine von der herrschenden abweichende Ansicht dann als vertretbar angesehen wird, wenn sie wissenschaftlich begründet ist). Jedoch darf ein Arzt der Naturheilkunde sich nicht über gesicherte Erkenntnisse der „Schulmedizin" hinwegsetzen (BGH 21. VI. 1960 NJW 1960 S. 2253). Angesichts der verbreiteten Ablehnung der Erfahrungsmedizin durch Vertreter der „Schulmedizin" ist es nicht angängig, bei Streit über die Wissenschaftlichkeit einer Behandlungsmethode der ersteren allein auf die Ansicht der letzteren abzustellen. Vielmehr werden dazu auch erfahrene Ärzte jener Disziplin gehört werden müssen. Zweifelhaft und widersprüchlich wäre es, wenn Ver, deren AVB oder Tarife Leistungen für die B e h a n d l u n g d u r c h zugelassene H e i l p r a k t i k e r vorsehen (so § 4 (2) S, 2 MB KK), sich darauf berufen wollten, diese entbehrten wissenschaftlicher Anerkennung. Wenn solche Leistungen zugesagt werden, nehmen die Ver in Kauf, daß auch Behandlungsmethoden honoriert werden müssen, die wissenschaftlich nicht belegt sind. Soweit Zweifel an ihrer Zweckmäßigkeit auftauchen, die nicht allein mit Hilfe der Medizin geklärt werden können, müssen sie auch an Hand der im Berufsstand der Heilpraktiker mit Erfolg erprobten Behandlungsweisen geprüft werden. Die in vorstehendem Sinne verstandene Umgrenzung der primären Gefahrumschreibung hält den Anforderungen des AGBG stand. Die oben erörterte Tragweite der Bestimmungen über die Wissenschaftlichkeit einer Behandlungsmethode ist eine Frage der Auslegung, nicht der Bestands- oder Inhaltskontrolle nach diesem Gesetz. K320

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Anm. [G 8]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Die D a r l e g u n g s - u n d Beweislast dafür, daß die Aufwendungen für in Anspruch genommene Heilbehandlung wegen einer Krankheit medizinisch notwendig und damit vertretbaren Auffassungen dieser Wissenschaft entsprach, obliegt nach allgemeinen prozessualen Regeln dem Vmer. Dazu gehört an sich u. a. auch die Darlegung, daß der Umfang der Behandlung und die Höhe der entstandenen Kosten diesen Anforderungen genügte. Von diesen Grundsätzen machen die als Ausschlußklauseln konzipierten oben erwähnten Ü b e r m a ß k l a u s e l n und auch z. B. § 5 (l)f. MB KK Ausnahmen: Die Voraussetzungen der ersteren soll ersichtlich der Ver belegen (vgl. im einzelnen Anm. G 33). Insoweit entfallt daher die Beweislast des Vmers. Er hat lediglich vorzutragen (und ggf. zu beweisen), daß ihm die Aufwendungen entstanden sind. Bleibt die Behauptung des Vers, es liege ein Übermaß vor, unbewiesen, so hat der Vmer (im Rahmen des Tarifs, vgl. Anm. G 9) Anspruch auch hinsichtlich der beanstandeten Positionen. Nach § 5 (1) f. MB KK hat der Ver die Darlegungs- und Beweislast für die mangelnde wissenschaftliche Qualität der angewandten Behandlung und Arzneimittel. Prölss-Martin (Anm. 7 zu § 5 MB KK) legen ihr mit Recht (Anm. G 9) deklaratorische Bedeutung bei. Sie wollen offenbar gleichwohl dem Vmer die Beweislast zuordnen. Dem kann nicht zugestimmt werden. Vielmehr sind die AVB insoweit zumindest widersprüchlich, so daß die Unklarheitenregel des § 5 AGBG eingreift und der Ver beweisbelastet ist. Das entbindet den Vmer nicht davon, im einzelnen die getroffenen ärztlichen Feststellungen und die darauf gegründeten weiteren Maßnahmen so vorzutragen und zu belegen, daß sie von einem Sachverständigen nachgeprüft werden können (vgl. z. B. LG Bielefeld 25. VI. 1980 VersR 1981 S. 371, das jedoch zu Unrecht annimmt, der Vmer habe die Beweislast für die wissenschaftliche Vertretbarkeit der Behandlung nachzuweisen). Dem Vmer stehen für seine B e w e i s f ü h r u n g alle prozessual zulässigen Beweismittel zur Verfügung. Hierfür kommt in erster Linie die Aussage der Behandler in Frage. Ihrer Zeugenaussage und ihren Dokumentationen begegnen die Gerichte gelegentlich mit der Besorgnis, daß gerade bei Streit über die Notwendigkeit und Angemessenheit ihrer Verrichtungen sie bestrebt sein könnten, ihre Maßnahmen als erforderlich zu verteidigen. Das LG Nürnberg-Fürth (16.1.1979 VersR 1979 S. 1097) hat sogar die Ansicht vertreten, daß zu dieser Frage neben einem gerichtlichen Sachverständigen der behandelnde Arzt nicht gehört zu werden brauche. Damit verstieß es gegen elementare Grundsätze der Beweiserhebung (vgl. z. B. Habscheid ZZP Bd. 96 S. 306, 308; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann Anm. 3 A zu § 286), indem es einen nicht erhobenen Beweis im voraus als nicht brauchbar würdigte. In R e c h t s p r e c h u n g u n d L i t e r a t u r ist die Frage, ob in concreto eine med i z i n i s c h n o t w e n d i g e H e i l b e h a n d l u n g , ihr dabei gewählter Umfang und einzelne Maßnahmen geboten waren, vielfach erörtert worden. Umstritten war oft, ob eine stationäre statt einer ambulanten Behandlung erforderlich war. Einige Beispiele sind nachstehend aufgeführt. Die N o t w e n d i g k e i t wurde b e j a h t in folgenden Fällen: — für weitere stationäre Behandlung, wenn häusliche Betreuung nach Fersenbeinbruch nicht vorhanden war (OLG Hamburg 3. XII. 1964 VersR 1965 S. 174 f.); — nach Schlaganfall, solange Besserung — ggf. durch stationäre Behandlung — möglich erscheint (OLG Düsseldorf 13. III. 1973 VersR 1973 S. 636); — Transport einer in Spanien schwer kopfverletzten Gefahrsperson zur neurochirurgischen Behandlung in einer Spezialklinik nach Deutschland (OLG Hamburg 24. III. 1977 VersR 1978 S. 814); Wriede

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Anm. |G 8]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

— Krankenhausbehandlung wegen starker alimentärer Adipositas mit Folgebeschwerden (BGH 29. XI. 1978 VersR 1979 S. 221; OLG Hamm 16. IX. 1977 VersR 1978 S. 414 - Vorinstanz; OLG Köln 7.1. 1982 VersR 1983 S. 387; OLG Hamm 21. III. 1984 VersR 1985 S. 752; LG Köln 19. IX. 1979 VersR 1980 S. 374); — für kürzere als vom Vmer in Anspruch genommene Verweildauer (LG Köln 7. XII. 1979 VersR 1980 S. 274); N o t w e n d i g k e i t v e r n e i n t wurde in folgenden Entscheidungen über Adipositasbehandlung: OLG Köln 22. IV. 1982 VersR 1983 S. 1071; OLG Hamm 12. III. 1982 VersR 1982 S. 996; OLG Bremen 21. IV. 1983 VersR 1984 S. 574; OLG Celle 30. IX. 1983 VersR 1984 S. 529; LG Köln 21. VII. 1976 VersR 1977 S. 1046; 23. VIII. 1978 VersR 1978 S. 1062; LG Münster 26. XI. 1979 VersR 1981 S. 671; LG Duisburg 15. V. 1979 VersR 1980 S. 1115,1116; AG Köln 20. VI. 1980 VersR 1980 S. 1041. Nach den vorstehend genannten Urteilen ist bei starker alimentärer Adipositas stationäre Behandlung für notwendig gehalten worden, wenn sie sich als ernster Risikofaktor für Folgeerkrankungen erwiesen und ein gewisses Maß überschritten hatte. Dabei ist zu beachten, daß sich gegen Ende der 70er Jahre allmählich ein Wechsel der Therapieform von der stationär durchzuführenden sogenannten NullDiät zu einer auch ambulant möglichen mit reduzierter Kalorienzufuhr anbahnte (vgl. OLG Köln 7.1.1982 VersR 1983 S. 387; Bach VersR 1979 S. 792, 794 f.). — Krankenausbehandlung nur für begrenzte Zeit bei schwerer Obstipation und Verdacht auf Fettleber (LG Duisburg 15. V. 1979 VersR 1980 S. 1115, 1116); — Krankenhausbehandlung für diagnostische Untersuchung bei Vorliegen von Beschwerden, die Krankheitsverdacht begründen (OLG Karlsruhe 5. III. 1981 VersR 1982 S. 263, 264); — Krankenhausbehandlung nur für begrenzte Zeit anerkannt bei Rezidiv eines Ulcus duodeni und Verdacht auf Arthrose (OLG Düsseldorf 5.V. 1981 VersR 1981 S. 1147); — bei auf Alkoholsucht beruhender Krankheit, § 5 ( l ) b MB KK greift auch dann nicht ein, wenn bei der Behandlung Entziehungsmaßnahmen angewandt werden (OLG Karlsruhe 3. XI. 1983 VersR 1986 S. 81); — bei erfolgversprechender In-vitro-Fertilisation (BGH 17. XII. 1986 VersR 1987 S. 278 und 280; 23. IX. 1987 VersR 1987 S. 1107, 1108 - auch im Wiederholungsfall; OLG Karlsruhe 6. II. 1986 NJW 1986 S. 1552; 16. VII. 1986 VersR 1987 S. 302; LG Nürnberg-Fürth 13. IV. 1984 NJW 1984 S. 1828; SG Gelsenkirchen 8. IX. 1983 NJW 1984 S. 1839; LG Freiburg 27. II. 1985 VersR 1986 S. 570); a . A . : OLG Stuttgart 27. XI. 1985 NJW 1986 S. 1553; OLG Nürnberg 28. II. 1985 NJW 1985 S. 2203; OLG München 30. VI. 1987 VersR 1987 S. 1186; LG Bamberg 15. III. 1984 und LG München 19. IX. 1984 VersR 1985 S. 332; LG Köln 11. IV. 1986 VersR 1986 S. 885; AG Nürnberg 29.1.1985 VersR 1986 S. 543. — Einsetzen einer Brustaufbauplastik zur Behebung von Depressionen, und zwar auch dann wenn diese Neigung der Patientin fortbesteht (OLG München 19. IX. 1986 VersR 1987 S. 608); — Krankenhausbehandlung für kürzere als vom Vmer beanspruchte Verweildauer wegen depressiven Verstimmungszustandes (OLG Köln 16. X. 1978 VersR 1980 S. 426), — Krankerihausbehandlung, wenn zur Diagnose deswegen erforderlich, um wegen bestehender Alkoholabhängigkeit weitere Alkoholzufuhr auszuschließen (OLG Karlsruhe 3. XI. 1983 VersR 1986 S. 81), Die N o t w e n d i g k e i t einer Heilbehandlung wurde — außer in den des Zusammenhangs wegen vorstehend bereits genannten Entscheidungen — in folgenden Fällen verneint: K322

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. (G 9]

— wenn statt einer an sich gebotenen stationären eine teuerere Hausbehandlung durch zwei Ärzte gewählt wurde, obwohl der Ver das bei vorheriger Anfrage abgelehnt hatte (AG Hamburg 24. III. 1952 ZfV 1953 S. 179 f.), — wenn Vmer sich aufgrund eines in einem Strafverfahren ergangenen Beschlusses in einem Krankenhaus untersuchen läßt, und zwar selbst dann nicht, wenn er sich aufgrund der dabei festgestellten Erkrankung behandeln läßt. Für die Kosten der Therapie ist der Ver leistungspflichtig (LG Wuppertal 18. VI. 1953 VersR 1953 S. 306), — Entfernen einer Warze und einer Blutgefaßgeschwulst, die bisher keine Entzündung oder bösartige Veränderung hervorgerufen hatte (LG Passau 3.1.1958 VersR 1958 S. 121), — für stationäre Behandlung wegen psychosomatisch bedingter Funktionsstörung des Darms (OLG Hamm 21. VII. 1972 VersR 1983 S. 385 f.), — bei dreimal wöchentlich notwendiger Anschließung an künstliche Niere liegt keine stationäre Behandlung vor (LG Aschaffenburg 21.111.1974 VersR 1974 S. 1093 f.), — Behandlung mit Akupunktur (AG Neuß 4. VIII. 1977 VersR 1977 S. 1119; LG Berlin 23. V. 1985 VersR 1986 S. 865); — für stationäre Behandlung eines Cervicalsyndroms (OLG Bamberg 14. III. 1979 VersR 1979 S. 639 f.); — für weitere stationäre Behandlung wegen degenerativer Erscheinungen der Halswirbelsäule nach mehreren Unfällen (OLG Frankfurt/M 15. X. 1980 VersR 1981 S. 451 f.); — Sterilisation zur Verhinderung weiteren Nachwuchses (AG Köln 19. XI. 1981 VersR 1982 S. 844; AG Hamburg 21. III. 1984 VersR 1985 S. 254); — für haematogene Oxydationstherapie (AG Köln 5. VII. 1985 VerbB 1986 S. 38); — medizinisch nicht indizierter Schwangerschaftsabbruch (LG Detmold 5. XII. 1984 VersR 1986 S. 336; LG Berlin 25. V. 1978 und 4. VI. 1981 VersR 1983 S. 1180); — Refertilisation einer 40jährigen Frau (LG Stade 24. VI. 1986 und OLG Celle 27. III. 1987 VersR 1988 S. 31 f.). [G 9] ß) Konkretisierung der Gefahrumschreibung in AVB und Tarifen Nach den hier kommentierten inhaltlich insoweit im wesentlichen übereinstimmenden AVB besteht die Leistung des Vers in der Krankheitskostenv darin, daß er im Vfall Ersatz von Aufwendungen für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung gewährt (vgl. § 11 NoB, Präambel I, § 4 (1) GrB KK, § 1 (1) S. 2 a) MB KK). Diese weitgefaßte Formulierung wird durch Hinweise auf die weiteren Bestimmungen der AVB, der Tarife und Tarifbedingungen (§ 11 NoB, Präambel II GrB KK, § 4 (1) MB KK) relativiert in dem Sinne, daß nicht alle denkbaren, sondern nur bestimmte Aufwendungen, soweit sie dem Vmer/Vten tatsächlich entstanden sind (vgl. LG Nürnberg-Fürth 2. X. 1986 VersR 1987 S. 353), vom Ver erstattet werden sollen. Diese Einengung der vten Gefahr betrifft Grund, Inhalt und Höhe der vom Vertrag erfaßten Aufwendungen. Sie beinhaltet eine — vstechnisch im Interesse der Kalkulierbarkeit des Risikos — notwendige Ergänzung, besser gesagt, eine Konkretisierung der primären Gefahrumschreibung und ist damit deren Bestandteil im Unterschied zu den in den Anm. G 18 —35 behandelten Risikoausschlüssen. Durch diese werden aus der (umfassenden) primären Gefahrumschreibung (in ihrer konkretisierten Gestalt) bestimmte Tatbestände herausgenommen. Diese Unterscheidung hat vor allem für die Darlegungs- und Beweislast erhebliche Bedeutung (Anm. G 37). Diese Konkretisierung ähnelt den sog. K l a r s t e l l u n g e n . Dabei handelt es sich um Vertragsbestimmungen — in der Regel in AVB oder Tarifbedingungen enthalten Wriede

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Anm. [G 10]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

—, durch welche allgemeiner gefaßte Bedingungen in ihrem Sinngehalt verdeutlicht werden sollen (Möller VersPrax 1936 S. 59; Herdt S. 17 f.). Das kann sowohl die Gefahrbeschreibung als auch Risikoausschlüsse betreffen. Diese Ähnlichkeit hat Richter (Privatvsrecht, Stuttgart Berlin Köln 1980, S. 112) dazu verleitet, die Bestimmung des § 1 (2) S. 1 u. 2 MB KK als Klarstellung zu bezeichnen, während es sich in Wahrheit um eine Begrenzung der dort umschriebenen vten Gefahr in ihrer allgemeinen Form handelt, die hier allerdings in ihrer realisierten Gestalt gekennzeichnet wird. Die nachstehend (Anm. G 10—17) behandelten Eingrenzungen der vten Gefahr betreffen nur Grundzüge der einzelnen Leistungsarten in der Krankheitskostenv. Sie gehen nicht näher auf unternehmenspezifische Tarife und Tarifbedingungen ein, die zumeist von einander abweichen und auch den Markterfordernissen oder anderen Erwägungen entsprechend geändert werden. In den AVB werden gelegentlich Tatbestände als Risikoausschlüsse konzipiert, die in Wahrheit Eingrenzungen der hier erläuterten Art betreffen oder Klarstellungen sind. [G 10] αα) Örtlicher Geltungsbereich Grundsätzlich wird der Vsschutz auf Aufwendungen beschränkt, die innerhalb eines geographisch bestimmten Bereichs entstehen. Die entsprechenden Regeln der AVB, soweit hier behandelt, sind z.T. lückenhaft und stehen auch mit anderen Bestimmungen im Widerspruch. Es ist umstritten, ob diese Eingrenzung des Vsschutzes zur p r i m ä r e n G e f a h r b e s c h r e i b u n g zu rechnen ist o d e r als R i s i k o a u s s c h l u ß z u gelten hat (vgl. Werber VersR 1984 S. 1107, 1112). Die in § 16 Ziff. 1 S. 2 NoB enthaltene Beschränkung auf in Deutschland approbierte Ärzte mag z. Zt. der Abfassung dieser AVB (1932/3) dem Anliegen der damaligen Interessenten und der Ver entsprochen haben, weil Auslandsreisen zu jener Zeit nicht sehr verbreitet waren. Das hat sich nach dem zweiten Weltkrieg, beginnend etwa in den 50er Jahren, ganz entscheidend geändert. Der private und berufliche grenzüberschreitende Reiseverkehr hat nach und nach einen derartigen Umfang angenommen, daß man Fahrten ins europäische und außereuropäische Ausland nunmehr schon zu den Lebensgewohnheiten der Bevölkerung rechnen kann. Gleichwohl dürfte es verbreiteter Auffassung entsprechen, daß „mobile Risiken", soweit es sich nicht nach ihrer Zweckbestimmung um weltweite handelt (so in der Transportv), keinen geographisch unbegrenzten Vsschutz genießen (vgl. §§ 12 Ziff. 1 VHB 84, 2 Ziff. 1 AKB). Das gilt grundsätzlich auch für die Sozialv (vgl. §§3 — 6 SGB IV), der der weitaus überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung angehört und die daher mit dieser Beschränkung vertraut sein dürfte. Unter diesen Umständen erscheint es gerechtfertigt, die (im Laufe der Zeit allmählich erweiterten) örtlichen Begrenzungen des Vsschutzes zur primären Gefahrumschreibung zu rechnen (vgl. §§ 4 (1) S. 3 GrB KK, KH und KT, 1 (4) S. 1 MB KK, 1 (5) S. 1 MB KT). § 16 Ziff. 1 S. 2 NoB schließt eine Haftung für Kosten einer B e h a n d l u n g d u r c h n i c h t in D e u t s c h l a n d a p p r o b i e r t e Ä r z t e und andere näher bezeichneter Heilbehandler aus (zum Begriff der Approbation vgl. Anm. G l i ) . Die Bezeichnung „Deutschland" ist im Rechtssinne zu verstehen, so daß eine Behandlung durch in der DDR und auf deutschen Schiffen, d. h. solchen, die die Flagge der Bundesrepublik oder der DDR zu führen berechtigt sind, niedergelassene approbierte Ärzte eingeschlossen ist. Fraglich ist jedoch, ob angesichts der durch die BÄO zugelassenen Tätigkeit von Ärzten aus Mitgliedsländern der EG (vgl. Anm. G l i ) diese Beschränkungen diesen gegenüber noch wirksam sind. Das dürfte zu verneinen sein. Unklar ist ferner, ob auch eine Heilbehandlung durch ein n i c h t in D e u t s c h l a n d gelegenes K r a n k e n h a u s , ob von einer außerdeutschen A p o t h e k e bezoK324

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 10]

gene Medikamente, eine im Ausland ausgeführte physikalische Behandlung, von dort erworbene Heil- und Hilfsmittel vom Vschutz ausgenommen sein sollen. Das wird angesichts des eindeutigen Wortlauts der Klausel, die nur Ärzte und Heilkundige nennt, nicht angenommen werden können. Zumindest spricht die von der Rechtsprechung schon seit Jahrzehnten angewandte (vgl. BGH 12. II. 1952 BGHZ Bd. 5, S. 111, 115; 20. II. 1967 BGHZ Bd. 47 S. 207, 216; 10.1.1974 BGHZ Bd. 62 S. 83, 89) und jetzt in § 5 AGBG enthaltene Unklarheitenregel gegen eine solche Annahme. Die nur auf ärztliche Behandlung bezogene örtliche Einschränkung wird jedoch entgegen den obigen Ausführungen über die Bedeutung geographischer Begrenzungen hier als e c h t e r R i s i k o a u s s c h l u ß anzusehen sein, da es sich um eine sehr singuläre Ausnahme von der hinsichtlich der anderen Heilbehandlungsmittel nicht vorgesehenen primären Gefahrumschreibung handelt. Die Beweislast dafür, daß der in Anspruch genommene Arzt nicht in Deutschland approbiert ist, würde daher dem Ver obliegen (vgl. Anm. G 37). Dieser Ausschluß ist jedoch angesichts der von der Rechtsprechung entwickelten und in §§ 3, 8 — 11 AGBG normierten Grundsätze im Hinblick auf die erwähnte erhebliche Änderung der Lebensgewohnheiten nicht mehr bestandskräftig. Im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung wird der Geltungsbereich in Anlehnung an die Regelung in § 1 (4) S. 1 MB KK zumindest auf den Bereich der EG ausgedehnt werden müssen. Gemäß § 4 (1) S. 3 GrB KK ist der Vsschutz auf D e u t s c h l a n d b e s c h r ä n k t . Er kann (was selbstverständlich ist) durch Vereinbarung auf Auslandsaufenthalte ausgedehnt werden. Danach werden nur die in Deutschland und auf deutschen Schiffen (s. oben) entstandenen Aufwendungen erfaßt. Damit ist gemeint, daß der Behandlungsvertrag internationalrechtlich in Deutschland belegen sein muß. Das ist mangels abweichender Vereinbarung der Fall, wenn der Sitz der Arztpraxis, des Krankenhauses, der Apotheke usw. sich in Deutschland befindet (Art. 28 (2) EGBGB; vgl. auch Palandt-Heldrich Anm. 4 f. zu Art. 28 EGBGB; Deutsch in Festschrift Ferid 1978 S. 117, 122). Nicht notwendig muß auch die Behandlung hier stattgefunden haben. So wird man den Ver auch dann für leistungspflichtig halten müssen, wenn eine Gefahrsperson bei einem Auslandsaufenthalt von einem dort anwesenden Arzt mit Praxis im Inland behandelt wird. Im übrigen hat der Vertragsrechtsausschuß des BAV im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Verbandes der Privaten Krankenversicherung Richtlinien für den Vsschutz im Ausland aufgestellt (VA 1953 S. 64). Danach sollten bei Aufenthalten im europäischen Ausland — außer in den Ostblockstaaten — bis zu einem Monat Leistungen ohne Beitragszuschlag gewährt werden. Bei längeren Aufenthalten sollten Sonderregelungen vorgesehen werden. Diese Richtlinien sind für Verträge, die nicht den GrB unterliegen, in der Praxis weitgehend angewandt worden. §§ 4 (1) S. 3 GrB KH und KT stimmen mit § 4 (1) S. 3 GrB KK wörtlich überein. Hinsichtlich der K r a n k e n h a u s k o s t e n v (Schadensv) gelten ohne weiteres die vorstehenden Ausführungen über die Belegenheit der Aufwendungen. Für die K r a n k e n h a u s t a g e g e l d v als Summenv wird die Bestimmung zwanglos dahin zu verstehen sein, daß der Betroffene in einem in Deutschland belegenen Krankenhaus oder einer entsprechenden Einrichtung eines deutschen Schiffes (s. oben) behandelt wird. — Hinsichtlich der K r a n k e n t a g e g e l d v wird die Beschränkung auf Deutschland dahin zu verstehen sein, daß sich der Arbeitsunfähige in diesem Bereich oder auf einem deutschen Schiff aufhalten muß, gleichviel ob die Arbeitsunfähigkeit hier oder außerhalb verursacht worden oder eingetreten ist. Für ihren Nachweis ist gemäß § 5 ( l ) a S. 1 GrB KT die dort näher bezeichnete ärztliche Feststellung erforderlich. Es wird nicht verlangt, daß sie von einem in Deutschland approbierten und/oder niedergelassenen Arzt getroffen wird. Es genügt daher eine entsprechende Erklärung Wriede

Κ 325

Anm. [G 10]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

eines ausländischen Arztes, wobei allerdings vorauszusetzen ist, daß er nach seinem Heimatrecht als Arzt tätig sein darf. Für den Bereich der EG gelten in dieser Hinsicht ohnehin Erleichterungen (vgl. Anm. G l i ) . Wegen der vten Gefahr in der Krankenhaustagegeld- und Krankentagegeldv wird im übrigen auf Anm. G 46 und G 50 verwiesen. Auch diese örtliche Begrenzung wird man daher im Sinne der obigen Ausführungen zur primären Gefahrumschreibung zu rechnen haben. Sie dürfte den Grundsätzen über die Kontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht widersprechen, erwägenswert ist es aber, ob nicht angesichts der wesentlichen Änderung der Lebensgewohnheiten der Bevölkerung im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung auch hier eine Erstreckung auf den Bereich der EG in Betracht kommt. Nach § 1 (4) MB KK erstreckt sich der Vsschutz auf H e i l b e h a n d l u n g e n in E u r o p a (im geographischen Sinne). In diesem Gebiet oder auf Schiffen, die berechtigt sind, die Flagge eines europäischen Staates zu führen, müssen die erstattungsfähigen Aufwendungen entstanden sein (s. dazu den obigen Hinweis auf die internationalprivatrechtliche Rechtslage). Er kann (selbstverständlich) vereinbarungsgemäß auf weitere Gebiete ausgedehnt werden. Auch ohne eine solche Abrede besteht er für den ersten Monat eines vorübergehenden außereuropäischen Aufenthalts und krankheitsbedingt noch weitere zwei Monate. — Diese Regelung ist nicht ohne weiteres mit § 4 (2) S. 1 MB KK vereinbar, wonach nur (nach deutschem Recht!) approbierte und niedergelassene Ärzte und Zahnärzte in Anspruch genommen werden dürfen. Für den EG-Raum bestehen insoweit zwar keine Schwierigkeiten (vgl. Anm. G l i ) . Wohl aber könnte hieraus für Behandlungen durch Ärzte und Zahnärzte aus den übrigen europäischen Ländern eine Einschränkung hergeleitet werden, da sie nicht nach hiesigem Recht approbiert und niedergelassen sind. Das wäre jedoch widersinnig. Diese räumliche Ausdehnung des Vsschutzes wäre damit weitgehend gegenstandslos; sie stünde „nur auf dem Papier". Auch besteht für eine Krankenhausbehandlung (§ 4 (4) MB KK) außerhalb der EG und für die in § 4 (3) MB KK genannten Aufwendungen keine vergleichbare Einschränkung. Zumindest greift hier die Unklarheitenregel des § 5 AGBG zugunsten des Vmers ein. In der K r a n k e n h a u s t a g e g e l d v i s t entsprechend die Leistungspflicht des Vers gegeben, wenn die stationäre Behandlung gemäß § 1 ( l ) b MB KK in dem angegebenen örtlichen Bereich stattfindet. In der K r a n k e n t a g e g e l d v erstreckt sich der Vsschutz grundsätzlich nur auf Deutschland (§ 1 (5) S. 1 MB KT) im oben definierten Sinne. Die Ansicht von BachMoser (Rz 26 zu § 1 MB KT), damit seien nur die Bundesrepublik und Berlin (West) gemeint, ist mit dem Wortlaut nicht vereinbar. Bei im e u r o p ä i s c h e n A u s l a n d akut eintretenden Erkrankungen und Unfällen wird für die Dauer einer medizinisch notwendigen stationären Behandlung in einem öffentlichen Krankenhaus geleistet (S. 2 a. a. O.). In solchen Fällen wird m. a. W. der Vertrag zu einer Krankenhaustagegeldv. Das hat einleuchtende Gründe: Der Ver kann bei Auslandsaufenthalt schwer überprüfen (vgl. § 9 (1) bis (4) MB KT; vgl. dazu Anm. F 60-62), ob Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 1 (3) MB KT vorliegt und andauert. Es muß daher damit gerechnet werden, daß — insbesondere bei Urlaubsreisen — diese nur vorgetäuscht wird. Eine gewisse Gewähr gegen diese Form der Vertragsgefahr (Anm. F 18) bietet es, wenn gefordert wird, daß die Gefahrsperson wegen einer akuten Erkrankung medizinisch notwendig stationär behandelt wird. Dabei soll es sich um ein ö f f e n t liches K r a n k e n h a u s handeln. Das Vorliegen dieses Merkmals mag im Einzelfall zweifelhaft sein. Es dürfte genügen, daß seine Träger zumindest überwiegend staatliche, kirchliche oder karitative Institutionen sind. Auch der Begriff der a k u t e n E r k r a n k u n g kann in concreto umstritten sein. Darunter werden nach dem SprachK326

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G11]

gebrauch — im Gegensatz zu chronischen, d. h. langandauernden — schnell einsetzende und heftig verlaufende, vielfach fieberhafte Krankheiten verstanden. Schwierig kann die Entscheidung sein, wenn eine schon latent vorhandene, vielleicht auch nur anlagebedingte Erkrankung (erneut) zum Ausbruch kommt. Man wird in solchen Fällen auf das gesamte gesundheitliche Erscheinungsbild des Betroffenen, insbesondere seine Anamnese abstellen und prüfen müssen, ob objektiv mit nur kurzfristigen Wiederholungen so heftiger Zustände zu rechnen war, daß Arbeitsunfähigkeit und/ oder die Notwendigkeit stationärer Behandlung eintrat. Diese Bestimmungen der MB dürften einer AGB-Kontrolle standhalten. (G 11] ßß) In Betracht kommende Heilbehandler ααα) Ärzte Eine medizinisch notwendige Heilbehandlung setzt nach bundesdeutschem Recht voraus, daß der betreffende Arzt im Besitz einer auf ihn ausgestellten A p p r o b a t i o n gemäß §§2 (1), 3 ff. BÄO oder einer Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des Arztberufes nach §§ 2 (2), 10 BÄO ist. Die für die Approbation geforderten Voraussetzungen abgeschlossener Ausbildung kann auch durch eine in den Mitgliedstaaten der EG und der DDR ausgestellte Bescheinigung nach näherer Bestimmung des § 3 (1) S. 2—4 BÄO nachgewiesen werden. Weiter kommen nach Maßgabe des § 10 a BÄO Dienstleistungen von nicht im Inland niedergelassenen Ärzten in Betracht, die Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der EG sind sowie nach zwischenstaatlichen Verträgen Verrichtungen von Ärzten, die im Grenzgebiet tätig, aber nicht im Inland niedergelassen sind (§ 2 (4) BÄO). Über diese nach gesetzlichen Bestimmungen für die Tätigkeit eines Arztes bestehenden Voraussetzungen hinaus werden in den AVB z.T. weitere Anforderungen gestellt. Nach § 16 Ziff. 1 NoB soll der Arzt seine T ä t i g k e i t n i c h t im U m h e r z i e h e n o d e r im Wege einer F e r n b e h a n d l u n g ausüben. Ob das letztere der Fall ist (vgl. Kuhn I S. 430-431; Rieger Rz 621-623), wird nach den Umständen des einzelnen Falles zu beurteilen sein, insbesondere danach ob sich der Arzt überwiegend durch persönliche Explorationen, namentlich durch eigene Untersuchungen des Patienten, seine Ansicht über die Diagnose und die Wirksamkeit seiner Therapie gebildet oder sich darauf beschränkt hat, sich vom Patienten schriftlich, fernmündlich oder sonst mittelbar die Art der Beschwerden und/oder die Wirksamkeit der angeordneten Therapie schildern zu lassen. Eine gelegentliche Verständigung in dieser Form bei im übrigen eigener Unterrichtung ist keine Fernbehandlung. Sie liegt auch dann nicht vor, wenn einzelne Untersuchungen und Behandlungen durch andere Ärzte oder — je nach Art der Verrichtung — nach den anerkannten ärztlichen Gepflogenheiten von Hilfspersonen ausgeführt werden, wenn nur die Leitung aller Maßnahmen beim behandelnden Arzt liegt. Schließlich ist keine Fernbehandlung anzunehmen, wenn ein Arzt in Notfallen erste Weisungen ohne vorherige Inaugenscheinnahme des Patienten erteilt und auch die weitere Behandlung nicht selbst übernimmt. Solche Weisungen werden in aller Regel in der Erwartung gegeben, daß alsbald anderweitige ärztliche Hilfe folgen wird. Auch wenn in den NoB nicht ausdrücklich ausgesprochen, wird man davon ausgehen müssen, daß sie eine B e h a n d l u n g d u r c h e i n e n n i e d e r g e l a s s e n e n A r z t voraussetzen. Jeder approbierte Arzt hat das Recht zur Niederlassung. Darunter ist die Einrichtung einer mit den erforderlichen sachlichen und personellen Mitteln ausgestatteten, dem Arzt verfügbaren Praxis zu verstehen (§ 9 der Berufsordnung für die deutschen Ärzte in der Fassung des 86. Deutschen Ärztetages 1983, Wriede

Κ 327

Anni. [G 11]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

abgedruckt als Anhang 1 bei Rieger; Rieger Rz 1248). Ein mit Liquidationsrecht ausgestatteter Krankenhausarzt (vgl. dazu Rieger Rz 1154—1171) kann als niedergelassener angesehen werden, da ihm zur Ausübung seiner Tätigkeit die Einrichtungen des Krankenhauses zur Verfügung stehen und es auf die Eigentumsverhältnisse nicht ankommen kann (im Ergebnis ebenso Bach-Moser Rz 13 zu § 4 MB KK). Dagegen besteht für Leistungen nichtärztlicher klinisch tätiger Chemiker kein Anspruch, sofern sie nicht auf Veranlassung eines niedergelassenen Arztes tätig werden (VerbB 1980 S. 59). Sehr umstritten ist die Frage, ob Institutionen, insbesondere Personal- oder Kapitalgesellschaften, die a m b u l a n t e B e h a n d l u n g e n d u r c h a n g e s t e l l t e ( a p p r o b i e r t e ) Ä r z t e ausführen lassen, einem niedergelassenen Arzt gleichzustellen sind (vgl. Bach-Moser Rz 14 —16 zu § 4 MB KK). Das ist schon deswegen zu verneinen, weil das Recht zur Niederlassung eine für eine natürliche Person ausgestellte Approbation voraussetzt (ebenso BGH 30. XI. 1977 VersR 1978 S. 267, 268 unter Ziff. II 2; a. A. LG Klewe 16. IV. 1972 VersR 1973 S. 560 mit ablehnender Stellungnahme von Eppenstein VersR 1973 S. 1036). Der BGH kommt jedoch in derselben Entscheidung auf dem Wege über eine den eindeutigen Wortlaut sprengende extensive Umdeutung der dort maßgeblichen § 4 (2) und (4) MB KK zu der Auffassung, daß „ein Leistungsausschluß von Kosten ambulanter Behandlungen, die der Vte von einem Krankenhaus im Sinne des § 4 (4) MB KK hat durchführen lassen, durch Sinn und Zweck des § 4 (2) MB KK nicht mehr gedeckt ist. AVB-Klauseln, die bestimmte an sich in den durch die Vsart gedeckten Gefahrenbereich fallende Risiken ausschließen oder begrenzen, dürfen aber nicht weiter ausgedehnt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert". Das ist keine Auslegung mehr, sondern praktisch eine Umdeutung des § 4 (2) MB KK, wie Gitter (NJW 1980, S. 2745-2747; ähnlich LG Köln 16. III. 1973 VersR 1973 S. 716f.; Eppenstein VersR 1973 S. 1046f.) mit Recht betont. Ähnlich hält Schirmer (ZVersWiss 1986 S. 509, 563) eine Erweiterung der primären Gefahrbeschreibung über § 9 (2) Ziff. 2 AGBG für unzulässig. Eine ganz andere Frage ist es, ob nicht im Falle unklarer Krankheitsbilder, die mit Hilfe der dem behandelnden Arzt verfügbaren Möglichkeiten nicht eindeutig diagnostiziert werden können, auch eine ambulante Untersuchung durch dafür besser ausgestattete Einrichtungen von Diagnosekliniken in den Vschutz einbezogen werden sollte. Solange jedoch Leistungen für ambulante Behandlungen nur vorgesehen sind, die durch niedergelassene Ärzte bewirkt werden, ist für eine Ausweitung der zitierten Bestimmung im Sinne der Ansicht des BGH kein Raum (vgl. auch OLG Hamm 8. XI. 1985 NJW 1986 S. 1554; Bach-Moser Rz 1 4 - 1 6 zu § 4 MB KK). Anders ist es, wenn ein niedergelassener Arzt die Heilbehandlung ganz oder teilweise unter seiner Leitung und Verantwortung durch bei ihm angestellte (approbierte) Ärzte ausführen läßt. Hier besteht der Behandlungsvertrag mit ihm (AG Tempelhof-Kreuzberg 3. X. 1984 - 4 C 356/84 - VerbB 1984 S. 56). Die GrB KK stellen keine besonderen Anforderungen an die Qualifikation des in Anspruch genommenen Arztes, man wird aber auch unter ihrer Geltung annehmen müssen, daß nur eine Behandlung durch niedergelassene approbierte Ärzte unter den Vsschutz fallen soll. Das ist offenbar als selbstverständlich unterstellt worden (so wohl auch Ohrt S. 145). § 4 (2) S. 1 MB KK setzt Heilbehandlung durch einen approbierten und niedergelassenen Arzt voraus. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Unter den danach zugelassenen Ärzten kann der Vmer für eine ambulante Behandlung frei wählen (§§ 16 Ziff. 1 S. 1 NoB, 4 (2) MB KK). Für Verträge auf der Grundlage der GrB gilt das gleiche (Ohrt S. 145). Vgl. jedoch Anm. G 31 wegen ausgeschlossener Behandler. K328

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 12, G 13]

Der mit einem Arzt abgeschlossene Behandlungsvertrag ist in der Regel als D i e n s t v e r t r a g einzuordnen, und zwar gerichtet auf die Leistung von Diensten „höherer Art" im Sinne des § 627 BGB. Im Einzelfall kann auch ein W e r k v e r t r a g vorliegen, ζ. B. wenn es sich um die Implantation eines Herzschrittmachers handelt. Von dieser rechtlichen Einordnung abgesehen, können sich besondere Vertragspflichten daraus ergeben, daß das spezielle Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt stark von der menschlichen Beziehung beeinflußt wird (vgl. im einzelnen Laufs Rz44 —75; Rieger Rz 213). Der Behandlungsvertrag verpflichtet den Patienten u. a. zur Zahlung des Entgelts. Hierfür ist die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) vom 12. XI. 1982 (BGBl IS. 1522) maßgeblich, die am 1.1.1983 in Kraft getreten ist (§ 14 (1) GOÄ). Einzelheiten sind dargestellt bei Hoffmann, Ärztliches Gebühren- und Vertragsrecht (Loseblattsammlung), Borchmann NJW 1983 S. 315, Rieger Rz 679-683. Zur Zulässigkeit von Sondervereinbarungen über die Höhe des Honorars vgl. LG Duisburg NJW 1986 S. 2887; Hensen NJW 1983 S. 1366; Dörner NJW 1987 S. 699. Wegen der Entgeltlichkeit eines Behandlungsvertrages mit nahen Angehörigen vgl. Anm. G 32. [G 12] ßßß) Zahnärzte Für Zahnärzte gelten aufgrund des Gesetzes über die Zahnheilkunde vom 31. III. 1952 (BGBl I S. 221) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. IV. 1987 (BGBl I S. 1225) im wesentlichen die gleichen Grundsätze wie für Ärzte, und zwar auch hinsichtlich der Anerkennung der Befähigungszeugnisse im EG-Bereich und der Niederlassungsfreiheit. Der auf H e i l u n g , d. h. „auf Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten" (§ 1 (3) ZHG) gerichtete Zahnarztvertrag ist wie der mit einem Arzt abgeschlossene als Dienstvertrag anzusehen. Soweit der Vertrag die A n f e r t i g u n g von P r o t h e s e n zum Gegenstand hat, gilt Werkvertragsrecht (str. vgl. Roesch VersR 1979 S. 12; Rieger Rz 1967 m. w. N.; Könning VersR 1989 S. 223-230). Für die B e r e c h n u n g des E n t g e l t s für Zahnbehandlung ist seit 1.1.1988 die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) vom 22. X. 1987 (BGBl I S. 2316) anzuwenden (vgl. dazu etwa Lieber NJW 1987 S. 742—746). Sie entspricht in Aufbau und Grundzügen der GOÄ. Vorher galt die GOZ vom 18. III. 1965 (BGBl. I S. 123). ]G 13] γγγ) Krankenhäuser, stationäre Behandlung Schrifttum: Bach Vsschutz S. 31 ; Bach-Moser Rz 21 - 37 zu § 4 MB KK (zur geschichtlichen Entwicklung); Donay, NeumannZ 1940 S. 358 f.; ders. ZfV 1951 S. 5; Göbbels, Schriftreihe des Instituts für Vswissenschaft der Universität Köln, Heft 1/2 neue Folge S. 56; Guckenheimer VersArch 1932/33 S. 792—794; Harsdorf-Friedrich, Krankenhausfinanzierungsgesetz, 3. Aufl. 1983; Herold VN 1969 S. 180; Lehming ZfV 1963 S. 625; Ressel JRPV 1932 S. 82 f.; Rieger Rz 1016; Vollmer, Reform des Krankenhausfinanzierungsrechts NJW 1985 S. 2161, 2167 f.

Der B e g r i f f des K r a n k e n h a u s e s und der gleichbedeutenden Worte Klinik, Hospital und dgl. ist nicht eindeutig bestimmbar. § 2 (1) KHG definiert als Krankenhäuser „Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden und Körperschäden festgestellt, geheilt und gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können". Diese Begriffsbestimmung ist für die Zwecke der PKV zu weit gefaßt (a. A. Rieger a. a. O.). Im Hinblick darauf, daß die vte Gefahr sich nach den hier erörterten AVB auf die Entstehung von Aufwendungen für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung beschränkt, die das Vorliegen einer Krankheit oder zumindest den begrünWriede

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Anm. [G 13]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

deten Verdacht auf eine solche voraussetzt (Anm. G 7), scheiden zunächst schon Behandlungseinrichtungen aus, die sich allein mit der Geburtshilfe befassen, da eine Entbindung, sofern ärztliche Hilfe nicht erforderlich ist, keine Krankheit darstellt. Ferner soll es nach § 2 (1) K H G genügen, daß dort Krankheiten auch nur „festgestellt" werden können, ohne daß eine stationäre Behandlung erforderlich ist, d. h. auch sog. Ambulanz- oder Diagnosekliniken sollen als Krankenhäuser eingestuft werden können (so Harsdorf-Friedrich Tz 11). Das widerspricht dem Grundsatz (Anm. G l i ) , daß eine ambulante Behandlung nur durch niedergelassene Ärzte stattfinden soll (ebenso OLG Hamm 8. XI. 1985 NJW 1986 S. 1554). Schließlich wird in der gesetzlichen Definition das Merkmal nicht hinreichend berücksichtigt, daß zur Notwendigkeit einer stationären Behandlung ein Krankheitsbild vorliegen muß, dem ein Arzt mit den Mitteln ambulanter Betreuung nicht oder nicht ausreichend begegnen kann. Die Heilung und Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden muß nicht notwendig in einem Krankenhaus stattfinden. Hiervon abgesehen ist jedoch im Rahmen der PKV dem Kern der gesetzlichen Definition im Sinne des Sprachgebrauchs dahin zu folgen, daß es sich bei einem Krankenhaus um eine nach den Grundsätzen der medizinischen Wissenschaft eingerichtete und organisierte Institution handeln muß. Ihre Aufgabe ist vor allem durch ärztliche und weiter durch pflegerische Leistungen, welchen wissenschaftlich anerkannte Methoden zugrunde liegen, auf das Erkennen, Heilen, Lindern oder Aufhalten von Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden von solcher Art gerichtet, welchen nach medizinischer Erfahrung im Wege einer ambulanten Behandlung nicht oder nicht ausreichend entgegengewirkt werden kann, so daß die Patienten dort untergebracht und versorgt werden müssen. Es kann gelegentlich zweifelhaft sein, ob eine s t a t i o n ä r e B e h a n d l u n g vorliegt. Dieser B e g r i f f ist wie auch andere dem allgemeinen Sprachgebrauch entnommene Wortfassungen nach diesem auszulegen. Es gibt Behandlungsformen, bei welchen die Anwendung von Einrichtungen eines Krankenhauses zweckmäßig ist, oder die u. U. auch nur dort sinnvoll vorgenommen werden können, so etwa wenn damit gerechnet werden muß, daß sich bei ihrer Durchführung Komplikationen einstellen können, die eine (stationäre) Intensivbehandlung oder einen größeren Eingriff erfordern, der nur dort möglich ist. Andere zumeist kurzfristige Verrichtungen fallen nach dem Sprachgebrauch nicht unter den Begriff der stationären Behandlung. Das wird in aller Regel nur angenommen, wenn der Patient für länger als etwa 12 Stunden seinen täglichen Lebensmittelpunkt dorthin verlegt und in die Organisation der Klinik einbezogen wird. Äußere Merkmale hierfür sind insbesondere, daß ihm ein Bett zugewiesen, er, soweit bei seinem Gesundheitszustand zuträglich, mit den üblichen Mahlzeiten sowie mit Medikamenten oder sonstigen Anwendungen versorgt und in die täglichen Visiten einbezogen wird. Dementsprechend ist ambulante Behandlung anzunehmen, wenn der Patient alsbald nach der Behandlung — z. B. nach einer mehrstündigen Dialyse (vgl. OLG Köln 20. III. 1980 AktZ 5 U 78/79; LG Aschaffenburg 21. III. 1974 VersR 1974 S. 1093; LG Wuppertal 4. VI. 1976 VersR 1977 S. 78 f.; LG Köln 24.1.1979 VersR 1979 S. 565) oder einem kleineren chirurgischen Eingriff mit Lokalanästhesie — in seine Wohnung zurückkehren kann. Es ist nicht entscheidend, ob die Behandlung am Tage oder — z. B. nach einem Unfall — nachts erfolgt. Unter den Begriff Behandlung fallen auch diagnostische Verrichtungen (Anm. G 8). Sind hierfür tagelange Untersuchungen erforderlich, so kann durchaus eine stationäre Behandlung vorliegen, und zwar selbst dann, wenn kein Befund ermittelt wird oder der festgestellte nur eine ambulant durchzuführende Therapie erfordert. Bei einer wenn auch nur vorübergehenden mindestens tageweisen Entlassung aus dem Krankenhaus, vielfach K330

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. |G 13]

als Beurlaubung bezeichnet, liegt für diese Zeit gleichfalls keine stationäre Behandlung vor (BGH 11. IV. 1984 VersR 1984 S. 675, 676). Als solche ist dagegen eine sog. „teilstationäre" von täglich 8 Stunden eines psychisch depressiven Patienten in einer psychiatrischen „Tagesklinik" angesehen worden, bei der er das in der Klinik gelernte Verhalten in seinem gewohnten Umfeld anwenden sollte, und zu der auch eine Vertrauensperson mit in die Therapie einbezogen wurde. In diesem Falle wurde allerdings, da der Begriff „stationär" in den AVB nicht näher definiert war, aufgrund der Unklarheitenregel des § 5 AGBG gegen den Ver entschieden (OLG Hamm 23. V. 1986 VersR 1986 S. 883 f.; ähnlich BGH 11. IV. 1984 VersR 1984 S. 677; ähnlich auch OLG Hamm 11. XII. 1985 VersR 1987 S. 659). Ein neugeborenes Kind, das nach der Entbindung bei der Mutter im Krankenhaus bleibt, wird nicht als stationär behandelt angesehen (AG Münster 30. III. 1977 VerbB 1977 S. 53), außer wenn es medizinisch notwendiger Heilbehandlung bedarf. Es kommt nicht darauf an, ob das Krankenhaus für die Behandlung einer Vielzahl oder nur bestimmter Krankheiten, Leiden usw. bestimmt (OLG Oldenburg 30. IX. 1953 Nds. Rpfl 1954 S. 181 f.; OLG Frankfurt/M 23.1.1979 NJW 1979 S. 2361) und welches der Träger des Hauses ist, ob es sich um Einrichtungen öffentlich- oder privatrechtlicher Körperschaften handelt oder ob es von Stiftungen oder Einzelpersonen unterhalten wird (Donay a. a. O.). Die AVB und die zugehörigen Tarifbedingungen weichen in ihren Anforderungen an die Begriffsmerkmale eines Krankenhauses von dieser mehr allgemein gehaltenen Definition teilweise ab. So wurden früher vielfach nur Leistungen für die Behandlung in öffentlichen Krankenhäusern (vgl. zum Begriff des öffentlichen Krankenhauses OLG Köln 13. V. 1931 JRPV 1931 S. 325) gewährt, denen später private Anstalten (die der Erlaubnis nach § 30 GewO bedürfen) gleichgestellt wurden. Spezialkliniken blieben zunächst noch ausgeschlossen (vgl. Näheres bei Bach-Moser Rz21—27 zu § 4 MB KK), obwohl auch sie Krankenhäuser im vorstehend dargelegten Sinne sind. Unter den allgemeinen Krankenhausbegriff fallen daher jetzt auch die früher vielfach als Heil- u n d P f l e g e a n s t a l t e n f ü r N e r v e n k r a n k e oder ähnlich bezeichneten Häuser, die früher vorwiegend der Verwahrung psychisch Kranker dienten, die sich oder andere gefährdeten. Die dadurch entstandenen Aufwendungen waren oft von den Vsleistungen ausgeschlossen, weil sie wegen der zumeist sehr langen Behandlungsdauer eine zu hohe Belastung der Vtengemeinschaft dargestellt hätten (vgl. Ohrt S. 157). Nachdem die Behandlung solcher Krankheiten durch Entwicklung neuer Methoden einen erheblichen Wandel erfahren hat, die oft zu einer alsbaldigen Heilung oder wesentlichen Besserung geführt hat, so daß reine Verwahrfalle weniger häufig geworden sind, sind Leistungsausschlüsse dieser Art mehr und mehr entfallen (vgl. BGH 11. III. 1970 VersR 1970 S. 435, 436). Die NoB enthalten keine besonderen Anforderungen an die Qualität eines Krankenhauses. Sie schränken die Leistungspflicht in § 15 Ziff. 6 nur für Behandlungen in „Badeorten, Sommerfrischen" ein (vgl. dazu Anm. G 28). Auch die GrB KH setzen keine zusätzlichen Merkmale für den Begriff des Krankenhauses voraus. Sie verweisen in § 4 (1) S. 2 auf die nähere Kennzeichnung im Tarif. § 4 (4) MB KK enthält keine vom allgemeinen Krankenhausbegriff abweichende Definition, sondern setzt diesen als bekannt voraus (ebenso BGH 4. V. 1983 VersR 1983 S. 677, 679), stellt jedoch weitere Anforderungen, die sich z.T. mit der oben erwähnten überschneiden. Die verlangte „ s t ä n d i g e ä r z t l i c h e L e i t u n g " betrifft nicht die Verwaltungsaufgaben, sondern die medizinische Betreuung der Patienten (so mit Recht BachMoser Rz 42 zu § 4 MB KK). Das Vorliegen dieser Voraussetzung kann zweifelhaft Wriede

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Anm. [G 13]

Krankenvers. G. RPílichten des Versicherers

sein, wenn der behandelnde Arzt als sog. Belegarzt (zu diesem Begriff Rieger Rz 335) tätig ist und daher dem Krankenhaus nicht tagtäglich, sondern nur zeitweilig für die Behandlung seiner Patienten zur Verfügung steht und daneben — meist überwiegend — seine ambulante Praxis ausübt. Arbeitet das Krankenhaus allein mit Belegärzten (sog. Belegkrankenhaus, vgl. Rieger Rz 344), so wird man nicht von einer ständigen ärztlichen Leitung im Sinne des § 4 (4) MB KK sprechen können. Anders ist es, wenn neben dem oder den Belegärzten eine ständige medizinische Versorgung durch approbierte Ärzte gegeben ist und diese im Einvernehmen mit jenen und nach ihren Weisungen deren Patienten laufend betreuen (vgl. auch VerbB 1981 S. 68). Das Vorhandensein „ a u s r e i c h e n d e r d i a g n o s t i s c h e r u n d t h e r a p e u t i s c h e r M ö g l i c h k e i t e n " läßt sich nicht exakt bestimmen. Es kommt in erster Linie darauf an, daß die entsprechende Ausstattung des Krankenhauses seiner — möglicherweise spezialisierten — Aufgabenstellung gerecht wird. Diese Voraussetzung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem weiteren Kriterium, daß dort nach „wissenschaftlich allgemein anerkannten Methoden" gearbeitet werden soll (vgl. nachstehend). Denn diesem Erfordernis müssen notwendig auch die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten entsprechen. So werden bei einem psychiatrischen Krankenhaus keine vollständigen Einrichtungen für eine chirurgische Behandlung (etwa für Notfallbehandlung) vorausgesetzt werden können. Ob und inwieweit danach die erforderlichen Einrichtungen dieser Art vorliegen, wird im Streitfalle nur durch Sachverständige zu klären sein. Fraglich ist, ob ein Ver mit dem Einwand eines Mangels an Einrichtungen dieser Art die Krankenhausqualität bestreiten kann, wenn die Behandlung der betreffenden Gefahrsperson hierdurch nicht beeinträchtigt worden ist. Das wird nach dem Zweck dieser Bestimmung zu verneinen sein. Denn sie soll ersichtlich verhindern, daß die Behandlung wegen Fehlens der erforderlichen Einrichtungen nicht den zu erwartenden Erfolg hat oder verteuert, insbesondere verlängert wird. Bach-Moser (Rz 46 zu § 4 MB KK; ebenso Bach, Vsschutz S. 42 Fn 121) sind im Zusammenhang mit der Erörterung des Begriffs „wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden" der Ansicht, auch bei nur teilweisem Fehlen dieser Voraussetzung, d. h. wenn im Krankenhause auch nach unwissenschaftlichen Methoden gearbeitet wird, keine Vsleistungen für eine Behandlung dort geschuldet wird, weil mit § 4 (4) MB KK der Zweck verfolgt werde, von vornherein Klarheit darüber zu schaffen, ob es sich um ein Krankenhaus im Sinne der MB KK handele. Es sollten auf diese Weise eine nachträgliche Einzelfallüberprüfung und die damit verbundenen erheblichen Verwaltungskosten und Abgrenzungsschwierigkeiten vermieden werden. Dieser Gedanke könnte auch im Falle des Fehlens der diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten herangezogen werden. Hier wie dort erscheint diese Auffassung aber zu formalistisch und daher nicht vertretbar, wenn die fehlende Einrichtung oder die nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode für den konkreten Fall überhaupt keine Bedeutung gehabt hat. Bei Prüfung der Erstattungsfahigkeit von Krankenhauskosten muß in jedem Falle deren medizinische Notwendigkeit untersucht werden (dazu weiter unten). Der Ver muß sich daher ohnehin ein Bild von der Diagnose und der Schwere der Erkrankung machen. Aufgrund der dabei gewonnenen Erkenntnisse kann im Einzelfall die Überprüfung der Frage, ob die fehlende Einrichtung oder die im Krankenhaus sonst angewandte nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode auf die konkrete Behandlung von Einfluß war, keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Das läßt sich an Hand der Krankengeschichte durch medizinische Sachverständige — zunächst durch den Gesellschaftsarzt — in der Regel leicht feststellen. Wenn der Ver im — verständlichen — Kosteninteresse seine Leistungspflichten für Krankenhausbehandlung begrenzen, insbesondere keine ForK332

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 13]

schungskosten tragen, will, so muß ihm auf der anderen Seite billigerweise eine solche Prüfung zugemutet werden. Wegen der weiteren Voraussetzung, daß im Krankenhaus nach „ w i s s e n s c h a f t lich a l l g e m e i n a n e r k a n n t e n M e t h o d e n " gearbeitet wird, wird zunächst auf die Ausführungen in Anm. G 8 verwiesen. Ein Krankenhaus arbeitet dann nach solchen Methoden, wenn es sie regelmäßig anwendet, was nicht ausschließt, daß gelegentlich auch nach anderen behandelt wird, so ζ. B. wenn mit den anerkannten keine Heilung oder Besserung erzielt werden kann oder sich noch keine herausgebildet hat, wie etwa bei der Multiplen Sklerose (BGH 2. XII. 1981 VersR 1982 S. 285). Auch in Universitätskliniken werden vielfach neue Verfahren angewandt. Eine solche Vorgehensweise nimmt einem Krankenhause nicht die in §4 (4) MB KK geforderte Qualifikation (OLG Nürnberg 25. IX. 1970 VersR 1971 S. 166; OLG Köln 28. IV. 1988 RuS 1988 S. 210 f.), so daß für nicht von der anderen Methode betroffene Patienten eines solchen Hauses gleichwohl Vsschutz besteht. Ebenso ist es, wenn einer Gefahrsperson mit Erfolg eine solche nicht anerkannte Behandlung zuteil wird (vgl. Anm. G 8). Bach-Moser (Rz 46—49 zu § 4 MB KK) sind der Ansicht, daß ein Erstattungsanspruch nur dann besteht, wenn das Krankenhaus weitestgehend nach anerkannten Methoden arbeitet. Nur dann sei ein Krankenhaus im Sinne des §4 (4) MB KK gegeben. Diese Auslegung ist nicht zwingend. Zwar wird durch diese Bestimmung — ebensowenig wie übrigens in den (2) und (3) — nicht auf den konkreten Einzelfall abgestellt, sondern werden qualifizierende Eigenschaften der Anstalt gefordert, aber nicht in dem Sinne, daß sie n u r oder w e i t e s t g e h e n d nach solchen Methoden arbeitet. Die Bestimmung läßt ohne weiteres auch die Auslegung zu, daß u. a. nach diesen verfahren wird (ebenso OLG Oldenburg 23. V. 1979 VersR 1979 S. 733; OLG Frankfurt 3. VI. 1981 VersR 1982 S. 263). Die These (Rz 46 a. a. O.), damit werde der Zweck verfolgt, dem Ver eine Überprüfung des Behandlungsverlaufs zu ersparen, findet im Wortlaut keine Stütze. Sie ergibt sich auch nicht aus einem Vergleich mit den Abs. (2) und (3). Hier werden in gleicher Weise nur qualifizierende Eigenschaften der Behandler und Lieferanten gefordert. Grund zu der Annahme, daß bei „Zulassung" nicht anerkannter Methoden evtl. die Pflegesätze einen Zuschlag für Forschungsaufwendungen enthalten könnten, besteht nicht, weil nach § 17 (3) Ziff. 2 KHG solche Kosten nicht berücksichtigt werden dürfen. Der Begriff der vten Gefahr und damit des Vsfalls setzt ohnehin voraus, daß die notwendige Heilbehandlung (§§ 11 NoB, Präambel und 4 (1) GrB KK, 1 ( l ) a und (2) MB KK) grundsätzlich nach wissenschaftlich allgemein anerkannten Methoden durchgeführt wird (vgl. Anm. G 8). Ausnahmen ergeben sich für Behandlungen durch Heilpraktiker. Es hätte daher der Betonung dieser Voraussetzung in § 4 (4) MB KK gar nicht mehr bedurft. Folgt man der zitierten Ansicht von Bach-Moser, so sind jedenfalls die Kosten der ärztlichen Behandlung nach den Grundsätzen zu erstatten, die für eine ambulante Behandlung gelten. §4 (4) MB KK fordert weiter, daß vom Krankenhaus K r a n k e n g e s c h i c h t e n g e f ü h r t werden. Diese Voraussetzung erscheint mißverständlich, da dieser Begriff bisher nicht eindeutig bestimmt ist. So ist in der Literatur auch von „ärztlicher Dokumentation" (Hohloch NJW 1982 S. 2577-2585), von „Krankenunterlagen" (Rieger Rz 1077 ff.), von „Krankenpapieren" (Laufs Rz286) und von „ärztlichen Aufzeichnungen" (§11 der Musterberufsordnung für die deutschen Ärzte) die Rede. Zum Verständnis des Wortes „Krankengeschichten" wird man den Zweck dieser Bestimmung heranziehen müssen: Er dürfte darauf gerichtet sein, dem Ver die Möglichkeit zu geben, den Verlauf und die Ergebnisse der Heilbehandlung in ihren Wriede

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Anm. [G 13]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

einzelnen Stadien nachzuvollziehen, damit er ggf. mit Hilfe dieser Dokumentation ihre Notwendigkeit überprüfen kann. Danach wird man darunter ein Verzeichnis aller Daten verstehen müssen, die im Zusammenhang mit der Behandlung (im weitesten Sinne) über diese aufgezeichnet worden sind. Dazu gehören die Erhebungen über Anamnese und Diagnose, der Verlaufsbericht, die Untersuchungsbefunde, Operationsberichte, Anästhesieprotokolle, Röntgenfilme, Blutprobenergebnisse, EKG, EEG usw. Zur Beweissicherungspflicht des Arztes im allgemeinen vgl. ζ. B. Peter NJW 1988 S. 751 f. Die vorstehend erörterten K r i t e r i e n , durch die der Krankenhausbegriff des § 4 (4) MB KK näher eingegrenzt wird, w i d e r s p r e c h e n n i c h t d e m a l l g e m e i n e n S p r a c h g e b r a u c h . Sie sind weder überraschend (§3 AGBG) noch enthalten sie eine unangemessene Benachteiligung der Gesamtheit der davon betroffenen Vmer (§ 9 AGBG). — Wegen der weiteren Einschränkung der vten Gefahr bei Behandlung in „gemischten Anstalten" vgl. Anm. G 28. Unter den Krankenhäusern, die diesen Anforderungen entsprechen, hat der Vmer f r e i e W a h l (§4 (4) MB KK; vgl. zur Entwicklung dieser Befugnis Bach-Moser Rz 38 f. zu § 4 MB KK; AS ZfV 1975 S. 209). Die Leistungspflicht des Vers für eine stationäre Behandlung setzt schließlich voraus, daß gerade sie m e d i z i n i s c h n o t w e n d i g (im Sinne der Erläuterungen in Anm. G 8) ist, d. h. eine ambulante nicht ausreicht, um den möglichen Erfolg zu erzielen (vgl. OLG Köln 13. II. 1986 RuS 1986 S. 163 f.). Das gilt sowohl für ihren Beginn als auch bei fortgeschrittenem Verlauf wie endlich dann, wenn der angestrebte Erfolg stationär nicht mehr erreichbar erscheint. Andere Gründe für eine stationäre Unterbringung reichen nicht aus (LG Flensburg 27. III. 1987 PKV Publik 1988 S. 106). Das ist gleichfalls nach objektiven Gesichtspunkten und danach zu entscheiden, ob diese Maßnahme wissenschaftlich vertretbar ist. Es kommt nicht auf die Ansicht des einweisenden oder des Krankenhausarztes an; sie kann aber ein wesentliches Indiz für die objektive Notwendigkeit sein (h. Μ. ζ. B. OLG Hamburg 3. XII. 1964 VersR 1965 S. 174; OLG Oldenburg 24. II. 1972 VersR 1972 S. 776f.; OLG Hamm 15. III. 1972 VersR 1972 S. 777; LG Hamburg 10.1.1952 VersR 1952 S. 396; LG Aschaffenburg 31. III. 1974 VersR 1974 S. 1093; LG Koblenz 10. XI. 1977 VersR 1978 S. 1012; Radetzky VersR 1952 S. 396). Der davon abweichenden Auffassung des OLG Hamm (16. IX. 1977 VersR 1978 S. 414), wonach es ausreichen soll, daß die Einweisung in ein Krankenhaus auf Seiten des Arztes nicht schuldhaft falsch war (wohl ebenso OLG Köln 16. X. 1978 VersR 1980 S. 426; 16. II. 1984 VersR 1984 S. 838; LG Köln 7. XII. 1979 VersR 1980 S. 525), ist bereits in Anm. G 8 widersprochen worden (ebenso OLG Bamberg 14. III. 1979 VersR 1979 S. 639 f.). Bei Beurteilung der objektiven Notwendigkeit ist auf die im Einzelfall tatsächlich angewandte Behandlungsmethode abzustellen. Hätte für diese ambulante Behandlung ausgereicht, wäre jedoch für eine andere an sich gebotene aber gar nicht durchgeführte Therapie die Aufnahme in ein Krankenhaus erforderlich gewesen, so besteht kein Anspruch auf die Krankenhausleistungen des Vers (OLG Frankfurt/M 15. X. 1980 VersR 1981 S. 451 f.). Die erörterte Notwendigkeit ist dann gegeben, wenn mit den Mitteln und Möglichkeiten einer ambulanten Versorgung der erreichbare Behandlungserfolg oder die erforderliche Diagnose (AG Lahnstein 21. IV. 1987 PKV Publik 1988 S. 106; SozG Münster 17. XI. 1987 NJW 1988 S. 2975 f.) nicht unter angemessenen Bedingungen und in angemessener Zeit erzielt werden kann (ebenso NN ZfV 1980 S. 176 im Anschluß an BSG 12. XII. 1979 BSGE 49 S. 216, 217). Dabei ist von den durchschnittlich üblichen Behandlungsmöglichkeiten ambulanter Praxen, auch der eines Facharztes oder einer möglichen Inanspruchnahme der Ambulanz eines für den K334

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. (G 13]

Patienten nach seinem Krankheitsbefund erreichbaren Krankenhauses auszugehen. In diesem Zusammenhang kann die Frage auftauchen, ob einer Gefahrsperson im Einzelfall angesonnen werden kann, statt einer stationären die ambulante Behandlung durch einen (dazu berechtigten) Krankenhausarzt zu wählen, dem dafür die bessere Ausstattung seines Krankenhauses zur Verfügung steht, mangels derer ein Arzt mit „Privatpraxis" eine stationäre Behandlung für erforderlich halten könnte. Diese Frage wird nur nach den jeweiligen Umständen entschieden werden können. Ferner kann die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung deswegen vorliegen, weil der Kranke ständiger Überwachung oder Kontrolle bedarf, die nur in einem Krankenhaus durch die dortigen Ärzte und/oder das Pflegepersonal gewährleistet ist. Die Notwendigkeit kann sich auch daraus ergeben, daß die zur endgültigen Herstellung des Behandlungserfolgs erforderliche laufende nichtmedizinische Betreuung in häuslicher Pflege nicht besteht (OLG Hamburg 3. XII. 1964 VersR 1965 S. 174). Ergänzend kann auf Ziff. 4 der Richtlinien über die VO von Krankenhauspflege vom 26. II. 1982 (Beilage 32/82 zum Bundesanzeiger vom 13. VII. 1982 S. 7) verwiesen werden, die in der GKV zu beachten sind. Danach besteht keine medizinische Notwendigkeit u. a. in Pflegefallen, bei sozialer Indikation und bei Unterbringung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Pflegefalle sind anzunehmen, wenn die erforderlichen Maßnahmen allein dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit entgegenzuwirken oder sich ein chronischer Krankheitszustand mit den besonderen medizinischen Mitteln eines Krankenhauses nicht mehr beeinflussen läßt. Soziale Indikation kann gegeben sein, wenn mangelnde Pflege- und Betreuungsmöglichkeit im häuslichen Bereich besteht. Grundsätzlich hat der Vmer die Beweislast für das Vorliegen der vorstehend erörterten Voraussetzungen des Krankenhausbegriffs im Sinne des § 4 (4) MB KK. Das kann jedoch nicht dazu führen, daß er für jede denkbare Behandlungsmethode, insbesondere für solche, die bei ihm gar nicht in Betracht kam, nachweist, daß sie regelmäßig den Grundsätzen der medizinischen Wissenschaft (Anm. G 8) entspricht. Vielmehr ist es Sache des Vers, seine dahingehenden Zweifel unter Angabe von Tatsachenmaterial zu belegen. Die entsprechenden Behauptungen hat dann der Vmer zu widerlegen. Das E n t g e l t f ü r die K r a n k e n h a u s b e h a n d l u n g richtet sich nach dem Inhalt des abgeschlossenen Krankenhausaufnahmevertrages, der regelmäßig — auch im Falle öffentlichrechtlich organisierter Anstalten — privatrechtlicher Natur ist. Es sind im wesentlichen drei Vertragstypen zu unterscheiden (vgl. z. B. MünchKommSöllner Rz 7 3 - 7 6 zu § 611; Rieger Rz 1033-1035; Uhlenbruck NJW 1973 S. 1399): Von einem t o t a l e n K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g spricht man, wenn der Vmer allein zum Krankenhausträger in Rechtsbeziehungen tritt, d. h. dieser sowohl die Durchführung der ärztlichen Behandlung als auch die pflegerischen Leistungen sowie Unterkunft und Verpflegung schuldet (vgl. z. B. BGH 27. II. 1952 BGHZ 5 S. 321, 323). Es handelt sich dabei trotz eingeschlossener anderer Vertragselemente über Beherbergung, Kauf und Werkvertrag dem Haupttypus nach um einen Dienstvertrag. Das danach zu entrichtende Entgelt ist in aller Regel (vgl. § 20 KHG) nach den von der zuständigen Landesbehörde nach Maßgabe der §§17 — 18 b KHG, 3 ff. BPfV festgesetzten Pflegesätzen zu bestimmen. Im Falle eines sog. a u f g e s p a l t e n e n K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g e s schließt der Vmer zwei Verträge ab, und zwar einen mit dem Krankenhausträger über die zu erbringenden allgemeinen Leistungen — das sind die der nachgeordneten ärztlichen Grundleistungen, pflegerische Betreuung, Unterbringung und Verpflegung sowie Lieferung von Arzneien, physikalischen Leistungen usw. — und ferner einen Wriede

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Anni. [G 14]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

gesonderten Vertrag mit dem (gegenüber dem Krankenhausträger) liquidationsberechtigten leitenden oder einem Belegarzt über die verantwortliche ärztliche Behandlung. Hier schuldet der Vmer dem Träger nur das Entgelt für dessen Leistungen, die nach den zitierten Bestimmungen des K H G und der BPflV zu berechnen sind und darüber hinaus dem verantwortlichen Arzt das nach der GOA oder ggf. der GOZ zu bestimmende Honorar. N e b e n einem t o t a l e n K r a n k e n h a u s a u f n a h m e v e r t r a g kann der Vmer zus ä t z l i c h mit einem leitenden Krankenhausarzt oder einem Belegarzt einen w e i t e r e n V e r t r a g abschließen. In diesem Falle besteht hinsichtlich der ärztlichen Behandlung ein Gesamtschuldverhältnis (vgl. z. B. Palandt-Putzo Einf 2 a, cc vor §611). Umstritten war, ob der Träger sein Entgelt entsprechend seines dann geringeren Leistungsumfangs zu ermäßigen hat (vgl. BGH 19. XII. 1978 NJW 1979 S. 597, 598; Rieger Rz 1037). Diese Frage ist durch die Neufassung des § 8 BPflV dahin geregelt worden, daß ein Nachlaß von 5% zu gewähren ist. Wird eine Gefahrsperson o h n e v e r t r a g l i c h e V e r e i n b a r u n g aufgenommen, z. B. in Notfallen, so kann sich das Entgelt nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) bestimmen, und zwar der Vergütungsanspruch des Geschäftsführers, hier des Krankenhauses, nach § 683 BGB. Danach wird Ersatz der Aufwendungen geschuldet. Es ist indessen anerkannt, daß der Geschäftsführer daneben auch eine Vergütung beanspruchen kann, soweit die Durchführung des Geschäfts — im Beispielsfall die Notfallbehandlung — in seine berufliche und gewerbliche Tätigkeit fällt (BGH 7.1.1971 NJW 1971 S. 609, 612 a. E.). Diese Vergütung wird nach den Gesichtspunkten zu beurteilen sein, die für einen totalen Krankenhausaufnahmevertrag gelten. Denn nur der Krankenhausträger stellt hier seine Dienste (vollen Umfangs) zur Verfügung. Liegen weder Vertrag noch Geschäftsführung ohne Auftrag vor — z. B. der ohne Notfall aufgenommene Patient ist geschäftsunfähig — so bestimmen sich die Ansprüche des Krankenhausträgers nach den §§812 ff. BGB. Umstritten ist dabei, welche Gesichtspunkte bei der Berechnung der Höhe des Bereicherungsanspruchs maßgebend sind (vgl. z. B. Palandt-Thomas Anm. 4 d zu § 812). [G 14] δδδ) Heilpraktiker Schrifttum: Arndt, Heilpraktikergesetz Frankfurt/M 1985; Bockelmann NJW 1966 S. 1145; Eberhardt VersR 1986 S. 110; Hahn NJW 1984 S. 1827; Rieger Rz 836 ff.

Die meisten Ver gewähren heute auch Leistungen für die Inanspruchnahme von Heilpraktikern. § 16 Ziff. 1 S. 2 NoB schließt allerdings die Erstattung auf Rechnungen sog. Heilkundiger aus. Die GrB KK erwähnen Heilpraktiker nicht, während § 4 (2) S. 2 MB KK mangels entgegenstehender Tarifbestimmungen Leistungen hierfür vorsieht. Nach § 1 (1) HPG bedarf die Tätigkeit als Heilpraktiker, der Heilkunde betreiben will, ohne approbierter Arzt zu sein, einer behördlichen Erlaubnis, die bestimmte persönliche Erfordernisse, aber keine medizinische Ausbildung voraussetzt (1. DVO vom 8. II. 1939 RGBl I S. 259). Zur Ausübung der Heilkunde sind jedoch die ärztlichen Fachkenntnisse für die speziell angestrebte Heilbehandlung erforderlich (2. DVO vom 3. VII. 1941 RGBl. I S. 368). Die Fortgeltung dieser Bestimmungen ist umstritten; vgl. BVerwG 10. II. 1983 NJW 1984 S. 1414; (Arndt a. a. O. s. 47; Bokkelmann a. a. O. — je mit weiteren Nachweisen). Ihr Vorliegen ist von der zuständigen Behörde vor Erteilung der Erlaubnis zu prüfen. Ferner kommt es darauf an, daß die beabsichtigte Heilmethode keine nennenswerten gesundheitlichen Schäden verursachen kann (BVerwG 18. XII. 1972 NJW 1973 S. 579; 10. II. 1983 NJW 1984 S. 1414; Arndt a. a. O. S. 68 — 91). Außerdem bestehen nach verschiedenen gesetzliK336

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 15, G 16]

chen Bestimmungen für Heilpraktiker Verbote für bestimmte Verrichtungen (Rieger Rz 838). Einschlägige weitere Regelungen durch Runderlaß des Reichsinnenministeriums und durch Empfehlungen von berufsständischen Vertretungen sind bei Arndt, S. 26 — 30 und S. 47 — 64, aufgeführt. Unter diesen Umständen kann von einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung, die ihrerseits wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden voraussetzt (vgl. Anm. G 8), nur in sehr eingeschränktem Umfang gesprochen werden (Eberhard a. a. O. S. 112). Die Einbeziehung der Behandlung durch Heilpraktiker in die vte Gefahr bedeutet daher, daß insoweit jener Grundsatz nur bedingt gelten kann. Eine gegenteilige Einstellung des Vers würde bei Zusage solcher Leistungen unbeachtlich sein. Geht man von einer Fortgeltung des HPG nebst seinen DVOen aus (so insbesondere Arndt a. a. O. S. 47 ff.), so sind Aufwendungen des Vmers für Heilbehandler, die nicht im Besitz der Erlaubnis gemäß § 1 (1) HPG sind, nicht erstattungsfähig (ebenso OLG Düsseldorf 28. VI. 1984 VersR 1985 S. 458, 459 re. Sp.; LG Hamburg 4. VI. 1985 VerbB 1985 S. 46; vgl. auch LG Schweinfurth 28. II. 1985 VersR 1986 5. 1014). Nach Ansicht des OLG München (29. II. 1984 NJW 1984 S. 1826 m. krit. Anm. von Hahn; ferner LG Saarbrücken 14. XI. 1980 VersR 1981 S. 585) ist ein solcher Behandlungsvertrag nichtig. Diese Problematik besteht insbesondere für Behandlungen durch Psychotherapeuten und Chiropraktiker (vgl. hierzu BGH 3. IV. 1981 MDR 1981 S. 992), die nicht im Besitz der Erlaubnis sind (ihre Erlangung auch vielfach ablehnen). LG Köln (15. IX. 1976 VersR 1978 S. 129) bejaht die Leistungspflicht des Vers, wenn die Behandlung unter von Zeit zu Zeit ausgeübter Überwachung durch einen approbierten Psychiater erfolgt. Die Heilpraktiker der Bundesrepublik haben 1985 ein Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker herausgegeben, das im Bundesanzeiger 1985 Nr. 54 S. 2686 ff. bekanntgemacht worden ist. Eine Gegenüberstellung zur GOÄ findet sich im Gemeinsamen Ministerialblatt 1985 S. 502 ff. Daraus ist ersichtlich, daß für Verrichtungen der Heilpraktiker z. T. höhere Entgelte angesetzt werden als nach der GOÄ für vergleichbare ärztliche Verrichtungen. Das kann u. U. bei der Bemessung der Leistungen des Vers, insbesondere wenn die Übermaßklauseln in Betracht gezogen werden, von Bedeutung sein (vgl. Anm. G 33). [G 15] γγ) Nichtärztliche Heilberufe Als solche kommen im Rahmen der Krankheitskostenv Apotheker, Masseure, Bademeister, Krankengymnasten und daneben die handwerklichen Berufe der Optiker, Hörgeräteakustiker, Bandagisten und Orthopädiemechaniker in Betracht. Für die Erstattungspraxis der Ver ist dabei zu beachten, daß sie nur für Aufwendungen haften, die für Leistungen der gesetzlich zugelassenen Behandler erbracht werden. Das ist zwar in den AVB nicht besonders erwähnt, ergibt sich aber daraus, daß eine medizinisch notwendige Heilbehandlung nur dann gewährleistet ist, wenn auch bei Anwendung nichtärztlicher Heilmaßnahmen nach wissenschaftlich allgemein anerkannten Grundsätzen verfahren wird. Diese Voraussetzung kann in aller Regel als gegeben angesehen werden, wenn der Behandler den gesetzlich vorgesehenen Anforderungen entspricht. [G 16] ααα) Apotheker Schrifttum: Deutsch, Arztrecht und Arzneimittelrecht, Berlin-Heidelberg-New York 1983; Kienle NJW 1976 S. 1126; Schiedermais-Pieck Apothekengesetz, 3. Aufl. Frankfurt/M 1981.

Für Apotheker gilt insoweit das Gesetz über das Apothekerwesen in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. X. 1980 (BGBl I S. 1993). Nach § 1 (2) und (3) bedarf Wriede

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Anm. [G 16]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

ein Apotheker der Erlaubnis der zuständigen Behörde, die nur für ihn und für die in der Erlaubnisurkunde bezeichneten Räume gilt. Die Voraussetzungen der Erlaubnis sind in § 2 aufgeführt. Sie bestehen u. a. in einer deutschen Approbation oder in der Erlaubnis für eine vorübergehende Ausübung des Apothekerberufs. Die in Art. 57 der EWG-Verträge u. a. auch für Apotheker vorgesehene gegenseitige Anerkennung der Approbation ist noch nicht realisiert worden (vgl. Schiedermair-Pieck Rz 2 zu § 2 und 2. Teil Ziff. IV). Der B e g r i f f d e r A r z n e i m i t t e l ist zweifelhaft und hat auch im Rahmen der PKV zu Abgrenzungsschwierigkeiten geführt. So kann u. U. unklar sein, ob eine ärztlich verordnete Substanz überhaupt als Arznei im Sinne der AVB zu gelten hat und ferner ob es sich dabei nicht um ein Heil- oder Hilfsmittel handelt, für das nach dem maßgeblichen Tarif ggf. bestimmte Höchstsätze zu beachten sind (vgl. Ohrt S. 151). Der Arrzneimittelbegriff hat im Laufe der Zeit erhebliche Wandlungen erfahren. Diese sind durch das A M G zu einem vorläufigen Abschluß gebracht worden. § 2 A M G bestimmt u. a.: „Arzneimittelbegriff (1) Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper 1. Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen, 2. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen, 3. vom menschlichen oder tierischen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen, 4. Krankheitserreger, Parasiten oder körperfremde Stoffe abzuwehren, zu beseitigen oder unschädlich zu machen oder 5. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktion des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen. (2) Als Arzneimittel gelten 1. Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen oder tierischen Körper in Berührung gebracht zu werden, 2. Gegenstände, die ohne Gegenstände nach Nummer 1 zu sein, dazu bestimmt sind, zu den in Absatz 1 Nr. 2 oder 5 bezeichneten Zwecken in den menschlichen oder tierischen Körper dauernd oder vorübergehend eingebracht zu werden, ausgenommen ärztliche, zahn- oder tierärztliche Instrumente, 3. Verbandstoffe und chirurgisches Nahtmaterial, soweit sie nicht Gegenstände der Nummer 1 oder 2 sind, 4. Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die, auch im Zusammenwirken mit anderen Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen, dazu bestimmt sind, ohne am oder im menschlichen oder tierischen Körper angewendet zu werden, a) die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers erkennen zu lassen oder der Erkennung von Krankheitserregern zu dienen, b) Krankheitserreger oder Parasiten zu bekämpfen, ausgenommen solche, die dazu bestimmt sind, der Bekämpfung von Mikroorganismen einschließlich Viren bei Bedarfsgegenständen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes zu dienen. K338

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G17]

(3) Arzneimittel sind nicht 1. Lebensmittel im Sinne des § 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes, 2. Tabakerzeugnisse im Sinne des § 3 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes, 3. kosmetische Mittel im Sinne des § 4 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes, 4. Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die ausschließlich dazu bestimmt sind, äußerlich am Tier zur Reinigung oder Pflege oder zur Beeinflussung des Aussehens oder des Körpergeruchs angewendet zu werden, soweit ihnen keine Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen zugesetzt sind, die vom Verkehr außerhalb der Apotheke ausgeschlossen sind, 5. Gegenstände zur Körperpflege im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 4 des Lebensmittelund Bedarfsgegenständegesetzes, 6. Futtermittel, Zusatzstoffe und Vormischungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Futtermittelgesetzes." Diese Definition dürfte im wesentlichen mit dem allgemeinen Sprachgebrauch übereinstimmen, der für die Auslegung von AVB maßgebend ist (vgl. Prölss-Martin Vorbem. III). Diese enthalten keinen speziellen Arzneimittelbegriff. § 4 (3) S. 2 MB KK sieht lediglich vor, daß sie aus einer Apotheke bezogen werden müssen. Gelegentlich bestimmen die Tarife Näheres (Ohrt S. 152). Der Begriff des §2 AMG ist ein umfassender. Danach gehören dazu Mittel zur Verhütung von Krankheiten, ferner solche zu ihrer eigentlichen Behandlung, weiter Diagnosemittel und schließlich auch Stoffe und Zubereitungen, die vom menschlichen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten ersetzen sollen, etwa Hormone, Enzyme, Blutplasma und -serum (Deutsch a. a. O. S. 255). Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob Kontaktlinsen als fiktive Arznei im Sinne des § 2 (2) Ziff. 2 i. V. m. § 2 (1) Ziff. 5 AMG anzusehen sind (vgl. dazu einerseits Ott NJW 1981 S. 1299 und anderseits Rothschning NJW 1981 S. 2508). Auf diesen Streit kommt es im Rahmen der PKV nicht an. Denn nach dem Sprachgebrauch werden Kontaktlinsen nicht als Arznei bezeichnet. Sie sind vielmehr ebenso wie in aller Regel Brillen Hilfsmittel. [G 17] ßßß) Andere nichtärztliche Heilberufe Hier kommt das Gesetz über die Ausübung der B e r u f e des Masseurs, des M a s s e u r s u n d m e d i z i n i s c h e n B a d e m e i s t e r s und des Krankengymnasten vom 21. XII. 1958 (BGBl I S. 985), zuletzt geändert durch Art. 37 des Gesetzes vom 18.1.1986 (BGBl I S. 265) in Betracht. Die darin begrenzte Geltungsdauer bis zum 31. XII. 1986 (vgl. dazu Raps NJW 1985 S. 2179) ist durch Gesetz vom 9. XII. 1986 (BGBl I S. 2343) bis zum 31. XII. 1988 verlängert worden. Gemäß Gesetz vom 9. V. 1989 (BGBl I S. 876) gilt der Rechtszustand von Ende 1988 im wesentlichen bis auf weiteres fort. Die Materie soll neu geordnet werden (Raps a. a. O.). Für die handwerklichen Heilberufe (vgl. Anlage A Ziff. 89 — 92 zur Handwerksordnung vom 28. XII. 1965 - BGBl 1966 I S. Iff. - , zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. VII. 1984 - BGBl I S. 1008 - ) ist die Berechtigung ihrer Betreiber zum selbständigen Betrieb ihres Handwerks nach den Bestimmungen der Handwerksordnung erforderlich. Zu der Frage, ob sie einer Erlaubnis nach § 1 (2) HPG bedürfen, vgl. BVerwG 20.1.1966 NJW 1966 S. 1187. Die Leistungen dieser Behandler müssen vom behandelnden Arzt, Zahnarzt oder Heilpraktiker, soweit deren Behandlung sich im Rahmen der vten Gefahr hält, angeordnet worden sein. Auch das wird in den NoB und den GrB KK/KH nicht ausdrücklich bestimmt, entspricht aber allgemeiner Auffassung. Die Erwähnung der „Rezepte" in § 14 Ziff. 1 b) S. 2 NoB kann vielleicht Wriede

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Anm. [G 18]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

als Hinweis auf diese Anordnung verstanden werden. Näheres kann im übrigen in den Tarifen vorgesehen sein, auf welche die AVB verweisen. Die vorstehend behandelten Leistungen werden in den AVB und den Tarifen vielfach als Heil- u n d H i l f s m i t t e l bezeichnet. Für sie gelten zumeist Höchstsätze, ζ. B. pro Behandlung bzw. Lieferung und oder pro Vsjahr. Üblich ist es auch, die in Betracht kommenden Leistungen einzeln zu bezeichnen. Falls diese Leistungsbegrenzungen sich allgemein auf Heil- oder auf Hilfsmittel beziehen, muß u. U. zwischen beiden Begriffen unterschieden werden: H e i l m i t t e l sollen der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen. Davon sind Arzneien zu unterscheiden, die auch diesem Zweck entsprechen sollen (vgl. dazu Anm. G 16). H i l f s m i t t e l sollen dagegen nur Ersatz für körperliche Mängel sein (ähnlich Ohrt S. 153 — 155). Zu den ersteren wird man den weiten Bereich der physikalischen Behandlungen zu rechnen haben. Unrichtig ist es daher, Brillen, Kontaktlinsen und Hörgeräte als Heilmittel zu bezeichnen; sie sind vielmehr Prothesen (vgl. BVerwG 20.1.1966 NJW 1966 S. 1187). Soweit allerdings eine Brille — ζ. B. bei Kindern — für eine Augenkorrektor angeordnet wird oder nach erfolgter Operation der Wiederherstellung oder Besserung der Sehkraft dienen soll, wird man sie als Heilmittel einzuordnen haben. Die Tätigkeit von H e b a m m e n und E n t b i n d u n g s p f l e g e r n ist im Gesetz über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers (HebG) vom 4. VI. 1985 (BGBl I S. 902) geregelt. Die Erlaubnis zur Führung dieser Berufsbezeichnungen ist gemäß § 2 a. a. O. zu erteilen, wenn der Antragsteller eine dort näher bezeichnete Ausbildung abgeleistet und eine Prüfung bestanden oder unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausbildung als Hebamme in einem Mitgliedstaat der EG abgeschlossen hat. [G 18] ß) Risikoausschlüsse αα) Überblick Nach ganz überwiegender Ansicht (vgl. Bd II Anm. 17—22 zu §61 S. 524—529) enthält §61 einen g e s e t z l i c h e n R i s i k o a u s s c h l u ß . Dieser gilt auch für die PKV, soweit sie als Schadensv betrieben wird (vgl. Anm. A 14 S. Κ 6). Sie wird jedoch durch die hier erörterten AVB abbedungen. (Vgl. dazu nachstehend Anm. G 19). Bei den v e r t r a g l i c h v o r g e s e h e n e n L e i s t u n g s b e s c h r ä n k u n g e n ist jeweils zu prüfen, ob es sich dabei nicht um sog. verhüllte Obliegenheiten handelt, die den einschränkenden, zugunsten des Vmers zwingenden Bestimmungen der §§ 6, 32, 62 unterliegen (vgl. hierzu Anm. F 46 und 47). Bei den sekundären Einschränkungen der nach der primären Umschreibung vten Gefahr sind zu unterscheiden diejenigen, 1. die auf bestimmte Ursachen von Krankheiten abstellen, ζ. B. auf Kriegseinwirkungen oder Drogenmißbrauch (vgl. §§ 15 Ziff. 4 NoB, 4 (9) S. 1 GrB KK), vgl. Anm. G 1 9 - 2 4 ; 2. die bestimmt bezeichneten oder in einem bestimmten Zeitraum nach dem technischen Beginn eingetretenen Krankheiten, die gleichsam ein späteres Glied der Kausalkette als zu 1. betreffen, so (1. Alternative) der in § 15 Ziff. 7 NoB enthaltene Ausschluß von Fehl- und Frühgeburten nebst Folgen und von Geburtsfehlern, angeborenen Anomalien und „vererbten" Krankheiten gemäß § 4 (9) S. 2 GrB KK, KH sowie (2. Alternative) Wartezeiterkrankungen (§ 4 (2) S. 2 GrB, KK und KT), vgl. Anm. G 2 5 - 2 7 ; 3. die Leistungen des Vers nach der Art der Aufwendungen begrenzen, ζ. B. die Kurortklausel gemäß §§15 Ziff. 6 NoB, 5 (l)e MB KK oder die Aufwendungen betreffen, die durch Behandler entstanden sind, deren Rechnungen der Ver von K340

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G19]

der Erstattung ausgeschlossen hat (§§16 Ziff. 4 NoB, 5 (l)c MB KK) sowie solche Einschränkungen, die Leistungen der Höhe nach begrenzen (vgl. Anm. G 28 — 35). Diese sekundären Eingrenzungen der vten Gefahr sind jeweils auf ihre Vereinbarkeit mit den Anforderungen des AGBG, ggf. der vorhergehenden Rechtsprechung, zu prüfen. Insoweit besteht weitgehend Einigkeit (vgl. nur Bd. V/2 Anm. A 6 6 - 8 1 S. 135-145; Ulmer-Brandner-Hensen Anm. 27 zu § 8). In den AVB enthaltene Risikobeschränkungen sind wie AVB überhaupt nach der jetzt wohl vorherrschenden und richtigen Ansicht (vgl. Bd. V/2 Anm. A 5 3 - 6 2 S. 128-132 m. w. Ν.; Prölss-Martin Vorbem. III A 8) ähnlich wie Gesetze nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen. Dabei kommt dem Sinn und Zweck der Regelung und den typischen Interessen beider Vertragsparteien, nicht ihren individuellen Vorstellungen — diese sind nur bei Individualabreden von Belang — besondere Bedeutung zu. Die früher vielfach vertretene Meinung, Bestimmungen über R i s i k o a u s s c h l ü s s e seien eng a u s z u l e g e n (so ζ. B. RG 10. X. 1940 JRPV 1940 S. 187-189; OLG Breslau 20. XI. 1939 JRPV 1940 S. 87; OLG Schleswig 15. III. 1956 VersR 1956 S. 445), ist schon aus diesem Grunde verfehlt. Sie ist darüber hinaus d u r c h k e i n e R e c h t s n o r m b e g r ü n d e t . Mit Recht betont insbesondere Wagner (ZVersWiss 1977 S. 125 f.; Bd. VI/1 Anm. G 136 S. 344-346; ähnlich Winter Bd. V/ 2 Anm. A 61 S. 132; vgl. auch Prölss-Martin Vorbem. III A 7), daß hier aus einem darstellungstechnisch bedingten Umstand, nämlich wegen der Notwendigkeit, das vte Risiko genau zu umschreiben, materielle Rechtsfolgen gezogen werden. Unterschwellig dürften dabei Gedanken des Konsumentenschutzes mitgewirkt haben. Hierfür besteht im Hinblick auf die zunächst von der Rechtsprechung zu AGB herausgearbeiteten Grundsätze und ihrer Normierung durch das AGBG erst recht kein Anlaß mehr. — Ausschlußklauseln sind andererseits nicht weiter auszulegen, als ihr Wortlaut zuläßt (so ζ. B. OLG Stuttgart 24. X. 1986 NJW RR 1987 S. 341; OLG Saarbrücken 5. VIII. 1987 VersR 1987 S. 979). Tarife und Tarifbedingungen enthalten vielfach weitere Beschränkungen, gelegentlich auch Abmilderungen gegenüber den AVB. [G 19] ßß) Auf bestimmte Ursachen abstellende Ausschlüsse ααα) Herbeiführung des Vsfalls Die hier erläuterten AVB weichen von der gesetzlichen Regelung in § 61 ab und gehen dieser vor. Sie sehen nur einen Haftungsausschluß bei vorsätzlicher Herbeiführung vor; eine grobfahrlässige ist daher unerheblich (OLG Düsseldorf 16. VI. 1961 VersR 1961 S. 878, 879; unrichtig daher LG Aachen 23. X. 1959 VersR 1960 S. 146, 147). § 15 Ziff. 4 NoB bestimmt u. a. „Krankheiten, Unfälle und Verletzungen, die ... auf Vorsatz ... zurückzuführen sind, begründen keine Ansprüche auf Vsleistungen".

Dieser Wortlaut ist ungenau, da Krankheiten usw. als solche keine Ansprüche begründen, sondern (vgl. § 11 NoB) nur Vermögensschäden aufgrund notwendiger Krankenpflege Voraussetzung hierfür sind. Eine ohne Gesundheitsstörung oder dahin deutende, objektiv betrachtet, ernst zu nehmende Symptome veranlaßte Heilbehandlung fallt nicht unter die vte Gefahr (Anm. G 8). Der Vorsatz bezieht sich daher allein auf die Verursachung einer b e h a n d l u n g s b e d ü r f t i g e n Krankheit (ebenso Prölss-Martin Anm. 2 zu § 5 MB KK); er braucht sich nicht darauf zu richten, daß sie dann auch tatsächlich behandelt wird. Es sind dabei verschiedene Fälle zu unterscheiden: Wriede

Κ 341

Anm. [G 19]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Der Vmer, der zugleich Gefahrsperson ist, kann sich selbst eine Krankheit oder eine Verletzung zufügen und dadurch behandlungsbedürftig werden. Ferner ist denkbar, daß er eine Gefahrsperson, deren Behandlungskosten er zu tragen hat, verletzt oder — ζ. B. ein Kleinkind — durch falsche Betreuung erkranken läßt. Auch hier greift der Leistungsausschluß ein (ebenso OLG Düsseldorf 18. II. 1932 HRGZ 1932 A Sp. 633; Prölss-Martin Anm. 2 zu § 5 MB KK). Entsprechendes ist anzunehmen, wenn bei einer V für fremde Rechnung der Vte für sich selbst einen Vsfall herbeiführt oder „seiner" Gefahrsperson ein solches Übel zufügt. Das gleiche gilt, wenn eine Gefahrsperson sich selbst vorsätzlich „krank macht" oder verletzt (Bd. II Anm. 60 zu §61 S. 575). Ihr Verhalten wird analog §§161, 179 IV dem Vmer oder Vten zugerechnet: Es ist so anzusehen, als hätten diese es selbst betätigt (vgl. Anm. F 5). Problematisch ist der Fall, daß ein Vter oder eine Gefahrsperson den Vmer vorsätzlich „krankmachen" oder verletzen. Hier kommt es darauf an, ob sie insoweit als seine Repräsentanten anzusehen sind (vgl. OLG Saarbrücken 10. VII. 1987 ZfiS 1987 S. 278). Ein vorsätzliches Handeln oder Unterlassen des Vmers gegenüber Vtem oder Gefahrsperson schließt in jedem Falle die Haftung des Vers aus. Zum B e g r i f f d e r S c h u l d f ä h i g k e i t u n d d e s V o r s a t z e s vgl. Bd. II Anm. 41 - 4 3 zu § 61 S. 544-547; Flore VersR 1989 S. 131 f. Vorsätzliches Herbeiführen einer behandlungsbedürftigen Gesundheitsstörung — insbesondere durch bedingten Vorsatz — kann sowohl bei aktivem Tun als auch bei Unterlassen gegeben sein. Das letztere setzt voraus, daß der Vmer das ursächliche Geschehen in der Weise beherrscht, daß er die Entwicklung und die drohende Gefahrverwirklichung zuläßt, obwohl er die geeigneten Mittel zu ihrer Verhinderung in der Hand hat und bei zumutbarer Wahrnehmung seiner Belange davon ebenso Gebrauch machen könnte wie eine nichtvte Person. Dabei ist vorauszusetzen, daß er Kenntnis von dem zum Vsfall führenden Geschehen, d. h. von den Umständen hat, aus welchen sich ergibt, daß der Eintritt des Vsfalls in den Bereich der praktisch unmittelbar in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten gerückt war (BGH 4. VII. 1986 VersR 1986 S. 962,963). Ein danach relevantes Verhalten kann z. B. in Frage kommen bei — entgegen ärztlichem Rat wiederholter übermäßiger Ernährung, die zur Fettleibigkeit führt - diese als Krankheit unterstellt (OLG Hamburg 9. II. 1979 VersR 1980 S. 275; LG Hamburg 28. X. 1980 u. OLG Hamburg 9. II. 1981 VersR 1981 S. 1049 f.), — Nichtbefolgen ärztlicher Anordnungen, wodurch ein im Entstehen begriffenes Leiden nicht verhindert wird, — vorgetäuschtem Selbstmordversuch, der zu einer Gesundheitsstörung oder Verletzung führt, die der Täter in Kauf nimmt (Bach-Moser Rz 6 zu § 5). Bei ernstlichem Selbstmordversuch dürfte das nicht der Fall sein, weil nicht mit einem Fehlschlag gerechnet wird (so aber LG Berlin I 18. II. 1930 JRPV 1930 S. 160). Anders ist es bei Selbstverstümmelung und einer Demonstrationstat (vgl. VerbB 1981 S. 45), — durch übermäßigen Alkohol- oder Rauschgiftgenuß in Kauf genommene Erkrankung (OLG Oldenburg 29. VI. 1988 VersR 1989 S. 242). In dem häufigeren Fall einer infolge Trunkenheit herbeigeführten Unfallverletzung wird der (dem Ver obliegende) Nachweis der billigenden Inkaufnahme der behandlungsbedürftigen Gesundheitsschädigung oft nur schwer zu führen sein, da der Trinker zumeist darauf vertrauen wird, es werde zu keiner Verletzung kommen. Bedingter Vorsatz kann vorliegen, wenn er gewarnt wurde (vgl. OLG München 14. III. 1952 VersR 1952 S. 206 f. für die Haftpflichtv; Schulz ZfV 1960 S. 596, 598). K342

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Anm. [G 19]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Fraglich ist, ob schon das Entstehen einer behandlungsbedürftigen Sucht als vorsätzliches Herbeiführen zu werten ist. Meistens wird hier nur grobe Fahrlässigkeit anzunehmen sein, die nach den hier erläuterten AVB unerheblich ist (vgl. zur Frage der selbstverschuldeten Sucht als Krankheit im Sinne des Lohnfortzahlungsgesetzes etwa Krasney in Festschrift für Sieg 1981 S. 309-324). Bei Vorliegen einer Krankheit oder einer Unfallverletzung, die zwar behandlungsbedürftig sind, aber noch nicht behandelt werden, der V s fall also n o c h nicht e i n g e t r e t e n ist, ist es denkbar, daß der Betroffene durch sein Verhalten eine Vers c h l e c h t e r u n g seines Zustandes bewirkt, so daß dadurch höhere Aufwendungen entstehen, als sonst erforderlich geworden wären. Hier fragt sich, ob der Risikoausschluß eingreift, der Vorsatz voraussetzt, oder ob nur die Abwendungsobliegenheit des § 62 (Anm. F 46) verletzt ist, wofür schon grobe Fahrlässigkeit genügen soll. Beide Normen können zusammentreffen (Bd. II Anm. 25 zu § 61 S. 531, 532; Anm. 9 zu § 62 S. 622 — 623). Danach würde der Ver u. U. schon bei grober Fahrlässigkeit leistungsfrei (§ 62 II) und die in den AVB vorgesehene Beschränkung des § 61 auf vorsätzliches Verhalten gegenstandslos sein. Das kann nicht anerkannt werden. Ein gleiches Problem, nämlich die Konkurrenz von §152 mit §6211, besteht in der Haftpflicht. BGH 18.1.1965 (BGHZ 43 S. 88, 93 f.) hat entschieden, daß die nur grobfahrlässige Verletzung der Abwendungsobliegenheit dem Vmer nicht schadet, da andernfalls der § 152 seinen Sinngehalt verliere (ebenso Bd. I Anm. 25 a. E. zu § 61 S. 533; Bd. IV Anm. F 76 S. 237). Das muß auch für die PKV gelten. Damit wird aber § 62 insoweit für die PKV nicht entbehrlich. Vielmehr betont Möller a. a. O. mit Recht, daß der Ver den etwaigen Rettungsaufwand gemäß § 63 zu ersetzen hat. — Die erwähnte Konkurrenz zwingt zu einer weiteren Modifizierung in der Anwendung der §§ 62, 63: Nach II 1 der ersteren Norm trifft den Vmer die Beweislast mangelnden Verschuldens, während nach den §§15 Ziff. 4 NoB, 4 (9) GrB KK S. 1, 5 ( l ) b MB KK der Ver die vorsätzliche Herbeiführung zu beweisen hat. Auch hier gebührt der letzteren Regelung der Vorrang im Falle der Konkurrenz. Anders ist es nur, wenn der Vmer Ersatz von Rettungskosten fordert. Dann trifft ihn die Beweislast mangelnden Verschuldens und mangelnder Kausalität. V o r s ä t z l i c h e s H e r b e i f ü h r e n kommt auch noch n a c h Beginn des (ged e h n t e n ) V s f a l l s in Betracht, so wenn etwa der Vmer oder ihm gleichgestellte Personen durch gewolltes Mißachten ärztlicher Anweisungen oder anderweitig den Krankheitsbefund verschlechtern, so daß höhere Behandlungskosten anfallen. Hier greift die Ausschlußklausel analog in Bezug auf die Mehrkosten ein (Bd. II Anm. 26 zu §61 S. 531, 532 f.). Daneben ist die Abwendungsobliegenheit verletzt, was zur Versagung evtl. entstandener Rettungskosten führen kann (s. vorstehend). §§ 4 (9) GrB KK, 4 (8) GrB KH, 4 (7) GrB KT - jeweils S. 1 1. Hs. - lauten übereinstimmend: „Der Ver ist von der Verpflichtung zur Leistung frei für Krankheiten einschließlich ihrer Folgen, die Unfälle, ... die der Vmer oder die vte Person vorsätzlich herbeigeführt hat".

Dieser Wortlaut weist die gleiche Ungenauigkeit auf wie § 15 Ziff. 4 NoB und geht ferner zu Unrecht davon aus, daß der Ver an sich leistungspflichtig sei und nur aufgrund eines besonderen Tatbestandes davon freigestellt werde. Das ist mit der der h. M. entsprechenden Vorstellung unvereinbar, daß der Ver die Gefahr einer vorsätzlichen Herbeiführung des Vsfalls von vornherein gar nicht trägt. Mit den „Folgen" sind nicht die wegen der Krankheit notwendige Behandlung, sondern die gesundheitlichen Störungen gemeint, die sich infolge der herbeigeführten Krankheit einstellen. Im übrigen gelten die gleichen Erwägungen wie zu § 15 Ziff. 4 NoB. Soweit § 5 (l)b MB KK u. KT „auf Vorsatz beruhende Krankheiten und Unfälle einschließlich deren Folgen" vom Vsschutz ausschließt, besteht gegenüber den vorstehenden Darlegungen keine Besonderheit. Wriede

Κ 343

Anm. [G 20]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Die hier erläuterten Ausschlußklauseln sind angesichts der für den Vmer ungünstigeren gesetzlichen Regelung des §61 (für die Schadensv) m i t dem A G B G vereinbaiSoweit es sich um Summenvsverträge handelt, bestehen gleichfalls keine Bedenken. Die Beweislast für das vorsätzliche Herbeiführen einer behandlungsbedürftigen Erkrankung oder Verletzung liegt beim Ver. Zuvor muß aber der Vmer die Einzelheiten seiner Erkrankung oder Verletzung sowie deren medizinisch notwendiger Behandlung darlegen und ggf. beweisen, da andernfalls der Ver gehalten wäre, gleichsam „ins Blaue hinein" zu behaupten, es liege ein vorsätzliches Verhalten vor (vgl. OLG Hamm 19. XII. 1980 VersR 1981 S. 925). [G 20] ßßß) Gesundheitsstörungen durch Sucht oder RauschgiftmiBbrauch § 15 Ziff. 4 NoB schließt Leistungen aus für Krankheiten und Unfälle, die „auf den mißbräuchlichen Genuß von Rauschgiften (Morphium, Kokain usw.) zurückzuführen sind". §§ 4 (9) GrB KK, 4 (8) GrB KH u. 4 (7) GrB KT versagen Leistungen mit der ähnlichen Formulierung, wenn die Gesundheitsstörungen „auf einer Sucht oder ihren Folgen beruhen". § 5 ( l ) b M B KK u. KT sehen Leistungsfreiheit vor „für Entziehungsmaßnahmen einschließlich Entziehungskuren". Diese Leistungsbeschränkungen beinhalten echte Risikoausschlüsse, keine Obliegenheiten (vgl. Anm. F 47); sie haben unterschiedlichen Umfang. Zu den R a u s c h g i f t e n zählen nach heutiger Auffassung im wesentlichen Opiate wie Morphium, Opium und Heroin, Barbiturate, Kokain, Hanfdrogen wie Haschisch und Marihuana, Halluzinogene wie Lysergsäurediäthylamid (LSD) und auch Alkohol (vgl. z. B. Brockhaus Bd. 9 S. 347, 348). Mißbrauch im Sinne des § 15 Ziff. 4 NoB liegt vor, wenn für den gewisse Grenzen überschreitenden Gebrauch kein nach medizinischen oder ethischen Gesichtspunkten rechtfertigender Grund besteht (OLG Hamburg 13. II. 1953 VersR 1953 S. 190, 191). Letztere kommen z. B. für magische Bräuche ostasiatischer Völker in Betracht, die vereinzelt auch in westlichen Ländern praktiziert werden mögen, erstere vor allem bei m e d i z i n i s c h e r N o t w e n d i g k e i t in der S c h m e r z b e k ä m p f u n g und bei der Behandlung von n e r v ö s e n u n d / o d e r p s y c h i s c h e n S t ö r u n g e n . Soweit ein Gebrauch in diesen Grenzen zu weiteren Gesundheitsstörungen führt, greift der Ausschluß nicht ein. Geht er darüber hinaus, so ist für die Anwendbarkeit der Klausel weiter erforderlich, daß der Betreffende sich dieser Tatsache bewußt ist oder bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt hätte bewußt sein müssen, m. a. W. er sich s c h u l d h a f t verhalten hat (OLG Hamburg a. a. O.). Das Verschulden eines Repräsentanten — z. B. der Eltern für ein insoweit noch nicht einsichtsfähiges Kind, eines Pflegers für geistesgestörte Person — ist diesem/dieser zuzurechnen. — Die zitierte Bestimmung der NoB führt als Beispiele von Rauschgiften Morphium und Kokain an. Daraus und aus dem allgemeinen Sprachgebrauch z. Zt. der Einführung dieser AVB A n f a n g der 30er J a h r e ist mit Recht geschlossen worden, daß A l k o h o l n i c h t zu den R a u s c h g i f t e n in deren Sinne zu rechnen war (LG Hamburg 30. X. 1936 JRPV 1936 S. 383, 384; a. A. Schulz ZfV 1960 S. 596, 597). Damals bestand das Problem der Drogen- und Medikamentenabhängigkeit nur in Ausnahmefallen, dagegen war das der Trunksucht weiter verbreitet. Hätte man dieses in den Ausschluß einbeziehen wollen, hätte nichts näher gelegen, als es bei den Beispielen mit aufzuführen. Der entsprechende L e i s t u n g s a u s s c h l u ß n a c h den G r B geht gleichsam erst von einer nächsten Stufe aus, nämlich nicht schon von einem mißbräuchlichen Genuß, sondern erst von s c h o n b e s t e h e n d e r S u c h t , d. h. von einer Abhängigkeit, nämlich dem Unvermögen des Betroffenen, die Mitteleinnahme aus eigener Kraft abzubrechen (Brockhans a. a. O.). Allein eine wenn auch wiederholte schwere

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Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 21]

Trunkenheit begründet noch nicht die Annahme einer Sucht (LG Aachen 23. X. 1959 VersR 1960 S. 146; insoweit unklar LG Dortmund 21. III. 1960 VersR 1960 S. 746). Zu den in Betracht kommenden S u c h t m i t t e l n wird hier j e t z t a u c h nach überwiegender und richtiger Ansicht der A l k o h o l gerechnet (OLG Hamm 18. X. 1972 VersR 1973 S. 123; Prölss-Martin15 Anm. 7 zu § 5 GrB KK; Bach-Moser Rz 9 zu § 5 (l)b) MB KK und KT; a. A. Ohrt S. 73 f.). Wenn mißbräuchlicher Genuß oder eine Sucht einerseits und andere nicht vom Vsschutz ausgeschlossene Ursachen zusammen oder nacheinander zum Vsfall geführt haben, greift der Leistungsausschluß gleichfalls ein, so wenn die Sucht darauf zurückzuführen ist, daß bei der Behandlung einer schmerzhaften Krankheit morphiumhaltige Medikamente angewandt worden waren (BGH 17. IX. 1975 BGHZ 65 S. 142-146 = VersR 1975 S. 1093 f.) oder wenn ein Unfall durch mißbräuchlichen Rauschmittelgenuß beeinflußt wurde (KG 31. V. 1956 DAR 1956 S. 218). Vgl. im übrigen zur Frage des Zusammenwirkens eingeschlossener und ausgeschlossener Ursachen Anm. G 36. Der Fall der Mitursächlichkeit einer Sucht oder des Rauschgiftmißbrauchs für e i n e n Vsfall ist von dem anderen zu unterscheiden, daß neben der Sucht oder dem Mißbrauch als Krankheit eine andere Gesundheitsstörung, die nicht auf jene Ursachen zurückzuführen ist, medizinisch notwendig behandelt werden muß. Die auf diese Behandlung entfallenden Aufwendungen sind erstattungsfähig; sie müssen ggf. geschätzt werden (§ 287 ZPO; LG Hannover 20. X. 1982 VersR 1984 S. 930; a. A. Prölss-Martin Anm. 3 zu § 5 MB KK). Die Beweislast für das Vorliegen dieses Ausschlußtatbestandes trifft den Ver, nachdem der Vmer zunächst die Anspruchsgrundlagen seiner Forderung dargelegt hat ((OLG Hamm 10. X. 1972 VersR 1973 S. 123). Die Suchtklausel ist im Hinblick auf die Anforderungen über die Inhaltskontrolle von AGB als bestandskräftig anerkannt worden (BGH a. a. O.). Der Leistungsausschluß gemäß §§ 5 (1) b MB KK und KT bezieht sich nicht auf eine bestimmte Ursache der behandlungsbedürftigen Krankheit, sondern nimmt bestimmte Behandlungsformen aus der Leistungspflicht heraus. Vgl. dazu Anm. G 30. [G 21] γγγ) Beteiligung an inneren Unruhen oder Kriegsereignissen, Wehrdienstbeschädigung § 15 Ziff. 4 NoB schließt ferner Leistungen für (behandlungsbedürftige) Krankheiten und Unfälle aus, „die auf a k t i v e T e i l n a h m e an i n n e r e n U n r u h e n , K a m p f h a n d l u n g e n im K r i e g e ... zurückzuführen sind". §§4 (9) GrB KK, 4 (8) GrB KH, 4 (7) GrB KT sehen einen Ausschluß vor für Krankheiten einschließlich ihrer Folgen und Unfälle, „die d u r c h K r i e g s e r e i g n i s s e h e r b e i g e f ü h r t worden sind". Nach § 5 (l)a MB KK u. KT besteht keine Leistungspflicht „für solche Krankheiten einschließlich ihrer Folgen sowie für Folgen von Unfällen ..., die durch K r i e g s e r e i g n i s s e v e r u r s a c h t o d e r als W e h r d i e n s t b e s c h ä d i g u n g e n ane r k a n n t sind".

In allen Fällen handelt es sich um echte Risikoausschlüsse, obwohl auf ein Verhalten des Vmers und der ihm gleichgestellten Personen abgestellt wird (vgl. Anm. F 47). „ I n n e r e U n r u h e n " im Sinne des §15 Ziff. 4 NoB sind anzunehmen, wenn nach objektiver Beurteilung sich eine nicht unerhebliche Menschenmenge zusammenrottet, die mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen verübt (BGH 13. XI. 1974 VersR 1975 S. 126). Wenn sich bei einer Demonstration einzelne Teilnehmer zu Gewalttätigkeiten hinreißen lassen, liegen noch keine inneren Wriede

Κ 345

Anni. [G 21]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Unruhen vor (BGH a. a. O. S. 127; Nickusch NJW 1969 S. 20). Für solche Handlungen kann der Ausschlußtatbestand des Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens oder überhaupt der vorsätzlichen Herbeiführung des Vsfalls in Betracht kommen. Die zitierte Bestimmung grenzt jedoch nur Leistungen aus, die auf a k t i v e Teilnahme an solchen Unruhen zurückzuführen sind. Es muß sich also um Beteiligte der zusammengerotteten Menschenmenge handeln, gleichgültig ob sie von vornherein oder erst später dazugestoßen sind, und ob sie sich selbst agressiv bestätigt oder bei ihrer Teilnahme durch Einwirkung anderer Gesundheitsschäden davongetragen haben. Es genügt, daß sie zu der Menge gehört haben, aus deren Mitte heraus Gewalttätigkeiten begangen wurden. A k t i v e T e i l n a h m e a n K a m p f h a n d l u n g e n im K r i e g e sind nicht auf die Mitglieder regulärer Kampfverbände beschränkt, sondern dazu sind auch Zivilpersonen zu rechnen, die sich z. B. an der Bekämpfung durch Kriegshandlungen entstandener Brände beteiligen, sog. Blindgänger sichern (OLG Celle 21. X. 1941 HansRGZ A 1942 Sp. 86 —88), Kurierdienst leisten, Verpflegung für kämpfende Einheiten beschaffen, Reparaturen an Kriegsgeräten ausführen. Als Krieg ist nicht nur ein regulär erklärter Krieg im Sinne des Völkerrechts zu verstehen, es gehören dazu auch sonstige Gewaltzustände, wie Bürgerkriege — Kampf um die Regierungsgewalt — oder ähnliche Verhältnisse, die sich mit Gewalt gegen die herrschende Staatsgewalt richten mit der Absicht, sie zu beseitigen oder andere Mächte an ihre Stelle zu setzen (vgl. z. B. Scherzberg, Die Kriegsklausel in der Seev 1954 S. 32, 35 f.). Dabei ist stets vorauszusetzen, daß sich die Krankheit oder der Unfall (einschließlich Folgen) ohne die inneren Unruhen oder die Kriegsereignisse nicht ereignet haben würden (z. B. Stiefel-Hofmann, Kraftfahrv 13. Aufl. 1986, Rz 282 zu § 2 AKB). Wer dagegen durch solche Vorgänge als Unbeteiligter betroffen wird, hat bei Vorliegen der weiteren Leistungsvoraussetzungen Anspruch gegen den Ver. Umfassender ist dagegen der in den GrB vorgesehene Leistungsausschluß, der s c h l e c h t h i n a u f K r i e g s e r e i g n i s s e abstellt, g l e i c h g ü l t i g o b der Kranke oder Verletzte am kriegerischen Geschehen b e t e i l i g t war o d e r n i c h t . Jedoch sind nach diesen AVB innere Unruhen unerheblich. Wegen des Begriffs des Krieges wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. In gleichem Umfang wie nach den GrB werden nach § 5 (1) a MB KK u. KT keine Leistungen gewährt für Krankheiten oder Unfälle nebst Folgen, die durch Kriegsereignisse verursacht wurden. Diese Beschränkung bezieht sich darüber hinaus auf a n e r k a n n t e W e h r d i e n s t b e s c h ä d i g u n g e n . Dieser Begriff ist wie in §81 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in der Bekanntmachung vom 21. IV. 1953 (BGBl I S. 457), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. VII. 1985 (BGBl I S. 1513) zu verstehen. Der Leistungsausschluß ist deshalb von Bedeutung, weil zur Anerkennung als WDB auch Gesundheitsstörungen in Betracht kommen, für die nur eine Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs mit dem Wehrdienst besteht (§ 81 (5) SVG). Wenn die Anerkennung festgestellt worden ist, hat der Betreffende Anspruch auf Heilbehandlung nach Maßgabe dieses Gesetzes, so daß allenfalls ein Interesse an zusätzlichen Leistungen der PKV, etwa an Krankenhaustagegeld oder Aufwendungen für eine bessere Pflegeklasse nebst privatärztlicher Behandlung gegeben sein kann. Leistungen für nach dem SVG gewährter Heilbehandlung kommen im Rahmen einer Krankheitskostenv ohnehin nicht in Betracht (§ 55, vgl. dazu Anm. A 10 S. Κ 5). Der Ausschluß gilt jedoch solange nicht, als die Anerkennung der WDB nach den dafür maßgeblichen Bestimmungen nicht rechtskräftig festgestellt worden ist, was u. U. längere Zeit dauern kann. Die bis dahin vom Ver erbrachten Leistungen für die Behandlung von Gesundheitsstörungen aufgrund von WDB verbleiben dem Betroffenen (soweit sie nicht unter die Ausschlußklausel für Kriegsereignisse fallen). K346

Wriede

Anm. [G 22, G 23]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Ihm werden nämlich vom Versorgungsamt lediglich seine Aufwendungen für seine zwischenzeitlichen Leistungen an die PKV „in angemessenem Umfang ersetzt". An sich müßten die Leistungen des Vers bei rückwirkender Anerkennung der WDB wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückgewährt werden, da eine Leistungspflicht nicht bestand. Da jedoch § 5 (I) a MB KK auf den Begriff des § 81 SVG und damit (vgl. § 80 SVG i. V. m. § 18 (2) S. 3 BVG) auf dessen Regelung Bezug nimmt, muß angenommen werden, daß die Klausel diese übernehmen will. Dieser Leistungsausschluß ist gegenüber den Anforderungen des AGBG bestandskräftig. Das Ausmaß solcher Schäden ist nicht übersehbar und die Kosten für ihre Behandlung kaum zu kalkulieren. Im übrigen entspricht es verbreiteter Praxis im Vsrecht, solche Schäden vom Vsschutz auszunehmen oder nur gegen erhöhte Prämien zu vn. [G 22] δδδ) Teilnahme an Wettkämpfen Gemäß § 15 Ziff. 4 NoB werden auch Leistungen ausgeschlossen für Krankheiten und Unfälle nebst Folgen, die durch aktive Teilnahme an Wettkämpfen verursacht worden sind. Unter Wettkampf ist eine geregelte Form eines geistigen oder körperlichen Wettstreits zwischen einzelnen Personen oder mehreren Parteien zu verstehen. Auf die Erlangung von Punkten oder Preisen für den Gewinner kommt es nicht an (LG Oldenburg 14.1.1953 VersR 1953 S. 79; LG Köln 20. X. 1952 VersR 1953 S. 442; Brockhaus Bd. 12 S. 379), d. h. es kommen ζ. B. auch Schach- oder Kartenspiele, Auto- oder Motorradrennen, Autosternfahrten (so OLG Nürnberg 17. XII. 1953 Bayerisches Justizministerialblatt 1954 S. 37) in Betracht. Ebenso sind sog. Freundschaftsspiele dazu gerechnet worden (Zonenamt VA 1950 S. 39). Dagegen wird eine sportliche Betätigung zu Erholungs- und Übungszwecken nicht als Wettkampf angesehen (OLG Köln 20.1.1955 VersR 1955 S. 177, 178 - Berufungsentscheidung zu LG Köln a. a. O.). Vielmehr muß der Betroffene aktiv als Mitkämpfer gehandelt haben. Die B e s t a n d s k r a f t d i e s e r K l a u s e l ist im Hinblick auf § 9 (2) Ziff. 2 AGBG z w e i f e l h a f t . Wettkämpfe wie überhaupt Leibesübungen gehören heute weitgehend zu den Lebensgewohnheiten breiter Bevölkerungskreise. Die Bestimmung höhlt damit den Vertragszweck in einem wesentlichen Punkt aus. Dem tragen schon die GrB und ebenso die MB Rechnung, indem sie keinen vergleichbaren Ausschluß kennen. Die von der Klausel vorgesehene Beschränkung auf Wettkämpfe erscheint auch wenig sachgerecht, wenn man von gefährlichen Sportarten, ζ. B. Auto- und Motorradrennen, einmal absieht. Denn in den davon nicht betroffenen, einem Wettkampf regelmäßig vorangehenden Übungen in manchen Sportarten, so vor allem dort, wo es auf Hochleistungen einzelner ankommt, ist die Krankheits- oder Verletzungsgefahr kaum geringer, als wenn in einem Wettkampf die Kräfte gemessen werden. [G 23] εεε) Begehen von Straftatbeständen Dieser nur in §§ 4 (9) GrB KK, 4 (8) GrB KH und 4 (7) GrB KT enthaltene Leistungsausschluß stellt einen Sonderfall der vorsätzlichen Herbeiführung des Vsfalls dar. Die Formulierung der Klausel folgt offenbar dem ähnlichen Wortlaut des § 3 Ziff. 2 AUB a. F., der 1961 durch eine Neufassung geändert wurde. Nach jenen AVB betraf der Ausschluß „Unfälle, welche der Vte erleidet ... bei der Ausführung oder dem Versuch von Verbrechen oder Vergehen ...". Durch die Neufassung wurde u. a. das Wort „bei" ersetzt durch „infolge" und damit die Streitfrage geklärt, ob zwischen dem Straftatbestand und dem Unfall außer einem kausalen und örtlichen auch ein Wriede

Κ 347

Anni. [G 24]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

zeitlicher Zusammenhang vorausgesetzt wurde (vgl. Bd. VI 1 Anm. G 144 f. S. 351 f.). Für den alten Wortlaut hatte der BGH (10.1.1957 VersR 1957 S. 90) im Anschluß an Prölss (JRPV 1941 S. 77) entschieden, daß die Ausschlußklausel nur dann eingreift, wenn zwischen der Ausführung des Delikts und dem Unfall ein adäquat ursächlicher Zusammenhang besteht. Der Vsschutz bleibe bestehen, wenn der Unfall nur bei Gelegenheit der Ausführung der Straftat eingetreten und der diesem eigentümliche „Gefahrenbereich" für den Schaden gar nicht ursächlich gewesen sei (ebenso LG Münster 19. III. 1963 VersR 1964 S. 153 f.). Dieser Auffassung ist auch in bezug auf die zitierte Ausschlußklausel der GrB zu folgen (ebenso OLG Düsseldorf 16. VI. 1961 VersR 1961 S. 878, 879). Wegen der in Betracht kommenden Straftatbestände wird auf die Ausführung in Bd. VI 1 Anm. G 147 f. S. 352 f. und wegen der Kausalität und die Beweislast auf die dortigen Anm. G 150 f. S. 354 f. verwiesen. Zu beachten ist dabei, daß die GrB — anders als die AUB — den Versuch eines Delikts nicht in den Ausschlußtatbestand einbeziehen. Dieser Tatbestand ist nicht identisch mit dem des vorsätzlichen Herbeiführens einer behandlungsbedürftigen Krankheit oder Verletzung im Sinne der Ausführungen in Anm. G 19. Für diesen ist erforderlich, daß sich der Vorsatz auf eine so qualifizierte Gesundheitsstörung bezieht, während er bei Begehen einer Straftat nur das Wollen des betreffenden Tatbestandes beinhaltet und sich nicht auf die damit u. U. verbundene Erkrankung der eigenen oder einer anderen in den Vertrag einbezogenen Gefahrsperson zu erstrecken braucht. Insofern geht der hier erörterte Ausschluß über jenen der Herbeiführung des Vsfalls hinaus. Das ist unter dem Aspekt des AGBG unbedenklich, da kein Anlaß besteht, die Vtengemeinschaft mit dem genannten Risiko zu belasten, auch wenn die MB keine vergleichbare Bestimmung mehr enthalten. [G 24) ζζζ) Berufsunfälle und -krankheiten §§4 (9) S. 3—5 GrB KK, 4 (8) S . 3 - 5 GrB KH und 4 (7) S . 2 - 4 GrB KT schließen Leistungen für die Behandlung von Gesundheitsstörungen aus, die durch solche Tatbestände verursacht worden sind. Als Berufsunfälle werden solche definiert, „die in Ausübung einer auf Erwerb gerichteten Tätigkeit entstehen". Auch Berufssportunfälle sind dazu zu rechnen (jeweils letzter Satz a. a. O.). Die GrB verwenden nicht den aus dem Sozialvsrecht geläufigen Begriff des Arbeitsunfalls (§§ 548 — 552 RVO). Als solcher wird ein Unfall verstanden, den ein Vter der gesetzlichen Unfallv bei einer vten Tätigkeit, insbesondere bei Verrichtung einer abhängigen Arbeit erleidet. Dem wird ein Unfall auf dem Wege zur und von der Arbeitsstätte gleichgestellt (§ 551 RVO). Ein Arbeitsunfall kann danach nur im Zusammenhang mit bestimmten Tätigkeiten eintreten (vgl. dazu Bd. VI/1 Anm. G 282-285 S. 448 - 449). Der Begriff des Berufsunfalls im Sinne der GrB ist ein anderer, da als Beruf der Kreis von Tätigkeiten mit zugehörigen Rechten und Pflichten verstanden wird, den ein Mensch im Rahmen der Sozialordnung als Aufgabe ausfüllt (Brockhaus 2. Bd. S. 67; a. A. Ohrt S. 74). Beide Begriffe sind daher nicht identisch (a. A. LG München 7. VII. 1951 VersR 1951 S. 225; LG Köln 5. V. 1966 VersR 1966 S. 947; BAA VA 1956 S. 3). Das kommt auch darin zum Ausdruck, daß z. B. weder die in die Definition des Arbeitsunfalls gemäß § 538 (1) RVO einbezogenen Tätigkeiten der in § 544 a. a. O. genannten Art (Arbeit betriebsfremder Personen) noch das in § 538 (1) S. 2 angeführte Abheben von Dienstbezügen bei einem Geldinstitut noch endlich Unfälle von Personen, die sich bei Unglücksfallen oder gemeiner, Gefahr oder bei der Verfolgung von Straftätern verletzen (§ 539 Ziff. 9 a und c RVO) zum Begriff eines Berufsunfalls passen. Man wird vielmehr den Ausdruck der GrB KK nach dem Sprachgebrauch auslegen müssen. Dabei können allerdings Literatur und Rechtsprechung zum Begriff K348

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Anm. [G 24]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

des Arbeitsunfalls von Nutzen sein, weil sie für den Begriff des mit der Berufstätigkeit in Zusammenhang stehenden Unfalls den allgemeinen Sprachgebrauch wesentlich mitgeprägt haben. Zunächst kommt es hier — anders als im Rahmen der primären Gefahrbeschreibung (Anm. G 6) — jedoch darauf an, den Begriff des U n f a l l s als solchen näher zu bestimmen. Dafür bietet es sich an (entgegen Prölss15 Anm. 1 zur Präambel der GrB KK), die in der privaten Unfallv verwendete Definition (§ 2 (1) AUB) zu verwenden, die sich in der Personenv weitgehend eingebürgert hat, wie schon die Fassungen des § 11 Ziff. 3 S. 2 NoB und des § 18 II Ziff. 1 AKB zeigen: Ein Unfall liegt vor, wenn der Vte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erleidet.

Wegen der Erläuterungen hierzu vgl. Wagner in Bd. VI 1 Anm. G 21 — 26 S. 258-261, G 5 9 - 6 1 S. 286-290 und G 6 8 - 7 1 S. 293-296, deren wesentliche Ergebnisse hier kurz dargestellt werden sollen: Das von a u ß e n auf d e n m e n s c h l i c h e n K ö r p e r w i r k e n d e E r e i g n i s umfaßt nicht nur mechanische Vorgänge, sondern auch chemische, thermische und elektrische Einwirkungen. Höchst zweifelhaft ist dagegen, ob für diesen allgemeinen Unfallbegriff (im Rahmen des §4 (9) S. 3 —5 GrB KK und der entsprechenden Bestimmungen der GrB KH und KT) auch die speziellen Abgrenzungen der AUB zu beachten sind, nämlich die Einschlüsse gemäß § 2 (2) AUB — Unfälle durch Kraftanstrengungen und Wundinfektionen nach Unfallverletzung — und ob die Ausschlüsse oder Ausgrenzungen des § 2 (3) AUB — Erkrankungen infolge psychischer Einwirkungen, von Vergiftungen durch feste oder flüssige Stoffe, energiereicher Strahlen, Licht, Temperatur und Witterungseinflüsse — davon auszunehmen sind, so daß in letzterer Hinsicht § 4 (9) S. 3 — 5 GrB KK und die Parallelvorschriften der GrB KH und KT nicht eingreifen würden. Die in § 2 (3) a AUB genannten Berufsund Gewerbekrankheiten fallen ohnehin gemäß S. 3 a. a. O. unter den Ausschluß, soweit sie nach den Bestimmungen des § 551 RVO und der dazu ergangenen RechtsVOen der Bundesregierung als Arbeitsunfalle gelten. Der Hinweis auf „gesetzlich gleichgestellte Berufskrankheiten" kann nur in diesem Sinne verstanden werden. Das zum Unfallbegriff gehörende Moment der P l ö t z l i c h k e i t betrifft nach vorherrschender Ansicht nicht allein die zeitliche Komponente, sondern auch die des Unerwarteten, nicht Vorausgesehenen, Unentrinnbaren — dies sogar in verstärktem Maße. Dagegen genügt es, daß sich die Gesundheitsbeschädigung als Folge der Einwirkung erst allmählich entwickelt. U n f r e i w i l l i g im Sinne des Unfallsbegriffs wird eine Gesundheitsbeschädigung erlitten, wenn der Betroffene das Geschehen nicht bewußt und gewollt herbeigeführt oder ihm bei Erkennen seines Bevorstehens noch (vergeblich) auszuweichen versucht hat. Ihm muß nicht mehr die Möglichkeit geblieben sein, das Geschehen zu beherrschen. Die skizzierten Erläuterungen zum allgemeinen Unfallbegriff wird man nach alledem auch im vorliegenden Zusammenhang heranziehen müssen. Das kann jedoch nach diesseitiger Ansicht nicht für die erwähnten Abgrenzungen in § 2 (2) und (3) AUB gelten, die im Laufe der Zeit speziell für die Unfallv entwickelt worden sind, wie die näheren Ausführungen von Wagner zeigen. Danach wird man als B e r u f s u n f a l l im Sinne des § 4 (9) S. 3—5 GrB KK einen Unfall (im vorstehenden Sinne) verstehen müssen, den eine Gefahrsperson im Zusammenhang mit ihrer Berufstätigkeit erleidet, der einen gesundheitlichen Schaden oder den Tod zur Folge hat (bedenklich AG Essen 27. IX. 1951 BB 1952 S. 45). Dazu sind auch solche Unfälle zu rechnen, welche dem Betroffenen auf dem Wege Wriede

Κ 349

Anm. [G 25]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

zu und von dem Ort oder den Orten zustoßen, an denen er die Funktionen auszuüben pflegt oder unternehmen will (LG München a. a. O.; a. A. OLG Düsseldorf 16. VI. 1961 VersR 1961 S. 878, 879 - mit der Begründung, in den GrB KK gebe es keine dem damaligen § 543 RVO [heute § 550 RVO] entsprechende Bestimmung; ebenso BAA VA 1956 S. 3). Folgt man der hier vertretenen Ansicht über die notwendig eigenständige Auslegung des Begriffs des Berufsunfalls, so kann man sich nicht engherzig an die Systematik der RVO anlehnen, sondern muß auch das Aufsuchen und Fortgehen von der Arbeitsstelle als Ausüben einer Berufstätigkeit werten. Denn wie anders sollte jemand imstande sein, seinem Beruf nachzugehen? Das kann ein bestimmter Ort, es können auch mehrere sein. Man denke etwa an einen Rechtsanwalt, der außer in seiner Kanzlei auch bei Gerichten, bei seinen Klienten oder in wissenschaftlichen Instituten, etwa einer Bibliothek tätig sein oder auch Lehrgänge oder Kongresse aufsuchen muß. Kurze Unterbrechungen der Berufswege zwischen den einzelnen Arbeitsstätten oder auf dem Wege von und zur Wohnung, etwa für nicht damit zusammenhängende „private" Einkäufe, ändern den Charakter einer vorwiegend zu beruflichen Zwecken unternommenen Ortsveränderung nicht, es sei denn der Unfall ereignet sich gerade während des „privaten" Teils (LG München a. a. O.). Durchaus zu Recht hat auch das LG Tübingen (13. VII. 1955 VersR 1956 S. 338 f.) es als Berufsunfall gewertet, wenn ein Arbeitgeber an einem arbeitsfreien Nachmittag einen Betriebsangehörigen im Traktorfahren unterwiesen und dabei einen Unfall erlitten hat. Auch diese Unterweisung ist im Interesse der Berufstätigkeit des Arbeitgebers erfolgt. Auf die Einhaltung der Betriebsstunden kann es dabei nicht ankommen. Der generelle Ausschluß von Gesundheitsstörungen infolge beruflich bedingter Einwirkungen erscheint im Hinblick auf die Anforderungen über die I n h a l t s k o n t r o l l e von AGB bedenklich. Der Kreis der Vmer besteht zu einem erheblichen Teil aus selbständigen Erwerbstätigen, die keinen sozialvsrechtlichen Unfallschutz genießen. Sofern sie keinen besonders unfallträchtigen oder sonst gesundheitsgefährdenden Beruf ausüben — in solchen Fällen mag der Ver seinen Schutz von Individualabreden über Risikoausschlüsse und/oder Prämienzuschläge abhängig machen —, ist der Wegfall der Leistungspflicht für solche Gesundheitsstörungen mit dem Schutzzweck eines privaten Krankenvsvertrages nicht vereinbar. Aber auch Vmer, die Unfallvsschutz nach der RVO haben, erwarten bei berufsbedingten Erkrankungen oder Verletzungen den ggf. weitergehenden Schutz ihres Vers nach dem Leitbild des vereinbarten Tarifs, der hier in einem wesentlichen Punkt ausgehöhlt wird. [G 25] ßß) Auf bestimmte oder in bestimmter Zeit eintretende Krankheiten oder Verletzungen abstellende Ausschlüsse ααα) Schwangerschaftsbeschwerden, Entbindungen, Fehl- und Frühgeburten „gelten" gemäß § 15 Ziff. 7 NoB nicht als Krankheiten im Sinne dieser AVB. Diese Klausel hat nur deklaratorische Bedeutung, soweit Entbindungen und Schwangerschaftsbeschwerden keine medizinisch notwendige Behandlung erfordern. Aufwendungen hierfür fallen daher bei Geltung dieser AVB ohnehin nicht unter die primäre Gefahrbeschreibung (Anm. G 8 - 9 ; vgl. LG Berlin 25. V. 1978 u. 4. VI. 1981 VersR 1983 S. 1180). Unabhängig davon wird gemäß § 1 1 NoB - zumeist als Pauschalbetrag — Wochenhilfe geleistet. Insoweit besteht ein Summenvsvertrag (vgl. Anm. G 61). Falls Schwangerschaftsbeschwerden (LG Hamburg 19. III. 1953 VersR 1953 S. 250) oder Entbindungen nach medizinischer Beurteilung ärztlicher Hilfe bedürfen, sollen die Aufwendungen hierfür, sofern nicht durch die Leistung für Κ 350

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. (G 25]

Wochenhilfe gedeckt, vom Vsschutz ausgeschlossen sein. Das gleiche soll für Fehlund Frühgeburten gelten, die in aller Regel ärztliche Behandlung erfordern. Die Wirksamkeit dieses Risikoausschlusses, den das OLG Celle (20. XII. 1932 JRPV 1933 S. 352) für Rechtens erachtet hat, ist höchst zweifelhaft. Angesichts der Leistungszusage in § 11 NoB, wonach Vermögensschäden ersetzt werden, die durch notwendige Krankenpflege entstehen, erscheint diese Regelung ungewöhnlich. Regelwidrig verlaufende Schwangerschaften sind im allgemeinen auf eine krankhafte Störung der normalen Körperfunktionen zurückzuführen (LG Hamburg 19. III. 1953 VersR 1953 S. 250; Göbbels S. 104-112; vgl. zum Krankheitsbegriff Anm. G 6). Aufwendungen für ihre Behandlung fallen daher in den Rahmen der primären Gefahrbeschreibung der NoB. Ausnahmen hiervon sind zwar nach vstechnischen Grundsätzen nichts Besonderes, da der Ver üblicherweise nicht jeden in den allgemein beschriebenen Risikobereich fallenden Vorgang deckt, insbesondere Gefahren hiervon ausnimmt, die im normalen Lebensablauf ungewöhnlich sind oder mit dem eigentlichen Zweck der zugesagten Deckung nicht vereinbar erscheinen. Ausschlußklauseln, die diesen Rahmen überschreiten, halten einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG und den zuvor entwickelten Grundsätzen der Rechtsprechung oft nicht stand. Hierzu ist auch § 15 Ziff. 7 NoB zu rechnen, soweit die Bestimmung einen echten Risikoausschluß enthält. Schwangerschaften gehören in aller Regel zum normalen Lebensablauf einer Frau. Stellen sich dabei Komplikationen der bezeichneten Art ein, die eine ärztliche Behandlung notwendig machen, so liegt auch das nicht so ungewöhnlich außerhalb der Zweckbestimmung eines Krankenvsvertrages, daß es gerechtfertigt ist, Aufwendungen hierfür von der Gefahrtragung auszunehmen. Damit braucht ein Laie nicht zu rechnen. Die Klausel ist damit als überraschend im Sinne des § 3 AGBG zu qualifizieren und wird nicht Bestandteil des Vertrages. Die vorstehende Beurteilung gilt nicht für k ü n s t l i c h h e r b e i g e f ü h r t e S c h w a n g e r s c h a f t s a b b r ü c h e (§§ 218—219 StGB) — insoweit liegt vorsätzliche Herbeiführung des Vsfalls vor. Anders ist es im Falle des § 218 a (1) StGB — Abbruch wegen Gefahr für das Leben oder einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren. Dieser Tatbestand ist dem einer Fehlgeburt gleichzustellen, die aufgrund des Gesundheitszustandes oder der sonstigen regelwidrigen körperlichen Verfassung der Schwangeren eintritt und für den der Ver nach der hier vertretenen Auffassung einzutreten hat. Der Tatbestand des § 218 a (1) StGB setzt die Einwilligung der Schwangeren voraus. Gleichwohl ist § 15 Ziff. 4 NoB nicht anzuwenden, weil die Maßnahme dazu bestimmt ist, schweren gesundheitlichen Störungen der betroffenen Frau vorzubeugen. Sie entspricht daher dem Grundgedanken des § 62, so daß der Ver gemäß § 63 zum Ersatz der in diesem Zusammenhang erforderlichen Aufwendungen verpflichtet ist. Der Risikoausschluß ist daher unwirksam (§9 (1), (2) Ziff. 1 AGBG). Die GrB KK und MB KK enthalten keinen vergleichbaren Leistungsausschluß. Nach § 1 (2) a MB KK gelten Untersuchungen wegen Schwangerschaft und Entbindung sogar als Vsfall. Dabei handelt es sich um eine Fiktion, da in Wahrheit keine medizinisch notwendige Heilbehandlung vorliegt. Die a. a. O. gleichfalls mit aufgeführte „medizinisch notwendige Behandlung wegen Schwangerschaft" gehört ohnehin in den Rahmen der primären Gefahrbeschreibung nach §1 ( l ) a (2) S. 1 MB KK; ihre Erwähnung dient nur der Klarstellung. Schwangerschaftsabbruch aus sozialer Indikation (§218 a (2) StGB) ist kein Vsfall (LG Berlin 25. V. 1978 und 4. VI. 1981 VersR 1983 S. 1180). Das gleiche gilt bei Heilbehandlung wegen sonst künstlich herbeigeführter Schwangerschaftsabbrüche. In beiden Fällen liegt vorsätzliche Herbeiführung vor (Anm. G 19). Wriede

Κ 351

Anm. [G 26, G 27]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

[G 26] ßßß) Geburtsfehler, angeborene Anomalien, vererbte Krankheiten bei ohne Wartezeit aufgenommenen Kindern Diese in § 4 (9) S. 2 GrB KK enthaltene Leistungsbeschränkung soll ein Äquivalent dafür sein, daß der Ver sich verpflichtet hat, neugeborene Kinder des Vmers (Gleiches wird für Kinder eines Vten für fremde Rechnung anzunehmen sein) unter den Voraussetzungen des § 4 (3) a Ziff. 3 a. a. O. ohne Wartezeit aufzunehmen. Insoweit besteht eine Art vertraglichen Kontrahierungszwangs: Der Ver ist nicht berechtigt, in eine Risikoprüfung einzutreten, den Antrag abzulehnen oder nur unter erschwerten Bedingungen anzunehmen (vgl. Ohrt S. 74). Unter diesen Umständen ist die Klausel über den Risikoausschluß auch bei Geltung des AGBG nicht als überraschend zu bewerten (§ 3 AGBG). Heilbehandlung wegen Geburtsfehler usw. kann notwendig sein, wenn diese Befunde als solche aus medizinischer Sicht geheilt, gebessert oder in ihren Auswirkungen gemildert werden können und dies auch geboten ist. Bloße Mitursächlichkeit für die Behandlung anderer Krankheiten oder Unfallfolgen ist keine Behandlung, die „ d u r c h Geburtsfehler ... notwendig wird". Als „angeborene Anomalien" werden pathologische Befunde verstanden, die durch krankhafte Erbanlagen in Form defekter Gene oder Gengruppen verursacht werden und sich als körperliche, geistige oder kombinierte Anomalien manifestieren können (Pschyrembel S. 331). Die Beweislast liegt beim Ver. Die NoB und die MB KK enthalten keinen vergleichbaren Ausschluß. [G27] γγγ) Wartezeiterkrankungen Die in § 15 Ziff. 1 NoB enthaltene Klausel über den Ausschluß von Leistungen für vor Beginn des Vertrages eingetretene Erkrankungen, sog. alte Leiden, ist in Anm. F 37 behandelt worden. Die in gleichem Zusammenhang genannte Leistungsbeschränkung wegen Krankheiten, Anomalien und körperlicher Fehler, die in der Zeit zwischen dem (technischen, vgl. § 13 Ziff. 1 S. 2 NoB) Beginn und dem Ablauf der hierfür in Betracht kommenden Wartezeit objektiv (ebenso Möller DVZ 1951 S. 56) — und damit ggf. auch unerkannt (vgl. Anm. G 6) — entstanden sind (Wartezeiterkrankungen), enthält dagegen einen echten Risikoausschluß, der nicht mit den Vorschriften der §§ 16 ff. kollidiert. Für die w ä h r e n d der Wartezeit notwendig gewordene Heilbehandlung haftet der Ver ohnehin nicht (vgl. Anm. G 5). Der Ausschluß bezieht sich daher auf die n a c h Ablauf der Wartezeit fortgesetzte oder erstmals begonnene Behandlung einer z u v o r (objektiv) entstandenen Krankheit (so auch LG Bremen 9. VIII. 1952 VersR 1952 S. 362 für offenbar etwas andere AVB). Er setzt damit einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dieser und der (späteren) Behandlung voraus, und zwar fordert § 15 Ziff. 1 b) einen u n m i t t e l b a r e n u r s ä c h l i c h e n Z u s a m m e n h a n g . Das deutet auf einen noch engeren Kausalitätsbegriff als den der im Privatrecht sonst allgemein gebräuchlichen Adäquanztheorie, etwa auf einen Ursachenbegriff, wie er in der sozialen Unfallv (BSozG 14. VII. 1955 NJW 1956 S. 118, 119, 18. XII. 1962 NJW 1963 S. 1693; ähnlich Gruneke S. 82-85), in der Kriegsopferversorgung (BSozG 11. XI. 1959 NJW 1960 S. 406) und im Beamtenrecht (BVerwG 20. IV. 1967 Bd. 26 S. 332, 336 ff.) oder auch im Seevsrecht (vgl. Ritter-Abraham, Das Recht der Seev 2. Aufl. 1967, Rz 21 f. zu § 28) als Regel der causa próxima non remota spectatur angewandt wird (allerdings vielfach im Sinne einer causa „proximate in efficiency" verstanden; vgl. Möller JRPV 1942 S. 61, 63 für den Begriff des „unmittelbaren Zusammenhangs" mit Kampfhandlungen). Im Binnenvsrecht wird indessen der Begriff des unmittelbaren Zusammenhangs nach wohl h. M., der beizutreten ist, dahin K352

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G27J

ausgelegt, daß n u r die z e i t l i c h l e t z t e U r s a c h e m a ß g e b l i c h sein soll, d. h. keine weitere Ursache dazwischen getreten oder mitursächlich geworden sein darf (OLG Hamburg 21. II. 1972 VersR 1972 S. 753, 754 mit Anm. Martin; OLG Düsseldorf 4. V. 1984 VersR 1984 S. 1035; Gruneke S. 82 f.) Dieser Zusammenhang ist zunächst dann gegeben, wenn dieselbe vor Ablauf der Wartezeit objektiv entstandene Gesundheitsstörung in der Zeit danach behandelt wird. In d e r R e c h t s p r e c h u n g zur privaten Krankenv ist ein solcher Ursachenzusammenhang auch in f o l g e n d e n F ä l l e n angenommen worden zwischen — Lues und Paralyse (KG 11. XI. 1931 JRPV 1932 S. 28), — Syphilis und Aortitis (LG Berlin II 1. IV. 1932 JRPV 1932 S. 313), — früherer Tbc-erkrankung und neuem Schub dieses Leidens (OLG Hamm 16. VI. 1941 HansRGZ A 1941 Sp. 183), — Herz- und Kreislauferkrankung einerseits und Herzklappenerkrankung andererseits (LG Münster 25. X. 1966 VersR 1968 S. 743). K e i n e u n m i t t e l b a r e K a u s a l i t ä t wurde a n g e n o m m e n zwischen — linksseitigem Ohrenleiden und späterem rechtsseitigem (OLG Stuttgart 11. XII. 1929 VA 1930 Nr. 2107 S. 13, 15), — vollkommen ausgeheilter „Englischer Krankheit" und Rückgratverkrümmung (OLG Düsseldorf 23. X. 1930 VA 1930 Nr. 2203 S. 245), — Nierenstein zunächst der einen und später der anderen Niere (KG 25. XI. 1931 JRPV 1932 S. 27), — Gallen- und Leberleiden einerseits und psychischen Störungen andererseits (KG 19. III. 1932 JRPV 1932 S. 152), — Ischias und Endarteritis obliterans (KG 28. IX. 1932 JRPV 1932 S. 359), — Blasenentzündung und Hodentbc (KG 5. X. 1932 JRPV 1932 S. 375), — Netzhautablösung und -degeneration (KG 17. XII. 1932 JRPV 1933 S. 123), — abgekapseltem Tbc-Herd und Lungentbc (OLG Hamburg 17. II. 1937 HansRGZ A 1937 Sp. 339). Bruck (S. 183) und Bruck-Dörstling (Rz 19 zu §2 ALB) meinen, die frühere Bestimmung des § 2 Ziff. 1 S. 3 2. alt. ALB — keine Leistungspflicht des Vers, wenn die Gefahrsperson bei Beginn der materiellen Gefahrtragung erheblich erkrankt oder verletzt ist — verstoße gegen die Bestimmungen der §§ 23 ff., sofern Erkrankung oder Unfall zwischen dem formellen und materiellen Vsbeginn eintreten. Diese Erwägung könnte auch der hier erörterten Bestimmung entgegenstehen. Dieser vereinzelt gebliebenen Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. Zunächst ist, wie bereits in Anm. F 7 zu § 29 a ausgeführt, eine Erkrankung oder Verletzung für einen Krankenvsvertrag keine Gefahrerhöhung. Vor allem aber würde der Vmer bei Anwendung der §§ 24 ff. in aller Regel weitaus ungünstiger gestellt sein als nach § 15 Ziff. 1 b NoB, der nur einen Leistungsausschluß vorsieht, während der Ver nach dem VVG auch zur Kündigung berechtigt wäre. Er würde nur im Falle des § 28 II 2 leistungspflichtig bleiben. Dessen 2. Alt. deckt sich im übrigen mit der Regelung der NoB (im Ergebnis ebenso Prölss14 Anm. 3 zu § 4 GrB KK). Gemäß § 15 Ziff. 2 NoB soll der Ver — außer bei den dort ausdrücklich genannten Krankheiten — nach 5jährigem „Vsverhältnis" nicht mehr berechtigt sein, sich auf diesen Risikoausschluß zu berufen. Diese Frist ist vom Tage des technischen Beginns an zu berechnen, da auch der Wartezeitbeginn auf diesen Zeitpunkt fällt (§ 13 Ziff. 1 S. 2 NoB). Unklar ist die Rechtslage bei Vsfallen, die vorher begonnen haben und über diesen Zeitpunkt hinaus andauern. Nach der hier vertretenen Ansicht (vgl. Anm. D 16 S. Κ 93) ist mangels abweichender Vereinbarung, die hier nicht vorliegt, Wriede

Κ 353

Anm. [G 27]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

die Rechtslage entscheidend, die bei Beginn eines Vsfalls gegeben ist, d. h. daß für den „überhängenden" Teil der Behandlung nicht gehaftet wird, sondern erst wenn wegen der zunächst ausgeschlossenen Erkrankung ein neuer Vsfall eintritt. Zum Begriff des Vsfalls wird auf die Ausführungen in Anm. G 38 verwiesen. Die Beweislast für Risikoausschlüsse hat schon nach allgemeinen Beweisregeln grundsätzlich der Ver (so auch § 15 Ziff. 3 S. 2 NoB). Hiervon abweichend bestimmt S. 1 a. a. O., daß der Vmer den Nachweis zu führen hat, „daß die Leistungsausschlußgründe der Ziff. 1 nicht vorliegen,..., wenn die Krankheit innerhalb 6 Monaten seit Beginn des Vsverhältnisses ... eintritt". Diese etwas umständliche Formulierung soll ersichtlich dem Vmer den Nachweis dafür auferlegen, daß es sich bei der in der genannten Frist eintretenden (und sogleich oder später eine Behandlung erfordernden) Krankheit nicht um eine Wartezeiterkrankung handelt. Diese Abweichung von den allgemeinen Beweislastregeln ist auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu allgemeinen Geschäftsbedingungen vor Erlaß des AGBG (z. B. BGH 17. II. 1964 BGHZ 41 S. 151, 154) für zulässig zu halten, da der zu beweisende Umstand in der Sphäre des Vmers liegt; vgl. jetzt § 11 Ziff. 15 a AGBG und im übrigen Anm. G 5. Diese Regelung kann dann nicht eingreifen, wenn — etwa bei Übertritt von einer gesetzlichen Krankenkasse (Anm. D 11 S. Κ 87 — 90) — ein E r l a ß der W a r t e z e i t v e r e i n b a r t wird (LG Berlin II 25. XI. 1929 JRPV 1931 S. 246). Die davon z.T. abweichende Ansicht des KG (29. VI. 1929 JRPV 1929 S. 299), wonach der Vmer in diesem Falle nachzuweisen habe, daß die aufgetretene Krankheit bei Beginn des Vertrages (statt am Ende der Wartezeit) noch nicht vorhanden war, erscheint bedenklich. Denn auf diese Weise könnte der mit dem Wartezeiterlaß verfolgte Zweck, dem Vmer einen ununterbrochenen Vsschutz zu gewähren, bei Mißlingen des Nachweises unterlaufen werden. Das wäre auch deswegen nicht gerechtfertigt, weil der Ver den Wartezeiterlaß davon abhängig machen kann, daß der Vmer ihm gestattet, sich beim Sozialver nach Vorerkrankungen zu erkundigen. §§ 4 (2) S. 2 GrB KK, KH u. KT enthalten eine ähnliche Leistungsbeschränkung. Sie stellen jedoch auf den Zeitraum zwischen Vertragsabschluß (dem formellen Vertragsbeginn; vgl. Anm. D 4 S. Κ 80 f.) und dem Ablauf der Wartezeit ab und begrenzen die Ausschlußwirkung auf die ersten 3 Vsjahre. Ferner kommt es danach nicht auf das objektive Eintreten einer Krankheit an, sondern darauf, daß sie in dieser Zeit behandelt oder dem Vmer oder der Gefahrsperson bekannt geworden ist. Hier gilt m. a. W. der subjektive Krankheitsbegriff (Anm. G 6; ebenso Ohrt S. 64 f., der daraus aber zu Unrecht herleiten will, daß dieser Begriff seither allgemein gelte). Daher sind bei Maßgeblichkeit der GrB die oben angeführten Beispiele aus der Rechtsprechung nur mit dieser Einschränkung zu verwerten. Es kommt dabei nicht darauf an, ob eine Krankheit vom Arzt richtig diagnostiziert wird. Es genügt, daß der Betroffene vom Vorhandensein seiner Gesundheitsstörung Kenntnis hat und sie nicht nur als vorübergehendes leichtes Unwohlsein empfindet (LG Oldenburg 7. XII. 1954 VersR 1955 S. 164; LG Köln 31. VII. 1952 VersR 1952 S. 364; ähnlich OLG Celle 5. X. 1962 VersR 1962 S. 1145, 1146). Wenn eine der in §§ 4 (3) a Ziff. 1 GrB KK und KH aufgeführten Gesundheitsstörungen, für die keine Wartezeit besteht, ursächlich ist für eine andere vor Beginn der materiellen Gefahrtragung eintretende insoweit nicht privilegierte Krankheit oder Verletzung — ζ. B. ein Unfall löst noch vor Ablauf der Wartezeit Kreislaufstörungen aus —, so ist fraglich, ob auch hier der Leistungsausschluß der §§ 4 (2) S. 2 GrB KK und KH eingreift. Ist der Unfall hierfür allein ursächlich, so ist der Ver sowohl für deren Behandlung vor als auch nach Ablauf der Wartezeit leistungspflichtig. Bestand dagegen die Kreislauferkrankung schon vorher, und ist sie durch die Unfallverletzung verschlimmert worden, K354

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Anm. [G 28]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

so haftet der Ver außer für die Behandlung dieser Verletzung nur für die durch den Unfall bewirkte Verschlimmerung, soweit diese in der Zeit nach Ablauf der Wartezeit behandelt wird. Die Kostenanteile sind notfalls gemäß § 287 ZPO zu schätzen (vgl. im übrigen Anm. G 36 a. E.). Die B e w e i s l a s t r e g e l u n g entspricht im Prinzip der des § 15 Ziff. 3 S. 1 NoB (s. oben; vgl. ferner Möller, Rechtsprobleme S. 71; unrichtig OLG Hamm 3. VI. 1977 VersR 1977 S. 953: der Ver müsse beweisen, daß der Vsfall vor Ablauf der Wartezeit eingetreten sei. Die materielle Gefahrtragung beginnt aber erst mit diesem Zeitpunkt, so daß vorher begrifflich kein Vsfall gegeben sein kann. Zu den Anspruchsvoraussetzungen gehört vielmehr der Nachweis, daß er erst danach begonnen hat). Nach Ansicht des OLG Celle (30. VI. 1955 VersR 1955 S. 498) kommt diese Beweislastverteilung erst dann zum Zuge, wenn feststeht, daß die Krankheit innerhalb der 6Monatsfrist objektiv erkennbar ist; insoweit sei der Ver beweispflichtig. Die MB KK u. KT kennen keine Leistungsbeschränkung für Wartezeiterkrankungen mehr. Sie stellen in § 2 (1) S. 1 u. 2 nur klar, daß der Ver nicht für Vsfälle haftet, die schon vor Beginn der materiellen Gefahrtragung angefangen haben (insoweit kann, genau genommen, gar nicht von Vsfällen gesprochen werden, weil die Gefahrtragung noch nicht begonnen hat). Nach der früheren Fassung von 1966 (Anm. A 45 S. Κ 36) entfielen damit folgerichtig auch Leistungen für Krankheiten, die vorher (objektiv!) eingetreten waren, deren Behandlung aber noch über den Zeitpunkt des Beginns der materiellen Gefahrtragung hinaus andauerten (vgl. BGH 25.1.1978 VersR 1978 S. 362, 363; OLG Köln 9.1.1978 VersR 1979 S. 245 mit Anm. von Demant a. a. O. S. 504). Dagegen haftete der Ver für die neu erforderliche Behandlung derselben Krankheit, wenn die frühere nach medizinischem Befund abgeschlossen war (vgl. § 1 (2) S. 2) oder eine solche noch nicht begonnen hatte. In dieser Hinsicht hat die Neufassung von 1976 für den Vmer eine Verbesserung gebracht. Danach (S. 3 a. a. O.) wird auch für den „überhängenden" Teil gehaftet und kommt der Vmer nicht in die Versuchung, mit der Behandlung zu warten, bis die materielle Gefahrtragung beginnt, was zu einer Verschlechterung seiner oder der Gefahrsperson Gesundheit führen kann. Ein Leistungsausschluß liegt hier nicht vor, sondern eine primäre Risikobegrenzung. Dementsprechend trifft den Vmer die Beweislast dafür, daß die betreffenden Aufwendungen erst nach Beginn der materiellen Gefahrtragung entstanden sind (ebenso Bach-Moser Rz 29 zu § 2, unrichtig dagegen Rz 30 und OLG Hamm 3. VI. 1977 VersR 1977 S. 953: Der Ver habe nachzuweisen, daß der „Vsfall" schon vorher eingetreten sei). [G 28] γγ) Begrenzungen der Leistungen des Vers nach der Art der Aufwendungen und der Höhe nach ααα) Kurortklausel, „gemischte Anstalten", Rehabilitation Schrifttum: Bach-Moser Rz 1 8 - 2 9 zu § 5 MB KK; Guckenheimer Vers Arch 1932/33 S. 7 9 2 - 7 9 4 ; Lehming ZfV 1963 S. 6 2 5 - 6 2 7 ; Ohrt S. 1 5 8 - 1 5 9 ; Platz VersR 1964 S. 1121-1123; Schulz ZfV 1962 S. 194; ders. ZfV 1966 S. 185; ders. VersR 1969 S. 3 7 0 - 3 7 1 ; Unrath ZfV 1966 S. 3 1 - 3 4 ; Voosen VersR 1974 S. 1 1 - 1 3 ; ders. VersR 1978 S. 8 9 6 - 9 0 0 .

Im Rahmen der Leistungen des Vers ist die stationäre Behandlung ein ganz wesentlicher Kostenfaktor. Es wurde daher von jeher angestrebt, Einfluß auf die Verweildauer zu nehmen, indem Leistungen nur für Behandlungen in solchen Krankenhäusern vorgesehen wurden, die Gewähr für wirksame und zügige Untersuchungen und Therapien zu bieten schienen. Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge, der Vorbeugung, Stabilisierung und Rekonvalenszens, die in Form stationärer Behandlung in dafür eingerichteten Instituten durchgeführt werden, werden von diesen oft Wriede

Κ 355

Anni. [G 28]

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den Wünschen der Patienten angepaßt. Auch werden sie vielfach nicht auf das unumgängliche Maß beschränkt. Die dadurch entstehenden Kosten würden die auf eine durchschnittliche Verweildauer und durchschnittliche Tagessätze abstellende Kalkulation des Vers sprengen. Erfahrungsgemäß gehen auch die Aufwendungen für eine ambulante Behandlung in Kurorten oft über das medizinisch notwendige Maß hinaus (vgl. OLG Hamburg 11.1.1973 VersR 1973 S. 734 f.). Diese Erwägungen haben schon die Verfasser der NoB bewogen, Leistungen für Aufwendungen dieser Art — außer aufgrund entsprechender Sondervereinbarungen — vom Vsschutz auszunehmen. § 15 Ziff. 6 NoB — sprachlich etwas verunglückt — betrifft sowohl ambulante als auch jede Form einer stationären Behandlung in solchen Orten, in Sanatorien oder Erholungsheimen. Es ist Tatfrage, ob ein Ort als „Badeort" oder „Sommerfrische" einzustufen ist. Seine Anerkennung in diesem Sinne durch die zuständige Behörde oder seine Erwähnung in entsprechenden Verzeichnissen ist ein wesentliches Indiz dafür, kann aber nicht schlechthin ausschlaggebend sein, wie Bach-Moser (Rz 52 zu § 5) meinen. Das Anerkennungsverfahren kann sich über eine längere Zeit hinziehen und bis zur positiven Entscheidung wird man einem Ort ggf. nicht seine qualifizierende Eigenschaft absprechen können. Auch unabhängig von einer Anerkennung kann ein Ort oder ein Landstrich „Sommerfrische" sein. Diese Leistungsbeschränkung ist mit Recht stets als e c h t e r R i s i k o a u s s c h l u ß (gleichsam auflösend bedingt durch die Leistungszusage des Vers) und nicht als Obliegenheit aufgefaßt worden. Der BGH hat diese Frage nicht für erörterungsbedürftig gehalten (vgl. 2. XII. 1981 VersR 1982 S. 285-287; 16. II. 1983 VersR 1983 S. 576). Auf ein Verschulden des Vmers bei Aufsuchen einer solchen Anstalt oder in bezug auf die unterlassene Einholung der Zusage des Vers kommt es daher nicht an (ebenso OLG Hamm 27. X. 1976 VersR 1977 S. 1150, 1151; OLG Köln 15.1.1981 VersR 1981 S. 1125; Prölss-Martin Anm. 4 C a zu §4 MBKK; Bach-Moser RZ 77 zu § 4). Diese Leistungsbegrenzung hat zwar eine gewisse Ähnlichkeit mit der Anwendungs- und Minderungsobliegenheit des § 62 (vgl. dazu Anm. F 46 und 63): Bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung soll der Vmer grundsätzlich nicht die in aller Regel aufwendigere Behandlung in einem solchen Institut wählen, das zumeist außer dieser Behandlung auch zahlreiche Annehmlichkeiten und daher einen Anreiz bietet, dort länger als unbedingt erforderlich zu verweilen. Gleichwohl liegt keine Obliegenheit vor, weil der Schwerpunkt der Klausel weniger auf das Verhalten des Vmers abstellt, sondern darauf, die Leistungsverpflichtung des Vers in überschaubaren Grenzen zu halten. Auch entspricht das Nichtaufsuchen solcher Einrichtungen nicht den üblichen Anforderungen an eine sorgfaltige Risikoverwaltung, was als Indiz für die Annahme einer Obliegenheit gilt (vgl. Anm. F 47). Vstechnisch wäre es auch ohne weiteres möglich gewesen, Leistungen für die Behandlung in solchen Anstalten ganz aus dem Vsschutz herauszunehmen, ohne damit dem Vertrag seinen eigentlichen Zweck der Gewährung von Krankenvsschutz zu nehmen. Dann hätte die Frage, ob es sich um eine Obliegenheit handelt, gar nicht erst auftreten können (vgl. OLG Köln 23. XII. 1982 VersR 1984 S. 133). Es kann nichts anderes gelten, wenn diese Leistungsbegrenzung dadurch zugunsten des Vmers gemildert wird, daß der Ver sich für konkrete Fälle vorbehält, eine Zusage zu geben. Die A b g r e n z u n g e i n e s S a n a t o r i u m s von e i n e m K r a n k e n h a u s im herkömmlichen Sinne hat im Laufe der Zeit zunehmend Schwierigkeiten bereitet, weil viele solcher Anstalten ihre Einrichtungen so erweitert haben, daß sie auch typisch klinische Behandlungen und Untersuchungen sachgerecht durchführen können. Diese werden seit einiger Zeit als „gemischte Anstalten" bezeichnet. Nach dem vom BGH (4. V. 1983 VersR 1983 S. 677,678) festgestellten Sprachgebrauch „versteht man unter K356

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Anm. [G 28]

einem Sanatorium eine unter (fach)ärztlicher Leitung stehende, klimatisch günstig gelegene, meist einer speziellen Zielrichtung gemäß ausgestattete stationäre Einrichtung zur Behandlung und Betreuung genesender und/oder chronisch Kranker, bei denen kein Krankenhausaufenthalt (mehr) erforderlich ist. Die Patienten werden dort auch durch spezielle Heilanwendungen, ζ. B. Ernährungs- und physikalische Therapie, behandelt; wobei ihre Herauslösung aus der gewohnten Umgebung als wichtiger Heilfaktor hinzukommt ..." (ebenso OLG Köln 28. XI. 1986 VersR 1987 S. 251, 253). Typische Merkmale eines Sanatoriums sind u. a. die Anwendung von Bade-, Liege- und Luftkuren für Erholungssuchende, diätische Maßnahmen nach festem Zeitplan unabhängig vom Erfolg, Kneippsche Anwendungen, ferner die Tatsache, daß für die Patienten Bettlägerigkeit nicht erforderlich ist, das Institut mit verschiedenen Annehmlichkeiten wie Parkanlagen, Lese- und Musikräumen ausgestattet ist und insgesamt einen hotelähnlichen Charakter aufweist, für seine Behandlung wirbt und entsprechende Prospekte bereithält (vgl. OLG Hamm 17. IX. 1981 VersR 1982 S. 387; OLG Stuttgart 7. XI. 1985 VerbB 1985 S. 38; Platz und Voosen a. a. O.). Es kommt jeweils auf die Umstände des Einzelfalles an (OLG Karlsruhe 1. III. 1978 VersR 1978 S. 615 f.). Auch bei räumlicher, organisatorischer und rechtlicher Trennung zwischen Klinik und Kurinstitut ist auf Vorliegen des Risikoausschlusses erkannt worden (BGH 7. VII. 1971 VersR 1971 S. 949, 950; OLG Nürnberg 26. II. 1976 VersR 1976 S. 725; OLG Hamm 27. X. 1976 VersR 1977 S. 1150; OLG Celle 3. XII. 1976 VersR 1978 S. 416; OLG Hamm 3. VII. 1981 VersR 1982 S. 137; OLG München 26.1.1982 VersR 1983 S. 361; LG Flensburg 17. V. 1979 VersR 1979 S. 951 f.; AG Bielefeld 21. V. 1974 VersR 1978 S. 895 f.). - Der Verband der privaten Krankenv e. V., Köln, führt eine Liste über die nach seiner Ansicht als „gemischte Anstalten" zu bezeichnenden Institute in der Bundesrepublik Deutschland. Die in § 15 Ziff. 6 NoB vorgesehene A u s n a h m e vom L e i s t u n g s a u s s c h l u ß bei v o r h e r i g e r „ G e n e h m i g u n g " (nach der Definition des BGB — §§183f. — hätte es „Einwilligung" heißen müssen) ist rechtlich als eine Art Konkretisierung einer vertraglich als möglich bezeichneten Leistungsverpflichtung für einen Einzelfall durch entsprechende Willenserklärung des Vers aufzufassen. Er hat hierüber n a c h p f l i c h t g e m ä s s e m E r m e s s e n zu e n t s c h e i d e n (OLG Köln 20. XI. 1980 VersR 1981 S. 424, 425; OLG Düsseldorf 11. IX. 1984 VersR 1985 S. 828; OLG Köln 28. IV. 1983 VersR 1983 S. 1176; LG Köln 23. IX. 1981 VersR 1982 S. 389). Dabei kommt es in erster Linie auf die medizinische Notwendigkeit, die Eignung des in Aussicht genommenen Ortes, des dortigen Behandlers oder Instituts und deren Therapievorstellungen an. Es dürfte dem Ver aber auch gestattet sein, sich — allerdings wohl erst in zweiter Linie — auf seine möglicherweise übermäßige Leistungsquote zu berufen. Denn er muß auch bei dieser Entscheidung auf die Gesamtheit der ihm anvertrauten Gemeinschaft aller Vmer Rücksicht nehmen (OLG Düsseldorf a. a. O. S. 829). Die (schriftliche) L e i s t u n g s z u s a g e ist eine e m p f a n g s b e d ü r f t i g e r e c h t s g e s t a l t e n d e W i l l e n s e r k l ä r u n g im Sinne des §31511 BGB. Sie ist nicht widerruflich (vgl. z.B. Palandt-Heinrichs Anm. 3 b zu §315). Es handelt sich daher entgegen der Ansicht von Bach (Vsschutz S. 116 f.) und Bach-Moser (Rz90 zu §4 MB KK) nicht um eine Sondervereinbarung im Rahmen oder außerhalb des bestehenden Vsvertrages. Die Zustimmung kann a u c h d u r c h s c h l ü s s i g e s V e r h a l t e n erteilt werden. Das kann z. B. der Fall sein, wenn der Ver dem Vmer nach Anzeige der erfolgten Aufnahme in eine solche Anstalt Formulare zusendet, die von ihrem behandelnden Arzt ausgefüllt werden sollen (OLG Frankfurt 3. VI. 1981 VersR 1982 S. 263; vgl. auch LG Köln 17. V. 1978 VersR 1979 S. 1096, 1097). OLG Hamm (12. XII. 1986 RuS 1987 S. 54) hat eine Mitteilung des Vers an den Vmer, daß nach Wriede

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Anm. [G 28]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Aufnahme in die gemischte Anstalt die Leistungspflicht geprüft werden solle, als Zustimmung gewertet. — Das S c h w e i g e n d e s Vers auf eine entsprechende Anfrage des Vmers ist keine Z u s t i m m u n g (OLG Stuttgart 7. XI. 1985 VerbB 1985 S. 38; LG Wuppertal 23. XI. 1978 VersR 1979 S. 320). Diese Wirkung kann es nur haben, wenn der Schweigende nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verpflichtet gewesen wäre, seinen entgegenstehenden Willen zu äußern (vgl. ζ. B. Palandt-Heinrichs Einf. 3 b und c vor § 116). Das kann ζ. B. der Fall sein, wenn die Vertragsparteien über die Erteilung der Zustimmung verhandelt haben, der Ver dabei sein Einverständnis von der Vorlage gewisser Nachweise abhängig gemacht und der Vmer diese dann beigebracht hat. Antwortet der Ver darauf nicht in a n g e m e s s e n e r F r i s t , so wird man sein Schweigen als Zustimmung werten können. Dabei wird es darauf ankommen, welche Unterlagen der Vmer dem Ver für dessen Prüfung zur Verfügung stellt, damit dieser sich — ggf. nach Beratung mit einem Mediziner — über die Notwendigkeit der in Aussicht genommenen Behandlung und der Eignung der betreffenden Anstalt sowie der sonst in Betracht kommenden Umstände (vgl. weiter oben) schlüssig werden kann. Sind Rückfragen erforderlich, wird eine längere Frist in Betracht kommen (vgl. OLG Köln 12. IV. 1956 VersR 1956 S. 721; LG Köln 23. IX. 1981 VersR 1982 S. 389; LG Gießen 19. III. 1986 VerbB 1986 S. 39 f.). Antwortet der Ver nicht in angemessener Frist, obwohl ihm die für seine Entscheidung erforderlichen Unterlagen vorliegen, kann er sich auch ersatzpflichtig machen. §§ 15 Ziff. 6 NoB, 4 (5) MB KK begründen eine v e r t r a g l i c h e N e b e n p f l i c h t , auf hierauf bezügliche Anfragen des Vmers fristgerecht zu antworten. Der Schaden des Vmers kann z. B. darin bestehen, daß sich das Krankheitsgeschehen inzwischen verschlimmert hat und dem Vmer dadurch erhöhte, durch den Vertrag nicht gedeckte Kosten, etwa durch Arbeitsausfall, entstanden sind (vgl. OLG Köln a. a. O.; OLG Düsseldorf 2. XI. 1979 VersR 1981 S. 827). Ein Schadensersatzanspruch des Vmers kann sich auch daraus ergeben, daß der Ver eine Krankenanstalt zu Unrecht als gemischte einstuft und deswegen seine Zustimmung verweigert. Das Einverständnis des Vers wird nicht schon dann angenommen werden können, wenn er es in einem früheren Falle für dieselbe Anstalt ausgesprochen hatte (LG Hof 27. VII. 1976 VerbB 1976 S. 49; a. A. OLG Zweibrücken 19. IV. 1985 VerbB 1985 S. 39). Eine für eine Anstalt ausgesprochene Zustimmung deckt nicht die Behandlung in einer anderen. Es kommt stets auf die Umstände des einzelnen Falles an (s. oben, a. A. LG Göttingen 17. IV. 1975 VerbB 1975 S. 52). Unmaßgeblich ist es, daß die gesetzliche Krankenkasse ihre Zustimmung gegeben hat (OLG Nürnberg 26. II. 1976 VersR 1976 S. 725). Die E n t s c h e i d u n g des Vers u n t e r l i e g t g e r i c h t l i c h e r K o n t r o l l e . Es liegt ein Anwendungsfall des § 315 BGB vor. Zwar dürfte hier nicht „billiges Ermessen" des Vers maßgeblich sein, wie nach §3151 BGB „im Zweifel" anzunehmen ist, sondern sein pflichtgemäßes, nämlich unter Berücksichtigung der oben erwähnten Kriterien (medizinische Notwendigkeit, Art und Eigaung der Anstalt und deren Therapievorstellungen sowie Leistungsquote des Vers). Entspricht die Entscheidung nicht diesen Anforderungen, ist sie unwirksam und durch Urteil zu ersetzen. Das gleiche gilt, wenn sie verzögert wird (§315 III BGB). Die entsprechende Klage wird zweckmäßigerweise auf Feststellung gerichtet, solange noch keine Aufwendungen durch die Behandlung in der Anstalt entstanden sind, sonst auf Leistung der bei positiver Entscheidung geschuldeten Beträge (im Ergebnis ebenso — gestützt auf §242 BGB - BGH 2. XII. 1981 VersR 1982 S. 285-287; 16. II. 1983 VersR 1983 S. 576, 577; OLG Celle 29. III. 1980 VersR 1980 S. 962; OLG Hamm 17. IX. 1981 VersR 1982 S. 387, 388; OLG Düsseldorf 11. IX. 1984 VersR 1985 S. 828 bei Zustimmungsbedürftigkeit für psychotherapeutische Behandlung). K358

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Anm. [G 28]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Verweigert der Ver in dringlichen Fällen seine Zustimmung und würde eine gerichtliche Entscheidung — möglicherweise über mehrere Instanzen — angesichts der Notwendigkeit der Behandlung zu lange auf sich warten lassen, so wird auch mit einer e i n s t w e i l e n V e r f ü g u n g in der Weise geholfen werden können, daß der Ver, wenn das Vorliegen der erwähnten Kriterien glaubhaft gemacht wird, für einen begrenzten Zeitraum zur Leistung verpflichtet wird. Auf die durch die Einwilligung des Vers begründete z u s ä t z l i c h e L e i s t u n g s p f l i c h t sind im übrigen die v e r t r a g l i c h e n B e s t i m m u n g e n vollen Umfangs a n z u w e n d e n (unklar Bach-Moser Rz 90 zu § 4 MB KK). In F ä l l e n a k u t e r G e f a h r ist das Einholen der vorherigen Zustimmung des Vers für entbehrlich gehalten worden, so bei vorliegen eines Infarkts, eines Unfalls, einer gravierenden Infektionskrankheit oder Überfüllung des sonst in Betracht kommenden Krankenhauses (OLG Hamburg 8. XII. 1955 VersR 1956 S. 210; OLG Celle 12. XII. 1957 VersR 1958 S. 79; OLG Köln 17. VII. 1964 VersR 1964 S. 961, 962; 25.1. 1965 VersR 1965 S. 273; OLG Hamm 3. VII. 1981 VersR 1982 S. 137; OLG Köln 23. XII. 1982 VersR 1984 S. 133; LG Köln 24. XI. 1980 VerbB 1981 S. 40; AG Gießen 2. XI. 1984 VersR 1984 S. 231; AG Emmendingen 9. IX. 1977 VersR 1978 S. 174 - Notfall verneint; AG Nürnberg 21. X. 1980; VersR 1981 S. 926 - mit bedenklicher Begründung). Gibt es für die Behandlung von bestimmten Krankheiten noch keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Therapie — so z. B. für multiple Sklerose —, so kann, wenn der Zustand des Patienten es gebietet, insbesondere auch häusliche Pflege nicht mehr in Betracht kommt, eine stationäre Behandlung in einer bestimmten gemischten Anstalt dann nicht verweigert werden, wenn allein diese eine Methode anwendet, von der er Erleichterung seiner Beschwerden erwarten kann (BGH 2. XII. 1981 VersR 1982 S. 285 ff.: Behandlung mit Ultraschall bei multipler Sklerose zur Schmerzbekämpfung; ebenso AG Saarbrücken 11. III. 1986 NJW 1987 S. 718). Der E i n w a n d m a n g e l n d e r Z u s t i m m u n g des Vers k a n n auch aus anderen Gründen r e c h t s m i ß b r ä u c h l i c h sein (BGH 4. V. 1983 VersR 1983 S. 677, 679), so z. B. wenn die speziellen Kureinrichtungen für die Behandlung der Gefahrsperson gar nicht in Betracht kommen, auch nicht angewandt werden und die gewährte Heilbehandlung in gleicher Weise in jedem anderen Krankenhaus (im Sinne der AVB) hätte durchgeführt werden können (BGH 7. VII. 1971 VersR 1971 S. 949, 950; OLG Hamm 17. IX. 1986 VersR 1988 S. 127; OLG Celle 28. III. 1980 VersR 1980 S. 962; OLG München 26.1.1982 VersR 1983 S. 361). Bestand keine Dringlichkeit und hatte der Vmer zuvor nicht um die Einwilligung nachgesucht, so besteht kein Leistungsanspruch, auch wenn der Ver seine Zustimmung nach den erwähnten Kriterien hätte geben müssen (OLG Nürnberg 26. II. 1976 VersR 1976 S. 725; LG Köln 17. V. 1978 VersR 1979 S. 1096 f.; Voosen a. a. O. S. 13). Das ist auch deswegen gerechtfertigt, weil der Ver bei erst nachträglich möglicher Überprüfung der Voraussetzungen, insbesondere der medizinischen Notwendigkeit der Behandlung in einer gemischten Anstalt, in aller Regel vor erheblichen Beweisschwierigkeiten stehen würde (BGH 7. VII. 1971 VersR 1971 S. 949). Außer im Falle einer stationären Behandlung in einer gemischten Anstalt sollen nach § 15 Ziff. 6 NoB Leistungen für jede — auch nur ambulante — B e h a n d l u n g bei einem „ A u f e n t h a l t " in einem der hier g e n a n n t e n O r t e ausgeschlossen sein, d. h. der Betreffende muß dort verweilt haben, um sich die heilenden oder sonst gesundheitsfördernden Einrichtungen oder Umstände des Ortes zunutze zu machen (a. A. LG Hamburg 12. XI. 1952 VersR 1953 S. 59: es genügt jeder Aufenthalt). Das trifft z. B. dann nicht zu, wenn er dort aus geschäftlichen Gründen zu tun hat oder zu einer (medizinisch notwendigen) Behandlung jeweils nach dort anreist und sogleich Wriede

Κ 359

Anm. (G 28]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

an seinen Wohnort zurückkehrt (ebenso für die in dieser Hinsicht eindeutigeren AVB in BGH 18. V. 1967 VersR 1967 S. 652). Die Klausel kann auch nicht auf Personen angewandt werden, die dort ihren Wohnsitz haben. OLG Düsseldorf (10. XI. 1932 JRPV 1934 S. 110) läßt sie auch dann nicht eingreifen, wenn die Gefahrsperson ein Krankenhaus in dem ihrem Wohnsitz benachbarten Badeort aufsucht, weil sich in jenem keins befindet. Die W i r k s a m k e i t d i e s e r A u s s c h l u ß k l a u s e l n ist im Hinblick auf das AGBG und die zuvor entwickelten Rechtsgrundsätze über die Kontrolle von AGB nur vereinzelt angezweifelt worden. So meinen Wolf-Horn-Lindacher (Rz 500 zu § 23), dem „Vten" müsse der Gegenbeweis der Notwendigkeit und Angemessenheit der Heilbehandlung offenstehen. Andernfalls sei der Ausschluß unwirksam, weil er, gemessen am vertraglichen Zweck der angemessenen Heilbehandlung, zweckwidrig im Sinne des § 9 (2) Nr. 2 AGBG sei. Die ganz h. M. ist mit Recht gegenteiliger Ansicht. In dieser Hinsicht ist zunächst auf die bereits erwähnte Entscheidung des BGH (7. VII. 1971 VersR 1971 S. 949) zu verweisen (ebenso Schirmer ZVersWiss 1986 S. 558 Fn 234), die allerdings noch vor Inkrafttreten des AGBG (am 1. IV. 77) ergangen ist. Sie zeigt jedoch die entscheidende Erwägung auf, die der Klausel zugrunde liegt: Leistungen für den Aufenthalt einer Gefahrsperson in einer gemischten Anstalt würden für den Ver deswegen ein ganz erhebliches Risiko mit sich bringen, weil die regelmäßig erst ex post mögliche Überprüfung der Notwendigkeit der Behandlung gerade in einer solchen Anstalt mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sei. Daher sei das Interesse des Vers gerechtfertigt dieses Risiko dadurch einzuschränken, daß er seine Leistungspflicht hierfür von seiner vorherigen Zustimmung abhängig mache. Es könne nicht darauf abgestellt werden, ob die Behandlung für die gesamte Dauer lediglich in einem Krankenhause hätte durchgeführt werden können. Ein solcher Sachverhalt sei oft gar nicht objektiv nachprüfbar und schließe es nicht aus, daß insbesondere Patienten mit chronischen Leiden sich in einer gemischten Anstalt behandeln ließen, obwohl die zwingende Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung im Sinne der AVB gar nicht vorliege. An dieser Ansicht hat der BGH auch nach Inkrafttreten des AGBG (am 1. IV. 1977) festgehalten (16. II. 1983 VersR 1983 S. 576, 577; ebenso OLG Saarbrücken 13. VII. 1981 VersR 1982 S. 643, 644; OLG München 26.1.1982 VersR 1983 S. 361; OLG Stuttgart 19. II. 1982 VersR 1983 S. 576; 7. XI. 1985 VerbB 1985 S. 38; OLG Karlsruhe 30.1.1986 VerbB 1987 S. 39; OLG Frankfurt 11. VI. 1987 NJW 1988 S. 778; LG Saarbrücken 13. VII. 1981 VersR 1984 S. 31; LG Kempten 22. V. 1985 VersR 1986 S. 758; LG Köln 27. III. 1986 VersR 1986 S. 759; Prölss-Martin Anm. 4 C b zu § 4 MB KK). In den GrB ist keine vergleichbare Klausel enthalten. Eine entsprechende Regelung konnte den Tarifbedingungen vorbehalten bleiben. Lediglich in § 4 (1) S. 2 GrB KH wird die Zahlung des Krankenhaustagegeldes davon abhängig gemacht, daß die stationäre Behandlung in einem der im Tarif aufgeführten Krankenhäuser durchgeführt wird. Diese dürften darin nur nach allgemeinen Kriterien abgegrenzt worden sein. Eine Aufstellung aller „zugelassenen" Krankenhäuser verbot sich von selbst. In den MB KK erscheinen Leistungsbegrenzungen bei Kuren und Sanatoriumsbehandlung an verschiedenen Stellen. Sie tragen der Entwicklung der einschlägigen Anstalten im Laufe der Zeit Rechnung. Gemäß § 4 (5) S. 1 MB KK wird die Leistungspflicht im Falle medizinischer Notwendigkeit stationärer Heilbehandlung in Krankenanstalten, die auch Kuren und und Sanatoriumsbehandlungen durchführen oder Rekonvaleszente aufnehmen, im übrigen aber den Voraussetzungen „normaler" Krankenhäuser (im Sinne des § 4 (4) MB KK) entsprechen — sog. g e m i s c h t e A n s t a l t e n —, davon abhängig gemacht, K360

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 28]

daß der Ver zuvor eine schriftliche Leistungszusage gemacht hat. Diese Regelung entspricht in ihrem rechtlichen Gehalt der des § 15 Ziff. 6 NoB, der oben erläutert worden ist. Der Begriff der gemischten Anstalt ist gegenüber dem der „Sanatorien und Erholungsheime" (§15 Ziff. 6 NoB) teils weiter teils enger: Eine Zustimmung des Vers kommt nur in Betracht, wenn die Anstalt den Voraussetzungen des § 4 (4) MB KK entspricht, d. h. sie muß über die Einrichtungen verfügen, die von einem Krankenhaus im herkömmlichen Sinn zu erwarten sind (Einzelheiten dazu in Anm. G 13). Leistungszusagen für eine Behandlung in „reinen" Sanatorien und dgl., wie nach §15 Ziff. 6 NoB denkbar, kommen daher nicht in Betracht. Das wird in § 5 (l)d MB KK überdies noch ausdrücklich (insoweit angesichts des § 4 (5) MB KK überflüssig) betont. Der Begriff der gemischten Anstalt wird auch dadurch näher konkretisiert, daß sie Rekonvaleszente aufzunehmen pflegen (OLG Köln 20. XI. 1980 VersR 1981 S. 424 f.). In ähnlichem Sinne werden in § 5 (l)d 2. Hs. MB KK Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger von der Leistungspflicht ausgenommen (Genaueres dazu weiter unten). Dabei kann es sich indessen auch um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung handeln, wie der vom OLG Köln a. a. O. entschiedene Sachverhalt zeigt. Die Grenze wird sich nur nach den Umständen des Falles ziehen lassen. Für die B e h a n d l u n g von T u b e r k u l o s e e r k r a n k u n g e n in entsprechenden Heilstätten oder Sanatorien ist keine Zustimmung des Vers erforderlich (§ 4 (5) S. 2 MB KK). Bei solchen, gelegentlich auch als „geschlossene" Sanatorien für TbcBehandlung bezeichneten Anstalten wird vorauszusetzen sein, daß sie sich — jedenfalls in der Hauptsache — auf die Behandlung von Tbc-Erkrankungen beschränken und daher nicht nur besondere Abteilungen allgemeiner Sanatorien sein dürfen, in welchen im übrigen auch Kuren durchgeführt und Rekonvalenszente aufgenommen werden (vgl. OLG Hamm 29. X. 1970 VersR 1971 S. 410). Andernfalls würden wiederum die Abgrenzungsschwierigkeiten auftreten können, die § 4 (5) S. 1 gerade verhindern soll. Die medizinische Notwendigkeit stationärer Behandlung ist auch hier erforderlich. Insoweit ist diese Bestimmung weiter als § 15 Ziff. 6 NoB. Die in § 5 (l)d MB KK vorgesehene Leistungsbeschränkung für K u r - u n d S a n a t o r i u m s b e h a n d l u n g ist nur dann echter Risikoausschluß (Anm. G 18), wenn die Behandlung medizinisch notwendig war (Anm. G 8 — 9), was oft nicht der Fall sein wird. Sie dienen vielfach der Stabilisierung und Kräftigung der Gesundheit — oft nach überstandener Krankheit. Aufwendungen hierfür fallen daher nicht in den Rahmen der primären Gefahrbeschreibung (Anm. G 8). In diesen Fällen hat daher die Klausel materiellrechtlich nur delatorische Bedeutung (BGH 4. V. 1983 VersR 1983 S. 677, 678). Sie ist jedoch für die Beweislast beachtlich (vgl. unten). R e h a b i l i t a t i o n s m a ß n a h m e n der g e s e t z l i c h e n R e h a b i l i t a t i o n s t r ä g e r im Sinne des § 5 (l)d MB KK (§2 (2) Rehabilitationsangleichungsgesetz vom 7. VIII. 1974 - BGBl III 86 - 5) sollen (§10 a . a . O . ) alle Hilfen umfassen, die erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen, eine vorhandene zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlechterung zu verhüten. Dazu werden u. a. ärztliche und zahnärztliche Behandlung, die Versorgung mit Arzneien, Heil- und Hilfsmitteln vorgesehen, die ambulant oder stationär in Krankenhäusern, aber auch in Kur- und Spezialeinrichtungen angewandt werden können. Es kann daher bei diesen Maßnahmen durchaus auch eine medizinisch notwendige Heilbehandlung im Sinne der hier erläuterten AVB in Betracht kommen. Soweit das der Fall ist, enthält §5 (l)d MB KK auf den ersten Blick einen Risikoausschluß. Das ist von der Rechtsprechung der Instanzgerichte zunächst auch angenommen worden (OLG Hamm 15. V. 1981 VersR 1982 S. 542; LG Münster 13. X. 1978 VersR 1979 S. 128; Wriede

Κ 361

Anm. [G 28]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

LG Hannover 5. XII. 1979 VersR 1980 S. 351; LG Aachen 15.1.1981 VersR 1982 S. 284, 285; AG Hamburg 28. X. 1980 VersR 1981 S. 827; ebenso Bach VersR 1979 S. 792 und Bach-Moser Rz 43 - 50 zu § 5). Der BGH (4. V. 1983 VersR 1983 S. 677 f. und S. 679 f.) ist dieser Ansicht (für §5 (l)d MB KK 1966) entgegengetreten: Im Falle einer eine stationäre Behandlung erfordernden Erkrankung, für die auch Rehabilitationsleistungen gewährt würden, bestehe kein sachlich gerechtfertigter Grund, dem Vmer Leistungen des Privatvers zu versagen, die ein nicht sozialvter Vmer ohne weiteres erhalten würde. Auch sei mit den MB KK die freie Wahl unter den öffentlichen und privaten Krankenhäusern eingeführt worden. Dem widerspreche es, wenn die in § 5 (l)d MB KK 1966 angesprochenen Rehabilitationsmaßnahmen als solche im Sinne des § 10 RehaAnglG verstanden und damit die beabsichtigte Erweiterung des Vsschutzes zu einem wesentlichen Teil wieder eingeschränkt würde. Es sei vielmehr auch unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Klausel — 1966 habe es den § 10 RehaAnglG noch nicht gegeben — anzunehmen, daß es sich um Maßnahmen handeln müsse, die dem Betriff der Kur- und Sanatoriumsbehandlung vergleichbar seien. Dem ist zuzustimmen (ebenso Prölss-Martin Anm. 5 Β zu § 5 MB KK). Die ablehnende Kritik von Bach-Moser a. a. O. überzeugt nicht. Ihr Hinweis auf die historische Entwicklung der Klausel in der Fassung von 1976 ist nicht gerechtfertigt, weil die mit ihrer Formulierung befaßten Stellen, nämlich der PKV-Verband und das BAA, die vom BGH aufgezeigte Diskrepanz ersichtlich nicht erkannt haben. Die Ungleichbehandlung von sozialvten und nicht sozialvten Vmern läßt sich auch nicht mit der Erwägung beiseiteschieben, der Rehabilitationsträger leiste stets kostendeckend; insoweit bestehe daher für den daraus anspruchsberechtigten Vmer sogar ein Vorteil (Rz 49). Das gilt jedenfalls dann nicht, wenn für die betreffende Gefahrsperson im Falle medizinisch notwendiger Krankenhausbehandlung Ansprüche gegen den Ver bestehen, die die Leistungen des Rehabilitationsträgers übersteigen. Wird die Behandlung in einer „gemischten Anstalt" durchgeführt, ist auch die Zustimmung des Vers vorauszusetzen. Soweit die Rehabilitationsmaßnahme nicht als medizinisch notwendige Heilbehandlung zu qualifizieren ist, greift die Klausel ohnehin nicht ein. Einzelheiten der gesetzlichen Regelung der Rehabilitationsmaßnahmen sind bei Bach-Moser a. a. O. wiedergegeben. Nach § 5 (l)e MB KK werden grundsätzlich keine Leistungen für a m b u l a n t e H e i l b e h a n d l u n g in einem H e i l - o d e r K u r o r t (zu diesem Begriff vgl. oben zu §15 Ziff. 6 NoB) gewährt. Hier wird — anders als in §15 Ziff. 6 NoB — nicht darauf abgestellt, daß sich die betreffende Gefahrsperson in einem solchen Ort aufhält, vielmehr sollen die dort entstehenden Behandlungskosten ausgeschlossen sein. Das gilt nicht (S. 2), wenn die betroffene Person dort ihren Wohnsitz (§§7 — 11 BGB) hat, oder „durch eine vom Aufenthaltszweck unabhängige Erkrankung oder einen dort eingetretenen Unfall (eine) Heilbehandlung notwendig wird". Dieser Wortlaut ist insofern zu eng gefaßt, als solche Ereignisse auch dann eintreten können, wenn eine sich dort aufhaltende Person, ζ. B. bei einem Ausflug außerhalb der geographischen Grenzen des Kurortes erkrankt oder jemand wegen eines in der Nähe erlittenen Unfalls zur Behandlung nach dort gebracht wird. Der Zweck der Ausschlußklausel, Überprüfungs- und Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden, erfaßt solche Vorgänge nicht. Das „dort" wird man daher nicht auf diese Grenzen beziehen dürfen, sondern als Hinweis auf den vorübergehenden Aufenthalt. Der Ver trägt die Beweislast für die vorstehend als echte Risikoausschlüsse gekennzeichneten Tatbestände, so für die besonderen Merkmale einer gemischten Anstalt, den Aufenthalt oder die Behandlung einer Gefahrsperson in einem KurK362

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 29, G 30]

oder Badeort und die Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens. Der Vmer hat die ggf. erforderliche Zustimmung des Vers und die Tatsachen zu beweisen, die eine an sich notwendige Zustimmung entbehrlich machen oder eine Verweigerung als rechtsmißbräuchlich erscheinen lassen. Ferner obliegt ihm der Nachweis der objektiven Voraussetzungen der Schadensersatzpflicht wegen nicht sach- oder fristgerechter Entscheidung über die erbetene Zustimmung. Soweit die Leistungsbeschränkungen nur deklaratorischen Inhalt haben, wird die dem Vmer obliegende Beweislast für die Verwirklichung der primären Gefahrbeschreibung, insbesondere das Vorliegen der medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung, dem Ver zukommen, soweit der Tatbestand der (deklaratorischen) Klausel reicht. Das folgt zumindest aus der (jetzt in § 5 AGBG normierten) Unklarheitenregel, indem die Klauseln anspruchsbegründende Tatbestandsmerkmale als sekundäre Risikobeschränkungen erscheinen lassen. [G 29] ßßß) Wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden § 5 (1) f MB KK enthält keinen echten Risikoausschluß, da schon der Begriff der medizinisch notwendigen Heilbehandlung deren Wissenschaftlichkeit voraussetzt (Anm. G 8 ebenso Prölss-Martin Anm. 7 zu § 5 MB KK; a. A. LG Kiel 19. III. 1956 VersR 1957 S. 661; Binz S. 26 f.; wohl auch Bach-Moser Rz 5 3 - 5 6 zu § 5 MB KK; unklar OLG Celle 19. X. 1984 VersR 1985 S. 442, 443). Gleichwohl hat die K l a u s e l in prozessualer Hinsicht Bedeutung: Sie e n t h e b t den V m e r , soweit ihr Tatbestand reicht, der an sich ihm o b l i e g e n d e n Beweislast (vgl. Anm. G 8 und G 28 a. E.). — Sie widerstreitet — zumal in dieser eingeschränkten Bedeutung — nicht den Grundsätzen des AGBG (OLG Frankfurt 11. VI. 1987 VersR 1988 S. 733). Beispiele aus der Rechtsprechung sind in Anm. G 8 aufgeführt. Die Bestimmung bezieht sich auf Untersuchungs- und Behandlungsmethoden — ersichtlich durch Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und Heilpraktiker (diese soweit im Tarif nichts anderes vorgesehen — § 4 (2) S. 2 MB KK) — und Arzneien, nicht jedoch auf Heil- und Hilfsmittel. Das ist auffallig, kann aber jedenfalls dann nicht zu einer abweichenden Beurteilung führen, wenn die Behandlung mit diesen wissenschaftlich anerkannten (zahn)ärztlichen Weisungen entspricht. [G30] γγγ) Entziehungsmaßnahmen § 5 (l)b 2. Hs. MB KK schließt - anders als §§ 15 Ziff. 4 NoB, 4 (9) S. 1 2. Hs. GrB KK — nicht mehr die auf einer Sucht oder ihren Folgen beruhenden Gesundheitsstörungen vom Vsschutz aus (vgl. dazu Anm. G 20), sondern nur noch die Behandlungsform „Entziehungsmaßnahmen einschließlich Entziehungskuren". Nicht mehr die Ursache der Gesundheitsstörung, sondern die deswegen etwa notwendige Behandlung, die Befreiung von der Sucht, ist Anknüpfungspunkt der Risikobeschränkung. Die (medizinisch notwendige) Behandlung anderer Krankheiten, auch wenn sie suchtbedingt sind, fallt nicht darunter. Entziehungsmaßnahmen sind medizinisch notwendige Heilbehandlungen, wenn der zu beseitigende Abusus als Krankheit anzusehen ist (vgl. dazu Anm. G 6). E n t z i e h u n g s m a ß n a h m e , die nicht notwendig zugleich eine Entziehungskur sein muß, ist j e d e a m b u l a n t e o d e r s t a t i o n ä r e H e i l b e h a n d l u n g , die d a r a u f g e r i c h t e t ist, den P a t i e n t e n aus s e i n e r B i n d u n g an D r o g e n , A l k o h o l o d e r N i k o t i n zu lösen (BGH 15.1.1988 VersR 1988 S. 573; OLG Karlsruhe 3. XI. 1983 VersR 1986 S. 81), und zwar auch dann ,wenn die (erste) Behandlung nur in einer Entgiftung besteht, der sich eine längere, in der Regel 2 bis 8 Monate dauernde stationäre Behandlung (Pschyrembel S. 315) anschließen soll (LG Braunschweig 25. IV. 1985 VersR 1986 S. 1096 f.). Wriede

Κ 363

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Anm. [G 31]

Die Berechtigung dieser Leistungsbeschränkung ist auch im Hinblick auf das AGBG gegeben, da es jedenfalls n i c h t u n a n g e m e s s e n o d e r gar ü b e r r a s c h e n d ist, die Gesamtheit der Vmer zumindest nicht mit diesen Konsequenzen abartiger Lebensführung einzelner zu belasten (OLG Karlsruhe a. a. O.; LG Braunschweig a. a. O.)· Vielfach t r i f f t die B e h a n d l u n g von K r a n k h e i t e n - mögen sie auf einer Sucht oder anderen Ursachen beruhen — mit E n t z i e h u n g s m a ß n a h m e n z u s a m men oder erfordert jene zugleich auch diese. Hier ist zu unterscheiden: Erfordert die Behandlung den Entzug des Rauschmittels und damit ggf. verbunden die Bekämpfung von Entzugserscheinungen, so greift der Leistungsausschluß dann nicht ein, wenn jene Heilbehandlung eindeutig im Vordergrund steht, der Entzug praktisch ihre Voraussetzung ist. Andernfalls wäre der Vsschutz für eine von Rauschmitteln abhängige Gefahrsperson unvertretbar eingeschränkt (OLG Karlsruhe a. a. O. S. 82). Anders ist es, wenn der Heilbehandlung zugleich die Bedeutung einer Entziehungsmaßnahme zukommt. Dann wird nur der auf diese entfallende Teil der Behandlungskosten vom Leistungsausschluß erfaßt (BGH a. a. O. S. 574). Er ist ggf. analog § 287 ZPO zu schätzen (LG Hannover 20. XII. 1982 VersR 1984 S. 930; Wilmes VersR 1988 S. 574; a. A. BGH a. a. O.: nur „ausscheidbare Kosten"; PrölssMartin Anm. 3 zu § 5 MB KK ohne nähere Begründung). Schließlich ist es denkbar, daß Entziehungsmaßnahmen ihrerseits (mit)ursächlich für eine Gesundheitsstörung, z. B. Entzugserscheinungen, sind, die einer Heilbehandlung bedarf. Auch hier soll nach Ansicht des BGH (a. a. O.) der Ver leistungspflichtig sein (ebenso Wilmes a. a. O.). Das ist jedoch unzutreffend. Es entspricht allgemeiner, auch vom BGH (17. IX. 1975 BGHZ 65 S. 142) gebilligter Ansicht (Prölss-Martin Anm. 4 Β a zu § 49; Wriede VersR 1964 S. 177; Anm. G 36), daß bei einer Aufeinanderfolge ausgeschlossener und eingeschlossener Ursachen der Ausschluß Vorrang hat: Der Ausschlußtatbestand hat den Vsfall (mit)bewirkt. Das gleiche gilt, wenn Entziehungsmaßnahmen und andere Ursachen nur zusammen zu einer behandlungsbedürftiger Gesundheitsstörung geführt haben (Wriede a. a. O.). Erfordert eine weitere, nicht von der Entziehung beeinflußte Krankheit, ζ. B. eine Unfallverletzung, zugleich eine Behandlung, so ist wiederum nur eine anteilige Haftung des Vers gegeben. [G 31] δδδ) Ausgeschlossene Behandler Schrifttum: Ohrt S. 145f.; Ullmann-Schäfer S. 64 - 66.

Nach §§ 16 Ziff. 4 NoB und 5 (l)c MB KK ist der Ver berechtigt, Leistungen für die Behandlung durch bestimmte Behandler abzulehnen. Nach der ersteren Bestimmung kann es sich nur um einen niedergelassenen oder liquidationsberechtigten Arzt eines Krankenhauses (vgl. dazu Anm. G l i ) handeln, nach der letzteren können auch Zahnärzte, Heilpraktiker und Krankenhäuser als solche in Betracht kommen. Eine solche Maßnahme kann der Ver, wie allgemein anerkannt ist, nicht willkürlich treffen, vielmehr muß in der Person des abgelehnten Behandlers ein wichtiger Grund gegeben sein, auch wenn das in § 16 Ziff. 4 NoB nicht ausdrücklich bestimmt wird. In dieser Hinsicht kommen in Betracht: Fachliche Unfähigkeit, Anwendung wissenschaftlich nicht allgemein anerkannter Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (OLG Celle 19. X. 1984 VersR 1985 S. 442, 443; LG Köln 11. III. 1970 VersR 1971 S. 215), Berechnung von Leistungen, die nicht erbracht worden sind (OLG Düsseldorf 9. II. 1954 VersR 1954 S. 284 f. = VA 1954 S. 60 - vollständiger Abdruck; OLG München 15. XII. 1975 VersR 1977 S.43; OLG Hamm 16. XII. 1987 VersR 1988 S. 687, 688), Berechnung von Leistungen Dritter, die keine niedergelas-

K364

Wriede

Anm. [G 31]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

senen oder liquidationsberechtigten Ärzte sind (LG Frankfurt 6. X. 1960 VersR 1961 S. 74), Ausstellen von sog. Gefälligkeitsattesten, die der Sachlage nicht entsprechen, Erteilen falscher Auskünfte gegenüber dem Patienten oder dem Ver, Verweigern von Auskünften, die zur Beurteilung der Notwendigkeit (zahn)ärztlicher Behandlung durch den Ver erforderlich sind, obwohl eine dahingehende (wirksame) Ermächtigung der betroffenen Gefahrsperson vorliegt (BGH 10.1.1984 VersR 1984 S. 276), Rauschmittelabhängigkeit des Behandlers, Verstöße gegen gesetzliche oder standesrechtliche Vorschriften — insgesamt Vorgänge, die sich grob nachteilig für den Ver (OLG Hamm 16. XII. 1987 RuS 1988 S. 117) und auch die behandelte Gefahrsperson sowie den Vmer auswirken können. Es genügt, daß der Behandler einem anderen als dem ausschließenden Ver in dieser Hinsicht aufgefallen ist (OLG Düsseldorf a. a. O.). Vielfach werden die Ver durch ihren Verband auf in Betracht kommende Vorkommnisse hingewiesen und wird ihnen empfohlen, von der Ausschlußmöglichkeit Gebrauch zu machen (vgl. OLG Köln 14. III. 1966 VersR 1966 S. 821 f.; OLG Celle 19. X. 1984 VersR 1985 S. 442, 443; LG Frankfurt a. a. O.). Der von einem Ver ausgesprochene A u s s c h l u ß b e z i e h t sich grundsätzlich auf die g e s a m t e Aufwendungen für den Vmer auslösende T ä t i g k e i t des betroffenen Behandlers und damit auch auf die von ihm ausgestellten Rezepturen für Arzneien, Heil- und Hilfsmittel. Es ist aber nicht gerechtfertigt, die Erstattung von Kosten für eine stationäre Behandlung abzulehnen, weil ein ausgeschlossener Behandler den Patienten eingewiesen hat (ZA VA 1950 S. 49). Der Ausschluß wird auch dann nicht in Betracht kommen, wenn der Behandler etwa in a k u t e n N o t f ä l l e n hinzugezogen wird, weil ein anderer nicht rechtzeitig erreichbar ist, oder er von sich aus erste Hilfe leistet. Die Ver sind nicht berechtigt, Leistungen einer bestimmten Apotheke wegen entstandener Differenzen im Abrechnungswesen mit dieser abzulehnen (OLG Frankfurt 6 W 400/69 zit. in ZfV 1970 S. 511). Zweifelhaft ist es, wie zu entscheiden ist, wenn die Zuverlässigkeit eines für die Lieferung von Heil- und Hilfsmitteln in Anspruch genommenen Handwerkers in Frage steht. Die erwähnten Klauseln erfassen einen solchen Fall nicht, jedoch kann es dann an der erforderlichen medizinischen Notwendigkeit, z. B. der nicht fachgerecht durchgeführten Massagen, Bäder und dgl. fehlen und der Ver aus diesem Grunde leistungsfrei sein. Die von einem solchen Beschluß des Vers (mittelbar) betroffenen Behandler haben mehrfach ohne Erfolg versucht, von dem Ver oder dem empfehlenden Verband die Rücknahme der betreffenden Beschlüsse zu verlangen (vgl. z. B. BGH 10.1.1984 VersR 1984 S. 276; OLG Düsseldorf a. a. O.; OLG München a. a. O.; LG Köln 11. III. 1970 VersR 1971 S. 213). Nach diesen Entscheidungen ist aber n u r der V m e r , ggf. der Vte, k l a g e b e r e c h t i g t , indem er die Wirksamkeit des Leistungsausschlusses je nach Fallgestaltung mit einer Leistungs- oder Feststellungsklage bekämpfen kann. Dem Ver obliegt dann die Darlegungs- und Beweislast für die seinen Beschluß rechtfertigenden Tatsachen und die weiteren formellen Voraussetzungen der Ausschlußbestimmung (vgl. hierzu weiter unten). Nur in einem solchen Rechtsstreit kann der abgelehnte Behandler als Zeuge zu den ihm vorgeworfenen Verfehlungen gehört werden, ein recht unbefriedigendes Ergebnis der bisherigen Rechtsprechung. Daher besteht z. B. seit langem zwischen den Standesorganisationen der Ärzte und der Krankenver die Abrede, daß ein Ver von seinem Ausschlußrecht erst nach Stellungnahme der Ärzteschaft Gebrauch machen soll. Einzelheiten dazu sind bei Ullmann-Schäfer a. a. O. dargestellt. Die Wirksamkeit des Leistungsausschlusses gegenüber dem einzelnen Vmer setzt voraus, daß dieser vom Ver e n t s p r e c h e n d u n t e r r i c h t e t wurde. Dabei handelt es sich um eine rechtsgestaltende, unwiderrufliche und empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Vertragsverhältnis in einem wesentlichen Punkt geändert Wriede

Κ 365

Anm. |G 32]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

wird. Sie ist eine Art Gegenstück zu der in §§ 15 Ziff. 6 NoB und 4 (5) MB KK vorgesehenen Zustimmung zu einer Ausweitung der Vsleistungen (vgl. hierzu Anm. G 28). Der in § 16 Ziff. 4 S. 2 NoB zusätzlich vorgesehene Aushang in den Geschäftsräumen des Vers ist daneben unerheblich; er ersetzt auch nicht die „besondere schriftliche Mitteilung". Der Vmer braucht nicht damit zu rechnen, dort eine so wesentliche Mitteilung vorzufinden. Der A u s s c h l u ß gilt nach beiden AVB n u r f ü r die n a c h Z u g a n g d e r E r k l ä r u n g neu e i n t r e t e n d e n V s f ä l l e . Für die zu dieser Zeit bereits anhängigen besteht die Leistungspflicht bis zum Ablauf des 3. Monats nach Zugang fort, ζ. B. bei Zugang am 16. V. mit Ablauf des 16. VIII., bei Zugang am 31. VIII. am 30. IX., 24 Uhr (§§187 I, 188 BGB). Die B e w e i s l a s t für den Ausschlußtatbestand und damit auch für den Zugang und dessen Zeitpunkt trifft, wie bereits erwähnt, den Ver. Dem Vmer obliegt der Nachweis, daß zu dieser Zeit bereits ein Vsfall begonnen hatte. [G 32] εεε) Behandlung durch nahe Angehörige Läßt eine Gefahrsperson eine Behandlung durch nahe Angehörige oder durch ein Krankenhaus ausführen, an welchem der Vmer/Vte — etwa als Gesellschafter — beteiligt ist, so kann es zweifelhaft sein, ob dem ein entgeltlicher oder unentgeltlicher Vertrag zugrunde liegt, oder ob es sich um eine bloße Gefälligkeit ohne rechtsgeschäftlichen Inhalt handelt, wegen der allenfalls Ansprüche wegen unerlaubter Handlung entstehen können (vgl. hierzu etwa Palandt-Heinrichs Einl. 2 vor § 241; WilloweitJuS 1986 S. 96, 9 9 - 1 0 1 ) . Unter der Geltung der NoB und der GrB KK und KH ist in solchen Fällen die Leistungspflicht des Vers gelegentlich strittig geworden (vgl. LG Lübeck 4. X. 1950 VersR 1951 S. 9 f. mit Anm. von Buchner; LG Offenburg 7. III. 1950 DRZ 1950 S. 253; LG Mannheim 21.1.1952 VersR 1952 S. 364; LG Hamburg 18. X. 1956 VersR 1956 S. 722 mit Anm. von Buchner; vgl. ferner Rech VW 1949 S. 34 und 141; Setzepfand DVZ 1936 S. 43; BAA GB 1953/54 S. 23; VerbB 1954 S. 62; Aumüller ZfV 1967 S. 84). Es spricht eine gewisse Vermutung dafür, daß bei naher Verwandtschaft des Behandlers zur behandelten Gefahrsperson oder bei Behandlung unter Ehegatten, wenn schon nicht reine Gefälligkeit, so doch ein unentgeltlicher Vertrag vorliegt (ebenso Schirmer ZVersWiss 1988 S. 139, 172) und daher dem Vmer/Vten keine oder doch nur Aufwendungen für Sachleistungen entstehen, ζ. B. für Arzneien, Heilmittel, Röntgenuntersuchungen, Verbandsmittel. Eine sichere Grundlage für eine dahingehende Annahme besteht aber nicht, wie die zitierten Entscheidungen zeigen. Der Vmer wird daher in jedem Falle zur vollen Überzeugung des Vers oder des Gerichts das tatsächliche Entstehen seiner Aufwendungen nachweisen müssen. Die Vorlage einer quittierten Rechnung über die Behandlung wird allein oft nicht genügen, da sie gelegentlich nur im Hinblick auf den bestehenden Vsvertrag ausgestellt wird. Einem Apotheker als Vmer hat das LG Bayreuth (28.1.1964 VersR 1965 S. 77) nur die Selbstkosten für entnommene Arzneien zugebilligt. Die Ausschlußbestimmung des § 5 (1) g MB KK schafft in dieser Hinsicht auch nur ζ. T. Klarheit: Ist der Behandler — außer Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker ζ. B. auch ein Masseur — Vater, Mutter, Ehegatte oder Kind des Vmers/Vten, so besteht hinsichtlich der Aufwendungen für seine Dienst- oder Werkleistungen außer für Sachkosten kein Anspruch gegen den Ver. Unklar bleibt, ob das auch dann zu gelten hat, wenn zwar zum Vmer/Vten nicht aber zu der (mit diesem nicht identischen) Gefahrsperson dieses familienrechtliche Band besteht, oder wenn es — umgekehrt — für diese nicht aber für jenen gegeben ist. Beide Fälle können ζ. B. in Gruppenvsverträgen vorkommen. Die K l a u s e l s t e l l t n i c h t d a r a u f a b , w e l c h e d e r in K366

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 33]

den V e r t r a g e i n b e z o g e n e n P e r s o n e n b e h a n d e l t werden. Der ihr zugrunde liegende Rechtsgedanke, Zweifel über die Entgeltlichkeit bei Behandlung durch nahe Angehörige auszuschließen, kommt in der Regel dann nicht in Betracht, wenn die behandelte Person nicht in diesem Verhältnis zum Behandler steht. Dieser hat im allgemeinen keinen Anlaß, für seine Leistungen zugunsten eines „Nichtangehörigen" auf ein Entgelt zu verzichten, nur weil der für die Krankheitsfürsorge „zuständige" Vmer oder Vte mit ihm in der bezeichneten Weise verwandt oder sein Ehegatte ist. Ebenso dürfte zu entscheiden sein, wenn die (mit dem Vmer oder Vten nicht identische) Gefahrsperson naher Angehöriger des Behandlers und dessen Leistungen nicht in den Rahmen seiner Unterhaltspflicht fallt. Auch hier ist nicht einzusehen, daß er unentgeltlich arbeiten soll, wenn ein Dritter, nämlich der Vmer oder der Vte, für die Behandlungskosten aufzukommen hat. „ N a c h g e w i e s e n e S a c h k o s t e n " sind Aufwendungen, die entweder dem Behandler oder dem Vmer/Vten für Leistungen Dritter im Zusammenhang mit der Behandlung entstehen (vgl. VerbB 1960 S. 88; 1963 S. 55). Nur diese kommen in Betracht, wenn der Vmer/Vte sich selbst behandelt (AG Trier 9. XII. 1987 VersR 1988 S. 1066; vgl. im übrigen zum Aufwendungsbegriff Anm. G 8). Diese Risikobeschränkung ist gegenüber den Anforderungen des AGBG bestandskräftig. Die Beweislast für das Eingreifen des Ausschlußtatbestandes trifft den Ver, die für das Vorliegen von Aufwendungen für Sachleistungen den Vmer oder Vten. [G33] ζζζ) Übermaßklauseln Sowohl nach § 16 Ziff. 3 NoB als auch gemäß §§ 4 (8) GrB KK, 4 (7) GrB KH wie endlich nach § 5 (2) MB KK soll der Ver das Recht haben, seine Leistungen angemessen zu kürzen, wenn die Heilbehandlung das notwendige Maß überschreitet. Diese Klauseln sind bei richtiger Auffassung über den Umfang der primären Gefahrbeschreibung materiellrechtlich entbehrlich. Davon abgesehen, verwirren sie (ebenso wie z. B. die in Anm. G 29 erläuterte) die beiderseitige Darlegungs- und Beweislast. Nach der für alle drei AVB im wesentlichen übereinstimmenden Gefahrbeschreibung (Anm. G 8) haftet der Ver für die Kosten einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung. Übersteigt der Behandlungsaufwand diesen Rahmen, so entfällt schon aus diesem Grunde insoweit die Leistungspflicht (so mit Recht LG NürnbergFürth 16.1. 1979 VersR 1979 S. 1097). Das Merkmal der Notwendigkeit bezieht sich dabei nicht allein auf Art und Umfang der einzelnen Behandlungsmaßnahmen, sondern auch — mindestens mittelbar — auf die Höhe des dafür pro Verrichtung berechneten Honorars des Behandlers (ebenso — allerdings nur hinsichtlich der Tragweite der Übermaßklauseln - BGH 30. XI. 1977 VersR 1978 S. 267, 270; OLG Köln 13. VI. 1985 VersR 1986 S. 378; Walther NJW 1982 S. 2592; Bach-Moser Rz 66 zu § 5 MB KK). Ein Übermaß kann gegeben sein in bezug auf Art und Anzahl der vorgenommenen medizinischen Verrichtungen sowie wegen des angesetzten Vielfachen der Sätze der Gebührenordnungen. Es kann weiter in Betracht kommen, wenn statt einer ambulanten eine stationäre Behandlung gewählt wird, bei dieser wiederum hinsichtlich der Verweildauer. Schließlich kann es Umfang und Preise der verordneten Medikamente, Heil- und Hilfsmittel betreffen. Dagegen ist die Klausel ohne Bedeutung, wenn ein Patient bei stationärer Behandlung statt einer Unterbringung in einem Mehrbettzimmer eine solche in einem Ein- oder Zweibettzimmer wählt und/oder sich für eine Behandlung durch einen liquidationsberechtigten Arzt entscheidet. Für diese qualifizierteren Leistungen ist ein höheres Entgelt zu entrichten (vgl. Anm. G 13). Das ist nicht unbedingt medizinisch notwendig, sondern entspricht durchweg den Wriede

Κ 367

Anm. [G 33]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

persönlichen Wünschen des Betreffenden, der sich davon in aller Regel eine bessere Betreuung und sorgfältigere ärztliche Versorgung verspricht. Insoweit wird üblicherweise kein Übermaß in Betracht gezogen. Vielmehr pflegen wirtschaftlich besser gestellte Bevölkerungskreise bei stationärer Behandlung eine solche Behandlung zu bevorzugen. Die Ver tragen dem auch Rechnung, indem sie entsprechende höhere Tarife anbieten. Die Frage der medizinischen Notwendigkeit wird dabei nicht gestellt. Dieser verbreiteten Praxis würde es daher widersprechen, wenn gegenüber einem Vmer, der Leistungen für eine höhere Pflegeklasse und/oder gesondert berechnete ärztliche Behandlung begehrt, aber keinen solchen höheren Tarif abgeschlossen hat, der Übermaßeinwand erhoben würde. Soweit danach die medizinische Notwendigkeit von Art, Umfang und Kosten der Heilbehandlung prüfbar ist, ist das, wie bereits erwähnt, eine Frage der Subsumtion unter den Begriff der primären Gefahrbeschreibung (Anm. G 8 — 17). Die als Ausschlußtatbestände konzipierten Klauseln sind daher materiellrechtlich entbehrlich. Sie sind jedoch — ebenso wie die in Anm. G 29 behandelten — prozessual bedeutsam. Walther versucht (a. a. O.) ihnen in der Weise gerecht zu werden, daß er dem Vmer die Beweislast für die medizinische Notwendigkeit der Art der Behandlung, d. h. deren Erforderlichkeit dem Grunde nach, aufbürdet und den Ver für mangelnde Notwendigkeit von Anzahl und Umfang der einzelnen Verrichtungen als beweispflichtig ansieht, wenn er insoweit Einwendungen erhebt (wohl ebenso Bach-Moser Rz 65 zu § 5 MB KK). Diese Lösung mag der Billigkeit entsprechen, sie ist aber mit dem Wortlaut der AVB nicht vereinbar: Die in §§ 4 (8)/(7) GrB KK/KH und 5 (2) MB KK genannte „Heilbehandlung" ist nur relevant, wenn sie „medizinisch notwendig" ist. Was in diesem Sinne notwendig ist, kann schon nach dem Wortsinne nicht übermäßig sein, sondern hält sich im Rahmen des nach Sachlage Gebotenen. Die Bestimmungen sind daher entgegen der Ansicht von Bach-Moser (Rz 63 zu § 5 MB KK) keine (materiellrechtliche) Ergänzung der primären Risikobeschreibung, sondern kehren lediglich die Darlegungs- und Beweislast zu Ungunsten des Vers um: Im Rechtsstreit wird der klagende Vmer zwar gleichwohl vortragen müssen, für welche im einzelnen anzugebenden Heilmaßnahmen er Leistungen begehrt. Auf dieser Grundlage ist es dann Sache des Vers darzulegen und zu beweisen, daß und inwieweit diese Behandlungen nicht medizinisch notwendig waren. § 16 Ziff. 3 S. 1 NoB weicht im Wortlaut von den vorstehend erörterten Bestimmungen ab, indem sich „die übermäßige Inanspruchnahme oder Gewährung ärztlicher Hilfe" „aus eingereichten Rechnungen" ergeben muß. Sachlich besteht jedoch regelmäßig kein Unterschied. Denkbar ist etwa, daß sich das Übermaß aus anderen Umständen, z. B. aufgrund weiterer Nachforschungen des Vers oder durch eine Beweisaufnahme in einem Rechtsstreit herausstellt. Es wäre lebensfremd, in solchen Fällen oder bei anderer als ärztlicher Heilbehandlung die vorstehend dargelegten Grundsätze nicht gelten zu lassen. Die in S. 2 a. a. O. vorgesehene Anhörung einer Kommission der Ärzteorganisation stellt nur eine Sollvorschrift dar. Der Vmer hat darauf keinen Anspruch. Die vorstehend dargelegte A n s i c h t ü b e r die r e c h t l i c h e T r a g w e i t e der Ü b e r m a ß k l a u s e l n wird vom überwiegenden Teil der R e c h t s p r e c h u n g n i c h t geteilt. Vielmehr werden sie durchweg als Risikoausschlußklauseln angesehen. Auch der BGH scheint dieser Ansicht zuzuneigen (30. XI. 1977 VersR 1978 S. 267, 270 re. Sp.; wohl ebenso OLG Köln 13. VI. 1985 VersR 1986 S. 378; ferner LG Dortmund 27. IV. 1953 ZfV 1953 S. 263; LG München 22. V. 1970 VersR 1970 S. 1003; insoweit unklar AG Hamburg 24. III. 1952 ZfV 1953 S. 179). Werden dementsprechend die Klauseln als eine Art Gestaltungsrecht des Vers aufgefaßt, so dürften sie (ebenso wie K368

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 34]

die Mitteilung über den Ausschluß bestimmter Behandler) unter §315 BGB einzuordnen sein, da einem Vertragspartner, dem Ver, die Bestimmung des konkreten Leistungsinhalts übertragen ist. Allerdings hat er diese Bestimmung nicht nach billigen Ermessen zu treffen, wie in § 315 BGB „im Zweifel" anzunehmen ist, sondern es ist ein „angemessener Betrag" anzugeben. Andernfalls ist sie unwirksam und durch Gerichtsurteil zu ersetzen. Die Herabsetzung erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Vmer. Sie konkretisiert den Leistungsinhalt und ist unwiderruflich, d. h. der Ver ist an sie gebunden (BAG 11. III. 1981 VersR 1981 S. 941, 942); sie kann jedoch nach allgemeinen Grundsätzen nichtig oder anfechtbar sein. Hat das Übermaß seinen Grund darin, daß der Vmer es verlangt oder entsprechenden Vorschlägen des Behandlers nicht widersprochen hat — z. B. Verlängerung einer stationären Behandlung über die notwendige Dauer hinaus, Honorarvereinbarung gemäß § 2 GOÄ (OLG Köln 26. IX. 1985 RuS 1986 S. 164 f.), die sachlich nicht gerechtfertigt ist (vgl. dazu Hensen NJW 1983 S. 1366 f. zu den dabei zu beachtenden Voraussetzungen im Hinblick auf das AGBG) —, so kann zugleich ein V e r s t o ß gegen die M i n d e r u n g s o b l i e g e n h e i t des §62 VVG vorliegen. Ein solcher schadet dem Vmer aber nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit (vgl. Anm. F 63). Die Übermaßklauseln sind daneben nicht anwendbar (§ 68 a VVG). Ob im Einzelfall ein Übermaß in bezug auf Art und Umfang der Heilbehandlung vorliegt — das Übermaß kann auch darin bestehen, daß die Behandlung ganz oder teilweise nutzlos oder gar schädlich war —, ist Tatfrage und wird zumeist nur mit Hilfe medizinischer Sachverständiger geklärt werden können. Gelegentlich soll auch das nach abgeschlossener Behandlung nicht mehr möglich sein (LG Nürnberg-Fürth 16.1.1979 VersR 1979 S. 1097 f. mit bedenklicher Ablehnung eines Beweisantrages). Falls eine Kürzung des vom Behandler berechneten Honorars in Frage steht, geben die einschlägigen Gebührenordnungen — so die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) vom 12. XI. 1982 (BGBl I S. 1522), die Gebührenordnung für Zahnärzte vom 22. X. 1987 (BGBl I S. 2316) und das Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker (Bundesanz 1985 S. 2686) Anhaltspunkte (BGH 30. XI. 1977 VersR 1978 S. 267, 270 re. Sp.; OLG Köln 13. VI. 1985 VerbB 1985 S. 40). Auch hierbei wird vielfach die Hilfe von Sachverständigen erforderlich sein. Die Klausel fallt, auch wenn sie nach der h. M. als Risikoausschluß aufgefaßt wird, nicht unter § 10 Ziff. 4 AGBG, da sie dem Ver keine Änderung der versprochenen Leistung erlaubt, sondern nur das (erneut) ausspricht, was bereits in der primären Gefahrbeschreibung und damit im Leistungsversprechen des Vers enthalten ist. [G34] ηηη) Subsidiaritätsklauseln Schrifttum: Martin VersR 1976 S. 6 9 1 - 6 9 9 ; Vogel ZVersWiss 1973 S. 5 6 3 - 5 7 9 .

Das u. a. im Vsrecht bestehende Problem des Nebeneinanders von aus demselben Tatbestand sich ergebenden mehreren Ansprüchen eines Gläubigers gegen mehrere Schuldner auf Ausgleich entstandenen Schadens (einschließlich Aufwendungen) hat hier zu verschiedenen rechtlichen Lösungen geführt. So kommen u. a. in Betracht der gesetzliche (§ 67 VVG) oder vertraglich vereinbarte Übergang einer oder mehrerer Forderungen des Vmers/Vten gegen die Schuldner auf den leistenden Ver (vgl. Anm. G 64), die gesamtschuldnerische (§ 59 VVG) oder anteilige Haftung mehrerer Ver (Anm. G 67), das durch Sanktionen bewehrte (modifizierte) Verbot des Abschlusses gleichartiger Vsverträge (vgl. Anm. F 48 — 55). Daneben sind Subsidiaritätsklauseln gebräuchlich, wonach der Ver erst in zweiter Linie haften soll. Sie sind in den hier erörterten AVB, nämlich in §§ 11 Ziff. 2 - 4 NoB, 6 (3)a GrB KK KH und 5 (3) Wriede

Κ 369

Anm. [G 34]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

MB KK als (echte) Risikoausschlüsse gestaltet (vgl. über ihre Zulässigkeit Bd. II Anm. 48 f. zu § 59 S. 489 f.). § 11 Ziff. 2 NoB betrifft den Fall, daß ein s c h a d e n s e r s a t z p f l i c h t i g e r D r i t t e r , ein a n d e r e r P r i v a t - o d e r ein S o z i a l v e r b e r e i t s L e i s t u n g e n für eine Heilbehandlung e r b r a c h t h a t , für die auch der Kranken ver deckungspflichtig ist. Dann haftet dieser nur noch insoweit, als jene Leistungen die Aufwendungen des Vmers nicht voll gedeckt haben. Sieht sein Tarif nur eine teilweise Deckung vor, so ist in diesem Rahmen der verbleibende, vom Dritten nicht ersetzte Aufwand bis zu seiner vollen Höhe zu erstatten (ebenso Ohrt S. 117). Der Wortlaut der Klausel bietet keinen Anhalt für die Annahme, daß der Ver unter Anrechnung der Drittleistung nur bis zur Höhe der tariflichen Höchstbeträge zu haften hat. Anders kann nur dann zu entscheiden sein, wenn der Vertrag ergibt, daß — etwa zur Begrenzung des subjektiven Risikos — der Vmer in jedem Falle einen Selbstbehalt tragen soll. Der D r i t t e , der n i c h t Ver ist, m u ß s c h a d e n s e r s a t z p f l i c h t i g sein. Leistungen aufgrund eines sonstigen Rechtsverhältnisses zu einem Dritten, z. B. im Rahmen einer Unterhaltspflicht oder freiwillige Zuwendungen kommen hier nicht in Betracht und führen daher nicht zu einer Verkürzung der Leistungen des Vers (vgl. dazu Anm. G 39). Leistungen der Sozialver werden, soweit Heilbehandlung in Frage steht, zumeist in Form von Sachleistungen gewährt, indem der Ver diese auf seine Kosten unmittelbar zur Verfügung stellt. Insoweit entstehen dem Vmer keine Aufwendungen, für die er vom Privatver Leistungen verlangen könnte. Daneben kommen Barleistungen des Sozialvers in Frage, z. B. nach §§ 13, 14, 18, 29, 30, 37 (4), 38 (4), 57 SGB V. In dem Umfang, in welchem diese Sach- und Geldleistungen für Aufwendungen erbracht werden, für die auch der Krankenver eintreten müßte, d. h. Kongruenz gegeben ist, besteht kein Anspruch gegen diesen. Das folgt bereits aus dem besonders in § 55 normierten vsrechtlichen Bereicherungsverbot (LG Berlin 13.1.1977 VersR 1977 S. 661; Bd. II Anm. 6 - 9 zu § 55 S. 292-294). § 11 Ziff. 3 NoB schließt die Haftung des Kranken vers bei Bestehen einer k o n g r u e n t e n D e c k u n g d u r c h einen U n f a l l v e r aus. Hier kommt es — anders als nach Ziff. 2 — nicht darauf an, daß der Unfallver bereits geleistet hat. Unterliegt der Unfallvsvertrag den AUB in der zuletzt in VA 1980 S. 36 bekanntgegebenen Fassung, so taucht das Problem des Nebeneinanders mit der gleichartigen Subsidiaritätsklausel in § 8 VI (3) a (früher § 8 IV (3)a) AUB auf: Bei gleichzeitigem Bestehen einer Einzel-Krankheitskostenv ... wird Heilkostenersatz im Rahmen der Unfallv nur insoweit gewährt, als der Krankenver seine vertraglichen Leistungen voll erfüllt hat und diese zur Deckung der entstandenen Kosten nicht ausgereicht haben. Ist der Krankenver leistungsfrei oder bestreitet er seine Leistungspflicht, so kann der Vmer sich unmittelbar an den Unfallver halten. ...

Beide Ver wollen danach dem anderen den Vortritt lassen. Die Beurteilung solcher Kollisionsfalle ist umstritten, soweit nicht eine Auslegung der Klauseln ergibt, daß eine von ihnen den Vorrang hat (vgl. z. B. Bd. II Anm. 54 zu § 59 S. 495 f.; Martin SVR V 1 Nr. 17-32, VersR 1973 S. 691, 693-696; Vogel a. a. O. S. 568-579 jeweils mit weiteren Nachweisen). Ein solcher Vorrang gilt hier nur dann, wenn der Unfallver die Prämie wegen des Bestehens der Krankheitskostenv gemäß § 8 VI (3) a S. 3 AUB herabsetzt und damit deutlich macht, daß er insoweit keine Deckung für Heilkostenersatz mehr gewähren will, als der Krankenver Leistungen zugesagt hat. Solange das nicht geschieht, kann keiner der beiden konkurrierenden Klauseln ein Vorrang zuerkannt werden. Nach der wohl h. M. sind sie dann beide als unwirksam zu behandeln, so daß § 59 I und II 1 eingreift (Bd. II a. a. O.). Die Frage, ob eine Haftung des Unfallvers besteht (und der NoB-Ver daher gesamtschuldnerisch mit diesem haftet) muß ggf. im Rechtsstreit mit der Krankenver geklärt werden (ebenso Prölss-Martin22 Anm. 4 a zu § 11 AVK). K370

Wriede

Anm. |G 34]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Wegen der Bedeutung des in § 11 Nr. 3 S. 2 NoB aus § 2 (1) AUB übernommenen U n f a l l b e g r i f f s wird auf die Erläuterungen in Bd. VI 1 Anm. G 21 - 9 4 S. 244 - 314 verwiesen. Die in den §§ 2 (2) und (3) sowie 3 AUB behandelten Ein- und Ausschlüsse zum Unfallbegriff werden in den NoB nicht zitiert; sie gelten daher hier nicht. § 11 Ziff. 4 NoB betrifft — anders als Ziff. 2 a. a. O. — den Fall einer Konkurrenz mit noch nicht erbrachten A n s p r ü c h e n des V m e r s auf Heilbehandlung gegen einen S o z i a l v s t r ä g e r . Die AVB sprechen von einer „gesetzlichen Zwangsversicherung". Das ist im Hinblick auf die Wortwahl in § 192 I 2. Alt. VVG mißverständlich. Damit sind nicht Vsverhältnisse gemeint, die aufgrund von landesrechtlichen Vorschriften genommen werden müssen. Vielmehr bezieht sich die Bestimmung auf die kraft Gesetzes entstehenden Sozialvsverhältnisse. Ihre Träger sind, soweit Heilbehandlung in Frage steht (vgl. § 21 II SGB I), die Ortskrankenkassen (§§ 143-146 SGB V), die Betriebskrankenkassen (§§ 147 — 156 SGB V), die Innungskrankenkassen (§§ 157-164 SGB V), die Seekrankenkasse (§ 165 SGB V), die landwirtschaftlichen Krankenkassen (§ 166 SGB V), die Bundesknappschaft (§ 167 SGB V) und die Ersatzkassen (§§168 — 171 SGB V). Heilbehandlung wird ferner von den Trägern der gesetzlichen Unfallv gemäß §§ 22 SGB I 547, 556 f. RVO gewährt. Als solche kommen die in § 22 II SGB I genannten Berufsgenossenschaften und Kassen in Betracht. Auch diese sind unter den Begriff der „gesetzlichen Zwangsv" zu subsumieren. Zwar ist nicht der einzelne (Sozial)vte einem solchen Zwang unterworfen, sondern der Unternehmer, in dessen Gefahrenbereich jener Unfälle und Berufskrankheiten erleiden kann (vgl. im einzelnen §§ 539, 646 — 657 RVO). Darüber hinaus gewähren auch die Träger der gesetzlichen Rentenv Heilbehandlung (§§ 1235 Ziff. 1, 1236 RVO, 13 AVG, 34 I, 36 — 47 Reichsknappschaftsgesetz). Vsverhältnisse mit einem dieser Träger aufgrund einer sog. Vsberechtigung sind hier unbeachtlich, da sie auf freiwilligem Beitritt beruhen (§ 9 SGB V). Sofern danach Ansprüche gegen einen „Zwangsver" bestehen, ist die V e r p f l i c h t u n g des P r i v a t v e r s s o l a n g e n i c h t f ä l l i g , bis j e n e r seine V e r p f l i c h t u n g r e c h t s k r ä f t i g a b g e l e h n t hat. Das ist ggf. im Rechtsstreit gegen den Privatver festzustellen. Die a. a. O. genannte Alternative — der Sozialvsträger hat seine Leistung bereits gewährt — ist eine Ergänzung zu § 11 Ziff. 2 NoB, wonach der Privatver insoweit nicht haftet. Im übrigen wird seine Leistung erst fällig, wenn jener Träger geleistet hat. Die Beweislast für diese Voraussetzungen der mangelnden Fälligkeit (zur Fälligkeit im allgemeinen vgl. Anm. G 40) trifft den Ver, da er hier einen von der Norm des § 11 VVG abweichenden Tatbestand behauptet (vgl. Rosenberg S. 305 f.). Die Rechtskraft einer ablehnenden Entscheidung des Sozialvers kann auch eintreten, indem der Vte keinen Rechtsbehelf einlegt (§ 62 SGB X), obwohl dieser hätte Erfolg haben können. Ein solches Versäumnis ist gemäß §62 VVG zu beurteilen (vgl. Anm. F 63). Soweit § 11 Nr. 5 NoB dem entgegensteht, ist diese Bestimmung unwirksam (§ 68 a VVG). Im Zusammenhang mit der 2. Alternative ist § 11 VVG zu beachten, wonach die Fälligkeit noch weiter hinausgeschoben werden kann, wenn die „notwendigen Erhebungen" noch nicht abgeschlossen sind. Es ist Tatfrage, ob dem Ver zugemutet werden kann, diese Erhebungen schon im Vorwege durchzuführen, solange das Schicksal des Anspruchs gegen den Sozialver noch nicht geklärt ist. Handelt es sich nur um die Prüfung eingereichter Rechnungen über Behandlungskosten, ohne daß der Fall Anlaß für weitere Nachforschungen bietet — z. B. durch Einholen ärztlicher Gutachten —, wird jenem das eher zuzumuten sein, als wenn solche (mit Kosten verbundenen) Erhebungen sich als notwendig erweisen. Dabei sind auch die Erfolgsaussichten bei der Durchsetzung des Anspruchs gegen den Sozialver mit in Rechnung zu stellen. Wriede

Κ 371

Anm. [G 34]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Nach § 6 (3) a GrB KK und KH haftet der Ver nur für die (notwendigen) Aufwendungen, die trotz der Leistungen aus einer gesetzlichen Unfallv, aus einer Rentenv (vgl. dazu die oben zitierten sozialvsrechtlichen Bestimmungen) oder „einer sonstigen gesetzlichen Heilfürsorge" ungedeckt bleiben. Damit wird das Problem der Anwendbarkeit des § 59 I und II VVG bei Bestehen kongruenter Ansprüche gegen einen Privat- und einen der genannten Sozialver (vgl. dazu Bd. II Anm. 12 zu § 58 S. 416) dahin gelöst, daß der erstere hinsichtlich der verbleibenden „Spitze" nur subsidiär gegenüber dem letzteren haften soll. Diese Regelung ist zulässig, da § 59 I und II VVG nicht zwingend sind (BGH 13. X. 1971 VersR 1971 S. 1138; OLG Hamburg 19. IX. 1968 VersR 1968 S. 1077 mit Anm. von Schulz; Bd. II Anm. 46 zu § 59 S. 448). Als sonstige gesetzliche Heil- und Unfallfürsorge sind vor allem die aufgrund beamtenrechtlicher Fürsorgepflichten der öffentlichen Dienstherren, ζ. B. gemäß §§ 30 ff. Beamtenversorgungsgesetz, bestehenden Leistungen bei Dienstunfällen zu verstehen, die entweder in unmittelbarer Gewährung einer Heilbehandlung oder in der Erstattung der dafür aufgewandten Kosten bestehen (vgl. BGH a. a. O.; OLG Hamburg a. a. O.). Mit diesen aufgrund eines Dienstunfalls gewährten Leistungen eines öffentlichrechtlichen Dienstherren sind dessen B e i h i l f e l e i s t u n g e n nicht gleichzusetzen, die Ausfluß seiner ζ. B. in § 79 BBG normierten Fürsorgepflicht sind. Sie entspringen seiner allgemeinen Treupflicht gegenüber dem Beamten und seiner Familie im Interesse der Aufrechterhaltung seiner Dienstbereitschaft. Sie sind nicht wie jene durch Vorgänge im Rahmen des Dienstverhältnisses veranlaßt. Wegen des Einflusses von Beihilfeleistungen auf die Verpflichtungen des Vers vgl. Anm. G 39. Bei Kongruenz falliger Leistungen eines privaten Krankenvers und einer gesetzlichen Krankenkasse (Kongruenz im weiteren Sinne, da der Sozialver anders als der Privatver vielfach keine Geld- sondern Naturalleistungen gewährt — zum Begriff s. unten) bestimmen §§ 6 (2)d GrB KK und 6 (2)c S. 3 GrB KH, daß dem Vmer/Vten freigestellt ist, einen der mehreren Ver in Anspruch zu nehmen. Er kann daher auch von beiden Teilleistungen fordern, ζ. B. die vom Sozialver nicht gedeckten Kosten einer Zahnbehandlung nebst Zahnersatz vom Privatver oder bei Bestehen einer Krankenhauskostenv die von jenem nicht ersetzten Aufwendungen für eine bessere Pflegeklasse (vgl. BGH 14. VII. 1977 VersR 1978 S. 271). Das alles gilt aber nur im Rahmen des vsrechtlichen Bereicherungsverbots (vgl. Bd. II Vorbem. 45 vor §§49 — 80 S. 29 — 31, Anm. 8 zu § 55 S. 293). Der Ausdruck „gesetzliche Krankenkasse" läßt Zweifel aufkommen, ob auch Leistungen aufgrund einer Vsberechtigung gemäß § 9 SGB V darunter fallen. Das wird man angesichts dieser Regelung annehmen müssen, da sie den Krankenkassen die Befugnis zur Gewährung dieses Vsschutzes einräumt. §§ 6 (2)d GrB KK und 6 (2)c GrB KH setzen bei alledem voraus, daß der Ver dem zweiten Vertrag zugestimmt bzw. von dem gesetzlichen Vsverhältnis Kenntnis hat. Damit soll ersichtlich auf die in §§ 6 (2) a und b GrB KK und 6 (2) a GrB KH normierten Obliegenheiten hingewiesen werden (vgl. dazu Anm. F 48 — 50). Fehlt es an dieser Voraussetzung und hat der Ver von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht, etwa weil der Tatbestand des § 61 nicht gegeben war oder er die Kündigungsfrist versäumt hat, so werden die Ansprüche des Vmers/Vten dadurch — etwa im Rahmen der §§ 55, 591 — nicht beeinträchtigt. Seine Rechtsstellung gegenüber dem zweiten Ver oder Vsträger wird davon ohnehin nicht berührt. §§ 58, 59 II sind bei gleichzeitigem Bestehen von Ansprüchen gegen Privat- und Sozialver nicht anzuwenden. Denn das VVG bezieht sich nicht auf Vsverhältnisse mit letzteren. Deren Rechtsverhältnisse untereinander sind allein in den sozialvsrechtlichen Bestimmungen geordnet (s. §§ 102 ff. SGB X). Als weiterer Ver im Sinne der §§ 58 f. kommen nur Privatver — das können auch öffentlich-rechtliche Körperschaften sein (§ 192 II) K372

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 34]

- in Betracht (LG Karlsruhe 15. V. 1968 VA 1969 Nr. 516 S. 109 f.; Lauterbach Rz 7 zu §1504; Prölss-Martin Anm. 1 zu §58). Ein interner Leistungsausgleich findet daher nicht statt, sofern nicht Teilungsabkommen mit entsprechendem Inhalt abgeschlossen worden sind. Es besteht vielmehr eine unechte Gesamtschuld. Der Ver oder Vsträger, der zuerst leistet, hat insoweit die Aufwendungen des Vmers/Vten endgültig zu tragen (Bd. II Anm. 12 zu § 58 S. 416). Nach Ansicht des LG Köln (24. V. 1976 VersR 1978 S. 224; ebenso Bach-Moser Rz 69 zu § 5 MB KK) soll die Subsidiaritätsklausel auch dann gelten, wenn der Vmer die vom Sozialvsträger angebotene Leistung — stationäre Tbc-Behandlung in Deutschland — nicht in Anspruch nimmt, sondern ein Tbc-Krankenhaus in der Schweiz aufsucht. Dabei wird verkannt, daß der Vmer gemäß § 4 (4) MB KK, der hier anwendbar war, die freie Wahl unter den dort näher bezeichneten Krankenhäusern hatte und sein Leistungsanspruch nur insoweit eingeschränkt war, als der Sozialvsträger tatsächlich leistet. Der Ver kann den Vmer nicht auf eine Auseinandersetzung mit diesem verweisen, wenn er der Ansicht ist, dieser verweigere seine Leistungen zu Unrecht. Der Standpunkt des LG ist entgegen seiner Ansicht auch nicht mit der Erwägung zu begründen, daß der Vmer durch sein Verhalten seinen Anspruch gegen den Sozialvsträger ohne Zustimmung des Vers aufgegeben habe. Dazu zitiert es § 11 Ziff. 5 NoB, obwohl dem Vertrag die MB KK zugrunde lagen, die in § 11 S. 3 eine entsprechende Bestimmung enthalten. Es übersieht, daß diese Klauseln dem § 671 3 nachgebildet sind, der sich auf Schadensersatzansprüche bezieht. Ein solcher Anspruch bestand hier gar nicht. Es kommt jedoch ein Verstoß gegen die Minderungsobliegenheit des § 62 in Betracht (Anm. F 63). § 5 (3) MB KK entspricht inhaltlich dem § 6 (3) a GrB KK und KH. Auf die obigen Erläuterungen hierzu kann daher verwiesen werden. Die Rechtslage bei gleichzeitigem Bestehen kongruenter Ansprüche gegen eine gesetzliche Krankenkasse oder Ersatzkasse ist in den AVB nicht geregelt. Beide Ansprüche bestehen daher uneingeschränkt nebeneinander, jedoch hinsichtlich der Forderungen gegen den Privatver mit den Einschränkungen, die sich aus dem vsrechtlichen Bereicherungsverbot ergeben. Es gilt praktisch das zu § 6 (2) d GrB KK Ausgeführte. Als Leistungen der gesetzlichen Renten- oder Unfallvsträger kommen hier nur solche in Betracht, die in einer Heilbehandlung bestehen, da nur diese mit den Leistungen der PKV kongruent sein können. K o n g r u e n z im Sinne dieser Ausführungen bedeutet, daß die Leistungen der mehreren Ver oder Vsträger sich auf dieselbe Heilbehandlung wegen derselben Krankheit oder Unfallfolge in derselben Zeit beziehen, und zwar sind die sich aus den Tarifen ergebenden Positionen der mehreren Privatver einander gegenüberzustellen und ist danach zu berechnen, inwieweit durch die von einem der Ver gewährten Leistungen der tatsächliche unter diese Position fallende Aufwand des Vmers/Vten durch die Leistungen des anderen nicht gedeckt ist (ebenso Ohrt S. 102). Sinngemäß ist gegenüber Leistungen eines Sozialvsträgers zu verfahren. Die Wirksamkeit von Subsidiaritätsklauseln ist — insbesondere im Hinblick auf die Grundsätze einer I n h a l t s k o n t r o l l e von A G B — nicht in Frage gestellt worden. Sie können zwar für den Vmer zu einer Erschwerung und Verzögerung beim Verfolgen seiner Leistungsansprüche führen, wenn einer oder mehrere der dafür in Anspruch genommenen Ver oder sonstigen Stellen deren Berechtigung unter Hinweis auf Subsidiaritätsklauseln verweigern. Im Rechtsstreit kann dem durch Streitverkündung gemäß §§ 72 ff. ZPO jedenfalls z. T. abgeholfen werden. Auf der anderen Seite bewirken die Klauseln aber eine Verbilligung des Vsschutzes, wie § 8 VI (3) a S. 3 AUB (für deren Anwendungsbereich) deutlich macht. Die Beweislast für das Eingreifen der Subsidiaritätsklausel trifft den Ver. Wriede

Κ 373

Anm. [G 35]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

[G 35] ξξξ) Pflegebedürftigkeit und Verwahrung Der Begriff der P f l e g e b e d ü r f t i g k e i t wird in den hier erläuterten AVB nicht näher bestimmt. Dieser Befund wird im wesentlichen übereinstimmend in §§ 558 (1) RVO, 267 (1) S. 3 LAG und in § 68 (1) BSHG dann als gegeben angenommen, wenn jemand infolge Krankheit oder Behinderung so hilflos ist, daß er nicht ohne Wartung und Pflege sein kann. Hilflosigkeit besteht, wenn der Betroffene für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens in erheblichem Umfang der Hilfe anderer bedarf (§ 69 (3) S. 1 BSHG; Aye-Göbelmann-MüllerSchiekel Anm. 6 zu § 558 RVO; Knoop-Fichtner, Bundessozialhilfegesetz 6. Aufl. 1988, Rz 7 zu § 68; Harmening, Lastenausgleich, Rz 8 zu § 267). An diese Definitionen schließt sich der Begriff der Pflegebedürftigkeit in § 1 (2) S. 2 und (3) der Musterbedingungen für die Pflegekrankenv (VA 1985 S. 252) an. Sie ist gegeben, wenn die vte Person so hilflos ist, daß sie nach objektivem medizinischem Befund für die Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens — das sind Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Einnehmen von Mahlzeiten und Getränken, Stuhlgang und Wasserlassen — in erheblichem Umfang täglich fremder Hilfe bedarf. Hilfeleistungen dieser Art — ζ. B. in einem Krankenhaus — gehören nicht zur medizinisch notwendigen Heilbehandlung (Anm. G 8), außer wenn es sich um einen vorübergehenden Zustand, etwa nach schwerer Erkrankung oder Operation, handelt. Wenn § 15 Ziff. 5 Nob u. a. „Kosten für Pflegepersonal" als nicht unter den Vsschutz fallend bezeichnet, so kann das — im Sinne der Überschrift des § 15 — ein echter Leistungsausschluß sein, sofern die erbrachte Pflegeleistung im Rahmen einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung, ζ. B. bei ambulanter Behandlung in der Wohnung oder in einem Ferienhotel, geboten war. Handelt es sich dagegen lediglich um die Pflege oder Versorgung hilfloser gebrechlicher Personen, so hat diese Bestimmung — materiellrechtlich — nur klarstellenden Charakter in Ergänzung des Begriffs der notwendigen Heilbehandlung (Anm. G 8). In prozessualer Hinsicht wird durch die Vereinbarung dieser Klausel unter der Überschrift „Leistungsausschluß" Unklarheit (in bezug auf die Darlegungs- und Beweislast) geschaffen, die mit Hilfe der Unklarheitenregel (jetzt in § 5 AGBG normiert) gegen den Ver zu lösen ist. Bei Geltung des § 5 (1) h MB KK sollen nur die durch die Pflegebedürftigkeit oder Verwahrung veranlaßten K o s t e n einer U n t e r b r i n g u n g von der Leistungspflicht des Vers ausgenommen sein. Im Hinblick darauf, daß nach den MB KK 1966 u. a. auch eine durch Pflegebedürftigkeit bedingte Behandlung generell nicht unter den Vsschutz fiel, diese Einschränkung in den MB KK 1976 jedoch nicht mehr enthalten ist, könnte darin auf den ersten Blick eine Erweiterung des Vsschutzes über die primäre Gefahrbeschreibung des § 1 (2) S. 1 MB KK hinaus gesehen werden, daß nämlich Maßnahmen der sog. B e h a n d l u n g s p f l e g e — z. B. Versorgung mit schmerzlindernden, beruhigenden oder stabilisierenden Medikamenten, dem gleichen Zweck dienende physikalische Behandlung, künstliche Beatmung oder Ernährung, Verbandswechsel — nunmehr vom Vsschutz umfaßt werden (z. T. a. A. OLG Stuttgart 22. XII. 1977 VersR 1979 S. 712). Insoweit liegt jedoch lediglich ein Wegfall des früheren (echten) Leistungsausschlusses vor. Maßnahmen dieser Art fallen, wie in Anm. G 8 ausgeführt, ohnehin unter den Begriff der medizinisch notwendigen Heilbehandlung (LG Lübeck 31. VII. 1987 VersR 1988 S. 823; Bach-Moser Rz60f. zu § 5 MB KK; Bd. V/2 Anm. G 98 S. 845). - Die Bestimmung gilt nicht für die Unterbringungs- insbesondere Krankenhauskosten, die anläßlich der zur Pflegebedürftigkeit führenden Krankheit oder des Unfalls entstanden sind, auch wenn die Behandlung kein günstigeres Ergebnis als eben die Pflegebedürftigkeit erzielt hat. Nur die durch diese über die Heilbehandlung hinaus bedingten Kosten der Unterbringung sind davon ausgenommen, nicht auch die einer Heilbehandlung, welche K374

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. (G 35]

ohne die wegen Hilflosigkeit oder Verwahrung (s. nachstehend) erforderliche Unterbringung bei medizinisch notwendiger ambulanter oder stationärer Behandlung entstanden wären. Außer wegen Pflegedürftigkeit kommt eine Unterbringung wegen V e r w a h r u n g in Betracht. Diese kann aus sehr verschiedenen Gründen stattfinden. Soweit Krankheitszustände hierfür mitbestimmend sind, kann sie ζ. B. nach den Bestimmungen des Bundesseuchengesetzes vom 18. VII. 1961 (BGB1I S. 1012) in der Neufassung vom 18. XII. 1979 (BGBl I S. 2248, 2263), des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 27. VII. 1953 (BGBl I S. 700) oder der Landesgesetze über die Unterbringung Geisteskranker, Geistesschwacher, alkohol- und rauschgiftsüchtiger Personen angeordnet werden (vgl. hierzu die Übersicht bei Maunz-Dürig, Grundgesetz Rz 18 zu Art. 104). Denkbar ist auch eine Verwahrung zum eigenen Schutz des Betroffenen — außer bei Suicidgefahr — etwa bei Kindern mit angeborenem Immundefekt. In diesen Fällen sind die allein durch die Verwahrung entstehenden Kosten nicht gedeckt. Das sind die A u f w e n d u n g e n f ü r d a s Verweilen u n d B e t r e u e n des B e t r o f f e n e n a u ß e r h a l b s e i n e r W o h n u n g , selbst wenn das medizinisch geboten ist wie etwa bei Bestehen eines Immundefekts. Für die daneben etwa erforderliche Heilbehandlung, deren Kosten von denen der Verwahrung — notfalls durch Schätzung — abgegrenzt werden können, haftet der Ver im Rahmen des Vertrages. Als U n t e r b r i n g u n g ist das auf unbestimmte Zeit beabsichtigte Verweilen des Betroffenen außerhalb seiner üblichen Wohnung — ggf. abgeschirmt von der Außenwelt — zu verstehen, durch das ihm oder Dritten — z. B. seinen Angehörigen oder der Sozialfürsorge — zumeist Kosten erwachsen, die über die für seinen bisherigen Lebensunterhalt entstandenen Aufwendungen hinausgehen, insbesondere durch die Notwendigkeit seiner Betreuung in einer Pflegeeinrichtung. Zum Begriff einer Heil- und Pflegeanstalt hat der BGH (11. III. 1970 VersR 1970 S. 435, 436) ausgeführt: Während nach allgemeinem Sprachgebrauch unter „Krankenhaus" eine Anstalt zu verstehen sei, die der Behandlung eines akuten Leidens für eine absehbar beschränkte Zeit durch eine planmäßige ärztliche Einwirkung diene, habe éine Heil- und Pflegeanstalt die Aufgabe, einen regelwidrigen Zustand von unbestimmbarer Dauer durch Gewährung von Beruhigungs- und Stärkungsmitteln oder Ähnlichem zu beeinflussen. Unter Heil- und Pflegeanstalt für Geistes- und Nervenkranke seien daher Anstalten zu verstehen, die solche Kranken — und zwar vor allem in den bei ihnen mit besonderen Sicherungseinrichtungen versehenen geschlossenen Abteilungen — zu verwahren und zu betreuen hätten. Der auch bei ihnen möglichen Heilung komme im Hinblick auf die insoweit beschränkten Einrichtungen nur eine untergeordnete Rolle zu. Diese Auffassung orientiert sich offenbar an früheren Vorstellungen über die Aufgabe von sog. Irrenhäusern. Sie ist mit den heutigen Möglichkeiten der therapeutischen Beeinflussung von Geisteskranken nicht zu vereinbaren. Während solche Anstalten früher mehr dem Schutz der Allgemeinheit und der Betroffenen vor sich selbst dienten, steht jetzt deren Heilung im Vordergrund. Neuzeitliche Heil- und Pflegeanstalten unterscheiden sich daher wenig von allgemeinen Krankenhäusern. Nur für unruhige Kranke sind noch Sicherungsmaßnahmen erforderlich (vgl. z. B. Brockhaus Enzyklopädie 17. Aufl. 1969 8. Bd. S. 298 f.). Die - notfalls zu schätzenden — von den Kosten der Unterbringung abzugrenzenden Aufwendungen für eine solche Heilbehandlung fallen schon nach der primären Gefahrbeschreibung unter die Leistungspflicht des Vers. Kosten für die Behandlung von Krankheiten — auch Unfällen —, die durch die Unterbringung als solche (mit)verursacht werden, sind dagegen vom Vsschutz ausgenommen, da hier ein ausgeschlossener Umstand Wriede

Κ 375

Anm. [G 36]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

die (bei anderer Verursachung eingeschlossenen) Aufwendungen (mit)herbeigeführt hat (vgl. Anm. G 36). Die in § 5 ( l ) h MB KK normierte Herausnahme der sog. Grundpflege aus dem Vsschutz beinhaltet lediglich eine K l a r s t e l l u n g , da Maßnahmen dieser Art, wie ausgeführt, schon begrifflich nicht zu einer Heilbehandlung gehören. Die Darlegungsund Beweislast würde danach den Vmer treffen. Da jedoch die Bestimmung ausdrücklich als Leistungsausschluß bezeichnet wird, bewirkt diese Fassung im Hinblick auf die Unklarheitenregel (§ 5 AGBG) eine Umkehr der Beweislast zu ungunsten des Vers. Diese Leistungsbegrenzung ist weder überraschend noch unangemessen im Sinne der Grundsätze über eine I n h a l t s k o n t r o l l e von AGB. Pflege und Wartung von Hilfsbedürftigen können unübersehbare Kosten verursachen, die den Rahmen einer „normalen" Krankenv sprengen. Entsprechender Vsschutz wird in neuerer Zeit in Form einer Pflegekranken- oder -lebensv angeboten. [G 36] δ) Konkurrenz eingeschlossener und nicht gedeckter sowie ausgeschlossener Gefahrumstände Schrifttum: Binz, Mitwirkung fremder Schadensursachen in der privaten Unfall- und Krankenv, Berner Dissertation 1951; Gruneke, Vte Gefahr und Anzeigepflicht in der Privaten Krankenv, Kölner Dissertation 1965, Herdt, Die mehrfache Kausalität im Vsrecht, Karlsruhe 1978, S. 88-116, Martin VersR 1972 S. 754-757, Wriede VersR 1964 S. 177.

Die Verwirklichung der vten Gefahr, der Vsfall (vgl. Anm. G 38), ist zumeist auf eine Vielzahl adäquater Ursachen zurückzuführen. Wirken dabei Umstände mit, die nach dem Vertragsinhalt nicht gedeckt oder gar von der Gefahrtragung ausgeschlossen sind, so stellt sich die Frage, ob gleichwohl ein Vsfall gegeben ist und der Ver daher haften muß. Wie in den Anm. G 8 und 9 ausgeführt, tritt der Vsfall in der Krankenheitskostenv nach den hier erläuterten AVB regelmäßig mit Beginn einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung ein. Diese Notwendigkeit kann durch eine Erkrankung oder einen Unfall veranlaßt sein, d. h. durch Umstände, die ihrerseits auf sehr unterschiedlichen Ursachen beruhen können. Die primäre Gefahrbeschreibung — die medizinisch notwendige Heilbehandlung — erwähnt diese Ursachen nicht. Sie können Gegenstand von Risikoausschlüssen sein (vgl. Anm. G 18 — 27). Es kann sich aber auch um Umstände handeln, die vom Vertrag nicht im Sinne von ein- oder ausgeschlossen erfaßt werden. Auch ist es denkbar, daß nach dem Vertragsinhalt nicht die Behandlungskosten jeder Erkrankung oder Unfallfolge unter die Gefahrtragung fallen sollen. So kann die Deckung etwa auf die Behandlung bestimmter Erkrankungen, ζ. B. Zahnbehandlung, beschränkt sein. In solchen Fällen kann es zweifelhaft sein, ob Vsschutz auch dann gegeben ist, wenn — im Beispiel — andere als Zahnerkrankungen die Zahnschäden (mit)verursacht haben. Es ist indessen allgemein anerkannt, daß bei Z u s a m m e n t r e f f e n g e d e c k t e r u n d n i c h t g e d e c k t e r (d. h. im V e r t r a g ü b e r h a u p t n i c h t e r w ä h n t e r ) G e f a h r u m s t ä n d e , die zur Gefahrverwirklichung führen, ein haftungsbegründender Vsfall eintritt (Bd. II Anm. 151 zu §49 S. 155 f., Anm. 153 zu §49 S. 157; Herdt a. a. O. S. 115). Dabei ist es gleichgültig, ob der nicht gedeckte Umstand für den eingeschlossenen oder umgekehrt der eingeschlossene für den nicht gedeckten Umstand ursächlich war (sog. Generationsverhältnis) — im letzteren Sinne die gedeckte Zahnerkrankung zu einer (nicht gedeckten) Infektion geführt hat — oder ob nur beide Ursachen zusammen den Erfolg herbeigeführt haben (komplementäre Verursachung). Denn in jedem Falle war der gedeckte Umstand für den Eintritt des befürchteten Geschehens, den Vsfall, (mit)bestimmend. Ebenso ist es, wenn beide K376

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 371

Umstände unabhängig von einander hierzu geführt haben (Bd. II a. a. O.; PrölssMartin Anm. 4 A zu § 49). Wenn jedoch ein bestimmter Umstand der zum Vsfall führenden Kausalkette oder ein unabhängig davon hinzutretender ausdrücklich von der in der primären Gefahrbeschreibung definierten Gefahrtragung durch eine A u s s c h l u ß k l a u s e l herausgenommen worden ist, so ist zu unterscheiden (vgl. Wriede a. a. O.; Sieg VVR S. 149): Hat der ausgeschlossene Umstand an irgendeiner Stelle der Kausalkette mitgewirkt, so entfällt die Haftung des Vers (OLG Hamm 9. X. 1974 VersR 1975 S. 631; BGH 17. IX. 1975 VersR 1975 S. 1035 - Revisionsentscheidung zu OLG Hamm — : durch medizinische Behandlung einer WD Β herbeigeführte Sucht begründet keinen Vsfall, auch wenn Umweltfaktoren dazu beigetragen haben; der BGH stellt dabei allerdings auf eine Auslegung der Ausschlußklausel ab; KG 31. V. 1956 DAR 1956 S. 218 f.). Das gleiche gilt, wenn der ausgeschlossene Umstand zwar nicht im Generationsverhältnis steht, wohl aber unabhängig von der Kausalkette — gleichsam von außen — hinzugetreten ist. Denn in beiden Fällen wäre es ohne den ausgeschlossenen Umstand nicht zum Vsfall gekommen und gerade darauf zielt die Ausschlußklausel. Umstritten ist dagegen der Fall, daß zwei von e i n a n d e r u n a b h ä n g i g e U m s t ä n d e , von welchen nur der eine von der Gefahrtragung durch Ausschlußklausel ausgenommen ist, jeder für sich den Vsfall herbeigeführt haben. OLG Hamburg (17. X. 1963 VersR 1964 S. 34) hatte darüber zu entscheiden, ob eine Haftung gegeben war, wenn der Patient sowohl wegen einer ausgeschlossenen Alkoholsucht als auch wegen einer gedeckten Tbc stationär behandelt werden mußte. Es will die Ausschlußklausel nur dann eingreifen lassen, wenn die Alkoholsucht allein ursächlich gewesen wäre. Es geht m. a. W. ähnlich wie der BGH a. a. O. dem Problem der konkurrierenden Kausalität durch eine Auslegung der AVB aus dem Wege. Die gegenteilige Ansicht — die Ausschlußklausel verdrängt die gedeckte Mitursache — wird von Möller (Bd. II Anm. 153 zu §49 S. 157) im Anschluß an Prölss15 (Anm. 4 zu §49) und KG (2. XI. 1959 VersR 1960 S. 589) vertreten (offenbar ebenso mit unklarer Begründung Herdt a . a . O . S. 110f.). Eine vermittelnde Ansicht vertritt Gruneke (a. a. O. S. 85): Bei Überwiegen der eingeschlossenen Ursache hafte der Ver, ebenso bei gleicher Ursächlichkeit. Uberwiege die ausgeschlossene entfalle seine Leistungspflicht. Diese Ansichten befriedigen nicht, da sie entweder den Vmer oder den Ver unbillig bevorzugen und dem auch vom OLG Hamburg a. a. O. mißbilligten „Allesoder-Nichts-Prinzip" erneut zum Durchbruch verhelfen. Vielmehr scheint die Heranziehung des in §§ 59 II 1 VVG und 2541 BGB zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedankens geboten, wonach eine Herabsetzung der Vsleistung entsprechend dem Grade der Ursächlichkeit des eingeschlossenen und des ausgeschlossenen Umstandes in Betracht kommt (LG Hannover 20. X. 1982 VersR 1984 S. 930; Wriede a. a. O.; ähnlich Sieg VVR S. 149). Die Höhe der danach zuzubilligenden Leistung ist gemäß § 287 ZPO zu schätzen (LG Hannover a. a. O.). [G 37] ε) Darlegungs- und Beweislast, Beweisführung Die D a r l e g u n g s - u n d Beweislast f ü r d a s V o r l i e g e n einer K r a n k h e i t o d e r von U n f a l l v e r l e t z u n g e n u n d d e r d e s w e g e n b e s t e h e n d e n m e d i z i nischenNotwendigkeit ihrer ambulanten oder stationären Heilbehandl u n g dem Grunde und dem Umfang nach o b l i e g t dem V m e r / V t e n (OLG Hamm 21. VII. 1982 VersR 1983 S. 385, 386; OLG Hamburg 2. V. 1978 MedR 1983 S. 27; OLG Frankfurt 15. X. 1980 VersR 1981 S. 451; LG Nürnberg-Fürth 16.1.1979 VersR 1979 S. 1097; LG Berlin 8. III. 1979 VersR 1980 S. 35 f.; LG Bielefeld 25. VI. 1980 VersR 1981 S. 371; Bach-Moser Rz 19 zu § 1; z.T. a. A. Walther NJW Wriede

Κ 377

Anm. [G 37]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

1982 S. 2592 — vgl. dazu Anm. G 33). Dazu gehört ggf. auch der schlüssige Vortrag und notfalls Beweis, daß Symptome aufgetreten seien, die einen dahingehenden (objektiv nicht begründeten) Verdacht gerechtfertigt hätten (vgl. Anm. G 6). — Zum N a c h w e i s e i n e r U n f a l l v e r l e t z u n g gehören nicht die Tatbestandsmerkmale eines Unfallbegriffs, etwa nach der Definition des § 2 (1) AUB. Es genügt auch hier der Beweis des Vorliegens einer Körperverletzung oder sonstigen Gesundheitsbeschädigung. Demgegenüber kann der Ver, der deren Unfreiwilligkeit bestreitet, nur vorsätzliche Herbeiführung geltend machen (§§ 15 Ziff. 4 NoB, 4 (9) GrB KK, 4 (8) GrB KH, 4 (7) GrB KT, 5 ( l ) b MB KK und KT). Der Nachweis einer (mit Vorsatz nicht notwendig identischen) Unfreiwilligkeit (etwa analog § 180 a) genügt nicht. Der Vmer muß allerdings im Rechtsstreit den Hergang des Unfallgeschehens detailliert darlegen (nicht beweisen), damit der Ver Gelegenheit hat, seinen Einwand zu überprüfen (ähnlich OLG Hamm 19. XII. 1980 VersR 1981 S. 925). Ferner sind H ö h e u n d U m f a n g der A u f w e n d u n g e n zu belegen (vgl. Anm. F 61). Die AVB und die Tarife enthalten zumeist nähere Bestimmungen über die insoweit zu präsentierenden Unterlagen (vgl. §§ 14 Ziff. 1 NoB, 4 (5) GrB KK, 4 (4) GrB KH und KT, 6 (1) MB KK und KT). Die im Tarif enumerativ aufgeführten Leistungszusagen konkretisieren den Inhalt der allgemeinen Leistungspflicht (Anm. G 9); ihre Voraussetzungen unterliegen der Darlegungs- und Beweislast des Vmers/Vten. Dem Beweisführer stehen im Streitfalle grundsätzlich alle prozessual zulässigen Beweismittel zur Verfügung. Hierfür kommen in erster Linie die Aufzeichnungen und Rechnungen der in Anspruch genommenen Behandler und deren Zeugnis in Betracht, ferner Gutachten gerichtlich bestellter Sachverständiger, die ihrerseits die Unterlagen der Behandler für die Erfüllung ihres Auftrags brauchen und welchen sich die betreffenden Gefahrspersonen, soweit jene das für erforderlich halten, zu einer Untersuchung stellen. Bei alledem ist die ä r z t l i c h e S c h w e i g e p f l i c h t zu beachten (vgl. hierzu Anm. F 26, ferner Laufs, Arztrecht S. 104—120; Rieger Rz 1617-1664). Ihr entspricht § 383 I Nr. 6 ZPO, wonach u. a. Ärzte, Zahnärzte und Heilpraktiker wegen der unter ihre Verschwiegenheitspflicht fallenden Tatsachen ein Zeugnisverweigerungsrecht haben. Es entfallt, wenn der betreffende Patient den Behandler hiervon befreit (§ 385 II ZPO). Die dahingehende Erklärung kann gegenüber dem Behandler, im Rechtsstreit aber auch gegenüber dem Gericht oder dem Prozeßgegner abgegeben werden. Der Prozeßbevollmächtigte ist dazu aufgrund seiner Prozeßvollmacht nicht berechtigt, da es sich um ein höchstpersönliches Recht des Patienten handelt (vgl. z. B. Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann Anm. 2 c zu § 385). Eine Weigerung, die Befreiung zu erklären, kann im Rahmen der dem Gericht obliegenden freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) von Bedeutung sein. Die Erklärung muß sich auf konkrete Vorgänge beziehen. Eine globale Erklärung, wie von den Vern vielfach schon bei Antragstellung gefordert, ist nicht zulässig (vgl. im einzelnen Anm. F 25 — 26) und entbindet daher nicht von der Verschwiegenheitspflicht. Auch außerhalb eines Rechtsstreits hat ein Patient nach der neueren Rechtsprechung des BGH (23. XI. 1982 BGHZ Bd. 85 S. 327-339 und S. 339-346) Anspruch auf Einsichtnahme in die ihn betreffenden Krankenunterlagen, soweit diese Aufzeichnungen objektive physische Befunde und Berichte über Behandlungsmaßnahmen (Medikamention, Operationen etc) betreffen (ebenso z. B. MünchKomm-Keller Rz 15 —16 a zu § 260). Das soll allerdings nicht bei psychiatrischer Behandlung gelten. Diese Einschränkung, die aus medizinischer Sicht — damit begründet der BGH diese Einschränkung — verständlich erscheint, würde jedoch dem Betroffenen die Möglichkeit seiner Beweisführung erschweren. Ggf. muß daher insoweit ein Gebrechlichkeitspfleger gemäß § 1910 II und III BGB bestetlt werden, dem die Einsichtnahme nicht verwehrt werden kann. K378

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. |G 37]

Verweigert eine mit dem Vmer/Vten nicht identische Gefahrsperson die Entbindung von der Schweigepflicht, so ist dieses Verhalten jenen analog §§161, 179 IV zuzurechnen; es kann daher insoweit zum Wegfall der Leistungspflicht führen. Dem Ver o b l i e g t d e r N a c h w e i s , daß die Voraussetzungen eines (echten) R i s i k o a u s s c h l u s s e s gegeben sind. Dabei kann es, wie in Anm. G 9 und 18 erörtert, bedeutsam sein, ob einzelne die Gefahrtragung betreffende Klauseln lediglich der Klarstellung des Umfangs der primären Gefahrbeschreibung dienen oder Ausschlußklauseln enthalten. Je nachdem trifft die Beweislast den Vmer/Vten oder den Ver. Insoweit wird auf die Ausführungen zu den einzelnen Risikoausschlüssen verwiesen (Anm. G 1 9 - 3 5 ) . Zur Führung eines Beweises genügt gelegentlich ein Beweis des e r s t e n A n s c h e i n sDas ist dann möglich, wenn ein Sachverhalt (unstreitig) vorliegt oder nachgewiesen wird, der nach allgemeiner Lebenserfahrung den Schluß zuläßt, daß eine bestimmte Ursache einen bestimmten Erfolg hatte oder ein bestimmter Lebensvorgang vorgelegen hat (Rosenberg-Schwab § 114 Ziff. II 1. —3.). Sache des Beweisgegners ist es dann, diese Vermutung durch Tatsachen (die er ggf. beweisen muß) zu entkräften, die der zugrundegelegten Lebenserfahrung im konkreten Fall entgegenstehen (vgl. z. B. Rosenberg-Schwab a. a. O. Ziff. II 4). Hat das Erfolg, so trifft die primär beweispflichtige Partei die volle Beweislast. Gelegentlich betreffen beweispflichtige Tatsachen V o r g ä n g e , die sich in d e r L e b e n s s p h ä r e des G e g n e r s zugetragen haben, die der Beweisführer nicht kennt und selbst bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht kennen kann. Das kann z. B. der Fall sein, wenn man mit der hier vertretenen Ansicht (Anm. G 33) bei Anwendung der sog. Übermaßklauseln den Ver für beweispflichtig hält, daß eine Heilbehandlung das notwendige Maß überschritten hat. Hier kann der Ver mangels eigener Kenntnis des Behandlungsabiaufs nur an Hand äußerer Tatsachen, insbesondere der ihm vorgelegten Rechnungen, lediglich die Vermutung aussprechen, daß ein Übermaß vorliegt. Das ist prozessual ausreichend, sofern die behauptende Partei diese Vermutung nicht willkürlich „ins Blaue hinein" aufstellt (vgl. BGH 14. III. 1968 NJW 1968 S. 1233). Dann trifft die andere Partei, hier den Vmer/Vten - wenn nicht schon gemäß § 34 VVG aufgrund entsprechenden Verlangens des Vers (Anm. F 61) — wegen seiner prozessualen Förderungspflicht die Darlegungslast, den ihm bekannten oder von seinem Behandler zu erfragenden Sachverhalt in ihm zumutbaren Rahmen im einzelnen darzulegen, so daß dem Ver eine Nachprüfung des Vorgangs möglich wird. Gelingt diesem der Beweis des Übermaßes nicht oder bleibt die Frage unklar, so hat er den Nachteil der Beweislosigkeit zu tragen; er wird mit seinem Einwand nicht gehört (vgl. BGH 19. V. 1958 NJW 1958 S. 1188 für den insoweit ähnlichen Fall der Verwirkung; AG Köln 12. IV. 1984 VersR 1984 S. 1062). Die AVB, vor allem die unternehmensspezifischen Tarife, enthalten oft nähere Regeln darüber, in welcher Form der Vmer seinen Leistungsanspruch nachweisen soll. § 14 Ziff. 1 NoB fordert die Vorlage der Originalrechnungen mit näheren Angaben über die behandelten Personen, Art und Zeit der durchgeführten Behandlungen und Bezeichnung der Krankheiten sowie der ausgeführten Rezepturen. Damit hat der Vmer in aller Regel seiner Darlegungs- und ggf. Beweislast genügt. Hält der Ver diese Urkunden inhaltlich für unrichtig, so trifft ihn angesichts dieser Regelung, die u. a. eine Beweiserleichterung für den Vmer darstellt, dafür die Beweislast (OLG Hamm 8. VII. 1977 VersR 1978 S. 614 f.), so daß ggf. der Vmer Eintritt und Umfang des Vsfalls voll beweisen muß. Entsprechendes gilt für ähnliche Tarifbestimmungen (vgl. z. B. die von OLG Hamm 31.1.1979 VersR 1980 S. 136 zitierte Klausel). Nach § 4 ( 5 ) GrB KK, 4(4) GrB KH und KT ist der Ver „zur Leistung nur verpflichtet, wenn ihm die im Tarif geforderten Nachweise erbracht sind". D i e s e Wriede

Κ 379

Anm. IG 37]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

B e s t i m m u n g v e r s t ö ß t einerseits in ihrer Rigorosität („zur Leistung nur verpflichtet") gegen die zugunsten des Vmers zwingenden Bestimmungen der §§ 6 I I I , 34 II und e n t h ä l t auf der anderen Seite eine B e w e i s e r l e i c h t e r u n g zu seinen Gunsten. Die Leistungsverpflichtung des Vers kann nach den genannten Vorschriften und der zu § 6 III entwickelten sog. Relevanzrechtsprechung des BGH (vgl. Anm. F 64) nicht schlechthin von der Vorlage von Nachweisen abhängig gemacht werden (vgl. dazu Anm. F 61 und 64). Die Klausel ist in dieser Hinsicht unwirksam. Vielmehr kann der Ver nach § 34 II Belege nur insoweit fordern, als ihre Beschaffung dem Vmer billigerweise zugemutet werden kann. Soweit es sich um Rechnungen über durchgeführte Behandlungen, über den Erwerb von Arzneien, Heil- und Hilfsmittel handelt, wird das regelmäßig der Fall sein. Aber auch insoweit kann Leistungsfreiheit nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 III eintreten. Mit der Vorlage der im Tarif genannten Nachweise genügt andererseits der Vmer ebenso wie nach § 14 Ziff. 1 NoB (vgl. oben) seiner Darlegungs- und Beweislast. Der Ver ist demgegenüber gehalten, seine Bedenken gegen die Beweiskraft dieser Unterlagen unter Beweis zu stellen, was wiederum den Vmer zum vollen Beweis nötigt (s. oben). Falls danach der Vmer weiteren Beweis erbringen muß oder der Ver (im Rahmen des § 34 II) solchen fordert, können Schwierigkeiten entstehen, wenn es um Auskünfte oder andere Unterlagen des Behandlers, etwa Operationsberichte, Röntgenaufnahmen und andere Aufzeichnungen geht, die seiner Schweigepflicht unterliegen (vgl. Anm. F 26, ferner z. B. Rieger Rz 1617 — 1664). Der Patient kann ihn zwar davon entbinden. Dieser hat jedoch die letzte Entscheidung darüber, ob und inwieweit er dem Verlangen entsprechen will. Der BGH hat in seinen beiden Entscheidungen vom 23. XI. 1982 (BGHZ Bd. 85 S. 327, 337 f. und S. 339 ff.) ausgeführt, das Einsichtsrecht des Patienten bestehe nicht hinsichtlich der Aufzeichnungen, die über naturwissenschaftliche Befunde und den Behandlungsverlauf hinausgehen. Das gelte insbesondere für Aufzeichnungen über Art und Verlauf einer psychiatrischen Behandlung, bei der vielfach die persönliche Einbeziehung des Arztes und auch dritter Personen eine besondere Rolle spielen könnten. Wenn Erwägungen dieser Art nicht in Betracht kommen, wird der Behandler bei seiner Entscheidung über Art und Umfang der zu gewährenden Einsichtnahme das Interesse des Vers und/oder seines Patienten gegen den Zweck seiner Schweigepflicht abwägen müssen. Soweit dem letzteren der Inhalt der geheim zu haltenden Aufzeichnungen im wesentlichen bekannt ist, wird eine Zurückhaltung weniger in Betracht kommen, als wenn die dokumentierten Umstände vielleicht nur Verdachtsmomente enthalten, die dem Patienten bei Kenntnisnahme schaden könnten (verkannt von LG Köln 12. VI. 1970 VersR 1970 S. 1026 f.). Soweit danach der Behandler die erbetenen Belege oder Auskünfte verweigert oder die betroffene Gefahrsperson es ablehnt, ihn von der Schweigepflicht zu entbinden, bleibt der Vmer/Vte beweisfallig, sofern es ihm nicht gelingt, Eintritt und Umfang des Vsfalls mit anderen zulässigen Beweismitteln zu belegen (OLG Hamm 13. XII. 1978 VersR 1980 S. 135, 137). Dabei kommt auch eine Vernehmung des Vmers als Partei in Betracht (§§ 447, 448 ZPO). Bei alledem ist, wenn der Ver weitere Belege fordert, zu beachten, ob dieses Verlangen bei solchen Beweisschwierigkeiten auch der Billigkeit im Sinne des § 34 II entspricht. Anders kann es sein, wenn im Vertrag als Beweismittel die Maßgeblichkeit einer Bescheinigung bestimmten Inhalts vereinbart ist (OLG Hamm 8. VI. 1977 VersR 1978 S. 614 f.). Die in § 4 (5) S. 2 GrB KK und den entsprechenden Bestimmungen der GrB KH und KT vorgesehene Klausel, wonach der Ver den N a c h w e i s v o r h e r i g e r B e z a h lung von Rechnungen fordern kann — hierüber hat er nach pflichtgemäßem ErK380

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Amn. [G 38]

messen, nicht nach Belieben (so aber LG Köln 16. V. 1961 VersR 1961 S. 651) zu entscheiden —, gilt auch nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 6 III. § 6 (1) 1. Hs. MB KK und KT stimmt im wesentlichen mit den vorstehend erläuterten Bestimmungen der GrB überein, so daß wegen der rechtlichen Tragweite auf diese Ausführungen verwiesen werden kann. Die Klausel bezieht sich jedoch nicht wie die der GrB auf im Tarif genannte Nachweise, vielmehr soll der Ver Art und Inhalt der beizubringenden Unterlagen angeben können. Er ist damit nicht an im voraus festgelegte Beweismittel gebunden, falls nicht, wie vielfach üblich, die Tarifbedingungen Näheres enthalten. Ein konkret gestelltes Verlangen dieser Art wie auch einschlägige Tarifbedingungen müssen pflichtgemäßem Ermessen, das Einfordern von Belegen der Billigkeit entsprechen. Die Leistungspflicht des Vers kann bei Verstoß gegen diese Obliegenheit nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 III entfallen (Anm. F 64). § 34 und die diesen ergänzenden AVB-Bestimmungen berechtigen den Ver nur zum Einfordern von Auskünften, die zur Feststellung des konkreten Vsfalls erforderlich sind. Er ist auf dieser Grundlage nicht befugt, Umstände zu erfragen, die möglicherweise geeignet sind, die Verletzung anderer Obliegenheiten, z. B. der w Anzpfl, zu belegen. Vielfach gibt indessen die einen Vsfall auslösende Gesundheitsstörung Anlaß zu der Annahme, daß gerade gegen diese verstoßen wurde. Das zeigt die übergroße Zahl einschlägiger Rechtsstreitigkeiten. Der Ver ist zwar nicht gehindert, Nachforschungen nach dieser Richtung anzustellen. Er darf sich dazu aber nicht der Auskunfts- und Vorlageobliegenheit des § 34 und der hierfür in den AVB vorgesehenen Sanktionen bedienen. [G 38] ζ) Vsfall, mehrere Vsfálle Schrifttum: Behne ZfV 1951 S. 32; Beseler, Rechtsprobleme gleichzeitiger V in der GKV und PKV, Bonner Dissertation 1973 S. 38 f.; Guckenheimer JRPV 1933 S. 325, 326; Kisch ZVersWiss 1935 S. 8 3 - 8 8 ; S. 183-194; Möller V W 1951 S. 5 2 - 5 7 ; ders. Festschrift Eichler 1977 S. 411; NN JRPV 1933 S. 346; Moser S. 72; Ohrt ZfV 1966 S. 1046, 1048; Schulz ZfV 1958 S. 249, 289; ders. ZfV 1960 S. 192 und 224; ders. VW 1966 S. 420; ders. ZfV 1966 S. 1052 und 1085 sowie 1967 S. 19 und 88; Wriede JRPV 1938 S. 372, 374; ders. Diss. S. 3 2 - 7 7 , 121-126; ders. VersR 1950 S. 30.

Es entspricht jetzt allgemeiner und richtiger Ansicht, daß in der Schadensv der Vsfall in der Verwirklichung der vten Gefahr besteht (vgl. die Nachweise bei BachMoser Einl. Rz 36), und zwar der vten Gefahr, die sich nach dem konkreten Vertrag aus der primären Gefahrumschreibung, den (echten) Risikoausschlüssen und tertiären -einschlüssen ergibt. Diese Ansicht hat sich der BGH (18. XII. 1954 BGHZ Bd. 16 S. 37, 42 = VersR 1955 S. 100, 101) im Anschluß an Kisch (ZVersWiss 1935 S. 83, 88), Hagen (I S. 502) und Wriede (VersR 1950 S. 30) voll zu eigen gemacht: Jede einzelne Vsart „erhält ihr spezifisches Gepräge durch die ihr eigentümliche Gestaltung des Vsfalls und damit auch der vten Gefahr, wobei Vsfall und vte Gefahr in einem engen wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen ... Welche Vsart vorliegt, richtet sich allein danach, welche Gefahr jeweils vt ist, also an den Eintritt welchen Ereignisses die festgelegte Leistungspflicht des Vers gebunden ist. Hierin zeigt sich die zentrale Bedeutung, die der Begriff des Vsfalls für das ganze Vsrecht hat."

Die Frage, ob daneben aus anderen Gründen, z. B. wegen Obliegenheitsverletzungen oder Nichtzahlung falliger Prämien, Leistungsbeschränkungen oder -befreiungen eingreifen, ist für den Tatbestand eines Vsfalles ohne Bedeutung. Wenn danach zwischen der vten Gefahr und dem Vsfall ein festes Abhängigkeitsverhältnis besteht (BGH a. a. O.; ähnlich OLG Hamburg 13. II. 1953 VersR 1953 S. 190, 191; LG Berlin 18. XII. 1930 JRPV 1931 S. 247; 11.111.1954 VersR 1954 S. 284; Wriede a. a. O.; Gruneke S. 63; widersprüchlich BGH 13. III. 1974 VersR 1974 S. 741 einerWriede

Κ 381

Anm. |G 38]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

seits und S. 742 anderseits), ist es nicht angängig, den Vsfall in den AVB losgelöst von der sich aus dem Vertrage ergebenden vten Gefahr zu definieren, wie das für die Krankentagegeld- und Krankenhaustagegeldv z. B. in § 1 (2) MB KT und § 5 (1) a GrB KH und KT geschieht, indem schon die Heilbehandlung und nicht die vielfach erst später eintretende Arbeitsunfähigkeit bzw. stationäre Behandlung, die allein das befürchtete Geschehen und damit die vte Gefahr darstellen, als Vsfall bezeichnet werden (ebenso Gruneke a. a. O. S. 88 ff. und 92; a. A. BGH 25.1.1978 VersR 1978 S. 362, 364 für die Krankenhauskostenv: Beginn des Vsfalls mit Eintritt in die ambulante Behandlung. Damit setzt sich der BGH ohne weitere Begründung über seine grundlegende Entscheidung vom 18. XII. 54, BGHZ 16 S. 37, 42, hinweg; ebenso OLG Hamm 17. IX. 1986 VersR 1988 S. 127). Die auf diese Weise gewollte Vorverlegung des Beginns des Vsfalls ist im Rahmen der zugunsten des Vmers zwingenden Bestimmungen, z. B. der §§ 6 1 u. III, 25, 28, 38 II und 39 II (vgl. dazu Anm. E 19) unwirksam (ebenso LG Berlin 11. III. 1954 VersR 1954 S. 284; verkannt von BGH 25.1.1978 VersR 1978 S. 362, 364; OLG Celle 27. XI. 1968 VersR 1969 S. 318 mit kritischer Anm. von Schulz VersR 1960 S. 203; AG Hamburg 23.1.1973 VersR 1974 S. 24). Die erwähnten Klauseln halten auch einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG nicht stand (vgl. Anm. G 46 und 51). Ein Vsfall kann sich über einen nur kurzen Zeitraum erstrecken, er kann aber auch eine längere Spanne in Anspruch nehmen. Dieser Eigenart entsprechend definieren die neueren AVB zur Krankheitskostenv (§§ 5 (1) a S. 1 GrB KK, 1 (2) S. 1 u. 2 MB KK) — insoweit übereinstimmend mit der vorgesehenen vten Gefahr — den Vsfall dahin, daß er mit dem Eintritt in die bzw. mit Beginn der Heilbehandlung beginnt und mit ihrem Abschluß endet, wenn nach ärztlichem Urteil keine Behandlungsbedürftigkeit mehr besteht. Hierfür hat sich — übrigens auch in anderen Vszweigen, z. B. in der Berufsunfähigkeitsv (vgl. BGH 22. II. 1984 VersR 1984 S. 632) — der Begriff des „ g e d e h n t e n V s f a l l s " durchgesetzt (erstmalig verwendet von Möller Giur. Comp. S. 328, systematisch untersucht von Wriede Diss., jetzt auch vom BGH übernommen, vgl. 13. III. 1974 VersR 1974 S. 741; 24. III. 1976 VersR 1976 S. 851). Das gilt bei richtigem Verständnis auch für die NoB. Sie enthalten zwar keine Definition des Vsfalles, was nach den vorstehenden Ausführungen über das Abhängigkeitsverhältnis zwischen vter Gefahr und Vsfall auch nicht notwendig ist. Da indessen, wie in Anm. G 8 dargelegt, die vte Gefahr auch nach diesen AVB darin besteht, daß dem Vmer ein Vermögensschaden aus Anlaß einer (medizinisch) notwendigen Heilbehandlung entsteht, beginnt auch der Vsfall damit, daß aus solchem Grunde Verbindlichkeiten mit einem (zugelassenen, vgl. § 16 Ziff. 1 u. 2 NoB) Behandler eingegangen werden, was regelmäßig mit der ersten Konsultation oder dem Aufsuchen eines Krankenhauses geschieht (ebenso LG Berlin 16. II. 1951 VersR 1951 S. 170, 171 mit insoweit zustimmender Anm. von Behne). § 7 Ziff. 2 S. 1 NoB zeigt, daß auch diese AVB (unausgesprochen) von einem gedehnten Vsfall ausgehen (a. A. Prölss-Martin 22 Anm. 3 zu § 1 AVK). Nach der Terminologie des VVG kommt es in zahlreichen Bestimmungen auf den Zeitpunkt des „ E i n t r i t t s " des V s f a l l s an (dazu eingehend Wriede Diss. S. 64 — 75). Das ist bei einer Heilbehandlung, mag sie von kurzer oder langer Dauer sein, stets ihr Beginn. Da schon die erste diagnostische Untersuchung, wie in Anm. G 8 dargelegt, zur Heilbehandlung zu rechnen ist, beginnt in der Krankheitskostenv mit dieser auch der Vsfall (vgl. BGH 20. II. 1956 VersR 1956 S. 186; 20. XII. 1957 VersR 1957 S. 55; 14. XII. 1977 VersR 1978 S. 271 ff.; LG Köln 23. XII. 1981 VersR 1983 S. 388; Möller a . a . O . S. 55). Dabei ist vorauszusetzen, daß dieser Beginn in den Zeitraum der materiellen Gefahrtragung (vgl. dazu Anm. D 5) fallt. Liegt er davor, haftet der Ver grundsätzlich K382

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 38]

nicht (BGH 20. II. 1956 VersR 1956 S. 186; 25.1. 1978 VersR 1978 S. 362, 364; 22. II. 1984 VersR 1984 S. 630, 632; OLG Celle 5. X. 1962 VersR 1962 S. 1145) außer bei abweichender Vereinbarung. Die Krankheitskostenv soll dem Vmer die bei Durchführung der Heilbehandlung entstehenden Aufwendungen ersetzen. Die Befürchtung vor ihrem Entstehen — meist durch entsprechende Verträge, gelegentlich auch durch Geschäftsführung ohne Auftrag — ist damit Bestandteil der vten Gefahr und — bei ihrer Realisierung — des Vsfalls (ebenso Gruneke S. 65). Das wird vielfach — zu Unrecht — geleugnet (ζ. B. Bach-Moser Einl. Rz 38 m. w. N.). Als G e f a h r wird im allgemeinen die Möglichkeit eines Geschehens verstanden, das wirtschaftlich eine Verminderung der Aktiven und/ oder die Entstehung oder Vergrößerung der Passiven darstellt. Ihre Verwirklichung bringt daher sogleich, d. h. anfangend mit dem Beginn der Realisierung, diese Einbußen mit sich (zustimmend Gruneke S. 65). Diese Gefahrverwirklichung verursacht nicht erst mit einem weiteren tatsächlichen Vorgang den Schaden. Der übliche Sprachgebrauch, daß ein Ereignis der Außenwelt einen Schaden „verursache", ist daher verfehlt (Wriede Diss. S. 27, 35 f.; a. Α. unter Verkennung dieser Zusammenhänge OLG Celle 18. VI. 1959 VersR 1959 S. 989, 990 mit krit. Anm. von Schulz VersR 1960 S. 203). Ein U r s a c h e n z u s a m m e n h a n g kann nur zwischen tatsächlichen Ereignissen/Vorgängen bestehen. Schaden ist kein solcher Vorgang, sondern ein Begriff wirtschaftlicher oder rechtlicher Betrachtungsweise. So besteht zwischen einer Brandstiftung und der darauf beruhenden Zerstörung eines Hauses ein Ursachenzusammenhang. Das damit einhergehende wirtschafltiche Ergebnis der Substanzvernichtung wird als Schaden bezeichnet. Daneben können dem Grundeigentümer aufgrund rechtlicher Vorschriften Schulden entstehen. Dieser Erfolg kann erst recht nicht durch die Brandstiftung „verursacht" worden sein. M. a. W. „entsteht" der Schaden gleichsam parallel zum Vorgang der Gefahrverwirklichung, d. h. beginnend mit dem Eintritt des Vsfalls und nicht erst als dessen tatsächliche Folge. Nach ihrer Wortfassung gehen die GrB KK und die MB KK davon aus, daß ein ü b e r einen gewissen Z e i t r a u m a n d a u e r n d e r g e d e h n t e r Vsfall ein in sich g e s c h l o s s e n e r k o n t i n u i e r l i c h e r V o r g a n g ist. Denkbar ist aber auch, daß ein und dasselbe Leiden nur von Zeit zu Zeit unter ärztlicher Aufsicht einer medikamentösen, physikalischen oder stationären Behandlung bedarf und dazwischen Zeiten eingeschaltet sind, in welchen zwar die Krankheit nicht behoben ist, aber keine solche Einflußnahme erfordert, sondern vielleicht nur die Lebensweise des Patienten verändert werden muß. Möglich ist auch, daß ζ. B. ein Medikament noch für eine gewisse Zeit angewandt werden muß, ohne daß dies ärztlich überwacht zu werden braucht, oder die Unterbrechung der Behandlung medizinisch bedingt ist, etwa weil eine Operation in mehreren Schritten vorgenommen werden soll und die zunächst ausgeführte erst verheilt sein muß, bevor weitere stattfinden können, insgesamt also ein einheitlicher Behandlungsplan vorliegt. Die Frage, ob gleichwohl der ursprüngliche Vsfall noch fortbesteht, wird nach der Art der Gesundheitsstörung und ihrer medizinischen Beurteilung zu entscheiden sein. Ist ζ. B. die dauernde Einnahme von Medikamenten, aber nur eine gelegentliche ärztliche Kontrolle erforderlich — etwa bei Bluthochdruck —, so wird ein zusammenhängender Vsfall anzunehmen sein. Ist dagegen nur in größeren Zeitabständen eine Heilbehandlung geboten — so bei einigen psychischen Erkrankungen —, wird jeweils ein neuer gegeben sein (vgl. etwa OLG Düsseldorf 22. V. 1935 VA 1935 Nr. 2802 S. 229; OLG Celle 18. VI. 1959 VersR 1959 S. 989 mit kritischer Anm. von Schulz VersR 1960 S. 203). Diese Frage kann ζ. B. im Rahmen der §§ 61, III, 21, 25, 28, 39 II, III bedeutsam sein. Die NoB sehen hierfür keine Regelung vor, während es nach §§ 5 (1) a GrB KK und 1 (2) MB KK darauf ankommen soll, ob nach Wriede

Κ 383

Anm. [G 38]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

ärztlichem (so die GrB KK) bzw. medizinischem (so die MB KK) Befund noch Behandlungsbedürftigkeit besteht. Bei einer Behandlung nach den Grundsätzen der Erfahrungsmedizin wird man auf deren Beurteilung abstellen müssen. Es kommt also wesentlich darauf an, wie der Begriff der B e h a n d l u n g s b e d ü r f t i g k e i t zu verstehen ist. Behandlungsbedürftigkeit und medizinisch notwendige Heilbehandlung müssen sich nicht auf denselben Zeitraum erstrecken. Die erstere kann schon vor Beginn der Behandlung gegeben sein und nach ihrem Abschluß noch fortbestehen (Wriede a. a. O.; Bach-Moser Rz 62 f. zu § 1 MB KK) Da die vte Gefahr u. a. das Entstehen und Fortbestehen von Aufwendungen für eine Heilbehandlung voraussetzt (Anm. G 8), kann allein das Vorliegen einer Behandlungsbedürftigkeit oder auch ihr Fortbestehen nach Abschluß einer Behandlung nicht den Vsfall ausmachen bzw. ihn weiterhin bestehen lassen. Für seinen Beginn ergeben sich daraus keine Probleme. Da jedoch GrB KK und MB KK das E n d e des Vsfalls schon dann als gegeben vorsehen, wenn keine Behandlungsbedürftigkeit mehr besteht, kann der Fall eintreten, daß diese zwar noch gegeben ist, aber keine Aufwendungen mehr vorgenommen werden. Auf das feste Abhängigkeitsverhältnis zwischen vter Gefahr und Vsfall gesehen, ist der Vsfall daher schon b e e n d e t , wenn die A u f w e n d u n g e n (für die medizinisch notwendige Behandlung) ihren A b s c h l u ß g e f u n d e n haben. Dabei wird man freilich nicht allein auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung, ζ. B. den des Kaufs eines Medikaments abstellen können, sondern ggf. auch darauf, für welchen Zeitraum diese Aufwendung nach medizinischer Beurteilung gedacht ist. Denn es kann keinen Unterschied machen, ob von einem Medikament für eine längere Behandlung eine größere Packung oder nach und nach kleinere Mengen erworben werden. Wenn keine Aufwendungen (in diesem Sinne) mehr getätigt werden, ist der Vsfall trotz fortbestehender Behandlungsbedürftigkeit beendet. Diese Beurteilung der Rechtslage kann aber dem Vmer angesichts des Wortlauts der zitierten Bestimmungen — etwa im Rahmen der oben erwähnten Normen des VVG — nach den zum AGBG entwickelten Grundsätzen vom Ver nicht entgegengehalten werden. Zumindest greift die Unklarheitenregel — jetzt in § 5 AGBG normiert — ein. Es wäre Sache des Vers als des Verwenders gewesen, sich deutlicher auszudrücken. Auf der anderen Seite kann sich der Vmer, wenn es darauf ankommt, ob ein neuer Vsfall eingetreten ist, sehr wohl hierauf berufen. Die Frage, ob noch Behandlungsbedürftigkeit besteht, ist — ebenso wie die nach der Notwendigkeit einer Heilbehandlung (Anm. G 7) — nach objektiven Gesichtspunkten und nicht nach der Ansicht des Behandlers zu bewerten, und zwar ist maßgeblich der derzeitige (mögliche) Erkenntnisstand, nicht die Beurteilung aufgrund späterer Befunde (vgl. LG Hamburg 30. III. 1950 VersN 1950 S. 78). Diese Problematik besteht für Verträge auf Basis der NoB nicht, weil sie keine Bestimmung über das Ende des Vsfalls enthalten. Hier kommt es mithin allein darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Aufwendungen als beendet anzusehen sind (vgl. etwa OLG Celle 5. X. 1962 VersR 1962 S. 1145). Wegen der Frage, ob der Ver für Vsfalle vollen Umfangs haftet, die bei der m a t e r i e l l e n B e e n d i g u n g des V e r t r a g e s noch a n d a u e r n , wird auf die Erläuterungen in Anm. D 16 (S. Κ 92 f.) sowie auf die entsprechenden Ausführungen bei den einzelnen Beendigungstatbeständen in D 17 —46 (S. Κ 94 — 137) verwiesen. Die vorstehenden Ausführungen gelten nicht für S u m m e n v s v e r t r ä g e . Bei ihnen umfaßt die vte Gefahr nicht die Besorgnis, daß dem Vmer tatsächlich Aufwendungen entstehen werden. Sie stellt allein auf die befürchteten Vorgänge oder Ereignisse ab, die zwar üblicherweise Vermögenseinbußen mit sich bringen, deren tatsächliche Entstehung im Prinzip aber unerheblich ist. Gleichwohl kann nur das Eintreten oder K384

Wriede

Anm. (G 39]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

der Beginn eines solchen Geschehens selbst Vsfall sein und nicht ein ihnen vielfach vorausgegangener Vorgang. Daher sind, wie schon erwähnt, die Bestimmungen der §§ 5 (1) a GrB KH und GrB KT, 1 (2) MB KT und MB KK, soweit die letzteren sich auf die Krankenhaustagegeldv beziehen, höchst bedenklich, jedenfalls aber im Rahmen der zugunsten des Vmers zwingenden Gesetzesbestimmungen unwirksam, soweit es auf den Eintritt des Vsfalls ankommt (Anm. G 46 und 51). Im Verlauf einer Heilbehandlung können w e i t e r e G e s u n d h e i t s s t ö r u n g e n eintreten, die ihrerseits eine Behandlung erfordern. Die Frage, ob insoweit ein neuer Vsfall anzunehmen ist, ist allein aus der Umschreibung der vten Gefahr in den hier behandelten AVB nicht zu entnehmen. Jedoch bestimmen §§ 5 (1) a S. 2 GrB KK und 1 (2) S. 3 MB KK, daß bei mangelndem Ursachenzusammenhang zwischen der bereits behandelten Krankheit oder Unfallfolge und dem oder den anderen Leiden ein neuer Vsfall vorliegen soll. Diese Bestimmungen beinhalten, so wird das zu verstehen sein, eine gewisse Modifizierung der primären Gefahrumschreibung, indem sie die konkret behandelte Krankheit oder Unfallfolge in die Gefahrbeschreibung einbeziehen. Ohne diese Regelung wäre es unerheblich, ob und in welcher Weise mehrere gleichzeitig oder nacheinander behandelte Krankheiten oder Unfallfolgen miteinander in ursächlichem Zusammenhang stehen. Wesentlich wäre allein, daß eine Aufwendungen auslösende Behandlung stattfindet. In diesem Sinne sind die NoB zu verstehen, die keine vergleichbare Bestimmung enthalten, sondern allein auf das „durch notwendige Krankenpflege" bedingte Entstehen von „Vermögensschäden" abstellen (§ 11). Das Bestehen eines ursächlichen Zusammenhang zwischen zwei oder mehreren Erkrankungen wird oft zweifelhaft sein, so wenn ζ. B. eine Gefahrsperson nach einem schwerwiegenden chirurgischen Eingriff in ihrem Allgemeinbefinden geschwächt ist und dann an einer Infektion erkrankt, die sie andernfalls möglicherweise nicht erlitten hätte. Solche Schwierigkeiten werden mit der herrschenden Adäquanztheorie, nach der auch eine nur geringe Mitursächlichkeit eines weiteren Umstandes als erheblich angesehen werden kann, oft nicht zu befriedigenden Lösungen führen können. Sachgerechter wäre es, auf die letztlich ausschlaggebende Ursache abzustellen, d. h. auf die causa próxima, die für das Seevsrecht maßgebend ist (Bd. II Anm. 144 zu §49, S. 151 f.). Würde in dem erwähnten Beispiel nach der Adäquanzlehre eine Mitursächlichkeit der Operation für die Infektion und daher ein einheitlicher Vsfall anzunehmen sein, so müßte nach der causa-proxima-Theorie nur die letztere als entscheidende Ursache gelten, so daß zwei Vsfalle vorlägen. (G 39] η) Vsrechtliche Vorteilsausgleichung kommt im Rahmen der Schadensv in Betracht, wenn der als Vsfall zu begreifende Vorgang zugleich aus rechtlichen oder anderen Gründen Leistungen eines Dritten oder Ansprüche gegen Dritte auslöst, die die eingetretene Vermögenseinbuße des Vmers in gleicher Weise ganz oder teilweise ausgleichen sollen wie die Leistungen des Vers. Dabei ist zu klären, ob und ggf. in welchem Umfang solche Drittleistungen auf die Verpflichtung des Vers von Einfluß sind (Genaueres dazu in Bd. II Anm. 51—54 vor §§49 — 80 S. 33 — 38), und zwar soweit diese Frage nicht bereits durch Subsidiaritätsklauseln der AVB (Anm. G 34) oder den in § 67 I geregelten Übergang von Ersatzansprüchen des Vmers gegen Dritte erfaßt wird (Anm. G 64). Eine Anrechnung von kongruenten Leistungen Dritter auf die Kosten einer Heilbehandlung, die nach dem Vsvertrage (auch) vom Ver zu tragen sind, kommt danach einmal im Falle des § 67 II (Ausschluß der cessio legis bei Ansprüchen gegen Familienangehörige) und zum andern bei Leistungen anderer Dritter oder entsprechenden Ansprüchen gegen sie in Betracht. Wriede

Κ 385

Anm. [G 391

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Nach § 67 II geht ein Ersatzanspruch des Vmers gegen einen mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen nicht auf den Ver über (wegen der Einzelheiten vgl. Bd. II Anm. 1 0 4 - 1 1 0 zu § 67 S. 756-759). Vielmehr verbleibt ihm diese Forderung. Erfüllt der Schuldner sie, so wird der Ver wegen des vsrechtlichen Bereicherungsverbots insoweit frei. Der Vmer ist im übrigen in der Disposition über die Forderung frei: Er kann auf sie verzichten oder sie, u. a. an den Ver, abtreten (vgl. Bd. II Anm. 114 zu § 67 S. 760). L e i s t u n g e n a n d e r e r n i c h t s c h a d e n s e r s a t z p f l i c h t i g e r D r i t t e r können auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage beruhen oder ohne eine solche Verpflichtung gegeben sein. Erstere können z. B. gegen einen Sozialvsträger bestehen. Dessen Leistungen sind anzurechnen (so z. B. LG Berlin 13.1.1977 VersR 1977 S. 661; AG Nürnberg 9. V. 1985 VerbB 1985 S. 43); falls es sich, wie meisten in der GKV, um Sachleistungen handelt, besteht schon wegen des vsrechtlichen Bereicherungsverbots insoweit kein Anspruch gegen den Ver, als der Vmer sie in Anspruch nimmt. Das soll nach Ansicht des LG Köln (24. V. 1976 VersR 1978 S. 224; ebenso Bach-Moser Rz 69 zu § 5 MB KK) auch dann gelten, wenn der Vmer die vom Sozialvsträger angebotene Leistung im Inland nicht annimmt, sondern sich im Ausland behandeln läßt. Das ist, wie in Anm. G 34 ausgeführt, unrichtig. U n t e r h a l t s p f l i c h t e n können kraft Gesetzes bestehen oder sich aus Verträgen, z. B. aus Dienst- oder Pensionsverträgen ergeben. Unterhaltsansprüche dieser Art sind überwiegend auf Geldleistungen gerichtet, die ggf. — so vor allem im Rahmen des Familienrechts — auch Beträge enthalten, mit welchen der Forderungsinhaber die Kosten notwendiger Heilbehandlung oder die Prämie für eine Krankenv bestreiten soll. Solche Beträge werden aber in der Regel nicht beziffert ausgewiesen, sondern sind im Gesamtbetrag nach pauschaler Berechnung enthalten (vgl. z. B. Göppinger, Unterhaltsrecht, 4. Aufl. 1981, Rz614ff.). Bei in dieser Form bestehenden Unterhaltsansprüchen kommt eine Vorteilsausgleichung nicht in Betracht. Sie werden — ähnlich wie Leistungen aus einem Summenvsvertrag — unabhängig vom jeweiligen Bedarf des Vmers gewährt. Das gleiche soll nach Ansicht von Möller (Bd. II Anm. 51 vor § § 4 9 - 5 0 S. 34) gelten, wenn dem Vmer (oder einer mit ihm nicht identischen Gefahrsperson) aus Anlaß der eingetretenen Gesundheitsstörung Unterhaltsansprüche erwachsen oder umfangreicher werden. Möller stützt sich dabei auf § 843 IV BGB und die daraus entwickelte Rechtsprechung, wonach ein Schadensersatzpflichtiger nicht dadurch entlastet werden soll, daß dem Verletzten wegen der erlittenen Verletzung Unterhaltsoder Versorgungsansprüche zustehen, für deren Aufbringung Dritte geleistet haben. Diese Argumentation ist nicht zweifelsfrei, da der Ver ja nicht wie jener aufgrund einer rechtswidrigen Handlung zu leisten hat. Gleichwohl wird dieser Meinung im Ergebnis zu folgen sein, wenn die Auslegung des Vsvertrages nichts Abweichendes ergibt. Aus der Tatsache, daß der Vmer diesen Vertrag trotz Bestehens von Ansprüchen der genannten Art gegen Dritte abgeschlossen hat, kann in aller Regel gefolgert werden, daß in erster Linie die Leistungszusage des Vers in Anspruch genommen werden soll. Anders ist es dagegen, wenn der Unterhaltspflichtige es rechtsverbindlich übernommen hat, generell oder in bestimmten Fällen die Behandlungskosten ganz oder teilweise zu tragen oder in natura zur Verfügung zu stellen. Dann besteht von dem Zeitpunkt ab, in welchem diese Verpflichtung wirksam wird, insoweit kein vbares Interesse (im weiteren Sinne). Der Vertrag ist daher in diesem Umfang gemäß § 68 unwirksam (Näheres Bd. II Anm. 10 u. 12 zu §68 S. 798 f.). Die Frage einer Vorteilsausgleichung stellt sich daher nicht. Denkbar ist aber auch, daß die Erfüllung der Zusage des Verpflichteten unsicher oder nicht rechtsverbindlich ist, etwa LeiK386

Wriede

Anm. (G 40]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

stungen nur von Fall zu Fall freiwillig gewährt werden. Dann besteht ein berechtigtes Interesse an der Sicherung im Krankheitsfalle durch Abschluß eines Vsvertrages, so daß § 68 nicht anwendbar erscheint. Möglich ist dann eine Vereinbarung über die Einschränkung des Vsschutzes (mit entsprechendem Prämienabschlag) dahin, daß eine Anrechnung der tatsächlich erbrachten Leistungen des Dritten auf die Verpflichtung des Vers stattfinden soll. Auch ohne eine solche Abrede wird man erbrachte Drittleistungen anrechnen müssen. Denn soweit die Kosten der Heilbehandlung durch Dritte gedeckt werden, bleibt wegen des vsrechtlichen Bereicherungsverbots (Bd. II Anm. 6 — 8 zu § 55 S. 292 f.) kein Raum für einen Aufwendungsersatz des Vers. Umstritten war bis zur Neuregelung (ζ. B. für Bundesbeamte durch die Beihilfevorschriften in der Fassung vom 19.4.85 - BhV - , GMB1 1985 S. 290ff., in Kraft getreten am 1.10. 85; wegen ihrer Anwendung in den Bundesländern vgl. VerbB 1985 S. 50), ob B e i h i l f e l e i s t u n g e n der ö f f e n t l i c h e n A r b e i t g e b e r im Wege einer Vorteilsausgleichung auf die Verpflichtungen des Vers anzurechnen waren (zu der Frage, ob und inwieweit Leistungen eines Vers zur Kürzung von Beihilfeansprüchen führen vgl. z.B. BVerwG 25. VI. 1987 NJW 1987 S. 2387-2389). Die überwiegende Meinung (vgl. die Zitate bei Bach-Moser Rz 75 zu § 5 MB KK) hielt das nicht für zulässig, da es sich nicht um einen Versorgungs-, sondern um einen Anspruch aufgrund der allgemeinen Fürsorgepflicht des öffentlichen Dienstherren handle (so offenbar auch BGH 13. X. 1971 VersR 1971 S. 1138, 1139 im Anschluß an die Vorentscheidung des OLG Hamburg (19. IX. 1968 VersR 1968 S. 1077,1078). Diese Ansicht hat mit Recht Kritik erfahren (so namentlich Bach-Moser a.a. O.). Soweit nämlich Beihilfeleistungen ähnlich wie die der Sozialvsträger dem Ausgleich von Heilbehandlungskosten dienen, bleibt kein Raum für einen Ersatz durch den Ver. Eine gleichwohl erbrachte „Erstattung" würde zu einer Bereicherung des Vmers führen. — Die neuen Beihilfevorschriften haben dem in der Weise Rechnung getragen, daß nunmehr die Beihilfen nur noch subsidiär zu den Vsleistungen gewährt werden. Nach § 15 (1) BhV darf die Beihilfe zusammen mit den aus demselben Anlaß gewährten Leistungen u. a. aus einem Krankenvsvertrag die dem Grunde nach beihilfefahigen Aufwendungen nicht übersteigen. Das hat allgemein dazu geführt, daß die Privatver ihre Tarife den nach den BhV vorgesehenen Leistungen angepaßt haben, so daß im Ergebnis deren volle Anrechnung erreicht wird. Diese Anpassung entspricht der zugunsten des Vmers zwingenden Regelung des § 68. [G 40] ξ) Fälligkeit der Leistung des Vers, Überbringerklausel Die Fälligkeit eines Anspruchs, d. h. das Eintreten des Rechts des Gläubigers, die Leistung verlangen, ggf. sie einklagen zu können, setzt voraus, daß er im Rechtssinne entstanden ist. Der Zeitpunkt seiner Entstehung und seiner Fälligkeit sind daher nicht notwendig identisch. Die G e f a h r t r a g u n g s l e i s t u n g d e s Vers wird — zumeist aufschiebend bedingt u. a. durch Ablauf von Wartezeiten und Zahlung der Erstprämie (letzteres, falls der Ver nicht Stundung, ζ. B. durch Vereinbarung des Lastschrifteinzugs — BGH 19. X. 1977 BGHZ 69 S. 361, 367; OLG Hamm 19. X. 1983 VersR 1984 S. 231 gewährt hat) — mit dem Zustandekommen des Vertrages begründet. Sie wird fallig mit Beginn der materiellen Gefahrtragung (Anm. D 5). Davon zu unterscheiden sind Entstehung und Fälligkeit der Leistungsverpflichtung, die der Ver aufgrund eines Vsfalles zu erbringen hat (Bd. I Anm. 4 zu § 11 S. 244). Die U m w a n d l u n g der Gefahrtragungsleistung in eine r e g e l m ä ß i g auf Z a h l u n g gerichtete beginnt mit dem Eintritt des Vsfalles (Anm. G 38); allerdings wird man auch hier eine aufschiebende Bedingung annehmen müssen, weil zumeist mit Wriede

Κ 387

Anm. [G 40]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Beginn der Heilbehandlung oder der Arbeitsunfähigkeit nicht sogleich schon Zahlung geschuldet wird, sondern dies — je nach Gestaltung der Tarife — von der Vorlage der Rechnung des Behandlers, von Rezepturen, Attesten über eingetretene Arbeitsunfähigkeit usw. abhängt. Wenn der Ver sich verpflichtet hat, direkt an den Behandler, z. B. ein Krankenhaus, zu zahlen, wird dessen Rechnung vorzulegen sein. Zur Kostenübernahme mittels „Klinik Card" vgl. Anm. G 66. Der so entstandene A n s p r u c h wird f ä l l i g „mit Beendigung der zur Feststellung des Vsfalles und des Umfangs der Leistungen des Vers nötigen Erhebungen" (§ 11 I). Welche Erhebungen im Einzelfall erforderlich sind, wird meistens in den Tarifen und Tarifbedingungen näher bestimmt und ist im übrigen in gerechter Abwägung der Belange der Gefahrengemeinschaft einerseits und der des Vmers andererseits zu beurteilen (Bd. I Anm. 8 zu § 11 S. 246; Prölss-Martin Anm. 3 zu § 11). Allgemeine Regeln darüber, wann der Abschluß der Ermittlungen erreicht ist, lassen sich nicht aufstellen. Es kommt auf den einzelnen Fall an, wie § 11 II für Abschlagszahlungen — „nach Lage des Falles" - deutlich macht. W a s im Sinne des § 11 I „ n ö t i g " ist, ist n a c h o b j e k t i v e n G e s i c h t s p u n k ten zu b e u r t e i l e n (Bd. I Anm. 8 zu § 11 S. 246). Die von Prölss-Martin zu § 34 (Anm. 2 zu § 34) vertretene Ansicht, es komme auf die subjektive Meinung des betreffenden Vers an, findet in den dafür zitierten Entscheidungen keine Stütze. Das RG (17. II. 1928 JW 1928 S. 1739) spricht zwar davon, daß der Ver Auskünfte fordern könne, die er für erforderlich halte. Die Entscheidung setzt sich aber mit der hier erörterten Frage nicht auseinander. Möglich ist auch, daß die dort anzuwendenden AVB zu dieser Formulierung Anlaß gegeben haben. Auch die weiter erwähnten Urteile des BGH (16. II. 1967 BGHZ Bd. 47 S. 101; 20. XII. 1968 VersR 1969 S. 214) gehen auf das Problem nicht ein. Im Rahmen des § 111 ist insoweit der gleiche Maßstab anzulegen wie für § 341, da beide Bestimmungen die Feststellung und Fälligkeit der Leistungspflicht des Vers zum Gegenstand haben, die von den Nachweisen des Vmers abhängt. Der Vmer hat in erster Linie die in den AVB, insbesondere im Tarif oder den Tarifbedingungen geforderten Unterlagen einzureichen, ist aber darauf nicht beschränkt (Anm. G 37). Er mag ärztliche Rechnungen oder Atteste vorlegen oder sich auf eine Auskunft des Behandlers berufen (OLG Hamm 13. XII. 1978 VersR 1980 S. 135, 136 f. a. E.). Unklare Auskünfte, die trotz entsprechender Nachfrage — auch an den Vmer — nicht näher erläutert werden, reichen nicht aus (AG Köln 21. XI. 1980 VersR 1982 S. 461). Die Fälligkeit kann auch hinausgeschoben werden, wenn der Ver aus einleuchtenden Gründen Anlaß hat, von einem anderen Ver, mit dem der Vmer einen ähnlichen Vertrag abgeschlossen hat, Auskünfte einzuholen und die Antwort noch nicht vorliegt (AG Karlsruhe 7. V. 1971 VersR 1972 S. 873; vgl. auch OLG Hamm 8. XI. 1985 VersR 1986 S. 883). Auf der anderen Seite wird die Fälligkeit nicht durch Anforderungen des Vers hinausgeschoben, die den skizzierten Rahmen überschreiten. Das ergibt schon der Rechtsgedanke des § 1621 BGB. Lehnt der Ver seine Leistung aus anderen Gründen als der nicht erfüllten Nachweispflicht zu Unrecht ab, so entfallt diese als Voraussetzung der Fälligkeit (BGH 23. VI. 1954 VersR 1954 S. 388; OLG Hamm 4. VIII. 1980 VersR 1981 S. 274; 14. V. 1986 VersR 1987 S. 1081; LG Köln 15.1.1982 VersR 1983 S. 387 f.; LG München 29. VII. 1986 ZfS 1987 S. 21). In der Regel wird dann Verzug gegeben und der ggf. noch weiter zu belegende Leistungsanspruch zu verzinsen sein (§ 288 BGB). Wenn der Ver Nachweise fordert oder Erhebungen anstellt, die nicht sachdienlich sind, oder wenn er gebotene Maßnahmen z. B. durch unzweckmäßiges Vorgehen, verzögert (vgl. OLG Hamm 13. XII. 1978 VersR 1980 5. 135; 6. XII. 1985 VersR 1987 S. 602; OLG Frankfurt 25. IV. 1986 VersR 1986 K388

Wriede

Anm. [G 40]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

S. 1009; OLG Karlsruhe 27.1.1987 VersR 1988 S. 351 f.), tritt die Fälligkeit in dem Zeitpunkt ein, in welchem bei sachgerechtem Vorgehen die „nötigen Erhebungen" abgeschlossen gewesen wären (Prölss-Martin Anm. 2 zu § 11). Das Auskunftsverlangen (§ 341) kann außer vom Ver auch von einem zur Überprüfung der Voraussetzungen, z. B. gemäß § 9 (3) MB KK und KT eingeschalteten Sachverständigen gestellt werden (BGH 11. VI. 1976 VersR 1976 S. 387 f.). T e i l f ä l l i g k e i t der Leistung kann in der PKV dann vorkommen, wenn die Erstattung von Aufwendungen für verschiedene Behandlungen derselben Gefahrsperson oder für mehrere in Frage steht und nur für einzelne Vorgänge weitere Erhebungen nötig sind. Fälle dieser Art sind von den in § 11 II und III geordneten zu unterscheiden. Bei diesen geht es darum, daß für einen Vsfall Ansprüche geltend gemacht werden, die zunächst nur dem Grunde nach außer Streit sind (Bd. I Anm. 34 zu § 11 S. 253), wegen ihres Umfangs aber noch weiter aufgeklärt werden müssen. Das kann auch im Rahmen der PKV vorkommen, so z. B. wenn fraglich ist, ob eine Heilbehandlung oder einzelne Verrichtungen davon im Übermaß in Anspruch genommen wurden. In der PKV besteht, hiervon abgesehen, die Besonderheit, daß ein Vsfall sich oft ü b e r einen l ä n g e r e n Z e i t r a u m e r s t r e c k t und so — vor allem bei stationärer Behandlung oder Arbeitsunfähigkeit — dem Vmer erhebliche Aufwendungen bzw. Verdienstausfälle entstehen. Es ist daher in solchen Fällen üblich, daß Abschlagszahlungen geleistet werden, und zwar mangels abweichender tariflicher Regelung etwa nach Rechnungserteilung des Behandlers oder bei Arbeitsunfähigkeit wöchentlich. Auch hier muß der Grund des Anspruchs feststehen und müssen die auf den betreffenden Zeitabschnitt entfallenden Einbußen ganz oder z. T. belegt sein. Dann ist jeweils Fälligkeit der Teilleistung gegeben. Wegen der besonderen Beweisanforderungen in der Krankentagegeldv wird auf Anm. G 52 verwiesen. Nach § 14 Ziff. 1 NoB „ruht" die Erstattungspflicht des Vers, solange nicht die dort aufgeführten „Bedingungen eingehalten sind". Diese Ausdrucksweise macht deutlich, daß der Anspruch auf die Geldleistung zwar schon als entstanden angesehen wird, seine Fälligkeit aber von der Erfüllung dieser „Bedingungen" abhängen soll, nämlich von der Vorlage der Originalrechnung (lit. a), an deren Inhalt bestimmte Anforderungen gestellt werden (lit. b). Auf besonderes Verlangen des Vers, das nicht willkürlich, sondern nur nach pflichtgemäßem Ermessen gestellt werden darf (a. A. LG Köln 16. V. 1961 VersR 1961 S. 651), ist die Fälligkeit ferner davon abhängig, daß die Forderungen der Behandler bezahlt sind. Diese zusätzliche Voraussetzung ist zulässig, da § 11 I nicht zwingend ist (§15 a). Quittierung der Rechnung kann heute, da regelmäßig bargeldlos gezahlt wird, nicht mehr verlangt werden. Ein Nachweis darüber, etwa durch Bankbestätigung, genügt. Ferner ist es stattdessen ausreichend, daß der Vmer Zahlung an den Gläubiger verlangt (OLG Köln 13. II. 1936 HansRGZ 1936 A Sp. 462; OLG Hamburg 30. X. 1936 HansRGZ 1937 A Sp. 114). Hiervon abgesehen, enthält die Klausel über die Notwendigkeit vorheriger Zahlung eine Obliegenheit im Sinne des § 34 II, so daß der Nachweis nur im Rahmen des billigerweise Zumutbaren verlangt werden kann. Leistungsfreiheit des Vers kommt im übrigen nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 III (OLG Köln 19. XII. 1985 VersR 1986 S. 906, 907; OLG Schleswig 5. V. 1986 VersR 1986 S. 963) und den dazu vom BGH entwickelten Grundsätzen über die Notwendigkeit einer Belehrung des Vmers wegen der bei Verletzung eintretenden Rèchtsfolgen in Betracht (vgl. Anm. F 61 und 64). § 279 BGB ist hier unanwendbar (Möller DVZ 1951 S. 53). Wriede

Κ 389

Anni. [G 40]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

§ 14 Ziff. 1 NoB erwähnt nur Arztrechnungen und Rezepturen. Sein Inhalt wird jedoch in gleicher Weise auf Liquidationen anderer Behandler und der Lieferanten von Heil- und Hilfsmitteln anzuwenden sein. Diese Regelung beschränkt die Parteien nicht auf die genannten Nachweise. Falls nach Sachlage geboten (vgl. dazu Anm. F 61 und 62), kann der Ver im Rahmen des §34 weitere Beweisunterlagen fordern und der Vmer a n d e r e B e w e i s m i t t e l präsentieren oder anbieten (vgl. Anm. G 37). Das kann z. B. der Fall sein, wenn die geforderten Originalbelege abhanden gekommen sind und eine (als ausreichend anzusehende) Zweitschrift nicht beschafft werden kann, etwa weil die Behandlung im Ausland stattgefunden hat, der betreffende Arzt verstorben ist oder seine Praxis aufgegeben, seine Unterlagen entgegen § 11 (4) der ärztlichen Berufsordnung nicht in „gehörige Obhut" gegeben hat und ausgewandert ist (vgl. Rieger Rz 1087). Das Beweismittel kann auch darin bestehen, daß ein von einer Partei eingeschalteter oder im Rechtsstreit vom Gericht bestellter Sachverständiger nach Einwilligung der betroffenen Gefahrsperson (vgl. Anm. F 26) Auskünfte des Behandlers einholt, dessen Aufzeichnungen und Krankenunterlagen einsieht (wegen der dabei im Hinblick auf die ärztliche Schweigepflicht zu beachtenden Beschränkungen vgl. Anm. F 26) oder sonst die durchgeführte Behandlung, ggf. nach eigener Untersuchung der Gefahrsperson, überprüft. Erst nach Abschluß dieser Erhebungen ist der Leistungsanspruch, soweit er besteht, fallig, bis dahin „ruht" er im Sinne des § 14 Ziff. 1 NoB. Nach § 14 Ziff. 2 NoB soll die Leistungspflicht des Vers entfallen, wenn die Kostenbelege nicht spätestens 3 Monate nach Beendigung der Behandlung eingereicht oder ihr Nichterhalt nicht angezeigt wird. Das gleiche soll gelten, wenn Erkrankungen außerhalb des Wohnsitzes nicht binnen 5 Tagen gemeldet werden. Diese Bestimmung ist, wie § 6 III ergibt, w e i t g e h e n d u n w i r k s a m (§ 15a). Vgl. im übrigen Anm. F 60 und 64. Nach §§ 4 (5) S. 1 GrB KK, 4 (4) GrB KH und KT soll die Leistungspflicht des Vers von der Vorlage der im Tarif angegebenen Nachweise abhängen, ggf. also Leistungsfreiheit eintreten. Das ist gleichfalls eine im Hinblick auf §§ 6 III, 34 II u n z u l ä s s i g e E i n e n g u n g der R e c h t e des V m e r s (vgl. Anm. G 37). Auch ist er nicht auf diese Beweismittel beschränkt, wie vorstehend zu § 14 Ziff. 1 NoB ausgeführt. Hinsichtlich des a. a. O. geforderten Zahlungsnachweises gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Soweit die tariflich festgelegten Nachweisanforderungen den durch § 111 VVG gesteckten Rahmen überschreiten, sind sie gemäß § 9 (1), (2) Ziff. 1 AGBG als unangemessen und daher unwirksam anzusehen. Gemäß §§ 6 (1) S. 1 MB KK und KT soll der Ver zur Leistung nur verpflichtet sein, „wenn die von ihm geforderten Nachweise erbracht" werden. Prölss-Martin (Anm. 1 zu § 6 MB KK) halten diese Bestimmung für eine Ergänzung des § 11 VVG (offenbar ebenso Bach-Moser Rz 1 zu § 6 MB KK). Damit werden sie dem Wortlaut nicht gerecht, der schlechthin („nur"!) die Leistungspflicht von der Vorlage der nach dem Dafürhalten des Vers geforderten Unterlagen abhängig macht und damit auf die Entstehung der Forderung, nicht nur auf ihre Fälligkeit zielt. Das geht weit ü b e r die B e d e u t u n g des § 11 I VVG h i n a u s und ist weder mit §§6111, 34 II noch mit § 9 (1), (2) Ziff. 1 AGBG vereinbar (Anm. G 37). Die Bestimmung ist nur haltbar, wenn sie auf den damit offenbar beabsichtigten Zweck reduziert wird, daß anstelle eines objektiven Maßstabs bei der Beurteilung der „nötigen Erhebungen" ein subjektiver gesetzt werden soll, der es dem Ver ermöglicht, die nach der Eigenart eines Vsfalls s a c h l i c h g e b o t e n e n (nicht willkürlichen) Nachweise zu bestimmen. Das erlaubt eine flexiblere Bearbeitung, als wenn die Beweisunterlagen wie nach den oben zitierten Bestimmungen der GrB tariflich fixiert sind. Eine Anwendung des § 6 (1) MB KK und KT in diesem Rahmen wird nicht zu beanstanden sein. K390

Wriede

Anm. (G 40]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

In ähnlicher Weise wird in § 4 (5) MB KT die Leistungspflicht des Vers davon abhängig gemacht, daß die Gefahrsperson während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit (zahn)ärztlich behandelt wird. In Wahrheit handelt es dabei um eine (verhüllte) Obliegenheit (ebenso OLG Stuttgart 28. VII. 1988 VersR 1989 S. 243; vgl. Anm. F 63). § 4 (7) S. 1 MB KT enthält eine Ergänzung zu dem im vorstehenden Sinne verstandenen § 6 (1) MB KT, indem hier zumindest ein Teil der „von ihm (dem Ver) geforderten Nachweise" genannt wird, die in der Regel als Beleg für Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit ausreichen werden. Die Bestimmung schließt nicht aus, daß der Ver weitere Belege fordern kann. Betrachtet man die Klausel als Ergänzung zu den Fälligkeitsvorschriften (§§11 VVG, 6(1) MB KT; ähnlich OLG Hamm 20. VII. 1988 VersR 1989 S. 242), so tritt ihre Funktion deutlich hervor. Sie ist auch nicht sanktionslos, wie Bach-Moser (Rz 18 zu §4 MB KT) meinen: Wird sie nicht erfüllt, ist die Forderung nicht fallig. Nach S. 2 a.a.O. soll der Vmer die K o s t e n f ü r die N a c h w e i s e tragen. Dagegen werden von Bach-Moser (Rz 20 zu § 4 MB KT) im Hinblick auf § 66 Bedenken unter Hinweis auf § 9 (2) Ziff. 2 AGBG erhoben. Sie dürften jedoch unbegründet sein. Abgesehen davon, daß § 66 nur für die Schadensv gilt, kommt eine Erstattung der Kosten schon deswegen nicht in Frage, weil der Ver diese (in der Schadensv) nur bis zur Höhe der Vssumme schuldet (Bd. II Anm. 14 zu § 66 S. 700/ 35) und in der Krankentagegeldv der vereinbarte Tagessatz als solche zu gelten hat. Ist der Vmer/Vte I n h a b e r einer „ K l i n i k - C a r d " (vgl. Anm. G 66), so wird man die Fälligkeit der Leistung des Vers — hier gerichtet auf Freihaltung von der Kostenforderung des Krankenhausträgers, soweit diese von der Ausweiskarte erfaßt wird — bereits dann als gegeben ansehen müssen, wenn der Vmer/Vte dem Träger die Karte im Zusammenhang mit dem Abschluß des Krankenhausaufnahmevertrages präsentiert und die sich aus dem ÜV ergebenden weiteren Voraussetzungen gegeben sind (vgl. im einzelnen Anm. G 66). Auf die in § 111 genannten „nötigen Erhebungen" des Vers kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Alle drei AVB enthalten sowohl die Ü b e r b r i n g e r k l a u s e l (§§ 14 Ziff. 4 NoB, 4 (6) GrB KK, 4 (5) GrB KH u. KT, 6 (2) MB KK) als auch die Bestimmung, daß die vorgelegten Belege in d a s E i g e n t u m des Vers übergehen sollen (§§ 14 Ziff. 5 NoB, 4 (5) S. 1 2. Hs., GrB KK, 4 (4) S. 1 2. Hs. GrB KH, 6 (1) 2. Hs. MB KK). Prölss-Martin (Anm. 2 zu § 6 MB KK) und ihnen folgend Bach-Moser (Rz 8 zu § 6 MB KK) - unklar insoweit LG Stuttgart (29. IX. 1978 VersR 1978 S. 1132) wollen die erstere Klausel als gleichbedeutend mit der Inhaberklausel in §§ 13 ALB a. F. und 11 ALB n. F. ansehen und damit die genannten Belege als Legitimationspapiere im Sinne des § 808 BGB behandeln. Das ist unrichtig. Diese Vorschrift gilt z.B. für einen auf den Inhaber lautenden Vschein (§4). Rechnungen über eine Heilbehandlung sind damit nicht vergleichbar. Vollends unvorstellbar ist es, etwa abhanden gekommen Belege im Wege eines Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklären zu lassen, wie § 808 II 2 BGB vorsieht. Vielmehr ist hier an eine Analogie zu § 370 BGB zu denken, wonach der Überbringer einer Quittung als empfangsberechtigt für die Leistung auf die in der Quittung bezeichnete Forderung gilt, wenn nicht dem Leistenden bekannte Umstände dieser Annahme entgegenstehen (im Ergebnis ebenso LG Stuttgart 29. IX. 1978 VersR 1978 S. 1132; Möller DVZ 1951 S. 54; vgl. auch AG Hamburg 14. XI. 1985 VersR 1987 S. 456 m. krit. Anm. von Hübner). Die dazu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (vgl. z. B. Palandt-Heinrichs Anm. 1—3 zu § 370) können auf die Überbringerklausel unbedenklich analog angewandt werden: Die Aushändigung der Belege an den Überbringer oder Übersender gilt als die Erteilung einer Inkassovollmacht, auch wenn das von ihrem Inhaber nicht Wriede

Κ 391

Anni. [G 41]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

gewollt war. Das Gesetz schützt den damit erzeugten Rechtsschein. Dieser versagt allerdings, wenn der Übergebende geschäftsunfähig ist. Es muß sich um Belege handeln, die den Anforderungen der AVB entsprechen. Zahlungen des Vers aufgrund gefälschter Unterlagen befreien diesen nicht, falls tatsächlich Aufwendungen für einen unter die Deckung fallenden Vsfall eingetreten sind. Anders ist es, wenn gestohlene oder sonst abhandengekommene Unterlagen präsentiert werden. Der Schutz des § 370 BGB versagt nur, wenn der Ver die Tatsachen kennt, die auf eine Nichtberechtigung des Überbringers schließen lassen. Das in § 11 II vorausgesetzte „Verlangen" kann auch von dem nach der Überbringerklausel Empfangsberechtigten ausgesprochen werden. Im übrigen ist die Klausel aus den insoweit zutreffenden Erwägungen des LG Stuttgart (a. a. O.) mit dem AGBG vereinbar. Gemäß §§ 14 Ziff. 5 NoB, 4 (5) S. 1 2. Hs. GrB KK, 6 (1) 2. Hs MB KK sollen die vorgelegten N a c h w e i s e in das E i g e n t u m des Vers ü b e r g e h e n . Eine solche vor der Übergabe im Sinne des § 929 BGB vereinbarte Einigung ist wirksam, so daß es zur Eigentumsübertragung nur noch der Besitzübertragung bedarf. Jedoch sind die Parteien des Vvertrages an diese Einigung nicht gebunden. Sie kann jederzeit bis zur Vollendung der Übergabe frei widerrufen werden (MünchKomm-Quack Rz 99 — 101 zu § 929). Der Vmer kann jedoch nachträglich auf seine Kosten Kopien der Nachweise verlangen können; er muß dafür ein rechtliches Interesse darlegen (§ 810 BGB). [G 41] bbb) Fiktive Vsfálle o) Überblick Die hier behandelten AVB der Krankheitskostenv sehen in unterschiedlichem Umfang Leistungen für ärztliche Verrichtungen vor, die nicht oder nur z. T. auf eine Heilbehandlung gerichtet sind, sondern eine G e s u n d h e i t s v o r s o r g e im w e i t e r e n Sinne zum Gegenstand haben, nämlich prophylaktische Untersuchungen bestimmten Inhalts und die medizinische Betreuung von Schwangeren. Vsleistungen dieser Art gehen über den eigentlichen Zweck der PKV, Aufwendungen für die Bekämpfung oder Linderung von Krankheiten und Unfallfolgen zu ersetzen, hinaus. Sie sind daraufgerichtet, Gesundheitsstörungen zu verhindern. Jedoch hat die u n t e r l a s s e n e I n a n s p r u c h n a h m e der angebotenen Vorsorgemaßnahmen in aller Regel keine nachteiligen Folgen für den Vmer wie bei einem Verstoß gegen vorbeugende Obliegenheiten (vgl. hierzu Anm. F 47 — 58). Die Vornahme solcher Vorsorgeuntersuchungen ist daher kein Vsfall im eigentlichen Sinne, da der Entschluß hierzu nicht vom Eintritt eines ungewissen Ereignisses abhängt. § 1 (2) S. 4 MB KK bringt das treffend zum Ausdruck, indem er die dort aufgeführten Vorgänge als Vsfalle „gelten" läßt und sie damit als fiktive bezeichnet. Anders und daher unrichtig ist die Fassung des § 5 ( l ) b GrB KK und KH. Der Verlauf eines solchen „Vsfalls" ist hier nach Beginn und Dauer der betreffenden Untersuchung und Beratung zu bestimmen. Auch er ist daher vielfach ein gedehnter mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen, die sich z. B. aus der Dauer der materiellen Gefahrtragung ergeben (vgl. Anm. D 5 —12 S . K 8 1 - 9 0 , 16 S. Κ 92 — 93). Diese Fiktion kann zu einigen Zweifelsfragen führen: Im Falle eines Rücktritts wegen Verletzung der wAnzpfl wird § 21 eingreifen, wenn der schuldhaft nicht oder falsch angezeigte Gefahrumstand keinen Einfluß auf den Entschluß zur Inanspruchnahme einer Vorsorgeuntersuchung hatte. Das wird, soweit die medizinische Betreuung einer Schwangeren in Frage steht, regelmäßig der Fall sein, wenn die Schwangerschaft dem Vmer oder der Gefahrsperson nicht vor Vertragsschluß bekannt geworden war. Κ 392

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 42, G 43]

[G 42] β) Vorsorgeuntersuchung Nach §§ 11,15 Ziff. 5 NoB sind Leistungen hierfür ausdrücklich ausgeschlossen. Auf der Grundlage der GrB KK und KH (Präambel I) ist Vsschutz nur für Aufwendungen für eine medizinisch notwendige Heilbehandlung vorgesehen (vgl. Anm. G 7 f.) und damit nicht für solche Untersuchungen. Nach § 1 (2) S. 4b MB KK „gelten ... ambulante Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach gesetzlich eingeführten Programmen (gezielte Vorsorgeuntersuchungen)" als Vsfälle. Damit wird verwiesen auf die Bestimmungen der §§ 25 und 26 SGB V. Nach § 25 a. a. O. haben Vte der GKV, die das 35. Lebensjahr vollendet haben, in jedem zweiten Jahr Anspruch auf eine ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere zur Früherkennung von Herz-, Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie der Zuckerkrankheit. Untersuchungen zur Früherkennung von Krebserkrankungen werden höchstens einmal im Jahr gewährt, und zwar für Frauen frühestens vom 20. Lebensjahr an, für Männer frühestens vom 45. Lebensjahr an. Vte Kinder haben nach § 26 a. a. O. bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres Anspruch auf Untersuchung von Krankheiten, die ihre körperliche und geistige Entwicklung in nicht geringem Maße gefährden. In § 25 (2) und (3) a. a. O. werden weitere Voraussetzungen medizinischer Art und der Verfügbarkeit von Ärzten und Einrichtungen für die Durchführung dieser Untersuchungen aufgeführt. Im einzelnen haben die Bundesausschüsse (§ 91 SBG V) u. a. Richtlinien hierfür zu beschließen (§ 92 (1) Ziff. 3 SGB V). Die bisherigen Richtlinien, die gemäß § 181 (2) RVO a. F. ergangen sind, sind bei Aye-Göbelmann-MüllerSchiekel-Schroeter Bd. 3 Anh. II S. 13 ff. abgedruckt. [G 43] γ) Geburtshilfe, Schwangerschaftuntersuchung und -behandlung Leistungen hierfür sind in §§ 1 (1) NoB, 5 (l)b GrB KK und KH, 1 (2) S. 4 a MB KK vorgesehen. Die von den NoB und GrB in bezug genommenen Tarife enthalten vielfach für Geburtshilfe Pauschalsätze und im Falle notwendiger ärztlicher Kunsthilfe einen erhöhten Satz, durch welchen alle Kosten der Heilbehandlung für einen bestimmten Zeitraum (ζ. B. 10 Tage) abgegolten werden sollen. Aufwendungen für eine darüber hinaus erforderliche Behandlung werden nach den tariflichen Sätzen vergütet (vgl. Ohrt S. 161). Für eine ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft werden nach den NoB und den GrB keine Leistungen gewährt, da dieser Zustand keine Krankheit ist. Erfordern Schwangerschaftsbeschwerden eine notwendige Heilbehandlung, liegt ein „echter" Vsfall vor. Aufwendungen hierfür werden mangels anderweitiger Regelung im Tarif nicht durch den Pauschalsatz abgegolten. § 1 (2) S. 4 a MB KK gewährt darüber hinaus auch Leistungen „für Untersuchung und medizinisch notwendige Behandlung wegen Schwangerschaft und die Entbindung". Danach sind auch bloße Vorsorgeuntersuchungen bei Schwangerschaft gedeckt. Mit dieser Regelung wird die nach den früheren AVB oft schwierige Abgrenzung zwischen dem Vorliegen „normaler" und krankheitsbedingter Schwangerschaftsbeschwerden vermieden. Heilbehandlung wegen dieser ist stets als „echter" Vsfall angesehen worden. Insoweit ist daher die Fiktion eines Vsfalls entbehrlich (Anm. G 41). Zur Behandlung von Schwangerschaftsbeschwerden ist auch ein m e d i z i n i s c h i n d i z i e r t e r A b b r u c h zur Beseitigung eines pathologischen Befundes oder zur Abwendung einer physischen oder psychischen Gefahr für die Schwangere (§ 218 a (1) StGB) zu rechnen. Bei Abbrüchen, die gemäß § 218 a (2) StGB straffrei sind, ist zu unterscheiden: Eugenisch oder sozial indizierte ((2) Ziff. 1 und 3 a. a. O.) fallen nicht unter den Vsschutz, da sie nicht der Verhinderung oder Beseitigung von GesundWriede

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Anm. [G 44]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

heitsstörungen der (vten) Schwangeren dienen (LG Detmold 5. XII. 1984 VersR 1986 S. 336; LG Berlin 25. V. 1978 und 4. VI. 1981 VersR 1983 S. 1180 f.; AG Bremen 2. XI. 1977 VersR 1978 S. 1036; a. A. Becker VW 1980 S. 741). Anders kann es sein im Falle der Ziff. 2 a. a. O., wenn zugleich die engeren Voraussetzungen des (1) Ziff. 2 a. a. O. vorliegen, insbesondere ernste psychische Störungen zu befürchten sind (LG Köln 6.V. 1983 VersR 1983 S. 1180). Nicht unter den Begriff der Untersuchung oder Behandlung wegen Schwangerschaft fallt ihre k ü n s t l i c h e H e r b e i f ü h r u n g (BGH 17. XII. 1986 VersR 1987 S. 278). Jedoch ist nach Ansicht dieses Gerichts eine solche Maßnahme zur medizinisch notwendigen Heilbehandlung einer Frau zu rechnen, die auf natürlichem Wege nicht empfangen kann (Anm. G 8). Die E n t b i n d u n g wird von den MB KK gleichfalls als fiktiver Vsfall eingestuft. Mangels gegenteiliger Tarifbestimmungen — etwa über die Gewährung eines Pauschalsatzes — sind daher die Aufwendungen für Hebammen, Entbindungskliniken und, falls medizinisch notwendig, für ärztliche Verrichtungen und stationäre Behandlung nach den vereinbarten Tarifsätzen zu regulieren (Näheres dazu in Anm. G 61). [G 44] ccc) Summenvsverträge Schrifttum: Bach-Moser Einl. Rz22, 2 7 - 3 0 ; Rz 1 - 6 zu §1 MB KT; Becker VW 1980 S. 7 4 1 - 7 4 3 und S. 8 0 3 - 8 0 6 ; Hof VersR 1974 S. 111-115; Möller Bd. I Anm. 2 4 - 2 6 zu § 1 S. 103 f.; Bd. II Anm. 2 vor § § 4 9 - 8 0 S. 2f.; Prölss-Martin Anm. 2 A b zu § 1; Schmidt-Rimpler VersR 1963 S. 493; Sieg ZVersWiss 1969 S. 495.

α) Überblick Neben der nach den Grundsätzen der Schadensv betriebenen Krankheitskostenv (einschließlich Krankenhauskostenv) bieten die Krankenver in den GrB und MB Summenvsverträge an. Hier sind außer den oft summenmäßig bestimmten Leistungen für Entbindungen (Anm. G 43 und 61) und für Sterbefälle (Anm. G 62) vor allem die daneben oder gesondert abgeschlossenen Verträge zu nennen, die (grundsätzlich) unabhängig von den tatsächlich entstehenden Einbußen feste Tagessätze bei Krankenhausbehandlung (Anm. G 46—48) und Arbeitsunfähigkeit (Anm. G 49 — 53) vorsehen. In Auslandsreisevsverträgen werden teilweise auch Leistungen in Form von Summenvsverträgen — oft neben oder anstelle von Ersatzleistungen für Behandlungskosten — vereinbart (vgl. Moser Studienwerk S. 56 f.). Verträge oder Bestandteile von Krankheitskostenvsverträgen dieser Art sind gemäß § 1 1 2 wirksam. Auf sie sind §§1—48, nicht aber §§49 — 80 — jedenfalls nicht unmittelbar — anwendbar. Jedoch können auch solche Verträge für fremde Rechnung abgeschlossen werden. Auf sie sind die § § 7 4 - 8 0 analog anzuwenden (vgl. §17911; BGH 19. XII. 1973 VersR 1974 S. 184; OLG Köln 30. VII. 1979 VersR 1979 S. 1094, 1095). T a g e g e l d v s v e r t r ä g e werden nach durchaus herrschender und richtiger Ansicht (vgl. ζ. B. BGH 28. IV. 1971 VersR 1971 S. 662, 663; 19. XII. 1973 VersR 1974 S. 184, 185; l l . V . 1976 VersR 1976 S. 756, 757; OLG Köln 3. VIII. 1973 VersR 1974 S. 851, 852; OLG Hamm 14. VI. 1968 VersR 1969 S. 508, 509; OLG Nürnberg 11. IV. 1985 VersR 1986 S. 588, 589; a. A. LG Regensburg 21. XII. 1984 VersR 1986 S. 481 mit krit. Anm. von Härtung VersR 1986 S. 673 f.; zweifelnd Sieg Bd. II Anm. 21 zu § 67 S. 713 f.) a u c h d a n n als S u m m e n v s v e r t r ä g e behandelt, w e n n die zugesagten L e i s t u n g e n d e n w i r t s c h a f t l i c h e n V e r h ä l t n i s s e n des V m e r s a n g e p a ß t w e r d e n sollen und vereinbart wird, daß eine nachhaltige Verschlechterung dieser Verhältnisse dem Ver anzuzeigen ist, woraufhin dieser Leistungen und Prämien dem Κ 394

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G45]

Tarif entsprechend herabsetzen kann (vgl. Anm. F 57 und G 54). Nur wenn eine automatische Anpassung vorgesehen ist, kann eine Schadensv vorliegen (BGH 19. XII. 1973 VersR 1974 S. 184, 185). Eine solche ist in den hier erläuterten AVB nicht enthalten. Nach § 4 (3) MB KT hat der Vmer eine nicht nur vorübergehende Minderung seines Einkommens anzuzeigen (Anm. F 57). Der Ver ist bei Erlangung entsprechender Kenntnis — also auch ohne die erwähnte Anzeige — zur Herabsetzung von Leistung und Prämie nach näherer Regelung in § 4 (4) MB KT berechtigt (Anm. G 54). Geschieht das nicht, so wird im Vsfall das volle Tagegeld geschuldet, auch wenn dadurch der abstrakte Bedarf überschritten wird. Der Ansicht von Sieg (Bd. II Anm. 22 zu § 67 S. 714), die Krankenhaustagegeldv habe Schadensvscharakter, weil sie der Aufstockung der für die Krankenhauskosten zu gewährenden Vsleistungen diene, die meistens zu niedrig vereinbart seien, kann nicht gefolgt werden. Sie würde konsequenterweise bewirken, daß der Ver seine Leistungen insoweit verweigern dürfte, als für die Kosten einer stationären Behandlung anderweitige Deckung, auch z. B. durch einen haftpflichtigen Dritten, besteht (§55). Dafür geben die betreffenden AVB keinen Anhalt. Hiervon abgesehen kann mit einem solchen Vertrag durchaus auch der Zweck verfolgt werden, andere im Falle solcher Behandlung entstehenden Einbußen abzudecken, die durch den Wegfall aktiver Erwerbstätigkeit ausgelöst werden. Diese wird bei notwendiger Krankenhausbehandlung oft weit mehr behindert, als wenn nur Arbeitsunfähigkeit (bei ambulanter Behandlung) besteht. Bei Eintritt des nach dem Vertragsinhalt befürchteten Ereignisses oder Vorgangs, des Vsfalls, ist der Summenver ohne Rücksicht darauf zur Leistung verpflichtet, ob dem Vmer tatsächlich ein Nachteil entsteht. Das vsrechtliche Bereicherungsverbot gilt nicht (Möller Bd. II a. a. O.). Gleichwohl liegt auch diesen Verträgen der Gedanke der Bedarfsdeckung zugrunde, nur mit dem Unterschied, daß ein Nachteil hier nicht konkret nachgewiesen werden muß, sondern lediglich — abstrahiert vom tatsächlichen Geschehen — grundsätzlich unwiderleglich vermutet wird: Als Vsfall kommt nur ein Tatbestand in Betracht, der üblicherweise einen vsbaren Nachteil mit sich bringt. Es kann daher nicht auf beliebig ausgewählte künftige Vorgänge abgestellt werden, sondern auch hier nur auf solche, die nach der Lebenserfahrung die Entstehung von Einbußen für den Vmer/Vten beinhalten. Ein diese Grundsätze verletzender Vertrag wird regelmäßig wegen Mangels eines vbaren abstrakten Interesses im weitesten Sinne unwirksam sein (vgl. Bd. II Anm. 44 zu § 68 S. 809 f.). [G45] ß) Krankenhaustagegeldv Verträge dieser Art sehen in der Regel feste Tagessätze im Fall einer medizinisch notwendigen stationären Behandlung vor. Es handelt sich mithin um eine Summenv (vgl. BGH 11. IV. 1984 VersR 1984 S. 677 ff.; LG Regensburg 3. X. 1977 VersR 1978 S. 415). Der hier vte (abstrakt vermutete) Bedarf kann entweder in der Deckung von Krankenhauskosten oder darin bestehen, daß mit Hilfe der Vsleistungen höhere Aufwendungen ganz oder z. T. ausgeglichen werden sollen, die im Zusammenhang mit der Krankenhausbehandlung entstehen. Diese müssen nicht notwendig die Behandlungskosten betreffen, sie können z. B. auch dazu bestimmt sein, die durch den Ausfall der Gefahrsperson anderweitig entstehenden Einbußen auszugleichen (Ohrt S. 172). Es bedarf jedoch weder bei Abschluß des Vertrages noch nach Eintritt eines Vsfalls des Nachweises, daß solche eintreten werden bzw. eingetreten sind. Wegen des Begriffs des Krankenhauses vgl. Anm. G 13. Die NoB enthalten keine Bestimmungen über diese Vsart. In den GrB KH und den MB KK sind nähere Regelungen vorgesehen (Anm. G 46). Wriede

Κ 395

Anm. [G 46]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

[G 46] αα) Vte Gefahr und Vsfall der Krankenhaustagegeldv Schrifttum: Gruneke S. 91 - 9 3 ; Ohrt S. 164-170.

Gemäß S. 1 der Präambel GrB KH gewährt der Ver „Vsschutz gegen Folgen von Krankheiten und Unfällen, soweit aus medizinischen Gründen stationäre Behandlung im Krankenhaus notwendig wird". In gleicher Weise wird die Leistungspflicht des Vers in § 4 (1) S. 1 GrB KH umschrieben. Gemäß § 5 (1) a GrB KH beginnt der Vsfall „mit dem Eintritt in eine Heilbehandlung, in deren Verlauf die Aufnahme in ein Krankenhaus notwendig wird". In ähnlicher Weise bezeichnet § 1 (1) b MB KK den Vsschutz dahin, daß bei stationärer Behandlung ein Krankenhaustagegeld gewährt wird. § 1 (2) S. 1 MB KK bestimmt, daß der Vsfall mit dem Beginn der Heilbehandlung eintreten soll, d. h. auch dann, wenn im Verlauf einer ambulanten Behandlung gar keine Krankenhausbehandlung stattfindet, eine abwegige Vorstellung. Die vorstehend zitierten R e g e l u n g e n der AVB sind mit dem anerkannten G r u n d s a t z der A b h ä n g i g k e i t zwischen v t e r G e f a h r u n d V s f a l l , insbesondere im Falle der zugunsten des Vmers zwingenden Bestimmungen des VVG, n i c h t v e r e i n b a r (vgl. Anm. G 38). Ferner halten sie einer I n h a l t s k o n t r o l l e n a c h d e m A G Β G nicht stand: Wenn der Ver Vsschutz für Aufwendungen anläßlich einer Krankenhausbehandlung verspricht, erweckt er damit den Eindruck, daß erst dieses Geschehen das befürchtete Ereignis sein soll (so schon OLG Königsberg 13. II. 1940 JRPV 1940 s. 78). Darin liegt der Kern seiner Leistungszusage, die als solche nicht der Inhaltskontrolle unterliegt (Anm. G 4). Diesem Vertragszweck widerspricht es aber, daß schon ein vorangegangenes Ereignis zum Nachteil des Vmers als befürchtet bezeichnet wird. Dadurch wird er, wie in Anm. G 38 ausgeführt, entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, so auch ζ. B. bei Anwendung des § 4 (2) S. 2 GrB KH. §§ 5 ( l ) a GrB KH und 1 (2) S. 2 MB KK sind daher für den Bereich der Krankenhaustagegeldv gemäß §§ 8, 9 (1), (2) Ziff. 2 AGBG i. V. m. den Grundsätzen über eine ergänzende Vertragsauslegung (vgl. Anm. G 4) auf den erwähnten Kern der Gefahrbeschreibung, d. h. dahin zu beschränken, daß der Vsfall erst mit dem Beginn der stationären Behandlung zusammenfällt. Zum Begriff dieser Behandlung und der Frage, ob auch bei nur zeitweiligem oder unterbrochenem Aufenthalt eine solche anzunehmen ist, vgl. Anm. G 13. Die h. M. (OLG Celle 27. XI. 1968 VersR 1969 S. 318 - für die Krankentagegeldv; OLG Hamm 17. IX. 1986 RuS 1987 S. 27; AG Hamburg 23.1.1973 VersR 1974 S. 27 f.; Prölss-Martin Anm. 3 zu § 1 MB KK; Bach-Moser Einl. Rz 43 f.; Ohrt S. 167 f.), die diese Bestimmungen für wirksam hält, ü b e r z e u g t nicht. Wenn man, so auch Bach-Moser (a. a. O. Rz 36 f.), anerkennt, daß vte Gefahr und Vsfall voneinander abhängen, kann man nicht gut den Beginn der stationären Behandlung mit dem oft davor liegenden der ambulanten gleichstellen. OLG Celle und Prölss-Martin gehen auf diese Frage nicht ein. AG Hamburg meint, bei Eintritt einer Erkrankung beginne sich im allgemeinen schon nicht nur die Notwendigkeit einer (ambulanten) Heilbehandlung, sondern auch die Möglichkeit einer stationären zu realisieren. Auch hänge der Beginn dieser Behandlungsform oft vom Entschluß des Patienten und seines Arztes ab. Daher sei es nicht unangemessen, schon den ersteren Zeitpunkt für maßgeblich zu halten. Diese Erwägungen widersprechen dem auch von diesem Gericht betonten Abhängigkeitsverhältnis zwischen vter Gefahr und Vsfall. Nach § 5 (l)a S. 2 GrB KH und gemäß § 1 (2) S. 3 MB KK ist ein n e u e r V s f a l l anzunehmen, wenn während der stationären Behandlung eine mit der bisher behandelten nicht in Zusammenhang stehende Erkrankung oder Unfallfolge auftritt, die gleichfalls einer Krankenhausbehandlung bedarf. Die auf den Eintritt eines Vsfalls K396

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 46]

sich beziehenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen und die im Falle ihrer Verletzung vorgesehenen Rechtsfolgen (vgl. z. B. §§ 61 und III, 21, 251, 271, 38 II, 39 II W G ; 5 (2) GrB KH; 2 (1) S. 2 und 3 MB KK), die möglicherweise für den ersteren Vsfall nicht eingreifen, können daher für den zweiten u. U. erheblich sein (vgl. Anm. G 38 a. E.). Ist der Ver für beide Vsfälle leistungspflichtig, so verdoppelt sich seine Leistung für die Zeit, während der beide nebeneinander bestehen. Das folgt aus dem zugrundeliegenden Gedanken der (nur) vermuteten Bedarfsentstehung ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe dieser tatsächlich gegeben ist. Auch kann es keinen Unterschied machen, ob die mehreren Vsfälle (teilweise) gleichzeitig oder nacheinander andauern. Diese Ansicht findet schließlich darin eine Stütze, daß in den MB KK eine dem § 1 (2) S. 4 MB KT entsprechende Klausel fehlt, wonach Krankentagegeld nur einmal gezahlt wird, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch mehrere Gesundheitsstörungen hervorgerufen wird. Die MB KK 1966 sind 1976 neu gefaßt worden. Schon die MB KT 1972 enthalten in § 1 (2) letzter Satz die erwähnte Bestimmung. Es hätte daher nahe gelegen, eine dieser parallele Klausel einzufügen, nachdem das Problem möglicherweise erst nachträglich erkannt worden war. Die GrB KT enthielten noch keine solche Regelung. Denkbar ist eine Vereinbarung, daß der Ver das K r a n k e n h a u s t a g e g e l d n u r d a n n leisten soll, w e n n die s t a t i o n ä r e B e h a n d l u n g eine gewisse Zeit ü b e r s c h r e i t e t . Eine solche Gestaltung des Vertrages verbilligt den Vsschutz. Fraglich ist, ob der Vsfall dann bereits mit der Einweisung ins Krankenhaus oder erst nach Ablauf der Karenzzeit beginnt. Der BGH (13. III. 1974 VersR 1974 S. 741) hat sich im Falle einer Krankentagegeldv mit 42tägiger Karenzzeit für die erstere Lösung entschieden. Das entspricht nicht dem eingangs dieses Urteils bestätigten Grundsatz über das Abhängigkeitsverhältnis zwischen vter Gefahr und Vsfall. Denn hier besteht das befürchtete Geschehen darin, daß die im Verlauf einer Krankheit eintretende Arbeitsunfähigkeit bzw. die erforderliche stationäre Behandlung länger als die vereinbarte Karenzzeit fortbesteht. Enden Arbeitsunfähigkeit oder Krankenhausbehandlung vorher, so ist der vermutete Bedarf gar nicht eingetreten. Die Erwägung des BGH, auch wenn sich die Gefahr erst mit dem 43. Tag, dem Ablauf der Gehaltsfortzahlung, realisiere, bleibe „es dem Ver gleichwohl unbenommen, diesen Tag bloß als Beginn der eigentlichen Zahlungsfrist zu setzen und den Beginn der vten Gefahr und des Vsfalls anderweitig zu bestimmen", ist wenig überzeugend. Sie verkennt insbesondere, daß vte Gefahr und Vsfall ein Geschehen mit (vermuteten) materiellen Einbußen zum Gegenstand haben. Die von Bach-Moser (Rz 22 zu § 1 MB KT) für die gleiche Ansicht angeführte Entscheidung des OLG Celle (27. XI. 1968 VersR 1969 S. 318) wiederholt lediglich den Wortlaut des § 5 ( l ) a GrB KT, ohne sich mit der hier erörterten Problematik auseinanderzusetzen. Die in § 4 (2) bis (8) GrB KH vorgesehenen R i s i k o b e s c h r ä n k u n g e n sind die gleichen wie in § 4 (2) bis (8) GrB KK. Auf die Erläuterungen hierzu in Anm. G 18 —35 wird daher verwiesen. Die MB KK enthalten keine speziellen Beschränkungen für die Krankenhaustagegeldv mehr. OLG Hamm (3. VI. 1983 VersR 1984 S. 132,133) hat die A n w e n d u n g der Ü b e r m a ß k l a u s e l (jetzt § 5 (2) MB KK) für die Krankenhaustagegeldv abgelehnt, weil sie nur den Umfang des Ersatzes von Aufwendungen des Vmers regele und daher auf die Tagegeldv, die keinen Aufwendungsersatz vorsehe, nicht anzuwenden sei. Das werde — nach der damaligen Fassung der MB KK — dadurch bestätigt, daß nur § 5 (1) MB KK als für die Krankenhaustagegeldv entsprechend anwendbar erklärt werde, nicht aber die Übermaßklausel des § 5 (3) MB KK 66 (S. Κ 38). Die letztere Erwägung mag für diese Fassung richtig sein. Auf der GrundWriede

Κ 397

Anm. [G 47]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

läge der MB KK 76, nach welchen die Übermaßklausel (§ 5 (2) MB KK) auch für die Krankenhaustagegeldv gilt, kann auch das erstere Argument nicht mehr in Betracht kommen. Wie bereits in Anm. G 33 ausgeführt, ist die Klausel rechtssystematisch entbehrlich, weil schon die primäre Gefahrbeschreibung das Moment der medizinischen Notwendigkeit einer (stationären) Heilbehandlung enthält. Diese Notwendigkeit muß nicht nur in bezug auf die Einweisung in ein Krankenhaus vorliegen, sondern auch hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der in Anspruch genommenen Behandlung. Eine übermäßig lange Verweildauer kann daher durchaus unter diesem Aspekt zu prüfen sein. Der V s f a l l soll gemäß §§ 5 ( l ) a S. 1 2. Hs. GrB KH, 1 (2) S. 2 2. Hs. MB KK e n d e n , sobald aus medizinischer Sicht k e i n e B e h a n d l u n g s b e d ü r f t i g k e i t m e h r b e s t e h t . Dieser Zeitpunkt muß nicht notwendig mit dem der Beendigung der Krankenhausbehandlung zusammenfallen, er kann davor oder danach erreicht werden. Die Behandlungsbedürftigkeit endet vorher, wenn der Krankenhausaufenthalt über das objektiv gebotene Maß hinaus ausgedehnt wird; er liegt später, wenn anschließend noch eine weitere (meist ambulante) Behandlung erforderlich ist. Der erstere Fall wirft keine Probleme auf: Vsfall und Leistungspflicht des Vers enden mit dem früheren Zeitpunkt. Gegenüber der zweiten Alternative bestehen ähnliche Bedenken wie wegen des (vorverlegten) Beginns des Vsfalls: Diese „Verlängerung" des Vsfalls benachteiligt den Vmer unangemessen, wenn der Ver für diesen — etwa wegen Nichterfüllung von vor seinem Beginn falligen Rechtspflichten oder Obliegenheiten — leistungsfrei geworden war und dieselbe Gesundheitsstörung oder eine von ihr verursachte weitere erneute stationäre Behandlung erfordert. Dann soll auch für diese keine Leistungspflicht bestehen, selbst wenn jener zur Leistungsfreiheit führende Tatbestand inzwischen behoben, z. B. der qualifizierte Zahlungsverzug (§ 39 II) oder die eingetretene Gefahrerhöhung (§§ 24 II 2. Hs., 27 I 2) beseitigt wurden (so ausdrücklich Ohrt S. 189 f. für die Krankentagegeldv). Diese R e c h t s f o l g e w i d e r s t r e i t e t d e m G r u n d g e d a n k e n d e r in §§ 15a, 34a, 42 zugunsten des Vmers f ü r z w i n g e n d e r k l ä r t e n B e s t i m m u n g e n . Sie sollen, insoweit abweichend von den allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts, sicherstellen, daß nicht jede Vertragswidrigkeit des Vmers sogleich zu einschneidenden Konsequenzen führt, vielmehr sind dafür weitere Voraussetzungen erforderlich. Erst dann kommt die gesetzlich oder vertraglich vorgesehene Sanktion — Leistungsfreiheit, Kündigung oder Rücktritt — in Betracht. Soweit Leistungsfreiheit in Frage steht (z. B. §§ 25, 28, 38 II, 39 II), stellt das VVG auf den dem Vertragsverstoß folgenden Vsfall ab, den es — offenbar im Anschluß an den Unfallbegriff des HGB für das Seevsrecht (z.B. §§818 f., 882 II) - mehr als ein punktuelles Ereignis aufgefaßt hat (Wriede Diss. S. 2 —4, 33 f.). Für spätere Vsfälle soll ersichtlich diese Rechtsfolge nicht mehr gelten, wenn vor ihrem Eintreten der Vertragsverstoß des Vmers behoben wird. Besteht der Vsfall, wie meistens in der PKV, aus einem länger andauernden Vorgang, so entfallt die Leistung des Vers für diesen insgesamt. Es ist aber schon denkgesetzlich nicht möglich, diese Sanktion auf einen Zeitraum zu erstrecken, auf den auch ohne Vertragsverstoß mangels Krankenhausbehandlung ohnehin keine Leistungen entfallen wären. Mit dem erwähnten Grundgedanken erst recht unvereinbar und daher gemäß § 9 (1), (2) Ziff. 1 AGBG unwirksam ist es, mit Hilfe des als weiter fortbestehend konstruierten „Vsfalls" Leistungen für eine erneut notwendig werdende stationäre Behandlung zu versagen, wenn zuvor der Vertragsverstoß behoben wurde. [G 47] ßß) Darlegungs- und Beweislast, Beweisführung Zunächst ist auf die Ausführungen in Anm. G 37 zu verweisen. Nachstehend sollen die Besonderheiten behandelt werden, die sich aus der (primären und sekundären) Umschreibung der vten Gefahr in der Krankenhaustagegeldv ergeben. K398

Wriede

Anm. [G 48, G 49]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Zum Nachweis eines Vsfalls nach den GrB KH hat der Vmer zu belegen (§§ 4 (1), 5 (1) S. 1), daß 1. wegen einer Krankheit oder Unfallfolge eine medizinisch notwendige Heilbehandlung vorliegt (Anm. G 7), 2. für diese aus medizinischen Gründen eine stationäre Behandlung erforderlich ist und 3. das Krankenhaus in Deutschland belegen ist und die im Tarif aufgeführten besonderen Qualifikationen besitzt. Die Nachweise zu 1. und 2. sind durch ärztliche Bescheinigungen der jeweiligen Behandler zu führen. Bei Zweifeln des Vers an ihrer inhaltlichen Richtigkeit ist der zunächst auf den in § 5 (2) e GrB KH vorgesehenen Weg beschränkt. Erst danach kommt eine gerichtliche Auseinandersetzung in Betracht (§ 319 I 2 BGB; vgl. dazu Anm. F 61). Dabei können die Behandler als Zeugen gehört, ihre Aufzeichnungen und dokumentierten Erhebungen als Urkunden verwertet und hierzu ggf. gerichtlich bestellte Sachverständige vernommen werden. Wegen des Nachweises zu 3. vgl. Anm. G 13. Im übrigen kommen hierfür alle zulässigen Beweismittel in Betracht, für private Krankenhäuser ggf. auch die für die Erteilung der Erlaubnis nach § 30 GewO zuständige Behörde. Die MB KK stellen für die Krankenhaustagegeldv über die in § 4 (4) MB KK genannten Voraussetzungen (vgl. hierzu Anm. G 13) hinaus keine weiteren Anforderungen auf. [G 48] γγ) Leistungen der Krankenhaustagegeldv Die GrB KH und die MB KK enthalten keine näheren Bestimmungen über die vom Ver zu erbringenden Leistungen, sondern verweisen insoweit auf die Tarife und ggf. vereinbarte, meist im Vsschein dokumentierte Individualabsprachen (Präambel S. 2 GrB KH, § 4 (1) MB KK). Vielfach hat der Vmer das Recht, statt des festen Tagessatzes die Erstattung der tatsächlich Behandlungskosten bis zu einem Höchstsatz zu fordern. Macht er von dieser Wahl Gebrauch — insoweit sind die §§ 263, 264 II und 265 BGB anzuwenden —, so sind die Vorschriften über die Schadensv maßgeblich (vgl. im einzelnen Anm. G 8 — 40). Zu leisten ist für die Zeit des Krankenhausaufenthaltes (Genaueres zu diesem Begriffs. Anm. G 13). Vor Ablauf etwa vereinbarter Karenztage tritt der Vsfall nicht ein (vgl. Anm. G 46). (G 49] γ) Krankentagegeldv Schrifttum: Bach-Moser Rz 1 - 7 zu §1 MB KT; BAA GB BAA 1980 S. 61; Bresser ZVersWiss 1985 S. 643-654; Gruneke S. 8 7 - 9 1 ; Obermeyer VW 1948 S. 202; Ohrt S. 205-216; Schäfer in Balzer-Jäger Teil I D S. 134/1-134/58.

αα) Überblick Nach der Präambel I GrB KT gewährt der Ver „Vsschutz gegen Folgen von Krankheiten und Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit hervorgerufen wird ...". Gemäß § 1 ( 1 ) MB KT wird „Vsschutz" geboten „gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird". Während danach die GrB KT mehr allgemein Schutz gegen „Folgen" des bezeichneten Geschehens vorsehen, schränken die MB KT diese Folgen auf „Verdienstausfall" ein. Beide Hinweise auf den Gegenstand des Vsschutzes sind auslegungsbedürftig. Wriede

Κ 399

Aron. [G 50]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Der hier zu deckende (abstrakt vermutete) Bedarf kann nur ein materieller sein (Bd. II Anm. 13 f. zu § 52 S. 220 f.), der üblicherweise mit der durch Arbeitsunfähigkeit zusammenhängenden Situation des Vmers oder einer in den Vertrag einbezogenen anderen Gefahrsperson verbunden ist. Materielle Nachteile aufgrund von Arbeitsunfähigkeit können in erster Linie darin bestehen, daß ein Verdienstausfall eintritt. Ferner kann, so vor allem für selbständig Tätige, die Notwendigkeit entstehen, eine Ersatzkraft einzustellen oder Arbeiten anderweitig zu vergeben, so daß hierfür Aufwendungen erforderlich werden (vgl. z. B. OLG Hamm 7. XI. 1975 VersR 1976 S. 554, 555). Der Betroffene kann auch außerstande gesetzt werden, seinen Zahlungsverpflichtungen zu entsprechen (vgl. z. B. LG Osnabrück 23. VI. 1982 VersR 1983 S. 871). Auch solche Einbußen können dadurch verursacht sein, daß durch Arbeitsunfähigkeit Verdienstausfall eintritt. Schließlich kann ein Arbeitgeber das Risiko zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitnehmer durch eine Tagegeldv abdecken (vgl. AG Völklingen 31. X. 1984 VersR 1985 S. 386 f. mit Anm. Bach; Sieg VersR 1985 S. 1109; OhrtS. 230-235). Die B e s c h r ä n k u n g des V s s c h u t z e s in § 1 (1) S. 1 MB KT auf V e r d i e n s t a u s f a l l wird nicht dahin zu verstehen sein, daß nur der Wegfall des Entgelts im engeren Sinne gedeckt werden und der Vmer hinsichtlich der Verwendung der Vsleistungen gebunden sein soll, zumal dieser Umstand bei der Definition des Vsfalls in § 1 (2) MB KT nicht erwähnt wird. Das würde auch mit dem abstrakten Charakter der zugesagten Deckung nicht vereinbar sein. Die Betonung dieses Merkmals im Gegensatz zu der Beschreibung in der Präambel der GrB KT soll vielmehr ebenso wie die Bestimmungen in § 4 (2) — (4) MB KT bewirken, daß die Höhe des Tagegeldes sich am Nettoeinkommen zu orientieren hat (ähnlich Schäfer a. a. O. S. 134/11). Es soll auf diese Weise das in der Krankentagegeldv besonders hohe subjektive Risiko eingedämmt werden (vgl. Anm. F 18). In den Tarifen der Krankentagegeldvsverträgen wird unterschieden zwischen den B e r u f s g r u p p e n der s e l b s t ä n d i g (zum Begriff der selbständig Tätigen vgl. z. B. OLG Hamm 14.1.1983 VersR 1983 S. 1147, 1148) u n d der u n s e l b s t ä n d i g Tätigen. Das Einkommen der ersteren ist zumeist durch mehr oder minder große Schwankungen im Verlauf etwa eines Jahres und dadurch gekennzeichnet, daß es nicht in festen Zeitabschnitten anfallt. Unselbständig tätige Gefahrspersonen beziehen ihre Einkünfte in etwa gleichbleibender Höhe zu festen Terminen und haben bei unverschuldeter Verhinderung ihrer Arbeitsleistung und damit bei (unverschuldeter) Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Fortzahlung ihrer Bezüge auf die Dauer von 6 Wochen (§§ 616 BGB, 63 HGB, 1 - 7 LohnfortzG). Im Anschluß daran, u. U. auch schon vorher, erhalten krankenvspflichtige Angestellte und Arbeiter von ihrer gesetzlichen Krankenkasse ein Krankengeld in Höhe von 80% des sog. Regelentgelts (vgl. §§44 — 51 SGB V). Der durch Arbeitsunfähigkeit ausgelöste finanzielle Bedarf, der durch eine Krankentagegeldv gedeckt werden soll, kann daher bei bei den Berufsgruppen sehr unterschiedlich sein (vgl. die Übersicht bei Schäfer a. a. O. S. 134/ 12—134/16). Dem tragen die Tarife Rechnung. Bei Unselbständigen wird daher das Tagegeld meistens für die Zeit nach Ablauf der 6-Wochenfrist vorgesehen und dabei ggf. der Anspruch auf das gesetzliche Krankengeld aus der GKV berücksichtigt. Der Bedarf der selbständig Tätigen ist ganz individuell nach ihren beruflichen und persönlichen Umständen auszurichten. [G50] ßß) Vte Gefahr Die vte Gefahr ist in den GrB KT nicht gesondert bestimmt. Sie ist aus verschiedenen Bestimmungen zu entnehmen: Nach Präambel I und § 4 (1) S. 1 ist erforderlich, daß infolge von Krankheiten oder Unfällen Arbeitsunfähigkeit eintritt. Aus § 5 (1) Κ 400

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Anm. |G 50]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

1. Hs. ergibt sich darüber hinaus, daß deswegen eine Heilbehandlung vorausgesetzt wird, in deren Verlauf die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Die primäre Gefahrbeschreibung wird daher dahin definiert werden können, daß gedeckt werden sollen die materiellen Einbußen infolge von Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Gesundheitsstörung, die eine medizinisch notwendige Heilbehandlung erfordert. Zu der Frage, in welchem Sinne diese Notwendigkeit rechtlich zu behandeln ist, vgl. weiter unten bei Erläuterung der MB KT. Der Begriff der A r b e i t s u n f ä h i g k e i t wird in § 5 ( l ) a S. 2 GrB KT dahin bestimmt, daß „die vte Person nicht in der Lage ist, ihrer Arbeit nachzugehen, und auch nicht mitarbeitend, leitend oder aufsichtsführend tätig sein kann". Zur Deutung der hier verwendeten einzelnen Begriffsmerkmale ist der allgemeine Sprachgebrauch heranzuziehen, der wesentlich vom Sozialvsrecht geprägt worden ist, so daß in Zweifelsfällen die dort entwickelten Rechtsgrundsätze zur Auslegung herangezogen werden können. Die Gefahrsperson ist „nicht in der Lage", ihrer Arbeit nachzugehen, wenn nach medizinischer Beurteilung ihr Gesundheitszustand sie entweder daran hindert oder sie Gefahr läuft, diesen Befund bei einer ihr noch möglichen Fortsetzung ihrer Tätigkeit zu verschlechtern (BSozG 19. VI. 1963 BSozG E Bd. 19 S. 179, 181). Eine ansteckende und daher andere gefährdende Krankheit, die die Arbeitsfähigkeit der betroffenen Gefahrsperson nicht beeinträchtigt, wird nicht dazu zu rechnen sein (LG Bremen 26. III. 1967 VersR 1967 S. 852). Mit „ihrer A r b e i t " ist die dem Vsvertrag zugrundegelegte und auch ausgeübte Erwerbstätigkeit zu verstehen. Je nach ihrer Eigenart kann das eine eng umgrenzte Funktion sein, sie kann aber auch darin bestehen, daß während einer angemessenen Zeit verschiedene Aufgaben gleichzeitig oder nacheinander ausgeübt werden. Man wird ferner mit dem BSozG (30. V. 1967 BSozG E Bd. 26 S. 288, 290) annehmen können, daß jemand auch dann arbeitsunfähig ist, wenn er eine seiner bisherigen ähnliche Erwerbstätigkeit, die er auch tatsächlich — nicht nur denkbarerweise — übernehmen könnte (vgl. dazu OLG Hamm 16. IV. 1986 VersR 1987 S. 607, 608), nicht mehr verrichten kann oder davon eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes befürchten muß. Gibt die Gefahrsperson ihre Tätigkeit vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit auf, besteht daher kein Anspruch auf die Tagegeldleistung (OLG Köln 18. XII. 1975 VersR 1976 S. 456). Wechselt sie sie während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit — gleichgültig, ob die Veränderung schon vorher in die Wege geleitet worden war oder nicht —, so ist die Arbeitsunfähigkeit (im alten Beruf) beendet (z. B. ein wegen Stimmbanderkrankung arbeitsunfähiger Sänger arbeitet als Dirigent). Erlernt die Gefahrsperson in dieser Zeit einen anderen Beruf (z. B. der nach einem Unfall arbeitsunfähige Sportpädagoge läßt sich auf EDV-Technik umschulen), so wird die Arbeitsunfähigkeit mit dem Tage als beendet angesehen werden müssen, an welchem die Umschulung erfolgreich abgeschlossen ist (LG Köln 20. IV. 1977 VersR 1977 S. 930, 931). Der Annahme einer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit steht nach den GrB KT — abweichend von § 1 (3) MB KT (vgl. dazu unten) — nicht entgegen, daß die Gefahrsperson zusätzlich eine andere als dem Vsvertrag zugrundegelegte Tätigkeit aufnimmt, indem etwa der im Beispiel genannte Sänger Klavierunterricht erteilt. Die Definition der A r b e i t s u n f ä h i g k e i t in § 5 ( l ) a S. 2 GrB KT enthält — anders als § 1 (3) MB KT — nicht das Merkmal, daß sie nur vorübergehender N a t u r sein darf. Das folgt jedoch mittelbar aus §2 (2)a 2. Hs. GrB KT, wonach der Vsvertrag endet, wenn durch ärztliches Zeugnis festgestellt wird, daß die Arbeitsunfähigkeit nicht nur vorübergehend besteht (Näheres dazu in Anm. G 57). Ferner wird für den Begriff der Arbeitsunfähigkeit gefordert, daß die Gefahrsperson „nicht m i t a r b e i t e n d , leitend oder a u f s i c h t s f ü h r e n d tätig sein Wriede

Κ 401

Anm. [G 50]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

k a n n " . Diese Merkmale, deren Feststellung vorwiegend nach medizinischen und arbeitstechnischen Gesichtspunkten zu erfolgen hat, beziehen sich nach dem Satzzusammenhang auf eine solche Mitwirkung bei der bisher ausgeübten Erwerbstätigkeit (vgl. ζ. B. OLG Zweibrücken 25. VII. 1975 VersR 1976 S. 386; OLG Hamm 7. XI. 1975 VersR 1976 S. 554, 555; LG Köln 20. III. 1978 VersR 1979 S. 319; LG Hamburg 20. XI. 1981 VersR 1981 S. 42; LG Koblenz 10. XII. 1980 VersR 1981 S. 1125, 1126), sie schließen also die Übernahme solcher Funktionen bei anderen Tätigkeiten nicht aus. LG Köln weist a. a. O. zutreffend darauf hin, daß die Mitwirkung eine gewisse Intensität haben muß und nicht schon jede Auskunft oder Weisung für das Unternehmen den Anspruch auf das Tagegeld ausschließt. Insofern kommt es sehr auf die Umstände des Falles an (vgl. auch BGH 3. X. 1984 VersR 1985 S. 54, 55: Arbeitsversuche stehen der Annahme einer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit nicht entgegen). Die (sekundären) R i s i k o b e s c h r ä n k u n g e n des §4(2) S. 2, (7) S. 1 GrB KT sind mit denen des § 4 (2) S. 2, (9) S. 1 GrB KK identisch (vgl. dazu Anm. G 27, 1 9 - 2 1 , 23 und 24). - Durch die von §§ 4 (9) S. 3 GrB KK und 4 (8) S. 3 GrB KH abweichende Wortwahl des § 4 (7) S. 2 GrB KT soll nach Ansicht von Ohrt (a. a. O. S. 187) zum Ausdruck gebracht werden, daß hier — anders als nach jenen AVB — Arbeitsunfähigkeit infolge von Berufsunfällen und -krankheiten mit in den Vsschutz einbezogen sind, der Ver aber die Möglichkeit hat, hierfür einen besonderen Risikozuschlag zu fordern. Das ist nicht recht verständlich. Ein solcher Zuschlag kann nur aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung verlangt werden. Fehlt es daran und ergibt sich aus dem Tarif, daß Berufsunfalle und -krankheiten nur bei Vorliegen einer solcher Abrede gedeckt sind, so sind sie eben nicht vt. Es liegt dann ein Risikoausschluß vor. Zum Begriff des Berufsunfalls und der -krankheit vgl. Anm. G 24. Die nach den MB KT vte G e f a h r erschließt sich in ihrer p r i m ä r e n U m s c h r e i b u n g aus den §§ 1 (1), (2) S. 1 und 2,4 (5). Danach besteht das befürchtete Geschehen darin, daß während einer von einem approbierten und niedergelassenen Arzt (Anm. G l i ) , Zahnarzt (Anm. G 12) oder von einem Krankenhaus (Anm. G 13) durchgeführten medizinisch notwendigen Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen (Anm. G 7) eine Verdienstausfall auslösende Arbeitsunfähigkeit eintritt. Diese wird in § 1 (3) MB KT dann als gegeben angesehen, wenn die Gefahrsperson „ihre Berufstätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht". Ein behördlich ausgesprochenes Arbeitsverbot wegen einer ansteckenden Krankheit in der Familie der Gefahrsperson begründet keine Arbeitsunfähigkeit bei ihr (LG Bremen 26. III. 1967 VersR 1967 S. 852). Das aus §§5(1) a GrB KT, 1(2) S. 1 und 2, 4(5) MB KT sich ergebende T a t b e s t a n d s m e r k m a l , d a ß eine medizinisch notwendige H e i l b e h a n d l u n g stattfindet, h a t in rechtlicher Hinsicht eine D o p p e l f u n k t i o n : Diese Behandlung gehört zum Tatbestand des Vsfalls. Die GKV, die vielfach Vorbild für die Regelungen der PKV gewesen ist, stellt allein darauf ab, daß eine Krankheit oder ein Unfall dafür ursächlich ist und ein Arzt diese Ursächlichkeit (und die Arbeitsunfähigkeit) feststellt (Aye-Göbelmann-Müller-Schiekel-Schroeter Anm. 16 und 18 zu § 182 RVO). Arbeitsunfähigkeit kann daher hier auch bei einer Krankheit gegeben sein, die keiner Heilbehandlung (mehr) bedarf, so z. B. bei Verminderung der Sehkraft eines Vten, die einer Behandlung nicht mehr zugänglich ist. Im Gegensatz dazu gehen die GrB KT und MB KT davon aus, daß der Vsfall schon mit Eintritt in die Heilbehandlung beginnt, in deren Verlauf sich Arbeitsunfähigkeit einstellt (wegen der Bedenken gegen diese Konstruktion vgl. Anm. G 38 K402

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 50]

und 46). Jedenfalls in diesem Zeitpunkt muß danach eine medizinisch notwendige Behandlung stattfinden, aufgrund welcher die Frage der Arbeitsunfähigkeit beurteilt werden kann. Sie ist daher nur insofern Tatbestandsmerkmal der Arbeitsunfähigkeit, als die hierfür ursächliche Gesundheitsstörung dadurch qualifiziert sein muß, daß sie nach (zahn)ärztlicher Beurteilung einer Heilbehandlung bedarf. Anders ist dagegen die Forderung des § 4 (5) MB KT zu beurteilen, daß die Gefahrsperson (auch) während der (weiteren) Dauer der Arbeitsunfähigkeit medizinisch behandelt wird. Der Zweck dieser Vorschrift ist ebenso wie in § 9 (4) MB KT und § 5 (2) a GrB KT daraufgerichtet, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu begrenzen. Sie entspricht damit dem Rechtsgedanken des § 62 und unterliegt als vertragliche Obliegenheit dem § 6 III (a. A. LG Karlsruhe 30.1.1986 VersR 1987 S. 759; zweifelnd Bach-Moser Rz 16 zu § 4 MB KT). Für den Begriff der „ b e r u f l i c h e n T ä t i g k e i t " kommt nur diejenige in Betracht, die dem Vsvertrag zugrundeliegt und (vgl. „ihre") von der Gefahrsperson auch ausgeübt wird. Es ist unerheblich, welchen Beruf sie erlernt oder sonst in der Zeit vor Vertragsabschluß ausgeübt hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob die für den „vertraglichen" Beruf arbeitsunfähige Gefahrsperson in einem anderen arbeiten könnte. Darauf kann der Ver sie nicht verweisen, sondern allenfalls auf die Möglichkeiten, die ihr im Rahmen ihrer bisher konkret ausgeübten Tätigkeit trotz ihrer Behinderung verbleiben (OLG Hamm 16. IV. 1986 VersR 1987 S. 759) und die nach der Verkehrsauffassung noch als berufliche Arbeit angesehen werden (OLG Hamm 23. V. 1986 VersR 1987 S. 1085,1086). Dabei ist mit OLG Hamm (18. VI. 1986 VersR 1987 S. 1207 f.) weiter zu fordern, daß der Kreis dieser eingeschränkten Tätigkeiten nach der vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestehenden Organisation des Betriebes ohnehin zum Aufgabenbereich der betroffenen Gefahrsperson gehörte und nicht von anderen wahrgenommen wurde. Das folgt aus dem Wortlaut des § 1 (3) MB KT, wonach jene „ihre berufliche Tätigkeit ... in keiner Weise ausüben kann" (ähnlich ohne auf diese Frage einzugehen OLG Hamburg 10. IV. 1984 VersR 1985 S. 559, 560; OLG Celle 25. XI. 1987 VersR 1988 S. 927; OLG Frankfurt 7. II. 1986 VersR 1987 S. 758 f.; 21. XI. 1985 VersR 1987 S. 349 für die Berufsunfähigkeitzusatzv). Eine F o r t d a u e r d e s s e l b e n D i e n s t - o d e r A r b e i t s v e r h ä l t n i s s e s während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit ist nicht erforderlich. Wird die dem Vsvertrag zugrundegelegte Erwerbstätigkeit beendet, so ist zu klären, ob die Gefahrsperson damit aus dem Berufsleben ausscheidet — dann könnten die Voraussetzungen des § 15 a —c MB KT vorliegen (Genaueres dazu in Anm. G 56 — 58), so daß Leistungen nicht mehr (lit. c) oder nur noch für drei Monate (lit. a und b) zu gewähren sind —, oder ob angenommen werden muß, daß sie ihre Tätigkeit alsbald anderweitig wieder aufnehmen und daher nur zeitweilig ohne eine solche sein wird. In letzterem Falle besteht die Arbeitsunfähigkeit im Sinne der MB KT — ihre sonstigen Voraussetzungen als gegeben unterstellt — fort und kommt insbesondere § 15 a MB KT nicht in Betracht (BGH 19. XII. 1975 VersR 1976 S. 431, 432; OLG Hamm 26. IX. 1984 VersR 1985 S. 1131). LG Bremen (10. X. 1984 VersR 1985 S. 1132) hat für einen solchen Fall angenommen, daß § 15 a MB KT gemäß §§ 3, 6 I AGBG unwirksam sei, ohne sich mit der vorher zu prüfenden Frage zu befassen, ob die Klausel bei Arbeitslosigkeit überhaupt anzuwenden ist. Aber auch im übrigen erscheint diese Ansicht bedenklich: Die Krankentagegeldv soll den bei Arbeitsunfähigkeit eintretenden Verdienstausfall ausgleichen, setzt also eine Erwerbstätigkeit voraus. Entfällt diese auf Dauer und damit auch das Einkommen daraus, so ist die Geschäftsgrundlage nicht mehr gegeben, so daß der Vertrag schon nach den dafür entwickelten Grundsätzen des Schuldrechts beendet werden könnte. Eine Anpassung an die veränderte Sachlage käme für diese Gefahrsperson nicht mehr in Betracht. Dem entspricht die danach zu Unrecht beanstandete Bestimmung. Wriede

Κ 403

Anm. [G 50]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Die vertraglich festgelegte Berufstätigkeit darf „in k e i n e r W e i s e " mehr möglich sein. Das ist vor allem für selbständig Tätige bedeutsam, die oft trotz erheblicher krankheits- oder unfallbedingter Behinderung noch leitend, aufsichtsführend oder kontrollierend für ihr Unternehmen mitwirken oder mitwirken können (vgl. OLG Zweibrücken 25. VII. 1975 VersR 1976 S. 386; OLG Hamm 7. XI. 1975 VersR 1976 S. 554 - beide Entscheidungen betreffen die GrB KT; OLG Hamburg 10. IV. 1984 VersR 1985 S. 559, 560; OLG Celle 25. XI. 1987 VersR 1988 S. 927; LG Koblenz 10. XII. 1980 VersR 1981 S. 1125; LG Lübeck 28. V. 1985 VerbB 1985 S. 38; LG Düsseldorf 18. X. 1985 VerbB 1985 S. 38). Kann die Berufstätigkeit auch nur teilweise wieder aufgenommen werden, endet die Arbeitsunfähigkeit (OLG Zweibrücken a. a. O.; OLG Hamburg a. a. O.; OLG Celle a. a. O.; OLG Köln 26. III. 1987 RuS 1987 S. 171 f.). Von dieser Ansicht rückt OLG Köln (3. XI. 1988 VersR 1989 S. 137 mit kritischer Anmerkung von Lorenz) wieder ab, indem es im Anschluß an Prölss-Martin (Anm. 4 A und Β zu § 1 MB KT) nur für den Beginn der Vsleistungen, d. h. richtig verstanden des Vsfalls (Anm. G 51), völlige Arbeitsunfähigkeit für erforderlich hält, jedoch für dessen Fortbestand auch teilweise Arbeitsunfähigkeit genügen läßt. PrölssMartin stützen sich darauf, daß in § 1 (3) MB KT, der sich nur auf den Beginn des Vsfalls beziehe, der Nebensatz statt mit „solange" mit „wenn" beginne und ferner nach § 1 (2) S. 2 MB KT der Vsfall ende, wenn u. a. keine Arbeitsunfähigkeit mehr bestehe; hier fehle das Erfordernis „völlig". Diese Interpretation ist weder mit der Systematik des § 1 (2) und (3) MB KT vereinbar noch entspricht sie dem Sinn der Regelung. In § 1 (2) S. 1 und 2 a. a. O. wird der Begriff der Arbeitsunfähigkeit zur Beschreibung von Art und Dauer des Vsfalls verwendet, aber nicht näher definiert. Das letztere ist § 1 (3) a. a. O. vorbehalten, wo generell, nämlich durch die Worte „Im Sinne dieser Bedingungen", gesagt wird, was damit gemeint ist. Das gilt daher nicht nur für die Bestimmung des Beginns, sondern ebenso für die des Endes des Vsfalls. Es liegt nichts dafür vor, daß sich diese Definition nur auf das erstere beziehen soll (ebenso mit Recht Lorenz a. a. O.). Aber auch von der Sache her ist die Deutung Martins verfehlt: Danach würde eine nur kurzfristig andauernde völlige mit anschließender länger dauernder teilweiser Arbeitsunfähigkeit für die Annahme eines Vsfalls über den ganzen Zeitraum genügen. So würde etwa eine wenige Minuten währende Bewußtlosigkeit und dadurch verursachter Sturz mit Verstauchung des Handgelenks als längere Arbeitsunfähigkeit gewertet werden, wenn der Betroffene infolgedessen nicht mehr mithelfen, wohl aber noch leitend oder aufsichtsführend tätig sein kann, obgleich er seine „berufliche Tätigkeit" nur während weniger Minuten „in keiner Weise ausüben" konnte. Auch die weiteren Merkmale des § 1 (3) a. a. O. — tatsächliche Nichtausübung der beruflichen oder anderer Erwerbstätigkeit — brauchten sich nach dieser Ansicht nur auf den Beginn zu beziehen. Auch insoweit würde dann ein nur kurzfristiges Einstellen jeder Tätigkeit ausreichen. Das alles ist schon mit dem Sprachgebrauch nicht zu vereinbaren, der unter Arbeitsunfähigkeit einen Zustand von gewisser Dauer versteht. Schließlich weist Lorenz (a. a. O.) zutreffend darauf hin, daß die Auslegung von Martin zu ungerechtfertigten Differenzierungen führt: Wenn zwei Gefahrspersonen wegen des gleichen Leidens nur teilweise in ihrer Arbeitsfähigkeit behindert sind, bei einem von ihnen dies aber die restliche Folge einer nur anfangs zur völligen Arbeitsunfähigkeit führenden Gesundheitsstörung ist, würde dieser auch für die Dauer seiner Teilunfähigkeit Tagegeld erhalten, während der andere keine Leistungen zu beanspruchen hätte. Mit Recht betonen indessen Bach-Moser (Rz 14 zu § 1 MB KT), daß das Erfordernis völliger Arbeitsunfähigkeit für selbständige Erwerbstätige oft unbefriedigend K404

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 50]

ist, weil sie auch dann erhebliche Einbußen erleiden können, wenn sie wegen ihrer Behinderung nur noch in geringem Umfang mitwirken können. Das wird vor allem für kleinere Unternehmen gelten, bei welchen der Geschäftsherr selbst mit „Hand anlegt" und seine Funktionen im übrigen nicht delegieren kann. Eine individuelle Vertragsanpassung ist daher in solchen Fällen ratsam. Die danach in Betracht kommende B e h i n d e r u n g darf n u r „ v o r ü b e r g e h e n d " sein. Ob der Zustand der Gefahrsperson diesem Erfordernis entspricht, ist aufgrund der nach objektiven Gesichtspunkten anzustellenden ärztlichen Prognose zu beurteilen, die zunächst bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit, später nach den jeweils weiteren Befunden zu erstellen ist (§ 9 (1) S. 3, (3) MB KT; vgl. dazu Anm. F 61 und 62). Wenn sich nachträglich herausstellt, daß entgegen der früheren Annahme keine nur vorübergehende Behinderung vorliegt, wird in aller Regel — jedenfalls für den dem Vsvertrag zugrundeliegenden Beruf (vgl. OLG Frankfurt 7. II. 1986 VersR 1987 S. 758 f.) — Berufsunfähigkeit gegeben sein, so daß § 15 b MB KT anzuwenden ist (Anm. G 57). Schließlich soll A r b e i t s u n f ä h i g k e i t n i c h t gegeben sein wenn die Gefahrsperson ihre B e r u f s t ä t i g k e i t — wenn auch nur eingeschränkt — a u s ü b t o d e r einer a n d e r w e i t i g e n T ä t i g k e i t n a c h g e h t . Der BGH (29. VI. 1977 VersR 1977 S. 833, 834) sieht in einer solchen Bestimmung — allerdings im Zusammenhang mit anderen AVB - eine verhüllte Obliegenheit (a. A. OLG Hamm 3. VII. 1987 RuS 1987 S. 293: Risikoausschluß; ebenso Bach-Moser Rz 18 zu § 1 MB KT). Aber auch unabhängig von der vom BGH anzuwendenden Bestimmung ist in der Klausel über die Nichtausübung der beruflichen oder einer anderen Erwerbstätigkeit eine den Bestimmungen der §§ 621 VVG, 9 (4) MB KT nahestehende Obliegenheit anzunehmen (BGH 3. X. 1984 VersR 1985 S. 54, 55; vgl. Anm. F 63). Zu ihrer Erfüllung kann im Einzelfall auch die Erprobung der eigenen Arbeitsfähigkeiten im Rahmen eines Arbeitsversuchs gehören (BGH a. a. O.), so daß gleichwohl die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit denkbar ist. Es kommt dabei auf die ärztliche Beurteilung an. Die so umschriebene vte Gefahr wird durch eine Anzahl R i s i k o b e s c h r ä n k u n gen näher umgrenzt: Die mit Hilfe von Wartezeiten in z e i t l i c h e r H i n s i c h t vorgesehenen Einschränkungen der Gefahrtragung des § 2 MB KT sind identisch mit denen des § 2 MB KK. Auf die entsprechenden Erläuterungen in Anm. G 27 a. E. wird verwiesen: Es handelt sich hierbei n i c h t um R i s i k o a u s s c h l ü s s e , sondern um eine (klarstellende) zeitliche Eingrenzung der vten Gefahr. Gleichfalls eine zeitliche Einschränkung der Gefahrtragung liegt vor, wenn — ebenso wie in der Krankenhaustagegeldv (vgl. Anm. G 46) — vereinbart ist, daß die Tagegeldleistung erst beginnen soll, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als eine bestimmte Zeit andauert, so wenn der Vmer sein Arbeitsentgelt noch für eine bestimmte Zeit fortbezieht. Das entspricht dem in § 4 (2) MB KT zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, daß nur der durch Arbeitsunfähigkeit ausgelöste (vermutete) Bedarf durch Vsleistungen abgedeckt werden soll. Hinsichtlich der in § 5 (1) a u. b MB KT enthaltenen Risikoausschlüsse wegen Kriegsereignissen, Wehrdienstbeschädigungen und vorsätzlicher Herbeiführung von Krankheiten oder Unfällen sowie wegen Entziehungskuren und -maßnahmen ist auf die Ausführungen zu § 5 ( l ) a u. b MB KK in Anm. G 19, 21 und 30 zu verweisen. Beide Bestimmungen sind im wesentlichen gleichlautend. Bezüglich des in § 5 (I) c MB KT vorgesehenen Leistungsausschlusses für a l k o h o l b e d i n g t e K r a n k h e i t e n o d e r U n f ä l l e wird zunächst auf Anm. G 20 Bezug genommen. Anders als nach den dort erläuterten Bestimmungen sind hier Leistungen für Krankheiten und Unfallfolgen ausgeschlossen, „die auf eine d u r c h A l k o h o l g e n u ß b e d i n g t e BeWriede

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w u ß t s e i n s s t ö r u n g zurückzuführen sind". Als Bewußtseinsstörung ist nicht nur eine völlige Bewußtlosigkeit zu verstehen, sondern auch schon eine teilweise Trübung des Bewußtseins, durch die die Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit erheblich eingeschränkt wird (BGH 24. X. 1955 VersR 1955 S. 732; 10. II. 1982 VersR 1982 S. 463, 464; OLG Köln 17. III. 1958 VersR 1958 S. 281; 6. II. 1970 VersR 1970 S. 760, 761). In jedem Falle ist jedoch, wie in der Rechtsprechung zu § 3 Ziff. 4 AUB anerkannt, nicht allein die Blutalkoholkonzentration ausschlaggebend. Es sind vielmehr alle Umstände des Falles, insbesondere die Situation zu berücksichtigen, in der sich der Betreffende zur Zeit des Eintritts der Krankheit oder des Unfalls befand. Die an das Reaktionsvermögen zu stellenden Anforderungen zur Beherrschung der Gefahrslage sind im Straßenverkehr höher anzusetzen als etwa bei häuslichen Vorgängen (BGH 10. II. 1982 a. a. O.). Die Bewußtseinsstörung muß für den Vsfall ursächlich geworden sein. Es genügt, wie auch sonst nach der maßgeblichen Adäquanztheorie bei der Beurteilung von Kausalzusammenhängen, daß die Störung für die Krankheit oder den Unfall und seine gesundheitlichen Folgen mitursächlich gewesen ist (BGH 9. VII. 1957 VersR 1957 S. 509). Bei Mitursächlichkeit gedeckter Umstände sind die Erläuterungen in Anm. G 36 zu beachten. Gemäß § 5 (1) d MB KT ist die Gefahrtragung für eine Arbeitsunfähigkeit ausgeschlossen, die allein auf einer S c h w a n g e r s c h a f t beruht. Das hätte nicht notwendig — noch dazu in der Form eines Risikoausschlusses — bestimmt zu werden brauchen, weil Schwangerschaft keine Krankheit ist; eine dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit fallt schon nach § 1 (1) bis (3) MB KT nicht unter die vte Gefahr. Sind Krankheit oder Unfallfolgen im Zusammenwirken mit oder unabhängig von der Schwangerschaft ursächlich für die Arbeitsunfähigkeit, so ist der Ver nach den in Anm. G 36 dargestellten Grundsätzen leistungspflichtig, da der Umstand „Schwangerschaft", wie erwähnt, kein Risikoausschluß ist, sondern nur klarstellend die ausschließlich hierauf beruhende Arbeitsunfähigkeit vom Vsschutz ausnimmt (ebenso Bach-Moser Rz 7 zu § 5 MB KT). Daneben hat die Bestimmung Bedeutung für die Beweislast (Anm. G 52). S c h w a n g e r s c h a f t s b e s c h w e r d e n , die eine medizinisch notwendige Heilbehandlung erfordern, beruhen nicht ausschließlich auf der Schwangerschaft. Für eine dadurch ausgelöste Arbeitsunfähigkeit ist der Ver daher leistungspflichtig. Eine E n t b i n d u n g ist gleichfalls keine Krankheit und die dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit begründet keinen Vsfall (§ 1 (2) S. 1 MB KT). Bei E n t b i n d u n g mit ä r z t l i c h e r K u n s t h i l f e liegt ein Krankheitsbefund vor, der einer Heilbehandlung bedarf. Da die Klausel schlechthin auf Entbindung abstellt, ohne insoweit zu differenzieren, wird hier ein Risikoausschluß anzunehmen sein, zumal hier das Wort „ausschließlich" fehlt. Ebenso sind Risikoausschlüsse gegeben, wenn a. a. O. bestimmt wird, daß nicht gehaftet wird bei Arbeitsunfähigkeit infolge eines S c h w a n g e r s c h a f t s a b b r u c h s (Näheres zu diesem Begriff z. B. bei Rieger Rz 1591; Lackner StGB 15. Aufl. 1983 Anm. 2 zu § 218; Anm. G 43) oder einer (auf andere Ursachen zurückzuführenden) Fehlgeburt. Die erstere Eingrenzung beinhaltet eine Verschärfung des Rechtsgedankens des (auf die Tagegeldv nicht anwendbaren) § 61. Denn durch die Einleitung des Abbruchs wird ein regelwidriger Gesundheitszustand verursacht. Der Ausschluß geht auch über den § 5 (1) b MB KT geregelten Tatbestand hinaus, der Vorsatz erfordert. Hier kommt es nicht auf ein Verschulden an, es wird allein auf den objektiven Vorgang abgestellt, gleichgültig ob von der Schwangeren oder anderen veranlaßt, ob das Vorgehen nach den §§ 218 ff. StGB zulässig war oder nicht. Auch die Zustimmung der Schwangeren ist unerheblich. Zweifelhaft ist, ob ein m e d i z i n i s c h i n d i z i e r t e r A b b r u c h unter diesen Ausschluß fällt. Nach dem Wortlaut könnte das zu bejahen sein, da die Klausel insoweit Κ 406

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Anm. [G 50]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

keine Ausnahme zuläßt und die Schwangerschaft für den einer Heilbehandlung bedürftigen Befund mitursächlich ist. Da jedoch der Ausschluß bei bloßen Schwangerschaftsbeschwerden, die einer Heilbehandlung bedürfen, nicht eingreift (s. oben), wäre es sinnwidrig, bei krankhaften oder unfallbedingten Entwicklungen, die gar einen Abbruch gebieten, anders zu entscheiden (im Ergebnis ebenso Becker a. a. O.). Der Tatbestand einer F e h l g e b u r t ist nach allgemeinem Sprachgebrauch gegeben, wenn eine unreife, nicht lebensfähige Frucht innerhalb der ersten 28 Schwangerschaftswochen ohne Zutun der Schwangeren oder eines Dritten abgestoßen wird (Brockhaus Bd. 3 S. 667). Eine Ausstoßung in der folgenden Zeit gilt als Frühgeburt. Diese wird von der Ausschlußklausel daher nicht erfaßt. Im Personenstandsrecht gilt in ähnlichem Sinne, jedoch näher eingegrenzt, als Fehlgeburt ein vom Mutterleib geschiedenes Kind, bei dem weder das Herz geschlagen, noch die Nabelschnur pulsiert oder die natürliche Lungenatmung eingesetzt und sein Gewicht weniger als 1 000 g betragen hat (§ 29 (1) u. (3) VO zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 25. II. 1977 - BGBl I S. 377 - in der Fassung vom 29. IV. 1979 - BGBl I S. 493). Dieser gesetzlich festgelegte Begriff wird in Zweifelsfällen in der Tagegeldv herangezogen werden können. Sind Krankheiten oder Unfallfolgen neben dem Schwangerschaftsabbruch oder der Fehlgeburt oder unabhängig davon in gleicher Weise für eine Arbeitsunfähigkeit ursächlich, so gelten die in Anm. G 36 dargestellten Grundsätze. § 5 (1) e MB KT schließt die Gefahrtragung des Vers ferner für die Zeit aus, in welcher Schwangere und Wöchnerinnen nach den Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes vom 18. IV. 1968 (BGB1I S. 215 - MuSchG), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. XII. 1985 (BGBl I S. 2154), der VO über den Mutterschutz für Beamtinnen in der Fassung vom 20. XII. 1983 (BGBl I S. 1496) bzw. der VO über den Mutterschutz für Frauen in der Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes vom 22.1. 1976 (BGBl I S. 176) in der Fassung vom 9. II. 1984 (BGBl I S. 238) M u t t e r s c h u t z genießen. Das sind im wesentlichen 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Entbindung. Die letztere Frist beträgt 12 Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten (§§ 3 (2), 6 (1) MuSchG). Maßgeblich ist der mutmaßliche Tag der Entbindung (§ 5 (2) MuSchG; OLG Karlsruhe 15.1.1987 VersR 1988 S. 510, 511). Der Schutz nach dem erstgenannten Gesetz gilt nur für Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen sowie für in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen Gleichgestellte im Sinne des Heimarbeitsgesetzes vom 14. III. 1951 (BGBl I S. 191), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. X. 1974 (BGBl I S. 2879). Nicht ausdrücklich geregelt ist die Frage, ob für V s f ä l l e gehaftet wird, die v o r B e g i n n d i e s e s Z e i t r a u m s e i n g e t r e t e n sind u n d dann n o c h a n d a u e r n . Ebenso ist unklar, wie die Rechtslage ist, wenn während dieser Zeit A r b e i t s u n f ä h i g k e i t im Sinne des § 1 (3) MB KT eintritt und bei F r i s t a b l a u f n o c h f o r t b e s t e h t . Die Klausel geht ersichtlich davon aus, daß während des genannten Zeitraums der (vermutete) vte Bedarf nicht besteht, da den geschützten Frauen in dieser Zeit gemäß § 13 MuSchG Mutterschaftsgeld zusteht (ähnlich OLG Karlsruhe 15.1.1987 VersR 1988 S. 510, 511). Dem entspricht es anzunehmen, daß bei zuvor eingetretener Arbeitsunfähigkeit für den „überhängenden" Teil nicht gehaftet wird. Für die zweite Alternative bietet sich eine Analogie zu § 2 S. 3 MB KT an: Für die nach Fristablauf fortbestehende Arbeitsunfähigkeit besteht Vsschutz. Für s e l b s t ä n d i g t ä t i g e G e f a h r s p e r s o n e n — zum Begriff des selbständig Tätigen vgl. OLG Hamm 14.1.1983 VersR 1983 S. 1147, 1148 - besteht kein Vsschutz in der Zeit, während der sie nach den erwähnten gesetzlichen Bestimmungen Mutterschutz genießen würden, wenn sie in einem Arbeitsverhältnis stünden, außer wenn die Arbeitsunfähigkeit (im Sinne des § 1 (3) MB KT) nicht auf einem SchwanWriede

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gerschaftsabbruch, einer Fehlgeburt oder einer Entbindung mit ärztlicher Kunsthilfe beruht — nur diese kommt als Risikoausschluß in Betracht — (S. 2 a. a. O.). Die an gleicher Stelle genannten Vorgänge einer „normalen" Entbindung und der Schwangerschaft können ohnehin keine Arbeitsunfähigkeit gemäß § 1 (3) MB KT begründen. Die Formulierung des S. 2 a. a. O. ist reichlich umständlich und offenbar von Beweislasterwägungen bestimmt (vgl. dazu Anm. G 52). Die Bestimmung besagt in einfachen Worten, daß in der Zeit von 6 Wochen vor und 8 bzw. 12 Wochen nach der Entbindung nicht gehaftet wird für eine Arbeitsunfähigkeit, die durch Schwangerschaftsabbruch, Fehlgeburt oder Entbindung mit ärztlicher Kunsthilfe verursacht wird. Insoweit liegt ein Risikoausschluß vor. § 5 (l)e MB KT verstößt nicht gegen § 9 AGBG (OLG Karlsruhe a. a. O.). § 5 (1) f. S. 1 MB KT enthält einen räumlich bestimmten Risikoausschluß: Arbeitsunfähigkeit ist grundsätzlich nur dann relevant, wenn und solange die Gefahrsperson sich an ihrem W o h n s i t z aufhält (OLG Düsseldorf 19. X. 1976 VersR 1977 S. 716). Damit soll offenbar wegen des hohen subjektiven Risikos vermieden werden, daß vom Ver gemäß § 9 (2) und (3) MB KT veranlaßte Kontrollen und Nachuntersuchungen durch Ortswechsel erschwert oder gar unmöglich gemacht werden (LG Köln 20. IV. 1977 VersR 1977 S. 930, 931; Bach-Moser Rz 10 zu § 5 MB KT). Der Wohnsitz ist nach den §§7 — 11 BGB zu bestimmen: Es ist die kleinste politische Einheit, d. h. zumeist die Gemeinde, in der sich die Gefahrsperson ständig niederläßt. Wegen des Wohnsitzes nicht voll geschäftsfähiger Personen, von Soldaten und Kindern vgl. §§8 — 11 BGB. Die erwähnte Kontrolle Arbeitsunfähiger kann dadurch erschwert werden, daß eine Gefahrsperson gemäß § 7 II BGB mehrere Wohnsitze haben kann. Bach-Moser (Rz 11 zu § 5 MB KT) wollen als Wohnsitz nur den dem Ver gemeldeten gelten lassen, räumen aber ein, daß dies im Wortlaut der Klausel nicht zum Ausdruck kommt. Das ist auch mit dem erwähnten Zweck nicht zu begründen. Wesentlich ist, daß der Arbeitsunfähige sich in seinem gewohnten Lebenskreis befindet, weil ihm in aller Regel dort die beste Heilfürsorge gewährt werden kann. Für die vom Ver durchzuführenden Kontrollen kann allenfalls eine zeitliche Verzögerung eintreten, wenn sich die Gefahrsperson nicht an dem gemeldeten, sondern am tatsächlichen Wohnsitz aufhält. Auf der anderen Seite wäre es aber für den Vmer ein unberechtigter Nachteil, wollte man die Leistungspflicht des Vers davon abhängig machen, daß jener jeweils vor Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit einen etwaigen Wohnsitzwechsel anzeigt. Die Wohnsitzklausel sieht zwei A u s n a h m e n vor: Sie gilt zunächst dann nicht, wenn die Gefahrsperson sich außerhalb in medizinisch notwendiger stationärer Behandlung befindet. Diese muß den Voraussetzungen des § 4 (8) oder (9) MB KT entsprechen (vgl. dazu Anm. G 13 bzw. 28). Ferner kommt sie dann nicht mehr in Betracht, wenn die Gefahrsperson außerhalb ihres Wohnsitzes in Deutschland arbeitsunfähig wird, solange die Erkrankung oder Unfallfolge nach objektivem medizinischem Befund eine Rückkehr nach dort ausschließt (S. 2 a. a. O.). Zweifelhaft ist dabei, ob es sich bei der angesprochenen Krankheit oder Unfallfolge um diejenige handeln muß, welche die Arbeitsunfähigkeit verursacht hat oder ob es ausreicht, daß eine andere die Rückkehr verhindert. Diese Frage wird in letzterem Sinne zu entscheiden sein. Es handelt sich hier um eine Billigkeitsregelung, die auch in einem solchen Sonderfall eingreifen sollte. Das Gebot zur Rückkehr bei Reisefähigkeit ist als nach Beginn des Vsfalls zu erfüllende Minderungsobliegenheit zu qualifizieren, die § 6 III unterliegt (vgl. dazu Anm. F 63). Eine weitere Ausnahme von der Wohnsitzklausel findet sich in § 1 (5) S. 2 MB KT. Diese Bestimmung ist in Anm. G 10 a. E. näher erläutert. Nach § 5 (1) g MB KT wird die Zeitspanne aus der Leistungspflicht ausgegrenzt, während welcher die Gefahrsperson sich in einer K u r - o d e r S a n a t o r i u m s b e K408

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 50]

h a n d l u n g befindet oder R e h a b i l i t a t i o n s m a ß n a h m e n eines gesetzlichen Rehabilitationsträgers in Anspruch nimmt. Vgl. dazu zunächst Anm. G 28. Diesen Beschränkungen liegen offenbar zwei unterschiedlich zu bewertende Gesichtspunkte zugrunde, die der Sache nach nicht zusammengehören. Die Ausgrenzung der Zeit einer Kur- und Sanatoriumsbehandlung dient ersichtlich der Eindämmung des subjektiven Risikos; denn es liegt nahe anzunehmen, daß der Vmer leicht geneigt sein kann, während einer solchen Zeit Arbeitsunfähigkeit vorzutäuschen, um in den Genuß der Tagegeldleistung, etwa zur (Mit)finanzierung der Behandlungskosten, zu kommen. Andererseits wird derjenige Arbeitsunfähige, der sich in eine solche Behandlung begibt, in aller Regel seine Obliegenheit aus § 9 (4) MB KT betätigen, für die Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit zu sorgen. Das Unterlassen einer solchen ihm, insbesondere finanziell möglichen Kur könnte unter den Voraussetzungen des § 6 III zur Leistungsfreiheit des Vers führen, ein widersinniges Ergebnis, da der Ver hiernach in jedem Falle frei wäre. Da überdies die Gefahrsperson auch während der Kur der laufenden Kontrolle des Vers gemäß § 9 (2) und (3) MB KT nicht entzogen ist, erscheint dieser Ausschluß in dem gedachten Fall einer vorher bereits bestehenden Arbeitsunfähigkeit mit dem Zweck des Vertrages unvereinbar und daher gemäß § 9 (1) (2) Ziff. 2 AGBG unwirksam (ebenso AG Koblenz 24. X. 1985 VersR 1987 S. 554 f.; ähnlich Prölss-Martin Anm. 1 zu §5 MB KT: einschränkende Anwendung geboten, indem an die Nachweise strenge Anforderungen gestellt werden; vgl. auch Bach-Moser Rz 15 zu § 5 MB KT). Wird eine Gefahrsperson während einer Kur- oder Sanatoriumsbehandlung arbeitsunfähig, so konkurrieren § 5 (l)g und § 5 (l)f. S. 2 MB KT. Hier kann — je nach Art der zur Arbeitsunfähigkeit führenden Gesundheitsstörung — der gleiche Widerstreit eintreten: Verbleibt sie in dieser Behandlung, obwohl ihr Zustand eine Rückkehr an den Wohnsitz gestattet, würde der Ver nach der letzteren Klausel unter den weiteren Voraussetzungen des E 6 III VVG frei sein. Ist jedoch die weitere Behandlung durch das Sanatorium geeignet, die Arbeitsfähigkeit alsbald wiederherzustellen, wird man diese Konsequenz trotz § 5 (l)g MB KT nicht eintreten lassen können. Das subjektive Risiko, das für diesen Ausschluß bestimmend gewesen sein mag, kann für den Fall von R e h a b i l i t a t i o n s m a ß n a h m e n g e s e t z l i c h e r R e h a b i l i t a t i o n s t r ä g e r (vgl. Anm. G 28) nicht in gleicher Weise in Betracht kommen, da diese Behandlung regelmäßig nur bei medizinischer Notwendigkeit bewilligt werden dürfte. Auch besteht während dieser Zeit — ähnlich wie im Falle des § 5 ( l ) e MB KT — der (vermutete) Bedarf an Tagegeldleistung nicht oder nur in geringerem Umfang, weil der betreffende Patient auf Kosten des gesetzlichen Trägers versorgt wird und auch Geldleistungen erhält (§§ 9 ff. RehAnglG). Für diejenigen, die keine solchen Ansprüche haben, kann in der Klausel eine erhebliche Härte liegen. Dem kann durch entsprechende Ergänzung des Vertrages abgeholfen werden; Das ist auch aufsichtsrechtlich zulässig, wie § 5 (l)g 2. Hs. zeigt. Die in § 5 (2) MB KT enthaltene K u r o r t k l a u s e l stellt allein auf den Aufenthalt in einem Kurort oder Heilbad ab. Sie beinhaltet keine Obliegenheit (Anm. G 28; vgl. dort auch die Erläuterungen zum Begriff des Kurorts). Der Ausschluß soll nicht eingreifen, wenn die Gefahrsperson dort ihren Wohnsitz (§§7 — 11 BGB) hat (einen „ständigen Wohnsitz" gibt es daneben nach deutschem Recht nicht) oder während eines vorübergehenden Aufenthalts dort durch eine „vom Aufenthaltszweck unabhängige akute Erkrankung oder einen dort eingetretenen Unfall arbeitsunfähig wird". Von a k u t e r K r a n k h e i t wird gesprochen, wenn diese plötzlich auftritt, von heftigem Schmerz und kurz andauerndem Verlauf gekennzeichnet ist im Gegensatz zu solcher, die chronisch genannt wird, d. h. langsam verläuft oder sich langsam Wriede

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Anm. (G 51]

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entwickelt (Duden S. 83, 184). Diese Gegenausnahme ist danach sehr eng begrenzt und geht über den damit verfolgten Zweck, das subjektive Risiko im Zusammenhang mit Kuraufenthalten einzuschränken, erheblich hinaus. Auch eine in diesem Sinne nicht akute Erkrankung, ζ. B. ein Krebsleiden, kann sich sehr plötzlich bemerkbar machen und sogleich zur Arbeitsunfähigkeit führen, die eine alsbaldige Rückkehr an den Wohnsitz ausschließt. Es wäre nicht angemesseen, in solchem Falle den Haftungsausschluß eingreifen zu lassen. Insoweit verstößt die Klausel gegen §§ 8, 9 (2) Ziff. 2 AGBG und ist damit unwirksam. Die getroffene Unterscheidung erscheint willkürlich und von der Sachlage her nicht gerechtfertigt. Die Erkrankung muß ferner vom A u f e n t h a l t s z w e c k u n a b h ä n g i g sein. Dieser Zweck wird häufig darauf gerichtet sein, die klimatischen, balneologischen oder sonstigen gesundheitsfördernden Einrichtungen und Eigenschaften des Ortes im eigenen Interesse in Anspruch zu nehmen. Er kann aber auch darin bestehen, dort wohnende oder sich vorübergehend aufhaltende Dritte wegen eines persönlichen Kontakts aufzusuchen, dort berufliche Interessen wahrzunehmen oder Verpflichtungen zu erfüllen. In solchen Fällen ist die Beschränkung der Ausnahmeregelung auf akute Erkrankungen erst recht unangemessen. Vielmehr ist nur die Regelung des § 5 (l)f. S. 2 MB KT einschlägig. Die zur Arbeitsunfähigkeit führende Krankheit soll schließlich von diesem Zweck unabhängig sein. Damit ist offenbar gemeint, daß sie mit dieser Zweckverfolgung in keinem Zusammenhang stehen darf, insbesondere also nicht die Absicht besteht, die gesundheitsfördernden Einrichtungen oder Eigenschaften des Ortes zur Bekämpfung bereits bestehender, vielleicht auch nur befürchteter oder in der Entstehung begriffener Krankheiten zu nutzen. Die erwähnten denkbaren anderen Zwecke sind in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Auch im Anwendungsbereich des § 5 (2) MB KT kann es zu der oben (zu § 5 (1) g MB KT) erörterten Widersprüchlichkeit zwischen Kurbehandlung und der Obliegenheit auf § 9 (4) MB KT kommen. Steht die Erfüllung der letzteren aus medizinischer Sicht im Vordergrund, wird der Leistungsausschluß im Hinblick auf § 9 (2) Ziff. 2 AGBG nicht eingreifen können. § 5 (2) MB KT erscheint daher in verschiedener Hinsicht angreifbar. Die Bestimmung sollte ebenso wie § 5 (1) b MB KT unter den Zustimmungsvorbehalt des Vers gestellt werden (so mit Recht Prölss-Martin Anm. 1 zu § 5). Damit würden allerdings nicht alle Zweifelsfälle ausgeräumt werden können. [G 511 γγ) Vsfall Gemäß § 5(1) a S. 1 GrB KT soll Vsfall die Heilbehandlung sein, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit eintritt. Entsprechendes ergibt § 1 (2) S. 1 MB KT. Er soll mit dieser Behandlung beginnen und enden, sobald nach medizinischem Befund weder Arbeitsunfähigkeit noch Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen. Diese D e f i n i t i o n ist in m e h r f a c h e r H i n s i c h t a n g r e i f b a r . Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen in Anm. G 38 und 46 verwiesen, wonach diese Begriffsbildung mit dem u. a. vom BGH anerkannten Abhängigkeitsverhältnis zwischen vter Gefahr und Vsfall unvereinbar ist, auch gegen einige zugunsten des Vmers zwingende Bestimmungen des VVG verstößt sowie in bestimmten Fällen gemäß § 9 (1), (2) Ziff. 2 AGBG unwirksam ist. Die z.T. wortreichen Bemühungen zur Rechtfertigung dieser Diskrepanzen (ζ. B. Ohrt S. 188 f., Bach-Moser Rz 8 zu § 1 MB KT) überzeugen nicht. Es ist zwar durchaus sinnvoll, behandlungsbedürftige Gesundheitsstörungen und Arbeitsunfähigkeit für die Begriffsbildung in Zusammenhang zu bringen. Ein Rechtsbegriff mit zwei Voraussetzungen kann aber nicht schon dann gegeben sein, wenn nur die eine vorliegt. Warum es hier anders sein soll, ist weder aus dem „Sinn der V" noch daraus zu ersehen, daß mit der K410

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 52]

Erkrankung oder dem Unfall bereits schicksalsmäßig die spätere Arbeitsunfähigkeit verbunden ist, wie sich erst nachträglich herausstellt (Ohrt a. a. O.). Der hier vertretenen Ansicht entspricht es, daß auch die Risikobeschränkungen des § 5 MB KT nur auf die Arbeitsunfähigkeit und nicht auf die Heilbehandlung Bezug nehmen. Im Sinne der obigen Definitionen ist es an sich folgerichtig, den Vsfall erst dann enden zu lassen, wenn kumulativ Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit (aus medizinischer Sicht) nicht mehr gegeben sind. Die Konsequenzen sind aber offenbar wenig durchdacht: Vielfach wird die Arbeitsunfähigkeit vor der Behandlungsbedürftigkeit enden. Dann müßte folgerichtig der Ver die Tagegelder bis zum Abschluß der letzteren leisten, was sicher nicht dem Zweck des Vertrages als Verdienstausfallv entspricht. In § 1 (1) S. 2 MB KT wird die Leistung auch ausdrücklich auf die Dauer der ersteren begrenzt. Entsprechendes ergibt sich aus den Tarifen zu den GrB KT. Mit dieser Regelung soll ersichtlich zum Nachteil des Vmers erreicht werden, daß bei erneuter Arbeitsunfähigkeit während derselben Heilbehandlung die bei Beginn des Vsfalls u. U. bestehende Leistungsfreiheit weiter gegeben sein soll, die wegen Nichterfüllung von vorher falligen Rechtspflichten oder Obliegenheiten eingetreten war (so ausdrücklich Ohrt S. 189 f.). Es kann aber auch der Fall eintreten, daß die Behandlungsbedürftigkeit endet, obwohl die Gefahrsperson noch arbeitsunfähig ist, so z. B. wenn nach einer ausgeheilten Fraktur der Patient seine dadurch eingeschränkte Beweglichkeit, die zur Leistung seiner Arbeit erforderlich ist, noch durch eigene Übungen wiederherstellen muß, oder wenn er nach abgeschlossener Behandlung eines chirurgischen Eingriffs noch der Schonung bedarf, bevor er seine Tätigkeit wieder aufnehmen kann. Hier würde die (verfehlte) Konstruktion des Vsfalls bewirken, daß der Vmer für die die Dauer der Behandlung überschreitende Arbeitsunfähigkeit kein Tagegeld erhalten dürfte. Das widerstreitet dem Vertragszweck und ist unwirksam (§ 9 (1) (2) Ziff. 2 AGBG). Der gebotene Zusammenhang zwischen notwendiger Heilbehandlung und Arbeitsunfähigkeit sollte besser unter Verwendung der Alternativfassung des § 1 (2) MB KT 72 in der Weise hergestellt werden, daß dem S. 1 etwa angefügt wird: „die nach medizinischer Beurteilung eine Heilbehandlung erfordern". [G 52] δδ) Darlegungs- und Beweislast, Beweisführung Die Beweislast für die Verwirklichung des nach der primären Gefahrumschreibung befürchteten Geschehens obliegt dem Vmer. Für das Eingreifen von Risikoausschlüssen ist der Ver beweispflichtig. Im einzelnen wird hierzu auf Anm. G 37 verwiesen. Die GrB KT und MB KT weisen dazu einige Besonderheiten auf: Gemäß § 5 (1) a S. 2 GrB KT setzt der Begriff der Arbeitsunfähigkeit u. a. voraus, daß die Gefahrsperson „nicht mitarbeitend, leitend oder aufsichtsführend tätig sein k a n n " . Der Vmer hat danach zu belegen, daß ihr Gesundheitszustand so beschaffen ist, daß sie auch eine solche sie regelmäßig geringer belastende Arbeit nicht ausführen kann oder diese den Krankheitsbefund nachteilig beeinflussen würde. Das kann nur mit Hilfe einer entsprechenden (zahn)ärztlichen Bescheinigung geschehen. Eine gleichwohl ausgeübte Tätigkeit würde einen vom Ver zu beweisenden Verstoß gegen die Obliegenheit des § 5 (2) a GrB KT beinhalten (Anm. F 63). Jene Beweisführung durch den Vmer weist gemäß § 5 (2) e GrB KT die Besonderheit auf, daß die vorzulegende Bescheinigung für den Ver bindend ist, wenn er nicht sogleich eine Nachuntersuchung durch einen von ihm zu bestimmenden Arzt veranlaßt, deren Ergebnis nur durch ein amtsärztliches Gutachten widerlegt werden kann. Diese Regelung soll im beiderseitigen Interesse alsbald und nicht erst nachträglich durch einen RechtsWriede

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Anm. [G 52]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

streit (mit schwieriger Beweisaufnahme) klären, ob die behauptete Arbeitsunfähigkeit vorliegt (BGH 29. VI. 1977 VersR 1977 S. 833; OLG Hamm 7. XI. 1975 VersR 1976 S. 554, 555; OLG Köln 5. II. 1979 VersR 1980 S. 619). Sie widerspricht nicht den Anforderungen einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG (OLG Köln a. a. O.) und ähnelt einem mehrstufigen Schiedsgutachterverfahren, auf das die §§317 —319 BGB anzuwenden sind. Sein Ergebnis kann daher nur im Falle offenbarer Unbilligkeit angefochten werden (Palandt-Heinrichs Anm. 2 b zu §319) und ist dann durch Gerichtsurteil zu ersetzen (vgl. Anm. F 61). Das V e r 1 a η g e η nach einer solchen N a c h u n t e r s u c h u n g muß nachvollziehbar begründet, es darf nicht willkürlich gestellt werden und muß nach Art und Umfang für die Gefahrsperson zumutbar sein. Der beauftragte Arzt hat sie über die damit ggf. verbundenen Risiken aufzuklären. Andernfalls und ebenso, wenn der Eingriff unzumutbar ist, kann sie die Vornahme der Untersuchung ohne Rechtsnachteil verweigern. Dabei ist § 6 III und die dazu entwickelte Rechtsprechung zu beachten (Anm. F 62 und 64). Nach den Umständen des Falles, insbesondere den bis dahin gesicherten medizinischen Befunden, richtet sich auch die Beurteilung der Frage, ob die Gefahrsperson dem Verlangen nach einer stationären Untersuchung Folge leisten muß (OLG Hamm 8. X. 1982 VersR 1983 S. 1177 f.). Entsprechendes gilt für § 9 (3) MB KT. Im Unterschied zu § 5 (2) e GrB KT wird den Bescheinigungen und Untersuchungsergebnissen keine bindende Wirkung beigelegt. Sie kann in den Tarifbedingungen enthalten sein. Die Voraussetzungen des § 1 (3) letzter Hs. MB KT — N i c h t t ä t i g s e i n d e r G e f a h r s p e r s o n —, der eine Obliegenheit beinhaltet (Anm. F 63), sind vom Ver nachzuweisen, obwohl sie als Teil der primären Gefahrbeschreibung konstruiert sind (OLG Hamburg 10. IV. 1984 VersR 1985 S. 559, 560 ohne Stellungnahme zu der Frage, ob eine Obliegenheit vorliegt). Diese Beweislastverteilung gilt auch dann, wenn darin ein Risikoausschluß gesehen wird: Die Arbeitsunfähigkeit als das befürchtete Geschehen wird primär durch den Gesundheitszustand der Gefahrsperson im Hinblick auf ihre Berufstätigkeit bestimmt. Dieser Zustand ist nicht — kumulativ — dadurch charakterisiert, daß sie untätig ist (a. A. Bach-Moser Rz 18 —21 zu § 1 MB KT). Die Bestimmung steht nicht im Widerspruch zum AGBG (OLG Hamburg a. a. O.). § 5 ( l ) d MB KT enthält, soweit auf S c h w a n g e r s c h a f t u n d E n t b i n d u n g abgestellt wird, keinen Risikoausschluß (Anm. G 50). Die Klausel hat jedoch, da als solcher konzipiert, beweisrechtliche Bedeutung: Die Beweislast für die alleinige Ursächlichkeit der Schwangerschaft bzw. die (Mit)ursächlichkeit einer Entbindung für die Arbeitsunfähigkeit trifft den Ver. Dem Vmer obliegt daher in Fällen, in welchen außer einer Krankheit oder Unfallfolge auch eine Schwangerschaft vorliegt oder eine Entbindung stattgefunden hat, nur der Beweis, daß die Arbeitsunfähigkeit auf der Gesundheitsstörung beruht. Der Ver hat demgegenüber zu beweisen, daß nur die Schwangerschaft bzw. auch die anderen in der Klausel genannten Vorgänge (mit)ursächlich sind. Die in § 5 (1)e S. 2 MB KT vorgesehene Regelung — keine L e i s t u n g w ä h r e n d der M u t t e r s c h u t z z e i t e n für selbständig tätige Frauen — ergibt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast folgendes: Schon nach den allgemeinen Grundsätzen hat der Vmer die Voraussetzungen des Eintretens des Vsfalls zu beweisen. Den Ver trifft die Beweislast dafür, daß der Vsfall ganz oder ζ. T. in die Zeit des Mutterschutzes hineinragt. Hiervon will der mit „es sei denn" eingeleitete 2. Hs. eine Ausnahme machen dahin, daß es Sache des Vmers sein soll zu belegen, daß die Arbeitsunfähigkeit nicht ausschließlich auf Schwangerschaft, auf Schwangerschaftsabbruch, Fehlgeburt oder Entbindung beruht. Soweit danach die Dauer der Arbeitsunfähigkeit sich mit K412

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. |G 53]

den Mutterschutzfristen deckt, soll der Vmer zusätzlich darlegen und beweisen, daß hierfür Vorgänge dieser Art nicht ausschließlich (im Falle „einfacher" Schwangerschaft) bzw. (in den übrigen Fällen) mitursächlich sind. Für die Zeit außerhalb dieser Fristen trifft, wie erwähnt, die Beweislast den Ver. Das ist eine reichlich umständliche Regelung (vgl. Anm. G 50). Die W o h n s i t z k l a u s e l (§ 5 (I)f. S. 1 1. Hs. MB KT) enthält einen Risikoausschluß. Daher hat der Ver zu beweisen, daß die Arbeitsunfähigkeit außerhalb des Wohnsitzes eingetreten ist oder die Gefahrsperson sich danach außerhalb aufhält. Für die Gegenausnahme — stationäre Behandlung außerhalb, Rückkehr mangels Reisefähigkeit ausgeschlossen — trifft den Vmer die Beweislast (OLG Düsseldorf 19. X. 1976 VersR 1977 S. 716). Im Falle des § 5 (2) MB KT ist der Ver wegen der Voraussetzungen des S. 1. der Vmer für die des S. 2 beweisbelastet. IG 53] εε) Vsleistungen Der Vsschutz besteht in der Zahlung eines von vornherein der Höhe nach festgelegten Tagegeldes während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit, ggf. nach Ablauf bestimmter Karenztage (§§ 4 (1) S. 1 GrB KT, 1 (1) S. 2 MB KT). Wegen der Einzelheiten verweisen §§ 4 (1) S. 1 GrB KT, 4 (1) MB KT auf den Tarif nebst Tarifbedingungen. Die H ö h e des T a g e g e l d e s darf gemäß § 4 (2) MB KT zusammen mit sonstigen Krankentage- und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigen. Diese Bestimmung, die neben anderen der Eindämmung der Vertragsgefahr und des subjektiven Risikos (Anm. F 18) dient, enthält einige Unklarheiten. Zunächst ist der B e g r i f f d e s N e t t o e i n k o m m e n s nicht näher definiert; daher ist für seine Berechnung zweifelhaft, welche laufenden Zahlungen (nur solche dürften in Betracht kommen) vom Brutto verdienst abzusetzen sind (vgl. dazu auch BachMoser Rz 15 zu § 4 MB KT; Schäfer a. a. O. S. 134/24). Hierzu wird man zunächst die Einkommen- und Kirchensteuern zu rechnen haben, ferner Sozialvsbeiträge, bei nicht sozialvspflichtigen oder -berechtigten Vmern die entsprechenden Leistungen für die private Kranken- und eine der Altersvorsorge dienende Lebensv, ggf. auch für andere zu diesem Zweck abgeschlossene Verträge sowie Werbungskosten im Sinne des Einkommensteuerrechts. Vgl. ferner § 76 BSozHG als Anhalt für die Berechnung. Andere laufende Zahlungen, etwa Prämien für eine Hausrat- und Kraftfahrzeugv, Verbandsbeiträge, Tilgungsleistungen für Kredite, Bausparprämien wird man nicht dazu zählen können. Das würde nicht mehr dem Sprachgebrauch für den Begriff des Nettoeinkommens entsprechen (wegen der Berechnung bei selbständig Tätigen s. weiter unten). Nach S. 2 a. a. O. ist maßgebend das Durchschnittseinkommen der letzten 12 Monate „vor Antragstellung bzw. vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit". Der Hinweis auf die Zeit vor Antragstellung gehört nicht in den Rahmen der Vorschriften über die Leistungspflicht des Vers. Hierfür ist nicht der damalige Verdienst, sondern nur der vor Eintritt des Vsfalls bedeutsam, wenn damit dem subjektiven Risiko und der Vertragsgefahr entgegengewirkt werden soll. Es ist umstritten, ob diese Bestimmung eine echte Umgrenzung der Leistung bezwecken soll (so OLG Karlsruhe 11. VI. 1980 VersR 1982 S. 233, 234 unter Berücksichtigung einschlägiger Tarifbedingungen), oder ob es sich nur um eine Sollvorschrift handelt. Der letzteren Ansicht ist im Hinblick auf § 4 (4) S. 2 MB KT der Vorzug zu geben. Denn danach hat eine Minderung des Einkommens nicht eo ipso eine Herabsetzung der beiderseitigen Pflichten zur Folge, vielmehr ist dazu eine Willenserklärung des Vers erforderlich, die erst zu einem späteren Zeitpunkt wirkt (Anm. G 54). Damit Wriede

K413

Anm. [G 53J

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

und weil auch sonst nur das Durchschnittseinkommen des letzten Jahres, nicht aber der genaue Ausfall in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit maßgebend sein soll, wird der Summenvscharakter der Tagegeldv deutlich gemacht. Daraus folgt weiter, daß § 4 (2) MB KT nur eine Ordnungsvorschrift ist, welche die Voraussetzungen der in § 4 (3) MB KT enthaltenen Anzeigeobliegenheit aufführt (Anm. F 57 — zweifelnd BachMoser Rz 7 f. zu § 4 MB KT). Die Berechnung des durchschnittlichen Nettoeinkommens wird, falls die Tarifbedingungen keine näheren Regeln enthalten, bei s e l b s t ä n d i g e n E r w e r b s t ä t i g e n oft erhebliche Schwierigkeiten bereiten, da vielfach nicht schon bei Eintritt des Vsfalls, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, ζ. B. anhand des Jahresabschlusses (vgl. OLG Hamm 19. IV. 1972 VersR 1972 S. 698, 970), die zutreffenden Zahlen ermittelt werden können. Sonst werden nur Schätzungen möglich sein. Wegen dieser Schwierigkeiten ist es durchaus sinnvoll, die Verletzung der Anzeigeobliegenheit nicht mit Rechtsnachteilen für den Vmer zu belasten (vgl. Anm. F 57). — Ein Einkommensausfall infolge einer anderen Arbeitsunfähigkeit dürfte nicht zu berücksichtigen sein, vielmehr ist für diese Zeit das mit Wahrscheinlichkeit sonst erzielte Einkommen anzusetzen. Mit „ s o n s t i g e n K r a n k e n t a g e - u n d K r a n k e n g e l d e r n " sind Bezüge des Vmers aufgrund anderweitig abgeschlossener Vsverträge vergleichbaren Inhalts und gegenüber Sozialvsträgern gemeint. Denkbar ist auch, daß aufgrund von Dienstoder Gesellschaftsverträgen sowie von Arbeitsverhältnissen dem Vmer bei Arbeitsunfähigkeit Entgelte gewährt werden. Auch diese dürften zu berücksichtigen sein. Das folgt aus dem erwähnten Zweck der Bestimmung, die praktisch eine Subsidiaritätsklausel ist. Es muß jedoch inhaltliche und zeitliche Kongruenz dieser Leistungen mit denen des Tagegeldvers bestehen (vgl. auch Anm. G 34 a. E.). Nach § 4 (5) MB KT wird die Zahlung des Tagegeldes davon abhängig gemacht, daß die Gefahrsperson w ä h r e n d der D a u e r der A r b e i t s u n f ä h i g k e i t ä r z t l i c h b e h a n d e l t wird. Wegen der Funktion dieser Bestimmung als einer nach Eintritt des Vsfalls zu erfüllenden Obliegenheit wird auf Anm. G 50 verwiesen. Eine B e h a n d l u n g in einer sog. g e m i s c h t e n A n s t a l t (Anm. G 28) soll dem Erfordernis dieser ärztlichen Behandlung nur dann entsprechen, wenn der Ver zuvor seine Einwilligung gegeben hat (§4(9) I MB KT). Zweifelhaft ist die Rechtslage, wenn die Arbeitsunfähigkeit zwar gemäß §§ 1 (3), 4 (7) MB KT festgestellt worden ist, die nach Sachlage notwendige Heilbehandlung mit Wahrscheinlichkeit noch längere Zeit andauern und mit Arbeitsunfähigkeit verbunden sein wird (z. B. nach Herzinfarkt oder schwerer Operation) und die Gefahrsperson sich ohne Zustimmung des Vers in eine gemischte Anstalt begibt. Es wäre nicht sachgerecht, die Tagegeldleistungen mit Eintritt in die Anstalt entfallen zu lassen, da ein Schwerkranker sich regelmäßig ohnehin in ärztlicher Behandlung befinden wird. Dem Zweck der Bestimmung, das mit einer Behandlung in einer solchen Anstalt verbundene erhöhte Risiko einer übermäßig langen Verweildauer zu vermeiden, wird man in der Weise Rechnung tragen können, daß die laufende Überprüfung der Zweckmäßigkeit der dortigen Behandlung (§ 4 (5) MB KT) und des Fortbestandes der Arbeitsunfähigkeit (§ 4 (7) MB KT) durch einen von der Anstalt unabhängigen Arzt stattzufinden hat. Da auch insoweit das Verschuldenserfordernis des § 6 III gilt, wird in solchen Fällen eine relevante Verletzung dieser Obliegenheit nur selten in Betracht kommen zumal die Anstaltsbehandlung vielfach der baldigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit dienen wird (§ 9 (4) MB KT). Der hier vorgesehene Kausalitätsgegenbeweis kann nachträglich wegen des inzwischen veränderten Gesundheitszustandes meistens nicht mehr geführt werden (vgl. Anm. F 64). K414

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 54]

Eine zeitliche Begrenzung der Leistungspflicht bei psychischer Erkrankung ist nicht als Verstoß gegen §§ 3, 9 AGBG angesehen worden (OLG Bremen 14. VI. 1985 VersR 1985 S. 957 - nur Leitsatz). [G 54] ζζ) Herabsetzung der Vertragspflichten durch Ver Das dem Ver in § 4 (4) MB KT eingeräumte Recht zur Herabsetzung der beiderseitigen Leistungen ist ein e i n s e i t i g e s G e s t a l t u n g s r e c h t . Man wird es daher auch als ein Verfügungsgeschäft bezeichnen können (vgl. z. B. Palandt-Heinrichs Vorbem. 3 d vor § 104). Es ist formell vergleichbar einem Kündigungsrecht und hat inhaltlich Ähnlichkeit mit dem einer Vertragspartei zugestandenen Recht zur Bestimmung der (Gegen)leistung gemäß §31511 BGB. Zweifelsfragen können daher im Anschluß an die hierzu entwickelten Grundsätze gelöst werden. Zu seiner Wirksamkeit ist eine Willenserklärung des Vers erforderlich, die dem Vmer (nicht der Gefahrsperson als solcher, vgl. weiter unten) zugehen muß (§ 130 BGB) und die nicht von einer Bedingung abhängig sein darf (Palandt-Heinrichs a. a. O.). Weiter ist positive Kenntnis des Vers (vgl. Anm. F 24) von der tatsächlich eingetretenen Minderung des Nettoeinkommens erforderlich. Eine nur unerhebliche Minderung kommt nicht in Betracht. Man wird diese Frage an Hand des Tarifs des Vers beurteilen können: Erst das Unterschreiten einer Tarifstufe dürfte erheblich sein. Der Erwerb eines Anspruchs auf Krankengeld nach den Bestimmungen des Sozialvsrechts rechtfertigt nicht die Anwendung des § 4 (4) MB KT (OLG Hamm 14.1.1983 VersR 1983 S. 1147, 1148). Darin kann aber eine Gefahrerhöhung gesehen werden (Anm. F 39-44). Auf welche Weise der Ver die vorausgesetzte Kenntnis erlangt, ist unerheblich. Redliche Vmer werden schon im eigenen Interesse (an der Prämienherabsetzung) die Minderung ihres Einkommens anzeigen. In § 4 (4) MB KT wird auf das E i n k o m m e n d e r „ v t e n P e r s o n " abgestellt. Das ist falsch. In den MB wird die Gefahrsperson, d. h. diejenige, deren Gesundheitsstörung maßgeblich sein soll (vgl. Anm. H 2) als „vte Person" bezeichnet. Es muß aber nicht notwendig auch in dieser Person der vte tatsächliche oder (in der Summenv) nur vermutete Bedarf entstehen. Wenn etwa ein Arbeitgeber, Dienstberechtigter oder Gesellschafter sich dagegen sichern will, daß er selbst durch Arbeitsunfähigkeit seines Arbeitnehmers, Dienstverpflichteten bzw. Mitgesellschafters Einkommenseinbußen erleidet, so sind letztere die Gefahrspersonen und jene Vmer. In diesen Fällen ist nicht das Einkommen der Gefahrspersonen, sondern das der Vmer maßgebend. Wer sich gegen eigenen Einkommensausfall vn will, ist Gefahrsperson und Vmer in einer Person. In § 4 (4) MB KT kommt also nur das Einkommen des Vmers, ggf. auch das des Vten in einer V für fremde Rechnung (OLG Hamm 19. IV. 1972 VersR 1972 S. 968, bestätigt durch BGH 19. XII. 1973 VersR 1974 S. 184), in Betracht. Die Ermächtigung des Vers, auf die §315 BGB analog anzuwenden sein wird, gestattet n u r eine Herabsetzung (nicht eine Erhöhung) f ü r die Z u k u n f t (OLG Hamm 8. X. 1982 VersR 1983 S. 1177, 1178). Die dahingehende Willenserklärung kann auch stillschweigend ergehen. Das wird z. B. angenommen werden können, wenn der Ver nach Erhalt einer Anzeige gemäß § 4 (2) MB KT die Höhe der im Lastschriftverfahren eingezogenen Prämie entsprechend herabsetzt. Nach Ansicht des OLG Hamm (a. a. O.) ist der Z e i t p u n k t , zu welchem der Ver die Herabsetzung verfügen kann, unklar. Es will die Wirkung einen Monat nach Zugang der Willenserklärung eintreten lassen. Das widerspricht dem insoweit eindeutigen Wortlaut. Prölss-Martin (Anm. 1 zu § 4 MB KT) sind im Hinblick auf (2) a. a. O. der Ansicht, daß der Beginn des zweiten Kalendermonats maßgeblich ist, „wenn der Ver den Zeitpunkt und die Quellen seiner Kenntnisnahme nicht nennt". Wriede

Κ 415

Anm. [G 55]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Diese Einschränkung ist mit der Anzeigeobliegenheit aus (3) nicht zu begründen. Nach dem Wortlaut der Klausel ist für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts allein die Kenntnisnahme des Vers entscheidend. Woher er sein Wissen hat, ist unerheblich. Hat der Ver ζ. Β. im Verlauf des Monats Mai die fragliche Kenntnis erlangt, so kann er in diesem oder im folgenden Monat zum 1. Juli die Herabsetzung erklären. Jedoch wird man eine solche, die erst in den letzten Tagen des Juni zugeht, als gegen Treu und Glauben verstoßend nicht mehr gelten lassen können. Läßt der Ver diese Frist verstreichen, so ist eine (rückwirkende oder zukünftige) Herabsetzung durch einseitige Willenserklärung nicht mehr möglich, sondern nur noch eine einvernehmliche (§ 305 BGB). Mit „Monat" ist der Kalendermonat gemeint, da die Prämien bei unterjähriger Zahlweise üblicherweise nach Kalendermonaten berechnet werden (ebenso Prölss-Martin a. a. O.). Bis dahin gilt für die beiderseitigen Vertragspflichten (selbstverständlich) der bisherige Tarif. Das soll in S. 2 a. a. O. hinsichtlich der Leistungen des Vers offenbar nur klarstellend betont werden. Die Worte „für eine bereits eingetretene Arbeitsunfähigkeit" können irreführend dahin verstanden werden, daß dies nur für eine bei Kenntnisnahme des Vers oder Zugang seiner Willenserklärung bereits bestehende Arbeitsunfähigkeit gelten soll. Das trifft nicht zu: Auch wenn diese erst in der Zwischenzeit beginnt, ist bis zum Stichtag der bisherige Tarif anzuwenden. Denn eine ipso-iure-Herabsetzung etwa auch nur der Leistungen des Vers ist nicht vorgesehen. Endlich wäre bei dieser Annahme S. 1 a. a. O. praktisch bedeutungslos. Die Beweislast für die Voraussetzungen der Herabsetzung trifft den Ver. [G 55] ηη) Zusatz: Ipso-iure-Beendigung des Vsverhältnisses gemäß § 15 MB KT ααα) Überblick Nach § 15 MB KT soll das Vsverhältnis bei Eintritt einer der dort genannten Voraussetzungen hinsichtlich der betroffenen „vten Personen" enden, ohne daß es dazu weiterer Erklärungen der Beteiligten bedarf. Hierzu wird zunächst auf die Erläuterungen in Anm. D 23 —26 S. Κ 100—105 verwiesen. Diese Tatbestände spiegeln neben anderen das berechtigte Bestreben der Ver wider, das in der Krankentagegeldv besonders hoch zu veranschlagende subjektive Risiko und die erhebliche Vertragsgefahr in Grenzen zu halten und daher u. a. den Vsschutz auf den Zeitraum zu beschränken, in welchem ein Verdienstausfall wegen Arbeitsunfähigkeit eintreten kann. Sie k o l l i d i e r e n dabei aber ζ. T. mit zugunsten des Vmers z w i n g e n d e n B e s t i m m u n g e n des V V G , wie in Anm. D 2 3 —26 ausgeführt. Ferner halten sie teilweise auch einer I n h a l t s k o n t r o l l e nach den Normen des AGBG nicht stand, so daß nach den Grundsätzen über die ergänzende Vertragsauslegung eine Anpassung erforderlich ist (BGH 1. II. 1984 BGHZ Bd. 90 S. 69, 7 2 - 8 5 ; 31.X. 1984 NJW 1985 S. 621; Näheres dazu bei Ulmer-Brandner-Hensen Rz 45 — 54 zu § 6 m. w. N.). Darauf ist bei den Erläuterungen der einzelnen Beendigungstatbestände einzugehen. An diesen Bestimmungen wie auch an den §§ 13 (1) und (3), 14 (1), 17 (2) und 18 (1) MB KT fällt auf, daß anders als in den §§ 2 S. 1, 8 (2) S. 1 MB KT nicht von „Vsvertrag" sondern von „ V s v e r h ä l t n i s " gesprochen wird. Mit dem letzteren Begriffsoll ersichtlich nicht das gesamte vom Vertrag umfaßte Schuldverhältnis gemeint sein, sondern nur ein darin enthaltener Teilbereich, etwa die Beziehung des Vers zu einer einzelnen Gefahrsperson oder zum Vmer. Diese Auslegung wird dadurch gestützt, daß nach den ersteren Klauseln die Rechtswirkungen der dort aufgeführten Tatbestände auf einzelne der ggf. in den Vertrag einbezogenen Personen beschränkt wird. Dabei taucht jeweils die Frage auf, wie zu entscheiden ist, wenn der Vmer K416

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II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 56]

entweder nur Vertragspartner neben anderen Gefahrspersonen ist oder auch selbst in dieser Funktion Vsschutz genießt. Das wird bei den einzelnen Tatbeständen erläutert. [G 56] ßßß) Wegfall einer Voraussetzung der Vsfähigkeit Zum Begriff der V s f ä h i g k e i t werden bestimmte persönliche Eigenschaften der Gefahrsperson und Umstände aus ihrem Lebensumfeld gerechnet, durch welche die für den Abschluß des Vertrages in Betracht kommenden Personen qualifiziert werden (vgl. z.B. §§2 NoB, 5 AUB; Anm. C 4 S . K 4 7 - 4 9 ; Bd. VI 1 Anm. C 7 S. 124—127 mit kritischer Beurteilung einschlägiger Rechtsprechung zu § 5 AUB und den entsprechenden früheren Bestimmungen). Solche Tatsachen können im Rahmen der nach dem Vertrag vten Gefahr bedeutsam sein. Insoweit taucht das (a. a. O. erörterte) Problem der Anwendbarkeit der zugunsten des Vmers zwingenden Bestimmungen des VVG auf, die auf das Erfassen (§§ 16 — 22) und die Änderung (§§ 23 —29 a) der vten Gefahr abstellen. Der W e g f a l l der V s f ä h i g k e i t kann je nach der im Tarif vorgesehenen Definition dieses Begriffs zugleich eine Änderung der Gefahrslage bewirken (vgl. Ohrt S. 182 f.). Verringert sie sich und entfallt damit eine Voraussetzung der Vsfähigkeit — ζ. B. der bisher selbständig tätige Handelsvertreter wechselt in ein Angestelltenverhältnis mit Bürotätigkeit —, so ist eine Vertragsbeendigung keine angemessene Rechtsfolge, da bei Neuabschluß wegen des höheren Lebensalters und evtl. verschlechterten Gesundheitszustandes mit ungünstigeren Bedingungen gerechnet werden muß. Erhöht sich die Risikolage — etwa im umgekehrten Fall (da dann der Anspruch auf Lohnfortzahlung entfällt), —, so sind unabdingbar die §§23 —29a anzuwenden, so daß eine Vertragsbeendigung nur unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig ist. Danach ist §15 a M B K T n u r a n w e n d b a r , wenn der Wegfall der (im Tarif näher bestimmten) Vsfähigkeit n i c h t z u g l e i c h eine Gef a h r e r h ö h u n g o d e r - V e r m i n d e r u n g beinhaltet. Das wird — eine entsprechende Definition im Tarif unterstellt — vor allem dann der Fall sein, wenn die Gefahrsperson ihre Erwerbstätigkeit aufgibt oder — aus welchen Gründen auch immer insbesondere wegen Erwerbsunfähigkeit — aufgeben muß. Diese wird in aller Regel vorausgesetzt (vgl. ζ. B. OLG Karlsruhe 11. VI. 1980 VersR 1982 S. 233, 234; OLG Frankfurt 27.1.1983 VersR 1983 S. 1070; LG Köln 19. V. 1982 VersR 1983 S. 676). Dem entspricht im wesentlichen eine Tarifbestimmung, wonach n i c h t v s f ä h i g ist, wer R e n t e wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder Altersruhegeld b e z i e h t (OLG Saarbrücken 7. XII. 1986 VersR 1986 S. 397 f.; OLG Frankfurt 14. IV. 1987 VersR 1987 S. 928 - diese Entscheidung hätte auch auf § 15 b MB KT gestützt werden können; vgl. Anm. G 57; OLG Hamm 13. IV. 1988 RuS 1988 S. 305), oder keinen Verdienstausfall mehr zu befürchten hat (so bei Berufung in ein Beamtenverhältnis - vgl. LG Bielefeld 30. VI. 1988 VersR 1988 S. 1175 - nur Leitsatz). Allein der Umstand, daß der Vmer wegen Verminderung seines Arbeitsverdienstes krankenvspflichtig wird, begründet mangels entsprechender Tarifbestimmung nicht den Tatbestand des § 15 a MB KT (OLG Karlsruhe a. a. O.). Zweifelhaft ist die Rechtslage, wenn geltend gemacht wird, die V s f ä h i g k e i t sei nicht entfallen, sondern nur, insbesondere wegen einer vorübergehenden Gesundheitsstörung, u n t e r b r o c h e n worden. Für diesen Fall lassen sich — jedenfalls für eine Beurteilung ex ante — keine allgemeinen Grundsätze aufstellen. Bei rückschauender Betrachtung wird in der Rechtsprechung teils schon bei kürzerer (vgl. OLG Frankfurt 27.1.1983 VersR 1983 S. 1070; LG Frankfurt 20.1.1975 VersR 1975 S. 1116; LG Köln 19. V. 1982 VersR 1983 S. 676), teils erst bei längerer Unterbrechung (OLG Hamm 10. II. 1988 RuS 1988 S. 343, 344) die Ansicht vertreten, daß Wriede

Κ 417

Anm. [G 56]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

das Vertragsverhältnis insoweit beendet ist. Es wird dabei sehr auf die Umstände des Falles, vor allem darauf ankommen, ob Tatsachen vorgebracht (und ggf. bewiesen) werden können, die für eine alsbaldige Fortsetzung einer vergleichbaren oder ähnlichen Erwerbstätigkeit (die den Anforderungen an die Vsfahigkeit gerecht wird) sprechen. Soweit danach zwar die Vsfahigkeit nach dem abgeschlossenen Tarif entfallt, aber nach einem anderen desselben Vers weiterhin gegeben ist, ist zu erwägen, ob dieser nicht auf Verlangen des Vmers nach Treu und Glauben verpflichtet ist, den V e r t r a g an die neue V e r t r a g s l a g e a n z u p a s s e n (§ 305 BGB; vgl. Wriede ZVersWiss 1985 S. 685; Prölss-Martin Anm. 3 zu § 15 MB KT; Anm. C 19 S. Κ 61 - 6 3 ; a. Α. BachMoser Rz 7 zu § 15: Neuabschluß unabdingbar). Nach § 2 (2) a GrB KT kann der Tarif das vorsehen. Das Fehlen einer solchen Ermächtigung in den MB KT steht dem nicht entgegen. Das kommt vor allem dann in Betracht, wenn der Vmer von einer selbständigen in eine unselbständige Tätigkeit oder umgekehrt überwechselt (offenbar a. A. LG Frankfurt 20.1. 1975 VersR 1975 S. 1116). E n t f ä l l t die V s f ä h i g k e i t bei einer nicht mit dem Vmer identischen Gef a h r s p e r s o n , so erlischt das Vsverhältnis nur insoweit, gleichgültig ob er selbst als solche vt ist oder nicht. Ist er beides zugleich und verliert er die Vsfahigkeit, so ist zu unterscheiden: Sind keine weiteren Gefahrspersonen in den Vertrag einbezogen, endet dieser, da der Ver hinfort keine Gefahrtragungsleistung mehr erbringen kann und der Vertrag daher auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist (§§ 275 I, 323 I BGB). Sind neben dem Vmer weitere Gefahrspersonen vorhanden, erscheint es sachgerecht, § 15 a S. 1 MB KT dahin auszulegen, daß das Vertragsverhältnis (vgl. zu dieser Wortwahl Anm. G 55) nur in Bezug auf diese Funktion des Vmers endet, der Vertrag aber im übrigen mit ihm als „Nurvertragspartner" des Vers fortbesteht. Das E r l ö s c h e n t r i t t ein mit dem Ende des Kalendermonats, in welchem die Vsfahigkeit entfallt (§ 15 a S. 1 MB KT). L a g zu dieser Zeit ein V s f a l l v o r , so soll das Vertragsverhältnis erst dann enden, wenn die Leistungspflicht des Vers abgelaufen ist, meistens also mit Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, spätestens drei Monate nach Wegfall der Vsfähigkeit (S. 2 a. a. O.). LG Köln (19. V. 1982 VersR 1983 S. 676) hält diese Regelung für angemessen. Dagegen ist LG Bremen (10. X. 1984 VersR 1985 S. 1132 f. = (ausführlicher) NJW 1985 S. 868) der Ansicht, daß diese Frist wie überhaupt die Beendigung des Vsverhältnisses wegen Verlusts des Arbeitsplatzes während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit im Hinblick auf § 3 AGBG unwirksam ist, da es zumeist unmöglich sei, unter diesen Umständen ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen. — Unklar ist, ob auch bei der Fristberechnung nach S. 2 das Ende des Kalendermonats maßgeblich sein soll. Das wird jedoch angesichts der bei unterjähriger Prämienzahlung üblichen Berechnung nach Kalendermonaten und der Regelung in S. 1 anzunehmen sein. Schließlich muß auch aus der in § 7 S. 2 MB KT verwendeten auf Tage abstellenden Fristangabe entnommen werden, daß dann, wenn es auf Tage ankommen soll, dies auch ausdrücklich gesagt wird. Die Beweislast für einen Wegfall der Vsfahigkeit obliegt dem Ver, wenn er sich darauf stützt, daß der Vertrag beendet ist, andernfalls dem Vmer. Dieser hat ggf. dazulegen und zu beweisen, daß nur eine zeitweise Unterbrechung vorliegt (LG Berlin 20. XI. 1986 RuS 1987 S. 326; Bach-Moser R z 4 zu §15 MB KT). Er ist unabhängig von der Beweislast prozessual gehalten, alle diese Fragenkomplexe betreffenden Umstände wahrheitsgemäß anzugeben (ζ. B. Baumbach-LauterbachAlbers-Hartmann Anm. 3 Β zu § 282). Zweifelhaft ist die Rechtslage, wenn der Gefahrsperson von v o r n h e r e i n ein Merkmal der V s f ä h i g k e i t f e h l t , der tatsächliche Sachverhalt dem Ver aber richtig angegeben worden war. Nach Ansicht des LG Köln (19. IX. 1984 VersR 1985 K418

Wriede

Anm. [G57]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

S. 384 — 386) ist der Ver in solchem Falle verpflichtet, den Vertrag in einem der Sachlage entsprechenden Tarif fortzusetzen. Sieg (VersR 1985 S. 1109 f.) befürwortet eine analoge Anwendung des § 51. AG Völklingen (31. X. 1984 VersR 1985 S. 386 mit Anm. von Bach) hält ein Kündigungsrecht des Vers analog § 41 für gegeben. Das wird von Sieg a. a. O. abgelehnt, da der Vmer seine Anzeigepflicht nicht verletzt, sondern erfüllt habe. [G 57] γγγ) Eintritt der Berufsunfähigkeit Hierzu wird zunächst auf die Erläuterungen zu dem z.T. von § 15b MB KT abweichenden § 2 (2) a GrB KT in Anm. D 24 S. Κ 100-104 verwiesen. S. 2 a. a. O. stellt bei der D e f i n i t i o n der B e r u f s u n f ä h i g k e i t darauf ab, daß die Gefahrsperson im b i s h e r a u s g e ü b t e n Beruf (zu mehr als 50%) e r w e r b s u n f ä h i g wird. Dieser Beruf muß danach nicht mit dem dem Vertrage zugrundegelegten (ggf. nach Anzeige gemäß § 9 (5) MB KT abgeänderten) übereinstimmen. Der Vertrag soll danach auch dann erlöschen, wenn die Berufsunfähigkeit nicht den „vertraglichen Beruf betrifft, sondern den davon möglicherweise verschiedenen zuletzt ausgeübten, und zwar gleichgültig ob die Gefahrsperson in jenem noch hätte ausreichend erwerbstätig hätte sein können oder gar tätig sein will. Mit dieser Rigorisität schießt die Klausel über den beabsichtigten Zweck der Eindämmung des subjektiven Risikos oder der Vertragsgefahr erheblich hinaus, da der Vmer, wenn er weiterhin Vsschutz braucht, auf einen Neuabschluß mit zumeist ungünstigeren Bedingungen angewiesen ist, ihm auch die bisher angesammelte Alterungsrückstellung verloren geht. Darin liegt auch ein Verstoß gegen § 61, auf welche Vorschrift in § 10 (2) MB KT bei Verletzung der Anzeigeobliegenheit des § 9 (5) MB KT verwiesen wird. Danach kann der Ver sich nur unter den weitaus engeren Voraussetzungen dieser Bestimmung vom Vertrage lösen. Im übrigen wird man diese Regelung der MB KT als unangemessen im Sinne des § 9 (1) (2) Ziff. 2 AGBG ansehen müssen. Der Ver wird vielmehr — ähnlich wie im Falle des § 15 a (Anm. G 56) MB KT — aufgrund des bisherigen Vertragsverhältnisses für verpflichtet gehalten werden müssen, in eine entsprechende Vertragsänderung einzuwilligen, sofern nicht eine Kündigung gemäß §§ 9 (5), 10 (2) MB KT, 61 VVG in Betracht kommt (Anm. F 56). Aber auch unabhängig von diesem Sonderfall des Divergierens von ausgeübtem und vertraglich vorgesehenem Beruf erscheint es bedenklich, daß bei Eintritt der Unfähigkeit, in einem bestimmten Beruf den Lebensunterhalt zu verdienen, der Vertrag enden soll, obwohl der Betroffene seine Erwerbstätigkeit in einem anderen fortsetzt oder doch alsbald fortsetzen wird. Insofern weicht die Definition der Berufsunfähigkeit der MB KT von der der Sozialv (§§ 1246 (2) RVO, 23 (2) AVG, 46 (2) KnVNG) ab, bei der eine Verweisung des Vten auf einen anderen Beruf in gewissen Grenzen zulässig ist (vgl. ζ. B. Aye-Göbelmann-Müller-Schiekel-Schroeter Anm. 11 —13 zu § 1246). Jene Regelung kann nicht allein mit den unterschiedlichen Tarifgestaltungen für verschiedene Berufsgruppen gerechtfertigt werden. Vielmehr sind vereinbarte Tarifumstellungen bei im übrigen fortbestehenden Verträgen in der Ρ KV nichts Ungewöhnliches (vgl. Anm. C 1 8 - 2 4 S . K 60-73), zumal die dem Vertrage zugrundeliegenden allgemeinen Bedingungen — hier die MB KT — davon nicht berührt werden. Für die Notwendigkeit, wegen einer Tarifumstellung den bisherigen Vertrag zu beenden, besteht kein berechtigtes Interesse. Das ist auch deswegen anzunehmen, weil bei einem nicht durch Berufsunfähigkeit veranlaßten Berufswechsel nur dann eine vergleichbare Rechtsfolge nämlich ein Kündigungsrecht, gegeben sein kann, wenn damit eine Gefahrerhöhung verbunden ist (Anm. F 56). Ein mit diesem Wechsel etwa eintretender Wegfall der Vsfähigkeit rechtfertigt nicht in jedem Falle ein Erlöschen des Vertrages (Anm. G 56). Wriede

Κ 419

Anm. [G 57]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Schließlich ist auch zu beachten, daß die Möglichkeit, einen bestimmten Beruf auszuüben, nicht notwendig, wie in § 15 b MB KT vorausgesetzt, durch eine Gesundheitsstörung beeinträchtigt werden kann. Für sehr viele Berufe ist das Vorliegen eines Befähigungszeugnisses erforderlich, das aus den verschiedensten Gründen auf Dauer oder vorübergehend eingezogen oder aberkannt werden kann, so daß der Betroffene sich in dem davon abhängigen Beruf nicht mehr betätigen darf. In solchen Fällen greift § 15 b MB KT nicht ein, obwohl die Risikolage in bezug auf das subjektive Risiko und die Vertragsgefahr durchaus ähnlich ist. Die durchaus h. M. in Rechtsprechung und Literatur h ä l t § 15 b MB K T f ü r u n b e d e n k l i c h , geht aber auf die aufgeführten Bedenken nicht ein (vgl. BGH 2. X. 1980 VersR 1980 S. 1163 f.; OLG Frankfurt 7. II. 1986 VersR 1987 S. 758 f.; OLG Hamm 20. VI. 1986 VersR 1987 S. 1233; 18. XI. 1986 VersR 1987 S. 354; LG Frankfurt 20.1.1975 VersR 1975 S. 1116; LG Köln 19. V. 1982 VersR 1983 S. 676; Bach-Moser Rz 8 - 1 4 zu § 15; Prölss-Martin Anm. 4 zu § 15; Schäfer a. a. O. S. 134/ 54; Ohrt S. 182). Nach diesseitiger Ansicht ist § 15 b M B K T p r a k t i s c h n u r d a n n anwendbar, w e n n nach dem Eintritt der Berufsunfähigkeit k e i n W e c h s e l mehr in Betracht kommt, weil Erwerbsunfähigkeit vorliegt. Die B e r u f s u n f ä h i g k e i t wird darin — insofern, wie erwähnt, abweichend von den zitierten Bestimmungen des Sozialvsrechts — dahin definiert, daß der Betroffene nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit zu mehr als 50% erwerbsunfähig ist. Die Klausel lehnt sich daher ζ. T. an die ausführlicher gefaßte Definition der Sozialv an (vgl. auch Anm. D 24 S. Κ 101), so daß in Teilbereichen deren Rechtsprechung und Literatur zur Auslegung herangezogen werden kann. Statt lediglich auf den „ m e d i z i n i s c h e n B e f u n d " stellen die genannten gesetzlichen Bestimmungen darauf ab, daß die (überwiegende) Erwerbsunfähigkeit Folge einer Krankheit, anderer Gebrechen oder einer Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte ist (ähnlich § 2 (1) der Musterbedingungen für BerufsunfähigkeitsV und der Allgemeinen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-V — VA 1984 S. 453, VA 1984 S. 474). Neben Gesundheitsstörungen kommen daher auch nicht krankheitsoder unfallbedingte sondern auf anderen Ursachen beruhende physische und psychische Beeinträchtigungen in Betracht. Der Begriff der E r w e r b s u n f ä h i g k e i t wird in den MB KT nicht näher umschrieben. Er wird an Hand der gleichlautenden §§ 1247 RVO, 24 AVG, 47 KnVNG — jeweils (2) S. 1 und 2 — dahin bestimmt werden können, daß der Betroffene infolge der erwähnten Ursachen (auf nicht absehbare Zeit; Näheres hierzu unten) eine Erwerbstätigkeit mit gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben und aus einer solchen auch nicht mehr als nur geringfügige Einnahmen erzielen kann. Insoweit kommen neben medizinischen Gesichtspunkten auch solche der Arbeitstechnik und des Arbeitsmarktes in Betracht (Aye-Göbelmann-Müller-Schiekel-Schroeter Anm. 7 und 8 zu § 1247). Gradmesser der damit zu vergleichenden Erwerbsfähigkeit ist diejenige einer körperlich und geistig gesunden Person mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten, die eine gleichartige Tätigkeit ausübt. Wegen näherer Einzelheiten wird verwiesen auf die Erläuterungen ζ. B. bei AyeGöbelmann-Müller-Schiekel-Schroeter zu §§ 1246 und 1247; Pelikan, Rentenv 7. Aufl. 1988 S. 222 —236; Koch-Hartmann, Das Angestelltenvsgesetz Anm. C II 1 — 5 zu § 24 AVG. Es kommt mithin nur in zweiter Linie und mehr indizierend darauf an, welchen Verdienst der Betroffene trotz seiner Behinderung noch erzielen kann. Entscheidend ist vielmehr, wie hoch seine ihm verbliebene Fähigkeit einzuschätzen ist, sein Arbeitspensum zu bewältigen (offen gelassen von OLG Hamm 25.1.1978 VersR 1978 S. 1034, 1035). Κ 420

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Amn. [G 57]

Die erforderliche Prognose, daß die Berufsunfähigkeit (d. h. die nur für einen bestimmten Beruf bestehende Erwerbsunfähigkeit) „auf n i c h t a b s e h b a r e Zeit" bestehen muß, enthält erhebliche Unsicherheitsfaktoren. Die hierzu erforderliche medizinische Einschätzung darüber, ob die Gesundheitsstörung im Hinblick auf den sonstigen Zustand des Patienten so gravierend ist, daß mit einer Wiederherstellung von mindestens 50% der Erwerbsfahigkeit im bisherigen (oder einem anderen — s. oben) Beruf nicht gerechnet werden kann, hängt außer von der Art der Störung oder sonstigen Behinderung auch von den Anforderungen der betreffenden beruflichen Tätigkeit ab. Diese Prognose wird dann mit einiger Sicherheit gestellt werden können, wenn die Gefahrsperson so beeinträchtigt ist, daß sie diesen Erfordernissen auf Dauer nicht mehr gerecht werden, ζ. B. durch schwere Arteriosklerose in ihren intellektuellen Fähigkeiten beschränkt ist und daher eine wissenschftlich bestimmte Tätigkeit in dem erforderlichen Umfang nicht mehr ausfüllen oder infolge Verlusts oder Schwächung von Gliedmaßen die erforderlichen mechanischen Betätigungen nicht mehr vollziehen kann. Wenn jedoch nicht auszuschließen ist, daß die Behinderung in gewissem Ausmaß oder vollen Umfangs behoben und damit die 50%Grenze wieder überschritten werden wird, stellt sich die weitere Frage nach dem dabei in Betracht zu ziehenden Z e i t r a u m . Im Recht der sozialen Rentenv wird im Hinblick auf § 1276 (1) RVO und die entsprechenden gleichlautenden Bestimmungen des AVG und des KnVNG (Renten auf Zeit — von der 27. Woche der Arbeitsunfähigkeit bis längstens 2 Jahre) angenommen, daß keine Erwerbsunfähigkeit vorliegt, wenn die Leistungsunfähigkeit nicht länger als 26 Wochen andauert (vgl. AyeGöbelmann-Müller-Schiekel-Schroeter Anm. 5 zu § 1247). Diese auf einer Besonderheit der sozialen Rentenv beruhende Erwägung paßt nicht für die Krankentagegeldv. Man wird daher auf medizinische Erfahrungen, so ζ. B. bei Rehabilitationsmaßnahmen, zurückgreifen können und einen Zeitraum von wenigen Jahren in Betracht ziehen müssen. OLG Hamm (20. VI. 1986 VersR 1987 S. 1233) legt in der Regel eine Spanne von 3 Jahren zugrunde. Wird angenommen, daß die erforderlichen Fähigkeiten bis dahin nicht wieder erlangt werden, ist § 15 b MB KT anwendbar (vgl. auch KG 8. IV. 1988 VersR 1988 S. 1290 f.; LG Wuppertal 15. X. 1976 VersR 1978 S. 536 f.). Stellt sich später heraus, daß diese Voraussage unrichtig war, ist die Rechtslage so anzusehen, als wenn der Vertrag nicht geendet hätte (OLG Hamm a. a. O.; a. A. KG a. a. O.; Prölss-Martin Anm. 4 zu § 15 a. E.). Die Frage, ob die Gefahrsperson in der Lage sein wird, ihre (oder eine andere) berufliche Tätigkeit in einer gewissen R e g e l m ä ß i g k e i t wieder aufzunehmen, kann gleichfalls nicht in Anlehnung an die sozialvsrechtlichen Grundsätze beantwortet werden. Diese betreffen nur unselbständig tätige Arbeitnehmer und stellen daher wesentlich auf die tarifliche oder sonst bei diesen übliche Arbeitszeit ab, während die Krankentagegeldv auch Selbständigen Vsschutz bietet, bei welchen es keine festen Arbeitszeiten gibt. Die Prognose über die voraussichtliche Fähigkeit des Betroffenen, seine berufliche Arbeit in mehr oder weniger naher Zukunft wieder mit einer gewissen Regelmäßigkeit aufnehmen zu können, wird daher außer an Hand von medizinischen Erkenntnissen und Erfahrungen nach der Art dieser Tätigkeit zu erstellen sein. Soweit B e r u f s u n f ä h i g k e i t n u r bei einer der in den Vertrag einbezogenen G e f a h r s p e r s o n o d e r nur beim Vmer eintritt, gelten die Erläuterungen zu der entsprechenden Frage bei Wegfall der Vsfähigkeit in Anm. G 56 analog. Nach Ansicht von Bach-Moser (Rz 1 1 - 1 4 zu § 15 MB KT), der sich PrölssMartin (Anm. 4 zu § 15 MB KT) angeschlossen haben, ist d e r Z e i t p u n k t , an dem d a s V s v e r h ä l t n i s e n d e t , mit dem Tag der entsprechenden ersten medizinischen Feststellung identisch. Das ist jedoch aus dem Wortlaut der Bestimmung nicht Wriede

Κ 421

Anm. [G 58]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

herzuleiten. In S. 2 wird der Begriff der Berufsunfahigkeit definiert und dazu auf ein entsprechendes medizinisches Urteil verwiesen. Daraus kann keinesfalls gefolgert werden, daß dessen Datum den „Eintritt der Berufsunfahigkeit" im Sinne des S. 1 und damit den Zeitpunkt des Vertragsendes markiert. Das ergibt sich auch nicht daraus, daß in der in S. 3 geregelten Ausnahme eines bereits begonnenen Vsfalls (mit Arbeitsunfähigkeit) zweimal von „Zeitpunkt" die Rede ist. Dessen erstere Erwähnung — nur diese interessiert hier — bezieht sich nach dem Satzzusammenhang eindeutig auf das Datum des Eintritts der Berufsunfähigkeit und nicht auf das des im Rahmen der Begriffsbestimmung (S. 2) in bezug genommenen ärztlichen Urteils. Dessen Erstellung an einem bestimmten Tage hat mit dem tatsächlichen Beginn der Berufsunfahigkeit nichts zu tun. Maßgeblich ist danach allein dieser Zeitpunkt. Seine Festlegung birgt gewiß oft Schwierigkeiten, die aber nach dem Wortlaut der Klausel nicht zu vermeiden sind (Wriede ZVersWiss 1985 S. 685). Das V s v e r h ä l t n i s e n d e t — anders als nach § 15 a S. 1 MB KT — mit diesem Tage. Die Prämie ist für die Zeit bis Ende des Kalendermonats zu entrichten (§ 8 (6) MB KT). Hat zu dieser Zeit b e r e i t s ein V s f a l l (d. h. Arbeitsunfähigkeit, vgl. Anm. G 51) b e g o n n e n , so läuft der Vertrag weiter bis zum Ablauf der Leistungspflicht des Vers, er erlischt spätestens drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit. Hinsichtlich der Beweislast gelten die Ausführungen in Anm. G 56 a. E. entsprechend. [G 58] δδδ) Bezug von Altersrente, Vollendung des 65. Lebensjahres Gemäß § 15 c 1. Alt. MB KT endet das Vsverhältnis „mit dem Bezug von Altersrente". Das ist in verschiedener Hinsicht unklar. Eine R e n t e wird nach dem Sprachgebrauch „bezogen", wenn sie effektiv bezahlt wird, u. U. also auch für einen zurückliegenden Zeitraum. Gemeint ist aber offenbar im Hinblick auf den Zweck des Krankentagegeldvsvertrages, Verdienstausfall zu ersetzen, daß der Vertrag am Tag vor Beginn des Zeitabschnitts aufhören soll zu bestehen, von dem an die Rente zu leisten ist, gleichgültig wann sie dann tatsächlich (nach)gezahlt wird. Die beiderseitigen Verpflichtungen aus dem Vsvertrag sind, ggf. anteilig, bis dahin zu erbringen. Nach der 2. Alt. endet der Vertrag „nach Vollendung des 65. Lebensjahres zum Ende des Monats, in dem die Altersgrenze erreicht wird". Das ist eindeutig. Daraus läßt sich aber entgegen der Ansicht von Schäfer (a. a. O. S. 134/55) nicht entnehmen, daß auch im Falle der 1. Alt. das V e r t r a g s e n d e erst mit Ablauf des betreffenden Kalendermonats eintritt; denn der Relativsatz bezieht sich nur auf die 2. Alt., wie das Wort „Altersgrenze" deutlich macht. „ A l t e r s r e n t e " ist zunächst die a u f g r u n d s o z i a l v s r e c h t l i c h e r B e s t i m m u n gen gewährte Rente, nämlich unter den Voraussetzungen der §§ 1245, 1248 RVO bzw. 22, 25 AVG. Handelt es sich bei einer dieser Renten nur um geringfügige Beträge, so ζ. B. wenn ein Selbständiger aufgrund einer früheren unselbständigen Tätigkeit mit Vollendung seines 65. Lebensjahres eine kleine Rente bezieht, seinen Lebensunterhalt aber weiterhin im wesentlichen aus seiner jetzigen Arbeit bestreitet, wird eine Vertragsbeendigung gemäß § 15 c 1. Alt. MB KT nicht angenommen werden können, zumal der vte Bedarf fortbesteht. „Altersrente" ist daher nur eine solche, mit der aus Altersgründen entgehender Arbeitsverdienst kompensiert und zumindest ein wesentlicher Teil der Lebenshaltungskosten abgedeckt werden soll. § 15 c MB KT stellt jedoch nicht ausdrücklich auf Renten aus der Sozialv ab. Vielmehr werden dazu auch A l t e r s r e n t e n in Betracht kommen, die a u f g r u n d K422

Wriede

Anm. [G 59]

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

a n d e r e r R e c h t s v e r h ä l t n i s s e ö f f e n t l i c h - u n d p r i v a t r e c h t l i c h e r A r t geleistet werden. Hier sind zunächst die zahlreichen (privatrechtlichen) berufsständischen Versorgungseinrichtungen zu nennen (vgl. Bd. V 2 Anm. Β 57 S. 175 f.) und ferner eine Reihe öffentlich-rechtlicher Versorgungsanstalten, die u. a. zusätzliche Altersrenten für Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes gewähren, so die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, Karlsruhe, der Deutschen Bundespost, Stuttgart, die Bundesbahnvsanstalt, Frankfurt sowie entsprechende Einrichtungen von Gemeinden und Gemeindeverbänden. Deren Altersrenten werden zumeist unter den gleichen Voraussetzungen gewährt wie die der Sozialv. Zweifel können entstehen, wenn nur diese aber nicht die gesetzliche Rente gewährt wird. Auch hier wird man eine nur geringe (Zusatz)rente, die zur Deckung des Lebensunterhalts nicht ausreicht, nicht als vertragsbeendende „Altersrente" werten können. Solchen Zusatzrenten funktionell verwandt sind L e i s t u n g e n a u f g r u n d einer b e t r i e b l i c h e n A l t e r s v e r s o r g u n g (vgl. dazu die Übersicht in Bd.V2 Anm. Β 169-200 S. 232-244). Sie werden bei Anwendung des § 15 c MB KT ähnlich wie die vorstehend erwähnten Zusatzrenten zu behandeln sein. Gleichartige Zweifel wegen des Begriffs der Altersrente können entstehen, wenn nur aufgrund eines p r i v a t e n R e n t e n v s v e r t r a g e s eine Rente bezogen wird, die grundsätzlich als Altersrente im Sinne des §15c MB KT anzusehen ist (BGH 25.1.1989 VersR 1989 S. 392 f.). Verträge dieser Art gibt es in sehr unterschiedlichen Formen und Kombinationen (vgl. Bd. V 2 Anm. G 247-305 S. 919-941). Es kann daher nicht jede aufgrund eines solchen Vertrages bezogene Rente als Altersrente im Sinne des § 15 c MB KT angesehen werden. Vielmehr kommt es auf die für den einzelnen Vertrag gewählte tarifliche Gestaltung der Leistungszusage des Rentenvers an. Insbesondere selbständige Erwerbstätige pflegen ihre Berufsarbeit nicht in einem bestimmten Lebensalter einzustellen. Oft verringern sie im Alter nur ihr Arbeitspensum. Nur eine insoweit in nennenswertem Umfang an die Stelle des entgehenden Arbeitsverdienstes tretende Rente wird im Rahmen des § 15 c MB KT erheblich sein. Bezieht nur eine der in den Vertrag einbezogenen Gefahrspersonen oder nur der Vmer Altersrente oder wird nur einer von diesen 65 Jahre alt, gelten die Erläuterungen zu diesem Problem bei Wegfall der Vsfahigkeit entsprechend (Anm. G 56). F ü r im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung b e r e i t s b e g o n n e n e V s f ä l l e besteht — anders als im Falle des § 15a und b MB KT — keine S o n d e r r e g e l u n g . Die beiderseitigen Leistungspflichten enden mit dem Vertrage (s. oben). Die Beweislast für den Bezug von Altersrente hat die Vertragspartei, die sich darauf stützt, daß der Vertrag beendet worden ist. [G 59] εεε) Tod Gemäß § 15 d S. 1 MB KT endet das Vsverhältnis hinsichtlich der betroffenen „vten Person" mit ihrem Tod. Das entspricht, falls es sich um eine Gefahrsperson handelt, dem Rechtsgedanken der §§ 323 I BGB, 68 II VVG: Arbeitsunfähigkeit in bezug auf diese kann nicht mehr eintreten und der Ver seine Gefahrtragungsleistung nicht mehr erbringen, so daß der Vertrag insoweit gegenstandslos ist. Er endet mit dem Todestage; die Prämien (in bisheriger Höhe) sind noch für den laufenden Kalendermonat zu entrichten (§ 8 (6) MB KT). Bei T o d des V m e r s gilt folgendes: Betraf der Vertrag nur ihn (als Vertragspartner und Gefahrsperson), gilt das vorstehende Ausgeführte. War er nicht zugleich Gefahrsperson, sondern nur Vertragspartner des Vers — ζ. B. bei einer Gruppenv —, so wird dessen Gefahrtragungspflicht in bezug auf die in den Vertrag einbezogenen Gefahrspersonen nicht berührt; der Vertrag bleibt (mit den Erben des Vmers) bestehen. War auch der Vmer (neben anderen) Gefahrsperson, kann dementsprechend Wriede

Κ 423

Anni. [G 60, G 61]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

der Vertrag ohne das in seiner Person laufende Risiko gleichfalls (mit den Erben als „Nurvertragspartnern" des Vers) fortbestehen. Die Regelung des § 15 d S. 2 und 3 MB KT erscheint daher nicht nur entbehrlich, sondern sogar unangemessen im Sinne des § 9 AGBG: Sie kompliziert zunächst die Rechtslage, da die verbleibenden Gefahrspersonen den Vertrag nur dann sollen fortsetzen können, wenn sie binnen 2 Monaten einen neuen Vmer (nicht notwendig einen von ihnen) benennen und — wie zu ergänzen ist — dieser auch bereit ist, die damit verbundenen Pflichten zu übernehmen. Geschieht das nicht, soll der Vertrag mit dem Todestag des Vmers erloschen sein. Etwa zu jener Zeit fallig gewordene Tagegeldleistungen wegen Arbeitsunfähigkeit einer Gefahrsperson sollen entfallen wie überhaupt die bis dahin erwachsenen Anwartschaften verloren sein. Das ist angesichts der dargelegten eindeutigen Rechtslage ein Treu und Glauben widersprechendes die Beteiligten unangemessen benachteiligendes Ergebnis, zumal nicht einzusehen ist, warum nicht die Erben des Vmers auch in diesem Falle in seine Rechtsstellung (als Vertragspartner des Vers) sollen einrücken können. § 15 d S. 2 und 3 MB KT sind daher gemäß § 9 (2) Ziff. 1 AGBG unwirksam. Wegen der vor Inkrafttreten des AGBG geltenden Rechtslage vgl. Anm. C 24 S . K 7 1 - 7 3 . [G 60] ζζζ) Wegzug aus dem Tätigkeitsgebiet des Vers In diesem Falle soll das Vertragsverhältnis hinsichtlich der wegziehenden Gefahrspersonen enden (§ 15 e MB KT). Diese Bestimmung trägt ersichtlich dem Umstand Rechnung, daß der Ver arbeitsunfähig gewordene Personen außerhalb seines Tätigkeitsgebiets nicht oder doch nur mit unverhältnismäßigen Kosten in der u. U. gebotenen Weise kontrollieren und ggf. nachuntersuchen lassen kann (ähnlich — zu § 1 (5) MB KT - OLG München 28.1.1988 VersR 1988 S. 1146 f.). Der U m f a n g des T ä t i g k e i t s g e b i e t s ist aus den MB KT nicht ersichtlich. Er ergibt sich aus dem Geschäftsplan, der darin nicht enthalten ist, so daß Vmer und Gefahrsperson nicht ohne weiteres erkennen können, wo danach geografisch ihr Vsschutz enden soll. Das wird man indessen angesichts des § 23 (2) AGBG für unschädlich halten können. Mit der Bezugnahme auf das Tätigkeitsgebiet werden die entsprechenden Festlegungen des Geschäftsplans Bestandteil der MB KT, die nach der zitierten Norm auch ohne die in § 2 (2) AGBG geordnete Einbeziehung Vertragsinhalt werden. „Wegzug" ist dahin zu verstehen, daß der Betreffende seinen nach den §§7 — 11 BGB zu bestimmenden Wohnsitz nach außerhalb des Tätigkeitsgebiets des Vers verlegt (§ 7 (3) BGB). Das ist nicht der Fall, wenn einer von mehreren Wohnsitzen (§ 7 (2) BGB) dort verbleibt (ebenso Schäfer a. a. O. S. 134/55). Verläßt eine G e f a h r s p e r s o n , die n i c h t Vmer ist, das fragliche Gebiet, so endet insoweit das Vsverhältnis mit Ablauf des betreffenden Tages. E n t f e r n t sich der Vmer daraus, ist zu unterscheiden: Ist nur er Gefahrsperson des Vertrages, erlischt dieser, da fortan keine Gefahrtragungsleistung mehr erbracht werden soll. Sieht der Vertrag Vsschutz nur für andere Gefahrspersonen (mit Wohnsitz im Tätigkeitsgebiet) vor, greift die oben erwähnte Ratio der Bestimmung (Kontrollmöglichkeit des Vers bei Arbeitsunfähigkeit) für diese nicht ein. Am Vertragsverhältnis ändert sich trotz Wegzugs des Vmers nichts. Ist er (neben anderen) zugleich Gefahrsperson, ist § 15 e MB KT dahin zu verstehen, daß der Vertrag auch in diesem Falle mit demselben Vmer fortbesteht, aber ohne dessen Funktion als Gefahrsperson; er bleibt nur Vertragspartner des Vers (vgl. Anm. G 56). [G 61] δ) Geburtshilfe Die hier erörterten AVB außer den MB KT sehen die (aufsichtsrechtlich genehmigte) Möglichkeit vor, Leistungen für Geburtshilfe zu vereinbaren (§§ 1 NoB, 5 (l)b GrB KK, KH u. KT, 1 (2) S. 4 a MB KK). Der Ausdruck „Wochenhilfe" in den NoB, K424

Wriede

II. Hauptleistungen 1. Gefahrtragung

Anm. [G 62]

der eigentlich eine Hilfe für die Mutter in der Zeit nach der Geburt beinhaltet, hier aber gleichbedeutend mit Geburtshilfe verwendet wird, ist auf die frühere Terminologie der GKV zurückzuführen (Ohrt S. 161). Nach den zitierten Bestimmungen der NoB und der GrB soll eine Entbindung (echter) Vsfall sein. Dabei wird übersehen, daß weder das Austragen noch das Gebären eines Kindes eine Krankheit und die Hilfeleistung dazu keine Heilbehandlung ist. Jedoch lassen die damit verbundenen Kosten, insbesondere für die Hebamme, den Entbindungspfleger, die Entbindungsklinik und des evtl. hinzugezogenen überwachenden Arztes einen (befürchteten) Bedarf entstehen. Es ist ohne praktische Bedeutung, ob der Vorgang als (echter) Vsfall anzusehen ist (so NoB und GrB) oder nur eine Fiktion vorliegt (so MB KK; vgl. Anm. G 43). Die tariflich näher beschriebenen Leistungen anläßlich einer Entbindung wurden früher vielfach in Form einer P a u s c h a l e gewährt und fielen damit in den Rahmen einer Summenv (Ohrt a. a. O.). In neuerer Zeit überwiegt die E r s t a t t u n g der t a t s ä c h l i c h e n t s t a n d e n e n A u f w e n d u n g e n für die genannten Behandler (Anm. G 8 u. 17). In diesem Zusammenhang kann es zweifelhaft sein, ob der Vsfall als g e d e h n t e r V o r g a n g oder als p u n k t u e l l e s Ereignis anzusehen ist (in diesem Sinne Prölss-Martin Anm. 3 zu § 1 MBKK zweifelnd Bach-Moser Rz 41 zu § 1). Da eine Geburt sich zumeist über mehrere Stunden erstreckt, oft auch in den nächsten Kalendertag hinein, kann diese Frage — ζ. B. im Hinbück auf §§ 38 II, 39 II VVG, 4 (11) GrB KK, 4 (10) GrB KH, 4 (9) GrB KT, 7 MB KK - von Bedeutung sein. Prölss-Martin begründen ihre Ansicht nicht näher. Daraus, daß die AVB die Entbindung als Vsfall bezeichnen oder als solchen gelten lassen, d. h. diesen Vorgang diesem Begriff unterordnen, muß entnommen werden, daß die Entbindung auch sonst — zumindest analog — nach den Grundsätzen behandelt werden soll, die für einen Vsfall gelten. Danach entspricht es der Sachlage, ihn mit der erwähnten Behandlung beginnen und ihrem Abschluß enden zu lassen, also als gedehnten zu betrachten. Er beginnt daher nicht mit dem Einsetzen der ersten Wehen, was wohl medizinischer Auffassung entspricht, sondern erst mit dem Abschluß des Vertrages mit den erwähnten Behandlern, ggf. mit deren Geschäftsführung ohne Auftrag. Er endet, wenn keine Behandlung durch sie mehr erforderlich ist. Ist nach dem Tarif eine Pauschale zu leisten, so kommt es in diesem Zusammenhang auf den genauen Zeitpunkt an, auf den der Vsfall „Entbindung" zu fixieren ist. Mangels näherer Regelung wird man hier auf den des zuvor erwähnten Vertragsschlusses abstellen müssen. Falls eine Entbindung ärztlicher Kunsthilfe bedarf, für die nach dem Tarif die Grundsätze der Schadensv gelten, kommt daneben die Zahlung der Entbindungspauschale in der Regel nicht in Betracht (Ohrt S. 161). (G 62] ε) Sterbegeld Die hier erläuterten AVB — außer den MB KT — sehen die (aufsichtsrechtlich zugelassene) Möglichkeit vor, für den Todesfall eine Leistung zu gewähren. Davon wird in neuerer Zeit mehr und mehr Abstand genommen. Es handelt sich dabei zumeist nur um geringe Pauschalbeträge. Diese Todesfallv ist im Rahmen der PKV ein Fremdkörper. Die Leistungszusage für (normale) Entbindungen hat noch einen dem Zweck des Krankenvsvertrages ähnlichen Charakter, nämlich die Aufwendungen anläßlich einer notwendigen fachkundigen Behandlung zu ersetzen. Das trifft bei einer Todesfallv nicht zu. Auf sie passen auch die rechtlichen Grundsätze der PKV nicht, vielmehr erscheint es mangels anderweitiger Regelung im Tarif geboten, die gesetzlichen Bestimmungen für die Lebensv heranzuziehen. Einige Grundsätze mögen hier angefügt werden: Wriede

Κ 425

Anm. [G 63]

Kranken vers. G. RPflichten des Versicherers

Die Z u s t i m m u n g der (mit dem Vmer nicht identischen) G e f a h r s p e r s o n für eine auf ihr Leben genommenen Todesfallv (§15911) wird in aller Regel nicht erforderlich sein, weil die Vssumme den Betrag der gewöhnlichen Beerdigungskosten nicht übersteigen wird. Gemäß IV ist dieser Höchstbetrag z. Zt. auf DM 10.000 festgesetzt (VA 1976 S. 46 i.V.m. VA 1982 S. 398; vgl. im übrigen Bd.V Teil 2 Anm. C 32 S. 277). — U n r i c h t i g e A l t e r s a n g a b e n bei Vertragsschluß berechtigen den Ver hinsichtlich der Todesfallv nur eingeschränkt zum Rücktritt von diesem Teil des Vertrages (§§ 162f.). — §§ 169f. regeln die H e r b e i f ü h r u n g des V s f a l l s durch die Gefahrsperson und den Vmer eigenständig: Nur vorsätzlich herbeigeführte Todesfalle zivilrechtlich verantwortlicher Personen kommen in Betracht (Einzelheiten vgl. Prölss-Martin Anm. zu §§169 f.). — Da der Ver auch für die Todesfallv im Rahmen der PKV eine Prämienreserve zu bilden hat, gelten auch hier die besonderen Regeln der §§ 172—176 über den Anspruch des Vmers auf Umwandlung dieser Teilv in eine prämienfreie (§ 174 f.) und die Herausgabe dieser Reserve bei Aufhebung oder Beendigung des Vertrages (§ 176). Entsprechend den Grundsätzen für den Lebensvsvertrag wird als V s f a l l der Tod der Gefahrsperson anzusehen sein und nicht der Zeitpunkt des Eingehens von Verbindlichkeiten zur Durchführung der Bestattung. [G 63] 2. Ende der Leistungspflicht Hierzu ist auf die Erläuterungen in Anm. D 16 S. Κ 92 f. über das materielle Ende des Vertrages im allgemeinen und auf Anm. D 17 —D 49, S. Κ 94 —Κ 137 über die einzelnen Beendigungstatbestände und ihre Wirkung auf schwebende Vsfalle zu verweisen. Für die MB KT (a. a. O. nicht behandelt) ist nach § 7 zu unterscheiden: Grundsätzlich endet der Vsschutz mit dem Ende des Vertragsverhältnisses für die davon betroffene Gefahrsperson, gleichgültig ob zu dieser Zeit noch ein Vsfall andauert (§7 S. 1). Aufgrund des Klammerzusatzes „(§§ 13 bis 15)" — in §7 MB KK nicht enthalten — gilt das aber nur für die in diesen Bestimmungen aufgeführten, nicht jedoch auch für die darin nicht erwähnten Tatbestände. Solche sind in Anm. D 18 (Zeitvsverträge), 21 (Konkurs des Vers), 22 (Auflösung des VVaG), 28 (Aufhebungsvertrag) und 47 (Rücktritt des Vers) behandelt. In diesen Fällen sind die allgemeinen Grundsätze anzuwenden (vgl. Anm. D 16 — zweifelnd Bach-Moser Rz 3 zu § 7 MB KT), soweit nicht Sondervorschriften wie etwa § 21 VVG eingreifen (Anm. D 47 S . K 130 f.). Nach § 7 S. 2 MB KT endet die materielle Gefahrtragung — abweichend von S. 1 — für schwebende Vsfalle erst am dreißigsten Tage nach dem formellen Ende des Vertrages, wenn der Ver von einem seiner Kündigungsrecht aus § 14 MB KT Gebrauch macht, das u. a. auf einzelne Gefahrspersonen beschränkt werden kann (§14 (3) MB KT). Hier besteht also nur die Leistungspflicht des Vers, nicht auch die zur Prämienzahlung durch den Vmer fort. Die Wirksamkeit des ordentlichen Kündigungsrechts ist umstritten ( b e j a h e n d BGH 18. XII. 1985 VersR 1986 S. 257 mit Anm. von Brentrup VersR 1986 S. 434; OLG Hamm 13. XII. 1978 VersR 1980 S. 135, 136; OLG Köln 9.1.1981 VersR 1981 S. 952; 8.1. 1982 VersR 1982 S. 745; OLG Düsseldorf 27. V. 1986 VersR 1986 S. 905; v e r n e i n e n d BGH 6. VII. 1983 VersR 1983 S. 848; OLG Hamburg 14. III. 1984 VersR 1984 S. 650; Anm. D 43 S. Κ 123 f.; Wriede ZVersWiss 1985 S. 684). § 7 S. 3 MB KT weist klarstellend darauf hin, daß in § 15 a und b MB KT weitere Ausnahmen vom Grundsatz des S. 1 enthalten sind (Genaueres dazu in Anm. G 55-57). K426

Wriede

II. Hauptleistungen 3. Übergang

Anm. [G 64]

[G 64] 3. Übergang von Ersatzansprüchen Schrifttum: Vgl. zunächst die Angaben in Anm. A 19 S. Κ 7; Gottschalk JRPV 1934 S. 275; Hof VersR 1974 S. 111; Hofmann VersR 1958 S. 559; Künnel VersR 1983 S. 223 und 1984 S. 210; Neeße VersR 1976 S. 704; Obermeyer VW 1948 S. 202; Sieg ZVersWiss 1973 S. 319-342.

Soweit in der Krankenv Leistungen nach dem Prinzip der Schadensv vorgesehen sind (vgl. Anm. G 8 und 44), ist § 67 auf den Vertrag anwendbar (Anm. A 19 S. Κ 7; BGH 20. XII. 1972 VersR 1973 S. 224 - für die Heilkostenleistungen der Unfallv; OLG Nürnberg 11. IV. 1985 VersR 1986 S. 588). Auf die ausführlichen Erläuterungen hierzu in Bd. II Anm. 1 ff. zu § 67 S. 701 ff. wird Bezug genommen. Die hier erläuterten AVB v e r p f l i c h t e n den Vmer daneben, S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e gegen D r i t t e , die für die erforderliche Heilbehandlung verantwortlich sind, in schriftlicher Form an den Ver a b z u t r e t e n . Es handelt sich dabei um eine echte (einklagbare) Rechtspflicht, nicht um eine Obliegenheit. Sie ist an sich, sobald und soweit der Ver seine (kongruente) Leistung erbracht hat, auf eine unmögliche Leistung gerichtet, da im Rahmen der Schadensv der Anspruch gegen den Dritten kraft Gesetzes auf den Ver übergeht (ebenso Böhm VersR 1956 S. 739). Sie ist hier nur in formeller Hinsicht zu rechtfertigen, da der Ver mit Hilfe des geforderten Schriftstücks seine Aktivlegitimation gegenüber dem Dritten einfacher nachweisen kann, als wenn er die Voraussetzungen des § 67 belegen müßte. Eine nach § 68 a unzulässige Schlechterstellung des Vmers wird man darin nicht sehen können, da seine materielle Rechtsstellung nicht beeinträchtigt wird (Bd. II Anm. 170 zu § 67 S. 783). Die Bestimmungen der AVB sind indessen auf ihre materiellrechtliche Vereinbarkeit mit § 67 zu prüfen. Soweit Leistungen aufgrund von Summenvsverträgen gewährt werden, wird die Verpflichtung zur Abtretung davon nicht betroffen. § 11 Ziff. 1 S. 1 NoB geht über § 67 nicht zuungunsten des Vmers hinaus. Nach S. 2 a. a. O. soll sich die Abtretungsverpflichtung auf Ansprüche aus öffentlichrechtlichen und privatrechtlichen Vsverträgen erstrecken, die auf Ersatz der gleichen Aufwendungen des Vmers für den Vsfall gerichtet sind. Diese Bestimmung ist n u r r e l e v a n t f ü r S u m m e n v s l e i s t u n g e n : Ansprüche gegen einen Träger der Sozialv sind damit offenbar ohnehin nicht gemeint, da von V s v e r t r ä g e n gesprochen wird. Auch werden solche unter Ziff. 2 — „andere Vsverhältnisse" — einzuordnen sein (ebenso Prölss-Martin22 Anm. 3 zu § 11 AVK). Wenn der (andere) Vsvertrag privatrechtlicher Natur ist (der Ver kann auch eine öffentlich-rechtliche Anstalt sein), kommt vorrangig § 59 I und II zum Zuge: Beide Ver sind Gesamtschuldner und daher einander ausgleichspflichtig nach Maßgabe der Beträge, die sie dem Vmer schulden (Bd. II Anm. 35 zu § 67 S. 722 m. w. N.). Das gilt nicht, wenn Leistungen nach Art von Summenvsverträgen gewährt werden. Hier ist S. 2 einschlägig, da § 59 auf sie nicht anwendbar ist. Ansprüche des Vmers auf kongruente Leistungen gegen Dritte sind daher abzutreten (a. A. Bd. II Anm. 170 zu § 67 S. 784; zum Begriff der Kongruenz vgl. Bd. II Anm. 59, 60, 62 und 63 zu § 67 S. 734-737). Die Frage, ob und inwieweit Kongruenz besteht, kann schwierig sein, da die Leistungen des Summenvers nicht an einem konkreten Interesse (i. w. S.) des Vmers ausgerichtet, sondern abstrakt geschätzt werden. § 11 Ziff. 1 NoB enthält keine dem § 67 I 2 entsprechende Klausel über das sog. Q u o t e n v o r r e c h t des Vmers (vgl. dazu Bd. II Anm. 64 — 66 zu § 67 S. 737f.). Für dessen Einhaltung sorgt § 68 a, soweit schadensvsartige Leistungen in Frage stehen: Auf den Ver geht nur derjenige Teil der Ersatzforderung über, der für die Entschädigung des Vmers nicht verbraucht wird (a. A. Hofmann a. a. O. S. 660). Im Falle abstrakter Bedarfsdeckung gilt das zwar de lege lata nicht, da § 67 für Verträge dieser Wriede

Κ 427

Anm. [G 64]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Art nicht anzuwenden ist. Jedoch entspricht § 67 12 einem allgemeinem Prinzip des Zivilrechts (vgl. §§ 268 III 2, 426 II 2, 7741 2 BGB), so daß es - jedenfalls im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung — gerechtfertigt erscheint, es auch bei Summenvsverträgen anzuwenden. § 11 Ziff. 5 NoB entspricht inhaltlich dem § 67 I 3. Es ist umstritten, ob es sich dabei um eine R i s i k o b e s c h r ä n k u n g (so Prölss-Martin Anm. 6 a zu §67) o d e r um eine O b l i e g e n h e i t (so Bd. II Anm. 71 zu §67 S. 741) handelt. Die erstere Ansicht erscheint zutreffend. Zwar wird hier ein Verhalten des Vmers gefordert; es gehört aber nicht notwendig nur in den Rahmen seiner sorgfältigen Risikoverwaltung, was die Annahme einer Obliegenheit nahelegen würde (vgl. Anm. F 47). Vielmehr dient die Bestimmung vor allem dem Interesse des Vers an der Minderung seiner Ersatzpflicht (ebenso Ohrt S. 107). Sie soll verhindern, daß der Vmer aus Erwägungen, die mit der Regulierung des Vsfalls nichts zu tun haben, entgegenstehende Verfügungen trifft oder rechtzeitige Maßnahme zur Erhaltung seines Ersatzanspruchs unterläßt (Einzelheiten in Bd. II Anm. 73 f. zu § 67 S. 741 f.). Ist die durch Dritteinwirkung gesundheitlich geschädigte G e f a h r s p e r s o n n i c h t z u g l e i c h Vmer o d e r V t e r , sind §§67 VVG, 11 Ziff. 1 und 5 NoB auf die jener zustehenden deliktischen Ansprüche nicht anwendbar (Bd. II Anm. 136 zu § 67 S. 769; Fuchs S. 128; a. A. offenbar BGH 13. VI. 1966 VersR 1966 S. 875; Gottschalk a. a. O. S. 275, der eine gesetzliche oder vertragliche Vertretungsmacht des Vmers für die Gefahrsperson annimmt und ihn für verpflichtet hält, ihren Anspruch an den Ver abzutreten). § 67 erfaßt nur Ansprüche des Vmers oder Vten gegen einen ersatzpflichtigen Dritten. Vielfach — so in der sog. Familienv (Anm. H 3) — wird jedoch der Vmer/Vte für die von ihm für Gefahrspersonen aufgewandten Heilkosten Anspruch auf Ersatz als Geschäftsführer ohne Auftrag oder aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Schädiger haben. Es ist indessen umstritten, ob Forderungen dieser Art unter §67 fallen (vgl. Bd. II Anm. 26 zu §67 S. 716 f.; Prölss-Martin Anm. 2 zu § 67). Jedenfalls kann der Ver gemäß § 11 Ziff. 1 NoB ihre Abtretung verlangen. Hat die Gefahrsperson selbst Heilkosten aufgewandt und der Vmer daher keinen eigenen Anspruch gegen den ersatzpflichtigen Dritten, entfallt diese Möglichkeit. Falls der Vmer der Gefahrsperson ihre Aufwendungen ersetzt, besteht sein Leistungsanspruch; er muß sich jedoch in Erfüllung seiner Minderungsobliegenheit (§ 62) von der Gefahrsperson deren Ersatzanspruch abtreten lassen. Vielfach — so bei Gruppenvsverträgen — wird die Gefahrsperson Vter sein und daher nach den §§ 75 ff. eigene Ansprüche gegen den Ver haben (vgl. Millauer S. 91). Ihre Ersatzforderung geht gemäß § 67 auf den Ver über (Bd. II Anm. 126 zu § 67 S. 765). Die (vertragliche) Abtretungsverpflichtung aus § 11 Ziff. 1 NoB kann sie nur treffen, wenn sie dem Vertrag insoweit zugestimmt hat. Bach-Moser (Rz 4 zu § 11 MB KK) vertreten die Ansicht, der Vmer habe dafür zu sorgen, daß die Gefahrsperson den ihr zustehenden Anspruch gegen den Dritten an den Ver abtritt. Andernfalls hafte er für den Ausfall des Vers analog § 10 (3) MB KK. Dem kann nicht zugestimmt werden. Diese Bestimmung enthält eine vertragliche Regelung über die Repräsentanteneigenschaft der Gefahrsperson (Anm. F 54); ihre Kenntnis und ihr Verschulden sollen in bestimmten Fällen dem Vmer zugerechnet werden: Es soll so angesehen werden, als wenn der Vmer bei (Nicht)erfüllung der ihn selbst nach dem Vertrag treffenden Verhaltenspflichten oder -Obliegenheiten die dabei ggf. vorausgesetzte Kenntnis gehabt oder schuldhaft gehandelt habe. Im Rahmen des § 6713 hat er Verfügungen zu unterlassen, die den Anspruch gegen den Dritten beeinträchtigen. Das ist ihm aber nur hinsichtlich der ihm selbst zustehenden Forderung, nicht aber auch wegen der der Gefahrsperson möglich. Verfügungsberechtigt über die Drittforderung der Gefahrsperson ist nur sie. Die Sanktion des § 67 I 3 kann daher bei K428

Wriede

II. Hauptleistungen 4. Abtretungsverbot

Anm. [G 65]

„Verstoß" der Gefahrsperson nur eingreifen, wenn sie sich insoweit vertraglich verpflichtet hat. Praktische Bedeutung wird diese Frage nur haben, wenn der Vmer, wie ausgeführt, keine eigenen Ansprüche gegen den Dritten hat oder diese, ζ. B. aus Gründen der Darlegungs- oder Beweislast, nicht oder nur schwer durchsetzbar erscheinen. Eine dem § 67 II vergleichbare Bestimmung ist in den hier erläuterten AVB nicht enthalten. Sie gilt (für die Krankheitskostenv) wegen § 68 a gleichwohl. Auf die Kommentierung in Bd. II Anm. 104—114 S. 756 — 760 wird verwiesen. Nach § 6 ( 3 ) b GrB KK u. KH „besteht die Verpflichtung", „Schadensersatzansprüche nichtvsrechtlicher Art gegen Dritte" an der Ver bis zur Höhe seiner K o s t e n ersatzleistung abzutreten. Im Prinzip gelten für diese Bestimmung die gleichen Erläuterungen wie zu § 11 Ziff. 1 NoB, auf die verwiesen wird. Folgende Abweichungen sind hervorzuheben: Falls der Ver summenvsartige Leistungen — so insbesondere in der Krankenhaustagegeldv — gewährt, sind die Forderungen gegen Dritte nicht abzutreten. Das folgt aus dem Hinweis auf den „Kostenersatz" des Vers (ebenso Ohrt S. 107; Klingmüller S. 4 Ν 13; Dr. H. ZfV 1970 S. 76). Ferner sind nur E r s a t z a n s p r ü c h e „ n i c h t v s r e c h t l i c h e r A r t " betroffen. Vsrechtlich sind Forderungen, die aus einem vom Vmer mit einem (anderen) Ver geschlossenen oder auf gesetzlicher Grundlage beruhenden Vsvertrag/Vsverhältnis herzuleiten sind (und für den Schadensfall kongruente Leistungen vorsehen), also ζ. B. mit einem privaten oder sozialen Kranken-, Unfall- oder Lebens/Rentenver bzw. -träger (a. A. hinsichtlich der gesetzlichen Vsträger Bach-Moser Rz 6 zu § 11 MB KK, anders hinsichtlich Barleistungen in Rz 8 a. a. O.). Soweit deren Leistungen schadensvsrechtlicher Art sind und die Aufwendungen des Vmers bereits ausgeglichen haben, entfallt gemäß § 55 (LG Berlin 13.1. 1977 VersR 1977 S. 661) die Ersatzpflicht des Erstvers, so daß schon aus diesem Grunde kein Rechtsübergang mehr stattfinden kann. Hat der andere Ver noch nicht geleistet, so besteht — Kongruenz unterstellt — Doppelv, so daß beide gemäß § 59 als Gesamtschuldner und im Innenverhältnis anteilig haften. Das ist hinsichtlich eines Sozialvers jedoch sehr zweifelhaft und wird überwiegend verneint (Bd. II Anm. 12 zu § 58 S. 414, 416). § 59 greift nicht ein, falls einer der Verträge bzw. Vsverhältnisse für diesen Fall eine Subsidiaritätsklausel enthält, wie ζ. B. § 8 VI (3) a AUB (Bd. II Anm. 35 zu § 67 S. 722). — Naturalleistungsverpflichtungen eines Sozialvsträgers kommen hier mangels Kongruenz nicht in Betracht. Bestehen Geldleistungsansprüche gegen einen gesetzlichen Unfall- oder Rentenver, ist § 5 (3) MB KK zu beachten (vgl. Anm. G 34). Ansprüche des Vmers gegen einen Haftpflichtver des Dritten insbesondere solche aus § 3 PflVG sind gleichfalls nichtvsrechtlicher Art, da sie nicht auf einem Vsvertrage des Vmers mit diesem Ver beruhen. Die A b t r e t u n g s v e r p f l i c h t u n g soll neben den Vmer a u c h die , , v t e P e r s o n " t r e f f e n , d . h . außer einen Vten in einem Vsvertrage für fremde Rechnung auch die mit diesem oder dem Vmer nicht identische Gefahrsperson. Das ist, wie oben bereits erwähnt, nur möglich, wenn die „vte Person" — zumindest insoweit — den Vsvertrag mit abgeschlossen hat. Andernfalls läge in dieser Hinsicht ein (unwirksamer) Vertrag zu Lasten Dritter vor. § 11 MB KK stimmt fast wörtlich mit § 6 (3) b GrB KK u. KH überein. Es kann daher auf die vorstehenden Erläuterungen verwiesen werden. [G 65] 4. Abtretungs- und Verpfändungsverbot Die hier erläuterten AVB enthalten inhaltlich übereinstimmend das Verbot, die Forderung gegen den Ver an Dritte abzutreten oder zu verpfänden (§§ 11 Ziff. 6 S. 1 NoB, 6 (4) a GrB KK, KH und KT, 6 (5) MB KK, 6 (4) MB KT). Davon wird nicht Wriede

Κ 429

Anm. [G 65]

Krankenver s. G. RPflichten des Versicherers

die Gefahrtragungs-, sondern nur die Leistungsverpflichtung des Vers erfaßt, die aufgrund eines Vsfalls entsteht. Die erstere Forderung kann gemäß § 399 BGB ohnehin nicht abgetreten werden, da sie auf die speziellen Verhältnisse des Vmers, nämlich seine vte Beziehung und die dieser drohende Gefahr abgestellt ist (vgl. Bd. I Anm. 16 zu § 15 S. 303). Das im übrigen zulässige (§§ 399, 1274 II BGB) und auch nicht gegen die Anforderungen des AGBG verstoßende (LG München 16. X. 1986 VersR 1988 S. 511) Verbot dient schutzwürdigen Interessen des Vers. Es geht über den Anwendungsbereich der sich aus den §§ 404 BGB, 850 b I Ziff. 4 ZPO ergebenden Verfügungsbeschränkung hinaus (vgl. zu der letzteren Bestimmung Anm. A 28 S. Κ 9 f.) und soll verhindern, daß der Ver die Schadensregulierung statt mit dem Vmer mit einem am Vsfall nicht beteiligten Zessionar oder Pfandgläubiger vornehmen muß und jener in einem Rechtsstreit des Vers mit diesen als Zeuge auftreten kann (LG Stuttgart 22. X. 1986 VerbB 1987 S. 38). Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Erläuterungen in Bd. VI 1 Anm. Η 8 - 1 0 S. 509-511 verwiesen. Anders als in §§ 16 (3) AUB, 3 (4) AKB sehen die hier behandelten AVB nicht vor, daß eine Abtretung oder Verpfandung mit Zustimmung des Vers möglich sein soll. Das Verbot kann daher nur durch eine es aufhebende Vereinbarung zwischen Vmer und Ver wieder beseitigt werden, die nicht zurückwirkt, weil dadurch inzwischen etwa entstandene Rechte Dritter beeinträchtigt werden würden (Soergel-Zeiss Rz 9 zu § 399; a. A. z. B. Palandt-Heinrichs Anm. 4 zu § 399: einseitige Zustimmung des Vers genügt). Zur Vereinfachung der Schadensabwicklung leisten die Ver vielfach, so vor allem bei Krankenhausbehandlung, direkt an d e n B e h a n d l e r , wenn der Vmer diesem gegenüber eine entsprechende Erklärung abgibt. Deren rechtliche Bedeutung ist angesichts des vereinbarten Abtretungsverbots zweifelhaft. Eine Zession wäre unwirksam. Das gleiche gilt für eine bloße Einziehungsermächtigung, d. h. die Übertragung eines Ausschnitts aus der Forderung, nämlich der Befugnis, sie gegen den Ver für Rechnung des Vmers geltend zu machen. Denn damit würde das Abtretungsverbot umgangen werden (vgl. BGH 27. V. 1971 BGHZ Bd. 56 S. 229, 236; PalandtHeinrichs Anm. 8 f. zu § 398). Der an den Heilbehandler leistende Ver läuft daher Gefahr, an den Vmer erneut leisten zu müssen, falls dieser die Forderung des Behandlers seinerseits begleicht (im Ergebnis ebenso mit bedenklicher Begründung LG Köln 23. III. 1983 VersR 1983 S. 1176; unklar Bach-Moser Rz 13 zu §6 MB KK). — Für die Verpfandung des Leistungsanspruchs gelten gemäß § 1274 II BGB die gleichen Erwägungen. Wegen der Rechtsverhältnisse der Beteiligten bei Verwendung der „Klinik-Card" vgl. Anm. G 66. Das A b t r e t u n g s v e r b o t g r e i f t n i c h t ein, wenn dem Leistungsanspruch gegen den Ver die Heilbehandlung zugunsten einer Gefahrsperson zu Grunde liegt und die Forderung an diese abgetreten werden soll, etwa weil sie den Behandler selbst honoriert hat (vgl. Sieg VersR 1956 S. 743, 744, Anm. A 28 S. Κ 9 f.). Ebensowenig steht das Verbot einem Übergang des Leistungsanspruchs auf einen Träger der Sozialhilfe gemäß §90 BSHG entgegen (VerbB 1962 S. 53 f.; Anm. A 31 S. Κ 11 f.). In beiden Fällen entspricht die Übertragbarkeit der Forderung ihrer Zweckbestimmung, daß sie nämlich letztlich demjenigen zugute kommen soll, der die Aufwendungen für die Heilbehandlung getragen hat (vgl. auch den Rechtsgedanken des § 15 VVG). Nur in dem dargelegten Rahmen kann die Gefahrsperson den Leistungsanspruch des Vmers gegen den Ver aufgrund eines entsprechenden Vollstreckungstitels pfänden und sich überweisen lassen (LG Hamburg 17. III. 1971 VersR 1971 S. 926; Sieg a . a . O . S. 744 f. Im übrigen gelten die §§851 ZPO, 399 BGB). Κ 430

Wriede

II. Hauptleistungen 5. „Klinik-Card"

Anm. [G 66]

[G 66] 5. Kostenübernahme mittels „Klinik-Card" Der Verband der privaten Krankenversicherung e. V. hat namens der überwiegenden Anzahl seiner Mitglieder (bis 1988 soll ihr Marktanteil auf über 70% steigen, vgl. VerbB 1987 S. 69) bis Ende 1987 mit zahlreichen Krankenhausträgern für über 1300 Krankenhäuser Verträge mit folgendem Inhalt abgeschlossen (nachstehend kurz ÜV): „1. Kostenübernahme-Garantie Wird dem Krankenhaus vor Beginn der Behandlung ein ordnungsgemäß unterschriebener Krankenhausausweis vorgelegt, so garantiert das im Ausweis genannte Krankenversicherungsunternehmen dem Krankenhaus bei medizinisch notwendiger stationärer Behandlung die Erstattung des Pflegesatzes und/oder des Zuschlages für eine gewählte Unterkunft im Ein- oder Zweibettzimmer sowie gesondert berechenbarer Nebenleistungen nach Maßgabe des jeweils gültigen Pflegekostentarifs im Rahmen des Versicherungstarifs, dessen Deckungsgrad im Krankenhausausweis ausgewiesen ist. Die Garantie umfaßt nicht die Erstattung privatärztlicher Behandlungskosten. Diese Kosten werden, wie bisher, mit dem Patienten abgerechnet. Die Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen das im Ausweis genannte Krankenversicherungsunternehmen werden durch Vorlage des Krankenhausausweises in Höhe der in Absatz 1 definierten Krankenhauskosten unwiderruflich an das Krankenhaus abgetreten. Das im Ausweis genannte Krankenversicherungsunternehmen behält sich das Recht des Widerrufs der Kostenübernahme-Garantie in begründeten Ausnahmefällen vor. Der Widerruf erfolgt telefonisch und im Anschluß daran schriftlich an das Krankenhaus. Die Kostenübernahme-Garantie erlischt mit dem Beginn des Tages, der dem telefonischen Widerruf nachfolgt. Das Krankenhaus ist berechtigt, jederzeit (ab dem 3. Tag) ohne Angabe von Gründen Zwischenrechnungen zu erstellen. Bei erkennbar langfristigen stationären Behandlungen kann ein Vorschuß beantragt werden. 2. Aufnahme-Mitteilung Das Krankenhaus verpflichtet sich, bei Vorlage eines Krankenhausausweises das im Ausweis genannte Krankenversicherungsunternehmen unverzüglich von der Aufnahme des Patienten zu unterrichten. Der Verband stellt hierfür vorgedruckte Aufnahme-Meldeformulare zu Verfügung. Filial-/Versicherungs-/UnterNr., Name des Versicherungsnehmers, Name des Patienten ( = versicherte Person), Geburtsdatum werden vom Ausweis auf das Formular übertragen. Auf Anforderung liefert der Verband unentgeltlich die Formulare an das Krankenhaus. Soweit die krankenhauseigenen Formulare die von dem im Ausweis genannten Krankenversicherungsunternehmen benötigten Daten bereits enthalten, kann auf die Formulare des Verbandes verzichtet werden. 3. Kündigung/Nebenabreden Der Vertrag kann von beiden Seiten mit einer Frist von 6 Wochen zum Ablauf eines Quartals schriftlich gekündigt werden. Mit gleicher Frist kann jedes dem Vertrag beigetretene Krankenversicherungsunternehmen seine Beteiligung an dem Vertrag zum Ablauf eines Quartals kündigen. Wriede

Κ 431

Anm. [G 66]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Nebenabreden bzw. Ergänzungen bedürfen der Schriftform und müssen als solche bezeichnet werden." Damit sollen die bisher von mehreren Vern praktizierten Kostenübernahmeerklärungen (vgl. Anm. G 65) weitgehend auf eine neue Basis gestellt werden. Den davon begünstigten Vmern und den in den Vertrag einbezogenen Gefahrspersonen wird je eine sog. „Klinik-Card" ausgestellt. Darin werden ihre Daten sowie der für sie bestehende Vsschutz hinsichtlich der Pflegekosten und der gesondert berechenbaren Nebenleistungen wiedergegeben. Durch ihre Vorlage beim Krankenhaus weist die darin genannte Person nach, daß sie berechtigt ist, an dem vorgesehenen Verfahren teilzunehmen. Der Ausweis ist danach eine reine B e w e i s u r k u n d e und kein W e r t p a p i e r , da die genannte Berechtigung nicht vom Bestehen der Karte und ihrer Innehabung abhängt (vgl. ζ. B. MünchKomm-Hüffer Rz 7 vor § 793). Das kann — ζ. B. bei Abhandenkommen — auf andere Weise belegt werden. Die geforderte Unterzeichnung durch den Vmer und die Gefahrspersonen dient ersichtlich dem Schutz des Vers vor Mißbrauch durch Unberechtigte. ÜV sind nur für Krankenhäuser abgeschlossen worden, die den Anforderungen der §§ 4 (4) MB KK, 4 (8) MB KT entsprechen (VerbB 1986 S. 66). Am R e c h t s v e r h ä l t n i s zwischen P a t i e n t e n u n d K r a n k e n h a u s t r ä g e r (vgl. dazu Anm. G 13) ändert sich durch Vorlage der Karte im Prinzip nichts. Jener bleibt diesem auch insoweit verpflichtet, als der Ver zu leisten hat und dies nach dem Inhalt des ÜV dem Träger gegenüber „garantiert" (s. dazu nachstehend). Jedoch wird man annehmen können, daß der Patient als Drittberechtigter des ÜV das Recht haben soll, vom Träger zu verlangen, daß er zunächst den Ver in Anspruch nimmt (§ 328 BGB), dem Vmer also eine Art Einrede der Vorausklage zusteht (vgl. § 771 BGB). Nach Ziff. 1 Abs. 3 ÜV sollen die A n s p r ü c h e des Vmers gegen d e n Ver durch Vorlage des Ausweises bis zu der darin dokumentierten Höhe „unwiderruflich" an den Krankenhausträger a b g e t r e t e n werden. Eine Zession kann aber nach deutschem Recht nicht durch Vertrag zwischen Schuldner (hier Ver) und potentiellem Zessionar bewirkt oder, wie hier, im voraus vereinbart werden (§ 398 BGB), sondern nur durch Vertrag zwischen Zedenten und Zessionar. Der Vmer müßte daher mit Vorlage der Karte oder im Zusammenhang damit (ausdrücklich oder stillschweigend) eine entsprechende (vom Krankenhausträger anzunehmende) Willenserklärung abgeben. Es ist nicht ersichtlich, daß dies geschehen soll. Denkbar ist, daß die Karte einen dahingehenden Vermerk enthält oder dergleichen im Rahmen des Vsvertrages vereinbart wird. Anders kann der Leistungsanspruch nicht abgetreten werden, zumal die AVB ein Abtretungsverbot enthalten (vgl. Anm. G 65). Eine gegenüber dem Ver nicht selbst forderungsberechtigte Gefahrsperson kann ohnehin nicht über den Anspruch „ihres" Vmers verfügen. Mit dieser „Abtretung" unvereinbar ist auch der Inhalt des bei der Krankenhausaufnahme vom Vmer/Vten zu unterzeichnenden „Antrags auf Erstattungszusage", durch den u. a. der Ver „ermächtigt" wird, unmittelbar an das Krankenhaus zu zahlen" (s. weiter unten). Dieser Ermächtigung bedürfte es nicht, wenn der Leistungsanspruch abgetreten würde. Im übrigen dürfte der Vmer/Vte sogar einen Anspruch darauf haben, daß der Ver unmittelbar an den Krankenhausträger zahlt. Mit der danach zumindest zweifelhaften Konstruktion einer — noch dazu „unwiderruflichen" — Zession verträgt es sich ferner nicht recht, daß der Ver nach Ziff. 1 Abs. 4 ÜV zum Widerruf der Garantiezusage berechtigt ist. Damit wird zwar diese unwirksam, das Schicksal der — unterstellt wirksamen — Abtretung ist jedoch unklar. Ist sie durch den Κ 432

Wriede

II. Hauptleistungen 5. „Klinik-Card"

Anm. [G 66]

Widerruf auflösend bedingt oder hat der Vmer einen Bereicherungsanspruch gegen den Krankenhausträger, damit er seinerseits wieder Inhaber des Leistungsanspruchs wird? Nach Ziff. 1 Abs. 1 ÜV „ g a r a n t i e r t " der Ver „ d e m K r a n k e n h a u s bei m e d i z i n i s c h n o t w e n d i g e r s t a t i o n ä r e r B e h a n d l u n g die E r s t a t t u n g " der P f l e g e k o s t e n „im R a h m e n des V s t a r i f s " bis zu der im Ausweis angegebenen Höhe, macht also diese Zusage von diesen Voraussetzungen abhängig. Sind sie nicht oder nur z. T. gegeben, soll offenbar die Garantie insoweit unwirksam und eine etwa doch zustandegekommene Abtretung einredebehaftet (§ 404 BGB) sein. Die Haftung des Patienten gegenüber dem Krankenhausträger bleibt daher bestehen, im Falle einer (wirksamen) Abtretung analog § 4371 BGB. Kernstück des ÜV ist die „Garantie" des Vers gegenüber dem Krankenhausträger (Ziff. 1 Abs. 1). Dabei handelt es sich mit den erwähnten Einschränkungen — medizinische Notwendigkeit der stationären Behandlung, Maßgeblichkeit des Tarifs — auf den ersten Blick um eine Besicherung der Forderung des Krankenhausträgers gegen den Patienten und damit um eine A r t L e i s t u n g s g a r a n t i e (vgl. z. B. Soergel-Mühl11 Rz 35 vor § 765). Das zeigt sich, wenn der Krankenhausaufnahmeantrag aus irgendeinem Grunde unwirksam ist. Das kann der Ver — anders als ein Bürge (§ 768 BGB) — nicht geltend machen (Soergel-Mühl a. a. O. Rz. 33), solange er die Garantie nicht widerruft (dazu nachstehend). Eine Abweichung vom Typ einer Leistungsgarantie liegt indessen darin, daß, soweit die Zusage reicht, im Ergebnis der Ver nicht als dritter Garant (wie z. B. eine Bank) für eine fremde, nämlich des Patienten, Schuld einstehen will, sondern letztlich seine eigene Verpflichtung in bezug auf diesen im Auge hat und sie zum Gegenstand seiner Zusage macht. Auch soll der Patient dadurch von seiner Zahlungspflicht gegenüber dem Krankenhausträger (vorerst) freigestellt und dieser zur Inanspruchnahme des Vers verpflichtet werden (vgl. oben), während bei einer Leistungsgarantie vielfach umgekehrt der Gläubiger sich zunächst an seinen Schuldner halten muß und der Garant nur subsidiär haftet. Die Ver begrenzen, wie erwähnt, ihre Zusage dahin, daß sie nur gelten soll bei m e d i z i n i s c h n o t w e n d i g e r s t a t i o n ä r e r B e h a n d l u n g und im Rahmen des maßgeblichen Tarifs. Wegen der ersteren Bedingung kann der Träger sich zunächst nur auf das bei der Aufnahme vorgelegte Attest des einweisenden Arztes stützen, das aber in dieser Hinsicht objektiv unrichtig sein kann. Bei angenommenen Notfallen kann es auch fehlen. Im übrigen ist er auf die Feststellungen seiner Ärzte angewiesen, die u. U. erst nach geraumer Zeit Endgültiges über die Notwendigkeit ergeben. Bis dahin trägt er das Risiko, daß die Garantie nicht eingreift. Das gilt auch dann, wenn im Verlauf einer stationären Behandlung die Notwendigkeit entfallt. Den m a ß g e b l i c h e n „ V s t a r i f " für den zur Behandlung aufgenommenen Patienten wird der Träger in der Regel nicht kennen. Auch taucht hier die Frage auf, ob und inwieweit sog. Tarifbedingungen dazu zu rechnen sind. Die NoB, GrB und MB dürften hier nicht gemeint sein, da ausdrücklich auf den „Vstarif ' abgestellt wird. Tarifbedingungen ergänzen und erläutern das Tarifwerk und müssen daher wohl dazu gerechnet werden. Als Tarif wird die nach Wagnisklassen geordnete Zusammenstellung der Prämien und der vom Ver ggf. zu erbringenden Leistungen, gelegentlich ergänzt durch unternehmensspezifische Leistungsverzeichnisse (Ohrt S. 150; Ullmann-Schäfer D S. 13) bezeichnet. Danach ist es durchaus vorstellbar, daß die in der „Klinik-Card" enthaltene Kurzinformation über den Leistungsumfang des Vers gewissen Einschränkungen unterliegt, die aus der Karte nicht ersichtlich sind. Ferner kann es vorkommen, daß der Tarif nach Ausstellung der Karte geändert Wriede

Κ 433

Anm. [G 66]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

wird und dies dem Krankenhausträger nicht oder nicht alsbald bekannt wird. Bis dahin oder bis zum Wirksamwerden eines Widerrufs dürfte der Ver aufgrund des durch Ausstellen der Karte erzeugten Rechtsscheins an seine Garantie gebunden sein. Auch diese Erwägungen rechtfertigen die eingangs ausgesprochene Annahme, daß durch Vorlage des Ausweises am Rechtsverhältnis sowohl des Krankenhausaufnahme- als auch des Vsvertrages im Prinzip nichts geändert wird. Wenn der Ver das Eingreifen seiner Garantie bestreitet, muß einerseits der Träger befugt bleiben, sein Entgelt vom Patienten zu fordern und andererseits der Vmer weiter aktiv legitimiert sein, seinen Leistungsanspruch geltend zu machen. Die Beweislast für das Vorliegen der genannten Voraussetzungen der Garantie trifft nach allgemeinen Grundsätzen den Krankenhausträger. Da ihm jedoch der einschlägige Tarif in der Regel nicht bekannt sein wird, ist der Ver im Streitfalle gehalten darzulegen, daß dem Vsvertrag ein bestimmter Tarif mit dem näher zu bezeichnenden Inhalt zugrundeliegt. Dieses Vorbringen hat der Träger sodann zu widerlegen. Dabei streitet der durch die Karte erzeugte Rechtsschein zu seinen Gunsten. Nach Ziff. 1 Abs. 4 ÜV behält sich der Ver das R e c h t zum W i d e r r u f seiner Zusage „in begründeten Ausnahmefallen" vor. Diese Erklärung soll telefonisch mit schriftlicher Bestätigung ausgeübt werden können und mit Ablauf des Widerrufstages wirksam werden. Nach den Erläuterungen in VerbB 1986 S. 65 und PKV Publik 1986 S. 78 sollen solche Ausnahmefalle gegeben sein, wenn keine medizinische Notwendigkeit für die stationäre Behandlung vorliegt, so bei medizinisch nicht indiziertem Schwangerschaftsabbruch, Sterilisation oder kosmetischer Operation aus anderen als medizinischen Gründen, bei Erlöschen der Leistungspflicht, z. B. wegen Verzugs mit der Prämienzahlung. Ferner kommt insoweit jede Vertragsbeendigung oder -aufhebung in Betracht (Anm. D 14 — 48 S. Κ 91 — 137) und ebenso eine Verminderung der Leistungspflicht, etwa durch Tarifanderung (Anm. C 19 S. Κ 61—63; C 21 S. Κ 64-67). Fehlt es von vornherein an der medizinischen Notwendigkeit oder entfällt sie später, so greift, wie erwähnt, die Verpflichtung zur Garantieübernahme nicht ein. Dann bedarf es keines Widerrufs. Entschließt sich der Ver gleichwohl hierzu, so gibt er zu erkennen, daß er bis dahin zu seiner Garantie steht. Denn widerrufen werden kann im Wortsinne nur etwas bis dahin Bestehendes, hier die Garantiezusage. Das schließt nicht aus, daß er die erwähnte Notwendigkeit in erster Linie in Frage stellt, dem Krankenhausträger damit die Beweislast hierfür aufbürdet (s. oben) und nur hilfsweise widerruft. Für die Gründe dafür ist der Ver beweispflichtig. Besteht die Leistungspflicht des Vers bei Abschluß des Krankenhausaufnahmevertrages nicht mehr oder ist sie verändert worden (vgl. Anm. C 18 — 22 S. Κ 60 — 70), dies aber aus dem Ausweis nicht ersichtlich, so ist die Garantie bis zum Widerruf oder einer entsprechenden Mitteilung des Vers wirksam. Denn auch insoweit kann sich der Träger auf den durch Ausstellen des Ausweises erzeugten Rechtsschein verlassen. Nach Ziff. 2 Abs. 1 ÜV h a t der K r a n k e n h a u s t r ä g e r unverzüglich nach Vorlage der Karte, Abschluß des Aufnahmevertrages und tatsächlicher Aufnahme des durch die Karte ausgewiesenen Patienten den Ver unter Mitteilung der daraus ersichtlichen Daten zu u n t e r r i c h t e n , damit dieser Gelegenheit hat, evtl. Einwendungen gegen die Berechtigung des Vmers geltend zu machen. Der Verband stellt dafür Vordrucke mit der Überschrift „Antrag auf Erstattungszusage" zur Verfügung, mit deren Unterzeichnung der Vmer den Ver ermächtigt, „unmittelbar an das Krankenhaus zu zahlen". Eine Gefahrsperson ohne eigenen Anspruch gegen den Ver ist K434

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II. Hauptleistungen 6. Mehrfachv

Anm. [G67J

dazu nicht legitimiert. Gleichwohl wird nur die „Unterschrift des Vten" verlangt. Von einer Abtretung des Leistungsanspruchs ist jedenfalls auch hier nicht die Rede, ebensowenig von einer Aufhebung des Abtretungsverbots. Der ÜV kann von jeder Partei mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartalsschluß gekündigt werden. Zum V e r h ä l t n i s des Vmers z u m Ver ist schließlich zu bemerken, daß mit Abschluß des Aufnahmevertrages unter Vorlage der Karte der Leistungsanspruch (gegen den Ver) sich in Höhe der darin dokumentierten Kosten in einen Anspruch auf Freihaltung von der Forderung des Krankenhausträgers umwandelt. Sofern nach den für den Vsvertrag maßgeblichen Bestimmungen hinsichtlich der unter die Garantie fallenden Leistungen kein Anspruch des Vmers besteht, die Garantie aber bis zu ihrem Widerruf wirksam und vom Ver insoweit erfüllt worden ist, kann der Ver unter den weiteren Voraussetzungen der §§812 ff. BGB gegen den Vmer Regreß nehmen. (G 67] 6. Mehrfachv Schrifttum: Beseler, Rechtsprobleme gleichzeitiger V in der GKV und PKV (Bonner Dissertation) 1973, S. 110 — 116; Blanck, Entschädigungsberechnung in der Sachv, 4. Aufl. 1977; Bruck PVR S. 543 — 556; Kisch, Die mehrfache V desselben Interesses 1935; Ritter-Abraham Anm. 8 - 2 6 zu § 10 S. 249-259.

Das Bestehen mehrerer Krankenvsverhältnisse nebeneinander für denselben Vmer/Vten oder dieselbe Gefahrsperson ist in mehrfacher Hinsicht von rechtlicher Bedeutung sowohl für diese Personen als auch für die betreffenden Ver. Soweit die mehreren Verträge die E r s t a t t u n g von K r a n k h e i t s k o s t e n vorsehen, sind die §§ 58 — 60 anwendbar (vgl. Anm. A 12 u. 13 S. Κ 5f.): Es muß „ein Interesse gegen dieselbe Gefahr bei mehreren Vera" vt sein. Das Interesse ist im weiteren Sinne zu verstehen; dieser Begriff umfaßt auch die Passivenbeziehungen der Krankheitskostenv (Bd. II Anm. 12 § 68 S. 799). Da auch Unfallvsverträge vielfach den Ersatz von Heilbehandlungskosten vorsehen (ζ. B. § 8 VI (1) AUB), sind solche Verträge gleichfalls zu berücksichtigen. Sofern einer der mehreren Verträge eine Subsidiaritätsklausel enthält (ζ. B. § 8 VI (3) a AUB), sind die erwähnten Vorschriften nicht anwendbar (Bd. II Anm. 48 zu § 59 S. 489). Als Ver im Sinne dieser Bestimmungen kommen — jedenfalls im Bereich der PKV — nur solche in Betracht, mit welchen V e r t r ä g e auf p r i v a t r e c h t l i c h e r Basis abgeschlossen wurden. Dabei ist die Unternehmensform gleichgültig. Die Einbeziehung von Trägern der Sozialv in diese Regelung wird allgemein abgelehnt (KG 15. IV. 1931 JRPV 1931 S. 269; LG Breslau 27. II. 1932, JRPV 1932 S. 329; LG Karlsruhe 15. V. 1968 VA 1969 Nr. 516 S. 109 f.; Schmidt Obliegenheiten S. 212; Lauterbach R z 7 zu § 1504). Diese Frage stellt sich für die hier erläuterten AVB nicht, da sie insoweit Speziairegeln enthalten (Anm. G 34). Hinsichtlich der I d e n t i t ä t des vten I n t e r e s s e s ist die Person des Interesseträgers, ferner die Art der für ihn geschützten vten Beziehung und die darauf (als befürchtet) einwirkende vte G e f a h r von Bedeutung. Interesseträger können nur der Vmer oder der Vte einer V für fremde Rechnung, nicht auch eine Gefahrsperson ohne eigene Ansprüche gegen den Ver sein. Die von jenen befürchteten Belastungen mit Aufwendungen für eine Heilbehandlung können ihre Person betreffen, die Aufwendungen können auch darin bestehen, daß sie, Vmer oder Vter, für eine Heilbehandlung einer Gefahrsperson aufgrund von Rechtspflichten, insbesondere Unterhaltspflichten, einzustehen oder es aus anderen Gründen übernommen haben, solche Kosten zu tragen. Die Erfüllung dieser Aufgabe kann entweder dadurch bewirkt werden, daß der Vmer/Vte die betreffenden Verträge mit den Behandlern im eigenen Wriede

Κ 435

Anm. [G 67]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

Namen abschließt, d. h. der Gefahrsperson die Behandlung gleichsam in natura zur Verfügung stellt, oder es übernimmt, die dieser selbst entstandenen Kosten zu erstatten. Auf diese Unterscheidung wird in den Verträgen meistens nicht abgestellt. Vielmehr werden beide Varianten durchweg gleichbedeutend behandelt. Ferner kann eine V für eigene Rechnung des Vmers mit einer vom einem anderen Vmer genommenen V für fremde Rechnung zusammentreffen, kraft welcher der Vte mit dem ersteren Vmer identisch ist. Das kann ζ. B. der Fall sein, wenn der Vmer außer durch seinen Individualvertrag Vter eines Gruppenvsvertrages — etwa für eine Auslandsreise — wird. Das gleiche kann eintreten, wenn durch zwei verschiedene Verträge für fremde Rechnung derselbe Vte begünstigt wird. Soweit danach in den mehreren Vsverträgen ganz oder z.T. I d e n t i t ä t des I n t e r e s s e t r ä g e r s , der vten P a s s i v e n b e z i e h u n g e n und der vten G e f a h r gegeben ist, schließlich auch hinsichtlich der Zeit der m a t e r i e l l e n G e f a h r t r a g u n g ganz oder teilweise Übereinstimmung besteht, sind die Regeln über die Mehrfachv (§ 58) und ggf. der Doppelv (§ 59) anzuwenden. Den Vmer/Vten trifft die (sanktionslose) Anzeigeobliegenheit des § 58. Sie ist durch §§ 6 (2) a GrB KK u. KH (diese soweit Krankenhauskosten vt sind), § 9 (4) MB KK für die darunter fallenden Verträge modifiziert (vgl. Anm. F 48 — 50). Die vorstehend behandelte Identität der vten Passivenbeziehung und der vten Gefahr ist f ü r die K r a n k h e i t s k o s t e n v weiter zu d i f f e r e n z i e r e n : Die Leistungstarife der Ver sehen durchweg eine Mehrheit von Positionen in unterschiedlicher Höhe mit und ohne Selbstbeteiligung vor. Von Identität im obigen Sinne kann daher nur gesprochen werden soweit die mehreren Verträge gleichartige Leistungen versprechen. Das ist nicht der Fall, wenn z. B. nach einem der Verträge nur für Krankenhauskosten nach dem anderen nur für ambulante ärztliche und zahnärztliche Behandlung gehaftet wird. Die §§58 — 6 0 s i n d n i c h t a n z u w e n d e n , wenn eine Gefahrsperson ohne eigenen Anspruch gegen den Ver entweder selbst einen auf Heilkostenersatz gerichteten Vsvertrag (oder mehrere) abschließt oder aufgrund eines Vertrages eines dritten Vmers oder Vten ganz oder teilweise gleichen Vsschutz durch einen anderen Vèr erlangt. Es ist auch denkbar, daß der Vmer/Vte des Erstvertrages als Gefahrsperson ohne eigenen Anspruch in einen von einem Dritten abgeschlossenen Vsvertrag mit ganz oder z.T. identischem Inhalt einbezogen wird. Auf solche Fälle mehrfacher Deckung durch Verträge, die von verschiedenen Vmern mit anderen Vern abgeschlossen werden, passen die §§ 58 ff. nicht. Diese Bestimmungen gehen vielmehr von der Identität des Vmers der mehreren Verträge aus (ebenso Bd. II Anm. 4 zu § 59 S. 462). Die Anzeigeobliegenheit gemäß § 58 besteht daher in diesen Fällen nicht. Ebenso können die oben erwähnten AVB-Bestimmungen nur den Vmer/Vten des Erstvertrages, nicht aber den des Zweitvertrages binden. Jedoch kann die z u s ä t z l i c h e D e k k u n g durch diesen eine G e f a h r e r h ö h u n g im Sinne der §§ 23 ff. bewirken, so wenn dadurch z. B. eine zur Eingrenzung des subjektiven Risikos vereinbarte Selbstbeteiligung gegenstandslos gemacht wird (Anm. F 43, 48 ff.; vgl. auch BAA VA 1952 S. 50). Die mehreren Ver haften dem Vmer/Vten nach Maßgabe ihrer Verträge so, als wenn keine weiteren Verträge bestünden. S o f e r n nach dem Inhalt der für den betreffenden Vsfall in Betracht kommenden identischen Leistungspositionen der mehreren Ver keine Ü b e r d e c k u n g im Sinne des § 59 I und damit keine Doppelv vorliegt, die Ver zusammen also nur bis zur Höhe der entstandenen Aufwendungen haften — jeder z. B. nur bis zu 50% der Zahnbehandlungskosten; dabei ist ggf. auch eine (evtl. obligatorische — dazu weiter unten) Selbstbeteiligung des Vmers zu berücksichtigen —, so liegt wegen der Gleichstufigkeit und inneren ZweckgemeinK436

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II. Hauptleistungen 6. Mehrfachv

Anm.[G67]

schaft beider Haftungen, die ja wegen § 55 auf die Höhe des Schadens beschränkt ist, ein „ n o r m a l e s " G e s a m t s c h u l d v e r h ä l t n i s gemäß §421 BGB vor (vgl. ζ. B. Palandt-Heinrichs Anm. 2 zu § 421; ähnlich Ritter-Abraham Anm. 3 zu § 10 S. 247, die eine unechte Gesamtschuld annehmen, auf die die §§ 421 ff. BGB anzuwenden seien). Gemäß §426 BGB haften daher die m e h r e r e n Ver mangels abweichender Regelung (z. B. durch ein Teilungsabkommen; vgl. VA 1958 S. 104) i n t e r n zu g l e i c h e n Teilen. F a l l s dagegen die mehreren Verträge für eine Leistungsposition eine Ü b e r d e k k u n g ergeben, liegt eine D o p p e l ν gemäß § 59 vor. Hier besteht das G e s a m t s c h u l d v e r h ä l t n i s der Ver nur i n s o w e i t , als die m e h r e r e n E n t s c h ä d i g u n g s v e r p f l i c h t u n g e n sich d e c k e n (Ritter-Abraham a. a. O. Anm. 14; Bruck a. a. O. S. 548). Die abweichende Ansicht von Möller (Bd. II Anm. 16 zu § 59 S. 469 f.) und Ehrenzweig (a. a. O. S. 256) — Gesamtschuld nur in bezug auf die diese Summe übersteigende Entschädigungsverpflichtung — ist unrichtig. Denn dann würde sich die Ausgleichspflicht des § 59 II nur auf diesen überschießenden Betrag beziehen, was keinen Sinn ergibt und auch von Möller nicht angenommen wird (vgl. Anm. 35 zu § 59 S. 477 f.; die dort in dem auf S. 478 oben angeführten Beispiel vertretenen Auffassung, der Ver A hafte in Höhe von DM 5.500 gesamtschuldnerisch, ist gleichfalls unrichtig; die Gesamtschuld der beiden Ver besteht nur in Höhe von DM 4.500). Die A u s g l e i c h s p f l i c h t der m e h r e r e n Ver richtet sich gemäß §§ 42611 2. Hs. BGB, 59 II VVG n a c h dem V e r h ä l t n i s , das sich aus der H a f t u n g s h ö h e gegenüber dem Vmer ergibt. Deckt der Ver Α ζ. Β. die Krankenhauskosten von DM 1.000,- bis zur Höhe von DM 8 0 0 , - , der Ver Β nur bis zu DM 6 0 0 , - so haben im Ergebnis A 4/7 und Β 3/7 von DM 1.000,— zu tragen. Dem letzten Hs. des § 591 messen Ritter-Abraham (Anm. 15 zu § 10 S. 253, 254) noch eine weitere Bedeutung zu: Nimmt der Vmer den A etwa nur auf Zahlung von DM 600, — in Anspruch, so ist insoweit nach § 4221 BGB auch die Schuld des Β als getilgt anzusehen. Nur A würde dann im Außenverhältnis dem Vmer auf den Restbetrag von DM 200,— haften. Da jedoch der Vmer „im ganzen" seinen vollen Schaden ersetzt bekommen soll, schuldet ihm abweichend von § 422 1 1 BGB Β den noch nicht gedeckten Aufwand, und zwar entweder DM 400 oder, falls A die an seiner, des A, vollen Haftung bis zu DM 800 fehlenden DM 200 leistet, noch die an DM 1.000 fehlenden DM 200. Die unterschiedliche Regelung des internen Ausgleichs je nach der Höchsthaftung für die einzelnen Leistungspositionen erscheint gerade in der Krankheitskostenv wenig praktisch. Der Ausgleich bringt dem einzelnen Ver im Verhältnis zu dem damit verbundenen Arbeitsaufwand nur geringen Nutzen. Die Mitglieder des Verbands der privaten Krankenv e. V. haben daher mit Einverständnis des BAA untereinander auf diesen Ausgleich verzichtet (VerbB 1981 S. 161; vgl. Schmidt ZfV 1974 S. 42 f.). Der Fall einer o b l i g a t o r i s c h e n S e l b s t b e t e i l i g u n g , die vor allem der Eindämmung des subjektiven Risikos dienen soll, erfordert bei Vorliegen einer Mehrfachv eine besondere Betrachtung: In der Regel wird die Einhaltung dieser Risikobegrenzung bei Geltung der GrB KK und KH bzw. der MB KK bereits durch deren §§ 6 (2) a bzw. 9 (4), 10 (2) gesichert sein. Falls jedoch die hier vorgesehenen Sanktionen nicht greifen (ζ. B. kein Verschulden des Vmers, Versäumung der Frist aus § 6 I VVG), wird die Selbstbeteiligung dadurch wirksam, daß ein entsprechender Abzug von der „im ganzen" (§ 59 I letzter Hs.) zu berechnenden Entschädigung zu machen, sie also nicht von einem der mehreren Ver abzugleichen ist. Falls in einem oder allen der mehreren Verträge eine B e i t r a g s r ü c k e r s t a t t u n g bei s c h a d e n f r e i e m V e r l a u f vorgesehen ist (Anm. G 68), taucht die Frage auf, Wriede

Κ 437

Anm. [G 68]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

ob der vom Vmer nicht in Anspruch genommene Ver, der aufgrund der Mehrfachv internen Ausgleich schuldet, gleichwohl zur Rückerstattung verpflichtet ist (vorausgesetzt, daß der Vertrag für diesen Fall keine besondere Regelung enthält). Das gleiche Problem besteht, wenn er aufgrund eines T e i l u n g s a b k o m m e n s Zahlungen zu erbringen hat. In diesem Falle erscheint die Lösung einfach: Der Rückerstattungsanspruch bleibt bestehen, weil der Vmer keinen Einfluß darauf hat, daß sein Ver einen solchen Vertrag abschloß. Jener Fall ist dagegen zweifelhaft. Hier ist die Mehrfachv durch ein Handeln des Vmers zustandegekommen. Er hat es veranlaßt, daß damit die Ausgleichspflicht des von ihm nicht in Anspruch genommenen Vers verknüpft ist. Hätte er nur mit dem auf Leistung in Anspruch genommenen Ver abgeschlossen, würde die Rückvergütung entfallen. Es besteht kein rechtfertigender Grund, die Rechtslage nur deswegen anders zu beurteilen, weil er den Vsschutz auf mehrere Ver verteilt hat. Allein die Tatsache, daß er einen der mehreren Ver nicht (unmittelbar) in Anspruch nimmt, rechtfertigt entgegen Ohrt (S. 104) und Moser (S. 102) nicht die Gegenmeinung. Wegen aller weiteren sich aus dem Bestehen einer Mehrfachv ergebenden Rechtsfragen wird auf die Kommentierung in Bd. II zu §§ 58 — 60 verwiesen. Die hier erläuterten A V B e n t h a l t e n k e i n e von der gesetzlichen Regelung abweichenden Bestimmungen. §§ 6 (2) d GrB KK, 6 (2) c GrB KH, wonach es dem Vmer freigestellt wird, welchen der mehreren Ver er in Anspruch nehmen will, besagt nur Selbstverständliches. Diese Befugnis soll aber offenbar voraussetzen, daß der weitere private Vertrag mit Einwilligung des Vers zustandegekommen ist oder er — nach der zweiten Alternative — vom Bestehen der gesetzlichen Krankenv Kenntnis hatte. Das ist eine unzulässige Einschränkung. Auf den weiteren Vertrag oder das Sozialvsverhältnis hat die Bestimmung ohnehin keinen Einfluß. Wurde der weitere Vertrag ohne Einwilligung des ersten Vers abgeschlossen, hat dieser aber von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht oder mangels Vorliegens der hierfür erforderlichen Voraussetzungen keinen Gebrauch machen können, so bleibt der erste Vertrag wirksam. Das gleiche gilt, falls der erste Ver vom Bestehen der gesetzlichen Krankenv keine Kenntnis hatte. Der danach wirksam gebliebene Vertrag kann dann nicht unter Umgehung des zugunsten des Vmers zwingenden § 6 1 VVG (§ 15 a) durch eine solche Klausel aus den Angeln gehoben werden. A u f S u m m e n v s v e r t r ä g e sind die §§58 — 60 n i c h t a n z u w e n d e n . Mehrere Ver haften daher jeder auf die volle zugesagte Leistung, ohne daß ein Gesamtschuldverhältnis vorliegt. Denn hier fehlt es an der Zweckgemeinschaft, die bei mehreren Schadensvern anzunehmen und darauf gerichtet ist, den konkreten Schaden des Vers (und nur diesen) zu ersetzen. Der Abschluß weiterer Summenvsverträge kann jedoch einen Verstoß gegen die hierauf bezüglichen Obliegenheiten beinhalten (vgl. Anm. F 4 8 - 5 5 ) . [G 68] III. Beitragsrückgewähr Schrifttum: A. S. ZfV 1986 S. 262; Bohn VW 1986 S. 152; Haasen, Recht auf den Überschuß bei den privaten Vsgesellschaften, Beiheft 22 der ZHR; Kisch VVaG S. 211-223; Neeße in Balzer-Jäger Β S. 31 - 3 3 ; Ohrt S. 162-164; Sasse ZVersWiss 1975 S. 565-589.

In der wohl überwiegenden Zahl von Verträgen der PKV wird dem Vmer eine Beitragsrückgewähr in Aussicht gestellt. Die hier erläuterten AVB enthalten darüber keine näheren Bestimmungen, obwohl nach § 101 Ziff. 7 VAG „die Grundsätze und Maßstäbe, wonach die Vten an den Überschüssen teilnehmen", darin bestimmt sein sollen. Vielfach sehen die Tarifbedingungen, die gleichfalls AVB im Sinne des VAG sind (vgl. ζ. B. Prölss-Martin Vorbem. 16 A a), Näheres darüber vor. Bei VVaG und K438

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III. Beitragsrückgewähr

Anm. [G 68]

öffentlich-rechtlichen Unternehmungen können diese Bestimmungen auch in den Satzungen enthalten sein (§ 10 II VAG). Es ist zwischen den sog. e r f o l g s a b h ä n g i g e n und den e r f o l g s u n a b h ä n g i g e n B e i t r a g s r ü c k e r s t a t t u n g e n zu unterscheiden. Jene setzen voraus, daß der Ver einen Jahresüberschuß erzielt hat. Für die letzteren ist das Geschäftsergebnis unerheblich. Für die E r m i t t l u n g der e r f o l g s a b h ä n g i g e n R ü c k v e r g ü t u n g sind aufsichtsrechtliche Bestimmungen zu beachten; auch richtet sich danach die Entstehung dieses Anspruchs des Vmers. Beim V V a G hat nach allgemeiner Praxis deutscher Krankenver (Sasse a. a. O. S. 578) das oberste Organ nach näherer Bestimmung des § 38 I VAG und den darin in bezug genommenen Satzungsbestimmungen über die Verteilung des in der Bilanz ausgewiesenen Überschusses zu entscheiden. Erst wenn aufgrund des hier geregelten Verfahrens ein zu verteilender Überschuß festgestellt wird, ist ein klagbarer Anspruch des Vmers gegeben. Dieser ist Ausfluß seiner Stellung als Mitglied des VVaG (vgl. OLG Düsseldorf 9. XII. 1958 VersR 1959 S. 121, 122; Haasen a. a. O. S. 58). Bis zur Beschlußfassung des obersten Organs besteht nur eine Art Anwartschaftsrecht des Vmers (Haasen a. a. O. S. 5 3 - 5 8 ; Kisch a. a. O. S. 216 f.). Vmer, die nicht Mitglied des VVaG sind, haben an dieser Verteilung kein Anrecht (Sasse a. a. O. S. 587). Für sie kommen nur zivilrechtlich vereinbarte erfolgsunabhängige Rückvergütungen in Betracht. Zu einer Vers A G steht der Vmer als solcher nicht wie ihr Aktionär in einem gesellschaftsrechtlichen Verhältnis. Er hat daher keinen mitgliedschaftsrechtlichen Anspruch auf Beteiligung am Geschäftsergebnis. Wenn er daran in Form einer erfolgsabhängigen Beitragsrückgewähr teilhaben soll, kommt als Rechtsgrundlage nur der Vsvertrag in Frage, der das z. B. in den maßgeblichen Tarifbedingungen bestimmen kann (vgl. Näheres bei Haasen a. a. O. S. 64 — 66). Gemäß § 56 a VAG hat — abweichend vom Aktienrecht — der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats ohne Beteiligung der Hauptversammlung über die (erfolgsabhängige) Überschußbeteiligung der Vmer zu beschließen und dabei die dort normierten Vorschriften zu beachten. Ein klagbarer Anspruch auf diese Rückvergütung entsteht auch hier erst mit dieser Feststellung (Haasen a. a. O.). Bei beiden Formen der Rückvergütung wird regelmäßig weiter vorausgesetzt, daß der Vmer die Leistungen des Vers in einem bestimmten Zeitraum nicht in Anspruch genommen hat, gleichgültig ob ein Vsfall eingetreten war oder nicht. Die R ü c k v e r g ü t u n g ist damit zu einem wichtigen Instrument z u r E i n d ä m m u n g des s u b j e k t i v e n R i s i k o s entwickelt worden. Ihre Zusage soll vor allem bewirken, daß sogenannte Bagatellschäden, die einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordern, nicht geltend gemacht werden (Ohrt S. 162). Die Auszahlung wird vielfach u. a. noch davon abhängig gemacht, daß der Vertrag eine bestimmte Mindestzeit bestanden hat und die Beiträge fristgerecht entrichtet wurden. Dritte, die dem Vmer Beitragszuschüsse gewähren, haben daran keinen Anteil, da es sich nicht um Erstattung zuviel erhobener Prämien handelt, sondern um eine Leistung des Vers (vgl. PKV Publik 1989 S. 5). Der Anspruch auf Beitragsrückgewähr wird nicht davon betroffen, daß das Konto des Vmers aufgrund eines Teilungsabkommens belastet wird, er selbst aber seinen Ver nicht in Anspruch nimmt (VA 1953 S. 101; Anm. G 67).

Wriede

Κ 439

Anm. [G 69, G 70]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

[G 69] IV. Nebenpflichten des Vers 1. Verpflichtung zur Ausstellung des Vsscheins, ggf. einer Ersatzurkunde, Hergabe von Abschriften Wegen der ersteren Verpflichtungen wird auf die Erläuterungen in Anm. C 27 S. Κ 74 f. verwiesen. Die Pflicht zur H e r g a b e von K o p i e n der Erklärungen des Vmers folgt aus § 3 III. Danach hat der Vmer das (einklagbare) Recht, auf seine Kosten (§ 3 IV) Abschriften von Erklärungen zu fordern, die er (oder ein Vertreter in seinem Namen) mit Bezug auf den Vsvertrag abgegeben hat. Dabei wird es sich in der Regel um schriftliche Erklärungen handeln müssen. Wenn jedoch der Ver über eine mündliche Erklärung eine Aktennotiz angefertigt hat, wird sich das Verlangen auch darauf beziehen können. Das gleiche wird wegen einer Tonbandaufnahme, ζ. B. über ein Telefongespräch, zu gelten haben. Es muß sich nicht notwendig um Willens- oder Wissenserklärungen handeln, auch sonstige Mitteilung kommen in Betracht, wenn der Vmer sie nur im Zusammenhang mit dem Vsvertrag abgegeben hat, so vor allem die dem Nachweis von Aufwendungen dienenden Kostenbelege, die in das Eigentum des Vers übergehen (Anm. G 40 a. E.), ferner etwa Korrespondenzen mit Heilbehandlern zur Verdeutlichung der durchgeführten Behandlung, Verträge oder Schriftwechsel mit Gefahrspersonen als Beleg dafür, daß der Vmer für deren Heilbehandlung einzustehen hat, kurz alle Mitteilungen, die aus der Sphäre des Vmers und damit auch von Vten oder Gefahrspersonen „ausgehen". Ein w e i t e r g e h e n d e s R e c h t auf Einsichtnahme und Erteilung von Abschriften in bezug auf andere im Besitz des Vers befindliche Dokumente kann sich aus §§ 810, 811 BGB unter den dort genannten Voraussetzungen ergeben (vgl. dazu etwa PalandtThomas Anm. zu §§ 810 f.). In beiden Fällen kann der Ver die Vorlage verweigern, bis ihm die Kosten vorgeschossen sind (§§ 273 I, 811 II BGB). Darüber hinaus kann sich eine B e f u g n i s z u r E i n s i c h t n a h m e in weitere Unterlagen des Vers daraus ergeben, daß dieser (ebenso umgekehrt der Vmer) in einem R e c h t s s t r e i t gehalten ist, Urkunden, auf die er seinen Prozeßvortrag stützt, dem Gegner zur Einsichtnahme vorzulegen, weil anders dessen Recht auf rechtliches Gehör verletzt werden würde. In diesem Zusammenhang werden zumeist zur Vereinfachung des Geschäftsverkehrs Abschriften vorgelegt. Eine V e r l e t z u n g d e r P f l i c h t e n aus §§ 3 III VVG, 810 BGB kann nach den §§ 280, 286 BGB oder wegen positiver Vertragsverletzung den Ver schadensersatzpflichtig machen. Die §§ 320 — 327 BGB sind nicht anwendbar, da es sich nicht um die Hauptpflicht des Vers handelt, die mit der Prämienzahlungspflicht in einem synallagmatischen Verhältnis steht. [G 70] 2. Hinweis- und Belehrungspflichten Schrifttum: Bd. I Anm. 39 zu §3 S. 164f.; Fischer VersR 1965 S. 197-202; Möller FS Klingmüller 1974 S. 301 - 3 2 8 (insbesondere zur Kfz-V).

Pflichten dieser Art (die teilweise auch als Obliegenheiten des Vers angesehen werden, vgl. Bd. I a. a. O. a. E.; Prölss-Martin Vorbem. II 3 A) ergeben sich ζ. T. aus gesetzlichen Bestimmungen, sind aber auch von der Rechtsprechung aus § 242 BGB hergeleitet worden (vgl. ζ. B. Soergel-Teichmann Rz 132 zu § 242; Palandt-Heinrichs Anm. 4 Β zu § 242). Eine g e s e t z l i c h e H i n w e i s p f l i c h t enthält außer § 5 II (vgl. dazu Anm. C 3 0 - 3 2 S. Κ 7 5 - 7 8 ) § 3 III 2: Der Ver hat den Vmer bei Aushändigung des Vsscheins auf sein, des Vmers, Recht nach S. 1 a. a. O. hinzuweisen (vgl. dazu K440

Wriede

IV. Nebenpflichten des Vers 2. Belehrung

Anm. [G 70]

Anm. G 69). Eine Verletzung dieser Pflicht kann die Rechtsfolge aus § 3 III 3 haben und ferner den Ver nach §§ 280, 2861 BGB und wegen positiver Vertragsverletzung ersatzpflichtig machen. So ist z. B. denkbar, daß der Vmer in seiner Rechtsverfolgung Dritten gegenüber behindert wird, weil er den Inhalt von ihm abgegebener Erklärungen nicht kennt und daher sein Prozeßvortrag unvollständig und/oder nicht rechtzeitig abgegeben wird, was bei gehöriger Unterrichtung durch den Ver nicht passiert wäre. Hinweis- und Belehrungspflichten können gegeben sein, wenn der Vmer den Ver um A u s k u n f t in bezug auf ein bestehendes oder im Entstehen begriffenes VsVerhältnis bittet. Sie können auch vorliegen, wenn der Ver erkennt oder bei Anwendung gehöriger Sorgfalt hätte erkennen müssen, daß der Vmer in dieser Hinsicht unrichtige Vorstellungen hat. In beiden Fällen hat der Ver in angemessener Zeit und mit aller gebotenen Sorgfalt zu antworten bzw. für Aufklärung zu sorgen. Andernfalls macht er sich auch hier ersatzpflichtig nach den o. a. Normen. Auf eine drohende Verjährung hat der Ver jedoch nicht hinzuweisen (BGH 27. XI. 1958 VersR 1959 S. 22, 23). In ersterer Hinsicht ( A u s k u n f t s e r t e i l u n g auf A n f r a g e ) ist von der Rechtsprechung herausgestellt worden, daß der Vmer grundsätzlich verpflichtet ist, sich über seine Rechte und Pflichten selbst zu unterrichten. Der Ver muß jedoch bei Anfragen alsbald antworten und dabei falsche Vorstellungen richtigstellen (BGH 16. IV. 1959 VersR 1959 S. 361; OLG Celle 26. X. 1953 VersR 1953 S. 490; OLG Köln 12. IV. 1956 VersR 1956 S. 721 f. - hier ist zu Unrecht Haftung aus culpa in contrahendo angenommen worden, vgl. Anm. C 15 S. Κ 58, 59; LG Düsseldorf 2. XI. 1979 VersR 1981 S. 827 f.). Die Verletzung von A u f k l ä r u n g s p f l i c h t e n hat in der Rechtsprechung zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt. Zutreffend hat der BGH (24.1.1963 VersR 1963 S. 376, 378; 7. XI. 1973 VersR 1974 S. 121) in solchen Fällen Schadensersatzpflichten des Vers angenommen (ebenso OLG Hamm 29. VI. 1977 VersR 1977 S. 999; Wriede VersR 1965 S. 9 - 1 2 ; Prölss-Martin Anm. 5 G zu 8). Bei ungültigen Kündigungserklärungen des Vmers haben einige Instanzgerichte (vgl. die Nachweise bei Prölss-Martin a. a. O.) die Ansicht vertreten, die Unterlassung der Belehrung oder fehlende Zurückweisung einer solchen Kündigung habe zur Folge, daß sie als wirksam behandelt werden müsse. Das kann (aufgrund der Ersatzpflicht des Vers) nur dann der Fall sein, wenn anzunehmen ist, daß der Vmer bei gehöriger Belehrung die ungültige Kündigung so wiederholt hätte, daß ihre beabsichtigte Wirkung noch eingetreten wäre (Genaueres Wriede a.a. O. Anm. D 36 S. Κ llOf.). Die oben erwähnten Auskunftspflichten des Vers sind in der Regel einklagbar. Dagegen ist umstritten, ob das auch für die Hinweis- und Belehrungspflichten gilt (vgl. hierzu etwa Palandt-Heinrichs Anm. 4 Β zu § 242; Stürner JZ 1976 S. 384-392). Eine weitere N e b e n p f l i c h t trifft den Ver im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 850 b I Ziff. 4 ZPO. Er hat als D ritt Schuldner der von einem Gläubiger des Vmers gepfändeten und jenem überwiesenen Leistungsansprüche deren (grundsätzliche, vgl. § 850 b II ZPO) Unpfändbarkeit gegenüber dem Vollstreckungsorgan geltend zu machen (Anm. A 28 S. Κ 9, 10), falls der Vmer nicht seinerseits deswegen einen Rechtsbehelf einlegt. Das rechtstechnische Mittel dazu ist die Erinnerung gemäß § 766 ZPO (vgl. ζ. B. Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann Anm. 3 C zu § 766). Die dafür vom Ver a u f g e w a n d t e n Kosten hat der Vmer gemäß § 670 BGB zu ersetzen. Das Auftragsverhältnis ergibt sich aus dem Vsvertrag, der den Ver, wie ausgeführt, zum Tätigwerden verpflichtet. Zumindest liegt eine Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 BGB) vor, so daß der Vmer in gleicher Weise hierfür haftet (§§ 683, 670 BGB). Verletzt der Ver diese Nebenpflicht, so kann der Vmer SchadensWriede

Κ 441

Anm. [G 71)

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

ersatz gemäß §§ 280, 286 BGB oder wegen positiver Vertragsverletzung fordern. Dabei wird aber — je nach Lage des Falles — ein mehr oder weniger großes die Ersatzpflicht minderndes (§ 254 BGB) Mitverschulden des Vmers zu berücksichtigen sein, da in erster Linie er selbst gehalten ist, die gebotenen Rechtsbehelfe gegen eine zu Unrecht erfolgte Zwangsvollstreckung einzulegen. Die B e w e i s l a s t für das Bestehen und die objektive Verletzung der angegebenen Nebenpflichten und des ggf. eingetretenen Schadens trifft den Vmer. Der Ver muß sich gemäß oder analog § 282 BGB wegen seines bei objektiver Verletzung zu vermutetenden Verschuldens entlasten (vgl. Palandt-Heinrichs Anm. 2 zu § 282). [G 71] 3. Ersatzpflichten gemäß §§ 63, 66 VVG Schrifttum (zu §66): Martin, Sachvsrecht, 2. Aufl. München 1986, S. 1356-1364.

a) Gemäß § 63 hat der Ver (in gewissen Grenzen) Aufwendungen des Vmers zu ersetzen, die dieser zur Abwendung und Minderung des Schadens gemacht hat, soweit dieser sie den Umständen nach für geboten halten durfte. Diese Bestimmung spielt in der PKV keine große Rolle. Auf die Erläuterungen dazu in Anm. F 46 und F 63 wird hingewiesen. b) Von ähnlich geringer Bedeutung für die Krankheitskostenv ist § 66, wonach der Ver Kosten des Vmers für die Ermittlung und Feststellung des Schadens zu ersetzen hat, soweit sie (objektiv) geboten waren. K o s t e n d e r E r m i t t l u n g der bei Gefahrverwirklichung entstandenen Einbußen können z. B. erwachsen, wenn der Ver die Beweiskraft der eingereichten Belege oder ihres sachlichen Inhalts in Zweifel zieht, so daß der Vmer sich veranlaßt sieht, weitere Unterlagen zur Begründung seines Leistungsanspruchs zu beschaffen. So kann er den Behandler ersuchen, die medizinische Notwendigkeit seiner Verrichtungen näher zu erläutern. Das von diesem dafür verlangte Entgelt gehört zu den Ermittlungskosten und ist vom Ver im Rahmen der tariflichen Höchstsätze für die betreffenden Positionen zu ersetzen, wenn ein entschädigungspflichtiger Vsfall vorliegt. K o s t e n d e r F e s t s t e l l u n g sind solche, die im Zusammenhang mit den Verhandlungen des Vmers mit dem Ver entstehen, um diesem subjektive Gewißheit über die Berechtigung jeder einzelnen Schadensposition nach Grund und Höhe zu verschaffen (Martin a. a. O. lit. W I X Rz. 6). In aller Regel wird man erwarten können, daß der Vmer dazu keiner fremden Hilfe bedarf, Aufwendungen hierfür daher den Umständen nach objektiv nicht geboten sind (§ 661 letzter Hs; vgl. Bd. II Anm. 16 zu §66 S. 700/36; Martin a. a. O. Rz 13). Ausnahmsweise kann das aber doch der Fall sein, so wenn etwa der Vmer aufgrund seines Gesundheitszustandes dazu nicht in der Lage ist oder seine im Ausland ansässigen Erben seine Ansprüche geltend machen. Hier kann die Einschaltung eines sachkundigen Dritten oder eines Rechtsanwalts auch unter objektiven Gesichtspunkten vertretbar sein. Nach h. M. (vgl. Bd. II Anm. 17 zu § 66 S. 700/37; Prölss-Martin Anm. 5 a zu § 66) sollen aber solche Kosten, außer wenn im Rahmen eines Rechtsstreits entstanden, wegen § 66 II nur dann erstattungsfähig sein, wenn sie durch Verzug oder positive Vertragsverletzung des Vers ausgelöst wurden. Der dann gegebene materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch ist als Schadenersatzforderung zu qualifizieren (vgl. dazu eingehend BeckerEberhard, Grundlagen der Kostenerstattung bei der Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche, Bielefeld 1985, S. 53 — 91), während es sich bei §66 um einen gesetzlichen Erfüllungsansprüch aus dem Vsvertrag handelt (Becker-Eberhard a. a. O. S. 52). Möller (Bd. II a. a. O.) macht gegenüber der h. M. das Bedenken geltend, daß § 66 II nicht eingreifen könne, wenn die Verhältnisse des konkreten Falles, z. B. Krankheit oder Unfall des Vmers, zur Zuziehung eines „Beistandes" zwingen. Damit kann aber wohl die positive Gesetzesbestimmung nicht beiseitegeschoben werden, die darauf K442

Wriede

V. Verjährung, Verwirkung, Klagfrist 1. Verjährung

Anm. [G72]

zielt, den Ver vor unübersehbaren Kosten zu bewahren. Vielfach wird indessen auch der erwähnte materiellrechtliche Schadensersatzanspruch gegeben sein, so daß die aufgeworfene Frage nur selten praktisch werden wird. Ansprüche aus §66 (nicht dagegen die genannten Schadensersatzforderungen) sind d e r H ö h e n a c h entsprechend den etwaigen tariflichen Höchstsätzen und/oder prozentualen Beschränkungen für die einzelnen Leistungspositionen b e g r e n z t , und zwar sind diese Grenzen unter Einschluß der zu erstattenden Behandlungskosten zu bestimmen. Besteht z. B. Streit über die medizinische Notwendigkeit von Massagen, für die der Vmer D M 900 aufgewandt hat, und hat er als Nachweis hierfür eine Stellungnahme seines Arztes für ein Honorar von DM 300 beigebracht, so schuldet der Ver bei einem Erstattungsatz von 75% DM 900, ggf. auch nur einen geringeren vereinbarten Höchstbetrag pro Jahr. [G 72] V. Verjährung, Verwirkung, Klagfrist 1. Verjährung Schrifttum: Boetius VersR 1968 S. 821; Ehrenzweig VersR 1953 S. 124; Hedemann VersR 1953 S. 377; Schmitt VersR 1952 S. 384.

Zum Begriff der Verjährung, ihrer Hemmung und Unterbrechung im allgemeinen vgl. Bd. I Anm. 1 - 1 9 zu § 12 S. 2 5 7 - 2 6 2 und Anm. E 26 S. Κ 164-166. Der Verjährung unterliegen die A n s p r ü c h e des Vmers/Vten „ a u s d e m V s v e r t r a g e " . Das sind die Forderungen, die ihre unmittelbare Rechtsgrundlage in diesem Vertrage haben, d. h. gerichtet sind auf Gefahrtragung, auf Gewährung der konkreten tariflichen Leistungen nach Eintritt des Vsfalles, auf Aufwendungsersatz gemäß §§ 63 und 66 (vgl. Anm. G 71), auf Zahlung einer Beitragsrückgewähr oder Gewinnbeteiligung (Anm. G 68) und auf Erfüllung von Nebenpflichten, soweit sie einklagbar sind (Anm. G 69 u. 70). Diese Einschränkung folgt daraus, daß nach § 121 die Verjährung ein Verlangenkönnen voraussetzt. Ansprüche, für die der Vsvertrag nur den Hintergrund bildet, fallen nicht unter diese spezielle vsrechtliche Vorschrift (vgl. Anm. E 26 S. Κ 164), zumal unverständlich wäre, wenn zwischen § 121 u. II auf der einen und III auf der anderen Seite (dazu Anm. G 73) ein Unterschied zu machen wäre; sie verjähren nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 194 ff. BGB. Dazu gehören insbesondere auch F o r d e r u n g e n w e g e n p o s i t i v e r V e r t r a g s v e r l e t z u n g und w e g e n c u l p a in c o n t r a h e n d o . Ansprüche der letzteren Art würden nach der Gegenmeinung nur dann der kurzen Verjährung unterliegen, wenn der Vertrag auch zustandekommt, nicht aber wenn das nicht der Fall ist. Ein abwegiges Ergebnis! Das für den B e g i n n d e r V e r j ä h r u n g maßgebende „Fälligkeitsjahr" ist nach den Erläuterungen in Anm. G 40 zu bestimmen. Insoweit weicht § 12 I VVG von § 198 BGB ab, der auf das Entstehen der Forderung abstellt (BGH 4. XI. 1987 VersR 1987 S. 1235; OLG Hamm 14. V. 1986 VersR 1987 S. 1081; OLG Oldenburg 22. X. 1986 RuS 1987 S. 151). Der Verjährungsbeginn wird nicht dadurch hinausgeschoben, daß der Vmer seine für das Eintreten der Fälligkeit ggf. erforderliche Mitwirkung treuwidrig verzögert (§§ 162 BGB, 11 III VVG analog; Bd. I Anm. 13 zu § 12 S. 259 f.; Prölss-Martin Anm. 3 zu § 12; a. A. Schmitt a. a. O.). Der BGH (4. XI. 1987 VersR 1987 S. 1235, 1236) meint, es gehe nicht an, darauf abzustellen, zu welchem Zeitpunkt der Ver die Feststellung (dort gemäß § 11 AUB) ohne das schuldhaft zögernde Verhalten des Vmers abgeschlossen hätte. Es sei kein Verschulden des Vmers, wenn er damit zuwarte. Auch komme es nach VVG und BGB nicht auf ein Verschulden des Gläubigers an. Es würde damit ein dem Gesetz in diesem Zusammenhang fremdes Merkmal eingeführt, das zudem nicht verläßlich Wriede

Κ 443

Anm. IG 72]

Krankenvers. G. RPflichten des Versicherers

genug die Feststellung des maßgeblichen Zeitpunkts gestatten würde. Das sei aber erforderlich. Diese Ausführungen gehen — bei dem dort gegebenen Sachverhalt wohl mit Recht — nicht darauf ein, daß die Verzögerung durch den Vmer gegen Treu und Glauben verstoßen kann, so daß der Rechtsgedanke des § 162 BGB heranzuziehen ist. Es kann treuwidrig sein wenn der Vmer seine Mitwirkung bei der Ermittlung und Feststellung der Voraussetzungen seines Anspruchs aus sachwidrigen Erwägungen unterläßt oder verzögert, etwa um ihm ungünstige Umstände zu verschleiern, so bei nur zeitnahe zu klärenden Einzelheiten des Gesundheitszustandes oder solche ζ. B. bei Zeugen in Vergessenheit geraten zu lassen. In diesen Fällen beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluß des Jahres, in welchem die Erhebungen ohne das treuwidrige Verhalten hätten abgeschlossen werden können. Hiervon abgesehen, ist zu unterscheiden: Die Nichterfüllung oder Verzögerung der Anzeige-, Beleg- und/oder Untersuchungsobliegenheiten, die zur Feststellung des Vsfalls und des Umfangs der Leistung des Vers erforderlich sind (§111), bewirkt eine Verschiebung der Fälligkeit des (wirksam entstandenen) Leistungsanspruchs, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob das Verhalten des Vmers schuldhaft war. Das in § 11 III angesprochene Verschulden des Vmers ist in diesem Zusammenhang ohne Belang; es ist nur für die Berechnung der in § 11 II genannten Monatsfrist erheblich, nicht aber für die der Verjährung nach § 12 (a. A. OLG Köln 13. XI. 1980 VersR 1982 S. 461, 462; OLG Hamburg 22. VI. 1983 RuS 1986 S. 55; OLG Karlsruhe 23.1.1987 VersR 1988 S. 351, 352; Bd. I Anm. 13 zu § 12 S. 259 f.; Prölss-Martin Anm. 4 zu § 12). In diesen Entscheidungen und Kommentierungen wird eine analoge Anwendung des § 11 III befürwortet. Dazu hat sich der BGH in der oben zitierten Entscheidung zwar nicht ausdrücklich geäußert, aber klargestellt, daß es für den Verjährungsbeginn nicht auf ein Verschulden des Vmers ankommt. Ein vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Verstoß gegen die genannten Mitwirkungsobliegenheiten des Vmers ist nur erheblich, wenn nach dem Vertrag ein solches Verhalten zur Leistungsfreiheit führen soll (§ 6 III; vgl. Anm. F 64). S ä u m i g k e i t des Vers bei den nach § 111 notwendigen Erhebungen rückt die Fälligkeit nicht hinaus (Anm. G 40). Wenn ihr Eintritt durch sein treuwidriges Verhalten verzögert wird, kann er sich nicht auf ein früheres „Fälligkeitsjahr" stützen (RG 20. VI. 1933 JW 1933 S. 2128, 2130 mit krit. Anm. von E. Prölss). Verweigert er seine Leistung zu Unrecht, so beginnt die Verjährung am Schluß des Jahres, in welchem er das dem Vmer erklärt (Bd. I Anm. 13 zu § 12 S. 259, 260; E. Prölss a. a. O.), sofern nicht die Fälligkeit schon vorher — z. B. bei Säumigkeit des Vers — eingetreten war. In der PKV wird die Fälligkeit der konkreten Entschädigungsleistung und der weiteren einklagbaren Verpflichtungen des Vers außer bei Beitragsrückgewähr und Gewinnbeteiligung (Anm. G 68) regelmäßig erst eintreten, wenn der Vmer ein entsprechendes Verlangen gestellt, die (für die erstere) erforderlichen Belege eingereicht und der Ver die „nötigen Erhebungen" beendet hat (§111, vgl. Anm. G 40). Nach dem sich daraus ergebenden Zeitpunkt der Fälligkeit richtet sich (mit dem Schluß des betreffenden Kalenderjahres) der Beginn der Verjährung (BGH 20.1.1955 VersR 1955 S. 97 f.). Wegen der Fälligkeit der von der „Klinik-Card" erfaßten Forderung gegen den Ver vgl. Anm. G 40 und 66. Das (berechtigte oder unberechtigte) Zögern des Vers soll aber nicht in der Weise zu Lasten des Vmers gehen, daß die Zeit zwischen der (schriftlichen) Entscheidung, gleichgültig ob sie zugunsten oder zu ungunsten des Vmers ausfallt, und dem Ablauf der Verjährungsfrist verkürzt wird. Daher bestimmt § 12 II, daß der Zeitraum zwischen Anmeldung des Anspruchs und Zugang der schriftlichen Entscheidung als K444

Wriede

V. Verjährung, Verwirkung, Klagfrist 3. Klagefrist

Anm. [G 73, G 74]

v e r j ä h r u n g s h e m m e n d (im Sinne des § 205 BGB) nicht in die Frist eingerechnet wird: Die Zweijahresfrist wird um diese Zwischenzeit verlängert, soweit die Verjährungsfrist bereits begonnen hat. Dabei werden der Tag, an welchem das hemmende Ereignis eintritt, und der, an dem die Hemmung entfällt, nicht mitgerechnet (vgl. Bd. I Anm. 17 zu §12 S. 261; Palandt-Heinrichs Anm. zu §205; OLG Hamm 10. X. 1977 VersR 1978 S. 859; OLG Köln 23. IX. 1982 VersR 1983 S. 774). Daneben kommt eine Hemmung nach den §§ 202 f. und 206 f. BGB in Betracht. Unter § 2021 2. Alt. fallen insbesondere nach zunächst negativer Entscheidung des Vers aufgenommene Verhandlungen der Parteien, wenn der Ver dabei zu erkennen gibt, daß er seinen Standpunkt noch einmal überprüfen will (OLG Köln 17. IX. 1987 VersR 1987 S. 1210). Die Hemmung dauert an, bis die Verhandlungen entweder gescheitert oder zu einem einverständlichen Ergebnis geführt haben. OLG Hamm (18. IV. 1980 VersR 1981 S. 727, 728) will diese Hemmung zu Unrecht aus dem Rechtsgedanken des § 12 II herleiten. Diese Bestimmung erfaßt aber nur die Zeit zwischen Anmeldung und Entscheidung, nicht auch die Spanne zwischen erneutem Eintritt in die Prüfung und abermaliger Entscheidung. Für die U n t e r b r e c h u n g der V e r j ä h r u n g gelten keine Speziairegeln des Vsrechts. Keine Unterbrechung tritt ein, wenn zunächst statt des richtigen ein demselben Konzern angehörender anderer Ver verklagt und die Klage dann auf jenen umgestellt wird, nachdem die Frist abgelaufen war (OLG Hamburg 24. VI. 1986 VersR 1987 S. 66). Die Verjährungsvorschriften sind außer auf Ansprüche des Vmers auch auf die eines Vten in einer V für fremde Rechnung und deren Rechtsnachfolger anzuwenden. Die Beweislast für die die Vollendung der Verjährung rechtfertigenden Tatsachen liegt beim Ver, für die Umstände, aus denen sich eine Unterbrechung oder Hemmung ergibt, beim Anspruchsteller. [G 73] 2. Verwirkung Wegen dieses Rechtsinstituts wird zunächst auf die Erläuterungen in Anm. E 26 S. Κ 166 verwiesen. Angesichts der kurzen Verjährungsfrist des § 1211 für die Ansprüche gegen den Ver kommt eine Verwirkung praktisch nur bei den in Anm. G 70 genannten Schadensersatzforderungen in Frage, die der dreißigjährigen Verjährung unterliegen. Die Beweislast für den Tatbestand der Verwirkung — längeres Zuwarten des Gläubigers und Vorhegen der besonderen Umstände, die die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen — hegt beim Ver. Jedoch muß der Gläubiger darlegen (aber nicht beweisen), daß und wie er den Anspruch in der Zwischenzeit geltend gemacht hat. Es ist dann Sache des Vers, diese Behauptung zu widerlegen (BGH 19. V. 1958 NJW 1958 S. 1188). [G74] 3. Klagfrist Schrifttum: Bach VersR 1958 S. 817; Hueskes VersR 1961 S. 676, Weber VW 1949 S. 197.

Zur alsbaldigen Klärung der Frage, ob eine ablehnende Haltung des Vers gegenüber den Ansprüchen des Vmers, Vten oder eines ihrer Rechtsnachfolger rechtens ist, dient die Bestimmung des § 12 III. Der Anwendungsbereich ist enger als der des § 121 und II, da auf die „Verpflichtung zur Leistung" statt — allgemeiner — auf „Ansprüche aus dem Vsvertrag" abgestellt wird. Bei Streit über das Bestehen des Vsvertrages greift § 12 III nicht ein (ÖOGH 24. IV. 1986 VersR 1987 S. 1126). Wegen der weiteren Voraussetzungen der Norm und der durch sie geordneten Rechtsfolgen ist auf die Erläuterungen in Bd. I Anm. 20—50 S. 262—275 sowie auf die umfangWriede

Κ 445

Krankenvers. H. Beteiligung Dritter

Anm. [H 1, H 2]

reiche Rechtsprechung, die bei Prölss-Martin (Anm. 5 —10 zu § 12) zitiert ist, zu verweisen. Hat der Ver dem Vmer/Vten eine „ K l i n i k - C a r d " ausgehändigt (vgl. Anm. G 66), so ist der Leistungsanspruch als „erhoben" im Sinne des § 12 III 2 anzusehen, wenn dieser die Ausweiskarte im Zusammenhang mit dem Krankenhausaufnahmevertrag dem Krankenhausträger vorlegt und den „Antrag auf Erstattungszusage" stellt. Die früher in Rechtsprechung und Literatur (vgl. Prölss-Martin Anm. 9 zu § 12) umstrittene Frage, ob zur Wahrung der Sechsmonatsfrist auch die Anbringung eines Antrags auf Prozeßkostenhilfe ausreicht, hat der BGH ( l . X . 1986 VersR 1987 S. 38 — 41) nunmehr dahin entschieden, daß ein solches Gesuch dann genügt, wenn der Vmer nach Bewilligung alles ihm Zumutbare unternimmt, damit die Klage „demnächst" (im Sinne des § 270 III ZPO) zugestellt werden kann. Der BGH geht hierbei von der Erwägung aus, daß ebenso wie bei Verjährungs- und Rechtsmittelfristen einer unbemittelten Partei die Rechtsverfolgung im Vergleich zu einer bemittelten nicht unverhältnismäßig erschwert werden darf und daher auch ihr die Sechsmonatsfrist für ihre Überlegungen zur Verfügung stehen muß. In gleicher Weise wie ein Kläger, der die Kosten selbst aufbringt, muß ein unbemittelter Vmer alles ihm Zumutbare unternehmen, damit die Klage alsbald zugestellt wird.

H. Beteiligung Dritter am Krankenvsvertrag Gliederung:

aaa) Einwilligungserklärung

H6

Schrifttum H 1

bbb) Fehlen eines vten Interesses H 7 cc) Krankheitskostenvsverträge

I. Übersicht H 2

H8

II. Krankenfremdv H 3

b) V fremden Interesses H aa) Übersicht bb) Krankheitskostenv cc) Summenvsverträge c) V eigenen und fremden in e i n e m Vertrag H 12

1. Allgemeines, Auslegung 2. Im einzelnen H 4 a) V eigenen Interesses des Vmers aa) Übersicht bb) Summenvsverträge H 5

9 H 10 H 11 Interesses

[H 1] Schrifttum: Fuchs, Die Gefahrsperson im Vsrecht, Berliner Dissertation 1973; v. Gierke I S. 125; ders. ZHR 116 S. 81; Gottschalk JRPV 1934 S. 193-195, S. 2 5 7 - 2 5 9 , S. 275-277; Hofmann VersR 1960 S. 9 7 - 1 0 3 ; Littbarski ZVersWiss 1977 S. 4 5 3 - 4 6 7 ; Prölss ZHR 105 S. 190-194; Sieg VersR 1956 S. 744; ders. Festschrift Klingmüller 1974 S. 447 - 464; Thiel VersR 1955 S. 726-731; v. d. Thüsen, Festschrift Prölss 1957 S. 2 5 6 - 2 6 5 ; Weber VersR 1954 S. 523-526; Wussow VersR 1954 S. 4 5 9 - 4 6 1 .

[H 2] I. Übersicht Neben dem Vmer und Ver können auf Seiten des ersteren Dritte in unterschiedlicher rechtlicher oder tatsächlicher Funktion am Vertrage beteiligt sein: 1. Der Vmer kann sich gegen konkret entstehende oder abstrakt geschätzte Einbußen vn, die ihm selbst z. B. aufgrund einer Heilbehandlung oder Arbeitsunfähigkeit anläßlich eigener Erkrankung oder eines selbst erlittenen Unfalls erwachsen. Hier sind Vmer u n d G e f a h r s p e r s o n (Wortbildung durch v. Gierke I S. 125), d. h. derjenige dessen Gesundheitsstörung die genannten Einbußen veranlaßt, i d e n tisch; eine Drittbeteiligung findet nicht statt. K446

Wriede

II. Krankenfremdv 1. Auslegung allgem.

Anm. [H 3]

2. Der Vmer kann V nehmen gegen E i n b u ß e n , die i n f o l g e K r a n k h e i t , Unfalls oder anderer mit der Störung der körperlichen Verfassung zusammenhängender Ereignisse e i n e s D r i t t e n e n t s t e h e n . Dabei sind zwei mögliche Fälle zu unterscheiden (wegen weiterer Einzelheiten vgl. Anm. H 3 - 1 2 ) : a) Der Vertrag kann so gestaltet sein, daßdie E i n b u ß e n d e n D r i t t e n b e l a s t e n und dieser d e s w e g e n e i n e n e i g e n e n A n s p r u c h g e g e n d e n Ver hat, es sich m. a. W. um einen Vertrag zu seinen Gunsten i. S. des § 328 BGB handelt (wegen Einzelheiten hierzu vgl. Bd. II Anm. 2 zu § 74 S. 929); er unterliegt den Sondervorschriften der §§74 — 80 (in der Krankheitskostenv; Genaueres in Anm. H 10) und (analog) §1791 und II i. V. m. §§74 — 79 (bei Summenvsverträgen; Genaueres in Anm. H 11). Die Wirksamkeit eines Krankenvsvertrages für fremde Rechnung wird allgemein bejaht (OLG Köln 30. VII. 1979 VersR 1979 S. 1094, 1095; LG Köln 20. IV. 1977 VersR 1977 S. 930 f.; LG Hamburg 15. VI. 1977 VersR 1978 S. 273; AG Köln 24. II. 1983 S. 1048; Anm. A 23 S. Κ 7; Bd. II Anm. 12 vor §§ 7 4 - 8 0 S. 925). b) Der Vertrag kann auch vorsehen, daß der V m e r (im Falle a) der V t e ) ein e i g e n e s I n t e r e s s e (im weiteren Sinne verstanden, vgl. Bd. II Anm. 47 zu §49 S. 65 f.) vt. Das kann der Fall sein, wenn er die Kosten der Heilbehandlung oder der sonstigen aus der Gesundheitsstörung des Dritten erwachsenden Einbußen nach dem Innenverhältnis zu diesem zu tragen hat. Je nach diesen Rechtsbeziehungen kann er verpflichtet oder sonst gehalten sein, ihm Geldersatz für seine Aufwendungen zu leisten oder diese selbst zu übernehmen und damit die Heilbehandlung gleichsam in natura zur Verfügung zu stellen (Genaueres in Anm. H 5 — 8). c) In beiden Fällen (vorstehend a) und b) muß der V m e r n i c h t n o t w e n d i g s e l b s t G e f a h r s p e r s o n sein (vgl. Anm. Β 9 S. Κ 44; Fuchs a. a. O. S. 42, 53). Er kann sich auf die Funktion des „ N u r v e r t r a g s p a r t n e r s " des Vers beschränken. Das ist häufig bei Gruppenvsverträgen zu finden. 3. Die Bestimmung eines B e z u g s b e r e c h t i g t e n analog §§ 166—168, 180 ist bei summenmäßig bestimmten Leistungen denkbar, kommt aber in der Praxis kaum vor (vgl. OLG Düsseldorf 18. XII. 1930 JRPV 1931 S. 58). 4. Dritte können schließlich in der Weise beteiligt werden, daß a) der Vmer oder Vte seinen Anspruch gegen den Ver an einen anderen abtritt (vgl. dazu Anm. G 65 und H 5) oder b) die Forderung von einem Gläubiger gepfändet wird (vgl. Anm. A 28 S. Κ 9 f. [Η 3] II. Krankenfremdv 1. Allgemeines, Auslegung Wird im Vertrag auf die Heilbehandlung, Arbeitsunfähigkeit, auf Schwangerschaft oder Tod einer nicht mit dem Vmer identischen Person abgestellt (Anm. Η 2 Fall 2), so ist ggf. zu klären, ob der Vertrag für eigene Rechnung des Vmers oder für die dieser Gefahrsperson gelten soll. Das VVG enthält hierfür in §§ 80 I und 179 II 1 (für die Unfallv) Auslegungsregeln. Nach der ersteren Vorschrift (über ihr Verhältnis zu §7411 vgl. Bd. II Anm. 3 zu §74 S. 930) ist für die K r a n k h e i t s k o s t e n v im Z w e i f e l anzunehmen, daß der Vertrag f ü r e i g e n e R e c h n u n g d e s V m e r s abgeschlossen wurde. F ü r S u m m e n v s v e r t r ä g e spricht dagegen die V e r m u t u n g , daß der Vertrag f ü r R e c h n u n g d e r G e f a h r s p e r s o n gelten soll (§ 179 II 1 analog; vgl. dazu eingehend Bd. V I I Anm. Η 2 9 - 3 1 S. 519-521; a. Α. Bach-Moser Einl. Rz 66 — 68, die § 179 II 1 offenbar nicht für anwendbar halten). Die Terminologie der Praxis unterscheidet oft nicht zwischen den Begriffen des , , V t e n " , d e r „ v t e n P e r s o n " und der „ G e f a h r s p e r s o n " (vgl. BGH 8. II. 1960 VersR 1960 S. 339; 21. X. 1965 VersR 1965 S. 1166 - beide Urteile betreffen die Wriede

Κ 447

Anm. [H 3]

Krankenvers. H. Beteiligung Dritter

Unfallv; kritisch dazu Wagner Bd. VI 1 Anm. H 37 S. 524 f.; Fuchs a. a. O. S. 41; vgl. auch Anm. H 5; wie hier v. Gierke I S. 125; Littbarski a. a. O.) Auch die hier erläuterten AVB lassen eine klare Differenzierung vermissen. In den NoB werden die in den Vertrag einbezogenen Personen „mitvte Personen" genannt (§§ 3 Ziff. 5 a. E., 7 Ziff. 1, 8 Ziff. 1 Abs. 1 und 5). Daneben findet sich der Begriff „Vter", so in §§ 6 Ziff. 2 und 8 Ziff. 1 Abs. 1. Damit werden in der ersteren Bestimmung offenbar Vmer u n d „mitvte Person" gemeint, in der letzteren erscheinen alle drei Bezeichnungen nebeneinander, eine ziemliche Begriffsverwirrung. In den GrB wird z.T. mit „vte Person" die in den Vertrag neben dem Vmer einbezogene Person bezeichnet, ohne daß erkennbar ist, ob damit allein eine Gefahrsperson ohne eigenen Anspruch oder auch eine Vter einer V für fremde Rechnung angesprochen werden soll (vgl. z. B. §§ 1 (4), 2 (2) b Ziff. 3, 2 (2) c Ziff. 2 und 3,2 (3) a, 5 (2), 6 (2) c und (3) b GrB KK, 1 (4), 2 (2) c Ziff. 2 und 3, 2 (3) a, 4 (2), 4 (8), 5 (2), 6 (3)b GrB KH, 1 (4), 2 (2) a Ziff. 4, 2 (2)c Ziff. 2 und 3, 2 (3)a, 4 (2) und (7) GrB KT). An anderen Stellen wird dieser Begriff auch dann verwendet, wenn zugleich der Vmer gemeint ist (vgl. z. B. Präambel, §§ 4 (1), 4 (3) a Ziff. 1, 6 (2) a GrB KK, 4 (1), 6 (2) a GrB KH, 2 (2) a Ziff. 1 - 3, 4 (1), 5 (2) a und e GrB KT). In den letzteren Bestimmungen geht es ersichtlich um den Regelungsbedarf in den Fällen, in welchen es auf das Risiko von Gesundheitsstörungen der vom Vertrag erfaßten Personen, und zwar ggf. auch des Vmers, ankommt, es sich m. a. W. um eine Gefahrsperson mit oder ohne eigenen Anspruch gegen den Ver handelt. Die zuvor erwähnten Bestimmungen wollen offenbar als „vte Person" nur die Gefahrspersonen ansprechen, die keinen solchen Anspruch haben, also nicht Vmer sind. Der Fall einer V für fremde Rechnung ist ersichtlich nicht vorgesehen (ebenso Gottschalk a. a. O. S. 194 für die NoB). Die MB bedienen sich der gleichen Terminologie. Z. B. in den §§ 10 (3), 11,13 (2) bis (4), 14 (3), 15 (1) und (2) MB KK, 10 (3), 13 (2) bis (4) MB KT sind nur die Gefahrspersonen ohne eigenen Anspruch gegen den Ver gemeint, in den §§ 1 (2), 4 (2) und (4), 8 a (2) MB KK, 1 (2) und (3), 4 (4) und (6), 5 (1) f und (2), 8 a (2), 9 (3) bis (5) und 11 MB KT dagegen alle Gefahrspersonen ggf. einschließlich des Vmers. Auch hier wird von einem Vten einer V für fremde Rechnung nicht gesprochen. In der Literatur wird dieser Begriff vielfach auch für den Vten einer V für fremde Rechnung verwendet (so z. B. von Ohrt S. 23, Bach-Moser Einl. Rz 61 — 68), was leicht zur Verwirrung führen kann und von v. Gierke a. a. O. als „unsinnig" bezeichnet wird. Auch OLG Köln (26. IX. 1989 RuS 1986 S. 16) unterliegt offenbar dieser Verwirrung, wenn es die Gefahrsperson oeA als aktiv legitimiert für eine Klage auf Feststellung des Fortbestandes eines gekündigten Vertrages ansieht. Diese mangelnde Klarheit in den AVB ist erstaunlich, nachdem schon der Gesetzentwurf von 1942 (Anm. A 34 S. Κ 12) in Anlehnung an § 179 II 1 in § 2 (2) vorsah, daß „eine V gegen Krankheiten, die einem anderen zustoßen, ... im Zweifel als für eigene Rechnung genommen" gelten sollte. Der Entwurf machte damit deutlich, daß zwischen einem Vten im Sinne der §§ 74 ff. und einer Gefahrsperson unterschieden werden mußte. Es hätte daher nahegelegen, in den später verfaßten GrB und MB die Begriffe besser als geschehen zu definieren, zumal die unklare Begriffsbildung schon seit langem zu Rechtsunsicherheit führt (vgl. ζ. B. OLG Düsseldorf 18. XII. 1930 JRPV 1931 S. 58; OLg Hamm 16. III. 1973 VersR 1973 S. 834, 835). Für die Entscheidung der Frage, welche Funktion dem Dritten im konkreten Fall beizumessen ist, kommt es darauf an, welche rechtlichen oder tatsächlichen Beziehungen zwischen ihm und dem Vmer, ggf. auch dem Vten bestehen (vgl. RG 10. II. 1905 RGZ Bd. 60 S. 141, 143; OLG Hamm 19. IV. 1972 VersR 1972 S. 968, K448

Wriede

II. Krankenfremdv 2. Auslegung im Einzelnen

Anm. [H 4, H 5]

bestätigt durch BGH 18. XII. 1973 VersR 1974 S. 184; OLG Köln 30. VII. 1979 VersR 1979 S. 1094, 1095; Bd. II Anm. 5 zu §74 S.930f.; Bach-Moser Einl. Rζ 6 1 - 6 8 ; Möller Vsfall S. 54). [H 4] 2. Im einzelnen a) V eigenen Interesses des Vmers aa) Übersicht Der Vmer kann e i g e n e s I n t e r e s s e (dieses im weiteren Sinne verstanden, vgl. Bd. II Anm. 48 zu § 49 S. 66) vn, wenn er selbst aufgrund der Heilbehandlung oder Arbeitsunfähigkeit des Dritten Einbußen erleidet. Das kann der Fall sein, wenn ihn die Zahlungspflicht gegenüber dem Heilbehandler oder dem Lieferanten von Arzneien, Heil- und Hilfsmitteln trifft oder er andere Aufwendungen wegen der Erkrankung oder des Unfalls der Gefahrsperson hat. Häufiger Fall ist der einer sog. F a m i l i e n v (Anm. Β 9 S. Κ 44), durch welche gegenüber dem Vmer unterhaltsberechtigte Dritte in den Vertrag einbezogen werden, für deren Heilbehandlungskosten er aufzukommen hat (ζ. B. 1360a II, 16121 2 BGB; vgl. KG 11. II. 1931 JRPV 1931 S. 148; OLG Hamm 31.1.1979 VersR 1980 S. 137; AG Köln 24. II. 1983 VersR 1983 S. 1048; Möller Vsfall S. 54; Süß VersR 1952 S. 188; Gruneke S. 111 f.). Denkbar ist auch, daß nicht unterhaltsberechtigte Personen, ζ. B. in den Haushalt des Vmers aufgenommene hilfsbedürftige Geschwister, Freunde, Pflegekinder oder auch Bedienstete des Vmers (RG 10. II. 1905 RGZ 60 S. 141, 143) Gefahrspersonen werden, daß m. a. W. auch moralische oder soziale Notwendigkeiten und vertragliche Verpflichtungen das erforderliche Interesse begründen können (Bd. II Anm. 54 und 78 zu §49 S. 69 und 89 f.; ähnlich v. Gierke I S. 132, II S. 364 f.; a. Α. Gottschalk a. a. O. S. 194). Im Prinzip die gleiche Rechtslage besteht, wenn ζ. B. durch einen Gruppenvsvertrag (vgl. dazu die Richtlinien des BAA, abgedruckt bei Millauer S. 187 — 192) ein Veranstalter die ihn intern treffende Verpflichtung abdeckt, für die Heilbehandlungskosten aufzukommen, die bei Gesundheitsstörungen seiner Teilnehmer anfallen. Diese Gestaltungsmöglichkeit ist ferner gegeben, wenn ein Dienstherr sich dagegen sichern will, daß er bei krankheits- oder unfallbedingtem Ausfall eines Bediensteten Aufwendungen für die Fortzahlung des Entgelts (§§ 616 BGB, 1 Lohnfortzahlungsgesetz) und/oder für eine Ersatzkraft machen muß (vgl. Ohrt S. 230—235; Bach-Moser Einl. Rz 70). Hier wird zumeist eine Tagegeldv in Betracht kommen. Die Gefahrspersonen haben in diesen Fällen keinen Leistungsanspruch gegen den Ver (h. M. vgl. ζ. Β. Möller Vsfall S. 54; Ehrenzweig S. 452; v. Gierke II S. 364; Sieg VersR 1956 S. 743; a. A. AG Hannover 3. VII. 1951 VersR 1951 S. 268, 269 in einem obiter dictum). Eigenes Interesse des Vmers ist auch dann gegeben, wenn er verpflichtet oder sonst gehalten ist, dem Dritten dessen Heilbehandlungskosten zu ersetzen. Dann ähnelt der Vertrag dem einer Haftpflichtv (Sieg VersR 1985 S. 1109, 1110; Möller DVZ 1951 S. 52): Sie verschafft dem Vmer eine Rückendeckung für den gegen ihn gerichteten Anspruch des Dritten. Sie dürfte in der Praxis kaum vorkommen (ähnlich Millauer S. 91). Vsfall ist dann wohl nicht mit der Heilbehandlung des Dritten gleichzusetzen, sondern erst mit der Inanspruchnahme des Vmers, weil ihm erst dadurch ein Passivum entsteht. [H5] bb) Summenvsverträge Soweit es sich bei den hier erwähnten Verträgen um Summenvsverträge handelt, gelten einige Besonderheiten. Gemäß § 179 III ist zur Wirksamkeit eines Unfallfremdvsvertrages für eigene Rechnung des Vmers die schriftliche Einwilligung der dritten Gefahrsperson erforWriede

Κ 449

Krankenvers. H. Beteiligung Dritter

Anm. [H 5)

derlich. Entsprechendes gilt für die Todesfallv, falls die vorgesehene Leistung die gewöhnlichen Beerdigungskosten übersteigt (§15911). Mit diesen Vorschriften soll der Gefahr vorgebeugt werden, daß der Vmer mit einem solchen Vertrag unredliche Absichten in bezug auf Leben und Gesundheit der Gefahrsperson verfolgt (vgl. Motive Neudruck 1963 S. 217). Das ist jedoch nur ein sehr schwacher Schutz, v. Gierke (II S. 336) fordert — offenbar auch aus diesem Grunde — für die Wirksamkeit eines solchen Vertrages, daß ein V o r s o r g e b e d ü r f n i s des Vmers im V e r h ä l t n i s zur G e f a h r s p e r s o n , d. h. ein sachlich gerechtfertigtes Vermögensinteresse besteht. Sonst liege eine unzulässige Wettv vor (ähnlich unter Hinweis auf § 762 BGB und §68 VVG Schmidt-Rimpler VersR 1963 S.491, 497; Winter Bd.V2 Anm. H 7 S. 1062; ausführlich Wagner Bd. V I I Anm. H 2 3 - 2 6 S. 516-519). Wagner hält gleichfalls die bloße Zustimmung der Gefahrsperson nicht für ausreichend, um deren Gefahrdung auszuschließen. Sie müsse sich über diese besondere Situation, in die sie sich begebe, im klaren sein; daraufhabe der Ver hinzuwirken (Anm. C 4 S. 119). Die h. M. (z. B. Prölss-Martin Anm. 2 zu § 159; Sieg VVR S. 51; Fuchs a. a. O. S. 89 f.) hat diese Bedenken offenbar nicht. Für Summenvsverträge ist auch in der Krankenv sowohl die Einwilligung der dritten Gefahrsperson als auch ein vtes Interesse des Vmers (i. w. S.) an der Fremdv für eigene Rechnung zu fordern. Es geht bei Verträgen über Krankentagegeld- und Krankenhaustagegeldv nach der heutigen Praxis oft um sehr erhebliche Beträge mit Tagessätzen von mehreren hundert Mark, so daß bei Arbeitsunfähigkeit bzw. stationärer Behandlung von einigen Wochen schon größere Summen fällig werden können. Das kann einen unredlichen Vmer leicht zu Gefahrdungen der Gefahrsperson, die von dieser ihrer Funktion nicht einmal Kenntnis zu haben braucht oder als Geschäftsunfähiger haben kann, veranlassen (a. A. Fuchs S. 126). Ihre anfangliche Einwilligung genügt zu ihrem Schutz auch deswegen nicht, weil sich die bei Vertragsabschluß gegebenen Umstände, die ihr eine Zustimmung unbedenklich erscheinen lassen mochten, im Laufe der Zeit entscheidend verändern können (so mit Recht Wagner a. a. O. S. 518). Das gilt in gleicher Weise auch für ein anfangs gegebenes vtes Interesse des Vmers. Es ist daher erforderlich, daß s o w o h l bei V e r t r a g s s c h l u ß als a u c h w ä h r e n d der L a u f z e i t des V e r t r a g e s n e b e n dem E i n v e r s t ä n d n i s der Gefahrsperson mit dem F o r t b e s t a n d der F r e m d v für eigene Rechnung des Vmers ein m a t e r i e l l e r B e d a r f an der Vsleistung im Hinblick auf seine Beziehung zur Gefahrsperson b e s t e h t . F e h l t es bei A b s c h l u ß des V e r t r a g e s an d i e s e n V o r a u s s e t z u n g e n , so ist er — jedenfalls insoweit als die betroffene Gefahrsperson in Frage steht — nichtig. Das folgt wegen der fehlenden Einwilligung aus § 179 III 1 (vgl. Wagner Bd. VI 1 Anm. H 37 S. 524 f. m. w. Ν.) und wegen des nicht gegebenen Interesses aus §§ 306 und 762 1 1 BGB. Denn wenn dem Vertrag kein materielles, durch Gesundheitsstörungen der Gefahrsperson gefährdetes Interesse zugrundeliegt, kann der Ver keine Gefahrtragungsleistung erbringen, vielmehr ist der Vertrag dann auf eine unmögliche Leistung gerichtet und dient allein der Spekulation, die von der deutschen Rechtsordnung nicht geschützt wird. Wenn daneben auch der Vmer Gefahrsperson ist, so ist nach den zu § 139 BGB entwickelten Grundsätzen zu entscheiden, ob die Nichtigkeit auch diesen Teil des Vertrages ergreift. Entsprechendes gilt, wenn nur für einzelne Gefahrspersonen die genannten Voraussetzungen vorliegen (ähnlich Millauer S. 79). Vereinzelt ist versucht worden, der Konsequenz der Nichtigkeit dadürch zu entgehen, daß der Vertrag bei fehlender Einwillligung als V für Rechnung der Gefahrsperson geschlossen angesehen werden soll (vgl. die Zitate bei Wagner a. a. O.; ferner auch BAG 18. II. 1971 VersR 1971 S. 542). Dem hat Wagner mit Recht K450

Wriede

II. Krankenfremdv 2. Auslegung im Einzelnen

Anm. (H 6]

entgegengehalten, daß § 179 II 1 n u r e i n e A u s l e g u n g s r e g e l u n d k e i n e F i k t i o n enthält. Ergibt die Auslegung (§ 157 BGB), daß eine Eigenv gewollt war, so ist er mangels Einwilligung nichtig. Das gleiche ist anzunehmen, wenn das vte Interesse fehlt. Nur wenn bei Prüfung der zum Vertragsschluß führenden Umstände in dieser Hinsicht kein klares Ergebnis erzielt wird, ist nach § 179 II 1 ein Vertrag für Rechnung der Gefahrsperson anzunehmen; dann ist ihre Einwilligung nicht erforderlich. Ein vtes Interesse in ihrer Person ist regelmäßig gegeben, da niemand gegen Einbußen aufgrund von Gesundheitsstörungen gefeit ist; es kann allenfalls eine Mehrfachv eintreten (vgl. Anm. F 49, G 67). Bei der Auslegung wird es wesentlich auf den mit dem Vertrag beabsichtigten Zweck und die Beziehungen des Vmers zur Gefahrsperson ankommen. Die insbesondere von Prölss-Martin (Anm. 3 A zu § 179) weiterhin vertretene Ansicht, bei fehlender Einwilligung entstehe eine V für fremde Rechnung der Gefahrsperson, außer wenn der Unfallsvsvertrag allein Leistungen für den Todesfall vorsehe oder nach seinem Inhalt eine Fremdv ausgeschlossen sei, ist demgegenüber nicht haltbar. Damit würde auch der Schutzzweck des § 179 III 1 unterlaufen, wie OLG Hamburg (19.1.1966 VersR 1966 S. 680) zutreffend betont. Denn dem Vmer stünde gemäß § 76 I das Verfügungsrecht zu, und er könnte die konkrete Leistung des Vers im eigenen Namen einfordern. Seine evtl. Verpflichtung zu ihrer Herausgabe an die Gefahrsperson als Vte stünde ihrer Gefahrdung nicht entgegen. Wegen des nachträglichen Wegfalls der geforderten Voraussetzungen vgl. Anm. H 6 und 7. Nach den hier erläuterten AVB ist die Abtretung von Ansprüchen gegen den Ver ausgeschlossen (Anm. G 65). Dieses Verbot bezieht sich, wie a. a. O. ausgeführt, nur auf den mit Eintritt des Vsfalls gegebenen Geldleistungsanspruch; es kann durch Vereinbarung mit dem Ver aufgehoben werden. Wird eine auf eine Gefahrsperson bezügliche Forderung nach Eintritt des Vsfalls abgetreten, wird ihr Schutzbedürfnis gegenüber unredlichem Vorgehen des Vmers oder des Zessionars nicht berührt. Anders kann es bei einer (zulässigen, vgl. z. B. Palandt-Heinrichs Anm. 4 c zu § 398) V o r a u s a b t r e t u n g oder einer schuldrechtlichen Abtretungsverpflichtung des Vmers sein, da hier wiederum eine Gefahrdung der Gefahrsperson gegeben sein kann. Entgegen der Ansicht von Wagner (a. a. O. Anm. H 36 S. 524) ist daher zu ihrer Wirksamkeit in Ausprägung des Rechtsgedankens der §§ 159 II 1, 179 III die Z u s t i m m u n g d e r G e f a h r s p e r s o n e r f o r d e r l i c h (ebenso Prölss-Martin Anm. 2 zu §16 AUB). Denn wenn dies schon bei Vertragsabschluß notwendig ist, sie, die Gefahrsperson, also in gewisser Weise am Vertragsschluß beteiligt werden muß und daher in der Regel die Person des Vmers in bezug auf seine Redlichkeit beurteilen kann, so muß das erst recht gelten, wenn der künftige Anspruch auf Zahlung der Vsleistung, der von ihrer Gesundheitsstörung abhängt, auf einen anderen übergehen soll, dessen Neigungen sie nicht kennt. Ferner muß beim Zessionar der oben genannte m a t e r i e l l e B e d a r f hinsichtlich der Gefahrsperson vorliegen. Ohne diese Voraussetzungen ist die Zession unwirksam. [H6] aaa) Einwilligungserklärung Das VVG behandelt diese Erklärung als Willenserklärung, indem es in §§ 159 II 2, 179 III 2 für geschäftsunfähige und beschränkt geschäftsfähige Dritte deren Vertretung in einem Sonderfall regelt (so auch amtliche Begründung, abgedruckt bei Gerhard-Hagen S. 639, 720 f.). Das erscheint verfehlt, weil die Erklärung nicht auf die Begründung eines Rechtsgeschäfts gerichtet ist — der Zustimmende erwirbt keine Rechte und verpflichtet sich auch nicht —, sondern nur das Einverständnis mit einer für möglich gehaltenen Selbstgefahrdung enthält und daher eine „ g e s c h ä f t s ä h n Wriede

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Krankenvers. H. Beteiligung Dritter

Anm. [H 6]

liehe H a n d l u n g " darstellt (Staudinger-Dilcher Einl. zu §§104-185 Rz 1 8 - 2 0 ; Larenz AT S. 499—503, insbesondere Rz 502; ähnlich wohl auch Manigk, Das rechtswirksame Verhalten, Berlin 1939, S. 508 ff.). Die Einwilligung in eine Selbstgefährdung ist auch vom BGH (14. III. 1961 BGHZ Bd. 34 S. 355, 361 - Einwilligung zur Mitfahrt mit einem fahruntüchtigen Kraftfahrer) in gleicher Weise beurteilt worden. Das hat der Gesetzgeber von 1939 und 1942 ersichtlich verkannt. Auf die hier behandelte Einwilligung sind daher die §§ 182—185 BGB nicht unmittelbar anzuwenden. Sie betreffen die Zustimmung zu Rechtsgeschäften, die zwischen anderen abgeschlossen werden. Die Einwilligung wird nach der Rechtsordnung gefordert, wenn ein Aufsichts- oder Verwaltungsrecht hinsichtlich des Gegenstandes des (zustimmungsbedürftigen) Hauptgeschäfts besteht oder durch dieses die Rechtssphäre des um Zustimmung ersuchten Dritten berührt wird. Zwar wird bei der Einwilligung nach §§ 159 II und 179 III auch die Rechtssphäre der Gefahrsperson berührt. Dabei geht es aber nicht — jedenfalls nicht primär — um ihre Vermögenswerte, sondern — ebenso wie bei einer Heilbehandlung — um ein Rechtsgut, über das sein Inhaber nicht wie über materielle Werte verfügen kann (BGH 5. XII. 1958 BGHZ Bd. 29 S. 33, 36). U. a. Leben und körperliche Unversehrtheit, die durch Abschluß einer Fremdv gefährdet sein können, sind daher nicht Gegenstand eines Rechtsgeschäfts. Auf geschäftsähnliche Handlungen sind allerdings weitgehend die B e s t i m m u n gen ü b e r R e c h t s g e s c h ä f t e a n a l o g anzuwenden (vgl. ζ. B. Palandt-Heinrichs Überbl. 2c vor § 104; Flume S. 107). Im Hinblick auf den Wortlaut der §§ 159 II und 179 III wird anzunehmen sein, daß jedenfalls die Bestimmungen der §§ 104 ff. BGB über die Geschäftsfähigkeit entsprechend zu gelten haben (so ausdrücklich amtliche Begründung, abgedruckt bei Gerhard-Hagen S. 639,720 f.), obwohl der BGH a. a. O. bei Einwilligung in die Gefahr einer Körperverletzung bei Minderjährigen die Maßstäbe des § 828 II BGB anlegt (ebenso Staudinger-Dilcher Rz 5 zu § 111). In BGH 5. XII. 1958 (BGHZ Bd. 29 S. 33, 36) wird wegen des Einverständnisses eines Minderjährigen mit einem ärztlichen Eingriff auf dessen geistige Reife und Einsichtsfahigkeit abgestellt. Daneben ist die Zustimmung des Inhabers der elterlichen Gewalt erforderlich (BGH 21. IX. 1971 NJW 1972 S. 335, 337; Medicus S. 121). Zweifelhaft ist angesichts der Regelung im VVG, ob nicht wie bei ärztlichen Eingriffen (vgl. Rieger Rz 805) auch bei voll geschäftsfähigen Personen diese Eigenschaften gefordert werden müssen. Ggf. ist ein Pfleger zu bestellen (§ 1910 II BGB). Die Einwilligungserklärung ist als e m p f a n g s b e d ü r f t i g (§§ 130 — 132 BGB) anzusehen. Sie kann analog § 1821 BGB sowohl gegenüber dem Ver als auch dem Vmer abgegeben werden. — Vielfach wird in den Vordrucken für den Abschluß von Krankenvsverträgen die Mitunterzeichnung durch in den Vertrag einbezogene Dritte gefordert. Damit soll zumeist erklärt werden, daß die Angaben über die wAnzpfl hinsichtlich dieser Personen richtig sind (Anm. F 5) und oft auch das Einverständnis mit der Einholung von Auskünften bei Heilbehandlera und anderen Vern (Anm. F 25 — 27). Bei Summenvsverträgen kann sich daraus u. U. auch die erforderliche Einwilligung der Gefahrsperson ergeben. Das muß ggf. durch Auslegung ermittelt werden. Für die A u s l e g u n g der Erklärung können die zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Grundsätze herangezogen werden (vgl. BGH 18. III. 1980 NJW 1980 S. 1903; Laufs S. 64). Durch Täuschung oder Drohung erwirkte Einwilligung ist nicht mehr Ausfluß sachgerechter freier Willensbestimmung und daher unwirksam. Eine Anfechtung nach den §§ 119 ff. BGB kommt nicht in Betracht (Palandt-Heinrichs Überbl. 2 c vor § 104). Sehr zweifelhaft ist, ob hier angesichts des höchstpersönlichen Charakters des Gegenstandes der Erklärung eine r e c h t s g e s c h ä f t l i c h e S t e l l v e r t r e t u n g K452

Wriede

II. Krankenfremdv 2. Auslegung im Einzelnen

Anm. (H 6]

(§§ 164 ff. BGB) in Betracht kommen kann. Das dürfte für geschäftsähnliche Handlungen zulässig sein, die materielle Interessen betreffen, etwa für eine Mahnung (§ 2841 BGB) oder eine Mängelrüge (§ 377 HGB). Für Erklärungen, die die Unversehrtheit des eigenen Körpers betreffen, erfordert die besondere Zweckbestimmung des § 179 III 1, daß die (bevollmächtigende) Gefahrsperson von dem Inhalt des (zustimmungsbedürftigen) Vsvertrages Kenntnis hat und das damit für sie zusammenhängende Risiko abschätzen kann. Eine allgemeine Vollmacht reicht dazu nicht aus; auch wird abweichend von § 167 BGB die Wahrung der Schriftform für die Vollmachtserklärung zu fordern sein (vgl. im einzelnen Bd. VI 1 Anm. H 35 S. 523; ebenso Grimm Rz 6 zu § 1; a. A. Fuchs a. a. O. S. 79 f.). Der höchstpersönliche Charakter der Erklärung muß auch für die Lösung der Frage beachtet werden, ob die E r k l ä r u n g w i d e r r u f e n werden kann, so daß der Vertrag, auf den sie sich bezieht, unwirksam wird. Wagner (Bd. VI 1 Anm. H 26 S. 518; ebenso Fuchs S. 79) hält sie für unwiderruflich, da das Gesetz keine Handhabe für einen Widerruf biete. Das erscheint unzutreffend. Eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung ist für den Erklärenden grundsätzlich bindend und kann nur unter besonderen Voraussetzungen (ζ. B. §§119, 346 BGB) „rückgängig" gemacht werden, was für ihn vielfach nachteilige Rechtswirkungen hat. Grund hierfür ist, daß der andere Teil im Hinblick auf seine materiellen Interessen auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts soll vertrauen können. Bei der hier behandelten Einwilligung steht jedoch nicht das materielle Interesse der Vertragspartner des Vsvertrages im Vordergrund, sondern das höchstpersönliche Recht der Gefahrsperson, über das sie nicht wie über eine Vermögenswerte Rechtsposition verfügen und hinsichtlich dessen ein Dritter keine Rechte erwerben kann. Die Einwilligung wird daher in der Regel jederzeit f r e i w i d e r r u f l i c h sein (BGH 18. III. 1980 NJW 1980 S. 1903, der mit Recht die jederzeitige Widerruflichkeit der Einwilligung in ärztliche Eingriffe annimmt; Rieger Rz 810). Der Begriff des Widerrufs wird im Zivilrecht in verschiedenen Zusammenhängen und mit unterschiédlicher Bedeutung verwendet. Teilweise wird ihm die Wirkung beigemessen, daß eine früher vom Widerrufenden abgegebene Willenserklärung ex tunc gegenstandslos wird (z. B. §§81, 109, 13012, 658, 790, 2253-2258 BGB). In anderen Fällen führt ein Widerruf zur Beendigung eines in der Entstehung begriffenen oder bereits entstandenen Rechtsverhältnisses (vgl. z. B. §§ 168 S. 2, 171 II, 530 f., 571, 610 BGB, 1 b, 1 d AbzG). In diesen Fällen entstehen aufgrund des Widerrufs vielfach nachwirkende Verpflichtungen der Beteiligten. Er ähnelt in dieser Hinsicht der Kündigung und dem Rücktritt. Zur Kündigung besteht in diesen Fällen ohnehin kein wesentlicher Unterschied (MünchKomm-Seiler Rz 1 zu § 671). Der Widerruf nach den vorstehend genannten Bestimmungen ist rechtsgeschäftlicher Art (h. Μ. ζ. B. Soergel-Mühl Rz 2 zu § 671; Palandt-Thomas Anm. 1 zu §671). Der W i d e r r u f der E i n w i l l i g u n g g e m ä ß §§ 159 I I , 179 I I I dürfte keine Ex-tunc-, sondern E x - n u n c - W i r k u n g haben. Er ist nicht rechtsgeschäftlicher Art, sondern wie die Einwilligung selbst eine g e s c h ä f t s ä h n l i c h e H a n d l u n g . Es sind daher die oben als analog anwendbar bezeichneten allgemeinen Bestimmungen heranzuziehen. Wird die Einwilligung widerrufen, so wird der V s v e r t r a g u n w i r k s a m , wie ein Umkehrschluß aus §§159 II, 179 III ergibt. Das rechtfertigt eine analoge Anwendung des § 68 I oder II, je nachdem wann der Widerruf erklärt worden ist. Die Rechtsgedanken dieser Bestimmungen werden mehr und mehr auch für Summenvsverträge angewandt (vgl. Bd. II Anm. 15 zu § 68 S. 800). Zwar geht es hier nicht primär um das Fehlen oder den Wegfall des vten Interesses (i. w. S.), sondern um den Mangel Wriede

Κ 453

Krankenvers. H. Beteiligung Dritter

Anm. [H 7)

einer Wirksamkeitsvoraussetzung des Vertrages. Dieses Interesse und die es bedrohende Gefahr können aber (sekundär) aufgrund des Widerrufs entfallen; notwendig ist das freilich nicht. Vielmehr kann der Vmer im Verhältnis zur Gefahrsperson gleichwohl weiterhin verpflichtet oder sonst gehalten sein, die ihm bei deren Krankheit oder Unfall entstehenden Einbußen zu tragen. Da jedoch mit dem Widerruf der Vertrag unwirksam wird, erscheint die Rechtslage mit der des § 68 I oder II vergleichbar und daher dessen analoge Anwendung geboten. Die andernfalls heranzuziehenden allgemeinen schuldrechtlichen Normen der §§ 275, 280, 323 und 324 BGB über die Unmöglichkeit der Leistung (hier des Vers) werden dem Sachverhalt nicht gerecht, so ζ. B. bei nachträglichem Widerruf. Der Ver hat daher entweder Anspruch auf eine Geschäftsgebühr, wenn die Einwilligung der Gefahrsperson vor dem materiellen Sollbeginn (Anm. D 5 S. Κ 81 f.) widerrufen wird, oder auf die Prämie bis zu dem Zeitpunkt, in welchem er von dem Widerruf Kenntnis erlangt, und zwar nach Maßgabe des bei Vertragsabschluß maßgeblich gewesenen oder später abgeänderten Tarifs so, als wenn der Vertrag von vornherein bis zur Kenntnisnahme vom Widerruf abgeschlossen worden wäre. Fraglich ist indessen, ob nicht im Rahmen der durch § 68 a gesetzten Schranke den A VBB e s t i m m u n g e n V o r r a n g gebührt, die einen vergleichbaren Tatbestand regeln. In diesem Sinne rechtsähnlich (für einen nachträglichen Widerruf) ist der Beendigungsgrund der §§2 (2) a Ziff. 3 S. 1 GrB KT und 15 a S. 1 MB KT. Danach endet der Vertrag hinsichtlich der davon betroffenen Personen mit dem Ende der Vsperiode bzw. des Monats, in welcher(m) eine der im Tarif genannten Voraussetzungen ihrer Vsfahigkeit entfallt (Genaueres dazu in Anm. D 26 S . K 104 f. und G 56). Hier ist die Gefahrsperson, die ihre Einwilligung widerruft, einer nicht vsfähigen vergleichbar, so daß eine Analogie möglich erscheint. Es läßt sich aber nicht allgemein sagen, ob die Regelung des § 68 II oder die der zitierten AVB im Einzelfall für den Vmer günstiger ist, da das VVG darauf abstellt, wann der Ver vom Widerruf Kenntnis erlangt und wie sein Tarifwerk beschaffen ist. Das muß je nach Sachlage geklärt werden. Denkbar wäre im Falle eines Widerrufs auch eine Lösung dahin, daß die Gefahrsperson im Sinne des § 179 II Vter einer V für fremde Rechnung wird. Das wird aber angesichts der in Anm. H 5 genannten Bedenken gegen eine solche „Umwandlung" nicht ipso iure der Fall sein, da der Anlaß zum Widerruf sehr unterschiedliche Gründe haben kann. Hier dürfte nur eine einverständliche Vertragsänderung in Betracht kommen (§ 305 BGB). Eine n a c h t r ä g l i c h e Z u s t i m m u n g der Gefahrsperson ist unerheblich, da der ohne Einwilligung abgeschlossene Vertrag nichtig und nicht nur schwebend unwirksam ist wie die in den §§ 182—185 BGB angesprochenen Verträge. Das später erklärte Einverständnis kann jedoch für einen Neuabschluß beachtlich sein. [H 7] bbb) Fehlen eines vten Interesses Neben der Einwilligung der Gefahrsperson ist, wie bereits ausgeführt (Anm. H 5), für die Wirksamkeit des Fremdvsvertrages für eigene Rechnung des Vmers erforderlich, daß ihm eine (abstrakt geschätzte) Einbuße droht, daß dem Vertrag m. a. W. ein vtes Interesse (i. w. S.) zugrundeliegt. Fehlt es schon z. Zt. des materiellen Sollbeginns (Anm. D 5 S. Κ 81 f.) oder entfallt es später, so ist der Vertrag von vornherein bzw. nachträglich auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Denn der Ver trägt dann keine Gefahr, weil sie nur einem tatsächlich bestehenden Interesse drohen kann. Das kann ζ. B. der Fall sein, wenn die geplante Veranstaltung nicht stattfindet, wegen der ihr Unternehmer sich für die von ihm zu tragenden Kosten einer stationären K454

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II. Krankenfremdv 2. Auslegung im Einzelnen

Anm. [H 8]

Behandlung der Teilnehmer durch eine Krankenhaustagegeldv vn wollte, die Gefahrsperson stirbt oder für sie keine Vorsorge durch den Vmer mehr erforderlich ist. Die GrB KH und KT (dort §§ 2 (2) a bzw. 2 (2) a Ziff. 4) regeln insoweit nur den Fall, daß der Vmer oder alle Gefahrspersonen (einschließlich des Vmers) sterben. Nach § 15 d MB KT endet der Vertrag hinsichtlich einer verstorbenen Gefahrsperson. Die Prämien sind für die Zeit bis zum Ablauf des Kalendermonats zu entrichten, in welchem das Ereignis eintritt (§§ 3 (4) GrB KH, 8 (6) MB KT), gemäß § 3 (4) GrB KT bis zum Ende der betreffenden Vsperiode. Hiervon und von anderen in den AVB gesondert geordneten ähnlichen Sachverhalten (§§ 2 (2) a GrB KH und KT, 15 MB KT) abgesehen, ist für die sonstigen Fälle des Fehlens des vten Interesses statt der Regeln des allgemeinen Schuldrechts die Bestimmung des § 68 analog anzuwenden. Bei anfänglichem Fehlen kann der Ver trotz Nichtigkeit des Vertrages (vgl. § 306 BGB) eine Geschäftsgebühr verlangen, und zwar abweichend von § 307 12 BGB auch dann, wenn er den Mangel kennt oder bei Anwendung gehöriger Sorgfalt hätte kennen müssen (so Bd. II Anm. 54 zu §68 S. 812). Bei nachträglichem Wegfall des Interesses ist abweichend von §§275, 280, 323 - 325 BGB § 68 II VVG maßgebend (Wagner Bd. VI 1 Anm. H 42 S. 526 f.): Dem Ver gebührt für die bis dahin erbrachte Gefahrtragungsleistung die anteilige Prämie so, als wenn der Vertrag von vornherein bis zu dem Zeitpunkt abgeschlossen worden wäre, in welchem der Ver hiervon Kenntnis erlangt hat. Die Beweislast für das Vorhandensein des Interesses hat bei Leistungsansprüchen der Vmer, bei Prämienforderungen der Ver zu tragen. [H8] cc) Krankheitskostenvsverträge Im Rahmen der Krankheitskostenv wird eine E i n w i l l i g u n g der (nicht anspruchsberechtigten) Gefahrsperson n i c h t g e f o r d e r t (Gottschalk a. a. O. S. 194). Das erscheint auf den ersten Blick überraschend angesichts des § 179 III und der Tatsache, daß auch die Unfallv Schadensv ist, soweit Heilkosten gedeckt werden. Indessen stand bei der Unfallv von vornherein das Prinzip der abstrakten Bedarfsdeckung im Vordergrund und wurde die Gewährung konkret berechneter Heilbehandlungskosten nur nebenher in Betracht gezogen (vgl. amtliche Begründung, abgedruckt bei Gerhard-Hagen S. 6; Bd. VI 1 Anm. Β 6 S. 68 f.). Das RAA (VA 1911 S. 97) und ihm folgend Bruck (S. 166) halten im Falle einer nur die Behandlungskosten deckenden Unfallfremdv für eigene Rechnung eine Zustimmung der Gefahrsperson nicht für erforderlich, da ein Schutzbedürfnis nicht bestehe (ebenso Prölss-Martin Vorbem. 1 A vor § 51). Das erscheint auch im Hinblick auf § 159 II 1 — keine Einwilligung wenn Todesfallvssumme Beerdigungskosten nicht übersteigt - gerechtfertigt (vgl. auch BGH 20. XII. 1972 VersR 1973 S. 324 f.). Diese Erwägungen treffen für die Krankheitskostenv erst recht zu, zumal in der Praxis für konkret zu berechnende Leistungen und für (Krankenhaus-)Tagegeldleistungen gesonderte Verträge abgeschlossen zu werden pflegen oder doch für beide Leistungsarten deutlich unterschiedene Tarife gelten (vgl. auch OLG Celle 22. III. 1985 VersR 1986 S. 569, 570). Besteht kein eigenes vtes Interesse des Vmers hinsichtlich der im Vertrag bezeichneten Gefahrsperson (vgl. Anm. H 4) oder entfallt es später — ζ. B. die vom Vmer beabsichtigte Ehe mit der Gefahrsperson kommt nicht zustande, ein bisher vom Vmer in bezug auf Erkrankungen unterhaltener Dritter bedarf dieser Fürsorge nicht mehr —, so ist der Vertrag insoweit gegenstandslos, da die befürchteten Einbußen aufgrund von Erkrankungen oder Unfällen der Gefahrsperson nicht oder nicht mehr eintreten können. In diesen Fällen ist § 68 I bzw. II anzuwenden (vgl. Anm. H 7 und die Erläuterungen in Bd. II Anm. 1 - 6 9 zu § 68 S. 796-816). Wriede

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Krankenvers. H. Beteiligung Dritter

Anm. [H 9, H 10] [H 9] b) V fremden Interesses aa) Übersicht

Der Vmer vt fremdes Interesse, wenn durch seinen Vertrag ein anderer Interesseträger einen eigenen Anspruch gegen den Ver erlangen soll. Das kann z. B. für den unterhaltsberechtigten geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten sinnvoll sein, der seine Aufwendungen für seine Heilbehandlung selbst mit dem Ver regulieren soll, ebenso für unterhaltsberechtigte Kinder, die nicht mehr in häuslicher Gemeinschaft mit dem Vmer leben. Hier gewährt der Vmer den Dritten den geschuldeten Unterhalt für den Krankheitsfall — anders als bei V eigenen Interesses — in einer Art verselbständigten Form. In gleicher Weise ist die Rechtslage beurteilt worden bei einer Tagegeldv eines erwerbstätigen phegatten, der in den Vertrag des anderen Gatten mit einbezogen ist (OLG Hamm 19. IV. 1972 VersR 1972, S. 968, bestätigt durch BGH 18. XII. 1973 VersR 1974 S. 184; OLG Köln 30. VII. 1979 VersR 1979 S. 1094, 1095, das jedoch zu Unrecht den Vten als nicht mit Obliegenheiten belastet ansieht, vgl. Anm. F 5; AG Köln 24. II. 1983 VersR 1983 S. 1048 - nur Leitsatz). Im Rahmen von Gruppenvsverträgen von Betrieben für die Krankheitskosten und für Tagegelder der Arbeitnehmer und von Vereinigungen für Angehörige solcher Berufe, die überwiegend selbständig ausgeübt werden, verlangt das BAA u. a., daß jedem Gruppenmitglied ein unmittelbarer Anspruch gegen den Ver eingeräumt wird, diese also Vte im Sinne der §§ 74 ff. sind (vgl. Ziff. III Β 9 des Rundschreibens des BAA vom 11. VI. 1934 i. d. F. der Schreiben vom 26. II. 1953 - VA 1953 S. 44 und des Schreibens vom 9. V. 1955 - VA 1955 S. 151 sowie Ziff. 11 des Rundschreibens vom 20. VII. 1964 - VA 1964 S. 130). [H 10] bb) Krankheitskostenv Soweit es sich bei der V für fremde Rechnung um konkrete Bedarfsdeckung handelt, sind die §§ 35 a, 35 b, 74 — 80 unmittelbar anwendbar. Auf die Erläuterungen hierzu in Bd. I S. 476-480 und Bd. II S. 921 - 1 0 0 6 wird hingewiesen. Bei G r u p p e n v s v e r t r ä g e n von B e t r i e b e n für deren Arbeitnehmer bestimmen die Richtlinien des BAA in Ziff. III Β 9 (abgedruckt bei Millauer S. 187, 189), daß „jedem Arbeitnehmer (Vten) ... gegen das Vsunternehmen ein unmittelbarer Rechtsanspruch auf die Vsleistungen eingeräumt werden" muß. Da der Vte nach der gesetzlichen Regelung (§§ 75 II — 77) über seinen Anspruch nur unter bestimmten Voraussetzungen verfügen, insbesondere die konkrete Leistung des Vers nicht ohne weiteres selbst geltend machen kann, dieses Recht vielmehr grundsätzlich dem Vmer zusteht, erfordert das aufsichtsrechtliche Gebot eine entsprechende vertragliche Ergänzung: Das dem Inhaber einer Forderung zustehende Verfügungsrecht kann durch Rechtsgeschäft auf einen anderen übertragen werden, während der Anspruch selbst dem bisherigen Inhaber verbleibt. Das ist ζ. B. für die sog. Einziehungsermächtigung anerkannt (vgl. zur Entwicklung Larenz I § 34 c). Streitig ist dabei, ob dies analog § 185 BGB durch einseitiges Rechtsgeschäft des Inhabers geschehen kann oder einer Abtretung nur des Verfügungsrechts bedarf (§ 398 BGB analog; vgl. MünchKommRoth Rz 33 zu § 398). Die Verfügungsbefugnis des Vmers einer V für fremde Rechnung beruht auf dem Gesetz, so daß insoweit die Streitfrage nicht interessiert. Hier kommt es auf die Zuführung des Verfügungsrechts an den Rechtsinhaber an. Nach § 75 II kann der Vte über sein Recht u. a. dann verfügen, wenn der Vmer zustimmt. Danach wird hier anzunehmen sein, daß eine entsprechende Willenserklärung ausreicht. Auf jeden Fall genügt eine dahingehende Abrede im Gruppenvsvertrag. K456

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II. Krankenfremdv 2. Auslegung im Einzelnen

Anm. [H11]

Millauer (S. 171) und wohl ebenso Simon (VA 1965 S. 32, 36 unter Ziff. IV 4 b) meinen, zur Erfüllung des aufsichtsrechtlichen Verlangens genüge eine Vereinbarung, wonach der Vmer berechtigt sei, die Vsleistung in Empfang zu nehmen und verpflichtet werde, an den Vten weiterzuleiten. Das ist bedenklich, weil dann, ζ. B. bei zweifelhafter Liquidität oder angeblichen Gegenansprüchen des Vmers gegenüber dem Vten, nicht sichergestellt ist, daß diesem die Aufwendungen für seine Heilbehandlung oder sonstige Einbußen alsbald ersetzt werden. Gerade das aber dürfte der Zweck der erwähnten Anordnung des BAA sein. Da der Vsschein regelmäßig dem Arbeitgeber als Vertragspartner des Vers ausgehändigt wird, soll nach Ziff. III Β 10 jedem Vten ein A u s w e i s ü b e r seine Ans p r u c h s b e r e c h t i g u n g gegenüber dem Ver ausgehändigt werden (Näheres dazu Millauer S. 172). Entgegen der Ansicht von Millauer (S. 173) wird man ein solches Dokument als B e w e i s u r k u n d e ansehen müssen, soll doch der Vte damit ggf. seine Forderung gegenüber dem Ver belegen können. Außer im Rahmen von Gruppenvsverträgen sind Krankheitskostenvsverträge für fremde Rechnung kaum üblich. [H 11] cc) Summenvsverträge in der Form einer V für fremde Rechnung werden allgemein für wirksam gehalten (vgl. OLG Köln 30. VII. 1979 VersR 1979 S. 1094,1095, das eine analoge Anwendung der §§ 741 75 befürwortet; LG Köln 20. IV. 1977 S. 930 - Restschuldv in Form einer Krankentagegeldv, bei der der Gläubiger Vmer und der Schuldner Vter ist; LG Hamburg 15. VI. 1977 VersR 1978 S. 273 - Krankentagegeldv einer GmbH als Vmer für ihren Geschäftsführer als Vten; AG Köln 24. II. 1983 VersR 1983 S. 1048 - nur Leitsatz; Millauer S. 92). Für Verträge dieser Art ist eine A n a l o g i e zu § 179 II 2 g e b o t e n , der auf die §§ 74 — 79 verweist. Es besteht kein beachtlicher Unterschied, ob eine Gesundheitsstörung unfall- oder krankheitsbedingt ist (ebenso Millauer a. a. O.). Auf die Erläuterungen von Wagner zu dieser Form der Vertragsgestaltung in Bd. VI 1 (Anm. Η 44 —59 S. 527 — 533) wird verwiesen, soweit sich diese Ausführungen nicht auf spezifische Regelungen der AUB und AKB beziehen. Die hier kommentierten AVB f ü r die P K V e n t h a l t e n , soweit sie sich auf Verträge mit abstrakter Bedarfsdeckung beziehen, keine S o n d e r r e g e l u n g e n , durch welche die gesetzlichen Bestimmungen der §§17911, 74 — 79, 35 a und 35 b ergänzt oder abgeändert werden. Nach den Richtlinien des BAA für Tagegeldvn für fremde Rechnung in der Form von G r u p p e n v s v e r t r ä g e n von Betrieben zugunsten ihrer Arbeitnehmer ist es nach Ziff. III Β Nr. 9 Abs. 2 (abgedruckt bei Millauer S. 189) - öffentlich-rechtlich zulässig, den Rechtsanspruch des Vten auf den Teil der Leistung des Vers zu beschränken, der der Prämienzahlung des Vten entspricht. Auch bei dieser Vertragsgestaltung sollen die Vten einen den wesentlichen Vertragsinhalt wiedergebenden Ausweis des Vers erhalten, der als Beweisurkunde anzusehen ist (vgl. Anm. Η 10). Nach der gesetzlichen Regelung (§§ 179 II 2, 75 II, 76) steht das Verfügungsrecht über den materiell-rechtlichen Anspruch zwar grundsätzlich dem Vmer zu. Das schließt nicht aus, daß der Vte (auch ohne Zustimmung des Vmers und ohne Besitz des Vsscheins) durch Feststellungsklage (§ 256 ZPO) das Bestehen seiner Anspruchsberechtigung gerichtlich klären lassen kann (OLG Köln 26. IX. 1985 RuS 1986 S. 16). Wegen des Rechtsverhältnisses des Vmers zum Vten wird auf die Erläuterungen in Bd. II Anm. zu § 77 S. 695-979 verwiesen.

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Anm. [H 12]

Krankenvers. H. Beteiligung Dritter

[H 12] c) V eigenen und fremden Interesses in einem Vertrag Ein solcher Vertragsinhalt kann von vornherein oder auch später, ζ. B. anläßlich einer Änderung der bei Abschluß gegebenen Verhältnisse, vereinbart werden (§ 305 BGB) oder — jedenfalls in der Schadensv — „sich aus den Umständen" ergeben (§ 80). Wegen der Rechtslage für Summenvsverträge vgl. nachstehend. Wenn etwa die Familienangehörigen in den Vertrag des Vmers als Gefahrspersonen einbezogen werden, liegt zunächst regelmäßig eine V für eigene Rechnung vor, so zumeist in der Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldv (Anm. H 4—8). Für den auf abstrakte Bedarfsdeckung gerichteten Vertragsteil ist daher die Zustimmung der Gefahrspersonen und ein vtes Interesse (i. w. S.) des Vmers erforderlich (Anm. H 5 und 6). Ist der Ehepartner selbst berufstätig und deswegen für ihn (auch) die Leistung von Krankentagegeld vorgesehen, so kann insoweit (aber auch sonst) eine V für seine Rechnung vorliegen (vgl. ζ. B. OLG Köln 30. VII. 1979 VersR 1979 S. 1094 f. Eine Ä n d e r u n g des zunächst (ganz oder z.T.) für die Sicherung der eigenen Interessen des Vmers abgeschlossenen V e r t r a g e s kann sich ergeben, wenn z. B. der Ehegatte oder auch die inzwischen erwachsenen Kinder berufstätig werden oder aus der häuslichen Gemeinschaft ausscheiden. Eine entsprechende Änderung des Vertrages kann vereinbart werden (§ 305 BGB), sie kann sich aber auch a u s den v e r ä n d e r t e n V e r h ä l t n i s s e n ergeben, sofern diese nach dem Vertragsinhalt beachtlich sein sollen. § 801 betrifft als Auslegungsregel (Bd. II Anm. 3 zu § 80 S. 989 f.) nach seinem Wortlaut („... genommen werden soll ...") den Vertrag, so wie er zunächst abgeschlossen wurde und nicht spätere Änderungen der ihm zugrundeliegenden Umstände. § 80 II eröffnet die Möglichkeit, u. a. solche Änderungen als sog. sukzessive Interessen (Bd. II a. a. O. Anm. 16 S. 994 f.) zu berücksichtigen, und zwar auch im Rahmen von Passiven- und Summenvsverträgen (a. a. O. Anm. 21 S. 996 f.). Dabei wird aber vorausgesetzt, daß der Vertrag von vornherein für Rechnung „wen es angeht" abgeschlossen wurde. Das kann indessen auch konkludent geschehen (a. a. O. Anm. 14 S. 994). Ein Vertrag mit „Familienv" kann — vor allem bei Beachtung der im Zusammenhang mit seinem Abschluß hervorgetretenen Begleitumstände — durchaus dahin ausgelegt werden, daß die erwähnten Änderungen zu eigenen Ansprüchen der betreffenden Gefahrspersonen führen sollen. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Kind zu dieser Zeit kurz vor Eintritt ins Berufsleben steht oder mit der Auflösung der Ehe gerechnet werden muß. Die vorstehenden Erwägungen können dann von Bedeutung sein, wenn versäumt wurde, der Änderung durch ausdrückliche Vereinbarung mit dem Ver Rechnung zu tragen. § 80 II soll gerade verhindern, daß der Vertrag insoweit wegen Fehlens des vten Interesses (i. w. S.) unwirksam wird (a. a. O. Anm. 18 S. 995 f.). Die aufgrund einer Vertragsänderung oder gemäß § 80 II nunmehr selbst anspruchsberechtigten Gefahrspersonen werden in aller Regel nicht Inhaber des Vsscheins sein. Das ihnen damit fehlende Verfügungsrecht über ihre Leistungsansprüche (§§ 75 II, 761) kann ihnen nach der ersteren Bestimmung durch Zustimmung des Vmers übertragen werden; diese kann sowohl gegenüber dem Vten als auch gegenüber dem Ver erklärt werden (§ 182 I BGB). Zweckmäßig ist das letztere, damit für die Aktivlegitimation keine Beweisschwierigkeiten auftreten. Es kommt sowohl eine vorherige (§ 183 BGB) als auch eine nachträgliche (§ 1841 BGB) Zustimmung in Betracht. Der in § 183 BGB vorgesehene Widerruf dürfte hier nur dann möglich sein, wenn das Innenverhältnis des Vmers zum (nunmehr) Vten das rechtfertigt. Insoweit kommt es auf die Umstände des einzelnen Falles an. Im übrigen wird der Vmer berechtigt sein, den Vertrag hinsichtlich des Vten zu kündigen, falls das zwischen ihnen bestehende Rechtsverhältnis nichts Gegenteiliges ergibt. Die NoB und GrB Κ 458

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MB KK 76 sehen — anders als die MB (§13 (2) MB KK u. KT) — zwar für diesen Fall kein auf nur einzelne Vte/Gefahrspersonen bezügliches Kündigungsrecht vor, kennen aber in einer Reihe von Bestimmungen solche isolierten Kündigungsrechte (vgl. §§ 7 Ziff. 1 NoB, 2 (2)b Ziff. 3 GrB KK, 2 (2)c Ziff. 3 GrB KH u. KT). Es wird daher auch unter ihrer Geltung ein solches Recht anzunehmen sein.

I. Anhang Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung Musterbedingungen 1976 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB KK 76) - VA 1976 S. 437-441 - i. d. F. VA 1978 S. 205-206 Der Versicherungsschutz § 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes (1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz für Krankheiten, Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse. Er gewährt im Versicherungsfall a) in der Krankheitskostenversicherung Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen, b) in der Krankenhaustagegeldversicherung bei stationärer Behandlung ein Krankenhaustagegeld. (2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr besteht. Muß die Heilbehandlung auf eine Krankheit oder Unfallfolge ausgedehnt werden, die mit der bisher behandelten nicht ursächlich zusammenhängt, so entsteht insoweit ein neuer Versicherungsfall. Als Versicherungsfall gelten auch a) Untersuchung und medizinisch notwendige Behandlung wegen Schwangerschaft und die Entbindung, b) ambulante Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach gesetzlich eingeführten Programmen (gezielte Vorsorgeuntersuchungen), c) Tod, soweit hierfür Leistungen vereinbart sind. (3) Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich aus dem Versicherungsschein, späteren schriftlichen Vereinbarungen, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Musterbedingungen, Tarif mit Tarifbedingungen) sowie den gesetzlichen Vorschriften. (4) Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf Heilbehandlung in Europa. Er kann durch Vereinbarung auf außereuropäische Länder ausgedehnt werden. (Vgl. aber § 15 Abs. 3). Während des ersten Monats eines vorübergehenden Aufenthaltes im außereuropäischen Ausland besteht auch ohne besondere Vereinbarung Versicherungsschutz. Muß der Aufenthalt wegen notwendiger Heilbehandlung über einen Monat hinaus ausgedehnt werden, besteht Versicherungsschutz, solange die versicherte Person die Rückreise nicht ohne Gefahrdung ihrer Gesundheit antreten kann, längstens aber für weitere zwei Monate. § 2 Beginn des Versicherungsschutzes (1) Der Versicherungsschutz beginnt mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt (Versicherungsbeginn), jedoch nicht vor Abschluß des Versicherungsvertrages (insbesondere Zugang des Versicherungsscheines oder einer schriftlichen AnnahmeerWriede

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Anh. I kläning) und nicht vor Ablauf von Wartezeiten. Für Versicherungsfälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sind, wird nicht geleistet. Nach Abschluß des Versicherungsvertrages eingetretene Versicherungsfälle sind nur für den Teil von der Leistungspflicht ausgeschlossen, der in die Zeit vor Versicherungsbeginn oder in Wartezeiten fällt. (2) Bei Neugeborenen beginnt der Versicherungsschutz ohne Wartezeiten unmittelbar nach der Geburt, wenn am Tage der Geburt ein Elternteil mindestens drei Monate beim Versicherer versichert ist und die Anmeldung zur Versicherung spätestens zwei Monate nach dem Tage der Geburt rückwirkend zum Ersten des Geburtsmonats erfolgt. Der Versicherungsschutz darf nicht höher oder umfassender als der eines versicherten Elternteils sein. § 3 Wartezeiten (1) Die Wartezeiten rechnen vom Versicherungsbeginn an. (2) Die allgemeine Wartezeit beträgt drei Monate. Sie entfällt a) bei Unfällen; b) für den Ehegatten einer mindestens seit drei Monaten versicherten Person, sofern eine gleichartige Versicherung innerhalb zweier Monate nach der Eheschließung beantragt wird. (3) Die besonderen Wartezeiten betragen für Entbindung, Psychotherapie, Zahnbehandlung, Zahnersatz und Kieferorthopädie acht Monate. (4) Sofern der Tarif es vorsieht, können die Wartezeiten auf Grund besonderer Vereinbarung erlassen werden, wenn ein ärztliches Zeugnis über den Gesundheitszustand vorgelegt wird. (5) Personen, die aus einer gesetzlichen Krankenversicherung ausscheiden, wird die nachweislich dort ununterbrochen zurückgelegte Versicherungszeit auf die Wartezeiten angerechnet. Voraussetzung ist, daß die Versicherung spätestens zwei Monate nach Beendigung der Vorversicherung beantragt wurde und der Versicherungsschutz in Abweichung von § 2 Abs. 1 im unmittelbaren Anschluß beginnen soll. Entsprechendes gilt beim Ausscheiden aus einem öffentlichen Dienst mit Anspruch auf freie Heilfürsorge.

§ 4 Umfang der Leistungspflicht (1) Art und Höhe der Versicherungsleistungen ergeben sich aus dem Tarif mit Tarifbedingungen. (2) Der versicherten Person steht die Wahl unter den niedergelassenen approbierten Ärzten und Zahnärzten frei. Soweit die Tarifbedingungen nichts anderes bestimmen, dürfen Heilpraktiker im Sinne des deutschen Heilpraktikergesetzes in Anspruch genommen werden. (3) Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel müssen von den in Abs. 2 genannten Behandlern verordnet, Arzneimittel außerdem aus der Apotheke bezogen werden. (4) Bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung hat die versicherte Person freie Wahl unter den öffentlichen und privaten Krankenhäusern, die unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen, nach wissenschaftlich allgemein anerkannten Methoden arbeiten und Krankengeschichten führen. (5) Für medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung in Krankenanstalten, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlung durchführen oder Rekonvaleszenten aufnehK460

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MB KK 76 men, im übrigen aber die Voraussetzungen von Abs. 4 erfüllen, werden die tariflichen Leistungen nur dann gewährt, wenn der Versicherer diese vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt hat. Bei Tbc-Erkrankungen wird in vertraglichem Umfange auch für die stationäre Behandlung in Tbc-Heilstätten und -Sanatorien geleistet. § 5 Einschränkung der Leistungspflicht (1) Keine Leistungspflicht besteht a) für solche Krankheiten einschließlich ihrer Folgen sowie für Folgen von Unfällen und für Todesfälle, die durch Kriegsereignisse verursacht oder als Wehrdienstbeschädigung anerkannt und nicht ausdrücklich in den Versicherungsschutz eingeschlossen sind; b) für auf Vorsatz beruhende Krankheiten und Unfälle einschließlich deren Folgen sowie für Erziehungsmaßnahmen einschließlich Entziehungskuren; c) für Behandlung durch Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker und in Krankenanstalten, deren Rechnungen der Versicherer aus wichtigem Grunde von der Erstattung ausgeschlossen hat, wenn der Versicherungsfall nach der Benachrichtigung des Versicherungsnehmers über den Leistungsausschluß eintritt. Sofern im Zeitpunkt der Benachrichtigung ein Versicherungsfall schwebt, besteht keine Leistungspflicht für die nach Ablauf von drei Monaten seit der Benachrichtigung entstandenen Aufwendungen; d) für Kur- und Sanatoriumsbehandlungen sowie für Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger, wenn der Tarif nichts anderes vorsieht; e) für ambulante Heilbehandlung in einem Heilbad oder Kurort. Die Einschränkung entfällt, wenn die versicherte Person dort ihren ständigen Wohnsitz hat oder während eines vorübergehenden Aufenthaltes durch eine vom Aufenthaltszweck unabhängige Erkrankung oder einen dort eingetretenen Unfall Heilbehandlung notwendig wird; f) für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel; g) für Behandlungen durch Ehegatten, Eltern oder Kinder. Nachgewiesene Sachkosten werden tarifgemäß erstattet; h) für eine durch Pflegebedürftigkeit oder Verwahrung bedingte Unterbringung. (2) Übersteigt eine Heilbehandlung oder sonstige Maßnahme, für die Leistungen vereinbart sind, das medizinisch notwendige Maß, so kann der Versicherer seine Leistungen auf einen angemessenen Betrag herabsetzen. (3) Besteht auch Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder der gesetzlichen Rentenversicherung, auf eine gesetzliche Heilfürsorge oder Unfallfürsorge, so ist der Versicherer, unbeschadet der Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Krankenhaustagegeld, nur für die Aufwendungen leistungspflichtig, welche trotz der gesetzlichen Leistungen notwendig bleiben. § 6 Auszahlung der Versicherungsleistungen (1) Der Versicherer ist zur Leistung nur verpflichtet, wenn die von ihm geforderten Nachweise erbracht sind; diese werden Eigentum des Versicherers. (2) Der Versicherer ist berechtigt, an den Überbringer oder Übersender von ordnungsmäßigen Nachweisen zu leisten. (3) Die in ausländischer Währung entstandenen Krankheitskosten werden zum Kurs des Tages, an dem die Belege beim Versicherer eingehen, in Deutsche Mark umgerechnet. Wriede

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Anh. I (4) Kosten für die Überweisung der Versicherungsleistungen und für Übersetzungen können von den Leistungen abgezogen werden. (5) Ansprüche auf Versicherungsleistungen können weder abgetreten noch verpfändet werden. § 7 Ende des Versicherungsschutzes Der Versicherungsschutz endet — auch für schwebende Versicherungsfälle — mit der Beendigung des Versicherungsverhältnisses. Pflichten des Versicherungsnehmers § 8 Beitragszahlung (1) Der Beitrag ist ein Jahresbeitrag und wird vom Versicherungsbeginn an berechnet. Er ist zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres zu entrichten, kann aber auch in gleichen monatlichen Beitragsraten gezahlt werden, die jeweils bis zur Fälligkeit der Beitragsrate als gestundet gelten. Die Beitragsraten sind am Ersten eines jeden Monats fällig. Wird der Jahresbeitrag während des Versicherungsjahres neu festgesetzt, so ist der Unterschiedsbetrag vom Änderungszeitpunkt an bis zum Beginn des nächsten Versicherungsjahres nachzuzahlen bzw. zurückzuzahlen. (2) Wird der Vertrag für eine bestimmte Zeit mit der Maßgabe geschlossen, daß sich das Versicherungsverhältnis nach Ablauf dieser bestimmten Zeit stillschweigend um jeweils ein Jahr verlängert, sofern der Versicherungsnehmer nicht fristgemäß gekündigt hat, so kann der Tarif an Stelle von Jahresbeiträgen Monatsbeiträge vorsehen. Diese sind am Ersten eines jeden Monats fällig. (3) Der erste Beitrag bzw. die erste Beitragsrate ist spätestens unverzüglich nach Aushändigung des Versicherungsscheines zu zahlen. (4) Kommt der Versicherungsnehmer mit der Zahlung einer Beitragsrate in Verzug, so werden die gestundeten Beitragsraten des laufenden Versicherungsjahres fällig. Sie gelten jedoch erneut als gestundet, wenn der rückständige Beitragsteil einschließlich der Beitragsrate für den am Tage der Zahlung laufenden Monat und die Mahnkosten entrichtet sind. (5) Ist ein Beitrag bzw. eine Beitragsrate nicht rechtzeitig gezahlt und wird der Versicherungsnehmer schriftlich gemahnt, so ist er zur Zahlung der Mahnkosten verpflichtet, deren Höhe sich aus dem Tarif ergibt. (6) Die Beiträge bzw. Beitragsraten sind bis zum Ablauf des Monats zu zahlen, in dem das Versicherungsverhältnis endet. (7) Die Beiträge sind an die vom Versicherer zu bezeichnende Stelle zu entrichten. § 8 a Beitragsberechnung (1) Die Berechnung der Beiträge erfolgt auf der Grundlage der Richtlinien für die Aufstellung technischer Geschäftspläne in der Krankenversicherung und ist geschäftsplanmäßig festgelegt. (2) Bei einer Änderung der Beiträge, auch durch Änderung des Versicherungsschutzes, wird das Geschlecht und das (die) bei Inkrafttreten der Änderung erreichte tarifliche Lebensalter (Lebensaltersgruppe) der versicherten Person berücksichtigt. Dabei wird dem Eintrittsalter der versicherten Person dadurch Rechnung getragen, daß die Dekkungsrückstellung, die geschäftsplanmäßig nach den für die Beitragsberechnung fest-

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MB KK 76 gelegten Grundsätzen gebildet ist, geschäftsplanmäßig angerechnet wird. Eine Erhöhung der Beiträge oder eine Minderung der Leistungen des Versicherers wegen des Älterwerdens der versicherten Person ist jedoch während der Dauer des Versicherungsverhältnisses ausgeschlossen, soweit nach dem Geschäftsplan eine Deckungsrückstellung für das mit dem Alter der versicherten Person wachsende Wagnis zu bilden ist. (3) Bei Beitragsänderungen kann der Versicherer auch besonders vereinbarte Beitragszuschläge entsprechend ändern.

§ 9 Obliegenheiten (1) Jede Krankenhausbehandlung ist binnen 10 Tagen nach ihrem Beginn anzuzeigen. (2) Der Versicherungsnehmer hat auf Verlangen des Versicherers jede Auskunft zu erteilen, die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder der Leistungspflicht des Versicherers und ihres Umfanges erforderlich ist. (3) Auf Verlangen des Versicherers ist die versicherte Person verpflichtet, sich durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen zu lassen. (4) Wird für eine versicherte Person bei einem weiteren Versicherer ein Krankheitskostenversicherungsvertrag abgeschlossen oder macht eine versicherte Person von der Versicherungsberechtigung in der gesetzlichen Krankenversicherung Gebrauch, ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, den Versicherer von der anderen Versicherung unverzüglich zu unterrichten. (5) Eine weitere Krankenhaustagegeldversicherung darf nur mit Einwilligung des Versicherers abgeschlossen werden.

§ 10 Folgen von Obliegenheitsverletzungen (1) Der Versicherer ist mit der in § 6 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) vorgeschriebenen Einschränkung von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn eine der in § 9 Abs. 1 bis 3 genannten Obliegenheiten verletzt wird. (2) Wird eine der in § 9 Abs. 4 und 5 genannten Obliegenheiten verletzt, so ist der Versicherer nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn er von seinem Kündigungsrecht innerhalb eines Monats nach dem Bekanntwerden Gebrauch macht. (3) Die Kenntnis und das Verschulden der versicherten Person stehen der Kenntnis und dem Verschulden des Versicherungsnehmers gleich.

§ 11 Ansprüche gegen Dritte Hat der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person Schadenersatzansprüche nichtversicherungsrechtlicher Art gegen Dritte, so besteht, unbeschadet des gesetzlichen Forderungsüberganges gemäß § 67 VVG, die Verpflichtung, diese Ansprüche bis zur Höhe, in der aus dem Versicherungsvertrag Kostenersatz geleistet wird, an den Versicherer schriftlich abzutreten. Gibt der Versicherungsnehmer oder eine versicherte Person einen solchen Anspruch oder ein zur Sicherung des Anspruches dienendes Recht ohne Zustimmung des Versicherers auf, so wird dieser insoweit von der Verpflichtung zur Leistung frei, als er aus dem Anspruch oder dem Recht hätte Ersatz erlangen können. Wriede

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Anh. I § 12 Aufrechnung Der Versicherungsnehmer kann gegen Forderungen des Versicherers nur aufrechnen, soweit die Gegenforderung unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist. Gegen eine Forderung aus der Beitragspflicht kann jedoch ein Mitglied eines Versicherungsvereins nicht aufrechnen (§ 26 Versicherungsaufsichtsgesetz).

Ende der Versicherung § 13 Kündigung durch den Versicherungsnehmer (1) Der Versicherungsnehmer kann das Versicherungsverhältnis zum Ende eines jeden Versicherungsjahres, frühestens aber zum Ablauf einer vereinbarten Vertragsdauer, mit einer Frist von drei Monaten kündigen. (2) Die Kündigung kann auf einzelne versicherte Personen oder Tarife beschränkt werden. (3) Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes krankenversicherungspflichtig, so kann der Versicherungsnehmer eine Krankheitskostenvollversicherung insoweit zum Ende des Monats kündigen, in dem er den Eintritt der Versicherungspflicht nachweist. Will der Versicherungsnehmer von diesem Recht Gebrauch machen, so hat er spätestens innerhalb zweier Monate nach Eintritt der Versicherungspflicht zu kündigen. Die Regelung gilt entsprechend, wenn für eine versicherte Person infolge Versicherungspflicht eines Familienmitgliedes kraft Gesetzes Anspruch auf Familienhilfe erlangt wird oder eine versicherte Person infolge nicht nur vorübergehenden Wehr-, Grenzschutz-, Polizeioder anderen Dienstes Anspruch auf freie Heilfürsorge erlangt. (4) Erhöht der Versicherer die Beiträge oder vermindert er seine Leistungen gemäß § 18 Abs. 1, so kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis hinsichtlich der betroffenen versicherten Person innerhalb eines Monats vom Zugang der Anderungsmitteilung an zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung kündigen. Entsprechendes gilt bei Beitragserhöhungen aufgrund einer Beitragsanpassungsklausel. (5) Der Versicherungsnehmer kann, sofern der Versicherer die Anfechtung, den Rücktritt oder die Kündigung nur für einzelne versicherte Personen oder Tarife erklärt, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang dieser Erklärung die Aufhebung des übrigen Teils der Versicherung zum Schlüsse des Monats verlangen, in dem ihm die Erklärung des Versicherers zugegangen ist, bei Kündigung zu dem Zeitpunkt, in dem diese wirksam wird. § 14 Kündigung durch den Versicherer (1) Der Versicherer verzichtet auf das ordentliche Kündigungsrecht. Besteht bei ihm jedoch lediglich eine Krankenhaustagegeldversicherung, eine Krankheitskostenteilversicherung oder beides, so ist er berechtigt, das Versicherungsverhältnis zum Ende eines jeden der ersten drei Versicherungsjahre, frühestens aber zum Ablauf einer vereinbarten Vertragsdauer mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen. (2) Die gesetzlichen Bestimmungen über das außerordentliche Kündigungsrecht bleiben unberührt. (3) Die Kündigung kann auf einzelne versicherte Personen oder Tarife beschränkt werden. Κ 464

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MB KK 76 § 15 Sonstige Beendigungsgründe (1) Das Versicherungsverhältnis endet mit dem Tod des Versicherungsnehmers. Die versicherten Personen haben jedoch das Recht, das Versicherungsverhältnis unter Benennung des künftigen Versicherungsnehmers fortzusetzen. Die Erklärung ist innerhalb zweier Monate nach dem Tode des Versicherungsnehmers abzugeben. (2) Beim Tod einer versicherten Person endet insoweit das Versicherungsverhältnis. (3) Das Versicherungsverhältnis endet mit dem Wegzug des Versicherungsnehmers aus dem Tätigkeitsgebiet des Versicherers, es sei denn, daß eine anderweitige Vereinbarung getroffen wird. Bei Wegzug einer versicherten Person endet insoweit das Versicherungsverhältnis. Sonstige Bestimmungen § 16 Willenserklärungen und Anzeigen Willenserklärungen und Anzeigen gegenüber dem Versicherer bedürfen der Schriftform. Zu ihrer Entgegennahme sind Versicherungsvermittler nicht bevollmächtigt. § 17 Gerichtsstand (1) Klagen gegen den Versicherer können bei dem Gericht am Sitz des Versicherers oder bei dem Gericht des Ortes anhängig gemacht werden, wo der Vermittlungsagent zur Zeit der Vermittlung seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hatte. (2) Für Klagen aus dem Versicherungsverhältnis gegen den Versicherungsnehmer ist das Gericht am Sitz des Versicherers zuständig, wenn der Versicherungsnehmer keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat, wenn er nach VertragsschluB seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthaltsort im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

§ 18 Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (1) Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (§ 1 Abs. 3) können mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde mit Wirkung für bestehende Versicherungsverhältnisse, auch für den noch nicht abgelaufenen Teil des Versicherungsjahres, geändert werden, soweit sie Bestimmungen über Versicherungsschutz, Pflichten des Versicherungsnehmers, Sonstige Beendigungsgründe, Willenserklärungen und Anzeigen sowie Gerichtsstand betreffen. (2) Änderungen nach Abs. 1 werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Benachrichtigung der Versicherungsnehmer folgt, sofern nicht mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird. Entsprechendes gilt bei Beitragserhöhungen aufgrund einer Beitragsanpassungsklausel.

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Anh. II II. Anhang Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung Musterbedingungen 1978 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB KT 78) - VA 1978 S. 230-235 Der Versicherungsschutz § 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes (1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Er gewährt im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in vertraglichem Umfang. (2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbediirftigkeit mehr bestehen. Eine während der Behandlung neu eingetretene und behandelte Krankheit oder Unfallfolge, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, begründet nur dann einen neuen Versicherungsfall, wenn sie mit der ersten Krankheit oder Unfallfolge in keinem ursächlichen Zusammenhang steht. Wird Arbeitsunfähigkeit gleichzeitig durch mehrere Krankheiten oder Unfallfolgen hervorgerufen, so wird das Krankentagegeld nur einmal gezahlt. (3) Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. (4) Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich aus dem Versicherungsschein, späteren schriftlichen Vereinbarungen, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (einschließlich Tarif mit Tarifbedingungen) sowie den gesetzlichen Vorschriften. (5) Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf Deutschland. Bei Aufenthalt im europäischen Ausland wird für im Ausland akut eingetretene Krankheiten oder Unfälle das Krankentagegeld in vertraglichem Umfang für die Dauer einer medizinisch notwendigen stationären Heilbehandlung in einem öffentlichen Krankenhaus gezahlt; für Aufenthalt im außereuropäischen Ausland können besondere Vereinbarungen getroffen werden. § 2 Beginn des Versicherungsschutzes Der Versicherungsschutz beginnt mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt (Versicherungsbeginn), jedoch nicht vor Abschluß des Versicherungsvertrages (insbesondere Zugang des Versicherungsscheines oder einer schriftlichen Annahmeerklärung) und nicht vor Ablauf von Wartezeiten. Für Versicherungsfälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sind, wird nicht geleistet. Nach Abschluß des Versicherungsvertrages eingetretene Versicherungsfälle sind nur für den Teil von der Leistungspflicht ausgeschlossen, der in die Zeit vor Versicherungsbeginn oder in Wartezeiten fällt. § 3 Wartezeiten (1) Die Wartezeiten rechnen vom Versicherungsbeginn an. (2) Die allgemeine Wartezeit beträgt drei Monate. Sie entfällt bei Unfällen. (3) Die besonderen Wartezeiten betragen für Psychotherapie, Zahnbehandlung, Zahnersatz und Kieferorthopädie acht Monate. Κ 466

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MB KT 78 (4) Sofern der Tarif es vorsieht, können die Wartezeiten aufgrund besonderer Vereinbarung erlassen werden, wenn ein ärztliches Zeugnis über den Gesundheitszustand vorgelegt wird. (5) Personen, die aus einer gesetzlichen Krankenversicherung ausscheiden, wird bis zur Höhe des bisherigen Krankengeldanspruchs die nachweislich dort ununterbrochen zurückgelegte Versicherungszeit auf die Wartezeiten angerechnet. Voraussetzung ist, daß die Versicherung spätestens zwei Monate nach Beendigung der Vorversicherung zusammen mit einer Krankheitskostenversicherung beantragt wurde und der Versicherungsschutz in Abweichung von § 2 im unmittelbaren AnschluB beginnen soll.

§ 4 Umfang der Leistungspflicht (1) Höhe und Dauer der Versicherungsleistungen ergeben sich aus dem Tarif mit Tarifbedingungen. (2) Das Krankentagegeld darf zusammen mit sonstigen Krankentage- und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete, aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigen. Maßgebend für die Berechnung des Nettoeinkommens ist der Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate vor Antragstellung bzw. vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, sofern der Tarif keinen anderen Zeitraum vorsieht. (3) Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, dem Versicherer unverzüglich eine nicht nur vorübergehende Minderung des aus der Berufstätigkeit herrührenden Nettoeinkommens mitzuteilen. (4) Erlangt der Versicherer davon Kenntnis, daß das Nettoeinkommen der versicherten Person unter die Höhe des dem Vertrage zugrunde gelegten Einkommens gesunken ist, so kann er ohne Unterschied, ob der Versicherungsfall bereits eingetreten ist oder nicht, das Krankentagegeld und den Beitrag mit Wirkung vom Beginn des zweiten Monats nach Kenntnis entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen herabsetzen. Bis zum Zeitpunkt der Herabsetzung wird die Leistungspflicht im bisherigen Umfang für eine bereits eingetretene Arbeitsunfähigkeit nicht berührt. (5) Die Zahlung von Krankentagegeld setzt voraus, daß die versicherte Person während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit durch einen niedergelassenen approbierten Arzt oder Zahnarzt bzw. im Krankenhaus behandelt wird. (6) Der versicherten Person steht die Wahl unter den niedergelassenen approbierten Ärzten und Zahnärzten frei. (7) Eintritt und Dauer der Arbeitsunfähigkeit sind durch Bescheinigung des behandelnden Arztes oder Zahnarztes nachzuweisen. Etwaige Kosten derartiger Nachweise hat der Versicherungsnehmer zu tragen. Bescheinigungen von Ehegatten, Eltern oder Kindern reichen zum Nachweise der Arbeitsunfähigkeit nicht aus. (8) Bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung hat die versicherte Person freie Wahl unter den öffentlichen und privaten Krankenhäusern, die unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen, nach wissenschaftlich allgemein anerkannten Methoden arbeiten und Krankengeschichten führen. (9) Bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung in Krankenanstalten, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlung durchführen oder Rekonvaleszenten aufnehmen, im übrigen aber die Voraussetzungen von Abs. 8 erfüllen, werden die tariflichen Wriede

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Anh. II Leistungen nur dann erbracht, wenn der Versicherer diese vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt hat. Bei Tbc-Erkrankungen wird in vertraglichem Umfange auch bei stationärer Behandlung in Tbc-Heilstätten und -Sanatorien geleistet. § 5 Einschränkung der Leistungspflicht (1) Keine Leistungspflicht besteht bei Arbeitsunfähigkeit a) wegen solcher Krankheiten einschließlich ihrer Folgen sowie wegen Folgen von Unfällen, die durch Kriegsereignisse verursacht oder als Wehrdienstbeschädigungen anerkannt und nicht ausdrücklich in den Versicherungsschutz eingeschlossen sind; b) wegen auf Vorsatz beruhender Krankheiten und Unfälle einschließlich deren Folgen sowie wegen Entziehungsmaßnahmen einschließlich Entziehungskuren; c) wegen Krankheiten und Unfallfolgen, die auf eine durch Alkoholgenuß bedingte Bewußtseinsstörung zurückzuführen sind; d) ausschließlich wegen Schwangerschaft, ferner wegen Schwangerschaftsabbruch, Fehlgeburt und Entbindung; e) während der gesetzlichen Beschäftigungsverbote für werdende Mütter und Wöchnerinnen in einem Arbeitsverhältnis (Mutterschutz). Diese befristete Einschränkung der Leistungspflicht gilt sinngemäß auch für selbständig Tätige, es sei denn, daß die Arbeitsunfähigkeit in keinem Zusammenhang mit den unter d) genannten Ereignissen steht; f) wenn sich die versicherte Person nicht an ihrem Wohnsitz in Deutschland aufhält, es sei denn, daß sie sich — unbeschadet des Absatzes 2 — in medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung befindet (vgl. § 4 Abs. 8 und 9). Wird die versicherte Person in Deutschland außerhalb ihres Wohnsitzes arbeitsunfähig, so steht ihr das Krankentagegeld auch zu, solange die Erkrankung oder Unfallfolge nach medizinischem Befund eine Rückkehr ausschließt; g) während Kur- und Sanatoriumsbehandlung sowie während Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger, wenn der Tarif nichts anderes vorsieht. (2) Während des Aufenthaltes in einem Heilbad oder Kurort — auch bei einem Krankenhausaufenthalt — besteht keine Leistungspflicht. Die Einschränkung entfällt, wenn die versicherte Person dort ihren ständigen Wohnsitz hat oder während eines vorübergehenden Aufenthaltes durch eine vom Aufenthaltszweck unabhängige akute Erkrankung oder einen dort eingetretenen Unfall arbeitsunfähig wird, solange dadurch nach medizinischem Befund die Rückkehr ausgeschlossen ist. § 6 Auszahlung der Versicherungsleistungen (1) Der Versicherer ist zur Leistung nur verpflichtet, wenn die von ihm geforderten Nachweise erbracht sind; diese werden Eigentum des Versicherers. (2) Der Versicherer ist berechtigt, an den Überbringer oder Übersender von ordnungsmäßigen Nachweisen zu leisten. (3) Kosten für die Überweisung der Versicherungsleistungen und für Übersetzung können von den Leistungen abgezogen werden. (4) Ansprüche auf Versicherungsleistungen können weder abgetreten noch verpfändet werden. § 7 Ende des Versicherungsschutzes Der Versicherungsschutz endet — auch für schwebende Versicherungsfälle — mit der Beendigung des Versicherungsverhältnisses (§§ 13 bis 15). Kündigt der Versicherer das Versicherungsverhältnis gemäß § 14 Abs. 1, so endet der Versicherungsschutz für

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MB KT 78 schwebende Versicherungsfälle erst am dreißigsten Tage nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses. Endet das Versicherungsverhältnis wegen Wegfalls einer der im Tarif bestimmten Voraussetzungen für die Versicherungsfähigkeit oder wegen Eintritts der Berufsunfähigkeit, so bestimmt sich die Leistungspflicht nach § 15 Buchstabe a oder b. Pflichten des Versicherungsnehmers § 8 Beitragszahlung (1) Der Beitrag ist ein Jahresbeitrag und wird vom Versicherungsbeginn an berechnet. Er ist zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres zu entrichten, kann aber auch in gleichen monatlichen Beitragsraten gezahlt werden, die jeweils bis zur Fälligkeit der Beitragsrate als gestundet gelten. Die Beitragsraten sind am Ersten eines jeden Monats fällig. Wird der Jahresbeitrag während des Versicherungsjahres neu festgesetzt, so ist der Unterschiedsbetrag vom Änderungszeitpunkt an bis zum Beginn des nächsten Versicherungsjahres nachzuzahlen bzw. zurückzuzahlen. (2) Wird der Vertrag für eine bestimmte Zeit mit der Maßgabe geschlossen, daß sich das Versicherungsverhältnis nach Ablauf dieser bestimmten Zeit stillschweigend um jeweils ein Jahr verlängert, sofern der Versicherungsnehmer nicht fristgemäß gekündigt hat, so kann der Tarif anstelle von Jahresbeiträgen Monatsbeiträge vorsehen. Diese sind am Ersten eines jeden Monats fällig. (3) Der erste Beitrag bzw. die erste Beitragsrate ist spätestens unverzüglich nach Aushändigung des Versicherungsscheines zu zahlen. (4) Kommt der Versicherungsnehmer mit der Zahlung einer Beitragsrate in Verzug, so werden die gestundeten Beitragsraten des laufenden Versicherungsjahres fällig. Sie gelten jedoch erneut als gestundet, wenn der rückständige Beitragsteil einschließlich der Beitragsrate für den am Tage der Zahlung laufenden Monat und die Mahnkosten entrichtet sind. (5) Ist ein Beitrag bzw. eine Beitragsrate nicht rechtzeitig gezahlt und wird der Versicherungsnehmer schriftlich gemahnt, so ist er zur Zahlung der Mahnkosten verpflichtet, deren Höhe sich aus dem Tarif ergibt. (6) Die Beiträge bzw. Beitragsraten sind bis zum Ablauf des Monats zu zahlen, in dem das Versicherungsverhältnis endet. (7) Die Beiträge sind an die vom Versicherer zu bezeichnende Stelle zu entrichten.

§ 8 a Beitragsberechnung (1) Die Berechnung der Beiträge erfolgt auf der Grundlage der Richtlinien für die Aufstellung technischer Geschäftspläne in der Krankenversicherung und ist geschäftsplanmäßig festgelegt. (2) Bei einer Änderung der Beiträge, auch durch Änderung des Versicherungsschutzes, wird das Geschlecht und das (die) bei Inkrafttreten der Änderung erreichte tarifliche Lebensalter (Lebensaltergruppe) der versicherten Person berücksichtigt. Dabei wird dem Eintrittsalter der versicherten Person dadurch Rechnung getragen, daß die Dekkungsrückstellung, die geschäftsplanmäßig nach den für die Beitragsberechnung festgelegten Grundsätzen gebildet ist, geschäftsplanmäßig angerechnet wird. Eine Erhöhung der Beiträge oder eine Minderung der Leistungen des Versicherers wegen des Älterwerdens der versicherten Person ist jedoch während der Dauer des VersicherungsverWriede

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Anh. II hältnisses ausgeschlossen, soweit nach dem Geschäftsplan eine Deckungsrückstellung für das mit dem Alter der versicherten Person wachsende Wagnis zu bilden ist. (3) Bei Beitragsänderungen kann der Versicherer auch besonders vereinbarte Beitragszuschläge entsprechend ändern.

§ 9 Obliegenheiten (1) Die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit ist dem Versicherer unverzüglich, spätestens aber innerhalb der im Tarif festgesetzten Frist, durch Vorlage eines Nachweises (§ 4 Abs. 7) anzuzeigen. Bei verspätetem Zugang der Anzeige wird das Krankentagegeld erst vom Zugangstage an gezahlt, jedoch nicht vor dem im Tarif vorgesehenen Zeitpunkt. Fortdauernde Arbeitsunfähigkeit ist dem Versicherer innerhalb der im Tarif festgesetzten Frist nachzuweisen. Die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ist dem Versicherer binnen drei Tagen anzuzeigen. (2) Der Versicherungsnehmer hat auf Verlangen des Versicherers jede Auskunft zu erteilen, die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder der Leistungspflicht des Versicherers und ihres Umfanges erforderlich ist. Die geforderten Auskünfte sind auch einem Beauftragten des Versicherers zu erteilen. (3) Auf Verlangen des Versicherers ist die versicherte Person verpflichtet, sich durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen zu lassen. (4) Die versicherte Person hat für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu sorgen; sie hat insbesondere die Weisungen des Arztes gewissenhaft zu befolgen und alle Handlungen zu unterlassen, die der Genesung hinderlich sind. (5) Jeder Berufswechsel der versicherten Person ist unverzüglich anzuzeigen. (6) Der NeuabschluB einer weiteren oder die Erhöhung einer anderweitig bestehenden Versicherung mit Anspruch auf Krankentagegeld darf nur mit Einwilligung des Versicherers vorgenommen werden.

§ 10 Folgen von Obliegenheitsverletzungen (1) Der Versicherer ist mit der in § 6 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) vorgeschriebenen Einschränkung von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn eine der in § 9 Abs. 1 bis 4 genannten Obliegenheiten verletzt wird. (2) Wird eine der in § 9 Abs. 5 und 6 genannten Obliegenheiten verletzt, so ist der Versicherer nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 VVG von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn er von seinem Kündigungsrecht innerhalb eines Monats nach dem Bekanntwerden Gebrauch macht. (3) Die Kenntnis und das Verschulden der versicherten Person stehen der Kenntnis und dem Verschulden des Versicherungsnehmers gleich.

§ 11 Anzeigepflicht bei Wegfall der Versicherungsfähigkeit Der Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit oder der Eintritt der Berufsunfähigkeit (vgl. § 15 Buchstabe b) einer versicherten Person ist dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Erlangt der Versicherer von dem Eintritt dieses Ereignisses erst später Kenntnis, so sind beide Teile verpflichtet, die für die Zeit nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses empfangenen Leistungen einander zurückzugewähren. Κ 470

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MB KT 78 § 12 Aufrechnung Der Versicherungsnehmer kann gegen Forderungen des Versicherers nur aufrechnen, soweit die Gegenforderung unbestritten oder rechtskräftig festgestellt ist. Gegen eine Forderung aus der Beitragspflicht kann jedoch ein Mitglied eines Versicherungsvereins nicht aufrechnen (§ 26 Versicherungsaufsichtsgesetz).

Ende der Versicherung § 13 Kündigung durch den Versicherungsnehmer (1) Der Versicherungsnehmer kann das Versicherungsverhältnis zum Ende eines jeden Versicherungsjahres mit einer Frist von drei Monaten kündigen. (2) Die Kündigung kann auf einzelne versicherte Personen oder Tarife beschränkt werden. (3) Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes krankenversicherungspflichtig, so kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis insoweit zum Ende des Monats kündigen, in dem er den Eintritt der Versicherungspflicht nachweist. Will der Versicherungsnehmer von diesem Recht Gebrauch machen, so hat er spätestens innerhalb zweier Monate nach Eintritt der Versicherungspflicht zu kündigen. (4) Erhöht der Versicherer die Beiträge oder vermindert er seine Leistungen gemäß § 18 Abs. 1 oder macht er von seinem Recht auf Herabsetzung gemäß § 4 Abs. 4 Gebrauch, so kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis hinsichtlich der betroffenen versicherten Person innerhalb eines Monats vom Zugang der Änderungsmitteilung an zum Zeitpunkt des Wirksamswerdens der Änderung kündigen. (5) Der Versicherungsnehmer kann, sofern der Versicherer die Anfechtung, den Rücktritt oder die Kündigung nur für einzelne versicherte Personen oder Tarife erklärt, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang dieser Erklärung die Aufhebung des übrigen Teils der Versicherung zum Schlüsse des Monats verlangen, in dem ihm die Erklärung des Versicherers zugegangen ist, bei Kündigung zu dem Zeitpunkt, in dem diese wirksam wird. § 14 Kündigung durch den Versicherer (1) Der Versicherer kann das Versicherungsverhältnis zum Ende eines jeden der ersten drei Versicherungsjahre mit einer Frist von drei Monaten kündigen. (2) Die gesetzlichen Bestimmungen über das außerordentliche Kündigungsrecht bleiben unberührt. (3) Die Kündigung kann auf einzelne versicherte Personen, Tarife oder auf nachträgliche Erhöhungen des Krankentagegeldes beschränkt werden. (4) Der Versicherer kann, sofern der Versicherungsnehmer die Kündigung nur für einzelne versicherte Personen oder Tarife erklärt, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung die Aufhebung des übrigen Teils der Versicherung zu dem Zeitpunkt verlangen, in dem diese wirksam wird. Das gilt nicht für den Fall des § 13 Abs. 3. § 15 Sonstige Beendigungsgründe Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Personen a) bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit zum Ende des Monats, in dem die Voraussetzung weggefallen ist. Besteht jedoch zu Wriede

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diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit, so endet das Versicherungsverhältnis nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hat, spätestens aber drei Monate nach Wegfall der Voraussetzung; mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Besteht jedoch zu diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit, so endet das Versicherungsverhältnis nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hat, spätestens aber drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit; mit dem Bezug von Altersrente, spätestens nach Vollendung des 65. Lebensjahres zum Ende des Monats, in dem die Altersgrenze erreicht wird; mit dem Tod. Beim Tode des Versicherungsnehmers haben die versicherten Personen das Recht, das Versicherungsverhältnis unter Benennung des künftigen Versicherungsnehmers fortzusetzen. Die Erklärung ist innerhalb zweier Monate nach dem Tode des Versicherungsnehmers abzugeben; mit dem Wegzug aus dem Tätigkeitsgebiet des Versicherers, es sei denn, daß eine anderweitige Vereinbarung getroffen wird.

Sonstige Bestimmungen § 16 Willenserklärung und Anzeigen Willenserklärungen und Anzeigen gegenüber dem Versicherer bedürfen der Schriftform. Zu ihrer Entgegennahme sind Versicherungsvermittler nicht bevollmächtigt.

§ 17 Gerichtsstand (1) Klagen gegen den Versicherer können bei dem Gericht am Sitz des Versicherers oder bei dem Gericht des Ortes anhängig gemacht werden, wo der Vermittlungsagent zur Zeit der Vermittlung seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hatte. (2) Für Klagen aus dem Versicherungsverhältnis gegen den Versicherungsnehmer ist das Gericht am Sitz des Versicherers zuständig, wenn der Versicherungsnehmer keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat, wenn er nach VertragsschluB seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthaltsort im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

§ 18 Änderungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (1) Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (§ 1 Abs. 4) können mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde mit Wirkung für bestehende Versicherungsverhältnisse, auch für den noch nicht abgelaufenen Teil des Versicherungsjahres, geändert werden, soweit sie Bestimmungen über Versicherungsschutz, Pflichten des Versicherungsnehmers, Sonstige Beendigungsgründe, Willenserklärungen und Anzeigen sowie Gerichtsstand betreffen. (2) Änderungen nach Abs. 1 werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Benachrichtigung der Versicherungsnehmer folgt, sofern nicht mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird. K472

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Ergänzendes Literaturverzeichnis

ΙΠ. Anhang Ergänzendes Literaturverzeichnis Die nachstehend aufgeführten Werke werden wie in der linken Spalte angegeben zitiert Auernhammer Aye — Göbelmann—Müller — Schiekel—Schroeter Bach Vsschutz Bach—Moser Baumbach—Lauterbach— Albers—Hartmann Binz Bockelmann Brockhaus Bruck Bruck — Dörstling Burdenski—von Maydell— Schellhorn Donay Dreher—Tröndle Duden Ehrenzweig Eichler Enneccerus—Nipperdey Erman—(Name des Bearbeiters) Förstenberg Fromm—Goldberg GB BAA Gerhard—Hagen v. Gierke I und II Goetz—Matzke—Schirmer Goldberg—Müller Grimm

Bundesdatenschutzgesetz, 2. Auflage, Köln —Berlin—Bonn— München 1981 RVO Gesamtkommentar, Wiesbaden seit 1967 Versicherungsschutz bei stationärer Heilbehandlung im Privatversicherungsrecht, Kölner Dissertation 1979 Private Krankenversicherung, MB/KK- und MB/KT-Kommentar, München 1984 Zivilprozeßordnung, 47. Auflage, München 1989 Die Mitwirkung fremder Schadensursachen in der privaten Unfall- und Krankenversicherung, Bremer Dissertation 1951 Strafrecht des Arztes, Stuttgart 1968 Der Große Brockhaus in zwölf Bänden, 18. Auflage, Wiesbaden 1977-1981 Das Privatversicherungsrecht, Mannheim—Berlin—Leipzig 1930 Das Recht des Lebensversicherungsvertrages, 2. Auflage, Mannheim—Berlin — Leipzig 1933 Gemeinschaftskommentar zum Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil, 2. Auflage, Neuwied und Darmstadt 1981 Neugestaltung der Gruppenversicherungsverträge in der Krankheitskostenversicherung, Versicherungswirtschaft 1949 S. 73 f. Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 42. Auflage, München 1985 Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke, 3. Auflage, Stuttgart 1979 Deutsches (österreichisches) Versicherungsvertragsrecht, Wien 1952 Versicherungsrecht, 2. Auflage, Karlsruhe 1976 Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Auflage, 1. Halbband 1959, 2. Halbband 1960, Tübingen Handkommentar zum BGB, 7. Auflage, Münster 1981 Das Kündigungsrecht des Versicherers, Leipzig 1933 Versicherungsaufsichtsgesetz und Bundesaufsichtsgesetz, Berlin 1966 Geschäftsbericht des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen Kommentar zum Deutschen Reichsgesetz über den Versicherungsvertrag, Berlin 1908 Versicherungsrecht unter Ausschluß der Sozialversicherung, Band I und II, Stuttgart 1937 (Band I) und 1947 (Band II) Gebührenordnung für Ärzte, 2. Auflage, Berlin 1983 Versicherungsaufsichtsgesetz und Bundesaufsichtsgesetz, Berlin 1980 Allgemeine Unfallversicherung, Kommentar zu den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) mit Sonderbedingungen, München 1987

Wriede

Κ 473

Anh. III Gruneke Hagen I und II HandbV HdV Herdt Kisch Hdb II Kisch Vsschein Kisch VVaG Koch—Hartmann Koppen Kuhn Langenbach Larenz AT Larenz I und II Laufs Lauterbach Löwe—v. Westphalen — Trinkner Manes Manes Lex Martin Medicus Millauer Möller Verantwortlichkeit Möller Vsfall Möller Versicherungsvertragsrecht Molitor Moser MünchKomm—(Name des Bearbeiters) Odemann — Schomerus

Κ 474

Versicherte Gefahr und Anzeigepflicht in der Privaten Krankenversicherung, Kölner Dissertation 1965 Das Versicherungsrecht (in Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, 8. Band, Abteilung I und II), Leipzig 1922 Handbuch der Versicherung, Lexikon für Versicherungspraktiker, herausgegeben von Braeß, Lencer und Riebeseil, Schriftleitung Greifzu und Ruge, 2. Auflage, Hamburg 1938 Handwörterbuch des Versicherungswesens, herausgegeben von Eberhart Finke, Band I und II, Darmstadt 1958 Die mehrfache Kausalität im Versicherungsrecht, Karlsruhe 1978 Handbuch des Privatversicherungsrechts, 2. Band Die Lehre von der Versicherungsgefahr, München —Berlin—Leipzig 1920 Der Versicherungsschein, zugleich ein Beitrag zu der Lehre von dem Vertragsausschluß und den rechtserheblichen Urkunden, Wiesbaden 1952 Das Recht des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, Berlin 1951 Das Angestelltenversicherungsgesetz, Band IV (Loseblattsammlung, ergänzt bis Juli 1988), Berlin—Wiesbaden Private Krankenversicherung (in Versicherungswirtschaftliches Studienwerk, Abschnitt F II), Wiesbaden 1976 Das gesamte Recht der Heilberufe, Berlin 1958 Die Nebengefahr — sog. Vertragsgefahr im Versicherungsvertragsrecht, Kölner Dissertation 1970 Allgemeiner Teil des Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches, 6. Auflage, München 1983 Lehrbuch des Schuldrechts 1. Band Allgemeiner Teil 14. Auflage, München 1987 2. Band Besonderer Teil 1. Halbband 13. Auflage, München 1986 Arztrecht, 4. Auflage, München 1988 Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Auflage (Loseblattausgabe, ergänzt bis 1. XI. 1988), Stuttgart-Berlin-Köln Kommentar zum Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Heidelberg 1977 Großkommentar zum AGB-Gesetz, 2. Auflage, Band II Heidelberg 1983 Versicherungswesen, 3. Band Personenversicherung, Leipzig und Berlin 1932 Versicherungslexikon, 3. Auflage, Berlin 1930 Sachversicherungsrecht 2. Auflage, München 1986 Allgemeiner Teil des BGB, Heidelberg 1982 Rechtsgrundsätze der Gruppenversicherung, 2. Auflage, Karlsruhe 1966 Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für das Verhalten Dritter, Berlin 1939 Der gedehnte Versicherungsfall in der privaten Krankenversicherung, V W 1951, S. 5 2 - 5 7 Versicherungsvertragsrecht, 3. Auflage, Wiesbaden 1977 Die Kündigung, 2. Auflage, Mannheim 1951 Private Krankenversicherung (in Versicherungsenzyklopädie Band 5, zitiert nach der besonderen Paginierung dieses Teils) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Auflage, München seit 1984 Bundesdatenschutzgesetz, 3. Auflage, München 1982 Wriede

Ergänzendes Literaturverzeichnis Palandt — (Name des Bearbeiters) Peters

Bürgerliches Gesetzbuch, 48. Auflage, München 1989

Handbuch der Krankenversicherung Teil II, 18. Auflage (ergänzt bis 31.1. 1988), Stuttgart-Berlin-Köln 1985 Sozialgesetzbuch V, 19. Auflage (Stand 1.1. 1989) StuttgartBerlin-Köln 1989 (beide Auflagen als Loseblattausgaben) Prölss—Martin Versicherungsvertragsgesetz, 24. Auflage, München 1988 (frühere Auflagen werden angeführt, wenn das Zitat in der 24. nicht mehr enthalten ist) Prölss — Schmidt — Frey Versicherungsaufsichtsgesetz, Bundesaufsichtsgesetze, Kartellrecht der Versicherungswirtschaft (§ 102 GWB) und andere Nebengesetze, 10. Auflage, München 1989 Klinisches Wörterbuch, 254. Auflage, Berlin 1982 Pschyrembel Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen, Neuauflage, L. Raiser Bad Homburg v. d. Höhe 1961 R. Raiser Kommentar der Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen, 2. Auflage, Berlin 1937 RGR — Komm — (Name des Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, herausgegeben von Bearbeiters) Mitgliedern des Bundesgerichtshofs, 12. Auflage, Berlin—New York 1974-1984 Ricardi Wissensvertretung, Archiv für die zivilistische Praxis Band 169 S. 385 ff. Lexikon des Arztrechts, Berlin 1984 Rieger Die vorvertragliche Anzeigepflicht, Karlsruhe 1980 Röhr Zivilprozeßrecht, 14. Auflage, München 1986 Rosenberg — Schwab Zur Vereinbarung von Obliegenheiten zu Lasten Dritter, insSchirmer besondere in Verträgen zu ihren Gunsten (in Festschrift für Reimer Schmidt S. 821 -843), Karlsruhe 1976 Kommentar zum Gesetz zur Regelung des Rechts der AllgeSchlosser—Coester/Waltmeinen Geschäftsbedingungen, Bielefeld 1977 jen — Grabe Die Obliegenheiten, Studien auf dem Gebiete des Rechtszwangs R. Schmidt, Obliegenheiten im Zivilrecht unter besonderer Berücksichtigung des Privatversicherungsrechts, Karlsruhe 1953 Strafgesetzbuch, 23. Auflage, München 1988 Schönke—Schröder Allgemeines Versicherungsvertragsrecht, Wiesbaden 1984 Sieg VVR Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, 3. Auflage, BadenSimitis—Dammann—MallBaden 1981 mann—Reh Soergel—(Name des BearBürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 11. Auflage, Stuttgart—Berlin —Köln —Mainz 1978 — beiters) 1986 Staudinger—(Name des Be- J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 12. neubearbeitete arbeiters) Auflage, Berlin 1980-1986 Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 19. Auflage, Tübingen Stein —Jonas 1972-1975 Kraftfahrversicherung, 13. Auflage, München 1986 Stiefel — Hofmann Zivilprozeßordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und den Thomas—Putzo Einführungsgesetzen, 15. Auflage, München 1987 AGB-Gesetz, 5. Auflage, Köln 1987 Ulmer—Brandner—Hensen VerbB Die private Krankenversicherung im Jahre ..., Rechenschaftsbericht des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V., Köln, seit 1949 Weber Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Eine rechtliche Gesamtbetrachtung, Berlin 1967 Wieden Der Versicherungsfall in der privaten Krankenversicherung, Kölner Dissertation 1968 Wriede

Κ 475

Anh. III Weicksel Werber Gefahrerhöhung

Wolf — Horn — Lindacher Wriede Diss. Wussow—Pürckhauer

Κ 476

Krankheit und Arbeitsunfähigkeit, Heft 7 der Veröffentlichungen des Instituts für Versicherungswissenschaft, Leipzig 1941 Landesreferate zum Weltkongreß für Versicherungsrecht 1986, Thema II Gefahrerhöhung und andere Veränderungen der Gefahrenlage, Bd. I S. 215-231 AGB-Gesetz, Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 2. Auflage, München 1989 Der gedehnte Versicherungsfall, ungedruckte Hamburger Dissertation 1949 Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen, 5. Auflage, Köln—Berlin—Bonn—München 1985

Wriede

Sachregister A Abschluß des Krankenvsvertrages Abschlußgebühren E 5 Antragsteller geschäftsunfähig, beschränkt geschäftsfähig C 4 Antrag des Ehegatten C 4 Abtretung — und Vorausabtretung bei Krankenfremdvs für eigene Rechnung H 5 —sverbot G 65 von Ersatzansprüchen gegen Dritte G 64 Agentenauskünfte Haftung des Vers für — C 16 „alte Leiden" Leistungsausschluß für — F 37 Altersrente Begriff in Krankentagegeldv G 58 Bezug von — als Beendigungsgrund in Krankentagegeldv G 58 Anfechtung des Krankenvsvertrages D 48 Annahme des Vertragsantrags Ablehnung des — C14 ärztliche Untersuchung vor — C12 Aufnahme- und Schreibgebühren vor — C13 Form und Inhalt der Annahmeerklärung CIO Frist für - C 8 Person des Annehmenden C 9 Wirkung der - C l l Anomalie — als Risikoausschluß G 27 Apotheker G16 Arbeitseinkommen Höhe des — als gefahrerheblicher Umstand F17 Vs gegen Ausfall von — G 49 Arbeitsunfähigkeit Ansprüche gegen Dritte bei — F17 — außerhalb des Wohnsitzes F 63 Begriff der - G 50 Heilbehandlung als Voraussetzung der — F 63 Nachweis der — F 61 Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Anzeige- und Nachweisobliegenheit F 64 Unterlassen von Erwerbstätigkeit als Voraussetzung der — F 63

Arzneimittel G16 Arzt Behandlungsvertrag G l i Belegarzt G13 Krankenhausarzt G13 vom Ver eingeschalteter — F 24, F 31 Voraussetzung für Tätigkeit als — nach den AVB G l i Auihebungsvertrag D28 Auflösung eines Vsvereins a. G. — durch Aufsichtsbehörde A 25 — durch Beschluß seines obersten Organs D22 Aufrechnung A 30, E14 Aufwendungen Begriff G 8 Ersatz von — bei Abwendung des Vsfalls F 46 bei Minderung des Schadens F 63 für Heilbehandlung G 8 örtlicher Geltungsbereich G10 für Rechtsverfolgung außerhalb eines Rechtsstreits F 61 Auskunft — sobliegenheit F 61 Recht auf — über Heilbehandlung, Übertragbarkeit dieses Rechts F 26 Auslandsreisevsverträge als Summenvsvertrag G 44 Ausschluß „alter Leiden" F 38 AusscbluB aus VVaG D46 Β Bademeister G17 Bagatellschäden Β 3 Beginn des Krankenvsvertrages formeller — D 4 materieller - D 5 - D 1 2 Rückdatierung D 9 - D10 Rückwärtsv D 8 technischer — D13 Begriff der PKV Β 3 Beihilfe eines öffentlich-rechtlichen Dienstherren G 34, G 39 Beitrag s. Prämie

Wriede

Κ 477

Bel

Sachregister

Belege Obliegenheit zur Vorlage von — F 61 Übergang des Eigentums an — auf Ver F 61 Bereicheruiigsverbot AIO Berufsunfähigkeit Eintritt der — in Krankentagegeldv D 24, G 57 Berufsunfall, -krankheit G 24 Berufswechsel Anzeigeobliegenheit bei — F 56 — als Grund zur Beendigung des Krankentagegeldvsvertrages G 57 Bestandsübertragung A 25 Beweislast, -führung — bei Divergenz zwischen angezeigter und tatsächlicher Risikolage F 36 — bei Gefahrerhöhung F 44 — bei Eingreifen von Wartezeiten G 4 — bei Krankenhaustagegeldv G 47 — bei Krankentagegeldv G 52 — bei Verletzung der wAnzpfl F 36 — bei Verstoß gegen nach Beginn des Vsfalls zu erfüllende Obliegenheiten F 64 — bei Verstoß gegen vorbeugende Obliegenheiten F 58 — für Erfüllung der Prämienschuld E15 — für formellen Beginn des Vsvertrages D4 — für Fälligkeit, Stundung der Prämie E12 — für Herbeiführung des Vsfalls G19 — für Voraussetzungen des Mahnverfahrens E 22 — für materiellen Beginn der Gefahrtragung D12 — für (rechtzeitigen) Zugang der Kündigung D 33 — für Vsfall G 37 — für Vorliegen eines „wichtigen Grundes" zur Kündigung D 44 — für Wirksamkeit der Kündigung D 36 BewuBtseinsstörung G 50 Billigungsklausel für Inhalt des Vsscheins C 2 9 - C 3 2 C Chiropraktiker Behandlung durch — G14 Culpa in contrahendo C15, E 5 D Darlegungslast s. Beweislast Datenschutz F 26, F 27 Deckungszusage, vorläufige C17

Κ 478

Doppelv A13, G 67 DrogenmiBbrauch F17, G 20 E Eigentumsübergang an Belegen des Vmers G 40 Eingriff in bestehenden Vsverträge durch Aufsichtsbehörde A 25 Einkommen Anzeigeobliegenheit bei Minderung des - F 57 Begriff des - F17 Herabsetzung der Vertragspflichten durch Ver bei Minderung des — G 54 Einwilligung — der Gefahrsperson bei Krankheitskostenv für eigene Rechnung des Vmers nicht erforderlich H 8 — der Gefahrsperson bei Summenv für eigene Rechnung des Vmers H 6 Widerrufder Einwilligung durch Gefahrsperson H 6 Ende des Krankenvsvertrages Ablauf des Vertrages D 1 7 - D 1 9 formelles Ende des — D16 ipso-iure-Beendigung im allgemeinen D20-D27 — von Krankentagegeldvsverträgen D 2 4 - D 2 6 , G55—G60 materielles — D16 technisches — D16 Entbindung — als fiktiver Vsfall G 43 — als Risikoausschluß G 25, G 50 — keine Krankheit G 6 Entbindungspfleger G 17 EntziehungsmaBnahmen F 47, G 30 Erfahrungsmedizin G 8 Ermittlungskosten A18, G 71 Ersatzpflicht des Vers Nebenpflicht zur Leistungspflicht G 71 Erwerbstätigkeit Bestandteil des Begriffs der Arbeitsunfähigkeit G 50 gefahrenerheblicher Umstand F17 F Fälligkeit — der Erstprämie E10 — der Folgeprämie E l l — der Vsleistung G 40 Familienv Β 9, Η 4 Fehl- und Frühgeburten als Krankheit G 6 als Risikoausschluß G 25 Fortsetzung des Krankenvsvertrages nach Tod des Vmers C 24, G 59

Wriede

Inh

Großbuchst, und Ziffer = Anm. [...] Fragebogen zur Betätigung der wAnzpfl Auslegung der Antragsfragen FIO Auslegung der Antworten F12 G Geburt —sfehler als Risikoausschluß G 26 -shilfe als fiktiver Vsfall G 43, G 61 Gefahr Begriff der vten - G 38 vte — im allgemeinen G 3 vte - in der PKV G 4 in der Krankenhaustagegeldv G 46 in der Krankentagegeldv G 50 primäre Umschreibung der vten — G 8 — G17 Gefahrerhöhung — in der PKV F 40 objektive — F 43 subjektive — F 41 — F 42 Gefahrsperson Begriff und Funktion H 2 - H 4 , F 5 Behandlung der — durch nahe Angehörige G 32 — bei Mehrfachv F 49, F 54, G 67 — Inhaber einer „Klinik Card" G 66 — und Übergang von Ersatzansprüchen gegen Dritte G 64 Unterzeichnung des Vertragsantrags durch — F 5 Zurechnung von Kenntnis und/oder Verschulden der — F 5 — bei Herbeiführung des Vsfalls G19 — bei Verletzung der Abwendungsobliegenheit F 46 • — bei Verletzung der Minderungsobliegenheit F 63 — bei Verletzung der Untersuchungsobliegenheit F 62 — im Rahmen der wAnzpfl F 22 Gefahrtragung — als Hauptleistung des Krankenvers G 2 zeitliche Begrenzung der — G 5 Gefahrumstände Begriff F10 Erheblichkeit FIO Einteilung der - F 1 3 - F 1 8 anzpflichtige Umstände F15 — aus Umfeld der Gefahrsperson F17 Gesundheitsfragen F14 nicht anzpflichtige Umstände F16 zeitliche Begrenzung der Gesundheitsfragen F14 Erläuterung der — durch Ver und/oder Agenten F11

Kenntnis der — F 20 bei Gefahrsperson F 22 bei (gesetzlichem) Vertreter F 22 bei Interessenten F19—F 23 bei Ver F 24 bei Wissensvertreter F 20 Kenntnis der Unrichtigkeit der Anzeige F 23 Geheimnisschutz F 26 „gemischte Anstalt" Leistungsbegrenzung für Behandlung in — in der Krankheitskostenv G 28 — in der Krankentagegeldv G 53 Grundbedingungen A 39, A 42—A 44 Gruppenvsverträge Β 10, H 2, H 9 Verfügungsrecht des Gruppenmitgliedes in der Krankheitskostenv H 10 — bei Summenvsverträgen H 11 H Hebammen G17 Heilbehandler G11 - G14 ausgeschlossene — G 31 Heilbehandlung durch Ehegatten oder Verwandte G 32 —sbedürftigkeit G 38 medizinisch notwendige — G 4, G 7— G17 stationäre — G13 — als Voraussetzung der Arbeitsunfähigkeit F 63, G 50 wissenschaftlich allgemein anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden G 8, G 29 Heilberufe handwerkliche — G17 nichtärztliche - G 1 5 - G 1 7 Heilpraktiker Heilbehandlung durch - G 8, G14 Heil- und Hilfsmittel G17 Herabsetzung der Vertragspflichten durch Ver C21, G 54 Herbeiführung des Vsfalls A14, G19 Hilfskassengesetz A 3, A 24, F 40 Homöopathie als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode G 8 I Inhaltskontrolle — des durch AVB festgelegten Leistungsrahmens G 4 — des Begriffs des Vsfalls in der Krankenhaustagegeldv G 46 in der Krankentagegeldv G 51 — von vertraglichen Obliegenheiten F47a

Wriede

Κ 479

Sachregister

Ink

— von vertraglichen Risikoausschlüssen G18-G35 Inkassogebiihren E 5 Interesse, vtes F 5, G 67 Fehlen des — bei Krankheitskostenv H 8 Fehlen des — bei Summenfremdv für eigene Rechnung des Vmers H 7 — im weiteren Sinne in der Summenfremdv für eigene Rechnung des Vmers H5 Κ Karenzzeit — in der Krankenhaustagegeldv G 46 — in der Krankentagegeldv G 50 Kausalität konkurrierende — zwischen eingeschlossenen und ausgeschlossenen Ursachen G 36 zwischen verschiedenen Gesundheitsstörungen bei gegebenem Vsfall G 38 Klagfrist G 74 Klarstellungsfunktion von Vertragsklauseln G9 „Klinik Card" G 40, G 66, G 74 Kongruenz zwischen Leistungen Dritter und des Vers G 34, G 67 Konkurs des Vers A 25, D 21 Kosten der Rechtsverfolgung außerhalb eines Rechtsstreits F 61 Krankenfremdv Begriffsbildung der AVB, Auslegung H 3 — für eigene Rechnung des Vmers F 5, H4-H5 — für fremde Rechnung F 5, F 54, H 9 — H11 Krankengymnast G17 Krankenhaus begriffliche Voraussetzungen nach den AVB G 13 Vertrag über -behandlung G13 Krankenhaustagegeldv Anzeigeobliegenheiten nach Beginn eines Vsfalls F 60 Rechtsfolgen ihrer Verletzung F 64 vor Beginn eines Vsfalls F 49 Unterlassungsobliegenheiten vor Beginn eines Vsfalls F 50 Rechtsfolgen der Verletzung beider Obliegenheiten F 51 - F 54 — für eigene Rechnung H 5 vte Gefahr, Vsfall in der - G 46 Vertragsgefahr in der — F18 Krankenpflege (i.S. von § 1 I NoB) G 8 Krankentagegeldv Anzeige eines Berufswechsels oder Wegfalls der Vsfähigkeit F 56

Κ 480

Anzeige einer Einkommensminderung F 57 Anzeigeobliegenheiten nach Beginn des Vsfalls F 60 Rechtsfolgen bei Verletzung dieser Obliegenheiten F 64 Anzeigeobliegenheiten vor Beginn des Vsfalls F 49 Unterlassungsobliegenheit vor Beginn des Vsfalls F 56 Rechtsfolgen bei Verletzung dieser Obliegenheiten F 51 — F 54 Begriff der - Β 6 — für eigene Rechnung des Vmers Η 5 Vsfall in der - G 51 vte Gefahr in der — G 50 Vertragsgefahr in der — F18 Krankheit Begriff in der P K V G 6 als Bestandteil der vten Gefahr G 6 Krankheitskostenv Anzeigeobliegenheiten nach Beginn des Vsfalls F 60 Auskunfts- und Belegobliegenheiten F 61 Rechtsfolgen bei Verletzung dieser Obliegenheiten F 64 Anzeigeobliegenheiten vor Beginn des Vsfalls F 49 Rechtsfolgen bei Verletzung F 51 — F 54 Begriff der - Β 6 Kriegsereignisse Beteiligung an — G 21 Kündigung Bpgriff und Wirkung D 29 durch Ver D 4 3 - D 46 außerordentliche — D44—D46 ordentliche D 43 wegen objektiver Gefahrerhöhung F 43 wegen Verletzung der Gefahrstandspflicht F 42 wegen Verletzung der wAnzpfl F 32 durch V m e r D 3 7 - D 4 2 außerordentliche - D 3 8 - D 4 2 ordentliche - D37 wegen einseitiger Vertragsänderung durch den Ver D 41 wegen Eintritts der Vspflicht D40 wegen teilweiser Vertragsaufhebung durch Ver D42 —serklärung D 31 — D 35 Form D 32 - durch Ver D 34 — durch Vmer D 33 Inhalt der - D 31

Wriede

Großbuchst, u n d Ziffer = A n m . [...] Rechtzeitigkeit und Befristung der - D35 —sfalle D30 Rechtslage bei unwirksamer — D 36 Kurortklausel s. auch Sanatoriumsklausel in Krankentagegeldv G 50

Obi

Verringerung des — als Gefahrerhöhung F 43, F 44 Nichtigkeit des Vertrages D 49 Normativbedingungen A 38, A 41 O

L Leistungspflicht des Vers Beginn der - D 5 - D 1 2 Ende der - D 1 7 - D 4 9 in der Krankentagegeldv G 63 Leistungszusage des Vers für Behandlung in „gemischter Anstalt" G 28 M Masseur G17 Mehrfachv als gefahrerheblicher Umstand F18 gesetzliche Obliegenheit bei — A12, F 45 Rechtslage bei — G 66 vertragliche Obliegenheiten bei — F 48 — F 55 Anzeigeobliegenheiten F 49 Zustimmungserfordernis F 50 Rechtsfolgen bei Verletzung dieser Obliegenheiten F 51 - F 55 Mitgliedschaft in WaG C6 Musterbedingungen für die Krankheitskostenv A 40, A 45, I. Anhang für die Krankentagegeldv II. Anhang Mutterschutz Risikoausschluß in Krankentagegeldv G 50 Beweislast für — G 52 Ν Nachuntersuchung bei Krankentagegeldvsverträgen F 61 Nebenabreden C 5 Nebenpflichten des Vers zur Ausstellung des Vsscheins C 27 Erstattung von Ermittlungskosten G 71 Erteilung von Hinweisen, Auskünften und Belehrungen G 70 Hergabe von Abschriften G 69 Vorlage von Urkunden G 69 des Vmers E 5 Nettoeinkommen Anzeigeobliegenheit bei Verringerung des - F 57 Begriff des - G 53

Obliegenheiten Begriff der - F 2 — nach Beginn des Vsfalls F 59 — F 64 Anzeige— F 60 Auskunfts- und Beleg— F61 — zur Schadensminderung A15, F 63, G 33 — zur Untersuchung F 62 Rechtsfolgen bei Verletzung dieser —, „Relevanzrechtsprechung" F 64 — vor Beginn des Vsfalls vorbeugende gesetzliche — F45 — F46 Abwendungs— A15, F 46, G19 Anzeige— bei Mehrfachv F45 vorbeugende vertragliche — F47— F 58 Abgrenzung von Risikobeschränkungen F 47 Anzeige— bei Mehrfachv F49 Zustimmungserfordernis bei Mehrfachv F 50 Rechtsfolgen bei Verletzung dieser - F 5 1 - F 55 Nachweis der Bedeutungslosigkeit der Verletzung F 53 Konkurrenz mit §§23—29 W G F 51 Rechtslage bei Fremdv für eigene und fremde Rechnung F 54 Beweislast F 55 wAnzpfl F4—F36 anzpflichtige Personen F 5 deren Vertretung F 5, F 30— F31 — bei Vertragsänderung F 32 Empfanger der Anzeigen F 6 Erfüllung der Anzpfl Tatbestand F 8 Zeitpunkt F 7 Form der — F 9 — bei Gefahrerhöhung vor Vertragsschluß F 8 Gefahrslage günstiger als angezeigt F 35 nicht schuldhafte Verletzung der — F 34

Wriede

Κ 481

Sachregister

Pfá

Rechtsfolgen bei Nicht- oder Falschanzeige F19, F 2 9 - F 3 3 objektiver Tatbestand F 30 subjektiver Tatbestand F 31 teilweise Verletzung der — F 33 Anfechtung wegen arglistiger Täuschung D48 Rücktritt D47 außerordentliche Kündigung F 32 Ρ Pfändbarkeit der Forderungen gegen den Ver A 28, G 65 Berücksichtigung von Prämienzahlungen bei Berechnung des pfändbaren Teils von Arbeitseinkommen A 29 Pflegebedürftigkeit G 35 Prämie Begriff der — E 6 Erfüllung der —schuld E13 —E 15 Zahlungssurrogate E14 Zeitpunkt und Inhalt E13 Erstprämie, Fälligkeit und Stundung E10 Folgeprämie, Fälligkeit und Stundung Ell Nichterfüllung der Prämienschuld E16— E 25 — der Erstprämie E18 —E 20 Einfluß auf Gefahrtragung des Vers E19 Rücktrittsrecht des Vers E 20 — der Folgeprämie E 21 — E 25 Einfluß auf Gefahrtragung des Vers E 24 Kündigungsrecht des Vers E 25 Mahnverfahren E 22 qualifizierter Verzug E 23 Prämiengläubiger E 9 Prämienschuldner E 8 Prämienrückgewähr G 68 bei Mehrfachv G 67 — und Anzeige des Vsfalls F 60 Psychotherapeut Behandlung durch — G14 R Rauschmittelklausel F 47, G 20 Rechtsquellen des Krankenvsvertrages gesetzliche — A3—A 31 vertragliche — A 36—A 45 Rehabilitation G 28 — sklausel in der Krankentagegeldv G 50 Risiko, subjektives F18

Κ 482

Risikoausschlüssc Abgrenzung zu vertraglichen vorbeugenden Obliegenheiten F 47 auf bestimmte Ursachen abstellende — G19 —G 24 auf bestimmte oder in bestimmter Zeit eintretende Gesundheitsstörungen abstellende - G 2 5 - G 27 Begrenzung der Leistungen des Vers nach der Art der Aufwendungen und der Höhe nach G 2 8 - G 35 — im allgemeinen G18 — in der Krankenhaustagegeldv G 46 — in der Krankentagegeldv G 50 — und primäre Gefahrumschreibung G 9 Wartezeit kein — G 5 Risikolage Abweichen der tatsächlichen von der angezeigten — F 28 —F 36 — günstiger als angezeigt F 35 — ungünstiger als angezeigt F 29 — F 34 Rücktritt vom Krankenvsvertrag D 47, E 20 Ruhen des Vertrages C 22 S Sanatoriumsklausel F 47, G 28, G 50 Schaden Begriff des - G 3, G 38 Schadensersatz Recht des Vers auf — F 64 Recht des Vmers auf — C15 Schwangerschaft -sabbruch und vte Gefahr G 25, G 43, G 50 — als Ursache einer Arbeitsunfähigkeit G 50 Beweislast für — in Krankentagegeldv G 52 Schwangerschaftsbeschwerden als Risikoausschluß G 25 als Vsfall G 43 Schwangerschaftsuntersuchung als fiktiver Vsfall G 43 Schweigepflicht Entbindung von der — F 26, F 62 Selbstbeteiligung bei Mehrfach- oder Doppelv G 67 Siechenfälle Behandlung von — keine Heilbehandlung G 8, G 35 Sterbegeld als Leistung des Krankenvers G 62 Straftaten Begehen von — als Gegenstand von Risikoausschluß G 23 keine Obliegenheitsverletzung F 47 subjektives Risiko F18

Wriede

Weg

Großbuchst, u n d Ziffer = A n m . [...] Subsidiaritätsklauseln G 34 Sucht Gesundheitsstörungen durch — G19, G 20 Summenvsverträge A4, G44—G62, H5 Τ Teilnahme an Kampfhandlungen als Gegenstand von Risikoausschluß, keine Obliegenheitsverletzung F 47, G 21 an Wettkämpfen als Gegenstand von Risikoausschluß, keine Obliegenheitsverletzung F 47, G 22 Tod Beendigung des Vsvertrages, Wegfall des vten Interesses bei - D 19, G 59, H 7 Trunksucht als gefahrerheblicher Umstand F17 als Risikoausschluß G 20 U Überbringerklausel G 40 Übergang von Ersatzansprüchen A19, G 64 Übergang von Leistungsansprüchen A 31 Übennaßklausel G 33 Übertritt aus Rechtsverhältnissen mit Anspruch auf Heillursorge D i l Unfall Begriff G 24, G 34 —Verletzung als Bestandteil der primären Gefahrbeschreibung G 6 Unruhen Beteilugung an — als Risikoausschluß G21 Unterbringung G 35 Untersuchung, ärztliche Obliegenheit zur — F 62 V Verbriefung des Krankenvsvertrages C 26 — C33 Verdienstausfall Vs gegen — G 49 Vergleichsverfahren kein — über das Vermögen beaufsichtigter Ver A 27 Verjährung — der Forderungen gegen Ver G 72 — der Forderungen gegen Vmer E 26 Verpfandung des Leistungsanspruchs gegen Ver G 65 Vsagenten Beschränkung der gesetzlichen Vertretungsmacht der — F 60 Erläuterungen durch — bei Antragsfragen F 11

Mitwirkung von — bei Beantwortung von Antragsfragen F 31 Vsfähigkeit Anzeige wegen Wegfalls der — F 56 Begriff der - C 4 Ende des Krankentagegeldvsvertrages bei Wegfall der - G 56 Vsfall Beginn des — G 38 Begriff des - G 38 fiktiver - G 4 1 - G 43 Herbeiführung des — G19 — in der Krankenhaustagegeldv G 46 — in der Krankentagegeldv G 51 V für fremde Rechnung — bei Krankheitskostenv H 10 — bei Mehrfachv F 54 — bei Summenv H 11 — und eigene Rechnung in einem Vertrag H12 Vter mit wAnzpfl belastet F 5 Vsschein Anspruch auf — C 27 rechtliche Bedeutung des — C 33 Vssteuer E 5 Vsvertrag Dauer des - D 1 - D 4 9 einseitige Änderung des — durch Ver C21, F43, G54 vereinbarte Änderung des — C18—C20 Ein- oder Ausschluß von Gefahrsperson C 20 Tarifwechsel, Abschluß von Zusatzverträgen C19 Vertragsgefahr — als gefahrerheblicher Umstand F18 — bei Gefahrerhöhung F 41 Verwahrung G 35 Verwirkung — der Forderungen gegen den Ver G 73 — der Forderungen gegen den Vmer E 27 VoUv Β 5 Vorsorgeuntersuchung als fiktiver Vsfall G 42 Vorteilsausgleichung G 39 wAnzpfl s. Obliegenheiten W Wartezeit Anrechnung von — D i l Erlaß von - D i l , G27 Funktion der — G 5 —erkrankung G 27 Wegfall der vten Gefahr A 20 Wegzug aus dem Tätigkeitsgebiet des Vers als Beendigungsgrund in der Krankentagegeldv G 60

Wriede

Κ 483

Weh

Sachregister

Wehrdienstbeschädigung als Risikoausschluß G 21 Wettkampf Begriff G 22 Teilnahme an — als Risikoausschluß G 22 WiederinkraftsetzeD eines beendeten Vertrages C23 Wissensvertreter F 20

Κ 484

Wohnsitzklausel in der Krankentagegeldv G10, G 50

Zahnarzt Behandlungsvertrag mit — G 1 2 Voraussetzungen für Tätigkeit als — nach den AVB G12 Zusatzv Β 5, C19

Wriede