Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und Allgemeine Versicherungsbedingungen unter Einschluß des Versicherungsvermittlerrechts: Band 3 Feuerversicherung [Reprint 2012 ed.] 9783110891539, 9783899490114

"[...] Er besticht durch Klarheit, Prägnanz und Übersichtlichkeit. [...] Für alle, die sich in der Rechtspraxis und

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Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und Allgemeine Versicherungsbedingungen unter Einschluß des Versicherungsvermittlerrechts: Band 3 Feuerversicherung [Reprint 2012 ed.]
 9783110891539, 9783899490114

Table of contents :
Abkürzungen
Einleitung (weitere Untergliederung vor Einl. 1)
A. Überblick
I. Einteilung
II. Rechtsgrundlagen
III. Geschichte (weitere Untergliederung vor A 1)
B. Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages
I. Überblick
II. Mehrere Versicherer
III. Öffentlichrechtliche Monopolanstalten
IV. Öffentlichrechtliche Wettbewerbsanstalten (Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung)
V. Nebenpersonen auf Versicherungsnehmerseite (weitere Untergliederung vor B 1)
C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung
I. Versichertes Risiko
II. Versicherte Gefahr
III. Versicherte Schadensart
IV. Versichertes Interesse (weitere Untergliederung vor C 1)
D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages
I. Versicherungspflicht
II. Vertragsschluß
III. Verbriefung (weitere Untergliederung vor D 1)
E. Dauer des Versicherungsschutzes
I. Vorbemerkung
II. Regelung langfristiger Versicherungsverträge durch §8 (weitere Untergliederung vor E 2)
III. Kündigung nach dem Versicherungsfall gemäß § 96 (weitere Untergliederung vor E 13)
F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers
Schrifttum
Vorbemerkung
I. Prämienhöhe
II. Fälligkeit der Prämie
III. Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Prämie
G. Obliegenheiten
Vorbemerkung
I. Vorvertragliche Anzeigepflicht (weitere Untergliederung vor G 2)
II. Gefahrerhöhung (weitere Untergliederung vor G 24)
III. Vertragliche Obliegenheiten, die vor Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllen sind (weitere Untergliederung vor G 75)
IV. Anzeige weiterer Versicherungen (weitere Untergliederung vor G 91)
V. Anzeige der Veräußerung der versicherten Sache (weitere Untergliederung vor G 94)
VI. Anzeige des Versicherungsfalles (weitere Untergliederung vor G 97)
VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit (weitere Untergliederung vor G 115)
VIII. Schadensabwendungs- und -minderungspflicht (weitere Untergliederung vor G 148)
H. Rechtspflichten des Feuerversicherers
I. Hauptpflichten des Feuerversicherers (weitere Untergliederung vor H 1)
II. Nebenpflichten des Feuerversicherers (weitere Untergliederung vor H 240)
J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag
I. Der Schutz der Realgläubiger
II. Versicherung für fremde Rechnung
III. Der Regreßverzicht der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadenereignissen (RVA)
K. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung
Schrifttum
I. Grundlagen
II. Versicherungsort
III. Summenmäßige Begrenzung der Leistungspflicht des Versicherers
IV. Haftzeit
V. Entgangener Geschäftsgewinn
VI. Kosten
VII. Rettungskosten
Sachregister

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Großkommentare der Praxis

w _G_ DE

RECHT

BRUCK-MÖLLER Kommentar zum

Versicherungsvertragsgesetz und zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen unter Einschluß des Versicherungsvermittlerrechtes begründet von Prof. Dr. jur. E R N S T B R U C K f 8. Auflage herausgegeben von Prof. Dr. jur. h. c. HANS M Ö L L E R f Prof. Dr. jur. K A R L SIEG f Rechtsanwalt Dr. jur. R A L F J O H A N N S E N Dritter Band Feuerversicherung von Prof. Dr. KARL SIEG f Dr. R A L F J O H A N N S E N Rechtsanwalt zu Hamburg Dr. K A T H A R I N A J O H A N N S E N Vors. Richterin am Hanseatischen OLG a. D.

W DE G_ RECHT

2002 DE GRUYTER R E C H T · BERLIN

Zitiermethode Bruck-Möller-Sieg-Johannsen W G Bd. III

Hinweis an die Bezieher der 8. Auflage: Um den Beziehern in gebundener Form eine vollständige und gleichermaßen aktuelle Kommentierung der Feuerversicherung anbieten zu können, haben Verfasser und Verlag sich entschlossen, eine Ergänzung der von Karl Sieg bearbeiteten ersten Lieferung zur Feuerversicherung vorzulegen, die die zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderungen berücksichtigt. Die Erstbearbeitung von Karl Sieg (Lieferung 1 von 1985) wird daher nicht mehr in den Band 3 aufgenommen.

Die Deutsche Bibliothek

-

CIP-Einheitsaufnahme

Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz und zu den allgemeinen Versicherungsbedingungen unter Einschluss des Versicherungsvermittlerrechtes / begr. von Ernst Bruck. Hrsg. von Hans Möller ... - Berlin ; New York : De Gruyter Recht (Grosskommentare der Praxis) Bd. 3. Feuerversicherung / von Karl Sieg ... - 8. Aufl. - 2 0 0 2 ISBN 3-89949-011-8 (De Gruyter Recht) ISBN 3-11-008351-5 (de Gruyter)

© Copyright 2002 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, 10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz: WERKSATZ Schmidt & Schulz GmbH, Gräfenhainichen Druck: H. Heenemann GmbH & Co., Berlin Bindearbeiten: Lüderitz 8c Bauer GmbH, Berlin

Vorwort Die erste Lieferung zur Feuerversicherung von Prof. Dr. Karl Sieg stammt aus dem Jahre 1985. Die Verfasser mussten diesen Teil des Kommentars mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich eingetretene Rechtsänderungen aktualisieren und ergänzen. In dieser ergänzten Form wird er Teil des Gesamtbandes. Unsere Bemerkungen zu den von Sieg bearbeiteten Teilen Α - D folgen jeweils den einzelnen Anmerkungen und sind dadurch optisch hervorgehoben, dass sie umrandet sind. Insbesondere war zu berücksichtigen, dass durch die Umsetzung der 3. EG-Richtlinien durch das Gesetz v. 21. VII. 1994 (BGBBl.I S. 1630) die Vorabkontrolle der Bedingungswerke durch das BAA entfallen ist. Zwar werden die zuvor genehmigten Bedingungswerke in der Praxis noch weitgehend verwendet. Es sind aber am Versicherungsmarkt durchaus abweichende Bedingungswerke anzutreffen. Es muss deshalb in jedem Fall sorgsam geprüft werden, welche Vertragsbedingungen dem betreffenden Versicherungsvertrag zugrunde liegen. Entgegen der ursprünglichen Absicht von Sieg haben wir uns entschlossen, wegen der Bedeutung dieser Versicherungszweige auch die Hausrats- und Gebäudeversicherungsbedingungen mit zu kommentieren, soweit es sich dabei um das Feuer- und Explosionsrisiko handelt. Ein Wettbewerbsdruck ist am deutschen Versicherungsmarkt insbesondere dadurch entstanden, dass zugleich mit der Einführung der Bedingungsfreiheit auch die nicht mehr zeitgemäßen Gebäudeversicherungsmonopole der öffentlich-rechtlichen Feuerversicherer entfallen sind. Zwar hat dieser Wettbewerb sich in erster Linie durch Prämienunterbietungen ausgewirkt. Es ist aber nicht zu leugnen, dass gleichzeitig auch Bedingungsänderungen zu Gunsten der Versicherungsnehmer auf den Versicherungsmarkt gekommen sind. Erheblichen Einfluss auf den Vertragsschluss in der Feuerversicherung haben die zusammen mit der Bedingungsfreiheit zum Schutze der Versicherungsnehmer neu geschaffenen §§ 5 a W G und 10 a W G gewonnen. Die kritische Einstellung, die Sieg gegenüber einer Überprüfung von Versicherungsbedingungen nach AGB-Grundsätzen eingenommen hat, teilen wir nicht. Die Verfasser bejahen die gesetzliche Grundkonzeption vielmehr uneingeschränkt. Ungeachtet dessen, dass manche Bedingungsverbesserungen am Versicherungsmarkt festgestellt werden können, ist immer wieder zu konstatieren, dass Angemessenheitskontrollen zu Gunsten des Versicherungsnehmers dringend vonnöten sind. Das kann z. B. auch der Fall sein, wenn ausländische Bedingungswerke übernommen werden, in denen traditionell überkommene Rechtsgrundssätze zum Schutz des Versicherungsnehmers nicht beachtet werden. Hervorzuheben ist im Übrigen, dass sich durch die im Zuge der Schuldrechtsreform erfolgte Einarbeitung des A G B G in das B G B (§§ 305310 n.F.) keine wesentliche Änderung der Auslegungsgrundsätze ergeben hat. Wir danken Herrn Dr. Werner Asmus für seine tatkräftige Unterstützung. Manche Kapitel sind durch sein reichhaltiges Wissen, das er uns zur Verfügung gestellt hat, entscheidend mit geprägt worden. Katharina und Ralf Johannsen Hamburg, d. 31.12.2001

V

Inhaltsübersicht Weitere Untergliederungen sind den einzelnen mit großen Buchstaben bezeichneten Unterabschnitten vorangestellt.

Feuerversicherung Anm.

Abkürzungen

Seite

XI-XII

Einleitung (weitere Untergliederung vor Einl. 1)

Einl. 1-7

A. Überblick I. Einteilung II. Rechtsgrundlagen III. Geschichte (weitere Untergliederung vor A l )

A 1-63 A 1-11 A12—48 A 49-63

5-201 6-11 12-196 196-201

Β Β Β Β

1-40 1- 4 5-15 16-28

203-222 203-206 206-211 212-217

Β 29-34 Β 35-40

217-220 220-222

C 1-56 C 1 C 2- 7 C 8-19 C 20-56

223-253 224 224-227 227-234 234-253

D 1-52 D 1-19 D 20-45 D 46-52

255-291 256-262 263-287 287-291

B.

Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages I. Überblick II. Mehrere Versicherer III. Öffentlichrechtliche Monopolanstalten IV. Offentlichrechtliche Wettbewerbsanstalten (Feuerund Betriebsunterbrechungsversicherung) V. Nebenpersonen auf Versicherungsnehmerseite (weitere Untergliederung vor Β 1) C.

Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung I. Versichertes Risiko II. Versicherte Gefahr III. Versicherte Schadensart IV. Versichertes Interesse (weitere Untergliederung vor C 1) D.

Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages I. Versicherungspflicht II. Vertragsschluß III. Verbriefung (weitere Untergliederung vor D l )

1-

3

VII

Inhaltsübersicht Anm.

E. Dauer des Versicherungsschutzes I. Vorbemerkung II. Regelung langfristiger Versicherungsverträge durch § 8 (weitere Untergliederung vor E 2) III. Kündigung nach dem Versicherungsfall gemäß § 96 . . (weitere Untergliederung vor E 13)

E E E

F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers Schrifttum Vorbemerkung I. Prämienhöhe II. Fälligkeit der Prämie III. Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Prämie

Seite

1-19 1 2 - 12

293-316 293-295 295-307

E 13- 19

308-316

F 1 - 13 F 1 F 2 F 3- 9 F 10 F 11- 13

317-337 317 317-318 318-330 330-331 331-337

G. Obliegenheiten Vorbemerkung I. Vorvertragliche Anzeigepflicht (weitere Untergliederung vor G 2) II. Gefahrerhöhung (weitere Untergliederung vor G 24) III. Vertragliche Obliegenheiten, die vor Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllen sind (weitere Untergliederung vor G 75) IV. Anzeige weiterer Versicherungen (weitere Untergliederung vor G 91) V. Anzeige der Veräußerung der versicherten Sache . . . . (weitere Untergliederung vor G 94) VI. Anzeige des Versicherungsfalles (weitere Untergliederung vor G 97) VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit (weitere Untergliederung vor G 115) VIII. Schadensabwendungs-und-minderungspflicht . . . . (weitere Untergliederung vor G 148)

G G G

1-166 1 2 - 23

339-496 339-340 341-362

G 24- 74

362-402

G 75- 90

402—419

G 91- 93

419-422

G 94- 96

422^25

G 97-114

425-439

G 115-147

439^76

G 148-166

476—496

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers I. Hauptpflichten des Feuerversicherers (weitere Untergliederung vor H l ) II. Nebenpflichten des Feuerversicherers (weitere Untergliederung vor H 240)

H H

1-243 1-239

497-810 497-805

H 240-243

805-810

J. I. II. III.

J 1-149 J 1 - 99 J 100-139

811-925 811-884 885-919

J 140-149

919-925

Κ Κ Κ Κ

927-983 928 928-937 937-939

Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag . Der Schutz der Realgläubiger Versicherung für fremde Rechnung Der Regreßverzicht der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadenereignissen (RVA)

K. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung Schrifttum I. Grundlagen II. Versicherungsort VIII

. .

1 - 45 1 2- 7 8 - 11

Inhaltsübersicht Anm.

III.

Summenmäßige Begrenzung der Leistungspflicht des . Versicherers IV. Haftzeit V. Entgangener Geschäftsgewinn VI. Kosten VII. Rettungskosten Sachregister

Seite

Κ 12- 16

940-945

Κ Κ Κ Κ

945-946 946-966 966-981 981-983

17 18- 30 31- 43 44- 45

985-994

IX

Abkürzungen Ergänzung zu Bruck-Möller Bd. I S. XV-XVII ABAG AG1B AMB AMBU AFB 30 AFB 87 AP BAA BAV EC ECB EWiR FBU FBUB FHB GB GDV HdV HWiG InsO JRPV KSchG MFBU NVersZ N W I G 80 NwSoBedluG NwSoBedlG NZV OGH r+s RVA S G I N 79 S G I N 88 UW

Allgemeine Bedingungen für die Dynamische Sachv des Gewerbes und freier Berufe Allgemeine Bedingungen für die Glasv Allgemeine Maschinenvsbedingungen Allgemeine Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Vsbedingungen Allgemeine Feuervsbedingungen aus dem Jahre 1930 Allgemeine Feuervsbedingungen aus dem Jahre 1987 Arbeitsrechtliche Praxis Hueck-Nipperdey-Dietz Nachschlagewerk des B A G Bundesaufsichtsamt für das Vswesen Bundesaufsichtsamt für das Vswesen Extended Coverage Bedingungen für die V zusätzlicher Gefahren zur Feuerv für Industrie- und Handelsbetriebe Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Feuer-Betriebsunterbrechungsv Allgemeine Feuer-Betriebsunterbrechungs-Vsbedingungen Bedingungen für die Feuerhaftungsv Geschäftsbericht des Bundesaufsichtamtes für das Vswesen Gesamtverband der Vswirtschaft Handwörterbuch der V - herausgegeben von Farny, Helten, Koch und Schmidt Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften Insolvenzordnung Juristische Rundschau für die Privatv KündigungsschutzG Sonderbedingungen für die Mittlere Feuer-Betriebsunterbrechungsv Neue Zeitschrift für V und Recht Sonderbedingungen für die Neuwertv von Industrie und Gewerbe Sonderbedingungen für die Neuwertv von Industrie und Gewerbe Fassung 1968 Sonderbedingungen für die Neuwertv landwirtschaftlicher Gebäude Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Österreichischer Oberster Gerichtshof recht und schaden Informationsschrift für Vsrecht und Schadenersatz RegreßVerzichtsabkommen der Feuerver Sonderbedingungen für die Gleitende Neuwertv von Wohn-, Geschäfts- und landwirtschaftlichen Gebäuden Sonderbedingungen für die Gleitende Neuwertv von Gebäuden Unfallverhütungsvorschriften XI

Abkürzungen

VGB 62 VGB 88 VHB 84 VHB 92 VerbrKrG ZFBUB ZFgA 81a ZfS ZKBU 80

XII

Allgemeine Bedingungen für die Neuwertv von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungswasser- und Sturmschäden 1962 Allgemeine Wohngebäude-Vsbedingungen 1988 Allgemeine Hausratsvsbedingungen 1984 Allgemeine Hausratsvsbedingungen 1992, auch Fassung 1995 Verbraucherkreditgesetz Zusatzbedingungen zu den Feuer-Betriebsunterbrechungsvsbedingungen Zusatzbedingungen für Fabriken und gewerbliche Anlagen Zeitschrift für Schadensrecht Zusatzbedingungen für die einfache Betriebsunterbrechungsv (Klein-BU-V)

Feuerversicherung Einleitung Gliederung: I. Zitierweise Einl. 1 II. Schrifttum Einl. 2 1. Feuerv allgemein Einl. 3 2. Waldbrandv Einl. 4

3. Hypothekeninteressev Einl. 5 4. Feuerbetriebsunterbrechungsv Einl. 6 5. Mietverlustv Einl. 7

[Einl. 1] I. Zitierweise Die folgenden generellen Darstellungen des Vsrechts werden im Text abgekürzt zitiert: Bruck = Das Privatvsrecht, Mannheim - Berlin - Leipzig 1930 Bruck 7. Aufl. = Reichsgesetz über den Vsvertrag, 7. Aufl., Berlin - Leipzig 1932 Ehrenzweig = Deutsches (österreichisches) Vsvertragsrecht, Wien 1952 Eichler = Vsrecht, 2. Aufl., Karlsruhe 1976 Gerhard-Hagen = Kommentar zum Deutschen Reichsgesetz über den Vsvertrag, Berlin 1908 von Gierke I, II = Vsrecht, 2 Hälften, Stuttgart 1937,1947 Hagen I, II = Das Vsrecht (in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, 8. Band 2 Abteilungen), Leipzig 1922 Kisch II, III = Handbuch des Privatvsrechts, 2. Band: Die Lehre von der Vsgefahr, München-Berlin-Leipzig 1920, 3. Band: Die Lehre von dem Vsinteresse, München-Berlin-Leipzig 1922 Martin = Sachvsrecht, Kommentar, München 1982 Prölss-Martin 23 = Vsvertragsrecht, 23. Aufl., München 1984 Wenn im übrigen Autoren ohne Angabe ihres Werks zitiert werden, bezieht sich die Fundstelle auf den vorliegenden Kommentar. Als Materialsammlung von großem Wert ist das Handbuch der Allgemeinen Sachv zu erwähnen, herausgegeben vom Fachausschuß Allgemeine Sachv im Verband der Sachver e.V., Loseblatt, begonnen Karlsruhe 1979. Die Veröffentlichungen des Aufsichtsamts werden wie folgt zitiert: VA bis 1945 und ab 1952 (teilweise auch VerBAV) Veröff. Vw 1947-1952 VerBAV ab 1952 Zu Einl. 1: B K = Berliner Kommentar zum Vsvertragsgesetz Berlin 1999 Martin 3 = Martin Sachvsrecht 3. Aufl. München 1992 Prölss-Martin 26 = Vsvertragsrecht 26. Aufl. München 1998 Sieg/Johannsen

1

Anm. A

Feuerversicherung

Prölss V A G 1 1 = K o m m e n t a r z u m Vsaufsichtsgesetz 11. Aufl. M ü n c h e n 1 9 9 7 R ö m e r - L a n g h e i d = Vsvertragsgesetz K o m m e n t a r M ü n c h e n 1 9 9 7 Weyers 2 = Vsvertragsrecht 2. Aufl. N e u w i e d 1995 [ E i n l . 2 ] II. S c h r i f t t u m : D i e folgende U b e r s i c h t b e s c h r ä n k t sich b e w u ß t auf das n e u e r e S c h r i f t t u m und innerhalb seiner auf Darstellungen der gesamten F e u e r - und B e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g s v mit ihren U n t e r a r t e n . F ü r das ältere S c h r i f t t u m wird verwiesen auf die Z u s a m m e n s t e l lung v o n K o c h , E i n f ü h r u n g in das V s s c h r i f t t u m , W i e s b a d e n 1965, S. 1 5 6 - 1 6 0 , vgl. auch B r a e ß - G . S c h m i d t , Vswirtschaftliches Studienwerk, 3. Aufl., W i e s b a d e n 1982, H e f t 4 1 S. 7 0 - 7 1 . [Einl. 3] 1. Feuerversicherung allgemein Blanck, „Feuerv" in 50 Jahre materielle Vsaufsicht, Bd 2, Berlin 1952 S. 161 ff., Boldt, Die Feuerv nach den A F B , V H B 74, V G B und F B U B , 3. Aufl., Karlsruhe 1981 (vgl. unten MeyerBlanck), Braeß-G. Schmidt, „Feuerv" in Vswirtschaftliches Studienwerk, 3. Aufl., Wiesbaden 1982 Heft 41 S. 1-71 und Anhang, Büchner (Franz), „Feuerv" in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd 3, Stuttgart-Tübingen-Göttingen 1961, S. 512ff., Dreger, Das neue Klauselwerk der Feuer- und Feuerbetriebsunterbrechungsv, VerBAV 1970 S. 3 5 - 4 4 , Engels, Vorteilhafte Betriebsfeuerv, Freiburg 1978, Feldmann-Heß, Einführung in die Industriefeuerv, Karlsruhe 1976, Helmer, „Feuerv" in Handwörterbuch des Vswesens, Bd 1, Darmstadt 1958 Sp. 608-637, Kalkbrenner, Wörterbuch der Feuerv und Brandschutztechnik, deutsch-englische Ausgabe, Karlsruhe 1980, Littmann, „Feuerv" in Handwörterbuch der Betriebswirtschaft Bd 1, Stuttgart 1956, Sp. 1774 ff., Meyer-Blanck, A B C der Feuervspraxis, 4. Aufl., Karlsruhe 1970 (Anschluß: Boldt, s. oben), Ollick, Das neue Klauselheft für die nichtindustrielle Sachv, VerBAV 1982 S. 36-56, 125-133, 171-179, Raiser, Kommentar der A F B , 2. Aufl., Berlin 1937, Schmidt-Boeck, Das Recht der öffentlichrechtlichen Sachv, 3. Aufl., Karlsruhe 1979, Wussow, Feuerv, 2. Aufl., Dornheim 1975. Zu Einl. 3: Boldt 5 Die Feuerv 5. Aufl. Karlsruhe 1989 Boldt 7 Die Feuerv 7. Aufl. Karlsruhe 1995 Dietz 2 Wohngebäudev 2. Aufl. Karlsruhe 1999 Falckenberg Die Gefahrendeckung in der privaten Feuerv in Deutschland, Osterreich, der Schweiz und den Niederlanden Diss. Hamburg 1972 Herdt Die mehrfache Kausalität im Vsrecht Diss. Karlsruhe 1978 Josten-Horn Die Feuer-Industrie-V Karlsruhe 1999 Matzen Die moderne Neuwertv im Inland und Ausland Karlsruhe 1970 Wälder Feuerv I und II Vswirtschaftliches Studienwerk Wiesbaden 1995 Weiteres Schrifttum unter H 2, H 15, H 20 und H 142. [Einl. 4] 2. Waldbrandversicherung Betz, Die V der Wälder, V W 1947 S. 254, Graf, Anfänge der Waldbrandv in Deutschland, V W 1973 S. 437, Stumpf, Waldbrandv, Berlin 1926, Stumpf, Aufgabe und Bedeutung der Waldbrandv, V W 1951 S. 296. [Einl. 5] 3. Hypothekeninteresseversicherung Brisken, Der Schutz der Hypothekengläubiger bei Gebäudev, Karlsruhe 1964, Gürtler, Die Rechtsstellung der Realgläubiger in der Feuerv, Diss. Köln 1937, S. 39ff., Prölss, Grundzüge der Hypothekeninteressev, ZVersWiss 1933 S. 215-227, Schmidt, Rainer, Die rechtliche Stellung des Realgläubigers gegenüber dem Ver nach den §§ 1127-1130 B G B und den §§ 97-107c W G , Diss. Bielefeld 1982, Wiesinger, Die Rechtsstellung der Hypothekengläubiger im privaten Feuervsrecht, Hamburg 1940, S. 67ff. 2

Sieg/Johannsen

I. Einleitung

Anm. A

Zu Einl. 5: Petersen Der Schutz der Realberechtigten in der Immobilienfeuerv Diss. Hamburg 1964 Weitere Schrifttumsnachweise unter J 1 und J 76. [Einl. 6] 4. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung Birck, Die Betriebsunterbrechungsv, 2. Aufl., Berlin 1938, Döring, „Feuerbetriebsunterbrechungsv" in Der Betrieb 1974 Beilage 12 S. 6ff., Dreger, wie Anm. Einl. 3, Feldmann, „Betriebsunterbrechungsv" in Handwörterbuch des Vswesens, Bd 1, Darmstadt 1958, Sp. 319ff., Franz, Die Betriebsunterbrechungsv in der modernen Industriegesellschaft und ihre wachsende Bedeutung im Zeitalter der Automation, Diss. Köln 1962, Fußhoeller-John, Feuerbetriebsunterbrechungsv, Wiesbaden 1957, Hax, Grundlagen der Betriebsunterbrechungsv, 2. Aufl., K ö l n Opladen 1965, Heyen, Leitfaden der Feuerbetriebsunterbrechungsv, 2. Aufl., Karlsruhe 1976, Magnusson, Rechtsfragen der Betriebsunterbrechungsv, Hamburg 1955, Sieg, „Betriebsunterbrechungsv" in Der Betrieb 1965 Beilage 7 S. 2 ff., Stöppel, Feuerbetriebsunterbrechungsv, Vswirtschaftliches Studienwerk, 3. Aufl., Wiesbaden 1982, Heft 42. Zu Einl. 6: Harth Die Problematik einer sachgerechten Schadensfeststellung von Feuerbetriebsunterbrechungs-Schäden Karlsruhe 1993 Ludolph-Henke Summenermittlungsbogen für die Feuer-Betriebsunterbrechungsv 2. Aufl. Karlsruhe 1980 Schneider Die Feuer-Betriebsunterbrechungsv Diss. Frankfurt a. M. 1997 Stöppel Feuer-Betriebsunterbrechungsv Vswirtschaftliches Studienwerk Wiesbaden 1994 Vollgraf Die Ermittlung von Vswert und Vssumme in der Feuer-Betriebsunterbrechungsv nach dem Bilanzrichtliniengesetz Karlsruhe 1990 Zimmermann Der Betriebsunterbrechungsschaden Karlsruhe 1963 Weitere Schrifttumsnachweise unter Κ 1. [Einl. 7] 5. Mietverlustversicherung Herold, Handwörterbuch des Vswesens 2. Bd Darmstadt 1958 Sp. 1444.

Sieg/Johannsen

3

Α. Überblick Gliederung: I. Einteilung A 1-11 1. Feuerv in betriebswirtschaftlichem weiterem Sinne A 1 2. Feuerv im engeren Sinne und Ertragsausfallv A 2 - 4 a) Mehrheit der Verträge A 2 b) Vstechnik A 3 - 4 aa) Feuerv A 3 bb) Betriebsunterbrechungsv A 4 3. Systematische Einordnung A 5-11 a) Überblick A 5 b) Feuer- und Betriebsunterbrechungsv als Schadensv A 6 c) Folge: Einfluß öffentlich-rechtlicher Leistungen auf den Vsschaden A 7 - 9 aa) Kurzarbeitergeld A 7 - 8 bb) Sonstige Fälle A 9 d) Feuerv als Sachv, Betriebsunterbrechungsv als Vermögensv (Ertragsausfallv) A 10-11 II. Rechtsgrundlagen A 12-48 1. Gesetze im weiteren Sinne A 12-19 a) Bundesrecht A 12-13 aa) Gesetze und Gewohnheitsrecht A 12 bb) Text A 13 b) Landesgesetze A 14 c) Gesetze im materiellen Sinn A 15-16 aa) Rechtsverordnungen A 15 bb) Autonome Satzungen, Regeln der Technik A 16 d) Exkurs: Öffentlichrechtliche Spezialvorschriften A 17-19 aa) Strafgesetzbuch A 17 bb) FeuerschutzsteuerG A 18 cc) Konkursordnung A 19 2. Normenähnliche Grundlagen (Überblick) A 20-22 a) A V B A 2 0 b) Geschäftsplanmäßige Erklärungen A 21 c) Verwendung nichtgenehmigter AVB A 22 3. AVB der Feuerv A 23-27 a) Vorbemerkung A 23 b) Texte A 24-27 aa) A F B 3 0 A 2 4 bb) A F B 87 A 24 a cc) Zusatzbedingungen für landwirtschaftliche Ven A 25 dd) ZFgA 81 a A 26 ee) Klausel 5.07 A 27

4. AVB der Betriebsunterbrechungsv A 28-32 a) Vorbemerkung A 28 b) Texte A 29-32 aa) F B U B A 2 9 bb) Zusatzbedingungen zu den F B U B A 30 cc) Z K B U 87 A 31 dd) M F B U 89 A 31a ee) Bedingungen für die V gegen Mietverlust infolge von Brand, Blitzschlag oder Explosion A 32 5. Wohngebäudevsbedingungen a) V G B 62 A 32 a b) Sonderbedingungen für die gleitende Neuwertv von Wohngebäuden A 32 b c) V G B 88 A 32 c d) S G I N 79 A 32 d c) S G I N 88 A 32 e 6. Hausratsvsbedingungen a) V H B 84 A 32 f b) V H B 92 A 32 g 7. Regreßverzichtsabkommen der Feuerver A 32h 8. Sachlicher Geltungsbereich A 33-37 a) § § 8 1 - 1 0 7 C A 33-35 aa) Feuer- und Betriebsunterbrechungsv A 33-34 bb) E C - und Feuerhaftungsv A 35 b) AVB in weiterem Sinne A 36-37 aa) Endgültiger Vertrag A 36 bb) Vorläufige Deckungszusage A 37 9. Zeitlicher Geltungsbereich A 38 10. Beschränkungen der Vertragsfreiheit durch A G B G A 39-47 a) Grundlage A 39 b) Beanstandungen von AVB durch das BAV A 40 c) Verwirkung des Vsanspruchs A 41 d) Beanstandungen von AVB durch Literaturstimmen A 42 e) Kontrollverfahren A 43 f) Intensität der Inhaltskontrolle A 44 g) Verhältnis zu § 187 A 45-46 h) Verhältnis zu § 192 A 47 11. Einzelvertragliche Abweichungen von AVB oder von Geschäftsplanmäßigen Erklärungen A 48 III. Geschichte A 49-63 1. Feuerv A 49-60 a) Spezialliteratur A 49 b) Bis Ende des Mittelalters A 50-51

Sieg/Johannsen

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Anm. A 2

Α. Überblick

aa) Sippe und Nachbarschaft A 50 bb) Allgemeine Gilden A 51 c) Brandgilden A 52 d) Hamburger Generalfeuercassa A 53-54 aa) Vorläufer A 53 bb) Gründung und Entwicklung A 54 e) Weitere öffentlichrechtliche Gründungen A 5 5 - 5 6 aa) Projekte A 55 bb) Sozietäten A 56

f) Neuere Zeit A 57-58 aa) Gründungen A 57 bb) Deckungsinhalt A 58 g) Insbesondere: Waldbrandv A 59 h) Insbesondere: Hypothekeninteressev

A 60

2. Betriebsunterbrechungsv A 61-63 a) Vorläufer A 61 b) Nach Inkrafttreten des W G A 62 c) Insbesondere Mietverlustv A 63

I. Einteilung [A 1] 1. Feuerversicherung in betriebswirtschaftlichem (weiterem) Sinn Laut Rieger (Wettbewerbsprobleme der Vswirtschaft, herausgegeben von Röper, 1976, S. 17) erfassen nicht weniger als 49 Vsarten die Feuersgefahr. Von einer derart umfangreichen Behandlung, die eine Verzettelung notwendig mit sich gebracht hätte, kann natürlich hier keine Rede sein. In diesem Kommentar wird der Begriff „Feuerv" in demselben Sinne verwendet, wie ihn Betriebspraxis und Rechnungslegungsvorschriften gebrauchen. Demgemäß werden zur Feuerv auch die Waldbrand-, die Hypothekeninteressev, die Feuerbetriebsunterbrechungs- und die Mietverlustv gerechnet (vgl. Präambel zum Regreßverzichtsabkommen VerBAV 1978 S. 137). Der Kreis der behandelten Vsarten geht also hinsichtlich der Mietverlustv hinaus über die Geschäfte der Kenn-Nummer 080/089 der Anlage 1 Abschnitt C Interne RechnungslegungsV O . Es bleiben also alle sonstigen Sparten und Zweige außer Betracht, die das Feuerrisiko n e b e n anderen decken, also insbesondere die kombinierten Ven (Verbundene Hausratsv, Verbundene Wohngebäudev) und die Allgefahrendeckungen (z.B. Transportv in weiterem Sinne, d. h. einschließlich Kraftfahrzeugkaskov, Glasbruchv - hierzu Martin A I 12 - , Tierv). Soweit hingegen das Feuerrisiko in B ü n d e l u n g mit anderen Risiken vert ist (einheitlicher Antrag und Vsschein, aber Möglichkeit getrennter AVB und getrennten Schicksals der Einzelsparten), behauptet sich seine Selbständigkeit, Bündelung wird von den folgenden Erörterungen umfaßt. Beispiele bilden die gebündelte Geschäftsv für bewegliche Sachen, die gebündelte Geschäftsgebäudev. Zur Bündelung vgl. Geschäftsplanmäßige Erklärungen für die Sachv I 8 VerBAV 1969 S. 302, Rundschreiben BAV R 7/77 VerBAV 1977 S. 403. Zu A l : Wegen der gewachsenen wirtschaftlichen und rechtlichen Bedeutung werden von den Verfassern auch die Hausrats- und Wohngebäudev behandelt, soweit das Feuerrisiko betroffen ist. [A 2] 2. Feuerversicherung im engeren Sinn und Ertragsausfallversicherung a) Mehrheit der Verträge Die Feuerv in dem in Anm. A 1 charakterisierten weiten Sinn ist zu untergliedern in Substanzschädenv (Feuerv in engerem Sinn, Waldbrandv, Hypothekeninteressev) und Nutzungsschadenv (große Feuerbetriebsunterbrechungsv, kleine Betriebsunterbrechungsv, Mietverlustv). Kleine Betriebsunterbrechungsv und Mietverlustv sind dadurch gekennzeichnet, daß sie sich stets an eine Sachvssparte anlehnen, die nicht nur die Feuerv zu sein braucht. Anlehnungen gibt es auch an die Sturmschäden-, Leitungs6

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Anm. A 4

I. Einleitung

Wasserschäden- und Einbruchdiebstahlv (vgl. § 8 Bedingungen für die V gegen Mietverlust infolge von Brand, Blitzschlag oder Explosion; Z K B U 1980 VerBAV 1981 S. 59). Aus dieser Anlehnung folgt aber nicht eine Vertragseinheit mit der V des zugrunde liegenden Sachvszweiges, wie sich schon daraus ergibt, daß der Nutzungsausfallschaden einen anderen treffen kann (Pächter, Nießbraucher) als der Substanzschaden. Es handelt sich um eine Bündelung (für einheitlichen Vertrag bei Verbindung von Feuer- und kleiner Betriebsunterbrechungsv Martin A I 6, Blanck Vswirtschaftliches Studienwerk, 2. Aufl., Wiesbaden o. J., F IV 2, S. 71; wie hier: -ck VerBAV 1979 S. 419). Für die Verbindung von Feuerv und Mietverlustv nimmt auch Martin Β VIII 8 gesonderte Verträge an. Bei der Mietverlustv kommt als Argument für die rechtliche Selbständigkeit noch hinzu, daß für sie eine besondere Vssumme vereinbart wird. Deshalb hat ζ. B. die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht oder die Verwirkung von Ansprüchen aus dem einen Bereich (Substanzv) keine automatischen Konsequenzen für den anderen (Nutzungsverlustv). Schließlich schafft der Einschluß der EC-Schäden nach den Bedingungen für die V zusätzlicher Gefahren zur Feuerv bzw. Feuerbetriebsunterbrechungsv (VerBAV 1981 S. 330-333) jeweils einen besonderen Vertrag: § 2 IV EC-Bedingungen, § 2 V E C B U B . [A 3] b) Versicherungstechnik aa) Feuerversicherung Die Vstechnik unterscheidet bei der Feuerv im engeren Sinn (Substanzv) zwischen a) industriellem, b) landwirtschaftlichem und c) einfachem Geschäft (vgl. Kenn-Nr. 080/089 der Anlage 1 Abschnitt C Interne RechnungslegungsVO, Prölss-SchmidtFrey 9 § 10 Rdnr. 23). Dem entsprechen zu a) die ZFgA 81a nebst Klauseln für die industrielle Feuerv, zu b) die Zusatzbedingungen für die Feuerv landwirtschaftlicher Betriebe, zu c) die Klauseln für die nichtindustrielle Feuerv. Das Feuerrisiko des privaten Haushalts wird heute im Rahmen der Verbundenen Hausratsv, das Feuerrisiko der zumindest zur Hälfte Wohnzwecken dienenden Gebäude außerhalb der Monopolgebiete im Rahmen der Verbundenen Wohngebäudev gedeckt (Martin A III 19), also hier nicht behandelt (vgl. oben Anm. A l ) . Beim einfachen Geschäft handelt es sich vor allem um die gebündelte Geschäftsv für bewegliche Sachen und die gebündelte Geschäftsgebäudev. Die Waldbrandv ist der landwirtschaftlichen Feuerv verwandt. Die Hypothekeninteressev kommt nur subsidiär, d. h. wenn der Eigentümer keine wirksame Gebäudefeuerv unterhält, in Betracht: Klausel 5.07 IV, VerBAV 1970 S. 16. Zu A 3 : Zum Wegfall der Monopole vgl. die Anm. zu Β 1 und 2.

[A 4] bb) Betriebsunterbrechungsversicherung Der Industriefeuerv entspricht die Betriebsunterbrechungsv nach den F B U B (0812 der Anlage 1 Abschnitt C der Internen RechnungslegungsVO). Der Feuerv des einfachen Geschäfts entspricht die kleine Betriebsunterbrechungsv nach den Z K B U 80. Die Abgrenzung zwischen großer und kleiner Betriebsunterbrechungsv richtet sich nach der Vssumme für Vorräte und Einrichtungen (Klausel 171: 500000 D M , VerBAV 1982 S. 10). Wird diese Summe während des Vertragslaufs überschritten, haben Ver und Vmer ein außerordentliches Kündigungsrecht. In ihren Geschäftsplanmäßigen Erklärungen haben sich die Ver verpflichtet, dieses bei Vorliegen der Voraussetzungen Sieg/Johannsen

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Anm. A 5

Α. Überblick

auszuüben. - Verwandt der kleinen Betriebsunterbrechungsv ist die V gegen Mietverlust infolge von Brand, Blitzschlag oder Explosion. Die Vmer in der Landwirtschaft könnten sich zwar theoretisch auch der kleinen Betriebsunterbrechungsv bedienen, was aber praktisch kaum vorkommt. Hier haben sich Spezialdeckungen entwickelt, wie etwa die Milchausfallv, deren Bedingungen weitgehend den Z K B U 80 entsprechen (Sieg VersR 1984 S. 39). Entgegen Martin C VI 9; Wussow § 1 Anm. 33; Stöcklein V W 1957 S. 297 handelt es sich hierbei nicht um eine Substanzv. Ersetzt wird nicht der Minderwert des Tieres, sondern der sich nach dem Schadenereignis dynamisch entwickelnde Milchausfall, entsprechend bei der Eierausfallv (Diddens, Ven im landwirtschaftlichen Betrieb, 1978 S. 47). In der kleinen Betriebsunterbrechungsv wird keine b e s o n d e r e Vssumme vereinbart (mißverständlich Prölss-Martin 23 § 53 Anm. 2 B, es werde keine zusätzliche Vssumme vereinbart. Sie w i r d zusätzlich vereinbart), es gilt die der Feuersubstanzv. Dieser Vereinfachung, die auch die Instrumente des Bewertungszeitraums und der Prämienrückgewähr überflüssig macht, entspricht aber keine abstrakte Schadenberechnung, vgl. unten Anm. A 6. Intensivtierhaltungen können an der großen Betriebsunterbrechungsv teilnehmen. Im folgenden ist mit „Feuerv" die Substanzv gemeint, Waldbrand- und Hypothekeninteressev einschließend. „Betriebsunterbrechungsv" steht stellvertretend auch für die Mietverlustv. Zu A 4: Die Betriebsunterbrechungsv wird im Einzelnen unter Κ 1 - 4 5 behandelt. [A 5] 3. Systematische Einordnung a) Überblick Manes, Vswesen, 5. Aufl., Leipzig und Berlin 1930, S. 12, hat unterschieden zwischen Sach-, Vermögens- und Personenven. Diese Unterscheidung kann auch heute noch als Anhalt dienen (vgl. Martin A I 4), wenn auch mit gewissen Modifizierungen. So ist statt „Sachv" zu setzen „Objektv" (ebenso Prölss-Martin 23 vor § 51 Anm. 1 B b ) , denn auch die Beeinträchtigung von R e c h t e n , insbesondere Forderungen, bezieht sich auf b e s t i m m t e Objekte des Vermögens (Ehrenzweig S. 204 spricht von Güterv, wozu er allerdings auch die V des Mietertrages rechnet). Der Objektv steht die Vermögensv gegenüber, die Verminderungen des vorhandenen oder erwarteten Vermögens auffängt, ohne daß die Entschädigungshöhe an den Verlust oder die Beschädigung bestimmter Gegenstände anknüpft (vgl. Ehrenzweig S. 206). Die Personenv spielt für unser Thema keine Rolle. Immerhin sei auf die Verwandtschaft aller Einnahmeausfallven, die an eine Person anknüpfen, mit der Betriebsunterbrechungsv hingewiesen (Farny, Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, 1980 5. 406; ähnlich Mahr, Einführung in die Vswirtschaft, Berlin 1951, S. 73, 118). Die Heilkostenven verfolgen dasselbe Ziel wie die verschiedenen Kostenven im Anschluß an eine Feuerv (Aufräumungs-, Abbruch-, Lösch-, Bewegungs-, Schutzkosten, Kosten des Aufgebotsverfahrens). Interesssant auch die Begründung eines G über die Unfallv der Arbeiter vom 6. III. 1884, RT-Drucksache 5/IV S. 66, wo ausdrücklich Verluste am Anlage- und Betriebskapital den Verlusten an persönlicher Arbeitskraft der Arbeitnehmer gleichgestellt werden. Damit wird einerseits die alleinige Beitragspflicht der Unternehmer, andererseits die innere Berechtigung der Vsansprüche der Verunfallten begründet: Den Arbeitnehmer trifft der Ausfall seiner Arbeitskraft wie den Unternehmer der Ausfall einer Maschine. 8

Sieg/Johannsen

Anm. A 8

I. Einleitung

[A 6] b) Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung als Schadensversicherung § 1 I unterscheidet zwischen Schadens- und Personenv. Mag man den Sinn dieser Unterscheidung auch anzweifeln (vgl. Winter, Konkrete und abstrakte Bedarfsdeckung in der Sachv, Göttingen 1962, S. 74, 117; Gärtner, Das Bereicherungsverbot, Berlin 1970, S. 46, 51, 63, 68, 136-140), so gehört doch diese Differenzierung und damit das Bereicherungsverbot dem geltenden Recht an (Martin J I I ) . Zweifellos sind sowohl die Feuersubstanzv als auch die Nutzungsausfallv Sc h ad e η ven. Das betonen § 3 I 1 AFB, § 6 V F B U B , § 4 II Z K B U 80, § 4 II Bedingungen für die V gegen Mietverlust infolge Brand ..., Klausel 112 IV, § 24 IV ZFgA 81a. Nicht einmal als t a x i e r t e Schadenv darf die Nutzungsausfallv im Zusammenhang mit der Feuerv betrieben werden: § 89. Die früher in Frankreich befolgte Technik der Chômage V (Bossert, Betriebsunterbrechungs-V, Diss. Erlangen 1911, S. 10-18; Bon, Brand-Chômage-V, Berlin 1913, S. 10-20; Magnusson, Rechtsfragen der Betriebsunterbrechungsv, Hamburg 1955, S. 3 - 4 ) durfte daher in Deutschland seit Inkrafttreten des W G nicht angewendet werden. Sowohl auf die Feuer- als auch auf die Betriebsunterbrechungsv als Schadenv finden die §§ 49-80 Anwendung (natürlich auch die §§ 1-48), soweit diese Vorschriften ihrem Wesen nach für die bezeichneten Vssparten passen. [A 7] c) Folge: Einfluß öffentlichrechtlicher Leistungen auf den Versicherungsschaden aa) Kurzarbeitergeld Vert sind in der Betriebsunterbrechungsv u. a. Kosten ( § 4 1 FBUB), also auch fortlaufende Gehälter. Es stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zum Kurzarbeitergeld (§§ 63-73 AFG). Dieses ist u. a. dann zu gewähren, wenn der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis beruht (§ 64 AFG). Es steht fest, daß ein solches Ereignis auch ein Brand sein kann (Krebs, A F G , Losebl., Bonn - Bad Godesberg ab 1974, § 64 Rdnr. 12; Amtliche Verlautbarungen, Runderlaß der Bundesanstalt für Arbeit vom 2 6 . X . 1976 Nr. 9, 31; Weber-Paul, AFG, Losebl., Neuwied ab 1973, § 64 Anm. 1; Schönfelder-Kranz-Wanka, AFG, Losebl., Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz ab 1973, § 64 Rdnr. 17, 19). Der Vergleich mit § 7 StVG liegt nahe (und wird auch von Schönfelder-Kranz-Wanka a. a. O. gezogen): Wie der Kraftfahrzeughalter die strenge Gefährdungshaftung vermeiden kann, wenn er unabwendbares Ereignis nachweist, so kann der Unternehmer die Verwirkung der Kurzarbeitergeld-Entlastung vermeiden, wenn der Brand auf einem unabwendbaren Ereignis beruht, höhere Gewalt wirkt weder für Kraftfahrzeughalter noch für Unternehmer belastend. [A 8] Erforderlich ist weiter nach § 64 I Ziff. 2 A F G , daß der Arbeitsausfall unvermeidlich ist, d. h. daß der Arbeitgeber nach Eintritt des unabwendbaren Ereignisses nicht gegensteuern konnte. Dem Begriffspaar „unabwendbares Ereignis/unvermeidlicher Arbeitsanfall" entspricht in der Betriebsunterbrechungsv das Begriffspaar „Feuer/Betriebsunterbrechung infolge Sachbeschädigung". Nach § 65 I Ziff. 2 A F G ist weiter Voraussetzung, daß der Arbeitnehmer infolge des Arbeitsunfalles ein vermindertes Arbeitsentgelt bezieht oder daß dies ganz wegfällt. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist eine Frage des Betriebsrisikos. Grundsätzlich wird ein Brand in die Risikosphäre des Arbeitgebers fallen, zumal nach der Rechtsprechung (mag man sie auch für angreifbar halten) alle Risiken hierher gehören, die der Arbeitgeber durch V abgedeckt hat oder hätte abdecken können (vgl. B A G 9. III. 1983 SAE 1983 S. 240-243 mit Sieg/Johannsen

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Α. Überblick

Anm. A 10

Anmerkung Denck a. a. O. S. 243-245). Ein Verdienstausfall entsteht dem Arbeitnehmer also nur dann, wenn ausnahmsweise der Einzelvertrag oder der Tarifvertrag vorsieht, daß nur tatsächlich geleistete Arbeit vergütet wird (Gitter, Sozialrecht, 1981 S. 175). In diesem A u s n a h m e f a l l besteht ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wobei hier eine Betriebsunterbrechungsv keine Rolle spielt. Das Kurzarbeitergeld mindert also den Schaden, den der Arbeitgeber durch die Betriebsunterbrechung hat (PrölssMartin 23 § 55 Anm. 2 A, Zusatz II zu §§ 81-107c Β Anm. 2; vgl. auch § 6 II, V FBUB). Seine Beantragung durch den Arbeitgeber gehört deshalb zur Rettungspflicht nach §62, § 10 II FBUB. Die Arbeitsämter versuchen, das Kurzarbeitergeld bei Bestehen einer Betriebsunterbrechungsv stets zu versagen. Heyen Stichwort: „Unterbrechungsschaden" S. 185 findet sich mit dieser nicht vertretbaren Praxis ab. Wenn der Brand nicht auf unabwendbarem Ereignis beruht oder der Arbeitsausfall vermeidbar war, fehlt es an den Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld, ohne daß es auf Betriebsrisiko oder spezielle Regelung im Einzelarbeits- oder Tarifvertrag ankommt. Zu A 7 und 8: Es wird auf die ergänzenden, die weitere Entwicklung berücksichtigenden Ausführungen unter Κ 40 und 41 verwiesen.

[A 9] bb) Sonstige Fälle Nach § 2 I a Bedingungen für die V zusätzlicher Gefahren zur Feuerv (ECB) kann das sonst nach § 1 VII AFB ausgeschlossene Risiko der inneren Unruhen gedeckt werden. § 4 ECB sieht Subsidiarität gegenüber einem öffentlichrechtlichen Entschädigungsanspruch vor. Entsprechendes gilt für die große Betriebsunterbrechungsv. Der Vortritt der öffentlichrechtlichen Entschädigung ist gerecht, denn die Vermeidung und Unterdrückung innerer Unruhen ist eine Aufgabe des S t a a t e s . Es ist bedauerlich, daß das als Landesrecht weitergeltende TumultschadenG in der Entschädigungsfrage noch auf dem Stand von 1920 verharrt (§ 2: Anspruch auf Entschädigung nur gegeben, wenn und soweit ohne solche das wirtschaftliche Bestehen des Betroffenen gefährdet würde). Für die Betriebsunterbrechungsv gilt ferner folgendes: Soweit nach dem (oben Anm. A 7) Gesagten die öffentliche Hand ersatzpflichtig ist, ist die Entschädigung des Vers als vorschußweise geleistet aufzufassen mit der Folge, daß der Ersatzanspruch des Vmers gegen die öffentliche Hand nach § 67 auf den Ver übergeht (vgl. Raiser § 1 Rdnr. 65). Zurück zur Feuerv: Die Subsidiarität der Leistungspflicht des Vers zeigt sich auch darin, daß der Amtshaftungsanspruch des Vmers gegen einen Bezirksschornsteinfegermeister (wegen unsachgemäßer Feuerstättenschau) vorgeht: B G H 24. II. 1983 VersR 1983 S. 462. Zu A 9: Vgl. hierzu im Einzelnen unter H 32-46, insbesondere H 37, 40 und 41.

[A 10] d) Feuerversicherung als Sachversicherung, Betriebsunterbrechungsversicherung als Vermögensversicherung (Ertragsausfallversicherung) Die Unterscheidung von Sachv und Vermögensv hat Wert nicht nur zur Aufhellung der komplexen Materie „Feuerv im weiteren Sinne", sondern auch für einige Rechtsfolgen, z.B. für die Anwendbarkeit des § 90 (abweichend, z.T. auch zum fol10

Sieg/Johannsen

Anm. A l l

I. Einleitung

genden, Martin, Einführung S. 1, A I 10, Q I 4). Maßgeblich ist nicht, ob eine Sache oder ein Recht v e r l e t z t ist, sondern an welchen Folgen die E n t s c h ä d i g u n g orientiert ist. Die Feuerv ist Sachv, denn an Zerstörung, Beschädigung oder Abhandenkommen einer Sache knüpft die Entschädigung an. Sie wird geleistet zur Reparatur oder Wiederbeschaffung eben dieser Sache. Anders die Betriebsunterbrechungsv (abweichend Martin A l l ) : mag sie auch als Feuerbetriebsunterbrechungsv an die Substanzverletzung einer Sache anknüpfen, so ist diese nur Vorursache für die Entschädigung, denn die Leistung des Vers ist u n m i t t e l b a r auf die Betriebsunterbrechung abgestellt. Diese läßt den erwarteten Ertrag nicht eintreten, läßt das Vermögen also nicht so wachsen, wie es im Plan lag. Deshalb ist die Betriebsunterbrechungsv V e r m ö g e n s v , ein Spiegelbild der Haftpflichtv (vgl. Sieg § 68 Anm. 18) und der Rückv. Das Gemeinsame liegt darin, daß an d y n a m i s c h e Größen (Gewinnminderungen, Schuldenerhöhungen) angeknüpft wird (vgl. Braeß ZVersWiss 1970 S. 5, 12; Ehrenzweig S. 206). Wie hier auch Möller vor §§ 49-80 Anm. 6, § 49 Anm. 71; Blanck S. 8, 15, Ludolphy-Henke, Summenermittlung für die Feuerbetriebsunterbrechungsv, 2. Aufl., Karlsruhe 1980, passim. Abweichend hiervon nehmen Prölss-Martin 23 vor § 51 Anm. 1 C, § 53 Anm. 2 b, Zusatz II zu §§ 81-107c Β Anm. 1 S a c h v an. Richtig ist, daß es die Betriebsunterbrechungsv mit den Folgen von Sachschäden zu tun hat, aber nicht mit dem Folgeschaden an Sachen. [A 11] Der Ertrag als Gewinn wird im kaufmännischen U n t e r n e h m e n erzielt, vgl. B G H 21.1.1976 VersR 1976 S. 379-381, nicht im Betriebe. Deshalb ist die Bezeichnung „Betriebsunterbrechungsv" nicht ganz treffend. Sie hat aber insofern Berechtigung, als nur solche Unterbrechung relevant ist, die durch Zerstörung, Beschädigung oder Abhandenkommen von dem B e t r i e b e dienenden Sachen eingetreten ist, vgl. Hax S. 14 f.; Sblowski ZfV 1982 S. 571; Döring DB 1974 Beilage 12 zu H. 28 S. 7; Rein ZfV 1973 S. 3. Der versicherte Ertrag fließt aus einer Wirtschaftse i n h e i t (Betrieb oder Unternehmen). Wäre gar ein K o n z e r n Vsobjekt, würden alle (gewöhnlich nicht gedeckten) Rückwirkungsschäden (Gerding ZVersWiss 1976 S. 569; Heyen Stichwort: „Rückwirkungsschäden" S. 106, 232) zu (gedeckten) Wechselwirkungsschäden, was natürlich das Risiko der Ver erheblich erhöhen würde: Hax S. 15, 99; Farny, Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, 1980 S. 409; Heyen Stichwort: „Wechselwirkungsschäden" S. 232. - Rückwirkungsschäden k ö n n e n eingeschlossen werden, die betreffende Klausel ist veröffentlicht VerBAV 1964 S. 118. Die Komplementärfunktion der Betriebsunterbrechungsv zur Feuerv zeigt sich in der steuerlichen Behandlung der Leistungen des Vers. Nicht nur Leistungen des Feuervers können vom Vmer (zur Fortführung der stillen Reserven) in die Rücklage für Ersatzbeschaffung aufgenommen werden, sondern auch Leistungen des Betriebsunterbrechungsvers qua R e t t u n g s k o s t e n e r s a t z : BFH 9.XII. 1982 BB 1983 S. 750 unter Aufgabe früherer Rechtsprechung. ( H a u p t l e i s t u n g e n des Betriebsunterbrechungsvers erhöhen den Geschäftsgewinn und unterliegen der Besteuerung nach §24 I a EStG). Den Prototyp der Ertragsv bildet die Hagelv, denn gedeckt ist der erwartete E r n t e w e r t der vten Feldfrüchte. Da die landwirtschaftliche Feuerv nach § 4 1 Zusatzbedingungen auch Früchte auf dem Halm erfaßt, ist hier ausnahmsweise die Feuerv eine Ertragsv, denn entschädigt wird natürlich auch hier - wie in der Hagelv der Erntewert, wenn auch unter Abzug der Erntekosten: Sieg VersR 1984 S. 3, S. 4 N . 36.

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Anm. A 13

Α. Überblick

II. Rechtsgrundlagen [A 12] 1. Gesetze im weiteren Sinn a) Bundesrecht aa) Gesetze und Gewohnheitsrecht N a c h Art. 2 E G B G B ist Gesetz im Sinne des B G B jede Rechtsnorm. Dieser weite Begriff umfaßt Gewohnheitsrecht (Brox, Allgemeiner Teil des B G B , 1976 Rdnr. 275), Gesetze im formellen Sinn und Gesetze im materiellen Sinn. D a s Gewohnheitsrecht spielt für die Feuer- und für die Betriebsunterbrechungsv keine s p e z i f i s c h e Rolle. Es findet auf diese Sparten insoweit Anwendung, als es überhaupt im Privatvsrecht gilt. Gewohnheitsrechtssätze dieser Art sind die Gleichstellung des Repräsentanten mit dem Vmer im Bereich der Tuns- und Unterlassensobliegenheiten sowie des § 61 (vgl. Klausel für die nichtindustrielle Feuerv Nr. 272 und Ollick VerBAV 1982 S. 132), die Erfüllungshaftung des Vers für Erklärungen des Vermittlers gegenüber dem Kunden (kritisch hierzu Prölss-Martin 2 3 § 43 Anm. 7; Hohloch VersR 1980 S. 109-118). Gesetze im formellen Sinne sind Bundes- oder Landesgesetze. Es folgen unter Anm. A 13 die für die Feuerv wichtigsten Bestimmungen, soweit es sich nicht um reine Sicherheitsvorschriften im Sinne des § 7 A F B , § 6 ÀWaB handelt. Uber Gesetze solcher Art vgl. Nicklisch B B 1983 S. 262. Klauseln enthalten zuweilen Sicherheitsvorschriften, die über die in § 7 A F B genannten hinausgehen, z . B . Klausel 341 Nr. 1 S. 2. Insoweit handelt es sich nicht um objektives Recht, sondern um Vertragsrecht. Auch die Sicherheitsvorschriften, die in Formblättern oder Merkblättern des Verbands der Sachver veröffentlicht werden, haben keine Normenqualität, sondern sind Empfehlungen an die Mitgliedsunternehmungen, jene Vorschriften in den Vertrag einzuschleusen: Raiser § 7 Rdnr. 3. Zu A 12: Zur Rechtsstellung des Repräsentanten vgl. G 46-55 und H 70. Gewohnheitsrecht als Grundlage einer Erfüllungshaftung des Vers für Erklärungen des Vermittlers wird kritisch beurteilt unter H 243. [A 13] bb) Text §§ 81-107 c, 187,192,193 W G : §81 [1] Bei der Feuerversicherung erlischt ein dem Versicherer gemachter A n t r a g auf Schließung, Verlänger u n g oder Ä n d e r u n g des Vertrags, wenn er nicht binnen zwei Wochen a n g e n o m m e n wird. Die Vorschriften des § 149 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleiben unberührt. [2] Wird der A n t r a g einem Abwesenden gemacht, so beginnt die Frist mit der A b s e n d u n g des A n t r a g s . [3] Abweichende B e s t i m m u n g e n sind nichtig. A n die Stelle der Frist von zwei Wochen kann jedoch eine andere festbestimmte Frist gesetzt werden. 12

Sieg/Johannsen

A 33, A 34, D 36-41, Κ 2

II. Rechtsgrundlagen

Anm. A 13

§82 Der Versicherer haftet für den durch Brand, Expíosion oder Blitzschlag entstehenden Schaden.

H 2, H 16, H 18, H 84, H 145

§83 [1] Im Falle eines Brandes hat der Versicherer den durch die Zerstörung oder die Beschädigung der versicherten Sachen entstehenden Schaden zu ersetzen, soweit die Zerstörung oder die Beschädigung auf der Einwirkung des Feuers beruht oder die unvermeidliche Folge des Brandereignisses ist. Der Versicherer hat auch den Schaden zu ersetzen, der bei dem Brande durch Löschen, Niederreißen oder Ausräumen verursacht wird; das gleiche gilt von einem Schaden, der dadurch entsteht, daß versicherte Sachen bei dem Brande abhanden kommen. [2] Auf die Haftung des Versicherers für den durch Explosion oder Blitzschlag entstehenden Schaden finden diese Vorschriften entsprechende Anwendung.

C 10, G 149, H 2, H 6, H 8, H 18, H 30, H 122

§84 Der Versicherer haftet nicht, wenn der Brand oder die Explosion durch ein Erdbeben oder durch Maßregeln verursacht wird, die im Kriege oder nach Erklärung des Kriegszustandes von einem militärischen Befehlshaber angeordnet worden sind.

H 2, H 33, H 34, H 35, H 36, H 38, H 40, H 43

§85 Ist die Versicherung für einen Inbegriff von Sachen genommen, so erstreckt sie sich auf die Sachen der zur Familie des Versicherungsnehmers gehörenden sowie der in einem Dienstverhältnis zu ihm stehenden Personen, sofern diese Personen in häuslicher Gemeinschaft mit dem Versicherungsnehmer leben oder an dem Orte, für den die Versicherung gilt, ihren Beruf ausüben. Die Versicherung gilt insoweit als für fremde Rechnung genommen.

C 46, H 104, H 105, H 108, H 114, J 101, J 118, J 120, J 121, J 125, Κ2

§86 Als Versicherungswert gilt bei Haushalts- und sonstigen Gebrauchsgegenständen, bei Arbeitsgerätschaften und Maschinen derjenige Betrag, welcher erforderlich ist, um Sachen gleicher Art anzuschaffen, unter billiger Berücksichtigung des aus dem Unterschiede zwischen alt und neu sich ergebenden Minderwerts.

Sieg/Johannsen

Η 152

13

Α. Überblick

A n m . A 13 §87

Ist bei der Versicherung beweglicher Sachen eine Taxe vereinbart, so gilt die Taxe als der Wert, den das versicherte Interesse zur Zeit der Schließung des Vertrags hat, es sei denn, daß sie den wirklichen Versicherungswert in diesem Zeitpunkt erheblich übersteigt. Eine Vereinbarung, nach welcher die Taxe als der Wert gelten soll, den das versicherte Interesse zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls hat, ist nichtig.

Η 145

§88 Als Versicherungswert gilt bei Gebäuden der ortsübliche Bauwert unter Abzug eines dem Zustande des Gebäudes, insbesondere dem Alter und der Abnutzung entsprechenden Betrags.

Η147

§89 [1] Bei der Versicherung des durch den Eintritt des Versicherungsfalls entgehenden Gewinns kann eine Taxe nicht vereinbart werden. [2] Bestimmungen über die Berechnung des entgehenden Gewinns können mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde in den Versicherungsbedingungen getroffen werden. Übersteigt das Ergebnis der Berechnung den der wirklichen Sachlage entsprechenden Betrag, so hat der Versicherer nur diesen Betrag zu ersetzen.

A 6, C 11, C 13, Η 145, Κ2

§90 [1] Wer in Ansehung derselben Sache bei dem einen Versicherer für entgehenden Gewinn, bei einem anderen Versicherer für sonstigen Schaden Versicherung nimmt, hat jedem Versicherer von der anderen Versicherung unverzüglich Mitteilung zu machen. [2] In der Mitteilung ist der Versicherer, bei welchem die andere Versicherung genommen worden ist, zu bezeichnen und die Versicherungssumme anzugeben.

Β 5-14, C 11, C 13, G 92

§91 Bei der Gebäudeversicherung muß die im Falle einer nicht rechtzeitigen Zahlung der Prämie nach § 39 zu bestimmende Zahlungsfrist mindestens einen Monat betragen.

14

Sieg/Johannsen

F 12

Anm. A 13

II. Rechtsgrundlagen

§92 [1] Der Pflicht zur Anzeige des Versicherungsfalls wird genügt, wenn die Anzeige binnen drei Tagen nach dem Eintritte des Versicherungsfalls erfolgt. Durch die Absendung der Anzeige wird die Frist gewahrt. [2] Auf eine Vereinbarung, durch welche die Dauer oder die Berechnung der Frist zum Nachteile des Versicherungsnehmers anders bestimmt ist, kann sich der Versicherer nicht berufen.

G 98-99, G 102, G 111, G 113, H 191

§93 Bis zur Feststellung des an einem Gebäude entstehenden Schadens darf der Versicherungsnehmer ohne Einwilligung des Versicherers nur solche Änderungen vornehmen, welche zur Erfüllung der ihm nach § 62 obliegenden Pflicht oder im öffentlichen Interesse geboten sind.

G 116, G 124

§94 [1] Die Entschädigung ist nach dem Ablaufe eines Monats seit der Anzeige des Versicherungsfalls mit vier vom Hundert für das Jahr zu verzinsen, soweit nicht aus besonderen Gründen eine weitergehende Zinspflicht besteht. [2] Der Lauf der im Abs. 1 bezeichneten Frist ist gehemmt, solange infolge eines Verschuldens des Versicherungsnehmers die Festsetzung des Schadens nicht erfolgen kann.

H 212

§95 Der Versicherer haftet nach dem Eintritt eines Versicherungsfalls für den durch einen späteren Versicherungsfall verursachten Schaden nur bis zur Höhe des Restbetrags der Versicherungssumme. Für die künftigen Versicherungsperioden gebührt ihm nur ein verhältnismäßiger Teil der Prämie.

F 4, H 196

§96 [1] Nach dem Eintritt eines Versicherungsfalls ist jeder Teil berechtigt, das Versicherungsverhältnis zu kündigen. [2] Die Kündigung ist nur bis zum Ablauf eines Monats seit dem Abschlüsse der Verhandlungen über die Entschädigung zulässig. Der Versicherer hat eine Kündigungsfrist von einem Monat einzuhalten. Der Versicherungsnehmer kann nicht für einen späteren Sieg/Johannsen

A 40, E 9-13, H 72

15

Anm. A 13

Α . Überblick

Zeitpunkt als den Schluß der laufenden Versicherungsperiode kündigen. [3] Kündigt der Versicherungsnehmer, so gebührt dem Versicherer gleichwohl die Prämie für die laufende Versicherungsperiode. Kündigt der Versicherer, so gilt das gleiche in Ansehung desjenigen Teiles der Prämie, welcher auf den dem Schaden entsprechenden Betrag der Versicherungssumme entfällt; von der auf den Restbetrag der Versicherungssumme entfallenden Prämie gebührt dem Versicherer nur der Teil, welcher der abgelaufenen Versicherungszeit entspricht. §97 Ist der Versicherer nach den Versicherungsbestimmungen nur verpflichtet, die Entschädigungssumme zur Wiederherstellung des versicherten Gebäudes zu zahlen, so kann der Versicherungsnehmer die Zahlung erst verlangen, wenn die bestimmungsmäßige Verwendung des Geldes gesichert ist.

C 28, Η 97, J 2, J 26-28

§98 Im Falle des § 97 kann die Forderung des Versieherungsnehmers auf die Entschädigungssumme vor der Wiederherstellung des Gebäudes nur an den Erwerber des Grundstücks oder an solche Gläubiger des Versicherungsnehmers übertragen werden, welche Arbeiten oder Lieferungen zur Wiederherstellung des Gebäudes übernommen oder bewirkt haben. Eine Ubertragung an Gläubiger des Versicherungsnehmers, die bare Vorschüsse zur Wiederherstellung gegeben haben, ist wirksam, wenn die Verwendung der Vorschüsse zur Wiederherstellung erfolgt.

J 2, J 29-31

§99 [1] Im Falle des § 97 ist eine Zahlung, welche ohne die Sicherung der bestimmungsmäßigen Verwendung des Geldes geleistet wird, dem Hypothekengläubiger gegenüber nur wirksam, wenn ihm der Versicherer oder der Versicherungsnehmer angezeigt hat, daß ohne Sicherung geleistet werden soll, und seit dem Empfang der Anzeige ein Monat verstrichen ist. [2] Soweit die Entschädigungssumme nicht zu einer den Versicherungsbestimmungen entsprechenden Wiederherstellung verwendet werden soll, kann der Versicherer mit Wirkung gegen den Hypothekengläubiger erst zahlen, wenn er oder der Versicherungsnehmer die Absicht, von der bestimmungsmäßigen Verwendung abzuweichen, dem Hypothe16

Sieg/Johannsen

C 28, J 2, J 32-35

Anm. A 13

II. Rechtsgrundlagen

kengläubiger angezeigt hat und seit dem Empfange der Anzeige ein Monat verstrichen ist. [3] Der Hypothekengläubiger kann bis zum Ablaufe der Frist dem Versicherer gegenüber der Zahlung widersprechen. Die Anzeige darf unterbleiben, wenn sie untunlich ist; in diesem Falle wird der Monat von dem Zeitpunkte an berechnet, in welchem die Entschädigungssumme fällig wird. §100 Hat im Falle des § 97 der Hypothekengläubiger seine Hypothek dem Versicherer angemeldet, so ist eine Zahlung, welche ohne die Sicherung der bestimmungsgemäßen Verwendung des Geldes geleistet wird, dem Hypothekengläubiger gegenüber nur wirksam, wenn dieser schriftlich der Zahlung zugestimmt hat.

J 2, J 36-37

§101

[1] Bei der Gebäudeversicherung hat der Versieherer dem Hypothekengläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, unverzüglich schriftlich Mitteilung zu machen, wenn dem Versicherungsnehmer für die Zahlung einer Folgeprämie eine Frist bestimmt wird. Das gleiche gilt, wenn das Versicherungsverhältnis nach dem Ablaufe der Frist wegen unterbliebener Prämienzahlung gekündigt wird. [2] Der Versicherer hat binnen einer Woche nach Kenntnis von dem Eintritt eines Versicherungsfalls dem Hypothekengläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, schriftlich Mitteilung zu machen, es sei denn, daß der Schaden unbedeutend ist.

F 12, J 2, J 38-44

§102 [1] Ist bei der Gebäudeversicherung der Versieherer wegen des Verhaltens des Versicherungsnehmers von der Verpflichtung zur Leistung frei, so bleibt gleichwohl seine Verpflichtung gegenüber einem Hypothekengläubiger bestehen. Das gleiche gilt, wenn der Versicherer nach dem Eintritt des Versicherungsfalls von dem Vertrage zurücktritt oder den Vertrag anficht. [2] Abs. 1 Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Versicherer leistungsfrei ist, weil die Prämie nicht gezahlt worden ist. Hat jedoch der Hypothekengläubiger seine Hypothek dem Versicherer angemeldet, so bleibt im Falle der nicht rechtzeitigen Zahlung einer Folgeprämie die Verpflichtung des Versicherers gegenSieg/Johannsen

C 29, C 31, C 33, G 153, J 2, J 45-61

17

Anm. A 13

Α. Überblick

über dem Hypothekengläubiger bis zum Ablauf eines Monats von dem Zeitpunkt an bestehen, in welchem dem Hypothekengläubiger die Bestimmung der Zahlungsfrist oder, wenn diese Mitteilung unterblieben ist, die Kündigung mitgeteilt worden ist. §103 [1] Hat im Falle der Gebäudeversicherung ein Hypothekengläubiger seine Hypothek dem Versieherer angemeldet, so wirkt eine Kündigung, ein Rücktritt, ein Fristablauf oder eine sonstige Tatsache, welche die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zur Folge hat, gegenüber dem Hypothekengläubiger erst mit dem Ablauf von drei Monaten, nach dem die Beendigung und, sofern diese noch nicht eingetreten war, der Zeitpunkt der Beendigung ihm durch den Versicherer mitgeteilt worden oder in anderer Weise zu seiner Kenntnis gelangt ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Versicherungsverhältnis wegen unterbliebener Prämienzahlung durch Rücktritt oder Kündigung des Versicherers endigt oder wenn es mit Zustimmung des Hypothekengläubigers durch den Versicherungsnehmer gekündigt wird. [2] Abs. 1 Satz 1 gilt sinngemäß für die Wirksamkeit einer Vereinbarung zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer, durch welche die Versicherungssumme oder der Umfang der versicherten Gefahr gemindert wird, sowie für die Wirksamkeit einer Vereinbarung, nach welcher der Versicherer nur verpflichtet ist, die Entschädigungssumme zur Wiederherstellung des versicherten Gebäudes zu zahlen. [3] Die Nichtigkeit des Versicherungsvertrags kann gegenüber einem Hypothekengläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, nicht geltend gemacht werden. Das Versicherungsverhältnis endigt jedoch ihm gegenüber mit dem Ablauf von drei Monaten, nachdem ihm die Nichtigkeit durch den Versicherer mitgeteilt worden oder in anderer Weise zu seiner Kenntnis gelangt ist.

C 31, C 33, G 153, J 2, J 51-52, J 62-68

D 51

§104 Soweit der Versicherer auf Grund der Vorschriften der §§ 102, 103 den Hypothekengläubiger befriedigt, geht die Hypothek auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil eines gleich- oder nachstehenden Hypothekengläubigers geltend gemacht werden, dem gegenüber die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung bestehen geblieben ist. 18

Sieg/Johannsen

J 2, J 69-75

Anm. A 13

II. Rechtsgrundlagen

§105 Im Falle des § 102 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2, § 103 ist der Versicherer verpflichtet, bis zur anderweitigen Versicherung der Gebäude mit dem Hypothekengläubiger für dessen Interesse eine Gebäudeversicherung abzuschließen oder die Versicherung fortzusetzen, wenn der Hypothekengläubiger dies bis zum Ablauf der in diesen Vorschriften bezeichneten Fristen schriftlich bei dem Versicherer beantragt und sich zur Zahlung der Prämie verpflichtet. Die Versicherung muß das berechtigte Interesse des Hypothekengläubigers gewährleisten.

A 60, C 38, D 19, H 222, J 2, J 76-82

§106 [1] Hat im Falle der Gebäudeversicherung ein Hypothekengläubiger seine Hypothek dem Versicherer angemeldet, so ist die Kündigung der Versicherung durch den Versicherungsnehmer, unbeschadet der Vorschriften des § 70 Abs. 2, § 96, nur wirksam, wenn dieser mindestens einen Monat vor Ablauf des Versicherungsvertrags nachgewiesen hat, daß in dem Zeitpunkte, in dem die Kündigung spätestens zulässig war, das Grundstück nicht mit der Hypothek belastet war oder daß der Hypothekengläubiger der Kündigung der Versicherung zugestimmt hat. [2] Die Zustimmung darf nicht ohne ausreichenden Grund verweigert werden.

J 2, J 83-89

§107 Der Versicherer ist verpflichtet, einem Hypothekengläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, die Anmeldung zu bestätigen und auf Verlangen Auskunft über das Bestehen von Versicherungsschutz sowie über die Höhe der Versicherungssumme zu erteilen.

J 2, J 90-92

§ 107a Hat der Hypothekengläubiger seine Wohnung geändert, die Änderung dem Versicherer aber nicht mitgeteilt, so genügt für eine Mitteilung der in §§ 101 bis 103 bezeichneten Art die Absendung eines eingeschriebenen Briefes nach der letzten dem Versicherer bekannten Wohnung. Die Mitteilung wird in dem Zeitpunkte wirksam, in welchem sie ohne die Wohnungsänderung bei regelmäßiger Beförderung dem Hypothekengläubiger zugegangen sein würde.

Sieg/Johannsen

J 93-95

19

Anm. A 13

Α. Überblick

§ 107b Ist das Grundstück mit einer Reallast, Grundschuld oder Rentenschuld belastet, so finden die Vorschriften der §§ 99 bis 107a entsprechende Anwendung.

J 3, J 96-97

§ 107c Die durch die Vorschriften der §§ 101 bis 107b begründeten Rechte können nicht zugunsten solcher Hypotheken, Grundschulden oder Rentenschulden geltend gemacht werden, die dem Versicherungsnehmer zustehen.

J 3 J 98-99

§187 [1] Die in diesem Gesetze vorgesehenen Beschränkungen der Vertragsfreiheit bleiben bei der Transportversicherung von Gütern, bei der Kreditversicherung und bei der Versicherung gegen Kursverluste außer Anwendung. [2] Das gleiche gilt von einer Schadensversicherung, die in der Weise genommen wird, daß die versicherten Interessen bei der Schließung des Vertrags nur der Gattung nach bezeichnet und erst nach ihrer Entstehung dem Versicherer einzeln aufgegeben werden (laufende Versicherung). [3] Der Reichsminister der Justiz kann im Einvernehmen mit den beteiligten Reichsministern durch Verordnung bestimmen, daß die in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen der Vertragsfreiheit bei bestimmten Arten von Versicherungsverträgen ganz oder zum Teil außer Anwendung bleiben*). Zu A 13 § 187: Die Vorschrift lautet seit dem 1. VII. 1990 (BGBl. 1990 S. 249) wie folgt: Die in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen der Vertragsfreiheit sind auf die in Art. 10 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Gesetz über den Versicherungsvertrag genannten Großrisiken nicht anzuwenden. §192 [1] Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Versicherungsverhältnisse, die bei einer nach Landesrecht errichteten öffentlichen Anstalt unmittelbar kraft Gesetzes entstehen, sowie über Ver*) Hierzu vgl. jetzt Art. 129 Abs. 1, 3 GrundG.

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Sieg/Johannsen

A 45, A 46, zu A 4 5 - 4 6

II. Rechtsgrundlagen

A n m . A 14

Sicherungen, die bei einer solchen Anstalt infolge eines gesetzlichen Zwanges genommen werden. [2] Auf sonstige Versicherungen, die bei einer nach Landesrecht errichteten öffentlichen Anstalt genommen werden, finden die in diesem Gesetze vorgesehenen Beschränkungen der Vertragsfreiheit sowie die Vorschriften über die Versicherungsagenten keine Anwendung. [3] Wird eine Versicherungsunternehmung von dem Bundesaufsichtsamte für das Versicherungs- und Bausparwesen oder von der nach den §§ 2 , 3 des Gesetzes über die privaten Versicherungsunternehmungen vom 12. V. 1901 (Reichs-Gesetzbl. S. 139) zuständigen Landesbehörde als öffentliche Anstalt im Sinne des § 1 1 9 des genannten Gesetzes anerkannt, so gilt sie auch im Sinne dieses Gesetzes als öffentliche Anstalt. Anm.: Nach $ 2 III BAG ist das Bundesaufsichtsamt zuständig für die öffentlichrechtlichen Wettbewerbsunternehmungen, die über den Bereich eines Landes hinaus tätig sind, und diejenigen öffentlichrechtlichen Wettbewerbsunternehmungen, über die es bisher schon die Aufsicht ausgeübt hat. Die öffentlichrechtlichen Pflicht- und Monopolanstalten und die übrigen öffentlichrechtlichen Wettbewerbsunternehmungen unterliegen der Landesaufsicht. - Dem § 192 III verwandt ist § 2 VAG: Bindende Feststellung darüber, ob Vsgeschäfte betrieben werden. Für den Bereich des 5 2 VAG gilt dieselbe Behördenzuständigkeit wie im Bereich des § 2 III BAG: PrölssSchmidt-Frey VAG9, München 1983, § 2 VAG Rdnr. 2.

Zu A 13 § 192: § 192 ist durch das 3. DurchführungsG/EWG zum VAG vom 21. VII. 1994 (BGBl. I S. 1662) aufgehoben worden. §193 [1] Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der Versicherer verpflichtet ist, die Entschädigungssumme nur zur Wiederherstellung des versicherten Gegenstandes zu zahlen. [2] Die Landesgesetze können bestimmen, in welcher Weise im Falle des § 97 die Verwendung des Geldes zu sichern ist. [A 14] b) Landesgesetze Soweit nach §§ 192, 193 auf das Landesrecht verwiesen wird, gilt folgendes: Den Ländern steht die Ausschöpfung des ihnen überlassenen Spielraums nicht völlig frei: Von §§ 100-107 c darf nicht zu Lasten der Realrechtsgläubiger abgewichen werden: V O vom 28. XII. 1942 R G B l 1942 S. 740 Art. III Nr. 1. Sieg/Johannsen

21

Anm. A 15

Α. Überblick

§ 192 I handelt nicht lediglich von der Feuerv, tatsächlich hat er aber in dieser Sparte seine dominierende Bedeutung. Landesrecht kommt für die Betriebsunterbrechungsv nur kraft § 192 II in Frage. Die einschlägigen landesrechtlichen Quellen sind zusammengestellt bei SchmidtBoeck, Das Recht der öffentlich-rechtlichen Sachv, 3. Aufl., Karlsruhe 1979. Immer noch spielt das Preußische SozietätenG vom 25. VII. 1910, soweit es sich mit Vertragsrecht befaßt, eine erhebliche Rolle. Das in ihm enthaltene Aufsichtsrecht ist allerdings durch modernere Quellen abgelöst worden. Zum Verhältnis des § 192 zum Landesrecht vgl. generell Büchner in Festgabe für E. R. Prölss zum 50. Geburtstag, 1957, S. 19ff. Zu A 14: § 192 ist durch das 3. DurchführungsG/EWG zum VAG vom 21. VII. 1994 (BGBl. I S. 1662) aufgehoben worden, vgl. dazu Anmerkungen zu Β 1 und 2. [A 15] c) Gesetze im materiellen Sinn aa) RechtsVOen Unter Gesetze im materiellen Sinn fallen auch RechtsVOen und autonome Satzungen. Die ersteren spielen für die Feuerv kraft § 7 AFB, § 6 AWaB eine Rolle in Gestalt der polizeilichen Sicherheitsvorschriften oder der VOen nach § 24 GewO. Entgegen Raiser § 7 Rdnr. 3 sind Polizeiverfügungen keine „Vorschriften". Prölss-Martin 23 § 7 A F B Anm. 3 rechnen auch die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften hierzu, zu Unrecht. Deren Legitimation zur Normsetzung beschränkt sich auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (vgl. Sieg SAE 1977 S. 14; O L G Hamm 20.111.1974 VersR 1975 S. 607). Deshalb entlasten umgekehrt auch Zustimmungen der Berufsgenossenschaften zur Abweichung von gesetzlichen oder polizeilichen Sicherheitsbestimmungen den Vmer nicht automatisch, sondern es bedurfte für die Betriebsunterbrechungsv der Klausel 5 a VerBAV 1970 S. 23, für die Feuerv der Klausel 18 a VerBAV 1970 S. 6. - Es steht aber nichts im Wege, Unfallverhütungsvorschriften zu v e r e i n b a r e n , dann gelten sie aber nicht kraft Normenqualität. Zu den Sicherheitsvorschriften existiert eine einschlägige Geschäftsplanmäßige Erklärung (Handbuch der Allgemeinen Sachv S. 153): „Soweit in den AVB auf gesetzliche oder polizeiliche Vorschriften Bezug genommen wird, werden wir darunter nur solche Vorschriften verstehen, die zum Zwecke einer Gefahrminderung oder zur Verhütung einer Gefahrerhöhung im Hinblick auf das versicherte Risiko erlassen sind." Zu A 15: Die genannte geschäftsplanmäßige Erklärung hat nur noch für Altverträge vor dem 1. VII. 1994 Geltung, vgl. Anmerkung zu A 21. Nach der Rechtsprechung des B G H , ζ. B. 13. X I . 1996 VersR 1997 S. 485-486 mit Nachweisen, löst aber ohnehin eine Verletzung von Sicherheitsvorschriften die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit nur aus, wenn die Schadensfolgen zu denjenigen gehören, denen durch die Erfüllung der Obliegenheit gerade vorgebeugt werden soll, vgl. dazu G 80. Die geschäftsplanmäßige Erklärung hat also nur die Rechtslage wiedergegeben.

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Sieg/Johannsen

Anm. A 17

II. Rechtsgrundlagen

[A 16] bb) Autonome Satzungen, Regeln der Technik Nichtstaatlichen Verbänden kann kraft Gesetzes die Befugnis zur Rechtssetzung verliehen worden sein (Brox, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 1976 Rdnr. 6). Für die Feuerv und die Betriebsunterbrechungsv spielt solche Autonomie in der öffentlichen V eine Rolle. Die Vorbehalte der §§ 192, 193 können nämlich die Länder durch Gesetz im formellen Sinne ausnutzen, oder sie können ihre Rechtssetzungsgewalt auf die öffentlichrechtlichen Ver übertragen, diese sind dann zum Erlaß autonomer Satzungen befugt. Die Satzungen von Wettbewerbsanstalten sind allerdings, soweit sie AVB ersetzen, so wenig autonomes Recht wie die Satzungen der W a G . Die Sicherheitsvorschriften, die von Ausschüssen nach § 24 IV G e w O als Regeln der Technik aufgestellt werden, z. B. die D I N (vgl. Feldmann-Hess S. 43, 97-103), die Regeln des Verbandes Deutscher Elektrotechniker oder des Vereins Deutscher Ingenieure stehen autonomem Recht nicht gleich (sind daher auch keine Schutzgesetze nach § 823 II B G B ) , trotz der Bezugnahme in § 1 2. D V O zum EnergiewirtschaftsG. Gleichwohl sind sie rechtlich, auch vsrechtlich, von Bedeutung: Der Verstoß dagegen kann eine Verschuldensvermutung zu Lasten des Vmers bei Beurteilung der Gefahrstandspflicht oder der Herbeiführung des Vsfalles begründen. Die K a u s a l i t ä t zwischen Handlung bzw. Unterlassung und Schadenereignis kann bei Abweichung von technischen Normen prima facie als bewiesen gelten. Die Regeln der Technik haben also eine gesetzliche normenkonkretisierende Wirkung. Vgl. zu alledem: Hammer M D R 1966 S. 980; Herschel N J W 1968 S. 618-623; Eberstein B B 1969 S. 1296; Marburger, Regeln der Technik im Recht, 1979 passim; Nicklisch B B 1983 S. 261 ff. Zu A 16: § 192 ist durch das 3. DurchführungsG/EWG zum V A G vom 21. VII. 1994 (BGBl. I S. 1662) aufgehoben worden. [A 17] d) Exkurs: Öffentlichrechtliche Spezialvorschriften aa) Strafgesetzbuch Aus der Zeit, als Feuerv und Schiffsv die wichtigsten Vssparten waren, stammt § 265 S t G B , der einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme der Ver mit Rücksicht auf ihre volkswirtschaftliche Bedeutung vorbeugen will (und deshalb auch Reflexwirkungen auf das einzelne Vsverhältnis ausübt). § 265 S t G B lautet: I. Wer in betrügerischer Absicht eine gegen Feuergefahr versicherte Sache in Brand setzt oder ein Schiff, welches als solches oder in seiner Ladung oder in seinem Frachtlohn versichert ist, sinken oder stranden macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. II. In minder schweren Fällen tritt Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 5 Jahren ein.

Hier wird also eine Vorbereitungshandlung (zum Betrug) unter Strafe gestellt, deren Versuch ist strafbar. Da die Strafe höher ist als diejenige des Grunddelikts (§ 263 StGB), steht im Hintergrund des § 265 auch die Gemeingefährlichkeit des Handelnden. Mit den Brandstiftungsnormen der §§ 306-308 S t G B besteht Idealkonkurrenz. Zum Streit über die Motivation des § 265 vgl. Schönke-Schröder, StGB, 20. Aufl., 1980, § 265 Anm. 1; Lackner, StGB, 14. Aufl., 1982, § 265 Anm. 1; Dreher-Tröndle, StGB, 39. Aufl., 1980, § 265 Anm. 2 A; Leipziger Kommentar zum StGB, 9. Aufl., 1977, § 265 Rdnr. 1; Kohlhaas VersR 1965 S. 4; Schad, Betrügereien gegen Ven, Diss. Kiel 1965, S. 75-88, S. 105-108. Sieg/Johannsen

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Anm. A 19

Α. Überblick

Man ist sich heute darüber klar, daß die Vorschrift änderungsbedürftig ist, und zwar in dem Sinne, daß sich der Schutz auf alle Vssparten bezieht, der Strafrahmen aber gesenkt wird: Leipziger Kommentar, Kohlhaas, Schad, jeweils a.a.O.; ferner Herold ZfV 1963 S. 680. Die Vorschrift spielt in der Praxis keine große Rolle. Vgl. aus neuerer Zeit O L G Düsseldorf 22.1.1982 Z. f. Schadensrecht 1983 S. 284: Die in § 265 StGB enthaltene Tatbestandsbeschränkung auf das Vsrisiko eines Brandes gilt auch dann, wenn - wie bei der Fahrzeugv üblich - die Brand- und die Diebstahlsgefahr miteinander verbunden sind. Auch dann steht nur das Brandrisiko unter dem strafrechtlich herausgehobenen Schutz von § 265 (Leitsätze). Zu A 17: § 265 StGB lautet in der Neufassung des StGB vom 13. XI. 1998, die insoweit am 1.1.1999 in Kraft getreten ist, wie folgt: Wer eine gegen Untergang, Beschädigung, Beeinträchtigung der Brauchbarkeit, Verlust oder Diebstahl versicherte Sache beschädigt, zerstört, in ihrer Brauchbarkeit beeinträchtigt, beiseite schafft oder einem anderen überläßt, um sich oder einem Dritten Leistungen aus der Versicherung zu verschaffen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 263 mit Strafe bedroht ist. Der Versuch ist strafbar. Zur Auslegung der Vorschrift vgl. Weber in Festschrift für Horst Baumann Karlsruhe 1999 S. 345-357. [A 18] bb) FeuerschutzsteuerG Als Äquivalent für die Übernahme der Schadenverhütung durch den Staat wurde den Vern die Feuerschutzsteuer auferlegt. Maßgebend ist das am 1.1.1980 in Kraft getretene FeuerschutzsteuerG des Bundes vom 21. XII. 1979 (BGBl I S. 2353). Danach haben die Zwangsanstalten (die mit Monopol ausgestattet sind) und diejenigen Monopolanstalten, bei denen kraft Gesetzes Vsverhältnisse bestehen, 12 %, alle übrigen Ver 5 % der Feuervsprämie abzuführen. Der Gesetzgeber hat damit der besonderen Verpflichtung der Monopolver zum Feuerschutz Rechnung getragen: Mangold ZfV 1981 S. 45. Das G vom 13.11.1984 (BGBl I S. 214) hat lediglich die Zerlegung der Feuerschutzsteuer neu geregelt, und zwar unter Anknüpfung an die Belegenheit der verten Objekte ( § 1 1 II, III). Die Ver sind bei der Feuerschutzsteuer nicht nur, wie bei der Vssteuer, durchleitende Stelle, sondern Steuerschuldner. Zu A 18: Das FeuerschutzsteuerG gilt jetzt in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.1.1996 (BGBl I S. 18), die der Abschaffung der Vsmonopole Rechnung trägt. Die Steuer beträgt jetzt einheitlich 10% der Prämie. [A 19] cc) Konkursordnung Den öffentlichrechtlichen Anstalten mit Annahmezwang ist im Konkurse des Vmers das Vorzugsrecht der dritten Rangklasse der Konkursforderungen eingeräumt worden. Die maßgebliche Bestimmung des § 61 K O lautet: Die Konkursforderungen werden nach folgender Rangordnung, bei gleichem Range im Verhältnis ihrer Beiträge berichtigt: 3. die Forderungen der Kirchen und Schulen, der öffentlichen Verbände und der öffentlichen, zur Annahme der Versicherung verpflichteten Feuerversicherungsanstalten wegen

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Sieg/Johannsen

Anm. A 20

II. Rechtsgrundlagen

der nach Gesetz oder Verfassung zu entrichtenden Abgaben und Leistungen aus dem letzten Jahre vor der Eröffnung des Verfahrens.

Entsprechend ist § 10 Ziff. 3 Z V G formuliert. Große Bedeutung haben diese Vorschriften nicht, da nach Befriedigung der dinglich gesicherten Gläubiger, nach Erledigung von Massekosten und -schulden, nach Befriedigung der Gläubiger nach § 6 1 1 Ziff. 1 und 2 K O kaum noch eine zu verteilende Masse bleibt. Sachlich ist das Vorrecht nicht gerechtfertigt, weil ja auch ζ. B. dem Kraftfahrzeug-Haftpflichtver eine Annahmepflicht auferlegt worden ist, ohne daß er eine bevorzugte Stellung im Konkurse des Vmers genießt. Für die Zwangsverwaltung verweist § 155 II Z V G u.a. auf § 10 Ziff. 3 mit der Maßgabe, daß in der Zwangsverwaltung nur laufende Beiträge berichtigt werden, nicht auch gewisse Rückstände, wie nach § 10 Ziff. 3; vgl. Stöber-Zeller, Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, Bd. 2 3. Aufl. 1974 Rdnr. 633; Henze-Hagemann, Zwangsvollstreckung, 1975 Rdnr. 281. Zu A 19: Die K O ist inzwischen durch die Insolvenzordnung (InsO) vom 5. X . 1994 ( B G B l I S. 2866) abgelöst worden, die eine entsprechende Privilegierung nicht mehr enthält. Auch das Z V G erwähnt Vsbeiträge für Monopolanstalten nicht mehr. Zur Abschaffung der Vsmonopole vgl. zu Β 1 und 2. [A 20] 2. Normenähnliche Grundlagen (Überblick) a) AVB Eine Eigenart des Vswesens besteht darin, daß hier außergesetzliche Rechtsquellen, die normenähnlichen AVB, eine erhebliche Rolle spielen, mehr als Allgemeine Geschäftsbedingungen in anderen Wirtschaftszweigen. Das erklärt sich daraus, daß die AVB zum großen Teil Produktbeschreibungen enthalten. AVB im Rechtsinne sind nicht nur diejenigen, die sich ausdrücklich diese Bezeichnung beilegen, sondern auch Zusatzbedingungen, Sonderbedingungen und Klauseln, die für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt sind. Sogenannte Standard-Klauseln gehören ebenfalls hierher, sie sind bestimmt zur informellen Abänderung von AVB: Martin A IV 25; Ollick VerBAV 1981 S. 34. Gerade auf dem Gebiet der Feuerv haben die AVB von jeher eine differenzierte Regelung enthalten, die den §§ 8 1 - 1 0 7 c späterhin als Vorbild diente, vgl. Sieg ZVersWiss 1975 S. 162. In neuerer Zeit ist die Beobachtung zu machen, daß sich der vorformulierte Vertragsinhalt nicht nur nach den AVB, sondern auch nach den genormten Fragen und Erläuterungen im Antrag richtet, wobei, wie Martin, Einführung S. 3 zu Recht bemerkt, die Abgrenzung zu den AVB rein zufällig ist. U m den Stoff nicht zu sehr anschwellen zu lassen, ist hier von einem Abdruck jener verhüllten AVB abgesehen worden. Zur Rangordnung der AVB vgl. Möller, Einleitung, Anm. 32. Zu A 20: Durch das 3. DurchführungsG/EWG zum V A G vom 21. VII. 1994 ( B G B l I S. 1630) hat der deutsche Gesetzgeber der Forderung der 3. Schadensrichtlinie der E G vom 18. VI. 1992 (Richtlinie 94/49 E W G A B I E G Nr. 228 S. 1) nach Abschaffung der bisher ex ante erfolgten Genehmigung der Vsbedingungen durch die Vsaufsichtsbehörden Rechnung getragen. Die AVB gehören nach der Änderung von § 5 V A G nicht mehr zum Geschäftsplan, der von den Vsunternehmen mit dem Antrag auf Erlaubnis der Aufsichtsbehörde einzureichen ist. Eine Uberprüfung von AVB durch die Aufsichtbehörde erfolgt nur nachträglich im Rahmen der in § 81 V A G neugeregelten Sieg/Johannsen

25

Anm. A 21

Α. Überblick

Rechtsaufsicht, wonach die Aufsichtsbehörde auf die ausreichende Wahrung der Belange der Vten und auf die Einhaltung der Gesetze, die für den Betrieb des Vsgeschäfts gelten, zu achten hat. Dazu gehört insbesondere eine Kontrolle darüber, ob die von den Vern verwendeten AVB mit den Vorschriften des W G und des A G B G sowie sonstiger dem Schutze des Vmers als Verbraucher dienenden Gesetze im Einklang stehen (Kollhosser in Prölss VAG 1 1 R N 21 zu § 81; Präve Vsbedingungen und A G B G R N 45-49 S. 22-25). Die materiellrechtlichen Vorschriften des A G B G sind durch das SchuldrechtsmodernisierungsG vom 26. XI. 2001 (BGBl. I S. 3138) mit Wirkung vom 1.1.2002 als §§ 305-310 in das B G B eingefügt worden. Im übrigen unterliegt die Kontrolle den Zivilgerichten, deren Uberprüfung von AVB in Individualstreitigkeiten und Verbandsverfahren nach § 13 A G B G (ab 1.1.2002 nach dem Unterlassungsklagengesetz vom 26.XI.2001 BGBl. I S. 3138, 3173) nach Wegfall der Bedingungsgenehmigung durch die Aufsichtsbehörden eine noch größere Bedeutung als vorher zukommt (Römer VersR 1998 S. 1313-1322). [A 21] b) Geschäftsplanmäßige Erklärungen Geschäftsplanmäßige Erklärungen gehören deshalb zu den Grundlagen einer Vssparte, weil sie häufig Vorläufer oder Ergänzungen von AVB sind. Soweit sie Inhalt eines G e s c h ä f t s p l a n s bilden könnten, sind sie solchem g l e i c h z u s t e l l e n : Raiser Allgemeine Vorbemerkungen Rdnr. 5; Prölss-Schmidt-Frey 9 § 5 Rdnr. 24. Sie lassen sich flexibler einführen und ändern als AVB und stellen deshalb oft deren Erprobungszustand dar. Über die r e c h t l i c h e Q u a l i f i k a t i o n vgl. Wagner Bd. VI 1 Anm. A 34-35. Wagner verneint die privatrechtliche Wirkung, während die Aufsichtsbehörde und die Gerichtspraxis sie zuweilen - bei erfolgter Publikation - bejahen, sei es auf Grund Vertrages zugunsten Dritter, sei es auf Grund Vertrauenstatbestandes, der dem Vmer die Einrede des venire contra factum proprium gegenüber dem von seinen geschäftsplanmäßigen Erklärungen abweichenden Ver gibt (vgl. Rieger N J W 1978 S. 1911, Buchbesprechung; Verlautbarung des BAV VerBAV 1967 S. 20-21, an beiden Stellen weitere Nachweise). Ich halte an der schon VersR 1972 S. 136 geäußerten Meinung, daß Geschäftsplanmäßige Erklärungen, die die V e r t r a g s v e r h ä l t n i s s e betreffen (im Unterschied zu Erklärungen wettbewerblicher Art oder solchen über das Verhältnis der Ver zur Aufsichtsbehörde), unmittelbar wirken, fest. Mir scheint, die Gegenansicht vernachlässigt berechtigte Interessen des Vmers. Geschäftsplanmäßige Erklärungen speziell für die Feuer- bzw. Betriebsunterbrechungsv sind selten, vgl. etwa VerBAV 1970 S. 27. Innerhalb der Feuerv bezieht sich eine Geschäftsplanmäßige Erklärung auf die Schoberv (VerBAV 1969 S. 302). Im übrigen gelten natürlich die Geschäftsplanmäßigen Erklärungen für die Sachv, VerBAV 1969 S. 300-305, auch für die Feuerv (hierzu Dreger VerBAV 1969 S. 317-318; Abänderungen: VerBAV 1970 S. 188). Zu A 21: Zu geschäftsplanmäßigen Erklärungen hat der B G H inzwischen in mehreren Entscheidungen Stellung genommen. Er hat auf ihre öffentlich-rechtliche Grundlage hingewiesen und daraus gefolgert, daß sie nicht in das einzelne Vsverhältnis, etwa auf Grund eines Vertrages zwischen Ver und Aufsichtsamt zu Gunsten des Vmers einbezogen seien. Dennoch könnten sie wegen ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Aufsichtsbehörde Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis haben, nämlich dem Vmer ein Recht auf Einhaltung der von dem Ver gegenüber dem Aufsichtsamt eingegangenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtung einräumen ( B G H 13. VII. 1988 26

Sieg/Johannsen

II. Rechtsgrundlagen

Anm. A 23

VersR 1988 S. 1062-1066, 5. II. 1992 VersR 1992 S. 484-487, 7. IV. 1996 VersR 1996 S. 486-488). Mit dem Wegfall der Bedingungsgenehmigung ist auch die rechtliche Grundlage für die Abgabe von geschäftsplanmäßigen Erklärungen weggefallen (Reimer Schmidt in Prölss VAG 11 RN 11 zu § 5; Kollhosser ebenda R N 25 a) und b) zu § 81). Für Altverträge gelten sie aber in bisherigem Umfang weiter (BGH 7. IV. 1996 aaO.). Für die nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung, also nach dem 28. VII. 1994 abgeschlossenen Verträge haben sie keine besondere Bedeutung mehr (Reimer Schmidt, Kollhosser aaO.; Präve Vsbedingungen und AGBG RN 102 S. 44). Das BAV VA 1994 S. 356 hat die Ver auch für Neuverträge zur Einhaltung der geschäftsplanmäßigen Erklärungen für verpflichtet gehalten, „sofern sonst ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften vorliegt". Die Einhaltung der Gesetze gehört aber zu den selbstverständlichen Pflichten der Ver, dafür bedarf es einer solchen Grundlage nicht. Entsprechendes gilt für die Beachtung von Grundsätzen höchstrichterlicher Rechtsprechung, die Gegenstand der vom BAV aaO. angeführten Erklärungen sind, die weitergelten sollen. Soweit aber die geschäftsplanmäßigen Erklärungen einen weitergehenden Inhalt haben, brauchen Ver sie für Neuverträge nicht zu beachten. [A 22]

c) Verwendung nichtgenehmigter AVB

Das BAV hat die Verwendung nichtgenehmigter AVB in der Feuerv (VerBAV 1965 S. 41, 1980 S. 242) und in der Feuerbetriebsunterbrechungsv (VerBAV 1975 S. 59) mehrfach gerügt. Der Vsvertrag wird durch solche Bedingungen nicht unwirksam, auch treten nicht etwa die genehmigten AVB an die Stelle der verwendeten. Praktisch ist die planmäßige Abweichung von genehmigten AVB eine Folge des Konkurrenzkampfes, d. h. in aller Regel entsteht dem Vmer kein Nachteil, wenn ihm gegenüber an Stelle genehmigter andere Bedingungen verwendet werden. Aufsichtsrechtlich gilt folgendes: Das BAV kann gegen den von seinem Geschäftsplan abweichenden Ver eine Geldbuße verhängen, § 144 I Ziff. 4 VAG. Auch kommt der Erlaß eines Verwaltungsakts nach § 81 II S. 1 VAG in Betracht, den das Aufsichtsamt mittels eines Zwangsgeldes nach § 81 III VAG durchsetzen könnte. Geldbuße und Zwangsgeld können konkurrieren. Zur wettbewerblichen Seite des Abweichens vom Geschäftsplan vgl. Sieg ZVersWiss 1983 S. 205. Entsprechendes gilt für die Abweichung von Geschäftsplanmäßigen Erklärungen, soweit diese dem Vsvertrag Inhalt geben (s. oben Anm. A 21). Zu A 22: Das behandelte Problem ist mit der gesetzlichen Aufhebung der Bedingungsgenehmigung weggefallen. [A 23] 3. AVB der Feuerversicherung a) Vorbemerkung: Vom Abdruck der Sonderbedingungen, die mit Wertvereinbarungen im Zusammenhang stehen, wird hier abgesehen. Sie werden anläßlich der Erläuterung zum Vswert abgedruckt werden. Entsprechendes gilt für folgende Bedingungswerke: 1. Klauseln für die nichtindustrielle Feuerv: VerBAV 1982 S. 4, 66, 145. Berichtigungen a.a.O. S. 190, 317. Diese Klauseln sind hervorgegangen aus den Klauseln für die gebündelte Geschäfts- und Bürov, VerBAV 1964 S. 158. 2. Klauseln für die industrielle Feuerv, die nur von Fall zu Fall zugestanden werden: VerBAV 1970 S. 7-22 mit zahlreichen Änderungen. Von der Zitierung der Änderungen ist hier abgesehen worden, weil diese Klauseln in Überarbeitung sind. Von ihnen ist im folSieg/Johannsen

27

Anm. A 24

Α. Überblick

genden nur die Klausel 5.07 abgedruckt, weil sie die einzige ist, die sich auf das isolierte Verwertungsinteresse bezieht, vgl. § 105.

Vgl. im übrigen oben Anm. A 3. Wegen der relativ geringen Verbreitung der Waldbrandv wird hier von einem Abdruck der AWaB abgesehen. Sie sind veröffentlicht VerBAV 1974 S. 18-22 mit Änderungen VerBAV 1978 S. 26, VerBAV 1983 S. 306, VerBAV 1984 S. 97, 390, 392, 396. [A 24] b) Texte aa) Allgemeine Feuerversicherungs-Bedingungen (AFB) Zu A 24: aa) Zitiert als AFB 30 §1 Versicherte Gefahren und Schäden 1. Der Versicherer gewährt Versicherungsschutz a) gegen Brand und Blitzschlag, b) gegen Explosion von Leuchtgas ohne Unterschied seiner Verwendung und von Beleuchtungskörpern, bei Versicherungen von Wohngebäuden und Hausrat gegen Explosionen aller Art. 2. Als Brand gilt ein Feuer, das ohne einen bestimmungsmäßigen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag (Schadenfeuer). Sengschäden, die nicht durch einen Brand entstanden sind, sowie Schäden, die an den versicherten Sachen dadurch entstehen, daß sie einem Nutzfeuer oder der Wärme zur Bearbeitung oder zu sonstigen Zwecken (z.B. zum Räuchern, Rösten, Kochen, Braten, Trocknen, Plätten) ausgesetzt werden, fallen nicht unter den Versicherungsschutz. 3. Der Versicherer haftet für die Schäden, die in Zerstörung oder Beschädigung der versicherten Sachen bestehen, wenn sie a) auf der unmittelbaren Einwirkung der in Abs. 1 genannten Schadenereignisse beruhen oder b) die unvermeidliche Folge eines solchen Ereignisses sind und das Ereignis auf dem Grundstück, auf dem sich die versicherten Sachen befinden, oder auf einem Nachbargrundstück eingetreten ist, oder c) durch Löschen, Niederreißen oder Ausräumen verursacht werden. 4. Der Versicherer ersetzt den Wert der versicherten Sachen, die bei einem der in Abs. 1 genannten Schadenereignisse abhanden gekommen sind. 5. Der Versicherer ersetzt Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer im Schadenfalle (Versicherungsfalle) gemacht hat, nach Maßgabe des § 14. 28

Sieg/Johannsen

Η 1, Η 10, H 1 1 , H 1 2 , Η 21

C 2, Η 3, Η 5, Η 7, Η 8, Η 9, Η 12

C 2, C 4, C 15

Η 16, Η 17 C 10, Η 6, Η 8, Η 16, H 17

G 149, H 30 C 8, G 103, G 125, G 149

Anm. A 24

II. Rechtsgrundlagen

6. Für einen weiteren Schaden, insbesondere für entgangenen Gewinn und Aufräumungskosten, haftet der Versicherer nur, wenn es besonders vereinbart ist. 7. Der Versicherer haftet nicht für Schäden, die durch Krieg, innere Unruhen, Erdbeben oder Kernenergie verursacht werden. Ist nicht festzustellen, ob eine dieser Ursachen vorliegt, so entscheidet die überwiegende Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO).

C 14-15 A 9, H 37, H 38, H 39

Versicherte Sachen 1. Soweit nichts anderes vereinbart ist, sind nur die dem Versicherungsnehmer gehörigen Sachen versichert. Versichert sind auch Sachen, die vom Versieherungsnehmer unter Eigentumsvorbehalt erworben und ihm übergeben sind, sowie Sachen, die er sicherungshalber übereignet hat und für die gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 W G dem Erwerber ein Entschädigungsanspruch nicht zusteht. Die Versicherung von Hausrat und von Arbeitsgerät erstreckt sich auch auf die Sachen solcher Familienangehörigen und Arbeitnehmer des Versicherungsnehmers, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Versicherungsnehmer leben oder an dem Orte, für den die Versicherung gilt, ihren Beruf ausüben. 2. Bargeld, Wertpapiere, Urkunden, Gold- und Silberbarren, ungefaßte Edelsteine sowie ungefaßte echte Perlen sind nur dann versichert, wenn es besonders vereinbart ist.

C 25, C 27, C 46, G 95, H 88, H 93, H 106, H 113, J 102, J 104, J 118, J120

H 97, H 157

§3 Ersatzwert, Unterversicherung 1. Die Versicherung darf nicht zu einer Bereicherung führen. Maßgebend für die Entschädigung ist der Versicherungswert zur Zeit des Eintritts des Schadenfalles (Ersatzwert), und zwar bei beschädigten Sachen der Unterschied zwischen diesem Wert und dem Wert der Reste, bei dessen Ermittlung die Verwendbarkeit der Reste für die Wiederherstellung zu berücksichtigen ist. Auf die Bewertung von Gebäuderesten bleiben behördliche Wiederaufbaubeschränkungen ohne Einfluß, soweit nichts anderes vereinbart ist. 2. Maßgebend für den Ersatzwert sind: a) bei Hausrat, Gebrauchsgegenständen, Arbeitsgeräten und Maschinen: der Wiederbeschaffungspreis unter billiger Berücksichtigung des aus dem Unterschied zwischen alt und neu sich Sieg/Johannsen

A 42, H 166

H 146, H 150

29

Anm. A 24

Α. Überblick

ergebenden Minderwertes; bei Gebäuden: der ortsübliche Bauwert unter Abzug eines dem Zustand des Gebäudes, insbesondere dem Alter und der Abnutzung entsprechenden Betrages. Ergibt sich bei Gebäuden und Maschinen ein geringerer Wert aus dem Umstände, daß sie vor Eintritt des Schadenfalles schon dauernd entwertet waren, so gilt der geringere Wert als Er s atz wert; b) bei Waren, die der Versicherungsnehmer herstellt (in Arbeit befindlichen und fertigen Fabrikaten): die Kosten der Neuherstellung, soweit sie den Preis nicht überschreiten, der bei dem Verkauf erzielt worden wäre, abzüglich der an dem etwa noch nicht fertigen Erzeugnis ersparten Kosten; c) bei Waren, mit denen der Versicherungsnehmer handelt, bei Rohstoffen, die der Versicherungsnehmer für die Erzeugung von Waren beschafft hat, sowie bei Naturerzeugnissen: der Wiederbeschaffungspreis, soweit er den Preis nicht überschreitet, der bei dem Verkauf erzielt worden wäre, abzüglich der an dem etwa noch nicht fertigen Erzeugnis ersparten Kosten. Maßgebend sind die Preise (soweit sich Marktpreise gebildet haben, die Marktpreise) zur Zeit des Eintritts des Schadenfalles sowie die Kosten der Neuherstellung zur Zeit des Eintritts des Schadenfalles. 3. Ein persönlicher Liebhaberwert (Affektionswert) darf bei Ermittlung des Ersatzwertes nicht berücksichtigt werden. 4. Ist die Versicherungssumme niedriger als der Ersatzwert (Unterversicherung), so wird nur derjenige Teil des Schadens ersetzt, der sich zum ganzen Schaden verhält wie die Versicherungssumme zum Ersatzwert. Ob Unterversicherung vorliegt, ist für jede Gruppe (Position) des Versicherungsscheins besonders festzustellen; außerhalb des Versicherungsortes (§ 4) befindliche Sachen sind hierbei nur dann zu berücksichtigen, wenn der Versicherer auch außerhalb des Versicherungsortes für sie haftet. Hausrat und Arbeitsgerät gelten mangels anderer Vereinbarung als in einer Gruppe versichert.

H 154

H 86

§4 Versicherungsort 1. Bewegliche Sachen sind nur in den Räumen versichert, die in der Versicherungsurkunde bezeichnet sind (Versicherungsort). Werden sie daraus entfernt, so ruht der Versicherungsschutz. Ist die Entfernung 30

Sieg/Johannsen

C 4, H 243

Anm. A 24

II. Rechtsgrundlagen

nicht nur vorübergehend, so erlischt insoweit auch der Versicherungsvertrag. 2. Im Falle der Versicherung des Hausrats und Arbeitsgeräts bleibt jedoch bei einem Wohnungswechsel der Versicherungsvertrag auch während des Umzugs und für die neue Wohnung bestehen, wenn sie innerhalb der Bundesrepublik und West-Berlins liegt. Der Versicherungsnehmer hat aber dem Versicherer unverzüglich schriftlich Anzeige innerhalb zweier Wochen nach Beendigung des Umzuges zu erstatten. Der Anzeigepflicht hat er genügt, wenn er die Anzeige innerhalb zweier Wochen nach Beendigung des Umzuges erstattet. Verletzt er diese Pflicht und ist mit dem Wohnungswechsel eine Gefahrerhöhung verbunden, so finden die Vorschriften der §§ 28 bis 30 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag ( W G ) entsprechende Anwendung. 3. Die Versicherung von Hausrat und Arbeitsgerät umfaßt auch Sachen, die sich vorübergehend außerhalb des Versicherungsortes in Europa befinden. Die Entschädigung darf aber nicht mehr als 10 vom Hundert der Versicherungssumme für Hausrat und Arbeitsgerät, zusammen höchstens 3000 DM, betragen. Diese Außenversicherung gilt nur dann als auf „Erstes Risiko" geschlossen, wenn es besonders vereinbart ist. §5 Anzeige von Gefahrumständen bei Vertragsschluß Der Versicherungsnehmer hat bei Vertragsschluß alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, insbesondere alle Umstände, nach denen er schriftlich gefragt wird, schriftlich anzuzeigen. Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflicht kann der Versicherer nach Maßgabe der §§ 16 bis 21 W G vom Vertrage zurücktreten und damit von der Entschädigungspflicht frei sein.

D 2 1 , G 3 , H211

§6

1. Nach dem Vertragsschluß darf der Versieherungsnehmer ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder gestatten. Erlangt der Versicherungsnehmer Kenntnis davon, daß eine Gefahrerhöhung ohne sein Wissen oder ohne seinen Willen eingetreten ist, so hat er dem Versicherer unverzüglich schriftlich Anzeige zu erstatten. 2. Tritt nach dem Vertragsschluß eine Gefahrerhöhung ein, so kann der Versicherer kündigen. Verletzt der Versicherungsnehmer eine der in Abs. 1 Sieg/Johannsen

G 64

31

Α. Überblick

Anm. A 24

genannten Pflichten, so ist der Versicherer außerdem nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen von der Entschädigungspflicht frei. 3. Die näheren Vorschriften über Gefahrerhöhung sind in den §§ 23 bis 30 W G enthalten. 4. Die Bestimmungen in den vorstehenden Absätzen finden auch Anwendung auf eine in der Zeit zwischen Stellung und Annahme des Versicherungsantrags eingetretene Gefahrerhöhung, die dem Versicherer bei der Annahme des Antrags nicht bekannt war.

D 45

§7 Sicherheitsvorschriften Verletzt der Versicherungsnehmer gesetzliche, polizeiliche oder vereinbarte Sicherheitsvorschriften oder duldet er ihre Verletzung, so kann der Versicherer innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, die Versicherung mit einmonatiger Frist kündigen. Er ist von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Schadenfall nach der Verletzung eintritt und die Verletzung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers beruht. Die Entschädigungspflicht bleibt bestehen, wenn die Verletzung keinen Einfluß auf den Eintritt des Schadenfalles oder auf den Umfang der Entschädigung gehabt hat oder wenn zur Zeit des Schadenfalles trotz Ablauf der Frist die Kündigung nicht erfolgt war.

G 44, G 69, G 76, G 86

§8

Prämie, Beginn der Haftung 1. Der Versicherungsnehmer hat die erste Prämie gegen Aushändigung der Versicherungsurkunde, Folgeprämien bei Beginn jeder Versicherungsperiode zu zahlen. Mit der Prämie sind die aus der Versicherungsurkunde oder der Prämienrechnung ersichtlichen Kosten (öffentliche Abgaben, Ausfertigungsund Hebegebühren, Auslagen) zu entrichten. 2. Die Haftung des Versicherers beginnt mit der Einlösung der Versicherungsurkunde, jedoch nicht vor dem in der Versicherungsurkunde bezeichneten Zeitpunkt. 3. Für die Folgen nicht rechtzeitiger Prämienzahlung gelten die §§ 38, 39, 91 W G . Eine gerichtliche Einziehung rückständiger Folgeprämien darf nur innerhalb eines Jahres seit Ablauf der nach §§ 39, 91 W G gesetzten Zahlungsfristen erfolgen. 32

Sieg/Johannsen

D 41, F 10

D 42

F 13

II. Rechtsgrundlagen

Anm. A 24

4. Endet das Versicherungsverhältnis vor Ablauf der Vertragszeit oder wird es nach Beginn rückwirkend aufgehoben oder ist es von Anfang an nichtig, so gebührt dem Versicherer Prämie oder Geschäftsgebühr gemäß den gesetzlichen Bestimmungen (z.B. §§ 40,68 W G ) . Kündigt nach Eintritt eines Versicherungsfalls (§18 Nr. 2) der Versicherungsnehmer, so gebührt dem Versicherer die Prämie für die laufende Versicherungsperiode. Kündigt der Versicherer, so hat er die Prämie für die laufende Versicherungsperiode nach dem Verhältnis der noch nicht abgelaufenen zu der gesamten Zeit der Versicherungsperiode zurückzuzahlen, und zwar im Falle von § 18 Nr. 1 nur aus der verminderten Versicherungssumme.

E 13

§9 Mehrfache Versicherung, Vereinbarte Selbstversicherung 1. Nimmt der Versicherungsnehmer für versicherte Sachen eine andere Feuerversicherung, auch gegen mittelbare Schäden, so hat er dem Versicherer unverzüglich den Namen des anderen Versicherers und die Versicherungssumme schriftlich anzugeben. Der Versicherer kann innerhalb eines Monats, nachdem er von der anderen Versicherung Kenntnis erlangt hat, die Versicherung mit dreimonatiger Frist kündigen. Ist die andere Versicherung nicht angezeigt oder dem Versicherer sonst nicht bekannt geworden und tritt nach Ablauf von drei Monaten seit dem Zeitpunkt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen, ein Schaden ein, so wird der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. Die Entschädigungspflicht bleibt bestehen, wenn zur Zeit des Schadenfalles trotz Ablauf der Frist eine Kündigung nicht erfolgt war. 2. Ist vereinbart, daß der Versicherungsnehmer einen Teil des Schadens selbst zu tragen hat (vereinbarte Selbstversicherung), so darf er für diesen Teil keine andere Versicherung nehmen. Andernfalls wird die Entschädigung so ermäßigt, daß der Versicherungsnehmer den vereinbarten Teil des Schadens selbst trägt.

Β 5-14, C 11, G 92, G 93

Β 15, G 88, H 197

§10 Überversicherung, Doppelversicherung 1. Ubersteigt die Versicherungssumme den Wert der versicherten Sachen erheblich, so kann sowohl der Versicherungsnehmer wie der Versicherer nach Maßgabe des § 51 VVG die Herabsetzung der Versicherungssumme und Prämie verlangen. Sieg/Johannsen

33

Α. Überblick

Anm. A 24

2. Hat der Versicherungsnehmer den Vertrag, durch den die Doppelversicherung entstanden ist, ohne Kenntnis von dem Entstehen der Doppelversicherung geschlossen oder ist die Doppelversicherung durch Sinken des Versicherungswertes nach Abschluß mehrerer Versicherungen entstanden, so kann der Versicherungsnehmer nach Maßgabe des § 60 W G Aufhebung des später geschlossenen Vertrags, gegebenenfalls Herabsetzung der Versicherungssumme verlangen. §n Veräußerung der versicherten Sachen Veräußert der Versicherungsnehmer die versicherten Sachen, so geht die Versicherung gemäß § 69 W G auf den Erwerber über. Veräußerer oder Erwerber haben die Veräußerung unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Der Erwerber oder der Versicherer können die Versicherung nach §§ 70, 71 W G kündigen. Bei Verletzung der Anzeigepflicht wird der Versicherer nach Maßgabe des § 71 W G von der Entschädigungspflicht frei.

G 95

§12 Versicherung für fremde Rechnung 1. Bei der Versicherung für fremde Rechnung kann der Versicherungsnehmer über die Rechte des Versicherten im eigenen Namen verfügen. Der Versicherungsnehmer ist ohne Zustimmung des Versicherten zur Annahme der Entschädigungszahlung sowie zur Übertragung der Rechte des Versicherten befugt, auch wenn er nicht im Besitz des Versicherungsscheins ist. Der Versicherer kann vor Auszahlung der Entschädigung den Nachweis verlangen, daß der Versicherte seine Zustimmung zu der Versicherung und zur Empfangnahme der Entschädigung erteilt hat. 2. Der Versicherte kann über seine Rechte nicht verfügen, selbst wenn er im Besitze des Versicherungsscheins ist; er kann die Zahlung der Entschädigung nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers verlangen. 3. Die für den Versicherungsnehmer geltenden Bestimmungen der §§ 6, 13, 14, 16 und 17 finden auf den Versicherten entsprechende Anwendung. § 79 W G bleibt unberührt.

34

Sieg/Johannsen

C 45, C 52, D 47, J 137

D 47, J 101, J 139

Anm. A 24

II. Rechtsgrundlagen

§13

Pflichten des Versicherungsnehmers im Schadenfall 1. Der Versicherungsnehmer hat im Falle eines Schadens, für den er Ersatz verlangt, folgende Pflichten: a) Er hat innerhalb dreier Tage, nachdem er von dem Schaden Kenntnis erlangt hat, dem Versicherer oder dem Agenten sowie der Polizeibehörde schriftlich oder mündlich Anzeige zu machen. Durch die Absendung der Anzeige wird die Frist gewahrt. Eine Aufstellung etwa abhanden gekommener Sachen hat er der Polizeibehörde innerhalb dreier Tage nach Feststellung ihres Verlustes einzureichen; b) er hat nach Möglichkeit für die Abwendung oder Minderung des Schadens zu sorgen und dabei die Weisung des Versicherers oder des Agenten zu befolgen. Gestatten es die Umstände, so hat er solche Weisung einzuholen. Wegen des Ersatzes der Aufwendungen siehe §14; c) er hat dem Versicherer, soweit es ihm billigerweise zugemutet werden kann, jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang der Entschädigungspflicht zu gestatten, jede hierzu dienliche Auskunft, auf Verlangen zu Protokoll oder schriftlich, zu erteilen und Belege beizubringen. Auf Verlangen muß er ferner innerhalb einer angemessenen Frist, die mindestens zwei Wochen betragen muß, ein von ihm unterschriebenes Verzeichnis der am Schadentage vorhandenen, der vom Schaden betroffenen und der abhanden gekommenen Sachen, und zwar nach Möglichkeit unter Angabe ihres Wertes unmittelbar vor dem Schadenfall, auf seine Kosten vorlegen. Bei Gebäudeschäden muß er auf Verlangen einen beglaubigten Grundbuchauszug auf seine Kosten beibringen. 2. Verletzt der Versicherungsnehmer eine der vorstehenden Obliegenheiten, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei denn, daß die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Bei grobfahrlässiger Verletzung der unter Abs. 1 a und c bestimmten Obliegenheiten bleibt der Versicherer zur Leistung insoweit verpflichtet, als die Verletzung keinen Einfluß auf die Feststellung des Schadenfalles oder auf die Feststellung oder den Umfang der Entschädigungsleistung gehabt hat. Bei grobfahrlässiger Verletzung der unter Abs. 1 b Sieg/Johannsen

G 98, G 101, G 102, G 103, G 105, G 116, G 119, G 120, G 122, G141, G 156

G 149

G 123, G 125

35

Α. Überblick

A n m . A 24

bestimmten Rettungspflicht bleibt der Versicherer insoweit verpflichtet, als der Umfang des Schadens auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheit nicht geringer gewesen wäre. Ist die Anzeige des Schadens bei der Polizeibehörde unterblieben, so kann die Entschädigung nur bis zur Nachholung dieser Anzeige verweigert werden. Sind abhanden gekommene Sachen der Polizeibehörde nicht oder nicht rechtzeitig angezeigt, so kann die Entschädigung nur für diese Sachen verweigert werden. §14 Ersatz der Aufwendungen Aufwendungen, auch erfolglose, die der Versieherungsnehmer im Schadenfalle zur Abwendung oder Minderung des Schadens für geboten halten durfte, hat der Versicherer zu ersetzen. Zu Vorschüssen ist der Versicherer nicht verpflichtet. Der Ersatz für Aufwendungen und die Entschädigung dürfen zusammen die Versicherungssumme nicht übersteigen, soweit die Aufwendungen nicht auf Weisung des Versicherers erfolgt sind. Bei einer Unterversicherung sind die Aufwendungen nur in demselben Verhältnis zu ersetzen wie der Schaden. Für Leistungen der im öffentlichen Interesse bestehenden Feuerwehren oder anderer zur Löschhilfe Verpflichteter wird ein Ersatz nicht gewährt.

C 15, G 163, G 165, H 2

§15 Sachverständigenverfahren 1. Versicherungsnehmer und Versicherer können nach Eintritt des Versicherungsfalles vereinbaren, daß die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt wird. Das Sachverständigenverfahren kann durch Vereinbarung auf sonstige tatsächliche Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs sowie der Höhe der Entschädigung ausgedehnt werden. Der Versicherungsnehmer kann ein Sachverständigenverfahren auch durch einseitige Erklärung gegenüber dem Versicherer verlangen. 2. Für das Sachverständigenverfahren gilt: a) Jede Partei benennt schriftlich einen Sachverständigen und kann dann die andere unter Angabe des von ihr benannten Sachverständigen schriftlich auffordern, den zweiten Sachverständigen zu benennen. Wird der zweite Sachverständige nicht binnen zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung benannt, so kann 36

Sieg/Johannsen

H 219, H 220, H 223, H 224, H 225, H 238, H 239

Anm. A 24

II. Rechtsgrundlagen

ihn die auffordernde Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernennen lassen. In der Aufforderung ist auf diese Folge hinzuweisen. b) Beide Sachverständige benennen schriftlich vor Beginn des Feststellungsverfahrens einen dritten Sachverständigen als Obmann. Einigen sie sich nicht, so wird der Obmann auf Antrag einer Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernannt. c) Der Versicherer darf als Sachverständige keine Personen benennen, die Mitbewerber des Versicherungsnehmers sind oder mit ihm in dauernder Geschäftsverbindung stehen, ferner keine Personen, die bei Mitbewerbern oder Geschäftspartnern angestellt sind oder mit ihnen in einem ähnlichen Verhältnis stehen. Dies gilt entsprechend für die Benennung eines Obmannes durch die Sachverständigen. 3. Die Feststellungen der Sachverständigen müssen enthalten a) ein Verzeichnis der zerstörten, beschädigten oder abhandengekommenen Sachen sowie deren Versicherungswert zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles; b) alle sonstigen gemäß § 3 Nr. 1 maßgebenden Tatsachen, insbesondere die Restwerte der von dem Schaden betroffenen Sachen; c) entstandene Kosten, die gemäß § 1 Nr. 5 und Nr. 6 versichert sind. 4. Die Sachverständigen übermitteln beiden Parteien gleichzeitig ihre Feststellungen. Weichen die Feststellungen voneinander ab, so übergibt der Versicherer sie unverzüglich dem Obmann. Dieser entscheidet über die streitig gebliebenen Punkte innerhalb der durch die Feststellungen der Sachverständigen gezogenen Grenzen und übermittelt seine Entscheidung beiden Parteien gleichzeitig. 5. Jede Partei trägt die Kosten ihres Sachverständigen. Die Kosten des Obmannes tragen beide Parteien je zur Hälfte. 6. Die Feststellungen der Sachverständigen oder des Obmannes sind verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. Aufgrund dieser verbindlichen Feststellungen berechnet der Versicherer gemäß § 3 die Entschädigung. 7. Durch das Sachverständigenverfahren werden die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers gemäß §13 Nr. 1 c nicht berührt.

Sieg/Johannsen

37

Anm. A 24

Α. Überblick

§16 Besondere Verwirkungsgründe Wenn der Versicherungsnehmer den Schaden vorsätzlich oder grobfahrlässig herbeiführt oder sich bei den Verhandlungen über die Ermittlung der Entschädigung einer arglistigen Täuschung schuldig macht, so ist der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber von jeder Entschädigungspflicht aus diesem Schadenfalle frei.

A 41, G 128, G 136, G 137, G 139, H 211

§17 Zahlung der Entschädigung 1. Ist die Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde und der Höhe nach festgestellt, so hat die AusZahlung der Entschädigung binnen zwei Wochen zu erfolgen; jedoch kann einen Monat nach Anzeige des Schadens als Teilzahlung der Betrag verlangt werden, der nach Lage der Sache mindestens zu zahlen ist. Die Entschädigung ist nach Ablauf eines Monats seit der Anzeige des Schadens mit 1 v. H. unter dem Diskontsatz derjenigen Zentralnotenbank, in deren Währung zu leisten ist, aber mit nicht mehr als 6 v.H. und mit nicht weniger als 4 v. H. für das Jahr zu verzinsen. Der Lauf der vorgenannten Fristen ist gehemmt, solange infolge eines Verschuldens des Versicherungsnehmers die Ermittlung oder Zahlung der Entschädigung nicht erfolgen kann. Soweit der Anspruch auf die Entschädigung erst bei Wiederherstellung der Sache entsteht, ermäßigt sich der Mindestzinssatz auf 3 v. H., jedoch nicht vor dem Zeitpunkt der vollständigen Feststellung der Entschädigung. Zinsen sind erst fällig, wenn die Entschädigungssumme selbst fällig ist. 2. Der Versicherer ist berechtigt, die Zahlung aufzuschieben: a) wenn Zweifel über die Berechtigung des Versicherungsnehmers zum Zahlungsempfang bestehen, bis zur Beibringung der erforderlichen Nachweisung; b) wenn eine polizeiliche oder strafgerichtliche Untersuchung aus Anlaß des Schadens gegen den Versicherungsnehmer eingeleitet ist, bis zur Erledigung dieser Untersuchung. 3. Für Gebäude, die zur Zeit des Schadenfalles mit Hypotheken, Reallasten, Grund- oder Rentenschulden belastet sind, wird die Entschädigung nur gezahlt, soweit ihre Verwendung zur Wiederherstellung gesichert ist. Die Zahlung wird vorbehaltlos geleistet, soweit die am Schadentage eingetragenen Realgläubiger sich schriftlich einverstanden erklären oder selbst 38

Sieg/Johannsen

H 210, H 211, H 212, J 139

H 209

H 169, H 208, J 3, J 14, J22

II. Rechtsgrundlagen

Anm. A 24

zur Empfangnahme der Entschädigung berechtigt sind. Eine mit dem Versicherungsnehmer besonders getroffene Wiederherstellungsvereinbarung wird hierdurch nicht berührt. 4. Wenn der Entschädigungsanspruch nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird, nachdem der Versicherer ihn unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hat, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. §18 Rechtsverhältnis nach dem Schadenfall 1. Vom Schadentage an vermindert sich die Versicherungssumme für den Rest der Versicherungsperiode um den Betrag der Entschädigung. Für spätere Versicherungsperioden gelten wieder die ursprüngliche Versicherungssumme und Prämie, wenn sich nicht aus den Umständen ein anderes ergibt. 2. Nach dem Eintritt eines Schadenfalles können Versicherer und Versicherungsnehmer jeden zwischen ihnen bestehenden Feuerversicherungsvertrag kündigen. Die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Sie muß spätestens einen Monat nach dem Abschluß der Verhandlungen über die Entschädigung zugehen. Die Kündigung wird einen Monat nach ihrem Zugang wirksam. Der Versicherungsnehmer kann bestimmen, daß seine Kündigung sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt wirksam wird, jedoch spätestens zum Schluß des laufenden Versicherungsjahres.

C 11, E 11, E 12, E 13, H 196

§19 Schriftliche Form der Erklärungen des Versicherungsnehmers Versicherungsanträge sowie sämtliche Anzeigen und Erklärungen des Versicherungsnehmers mit Ausnahme der Schadenanzeige müssen schriftlich erfolgen.

D 21, D 35

Anhang zu § 1 AFB: Schäden durch abstürzende bemannte Flugkörper Unbeschadet der Bestimmung des § 1 Abs. 7 AFB sind Schäden an den versicherten Sachen durch Aufprall oder Absturz eines bemannten Flugkörpers, seiner Teile oder seiner Ladung eingeschlossen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Brand, Explosions- oder Trümmerschäden handelt. Sieg/Johannsen

39

Anm. A 24 a

Α. Überblick

[A 24a] bb) Allgemeine Bedingungen f ü r die Feuerversicherung (AFB 8 7 ) - V A 1987 S. 330 § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6 § 7 § 8 § 9 § 10 § 11 § 12 § 13 § 14 § 15 § 16 § 17 §18 § 19 § 20 § 21 § 22

Versicherte Gefahren und Schäden Versicherte Sachen Versicherte Kosten Versicherungsort Versicherungswert Gefahrumstände bei Vertragsabschluß und Gefahrerhöhung Sicherheitsvorschriften Prämie; Beginn und Ende der Haftung Mehrfache Versicherung; Überversicherung Versicherung für fremde Rechnung Entschädigungsberechnung; Unterversicherung Entschädigungsgrenzen Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall BesondereVerwirkungsgründe Sachverständigenverfahren Zahlung der Entschädigung Repräsentanten Wiederherbeigeschaffte Sachen Rechtsverhältnis nach dem Versicherungsfall Schriftliche Form; Zurückweisung von Kündigungen Agentenvollmacht Schlußbestimmung

§1 Versicherte Gefahren und Schäden 1. Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch a) Brand b) Blitzschlag c) Explosion d) Anprall oder Absturz eines bemannten Flugkörpers, seiner Teile oder seiner L a d u n g e) Löschen, Niederreißen oder Ausräumen infolge eines dieser Ereignisse zerstört oder beschädigt werden oder abhandenkommen. 2. Brand ist ein Feuer, das ohne einen bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und das sich aus eigener K r a f t auszubreiten vermag. 3. Blitzschlag ist der unmittelbare Übergang eines Blitzes auf Sachen. 4. Explosion ist eine auf dem Ausdehnungsbestreben von Gasen oder Dämpfen beruhende, plötzlich verlaufende Kraftäußerung. Eine Explosion eines Behälters (Kessel, Rohrleitung usw.) liegt nur vor, wenn seine Wandung in einem solchen U m f a n g zerrissen wird, daß ein plötzlicher Ausgleich des Druckunter40

Sieg/Johannsen

Η 1, Η 2, Η 6, Η 10, H 1 1 , Η 12, Η 16, Η 21, Κ 7, Κ 17

G 149, H 30 H 3, H 13

H l 6, H l 8, H 1 9 H 21

II. Rechtsgrundlagen

Anm. A 24 a

schieds innerhalb und außerhalb des Behälters stattfindet. Wird im Innern eines Behälters eine Explosion durch chemische Umsetzung hervorgerufen, so ist ein dadurch an dem Behälter entstehender Schaden auch dann zu ersetzen, wenn seine Wandung nicht zerrissen ist. Schäden durch Unterdruck sind nicht versichert. 5. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf a) Brandschäden, die an versicherten Sachen dadurch entstehen, daß sie einem Nutzfeuer oder der Wärme zur Bearbeitung oder zu sonstigen Zwecken ausgesetzt werden; dies gilt auch für Sachen, in denen oder durch die Nutzfeuer oder Wärme erzeugt, vermittelt oder weitergeleitet wird; b) Sengschäden, außer wenn diese dadurch verursacht wurden, daß sich eine versicherte Gefahr gemäß Nr. 1 verwirklicht hat; c) Schäden, die an Verbrennungskraftmaschinen durch die im Verbrennungsraum auftretenden Explosionen, sowie Schäden, die an Schaltorganen von elektrischen Schaltern durch den in ihnen auftretenden Gasdruck entstehen; d) Schäden, die durch die Wirkung des elektrischen Stromes an elektrischen Einrichtungen mit oder ohne Feuererscheinung entstehen (z.B. durch Uberstrom, Uberspannung, Isolationsfehler, wie Kurz-, Windungs-, Körper- oder Erdschluß, unzureichende Kontaktgabe, Versagen von Meß-, Regel- oder Sicherheitseinrichtungen); e) Blitzschäden an elektrischen Einrichtungen, es sei denn, daß der Blitz unmittelbar auf diese Sachen übergegangen ist. 6. Folgeschäden sind durch Nr. 5a und 5c ausgeschlossen. Durch Nr. 5d und 5 e sind Folgeschäden nicht ausgeschlossen, soweit sie Folgeschäden von Brand- oder Explosionsschäden sind. Die Ausschlüsse gemäß Nr. 5 a bis d gelten nicht für Schäden, die dadurch verursacht wurden, daß sich an anderen Sachen eine versicherte Gefahr gemäß Nr. 1 verwirklicht hat. 7. Die Versicherung erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen außerdem nicht auf Schäden an versicherten Sachen und nicht auf versicherte Kosten, die durch Kriegsereignisse jeder Art, innere Unruhen, Erdbeben oder Kernenergie*) verursacht werden.

H 4, H 7-8, H 9, H 10, H 23

H 4, H 5, H 7-8, H 12, H 23 H 26, H 27

H 5, H 12, H 13, H 17

H 1 3 , H 1 7 , H l 8, H 1 9 H 12, H 13, H 17, H 26, H 27

H 34, H 36, H 37, H 39, H 40, H 41, H 44, H 45, Κ7

Der Ersatz von Schäden durch Kernenergie richtet sich in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Atomgesetz. Die Betreiber von Kernanlagen sind zur Deckungsvorsorge verpflichtet und schließen hierfür Haftpflichtversicherungen ab. Sieg/Johannsen

41

Anm. A 24 a

Α. Überblick

Ist der Beweis, für das Vorliegen einer dieser Ursachen nicht zu erbringen, so genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit, daß der Schaden auf eine dieser Ursachen zurückzuführen ist.

§2 Versicherte Sachen 1. Versichert sind die in dem Versicherungsvertrag bezeichneten a) Gebäude und sonstigen Grundstücksbestandteile, b) beweglichen Sachen. 2. Gebäude sind mit ihren Bestandteilen, aber ohne Zubehör versichert, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist. 3. Bewegliche Sachen sind nur versichert, soweit der Versicherungsnehmer a) Eigentümer ist; b) sie unter Eigentumsvorbehalt erworben hat; c) sie sicherungshalber übereignet hat und soweit für sie gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 W G dem Erwerber ein Entschädigungsanspruch nicht zusteht. 4. Uber Nr. 3 hinaus ist fremdes Eigentum versichert, soweit es seiner Art nach zu den versicherten Sachen gehört und dem Versicherungsnehmer zur Bearbeitung, Benutzung oder Verwahrung oder zum Verkauf in Obhut gegeben wurde und soweit nicht der Versicherungsnehmer nachweislich, insbesondere mit dem Eigentümer, vereinbart hat, daß die fremden Sachen durch den Versicherungsnehmer nicht versichert zu werden brauchen. 5. Die Versicherung gemäß Nr. 3 b, Nr. 3 c und Nr. 4 gilt für Rechnung des Eigentümers und des Versicherungsnehmers. Für die Höhe des Versicherungswertes ist jedoch, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, nur das Interesse des Eigentümers maßgebend. 6. Ist Versicherung der Betriebseinrichtung vereinbart, so fallen hierunter nicht a) Bargeld; b) Urkunden, ζ. B. Sparbücher und sonstige Wertpapiere; c) Akten, Pläne, Geschäftsbücher, Karteien, Zeichnungen, Lochkarten, Magnetbänder, Magnetplatten und sonstige Datenträger; d) Muster, Anschauungsmodelle, Prototypen und Ausstellungsstücke, ferner typengebundene, für die laufende Produktion nicht mehr benötigte Fertigungsvorrichtungen; 42

Sieg/Johannsen

Η 86, Η 88, Η 89, Η 91, J122

G 95, H 89, H 91, H 95, H 97 J 123 H 89, H 93, H 103 H 86, H 93, H 95

H 86, H 93, H 94, H 103, H 105, J 124, Κ 7

H 93, H 95, J 123-124

H 124, Κ 7 H 97 H 98 H 99, H 100 H 100

Anm. A 24 a

II. Rechtsgrundlagen

e) zulassungspflichtige Kraftfahrzeuge, Kraftfahrzeuganhänger und Zugmaschinen; f) Automaten mit Geldeinwurf (einschließlich Geldwechsler) samt Inhalt sowie Geldausgabeautomaten, soweit nicht der Einschluß besonders vereinbart ist. 7. Ist Versicherung von Gebrauchsgegenständen der Betriebsangehörigen vereinbart, so sind nur Sachen versichert, die sich üblicherweise oder auf Verlangen des Arbeitgebers innerhalb des Versicherungsortes befinden. Bargeld, Wertpapiere und Kraftfahrzeuge sind nicht versichert. Entschädigung wird nur geleistet, soweit Entschädigung nicht aus einem anderen Versicherungsvertrag beansprucht werden kann. Ist danach die Entschädigung oder eine Abschlagszahlung gemäß § 16 Nr. 1 nur deshalb noch nicht fällig, weil ohne Verschulden des Versicherungsnehmers oder des versicherten Betriebsangehörigen die Entschädigungspflicht aus dem anderen Versicherungsvertrag ganz oder teilweise noch nicht geklärt ist, so wird der Versicherer unter Vorbehalt der Rückforderung mit Zinsen 1 Prozent unter dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 Prozent und höchstens 6 Prozent pro Jahr, eine vorläufige Zahlung leisten.

H 101 H102

H 106, H 123, J 125

H 105

§3 Versicherte Kosten 1. Aufwendungen, auch erfolglose, die der VerSicherungsnehmer zur Abwendung oder Minderung des Schadens (§13 Nr. l c und ld) für geboten halten durfte, hat der Versicherer zu ersetzen. Der Ersatz dieser Aufwendungen und die Entschädigung für versicherte Sachen betragen zusammen höchstens die Versicherungssumme je vereinbarter Position; dies gilt jedoch nicht, soweit Maßnahmen auf Weisung des Versicherers erfolgt sind. Besteht Unterversicherung, so sind die Aufwendungen ohne Rücksicht auf Weisungen des Versicherers nur in demselben Verhältnis zu ersetzen wie der Schaden. Aufwendungen für Leistungen der Feuerwehren oder anderer im öffentlichen Interesse zur Hilfeleistung Verpflichteter werden nicht ersetzt. 2. Für die Kosten der Ermittelung und Feststellung des Schadens gilt § 66 W G . 3. Soweit dies vereinbart ist, ersetzt der Versicherer auch die infolge eines Versicherungsfalles notwendigen Aufwendungen a) für das Aufräumen der Schadenstätte einschließlich des Abbruchs stehengebliebener Sieg/Johannsen

G 163

G 165

G 164, G 165, H 195, H 200 H 201-202 43

Anm. A 24 a

Α. Überblick

Teile, für das Abfahren von Schutt und sonstigen Resten zum nächsten Ablagerungsplatz und für das Ablagern oder Vernichten (Aufräumungs- und Abbruchkosten); b) die der Versicherungsnehmer zur Brandbekämpfung für geboten halten durfte (Feuerlöschkosten) einschließlich Kosten im Sinn von Nr. 1, die nach jener Bestimmung nicht zu ersetzen sind; freiwillige Zuwendungen des Versicherungsnehmers an Personen, die sich bei der Brandbekämpfung eingesetzt haben, sind nur zu ersetzen, wenn der Versicherer vorher zugestimmt hatte; c) die dadurch entstehen, daß zum Zweck der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung von Sachen, die durch vorliegenden Vertrag versichert sind, andere Sachen bewegt, verändert oder geschützt werden müssen (Bewegungsund Schutzkosten); Bewegungs- und Schutzkosten sind insbesondere Aufwendungen für De- oder Remontage von Maschinen, für Durchbruch, Abriß oder Wiederaufbau von Gebäudeteilen oder für das Erweitern von Offnungen; d) für die Wiederherstellung von Akten, Plänen, Geschäftsbüchern, Karteien, Zeichnungen, Lochkarten, Magnetbändern, Magnetplatten und sonstigen Datenträgern einschließlich des Neuwertes (§ 5 Nr. 2 a) der Datenträger; soweit die Wiederherstellung nicht notwendig ist oder innerhalb von zwei Jahren seit Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt wird, leistet der Versicherer Entschädigung nur in Höhe des gemäß § 5 Nr. 5 berechneten Wertes des Materials.

Η 203

§4 Versicherungsort 1. Versicherungsschutz für bewegliche Sachen besteht nur innerhalb des Versicherungsortes. Diese Beschränkung gilt nicht für Sachen, die infolge eines eingetretenen oder unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfalles aus dem Versicherungsort entfernt und in zeitlichem und örtlichem Zusammenhang mit diesem Vorgang beschädigt oder zerstört werden oder abhandenkommen. Unberührt bleibt jedoch § 14 Nr. 1. 2. Versicherungsort sind die in dem Versicherungsvertrag bezeichneten Gebäude oder Räume von Ge44

Sieg/Johannsen

H 121, H 122 H 122

H 121, H 122

Anm. A 24 a

II. Rechtsgrundlagen

bäuden oder die als Versicherungsort bezeichneten Grundstücke. Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen sind in deren Wohnräumen nicht versichert. 3. Nur in verschlossenen Räumen oder Behältnissen der im Versicherungsvertrag bezeichneten Art sind versichert a) Bargeld; b) Urkunden, z.B. Sparbücher und sonstige Wertpapiere; c) Briefmarken; d) Münzen und Medaillen; e) unbearbeitete Edelmetalle sowie Sachen aus Edelmetall, ausgenommen Sachen, die dem Raumschmuck dienen; f) Schmucksachen, Perlen und Edelsteine; g) Sachen, für die dies besonders vereinbart ist. Dies gilt, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, bei Versicherung von Juwelier-, Uhrmacher- und Bijouteriegeschäften nicht für Schmucksachen und Sachen aus Edelmetallen. 4. Registrierkassen, Rückgeldgeber und Automaten mit Geldeinwurf (einschließlich Geldwechsler) gelten nicht als Behältnisse im Sinn von Nr. 3. Jedoch ist im Rahmen einer für Bargeld in Behältnissen gemäß Nr. 3 vereinbarten Versicherungssumme Bargeld auch in Registrierkassen versichert. Die Entschädigung ist auf 50 DM je Registrierkasse und außerdem auf 500 DM je Versicherungsfall begrenzt, soweit nicht andere Beträge vereinbart sind. 5. Bis zu der vereinbarten besonderen Versieherungssumme oder einer vereinbarten Entschädigungsgrenze ist Bargeld während der Geschäftszeit oder während vereinbarter sonstiger Zeiträume auch ohne Verschluß gemäß Nr. 3 versichert.

H 105

H 97, H 124 H 124 H 124 H 124 H124 H 124 H 124

H 124

H 124

§5 Versicherungswert 1. Versicherungswert von Gebäuden ist a) der Neuwert; Neuwert ist der ortsübliche Neubauwert einschließlich Architektengebühren sowie sonstiger Konstruktions- und Planungskosten; b) der Zeitwert, falls er weniger als 40 Prozent, bei landwirtschaftlichen Gebäuden weniger als 50 Prozent, des Neuwertes beträgt oder falls Versicherung nur zum Zeitwert vereinbart ist; der Zeitwert ergibt sich aus dem Neuwert des Gebäudes durch einen Abzug entsprechend seiSieg/Johannsen

H 147

H 148, H 149

45

A. Überblick

Anm. A 24 a

nem insbesondere durch den Abnutzungsgrad bestimmten Zustand; c) der gemeine Wert, falls das Gebäude zum Abbruch bestimmt oder sonst dauernd entwertet oder falls Versicherung nur zum gemeinen Wert vereinbart ist; eine dauernde Entwertung liegt insbesondere vor, wenn das Gebäude für seinen Zweck allgemein oder im Betrieb des Versicherungsnehmers nicht mehr zu verwenden ist; gemeiner Wert ist der für den Versicherungsnehmer erzielbare Verkaufspreis für das Gebäude oder für das Altmaterial. 2. Versicherungswert der technischen und kaufmännischen Betriebseinrichtung und der Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen ist a) der Neuwert; Neuwert ist der Betrag, der aufzuwenden ist, um Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand wiederzubeschaffen oder sie neu herzustellen; maßgebend ist der niedrigere Betrag; b) der Zeitwert, falls er weniger als 40 Prozent des Neuwertes beträgt oder falls Versicherung nur zum Zeitwert vereinbart ist; der Zeitwert ergibt sich aus dem Neuwert der Sache durch einen Abzug entsprechend ihrem insbesondere durch den Abnutzungsgrad bestimmten Zustand; c) der gemeine Wert, soweit die Sache für ihren Zweck allgemein oder im Betrieb des Versicherungsnehmers nicht mehr zu verwenden ist; gemeiner Wert ist der für den Versicherungsnehmer erzielbare Verkaufspreis für die Sache oder für das Altmaterial. 3. Versicherungswert a) von Waren, die der Versicherungsnehmer herstellt, auch soweit sie noch nicht fertiggestellt sind, b) von Waren, mit denen der Versicherungsnehmer handelt, c) von Rohstoffen und d) von Naturerzeugnissen ist der Betrag, der aufzuwenden ist, um Sachen gleicher Art und Güte wiederzubeschaffen oder sie neu herzustellen; maßgebend ist der niedrigere Betrag. Der Versicherungswert ist begrenzt durch den erzielbaren Verkaufspreis, bei nicht fertiggestellten eigenen Erzeugnissen durch den erzielbaren Verkaufspreis der fertigen Erzeugnisse. § 55 W G (Bereicherungsverbot) bleibt unberührt. 46

Sieg/Johannsen

H 150, H 153

H 153

H 151, H 154

H 152

H 155

II. Rechtsgrundlagen

A n m . A 24 a

4. Versicherungswert von Wertpapieren ist a) bei Wertpapieren mit amtlichem Kurs der mittlere Einheitskurs am Tag der jeweils letzten Notierung aller amtlichen Börsen der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Landes Berlin; b) bei Sparbüchern der Betrag des Guthabens; c) bei sonstigen Wertpapieren der Marktpreis. 5. Versicherungswert von Grundstücksbestandteilen, die nicht Gebäude sind, ist soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde, entweder der Zeitwert gemäß Nr. 2 b oder unter den dort genannten Voraussetzungen der gemeine Wert gemäß Nr. 2 c. Dies gilt auch für Muster, Anschauungsmodelle, Prototypen und Ausstellungsstücke, ferner für typengebundene, für die laufende Produktion nicht mehr benötigte Fertigungsvorrichtungen sowie für alle sonstigen, in Nr. 2 bis Nr. 4 nicht genannten beweglichen Sachen.

H 146, H 157

H 158

§6 Gefahrumstände bei Vertragsabschluß und Gefahrerhöhung 1. Bei Abschluß des Vertrages hat der Versieherungsnehmer alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Bei schuldhafter Verletzung dieser Obliegenheit kann der Versicherer nach Maßgabe der §§ 16 bis 21 VVG zum Vertrag zurücktreten, wodurch die Entschädigungspflicht entfallen kann. 2. Nach Antragstellung darf der Versicherungsnehmer ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder gestatten. Der Versicherungsnehmer hat jede Gefahrerhöhung, die ihm bekannt wird, dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen, und zwar auch dann, wenn sie ohne seinen Willen eintritt. Im übrigen gelten die §§ 23 bis 30 W G . Danach kann der Versicherer zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei sein. 3. Für vorschriftsmäßige Anlagen des Zivilschutzes und für Zivilschutzübungen gelten Nr. 2 und die §§ 23 bis 30 VVG nicht. 4. Die Aufnahme oder Veränderung eines Betriebes, gleich welcher Art und welchen Umfangs, ist dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Ist mit der Aufnahme oder Veränderung des Betriebes eine Gefahrerhöhung verbunden, so gelten die §§23 bis 30 W G . Der Versicherer hat von dem Tag der Aufnahme oder Veränderung des Betriebes an Anspruch auf die Sieg/Johannsen

G 3, G 65

G 31 F 8, G 31, G 33, G 57, G 66, G 67, H 122

47

Α. Überblick

A n m . A 24 a

aus einem etwa erforderlichen höheren Prämiensatz errechnete Prämie. Dies gilt nicht, soweit der Versicherer in einem Versicherungsfall wegen Gefahrerhöhung leistungsfrei geworden ist. 5. Gefahrerhöhende Umstände werden durch Maßnahmen des Versicherungsnehmers oder durch sonstige gefahrmindernde Umstände ausgeglichen, insbesondere soweit diese mit dem Versicherer vereinbart wurden.

G 29, G 70

§7 Sicherheitsvorschriften 1. Der Versicherungsnehmer hat a) alle gesetzlichen, behördlichen oder in dem Versicherungsvertrag vereinbarten SicherheitsvorSchriften zu beachten; b) über Wertpapiere und sonstige Urkunden, über Sammlungen und über sonstige Sachen, f ü r die dies besonders vereinbart ist, Verzeichnisse zu führen und diese so aufzubewahren, daß sie im Versicherungsfall voraussichtlich nicht gleichzeitig mit den versicherten Sachen zerstört oder beschädigt werden oder abhandenkommen können; Abs. 1 gilt nicht f ü r Wertpapiere und sonstige Urkunden sowie f ü r Sammlungen, wenn der Wert dieser Sachen insgesamt 5000 D M nicht übersteigt; Abs. 1 gilt ferner nicht f ü r Briefmarken; Abs. 1 und Abs. 2 gelten nicht f ü r Banken und Sparkassen. 2. Verletzt der Versicherungsnehmer eine der Obliegenheiten gemäß Nr. l a , so ist der Versicherer nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 und Abs. 2 W G zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei. Eine Kündigung des Versicherers wird einen Monat nach Zugang wirksam. Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. F ü h r t die Verletzung zu einer Gefahrerhöhung, so gelten die §§ 23 bis 30 W G . Danach kann der Versicherer zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei sein. 3. Verletzt der Versicherungsnehmer die Bestimm u n g der Nr. l b , so kann er Entschädigung f ü r Sachen der dort genannten Art n u r verlangen, soweit er das Vorhandensein, die Beschaffenheit und den Versicherungswert der Sachen auch ohne das Verzeichnis nachweisen kann.

48

Sieg/Johannsen

G 44, G 69, G 76, G 79, G 85 G 87

II. Rechtsgrundlagen

A n m . A 24 a

§8 Prämie; Beginn und Ende der Haftung 1. Der Versicherungsnehmer hat die erste Prämie (Beitrag) gegen Aushändigung des Versicherungsscheins, Folgeprämien am Ersten des Monats zu zahlen, in dem ein neues Versicherungsjahr beginnt. Die Folgen nicht rechtzeitiger Zahlung der ersten Prämie oder der ersten Rate der ersten Prämie ergeben sich aus § 38 W G in Verbindung mit Nr. 3; im übrigen gelten §§ 39,91 W G . Rückständige Folgeprämien dürfen nur innerhalb eines Jahres seit Ablauf der nach § 39 W G für sie gesetzten Zahlungsfrist eingezogen werden. 2. Ist Ratenzahlung vereinbart, so gelten die ausstehenden Raten bis zu den vereinbarten Zahlungsterminen als gestundet. Die gestundeten Raten des laufenden Versicherungsjahres werden sofort fällig, wenn der Versicherungsnehmer mit einer Rate ganz oder teilweise in Verzug gerät oder soweit eine Entschädigung fällig wird. 3. Die Haftung des Versicherers beginnt mit dem vereinbarten Zeitpunkt, und zwar auch dann, wenn zur Prämienzahlung erst später aufgefordert, die Prämie aber unverzüglich gezahlt wird. Ist dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung bekannt, daß ein Versicherungsfall bereits eingetreten ist, so entfällt hierfür die Haftung. 4. Die Haftung endet mit dem vereinbarten Zeitpunkt. Versicherungsverträge von mindestens einjähriger Dauer verlängern sich jedoch von Jahr zu Jahr, wenn sie nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt werden. 5. Endet das Versicherungsverhältnis vor Ablauf der Vertragszeit oder wird es nach Beginn rückwirkend aufgehoben oder ist es von Anfang an nichtig, so gebührt dem Versicherer Prämie oder Geschäftsgebühr gemäß dem Versicherungsvertragsgesetz (z.B. §§ 40, 68). Kündigt nach Eintritt eines Versicherungsfalles (§ 19 Nr. 2) der Versicherungsnehmer, so gebührt dem Versicherer die Prämie für das laufende Versicherungsjahr. Kündigt der Versicherer, so hat er die Prämie für das laufende Versicherungsjahr nach dem Verhältnis der noch nicht abgelaufenen zu der gesamten Zeit des Versicherungsjahres zurückzuzahlen.

Sieg/Johannsen

F 10, F 13

F 10

F 11

E 4, F 8

E 13

49

Anm. A 24 a

Α. Überblick

§9 Mehrfache Versicherung; Überversicherung 1. Nimmt der Versicherungsnehmer für versicherte Sachen eine weitere Versicherung gegen eine der versicherten Gefahren, so hat er den anderen Versicherer und die Versicherungssumme dem Versicherer unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Dies gilt nicht für Allgefahrenversicherungen. Verletzt der Versicherungsnehmer die Obliegenheit gemäß Abs. 1, so ist der Versicherer nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 W G zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei. Eine Kündigung des Versicherers wird einen Monat nach Zugang wirksam. Die Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht oder wenn der Versicherer vor dem Versicherungsfall Kenntnis von der anderen Versicherung erlangt hat. 2. Ist ein Selbstbehalt vereinbart und besteht mehrfache Versicherung, so kann abweichend von § 59 Abs. 1 V V G als Entschädigung aus den mehreren Verträgen nicht mehr als der Schaden abzüglich des Selbstbehaltes verlangt werden. 3. Erlangt der Versicherungsnehmer oder der Versicherte aus anderen Versicherungsverträgen Entschädigung für denselben Schaden, so ermäßigt sich der Anspruch aus vorliegendem Vertrag in der Weise, daß die Entschädigung aus allen Verträgen insgesamt nicht höher ist, als wenn der Gesamtbetrag der Versicherungssummen, aus denen Prämie errechnet wurde, nur in dem vorliegenden Vertrag in Deckung gegeben worden wäre. Ist die Entschädigung für einen Teil der in einer Position versicherten Sachen auf bestimmte Beträge begrenzt (§ 12 Abs. 1 Nr. 2), so werden bei Ermittlung des Versicherungswertes der davon betroffenen Sachen höchstens diese Beträge berücksichtigt. Ergibt sich aus dem so ermittelten Versicherungswert eine Unterversicherung, so wird der Gesamtbetrag des Schadens entsprechend gekürzt; danach ist § 12 Abs. 1 Nr. 2 anzuwenden. Ob Unterversicherung vorliegt, ist für jede vereinbarte Gruppe (Position) gesondert festzustellen. 4. Bei der Versicherung auf Erstes Risiko (Erste Gefahr) gelten § 56 W G und die Bestimmungen über Unterversicherung (Nr. 3) nicht. Versicherung auf Erstes Risiko besteht a) für Kosten gemäß § 3 Nr. 3; b) soweit dies zu sonstigen Versicherungssummen besonders vereinbart ist. 50

Sieg/Johannsen

G 92

G 88, H 198

F4

G 164, H 195, H 202

Anni. A 24 a

II. Rechtsgrundlagen

5. Ist der Neuwert (§ 5 Nr. 1 a und Nr. 2 a) der Versicherungswert, so erwirbt der Versicherungsnehmer auf den Teil der Entschädigung, der den Zeitwertschaden (Abs. 2) übersteigt, einen Anspruch nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, daß er die Entschädigung verwenden wird, um a) Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen; ist dies an der bisherigen Stelle rechtlich nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zu vertreten, so genügt es, wenn das Gebäude an anderer Stelle innerhalb der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Landes Berlin wiederhergestellt wird; b) bewegliche Sachen oder Grundstücksbestandteile, die zerstört worden oder abhandengekommen sind, in gleicher Art und Güte und in neuwertigem Zustand wiederzubeschaffen; nach vorheriger Zustimmung des Versicherers genügt Wiederbeschaffung gebrauchter Sachen; anstelle von Kraft- oder Arbeitsmaschinen können Kraft- oder Arbeitsmaschinen beliebiger Art beschafft werden, wenn deren Betriebszweck derselbe ist; c) bewegliche Sachen oder Grundstücksbestandteile, die beschädigt worden sind, wiederherzustellen. Der Zeitwertschaden wird bei zerstörten oder abhandengekommenen Sachen gemäß § 5 Nr. l b , Nr. 2 b und Nr. 5 festgestellt. Bei beschädigten Sachen werden die Kosten einer Reparatur um den Betrag gekürzt, um den durch die Reparatur der Zeitwert der Sache gegenüber dem Zeitwert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles erhöht würde. 6. Für Muster, Anschauungsmodelle, Prototypen und Ausstellungsstücke, ferner für typengebundene, für die laufende Produktion nicht mehr benötigte Fertigungsvorrichtungen (§ 5 Nr. 5 Abs. 2), erwirbt der Versicherungsnehmer auf den Teil der Entschädigung, der den gemeinen Wert (§ 5 Nr. 2 c) übersteigt, einen Anspruch nur, soweit für die Verwendung der Entschädigung die Voraussetzungen gemäß Nr. 5 b oder 5 c erfüllt sind und die Wiederherstellung notwendig ist. 4. Wird wegen Überversicherung oder Doppelversicherung die Versicherungssumme vermindert, so ist von diesem Zeitpunkt an für die Höhe der Prämie der Betrag maßgebend, den der Versicherer berechnet haben würde, wenn der Vertrag von vornherein mit dem neuen Inhalt geschlossen worden wäre. Sieg/Johannsen

H 165 J 22

H 170-173

51

Anm. A 24 a

Α. Überblick

§10 Versicherung für fremde Rechnung 1. Soweit die Versicherung für fremde Rechnung genommen ist, kann der Versicherungsnehmer, auch wenn er nicht im Besitz des Versicherungsscheins ist, über die Rechte des Versicherten ohne dessen Zustimmung im eigenen Namen verfügen, insbesondere die Zahlung der Entschädigung verlangen und die Rechte des Versicherten übertragen. Der Versicherer kann jedoch vor Zahlung der Entschädigung den Nachweis verlangen, daß der Versicherte seine Zustimmung dazu erteilt hat. 2. Der Versicherte kann über seine Rechte nicht verfügen, selbst wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist. Er kann die Zahlung der Entschädigung nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers verlangen. 3. Soweit Kenntnis oder Verhalten des Versieherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung ist, kommt auch Kenntnis oder Verhalten des Versicherten in Betracht. Im übrigen gilt § 79 W G .

J 137, J 139

J 101

J 103

§11 Entschädigungsberechnung; Unterversicherung 1. Ersetzt werden a) bei zerstörten oder infolge eines Versicherungsfalles abhandengekommenen Sachen der Versicherungswert (§ 5) unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles; b) bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versieherungsfalles zuzüglich einer durch den Versicherungsfall etwa entstandenen und durch die Reparatur nicht auszugleichenden Wertminderung, höchstens jedoch der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles; die Reparaturkosten werden gekürzt, soweit durch die Reparatur der Versicherungswert der Sache gegenüber dem Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles erhöht wird. Restwerte werden angerechnet. Behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen bleiben unberücksichtigt. 2. Für Kosten gemäß § 3 Nr. 3 oder für Betriebsunterbrechungsschäden leistet der Versicherer Entschädigung nur, soweit dies besonders vereinbart ist. 3. Ist die Versicherungssumme niedriger als der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Ver52

Sieg/Johannsen

Η 89, Η 146, Η 151, Η 157, Η 162 Η 151, Η 163, Η 164, Η 165

Η 166 Η 167 Η 203 Η 86

II. Rechtsgrundlagen

A n m . A 24 a

sicherungsfalles (Unterversicherung), so wird nur der Teil des gemäß Nr. 1 ermittelten Betrages ersetzt, der sich zu dem ganzen Betrag verhält wie die Versicherungssumme zu dem Versicherungswert. Ist die Entschädigung für einen Teil der in einer Position versicherten Sachen auf bestimmte Beträge begrenzt (§ 12 Abs. 1 Nr. 2), so werden bei Ermittlung des Versicherungswertes der davon betroffenen Sachen höchstens diese Beträge berücksichtigt. Ergibt sich aus dem so ermittelten Versicherungswert eine Unterversicherung, so wird der Gesamtbetrag des Schadens entsprechend gekürzt; danach ist § 12 Abs. 1 Nr. 2 anzuwenden. Ob Unterversicherung vorliegt, ist für jede vereinbarte Gruppe (Position) gesondert festzustellen. 4. Bei der Versicherung auf Erstes Risiko (Erste Gefahr) gelten § 56 W G und die Bestimmungen über Unterversicherung (Nr. 3) nicht. Versicherung auf Erstes Risiko besteht a) für Kosten gemäß § 3 Nr. 3; b) soweit dies zu sonstigen Versicherungssummen besonders vereinbart ist. 5. Ist der Neuwert (§ 5 Nr. 1 a und Nr. 2 a) der Versicherungswert, so erwirbt der Versicherungsnehmer auf den Teil der Entschädigung, der den Zeitwertschaden (Abs. 2) übersteigt, einen Anspruch nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, daß er die Entschädigung verwenden wird, um a) Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen; ist dies an der bisherigen Stelle rechtlich nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zu vertreten, so genügt es, wenn das Gebäude an anderer Stelle innerhalb der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Landes Berlin wiederhergestellt wird; b) bewegliche Sachen oder Grundstücksbestandteile, die zerstört worden oder abhandengekommen sind, in gleicher Art und Güte und in neuwertigem Zustand wiederzubeschaffen; nach vorheriger Zustimmung des Versicherers genügt Wiederbeschaffung gebrauchter Sachen; anstelle von Kraft- oder Arbeitsmaschinen können Kraft- oder Arbeitsmaschinen beliebiger Art beschafft werden, wenn deren Betriebszweck derselbe ist; c) bewegliche Sachen oder Grundstücksbestandteile, die beschädigt worden sind, wiederherzustellen. Der Zeitwertschaden wird bei zerstörten oder abhandengekommenen Sachen gemäß § 5 Nr. l b , Sieg/Johannsen

G 164, H 195, H 202

H 165, J 2 2

H 170-173

H 144, H 1 4 8 - 1 4 9 , H 152

53

Α. Überblick

Anm. A 24 a

Nr. 2 b und Nr. 5 festgestellt. Bei beschädigten Sachen werden die Kosten einer Reparatur um den Betrag gekürzt, um den durch die Reparatur der Zeitwert der Sache gegenüber dem Zeitwert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles erhöht würde. 6. Für Muster, Anschauungsmodelle, Prototypen und Ausstellungsstücke, ferner für typengebundene, für die laufende Produktion nicht mehr benötigte Fertigungsvorrichtungen (§ 5 Nr. 5 Abs. 2), erwirbt der Versicherungsnehmer auf den Teil der Entschädigung, der den gemeinen Wert (§ 5 Nr. 2 c) übersteigt, einen Anspruch nur, soweit für die Verwendung der Entschädigung die Voraussetzungen gemäß Nr. 5 b oder 5 c erfüllt sind und die Wiederherstellung notwendig ist.

J22

§12 Entschädigungsgrenzen Der Versicherer leistet Entschädigung je Versicherungsfall höchstens 1. bis zu der je Position vereinbarten Versicherungssumme; 2. bis zu den Entschädigungsgrenzen, die in § 4 Nr. 4 Abs. 2 Satz 2 vorgesehen oder zusätzlich vereinbart sind. Maßgebend ist der niedrigere Betrag. §13 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall 1. Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt eines Versicherungsfalles a) den Schaden dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen, das Abhandenkommen versicherter Sachen auch der zuständigen Polizeidienststelle; gegenüber dem Versicherer gilt diese Anzeige noch als unverzüglich, wenn sie innerhalb von drei Tagen abgesandt wird; bei Schäden über 10000 DM sollte die Anzeige dem Versicherer gegenüber fernmündlich, fernschriftlich oder telegraphisch erfolgen; b) der Polizeidienststelle unverzüglich ein Verzeichnis der abhandengekommenen Sachen einzureichen; c) den Schaden nach Möglichkeit abzuwenden oder zu mindern und dabei die Weisungen des Versicherers zu befolgen; er hat, soweit die Umstände es gestatten, solche Weisungen einzuholen; d) für zerstörte oder abhandengekommene Wertpapiere oder sonstige aufgebotsfähige Urkunden 54

Sieg/Johannsen

G G G H

98, G 100, G 103, 105, G 116, G 122, 154, G 156, H 105, 233

G 125

G 149

Anm. A 24 a

II. Rechtsgrundlagen

unverzüglich das Aufgebotsverfahren einzuleiten und etwaige sonstige Rechte zu wahren, insbesondere abhandengekommene Sparbücher und andere sperrfähige Urkunden unverzüglich sperren zu lassen; e) dem Versicherer auf dessen Verlangen im Rahmen des Zumutbaren jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungspflicht zu gestatten, jede hierzu dienliche Auskunft - auf Verlangen schriftlich - zu erteilen und die erforderlichen Belege beizubringen, bei Gebäudeschäden auf Verlangen insbesondere einen beglaubigten Grundbuchauszug; f) Veränderungen der Schadenstelle möglichst zu vermeiden, solange der Versicherer nicht zugestimmt hat; g) dem Versicherer auf dessen Verlangen innerhalb einer angemessenen Frist von mindestens zwei Wochen ein von ihm unterschriebenes Verzeichnis aller abhandengekommenen, zerstörten oder beschädigten Sachen vorzulegen; soweit nicht Versicherung auf Erstes Risiko vereinbart ist, kann der Versicherer auch ein Verzeichnis aller unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles vorhandenen Sachen verlangen; in den Verzeichnissen ist der Versicherungswert der Sachen unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles anzugeben. 2. Verletzt der Versicherungsnehmer eine der vorstehenden Obliegenheiten, so ist der Versicherer nach Maßgabe des Versicherungsvertragsgesetzes (§§ 6 Abs 3, 62 Abs. 2 W G ) von der Entschädigungspflicht frei. Dies gilt nicht, wenn nur die fernmündliche, fernschriftliche oder telegraphische Anzeige gemäß Nr. 1 a unterbleibt. Sind abhandengekommene Sachen der Polizeidienststelle nicht oder nicht rechtzeitig angezeigt worden, so kann der Versicherer nur für diese Sachen von der Entschädigungspflicht frei sein. 3. Hatte eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung Einfluß weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der Entschädigung, so entfällt die Leistungsfreiheit gemäß Nr. 2, wenn die Verletzung nicht geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu beeinträchtigen, und wenn außerdem den Versicherungsnehmer kein erhebliches Verschulden trifft.

Sieg/Johannsen

G 123, G 124

G 108, G 154

55

Anm. A 24 a

Α. Überblick

§14 Besondere Verwirkungsgriinde 1. Führt der Versicherungsnehmer den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbei, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. Ist die Herbeiführung des Schadens gemäß Abs. 1 durch ein rechtskräftiges Strafurteil wegen vorsätzlicher Brandstiftung festgestellt, so gelten die Voraussetzungen von Abs. 1 als bewiesen. 2. Versucht der Versicherungsnehmer, den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. Ist eine Täuschung gemäß Abs. 1 durch rechtskräftiges Strafurteil wegen Betruges oder Betrugsversuchs festgestellt, so gelten die Voraussetzungen von Abs. 1 als bewiesen. 3. Wird der Entschädigungsanspruch nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht, nachdem der Versicherer ihn unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hat, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. Durch ein Sachverständigenverfahren (§ 15) wird der Ablauf der Frist für dessen Dauer gehemmt.

Η 47-83 Η 80

G 136, G 137, G 146, H 211

G 146

§15 Sachverständigenverfahren 1. Versicherungsnehmer und Versicherer können nach Eintritt des Versicherungsfalles vereinbaren, daß die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt wird. Das Sachverständigenverfahren kann durch Vereinbarung auf sonstige tatsächliche Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs sowie der Höhe der Entschädigung ausgedehnt werden. Der Versicherungsnehmer kann ein Sachverständigenverfahren auch durch einseitige Erklärung gegenüber dem Versicherer verlangen. 2. Für das Sachverständigenverfahren gilt: a) Jede Partei benennt schriftlich einen Sachverständigen und kann dann die andere unter Angabe des von ihr benannten Sachverständigen schriftlich auffordern, den zweiten Sachverständigen zu benennen. Wird der zweite Sachverständige nicht binnen zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung benannt, so kann ihn die auffordernde Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernennen 56

Sieg/Johannsen

H 219-238, H 225, H 227, H 239

II. Rechtsgrundlagen

A n m . A 24 a

lassen. In der Aufforderung ist auf diese Folge hinzuweisen. b) Beide Sachverständige benennen schriftlich vor Beginn des Feststellungsverfahrens einen dritten Sachverständigen als Obmann. Einigen sie sich nicht, so wird der Obmann auf Antrag einer Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernannt. c) Der Versicherer darf als Sachverständige keine Personen benennen, die Mitbewerber des Versicherungsnehmers sind oder mit diesem in Geschäftsverbindung stehen, ferner keine Personen, die bei Mitbewerbern oder Geschäftspartnern angestellt sind oder mit ihnen in einem ähnlichen Verhältnis stehen. Dies gilt entsprechend für die Benennung eines Obmannes durch die Sachverständigen. 3. Die Feststellungen der Sachverständigen müssen enthalten a) ein Verzeichnis der zerstörten, beschädigten und abhandengekommenen Sachen sowie deren Versicherungswert zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles; in den Fällen von § 11 Nr. 5 ist auch der Zeitwert, in den Fällen von § 11 Nr. 6 auch der gemeine Wert anzugeben; b) bei beschädigten Sachen die Beträge gemäß § 11 Nr. l b ; c) alle sonstigen gemäß § 11 Nr. 1 maßgebenden Tatsachen, insbesondere die Restwerte der von dem Schaden betroffenen Sachen; d) entstandene Kosten, die gemäß § 3 versichert sind. 4. Die Sachverständigen übermitteln beiden Parteien gleichzeitig ihre Feststellungen. Weichen die Feststellungen voneinander ab, so übergibt derVersicherer sie unverzüglich dem Obmann. Dieser entscheidet über die streitig gebliebenen Punkte innerhalb der durch die Feststellungen der Sachverständigen gezogenen Grenzen und übermittelt seine Entscheidung beiden Parteien gleichzeitig. 5. Jede Partei trägt die Kosten ihres Sachverständigen. Die Kosten des Obmannes tragen beide Parteien je zur Hälfte. 6. Die Feststellungen der Sachverständigen oder des Obmannes sind verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. Aufgrund dieser verbindlichen Feststellungen berechnet der Versicherer gemäß den §§ 11,12 die Entschädigung. 7. Durch das Sachverständigenverfahren werden die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers gemäß § 13 Nr. 1 nicht berührt. Sieg/Johannsen

H 224, H 233

H 238

H 233

57

Anm. A 24 a

Α. Überblick

§16 Zahlung der Entschädigung 1. Ist die Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde und der Höhe nach festgestellt, so hat die Auszahlung der Entschädigung binnen zwei Wochen zu erfolgen. Jedoch kann einen Monat nach Anzeige des Schadens als Abschlagszahlung der Betrag beansprucht werden, der nach Lage der Sache mindestens zu zahlen ist. 2. Die Entschädigung ist seit Anzeige des Schadens mit 1 Prozent unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen, mindestens jedoch mit 4 Prozent und höchstens mit 6 Prozent pro Jahr, soweit nicht aus anderen Gründen ein höherer Zins zu entrichten ist. Die Verzinsung entfällt, soweit die Entschädigung innerhalb eines Monats seit Anzeige des Schadens gezahlt wird. Zinsen werden erst fällig, wenn die Entschädigung fällig ist. 3. Der Lauf der Fristen gemäß Nr. 1 und Nr. 2 Abs. 1 ist gehemmt, solange infolge Verschuldens des Versicherungsnehmers die Entschädigung nicht ermittelt oder nicht gezahlt werden kann. 4. Bei Schäden an Gebäuden, an der technischen oder kaufmännischen Betriebseinrichtung oder an Gebrauchsgegenständen von Betriebsangehörigen ist für die Zahlung des über den Zeitwertschaden hinausgehenden Teils der Entschädigung der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Versicherungsnehmer den Eintritt der Voraussetzungen von § 11 Nr. 5 dem Versicherer nachgewiesen hat. Abs. 1 gilt entsprechend für die in § 11 Nr. 6 genannten Sachen, soweit die Entschädigung den gemeinen Wert übersteigt. Das gleiche gilt, soweit aufgrund einer sonstigen Vereinbarung ein Teil der Entschädigung von Voraussetzungen abhängt, die erst nach dem Versicherungsfall eintreten. Zinsen für die Beträge gemäß Abs. 1 und Abs. 2 werden erst fällig, wenn die dort genannten zusätzlichen Voraussetzungen der Entschädigung festgestellt sind. 5. Der Versicherer kann die Zahlung aufschieben, a) solange Zweifel an der Empfangsberechtigung des Versicherungsnehmers bestehen; b) wenn gegen den Versicherungsnehmer oder einen seiner Repräsentanten aus Anlaß des Versicherungsfalles ein behördliches oder strafgerichtliches Verfahren aus Gründen eingeleitet worden ist, die auch für den Entschädigungs58

Sieg/Johannsen

H210, H211

Η 212

Η 212, J 14

Η 209, J 139 Η 208

Anm. A 24 a

II. Rechtsgrundlagen

anspruch rechtserheblich sind, bis zum rechtskräftigen Abschluß dieses Verfahrens 6. Die gesetzlichen Vorschriften über die Sicherung des Realkredits bleiben unberührt. §17 Repräsentanten Im Rahmen von §§ 6 , 7 , 9 , 1 3 und 14 Nr. 1 und Nr. 2 stehen Repräsentanten dem Versicherungsnehmer gleich (Fassung gemäß VA 1991 S. 353). Frühere Fassung: Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, stehen dem Versicherungsnehmer im Rahmen von §§ 6, 7, 9, 13,14 Nr. 1 und Nr. 2 als Repräsentanten gleich 1. Personen, die in dem Geschäftsbereich, zu dem die versicherten Sachen gehören, aufgrund eines Vertretungs- oder eines ähnlichen Verhältnisses anstelle des Versicherungsnehmers die Obhut über diese Sachen ausüben; 2. Personen, die damit betraut sind, rechtserhebliche Tatsachen anstelle des Versicherungsnehmers zur Kenntnis zu nehmen und dem Versicherer zur Kenntnis zu bringen; 3. Personen, denen die versicherten Sachen aufgrund eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Verhältnisses für längere Zeit in alleinige Obhut gegeben worden sind.

G 65, G 130, H 70

G 65, G 130, H 70

§18 Wiederherbeigeschaffte Sachen 1. Wird der Verbleib abhandengekommener Sachen ermittelt, so hat der Versicherungsnehmer dies dem Versicherer unverzüglich schriftlich anzuzeigen. 2. Hat der Versicherungsnehmer den Besitz einer abhandengekommenen Sache zurückerlangt, bevor die volle bedingungsgemäße Entschädigung für diese Sache gezahlt worden ist, so behält er den Anspruch auf die Entschädigung, falls er die Sache innerhalb von zwei Wochen dem Versicherer zur Verfügung stellt. Andernfalls ist eine für diese Sache gewährte Abschlagszahlung oder eine gemäß § 11 Nr. 5 oder Nr. 6 vorläufig auf den Zeitwertschaden oder auf den gemeinen Wert beschränkte Entschädigung zurückzuzahlen. 3. Hat der Versicherungsnehmer den Besitz einer abhandengekommenen Sache zurückerlangt, nachdem für diese Sache eine Entschädigung in voller Höhe ihres Versicherungswertes gezahlt worden ist, so hat Sieg/Johannsen

59

Anm. A 24 a

Α. Überblick

der Versicherungsnehmer die Entschädigung zurückzuzahlen oder die Sache dem Versicherer zur Verfügung zu stellen. Der Versicherungsnehmer hat dieses Wahlrecht innerhalb von zwei Wochen nach Empfang einer schriftlichen Aufforderung des Versicherers auszuüben; nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist geht das Wahlrecht auf den Versicherer über. 4. Hat der Versicherungsnehmer den Besitz einer abhandengekommenen Sache zurückerlangt, nachdem für diese Sache eine Entschädigung gezahlt worden ist, die bedingungsgemäß weniger als den Versicherungswert betragen hat, so kann der Versicherungsnehmer die Sache behalten und muß sodann die Entschädigung zurückzahlen. Erklärt er sich hierzu innerhalb von zwei Wochen nach Empfang einer schriftlichen Aufforderung des Versicherers nicht bereit, so hat der Versicherungsnehmer die Sache im Einvernehmen mit dem Versicherer öffentlich meistbietend verkaufen zu lassen. Von dem Erlös abzüglich der Verkaufskosten erhält der Versicherer den Anteil, welcher der von ihm geleisteten bedingungsgemäßen Entschädigung entspricht. 5. Dem Besitz einer zurückerlangten Sache steht es gleich, wenn der Versicherungsnehmer die Möglichkeit hat, sich den Besitz wieder zu verschaffen. Ist ein Wertpapier in einem Aufgebotsverfahren für kraftlos erklärt worden, so hat der Versicherungsnehmer die gleichen Rechte und Pflichten, wie wenn er das Wertpapier zurückerlangt hätte. Jedoch kann der Versicherungsnehmer die Entschädigung behalten, soweit ihm durch Verzögerung fälliger Leistungen aus den Wertpapieren ein Zinsverlust entstanden ist. 6. Hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer zurückerlangte Sachen zur Verfügung zu stellen, so hat er dem Versicherer den Besitz, das Eigentum und alle sonstigen Rechte zu übertragen, die ihm mit Bezug auf diese Sachen zustehen. 7. Sind wiederherbeigeschaffte Sachen beschädigt worden, so kann der Versicherungsnehmer Entschädigung gemäß § 11 Nr. l b auch dann verlangen oder behalten, wenn die Sachen gemäß Nr. 2 bis Nr. 4 bei ihm verbleiben. §19 Rechtsverhältnis nach dem Versicherungsfall 1. Die Versicherungssummen vermindern sich nicht dadurch, daß eine Entschädigung geleistet wird. 2. Nach dem Eintritt eines Versicherungsfalles kann der Versicherer oder der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag kündigen. 60

Sieg/Johannsen

Η 196, Η 197 E 11, E 12

Anm. A 24 a

II. Rechtsgrundlagen

Die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Sie muß spätestens einen Monat nach Auszahlung der Entschädigung zugehen. Der Zahlung steht es gleich, wenn die Entschädigung aus Gründen abgelehnt wird, die den Eintritt des Versicherungsfalles unberührt lassen. Die Kündigung wird einen Monat nach ihrem Zugang wirksam. Der Versicherungsnehmer kann bestimmen, daß seine Kündigung sofort oder zu einem anderen Zeitpunkt wirksam wird, jedoch spätestens zum Schluß des laufenden Versicherungsjahres. §20 Schriftliche Form; Zurückweisung von Kündigungen 1. Anzeigen und Erklärungen bedürfen der Schriftform. Dies gilt nicht für die Anzeige eines Schadens gemäß § 13 Nr. 1 a. 2. Ist eine Kündigung des Versicherungsnehmers unwirksam, ohne daß dies auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht, so wird die Kündigung wirksam, falls der Versicherer sie nicht unverzüglich zurückweist.

G 56, G 64 E 13

§21 Agentenvollmacht Ein Agent des Versicherers ist nur dann bevollmächtigt, Anzeigen und Erklärungen des Versicherungsnehmers entgegenzunehmen, wenn er den Versicherungsvertrag vermittelt hat oder laufend betreut. §22 Schlußbestimmung 1. Soweit nicht in den Versicherungsbedingungen Abweichendes bestimmt ist, gelten die gesetzlichen Vorschriften. 2. Ein Auszug aus dem Gesetz über den Versicherungsvertrag ( W G ) , der insbesondere die in den AFB 87 erwähnten Bestimmungen enthält, ist dem Bedingungstext beigefügt.

Sieg/Johannsen

61

Anm. A 25

Α. Überblick

[A 25] cc) Zusatzbedingungen für landwirtschaftliche Versicherungen Für landwirtschaftliche Versicherungen gelten neben den Allgemeinen Feuerversicherungs-Bedingungen die nachstehenden Vorschriften:

§1 Haftung für Explosionsschäden Die H a f t u n g des Versicherers erstreckt sich auch auf den Schaden durch Explosionen aller Art außer durch Kernenergie.

§2 Versicherungsort 1. Versicherungsort für lebendes und totes Inventar, landwirtschaftliche Vorräte und Ernte sind, sofern nichts anderes besonders vereinbart ist: a) sämtliche vom Versicherungsnehmer zu landwirtschaftlichen Zwecken benutzten im Versicherungsschein bezeichneten Gebäude mit Ausnahme der offenen Feldscheunen (Schober-, Diemenschuppen - vgl. § 6 dieser Zusatzbedingungen); b) der Hofraum und sämtliche Ländereien des Gehöftes und seiner wirtschaftlich zugehörigen Vorwerke nebst den dahin führenden Wegen; c) deutsche Marktplätze, Ausstellungen und Ablieferungsorte mit Einschluß der dahin führenden Wege und der Unterkunftsstellen; d) für Vieh auch Körorte und fremde Weiden nebst den dahin führenden Wegen. 2. Hackfrüchte sind nur in den im Versicherungsschein angegebenen Gebäuden versichert. 3. Auch außerhalb des Versicherungsortes sind versichert: a) Mahlgut (einschl. Verpackung) in der Mühle und bei der Hin- und Rückbeförderung; b) zur Reinigung und Beizung gegebenes Saatgut; c) verliehenes lebendes und totes Inventar, soweit es nicht gewerbsmäßig verliehen wird; d) zur Instandsetzung gegebene landwirtschaftliche Maschinen und Geräte; e) Gespanne auf der Fahrt.

§3 Versicherung der Viehbestände 1. Die Versicherung der Viehbestände umfaßt den gesamten jeweils vorhandenen landwirtschaftlichen Viehbestand ohne Unterscheidung nach einzelnen Viehgattungen. Der Versicherungsnehmer ist ver62

Sieg/Johannsen

D 15

Anm. A 25

II. Rechtsgrundlagen

pflichtet, seinen gesamten Viehbestand zur Versicherung anzugeben. Luxustiere und andere Tiere von außergewöhnlichem Wert sind besonders anzugeben. 2. Die Versicherung des Viehs geht nach dem Schlachten auf das Fleisch und die Felle über. Bei Schafen ist die Wolle auch nach der Schur versichert. 3. Die Haftung des Versicherers für den Viehbestand umfaßt auch die Schäden, die durch elektrischen Strom verursacht werden.

§4 Ernteerzeugnisse 1. Die Versicherung der Ernteerzeugnisse umfaßt ohne Unterscheidung nach den einzelnen Fruchtgattungen die gesamten, jeweils in den Versicherungsorten vorhandenen Bestände, einschließlich der älteren Bestände und des Zukaufs, an ungeschnittenen und geschnittenen Halm-, Hülsen- und Ölfrüchten jeder Art, an Faserpflanzen, Körnern, Gräsern, Stroh, Spreu, Heu und Futterkräutern sowie an Samen und Handelsgewächsen. 2. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die gesamten Erntevorräte dieser Art, einschließlich der älteren Bestände und des Zukaufs, mit dem vollen Wert für die Zeit des ganzen Erntejahres zur Versicherung anzugeben, gleichviel, ob die Ernte in die Gebäude gebracht wird oder nicht. 3. Auf Hackfrüchte finden Ziffer 1 und 2 keine Anwendung.

D 15

§5 1. Können nach Eintritt des Schadenfalles die Erntevorräte einschließlich der älteren Bestände und des Zukaufs weder durch ordnungsmäßig geführte Wirtschaftsbücher noch durch Belege oder in anderer zuverlässiger Weise ermittelt werden, so wird angenommen, daß die Vorräte sich gleichmäßig vermindert haben, und zwar bei Dreschfrucht und Stroh vom 1. September an täglich um V3oo, bei Futtergewächsen vom 1. November an täglich um V24o· Für die Wertberechnung sind die amtlich festgelegten Preise am Brandtage maßgebend, mangels solcher die mittleren Preise des nächsten Marktortes. 2. Der Preis für Saatgut wird nur für solche Ernteerzeugnisse berechnet, die ausdrücklich als Saatgut durch eine zuständige Stelle anerkannt worden sind. 3. Bei Dreschfrucht werden vom Körnerwert die Dreschkosten nicht abgezogen, sofern sie tatsächlich nicht erspart worden sind. Ersparte Abfuhrkosten werden nicht abgezogen. Sieg/Johannsen

63

Α. Überblick

Anm. A 25

§6 Schoberversicherung 1. Die Ernteerzeugnisse sind bis zum Höchstbetrage von 15000 D M * ) für den einzelnen Schadenfall beim Aufstellen in Schobern (Diemen) auf die Dauer einer Woche, vom Beginn der Einbringung an gerechnet, versichert. Soll ein höherer Betrag als 15000 DM*) versichert werden, dann bedarf dies einer besonderen Vereinbarung. Nach Ablauf der Woche scheiden die in Schober gesetzten Ernteerzeugnisse aus der Versicherung aus. 2. Für Ernteerzeugnisse, die länger als eine Woche in Schobern versichert bleiben sollen, muß eine besondere Schoberversicherung abgeschlossen werden. Alsdann bildet für den Schober nur sein Standort den Versicherungsort. 3. Schober bis zu 10000 DM Versicherungssumme müssen mindestens 30 Meter, solche über 10000 DM Versicherungssumme mindestens 60 Meter von jedem anderen Schober entfernt stehen. Soweit Polizeivorschriften größere Entfernungen fordern, gehen sie dieser Bestimmung vor. In geringeren Entfernungen voneinander aufgestellte Schober (Schobergruppen) werden als ein Schober behandelt. Die Versicherung von Schobern und Schobergruppen im Werte von mehr als 15000 DM*) bedarf besonderer Vereinbarung. 4. Bei der Aufstellung von Schobern sind ferner, soweit die Ortspolizeibehörde nicht Ausnahmen zuläßt, die folgenden polizeilich vorgeschriebenen Entfernungen einzuhalten: mindestens 25 Meter von Gebäuden mit feuerbeständigen oder feuerhemmenden Umfassungen und Bedachungen, von öffentlichen Wegen, Interessentenwegen und Hochspannungsleitungen, mindestens 50 Meter von Gebäuden ohne feuerbeständige oder feuerhemmende Umfassungen, von Gebäuden mit Weichdächern, von Waldgrundstücken und von Bahngleisen, gemessen von der Mitte des nächsten Gleises; liegen die Gleise auf einem Damm, so tritt zu der Entfernung von 50 Metern noch die lV 2 fache Höhe des Dammes, mindestens 300 Meter von Betrieben und Lagerstätten, in denen explosible Stoffe oder brennbare Flüssigkeiten hergestellt, verarbeitet oder gelagert werden. 5. Wird das von einem versicherten Getreideschober gewonnene Stroh sofort wieder in Schober gesetzt, * Dieser Betrag ist durch geschäftsplanmäßige Erklärung mit Wirkung vom 8.8.1955 auf 30000 D M erhöht worden. 64

Sieg/Johannsen

II. Rechtsgrundlagen

Anm. A 26

so ist dieser Strohschober ohne besondere Anmeldung und Beitragsleistung bis zum Ablauf der für den Fruchtschober gültigen Versicherungszeit versichert, und zwar zu dem ursprünglich für Stroh angegebenen Werte, höchstens aber zu einem Drittel der auf den Fruchtschober versicherten Summe. Die Versicherung eines Schobers erlischt schon vor ihrem Ablauf mit seiner Abtragung. 6. An jedem Schober muß dauernd ein Versicherungsschild des Versicherers befestigt sein. 7. Die Bestimmungen für Schober gelten auch für Ernteerzeugnisse in offenen Feldscheunen (Diemenschuppen).

§7 Pflichten des Versicherungsnehmers 1. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, in seinem Betrieb namentlich auch beim Ausdrusch von Ernteerzeugnissen die gesetzlichen, polizeilichen und sonstigen Vorschriften über Aufstellung, Beschaffenheit und Betrieb von Dampfkesseln und Dampflokomobilen sowie von beweglichen und unbeweglichen landwirtschaftlichen Kraftmaschinen genau zu erfüllen. Dasselbe gilt für die Lagerung des Brennstoffes zum Betrieb von Verbrennungsmotoren. 2. Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmaschinen und deren Treibstoffe dürfen weder dauernd noch vorübergehend in Scheunen oder anderen Gebäuden, wo leicht brennbare Stoffe (Heu, Stroh usw.) lagern, untergebracht werden. 3. In Scheunen, Ställen und auf den Böden darf nicht geraucht werden; diese Räume dürfen auch nicht mit offenem Licht betreten werden (§ 368 RStrGB*)). [A 26] dd) Zusatzbedingungen für Fabriken und gewerbliche Anlagen (ZFgA 81 a) Versicherte Gefahren und Schäden § 1 Folgeschäden § 2 Betriebs- und Blitzschäden an elektrischen Einrichtungen § 3 Schäden durch Explosion Versicherte Sachen und Interessen § 4 Fremdes Eigentum § 5 Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen Versicherte Kosten § 6 Aufräumungs- und Abbruchkosten § 7 Feuerlöschkosten § 8 Bewegungs- und Schutzkosten ·• Anm.: Aufgehoben durch Art. 19 Ziff. 206 EGStGB vom 2. III. 1974 BGBl. I S. 500. Sieg/Johannsen

65

Anm. A 26

Α. Überblick

Gefahrerhöhung; Obliegenheiten § 9 Anerkennung § 1 0 Bargeld, Wertpapiere und sonstige Urkunden § 11 Verantwortlichkeit für Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften § 1 2 Abweichung von Sicherheitsvorschriften § 1 3 Elektrische Anlagen § 14 Nichtanwendung von Sicherheitsvorschriften § 1 5 Zivilschutzeinrichtungen § 1 6 Aufnahme eines Betriebes § 1 7 Betriebsstillegung Versicherungsort § 1 8 Grundstück des Versicherungsorts § 1 9 Außenversicherung § 20 Abhängige Außenversicherung § 21 Selbständige Außenversicherung § 22 Anschlußgleise und Wasseranschlüsse § 23 Kraftfahrzeuge von Betriebsangehörigen und Besuchern Versicherungswert § 24 Verkaufspreis für verkaufte lieferungsfertige eigene Erzeugnisse § 25 Geschäftsunterlagen und sonstige Datenträger § 2 6 Muster Versicherungssumme; Unterversicherung § 27 Vorsorgeversicherungssumme § 28 Summenausgleich (Kompensation) § 29 Erstrisikoversicherung § 30 Versicherungssummen und Entschädigungsgrenzen nach einem Versicherungsfall Kündigung nach einem Versicherungsfall § 31 Kündigung nach einem Versicherungsfall Sachverständigenverfahren; Entschädigung § 32 Auswahl der Sachverständigen § 33 Zusammentreffen von Feuer- und Maschinenversicherung § 34 Teilzahlung § 35 Verzicht auf Ersatzansprüche Sonstige Bestimmungen § 36 Repräsentanten § 37 Führung § 38 Prozeßführung Es gelten die Allgemeinen Feuerversicherungs-Bedingungen (AFB), soweit sich nicht aus den folgenden Bestimmungen etwas anderes ergibt.

Versicherte Gefahren und Schäden §1 Folgeschäden Abweichend von § 1 Nr 3 b AFB sind Folgeschäden ohne Rücksicht auf den Entstehungsort des Schadenereignisses versichert. 66

Sieg/Johannsen

CIO

Anm. A 26

II. Rechtsgrundlagen

§2 Betriebs- und Blitzschäden an elektrischen Einrichtungen 1. Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schäden, die durch die Wirkung des elektrischen Stromes an elektrischen Einrichtungen mit oder ohne Feuererscheinung entstehen (z.B. durch Überstrom, Überspannung, Isolationsfehler, wie Kurz-, Windungs-, Körper- oder Erdschluß, unzureichende Kontaktgabe, Versagen von Meß-, Regel- oder Sicherheitseinrichtungen), außer wenn sie Folgeschäden eines bedingungsgemäßen Brand- oder Explosionsschadens sind. 2. Auf Blitzschäden an elektrischen Einrichtungen erstreckt sich die Versicherung nur, soweit der Schaden durch den unmittelbaren Übergang des Blitzes auf die hierbei beschädigten elektrischen Einrichtungen entstanden ist. 3. Für Brand- oder Explosionsschäden, die Folgeschäden eines der in Nr. 1 oder Nr. 2 genannten Schadenereignisses sind, wird Entschädigung geleistet.

H 16

§3 Schäden durch Explosion 1. Die Versicherung erstreckt sich auf Explosionsschäden aller Art. Schäden durch Krieg, innere Unruhen, Erdbeben oder Kernenergie sind ausgeschlossen. 2. Explosion ist eine auf dem Ausdehnungsbestreben von Gasen oder Dämpfen beruhende, plötzlich verlaufende Kraftäußerung. Eine Explosion eines Behälters (Kessel, Rohrleitungen u. ä.) liegt nur vor, wenn seine Wandung in einem solchen Umfang zerrissen wird, daß ein plötzlicher Ausgleich des Druckunterschieds innerhalb und außerhalb des Behälters stattfindet. Wird im Innern eines Behälters eine Explosion durch chemische Umsetzung hervorgerufen, so ist ein dadurch am Behälter entstehender Schaden auch dann zu ersetzen, wenn seine Wandung nicht zerrissen ist. Schäden durch Unterdruck sind von der Versicherung ausgeschlossen. 3. Schäden, die an Verbrennungskraftmaschinen durch die im Verbrennungsraum auftretenden Explosionen, sowie Schäden, die an Schaltorganen von elektrischen Schaltern durch den in ihnen auftretenden Gasdruck entstehen, sind von der Versicherung ausgeschlossen.

Sieg/Johannsen

H 21, H 24

H 26

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Anm. A 26

Α. Überblick

Versicherte Sachen und Interessen

§4 Fremdes Eigentum 1. Fremdes Eigentum ist mitversichert, soweit es seiner Art nach zu den versicherten Sachen gehört und dem Versicherungsnehmer zur Bearbeitung, Benutzung oder Verwahrung oder zum Verkauf oder zu sonstigen Zwecken in Obhut gegeben wurde und soweit nicht der Versicherungsnehmer mit dem Eigentümer nachweislich eine andere Vereinbarung getroffen hat. 2. Die Versicherung gilt für Rechnung des Eigentümers und des Versicherungsnehmers. Für die Höhe des Versicherungswertes ist jedoch, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, nur das Interesse des Eigentümers maßgebend.

C 49

C 51

§5 Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen 1. Ist Versicherung von Gebrauchsgegenständen der Betriebsangehörigen vereinbart, so sind nur Sachen versichert, die sich üblicherweise innerhalb des Versicherungsorts befinden. 2. Nicht versichert sind Kraftfahrzeuge, Bargeld und Wertpapiere sowie der in Wohnungen befindliche Hausrat. 3. Entschädigung wird nur geleistet, soweit EntSchädigung nicht aus einem anderen Versicherungsvertrag beansprucht werden kann. Ist danach die Entschädigung oder eine TeilentSchädigung gemäß § 17 Nr. 1 AFB nur deshalb noch nicht fällig, weil ohne Verschulden des Versicherungsnehmers oder des versicherten Betriebsangehörigen die Entschädigungspflicht aus dem anderen Versicherungsvertrag ganz oder teilweise noch nicht geklärt ist, so wird der Versicherer unter Vorbehalt der Rückforderung mit Zinsen 1 v. H. unter dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank eine vorläufige Zahlung leisten.

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Sieg/Johannsen

C 49

G 165, H 161 C 50

Anm. A 26

II. Rechtsgrundlagen

Versicherte Kosten

§6 Aufräumungs- und Abbruchkosten 1. Soweit dies vereinbart ist und soweit diese Kosten nicht durch eine Monopolanstalt entschädigt werden, ersetzt der Versicherer auch die infolge eines Versicherungsfalls notwendigen Aufräumungs- und Abbruchkosten. 2. Aufräumungs- und Abbruchkosten sind AufWendungen für das Aufräumen der Schadenstätte einschließlich des Abbruchs stehengebliebener Teile, für das Abfahren von Schutt und sonstigen Resten zum nächsten Ablagerungsplatz und für das Ablagern oder Vernichten.

C15

H 200

§7 Feuerlöschkosten 1. Soweit dies vereinbart ist und soweit diese Kosten nicht durch eine Monopolanstalt entschädigt werden, ersetzt der Versicherer auch die infolge eines Versicherungsfalls notwendigen Feuerlöschkosten. 2. Feuerlöschkosten sind Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer zur Brandbekämpfung für geboten halten durfte. 3. Freiwillige Zuwendungen des Versicherungsnehmers an Personen, die sich bei der Brandbekämpfung eingesetzt haben, sind nur zu ersetzen, wenn der Versicherer vorher zugestimmt hatte.

C 15

§8 Bewegungs- und Schutzkosten 1. Soweit dies vereinbart ist und soweit diese Kosten nicht durch eine Monopolanstalt entschädigt werden, ersetzt der Versicherer auch die infolge eines Versicherungsfalls notwendigen Bewegungs- und Schutzkosten. 2. Bewegungs- und Schutzkosten sind Aufwendungen, die dadurch entstehen, daß zum Zweck der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung von Sachen, welche durch vorliegenden Vertrag versichert sind, andere Sachen bewegt, verändert oder geschützt werden müssen. 3. Bewegungs- und Schutzkosten sind insbesondere Aufwendungen für De- oder Remontage von Sieg/Johannsen

C15

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Anm. A 26

Α. Überblick

Maschinen, für Durchbruch, Abriß oder Wiederaufbau von Gebäudeteilen oder für das Erweitern von Öffnungen.

Gefahrerhöhung; Obliegenheiten

§9 Anerkennung 1. Hat der Versicherer das gegen Feuer versicherte Wagnis besichtigt und liegt ein Besichtigungsbericht vor, so erkennt der Versicherer an, daß ihm durch diese Besichtigung alle Umstände bekanntgeworden sind, welche in diesem Zeitpunkt für die Beurteilung des Risikos erheblich waren. 2. Dies gilt jedoch nicht für Umstände, die arglistig verschwiegen worden sind.

D 27

§10 Bargeld, Wertpapiere und sonstige Urkunden 1. Soweit Bargeld, Wertpapiere und sonstige Urkunden versichert sind, besteht Versicherungsschutz nur, wenn und solange sie sich in verschlossenen Behältnissen der im Versicherungsvertrag bezeichneten Art befinden. Dies gilt bis zu der hierfür vereinbarten besonderen Versicherungssumme oder Entschädigungsgrenze nicht für Schäden an Bargeld während der Geschäftszeit. 2. Der Versicherungsnehmer hat über den jeweiligen Bestand der versicherten Wertpapiere und sonstigen Urkunden Verzeichnisse mit den für ein Aufgebotsverfahren notwendigen Angaben zu führen. Dies gilt nicht für Bargeld, Zins-, Renten- und Gewinnanteilscheine und nicht für Brief- und sonstige Wertmarken. 3. Die Verzeichnisse sind so aufzubewahren, daß sie im Versicherungsfall voraussichtlich nicht gleichzeitig mit den versicherten Sachen zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen können. 4. Nr. 2 und Nr. 3 gelten nicht für Banken und Sparkassen als Versicherungsnehmer. 5. Für zerstörte oder abhanden gekommene Wertpapiere und sonstige Urkunden hat der Versicherungsnehmer unverzüglich das Aufgebotsverfahren zu betreiben und etwaige sonstige Rechte zu wahren, insbesondere sperrfähige Urkunden sperren zu lassen. Die §§ 62,63 V V G sind anzuwenden. 6. Wird der Verbleib abhanden gekommener Sachen ermittelt, so hat der Versicherungsnehmer dies 70

Sieg/Johannsen

Anm. A 26

II. Rechtsgrundlagen

dem Versicherer unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Das gleiche gilt, wenn der Versicherungsnehmer nach einem Aufgebotsverfahren Ersatz verlangt. Ist für die Sachen Entschädigung in voller Höhe ihres Versicherungswerts gezahlt worden, so hat der Versicherungsnehmer die Entschädigung zurückzuzahlen, gegebenenfalls abzüglich Zinsverlustes, der dem Versicherungsnehmer durch Verzögerung fälliger Leistungen aus Wertpapieren entstanden ist, oder die Sachen dem Versicherer zur Verfügung zu stellen. Der Versicherungsnehmer hat dieses Wahlrecht innerhalb von zwei Wochen nach Empfang einer schriftlichen Aufforderung des Versicherers auszuüben; nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist geht das Wahlrecht auf den Versicherer über. Ist für die Sachen eine Entschädigung gezahlt worden, die bedingungsgemäß weniger als den Versicherungswert betragen hat, so kann der Versicherungsnehmer die Sachen behalten und muß sodann die Entschädigung zurückzahlen. Erklärt er sich hierzu innerhalb von zwei Wochen nach Empfang einer schriftlichen Aufforderung des Versicherers nicht bereit, so hat der Versicherungsnehmer die Sache im Einvernehmen mit dem Versicherer öffentlich meistbietend verkaufen zu lassen. Von dem Erlös abzüglich der Verkaufskosten erhält der Versicherer den Anteil, welcher der von ihm geleisteten bedingungsgemäßen Entschädigung entspricht.

§11 Verantwortlichkeit für Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften 1. Die „Brandverhütungs-Vorschriften für Fabriken und gewerbliche Anlagen" sind im Betrieb ordnungsgemäß bekanntzumachen. 2. Ist dies geschehen, so ist der Versicherungsnehmer nicht verantwortlich für Verstöße gegen gesetzliche, behördliche und vertragliche Sicherheitsvorschriften, die ohne sein Wissen und ohne Wissen seiner gesetzlichen Vertreter oder Repräsentanten (§ 36) begangen werden.

G 80

§12 Abweichung von Sicherheitsvorschriften Abweichungen von Sicherheitsvorschriften, denen das Gewerbeaufsichtsamt oder die Berufsgenossenschaft schriftlich zugestimmt hat, beeinträchtigen die Entschädigungspflicht nicht.

Sieg/Johannsen

71

Α. Überblick

A n m . A 26

§13 Elektrische Anlagen 1. Der Versicherungsnehmer hat die elektrischen Anlagen jährlich, und zwar möglichst innerhalb der ersten drei Monate eines jeden Versicherungsjahres, auf seine Kosten durch eine vom Verband der Sachversicherer e.V. anerkannte Überwachungsstelle prüfen und sich ein Zeugnis darüber ausstellen zu lassen. In dem Zeugnis muß eine Frist gesetzt sein, innerhalb derer Mängel beseitigt und Abweichungen von den anerkannten Regeln der Elektrotechnik, insbesondere von den einschlägigen VDE-Bestimmungen sowie Abweichungen von den Sicherheitsvorschriften, die dem Vertrag zugrunde liegen, abgestellt werden müssen. 2. Der Versicherungsnehmer hat dem Versicherer das Zeugnis unverzüglich zu übersenden, die Mängel fristgemäß zu beseitigen und dies dann dem Versicherer anzuzeigen. 3. Wenn dies besonders vereinbart ist, verzichtet der Versicherer, falls bei einer Prüfung keine erheblichen Mängel festgestellt werden, auf die nächstfällige Prüfung. 4. Werden elektrische Anlagen alljährlich im Auftrag einer Behörde durch Fach(Elektro-)Ingenieure geprüft, so ist durch deren Prüfung auch den Bestimmungen von Nr. 1 und Nr. 2 genügt. §14 Nichtanwendung von Sicherheitsvorschriften 1. Auf Gebäude, die nur Wohn-, Büro- oder Sozialzwecken dienen, sind § 13 und die vereinbarten sonstigen Sicherheitsvorschriften nicht anzuwenden. Dies gilt nicht, wenn sich in den Gebäuden elektronische Datenverarbeitungsanlagen befinden. 2. Nr. 1 gilt entsprechend für einzelne Räume, die nur Wohn-, Büro- oder Sozialzwecken dienen und von den übrigen Teilen des Gebäudes feuerbeständig getrennt sind. Dies gilt nicht, wenn sich in den Räumen elektronische Datenverarbeitungsanlagen befinden. §15 Zivilschutzeinrichtungen Für vorschriftsmäßige Anlagen des Zivilschutzes sowie für Zivilschutzübungen gelten §§ 23 ff. W G , 6 AFB nicht. 72

Sieg/Johannsen

II. Rechtsgrundlagen

A n m . A 26

§16 Aufnahme eines Betriebes 1. Die Aufnahme eines Betriebes, gleich welcher Art und welchen Umfangs, ist dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. 2. Ist mit der Aufnahme des Betriebes eine Gefahrerhöhung verbunden, so gelten § 6 AFB und §§ 23 bis 30 V V G . 3. Der Versicherer hat von dem Tag der Aufnahme des Betriebes an Anspruch auf die aus einem etwa erforderlichen höheren Prämiensatz errechnete Prämie; dies gilt nicht, soweit der Versicherer in einem Versicherungsfall wegen Gefahrerhöhung gemäß Nr. 2 leistungsfrei geworden ist. §17 Betriebsstillegung 1. Alle stillgelegten Maschinen und sämtliche Zubehörteile sind gründlich zu reinigen und einzufetten und nötigenfalls mit guten Schutzhüllen zu versehen. In diesem Zustand sind sie dauernd zu erhalten und daraufhin regelmäßig nachzuprüfen. 2. Mit Stillegung des Betriebes sind sämtliche Räume des Versicherungsorts gründlich zu kehren und zu reinigen. Kehricht und Abfälle sind unverzüglich auf gefahrlose Weise zu beseitigen, so daß sie die versicherten Sachen nicht gefährden. 3. Die Löscheinrichtungen müssen stets in gebrauchsfähigem Zustand erhalten werden. 4. Es muß für eine ständige Beaufsichtigung des Grundstücks durch eine zuverlässige Person gesorgt werden, die sämtliche Räume möglichst täglich, mindestens aber jeden zweiten Tag einmal zu begehen und die verschließbaren Räume nach jeder Revision wieder zu verschließen hat.

Versicherungsort §18 Grundstück des Versicherungsorts Abweichend von § 4 Nr. 1 AFB ist Versicherungsort das gesamte Grundstück, auf dem die im Versicherungsvertrag bezeichneten Räume liegen.

Sieg/Johannsen

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Α. Überblick

Anm. A 26

§19 Außenversicherung Soweit dies vereinbart ist, besteht Versicherungsschütz außerhalb des Versicherungsorts gemäß § 20 oder § 21.

C6

§20 Abhängige Außenversicherung 1. Sachen, für die Außenversicherung vereinbart ist, sind bis zu der hierfür vereinbarten besonderen Versicherungssumme oder Entschädigungsgrenze auch außerhalb des Versicherungsorts versichert. Dies gilt jedoch, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, nur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Landes Berlin und der Verbindungswege. 2. Wenn nichts anderes vereinbart ist, besteht kein Versicherungsschutz, soweit Entschädigung aus einer anderen Versicherung beansprucht werden kann. Ist danach die Entschädigung oder eine Teilentschädigung gemäß § 17 Nr. 1 AFB nur deshalb noch nicht fällig, weil ohne Verschulden des Versicherungsnehmers die Entschädigungspflicht aus dem anderen Versicherungsvertrag ganz oder teilweise noch nicht geklärt ist, so wird der Versicherer unter Vorbehalt der Rückforderung mit Zinsen 1 v.H. unter dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank eine vorläufige Zahlung leisten. 3. Ist der Prämiensatz für die besondere Versicherungssumme gemäß Nr. 1 höher als für die Position, zu der die Außenversicherung vereinbart ist, so gilt § 3 Nr. 4 AFB (Unterversicherung) auch für diese besondere Versicherungssumme. 4. Bei Berechnung einer Unterversicherung für die Position, zu der die Außenversicherung vereinbart ist, sind auch die gemäß Nr. 1 außerhalb des Versicherungsorts versicherten Sachen zu berücksichtigen, jedoch nur bis zur dort genannten Entschädigungsgrenze. 5. Nr. 3 und Nr. 4 sind nicht nebeneinander anzuwenden. Anzuwenden ist diejenige Bestimmung, die zu der niedrigeren Entschädigung führt.

C6

C 50

§21 Selbständige Außenversicherung 1. Sind Sachen außerhalb des Versicherungsorts durch eine besondere Position versichert (selbständige Außenversicherung), so gilt, soweit nicht etwas ande74

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C6

Anm. A 26

II. Rechtsgrundlagen

res vereinbart ist, diese Versicherung nur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Landes Berlin und der Verbindungswege. 2. Wenn nichts anderes vereinbart ist, besteht kein Versicherungsschutz, soweit Entschädigung aus einer anderen Versicherung beansprucht werden kann. Ist danach die Entschädigung oder eine Teilentschädigung gemäß § 17 Nr. 1 AFB nur deshalb noch nicht fällig, weil ohne Verschulden des Versicherungsnehmers die Entschädigungspflicht aus dem anderen Versicherungsvertrag ganz oder teilweise noch nicht geklärt ist, so wird der Versicherer unter Vorbehalt der Rückforderung mit Zinsen 1 v.H. unter dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank eine vorläufige Zahlung leisten.

C 50

§22 Anschlußgleise und Wasseranschlüsse 1. An- und Abfuhrgüter sind außerhalb des Versicherungsorts insoweit mitversichert, als sie sich auf Transportmitteln in seiner unmittelbaren Nähe oder auf Anschlußgleisen und Wasseranschlüssen befinden. Das gleiche gilt für die Transportmittel selbst, soweit sie zu den versicherten Sachen gehören. 2. Andere Versicherungen oder die Haftpflicht eines Frachtführers oder Spediteurs gehen jedoch vor. Ist danach die Entschädigung oder eine Teilentschädigung gemäß § 17 Nr. 1 AFB nur deshalb noch nicht fällig, weil ohne Verschulden des Versicherungsnehmers die Entschädigungspflicht aus dem anderen Versicherungsvertrag ganz oder teilweise noch nicht geklärt ist, so wird der Versicherer unter Vorbehalt der Rückforderung mit Zinsen 1 v.H. unter dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank eine vorläufige Zahlung leisten.

C 50

§23 Kraftfahrzeuge von Betriebsangehörigen und Besuchern Soweit Kraftfahrzeuge von Betriebsangehörigen und Besuchern in ruhendem Zustand versichert sind, gilt die Versicherung auch auf Parkplätzen, die dem Versicherungsnehmer zur Verfügung stehen und entsprechend gekennzeichnet sind.

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Α. Überblick

A n m . A 26

Versicherungswert §24 Verkaufspreis für verkaufte lieferungsfertige eigene Erzeugnisse 1. Soweit dies vereinbart wurde, ist Versicherungswert der vom Versicherungsnehmer ganz oder teilweise selbst hergestellten lieferungsfertigen Erzeugnisse, die verkauft, dem Käufer aber noch nicht übergeben sind, der vereinbarte Verkaufspreis abzüglich der durch Nichtlieferung ersparten Kosten. Satz 1 gilt nicht, soweit der Käufer die Abnahme verweigern kann. 2. Wenn der Versicherungsnehmer den Käufer trotz des Versicherungsfalls in Erfüllung des Kaufvertrages zum vereinbarten Preis beliefert, so sind Versicherungswert die dem Versicherungsnehmer entstehenden Kosten der Neuherstellung oder bei Ankauf auf dem Markt der Marktpreis, beide berechnet auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls, jedoch mindestens der Verkaufspreis gemäß Nr. 1. 3. Ist nur ein Teil der Erzeugnisse einer bestimmten Gattung verkauft, und war dieser Teil bei Eintritt des Versicherungsfalls noch nicht ausgesondert, so wird der Versicherungswert nur für diesen Teil der Gesamtmenge nach Nr. 1 und Nr. 2 ermittelt. Schäden an einem Teil der Gesamtmenge werden anteilig dem verkauften und dem nicht verkauften Teil der Gesamtmenge zugerechnet. 4. § 55 W G (Bereicherungsverbot) bleibt unberührt.

C 11

§25 Geschäftsunterlagen und sonstige Datenträger 1. Soweit Akten, Pläne, Geschäftsbücher, Karteien, Zeichnungen, Lochkarten, Magnetbänder, Magnetplatten und sonstige Datenträger versichert sind, ist für die Entschädigung der Zeitwert des Materials maßgebend, der sich aus dem Neuwert der Sachen durch einen Abzug entsprechend ihrem insbesondere durch Alter und Abnutzung bestimmten Zustand ergibt. An die Stelle des Zeitwerts tritt der gemeine Wert, soweit das Material für seinen Zweck allgemein oder im Betrieb des Versicherungsnehmers nicht mehr zu verwenden ist. 2. Falls jedoch die Wiederherstellung notwendig ist und innerhalb von zwei Jahren seit Eintritt des Versicherungsfalls sichergestellt wird, werden der Neuwert der Datenträger und die Kosten der Wiederherstellung der Daten ersetzt. 76

Sieg/Johannsen

Anm. A 26

II. Rechtsgrundlagen

§26 Muster 1. Soweit Muster, Anschauungsmodelle, Prototypen, Ausstellungsstücke sowie typengebundene, für die laufende Produktion nicht mehr benötigte Fertigungsvorrichtungen versichert sind, ist Versicherungswert der Zeitwert. Der Zeitwert ergibt sich aus dem Neuwert der Sachen durch einen Abzug entsprechend ihrem insbesondere durch Alter und Abnutzung bestimmten Zustand. 2. An die Stelle des Zeitwerts tritt der gemeine Wert, a) soweit die Sachen allgemein oder im Betrieb des Versicherungsnehmers nicht mehr zu verwenden sind, oder b) soweit die Wiederherstellung der Sachen nicht notwendig ist oder nicht innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls sichergestellt wird. Gemeiner Wert ist der für den Versicherungsnehmer erzielbare Verkaufspreis für die gebrauchte Sache oder für das Altmaterial.

Versicherungssummen; Unterversicherung §27 Vorsorgeversicherungssumme 1. Die Vorsorgeversicherungssumme verteilt sich auf die Versicherungssummen der Positionen, für die sie vereinbart ist und bei denen Unterversicherung besteht. 2. Für die Aufteilung ist das Verhältnis der Beträge maßgebend, um die die Versicherungswerte der einzelnen Positionen die Versicherungssummen übersteigen, und zwar ohne Rücksicht darauf, welche Positionen durch den Versicherungsfall betroffen sind.

H 186

§28 Summenausgleich (Kompensation) 1. Soweit die Versicherungssummen der einzelnen Positionen die dazugehörenden Versicherungswerte übersteigen, werden die überschießenden Summenanteile auf diejenigen Positionen aufgeteilt, bei denen nach Aufteilung einer Vorsorgeversicherungssumme Unterversicherung besteht und für die gleich hohe oder niedrigere Prämiensätze vereinbart sind. Sieg/Johannsen

H 187

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Α. Überblick

A n m . A 26

2. Für die Aufteilung ist das Verhältnis der Beträge maßgebend, um die die Versicherungswerte der einzelnen Positionen die Versicherungssummen übersteigen, und zwar ohne Rücksicht darauf, welche Positionen durch den Versicherungsfall betroffen sind. 3. Bei Positionen, zu denen eine Wertzuschlagsklausel vereinbart ist, gilt als Versicherungssumme die Grundsumme zuzüglich des einfachen Wertzuschlags. 4. Vom Summenausgleich ausgenommen sind a) Vorräte, für die Stichtagsversicherung vereinbart ist; b) Vorsorgeversicherungssummen für Neubauten und Neuanschaffungen gemäß Klausel 6.06; c) Versicherungssummen auf Erstes Risiko (Erste Gefahr). 5. Sind für mehrere Grundstücke gesonderte Versicherungssummen vereinbart, so erfolgt der Summenausgleich nur zwischen den Positionen der einzelnen Grundstücke. §29 Erstrisikoversicherung Soweit Versicherung auf Erstes Risiko (Erste Gefahr) vereinbart ist, gelten die §§ 56 W G , 3 Nr. 4 AFB und die Bestimmungen über Unterversicherung in den sonstigen dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen nicht.

Η 238

§30 Versicherungssummen und Entschädigungsgrenzen nach einem Versicherungsfall 1. Abweichend von §§ 95 W G , 18 Nr. 1 AFB vermindern sich die Versicherungssummen ab Eintritt des Versicherungsfalls für den Rest der laufenden Versicherungsperiode nur dann um den Betrag der Entschädigung, wenn eine Partei dies nach Eintritt des Versicherungsfalls unverzüglich verlangt. 2. Wird dies nicht verlangt, so hat der Versicherungsnehmer aus dem Teil der Versicherungssumme, der dem Betrag der Entschädigung entspricht, Prämie für die Zeit zwischen dem Versicherungsfall und dem Ende der laufenden Versicherungsperiode zeitanteilig nachzuentrichten. Der Versicherer ist berechtigt, diese Prämie von der Entschädigung einzubehalten. 3. Nr. 1 und Nr. 2 gelten entsprechend für Entschädigungsgrenzen. 4. Nr. 1 und Nr. 2 gelten nicht, soweit Stichtagsversicherung vereinbart ist. 78

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Anm. A 26

II. Rechtsgrundlagen

Kündigung nach einem Versicherungsfall §31 Kündigung nach einem Versicherungsfall Zu § 18 Nr. 2 AFB ist vereinbart, daß unter einem Feuerversicherungsvertrag auch ein Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherungs-Vertrag zu verstehen ist.

C 13

Sachverständigenverfahren; Entschädigung §32 Auswahl der Sachverständigen 1. Der Versicherer darf als Sachverständigen keine Personen benennen, die Mitbewerber des Versicherungsnehmers sind oder mit ihm in dauernder Geschäftsverbindung stehen, ferner keine Personen, die bei Mitbewerbern oder Geschäftspartnern angestellt sind oder mit ihnen in einem ähnlichen Verhältnis stehen. 2. Nr. 1 gilt entsprechend für die Benennung eines Obmanns durch die Sachverständigen. §33 Zusammentreffen von Feuer- und Maschinenversicherung 1. Wenn gleichzeitig eine Feuer- und eine Maschinenversicherung besteht und streitig ist, ob oder in welchem Umfang ein Schaden als Feuerschaden oder als Maschinenschaden anzusehen ist, dann können der Versicherungsnehmer, der Feuerversicherer und der Maschinenversicherer verlangen, daß die Höhe des Feuerschadens und des Maschinenschadens in einem gemeinsamen Sachverständigenverfahren festgestellt wird. Die Feststellung ist verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. 2. Jede Partei ernennt einen Sachverständigen; der Versicherungsnehmer kann zwei Sachverständige ernennen. Die Parteien können sich auf zwei oder einen gemeinsamen Sachverständigen einigen. 3. Die Partei, die ihren Sachverständigen zuerst ernennt, gibt den Namen ihres Sachverständigen den beiden anderen Parteien schriftlich bekannt mit der Aufforderung, gleichfalls Sachverständige zu ernennen. Geschieht dies nicht binnen zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung, so wird der SachverstänSieg/Johannsen

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Anm. A 26

Α. Überblick

dige der säumigen Partei auf Antrag durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernannt. In der Aufforderung ist auf diese Folge hinzuweisen. Beide Sachverständige benennen schriftlich vor Beginn des Feststellungsverfahrens einen dritten Sachverständigen als Obmann. Einigen sie sich nicht, so wird der Obmann auf Antrag einer Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernannt. 4. Die Sachverständigen übermitteln den drei Parteien gleichzeitig ihre Feststellungen. Weichen diese voneinander ab, dann werden sie unverzüglich dem Obmann übergeben, der über die streitig gebliebenen Punkte innerhalb der Grenzen der Feststellungen entscheidet. Der Obmann reicht seine Entscheidung ebenfalls den drei Parteien gleichzeitig ein. 5. Jede Partei trägt die Kosten ihres Sachverständigen. Die Kosten des Obmanns tragen die Parteien je zu einem Drittel. 6. Steht im Zeitpunkt des § 34 (Teilzahlung) noch nicht fest, inwieweit der Schaden als Feuerschaden oder als Maschinenschaden anzusehen ist, dann beteiligt sich jeder Versicherer an der Teilzahlung vorläufig mit der Hälfte. 7. Durch das Sachverständigenverfahren werden die Obliegenheiten gemäß §§13 Nr. 1 b und 1 c AFB, 10 Nr. 5 ZFgA 81 nicht berührt. §34 Teilzahlung Der Versicherungsnehmer kann verlangen, daß eine Teilzahlung in Höhe des Betrages, der nach Lage der Sache mindestens zu zahlen ist, abweichend von den §§ 11 W G , 17 Nr. 1 Satz 1 AFB schon drei Wochen nach Anzeige des Versicherungsfalls erfolgt. §35 Verzicht auf Ersatzansprüche Der Versicherungsschutz bleibt unberührt, wenn der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalls im Rahmen des Üblichen auf Ersatzansprüche für Brand- oder Explosionsschäden verzichtet hat.

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Sieg/Johannsen

Anm. A 26

II. Rechtsgrundlagen

Sonstige Bestimmungen §36 Repräsentanten Dem Versicherungsnehmer stehen als Repräsentanten gleich 1. Personen, die in dem Geschäftsbereich, zu dem die versicherten Sachen gehören, aufgrund eines Vertretungs- oder eines ähnlichen Verhältnisses anstelle des Versicherungsnehmers die Obhut über diese Sachen ausüben; 2. Personen, die damit betraut sind, rechtserhebliche Tatsachen anstelle des Versicherungsnehmers zur Kenntnis zu nehmen und dem Versicherer zur Kenntnis zu bringen; 3. Personen, denen die versicherten Sachen aufgrund eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Verhältnisses für längere Zeit in alleinige Obhut gegeben worden sind.

Β 36-38

§37 Führung Der führende Versicherer ist bevollmächtigt, Anzeigen und Willenserklärungen des Versicherungsnehmers für alle beteiligten Versicherer entgegenzunehmen. §38 Prozeßführung Soweit die vertraglichen Grundlagen für die beteiligten Versicherer die gleichen sind, ist folgendes vereinbart: 1. Der Versicherungsnehmer wird bei Streitfällen aus diesem Vertrag seine Ansprüche nur gegen den führenden Versicherer und nur wegen dessen Anteil gerichtlich geltend machen. 2. Die beteiligten Versicherer erkennen die gegen den führenden Versicherer rechtskräftig gewordene Entscheidung sowie die durch den führenden Versicherer mit dem Versicherungsnehmer nach Rechtshängigkeit geschlossenen Vergleiche als auch für sich verbindlich an. 3. Falls der Anteil des führenden Versicherers die Berufungs- oder Revisionssumme leicht erreicht, ist der Versicherungsnehmer berechtigt und auf Verlangen des führenden oder eines mitbeteiligten VersicheSieg/Johannsen

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Anm. A 28

Α. Überblick

rers verpflichtet, die Klage auf einen zweiten, erforderlichenfalls auf weitere Versicherer auszudehnen, bis diese S u m m e erreicht ist. Wird diesem Verlangen nicht entsprochen, so gilt N r . 2 nicht.

[A 27] ee) 5.07 Versicherung des hypothekarischen Interesses Die Versicherung deckt nach Maßgabe der Allgemeinen FeuerversicherungsBedingungen und der folgenden Bestimmungen das hypothekarische Interesse, das dem Versicherungsnehmer als Gläubiger der im Grundbuch Band ... B l a t t . . . Abt. III unter Nr. ... eingetragenen Hypothek - Grundschuld -Rentenschuld an den im Versicherungsschein bezeichneten Gebäuden zusteht. 1. Versicherungswert ist der Kapitalbetrag des Realrechts einschließlich der rückständigen und bis zur Entschädigungszahlung fällig werdenden Zinsen und Nebenleistungen und der Kosten. Die Entschädigung ist jedoch, auch wenn mehrere Realgläubiger ihr Interesse versichert haben, auf den Betrag des Neubauwertes der Gebäude beschränkt. Mehreren Versicherungsnehmern wird nach Maßgabe ihres Ranges gehaftet. 2. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn und soweit nach dem Schaden der gemeine Wert der verpfändeten Grundstücke und der Gebäudereste das hypothekarische Interesse noch deckt, ferner wenn und soweit der gemeine Wert der verpfändeten Grundstücke und Gebäude schon vor dem Schaden das hypothekarische Interesse nicht mehr gedeckt hat. 3. Der Versicherungsnehmer hat dem Versicherer auf Verlangen die durch das Realrecht gesicherte Forderung nebst dem Realrecht insoweit zu übertragen, als dieser ihm den Schaden ersetzt. 4. Die Versicherung erlischt, wenn das Realrecht des Versicherungsnehmers erlischt oder, abgesehen von Erbschaftsfällen, auf einen anderen übergeht oder wenn die Gebäude ganz oder teilweise vom Eigentümer oder für dessen Rechnung versichert werden. Hinweis: Die vorstehende Klausel ist auch dann anzuwenden, wenn die Versicherung von dem Realgläubiger gemäß § 105 W G beantragt wird. Als Versicherungssumme ist in allen Fällen der Betrag der Hypothek zuzüglich eines Pauschbetrags in H ö h e der schätzungsweise zu erwartenden Zinsen und Kosten zu wählen. O b und welcher Schaden an dem hypothekarischen Interesse eingetreten ist, wird im Schadenfall gegebenenfalls im bedingungsmäßigen Sachverständigenverfahren zu ermitteln sein; es braucht nicht erst die Zwangsversteigerung des Grundstücks abgewartet zu werden.

Z u A 27: Die Hypothekeninteressev wird unter J 79 behandelt.

[A 28] 4. AVB der Betriebsunterbrechungsversicherung a) Vorbemerkung Wie zur Feuerv so wird auch hier von dem Abdruck der Klauseln, die nur von Fall zu Fall zugestanden werden, abgesehen. Deren Fundstellen: VerBAV 1970 S. 24; 1971 S. 195; 1972 S. 34; 1973 S. 242; 1974 S. 166; 1977 S. 38. Vgl. im übrigen oben Anm. A 4. 82

Sieg/Johannsen

II. Rechtsgrundlagen

A n m . A 29

Zu A 28: Weitere K l a u s e l n w e r d e n unter Κ 9 - 1 1 , 1 3 - 1 4 u n d 29 behandelt.

[A 29] b) Texte aa) Allgemeine gen (FBUB)

Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherungsbedingun-

§1 Gegenstand der Versicherung Wird der Betrieb des Versicherungsnehmers infolge eines Sachschadens (§ 2) unterbrochen, so ersetzt der Versicherer nach den folgenden Bestimmungen den dadurch entstehenden Unterbrechungsschaden (§ 3).

Κ 2, Κ 6, Κ 7

§2 Sachschaden 1. Sachschaden ist die Zerstörung, die Beschädigung oder das Abhandenkommen einer dem Betrieb dienenden Sache infolge von a) Brand, Explosion oder Blitzschlag, b) Anprall oder Absturz eines bemannten Flugkörpers, seiner Teile oder seiner Ladung, c) Löschen, Niederreißen oder Ausräumen bei einem dieser Ereignisse. 2. Brand ist ein Feuer, das ohne einen bestimmungsmäßigen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag. Schäden, die an den dem Betriebe dienenden Sachen dadurch entstehen, daß diese einem Nutzfeuer oder der Wärme zur Bearbeitung oder zu sonstigen Zwecken ausgesetzt werden, sind keine Sachschäden im Sinne des Absatzes 1. 3. Explosion ist eine auf dem Ausdehnungsbestreben von Gasen oder Dämpfen beruhende, plötzlich verlaufende Kraftäußerung. Eine Explosion eines Behälters (Kessels, Rohrleitungen u.a.) liegt nur vor, wenn seine Wandung in einem solchen Umfang zerrissen wird, daß ein plötzlicher Ausgleich des Druckunterschieds innerhalb und außerhalb des Behälters stattfindet. Wird im Innern eines Behälters eine Explosion durch chemische Umsetzung hervorgerufen, so ist ein dadurch am Behälter entstehender Schaden auch dann ein Sachschaden im Sinne des Absatzes 1, wenn seine Wandung nicht zerrissen ist. Schäden, die durch Unterdruck oder an Verbrennungskraftmaschinen durch die im Verbrennungsraum auftretenden Explosionen oder an Schaltorganen von elektrischen Sieg/Johannsen

Η 146, Κ 3, Κ 10, Κ 11

C2

83

Anm. A 29

Α. Überblick

Schaltern durch den in ihnen auftretenden Gasdruck entstehen, sind keine Sachschäden im Sinne des Absatzes 1. 4. Als Sachschäden im Sinne des Absatzes 1 gelten nicht a) Schäden, soweit sie durch Krieg, innere Unruhen, Erdbeben oder Kernenergie verursacht sind. Ist nicht festzustellen, ob eine dieser Ursachen vorliegt, so entscheidet die überwiegende Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO); b) Schäden, soweit sie darin bestehen, daß Bargeld, Wertpapiere, Urkunden, Pläne, Zeichnungen, Lochkarten, Magnetbänder und sonstige Datenträger, Geschäftsbücher oder Schriften aller Art zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen; c) Schäden an elektrischen Einrichtungen, die durch die Wirkung des elektrischen Stromes mit oder ohne Feuererscheinung entstehen (z.B. durch Uberstrom, Uberspannung, Isolationsfehler wie Kurz-, Windungs-, Körper- oder Erdschluß, unzureichende Kontaktgabe, Versagen von Meß-, Regel- oder Sicherheitseinrichtungen), außer wenn sie Folgeschäden eines bedingungsmäßigen Brand- oder Explosionsschadens sind. Blitzschäden an elektrischen Einrichtungen gelten nur insoweit als Sachschäden im Sinne des Absatzes 1, als der Schaden durch den unmittelbaren Ubergang des Blitzes auf die hierbei beschädigten elektrischen Einrichtungen entstanden ist. Aus solchen Vorgängen entstehende Brand- oder Explosionsschäden sind jedoch Sachschäden im Sinne des Absatzes 1.

H 40

§3 Unterbrechungsschaden, Versicherungsort, Haftzeit 1. Unterbrechungsschaden ist der entgehende Betriebsgewinn und der Aufwand an fortlaufenden Kosten in dem versicherten Betriebe, sofern sich der Sachschaden auf einem Grundstück ereignet hat, das in der Versicherungsurkunde als Betriebsstelle bezeichnet ist. 2. Der Versicherer haftet nicht, soweit der Unterbrechungsschaden erheblich vergrößert wird a) durch außergewöhnliche, während der Unterbrechung eintretende Ereignisse, b) durch behördlich angeordnete Wiederaufbauoder Betriebsbeschränkungen, c) dadurch, daß dem Versicherungsnehmer zur Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung zer84

Sieg/Johannsen

C 19, Κ 2, Κ 8, Κ 17

C 37, Κ 17, Κ 26, Κ 27, Κ 28, Κ 30, Κ 31 Η 146

Κ 43

Anm. A 29

II. Rechtsgrundlagen

störter, beschädigter oder abhandengekommener Sachen nicht rechtzeitig genügend Kapital zur Verfügung steht. 3. Der Versicherer haftet für den Unterbrechungsschaden, der innerhalb von zwölf Monaten seit Eintritt des Sachschadens entsteht (Haftzeit). Für Gehälter und Löhne kann bei Zugrundelegung der Jahressummen eine kürzere Haftzeit vereinbart werden. 4. Für nicht erhebliche Unterbrechungen, deren Folgen sich im Betrieb ohne wesentliche Aufwendungen wieder einholen lassen, haftet der Versicherer nicht.

1. Versichert sind der Gewinn aus dem Umsatz der hergestellten Erzeugnisse und der gehandelten Waren sowie der Gewinn aus Dienstleistungen und die Kosten des versicherten Betriebes. 2. Nicht versichert sind: a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für bezogene Waren, soweit es sich nicht um Aufwendungen zur Betriebserhaltung oder um Mindest- und Vorhaltegebühren für Energiefremdbezug handelt; b) Umsatzsteuer, Verbrauchssteuern und Ausfuhrzölle; c) Ausgangsfrachten, soweit keine fortlaufenden vertraglichen Zahlungsverpflichtungen entgegenstehen, und Paketporti; d) umsatzabhängige Versicherungsprämien; e) umsatzabhängige Lizenzgebühren und umsatzabhängige Erfindervergütungen; f) Gewinne und Kosten, die mit dem Fabrikations-, Handels- oder Gewerbebetrieb nicht zusammenhängen, beispielsweise aus Kapital-, Spekulations- oder Grundstücksgeschäften. 3. Betriebsgewinn und Kosten sind in einer Gruppe (Position) versichert, soweit für sie die gleiche Haftzeit gilt.

Κ 17

Κ 21

A 7, Κ 17, Κ 18, Κ 31

Κ 24, Κ 32-37 Κ 33

Κ 34 Κ 35

Κ 36

Κ 37

Κ2

§5 Versicherungswert im Schadenfalle, Bewertungszeitraum, Unterversicherung 1. Maßgebend für den Versicherungswert im Schadenfalle sind der Betriebsgewinn und die Kosten, die der Versicherungsnehmer ohne Unterbrechung des Betriebes in dem Bewertungszeitraum erwirtschaftet Sieg/Johannsen

Κ 15

85

Anm. A 29

Α. Überblick

hätte. Der Bewertungszeitraum umfaßt 12 Monate. Er endet zu dem Zeitpunkt, von dem an ein Unterbrechungsschaden nicht mehr entsteht, spätestens jedoch mit dem Ablauf der Haftzeit. 2. Diese Bestimmungen gelten auch, wenn Gehälter und Löhne nach § 3 Absatz 3 mit einer Haftzeit von weniger als zwölf Monaten versichert werden. 3. Ist bei Eintritt des Sachschadens die Versieherungssumme einer Gruppe niedriger als ihr Versicherungswert, so wird nur der Teil des Schadens ersetzt, der sich zum ganzen Schaden verhält wie die Versicherungssumme zu dem Versicherungswert.

Κ 12, Κ 14

§6 Umfang der Entschädigung 1. Zu ersetzen sind der Betriebsgewinn und die Kosten, die der Versicherungsnehmer infolge der Betriebsunterbrechung im Bewertungszeitraum nicht erwirtschaften konnte. 2. Kosten werden nur ersetzt, soweit ihr Weiteraufwand rechtlich notwendig oder wirtschaftlich begründet ist und soweit sie ohne die Unterbrechung erwirtschaftet worden wären. 3. Abschreibungen auf Gebäude, Maschinen und Einrichtungen sind nur insoweit zu entschädigen, als sie auf vom Sachschaden nicht betroffene Teile des versicherten Betriebes entfallen. 4. Bei der Feststellung des Unterbrechungsschadens sind alle Umstände zu berücksichtigen, die den Gang und das Ergebnis des Betriebes während des Bewertungszeitraumes günstig oder ungünstig beeinflußt haben würden, wenn die Unterbrechung nicht eingetreten wäre. 5. Die Versicherung darf nicht zu einer Bereicherung führen. Wirtschaftliche Vorteile, die sich nach Ablauf des Bewertungszeitraumes als Folge der Unterbrechung innerhalb der Haftzeit ergeben, sind in billiger Weise zu berücksichtigen.

Κ 24, Κ 31, Κ 43

Κ 23, Κ 31, Κ 32, Κ 40, Κ 43

Κ 18

Κ 22, Κ 25

§7 Buchführungspflicht 1. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, Bücher zu führen. Inventuren und Bilanzen für die drei Vorjahre sind sicher oder zum Schutz gegen gleichzeitige Vernichtung voneinander getrennt aufzubewahren. 2. Bei Verletzung dieser Obliegenheit ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei, wenn der 86

Sieg/Johannsen

G 87, Κ 7

Κ7

Anni. A 29

II. Rechtsgrundlagen

Versicherungsnehmer nicht nachweist, daß die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.

§8 Prämie 1. Der Versicherungsnehmer hat die erste Prämie gegen Aushändigung der Versicherungsurkunde, Folgeprämien bei Beginn jeder Versicherungsperiode zu zahlen. Mit der Prämie sind die aus der Versicherungsurkunde oder der Prämienrechnung ersichtlichen Kosten (öffentliche Abgaben, Ausfertigungs- und Hebegebühren, Auslagen) zu entrichten. 2. Die Haftung des Versicherers beginnt mit der Einlösung der Versicherungsurkunde, jedoch nicht vor dem darin bezeichneten Zeitpunkt. 3. Für die Folgen nicht rechtzeitiger Prämienzahlung gelten die §§ 38, 39 des Versicherungs-VertragsGesetzes. Rückständige Folgeprämien dürfen nur innerhalb eines Jahres seit Ablauf der nach § 39 des Versicherungs-Vertrags-Gesetzes gesetzten Zahlungsfrist gerichtlich eingezogen werden. 4. Endigt das Versicherungsverhältnis vor Ablauf der Vertragszeit oder wird es nach Beginn der Versicherung rückwirkend aufgehoben oder ist es von Anfang an nichtig, so gebührt dem Versicherer Prämie oder Geschäftsgebühr nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen (z. B. §§ 40 und 68 des VersicherungsVertrags-Gesetzes). Kündigt nach Eintritt des Schadens (§16 Abs. 2) der Versicherungsnehmer, so gebührt dem Versicherer die Prämie für die laufende Versicherungsperiode; kündigt der Versicherer, so hat er die Prämie, die auf die nach Abzug der Entschädigung verbleibende Versicherungssumme entfällt, nach Verhältnis der noch nicht abgelaufenen Versicherungszeit zurückzuzahlen. War die Prämie für mehrere Jahre vorausgezahlt, so wird der Betrag einbehalten, den der Versicherer bei Abschluß der Versicherung für die abgelaufene Zeit berechnet haben würde.

1. Entspricht das Versicherungsjahr dem Geschäftsjahr und meldet der Versicherungsnehmer spätestens 4 Monate nach Ablauf eines Versicherungsjahres, daß nach seinen Geschäftsbüchern Betriebsgewinn und erwirtschaftete Kosten im abgelaufenen Sieg/Johannsen

D 41

D 42

Κ 13, Κ 14

87

Α. Überblick

Anm. A 29

Versicherungsjahr niedriger waren als die Versicherungssumme, so wird die auf den überschießenden Betrag gezahlte Prämie bis zu einem Drittel der entrichteten Jahresprämie rückvergütet. Die Rückvergütung ist für jede Gruppe besonders festzustellen. 2. Erweist sich im Schadenfalle, daß die für das abgelaufene Versicherungsjahr nach Absatz 1 für eine Gruppe als endgültig gemeldete Summe niedriger war als der Versicherungswert dieser Gruppe in dem abgelaufenen Versicherungsjahr, so ermäßigt sich die bedingungsgemäß (vgl. auch § 5 Abs. 3) ermittelte Entschädigung im Verhältnis der unter Berücksichtigung der Prämienrückgewähr gezahlten Prämie zu der Prämie, die der Versicherungsnehmer nach dem Versicherungswert zu zahlen gehabt hätte. War die Versicherungssumme einer Gruppe im abgelaufenen Versicherungsjahr niedriger als der Versicherungswert dieser Gruppe in dem abgelaufenen Versicherungsjahr, so ermäßigt sich die bedingungsgemäß (vgl. auch § 5 Abs. 3) zu ermittelnde Entschädigung nur im Verhältnis der unter Berücksichtigung der Prämienrückgewähr gezahlten Prämie zu der für die Versicherungssumme gezahlten Prämie. Satz 1 und 2 gelten nicht, wenn der Versicherungsnehmer glaubhaft macht, daß die unrichtige Meldung ohne sein Verschulden erfolgt ist. 3. Ist die Versicherungssumme während des abgelaufenen Versicherungsjahres geändert worden, so gilt als Versicherungssumme im Sinne der Absätze 1 und 2 die Jahresdurchschnittssumme, die sich aus den jeweiligen Versicherungssummen unter Berücksichtigung der Zeiträume errechnet, in denen sie gegolten haben.

Κ 14

§10 Pflichten des Versicherungsnehmers im Schadenfall 1. Der Versicherungsnehmer hat im Falle eines Sachschadens, der eine Betriebsunterbrechung zur Folge haben könnte, dem Versicherer unverzüglich Anzeige zu erstatten. 2. Bei Eintritt eines Unterbrechungsschadens hat er, soweit es ihm billigerweise zugemutet werden kann, a) für die Abwendung oder Minderung des Unterbrechungsschadens zu sorgen und dabei Weisungen des Versicherers zu befolgen; b) dem Versicherer, dessen Beauftragten und Sachverständigen jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang der Entschädigungspflicht zu gestatten und jede hierzu dienliche Auskunft, auf Verlangen 88

Sieg/Johannsen

G 90, G 98, Κ 4, Κ 5, Κ 8, Κ 45

A 8, Κ 5, Κ 18, Κ 27, Κ 44

Anm. A 29

II. Rechtsgrandlagen

schriftlich, zu erteilen. Er hat zu dem Zweck insbesondere die Geschäftsbücher, Inventuren und Bilanzen sowie Hilfsbücher, Rechnungen und Belege über den Geschäftsgang während des laufenden Geschäftsjahres und der drei Vorjahre zur Verfügung zu stellen. 3. Verletzt der Versicherungsnehmer eine der vorstehenden Obliegenheiten, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei denn, daß die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Bei grobfahrlässiger Verletzung der unter 1 und 2 b bestimmten Obliegenheiten bleibt der Versicherer zur Leistung insoweit verpflichtet, als die Verletzung keinen Einfluß auf die Feststellung oder den Umfang der Entschädigungsleistung gehabt hat. Bei grobfahrlässiger Verletzung einer der unter 2 a bestimmten Obliegenheiten bleibt der Versicherer insoweit verpflichtet, als der Umfang des Schadens auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheit nicht geringer gewesen wäre.

Κ4

§11 Ersatz der Aufwendungen zur Schadenminderung 1. Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer zur Abwendung oder Minderung des Unterbrechungsschadens macht, fallen dem Versicherer zur Last, a) soweit sie den Umfang der Entschädigungspflicht des Versicherers verringern oder b) soweit der Versicherungsnehmer sie den Umständen nach für geboten halten durfte, aber wegen ihrer Dringlichkeit das Einverständnis des Versicherers vorher nicht einholen konnte. In diesem Falle ist der Versicherer über die eingeleiteten Maßnahmen unverzüglich zu verständigen. 2. Die Aufwendungen werden nicht ersetzt, soweit a) durch sie über die Haftzeit hinaus für den Versicherungsnehmer Nutzen entsteht, b) durch sie Kosten erwirtschaftet werden, die nicht versichert sind, c) sie mit der Entschädigung zusammen die Versicherungssumme übersteigen, es sei denn, daß sie auf einer Weisung des Versicherers beruhen. 3. Bei einer Unterversicherung - § 5 Absatz 3 - sind die Aufwendungen nur in demselben Verhältnis zu ersetzen wie der Unterbrechungsschaden.

Sieg/Johannsen

Κ 12, Κ 27, Κ 44

Κ 25

89

Anm. A 29

Α. Überblick

§12 Sachverständigenverfahren 1. Versicherungsnehmer und Versicherer können nach Eintritt des Versicherungsfalles vereinbaren, daß die Höhe des Unterbrechungsschadens durch Sachverständige festgestellt wird. Das Sachverständigenverfahren kann durch Vereinbarung auf sonstige tatsächliche Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs sowie der Höhe der Entschädigung ausgedehnt werden. Der Versicherungsnehmer kann ein Sachverständigenverfahren auch durch einseitige Erklärung gegenüber dem Versicherer verlangen. 2. Für das Sachverständigenverfahren gilt: a) Jede Partei benennt schriftlich einen Sachverständigen und kann dann die andere unter Angabe des von ihr benannten Sachverständigen schriftlich auffordern, den zweiten Sachverständigen zu benennen. Wird der zweite Sachverständige nicht binnen zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung benannt, so kann ihn die auffordernde Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernennen lassen. In der Aufforderung ist auf diese Folge hinzuweisen. b) Beide Sachverständige benennen schriftlich vor Beginn des Feststellungsverfahrens einen dritten Sachverständigen als Obmann. Einigen sie sich nicht, so wird der Obmann auf Antrag einer Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernannt. c) Der Versicherer darf als Sachverständige keine Personen benennen, die Mitbewerber des Versicherungsnehmers sind oder mit ihm in dauernder Geschäftsverbindung stehen, ferner keine Personen, die bei Mitbewerbern oder Geschäftspartnern angestellt sind oder mit ihnen in einem ähnlichen Verhältnis stehen. Dies gilt entsprechend für die Benennung eines Obmannes durch die Sachverständigen. 3. Die Sachverständigen übermitteln beiden Parteien gleichzeitig ihre Feststellungen. Weichen die Feststellungen voneinander ab, so übergibt der Versicherer sie unverzüglich dem Obmann. Dieser entscheidet über die streitig gebliebenen Punkte innerhalb der durch die Feststellungen der Sachverständigen gezogenen Grenzen und übermittelt seine Entscheidung beiden Parteien gleichzeitig. 4. Jede Partei trägt die Kosten ihres Sachverständigen. Die Kosten des Obmannes tragen beide Parteien je zur Hälfte. 90

Sieg/Johannsen

Η 219, Η 226, Κ 18

Anm. A 29

II. Rechtsgrundlagen

5. Die Feststellungen der Sachverständigen oder des Obmannes sind verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. §13 Umfang der Feststellung der Sachverständigen 1. Die Feststellung der Sachverständigen muß, wenn beide Parteien sich hierüber nach Eintritt eines Unterbrechungsschadens nicht anders einigen, insbesondere folgendes ergeben: a) Gewinn- und Verlustrechnungen für das laufende Geschäftsjahr bis zum Beginn der Betriebsunterbrechung und für das vorausgegangene Geschäftsjahr, b) eine Gewinn- und Verlustrechnung, aus der sich ergibt, wie sich das Geschäft während des Bewertungszeitraumes ohne Unterbrechung des Betriebes gestaltet hätte, c) eine Gewinn- und Verlustrechnung, aus der sich ergibt, wie sich das Geschäft während des Bewertungszeitraumes infolge der Unterbrechung gestaltet hat, d) ob und in welcher Weise Umstände, welche die Entschädigungspflicht des Versicherers beeinflussen, bei Feststellung des Unterbrechungsschadens berücksichtigt worden sind. 2. Die Gewinn- und Verlustrechnungen sind im Sinne des § 4 aufzustellen. Dabei sind alle Kosten gesondert auszuweisen unter Kennzeichnung der im Bewertungszeitraum fortlaufenden Kosten.

H 219, H 229, Κ 18

§14 Besondere Verwirkungsgründe Wenn der Versicherungsnehmer den Sachschaden oder den Unterbrechungsschaden vorsätzlich oder grobfahrlässig herbeiführt oder sich bei den Verhandlungen über die Ermittlung der Entschädigung für die Unterbrechung einer arglistigen Täuschung schuldig macht, so ist der Versicherer von jeder Entschädigungspflicht aus diesem Schadenfall frei.

A 41, G 128, G 136, Κ 6, Κ7

§15 Zahlung der Entschädigung 1. Ist die Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde und der Höhe nach festgestellt, so hat die Auszahlung der Entschädigung binnen zwei Wochen zu erfolgen. Sieg/Johannsen

Η 210, Η 211

91

Anm. A 29

Α. Überblick

2. Wenn es nach Ablauf eines Monats seit Beginn der Unterbrechung und nach Ablauf jedes weiteren Monats möglich ist, den Betrag festzustellen, den der Versicherer für die verflossene Zeit der Unterbrechung mindestens zu vergüten hat, kann der Versicherungsnehmer verlangen, daß ihm dieser Betrag in Anrechnung auf die Gesamtleistung gezahlt wird. 3. Der Versicherer ist berechtigt, die Zahlung aufzuschieben: a) wenn Zweifel über die Berechtigung des Versicherungsnehmers zum Zahlungsempfang bestehen, bis zur Vorlage der erforderlichen Nachweise; b) wenn eine polizeiliche oder strafgerichtliche Untersuchung aus Anlaß des Sachschadens oder des Unterbrechungsschadens gegen den Versicherungsnehmer eingeleitet ist, bis zum Abschluß dieser Untersuchung. 4. Die Entschädigung ist ab Ende des BewertungsZeitraums (§ 5 Nr. 1) mit 1 v.H. unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen, mindestens jedoch mit 4 v. H. und höchstens mit 6 v. H. pro Jahr. Zinsen werden erst fällig, wenn die Entschädigung fällig ist. Zinsen werden nicht geschuldet, solange infolge Verschuldens des Versicherungsnehmers die Entschädigung nicht ermittelt oder nicht gezahlt werden kann. 5. Lehnt der Versicherer den Entschädigungsanspruch ab, so ist er von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Entschädigungsanspruch nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird. Die Frist beginnt erst, nachdem der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber den erhobenen Anspruch unter Angabe der mit dem Ablaufe der Frist verbundenen Rechtsfolgen schriftlich abgelehnt hat.

Η 208, Η 209

Η 212

§16 Rechtsverhältnis nach Eintritt des Unterbrechungsschadens 1. Vom Tage der Unterbrechung an vermindert sich die Versicherungssumme für den Rest der Versicherungsperiode um den Betrag der Entschädigung. Für spätere Versicherungsperioden gelten wieder die ursprüngliche Versicherungssumme und Prämie, wenn nichts anderes vereinbart wird. 2. Nach dem Eintritt eines Unterbrechungsschadens können Versicherer und Versicherungsnehmer jeden zwischen ihnen bestehenden Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherungsvertrag kündigen. 92

Sieg/Johannsen

E 13

II. Rechtsgrundlagen

Anm. A 30

Die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Sie muß spätestens einen Monat nach dem Abschluß der Verhandlungen über die Entschädigung zugehen. Die Kündigung wird einen Monat nach ihrem Zugang wirksam. Der Versicherungsnehmer kann bestimmen, daß seine Kündigung sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt wirksam wird, jedoch spätestens zum Schluß des laufenden Versicherungsjahres. §17 Form der Erklärungen des Versicherungsnehmers Versicherungsanträge sowie sämtliche Anzeigen und Erklärungen des Versicherungsnehmers mit Ausnahme der Schadenanzeige bedürfen der Schriftform. [A 30]

D 2 1 , D 3 5 , H211

bb) Zusatzbedingungen zu den FBUB 1. Zu § 3 Absatz 1 FBUB: Anschlußgleise und Wasseranschlüsse

Als Betriebsstelle im Sinne des § 3 Absatz 1 FBUB gelten auch Anschlußgleise und Wasseranschlüsse sowie in unmittelbarer Nähe des Versicherungsgrundstücks abgestellte Transportmittel. 2. Zu § 12 Absatz 1 FBUB: Feststellung des Facharbeiterbegriffes Im Schadenfall kann jede Partei verlangen, daß das Sachverständigenverfahren auf die Feststellung darüber ausgedehnt wird, welche Betriebsangehörigen des Versicherungsnehmers als nichtfachmännische Arbeiter und welche als fachmännische, angelernte und Spezialarbeiter, gegebenenfalls im Sinne der im Versicherungsvertrag getroffenen besonderen Vereinbarung, anzusehen sind. 3. Zu § 16 Absatz 2 FBUB: Vertragsbeendigung bei Kündigung nach dem Schadenfall Bei einer Kündigung des Versicherers aus Anlaß eines Schadenfalles endet der Vertrag erst 3 Monate nach der Kündigung. 4. Verantwortlichkeitsklausel Der Versicherungsnehmer hat die „Brandverhütungs-Vorschriften für Fabriken und gewerbliche Anlagen" in seinem Betriebe ordnungsgemäß bekanntzumachen. Sieg/Johannsen

93

Anm. A 30

Α. Überblick

Hat der Versicherungsnehmer diese Brandverhütungs-Vorschriften ordnungsgemäß bekanntgemacht, so ist er nicht verantwortlich für Verstöße gegen gesetzliche, behördliche und vertragliche Sicherheitsvorschriften, die wider Wissen und Willen des Versicherungsnehmers, seiner gesetzlichen Vertreter oder Repräsentanten begangen werden. Repräsentanten sind solche Personen, die in dem Geschäftsbereiche, zu dem das versicherte Wagnis gehört, auf Grund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an Stelle des Versicherungsnehmers stehen und für ihn die Obhut über die dem Betrieb dienenden Sachen wahrzunehmen haben. 5. Nachprüfung elektrischer Licht- und Kraftanlagen Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die elektrische Anlage jährlich, möglichst innerhalb der ersten drei Monate des Versicherungsjahres, auf seine Kosten durch eine von dem Verband der Sachversicherer e.V. anerkannte Uberwachungsstelle prüfen und sich ein Zeugnis darüber ausstellen zu lassen. Darin muß eine Frist gesetzt sein, innerhalb welcher Mängel beseitigt und Abweichungen von den anerkannten Regeln der Elektrotechnik, insbesondere von den einschlägigen VDE-Bestimmungen, sowie Abweichungen von den Sicherheitsvorschriften der Feuerversicherer abgestellt werden müssen. Der Versicherungsnehmer hat dem Versicherer das Zeugnis unverzüglich einzusenden, die Mängel fristgemäß abzustellen und die Abstellung dem Versicherer anzuzeigen. 5 a. Abweichung von den Sicherheitsvorschriften Abweichungen von den Sicherheitsvorschriften, denen das Gewerbeaufsichtsamt oder die Berufsgenossenschaft schriftlich zugestimmt hat, beeinträchtigen die Entschädigungspflicht nicht. Die Abweichungen sind dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. 6. Führungsklausel Der führende Versicherer ist bevollmächtigt, Anzeigen und Willenserklärungen des Versicherungsnehmers für alle beteiligten Versicherer in Empfang zu nehmen. 7. Prozeßführungsklausel Soweit die vertraglichen Grundlagen für die beteiligten Versicherer die gleichen sind, wird folgendes vereinbart: 1. Der Versicherungsnehmer wird bei Streitfällen aus diesem Vertrage seine Ansprüche nur gegen den 94

Sieg/Johannsen

Anm. A 30

II. Rechtsgrundlagen

führenden Versicherer und wegen dessen Anteils gerichtlich geltend machen. 2. Die an der Versicherung mitbeteiligten Versicherer erkennen die gegen die Führende rechtskräftig gewordene Entscheidung gegenüber dem Versicherungsnehmer sowie die von der Führenden mit dem Versicherungsnehmer nach Rechtshängigkeit geschlossenen Vergleiche als auch für sich verbindlich an. 3. Falls der Anteil des führenden Versicherers die Berufungs- oder Revisionssumme nicht erreicht, ist der Versicherungsnehmer berechtigt und auf Verlangen des führenden oder eines mitbeteiligten Versicherers verpflichtet, die Klage auf diesen zweiten, erforderlichenfalls auch auf einen dritten und weitere Versicherer auszudehnen, bis diese Summe erreicht ist. Wird diesem Verlangen nicht entsprochen, so findet die Bestimmung der Ziffer 2 keine Anwendung. 8. Anerkennungsklausel Der Versicherer erkennt an, daß ihm bei Abschluß des Vertrages alle Umstände bekannt waren, die für die Beurteilung des Risikos erheblich sind, es sei denn, daß irgendwelche Umstände arglistig verschwiegen wurden. Die Verpflichtung des Versicherungsnehmers, nachträglich eingetretene Gefahrerhöhungen gemäß § 27 W G anzuzeigen, bleibt unberührt. 9. Schadenregelung bei Zusammentreffen von Feuer-BUund Maschinen-BU-Versicherung 1. Wenn gleichzeitig eine Feuer-Betriebsunterbrechungs- und eine Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherung besteht, und streitig ist, ob oder in welchem Umfange ein Schaden als Feuer-Betriebsunterbrechungs-Schaden oder als Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Schaden anzusehen ist, dann können der Versicherungsnehmer, der Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherer und der MaschinenBetriebsunterbrechungs-Versicherer verlangen, daß die Höhe des Feuer-Betriebsunterbrechungs-Schadens und des Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Schadens in einem Sachverständigenverfahren festgestellt wird. Die Feststellung ist verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. 2. Jede Partei ernennt einen Sachverständigen; der Versicherungsnehmer kann zwei Sachverständige ernennen. Die Parteien können sich auf zwei oder einen gemeinsamen Sachverständigen einigen. Sieg/Johannsen

95

Α. Überblick

Anm. A 30

3. Die Partei, die ihren Sachverständigen zuerst ernennt, gibt den Namen ihres Sachverständigen den beiden anderen Parteien schriftlich bekannt mit der Aufforderung, gleichfalls Sachverständige zu ernennen. Geschieht dies nicht binnen zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung, so wird der Sachverständige der säumigen Partei auf Antrag durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernannt. In der Aufforderung ist auf diese Folge hinzuweisen. Die Sachverständigen wählen vor Beginn des Feststellungsverfahrens einen gemeinsamen Obmann. Einigen sie sich nicht über dessen Person, so wird der Obmann auf Antrag einer Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernannt. 4. Die Sachverständigen reichen den drei Parteien ihre Feststellungen gleichzeitig ein. Weichen diese voneinander ab, dann werden sie unverzüglich dem Obmann übergeben, der über die streitig gebliebenen Punkte innerhalb der Grenzen der Feststellungen entscheidet. Der Obmann reicht seine Entscheidung ebenfalls den drei Parteien gleichzeitig ein. 5. Jede Partei trägt die Kosten ihres Sachverständigen. Die Kosten des Obmanns tragen die Parteien je zu einem Drittel. 6. Verlangt der Versicherungsnehmer eine Teilzahlung gemäß § 15 Absatz 2 FBIJB und steht noch nicht fest, inwieweit der Unterbrechungsschaden als Feueroder als Maschinenschaden anzusehen ist, dann beteiligt sich jeder Versicherer an der Teilzahlung vorläufig mit der Hälfte. 10. Auswahl der Sachverständigen Der Versicherer wird zu Sachverständigen keine Personen ernennen, die Mitbewerber des Versicherungsnehmers sind oder mit ihm in dauernder Geschäftsverbindung stehen. 11. Verzicht auf Ersatzansprüche gegenüber einer Eisenbahnunternehmung oder Hafenverwaltung Abweichend von § 67 Absatz 1 Satz 3 W G bleibt im Schadenfall der Versicherungsschutz insoweit unberührt, als der Versicherungsnehmer etwa gegenüber einer Eisenbahnunternehmung oder Hafenverwaltung auf Ersatzansprüche für Feuer-Betriebsunterbrechungsschäden verzichtet hat. 12. Luftschutzübungen Bei Schäden, die durch Luftschutzübungen und durch die Einrichtung von Anlagen des LuftschutzHilfs-, Warn- und Alarmdienstes entstehen, verzichtet 96

Sieg/Johannsen

Anm. A 31

II. Rechtsgrundlagen

der Versicherer auf den Einwand der Gefahrerhöhung und der Verletzung der Anzeigepflicht gemäß §§ 23 bis 30 W G . 13. Nichtanwendung der Sicherheitsvorschriften Auf Gebäude, die nur Wohn-, Büro- oder Sozialzwecken dienen, finden die Allgemeinen Sicherheitsvorschriften der Feuerversicherer für Fabriken und gewerbliche Anlagen (ASF) und die darin erwähnten ergänzenden Vorschriften sowie die Bestimmungen über die N a c h p r ü f u n g elektrischer Licht- und K r a f t anlagen (Klausel 5 der Zusatzbedingungen zu den F B U B ) keine Anwendung. Diese Ausnahme gilt nicht für Räume, in denen sich elektronische Datenverarbeitungsanlagen befinden.

[ A 3 1 ] cc) Zusatzbedingungen f ü r die einfache Betriebsunterbrechungs-Versicherung (Klein-BU-Versicherung) - Z K B U 87 Für die einfache Betriebsunterbrechungs-Versicherung (Klein-BU-Versicherung) gelten je nach der Vereinbarung über die versicherten Gefahren die dem Versicherungsvertrag zugrunde gelegten - Allgemeinen Feuerversicherungs-Bedingungen (AFB 87), - Allgemeinen Bedingungen für die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung ( A E R B 87), - Allgemeinen Bedingungen für die Leitungswasserversicherung (AWB 87) - Allgemeinen Bedingungen für die Sturmversicherung (AStB 87), soweit sich nicht aus den folgenden Bestimmungen etwas anderes ergibt.

§1 Gegenstand der Versicherung 1. Wird der im Versicherungsvertrag bezeichnete Betrieb des Versicherungsnehmers infolge eines Sachschadens unterbrochen, der nach den vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen aus dem vorliegenden Vertrag dem G r u n d e nach entschädigungspflichtig ist, so ersetzt der Versicherer den dadurch in dem Betrieb des Versicherungsnehmers entstehenden Unterbrechungsschaden (§ 2). 2. Uber Nr. 1 hinaus wird ein Unterbrechungsschaden auch dann ersetzt, wenn der dem G r u n d e nach entschädigungspflichtige Sachschaden Gebäude oder bewegliche Sachen betrifft, die dem versicherten Betrieb des Versicherungsnehmers dienen, jedoch nicht durch den vorliegenden Vertrag versichert sind. 3. Unterbrechungsschäden infolge Sachschadens an Urkunden, Akten, Plänen, Geschäftsbüchern, KarSieg/Johannsen

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Anm. A 31

Α. Überblick

teien, Zeichnungen, Lochkarten, Magnetbändern, Magnetplatten oder sonstigen Datenträgern sind nur versichert, wenn dies besonders vereinbart ist; eine Entschädigungsgrenze kann vereinbart werden. Der Versicherungsnehmer hat jedoch von den in Abs. 1 genannten Unterlagen und Datenträgern Duplikate anzufertigen und diese so aufzubewahren, daß sie im Fall eines Sachschadens voraussichtlich nicht gleichzeitig mit den Originalen zerstört oder beschädigt werden oder abhandenkommen können. Als Duplikate gelten auch Urbelege oder damit vergleichbare Unterlagen, die ohne nennenswerte Zeitverzögerung und ohne große Kosten eine Rekonstruktion ermöglichen. Unterbrechungsschäden durch Verlust oder Änderung gespeicherter Informationen ohne gleichzeitige Beschädigung des Datenträgermaterials werden nicht ersetzt. 4. Verletzt der Versicherungsnehmer eine der Obliegenheiten gemäß Nr. 3 Abs. 2, so ist der Versicherer nach Maßgabe von § 6 Abs. 1 und 2 W G zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei. Eine Kündigung des Versicherers wird einen Monat nach Zugang wirksam. Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.

§2 Unterbrechungsschaden; Haftzeit 1. Unterbrechungsschaden ist der entgehende Betriebsgewinn und der Aufwand an fortlaufenden Kosten in dem versicherten Betrieb. 2. Der Versicherer haftet nicht, soweit der Unterbrechungsschaden erheblich vergrößert wird a) durch außergewöhnliche, während der Unterbrechung eintretende Ereignisse; b) durch behördlich angeordnete Wiederaufbauoder Betriebsbeschränkungen; c) dadurch, daß dem Versicherungsnehmer zur Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung zerstörter, beschädigter oder abhandengekommener Sachen nicht rechtzeitig genügend Kapital zur Verfügung steht. 3. Der Versicherer haftet für den Unterbrechungsschaden, der innerhalb von 12 Monaten seit Eintritt des Sachschadens entsteht (Haftzeit).

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Sieg/Johannsen

Anm. A 31

II. Rechtsgrundlagen

§3 Betriebs gewinn und Kosten 1. Versichert sind der Gewinn aus dem Umsatz der hergestellten Erzeugnisse und der gehandelten Waren sowie der Gewinn aus Dienstleistungen und die Kosten des versicherten Betriebes. 2. Nicht versichert sind a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für bezogene Waren, soweit es sich nicht um Aufwendungen zur Betriebserhaltung oder um Mindest- und Vorhaltegebühren für Energiefremdbezug handelt; b) Umsatzsteuer, Verbrauchssteuern und Ausfuhrzölle; c) Ausgangsfrachten, soweit keine fortlaufenden vertraglichen Zahlungsverpflichtungen entgegenstehen, und Paketporti; d) umsatzabhängige Versicherungsprämien; e) umsatzabhängige Lizenzgebühren und umsatzabhängige Erfindervergütungen; f) Gewinn und Kosten, die mit dem Fabrikations-, Handels- oder Gewerbebetrieb nicht zusammenhängen, beispielsweise aus Kapital-, Spekulations- oder Grundstücksgeschäften. §4 Versicherungssumme; Umfang der Entschädigung; Unterversicherung 1. Die in vorliegendem Vertrag für Betriebseinrichtung und Vorräte vereinbarte Sach-Versicherungssumme gilt auch als Versicherungssumme für die Betriebsunterbrechungs-Versicherung. Diese kann jedoch zur Vermeidung einer Unterversicherung (Nr. 4) erhöht werden a) soweit Betriebseinrichtung oder Vorräte, die dem versicherten Betrieb dienen, nicht durch vorliegenden Vertrag versichert sind (§ 1 Nr. 2); b) soweit Betriebseinrichtung oder Vorräte gegen dieselbe Gefahr auch durch andere Versicherungsverträge versichert sind, jedoch ohne Einschluß von Betriebsunterbrechungsschäden; solche anderweitigen Versicherungsverträge hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. 2. Die Entschädigung darf nicht zu einer Bereicherung führen. Bei der Feststellung des Unterbrechungsschadens sind alle Umstände zu berücksichtigen, die den Gang und das Ergebnis des Betriebes während der Haftzeit günstig oder ungünstig beeinSieg/Johannsen

Κ 16

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Anm. A 31

Α. Überblick

flußt haben würden, wenn die Unterbrechung nicht eingetreten wäre. 3. Zu ersetzen sind der Betriebsgewinn und die Kosten, die der Versicherungsnehmer infolge der Betriebsunterbrechung während der Haftzeit nicht erwirtschaften konnte. Kosten werden nur ersetzt, soweit ihr Weiteraufwand rechtlich notwendig oder wirtschaftlich begründet ist und soweit sie ohne die Unterbrechung erwirtschaftet worden wären. 4. Ist die Versicherungssumme für die Betriebsunterbrechungs-Versicherung niedriger als der zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls für den vorliegenden Sach-Versicherungsvertrag maßgebende Versicherungswert zuzüglich der Sachwerte gemäß Nr. l a und l b , so wird n u r der Teil des gemäß den vorstehenden Bestimmungen berechneten Betrages ersetzt, der sich zu dem ganzen Betrag verhält wie die Versicherungssumme zu dem Versicherungswert. §5 Sachverständigenverfahren Kommt es zu einem Sachverständigenverfahren, so bleibt den Sachverständigen die Art der Schadenermittlung überlassen. Sie haben den Gang der Schadenermittlung darzulegen und die Schadenhöhe zu begründen. §6 Zahlung der Entschädigung Abweichend von den Allgemeinen Versicherungsbedingungen gilt: 1. Wenn es nach Ablauf eines Monats seit Beginn der Unterbrechung und nach Ablauf jedes weiteren Monats möglich ist, den Betrag festzustellen, den der Versicherer für die verflossene Zeit der Unterbrechung mindestens zu vergüten hat, kann der Versicherungsnehmer verlangen, daß ihm dieser Betrag in Anrechnung auf die Gesamtleistung gezahlt wird. 2. Die Entschädigung ist mit 1 Prozent unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen, mindestens jedoch mit 4 Prozent und höchstens mit 6 Prozent pro Jahr, soweit nicht aus anderen Gründen ein höherer zu entrichten ist. Die Verzinsung beginnt mit dem Zeitpunkt, von dem ab ein versicherter Unterbrechungsschaden nicht mehr entsteht. Zinsen werden erst fällig, wenn die Entschädigung fällig ist.

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Sieg/Johannsen

Κ 16

Κ 16

Anm. A 31a

II. Rechtsgrundlagen

§7 Kündigung Überschreitet während der Vertragsdauer der Gesamtbetrag der Versicherungssummen für die Betriebsunterbrechungs-Versicherung (§ 4 Nr. 1) in dem vorliegenden Vertrag und in sonstigen Klein-BUVersicherungen den Betrag von 750000 DM, so können Versicherungsnehmer und Versicherer jederzeit unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten den vorliegenden Betriebsunterbrechungs-Versicherungsvertrag kündigen. [A 31a] dd) Sonderbedingungen für die Mittlere Feuer-BetriebsunterbrechungsVersicherung (MFBU 89) (VA 1989 S. 188)

§1

Geltung der FBUB Es gelten die FBUB, soweit sich nicht aus den folgenden Bestimmungen etwas anderes ergibt. § 9 FBUB findet keine Anwendung.

Κ 15

§2 Versicherungssumme Versicherungssumme für Betriebsgewinn und Kosten ist der gemäß dem Summenermittlungsschema des Versicherers im Antrag errechnete oder später gemeldete Wert.

§3 Meldung der Versicherungssumme 1. Das Versicherungsjahr hat dem Geschäftsjahr zu entsprechen. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, spätestens 6 Monate nach Ablauf eines Geschäftsjahres den nach seinen Geschäftsbüchern im abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschafteten Wert zu melden. Grundlage für die Meldung ist das Summenermittlungsschema des Versicherers. Der gemeldete Wert gilt ab Eingang der Meldung als Versicherungssumme. 2. Erfolgt eine Meldung gemäß Nr. 1 nicht fristgerecht, so gelten nach Ablauf der Frist als gemeldeter Wert und als neue Versicherungssumme 110 v.H. der bisherigen Versicherungssumme. Wird die Meldung gemäß Nr. 1 vor Ende des Geschäftsjahres nachgeholt, so ersetzt ab Zugang der Meldung der gemeldete Betrag die Versicherungssumme gemäß Satz 1. Sieg/Johannsen

Κ 15

101

Α. Überblick

Anm. A 32

§4 Nachhaftung Der Versicherer haftet über die Versicherungssumme hinaus für weitere 33 1/3 v.H. Dies gilt nicht für vereinbarte Entschädigungsgrenzen und Versicherungssummen auf Erstes Risiko (erste Gefahr).

Κ 15

§5 Unterversicherung Abweichend von § 5 Nr. 3 und § 11 Nr. 3 FBUB gilt folgendes: 1. Ist der letzte vor Eintritt des Sachschadens gemeldete Wert niedriger als der tatsächlich erwirtschaftete Wert des Geschäftsjahres, für das die Meldung abgegeben wurde, so wird n u r der Teil des Schadens und der Schadenminderungskosten ersetzt, der sich zum ganzen Schaden verhält wie der gemeldete Wert zum tatsächlich erwirtschafteten Wert. Dies gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer glaubhaft macht, daß die unrichtige Meldung ohne sein Verschulden erfolgt ist. 2. War eine Meldung gemäß § 3 Nr. 1 nicht rechtzeitig erfolgt, so tritt an deren Stelle der bei Eintritt des Sachschadens maßgebende fiktive Betrag gemäß §3 Nr. 2 Satz 1 oder der gemäß § 3 Nr. 2 Satz 2 nachträglich gemeldete Betrag.

Κ 15

§6 Beitrag 1. Der Jahresbeitrag für Betriebsgewinn und Kosten wird zu Beginn des Versicherungsjahres aus dem für das vorletzte Geschäftsjahr nach § 3 gemeldeten Wert berechnet. 2. Ändert sich gemäß § 3 die Versicherungssumme, so bleibt dies auf den Beitrag für das laufende Versicherungsjahr ohne Einfluß. [A 32] ee) Bedingungen für die Versicherung gegen Mietverlust infolge von Brand, Blitzschlag oder Explosion.

§1 1. Die Gesellschaft haftet für den Entgang an Mietzins aus den im Versicherungsscheine bezeichneten Gebäuden, der dadurch entsteht, daß diese Gebäude durch Brand, Blitzschlag oder durch Explosion von Leuchtgas ohne Unterschied seiner Verwendung und von Beleuchtungskörpern zerstört oder beschädigt 102

Sieg/Johannsen

Η 204

Anm. A 32

II. Rechtsgrundlagen

werden, soweit in dem Falle des Eintritts dieser Ereignisse der Mieter kraft Gesetzes oder nach dem Mietvertrage von der Leistung des Mietzinses befreit wird. Bei Wohngebäuden erstreckt sich die Haftung der Gesellschaft auf durch Explosionen aller Art entstehenden Mietentgang. 2. Als versichertes Interesse gilt der Betrag eines Jahresmietzinses aus allen jeweils vermieteten Räumen der im Versicherungsscheine bezeichneten Gebäude. Etwaige Nebenleistungen, zu denen der Mieter verpflichtet ist, gehören zum Mietzins nur, soweit dies mit der Gesellschaft besonders vereinbart ist.

§2 Hat der Versicherungsnehmer Gebäude oder Räume in eigenem Gebrauch oder ohne Entgelt an andere Personen in Gebrauch gegeben, so finden auf die Haftung der Gesellschaft für den Entgang ihrer Mietwerte die für den Fall des Entgangs eines Mietzinses geltenden Bestimmungen entsprechende Anwendung, wenn diese Haftung der Gesellschaft unter Angabe der Jahresmietwerte besonders vereinbart ist.

§3 1. Nach dem Eintritt eines Schadenfalles hat der Versicherungsnehmer der Gesellschaft die Auskünfte zu erteilen, die zur Feststellung des Umfangs ihrer Entschädigungspflicht erforderlich sind. Er ist insbesondere verpflichtet, der Gesellschaft auf deren Verlangen eine Einzelaufstellung der Mietverträge aus allen im Versicherungsscheine bezeichneten Gebäuden zu geben. 2. Der Versicherungsnehmer hat mit tunlichster Beschleunigung die vom Schaden betroffenen Gebäude und Räume wiederherzustellen und für deren Wiederverwertung zu sorgen.

§4 1. Die Gesellschaft hat nicht mehr zu ersetzen als den Entgang an Mietzins für die Zeit bis zu dem nächsten ortsüblichen Umzugstermine nach dem Zeitpunkte der Wiederherstellung der Gebäude oder Räume, oder in Ermangelung eines ortsüblichen Umzugstermines für die Zeit bis zum Schlüsse des Kalendervierteljahres, in dem die Wiederherstellung der Gebäude oder Räume erfolgt ist. An die Stelle dieser Zeiten, für welche die Gesellschaft den Entgang an Mietzins zu ersetzen hat, tritt die Zeit bis zum Schlüsse des Kalendermonats, in dem die Wiederherstellung der Gebäude oder Räume erfolgt ist, wenn die Kündigung Sieg/Johannsen

103

Anm. A 32

Α. Überblick

des Mietvertrags für den Schluß eines Kalendermonats oder einer Kalenderwoche vereinbart war. Die Zeit, für welche nach dem ersten Satze der Entgang an Mietzins zu ersetzen ist, verlängert sich um ein Vierteljahr, und die Zeit für welche nach dem zweiten Satze der Entgang an Mietzins zu ersetzen ist, verlängert sich um einen Monat, wenn die Gebäude oder Räume von dem Versicherungsnehmer trotz Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt von dem Ablaufe der Zeiten an nicht vermietet sein konnten. Die Gesellschaft hat jedoch höchstens den Entgang an Mietzins für die Dauer eines Jahres seit dem Eintritt des Schadensfalles zu ersetzen. Für Gebäude oder Räume, die zur Zeit des Eintrittes des Schadensfalles nicht vermietet oder im Falle des § 2 nicht in Gebrauch waren, wird entgehender Mietzins nur insoweit vergütet, als vor Eintritt des Schadenfalles vertragliche Abmachungen über Vermietung zu einem späteren Termine getroffen waren. 2. Verringert sich der nach Absatz 1 entschädigungspflichtige Verlust dadurch, daß die Gebäude oder Räume vor Ablauf der Zeiten, für welche nach Absatz 1 die Entschädigung erfolgen soll, verwertet werden, oder verringert er sich durch Zugeständnisse der Mieter oder aus anderen Gründen, so ermäßigt sich entsprechend die Entschädigung der Gesellschaft. 3. Für Vergütungen, welche der Versicherungsnehmer freiwillig den Mietern, insbesondere für den Verzicht auf vermietete Räume oder für die mit der Reparatur verbundenen Belästigungen, bewilligt, haftet die Gesellschaft nur, soweit sie vor der Bewilligung ihr Einverständnis erklärt hat. 4. Werden die vom Schaden betroffenen Gebäude oder Räume nicht mit tunlichster Beschleunigung wiederhergestellt, so hat die Gesellschaft den Mietverlust nur bis zu dem auf den Ablauf eines Monats seit dem Eintritte des Schadenereignisses folgenden Schlüsse des Kalendervierteljahres zu ersetzen.

§5 Ist die Versicherungssumme niedriger als der Betrag des Jahresmietzinses zur Zeit des Eintrittes des Schadenfalles (Unterversicherung), so wird nur derjenige Teil des durch Mietentgang verursachten Schadens ersetzt, der sich zum ganzen Schaden verhält, wie die Versicherungssumme zu diesem Jahresmietzins. Ob Unterversicherung vorliegt, ist für jede Gruppe (Position) des Versicherungsscheines besonders festzustellen.

104

Sieg/Johannsen

Anm. A 32 a

II. Rechtsgrundlagen

§6 Die Entschädigung ist mit 1 v . H . unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen, mindestens jedoch mit 4 v. H . und höchstens mit 6 v. H. pro Jahr. Die Verzinsung beginnt mit dem Zeitpunkt, von dem ab ein versicherter Unterbrechungsschaden nicht mehr entsteht. Zinsen werden erst fällig, wenn die Entschädigung fällig ist.

§7 Wenn besonders vereinbart ist, daß sich die Versicherung auch auf den durch Wasserleitungsschäden entstehenden Mietverlust erstreckt, so haftet die Gesellschaft unter entsprechender Anwendung der Bestimmungen in den vorstehenden Paragraphen auch für den Entgang an Mietzins, der dadurch entsteht, daß die Gebäude nach dem Beginne der Mietverlustversicherung durch das Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden, das aus Wasserleitungsanlagen austritt, die sich innerhalb der im Versicherungsscheine bezeichneten Gebäude oder eines anstoßenden N a c h bargebäudes befinden und das häusliche Verbrauchswasser zu- und ableiten. Diese Versicherung erstreckt sich jedoch insbesondere nicht auf Schäden, die die Gebäude dadurch treffen, daß durch Hochwasser, Witterungsniederschläge, Rückstau von Regengüssen oder Grundwasser Wasser durch die zu- oder ableitenden Wasserleitungsanlagen in die Gebäude tritt. §8 Auf die Versicherung gegen Mietverlust finden die dem Versicherungsnehmer ausgehändigten Allgemeinen Feuerversicherungs-Bedingungen entsprechende Anwendung, soweit sie nicht durch die vorstehenden Bedingungen oder durch besondere Vereinbarungen ersetzt, geändert oder ergänzt werden. Zu A 32: Zu diesen aus dem Jahr 1931 stammenden Bedingungen (VA 1931 S. 146) mit Änderungen aus dem Jahr 1984 (VA 1984 S. 400) gibt es eine Neufassung aus dem Jahr 1989 (VA 1989 S. 245). 5. Wohngebäudeversicherungsbedingungen [A 32a]

a) Allgemeine Bedingungen für die Neuwertversicherung von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungswasser- und Sturmschäden (VGB) VA 1962 S. 170 (VGB 62)

Soweit die Versicherung gegen eine oder mehrere dieser Gefahren nicht genommen ist, entfallen die diese Gefahren betreffenden Bestimmungen. Sieg/Johannsen

105

Anm. A 32 a

Α. Überblick

§ 1 Versicherte Gefahren (1) Der Versicherer leistet nach dem Eintritt des Versicherungsfalles Entschädigung für versicherte Sachen, die zerstört oder beschädigt werden durch a) Brand, Blitzschlag, Explosion oder durch Anprall oder Absturz eines bemannten Flugkörpers, seiner Teile oder seiner Ladung (Feuerversicherung - § 3), b) Leitungswasser, Rohrbruch oder Frost (Leitungswasserversicherung - § 4), c) Sturm (Sturmversicherung - § 5). (2) Der Versicherer leistet auch Entschädigung für a) versicherte Sachen, die durch Löschen, Niederreißen oder Ausräumen zerstört oder beschädigt werden, b) versicherte Sachen, die bei einem der in Absatz 1 genannten Schadensereignisse abhanden kommen, c) Aufräumungs- und Abbruchskosten, soweit sie die versicherten Gebäude betreffen, bis zu 1 vom Hundert der Versicherungssumme. Aufräumungskosten sind die notwendigen Aufwendungen für das Aufräumen der Schadensstätte und das Abfahren von Schutt und Trümmern zur nächsten Ablagerungsstätte. Abbruchskosten sind die dem Versicherungsnehmer entstehenden Kosten für einen im Versicherungsfall notwendig werdenden Abbruch stehengebliebener Gebäudeteile und das Abfahren zur nächsten Ablagerungsstätte; d) die Aufwendungen des Versicherungsnehmers zur Abwendung oder Minderung des Schadens nach Maßgabe des § 16. (3) Der Versicherer ersetzt ferner a) den Mietverlust, falls Mieter von Wohnräumen infolge eines ersatzpflichtigen Schadens berechtigt sind, die Zahlung der Miete ganz oder teilweise zu verweigern; b) den ortsüblichen Mietwert für Wohnräume, die der Versicherungsnehmer selbst bewohnt und die infolge eines ersatzpflichtigen Schadens unbenutzbar geworden sind, falls dem Versicherungsnehmer die Beschränkung auf einen etwa benutzbar gebliebenen Teil der Wohnung nicht zugemutet werden kann. Miete oder Mietwert werden nur bis zum Schluß des Monats ersetzt, in dem die Wohnung wieder benutzbar geworden ist, höchstens jedoch für sechs Monate seit dem Eintritt des Versicherungsfalles. Die Entschädigung wird nur insoweit geleistet, als der Ver106

Sieg/Johannsen

Η 25, Η 29, Η 37

Η 200

Η 204, J 128

Anm. A 32 a

II. Rechtsgrundlagen

Sicherungsnehmer die Möglichkeit der Wiederbenutzung nicht schuldhaft verzögert. (4) Der Versicherer haftet nicht für Schäden, die durch Kriegsereignisse jeder Art, innere Unruhen, Erdbeben oder Kernenergie verursacht werden. Ist der Beweis für das Vorliegen einer dieser Ursachen nicht zu erbringen, so genügt für den Ausschluß der Haftung des Versicherers die überwiegende Wahrscheinlichkeit, daß der Schaden auf eine dieser Ursachen zurückzuführen ist.

H 37, H 40

§ 2 Versicherte Sachen Versichert sind, soweit nichts anderes vereinbart ist, die im Versicherungsschein aufgeführten Gebäude mit ihren Bestandteilen, aber ohne Zubehör.

H 88, H 89, H 9 1 J 127

§ 3 Umfang der Feuerversicherung (1) Als Brand gilt ein Feuer, das ohne einen bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag (Schadenfeuer). (2) Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schäden, die an den versicherten Sachen dadurch entstehen, daß sie einem Nutzfeuer oder der Wärme zur Bearbeitung oder zu sonstigen Zwecken ausgesetzt werden. § 4 Umfang der Leitungswasserversicherung (1) Als Leitungswasser im Sinne dieser Bedingungen gilt Wasser, das aus den Zu- oder Ableitungsrohren, den sonstigen Einrichtungen der Wasserversorgung oder aus den Anlagen der Warmwasser- oder der Dampfheizung bestimmungswidrig ausgetreten ist. Wasserdampf wird im Rahmen dieser Bedingungen dem Leitungswasser gleichgestellt. (2) Die Versicherung nach § 1 Abs. 1 b) schließt ein a) innerhalb der versicherten Gebäude 1. Schäden durch Rohrbruch oder Frost (einschl. der Kosten der Nebenarbeiten und des Auftauens) an den Zu- und Ableitungsrohren der Wasserversorgung und den Rohren der Warmwasser- oder Dampfheizungsanlage, 2. Schäden durch Frost (einschl. der Kosten der Nebenarbeiten und des Auftauens) an Badeeinrichtungen, Waschbecken, Spülklosetts, Wasserhähnen, Geruchsverschlüssen, Wassermessern, Heizkörpern, Heizkesseln, Boilern, Herdschlangen und gleichartigen Anlagen der Warmwasser- oder der Dampfheizung, b) außerhalb der versicherten Gebäude Sieg/Johannsen

H 89, H 91

H 91 107

Α. Überblick

A n m . A 32 a

Schäden durch Rohrbruch oder Frost (einschl. der Kosten der Nebenarbeiten und des Auftauens) an den Zuleitungsrohren der Wasserversorgung und an den Rohren der Warmwasser- oder Dampfheizung, soweit diese Rohre der Versorgung der versicherten Gebäude dienen und sich auf dem Versicherungsgrundstück befinden. (3) Die Leitungswasserversicherung erstreckt sich nicht auf a) Gebäude, die noch nicht bezugsfertig sind, b) Schäden an Kessel-, Maschinen- und elektrischen Kraftanlagen, die gewerblichen Zwecken dienen, c) Schäden durch Erdeinsenkung oder Erdrutsch, d) Schäden durch Grundwasser, durch stehendes oder fließendes Gewässer, Hochwasser oder Witterungsniederschläge und den durch sie verursachten Rückstau, e) Schäden durch Plansch- oder Reinigungswasser sowie durch Sprinkler- oder Berieselungsanlagen, f) Schäden durch Schwamm, g) Schäden durch Brand, Blitzschlag oder Explosion, auch dann nicht, wenn der Brand oder die Explosion die Folge von ausgetretenem Leitungswasser ist. § 5 Umfang der Sturmversicherung (1) Als Sturm gilt eine atmosphärisch bedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8. Ist diese Windstärke für den Schadensort nicht feststellbar, so wird sie unterstellt, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, entweder daß die Luftbewegung in der Umgebung des Versicherungsgrundstückes Schäden an einwandfrei beschaffenen Gebäuden oder ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hat oder daß der Schaden bei der einwandfreien Beschaffenheit des versicherten Gebäudes nur durch Sturm entstanden sein kann. (2) Die Zerstörung oder Beschädigung einer versicherten Sache fällt nur dann unter die Versicherung, wenn sie a) auf der unmittelbaren Einwirkung des Sturmes beruht oder b) dadurch hervorgerufen wird, daß der Sturm Gebäudeteile, Bäume oder andere Gegenstände auf die versicherte Sache wirft oder c) die Folge eines Sturmschadens an versicherten Sachen ist. (3) N u r aufgrund besonderer Vereinbarung sind versichert 108

Sieg/Johannsen

II. Rechtsgrundlagen

A n m . A 32 a

a) Laden- und Schaufensterscheiben, künstlerisch bearbeitete Scheiben, Kirchenfenster und Scheiben in einer Einzelgröße von mehr als 3 Quadratmetern. Das gleiche gilt für die Rahmen und Profile dieser Verglasungen; b) an der Außenseite des Gebäudes angebrachte Sachen (z.B. Schilder, Leuchtröhrenanlagen, Markisen, Blendläden, Antennenanlagen), elektrische Freileitungen einschließlich Ständer und Masten sowie Einfriedigungen. (4) Der Versicherungsnehmer trägt, soweit nichts anderes vereinbart ist, von der errechneten Entschädigung für jeden Sturmschaden an jedem Gebäude 80 Deutsche Mark selbst. (5) Die Sturmversicherung erstreckt sich nicht auf a) Gebäude, die noch nicht bezugsfertig sind, b) Schäden durch Sturmflut und Lawinen, c) Schäden durch Eindringen von Regen, Hagel, Schnee oder Schmutz in nicht geschlossene Fenster oder andere vorhandene Offnungen, es sei denn, daß diese Öffnungen durch den Sturm entstanden sind, d) Schäden durch Brand, Blitzschlag oder Explosion auch dann nicht, wenn der Brand oder die Explosion die Folge eines Sturmes ist. § 6 Versicherungswert, Versicherungsfall (1) Versicherungswert eines Gebäudes ist der ortsübliche Neubauwert; Versicherungswert der sonstigen Sachen ist der Wiederbeschaffungspreis (Neuwert). Sind jedoch versicherte Sachen für den Zweck, für den sie bestimmt sind, nicht mehr verwendbar, so ist der sich daraus ergebende geringere Wert der Versicherungswert. (2) Der Versicherungsfall tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem sich eine versicherte Gefahr an versicherten Sachen zu verwirklichen beginnt. § 7 Entschädigungsberechnung, Unterversicherung (1) Ersetzt werden vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen a) bei zerstörten oder abhandengekommenen Sachen ihr Versicherungswert (§ 6 Abs. 1) zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles, b) bei beschädigten Sachen die Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles, höchstens jedoch ihr Versicherungswert. Restwerte werden dem Versicherungsnehmer angerechnet. Dabei bleiben behördliche Wiederaufbaubeschränkungen ohne Einfluß. Sieg/Johannsen

H 164

H 168

109

Anm. A 32 a

Α. Überblick

(2) a) Der nach Absatz 1 oder nach § 1 Abs. 3 errechnete Schaden wird nur dann voll ersetzt, wenn die Versicherungssumme mindestens dem Versicherungswert (§ 6 Abs. 1) entspricht. Ist die Versicherungssumme niedriger als der Versicherungswert zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles (Unterversicherung), so wird nur derjenige Teil des Schadens ersetzt, der sich zum ganzen Schaden verhält wie die Versicherungssumme zum Versicherungswert. b) Ob Unterversicherung vorliegt, ist für jede Position gesondert zu errechnen; jedoch gelten alle Positionen mit gleichen Prämiensätzen als eine Position, c) eine Unterversicherung wird nur insoweit berücksichtigt, als sie 3 vom Hundert der Versicherungssumme der betreffenden Position oder Positionen übersteigt. (3) a) Der Versicherungsnehmer erwirbt den Anspruch auf den Teil der nach Absatz 2 errechneten Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt, nur, wenn und soweit er das Gebäude an der bisherigen Stelle wiederhergestellt oder die Verwendung der Entschädigung zu diesem Zweck sichergestellt hat. Weist der Versicherungsnehmer nach, daß die Wiederherstellung an der bisherigen Stelle behördlich verboten oder wirtschaftlich nicht zu vertreten ist, so genügt die Wiederherstellung innerhalb derselben oder einer angrenzenden Stadt oder Gemeinde. Ist das Gebäude bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall, gleichviel aus welchem Grunde, nicht wiederhergestellt worden oder erklärt vor Ablauf dieser Frist der Versicherungsnehmer dem Versicherer schriftlich, daß er es nicht wieder herstellen wolle, so beschränkt sich der Anspruch auf den Teil der Entschädigung, der dem Zeitwertschaden entspricht. b) Zur Errechnung des Zeitwertschadens wird der Versicherungswert (§ 6 Abs. 1) zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles auf den Betrag herabgesetzt, der dem Zustand, insbesondere dem Alter und der Abnutzung (Zeitwert) entspricht. Reparaturkosten werden gegebenenfalls um den Betrag gekürzt, um den sich durch die Reparatur eine Wertsteigerung gegenüber diesem Zeitwert ergeben würde. c) Die Vorschriften über die Sicherung des Realkredites (§19 Abs. 3) bleiben unberührt.

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Sieg/Johannsen

Η 172

Η 173

Anm. A 32 a

II. Rechtsgrundlagen

§ 8 Anzeige von Gefahrumständen bei Schließung des Vertrages, Gefahrerhöhung (1) Der Versicherungsnehmer hat bei Schließung des Vertrages alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer schriftlich anzuzeigen. Bei schuldhafter Verletzung dieser Obliegenheit kann der Versicherer nach Maßgabe der §§ 16 bis 21 W G vom Vertrag zurücktreten, wodurch die Entschädigungspflicht entfallen kann. (2) Nach Antragstellung darf der Versicherungsnehmer ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder gestatten. Erlangt der Versicherungsnehmer Kenntnis davon, daß eine Gefahrerhöhung eingetreten ist, so hat er dem Versicherer unverzüglich schriftlich Anzeige zu erstatten. Tritt eine Gefahrerhöhung ein, so kann der Versicherer in den gesetzlich vorgesehenen Fällen kündigen. Verletzt der Versicherungsnehmer eine der ihm nach Satz 1 und 2 auferlegten Obliegenheiten, so kann der Versicherer außerdem nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen leistungsfrei sein. Die näheren Vorschriften über die Gefahrerhöhung sind in §§ 23 bis 30 W G enthalten.

G 3, G 64

§ 9 Sicherheitsvorschriften (1) Verletzt der Versicherungsnehmer schuldhaft gesetzliche, behördlich angeordnete oder vereinbarte Sicherheitsvorschriften oder duldet er ihre Verletzung, so kann der Versicherer innerhalb eines Monats nach Kenntnis mit einmonatiger Frist kündigen. Er ist von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Versicherungsfall nach der Verletzung eintritt, und die Verletzung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers beruht. Die Entschädigungspflicht bleibt bestehen, wenn die Verletzung keinen Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalles oder auf den Umfang der Entschädigung gehabt hat oder wenn zur Zeit des Versicherungsfalles trotz Ablaufes der Frist die Kündigung nicht erfolgt war. Ist mit der Verletzung einer Sicherheitsvorschrift eine Gefahrerhöhung verbunden, so findet § 8 Abs. 2 Anwendung. (2) Bei der Leitungswasserversicherung hat der Versicherungsnehmer a) für Instandhaltung der Wasserleitungsanlagen und, soweit Schäden durch sonstige wasserführende Anlagen in die Versicherung eingeschlossen sind, auch für Instandhaltung dieser Anlagen zu sorgen. Sind nach sachverständigem Ermessen oder gesetzlicher oder polizeilicher Vorschrift Neubeschaffungen oder AbänderunSieg/Johannsen

G 69, G 76, G 86

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A n m . A 32 a

Α. Überblick

gen von Wasserleitungsanlagen und sonstigen wasserführenden Anlagen oder Maßregeln gegen Frost erforderlich, so müssen sie unverzüglich spätestens aber innerhalb einer von dem Versicherer zu bestimmenden angemessenen Frist ausgeführt werden; b) in nicht benutzten Gebäuden die Wasserleitungsanlagen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. Das gleiche gilt für vorübergehend außer Betrieb gesetzte Anlagen. (3) Bei der Sturmversicherung hat der Versicherungsnehmer für Instandhaltung der versicherten Sachen, insbesondere der Dächer und außen angebrachten Sachen, zu sorgen. § 10 Prämie, Beginn der Haftung (1) Der Versicherungsnehmer hat die erste Prämie gegen Aushändigung der Versicherungsurkunde, Folgeprämien bei Beginn jeder Versicherungsperiode zu zahlen. Für die Folgen nicht rechtzeitiger Prämienzahlung gelten §§ 38 und 39 W G ; die nach § 39 W G zu bestimmende Zahlungsfrist beträgt mindestens einen Monat. Rückständige Folgeprämien dürfen n u r innerhalb eines Jahres seit Ablauf der Zahlungsfrist gerichtlich eingezogen werden. Die vorstehenden Bestimmungen gelten auch für Nebenkosten, die aus der Versicherungsurkunde oder der Prämienrechnung ersichtlich sind. (2) Die Haftung des Versicherers beginnt mit der Einlösung des Versicherungsscheines, jedoch nicht vor dem darin festgesetzten Zeitpunkt. Wird die erste Prämie erst nach diesem Zeitpunkt eingefordert, alsdann aber ohne Verzug gezahlt, so beginnt die Haftung des Versicherers schon in dem festgesetzten Zeitpunkt. Unter dieser Voraussetzung haftet der Versicherer auch für Versicherungsfälle, die nach dem festgesetzten Zeitpunkt, aber vor Annahme des Antrags eintreten. Ist jedoch dem Versicherungsnehmer bei Stellung des Antrages bekannt, daß der Versicherungsfall schon eingetreten ist, so entfällt die Haftung. (3) Endet das Versicherungsverhältnis vor Ablauf der Vertragszeit oder wird es nach Beginn der Versicherung rückwirkend aufgehoben oder ist es von Anfang an nichtig, so gebührt dem Versicherer Prämie oder Geschäftsgebühr nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen (z.B. §§ 40 und 68 W G ) . Kündigt nach Eintritt eines Versicherungsfalles der Versicherungsnehmer, so gebührt dem Versicherer die Prämie für die laufende Versicherungsperiode; kündigt der Versicherer, so hat er die Prämie, die auf die nach Abzug der Entschädigung verbleibende Versiche112

Sieg/Johannsen

F 3, F 10, F 11

F 11

Anm. A 32 a

II. Rechtsgrundlagen

rungssumme entfällt, nach dem Verhältnis der noch nicht abgelaufenen Versicherungszeit zur gesamten Versicherungszeit zurückzuzahlen. Im Falle der Kündigung nach § 11 Satz 2 steht dem Versicherer die Prämie für die laufende Versicherungsperiode zu. War die Prämie für mehrere Jahre vorausgezahlt, so wird bei vorzeitiger Beendigung des Versicherungsverhältnisses der Betrag einbehalten, den der Versicherer bei Abschluß der Versicherung für die Zeit berechnet haben würde, für die ihm Prämie zusteht. § 11 Mehrfache Versicherung Nimmt der Versicherungsnehmer für versicherte G 92, G 93 Sachen noch eine weitere Feuer-, Leitungswasser- oder Sturmversicherung (auch gegen mittelbare Schäden, z.B. Betriebsunterbrechung oder Mietverlust), so hat er dem Versicherer unverzüglich den anderen Versicherer und die Versicherungssumme schriftlich anzugeben. Der Versicherer kann innerhalb eines Monats, nachdem er von der anderen Versicherung Kenntnis erlangt hat, die Versicherung mit dreimonatiger Frist kündigen. Ist die andere Versicherung nicht angezeigt oder dem Versicherer sonst nicht bekannt geworden und tritt nach Ablauf von drei Monaten seit dem Zeitpunkt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen, ein Versicherungsfall ein, so wird der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. Die Entschädigungspflicht bleibt bestehen, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, daß er die Anzeige nicht schuldhaft versäumt hat oder wenn zur Zeit des Versicherungsfalles trotz Ablaufs der Frist eine Kündigung nicht erfolgt war. § 12 Uberversicherung, Doppelversicherung (1) Übersteigt die Versicherungssumme den Wert der versicherten Sachen erheblich, so kann sowohl der Versicherungsnehmer als auch der Versicherer nach Maßgabe des § 51 W G die Herabsetzung der Versicherungssumme und der Prämie verlangen. Eine tariflich vorgesehene Mindestprämie oder Steigerung des Prämiensatzes bei sinkender Versicherungssumme ist dabei zu berücksichtigen. (2) Im Falle einer Doppelversicherung gelten §§ 59, 60 VVG. § 13 Veräußerung der versicherten Sachen Veräußert der Versicherungsnehmer die versicherten Sachen, so geht die Versicherung gemäß § 69 W G auf den Erwerber über. Der Veräußerer oder der Erwerber hat die Veräußerung unverzüglich schriftSieg/Johannsen

G 95

113

Anm. A 32 a

Α. Überblick

lieh anzuzeigen. Der Erwerber oder der Versicherer kann das Versicherungsverhältnis nach §§ 70, 71 W G kündigen. Bei Verletzung der Anzeigepflicht wird der Versicherer nach Maßgabe des 71 W G von der Entschädigungspflicht frei. § 14 Versicherung für fremde Rechnung (1) Bei der Versicherung für fremde Rechnung kann der Versicherungsnehmer über die Rechte des Versicherten im eigenen Namen verfügen. Der Versicherungsnehmer ist ohne Zustimmung des Versicherten zur Annahme der Entschädigungszahlung sowie zur Übertragung der Rechte des Versicherten befugt, auch wenn er nicht im Besitz des Versicherungsscheines ist. Der Versicherer kann vor Auszahlung der Entschädigung den Nachweis verlangen, daß der Versicherte seine Zustimmung zu der Versicherung und zur Empfangnahme der Entschädigung erteilt hat. (2) Der Versicherte kann über seine Rechte nicht verfügen, selbst wenn er im Besitz des Versicherungsscheines ist; er kann die Zahlung der Entschädigung nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers verlangen. (3) Soweit in diesen Bedingungen Kenntnis und Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung sind, kommen auch Kenntnis und Verhalten des Versicherten in Betracht. Im übrigen findet § 79 W G Anwendung.

J 137

§ 15 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfalle (1) Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt eines Versicherungsfalles, aus dem er Entschädigung verlangt, folgende Obliegenheiten: a) Er hat innerhalb dreier Tage nach Kenntniserlangung den Eintritt des Versicherungsfalles dem Versicherer oder dessen Agenten schriftlich oder mündlich anzuzeigen, einen Feuer- oder Explosionsschaden außerdem der Polizeibehörde zu melden und über etwa abhandengekommene Sachen der Polizeibehörde eine Aufstellung einzureichen; b) er hat nach Möglichkeit für die Abwendung oder Minderung des Schadens zu sorgen und dabei die Weisung des Versicherers oder seines Beauftragten zu befolgen. Gestatten es die Umstände, so hat er solche Weisung einzuholen. Der Ersatz der Aufwendungen bestimmt sich nach § 16; c) er hat dem Versicherer, soweit es ihm billigerweise zugemutet werden kann, jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungspflicht zu 114

Sieg/Johannsen

G 98, G 105

G 149

Anm. A 32 a

II. Rechtsgrundlagen

gestatten, jede hierzu dienliche Auskunft, auf Verlangen schriftlich, zu erteilen und Belege beizubringen. Auf Verlangen muß er ferner innerhalb einer angemessenen Frist, die mindestens zwei Wochen betragen muß, ein von ihm unterschriebenes Verzeichnis der am Schadenstag vorhandenen, der von dem Schaden betroffenen und der ihm entwendeten oder sonst abhandengekommenen Sachen, und zwar nach Möglichkeit unter Angabe ihres Wertes unmittelbar vor dem Versicherungsfall, auf seine Kosten vorlegen. Auch einen beglaubigten Grundbuchauszug muß er auf Verlangen auf seine Kosten beibringen. (2) Durch die Absendung der Anzeige nach Absatz 1 a) oder der Verzeichnisse gemäß Absatz 1 c) wird die Frist gewahrt. (3) Verletzt der Versicherungsnehmer eine der vorstehenden Obliegenheiten, so ist der Versicherer nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen (§§ 6 Abs. 3, 62 Abs. 2 W G ) von der Entschädigungspflicht frei. Ist die Anzeige eines Brand- oder Explosionsschadens bei der Polizeibehörde unterblieben, so kann die Entschädigung nur bis zur Nachholung dieser Anzeige verweigert werden. Sind abhandengekommene Sachen der Polizeibehörde nicht oder nicht rechtzeitig angezeigt, so kann die Entschädigung nur für diese Sachen verweigert werden. § 16 Ersatz der Aufwendungen (1) Aufwendungen, auch erfolglose, die der Versicherungsnehmer im Versicherungsfall zur Abwendung oder Minderung des Schadens für geboten halten durfte, hat der Versicherer zu ersetzen. Zu Vorschüssen ist der Versicherer nicht verpflichtet. Der Ersatz für Aufwendungen und die Entschädigung dürfen zusammen die Versicherungssumme nicht übersteigen, soweit die Aufwendungen nicht auf Weisung des Versicherers erfolgt sind. Bei einer Unterversicherung sind die Aufwendungen nur in demselben Verhältnis zu ersetzen wie der Schaden. (2) Für Aufwendungen, die durch GesundheitsSchädigung verursacht sind, und für Leistungen der im öffentlichen Interesse bestehenden Feuerwehren oder anderer zur Hilfeleistung Verpflichteter wird ein Ersatz nicht gewährt.

G 165

§ 17 Sachverständigen verfahren (1) Jede Partei kann verlangen, daß die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt wird. Die Ausdehnung des Sachverständigenverfahrens auf sonstige Feststellungen, insbesondere einzelne VoraussetSieg/Johannsen

115

Anm. A 32 a

Α. Überblick

zungen des Entschädigungsanspruchs, bedarf besonderer Vereinbarung. (2) Für das Sachverständigen verfahren gelten folgende Grundsätze: a) Jede Partei ernennt zu Protokoll oder sonst schriftlich einen Sachverständigen. Jede Partei kann die andere unter Angabe des von ihr gewählten Sachverständigen zur Ernennung des zweiten Sachverständigen auffordern. Die Aufforderung bedarf der Schriftform. Wird der zweite Sachverständige nicht binnen zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung ernannt, so kann ihn die auffordernde Partei durch das für den Schadensort zuständige Amtsgericht ernennen lassen. In der Aufforderung ist auf diese Folge hinzuweisen. b) Beide Sachverständige ernennen zu Protokoll oder sonst schriftlich vor Beginn des Feststellungsverfahrens einen Dritten als Obmann. Einigen sie sich nicht, so wird der Obmann auf Antrag einer Partei oder beider Parteien durch das für den Schadensort zuständige Amtsgericht ernannt. c) Die Feststellung der beiden Sachverständigen muß neben der Ermittlung der Schadenshöhe nach § 7 Abs. 1 und Abs. 3 insbesondere auch, abgestellt auf die Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles, den Versicherungswert (§ 6 Abs. 1) sowie den Zeitwert (§ 7 Abs. 3 b)) der versicherten Sachen enthalten. Auf Verlangen einer der beiden Parteien muß sie auch ein Verzeichnis der vom Schaden nicht betroffenen Sachen mit ihrem Versicherungswert und ihrem Zeitwert zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles enthalten. d) Die Sachverständigen reichen ihre Feststellungen gleichzeitig dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer ein. Weichen die Ergebnisse der Feststellungen voneinander ab, so übergibt der Versicherer sie unverzüglich dem Obmann. Dieser entscheidet über die streitig gebliebenen Punkte innerhalb der Grenzen beider Feststellungen und reicht seine Feststellung gleichzeitig dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer ein. e) Jede Partei trägt die Kosten ihres Sachverständigen; die Kosten des Obmanns tragen beide je zur Hälfte. (3) Die Feststellungen der Sachverständigen und des Obmanns sind verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. Auf Grund dieser Feststellung wird die Entschädigung nach § 7 berechnet. 116

Sieg/Johannsen

H 225

Anm. A 32 a

II. Rechtsgrundlagen

(4) Durch das Sachverständigenverfahren werden die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers nach § 15 Abs. 1 b) und c) nicht berührt. § 18 Besondere Verwirkungsgründe (1) Führt der Versicherungsnehmer den Schaden vorsätzlich oder grobfahrlässig herbei, so ist der Versicherer von jeder Entschädigungspflicht frei. (2) Macht der Versicherungsnehmer sich bei den Verhandlungen über die Ermittlung der Entschädigung einer arglistigen Täuschung schuldig, so ist der Versicherer von jeder Entschädigungspflicht frei, und zwar auch dann, wenn die arglistige Täuschung sich auf Sachen bezieht, die durch einen anderen zwischen den Parteien über dieselbe Gefahr abgeschlossenen Vertrag versichert sind. (3) Ist der Versicherungsnehmer wegen vorsätzlicher Brandstiftung oder wegen eines bei Ermittlung der Entschädigung begangenen Betruges oder Betrugsversuches rechtskräftig verurteilt worden, so gelten die Voraussetzungen für den Wegfall der Entschädigungspflicht als festgestellt.

H 47-88

G 146, H 80

§ 19 Zahlung der Entschädigung (1) Die Entschädigung für den Zeitwertschaden ist zwei Wochen nach ihrer vollständigen Feststellung fällig; jedoch kann einen Monat nach Anzeige des Schadens als Teilzahlung der Betrag verlangt werden, der nach Lage der Sache mindestens zu zahlen ist. Die Entschädigung für den Zeitwertschaden ist nach Ablauf eines Monats seit der Anzeige des Schadens mit 1 vom Hundert unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, aber mit nicht mehr als 6 vom Hundert und mit nicht weniger als 4 vom Hundert für das Jahr zu verzinsen. Der Lauf der Fristen ist gehemmt, solange infolge des Verschuldens des Versicherungsnehmers die Entschädigung nicht ermittelt oder nicht gezahlt werden kann. Soweit die Zahlung der Entschädigung von der Wiederherstellung oder deren Sicherstellung abhängt, wird sie zwei Wochen nach Eintritt dieser Voraussetzung fällig. Die Verzinsung erfolgt nach den Bestimmungen des Satzes 2. Zinsen sind erst fällig wenn die Entschädigungssumme selbst fällig ist. (2) Der Versicherer ist berechtigt, die Zahlung aufzuschieben, a) wenn Zweifel an der Berechtigung des Versicherungsnehmers zum Zahlungsempfang bestehen, bis zur Beibringung des erforderlichen Nachweises; b) wenn eine polizeiliche oder strafgerichtliche Untersuchung aus Anlaß des Schadens gegen Sieg/Johannsen

H211,H212

H 208

117

Anm. A 32 a

Α. Überblick

den Versicherungsnehmer eingeleitet ist, bis zum Abschluß dieser Untersuchung. (3) Für Gebäude, die zur Zeit des Versicherungsfalles mit Hypotheken, Reallasten, Grund- oder Rentenschulden belastet sind, wird die Entschädigung nur gezahlt, soweit ihre Verwendung zur Wiederherstellung gesichert ist. Die Zahlung wird unbeschadet der Bestimmung des § 7 Abs. 3 a) vorbehaltlos geleistet, soweit die am Schadenstag eingetragenen Realgläubiger sich schriftlich einverstanden erklären oder selbst zur Empfangnahme der Entschädigung berechtigt sind. Eine mit dem Versicherungsnehmer besonders getroffene Wiederherstellungsvereinbarung wird hierdurch nicht berührt. (4) Wenn der Entschädigungsanspruch nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird, nachdem der Versicherer ihn unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hat, ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei.

Η 169, J 22

§ 20 Rechtsverhältnisse nach dem Versicherungsfall (1) Vom Schadenstage an vermindert sich die Versicherungssumme für den Rest der Versicherungsperiode um den Betrag der Entschädigung. Für spätere Versicherungsperioden gelten wieder die ursprüngliche Versicherungssumme und Prämie, wenn sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt. (2) Nach dem Eintritt eines ersatzpflichtigen Versicherungsfalles können beide Parteien den Versicherungsvertrag kündigen, der Versicherungsnehmer jedoch nur dann, wenn er die Anzeige nach § 15 Abs. 1 a) gemacht hat. Die Kündigung hat spätestens zwei Wochen nach Auszahlung oder Ablehnung schriftlich zu erfolgen. Wird für einen ersatzpflichtigen Versicherungsfall keine Entschädigung beansprucht, so ist die Kündigung nur zulässig, sofern der Versicherungsfall nicht länger als ein Jahr zurückliegt; sie ist spätestens einen Monat, nachdem die Partei von dem Schaden Kenntnis erlangt hat, schriftlich zu erklären. Der Vertrag endet einen Monat nach der Kündigung.

E l l , E l 3, H l 96

§ 21 Schriftliche Form der Erklärungen des Versicherungsnehmers Versicherungsanträge sowie sämtliche Anzeigen und Erklärungen des Versicherungsnehmers mit Ausnahme der Schadensanzeigen bedürfen der Schriftform. § 22 Verlängerung des Versicherungsvertrages Versicherungsverträge von ein- oder mehrjähriger Dauer verlängern sich um ein Jahr und weiter von 118

Sieg/Johannsen

II. Rechtsgrundlagen

A n m . A 32 b

J a h r zu Jahr, wenn sie nicht drei Monate vor dem jeweiligen Ablauf von einem der beiden Teile schriftlich gekündigt werden. [ A 3 2 b ] b) Sonderbedingungen f ü r die gleitende Neuwertversicherung Wohngebäuden (VA 1962 S. 174)

von

Für die Versicherung von Wohngebäuden wird zwecks Anpassung an Baukostenschwankungen, in Abweichung von den Allgemeinen Bedingungen für die Neuwertversicherung von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungswasser- und Sturmschäden (VGB), folgendes vereinbart: § 1 Versicherungssumme 1914, Teuerungszuschlag, Prämienberechnung (1) Die „Versicherungssumme 1914" soll den Neubauwert des Gebäudes in seinem jeweils neuesten Zustand nach Preisen des Jahres 1914 angeben. Sie ist vom Versicherungsnehmer zu ermitteln. Dabei sollen die Größe des umbauten Raumes (cbm-Inhalt), die Art des Ausbaues, die Bestandteile und - sofern dieses mitversichert ist - das Zubehör zugrunde gelegt werden. (2) Der Teuerungszuschlag trägt der seit 1914 eingetretenen Preiserhöhung Rechnung. Er wird vom Versicherer a u f g r u n d der Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes festgesetzt. (3) Die Prämie berechnet sich aus der „Versicher u n g s s u m m e 1914" (Absatz (1)) und dem jeweiligen Teuerungszuschlag (Absatz (2)). Bei Erstprämien ist der für den zweiten Monat, bei Folgeprämien der f ü r den vierten Monat vor Fälligkeit festgesetzte Teuerungszuschlag maßgebend. § 2 Unterversicherung Der nach § 7 (1) V G B errechnete Schaden wird voll ersetzt, wenn die vom Versicherungsnehmer ermittelte Versicherungssumme 1914 mindestens dem Versicherungswert 1914 entspricht. Eine Unterversicherung wird nur insoweit berücksichtigt, als sie 3 vom Hundert der Versicherungssumme 1914 der betreffenden Position oder Positionen übersteigt. § 3 Kündigung Versicherungsnehmer und Versicherer können jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten den Wegfall der Sonderbedingungen f ü r die gleitende Neuwertversicherung von Wohngebäuden verlangen. Danach bleibt die Versicherung unter alleiniger Zugrundelegung der V G B und des letztgültigen Teuerungszuschlages in Kraft. Sieg/Johannsen

119

Α. Überblick

Anm. A 32 c [ A 32 c]

c) Allgemeine W o h n g e b ä u d e - V e r s i c h e r u n g s b e d i n g u n g e n ( V G B 8 8 ) - V A 1 9 8 9 S. 69

Fassung J a n u a r 1 9 9 5 § 1 Versicherte Sachen § 2 Versicherte Kosten § 3 Versicherter Mietausfall § 4 Versicherte Gefahren und Schäden § 5 Brand; Blitzschlag; Explosion § 6 Leitungswasser § 7 Rohrbruch; Frost § 8 Sturm; Hagel § 9 Nicht versicherte Sachen und Schäden § 1 0 Gefahrumstände bei Vertragsabschluß und Gefahrerhöhung § 1 1 Sicherheitsvorschriften § 1 2 Versicherung für fremde Rechnung § 13 Gleitende Neuwertversicherung; Versicherungswert 1914; Versicherungssumme 1914 § 14 Neuwert; Zeitwert; gemeiner Wert § 1 5 Entschädigungsberechnung § 1 6 Unterversicherung; Unterversicherungsverzicht § 1 7 Entschädigungsgrenzen § 1 8 Mehrfache Versicherung § 18 a Uberversicherung, Doppelversicherung § 19 Prämie; Beginn und Ende der Haftung § 20 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall § 21 Besondere Verwirkungsgründe § 22 Sachverständigenverfahren § 23 Zahlung der Entschädigung § 24 Rechtsverhältnis nach dem Versicherungsfall § 25 Zurechnung von Kenntnis und Verhalten § 26 Schriftliche Form; Zurückweisung von Kündigungen § 27 Agentenvollmacht § 28 Gerichtsstand § 29 Schlußbestimmung „Soweit gendes:

nicht etwas anderes

„Soweit gendes:

nicht

vereinbart

ist", gilt fol-

§ 1 Versicherte Sachen ist", gilt fol-

Η 91

1. V e r s i c h e r t sind die in d e m V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g bezeichneten Gebäude. 2. Z u b e h ö r , das der I n s t a n d h a l t u n g eines v e r s i c h e r t e n G e b ä u d e s o d e r dessen N u t z u n g zu W o h n z w e c k e n dient, ist m i t v e r s i c h e r t , soweit es sich in d e m G e b ä u d e befindet o d e r a u ß e n a n d e m G e b ä u d e a n g e b r a c h t ist. 3. Weiteres Z u b e h ö r sowie sonstige G r u n d s t ü c k s bestandteile auf dem i m V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g bezeichn e t e n G r u n d s t ü c k ( V e r s i c h e r u n g s g r u n d s t ü c k ) sind n u r a u f g r u n d besonderer V e r e i n b a r u n g versichert. 4. N i c h t v e r s i c h e r t sind in das G e b ä u d e eingefügte S a c h e n , die ein Mieter auf seine K o s t e n beschafft o d e r

J 127

120

etwas anderes

vereinbart

Sieg/Johannsen

Η 91

Η 91

Η 8 9 , Η 9 1 J 127

Anm. A 32 c

II. Rechtsgrundlagen

übernommen hat und für die er die Gefahr trägt. Die Versicherung dieser Sachen kann vereinbart werden. § 2 Versicherte Kosten „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Versichert sind die infolge eines Versicherungsfalles notwendigen Kosten a) für das Aufräumen und den Abbruch von Sachen, die durch vorliegenden Vertrag versichert sind, für das Abfahren von Schutt und sonstigen Resten dieser Sachen zum nächsten Ablagerungsplatz und für das Ablagern oder Vernichten (Aufräumungs- oder Abbruchkosten); b) die dadurch entstehen, daß zum Zweck der W e derherstellung oder Wiederbeschaffung von Sachen, die durch vorliegenden Vertrag versichert sind, andere Sachen bewegt, verändert oder geschützt werden müssen (Bewegungsoder Schutzkosten); c) für Maßnahmen, auch erfolglose, die der Versicherungsnehmer zur Abwendung oder Minderung des Schadens für geboten halten durfte (Schadenabwendungs- oder Schadenminderungskosten). 2. Für die Entschädigung versicherter Kosten gemäß Nr. l a und l b gilt die Entschädigungsgrenze gemäß § 17 Nr. 1. 3. Nicht versichert sind Aufwendungen für Leistungen der Feuerwehren oder anderer im öffentlichen Interesse zur Hilfeleistung Verpflichteter, wenn diese Leistungen im öffentlichen Interesse erbracht werden.

H 200 H 203

G 165

§ 3 Versicherter Mietausfall „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Der Versicherer ersetzt a) den Mietausfall einschließlich etwaiger fortlaufender Mietnebenkosten, wenn Mieter von Wohnräumen infolge eines Versicherungsfalles berechtigt sind, die Zahlung der Miete ganz oder teilweise zu verweigern; b) den ortsüblichen Mietwert von Wohnräumen, die der Versicherungsnehmer selbst bewohnt und die infolge eines Versicherungsfalles unbenutzbar geworden sind, falls dem Versicherungsnehmer die Beschränkung auf einen etwa benutzbar gebliebenen Teil der Wohnung nicht zugemutet werden kann. Sieg/Johannsen

H 204, J 128

121

Α. Überblick

Anm. A 32 c

2. Die Versicherung des Mietausfalls oder des ortsüblichen Mietwerts für gewerblich genutzte Räume bedarf besonderer Vereinbarung. 3. Mietausfall oder Mietwert werden bis zu dem Zeitpunkt ersetzt, in dem die Wohnung wieder benutzbar ist, höchstens jedoch für 12 Monate seit dem Eintritt des Versicherungsfalles. Entschädigung wird nur geleistet, soweit der Versicherungsnehmer die Möglichkeit der Wiederbenutzung nicht schuldhaft verzögert. § 4 Versicherte Gefahren und Schäden „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Entschädigt werden versicherte Sachen, die Η 25, Η 29 durch a) Brand, Blitzschlag, Explosion, Anprall oder Absturz eines bemannten Flugkörpers, seiner Teile oder seiner Ladung (§ 5) b) Leitungswasser (§ 6) c) Sturm, Hagel (§ 8) zerstört oder beschädigt werden oder infolge eines solchen Ereignisses abhanden kommen. 2. Entschädigt werden auch Bruchschäden an Rohren der Wasserversorgung und Frostschäden an sonstigen Leitungswasser führenden Einrichtungen (§ 7). 3. Jede der Gefahrengruppen nach Nr. 1 a, 1 b und 2 oder 1 c kann auch einzeln versichert werden. § 5 Brand; Blitzschlag; Explosion „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Brand ist ein Feuer, das ohne einen bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und das sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag. 2. Blitzschlag ist der unmittelbare Übergang eines Blitzes auf Sachen. 3. Explosion ist eine auf dem Ausdehnungsbestreben von Gasen oder Dämpfen beruhende, plötzlich verlaufende Kraftäußerung. § 6 Leitungswasser „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Leitungswasser ist Wasser, das aus a) Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung, b) mit dem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder Schläuchen der Wasserversorgung, 122

Sieg/Johannsen

Η 21, Η 24

Anm. A 32 c

II. Rechtsgrundlagen

c) Anlagen der Warmwasser- oder Dampfheizung, d) Sprinkler- oder Berieselungsanlagen bestimmungswidrig ausgetreten ist. 2. Wasserdampf steht Wasser gleich. § 7 Rohrbruch; Frost „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Innerhalb versicherter Gebäude sind versichert Frost- und sonstige Bruchschäden an Rohren a) der Wasserversorgung (Zu- oder Ableitungen); b) der Warmwasser- oder Dampfheizung; c) von Sprinkler- oder Berieselungsanlagen. 2. Darüber hinaus sind innerhalb versicherter Gebäude auch versichert Frostschäden an a) Badeeinrichtungen, Waschbecken, Spülklosetts, Wasserhähnen, Geruchsverschlüssen, Wassermessern oder ähnlichen Installationen; b) Heizkörpern, Heizkesseln, Boilern oder an vergleichbaren Teilen von Warmwasser- oder Dampfheizungsanlagen; c) Sprinkler- oder Berieselungsanlagen. 3. Außerhalb versicherter Gebäude sind versichert Frost- und sonstige Bruchschäden an Zuleitungsrohren der Wasserversorgung und an den Rohren der Warmwasser- oder Dampfheizung, soweit diese Rohre der Versorgung versicherter Gebäude oder Anlagen dienen und sich auf dem Versicherungsgrundstück befinden.

H182

§ 8 Sturm; Hagel „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Sturm ist eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8. Ist die Windstärke für das Versicherungsgrundstück nicht feststellbar, so wird Sturm unterstellt, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, daß a) die Luftbewegung in der Umgebung Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hat oder b) der Schaden wegen des einwandfreien Zustandes des versicherten Gebäudes nur durch Sturm entstanden sein kann. 2. Versichert sind nur Schäden, die entstehen a) durch unmittelbare Einwirkung des Sturmes auf versicherte Sachen; b) dadurch, daß der Sturm Gebäudeteile, Bäume oder andere Gegenstände auf versicherte Sachen wirft; Sieg/Johannsen

123

A n m . A 32 c

Α. Überblick

c) als Folge eines Sturmschadens gemäß a oder b an versicherten Sachen. 3. Für Schäden durch Hagel gilt Nr. 2 sinngemäß. § 9 Nicht versicherte Sachen und Schäden

„Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt fol-

gendes: 1. Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden a) die der Versicherungsnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt; die vorsätzliche Herbeiführung eines Brandschadens gilt als bewiesen, wenn sie durch ein rechtskräftiges Strafurteil wegen vorsätzlicher Brandstiftung festgestellt ist; b) die durch Kriegsereignisse jeder Art, innere Unruhen, Erdbeben oder Kernenergie*) entstehen. 2. Der Versicherungsschutz gegen Brand, Blitzschlag und Explosion erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf a) Brandschäden, die an versicherten Sachen dadurch entstehen, daß sie einem Nutzfeuer oder der Wärme zur Bearbeitung oder zu sonstigen Zwecken ausgesetzt werden; dies gilt auch für Sachen, in denen oder durch die Nutzfeuer oder Wärme erzeugt, vermittelt oder weitergeleitet wird; b) Sengschäden, außer wenn sie durch Brand, Blitzschlag oder Explosion entstanden sind; c) Kurzschluß- und Überspannungsschäden, die an elektrischen Einrichtungen entstanden sind, außer wenn sie die Folge eines Brandes oder einer Explosion sind. 3. Der Versicherungsschutz gegen Leitungswasser, Rohrbruch und Frost sowie gegen Sturm und Hagel erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden a) an versicherten Sachen, solange das versicherte Gebäude noch nicht bezugsfertig oder wegen Umbauarbeiten für seinen Zweck nicht mehr benutzbar ist; b) durch Brand, Blitzschlag, Explosion, Anprall oder Absturz eines bemannten Flugkörpers, seiner Teile oder seiner Ladung.

Η7

Η 37

Η12 Η 13, Η 18

Der Ersatz von Schäden durch Kernenergie richtet sich in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Atomgesetz. Die Betreiber von Kernanlagen sind zur Deckungsvorsorge verpflichtet und schließen hierfür Haftpflichtversicherungen ab.

124

Sieg/Johannsen

II. Rechtsgrundlagen

Anm. A 32 c

4. Der Versicherungsschutz gegen Leitungswasser erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden durch a) Plansch- oder Reinigungswasser; b) Grundwasser, stehendes oder fließendes Gewässer, Hochwasser oder Witterungsniederschläge oder einen durch diese Ursachen hervorgerufenen Rückstau; c) Offnen der Sprinkler oder Bedienen der Berieselungsdüsen wegen eines Brandes, durch Druckproben oder durch Umbauten oder Reparaturarbeiten an dem versicherten Gebäude oder an der Sprinkler- oder Berieselungsanlage; d) Erdsenkung oder Erdrutsch, es sei denn, daß Leitungswasser (§ 6 Nr. 1) die Erdsenkung oder den Erdrutsch verursacht hat; e) Schwamm. Die Ausschlüsse gemäß a bis c gelten nicht für Leitungswasserschäden infolge eines Rohrbruchs gemäß §7. 5. Der Versicherungsschutz gegen Rohrbruch erstreckt sich nicht auf Schäden durch Erdsenkung oder Erdrutsch, es sei denn, daß Leitungswasser (§ 6 Nr. 1) die Erdsenkung oder den Erdrutsch verursacht hat. 6. Der Versicherungsschutz gegen Sturm und Hagel erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden a) durch Sturmflut; b) durch Lawinen; c) durch Eindringen von Regen, Hagel, Schnee oder Schmutz durch nicht ordnungsgemäß geschlossene Fenster, Außentüren oder andere Offnungen, es sei denn, daß diese Offnungen durch Sturm oder Hagel entstanden sind und einen Gebäudeschaden darstellen; d) an Laden- und Schaufensterscheiben; e) durch Leitungswasser (§ 6) oder Rohrbruch (§ 7). § 10 Gefahr umstände bei Vertragsabschluß und Gefahrerhöhung „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Der Versicherungsnehmer hat alle Antragsfragen, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, wahrheitsgemäß zu beantworten. Bei schuldhafter Verletzung dieser Obliegenheit kann der Versicherer nach Maßgabe der §§ 16 bis 21 W G vom Vertrag zurücktreten und leistungsfrei sein oder den Versicherungsvertrag nach § 22 W G anfechten. 2. Eine Gefahrerhöhung ist dem Versicherer unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Bei einer GefahrSieg/Johannsen

G3

G 64, H 125

125

Anm. A 32 c

A. Überblick

erhöhung kann der Versicherer aufgrund der §§ 23 bis 30 W G zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei sein. 3. Eine Gefahrerhöhung kann insbesondere vorliegen, wenn a) sich ein Umstand ändert, nach dem im Antrag gefragt worden ist; b) ein Gebäude oder der überwiegende Teil eines Gebäudes nicht genutzt wird; c) in dem versicherten Gebäude ein Gewerbebetrieb aufgenommen oder verändert wird. Der Versicherer hat von dem Tag der Aufnahme des Betriebes an Anspruch auf die aus einem etwa erforderlichen höheren Prämiensatz errechnete Prämie; dies gilt nicht, soweit der Versicherer in einem Versicherungsfall wegen Gefahrerhöhung leistungsfrei geworden ist. 4. Für vorschriftsmäßige Anlagen des Zivilschutzes und für Zivilschutzübungen gelten Nr. 2 und die §§ 23 bis 30 W G nicht.

G 31, G 33, G 39 G 57 G 66 G 68

§ 11 Sicherheitsvorschriften „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Der Versicherungsnehmer hat a) alle gesetzlichen, behördlichen oder vereinbarten Sicherheitsvorschriften zu beachten; b) die versicherten Sachen, insbesondere wasserführende Anlagen und Einrichtungen, Dächer und außen angebrachte Sachen stets in ordnungsgemäßem Zustand zu erhalten und Mängel oder Schäden unverzüglich beseitigen zu lassen; c) nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten; d) in der kalten Jahreszeit alle Gebäude und Gebäudeteile zu beheizen und dies genügend häufig zu kontrollieren oder dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. 2. Verletzt der Versicherungsnehmer eine dieser Obliegenheiten, so ist der Versicherer nach Maßgabe von § 6 W G zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei. Eine Kündigung des Versicherers wird einen Monat nach Zugang wirksam. Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. 126

Sieg/Johannsen

G 69, G 76

G 79, G 86

Anm. A 32 c

II. Rechtsgrundlagen

Führt die Verletzung zu einer Gefahrerhöhung, so gelten die §§ 23 bis 30 W G . Danach kann der Versicherer zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei sein. § 12 Versicherung für fremde Rechnung „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Soweit die Versicherung für fremde Rechnung genommen ist, kann der Versicherungsnehmer, auch wenn er nicht im Besitz des Versicherungsscheins ist, über die Rechte des Versicherten ohne dessen Zustimmung im eigenen Namen verfügen, insbesondere die Zahlung der Entschädigung verlangen und die Rechte des Versicherten übertragen. Der Versicherer kann jedoch vor Zahlung der Entschädigung den Nachweis verlangen, daß der Versicherte seine Zustimmung dazu erteilt hat. 2. Der Versicherte kann über seine Rechte nicht verfügen, selbst wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist. Er kann die Zahlung der Entschädigung nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers verlangen. 3. Soweit Kenntnis oder Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung ist, kommt auch Kenntnis oder Verhalten des Versicherten in Betracht. Im übrigen gilt § 79 W G .

J 137

J 101

§ 13 Gleitende Neuwertversicherung; Versicherungswert 1914; Versicherungssumme 1914 „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Grundlage der Gleitenden Neuwertversicherung ist der Versicherungswert 1914. 2. Versicherungswert 1914 ist der ortsübliche Neubauwert des Gebäudes entsprechend seiner Größe und Ausstattung sowie seines Ausbaues nach Preisen des Jahres 1914. Hierzu gehören auch Architektengebühren sowie sonstige Konstruktions- und Planungskosten. 3. Die vereinbarte Versicherungssumme 1914 soll dem Versicherungswert 1914 entsprechen. 4. Die Haftung des Versicherers (§ 15 Nr. 1 bis 3) wird an die Baupreisentwicklung angepaßt. Entsprechend verändert sich die Prämie durch Erhöhung oder Verminderung des gleitenden Neuwertfaktors. 5. Der gleitende Neuwertfaktor erhöht oder vermindert sich jeweils zum 1. Januar eines jeden Jahres für die in diesem Jahr beginnende Versicherungsperiode entsprechend dem Prozentsatz, um den sich der jeweils für den Monat Mai des Vorjahres vom StatistiSieg/Johannsen

H 147

F7

H 147

127

Α. Überblick

A n m . A 32 c

sehen Bundesamt veröffentlichte Baupreisindex für Wohngebäude und der für den Monat April des Vorjahres veröffentlichte Tariflohnindex für das Baugewerbe geändert haben. Die Änderung des Baupreisindexes für Wohngebäude wird zu 80 Prozent und die des Tariflohnindexes für das Baugewerbe zu 20 Prozent berücksichtigt; bei dieser Berechnung wird jeweils auf zwei Stellen hinter dem Komma gerundet. Der gleitende Neuwertfaktor wird auf eine Stelle hinter dem Komma gerundet *)· 6. Innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung über die Erhöhung des gleitenden Neuwertfaktors kann der Versicherungsnehmer durch schriftliche Erklärung die Erhöhung mit Wirkung für den Zeitpunkt aufheben, in dem sie wirksam werden sollte. Die Versicherung bleibt als Neuwertversicherung (§ 14 Nr. la) in Kraft, und zwar zur bisherigen Prämie und mit einer Versicherungssumme, die sich aus der Versicherungssumme 1914, multipliziert mit Vioo des bei Wirksamwerden des Widerspruchs zugrundegelegten Baupreisindexes für Wohngebäude, ergibt. Das Recht auf Herabsetzung der Versicherungssumme wegen erheblicher Überversicherung ( § 5 1 Nr. 1 W G ) bleibt unberührt. § 14 Neuwert; Zeitwert; gemeiner Wert „Soweit nicht etwas anderes vereinbart gendes:

ist", gilt fol-

1. Abweichend von § 13 Nr. 2 kann jeweils als Versicherungswert vereinbart werden a) der Neuwert; Neuwert ist der ortsübliche Neubauwert. Hierzu gehören auch Architektengebühren sowie sonstige Konstruktions- und Planungskosten; b) der Zeitwert; der Zeitwert errechnet sich aus dem Neuwert abzüglich der Wertminderung, die sich aus Alter und Abnutzung ergibt; c) der gemeine Wert; gemeiner Wert ist der für den Versicherungsnehmer erzielbare Verkaufspreis. 2. Der gemeine Wert ist auch ohne besondere Vereinbarung Versicherungswert, falls das Gebäude zum Abbruch bestimmt oder sonst dauernd entwertet ist. Eine dauernde Entwertung liegt insbesondere vor, wenn das Gebäude für seinen Zweck nicht mehr zu verwenden ist.

*

F ü r 1 9 9 4 lautete der gleitende N e u w e r t f a k t o r 24,1.

128

Sieg/Johannsen

H 147

II. Rechtsgrundlagen

Anm. A 32 c

§ 15 Entschädigungsberechnung „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes 1. Ersetzt werden a) bei zerstörten Gebäuden sowie bei zerstörten oder abhandengekommenen sonstigen Sachen der Neuwert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles; in den Fällen des § 14 Nr. 1 b der Zeitwert; in den Fällen des § 14 Nr. 1 c und Nr. 2 der gemeine Wert. b) bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles zuzüglich einer Wertminderung, die durch Reparatur nicht auszugleichen ist, höchstens jedoch der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles; die Reparaturkosten werden gekürzt, soweit durch die Reparatur der Versicherungswert der Sache gegenüber dem Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles erhöht wird. Restwerte werden angerechnet. 2. Ersetzt werden auch die notwendigen Mehrkosten infolge Preissteigerungen zwischen dem Eintritt des Versicherungsfalles und der Wiederherstellung. Wenn der Versicherungsnehmer die Wiederherstellung nicht unverzüglich veranlaßt, werden die Mehrkosten nur in dem Umfang ersetzt, in dem sie auch bei unverzüglicher Wiederherstellung entstanden wären. Mehrkosten infolge von außergewöhnlichen Ereignissen, Betriebsbeschränkungen oder Kapitalmangel werden nicht ersetzt. 3. Ersetzt werden auch die notwendigen Mehrkosten infolge behördlicher Auflagen auf der Grundlage bereits vor Eintritt des Versicherungsfalles erlassener Gesetze und Verordnungen. Soweit behördliche Auflagen mit Fristsetzung vor Eintritt des Versicherungsfalles erteilt wurden, sind die dadurch entstehenden Mehrkosten nicht versichert. Mehrkosten, die dadurch entstehen, daß wiederverwertbare Reste der versicherten und vom Schaden betroffenen Sachen infolge behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen nicht mehr verwertet werden dürfen, sind nicht versichert. Wenn die Wiederherstellung der versicherten und vom Schaden betroffenen Sache aufgrund behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen nur an anderer Stelle erfolgen darf, werden die Mehrkosten nur in dem Umfang ersetzt, in dem sie auch bei Wiederherstellung an bisheriger Stelle entstanden wären. Sieg/Johannsen

H 146

H 165

H 166 H 146

H 168

129

A n m . A 32 c

Α. Überblick

Für die Entschädigung versicherter Mehrkosten gilt die Entschädigungsgrenze gemäß § 17 Nr. 2. 4. Der Versicherungsnehmer erwirbt den Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt, nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, daß er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen. Ist dies an der bisherigen Stelle rechtlich nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zu vertreten, so genügt es, wenn das Gebäude an anderer Stelle innerhalb der Bundesrepublik Deutschland wiederhergestellt wird. Der Zeitwertschaden wird bei zerstörten oder abhandengekommenen Gegenständen gemäß § 14 Nr. 1 b festgestellt. 5. In den Fällen des § 14 ist die Gesamtentschädigung für versicherte Sachen, versicherte Kosten und versicherten Mietausfall je Versicherungsfall auf die Versicherungssumme begrenzt. Dies gilt nicht für Schadenabwendungs- und Schadenminderungskosten, soweit diese auf Weisung des Versicherers entstanden sind.

Η 170-173, J 14, J 22

G 163, Η 200

§ 16 Unterversicherung; Unterversicherungsverzieht „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Ist die Versicherungssumme niedriger als der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles (Unterversicherung), so wird nur der Teil des nach § 15 Nr. 1 bis 3 ermittelten Betrages ersetzt, der sich zu dem ganzen Betrag verhält wie die Versicherungssumme zu dem Versicherungswert. 2. Nr. 1 gilt entsprechend für die Berechnung der Entschädigung versicherter Kosten gemäß § 2 und versicherten Mietausfalles gemäß § 3. 3. In der Gleitenden Neuwertversicherung gilt die Versicherungssumme 1914 als richtig ermittelt, wenn a) sie aufgrund einer vom Versicherer anerkannten Schätzung eines Bausachverständigen festgesetzt wird; b) der Versicherungsnehmer im Antrag den Neuwert in Preisen eines anderen Jahres zutreffend angibt und der Versicherer diesen Betrag auf seine Verantwortung umrechnet; c) der Versicherungsnehmer Antragsfragen nach Größe, Ausbau und Ausstattung des Gebäudes zutreffend beantwortet und der Versicherer hiernach die Versicherungssumme 1914 auf seine Verantwortung berechnet. 130

Sieg/Johannsen

H 182

Anm. A 32 c

II. Rechtsgrundlagen

4. Wird die nach Nr. 3 ermittelte Versicherungssumme 1914 vereinbart, nimmt der Versicherer abweichend von Nr. 1 und Nr. 2 sowie von § 56 W G keinen Abzug wegen Unterversicherung vor (Unterversicherungsverzicht). 5. Ergibt sich im Schadenfall, daß die Beschreibung des Gebäudes und seiner Ausstattung gemäß Nr. 3 c) von den tatsächlichen Verhältnissen abweicht und ist dadurch die Versicherungssumme 1914 zu niedrig bemessen, so gilt Nr. 4 nicht, soweit die Abweichung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht. 6. Ferner gilt Nr. 4 nicht, wenn a) der der Versicherungssummenermittlung zugrunde liegende Bauzustand nachträglich, insbesondere durch wertsteigernde Um-, An- oder Ausbauten, verändert wurde und die Veränderung dem Versicherer nicht unverzüglich angezeigt wurde; b) ein weiterer Gebäudeversicherungsvertrag für das Gebäude gegen dieselbe Gefahr besteht, soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde.

H 182

H 182

§ 17 Entschädigungsgrenzen „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Soweit nichts anderes vereinbart ist, ist die EntSchädigung für versicherte Kosten gemäß § 2 Nr. l a und 1 b je Versicherungsfall begrenzt a) in der Gleitenden Neuwertversicherung auf 5 Prozent der Versicherungssumme 1914, multipliziert mit dem im Zeitpunkt des Versicherungsfalles für den Vertrag geltenden gleitenden Neuwertfaktor (§ 13 Nr. 5); b) in den Fällen des § 14 auf 5 Prozent der Versicherungssumme. 2. Das gleiche gilt für die Entschädigung versicherter Mehrkosten gemäß § 15 Nr. 3.

H 200

§ 18 Mehrfache Versicherung „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: Erlangt der Versicherungsnehmer oder der Versicherte aus anderen Versicherungsverträgen Entschädigung für denselben Schaden, so ermäßigt sich der Anspruch aus vorliegendem Vertrag in der Weise, daß die Entschädigung aus allen Verträgen insgesamt nicht höher ist, als wenn der Gesamtbetrag der Versicherungssummen, aus denen Prämie errechnet wurde, nur in dem vorliegenden Vertrag in Deckung gegeben worden wäre. Sieg/Johannsen

131

Anm. A 32 c

Α. Überblick

§ 18 a Überversicherung, Doppelversicherung „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Übersteigt die Versicherungssumme den Wert der versicherten Sachen erheblich, so kann sowohl der Versicherungsnehmer als auch der Versicherer nach Maßgabe des § 51 W G die Herabsetzung der Versicherungssumme und der Prämie verlangen. 2. Im Falle einer Doppelversicherung gelten §§ 59 und 60 W G . § 19 Prämie; Beginn und Ende der Haftung „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Der Versicherungsnehmer hat die erste Prämie (Beitrag) bei Aushändigung des Versicherungsscheines oder im Fall des Vertragsabschlußes gemäß §§ 5 oder 5a W G nach Ablauf der Widerspruchsfrist zu zahlen, Folgeprämien am Ersten des Monats, in dem ein neues Versicherungsjahr beginnt. Die Folgen nicht rechtzeitiger Zahlung der ersten Prämie oder der ersten Rate der ersten Prämie ergeben sich aus § 38 W G in Verbindung mit Nr. 3; im übrigen gelten §§ 39, 91 W G . Der Versicherer ist bei Verzug berechtigt, Ersatz des Verzugsschadens nach § 286 BGB sowie Verzugszinsen nach § 288 BGB oder § 352 HGB zu fordern. Rückständige Folgeprämien dürfen nur innerhalb eines Jahres seit Ablauf der nach § 39 W G für sie gesetzten Zahlungsfrist eingezogen werden. 2. Ist Ratenzahlung vereinbart, so gelten die ausstehenden Raten bis zu den vereinbarten Zahlungsterminen als gestundet. Die gestundeten Raten des laufenden Versicherungsjahres werden sofort fällig, wenn der Versicherungsnehmer mit einer Rate ganz oder teilweise in Verzug gerät oder soweit eine Entschädigung fällig wird. 3. Die Haftung des Versicherers beginnt mit dem vereinbarten Zeitpunkt, und zwar auch dann, wenn zur Prämienzahlung erst später aufgefordert, die Prämie aber unverzüglich gezahlt wird. Ist dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung bekannt, daß ein Versicherungsfall bereits eingetreten ist, so entfällt hierfür die Haftung. 4. Die Haftung endet mit dem vereinbarten Zeitpunkt. Versicherungsverträge von mindestens einjähriger Dauer verlängern sich jedoch von Jahr zu Jahr, wenn sie nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt werden. Ein Versicherungsverhältnis, das für eine Dauer von mehr als fünf Jahren 132

Sieg/Johannsen

F 10, F 13

Ell

F 11

E4

Anm. A 32 c

II. Rechtsgrundlagen

eingegangen ist, kann zum Ende des fünften oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. 5. Endet das Yersicherungsverhältnis vor Ablauf der Vertragszeit oder wird es nach Beginn rückwirkend aufgehoben oder ist es von Anfang an nichtig, so gebührt dem Versicherer Prämie oder Geschäftsgebühr gemäß dem Versicherungsvertragsgesetz (z. B. §§ 40, 68). Kündigt nach Eintritt eines Versicherungsfalles (§ 24 Nr. 2) der Versicherungsnehmer, so gebührt dem Versicherer die Prämie für das laufende Versicherungsjahr. Kündigt der Versicherer, so hat er die Prämie für das laufende Versicherungsjahr nach dem Verhältnis der noch nicht abgelaufenen zu der gesamten Zeit des Versicherungsjahres zurückzuzahlen.

E 13

§ 20 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Der Versicherungsnehmer hat bei Eintritt eines Versicherungsfalles a) den Schaden dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen, das Abhandenkommen versicherter Gebäudebestandteile und sonstiger Gegenstände auch der zuständigen Polizeidienststelle; b) der Polizeidienststelle unverzüglich ein Verzeichnis der abhandengekommenen Gegenstände einzureichen; c) den Schaden nach Möglichkeit abzuwenden oder zu mindern und dabei die Weisungen des Versicherers zu befolgen; er hat, soweit die Umstände es gestatten, solche Weisungen einzuholen; d) dem Versicherer auf dessen Verlangen im Rahmen des Zumutbaren jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungspflicht zu gestatten, jede hierzu dienliche Auskunft auf Verlangen schriftlich zu erteilen und die erforderlichen Belege beizubringen, auf Verlangen insbesondere einen beglaubigten Grundbuchauszug; e) Veränderungen der Schadenstelle möglichst zu vermeiden, solange der Versicherer nicht zugestimmt hat; f) dem Versicherer auf dessen Verlangen innerhalb einer angemessenen Frist von mindestens zwei Wochen ein von ihm unterschriebenes Verzeichnis aller abhandengekommenen Gegenstände vorzulegen; in dem Verzeichnis ist der Versicherungswert dieser Gegenstände unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles anzugeben. Sieg/Johannsen

G 98, G 103, G 116, G123 G124

G 149

133

Α. Überblick

A n m . A 32 c

2. Verletzt der Versicherungsnehmer eine der vorstehenden Obliegenheiten, so ist der Versicherer nach Maßgabe des Versicherungsvertragsgesetzes (§§ 6 Abs. 3, 62 Abs. 2 W G ) von der Entschädigungspflicht frei. Sind abhandengekommene Gegenstände der Polizeidienststelle nicht oder nicht rechtzeitig angezeigt worden, so kann der Versicherer nur für diese Gegenstände von der Entschädigungspflicht frei sein. 3. Hatte eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung Einfluß weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der Entschädigung, so entfällt die Leistungsfreiheit gemäß Nr. 2, wenn die Verletzung nicht geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu beeinträchtigen, und wenn außerdem den Versicherungsnehmer kein erhebliches Verschulden trifft.

G 105

G 108, G 154

§ 21 Besondere Verwirkungsgründe „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Versucht der Versicherungsnehmer, den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. Ist die Täuschung gemäß Abs. 1 durch rechtskräftiges Strafurteil wegen Betruges oder Betrugsversuches festgestellt, so gelten die Voraussetzungen von Abs. 1 als bewiesen. 2. Wird der Entschädigungsanspruch nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht, nachdem der Versicherer ihn unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hat, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. Durch ein Sachverständigenverfahren (§ 22) wird der Ablauf der Frist für dessen Dauer gehemmt. 3. Die Bestimmung des § 12 Abs. 1 und 2 W G bleibt unberührt.

G 136, G 137, G 146

§ 22 Sachverständigenverfahren „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Versicherungsnehmer und Versicherer können nach Eintritt des Versicherungsfalles vereinbaren, daß die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt wird. Das Sachverständigenverfahren kann durch Vereinbarung auf sonstige tatsächliche Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs sowie der Höhe der Entschädigung ausgedehnt werden. 134

Sieg/Johannsen

H 219, H 220

Anm. A 32 c

II. Rechtsgrundlagen

Der Versicherungsnehmer kann ein Sachverständigenverfahren auch durch einseitige Erklärung gegenüber dem Versicherer verlangen. 2. Für das Sachverständigenverfahren gilt: a) Jede Partei benennt schriftlich einen Sachverständigen und kann dann die andere unter Angabe des von ihr benannten Sachverständigen schriftlich auffordern, den zweiten Sachverständigen zu benennen. Wird der zweite Sachverständige nicht binnen zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung benannt, so kann ihn die auffordernde Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernennen lassen. In der Aufforderung ist auf diese Folge hinzuweisen. b) Beide Sachverständige benennen schriftlich vor Beginn des Feststellungsverfahrens einen dritten Sachverständigen als Obmann. Einigen sie sich nicht, so wird der Obmann auf Antrag einer Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernannt. c) Der Versicherer darf als Sachverständige keine Personen benennen, die Mitbewerber des Versicherungsnehmers sind oder mit ihm in dauernder Geschäftsverbindung stehen, ferner keine Personen, die bei Mitbewerbern oder Geschäftspartnern angestellt sind oder mit ihnen in einem ähnlichen Verhältnis stehen. Dies gilt entsprechend für die Benennung eines Obmannes durch die Sachverständigen. 3. Die Feststellungen der Sachverständigen müssen enthalten: a) ein Verzeichnis der zerstörten, beschädigten und abhandengekommenen Gegenstände sowie deren Versicherungswert (§ 14 Nr. 1) zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles; in den Fällen von § 15 Nr. 4 ist auch der Zeitwert anzugeben; b) bei beschädigten Gegenständen die Beträge gemäß § 15 Nr. lb; c) alle sonstigen gemäß § 15 Nr. 1 maßgebenden Tatsachen, insbesondere die Restwerte der von dem Schaden betroffenen Gegenstände; d) notwendige Kosten, die gemäß § 2 versichert sind. 4. Die Sachverständigen übermitteln beiden Parteien gleichzeitig ihre Feststellungen. Weichen die Feststellungen voneinander ab, so übergibt der Versicherer sie unverzüglich dem Obmann. Dieser entscheidet über die streitig gebliebenen Punkte innerhalb der durch die Feststellungen der Sachverständigen gezogenen Grenzen und übermittelt seine Entscheidung beiden Parteien gleichzeitig. Sieg/Johannsen

135

Anm. A 32 c

Α. Überblick

5. Jede Partei trägt die Kosten ihres Sachverständigen. Die Kosten des Obmannes tragen beide Parteien je zur Hälfte. 6. Die Feststellungen der Sachverständigen oder des Obmannes sind verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. Aufgrund dieser verbindlichen Feststellungen berechnet der Versicherer gemäß §§ 15 bis 17 die Entschädigung. 7. Durch das Sachverständigenverfahren werden die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers gemäß § 20 Nr. 1 nicht berührt. § 23 Zahlung der Entschädigung „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Ist die Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde und der Höhe nach festgestellt, so hat die Auszahlung der Entschädigung binnen zwei Wochen zu erfolgen. Jedoch kann einen Monat nach Anzeige des Schadens als Abschlagszahlung der Betrag beansprucht werden, der nach Lage der Sache mindestens zu zahlen ist. 2. Die Entschädigung ist seit Anzeige des Schadens mit 1 Prozent unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen, mindestens jedoch mit 4 Prozent und höchstens mit 6 Prozent pro Jahr, soweit nicht aus anderen Gründen ein höherer Zins zu entrichten ist. Die Verzinsung entfällt, soweit die Entschädigung innerhalb eines Monats seit Anzeige des Schadens gezahlt wird. Zinsen werden erst fällig, wenn die Entschädigung fällig ist. 3. Der Lauf der Fristen gemäß Nr. 1 und Nr. 2 Satz 1 ist gehemmt, solange infolge Verschuldens des Versicherungsnehmers die Entschädigung nicht ermittelt oder nicht gezahlt werden kann. 4. Für die Zahlung des über den Zeitwertschaden hinausgehenden Teiles der Entschädigung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Versicherungsnehmer den Eintritt der Voraussetzung von § 15 Nr. 4 dem Versicherer nachgewiesen hat. Zinsen für die Beträge gemäß Abs. 1 werden erst fällig, wenn die dort genannten zusätzlichen Voraussetzungen der Entschädigung festgestellt sind. 5. Der Versicherer kann die Zahlung aufschieben, a) solange Zweifel an der Empfangsberechtigung des Versicherungsnehmers bestehen; b) wenn gegen den Versicherungsnehmer oder einen seiner Repräsentanten aus Anlaß des Ver136

Sieg/Johannsen

H210, H211

Η 212

Η 208, Η 209

Anm. A 32 c

II. Rechtsgrundlagen sicherungsfalles ein behördliches oder strafgerichtliches Verfahren aus Gründen eingeleitet worden ist, die auch für den Entschädigungsanspruch rechtserheblich sind, bis zum rechtskräftigen Abschluß dieses Verfahrens. 6. Die gesetzlichen Vorschriften über die Sicherung des Realkredits bleiben unberührt. § 24 Rechtsverhältnis nach dem Versicherungsfall „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Die Versicherungssumme vermindert sich nicht dadurch, daß eine Entschädigung geleistet wird. 2. Nach dem Eintritt eines Versicherungsfalles kann der Versicherer oder der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag kündigen. Die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Sie muß spätestens einen Monat nach Auszahlung der Entschädigung zugehen. Der Zahlung steht es gleich, wenn die Entschädigung aus Gründen abgelehnt wird, die den Eintritt des Versicherungsfalles unberührt lassen. Die Kündigung wird einen Monat nach ihrem Zugang wirksam. Der Versicherungsnehmer kann bestimmen, daß seine Kündigung sofort oder zu einem anderen Zeitpunkt wirksam wird, jedoch spätestens zum Schluß des laufenden Versicherungsjahres.

H 196-197 Ell

§ 25 Zurechnung von Kenntnis und Verhalten „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Besteht der Vertrag mit mehreren Versieherungsnehmern, so muß sich jeder Versicherungsnehmer Kenntnis und Verhalten der übrigen Versicherungsnehmer zurechnen lassen. 2. Ferner muß sich der Versicherungsnehmer Kenntnis und Verhalten seiner Repräsentanten im Rahmen von §§ 9 Nr. la, 10, 11, 12, 20, 21 zurechnen lassen. 3. Bei Verträgen mit einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern gilt: a) Ist der Versicherer nach §§ 9 Nr. l a , 10, 11, 12, 20, 21 wegen des Verhaltens einzelner Wohnungseigentümer leistungsfrei, so kann er sich hierauf gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern wegen deren Sondereigentums und wegen deren Miteigentumsanteilen (§ 1 Abs. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes) nicht berufen. b) Die übrigen Wohnungseigentümer können verlangen, daß der Versicherer ihnen auch hinsichtSieg/Johannsen

G 65

G130

J 130-132

137

Α. Überblick

Anm. A 32 c

lieh des Miteigentumsanteiles des Wohnungseigentümers, der den Entschädigungsanspruch verwirkt hat, Entschädigung leistet, jedoch nur, soweit diese zusätzliche Entschädigung zur Wiederherstellung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 1 Abs. 5 des Wohnungseigentumsgesetzes) verwendet wird. Der Wohnungseigentümer, in dessen Person der Verwirkungsgrund vorliegt, ist verpflichtet, dem Versicherer diese Mehraufwendungen zu erstatten. c) Kann im Falle der Feuerversicherung ein Realgläubiger hinsichtlich des Miteigentumsanteiles des Wohnungseigentümers, der den Entschädigungsanspruch verwirkt hat, Leistung aus der Feuerversicherung an sich selbst gemäß § 102 W G verlangen, so entfällt die Verpflichtung des Versicherers nach b Satz 1. Der Versicherer verpflichtet sich, auf eine nach § 104 W G auf ihn übergegangene Gesamthypothek (Gesamtgrundschuld) gemäß § 1168 BGB zu verzichten und dabei mitzuwirken, daß der Verzicht auf Kosten der Wohnungseigentümer in das Grundbuch eingetragen wird. Der Wohnungseigentümer, in dessen Person der Verwirkungsgrund vorliegt, ist im Falle von Satz 2 verpflichtet, dem Versicherer die für seinen Miteigentumsanteil und sein Sondereigentum an den Realgläubiger erbrachten Leistungen zu erstatten. d) Für die Gebäudeversicherung bei Teileigentum (§ 1 Abs. 3 des Wohnungseigentumsgesetzes) gelten a bis c entsprechend. § 26 Schriftliche Form; Zurückweisung von Kündigungen „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: 1. Anzeigen und Erklärungen bedürfen der G 56 Schriftform. Dies gilt nicht für die Anzeige eines Schadens gemäß § 20 Nr. 1 a. 2. Ist eine Kündigung des Versicherungsnehmers E 13 unwirksam, ohne daß dies auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht, so wird die Kündigung wirksam, falls der Versicherer sie nicht unverzüglich zurückweist. §27 Agentenvollmacht „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: Ein Agent des Versicherers ist nur dann bevollmächtigt, Anzeigen und Erklärungen des Versicherungsnehmers entgegenzunehmen, wenn er den Versicherungsvertrag vermittelt hat oder laufend betreut. 138

Sieg/Johannsen

Anm. A 32 d

II. Rechtsgrundlagen

§ 2 8 Gerichtsstand „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: Für Klagen aus dem Versicherungsverhältnis gelten die inländischen Gerichtsstände nach §§ 1 3 , 1 7 , 2 1 , 29 ZPO und § 48 W G . § 2 9 Schlußbestimmung „Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist", gilt folgendes: Soweit nicht in den Versicherungsbedingungen Abweichendes bestimmt ist, gelten die gesetzlichen Vorschriften. Dies gilt insbesondere für die im Anhang aufgeführten Gesetzesbestimmungen, die nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen Inhalt des Versicherungsvertrages sind. [A 32 d] d) Sonderbedingungen für die Gleitende Neuwertversicherung von Wohn-, Geschäfts- und landwirtschaftlichen Gebäuden (SGIN 79) - VA 1979 S. 389 Zur Versicherung von Wohn-, Geschäfts- und landwirtschaftlichen Gebäuden zum gleitenden Neuwert gelten zwecks Anpassung an Kostenänderungen im Bauwesen folgende Abweichungen von den Allgemeinen Versicherungsbedingungen und den etwa vereinbarten Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung: § 1 Versicherungssumme 1914; Versicherungswert 1914 1. Die als Versicherungssumme des Vertrages festgelegte „Versicherungssumme 1914" soll in Preisen des Jahres 1914 dem Neubauwert des Gebäudes in seiner jeweiligen Größe und seinem jeweiligen Ausbau entsprechen (Versicherungswert 1914). 2. Gibt der Versicherungsnehmer im Antrag nicht eine „Versicherungssumme 1914", sondern den Neubauwert in Preisen eines anderen Jahres an (z.B. des Jahres des Vertragsbeginns), so wird der Versicherer auf seine Verantwortung diesen Betrag aufgrund des vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Baupreisindex für Wohngebäude umrechnen. 3. Mitversichertes Zubehör ist bei der Ermittlung des Neubauwertes gemäß Nr. 1 oder Nr. 2 zu berücksichtigen.

H 182

H 182

H 182

§ 2 Entschädigungsberechnung; Unterversicherung 1. Der Schaden wird auf der Grundlage der ortsüblichen Preise zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles ermittelt. 2. Die errechnete Neuwertentschädigung wird voll geleistet, wenn die „Versicherungssumme 1914" minSieg/Johannsen

139

Anm. A 32 d

Α. Überblick

destens dem „Versicherungswert 1914" entspricht. Ist die „Versicherungssumme 1914" niedriger als der „Versicherungswert 1914" zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles (Unterversicherung), so wird nur derjenige Teil des Schadens ersetzt, der sich zu dem ganzen Schaden verhält wie die „Versicherungssumme 1914" zu dem „Versicherungswert 1914". 3. Hat der Versicherungsnehmer den Neubauwert eines anderen Jahres angegeben (§ 1 Nr. 2), so ist Nr. 2 (Unterversicherung) nur anzuwenden, soweit der angegebene Neubauwert vom tatsächlichen Neubauwert jenes Jahres abweicht oder der Neubauwert durch wertsteigernde Um-, An- oder Ausbauten erhöht worden ist. 4. Eine Unterversicherung wird nur berücksichtigt, soweit sie 3 v.H. der „Versicherungssumme 1914" der betroffenen Position des Versicherungsvertrages übersteigt. § 3 Prämienberechnung 1. Die Prämie für die „Versicherungssumme 1914" wird mit dem bei Vertragsbeginn zugrunde gelegten Prämienfaktor multipliziert. 2. Der Prämienfaktor erhöht oder vermindert sich jeweils zum 1.1. eines jeden Jahres für die in diesem Jahr beginnende Versicherungsperiode entsprechend dem Prozentsatz, um den sich der jeweils für den Monat Mai des Vorjahres vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Baupreisindex für Wohngebäude und der für den Monat April des Vorjahres veröffentlichte Tariflohnindex für das Baugewerbe geändert haben. Die Änderungen des Baupreisindexes für Wohngebäude werden zu 80 v.H. und die des Tariflohnindexes für das Baugewerbe, zu 20 v.H. berücksichtigt. Der Prämienfaktor wird auf eine Stelle hinter dem Komma gerundet. 3. Eine Änderung des Prämienfaktors unterbleibt, solange die Erhöhung oder Minderung weniger als 3 v. H. beträgt. 4. Die aus einem erhöhten Prämienfaktor gemäß Nr. 2 sich ergebende Prämie darf die im Zeitpunkt der Erhöhung geltende Tarifprämie nicht übersteigen. Diese Grenze gilt jedoch nur, wenn sich die neue Tarifprämie auf eine unveränderte Gruppe versicherbarer Risiken bezieht.!:")

* Eingefügt 1984 (VA 1984 S. 174). 140

Sieg/Johannsen

Anm. A 32 e

II. Rechtsgrundlagen

§ 4 Sachverständigenverfahren Im Falle eines Sachverständigenverfahrens müssen die Feststellungen der Sachverständigen auch den „Versicherungswert 1914" des versicherten Gebäudes zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles enthalten, im Falle von § 1 Nr. 2 den Neubauwert f ü r das zugrunde gelegte andere Jahr. § 5 Kündigung Versicherungsnehmer oder Versicherer können jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten den Wegfall der Sonderbedingungen für die Gleitende Neuwertversicherung von Wohn-, Geschäfts- und landwirtschaftlichen Gebäuden verlangen. Die Versicherung bleibt zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen und den etwa vereinbarten Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung in K r a f t zur bisherigen Prämie und mit einer Versicherungssumme, die sich aus der „Versicherungssumme 1914", multipliziert mit Vloo des bei Wirksamwerden der K ü n d i g u n g gemäß § 3 Nr. 2 zugrunde gelegten Baupreisindexes für Wohngebäude, ergibt. Das Recht auf Herabsetzung der Versicherungssumme nach § 51 Abs. 1 W G bleibt unberührt. [A32e]

e) Sonderbedingungen f ü r die Gleitende Neuwertversicherung ( S G I N 8 8 ) - V A 1989 S. 189

Zur Versicherung von Gebäuden zum Gleitenden Neuwert gelten zwecks Anpassung an Kostenänderungen im Bauwesen folgende Abweichungen von den Allgemeinen Versicherungsbedingungen: § 1 Versicherungssumme 1914; Versicherungswert 1914 1. Die als Versicherungssumme des Vertrages festgelegte „Versicherungssumme 1914" soll in Preisen des Jahres 1914 dem Neubauwert des Gebäudes in seiner jeweiligen Größe und seinem jeweiligen Ausbau entsprechen (Versicherungswert 1914). 2. Gibt der Versicherungsnehmer im A n t r a g nicht eine „Versicherungssumme 1914", sondern den N e u bauwert in Peisen eines anderen Jahres an (z.B. des Jahres des Vertragsbeginns), so wird der Versicherer auf seine Verantwortung diesen Betrag a u f g r u n d des vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Baupreisindexes f ü r Wohngebäude umrechnen. 3. Mitversichertes Zubehör ist bei der Ermittlung des Neubauwertes gemäß Nr. 1 oder Nr. 2 zu berücksichtigen.

Sieg/Johannsen

H 147, H 182

141

A. Überblick

Anm. A 32 e

§ 2 Entschädigungsberechnung; Unterversicherung 1. Der Schaden wird auf der Grundlage der ortsüblichen Preise zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles ermittelt. 2. Die Bestimmungen der §§ 11 LZB 87, 11 Nr. 2 AWB 87 und 11 Nr. 2 AStB 87 finden keine Anwendung. 3. Die errechnete Neuwertentschädigung wird voll geleistet, wenn die „Versicherungssumme 1914" mindestens dem „Versicherungswert 1914" entspricht. Ist die „Versicherungssumme 1914" niedriger als der „Versicherungswert 1914" zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles (Unterversicherung), so wird nur derjenige Teil des Schadens ersetzt, der sich zu dem ganzen Schaden verhält wie die „Versicherungssumme 1914" zu dem „Versicherungswert 1914". 4. Hat der Versicherungsnehmer den Neubauwert eines anderen Jahres angegeben (§ 1 Nr. 2), so ist Nr. 3 (Unterversicherung) nur anzuwenden, soweit der angegebene Neubauwert vom tatsächlichen Neubauwert jenes Jahres abweicht oder der Neubauwert durch wertsteigernde Um-, An- oder Ausbauten erhöht worden ist. 5. Eine Unterversicherung wird n u r berücksichtigt, soweit sie 3 Prozent der „Versicherungssumme 1914" der betroffenen Position des Versicherungsvertrages übersteigt.

Η 182

Η 182

§ 3 Prämienberechnung 1. Die Prämie für die „Versicherungssumme 1914" wird mit dem bei Vertragsbeginn geltenden gleitenden Neuwertfaktor multipliziert. 2. Der gleitende Neuwertfaktor erhöht oder vermindert sich jeweils zum 1. Januar jeden Jahres für die in diesem Jahr beginnende Versicherungsperiode entsprechend dem Prozentsatz, um den sich der jeweils für den Monat Mai des Vorjahres vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Baupreisindex für Wohngebäude und der für den Monat April des Vorjahres veröffentlichte Tariflohnindex für das Baugewerbe geändert haben. Die Änderung des Baupreisindexes für Wohngebäude wird zu 80 Prozent und die des Tariflohnindexes für das Baugewerbe zu 20 Prozent berücksichtigt; bei dieser Berechnung wird jeweils auf zwei Stellen hinter dem Komma gerundet. Der gleitende Neuwertfaktor wird auf eine Stelle hinter dem Komma gerundet. 3. Die aus einem erhöhten gleitenden Neuwertfaktor gemäß Nr. 2 sich ergebende Prämie darf die im Zeitpunkt der Erhöhung geltende Tarifprämie nicht 142

Sieg/Johannsen

F 8, Η 147

Anm. A 32 f

II. Rechtsgrundlagen

übersteigen. Diese Grenze gilt jedoch nur, wenn sich die neue Tarifprämie auf eine unveränderte Gruppe versicherbarer Risiken bezieht. § 4 Sachverständigenverfahren Im Falle eines Sachverständigenverfahrens müssen die Feststellungen der Sachverständigen auch den „Versicherungswert 1914" des versicherten Gebäudes zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalles enthalten, im Falle von § 1 Nr. 2 den Neubauwert für das zugrundegelegte andere Jahr. § 5 Kündigung 1. Versicherungsnehmer oder Versicherer können jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten den Wegfall der Sonderbedingungen für die Gleitende Neuwertversicherung verlangen. Die Versicherung bleibt zu den Allgemeinen Versicherungsbedingungen und den etwa vereinbarten Zusatzbedingungen für die Feuerversicherung landwirtschaftlicher Betriebe (LZB 87) in Kraft, und zwar zur bisherigen Prämie und mit einer Versicherungssumme, die sich aus der „Versicherungssumme 1914", multipliziert mit 1/100 des bei Wirksamwerden der Kündigung gemäß § 3 Nr. 2 zugrundegelegten Baupreisindexes für Wohngebäude, ergibt. 2. Das Recht auf Herabsetzung der Versicherungssumme nach § 51 Abs. 1 W G bleibt unberührt. 6. Hausratsversicherungsbedingungen [A 32f] § 1 § 2 § 3 § 4 § 5 § 6 § 7 § 8 § 9 §10 § 11 § 12 §13 §14 §15 §16 §17 §18

a) Allgemeine Hausratversicherungsbedingungen (VHB 84) - VA 1984 S. 279

Versicherte Sachen Versicherte Kosten Versicherte Gefahren und Schäden Brand; Blitzschlag; Explosion Einbruchdiebstahl; Raub Vandalismus nach einem Einbruch Leitungswasser Sturm Nicht versicherte Schäden Versicherungsort Wohnungswechsel; Prämienänderung Außenversicherung Gefahrumstände bei Vertragsabschluß und Gefahrerhöhung SicherheitsVorschriften Prämie; Beginn und Ende der Haftung Anpassung der Versicherungssumme und des Prämiensatzes Versicherung für fremde Rechnung Entschädigungsberechnung; Versicherungswert; Versicherungssumme; Unterversicherung Sieg/Johannsen

143

Anm. A 32f §19 § 20 §21 § 22 § 23 § 24 § 25 § 26 § 27 § 28 § 29

Α. Überblick

Entschädigungsgrenzen für Wertsachen einschließlich Bargeld Entschädigungsgrenze bei mehrfacher Versicherung Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall Wegfall der Entschädigungspflicht Sachverständigenverfahren Zahlung der Entschädigung Wiederherbeigeschaffte Sachen Kündigung nach dem Versicherungsfall Versicherungssumme nach dem Versicherungsfall Schriftliche F o r m ; Zurückweisung von Kündigungen Schlußbestimmung

§ 1 Versicherte Sachen 1. Versichert ist der gesamte Hausrat. Dazu gehören alle Sachen, die einem Haushalt zur Einrichtung oder zum Gebrauch oder zum Verbrauch dienen, außerdem Bargeld. Für Wertsachen einschließlich Bargeld gelten Entschädigungsgrenzen (§ 19). 2. Versichert sind auch a) Rundfunk- und Fernsehantennenanlagen sowie Markisen, soweit diese Sachen nicht mehreren Wohnungen oder gewerblichen Zwecken dienen; b) in das Gebäude eingefügte Sachen, die der VerSicherungsnehmer als Mieter auf seine Kosten beschafft oder übernommen hat und für die er die Gefahr trägt, insbesondere sanitäre Anlagen und leitungswasserführende Installationen mit deren Zu- und Ableitungsrohren; c) Kanus, Ruder-, Fait- und Schlauchboote, Surfgeräte und Flugdrachen; Motoren sind jedoch nicht versichert; d) Arbeitsgeräte und Einrichtungsgegenstände, die dem Beruf oder dem Gewerbe des Versicherungsnehmers oder einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person dienen. Die Einschränkung gemäß § 10 Nr. 2 Satz 3 bleibt unberührt. 3. Die in Nr. 1 und Nr. 2 genannten Sachen sind auch versichert, soweit sie fremdes Eigentum sind. 4. Nicht versichert sind a) Gebäudebestandteile es sei denn, sie sind in Nr. 2 a und 2 b genannt; b) Kraftfahrzeuge aller Art und deren Anhänger; c) Wasserfahrzeuge, es sei denn, sie sind in Nr. 2 c genannt: d) Hausrat von Untermietern, soweit er diesen nicht durch den Versicherungsnehmer überlassen worden ist; e) Sachen, die durch einen Versicherungsvertrag für Schmucksachen und Pelze im Privatbesitz versichert sind. 144

Sieg/Johannsen

Η108-119

J 134

Η 91, Η 110

H 112 H 113, H 123

H 114, J 134 H 115 116 117 H 114, H 125 H 119

Antn. A32f

II. Rechtsgrundlagen

§ 2 Versicherte Kosten 1. Versichert sind Kosten a) für das Aufräumen versicherter Sachen sowie für das Wegräumen und den Abtransport von Resten versicherter Sachen nach einem Versicherungsfall (Aufräumungskosten); b) die aufzuwenden sind, weil nach einem Versieherungsfall zur Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung versicherter Sachen andere Sachen bewegt, verändert oder geschützt werden müssen (Bewegungs- und Schutzkosten); c) f ü r Maßnahmen, auch erfolglose, die der Versicherungsnehmer im Versicherungsfall zur Abwendung oder Minderung des Schadens für geboten halten durfte (Schadenabwendungsoder Schadenminderungskosten); d) f ü r Schloßänderungen, wenn Schlüssel für Türen der Wohnung durch einen Versicherungsfall abhandengekommen sind (Schloßänderungskosten); e) f ü r Reparaturen von Gebäudebeschädigungen, die im Bereich der Wohnung (§ 10) durch Einbruchdiebstahl, Raub oder den Versuch einer solchen Tat oder innerhalb der Wohnung durch Vandalismus nach einem Einbruch (§ 6) entstanden sind (Reparaturkosten für Gebäudebeschädigungen); f) für Reparaturen in gemieteten Wohnungen, um durch einen Versicherungsfall entstandene Leitungswasserschäden an Bodenbelägen, Innenanstrichen oder Tapeten der Wohnung (§ 10) zu beseitigen (Reparaturkosten f ü r gemietete Wohnungen). 2. Nicht versichert sind Aufwendungen für Leistungen der Feuerwehren oder anderer im öffentlichen Interesse zur Hilfeleistung Verpflichteter, wenn diese Leistungen im öffentlichen Interesse erbracht werden.

H 200

H 203

G 165

§ 3 Versicherte Gefahren und Schäden Entschädigt werden versicherte Sachen, die durch 1. Brand, Blitzschlag, Explosion, Anprall oder Absturz eines bemannten Flugkörpers, seiner Teile oder seiner Ladung; 2. Einbruchdiebstahl, Raub oder den Versuch einer solchen Tat, 3. Vandalismus nach einem Einbruch, 4. Leitungswasser, 5. Sturm zerstört oder beschädigt werden oder infolge eines solchen Ereignisses abhanden kommen. Sieg/Johannsen

H 2, H 25, H 26, H 29

145

Anm. A 3 2 f

Α. Überblick

§ 4 Brand; Blitzschlag; Explosion 1. Brand ist ein Feuer, das ohne einen bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag. 2. Blitzschlag ist der unmittelbare Ubergang eines Blitzes auf Sachen. 3. Explosion ist eine auf dem Ausdehnungsbestreben von Gasen oder Dämpfen beruhende, plötzlich verlaufende Kraftäußerung. § 5 Einbruchdiebstahl; Raub 1. Einbruchdiebstahl liegt vor, wenn der Dieb a) in einen Raum eines Gebäudes einbricht, einsteigt oder mit einem falschen Schlüssel oder anderen nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmten Werkzeugen eindringt; ein Schlüssel ist falsch, wenn seine Anfertigung für das Schloß nicht von einer dazu berechtigten Person veranlaßt oder gebilligt worden ist; der Gebrauch eines falschen Schlüssels ist nicht schon dann bewiesen, wenn feststeht, daß versicherte Sachen abhandengekommen sind; b) in einem Raum eines Gebäudes ein Behältnis aufbricht oder falsche Schlüssel oder andere nicht zum ordnungsgemäßen Offnen bestimmte Werkzeuge benutzt, um es zu öffnen; c) aus der verschlossenen Wohnung Sachen entwendet, nachdem er sich dort eingeschlichen oder verborgen gehalten hatte; d) in einem Raum eines Gebäudes bei einem Diebstahl angetroffen wird und eines der Mittel gemäß Nr. 2 anwendet, um sich den Besitz gestohlener Sachen zu erhalten; e) in einem Raum eines Gebäudes ein Behältnis mit einem richtigen Schlüssel öffnet, den er - auch außerhalb der Wohnung - durch Einbruchdiebstahl oder Raub an sich gebracht hatte; f) in einen Raum eines Gebäudes mit einem richtigen Schlüssel eindringt, den er - auch außerhalb der Wohnung - durch Raub oder ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers durch Diebstahl an sich gebracht hatte. 2. Raub liegt vor, wenn a) gegen den Versicherungsnehmer Gewalt angewendet wird, um dessen Widerstand gegen die Wegnahme versicherter Sachen auszuschalten; b) der Versicherungsnehmer versicherte Sachen herausgibt oder sich wegnehmen läßt, weil eine Gewalttat mit Gefahr für Leib oder Leben ange146

Sieg/Johannsen

Anm. A32f

II. Rechtsgrundlagen

droht wird, die innerhalb des Versicherungsortes verübt werden soll; c) dem Versicherungsnehmer versicherte Sachen weggenommen werden, weil sein körperlicher Zustand infolge eines Unfalls oder infolge einer nicht verschuldeten sonstigen Ursache beeinträchtigt und dadurch seine Widerstandskraft ausgeschaltet ist. Dem Versicherungsnehmer stehen Personen gleich, die mit seiner Zustimmung in der Wohnung anwesend sind. § 6 Vandalismus nach einem Einbruch Vandalismus liegt vor, wenn der Täter auf eine der in § 5 Nr. 1 a oder f bezeichneten Arten in die Wohnung eindringt und versicherte Sachen vorsätzlich zerstört oder beschädigt. § 7 Leitungswasser 1. Leitungswasser ist Wasser, das aus den Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung, sonstigen mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtungen, Anlagen der Warmwasser- oder Dampfheizung, Einrichtungen von Klima-, Wärmepumpen- oder Solarheizungsanlagen bestimmungswidrig ausgetreten ist. 2. Versichert sind auch Frostschäden an sanitären Anlagen und leitungswasserführenden Installationen sowie Frost- und sonstige Bruchschäden an deren Zuund Ableitungsrohren, soweit der Versicherungsnehmer als Mieter diese Anlagen oder Rohre auf seine Kosten beschafft oder übernommen hat und für sie die Gefahr trägt. 3. Wasserdampf steht Leitungswasser gleich. § 8 Sturm 1. Sturm ist eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8. 2. Kann die Windstärke für den Versicherungsort nicht festgestellt werden, so wird Sturm unterstellt, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, daß a) die Luftbewegung in der Umgebung des Versicherungsortes Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hat oder b) der Schaden wegen des einwandfreien Zustandes des Gebäudes, in dem sich die versicherten Sachen befunden haben, nur durch Sturm entstanden sein kann. Sieg/Johannsen

147

Anm. A 32f

Α. Überblick

3. Versichert sind nur Schäden, die entstehen a) durch unmittelbare Einwirkung des Sturmes auf versicherte Sachen; b) dadurch, daß der Sturm Gebäudeteile, Bäume oder andere Gegenstände auf versicherte Sachen wirft; c) als Folge eines Sturmschadens gemäß a oder b oder an Gebäuden, in denen sich versicherte Sachen befinden. § 9 Nicht versicherte Schäden 1. Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden, a) die der Versicherungsnehmer oder eine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende volljährige Person vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt; bei Schäden durch Raub steht die beraubte Person dem Versicherungsnehmer gleich; ist die Herbeiführung des Schadens gemäß Abs. 1 durch ein rechtskräftiges Strafurteil wegen vorsätzlicher Brandstiftung festgestellt, so gelten die Voraussetzungen von Abs. 1 als bewiesen; b) die durch Kriegsereignisse jeder Art, innere Unruhen oder Erdbeben entstehen; ist der Beweis für einen dieser Ausschlüsse nicht zu erbringen, so genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit, daß der Schaden auf eine dieser Ursachen zurückzuführen ist; c) durch Kernenergie*). 2. Der Versicherungsschutz gegen Brand, Blitzschlag und Explosion erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf a) Brandschäden, die an versicherten Sachen dadurch entstehen, daß sie einem Nutzfeuer oder der Wärme zur Bearbeitung oder zu sonstigen Zwecken ausgesetzt werden; b) Sengschäden, die nicht durch einen Brand entstanden sind; c) Kurzschluß- und Überspannungsschäden, die an elektrischen Einrichtungen mit oder ohne Feuererscheinung entstanden sind, außer wenn sie die Folge eines Brandes oder einer Explosion sind. 3. Der Versicherungsschutz gegen Einbruchdiebstahl und Raub erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf a) Einbruchdiebstahl- oder Raubschäden durch vorsätzliche Handlungen von Hausangestellten

G 65, G 102

H 37

H9

H 12 H 13, H 18

* Der Ersatz dieser Schäden richtet sich ausschließlich nach dem Atomgesetz.

148

Sieg/Johannsen

Anm. A32f

II. Rechtsgrundlagen

oder von Personen, die bei dem Versicherungsnehmer wohnen; b) Schäden durch Raub gemäß § 5 Nr. 2 an Sachen, die an den O r t der Wegnahme oder Herausgabe erst auf Verlangen des Täters herangeschafft werden. 4. Der Versicherungsschutz gegen Leitungswasser erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden a) durch Plansch- oder Reinigungswasser; b) durch Grundwasser, stehendes oder fließendes Gewässer, Hochwasser oder Witterungsniederschläge oder durch den in diesen Fällen verursachten Rückstau; c) durch Schwamm; d) durch Austritt von wärmetragenden Flüssigkeiten, wie Sole, Ölen, Kühlmitteln, Kältemitteln und dergleichen, aus Klima-, Wärmepumpen oder Solarheizungsanlagen. 5. Der Versicherungsschutz gegen Sturm erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden a) durch Sturmflut; b) durch Lawinen oder Schneelast; c) durch Eindringen von Niederschlägen oder Schmutz durch nicht ordnungsgemäß geschlossene Fenster, Außentüren oder andere O f f n u n gen, es sei denn, daß diese Offnungen durch den Sturm entstanden sind und einen Gebäudeschaden darstellen. § 10 Versicherungsort 1. Versicherungsschutz besteht für versicherte Sachen innerhalb des Versicherungsortes. Diese Beschränkung gilt nicht für Sachen, die infolge eines eingetretenen oder unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfalles aus dem Versicherungsort entfernt und in zeitlichem und örtlichem Zusammenhang mit diesem Vorgang beschädigt oder zerstört werden oder abhandenkommen. Unberührt bleibt jedoch § 9 Nr. 1 a. 2. Versicherungsort ist die im Versicherungsvertrag bezeichnete Wohnung des Versicherungsnehmers. Zur Wohnung gehören auch Räume in Nebengebäuden auf demselben Grundstück. Nicht zur Wohnung gehören Räume, die ausschließlich beruflich oder gewerblich genutzt werden. Für Rundfunk- und Fernsehantennenanlagen sowie für Markisen gilt als Versicherungsort das gesamte Grundstück, auf dem die versicherte Wohnung liegt. Sieg/Johannsen

H122

H 111, H 113, H 125, H 126, H 127, H 129, H 138, H 139

149

Anm. A32f

Α. Überblick

3. Bei Schäden durch Einbruchdiebstahl oder Raub oder durch Vandalismus nach einem Einbruch müssen alle Voraussetzungen gemäß § 5 oder § 6 innerhalb des Versicherungsortes verwirklicht worden sein. 4. Stirbt der Versicherungsnehmer, so bleibt dessen Wohnung Versicherungsort. Das Versicherungsverhältnis endet jedoch zwei Monate nach dem Tod, wenn nicht spätestens zu dieser Zeit ein Erbe die Wohnung in derselben Weise wie der frühere Versicherungsnehmer nutzt. § 11 Wohnungswechsel; Prämienänderung 1. Im Falle eines Wechsels der in § 10 Nr. 2 genannten Wohnung des Versicherungsnehmers geht der Versicherungsschutz auf die neue Wohnung über. Behält der Versicherungsnehmer in diesem Falle die in § 1 0 Nr. 2 genannte Wohnung bei, so liegt ein Wohnungswechsel nur vor, wenn er die neue Wohnung in derselben Weise wie die bisherige nutzt. Während des Wohnungswechsels besteht Versieherungsschutz in beiden Wohnungen. Der Versicherungsschutz in der bisherigen Wohnung erlischt jedoch spätestens zwei Monate nach Umzugsbeginn. Liegt die neue Wohnung nicht innerhalb der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Landes Berlin, so ist Abs. 1 nicht anzuwenden. Das Versicherungsverhältnis endet, sobald gemäß Abs. 2 der Versicherungsschutz für die bisherige Wohnung erlischt. 2. Ein Wohnungswechsel ist dem Versicherer spätestens bei Umzugsbeginn unter Angabe der neuen Wohnfläche in Quadratmetern schriftlich anzuzeigen. 3. Liegt nach einem Umzug die neue Wohnung an einem Ort, für den der Tarif des Versicherers einen anderen Prämiensatz vorsieht, so ändert sich ab Umzugsbeginn die Prämie entsprechend diesem Tarif. 4. Der Versicherungsnehmer kann den Vertrag kündigen, wenn sich die Prämie gemäß Nr. 3 erhöht. Die Kündigung hat schriftlich, spätestens einen Monat nach Zugang der Mitteilung über die erhöhte Prämie zu erfolgen. Sie wird einen Monat nach Zugang wirksam. Der Versicherer kann in diesem Fall die Prämie nur zeitanteilig bis zur Wirksamkeit der Kündigung beanspruchen. Ist die Anzeige gemäß Nr. 2 erfolgt, so wird diese Prämie nur in der für die bisherige Wohnung maßgebenden Höhe geschuldet.

Η 133

Η 133

Η 133

G 89, H 136

G 66, H 136

H 136

§ 12 Außenversicherung 1. Versicherte Sachen, die Eigentum des Versieherungsnehmers oder einer mit ihm in häuslicher 150

Sieg/Johannsen

H 38, H 105, H 137, H 138, H 140, H 141

Anm.A32f

II. Rechtsgrundlagen

Gemeinschaft lebenden Person sind oder deren Gebrauch dienen, sind innerhalb Europas im geographischen Sinn auch versichert, solange sie sich vorübergehend außerhalb der Wohnung befinden. Zeiträume von mehr als drei Monaten gelten nicht als vorübergehend. 2. Hält sich der Versicherungsnehmer oder ein mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebender Familienangehöriger zur Ausbildung, zur Erfüllung von Wehrpflicht oder Zivildienst außerhalb der Wohnung auf, so gilt dies so lange als vorübergehend, wie er nicht dort einen eigenen Haushalt gegründet hat. 3. Für Sturmschäden besteht Außenversicherungsschutz nur, wenn sich die Sachen in Gebäuden befinden. 4. Bei Raub besteht Außenversicherungsschutz a) auch dann, wenn der Raub an einer Person begangen wird, die mit dem Versicherungsnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebt; b) in den Fällen des § 5 Nr. 2 b nur dann, wenn die angedrohte Gewalttat an Ort und Stelle verübt werden soll. 5. Es gelten die Entschädigungsgrenzen gemäß § 19. Die Entschädigung für die Außen Versicherung ist jedoch insgesamt auf 10 Prozent der Versicherungssumme, höchstens 15000 DM, begrenzt. § 13 Gefahrumstände bei Vertragsabschluß und Gefahrerhöhung 1. Der Versicherungsnehmer hat alle Antragsfragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Bei schuldhafter Verletzung dieser Obliegenheit kann der Versicherer nach Maßgabe der §§ 16 bis 21 W G vom Vertrag zurücktreten und leistungsfrei sein. 2. Eine Gefahrerhöhung ist dem Versicherer unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Bei einer Gefahrerhöhung kann der Versicherer aufgrund der §§ 23 bis 30 W G zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei sein. 3. Eine Gefahrerhöhung nach Antragstellung liegt insbesondere vor, wenn a) sich anläßlich eines Wohnungswechsels oder aus sonstigen Gründen ein Umstand ändert, nach dem im Antrag gefragt worden ist: b) die ansonsten ständig bewohnte Wohnung länger als 60 Tage oder über eine für den Einzelfall vereinbarte längere Frist hinaus unbewohnt bleibt und auch nicht beaufsichtigt wird; beaufsichtigt ist eine Wohnung nur dann, wenn sich während der Nacht eine dazu berechtigte volljährige Person darin aufhält; Sieg/Johannsen

G3

G 64, H 136

G 31, H 136

151

Anm. A32f

Α. Überblick

c) bei Antragstellung vorhandene oder zusätzlich vereinbarte Sicherungen beseitigt oder vermindert werden. Das gilt auch bei Wohnungswechsel. § 14 SicherheitsVorschriften 1. Der Versicherungsnehmer hat a) alle gesetzlichen, behördlichen oder vereinbarten Sicherheitsvorschriften zu beachten; b) in der kalten Jahreszeit entweder die Wohnung ausreichend zu beheizen oder alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen zu entleeren und entleert zu halten; c) solange sich in der Wohnung niemand aufhält, Türen, Fenster und alle sonstigen Offnungen der Wohnung ordnungsgemäß verschlossen zu halten sowie alle bei Antragstellung vorhandenen und zusätzlich vereinbarten Sicherungen insbesondere Einbruchmeldeanlagen - voll gebrauchsfähig zu erhalten und sie zu betätigen, soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde. 2. Verletzt der Versicherungsnehmer oder eine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende volljährige Person eine dieser Obliegenheiten, so kann der Versicherer gemäß § 6 W G zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei sein. Führt die Verletzung zu einer Gefahrerhöhung, so gelten die §§ 23 bis 30 W G . Danach kann der Versicherer zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei sein.

G 44, G 69, G 76, G 81, G 82, G 86

§ 15 Prämie; Beginn und Ende der Haftung 1. Der Versicherungsnehmer hat die erste Prämie (Beitrag) bei Aushändigung des Versicherungsscheines zu zahlen, Folgeprämien am Ersten des Monats, in dem ein neues Versicherungsjahr beginnt. Die Folgen nicht rechtzeitiger Zahlung der ersten Prämie oder der ersten Rate der ersten Prämie ergeben sich aus § 38 W G ; im übrigen gilt § 39 W G . Rückständige Folgeprämien dürfen nur innerhalb eines Jahres seit Ablauf der nach § 39 W G für sie gesetzten Zahlungsfrist eingezogen werden. 2. Ist Ratenzahlung vereinbart, so gelten ausstehende Raten als gestundet. Sie werden sofort fällig, wenn der Versicherungsnehmer in Verzug gerät oder soweit eine Entschädigung fällig ist 3. Die Haftung des Versicherers beginnt zum vereinbarten Zeitpunkt, und zwar auch dann, wenn zur Prämienzahlung erst später aufgefordert, die Prämie aber ohne Verzug gezahlt wird. Ist dem Versiche152

Sieg/Johannsen

FIO

F 13

Anm. A32f

II. Rechtsgrundlagen

rungsnehmer bei Antragstellung bekannt, daß ein Versicherungsfall bereits eingetreten ist, so entfällt dafür die Haftung. 4. Versicherungsverträge von mindestens einjähriger Dauer verlängern sich von Jahr zu Jahr, wenn sie nicht spätestens drei Monate vor Ablauf durch eine Partei schriftlich gekündigt werden. 5. Endet das Versicherungs Verhältnis vor Ablauf der Vertragszeit oder wird es rückwirkend aufgehoben oder ist es von Anfang an ungültig, so gebührt dem Versicherer die Prämie oder die Geschäftsgebühr gemäß dem Versicherungsvertragsgesetz (z.B. §§ 40, 68 W G ) . Kündigt nach Eintritt eines Versicherungsfalles (§ 26) der Versicherungsnehmer, so hat der Versicherer Anspruch auf die Prämie für das laufende Versicherungsjahr. Kündigt der Versicherer, so hat er die Prämie für das laufende Versicherungsjahr nach dem Verhältnis der noch nicht abgelaufenen zu der gesamten Zeit des Versicherungsjahres zurückzuzahlen.

E 13

§ 16 Anpassung der Versicherungssumme und des Prämiensatzes 1. Anpassung der Versicherungssumme a) Die Versicherungssumme erhöht oder vermindert sich mit Beginn eines jeden Versicherungsjahres entsprechend dem Prozentsatz, um den sich der Preisindex für „Andere Verbrauchsund Gebrauchsgüter ohne Nahrungsmittel und ohne normalerweise nicht in der Wohnung gelagerte Güter" aus dem Preisindex der Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte im vergangenen Kalenderjahr gegenüber dem davorliegenden Kalenderjahr verändert hat. Der Veränderungsprozentsatz wird auf eine ganze Zahl abgerundet. Maßgebend ist der vom Statistischen Bundesamt jeweils für den Monat September veröffentlichte Index. Die neue Versicherungssumme wird auf volle Tausend DM aufgerundet und dem Versicherungsnehmer bekanntgegeben. Die Prämie wird aus der neuen Versicherungssumme berechnet. b) Die vereinbarte oder nach a angepaßte Versicherungssumme erhöht sich um einen Vorsorgebetrag von 10 Prozent. c) Innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung über die angepaßte Versicherungssumme kann der Versicherungsnehmer durch schriftliche Erklärung die Anpassung mit Wirkung für Sieg/Johannsen

F 6, H 193, H 194

153

Anm. A32f

d)

2. a)

b)

c)

d)

e)

154

den Zeitpunkt aufheben, in dem die Anpassung wirksam werden sollte. Das Recht auf Herabsetzung der Versicherungssumme wegen erheblicher Überversicherung (§ 51 Abs. 1 W G ) bleibt unberührt. Anpassung des Prämiensatzes Die Prämie pro 1000 DM Versicherungssumme, auch soweit sie für erweiterten Versicherungsschutz vereinbart ist (Prämiensatz), kann zu Beginn eines jeden Versicherungsjahres erhöht oder muß vermindert werden, wenn sich das Verhältnis der Summe aller Schadenzahlungen aus Hausratversicherungen (ohne Schadenregulierungskosten) zum Gesamtbetrag der Hausratversicherungssummen im Durchschnitt der gemäß b maßgebenden drei Jahre um mindestens 5 Prozent erhöht oder vermindert hat. Die Berechnung wird durch einen unabhängigen Treuhänder vorgenommen, und zwar für das vorletzte, drittletzte und viertletzte Kalenderjahr vor Beginn des Versicherungsjahres im Verhältnis zu dem jeweils davor abgelaufenen Kalenderjahr. Hierbei werden jeweils die Gesamtbeträge der Hausratversicherungssummen an jedem 31. Dezember der zu vergleichenden Jahre berücksichtigt. Aus diesen drei Veränderungssätzen berechnet der Treuhänder den gemäß a maßgebenden Durchschnitt. Bei den Berechnungen wird auf zwei Stellen hinter dem Komma gerundet. Wurde die Grenze von 5 Prozent gemäß a nicht erreicht, so wird der ermittelte Veränderungssatz in die Berechnung für das folgende Kalenderjahr einbezogen. Der Veränderungssatz wird so abgerundet, daß sich eine ganze Zahl ergibt, wenn er durch 2,5 geteilt wird. Er wird dem Versicherungsnehmer bekanntgegeben. Der Prämiensatz verändert sich entsprechend dem gemäß b und c ermittelten durchschnittlichen Veränderungssatz. Der geänderte Prämiensatz wird auf zwei Stellen hinter dem Komma abgerundet. Er darf den im Zeitpunkt der Änderung geltenden Tarifprämiensatz nicht übersteigen. Diese Grenze gilt jedoch nur, wenn sich die Tarifprämie auf eine unveränderte Gruppe versicherbarer Risiken bezieht. Erhöht sich der Prämiensatz gemäß a bis d um mehr als 10 Prozent, so kann der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monats, nachdem ihm die Erhöhung mitgeteilt wurde, den VersicheSieg/Johannsen

Anm. A32f

II. Rechtsgrundlagen

rungsvertrag mit Wirkung für den Zeitpunkt kündigen, in dem die Erhöhung wirksam werden sollte. Das Kündigungsrecht entsteht auch, wenn sich innerhalb von drei aufeinanderfolgenden Versicherungsjahren der Prämiensatz mehrfach gemäß a bis d erhöht hat, und zwar auf einen Satz, der mehr als 20 Prozent über dem Prämiensatz zu Beginn dieses Zeitraums liegt. Kündigungen sind schriftlich zu erklären. § 17 Versicherung für fremde Rechnung 1. Soweit die Versicherung für fremde Rechnung genommen ist, kann der Versicherungsnehmer über die Rechte des Versicherten im eigenen Namen verfügen. Der Versicherungsnehmer ist ohne Zustimmung des Versicherten berechtigt, die Entschädigung entgegenzunehmen oder die Rechte des Versicherten zu übertragen, auch wenn er nicht im Besitz des Versicherungsscheines ist. Der Versicherer kann jedoch vor Auszahlung der Entschädigung den Nachweis verlangen, daß der Versicherte seine Zustimmung zu der Auszahlung der Entschädigung erteilt hat. 2. Der Versicherte kann über seine Rechte nicht verfügen, selbst wenn er im Besitz des Versicherungsscheines ist. Er kann die Zahlung der Entschädigung nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers verlangen. 3. Soweit Kenntnis oder Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung ist, kommt auch Kenntnis oder Verhalten des Versicherten in Betracht. Im übrigen gilt § 79 W G . § 18 Entschädigungsberechnung; Versicherungswert; Versicherungssumme; Unterversicherung 1. Ersetzt werden a) bei zerstörten oder abhanden gekommenen Sachen der Versicherungswert zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles; b) bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles zuzüglich einer etwa verbleibenden Wertminderung, höchstens jedoch der Versicherungswert. Restwerte werden angerechnet. 2. Versicherungswert ist der Wiederbeschaffungspreis von Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand (Neuwert). Falls Sachen für ihren Zweck im Haushalt des Versicherungsnehmers nicht mehr zu verwenden sind, ist Sieg/Johannsen

J 101

H 144

H146

H 164, H 165

H 166 H 159

155

Anm. A32£

Α. Überblick

Versicherungswert der für den Versicherungsnehmer erzielbare Verkaufspreis (gemeiner Wert). 3. Ist die Versicherungssumme niedriger als der Versicherungswert der versicherten Sachen zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles (Unterversicherung), so wird n u r der Teil des gemäß Nr. 1 und Nr. 2 ermittelten Betrages ersetzt, der sich zu dem ganzen Betrag verhält wie die Versicherungssumme zu dem Versicherungswert. 4. Nr. 1 bis Nr. 3 gelten entsprechend für die Berechnung der Entschädigung versicherter Kosten gemäß § 2. 5. Ist die Entschädigung gemäß § 19 auf bestimmte Beträge begrenzt, so werden bei Ermittlung des Versicherungswertes der dort genannten Sachen höchstens diese Beträge berücksichtigt. Der bei Unterversicherung nur teilweise zu ersetzende Gesamtbetrag des Schadens wird ohne Rücksicht auf Entschädigungsgrenzen ermittelt; für die Höhe der Entschädigung gelten jedoch die Grenzen gemäß § 19. 6. Die Gesamtentschädigung für versicherte Sachen und Kosten ist im Versicherungsfall auf die Versicherungssumme begrenzt. Satz 1 gilt jedoch nicht für Schadenabwendungs- und Schadenminderungskosten, soweit diese auf Weisung des Versicherers verursacht wurden. Versicherte Kosten werden bis 10 Prozent der Versicherungssumme auch darüber hinaus ersetzt. Dies gilt nicht, soweit für den Versicherungsnehmer oder für eine Person, die von ihm Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen kann, Versicherungsschutz aus einem anderen privaten oder öffentlich-rechtlichen Versicherungsverhältnis besteht. Hausratversicherungsverträge sind hiervon ausgenommen.

G 163, G 165, Η 203

§ 19 Entschädigungsgrenzen für Wertsachen einschließlich Bargeld 1. Wertsachen sind a) Bargeld; b) Urkunden einschließlich Sparbücher und sonstige Wertpapiere; c) Schmucksachen, Edelsteine, Perlen, Briefmarken, Münzen und Medaillen sowie alle Sachen aus Gold oder Platin; d) Pelze, handgeknüpfte Teppiche und Gobelins, Ölgemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Graphiken und Plastiken sowie nicht in c genannte Sachen aus Silber; e) sonstige Sachen, die über 100 Jahre alt sind (Antiquitäten), jedoch mit Ausnahme von Möbelstücken. 156

Sieg/Johannsen

Anm. A32f

II. Rechtsgrundlagen

2. Die Entschädigung für Wertsachen ist je Versicherungsfall auf insgesamt 20 Prozent der Versicherungssumme begrenzt, soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde. 3. Ferner ist für Wertsachen, die sich außerhalb verschlossener mehrwandiger Stahlschränke mit einem Mindestgewicht von 200 kg oder eingemauerter Stahlwandschränke mit mehrwandiger Tür oder besonders vereinbarter sonstiger verschlossener Behältnisse mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen befinden, die Entschädigung je Versicherungsfall begrenzt auf a) 1500 DM für Bargeld, ausgenommen Münzen, deren Versicherungswert den Nennbetrag übersteigt; b) insgesamt 5000 DM für Wertsachen gemäß Nr. 1 b; c) insgesamt 40000 DM für Wertsachen gemäß Nr. 1 c. § 20 Entschädigungsgrenze bei mehrfacher Versicherung Bestehen für versicherte Sachen mehrere Hausratversicherungsverträge desselben oder verschiedener Versicherungsnehmer, so ermäßigt sich der Anspruch gemäß §§12 oder 19 Nr. 3 aus diesem Vertrag in der Weise, daß aus allen Verträgen insgesamt keine höhere Entschädigung geleistet wird, als wenn der Gesamtbetrag der Versicherungssummen im vorliegenden Vertrag in Deckung gegeben worden wäre. § 21 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall 1. Bei Eintritt eines Versicherungsfalles hat der Versicherungsnehmer unverzüglich a) den Schaden dem Versicherer anzuzeigen; b) einen Schaden durch Brand, Explosion, Einbruchdiebstahl, Vandalismus oder Raub der zuständigen Polizeidienststelle anzuzeigen und dieser ein Verzeichnis der abhandengekommenen Sachen einzureichen; c) abhandengekommene Sparbücher und andere sperrfähige Urkunden sperren zu lassen sowie für abhandengekommene Wertpapiere das Aufgebotsverfahren einzuleiten; d) ein von ihm unterschriebenes Verzeichnis aller abhandengekommenen, zerstörten oder beschädigten Sachen dem Versicherer vorzulegen. Der Versicherungswert der Sachen oder der Anschaffungspreis und das Anschaffungsjahr sind dabei anzugeben. Sieg/Johannsen

G 98, G 103

157

Anm. A32f

Α. Überblick

2. Der Versicherungsnehmer hat auch a) den Schaden nach Möglichkeit abzuwenden oder zu mindern und dabei die Weisungen des Versicherers zu befolgen, die der Versicherungsnehmer, soweit die Umstände es gestatten, einholen muß; b) dem Versicherer jede zumutbare Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang der Entschädigungspflicht zu gestatten, jede hierzu dienliche Auskunft - auf Verlangen schriftlich - zu erteilen und Belege beizubringen. 3. Verletzt der Versicherungsnehmer oder eine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende volljährige Person eine dieser Obliegenheiten, so kann der Versicherer gemäß §§ 6 Abs. 3,62 Abs. 2 W G leistungsfrei sein. Wurden bestimmte abhandengekommene Sachen der Polizeidienststelle nicht angezeigt, so kann die Entschädigung n u r für diese Sachen verweigert werden. 4. Hatte eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung Einfluß weder auf die Feststellung des Versicherungsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der Entschädigung, so entfällt die Leistungsfreiheit gemäß Nr. 3, wenn die Verletzung nicht geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu beeinträchtigen und wenn außerdem den Versicherungsnehmer kein erhebliches Verschulden trifft.

G 102, G 105

§ 22 Wegfall der Entschädigungspflicht 1. Versucht der Versicherungsnehmer, den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. Dies gilt auch, wenn die arglistige Täuschung sich auf einen anderen zwischen den Parteien über dieselbe Gefahr abgeschlossenen Versicherungsvertrag bezieht. Ist eine Täuschung gemäß Abs. 1 durch ein rechtskräftiges Strafurteil wegen Betruges oder Betrugsversuches festgestellt, so gelten die Voraussetzungen von Abs. 1 als bewiesen . 2. Wird ein Entschädigungsanspruch nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht, nachdem der Versicherer ihn unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hat, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. Wird ein Sachverständigenverfahren (§ 23) vereinbart, so wird der Ablauf der Frist für dessen Dauer gehemmt. 158

Sieg/Johannsen

G 146

G 146, H 80

II. Rechtsgrundlagen

A n m . A 32 f

§ 23 Sachverständigenverfahren 1. Versicherungsnehmer und Versicherer können nach Eintritt des Versicherungsfalles vereinbaren, daß die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt wird. Das Sachverständigenverfahren kann durch Vereinbarung auf sonstige tatsächliche Voraussetzungen des Entschädigungsanspruches sowie der Höhe der Entschädigung ausgedehnt werden. Der Versicherungsnehmer kann ein Sachverständigenverfahren auch durch einseitige Erklärung gegenüber dem Versicherer verlangen. 2. Für das Sachverständigenverfahren gilt: a) Jede Partei benennt schriftlich einen Sachverständigen und kann dann die andere unter Angabe des von ihr benannten Sachverständigen schriftlich auffordern, den zweiten Sachverständigen zu benennen. Wird der zweite Sachverständige nicht binnen zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung benannt, so kann ihn die auffordernde Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernennen lassen. In der Aufforderung ist auf diese Folge hinzuweisen. b) Beide Sachverständige benennen schriftlich vor Beginn des Feststellungsverfahrens einen dritten Sachverständigen als Obmann. Einigen sie sich nicht, so wird der Obmann auf Antrag einer Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernannt. c) Der Versicherer darf als Sachverständige keine Personen benennen, die Mitbewerber des Versicherungsnehmers sind oder mit ihm in dauernder Geschäftsverbindung stehen, ferner keine Personen, die bei Mitbewerbern oder Geschäftspartnern angestellt sind oder mit ihnen in einem ähnlichen Verhältnis stehen. Dies gilt entsprechend für die Benennung eines Obmannes durch die Sachverständigen. 3. Die Feststellungen der Sachverständigen müssen enthalten a) ein Verzeichnis der zerstörten, beschädigten oder abhandengekommenen Sachen sowie deren Versicherungswert zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles; b) bei beschädigten Sachen die Beträge gemäß § 18 Nr. l b ; c) die Restwerte der von dem Schaden betroffenen Sachen; d) entstandene Kosten, die gemäß § 2 versichert sind. Sieg/Johannsen

159

Anm. A 3 2 f

Α. Überblick

4. Die Sachverständigen übermitteln beiden Parteien gleichzeitig ihre Feststellungen. Weichen diese Feststellungen voneinander ab, so übergibt der Versicherer sie unverzüglich dem Obmann. Dieser entscheidet über die streitig gebliebenen Punkte innerhalb der durch die Feststellungen der Sachverständigen gezogenen Grenzen und übermittelt seine Entscheidung beiden Parteien gleichzeitig. 5. Jede Partei trägt die Kosten ihres Sachverständigen. Die Kosten des Obmannes tragen beide Parteien je zur Hälfte 6. Die Feststellungen der Sachverständigen oder des Obmannes sind verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. Aufgrund dieser verbindlichen Feststellungen berechnet der Versicherer gemäß §§18 bis 20 die Entschädigung. 7. Durch das Sachverständigenverfahren werden die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers gemäß §21 nicht berührt. § 24 Zahlung der Entschädigung 1. Ist die Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde und der Höhe nach festgestellt, so hat die AusZahlung der Entschädigung binnen zwei Wochen zu erfolgen. Jedoch kann ein Monat nach Anzeige des Schadens als Abschlagszahlung der Betrag beansprucht werden, der nach Lage der Sache mindestens zu zahlen ist. 2. Die Entschädigung ist seit Anzeige des Schadens mit 1 Prozent unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen, mindestens jedoch mit 4 Prozent und höchstens mit 6 Prozent pro Jahr. Die Verzinsung entfällt, soweit die Entschädigung innerhalb eines Monats seit Anzeige des Schadens gezahlt wird. Zinsen werden erst fällig, wenn die Entschädigung fällig ist. 3. Die Entstehung des Anspruchs auf Abschlagszahlung und der Beginn der Verzinsung verschieben sich um den Zeitraum, um den die Feststellung der Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde oder der Höhe nach durch Verschulden des Versicherungsnehmers verzögert wurde. 4. Der Versicherer kann die Zahlung aufschieben, solange a) Zweifel an der Empfangsberechtigung des Versicherungsnehmers bestehen; b) gegen den Versicherungsnehmer oder eine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende voll160

Sieg/Johannsen

Η 208, Η 210 H211,H212

Anm. A 32 g

II. Rechtsgrundlagen

jährige Person aus Anlaß des Versicherungsfalles ein behördliches oder strafrechtliches Verfahren läuft. § 25 Wiederherbeigeschaffte Sachen Wird der Verbleib abhandengekommener Sachen ermittelt, so hat der Versicherungsnehmer dies dem Versicherer unverzüglich schriftlich anzuzeigen. § 26 Kündigung nach dem Versicherungsfall 1. Nach dem Eintritt eines Versicherungsfalles können sowohl der Versicherungsnehmer als auch der Versicherer den Versicherungsvertrag kündigen. 2. Die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Sie muß spätestens einen Monat nach dem Abschluß der Verhandlungen über die Entschädigung zugehen. 3. Die Kündigung wird einen Monat nach ihrem Zugang wirksam. Der Versicherungsnehmer kann bestimmen, daß seine Kündigung sofort oder zu einem anderen Zeitpunkt wirksam wird, jedoch spätestens zum Schluß des laufenden Versicherungsjahres. § 27 Versicherungssumme nach dem Versicherungsfall Die Versicherungssumme vermindert sich nicht dadurch, daß eine Entschädigung geleistet wird.

H 196, H 197

§ 28 Schriftliche Form; Zurückweisung von Kündigungen 1. Anzeigen und Erklärungen bedürfen der Schriftform. 2. Ist eine Kündigung des Versicherungsnehmers unwirksam, so wird die Kündigung wirksam, falls der Versicherer sie nicht unverzüglich zurückweist.

G 56, G100 E 13

§ 29 Schlußbestimmung 1. Soweit nicht in den Versicherungsbedingungen Abweichendes bestimmt ist, gelten die gesetzlichen Vorschriften. 2. Ein Auszug aus dem Gesetz über den Versicherungsvertrag ( W G ) , der insbesondere die in den VHB 84 erwähnten Bestimmungen enthält, ist dem Bedingungstext beigefügt. [A 32g] b) Allgemeine Hausratversicherungsbedingungen (VHB 92) - Fassung Januar 1995 - VA 1992 S. 300 § § § §

1 2 3 4

Versicherte Sachen Versicherte Kosten Versicherte Gefahren und Schäden Brand; Blitzschlag; Explosion Sieg/Johannsen

161

Anm. A 32 g

A. Überblick

§ 5 Einbruchdiebstahl; Raub § 6 Vandalismus nach einem Einbruch § 7 Leitungswasser § 8 Sturm; Hagel § 9 Nicht versicherte Schäden § 1 0 Versicherungsort § 11 Wohnungswechsel; Prämienänderung § 1 2 Außenversicherung § 1 3 Gefahrumstände bei Vertragsabschluß und Gefahrerhöhung § 1 4 Sicherheitsvorschriften § 1 5 Prämie; Beginn und Ende der Haftung § 1 6 Anpassung der Versicherungssumme und des Prämiensatzes § 1 7 Versicherung für fremde Rechnung § 1 8 Entschädigungsberechnung; Versicherungswert; Unterversicherung § 19 Entschädigungsgrenzen für Wertsachen einschließlich Bargeld § 20 Entschädigungsgrenze bei mehrfacher Versicherung § 20a Uberversicherung, Doppelversicherung § 21 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall § 22 Wegfall der Entschädigung § 23 Sachverständigenverfahren § 24 Zahlung der Entschädigung § 25 Wiederherbeigeschaffte Sachen § 26 Kündigung nach dem Versicherungsfall § 27 Versicherungssumme nach dem Versicherungsfall § 28 Schriftliche Form; Zurückweisung von Kündigungen § 29 Gerichtsstand § 30 Schlußbestimmung

§ 1 Versicherte Sachen 1. Versichert ist der gesamte Hausrat. Dazu gehören alle Sachen, die einem Haushalt zur Einrichtung oder zum Gebrauch oder zum Verbrauch dienen, außerdem Bargeld. Für Wertsachen einschließlich Bargeld gelten Entschädigungsgrenzen (§ 19). 2. Versichert sind auch a) Rundfunk- und Fernsehantennenanlagen sowie Markisen, soweit diese Sachen nicht mehreren Wohnungen oder gewerblichen Zwecken dienen; b) in das Gebäude eingefügte Sachen, die der Versicherungsnehmer als Mieter auf seine Kosten beschafft oder übernommen hat und für die er die Gefahr trägt, insbesondere sanitäre Anlagen und leitungswasserführende Installationen mit deren Zu- und Ableitungsrohren; c) motorgetriebene Krankenfahrstühle, Rasenmäher, Go-Karts und Spielfahrzeuge; d) Kanus, Ruder-, Fait- und Schlauchboote einschließlich ihrer Motoren sowie Surfgeräte und Flugdrachen; e) Arbeitsgeräte und Einrichtungsgegenstände, die dem Beruf oder dem Gewerbe des Versiche162

Sieg/Johannsen

H 108

H 109, H 129, J 134

H 91, H 110

H 111, H 112, H 116 H 112, H 117

H 113, H 123

Anm. A 32 g

II. Rechtsgrundlagen

rungsnehmers oder einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person dienen. Die Einschränkung gemäß § 10 Nr. 3 bleibt unberührt. 3. Die in Nr. 1 und Nr. 2 genannten Sachen sind auch versichert, soweit sie fremdes Eigentum sind. 4. Nicht versichert sind a) Gebäudebestandteile, es sei denn, sie sind in Nr. 2 a und 2 b genannt; b) Kraftfahrzeuge aller Art und deren Anhänger, es sei denn, sie sind in Nr. 2 c genannt; c) Wasserfahrzeuge, es sei denn, sie sind in Nr. 2d genannt; d) Hausrat von Untermietern, soweit er diesen nicht durch den Versicherungsnehmer überlassen worden ist; e) Sachen, die durch einen Versicherungsvertrag für Schmucksachen und Pelze im Privatbesitz versichert sind.

H 106, H 108, H 110,

H 114

H 115, H 116 H 111,H 116 H 117 H 114, H 118 H 25, H 119

§ 2 Versicherte Kosten 1. Versichert sind die infolge eines Versicherungsfalles notwendigen Kosten a) für das Aufräumen versicherter Sachen sowie für das Wegräumen und den Abtransport von Resten versicherter Sachen (Aufräumungskosten); b) die aufzuwenden sind, weil zur Wiederherstellung oder Wederbeschaffung versicherter Sachen andere Sachen bewegt, verändert oder geschützt werden müssen (Bewegungs- und Schutzkosten); c) für Transport und Lagerung des versicherten Hausrats, wenn die Wohnung unbenutzbar wurde und dem Versicherungsnehmer auch die Lagerung in einem etwa benutzbaren Teil nicht zumutbar ist. Die Kosten für die Lagerung werden bis zu dem Zeitpunkt ersetzt, in dem die Wohnung wieder benutzbar oder eine Lagerung in einem benutzbaren Teil der Wohnung wieder zumutbar ist, längstens für die Dauer von 100 Tagen (Transport- und Lagerkosten); d) für Maßnahmen, auch erfolglose, die der Versicherungsnehmer zur Abwendung oder Minderung des Schadens für geboten halten durfte (Schadenabwendungs- oder Schadenminderungskosten); e) für Schloßänderungen, wenn Schlüssel für Türen der Wohnung durch einen Versicherungsfall abhanden gekommen sind (Schloßänderungskosten); Sieg/Johannsen

H 203

163

Α. Überblick

A n m . A 32 g

f) für Reparaturen von Gebäudebeschädigungen, die im Bereich der Wohnung (§ 10) durch Einbruchdiebstahl, Raub oder den Versuch einer solchen Tat oder innerhalb der Wohnung durch Vandalismus nach einem Einbruch (§ 6) entstanden sind (Reparaturkosten für Gebäudebeschädigungen); g) für Reparaturen in gemieteten Wohnungen, um Leitungswasserschäden an Bodenbelägen, Innenanstrichen oder Tapeten der Wohnung (§ 10) zu beseitigen (Reparaturkosten für gemietete Wohnungen); h) für Hotel- oder ähnliche Unterbringung ohne Nebenkosten (z.B. Frühstück, Telefon), wenn die Wohnung unbewohnbar wurde und dem Versicherungsnehmer auch die Beschränkung auf einen etwa bewohnbaren Teil nicht zumutbar ist. Die Kosten werden bis zu dem Zeitpunkt ersetzt, in dem die Wohnung wieder bewohnbar ist, längstens für die Dauer von 100 Tagen. Die Entschädigung ist pro Tag auf 1 Promille der Versicherungssumme begrenzt, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist (Hotelkosten). 2. Nicht versichert sind Aufwendungen für Leistungen der Feuerwehren oder anderer im öffentlichen Interesse zur Hilfeleistung Verpflichteter, wenn diese Leistungen im öffentlichen Interesse erbracht werden.

G 165

§ 3 Versicherte Gefahren und Schäden Entschädigt werden versicherte Sachen, die durch 1. Brand, Blitzschlag, Explosion, Anprall oder Absturz eines Luftfahrzeuges, seiner Teile oder seiner Ladung, 2. Einbruchdiebstahl, Raub oder den Versuch einer solchen Tat, 3. Vandalismus nach einem Einbruch, 4. Leitungswasser, 5. Sturm, Hagel zerstört oder beschädigt werden oder infolge eines solchen Ereignisses abhanden kommen.

H 25, H 29

§ 4 Brand; Blitzschlag; Explosion 1. Brand ist ein Feuer, das ohne einen bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und das sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag. 2. Blitzschlag ist der unmittelbare Übergang eines Blitzes auf Sachen. 3. Explosion ist eine auf dem Ausdehnungsbestreben von Gasen oder Dämpfen beruhende, plötzlich verlaufende Kraftäußerung. 164

Sieg/Johannsen

H 21, H 24

Anm. A 32 g

II. Rechtsgrundlagen

§ 5 Einbruchdiebstahl; Raub 1. Einbruchdiebstahl liegt vor, wenn der Dieb a) in einen Raum eines Gebäudes einbricht, einsteigt oder mittels falscher Schlüssel oder anderer nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmter Werkzeuge eindringt; ein Schlüssel ist falsch, wenn seine Anfertigung für das Schloß nicht von einer dazu berechtigten Person veranlaßt oder gebilligt worden ist; der Gebrauch falscher Schlüssel ist nicht schon dann bewiesen, wenn feststeht, daß versicherte Sachen abhandengekommen sind; b) in einem Raum eines Gebäudes ein Behältnis aufbricht oder falsche Schlüssel oder andere nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmte Werkzeuge benutzt, um es zu öffnen; c) aus der verschlossenen Wohnung Sachen entwendet, nachdem er sich dort eingeschlichen oder verborgen gehalten hatte; d) in einem Raum eines Gebäudes bei einem Diebstahl angetroffen wird und eines der Mittel gemäß Nr. 2 anwendet, um sich den Besitz gestohlener Sachen zu erhalten; e) in einem Raum eines Gebäudes ein Behältnis mittels richtiger Schlüssel öffnet, die er auch außerhalb der Wohnung durch Einbruchdiebstahl oder Raub an sich gebracht hat; f) in einen Raum eines Gebäudes mittels richtiger Schlüssel eindringt, die er auch außerhalb der Wohnung durch Raub oder ohne fahrlässiges Verhalten des berechtigten Besitzers durch Diebstahl an sich gebracht hat. 2. Raub liegt vor, wenn a) gegen den Versicherungsnehmer Gewalt angewendet wird, um dessen Widerstand gegen die Wegnahme versicherter Sachen auszuschalten; b) der Versicherungsnehmer versicherte Sachen herausgibt oder sich wegnehmen läßt, weil eine Gewalttat mit Gefahr für Leib oder Leben angedroht wird, die innerhalb des Versicherungsortes verübt werden soll; c) dem Versicherungsnehmer versicherte Sachen weggenommen werden, weil sein körperlicher Zustand infolge eines Unfalls oder infolge einer nicht verschuldeten sonstigen Ursache beeinträchtigt und dadurch seine Widerstandskraft ausgeschaltet ist. Dem Versicherungsnehmer stehen Personen gleich, die mit seiner Zustimmung in der Wohnung anwesend sind. Sieg/Johannsen

165

A. Überblick

Anm. A 32 g

§ 6 Vandalismus nach einem Einbruch Vandalismus liegt vor, wenn der Täter auf eine der in § 5 Nr. 1 a oder f bezeichneten Arten in die Wohnung eindringt und versicherte Sachen vorsätzlich zerstört oder beschädigt. § 7 Leitungswasser 1. Leitungswasser ist Wasser, das aus a) Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung oder damit verbundenen Schläuchen, b) mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtungen oder aus deren wasserführenden Teilen, c) Anlagen der Warmwasser- oder Dampfheizung, d) Einrichtungen von Klima-, Wärmepumpenoder Solarheizungsanlagen bestimmungswidrig ausgetreten ist. 2. Versichert sind auch Frostschäden an sanitären Anlagen und leitungswasserführenden Installationen sowie Frost und sonstige Bruchschäden an deren Zuund Ableitungsrohren, soweit der Versicherungsnehmer als Mieter diese Anlagen oder Rohre auf seine Kosten beschafft oder übernommen hat und für sie die Gefahr trägt. 3. Dem Leitungswasser stehen gleich a) Wasserdampf; b) wärmetragende Flüssigkeiten, z.B. Sole, Öle, Kühlmittel, Kältemittel. § 8 Sturm, Hagel 1. Sturm ist eine wetter bedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8. 2. Ist die Windstärke für den Versicherungsort nicht feststellbar, so wird Sturm unterstellt, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, daß a) die Luftbewegung in der Umgebung des Versicherungsortes Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hat oder b) der Schaden wegen des einwandfreien Zustandes des Gebäudes, in dem sich die versicherten Sachen befunden haben, nur durch Sturm entstanden sein kann. 3. Versichert sind nur Schäden, die entstehen a) durch unmittelbare Einwirkung des Sturmes auf versicherte Sachen; b) dadurch, daß der Sturm Gebäudeteile, Bäume oder andere Gegenstände auf versicherte Sachen wirft; 166

Sieg/Johannsen

II. Rechtsgrundlagen

Anm. A 32 g

c) als Folge eines Sturmschadens gemäß a oder b oder an Gebäuden, in denen sich versicherte Sachen befinden. 4. Für Schäden durch Hagel gilt Nr. 3 sinngemäß. § 9 Nicht versicherte Schäden 1. Nicht versichert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden, a) die der Versicherungsnehmer oder sein Repräsentant vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt; bei Schäden durch Raub steht die beraubte Person dem Versicherungsnehmer gleich; ist die Herbeiführung des Schadens gemäß Abs. 1 durch ein rechtskräftiges Strafurteil wegen vorsätzlicher Brandstiftung festgestellt, so gelten die Voraussetzungen von Abs. 1 als bewiesen; b) die durch Kriegsereignisse jeder Art, innere Unruhen oder Erdbeben entstehen; c) durch Kernenergie*). 2. Der Versicherungsschutz gegen Brand, Blitzschlag und Explosion erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf a) Sengschäden, die nicht durch einen Brand entstanden sind; b) Kurzschluß- und Uberspannungsschäden, die an elektrischen Einrichtungen mit oder ohne Feuererscheinung entstanden sind, außer wenn sie die Folge eines Brandes oder einer Explosion sind. 3. Der Versicherungsschutz gegen Einbruchdiebstahl und Raub erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf a) Einbruchdiebstahl- oder Raubschäden durch vorsätzliche Handlungen von Hausangestellten oder von Personen, die bei dem Versicherungsnehmer wohnen; b) Schäden durch Raub gemäß § 5 Nr. 2 an Sachen, die an den O r t der Wegnahme oder Herausgabe erst auf Verlangen des Täters herangeschafft werden. 4. Der Versicherungsschutz gegen Leitungswasser erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden durch a) Plansch- oder Reinigungswasser; b) Grundwasser, stehendes oder fließendes Gewässer, Hochwasser oder Witterungsniederschläge

G 146, H 80

H 37 H 34

H 7, H 9 H 18

Der Ersatz dieser Schäden richtet sich in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Atomgesetz. Die Betreiber von Kernanlagen sind zur Deckungsvorsorge verpflichtet und schließen hierfür Haftpflichtversicherungen a t . Sieg/Johannsen

167

Anm. A 32 g

Α. Überblick

oder einen durch diese Ursachen hervorgerufenen Rückstau; c) Erdsenkung oder Erdrutsch, es sei denn, daß Leitungswasser (§ 7) die Erdsenkung oder den Erdrutsch verursacht hat; d) Schwamm. 5. Der Versicherungsschutz gegen Sturm und Hagel erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden durch a) Sturmflut; b) Lawinen oder Schneedruck; c) Eindringen von Regen, Hagel, Schnee oder Schmutz durch nicht ordnungsgemäß geschlossene Fenster, Außentüren oder andere Öffnungen, es sei denn, daß diese Öffnungen durch Sturm oder Hagel entstanden sind und einen Gebäudeschaden darstellen. § 10 Versicherungsort 1. Versicherungsschutz besteht für versicherte Sachen innerhalb des Versicherungsortes. Diese Beschränkung gilt nicht für Sachen, die infolge eines eingetretenen oder unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfalles aus dem Versicherungsort entfernt und in zeitlichem und örtlichem Zusammenhang mit diesem Vorgang beschädigt oder zerstört werden oder abhandenkommen. Unberührt bleibt jedoch § 9 Nr. 1 a. 2. Versicherungsort ist die im Versicherungsvertrag bezeichnete Wohnung des Versicherungsnehmers. Zur Wohnung gehören auch Räume in Nebengebäuden auf demselben Grundstück. Versicherungsschutz besteht auch in Garagen in der Nähe des Versicherungsortes, soweit sie ausschließlich vom Versicherungsnehmer oder einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person zu privaten Zwecken genutzt werden. Dem Versicherungsnehmer gehörende Waschmaschinen und Wäschetrockner sind auch in Räumen versichert, die der Versicherungsnehmer gemeinsam mit anderen Hausbewohnern nutzt. Für Rundfunk- und Fernsehantennenanlagen sowie für Markisen gilt als Versicherungsort das gesamte Grundstück, auf dem die versicherte Wohnung liegt. 3. Nicht zur Wohnung gehören Räume, die ausschließlich beruflich oder gewerblich genutzt werden. 4. Bei Schäden durch Raub müssen alle Voraussetzungen gemäß § 5 Nr. 2 innerhalb des Versicherungsortes verwirklicht worden sein. 168

Sieg/Johannsen

Η 117, Η 122, Η 131

Η 112, Η 126-129, Η138

H 113, H 130

Anm. A 32 g

II. Rechtsgrundlagen

§ 11 Wohnungswechsel; Prämienänderung 1. Im Falle eines Wechsels der in § 10 Nr. 2 genannten Wohnung des Versicherungsnehmers geht der Versicherungsschutz auf die neue Wohnung über. Behält der Versicherungsnehmer in diesem Falle die in § 1 0 Nr. 2 genannte Wohnung bei, so liegt ein Wohnungswechsel nur vor, wenn er die neue Wohnung in derselben Weise wie die bisherige nutzt. Während des Wohnungswechsels besteht Versieherungsschutz in beiden Wohnungen. Der Versicherungsschutz in der bisherigen Wohnung erlischt jedoch spätestens zwei Monate nach Umzugsbeginn. Liegt die neue Wohnung nicht innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, so ist Abs. 1 nicht anzuwenden. Das Versicherungsverhältnis endet, sobald gemäß Abs. 2 der Versicherungsschutz für die bisherige Wohnung erlischt. 2. Ein Wohnungswechsel ist dem Versicherer spätestens bei Umzugsbeginn unter Angabe der neuen Wohnfläche in Quadratmetern schriftlich anzuzeigen. 3. Liegt nach einem Umzug die neue Wohnung an einem Ort, für den der Tarif des Versicherers einen anderen Prämiensatz vorsieht, so ändert sich ab Umzugsbeginn die Prämie entsprechend diesem Tarif. 4. Der Versicherungsnehmer kann den Vertrag kündigen, wenn sich die Prämie gemäß Nr. 3 erhöht. Die Kündigung hat spätestens einen Monat nach Zugang der Mitteilung über die erhöhte Prämie zu erfolgen. Sie wird einen Monat nach Zugang wirksam. Die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Der Versicherer kann in diesem Fall die Prämie nur zeitanteilig bis zur Wirksamkeit der Kündigung beanspruchen. Ist die Anzeige gemäß Nr. 2 erfolgt, so wird diese Prämie nur in der für die bisherige Wohnung maßgebenden Höhe geschuldet. 5. Zieht bei einer Trennung von Ehegatten der Versicherungsnehmer aus der Ehewohnung aus und bleibt der Ehegatte in der bisherigen Ehewohnung zurück, so gelten als Versicherungsort die neue Wohnung des Versicherungsnehmers und die bisherige Ehewohnung. Dies gilt bis zu einer Änderung des Versicherungsvertrages, längstens bis zum Ablauf von drei Monaten nach der nächsten, auf den Auszug des Versicherungsnehmers folgenden Prämienfälligkeit. Danach besteht Versicherungsschutz nur noch in der neuen Wohnung des Versicherungsnehmers.

Sieg/Johannsen

G 79

H 133

H 133

G 89, H 136

F 8, G 66, G 68, H 136

H 136

H 134

169

Anm. A 32 g

Α. Überblick

§ 12 Außen Versicherung

1. Versicherte Sachen, die Eigentum des Versicherungsnehmers oder einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person sind oder die deren Gebrauch dienen, sind weltweit auch versichert, solange sie sich vorübergehend außerhalb der Wohnung befinden. Zeiträume von mehr als drei Monaten gelten nicht als vorübergehend. 2. Hält sich der Versicherungsnehmer oder eine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende Person zur Ausbildung, zur Erfüllung von Wehrpflicht oder Zivildienst außerhalb der Wohnung auf, so gilt dies solange als vorübergehend, wie sie nicht dort einen eigenen Haushalt gegründet haben. 3. Für Sturm- und Hagelschäden besteht Außenversicherungsschutz nur, wenn sich die Sachen in Gebäuden befinden. 4. Für Schäden durch Einbruchdiebstahl besteht Außenversicherungsschutz nur, wenn auch die in § 5 Nr. 1 genannten Voraussetzungen entsprechend erfüllt sind. 5. Bei Raub besteht Außenversicherungsschutz a) auch dann, wenn der Raub an einer Person begangen wird, die mit dem Versicherungsnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebt; b) in den Fällen des § 5 Nr. 2b nur dann, wenn die angedrohte Gewalttat an Ort und Stelle verübt werden soll. 6. Es gelten die Entschädigungsgrenzen gemäß § 19. Die Entschädigung für die Außenversicherung ist jedoch insgesamt auf 10 Prozent der Versicherungssumme, höchstens 20000 DM, begrenzt.

H 38, H 105, H 137, H 138, H 139, H 140, H 141

§ 13 Gefahrumstände bei Vertragsabschluß und Gefahrerhöhung 1. Der Versicherungsnehmer hat alle Antragsfragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Bei schuldhafter Verletzung dieser Obliegenheit kann der Versicherer nach Maßgabe der §§ 16 bis 21 W G vom Vertrag zurücktreten und leistungsfrei sein oder den Versicherungsvertrag nach § 22 W G anfechten. 2. Eine Gefahrerhöhung ist dem Versicherer unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Bei einer Gefahrerhöhung kann der Versicherer aufgrund der §§ 23 bis 30 W G zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei sein. 3. Eine Gefahrerhöhung nach Antragstellung liegt insbesondere vor, wenn a) sich anläßlich eines Wohnungswechsels oder aus sonstigen Gründen ein Umstand ändert, nach dem im Antrag gefragt worden ist; 170

Sieg/Johannsen

G3

H 36

G 31 G 68

Anm. A 32 g

II. Rechtsgrundlagen

b) die ansonsten ständig bewohnte Wohnung länger als 60 Tage oder über eine für den Einzelfall vereinbarte längere Frist hinaus unbewohnt bleibt und auch nicht beaufsichtigt wird; beaufsichtigt ist eine Wohnung nur dann, wenn sich während der Nacht eine dazu berechtigte volljährige Person darin aufhält; c) vereinbarte Sicherungen beseitigt oder vermindert werden. Das gilt auch bei Wohnungswechsel.

H 36

§ 14 SicherheitsVorschriften 1. Der Versicherungsnehmer hat a) alle gesetzlichen, behördlichen oder vereinbarten Sicherheitsvorschriften zu beachten; b) in der kalten Jahreszeit entweder die Wohnung ausreichend zu beheizen oder alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen zu entleeren und entleert zu halten. 2. Verletzt der Versicherungsnehmer oder sein Repräsentant eine dieser Obliegenheiten, so ist der Versicherer nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 und Abs. 2 W G zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei. Eine Kündigung des Versicherers wird einen Monat nach Zugang wirksam. Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Führt die Verletzung zu einer Gefahrerhöhung, so gelten die §§ 23 bis 30 W G . Danach kann der Versicherer zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei sein.

G 69, G 79, G 82

§ 15 Prämie; Beginn und Ende der Haftung 1. Der Versicherungsnehmer hat die erste Prämie (Beitrag) bei Aushändigung des Versicherungsscheines oder im Fall des Vertragsabschlusses gemäß §§ 5 oder 5 a W G nach Ablauf der Widerspruchsfrist zu zahlen, Folgeprämien am Ersten des Monats, in dem ein neues Versicherungsjahr beginnt. Die Folgen nicht rechtzeitiger Zahlung der ersten Prämie oder der ersten Rate der ersten Prämie ergeben sich aus § 38 W G ; im übrigen gilt § 39 W G . Der Versicherer ist bei Verzug berechtigt, Ersatz des Verzugsschadens nach § 286 BGB sowie Verzugszinsen nach §288 BGB oder § 352 HGB zu fordern. Rückständige Folgeprämien dürfen nur innerhalb eines Jahres seit Ablauf der nach § 39 W G für sie gesetzten Zahlungsfrist eingezogen werden. 2. Ist Ratenzahlung vereinbart, so gelten ausstehende Raten als gestundet. Sie werden sofort fällig, wenn der Versicherungsnehmer in Verzug gerät oder soweit eine Entschädigung fällig ist. Sieg/Johannsen

ρ io

171

Anm. A 32 g

Α. Überblick

3. Die Haftung des Versicherers beginnt zum vereinbarten Zeitpunkt, und zwar auch dann, wenn zur Prämienzahlung erst später aufgefordert, die Prämie aber ohne Verzug gezahlt wird. Ist dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung bekannt, daß ein Versicherungsfall bereits eingetreten ist, so entfällt dafür die Haftung. 4. Versicherungsverträge von mindestens einjähriger Dauer verlängern sich von Jahr zu Jahr, wenn sie nicht spätestens drei Monate vor Ablauf durch eine Partei schriftlich gekündigt werden. Ein Versicherungsverhältnis, das für eine Dauer von mehr als fünf Jahren eingegangen ist, kann zum Ende des fünften oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. 5. Endet das Versicherungsverhältnis vor Ablauf der Vertragszeit oder wird es rückwirkend aufgehoben oder ist es von Anfang an ungültig, so gebührt dem Versicherer die Prämie oder die Geschäftsgebühr gemäß dem Versicherungsvertragsgesetz (z.B. §§ 40, 68 W G ) . Kündigt nach Eintritt eines Versicherungsfalles (§ 26) der Versicherungsnehmer, so hat der Versicherer Anspruch auf die Prämie für das laufende Versicherungsjahr. Kündigt der Versicherer, so hat er die Prämie für das laufende Versicherungsjahr nach dem Verhältnis der noch nicht abgelaufenen zu der gesamten Zeit des Versicherungsjahres zurückzuzahlen. 6. Das Versicherungsverhältnis endet zwei Monate nach dem Tod des Versicherungsnehmers, wenn nicht spätestens zu dieser Zeit ein Erbe die Wohnung in derselben Weise wie der frühere Versicherungsnehmer nutzt.

F 11, F 13

E4

§ 16 Anpassung der Versicherungssumme und des Prämiensatzes 1. Anpassung der Versicherungssumme a) Die Versicherungssumme erhöht oder vermindert sich mit Beginn eines jeden Versicherungsjahres entsprechend dem Prozentsatz, um den sich der Preisindex für „Andere Verbrauchsund Gebrauchsgüter ohne Nahrungsmittel und ohne normalerweise nicht in der Wohnung gelagerte Güter" aus dem Preisindex der Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte im vergangenen Kalenderjahr gegenüber dem davorliegenden Kalenderjahr verändert hat. Der Veränderungsprozentsatz wird auf eine ganze Zahl abgerundet. Maßgebend ist der vom Statistischen Bundesamt jeweils für den Monat September veröffentlichte Index. 172

Sieg/Johannsen

F6 H 193, H 194

Anm. A 32 g

II. Rechtsgrundlagen

Die neue Versicherungssumme wird auf volle Tausend DM aufgerundet und dem Versicherungsnehmer bekanntgegeben. Die Prämie wird aus der neuen Versicherungssumme berechnet. b) Die vereinbarte oder nach a angepaßte Versicherungssumme erhöht sich um einen Vorsorgebetrag von 10 Prozent. c) Innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung über die angepaßte Versicherungssumme kann der Versicherungsnehmer durch schriftliche Erklärung die Anpassung mit Wirkung für den Zeitpunkt aufheben, in dem die Anpassung wirksam werden sollte. d) Das Recht auf Herabsetzung der Versicherungssumme wegen erheblicher Überversicherung (§ 51 Abs. 1 W G ) bleibt unberührt. 2. Anpassung des Prämiensatzes a) Der Versicherer kann die Prämie pro Tausend DM Versicherungssumme für bestehende Versicherungsverträge, auch soweit sie für erweiterten Versicherungsschutz vereinbart ist (Prämiensatz), mit Wirkung von Beginn der nächsten Versicherungsperiode an erhöhen. Dabei darf der geänderte Prämiensatz den im Zeitpunkt der Änderung geltenden Tarifprämiensatz nicht übersteigen. b) Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers über die Prämiensatzerhöhung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung kündigen. Die Kündigung ist schriftlich zu erklären.

F6

§ 17 Versicherung für fremde Rechnung 1. Soweit die Versicherung für fremde Rechnung genommen ist, kann der Versicherungsnehmer über die Rechte des Versicherten im eigenen Namen verfügen. Der Versicherungsnehmer ist ohne Zustimmung des Versicherten berechtigt, die Entschädigung entgegenzunehmen oder die Rechte des Versicherten zu übertragen, auch wenn er nicht im Besitz des Versicherungsscheines ist. Der Versicherer kann jedoch vor Auszahlung der Entschädigung den Nachweis verlangen, daß der Versicherte seine Zustimmung zu der Auszahlung der Entschädigung erteilt hat. 2. Der Versicherte kann über seine Rechte nicht verfügen, selbst wenn er im Besitz des Versicherungsscheines ist. Er kann die Zahlung der Entschädigung nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers verlangen. Sieg/Johannsen

H 114, J 139

J 101

173

Α. Überblick

A n m . A 32 g

3. Soweit Kenntnis oder Verhalten des Versicherungsnehmers von rechtlicher Bedeutung ist, kommt auch Kenntnis oder Verhalten des Versicherten in Betracht. Im übrigen gilt § 79 W G .

§ 18 Entschädigungsberechnung; Versicherungswert; Unterversicherung 1. Ersetzt werden a) bei zerstörten oder abhanden gekommenen Sachen der Versicherungswert zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles; b) bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles zuzüglich einer etwa verbleibenden Wertminderung, höchstens jedoch der Versicherungswert. Restwerte werden angerechnet. 2. Versicherungswert ist der Wiederbeschaffungspreis von Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand (Neuwert). Falls Sachen für ihren Zweck im Haushalt des Versicherungsnehmers nicht mehr zu verwenden sind, ist Versicherungswert der für den Versicherungsnehmer erzielbare Verkaufspreis (gemeiner Wert). 3. Für Antiquitäten und Kunstgegenstände ist Versicherungswert der Wiederbeschaffungspreis von Sachen gleicher Art und Güte. 4. Ist die Versicherungssumme niedriger als der Versicherungswert der versicherten Sachen zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles (Unterversicherung), so wird n u r der Teil des gemäß Nr. 1 und Nr. 2 ermittelten Betrages ersetzt, der sich zu dem ganzen Betrag verhält wie die Versicherungssumme zu dem Versicherungswert. 5. Nr. 1 bis Nr. 4 gelten entsprechend für die Berechnung der Entschädigung versicherter Kosten gemäß § 2. 6. Ist die Entschädigung gemäß § 19 auf bestimmte Beträge begrenzt, so werden bei Ermittlung des Versicherungswertes der dort genannten Sachen höchstens diese Beträge berücksichtigt. Der bei Unterversicherung nur teilweise zu ersetzende Gesamtbetrag des Schadens wird ohne Rücksicht auf Entschädigungsgrenzen ermittelt; für die Höhe der Entschädigung gelten jedoch die Grenzen gemäß § 19. 7. Die Entschädigung für versicherte Sachen ist je Versicherungsfall auf die Versicherungssumme begrenzt. Versicherte Kosten werden bis 10 Prozent auch über die Versicherungssumme hinaus ersetzt. 174

Sieg/Johannsen

Η144

Η 165

Η 110, Η 166

G 163, Η 203

Anm. A 32 g

II. Rechtsgrundlagen

Schadenabwendungs- und Schadenminderungskosten, die auf Weisung des Versicherers verursacht werden, werden unbegrenzt ersetzt. § 19 Entschädigungsgrenzen für Wertsachen einschließlich Bargeld 1. Wertsachen sind a) Bargeld; b) Urkunden einschließlich Sparbücher und sonstige Wertpapiere; c) Schmucksachen, Edelsteine, Perlen, Briefmarken, Telefonkarten, Münzen und Medaillen sowie alle Sachen aus Gold oder Platin; d) Pelze, handgeknüpfte Teppiche und Gobelins, Kunstgegenstände (z.B. Gemälde, Collagen, Zeichnungen, Graphiken und Plastiken) sowie nicht in c genannte Sachen aus Silber; e) sonstige Sachen, die über 100 Jahre alt sind (Antiquitäten), jedoch mit Ausnahme von Möbelstücken. 2. Die Entschädigung für Wertsachen ist je Versicherungsfall auf insgesamt 20 Prozent der Versicherungssumme begrenzt, soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde. 3. Ferner ist für Wertsachen, die sich außerhalb verschlossener mehrwandiger Stahlschränke mit einem Mindestgewicht von 200 kg und auch außerhalb eingemauerter Stahlwandschränke mit mehrwandiger Tür oder außerhalb besonders vereinbarter sonstiger verschlossener Behältnisse mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen befinden, die Entschädigung je Versicherungsfall begrenzt auf a) 2000 DM für Bargeld, ausgenommen Münzen, deren Versicherungswert den Nennbetrag übersteigt; b) insgesamt 5000 DM für Wertsachen gemäß Nr. 1 b; c) insgesamt 40000 DM für Wertsachen gemäß Nr. l c .

H 108

§ 20 Entschädigungsgrenze bei mehrfacher Versicherung Bestehen für versicherte Sachen mehrere Hausratversicherungsverträge desselben oder verschiedener Versicherungsnehmer, so ermäßigt sich der Anspruch gemäß §§ 12 oder 19 Nr. 3 aus diesem Vertrag in der Weise, daß aus allen Verträgen insgesamt keine höhere Entschädigung geleistet wird, als wenn der Gesamtbetrag der Versicherungssummen im vorliegenden Vertrag in Deckung gegeben worden wäre.

Sieg/Johannsen

175

Anm. A 32 g

A. Überblick

§ 20 a Überversicherung, Doppelversicherung 1. Ubersteigt die Versicherungssumme den Wert der versicherten Sachen erheblich, so kann sowohl der Versicherungsnehmer als auch der Versicherer nach Maßgabe des § 51 W G die Herabsetzung der Versicherungssumme und der Prämie verlangen. 2. Im Falle einer Doppelversicherung gelten §§ 59 und 60 W G .

§ 21 Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall 1. Bei Eintritt eines Versicherungsfalles hat der Versicherungsnehmer unverzüglich a) den Schaden dem Versicherer anzuzeigen; b) einen Schaden durch Einbruchdiebstahl, Vandalismus oder Raub der zuständigen Polizeidienststelle anzuzeigen; c) der zuständigen Polizeidienststelle ein Verzeichnis der abhandengekommenen Sachen einzureichen; d) abhandengekommene Sparbücher und andere sperrfähige Urkunden sperren zu lassen sowie für abhandengekommene Wertpapiere das Aufgebotsverfahren einzuleiten; e) ein von ihm unterschriebenes Verzeichnis der abhandengekommenen, zerstörten oder beschädigten Sachen dem Versicherer vorzulegen. Der Versicherungswert der Sachen oder der Anschaffungspreis und das Anschaffungsjahr sind dabei anzugeben. 2. Der Versicherungsnehmer hat a) den Schaden nach Möglichkeit abzuwenden oder zu mindern und dabei die Weisungen des Versicherers zu befolgen, die der Versicherungsnehmer, soweit die Umstände es gestatten, einholen muß; b) dem Versicherer jede zumutbare Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang der Entschädigungspflicht zu gestatten, jede hierzu dienliche Auskunft auf Verlangen schriftlich zu erteilen und Belege beizubringen. 3. Verletzt der Versicherungsnehmer oder sein Repräsentant eine dieser Obliegenheiten, so ist der Versicherer nach Maßgabe des Versicherungsvertragsgesetzes (§§ 6 Abs. 3, 62 Abs. 2 W G ) von der Entschädigungspflicht frei. Sind abhandengekommene Sachen der Polizeidienststelle nicht oder nicht unverzüglich angezeigt 176

Sieg/Johannsen

G 98, G 103, G 116

G 125, G 156

G 116, G 123, G 149,

G 130, G 154

Anm. A 32 g

II. Rechtsgrundlagen

worden, so kann der Versicherer nur für diese Sachen von der Entschädigungspflicht frei sein. 4. Hatte eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung Einfluß weder auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellung oder den Umfang der Entschädigung, so entfällt die Leistungsfreiheit gemäß Nr. 3, wenn die Verletzung nicht geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu beeinträchtigen und wenn außerdem den Versicherungsnehmer kein erhebliches Verschulden trifft.

G 108

§ 22 Wegfall der Entschädigungspflicht 1. Versucht der Versicherungsnehmer, den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. Dies gilt auch, wenn die arglistige Täuschung sich auf einen anderen zwischen den Parteien über dieselbe Gefahr abgeschlossenen Versicherungsvertrag bezieht. Ist eine Täuschung gemäß Absatz 1 durch ein rechtskräftiges Strafurteil wegen Betruges oder Betrugsversuches festgestellt, so gelten die Voraussetzungen von Absatz 1 als bewiesen. 2. Wird ein Entschädigungsanspruch nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht, nachdem der Versicherer ihn unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hat, so ist der Versicherer von der Entschädigungspflicht frei. Wird ein Sachverständigenverfahren (§ 23) vereinbart, so wird der Ablauf der Frist für dessen Dauer gehemmt. 3. Die Bestimmung des § 12 Abs. 1 und 2 W G bleibt unberührt.

G 136, G 137, G 139, G 146

H 80

§ 23 Sachverständigenverfahren 1. Versicherungsnehmer und Versicherer können nach Eintritt des Versicherungsfalles vereinbaren, daß die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt wird. Das Sachverständigenverfahren kann durch Vereinbarung auf sonstige tatsächliche Voraussetzungen des Entschädigungsanspruches sowie der Höhe der Entschädigung ausgedehnt werden. Der Versicherungsnehmer kann ein Sachverständigenverfahren auch durch einseitige Erklärung gegenüber dem Versicherer verlangen. 2. Für das Sachverständigenverfahren gilt: a) Jede Partei benennt schriftlich einen Sachverständigen und kann dann die andere unter Angabe des von ihr benannten Sachverständigen schriftSieg/Johannsen

H 219, H 220

177

Anm. A 32 g

Α. Überblick

lieh auffordern, den zweiten Sachverständigen zu benennen. Wird der zweite Sachverständige nicht binnen zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung benannt, so kann ihn die auffordernde Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernennen lassen. In der Aufforderung ist auf diese Folge hinzuweisen. b) Beide Sachverständige benennen schriftlich vor Beginn des Feststellungsverfahrens einen dritten Sachverständigen als Obmann. Einigen sie sich nicht, so wird der Obmann auf Antrag einer Partei durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernannt. c) Der Versicherer darf als Sachverständige keine Personen benennen, die Mitbewerber des Versicherungsnehmers sind oder mit ihm in dauernder Geschäftsverbindung stehen, ferner keine Personen, die bei Mitbewerbern oder Geschäftspartnern angestellt sind oder mit ihnen in einem ähnlichen Verhältnis stehen. Dies gilt entsprechend für die Benennung eines Obmannes durch die Sachverständigen. 3. Die Feststellungen der Sachverständigen müssen enthalten a) ein Verzeichnis der zerstörten, beschädigten oder abhandengekommenen Sachen sowie deren Versicherungswert zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles; b) bei beschädigten Sachen die Beträge gemäß § 18 Nr. lb; c) die Restwerte der von dem Schaden betroffenen Sachen; d) entstandene Kosten, die gemäß § 2 versichert sind. 4. Die Sachverständigen übermitteln beiden Parteien gleichzeitig ihre Feststellungen. Weichen diese Feststellungen voneinander ab, so übergibt der Versicherer sie unverzüglich dem Obmann. Dieser entscheidet über die streitig gebliebenen Punkte innerhalb der durch die Feststellungen der Sachverständigen gezogenen Grenzen und übermittelt seine Entscheidung beiden Parteien gleichzeitig. 5. Jede Partei trägt die Kosten ihres Sachverständigen. Die Kosten des Obmannes tragen beide Parteien je zur Hälfte. 6. Die Feststellungen der Sachverständigen oder des Obmannes sind verbindlich, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. Aufgrund dieser verbindlichen Feststellungen berechnet der Versicherer gemäß §§18 bis 20 die Entschädigung. 178

Sieg/Johannsen

II. Rechtsgrundlagen

A n m . A 32 g

7. Durch das Sachverständigenverfahren werden die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers gemäß §21 nicht berührt. § 24 Zahlung der Entschädigung 1. Ist die Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde und der Höhe nach festgestellt, so hat die Auszahlung der Entschädigung binnen zwei Wochen zu erfolgen. Jedoch kann ein Monat nach Anzeige des Schadens als Abschlagszahlung der Betrag beansprucht werden, der nach Lage der Sache mindestens zu zahlen ist. 2. Die Entschädigung ist seit Anzeige des Schadens mit 1 Prozent unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen, mindestens jedoch mit 4 Prozent und höchstens mit 6 Prozent pro Jahr, soweit nicht aus anderen Gründen ein höherer Zins zu entrichten ist. Die Verzinsung entfällt, soweit die Entschädigung innerhalb eines Monats seit Anzeige des Schadens gezahlt wird. Zinsen werden erst fällig, wenn die Entschädigung fällig ist. 3. Die Entstehung des Anspruchs auf Abschlagszahlung und der Beginn der Verzinsung verschieben sich um den Zeitraum, um den die Feststellung der Leistungspflicht des Versicherers dem Grunde oder der Höhe nach durch Verschulden des Versicherungsnehmers verzögert wurde. 4. Der Versicherer kann die Zahlung aufschieben, solange a) Zweifel an der Empfangsberechtigung des VerSicherungsnehmers bestehen; b) gegen den Versicherungsnehmer oder seinen Repräsentanten aus Anlaß des Versicherungsfalles ein behördliches oder strafrechtliches Verfahren läuft.

H 210, H 211

H 212

H 209

§ 25 Wiederherbeigeschaffte Sachen 1. Wird der Verbleib abhandengekommener Sachen ermittelt, so hat der Versicherungsnehmer dies dem Versicherer unverzüglich schriftlich anzuzeigen. 2. Hat der Versicherungsnehmer den Besitz einer abhandengekommenen Sache zurückerlangt, nachdem für diese Sache eine Entschädigung gezahlt worden ist, so hat er die Entschädigung zurückzuzahlen oder die Sache dem Versicherer zur Verfügung zu stellen. Der Versicherungsnehmer hat dieses Wahlrecht innerhalb eines Monats nach Empfang einer schriftlichen Aufforderung des Versicherers auszuüben. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist geht das Wahlrecht auf den Versicherer über. Sieg/Johannsen

179

Anm. A 32 h

Α. Überblick

§ 26 Kündigung nach dem Versicherungsfall 1. Nach dem Eintritt eines Versicherungsfalles können sowohl der Versicherungsnehmer als auch der Versicherer den Versicherungsvertrag kündigen. 2. Die Kündigung ist schriftlich zu erklären. Sie muß spätestens einen Monat nach Auszahlung der Entschädigung zugehen. 3. Das Kündigungsrecht besteht auch, wenn die Entschädigung aus Gründen abgelehnt wird, die den Eintritt des Versicherungsfalles unberührt lassen. 4. Die Kündigung wird einen Monat nach ihrem Zugang wirksam. Der Versicherungsnehmer kann bestimmen, daß seine Kündigung sofort oder zu einem anderen Zeitpunkt wirksam wird, jedoch spätestens zum Schluß des laufenden Versicherungsjahres.

Ell

§ 27 Versicherungssumme nach dem Versicherungsfall Die Versicherungssumme vermindert sich nicht dadurch, daß eine Entschädigung geleistet wird.

Η 196, Η 197

§ 28 Schriftliche Form; Zurückweisung von Kündigungen 1. Anzeigen und Erklärungen bedürfen der Schriftform. 2. Ist eine Kündigung des Versicherungsnehmers unwirksam, so wird die Kündigung wirksam, falls der Versicherer sie nicht unverzüglich zurückweist.

G 56, G 100

§ 29 Gerichtsstand Für Klagen aus dem Versicherungsverhältnis gelten die inländischen Gerichtsstände nach §§ 17, 21, 29 ZPO und § 48 W G . § 30 Schlußbestimmung 1. Soweit nicht in den Versicherungsbedingungen Abweichendes bestimmt ist, gelten die gesetzlichen Vorschriften. Dies gilt insbesondere für die im Anhang aufgeführten Gesetzesbestimmungen, die nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen Inhalt des Versicherungsvertrages sind. [A 32 h] 7. Bestimmungen für einen Regreßverzieht der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadenereignissen - VA 1978 S. 137 Die in der anliegenden Liste genannten Versieherungsunternehmen (Abkommensunternehmen) werden jeweils für ihren Betrieb der Feuerversicherung einen nach § 67 W G oder den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen auf sie übergegangenen Schaden180

Sieg/Johannsen

J 140-148

Anm. A 32 h

II. Rechtsgrundlagen

ersatzanspruch (Regreßanspruch) unter folgenden Voraussetzungen und in der nachstehend bestimmten H ö h e nicht geltend machen: 1. Zur Feuerversicherung gehören alle Versicherungen, die nach der Betriebspraxis und den Rechnungslegungsvorschriften zur Feuerversicherung gerechnet werden, also auch die Waldbrand-, Feuerbetriebsunterbrechungs-, Mietverlust- und Hypothekeninteresse-Versicherung, nicht aber z . B . die Maschinen-, Transportund Einheitsversicherung sowie alle Arten der Kraftfahrzeug-Kaskoversicherung. Die Bestimmungen gelten auch für die Verbundene Hausrat- und Verbundene Wohngebäudeversicherung, soweit sie das Feuerrisiko decken. 2. Der Schaden, auf dem der Regreßanspruch beruht, muß durch ein Ereignis bewirkt sein, das für den Regreßschuldner einen Versicherungsfall der Feuerversicherung darstellt. Der Versicherer muß im Rahmen dieser Feuerversicherung ersatzpflichtig sein, es sei denn, die Ersatzpflicht entfällt wegen eines vereinbarten Selbstbehaltes. Außerdem muß das Schadenereignis von dem Versicherungsort dieser Feuerversicherung aus auf die versicherten Gegenstände übergegriffen haben. Dabei wird durch eine Außenversicherung ein Versicherungsort nur begründet, wenn er als solcher in der Versicherungsurkunde ausdrücklich bezeichnet ist. 3. Die Feuerversicherung nach Ziffer 2 muß bei einem Abkommensunternehmen bestehen (vgl. Ziffer 4. Soweit die Regreßverzichtssummen (Ziffer 6) nicht für den Regreßschuldner verbraucht worden sind, erstreckt sich der Verzicht im Rahmen dieser Vereinbarung auch auf Ersatzansprüche, die sich richten a) gegen Repräsentanten, gesetzliche Vertreter, Familienangehörige, persönlich haftende Teilhaber und Gesellschafter des Regreßschuldners sowie deren Familienangehörige. Familienangehörige im Sinne dieser Bestimmung sind mit dem Betreffenden in häuslicher Gemeinschaft lebende Ehegatten und Verwandte direkter aufsteigender und absteigender Linie des Betreffenden und seines Ehegatten; b) gegen im Betrieb oder Haushalt des Regreßschuldners angestellte, nicht unter a) fallende Personen. 5. Ausgeschlossen vom Regreßverzicht sind Ersatzanspräche a) gegen den Regreßschuldner, der den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt oder für ein solches Handeln einzustehen hat, b) gegen die in Ziffer 4 a) genannten Personen, die den Schaden vorsätzlich oder grobfahrlässig herbeigeführt haben, Sieg/Johannsen

J 142

J 144

J 145

181

Anm. A 32 h

Α. Überblick

c) gegen die in Ziffer 4 b) genannten Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben, d) aus Schäden, die anläßlich der Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit außerhalb des eigenen Betriebes des Regreßschuldners an fremden Gegenständen verursacht werden, e) die auf Tatbeständen des § 25 oder § 26 des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) vom 23. XII. 1959 (BGBl. I S. 814) beruhen. 6. Der Regreßverzicht ist je Schadenereignis nach unten und oben begrenzt: a) Er gilt bei einem Regreßschuldner, für eine Regreßforderung bis zu D M 400000, jedoch nur insoweit, als die Regreßf orderung D M 100000 übersteigt. b) Der Regreßverzicht erweitert sich über die untere Begrenzung hinaus insoweit, als eine Haftpflichtversicherung gemäß §§ 4 I Ziffer 6.a) und 6.b) sowie 4 II Ziffer 2 A H B keine Deckung bieten würde. 7. a) Die obere Grenze des Regreßverzichts kann, solange dieser in Kraft ist, erhöht werden, wenn der Versicherungsnehmer dies über das in seiner Feuerversicherung führende Versicherungsunternehmen bei der geschäftsführenden Stelle der Abkommensunternehmen (Verband der Sachversicherer e.V.) schriftlich beantragt und sich zur Zahlung eines mit dieser Stelle zu vereinbarenden jährlichen Entgelts bereit erklärt. b) Uber die Erhöhung der Regreßverzichtsgrenze wird eine Urkunde ausgestellt. 8. Stehen mehreren Abkommensunternehmen Regreßansprüche aus ein und demselben Schadenereignis zu, so wird der dem Regreßschuldner nach Ziffer 6 bzw. 7 zugute kommende Regreßverzichtsbetrag auf die Abkommensunternehmen im Verhältnis der Höhe ihrer Ansprüche aufgeteilt. 9. a) Die Abkommensunternehmen in ihrer Gesamtheit können die aus dem Regreßverzicht erworbenen Rechte ohne Zustimmung der Begünstigten zum Ablauf eines Kalenderjahres aufheben oder ändern. b) Die Aufhebung oder Änderung ist ein Jahr zuvor im Bundesanzeiger und in sonst geeigneter Form öffentlich bekanntzugeben. 10. a) Ein Vertrag über die Erhöhung der oberen Grenze des Regreßverzichts (Ziffer 7) kann sowohl vom Versicherungsnehmer als auch von den Abkommensunternehmen in ihrer Gesamtheit, diese vertreten durch den Verband der Sachversicherer e.V., gekündigt werden. Die Abkommensunternehmen können mit einer Frist von drei Monaten, der Versicherungsnehmer kann mit 182

Sieg/Johannsen

J 143

J 148

J 146

J 146

J 146

Anm. A 32 h

II. Rechtsgrundlagen

einer Frist von sechs Wochen zum Ende eines Kalenderjahres kündigen. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Wird er nicht gekündigt, so verlängert sich der Vertrag stillschweigend um ein weiteres Jahr. b) Werden die Rechte aus dem Regreßverzieht gemäß Ziffer 9 aufgehoben, so erlischt der Vertrag über die Erhöhung der oberen Grenze des Regreßverzichts. 11. a) Jedes einzelne Abkommensunternehmen kann den Regreßverzicht mit halbjähriger Frist zum Ablauf des Kalenderjahres durch schriftliche Mitteilung an den Verband der Sachversicherer e.V. kündigen. Zu ihrer Wirksamkeit muß das austretende Unternehmen die Kündigung gleichzeitig fristgemäß im Bundesanzeiger veröffentlichen. Es ist außerdem verpflichtet, die Kündigung seinen Versicherungsnehmern durch Aufdruck auf die nächste Prämienrechnung oder unverzüglich in sonst geeigneter Weise mitzuteilen. b) Die Veröffentlichung der in Ziffer a) genannten Kündigung im Bundesanzeiger wirkt gleichzeitig als Kündigung gegenüber den aus einem Vertrag über die Erhöhung der oberen Grenze des Regreßverzichts (Ziffer 7) Berechtigten. Diesen Berechtigten ist die Kündigung außerdem vom Verband der Sachversicherer e.V. unverzüglich mitzuteilen. c) Das Abkommen wird nach einer Kündigung durch ein Abkommensunternehmen unter den übrigen Abkommensunternehmen fortgesetzt. d) Mit der Kündigung bestehen gegenüber dem austretenden Unternehmen keine Rechte mehr. Gleichzeitig verlieren auch die Versicherungs- nehmer des austretenden Unternehmens ihre Rechte gegenüber den übrigen Abkommensunternehmen. 12. a) Im Falle einer Aufhebung oder Änderung der Rechte (Ziffer 9 und 10 b) sowie im Falle eines Austritts eines Abkommensunternehmens (Ziffer 11) bleiben die Rechte der Begünstigten die zur Zeit der Wirkung dieser Maßnahmen bestehen, noch bis zum Ablauf der laufenden Versicherungsperiode (§ 9 W G ) des Feuerversicherungsvertrages erhalten. b) Ist ein Vertrag über die Erhöhung der oberen Grenze des Regreßverzichts (Ziffer 7) für länger als ein Jahr geschlossen, so wirken Aufhebung, Änderung und Austritt erst mit Ablauf der vereinbarten Laufzeit.

J 146

J 146

Änderung des Abkommens Im Januar 1998 haben die Vertragspartner Nr. 6 wie folgt abgeändert: 6. Der Regreßverzicht ist je Schadenereignis nach unten und oben begrenzt: Sieg/Johannsen

J 142-143

183

Anm. A 34

Α. Überblick

a) Er gilt bei einem Regreßschuldner für eine Regreßforderung bis zu 1200000 D M , jedoch nur insoweit, als die Regreßforderung 300000 D M übersteigt. b) Der Regreßverzicht erweitert sich über die untere Begrenzung hinaus insoweit, als eine Haftpflichtversicherung gemäß §§ 4 I Ziffer 6 a (ausgenommen die Versicherung von „Mietsachschäden" in der Privathaftpflichtversicherung) und 6 b) sowie 4 II Ziffer 2 Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) keine Deckung bietet. Diese Regelung gilt auch für andere, vertraglich vereinbarte Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) mit Haftpflichtdeckung. [A 33] 8. Sachlicher Geltungsbereich a) §§ 81-107 c W G aa) Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung Die §§ 81-107c stehen unter der Uberschrift „Feuerv", sie gelten also für alle Arten der Feuerv, auch für die Waldbrand-, auch für die Hypothekeninteressev, soweit sie für diese Arten passen. Nicht sicher ist, ob die Feuerbetriebsunterbrechungsv und die Mietverlustv diesen Vorschriften unterliegen. Rein logisch ist die Frage zu verneinen, denn die Lücke, die das W G hinsichtlich der Betriebsunterbrechungsv läßt, kann nicht durch Analogie zu §§ 81-107 c geschlossen werden, weil der geregelte Gehalt gegenüber dem zu regelnden zu unterschiedlich ist: die Feuerv ist Sachv, die Betriebsunterbrechungsv ist Vermögensv (vgl. oben Anm. A 10-11). Wie gesagt: Allein nach logischen Gesichtspunkten müßte eine Anwendung der §§81-107 c auf die Betriebsunterbrechungsv verneint werden. Der Rechtsanwender darf aber seine Augen nicht davor verschließen, daß sich die Mietverlustv und die kleine Betriebsunterbrechungsv eng an einen Sachvszweig, hier die Feuerv, anlehnen und daß auf die A F B Bezug genommen wird. Da diese wiederum im Hinblick auf die §§ 81-107c geformt sind, sprechen praktische Erwägungen dafür, diese Bestimmungen auf die angelehnte Betriebsunterbrechungsv zu übertragen, soweit sie der Sache nach passen: Sieg D B 1965 S. 1584, ebenso, wenn auch vorsichtig, Ollick VerBAV 1982 S. 49. [A 34] N u r hinsichtlich der großen Betriebsunterbrechungsv bleiben also Zweifel, ob die §§ 81-107c anwendbar sind (bejahend Martin L II 17; Prölss-Martin 23 § 69 Anm. 1 Ec). Die Frage ist von untergeordneter Bedeutung, weil sich für eine Übertragung auf die Betriebsunterbrechungsv von vornherein alle diejenigen Bestimmungen nicht eignen, die mit dem Vswert, mit der Gebäudev, mit der V zugunsten Dritter zu tun haben. Im übrigen stellen die F B U B ausgewogene Regeln zur Verfügung, lediglich zu §§ 81, 89, 90 fehlen Entsprechungen. Indes kann die Bindungsfrist des § 81 im Antragsformular vorgesehen werden; § 89 wird von den Betriebsunterbrechungsvern ohnehin beachtet, vgl. oben Anm. A 6. Zur Tragweite von § 90 vgl. unten Anm. Β 6. Zu § 96 siehe unten Anm. A 40. Für die Bündelungen mit der Feuerv (Beispiele: Gebündelte Geschäftsv für bewegliche Sachen, gebündelte Geschäftsgebäudev) gelten die §§ 81-107c, und zwar auch hinsichtlich der angebündelten sonstigen Sachvszweige. Es ist mit Prölss-Martin 23 vor 184

Sieg/Johannsen

Anm. A 35

II. Rechtsgrundlagen

§§ 81 ff. Anm. 1 - 4 davon auszugehen, daß die Beschränkung der gesetzlichen Regelung auf die Feuerv nur dem Umstand zuzuschreiben ist, daß die anderen Sachvssparten bei Schaffung des W G noch keine erhebliche Rolle spielten. Heute mutet die vom Gesetzgeber getroffene Auswahl als zufällig an (anders Ehrenzweig S. 293, S. 302 N. 2). Ubereinstimmend mit dem hier vertretenen Standpunkt Bruck 7. Aufl., Vorbemerkungen vor §§ 81-107 Rdnr. 10. Durch die extensive Anwendung der §§ 81-107c wird eine einheitliche Behandlung der gebündelten Sparten erreicht. Das Gesagte gilt sowohl für die zwingenden als auch für die halbzwingenden als auch für die dispositiven Normen. Die §§ 8 1 - 1 0 7 C behaupten sich auch dann, wenn der betreffende Vertrag nicht die gesamte Gefahrenkombination Brand, Blitzschlag, Explosion, herabstürzende Flugkörper deckt, sondern nur Ausschnitte daraus: Raiser, Allgemeine Vorbemerkungen, Rdnr. 12. Zu A 33 und 34: Nach Auffassung der Verfasser ist für die Anwendbarkeit der §§ 81-107 c auf die behandelten Vszweige und die verten Gefahren nach den einzelnen Vorschriften zu differenzieren. Es wird deshalb die Problematik an unterschiedlichen Stellen behandelt. Vgl. z.B. zur Anwendung der Schutzvorschriften für Realgläubiger, der §§ 9 7 107 c, unter J 25, zur Mehrfachv nach § 90 unter G 92, zur Fristsetzung nach § 91 unter F 12, zur Anzeige des Vsfalls nach § 92 unter G 98, zur Kündigung gemäß § 96 unter E 10, zur Verzinsung der Entschädigung unter H 212.

[A 35] bb) E C - und Feuerhaftungsversicherung Die Bedingungen für die V zusätzlicher Gefahren zur Feuerv für Industrie- und Handelsbetriebe (VerBAV 1981 S. 330) verweisen in § 1 auf die A F B und die ZFgA 81. Wegen dieser Brücke zu den §§ 81-107c sind diese Bestimmungen auch auf die ECDeckung entsprechend anwendbar. Ebenso lehnen sich die Bedingungen für die V zusätzlicher Gefahren zur Feuerbetriebsunterbrechungsv (VerBAV 1981 S. 333) an die große Feuerbetriebsunterbrechungsv an, die aber ihrerseits nach dem oben Angeführten nicht nach §§ 81-107 c lebt (vgl. oben Anm. A 33-34). Beide EC-Deckungen schließen Schäden aus, die durch eine Feuer- bzw. Betriebsunterbrechungsv vert werden können, sie springen also insoweit in die Bresche, die laut § 1 (7) AFB, § 2 (4) a F B U B für innere Unruhen besteht. Die Ver haben Geschäftsplanmäßige Erklärungen dahin abgegeben, daß sie die Zusatzdeckungen nur gewähren, wenn bei ihnen die jeweilige Hauptdeckung (Feuerindustriev bzw. große Betriebsunterbrechungsv) besteht. Die Feuerhaftungsv, die den Vmer gegen Regreßansprüche wegen schuldhaft verursachter Feuerschäden auf dem Nachbargrundstück in Erweiterung des Regreßverzichtsabkommens der Feuerver schützt, ist hingegen besonders ausgestaltete Betriebsh a f t p f l i c h t v , nicht Feuerv (anders Prölss-Martin 23 vor § 51 Anm. 6 Ea; Martin A I 4, J I 11; J III 6, der lediglich w i r t s c h a f t l i c h Haftpflicht^ annimmt. Wie hier Boldt S. 66 Stichwort: „Feuer-Haftungsv"; G B BAV 1980 S. 63). Ich habe B B 1982 S. 900 darzutun versucht, daß bereits das Regreßverzichtsabkommen der Feuerver den Begünstigten wie einen Vmer der Haftpflichtv stellt; um so mehr muß das gelten, wo dieser selbst als Vmer auftritt und für die Verschonung vom Regreß eine Prämie zahlt; vgl. auch Schirmer ZVersWiss 1981 S. 684, 711. Wir haben es hier mit einem Anwendungsfall des allgemeinen Prinzips zu tun, daß das Sachersatzinteresse im Rahmen Sieg/Johannsen

185

A n m . A 36

Α. Überblick

einer Eigenrechnungsv nur durch Haftpflichtv gedeckt werden kann (Schirmer ZVersWiss 1981 S. 691-693). Das hat auch Ö G H vom 12. II. 1977 VersR 1978 S. 456 im Falle einer Leitungswasserhaftungsv richtig gesehen. Prölss-Martin 2 3 vor § 51 Anm. 7 A und Martin J I 9, 10 gehen von der Grundeinstellung aus, daß regelmäßig eine Eigenrechnungsv auch ein Drittinteresse mitdecke und ein eigenes Sachersatzinteresse durch Eigenrechnungsv auf eine fremde Sache befriedigt werden könne. Hiergegen bestehen prinzipielle Einwendungen, vgl. unten Anm. C 40-43. Zu A 35: Auf die Ausführungen zum RegreßVerzichtsabkommen unter J 140-148 und zur Feuerhaftungsv unter J 149 wird verwiesen. Die Probleme der V des Sachersatzinteresses durch die Feuerv sind behandelt unter J 105-116. [A 36] b) AVB im weiteren Sinne aa) Endgültiger Vertrag O b AVB wegen § 23 III A G B - G auch ohne Vereinbarung Vertragsinhalt werden können, oder ob diese Vorschrift das Konsensprinzip der §§ 145-155 B G B unangetastet läßt und nur von den z u s ä t z l i c h e n Voraussetzungen des § 2 I Ziff. 1 und 2 A G B - G befreit, ist bestritten (vgl. Löwe-Graf von Westphalen-Trinkner, Großkommentar zum A G B - G , Bd II, 2. Aufl., Heidelberg 1983, § 23 Abs. 3 Rdnrn. 4, 5 mit weiteren Literaturangaben). M . E . ist zu unterscheiden: Wer eine Feuerv, eine Betriebsunterbrechungsv oder Mietverlustv abschließt, rechnet mit einschlägigen auf seine Stellung in der Wirtschaft zugeschnittenen AVB. Sie sind deshalb Vertragsinhalt auch dann, wenn sie nicht ausdrücklich vereinbart worden sind. Das gilt für die A F B , die AWaB, die Z F g A 81a, die Zusatzbedingungen für die Feuerv landwirtschaftlicher Betriebe, die Sonderbedingungen für die Neuwertv, die F B U B nebst Zusatzbedingungen VerBAV 1970 S. 22, die Z K B U 1980 sowie die Bedingungen für die Mietverlustv. Etwas anderes gilt für die Klauseln (vgl. Klauseln für die nichtindustrielle Feuerv VerBAV 1982 S. 4-11, 66-69, 145-149, 185-190, Klauseln der Z F g A VerBAV 1970 S. 3-7, Klauseln für die große Betriebsunterbrechungsv VerBAV 1970 S. 24-27). Obwohl auch diese AVB in juristischem Sinne sind, sind sie doch viel stärker auf den konkreten Fall zugeschnitten, so daß es hier einer Einschleusung in den Vertrag bedarf. Die Sonderstellung, die § 23 III A G B - G den AVB einräumt, beschränkt sich hier darauf, daß die E i n z i e h u n g s m o d a l i t ä t e n , die § 2 I Ziff. 1 und 2 dieses Gesetzes vorschreibt, entbehrlich sind. - Es gibt Klauseln, hinsichtlich deren sich die Ver verpflichtet haben, sie nur nach entsprechender Aufklärung des Vmers anzuwenden wie beispielsweise die Klausel 119 (VerBAV 1982 S. 11). - Vgl. ferner unten Anm. D 48. Die EC-Bedingungen sowohl zur Feuer- als auch zur Betriebsunterbrechungsv bedürfen stets einer Einschleusung (wenn auch nicht in der qualifizierten Form des § 2 I Ziff. 1 und 2 A G B - G ) , denn wegen ihrer relativ seltenen Anwendung ist nicht davon auszugehen, daß die einschlägigen Vmerkreise den Einschluß für selbstverständlich halten. Z u A 36: § 23 III A G B G bezog sich nur auf von der zuständigen Behörde g e n e h m i g t e AVB der Ver und hatte deshalb mit dem Wegfall der Bedingungsgenehmigung seit dem 1. VII. 1994, vgl. zu A 20, seine Bedeutung für den Abschluß von Vsverträgen verloren. Die Vorschrift griff auch nicht ein, wenn vorher vom Aufsichtsamt geneh186

Sieg/Johannsen

Anm. A 38

II. Rechtsgrundlagen

migte AVB nach dem 1. VII. 1994 einem Vertragsschluß zu Grunde gelegt werden sollten (Präve Vsbedingungen und A G B G R N 222-223 S. 75-76; Schimikowski r + s 1996 S. 1-7, 3). Maßgeblich waren bis zum 1.1. 2002 die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 2 A G B G , (jetzt § 305 II B G B n. F.) d. h. der Ver muß den Vmer vor Vertragschluß ausdrücklich auf die Geltung der AVB hinweisen sowie ihm die Möglichkeit verschaffen, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Daneben ermöglicht die neugeschaffene Vorschrift des § 5a eine von § 2 A G B G abweichende Einbeziehung von AVB, bei der der Vmer aber dem Vertragsschluß widersprechen kann (zum Vertragschluß nach § 5 a vgl. die Anmerkungen zu D 20), zur Neuregelung des AGBRechts die Anmerkung zu A 39. [A 37] bb) Vorläufige Deckungszusage Fraglich ist, ob die AVB einer vorläufigen Deckungszusage zugrunde zu legen sind. Die Voraussetzungen sind hier - zugunsten des Vmers - etwas strengere als beim endgültigen Vertrag (vgl. B G H 21. XII. 1981 VersR 1982 S. 381-383 = N J W 1982 S. 824-825): AVB, auch Sonderbedingungen und Zusatzbedingungen, bedürfen einer einfachen, wenn auch ausdrücklichen Einschleusung in den Vertrag, bei den individuellen Klauseln ist eine spezielle Vereinbarung nötig (Möller § 1 Anm. 100), d.h. ein H i n w e i s genügt hier nicht. Die Ansicht von Prölss-Martin 23 Zusatz zu § 1 Anm. 3, wonach für vorläufige Deckungsverhältnisse die AVB gelten, die für das endgültige Vsverhältnis gelten würden, hält B G H a. a. O. für bedenklich. Zu undifferenziert auch Rassow VersR 1983 S. 895. Annähernd wie hier: Werber ZVersWiss. 1984 S. 323. Zu A 37: Für die vorläufige Deckungszusage ist in § 5 a III eine Sonderregelung geschaffen worden, nach der ein Verzicht auf die Überlassung von Vsbedingungen und der Verbraucherinformation (zu dieser vgl. Anm. 5 zu D 20) bei Vertragschluß vereinbart werden kann und das Widerspruchsrecht entfällt. Wegen der Eilbedürftigkeit wird in Kauf genommen, daß der Vmer den Vertrag abschließt, ohne die AVB zu kennen. Für die Annahme eines Verzichts genügt, daß der Vmer auf den Hinweis auf die Geltung von AVB an seinem Antrag festhält (Schimikowski r + s 1996 S. 1-6, 3; Schirmer VersR 1996 S. 1045-1056, 1054; Dörner/Hoffmann N J W 1996 S. 153160, 158). Schirmer aaO. betrachtet § 5a III weitergehend, also ohne einen solchen Hinweis, sogar als gesetzliche Regelung für die Einbeziehung vom Ver verwendeter AVB in die vorläufige Deckungszusage. [A 38] 9. Zeitlicher Geltungsbereich Die Frage des zeitlichen Geltungsbereichs ist für das über 70 Jahre geltende W G nicht mehr von Bedeutung, aber die Transformierung der auf EG-Ebene in Aussicht genommenen Vsvertragsrichtlinie, von der bisher nur ein Vorschlag vorliegt (vgl. Meyer-Kahlen, Angleichung des Vsvertragsrechts im Gemeinsamen Markt, München 1980), wird Änderungen des W G mit sich bringen, die auch auf die Feuer- und die Betriebsunterbrechungsv durchschlagen. Wenn die Novelle keine Vorschrift über ihre Einwirkung auf bestehende Verträge enthält, wird als kodifizierte allgemeine Rechtsüberzeugung zu gelten haben, was Art. 3 - 6 E G W G anordneten: Das neue Recht gilt, wenn weder Vmer noch Ver den Vertrag zu dem ersten Termin gekündigt haben, zu dem eine Kündigung nach altem Recht zulässig war. Sieg/Johannsen

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Α. Überblick

A n m . A 38

Über den Einfluß von A V B - Ä n d e r u n g e n auf bestehende Verträge vgl. Möller Einleitung Anm. 29: Es gelten grundsätzlich die AVB, die bei Vertragsschluß wirksam waren. Die Klausel 1.07 VerBAV 1970 S. 9 befaßt sich mit Änderungen der AVB z u g u n s t e n des Vmers während eines laufenden Vertrages. Danach gelten solche Änderungen mit sofortiger Wirkung. Sofern die Änderung eine höhere Prämie erfordert, wird diese vom Zeitpunkt der Änderung an berechnet, wenn der Vmer nicht ausdrücklich auf die Änderung verzichtet. Ähnlich Klausel 191 (VerBAV 1982 S. 10) und für die Betriebsunterbrechungsv Klausel 9.16 (VerBAV 1970 S. 26). Ollick VerBAV 1982 S. 56 weist darauf hin, daß oft Vergünstigungen für den Vmer gleichzeitig Nachteile für diesen mit sich bringen. Dann hat, wie im Arbeitsrecht, bei der Frage, ob die einzelvertragliche Regelung günstiger als die tarifliche ist, ein Gruppenvergleich stattzufinden (vgl. Zöllner, Arbeitsrecht, 3. Aufl., 1983 § 36 III 4 und die dort Genannten). Auch kann ζ. B. eine Vermehrung der Obliegenheiten kompensiert werden durch Erhöhung der Verschuldensschwelle für Leistungsfreiheit (vgl. ferner Martin L II 4). Gruppen in diesem Sinn bilden ζ. B. die gedeckten Gefahren, die vten Gegenstände, der Vsort, der Vsschaden, Risikoausschlüsse. Das Ausgeführte gilt auch für Änderungen der Geschäftsplanmäßigen Erklärungen, sofern diese überhaupt einen vertragsregelnden Inhalt haben (vgl. André, Die Geschäftsplanmäßige Erklärung, Karlsruhe 1969, S. 21,142). Abschließend ist zu sagen: Der Gleichbehandlungsgrundsatz, selbst wenn man ihn im Vsrecht für allgemein verbindlich hielte, wäre nicht tangiert, wenn neue Rechtsgrundlagen nicht auf den Bestand durchschlagen (anders Böhm VW 1954 S. 476). Er gilt nur für gleichzeitige Abschlüsse. Wäre es anders, gäbe es schwerlich Fortschritte in der Entwicklung des Vsschutzes. Zu A 38: 1. Die angeführte Vertragsrechtsrichtlinie ist bisher nicht verabschiedet worden (vgl. zum Stand des europäischen Gesetzgebungsverfahrens Roth in B K Europ. Vsrecht R N 108-110). Eine teilweise Harmonisierung des europäischen Vsrechts ist jedoch durch die EG-Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vom 21. IV. 1993 ( A B I E G Nr L 95), die auch Vsverträge betrifft, erfolgt. Sie beschränkt sich auf den Verbraucherschutz und enthält Vorschriften zur Auslegung und Inhaltskontrolle von AGB. Die Umsetzung der Richtlinie in Deutsches Recht ist durch G. vom 19. II. 1996 (BGBl I. S. 1013) erfolgt. Da eine starke inhaltliche Entsprechung zwischen der Richtlinie und dem A G B G besteht (vgl. hierzu Schmidt-Salzer N J W 1995 S. 1641-1645; Präve Vsbedingungen und A G B G S. 11 R N 22), wurde dieses nur an zwei Stellen geändert, nämlich in § 12, der als IPRVorschrift inzwischen durch Art. 29 a E G B G B ersetzt worden ist, und durch Einfügung des § 24 a A G B G , der Verbraucherverträge betrifft und in diesen auch Einzelvertragsklauseln und Drittklauseln einer Inhaltskontrolle unterzieht sowie anordnet, daß bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 9 auch die den Vertragsschluß begleitenden Umstände zu berücksichtigen sind (vgl. dazu Heinrichs N J W 1996 S. 2190-2197). Das Gesetz ist am 25. III. 1996 in Kraft getreten. Wegen der verspäteten Umsetzung der Richtlinie ist aber ihr Inhalt bei der Äuslegung des A G B G bereits ab 1.1.1995, dem für die Umsetzung vorgesehenen Zeitpunkt zu berücksichtigen (EuGH 14. VII. 1994 N J W 1994 S. 2473-2474; B G H 24. V. 1995 N J W 1995 S. 2034-2036; O L G Schleswig 27. III. 1995 N J W 1995 S. 2858-2859; Präve aaO S. 12 R N 25; Heinrichs aaO.). Zu weiteren Änderungen durch das SchuldrechtsmodernisierungsG siehe Anm. zu A 39. Zum Inkrafttreten der einzelnen Bestimmungen des 3. DurchführungsG/EWG zum VAG vom 21. VII. 1994, durch das die 3. Schadensrichtlinie der E G umgesetzt 188

Sieg/Johannsen

Anm. A 39

II. Rechtsgrundlagen

worden ist und der Einwirkung der Gesetzesänderungen auf bestehende Verträge vgl die Anmerkungen zu A 20 und 21, Β 1 und 2 und D 20. 2. Für die Einbeziehung geänderter AVB in bestehende Verträge war nach dem Wegfall der Bedingungsgenehmigung (siehe dazu Anm. zu A 20) § 2 I A G B G (jetzt § 305 BGB n. F.) maßgeblich, weil § 23 III AGBG, der eine erleichterte Einbeziehung ermöglichte, sich nur auf von der zuständigen Behörde g e n e h m i g t e AVB bezog. Der Ver muß deshalb dem Vmer die neue Fassung der AVB unter drucktechnischer Hervorhebung der Änderungen übermitteln, und der Vmer muß sein Einverständnis erklären, wobei es auf die Umstände, insbesondere auf die Erheblichkeit der Änderungen dafür ankommt, ob eine widerspruchslose Fortsetzung des Vertragsverhältnisses als konkludentes Einverständnis angesehen werden kann (zum Streitstand vgl. Prölss in Prölss-Martin 26 Vorbem. I R N 25). Möglich ist auch eine Einbeziehung geänderter Bedingungen in bestehende Verträge auf Grund einer vereinbarten B e d i n g u n g s a n p a s s u n g s k l a u s e l (Wandt Änderungsklauseln in Vsverträgen S. 6-7; Prave VersR 1999 S. 699-700). Solche Klauseln unterliegen aber ähnlich wie Prämienanpassungsklauseln (vgl. dazu unter F 6) strengen Anforderungen. Sie sind nach der Rechtsprechung des BGH 17. III. 1999 VersR 1999 S. 697699 nur gerechtfertigt, wenn durch unvorhersehbare Änderungen, die der Ver nicht veranlaßt und auf die er auch keinen Einfluß hat, das bei Vertragsschluß vorhandene Äquivalenzverhältnis in nicht unbedeutendem Maß gestört wurde. Danach dürfen Anpassungsklauseln dem Ver nicht die Möglichkeit eröffnen, den Vmer schlechter als bei Vertragsschluß zu stellen. Sie müssen auf die Wiederherstellung des Äquivalenzverhältnisses und die Lückenfüllung bei Wegfall unwirksamer Regelungen beschränkt sein (Präve aaO.). Strenge Anforderungen sind auch an die sprachliche Gestaltung solcher Klauseln zu stellen. Sie müssen für den Vmer eindeutig erkennen lassen, in welchen Bereichen er mit einer Änderung zu rechnen hat und welche wirtschaftlichen Belastungen auf ihn zukommen können (BGH 8.X. 1997 VersR 1997 S. 1517-1519, 17. III. 1999 aaO.). 3. Wenn Bedingungsänderungen eine Verbesserung der Rechtsstellung des Vmers begründen, ist der Ver nicht ohne weiteres verpflichtet, die neuen AVB den Vmern von Altverträgen zur Vereinbarung anzubieten (OLG Hamm 17.111.1993 VersR 1994 S. 37-38; O L G Düsseldorf 2. VII. 1996 VersR 1997 S. 1134-1136). Steht er aber mit dem Vmer in Vertragsverhandlungen, muß er ihn auf die günstigeren Bedingungen hinweisen und darauf hinwirken, daß die Neufassung Vertragsinhalt wird. Tut er das nicht, ist der Vmer so zu stellen, als wenn die günstigeren AVB vereinbart worden wären (BGH 23. IX. 1981 VersR 1982 S. 37-38; O L G Saarbrücken 20.1.1993 VersR 1993 S. 1386-1388; Prölss in Prölss-Martin 26 Vorbem. I R N 36 ).

[A39] 10. Beschränkungen der Vertragsfreiheit durch AGB-Gesetz a) Grundlage Da keine Bereichsausnahme für AVB in das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9. XII. 1976 (AGB-G) aufgenommen wurde, findet dieses auch auf AVB Anwendung. Soweit diese zwingenden oder halbzwingenden Bestimmungen des W G zu Lasten des Vmers widersprechen, sind sie ohnehin unwirksam. Die Bedeutung des AGB-G zeigt sich dort, wo die Ver versuchen, an sich nachgiebiges Gesetzesrecht durch AVB zu ändern oder zu ergänzen. Inwieweit solche Änderung oder Ergänzung einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-G standhält, ergibt dessen § 9. Er lautet: Sieg/Johannsen

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Anm. A 40

Α. Überblick

„(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. (2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung 1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, oder 2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist."

Zu A 39: Im Zuge der Schuldrechtsreform sind durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. XI.2001 (BGBl. I S. 3138) die materiellrechtlichen Bestimmungen des AGBG als §§ 305-310 in das BGB eingefügt worden. Die Inhaltskontrolle ist in § 307 BGB n. F. geregelt. Die Absätze II und III dieser Vorschrift unterscheiden sich von § 9 AGBG dadurch, daß in § 307 I folgender Satz 2 aufgenommen worden ist: Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, daß die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. - Damit ist das Transparenzgebot ausdrücklich in die gesetzliche Regelung aufgenommen worden. Die Regelung wird ergänzt durch § 307 III, der den früheren § 8 AGBG ersetzt und wie folgt lautet: Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 (die die einzelnen Klauselverbote enthalten) gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein. Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist gemäß seinem Art. 8 am 1. I. 2002 in Kraft getreten. Auf Schuldverhältnisse, die vor dem 1.1.2002 entstanden sind, ist das AGBG nach Art. 229 EGBGB § 5 n. F. in der bis zu diesem Tage geltenden Fassung anzuwenden, für Dauerschuldverhältnisse aber mit der Maßgabe, daß ab 1.1.2003 nur das BGB anzuwenden ist. Da Vsverträge Dauerschuldverhältnisse sind, gilt für sie die Neuregelung ab 1.1.2003.

[A 40] b) Beanstandungen von AVB durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen Auf Drängen des BAV sind mehrere einschlägige AVB auf Grund § 9 AGB-G neu formuliert worden. Diese Änderungen (letzte Veröffentlichung VerBAV 1984 S. 390 ff.) sind bereits in den Texten A 24 ff. berücksichtigt. Unzutreffend ist die Auffassung des Amts, daß § 96 W G auch für die Betriebsunterbrechungsv gilt. Deshalb war sein Drängen auf Neufassung des § 16 Nr. 2 FBUB ungerechtfertigt. § 96 gibt nicht einmal einen allgemein anerkannten Grundsatz der Sachv wieder, wie § 113 zeigt, geschweige denn kann er für die Betriebsunterbrechungsv verbindlich sein, vgl. oben A 34. Man fragt sich ferner nach der gesetzlichen Regelung für eine Verzinsung der Entschädigung in der Betriebsunterbrechungsv, von der der bisherige § 15 Nr. 4 FBUB, abgewichen sein soll. Dessen Neufassung war also nicht geboten. Zu der Tendenz des BAV, dem § 9 II Ziff. 1 AGB-G ein zu weites Feld einzuräumen, vgl. im übrigen unten A 44.

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Sieg/Johannsen

Anm. A 42

II. Rechtsgrundlagen

Zu A 40: O b § 96 für die Betriebsunterbrechungsv Anwendung findet, ist streitig (vgl. dazu E 10). Hinzuweisen ist auf B G H 27. III. 1991 VersR 1991 S. 580-582, der die Beschränkungen des Kündigungsrechts des Vmers in Bedingungen für die Rechtsschutzv wegen Verstoßes gegen § 9 A G B G für unwirksam erklärt hat. Die Frage, ob §§ 96, 113,158 Ausdruck eines allgemeinen Grundgedankens des Vsrecht seien, ist dabei als entscheidungsunerheblich ausdrücklich offengelassen worden. In der Praxis hat sich ein § 96 entsprechendes Kündigungsrecht in den Bedingungen der Sachv allgemein durchgesetzt. Nach Auffassung der Verfasser gilt § 94 auch in der Betriebsunterbrechungsv (vgl. dazu unter H 212), weil sein Grundgedanke, daß die Verzinsung einen wirtschaftlichen Ausgleich für die erfahrungsgemäß umfangreichen und lang andauernden Erhebungen bei Schadenfällen in der Feuerv auch für die Betriebsunterbrechungsv zutrifft. [A 41] c) Verwirkung des Versicherungsanspruchs Nach § 13 II, § 16 A F B wird der Vsanspruch bei vorsätzlicher Verletzung einer Obliegenheit nach Eintritt des Vsfalles bzw. bei arglistiger Täuschung bei den Entschädigungsverhandlungen vollen Umfanges verwirkt. Ähnliche Regelungen enthalten § 12 II, § 15 II AWaB, § 10 III, § 14 F B U B . In diesen Fällen war die Rechtsprechung schon vor Inkrafttreten des A G B - G zu einer Auflockerung der Verstoßfolgen geschritten, was im Bereich der vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung eher möglich war (vgl. Prölss-Martin 23 § 16 A F B Anm. 6; Martin Χ I 19-21; Sieg ZVersWiss 1973 S. 444-449; Horn bei Wolf-Lindacher-Horn, A G B - G , München 1984, § 23 Rdnr. 479) als im Bereich der arglistigen Täuschung (Martin X III 15-17; Prölss-Martin 23 § 16 A F B Anm. 5 a, b, c). Angesichts dieser gefestigten Judikatur ist das Alles-oder-NichtsPrinzip so reduziert, daß eine Messung an § 9 A G B - G nicht notwendig ist (Horn a.a.O. § 23 Rdnr. 508). Einzelheiten gehören nicht hierher, da es sich nicht um ein Spezifikum der Feueroder Betriebsunterbrechungsv handelt. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Anm. Β 13. Zu A 41: Da die Einschränkungen der Verwirkung des Vsanspruchs gerade im Bereich der Feuerv von der Rechtsprechung entwickelt worden sind und sie große Bedeutung für die Uberwindung des Alles- oder Nichtsprinzips im Obliegenheitsrecht haben, wird die Entwicklung unter G 139-141 dargestellt. [A 42] d) Beanstandungen von AVB durch Literaturstimmen Martin A IV 43 listet weitere AFB-Regelungen auf, die angeblich einer Inhaltskontrolle nach § 9 II Ziff. 1 A G B - G nicht standhalten; ihm ist Horn a.a.O. § 23 Rdnrn. 506ff. und derselbe: Die Allgemeinen FeuervsBedingungen (AFB) und das A G B Gesetz (Juni 1984, als Manuskript gedruckt im Dezember 1984) gefolgt. Durch die Neufassung der §§ 8 Nr. 4; 15; 17 Nr. 1 S. 1; 18 Nr. 2 A F B (VerBAV 1984, S. 389ff.), die bereits in A 24 berücksichtigt worden ist, ist ein Teil der Mónita von Martin und Horn erledigt. Martins (Β II 5) Polemik gegen § 1 (4) A F B (auch Abhandenkommen a u ß e r h a l b des Vsorts müsse gedeckt sein) geht schon deshalb fehl, weil sich diese Bestimmung mit dem Gesetz deckt: § 83 I letzter Satzteil. Aus § 8 A G B - G ergibt sich, daß mit dem Sieg/Johannsen

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Α. Überblick

A n m . A 43

Gesetz ü b e r e i n s t i m m e n d e Klauseln nicht nach §§ 9-11 kontrollierbar sind: Brandner in Festschrift für F. Hauß zum 70. Geburtstag, Karlsruhe 1978, S. 4. - Das Ausgeführte gilt auch für § 1 (4) AWaB. Ferner versteht Martin VersR 1984 S. 1110 § 1 (6) AFB falsch. Diese Bestimmung handelt nur vom Hauptschaden und will besagen, daß mangels abweichender Vereinbarung nur für den Substanzschaden gehaftet wird. Die Bestimmung bezieht sich daher nicht auf Nebenschäden (Rettungskosten, Schadenermittlungskosten), schließt deren Ersatz daher nicht etwa aus, so daß ein Widerspruch zu §§ 63, 66 nicht vorhanden ist (so aber Martin Β I 5; W I X 11, 12). Auch Raiser § 1 Rdnr. 53 legt § 1 (6) AFB aus, wie hier geschehen. Für unzutreffend halte ich auch Martins (Q I 26-29) Kritik daran, daß § 3 (1) AFB bei der Berechnung des Ersatzes auf den Zeitpunkt des V s f a l l s abstellt (dasselbe gilt für § 4 (1) AWaB). Im Wesen des Substanzschadens liegt seine Statik, die Abstellung auf einen bestimmten Bezugspunkt. Anderenfalls verwischen sich die Grenzen zu Nutzungsausfall- und Kostenaufwandsschäden (vgl. unten Anm. C 18). Der Hinweis Martins auf § 55 geht fehl: abgesehen davon, daß ein Sinken der Preise nach Eintritt des Vsfalls kaum praktisch werden dürfte, ist auch verkannt, daß das sogenannte Bereicherungsverbot vernünftige Wertabreden nicht ausschließt, wenn nur die Grenze zu Spiel und Wette gewahrt bleibt (vgl. unten Anm. C 9). Martin (X II 48, 49) meint ferner, § 13 I c AFB verstoße insofern gegen § 66, als er dem Vmer auferlege, auf Verlangen des Vers das dort näher umschriebene Verzeichnis auf seine K o s t e n vorzulegen. Auch in dieser Beziehung verstoßen die AFB jedoch nicht gegen § 66, denn der Vmer ist beweispflichtig nicht nur für den Grund, sondern auch für die Höhe des Anspruchs, folglich muß er zunächst entsprechende substantiierte Behauptungen aufstellen. Das betreffende Verzeichnis ist nichts anderes als die schriftliche Behauptung. Martin kann ich allenfalls darin zustimmen, daß der Ver mit dem Verlangen der Vorlage eines beglaubigten Grundbuchauszuges (so § 13 I c letzter Satz AFB, § 12 Ic AWaB) zu weit gehen würde, weil dem Vmer unnütze Kosten entstehen. Der Ver mag das Grundbuch einsehen, wozu er nach § 12 G B O legitimiert ist. [A43]

e) Kontrollverfahren

Die Vereinbarkeit von AVB mit dem A G B - G kann im Wege der Inzidentkontrolle in einem Einzelstreit gerichtlich überprüft werden, wenn die Entscheidung von der Gültigkeit einer AVB-Bestimmung abhängt. Die §§ 13-22 A G B - G schaffen daneben die Möglichkeit a b s t r a k t e r Normenkontrolle (die der einzelne nicht in die Wege leiten kann), wie wir sie eine Stufe höher (d.h. im Verhältnis zwischen Gesetz und Grundgesetz) aus Art. 93 I Ziff. 1-4 G G kennen. Die reiche Judikatur zu § 13 A G B - G hat es mehrfach damit zu tun gehabt, ob Schriftformklauseln mit § 9 A G B - G vereinbar sind, vgl. Seifert BB 1982 S. 465; Hennig und Jarre BB 1981 S. 1161-1162. Hierauf ist unter Anm. D 21-24 zurückzukommen. Zu A 43: Gemäß Art. 3 des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. XI. 2001 (BGBl. I S. 3138) sind die §§ 13-22 AGB G ab. 1.1.2002 durch das Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz UKlaG) ersetzt werden.

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Sieg/Johannsen

Anm. A 45

II. Rechtsgrundlagen

[A 44] f) Intensität der Inhaltskontrolle Leider ist festzustellen, daß das Zauberwort vom Verbraucherschutz dazu dient, mittels § 9 A G B - G j e d e dispositive Gesetzesvorschrift einer halbzwingenden anzunähern. Das leugnet zwar Martin VersR 1984 S. 1110-1111, aber die unreflektierten Kataloge von AVB-Bestimmungen, die das BAV als mit dem A G B - G im Widerspruch stehend ansieht, erweisen die geäußerte Befürchtung als zutreffend. Das Konzept der Aufsichtsbehörde ist deshalb nicht zutreffend, weil ja das A G B - G kein spezifisches Verbraucherschutz-G ist (man denke nur an die manchmal rigorosen Einkaufsbedingungen von Händlervereinigungen, wo die Kontrolle keineswegs dem Schutz der Konsumenten dient) und überdies die g e s e t z l i c h e n Schranken der Inhaltskontrolle überhaupt nicht beachtet werden. Das BAV sieht zu sehr auf den R a h m e n der Kontrolle (§ 8 A G B - G ) als auf deren weitere Voraussetzungen (§ 9). Eine AVB-Bestimmung ist nicht deshalb zu beanstanden, weil sie vom W G abweicht, sondern nur, wenn der Vmer dadurch entgegen den Geboten von Treu und Glauben u n a n g e m e s s e n b e n a c h t e i l i g t wird: § 9 1 A G B - G . Diese Beschränkung erweitert § 9 II Ziff. 1 in dem Sinne, daß nur eine Abweichung von w e s e n t l i c h e n Grundgedanken der gesetzlichen Regelung die Kontrollfähigkeit eröffnet. Im letzteren Falle soll überdies eine unangemessene Benachteiligung nur im Z w e i f e l vorliegen, also nicht stets (§ 9 II Ziff. 2 scheidet offensichtlich als Grundlage für die Monierungen des BAV aus; unzutreffend daher Ollick in der Buchbesprechung VerBAV 1979 S. 419). Uberhaupt ist auf die Technik des Vsgeschäfts Rücksicht zu nehmen. Erwägungen dieser Art vermißt man in den Katalogen angeblich verbesserungsbedürftiger ÁVB-Regelungen, die das BAV aufgestellt hat. Das A G B - G darf nicht als Vehikel benutzt werden, die Vswirtschaft noch weiter zu disziplinieren, als auf Grund extensiver Interpretation des VAG bereits geschehen ist. Das BVerwG 14. X. 1980 VersR 1981 S. 221-227 (223) hat auf die Übereinstimmung des Wertungsgesichtspunkts in § 8 I Ziff. 2 VAG und in § 9 I A G B - G hingewiesen. Die in dieser Entscheidung enthaltene restriktive Auslegung der „ausreichenden Wahrung der Vtenbelange" wird viel zu wenig beachtet. Das BVerwG bezieht sich sowohl auf § 9 II Ziff. 1 als auch auf § 9 II Ziff. 2 A G B - G . Zu letzterer Bestimmung einige weitere Bemerkungen: Der Ver darf niemals zur Übernahme von unkalkulierbaren Risiken gezwungen werden. - Es gilt abzuwägen zwischen den Nachteilen, die die betreffende AVB-Vorschrift vielleicht wenigen Vmern zufügt, und den Vorteilen, die die große Masse der Vmer in Gestalt günstiger Prämien erzielt (allerdings muß die Prämienkalkulation nach Gesichtspunkten erfolgen, die sich mit Treu und Glauben vereinbaren lassen: B G H 3. III. 1982 VersR 1982 S. 482,484). Das Gesagte gilt auch gegenüber den Bestandungen von Horn, Die Allgemeinen FeuervsBedingungen (AFB) und das AGB-Gesetz (Juni 1984, als Manuskript gedruckt im Dezember 1984). Oben wurde gesagt, daß die Tendenz des BAV dahin gehe, nachgiebige Vorschriften zu halbzwingenden zu machen. Ein Unterschied bleibt bestehen: Einzelvertraglich kann von nachgiebigen Vorschriften, mögen sie auch durch AVB verfestigt sein, abgewichen werden, und auf diese Abweichung kann sich auch der Ver berufen (Grenze: unten Anm. A 48), hingegen kann sich der Ver auf einzelvertragliche, den Vmer belastende Abweichungen von halbzwingenden Vorschriften nicht berufen. [A 45] g) Verhältnis zu § 187 W G Soweit Regelungen der AVB der Kontrolle nach § 9 A G B - G nicht standhalten, werden aus dispositiven Vorschriften praktisch halbzwingende. Den umgekehrten Sieg/Johannsen

193

Anm. A 46

Α. Überblick

Weg geht § 187 II. In der laufenden V werden halbzwingende Vorschriften zur Disposition der Parteien gestellt. Da die Feuerv als laufende nicht selten ist (man denke namentlich an die Fremdrechnungsven, die Spediteure, Kommissionäre, Lagerhalter, Pfandleiher für ihre Kunden eingehen), ist hier die Frage zu prüfen, ob auch durch § 187 II freigegebene AVB-Bestimmungen der Kontrolle nach § 9 A G B - G unterliegen. Prölss-Martin 23 § 187 Anm. 2 B c bejahen mit der Einschränkung, daß Unangemessenheit nach jener Vorschrift einer genauen Begründung bedürfe. Dem ist zuzustimmen. Die Dispositionsfreiheit, die § 187 II eröffnet, wird damit begründet, daß auf Vmerseite geschäftsgewandte Kaufleute beteiligt sind. Nach § 24 A G B - G sind aber AGB auch Kaufleuten gegenüber der Kontrolle nach § 9 ausgesetzt. Deshalb bedeutet also § 187 II nicht schlechthin Exemtion der laufenden V von AGB-G - Kontrolle; ebenso B G H 9. V. 1984 VersR 1984 S. 830-833 = BB 1984 S. 1320-1321, die laufende CMR-Haftpflichtv betreffend. Die Entscheidung brauchte sich allerdings nicht auf § 9 II Ziff. 2 A G B - G (Ziff. 1 wird eigenartigerweise nicht erwähnt) zu stützen, weil der abbedungene § 6 W G ohnehin zum ordre public gehört. Es ist nicht zu verkennen, daß § 187 II damit einen Teil seiner ursprünglichen Bedeutung einbüßt. Gerade deshalb muß seine verbleibende Tragweite geklärt werden. Sicher ist, daß nicht abänderungsfähig sind Bestimmungen, 1. die bei Verstößen Nichtigkeit des gesamten Vertrages vorsehen (§§ 51 III, 59 III), 2. die im Interesse Dritter erlassen sind (der Realrechtsgläubiger in der Feuerv), 3. die dem ordre public angehören (Beispiel: Verschuldenserfordernis, wenn aus Obliegenheitsverletzungen Leistungsfreiheit hergeleitet wird; B G H 15. VI. 1951 B G H Z Bd 2 S. 336, 341; O L G Hamburg 28. V. 1970 VersR 1970 S. 1150, 1152; Sieg VersR 1963 S. 1094; derselbe BB 1970 S. 10). [A 46] Zweifelhaft ist die Geltung von § 187 II im Hinblick auf absolut zwingende Vorschriften, die aber nicht im Interesse der Gesamtheit normiert sind (§§ 81 III 1, 87, 89). Hier nimmt die herrschende Lehre an, daß sich die Parteien über diese bei laufender V hinwegsetzen können (Prölss-Martin 23 § 187 Anm. 1; Ehrenzweig S. 22; Bruck S. 20-23. Anders v. Gierke I S. 34; v. Kottwitz, Die laufende V, Diss. Hamburg 1976, S. 40-42). Der angeführten herrschenden Lehre ist zu folgen, in dubio pro libertate. So im Ergebnis auch R G 8. VI. 1928, besprochen von Martin VersPrax 1928 S. 91 (über § 89 kann in laufender V hinweggegangen werden; das Urteil hätte allerdings auch darauf gestützt werden können, daß Transportv von Gütern vorlag; dann wäre die taxierte Gewinnv nach § 57 unbedenklich gewesen). Hier wird also der Freiheitsraum, den § 187 II gegenüber sonst zwingenden Vorschriften eröffnet, durch § 9 A G B - G relativiert. Wegen der Anwendbarkeit von § 9 A G B - G hat es heute wenig Wert, eine Feuerv als Transportv zu tarnen, um halbzwingenden Vorschriften kraft § 187 I zu entgehen. Als Kriterium, ob echte Transportv oder getarnte Feuerv vorliegt, gilt, ob stationäre Risiken oder Risiken auf dem Transport bzw. in Transportbereitschaft unter Vsschutz gebracht worden sind: KG 8. X. 1924 JRPV 1924 S. 84; K G 6. VI. 1925 J R P V 1925 S. 253; Raiser, Allgemeine Vorbemerkungen Rdnr. 12. Zu A 45-46: § 187 hat mit Wirkung vom 1. VII. 1990 (BGBl I S. 249) folgende Fassung erhalten: Die in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen der Vertragsfreiheit sind auf die in Artikel 10 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Gesetz über den Versicherungsvertrag genannten Großrisiken nicht anzuwenden. 194

Sieg/Johannsen

Anm. A 48

II. Rechtsgrundlagen

Für den Begriff des G r o ß r i s i k o s verweist Art. 10 I E G W G zunächst auf die Anlage A zum VAG über die Einteilung der Risiken nach Vssparten und stellt für die dort genannten Schadenven, darunter auch die Feuerv, auf eine bestimmte Betriebsgröße des Vmers ab. Diese muß zwei der folgenden Merkmale überschreiten: 2,2 Mio E C U Bilanzsumme, 12,8 Mio E C U Nettoumsatzerlöse, im Durchschnitt des Wirtschaftsjahres 250 Arbeitnehmer. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist gegenüber der alten Fassung wesentlich größer geworden. Eine erhebliche inhaltliche Änderung ist aber nicht erfolgt. Die Vorschrift ist nach den bisherigen Grundsätzen auszulegen (BGH 2. XII. 1992 B G H Z 120 S. 290-299 = VersR 1993 S. 223-225; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 187; Schwintowski in BK R N 4 z u § 187). Die die Vertragsfreiheit beschränkenden Bestimmungen, die nach § 187 wirksam abbedungen werden können, behalten in Ausnahmefällen auf Grund ihrer Leitbildfunktion nach § 9 A G B G Geltung. Das hat der B G H aaO. für das Verschuldenserfordernis des § 6 angenommen (keine Leistungsfreiheit in der Warenkreditv, wenn Saldenmitteilungen unverschuldet oder leicht fahrlässig nicht rechtzeitig abgegeben werden; vgl auch B G H 3. VI. 1992 B G H Z 118 S. 275-282 = VersR 1992 S. 10891091; dort ist allerdings eine Abbedingung von § 6 nicht festgestellt worden). [A 47] h) Verhältnis zu § 192 W G Die öffentlichrechtlichen Monopolanstalten leben nach § 192 I nach Landesrecht. Verwenden sie AVB, so kommt es für die Anwendung von § 9 II A G B - G darauf an, ob diese den Vten gegenüber dem betreffenden L a n d e s r e c h t unangemessen benachteiligen. Offentlichrechtliche W e t t b e w e r b s ans tal ten können in Landesgesetzen von zwingenden oder halbzwingenden Vorschriften des W G abweichen (was aber kaum geschieht, für Sparten auch außerhalb der Gebäudefeuerv laut § 32 IV Preußisches Sozietätengesetz in dessen Geltungsbereich nicht geschehen darf). Ihre AVB und ihre Satzungen sind aber laut § 9 II A G B - G am W G zu messen (Prölss-Martin 23 § 192 Anm. 3 b; Sieg VersR 1977 S. 489), so daß § 192 II praktisch leer läuft. Zu A 47: § 192 ist durch das 3. DurchführungsG/EWG zum VAG vom 21. VII. 1994 (BGBl. I S. 1662) aufgehoben worden, vgl. dazu Anmerkung zu Β 1 und 2. [A48] 11. Einzelvertragliche Abweichungen von AVB oder von Geschäftsplanmäßigen Erklärungen Solche Abweichungen sind privatrechtlich wirksam, zuungunsten des Vmers allerdings nur, soweit nicht von zwingendem oder halbzwingendem Recht abgewichen wird (Prölss-Martin 23 Vorbemerkung I 6d). Im übrigen hat die Abweichung des Vers von seinem Geschäftsplan aufsichtsrechtliche Wirkung (v. Wiek VerBAV 1980 S. 303), was auch beim Verstoß gegen § 10 III VAG gilt (Prölss-Schmidt-Frey 9 § 10 Rdnr. 19; Goldberg-Müller, VAG Berlin 1980, § 10 Rdnr. 76). Man wird § 10 III VAG als Schutzgesetz im Sinne des § 823 II B G B auffassen können, so daß der dagegen verstoßende Ver, wenn die übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind, schadenersatzpflichtig wird. Günstiger für den Vmer ist es allerdings, seinen Anspruch bei dieser Konstellation auf culpa in contrahendo zu stützen (der hier oft einem Erfüllungsanspruch gleichkommt), weil dem Ver in solchem Sieg/Johannsen

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Anm. A 50

Α. Überblick

Fall der Entlastungsbeweis nach § 831 B G B abgeschnitten ist. (Gegenzurechnen ist allerdings gegebenenfalls der Prämienvorteil, den der Vmer bei d i e s e m Ver im Verhältnis zum Marktpreis erzielt hat). Dem entspricht B G H 23. IX. 1981 VersR 1982 S. 37-38, wo der B G H dem Vmer einen Anspruch aus positiver Forderungsverletzung zuspricht, weil der Vertreter anläßlich einer Vertragsänderung nicht neue, für den Vmer günstigere, AVB in den Vertrag eingeschleust hatte. Zu A 48: Diese Ausführungen haben für nach dem 1. VII. 1994 abgeschlossene Verträge keine Bedeutung mehr. § 10 VAG ist durch das 3. DurchführungsG/EWG zum VAG vom 21. VII. 1994 (BGBl. I S. 1630) völlig umgestaltet worden (vgl. dazu Reimer Schmidt in Prölss VAG 1 1 R N 1-15 zu § 10). Eine § 10 III der vorigen Fassung entsprechende Regelung besteht nicht mehr.

III. Geschichte [A 49] 1. Feuerversicherung a) Spezialliteratur F. Büchner in Grundprobleme des Vsrechts, Festgabe für H. Möller zum 65. Geburtstag, Karlsruhe 1972, S. 111-135, Ebel, Die Hamburger Feuerkontrakte und die Anfänge des deutschen Feuervsrechts, Weimar 1936; O. v. Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, Bd 1, Berlin 1868; Bd 2, Berlin 1873; Riebesell, Geschichte der Hamburger Feuerkasse 1676-1926, Hamburg 1926; Schaefer, Urkundliche Beiträge und Forschungen zur Geschichte der Feuerv in Deutschland, 2 Bände, Hannover 1911; Schmitt-Lermann, Der Vsgedanke im deutschen Geistesleben des Barock und der Aufklärung, München 1954; Trenerry, The Origin and early History of Insurance, London 1926. In zahlreichen Werken hat sich Η elm er um die Erforschung des Ursprungs der Feuerv verdient gemacht. Seine verschiedenen einschlägigen Darstellungen sind im folgenden jeweils v o l l s t ä n d i g zitiert. [A 50] b) Bis Ende des Mittelalters aa) Sippe und Nachbarschaft Sehen wir die entgeltliche Zusammenfassung gefährdeter Risiken zum Zwecke selbständiger, ohne Bedürftigkeitsprüfung eingreifender Bedarfsdeckung als Wesen der V an, so können wir die Feuerv höchstens bis in das 15. Jahrhundert rückdatieren. Mag auch in den schon weit vorher ausgeprägten Sippen und Nachbarschaften die gegenseitige Hilfe bei Bränden üblich oder sogar Gewohnheitsrecht gewesen sein, so war diese Einstandspflicht aber nicht der primäre Zweck der Gemeinschaftsbildung; die B r a n d h i l f e stellte sich als ein (nicht einmal essentieller) Ausfluß der u m f a s s e n den U n t e r s t ü t z u n g s p f l i c h t der Mitglieder untereinander dar, die sich nicht auf den Vermögensbereich beschränkte, sondern die weitgehende Auswirkungen im Familien- und Erbrecht sowie in dem Gebiet hatte, das wir heute zum öffentlichen Recht zählen. Auch fehlen r e l i g i ö s e Z ü g e nicht (Büchner S. 117-121; Helmer in Internationales Vsrecht, Festschrift für Albert Ehrenzweig, Karlsruhe 1955, S. 58; O. v. Gierke I S. 13, 28). 196

Sieg/Johannsen

Anm. A 52

III. Geschichte

Zuweilen fehlt es auch deshalb am Merkmal der V, weil nur dem B e d ü r f t i g e n geholfen wird, so bei den Nachbarschaften, die nicht mehr auf die Blutsgemeinschaft gegründet waren. In allen diesen Fällen kann man also nur von V o r l ä u f e r n der V sprechen. [A 51] bb) Allgemeine Gilden Das gilt auch von den die Sippe und die Nachbarschaft ablösenden G i l d e n , die zwar auf gewillkürtem Zusammenschluß beruhen, aber zunächst noch den ganzen Menschen ergriffen (O. v. Gierke I S. 226-237). Immerhin kommen diese Gilden der eigentlichen V dann näher, wenn regelmäßige Beiträge eingezogen wurden, was zuweilen vorkam (O. v. Gierke I S. 230; Büchner S. 121). - Das oft zitierte C a p i t u l a r K a r l s des G r o ß e n von 779 (O. v. Gierke I S. 224) erwähnt zwar ausdrücklich Gilden, deren Mitglieder sich bei Brand und Schiffbruch helfen wollen, besagt aber nicht, daß das die einzigen oder auch nur wesentliche Zwecke der Gilden waren, ganz zu schweigen von dem Bedenken, daß nicht klar wird, ob es sich lediglich um eine Bedürftigenhilfe handelte (die Entgeltlichkeit könnte man in der von jedem Gildegenossen seinerseits zugesagten Hilfeleistung erblicken). Die G i l d e n als V aufzufassen, ist auch deshalb n i c h t a n g ä n g i g , weil die innerhalb ihrer gewährte Brandhilfe oft eher den Charakter einer Gefahrenabwehr im polizeilichen Sinne als den einer vermögensrechtlichen Entschädigung hatte. Das Capitular von 779 wie auch eine Rechtsquelle aus dem Jahre 805 (veröffentlicht bei O . v. Gierke I S. 326f. Ν . 57) sind von Mißtrauen gegen die Gilden geprägt. Der Staat fürchtete organisierte Verbände außerhalb seiner als Gegenmacht. Gleichwohl gelang der Versuch einer Unterdrückung nicht. Die Gilden und B r u d e r s c h a f t e n , diese in geistliche und weltliche gespalten, haben noch jahrhundertelang bestanden (O.v. Gierke I S. 237). Aus den weltlichen Bruderschaften gingen am Beginn des 12.Jahrhunderts die S c h u t z g i l d e n hervor (O. v. Gierke I S. 240), wofür namentlich aus Schleswig-Holstein und Dänemark Zeugnisse vorhanden sind (Helmer, Grundlinien der Geschichte der V in „Internationales Vsrecht", Festschrift für A. Ehrenzweig, Karlsruhe 1955, S. 60). Etwa aus der gleichen Zeit, d. h. seit 1100, sind einschlägige Rechtsbelege aus Flandern, Island und Schweden bekannt. Es handelt sich um Aufzeichnungen von Gewohnheitsrecht u.a. über die B r a n d h i l f e , die auf der G e m e i n d e als Gemeinschaft aufbaut (Trenerry S. 252f., S. 259; Büchner S. 123; Helmer, Grundlinien S. 59). Die Aufgaben der Schutzgilden übernehmen später die G e w e r b e - u n d H a n d w e r k s g i l d e n (Vorläufer der Zünfte): O . v. Gierke I S. 240-246; Büchner S. 123. [A 52] c) Brandgilden Während die Schutzgilden nicht nur gegen Feuersgefahr, sondern auch gegen andere Unbill Schutz boten, ist das bei den Brandgilden, wie schon ihr Name bezeugt, anders. Sie sind eine typisch schleswig-holsteinische Bildung (Helmer, Entstehung und Entwicklung der öffentlichrechtlichen Brandvsanstalten in Deutschland, Jena 1936, S. 8-18; Helmer, Grundlinien S. 60), gekennzeichnet durch starke Betonung der Brandverhütung, jedenfalls in späteren Satzungen. Bemerkenswert für unseren Zusammenhang ist die im 17. Jahrhundert erfolgende Ersetzung der Naturalleistung durch G e l d e n t s c h ä d i g u n g (Schaefer, Urkundliche Beiträge und Forschungen zur Geschichte der Feuerv, Bd 1, Hannover 1911, S. 42) und die Staffelung der Umlagen nach der Größe der Objekte. Die Brandgilden sind, sofern sie Rechtsansprüche gewähren, am ehesten mit den kleineren Vsvereinen heutiSieg/Johannsen

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Anm. A 54

Α. Überblick

ger Prägung zu vergleichen (wenngleich auch eine organschaftliche Struktur noch fehlt). Das Hineinspielen ö f f e n t l i c h e r E l e m e n t e und zuweilen auch g e s e l l i g e r N e b e n z w e c k e (Schaefer I S. 168) lassen erkennen, daß die Parallelität zu den Vsvereinen allerdings unvollkommen ist. Sergowskij, Einführung in die Theorie der Feuerv, 2. Aufl., Prag 1931, S. 13 meint treffend, die V beginne, wo die Aufteilung eines Schadens aus Vorausbeiträgen dem Eintritt des Schadens vorangehe (mögen auch vielleicht noch später Umlagen erforderlich sein). Daß die allgemeinen Schutz- und die Brandgilden auf den nordischen Raum beschränkt waren, ist darauf zurückzuführen, daß hier die Obdachlosigkeit infolge eines Brandes einschneidender fühlbar wurde. [A 53] d) H a m b u r g e r General-Feuer-Cassa aa) Vorläufer Die Finanzkraft der Brandgilden war schwach, was sich vor allem in den Städten ungünstig auswirkte. In Hamburg schlossen sich im Jahre 1591 101 Eigentümer von Brauhäusern (Brauerei war einer der hauptsächlichen Erwerbszweige dieser Stadt) zu einem sogenannten F e u e r k o n t r a k t zusammen, der sowohl für das Vertragsrecht als auch (in seiner weiteren Entwicklung) für das Unternehmensrecht der V bahnbrechend wurde (Ebel S. 7ff.; Helmer, Entstehung und Entwicklung der öffentlichrechtlichen Brandvsanstalten, Jena 1936 S. 32-43). Von vornherein wurde als Zweck des Feuerkontraktes auch die S i c h e r u n g d e s R e a l k r e d i t s genannt, die Wiederaufbauklausel wurde eingeführt. Nebenzwecke geselliger Art wurden nicht mehr verfolgt. Andere Kontrakte (Vsgemeinschaften) folgten. Einer aus dem Jahre 1620 ließ die Mitv zu unter Verbot der Doppelv (Ebel S. 10-15), ein Sondervermögen der Gemeinschaft wurde gebildet (Ebel S. 18). Ein bedeutsames Datum in der Entwicklung stellt das Jahr 1637 dar. Ein Kontrakt unter diesem Datum sah vor, daß die Entschädigung nicht mehr durch die Betroffenen unmittelbar, sondern durch die Altesten eingetrieben wurde. Damit hatte sich die o r g a n s c h a f t l i c h e V e r f a s s u n g durchgesetzt und war der letzte Schritt in Richtung auf den heutigen W a G getan (Ebel S. 15-18,21, 24). [A 54] bb) G r ü n d u n g und Entwicklung Der große Londoner Brand von 1666 ließ die finanzielle Schwäche der e i n z e l n e n Feuerkontrakte erkennen und gab Veranlassung, über deren Vereinigung nachzudenken. Als Frucht dieser Erwägungen wurden in Hamburg die bestehenden etwa 46 Feuerkontrakte 1676 zur G e n e r a l - F e u e r - C a s s a zusammengeschlossen (Ebel S. 3 ff.; Helmer, Entstehung und Entwicklung der öffentlichen Brandvsanstalten, Jena 1936 S. 45-48). Sie ist die unmittelbare Vorläuferin der Hamburger Feuerkasse und deshalb so bedeutsam, weil sie sich als die einzige lebensfähige Gründung jener Zeit erwies, die u.a. den großen Hamburger Brand von 1842 überstand (vgl. Riebeseil H a n s R G Z A 1942 Sp. 73-80). Die Einführung von Schätzungskommissionen zur Feststellung eines Schadens, der Ausbau des Ersatzes von Rettungsaufwand (auch Körperschäden umfassend) sind charakteristische fortwirkende Züge der bei der General-Feuer-Cassa bestehenden Vsverhältnisse, die auf diese Weise in das Schuldrecht hineinwuchsen (Ebel S. 41). Bedeutungsvoll für die Weiterentwicklung wurde der im Jahre 1817 eingeführte V s z w a n g und die seit 1831 zugelassene N e u w e r t v (Büchner in Ausblick und Rückblick, Erich R. Prölss zum 60. Geburtstag, München 1967, S. 115-116). Wann die Cassa ö f f e n t l i c h r e c h t l i c h e n Status erhielt (Helmer, Entstehung und Entwicklung der öffentlichrechtlichen Brandvsanstalten, Jena 1936, S. 46 hält die 198

Sieg/Johannsen

Anm. A 57

III. Geschichte

General-Feuer-Cassa von ihrer Gründung an für eine öffentlichrechtliche Anstalt, woraus er daselbst S. 146 folgert, daß die Übertragung des Feuerlöschwesens auf die Kasse im Jahr 1820 als Maßnahme staatlicher Aufgabenverteilung zu werten ist), ist umstritten, nicht zuletzt deshalb, weil die Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Recht fließend sind. [A 55] e) Weitere öffentlichrechtliche Gründungen aa) Projekte Das Hamburger Vorbild übte eine große Anziehungskraft aus. Die Landesfürsten standen unter dem Einfluß des Merkantilismus der Gründung von öffentlichen Feuervsanstalten aufgeschlossen gegenüber, oft zu dem erklärten Zweck, Staatszuschüsse an Brandgeschädigte zu vermeiden und deren Steuerkraft trotz des Feuerschadens zu erhalten (Schaefer, Urkundliche Beiträge und Forschungen zur Geschichte der Feuerv in Deutschland, Bd 2, Hannover 1911, S. 78-79). Viele Pläne blieben allerdings im Stadium des Projekts stecken (Schmitt-Lermann S. 47, 119-123, 137-140; Schaefer II S. 111), teils mangels genügender theoretischer Fundierung, teils wegen der Ablehnung durch die Bevölkerung, die in den Vsbeiträgen verkappte Steuern sah bzw. eine Zunahme von Brandstiftungen befürchtete, teils aber auch wegen ungenügender Vorbereitung des Beamtenapparats für diese Aufgabe (Schaefer II S. 143, 153; Helmer, Entstehung und Entwicklung der öffentlichrechtlichen Brandvsanstalten, Jena 1936 S. 62-65). [A 56] bb) Sozietäten Von den geglückten und weiterwirkenden Gründungen (Ebel S. 4, 63; Helmer, Grundlinien, S. 61) sei hier nur die 1718 ins Leben getretene B e r l i n e r F e u e r s o z i e t ä t genannt. Sie arbeitete nach dem Umlageverfahren mit Beitrittszwang unter Verwendung der W i e d e r a u f b a u k l a u s e l (Schaefer II S. 166; Helmer, Entstehung und Entwicklung der öffentlichrechtlichen Brandvsanstalten, Jena 1936, S. 66; Schmitt-Lermann S. 78-80). Die Berliner Feuersozietät wurde das Muster für weitere Anstaltsgründungen auf preußischem Boden. Diese Entwicklung verlief in den Städten rascher als auf dem Lande, wo überdies der Beitrittszwang nicht lückenlos eingeführt wurde (Helmer a.a.O. S. 72). Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts überzog ein d i c h t e s N e t z von Sozietäten das Gebiet der deutschen Länder, bemerkenswert die Uberführung bayerischer Sozietäten in die Allgemeine Brandvsanstalt im Jahre 1811 (Helmer a.a.O. S. 85). Für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts sind Satzungsänderungen charakteristisch, wonach unter Lockerung des Beitrittszwangs ein Annahmezwang der Sozietät eingeführt wird (Helmer a.a.O. S. 90-102), ein Zeichen für liberales Gedankengut. [A57] c) Neuere Zeit aa) Gründungen Die erwerbswirtschaftliche V trat in der Feuerv erst spät auf den Plan. Die früheste Gründung ist die nach englischem Vorbild in Hamburg errichtete Erste Hamburger Assecuranz-Compagnie für Seerisiko und Feuergefahr (1765, Helmer, Grundlinien S. 66). Dieser sowie auch kurze Zeit darauf folgenden Gründungen in Lübeck und Bremen (Helmer, Grundlinien S. 66) war jedoch kein langes Leben beschieden. Die Zeit zwischen 1812 und 1825 ist durch die Gründung von Gesellschaften gekennSieg/Johannsen

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Anm. A 60

Α. Überblick

zeichnet, die als Ursprung noch heute bestehender Unternehmungen anzusehen sind, so die Berlinische Feuervsanstalt (1812), die Leipziger Feuervsanstalt (1819), die Aachener (1825): Helmer, Entstehung und Entwicklung der öffentlichrechtlichen Brandvsanstalten, Jena 1936 S. 144. [A 58] bb) Deckungsinhalt Die erwerbswirtschaftlichen Unternehmungen arbeiteten von vornherein mit f e s t e n P r ä m i e n (Helmer, Grundlinien S. 65) und gewährten volle Deckung, verlangten also keine Selbstbeteiligung. Es wäre jedoch unrichtig anzunehmen, daß die A G den W a G aus dem Felde geschlagen hätte, vielmehr weist auch die Gegenseitigkeitsform bis in unsere Zeit weiterwirkende Gründungen auf, so die Mecklenburgische Hagel- und Feuerv (Neubrandenburg 1797) und die „Gothaer" (1821). Gedeckt wurden hauptsächlich k o m m e r z i e l l e R i s i k e n , die V privater Habe war noch nicht populär (Helmer, Entstehung und Entwicklung der öffentlich-rechtlichen Brandvsanstalten, Jena 1936, S. 114). Als im Zeichen des Liberalismus Vsmonopole und der Gebäudevszwang eingeschränkt wurden (in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts) wandten sich auch private Vsunternehmen dem Immobiliarrisiko zu. Die öffentlichrechtlichen Ver antworteten damit, daß sie nunmehr auch Mobilien deckten, so als erste 1863 die Westfälische Provinzial-Feuersozietät (Helmer a.a.O. S. 123-124). Seit 1910 durften die preußischen Sozietäten auch a n d e r e V s z w e i g e betreiben (Helmer a.a.O. S. 141). Die Mitglieder des 1871 gegründeten Verbands deutscher privater Feuervsgesellschaften (Konkurrent zu dem 1869 gegründeten Verband der öffentlichrechtlichen Feuervsanstalten Deutschlands) einigten sich 1874 erstmals auf V e r b a n d s b e d i n g u n g e n . An deren Änderung 1884-1886 wurden Repräsentanten der Vmer beteiligt. [A 59] g) Insbesondere: Waldbrandversicherung Mit der Geschichte der Waldbrandv befaßt sich Graf VW 1973 S. 4 3 7 ^ 4 0 . Danach wurde diese Vsart in Deutschland seit 1825 betrieben. Früher wurde bei den stehenden wachsenden Beständen Deckung entweder nur für den Wert der Waldung oder für die Wiederaufforstungskosten geboten (S. 439-440). Heute gilt der Holzwert als die Mindestgrenze des u. a. auf die Kultur- und Nachbesserungskosten aufbauenden Vswerts ( § 3 1 Abs. 2 AWaB). - Seit 1907 bieten auch öffentlichrechtliche Ver diese Deckung an, stets als Wettbewerbsv. [A 60] h) Insbesondere: Hypothekeninteresseversicherung § 105 hat erst durch V O vom 28. XII. 1942 (RGBl I 1942 S. 740) seine jetzige Fassung erhalten. Er sieht unter den dort genannten Voraussetzungen die Fortsetzung der Gebäudefeuerv durch den Realgläubiger bzw. den Neuabschluß durch ihn vor. PrölssMartin 23 § 105 Anm. 2, 5 (vgl. auch Prölss ZVersWiss 1933 S. 215-227) sprechen nur im letzteren Fall von Hypothekeninteressev, m. E. ist aber auch die fortgeführte V eine Hypothekeninteressev (ebenso Wiesinger, Die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers im privaten Feuervsrecht, Hamburg 1940, S. 67). Das von § 105 verfolgte Ziel, dem Realgläubiger auch nach Ablauf der zu seinen Gunsten laufenden Nachhaftungsfristen (§§ 102, 103) ein Surrogat für die Beschädigung oder den Untergang des Haftungsobjekts bereitzustellen, wurde früher durch den Hypothekensicherungsschein für Gebäude (vgl. Raiser § 18 Rdnrn. 55, 56) erreicht, der allerdings in § 5 Ziff. 2 nur die Fortsetzung der V kannte. 200

Sieg/Johannsen

Anm. A 63

III. Geschichte

Das Besondere an § 105 liegt darin, daß den Ver ein Annahmezwang trifft (vgl. unten Anm. D 4). Antrag auf Neuabschluß und Fortsetzungsantrag sind Anträge im Sinne der §§ 16-21, der Realgläubiger hat also die vorvertragliche Anzeigepflicht zu erfüllen: Prölss-Martin 23 § 105 Anm. 1; Begründung Deutsche Justiz 1943 S. 43. [A 61] 2. Betriebsunterbrechungsversicherung a) Vorläufer Die Betriebsunterbrechungsv ist hervorgegangen aus der Aufstockung der Feuerv dergestalt, daß ein Zuschlag von 10% zur Sachvssumme gedeckt werden konnte, der als taxierter Ausfall von Mietzinsen und zur Ermöglichung der Weiterzahlung von Zinsen gedacht war. Diese Gestaltung findet sich bei der Hamburger Generalfeuercassa seit 1817, sie ist dort etwa 100 Jahre beibehalten und auch von privaten Vern übernommen worden, wie die Entscheidungen O L G Hamburg 21. XI. 1927 JRPV 1928 S.47 als Vorinstanz gegenüber R G 8. VI. 1928 J R P V 1928 S. 198 zeigen. Selbständig wurde die Betriebsunterbrechungsv (einschließlich Mietverlustv) in Frankreich etwa seit 1860 betrieben (Chomagev = V gegen „Feiern"). Aber auch hier erfolgte keine Schadenfeststellung, sondern es wurde proportionale Entschädigung auf Grund taxierter Policen gewährt. In dieser Form zeichneten auch Lloyds' Betriebsunterbrechungspolicen, und zwar auch auf dem deutschen Markt. Hier waren allerdings in den meisten deutschen Ländern Gewinnven verboten, und selbst dort, wo sie erlaubt waren, begegneten ihnen die Ver sehr skeptisch: Stöppel, Vswirtschaftliches Studienwerk, 3. Aufl., Wiesbaden 1982, Heft 42 S. 5. [A 62] b) N a c h Inkrafttreten des V V G Das W G läßt in § 53 die Gewinnv ausdrücklich zu, lenkt sie aber, durch § 57 gemäßigt, durch § 89 stärker in Bahnen, die vom Bereicherungsverbot beherrscht werden. Das erfordert eine individuelle Schadenfeststellung. Die ersten Bedingungen dieser Art wurden 1911 genehmigt. Sie haben bis 1955 gegolten. Ihr Kennzeichen war die ausnahmslose Abhängigkeit von der Feuerv, wie heute noch die kleine Betriebsunterbrechungsv sich an eine Sachv anlehnen muß. Die große Betriebsunterbrechungsv wurde 1955 in dem Sinne verselbständigt, daß sie auch ohne Deckung der Feuerv gewährt werden kann; allerdings wird der Vsfall durch dieselben Ereignisse ausgelöst wie in der Feuerv, knüpft also an einen Sachschaden an. Auf den Zusammenhang der Betriebsunterbrechungsv mit Personenven haben Möller, Festschrift für P. Braeß zum 66. Geburtstag, Karlsruhe 1969, S. 193-195 sowie Farny in Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, 1980 S. 401 ff. aufmerksam gemacht. Uber Sonderfälle der kleinen Betriebsunterbrechungsv vgl. oben Anm. A 4. [A 63]

c) Insbesondere: Mietverlustversicherung

Bei der V von Wohngebäuden ist die Mietverlustv kostenlos eingeschlossen. Sie wird nicht als selbständiger Zweig betrieben. Das Reichsaufsichtsamt für Privatv befaßte sich vor dem ersten Weltkrieg mit der neu auftretenden Mietverlustv. Das Amt entschied 1910, daß diese V zulässig und aufsichtspflichtig sei. Die Mietverlustv in dem Sinne, daß für leerstehende Räume keine Mieter gefunden werden könnten oder daß das Risiko der Insolvenz des Mieters gedeckt wurde, ist nicht praktisch geworden, vgl. zu alledem Herold, Handwörterbuch des Vswesen, 2. Bd, 1958, Spalte 1444.

Sieg/Johannsen

201

Β. Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages Gliederung: I. Überblick Β 1 - 4 1. Ver Β 1-2 2. Vmer Β 3 - 4 a) Teileigentümer auf Grund WohnungseigentumsG Β 3 b) Bauunternehmer Arbeitsgemeinschaften Β 4 II. Mehrere Ver Β 5 - 1 5 1. Sogenannte Doppelv (§ 90) Β 5-14 a) Normative Grundlage Β 5 b) Grenzen der Anzeigepflicht Β 6 c) Person des Pflichtigen Β 7 d) Feuerv im Sinne von § 9 I AFBB8 e) Inhalt der Anzeige Β 9 f) Frist und Form der Anzeige Β 10 g) Verletzung der Anzeigepflicht Β 11-13 aa) Leistungsfreiheit Β 11 bb) Beweislage Β 12 cc) Würdigung Β 13 h) Kündigungsrecht des Vers Β 14 2. Verbot der Nebenv (§ 9 (2) AFB, § 8 (2) AWaB) Β 15 III. Offentlichrechtliche Monopolanstalten (Gebäude-Feuerv) Β 16-28 1. Rückblick Β 16 2. Bundesrecht/EG-Recht Β 17 3. Landesrecht Β 18-20 a) Allgemeines Β 18 b) Zu § 192 I Β 19-20 aa) Revisibilität Β 19 bb) Auslegung Β 20

4. Vsverhältnis Β 21-27 a) Begründung Β 21-22 b) Inhalt Β 23 c) Vertes Interesse Β 24 d) Rechtsweg Β 25-27 aa) Verwaltungsrechtsweg/ ordentlicher Rechtsweg Β 25 bb) Verfrühte Anrufung des Gerichts Β 26 cc) Obligatorisches Schiedsgutachterverfahren Β 27 5. Vsverträge bei privatrechtlichen Vern im Monopolbereich Β 28 IV. Öffentlichrechtliche Wettbewerbsanstalten (Feuer- und Betriebsunterbrechungsv) Β 29-34 1. Charakter Β 29 2. Landesrecht Β 30 3. Vsverhältnis Β 31-34 a) Begründung Β 31 b) Inhalt und Rechtsweg Β 32 c) Schiedsgerichtliches Verfahren Β 33 d) Anomalien Β 34 V. Nebenpersonen auf Vmerseite Β 3 5 - 4 0 1. Repräsentant Β 35-38 a) Begriff (Feuer- und Betriebsunterbrechungsv) Β 35 b) Repräsentantenklausel Β 36-38 aa) Inhalt Β 36 bb) Deutung Β 37 cc) Beispiele Β 38 2. Vter (Feuer- und Betriebsunterbrechungsv) Β 39 3. Realberechtigter (Feuerv) Β 40

I. Überblick [B 1]

1. Versicherer

Nach § 7 I VAG darf die Erlaubnis zum Betrieb von Vsgeschäften nur Aktiengesellschaften, Vsvereinen auf Gegenseitigkeit und öffentlichrechtlichen Körperschaften bzw. Anstalten erteilt werden, wobei nach der Gesetzesbegründung an W e t t b e w e r b s unternehmen (vgl. auch § 1 III Ziff. 4 VAG) gedacht ist. Sieg/Johannsen

203

Anm. Β 2

Β. Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

Die öffentlichrechtlichen M o n o p o l a n s t a l t e n leben sowohl aufsichtsrechtlich als auch individualrechtlich nach Landesrecht. § 192 I zählt auf Vsverhältnisse, die unmittelbar kraft Gesetzes entstehen, und Ven, die bei einer solchen Anstalt infolge gesetzlichen Zwangs genommen werden. In beiden Fällen hat die betreffende Anstalt naturgemäß ein Monopol (vgl. Eichler S. 72; Kraus, Vsaufsichtsrecht, W i e n - N e w York 1971, S. 89). Hierher gehört ferner eine dritte Gestaltung, die zwar § 192 I nicht nennt, wohl aber § 1 III Ziff. 4 V A G : Anstalten, die ein auf Gesetz beruhendes Monopol besitzen, mögen auch die Vsverhältnisse freiwillig eingegangen werden. (Diese Gruppe wurde früher zuweilen dem § 192 II unterstellt: v. Gierke II S. 76 N . 27). Das ist in unserem Zusammenhang von Bedeutung für die Bayerische Landesbrandvsanstalt München (vgl. Art. 19 Gesetz über das öffentliche Vswesen vom 7. X I I . 1933 - Bayern). Hierzu Büchner in Festgabe für E. R. Prölss zum 50. Geburtstag, Karlsruhe 1957, S. 23. Art. 19 spricht von „Bannrecht". Bann und Monopol haben heute im Vswesen gleiche Bedeutung. In der Historie hingegen hatte „Bann" einen a l t r u i s t i s c h e n (der König nahm kraft seines Friedensbannes Personen und Sachen in Schutz), „Monopol" einen e g o i s t i s c h e n (Fiskalinteresse des Monopolinhabers) Charakter. Wir verwenden künftig „Monopolanstalt" als Oberbegriff für sämtliche drei Gestaltungsformen, die unter § 192 I fallen. [B 2] § 1 III Ziff. 4 und § 7 II V A G sprechen von Körperschaften und Anstalten, § 192 I nur von Anstalten. Das letztere ist zwar nicht ganz korrekt, trifft aber die Wirklichkeit, denn de facto kommen öffentlichrechtliche Unternehmungen nur in Anstaltsform vor (Schmidt-Sievers, Das Recht der öffentlichrechtlichen Sachv, H a m burg 1951 S. 24), mögen auch die Destinatare oft als M i t g l i e d e r bezeichnet werden: v. Gierke II S. 104. Die Anstalten sind den Stiftungen bürgerlichen Rechts verwandt. Zum Verhältnis der ersteren zur allgemeinen Verwaltung vgl. Schmidt in Festschrift für E. Klingmüller zum 60. Geburtstag, Karlsruhe 1974, S. 404; Mangold ZfV 1981 S. 45 tritt gegen Held Z f V 1980 S. 636 für Aufrechterhaltung der Monopole ein. Unter den Unternehmenstypen stehen sich A G und Monopolanstalt diametral gegenüber: Gewinnstreben und Wahlfreiheit ihrer Vmer bei ersterer stehen der U n eigennützigkeit und der Gebundenheit der Destinatäre bei den Monopolanstalten gegenüber. In der Mitte stehen Vsvereine auf Gegenseitigkeit und öffentlichrechtliche Wettbewerbsanstalten: Kein Gewinnstreben, Wahlfreiheit der Mitglieder. Deshalb konnte R G 27. IV. 1926 R G Z Bd 113 S. 2 7 8 - 2 8 1 , § 41 III S. 2 V A G auf eine öffentlichrechtliche Anstalt anwenden. In den Territorien, in denen Monopole bestehen, beziehen sie sich nur auf die Gebäudev, stets auf die Feuerv, zuweilen auch auf die Mietverlustv für Wohngebäude (so Bayern, Braunschweig, Hamburg, Württemberg, Schmidt-Boeck S. 125, 188, 245, 575). Die Mobiliarfeuerv und die Feuerbetriebsunterbrechungsv werden nicht von Monopolanstalten, zuweilen von Schwestergründungen dieser betrieben. Wir befassen uns im folgenden mit dem Ver nur insoweit, als sich hieraus Besonderheiten für die Vsverhältnisse ergeben. Zu Β 1 und 2: Monopolanstalten gehören inzwischen der Vergangenheit an. Die langjährige Auseinandersetzung darüber, ob Vsmonopole mit den Grundsätzen des europäischen Gemeinschaftsrechts, nämlich der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach dem EG-Vertrag vereinbar sind (vgl. die Nachweise bei Reimer Schmidt in Prölss V A G 1 1 R N 6 2 - 6 5 zu § 1 V A G ) , ist durch die 3. Schadensrichtlinie vom 18. VI. 1992 (Richtlinie 9 4 / 4 9 / E W G A B I E G L 228 S. 3), nach der die Mitgliedsstaaten Vorkehrungen treffen mußten, daß die bereits in der 1. Schadensrichtlinie vom 24. V I I . 1973 204

Sieg/Johannsen

Anm. Β 3

I. Überblick

(Richtlinie 73/239/EWG ABIEG L 228 S. 3) im einzelnen aufgeführten Monopole spätestens zum 1. VII. 1994 abgeschafft werden, entschieden worden. Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgte durch den Bundesgesetzgeber dadurch, daß bei den in § 1 VAG genannten Unternehmen die Worte „oder die ein auf Gesetz beruhendes Monopol besitzen", gestrichen wurde, sowie die Aufhebung von § 192 (3. DurchführungsG EWG zum VAG vom 21. VII. 1994 BGBl IS. 1630). Die Abschaffung der Monopole selbst, die der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterlag, erfolgte durch Gesetze der einzelnen Länder, in denen Monopolanstalten bestanden. Diese wurden zum Teil gleichzeitig in Aktiengesellschaften umgewandelt, in anderen Fällen wurden Voraussetzungen für eine spätere Umwandlung geschaffen (vgl. den Abdruck dieser Gesetze in Prölss VAG 11 Anhang III). Gegen das Gesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Hamburger Feuerkasse vom 29.111.1994 (Hamb. GVB1 S. 105) richteten sich Verfassungsbeschwerden von Verten, die vom BVerfG durch Beschluß vom 30. VI. 1994 VersR 1994 S. 841-843 mit zustimmender Anm. von Thode nicht zur Entscheidung angenommen wurden. Verstöße gegen Grundrechte der Verten durch die Umwandlung und den Verkauf der Hamburger Feuerkasse sind vom BVerfG verneint worden (vgl. dazu auch Nicolaysen VersR 1994 S. 633-646). Für die Überleitung der auf Grund landesrechtlicher Vorschriften gemäß § 192 bestehenden Vsverhältnisse in vertragliche Vsverhältnisse ist Artikel 6 des Gesetzes zur Durchführung der 11. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften und über Gebäudevsverhältnisse vom 22. VII. 1993 (BGBl I S. 1282) maßgeblich, der eine solche Überleitung durch Landesrecht ermöglicht, aber dem Vmer ein außerordentliches Kündigungsrecht einräumt. Das G. sieht ferner Schutzbestimmungen für die durch eine Kündigung betroffenen Realgläubiger vor (vgl. zu diesem G. im einzelnen Renger VersR 1993 S. 942-945 und Reimer Schmidt aaO. R N 67 zu § 1).

[B 3] 2. Versicherungsnehmer Auf Vmerseite kann eine Person oder können mehrere Personen stehen, letzteres ζ. B., wenn die verte Sache einer Gemeinschaft oder Gesellschaft gehört. a) Teileigentümer auf Grund WohnungseigentumsG Für die Feuerv ergibt sich eine Besonderheit im Falle des Teileigentums (das § 1 V WEG ebenso behandelt wie das Wohnungseigentum). Ist es hierbei gelungen, das Sondereigentum in die g e m e i n s c h a f t l i c h e Verwaltung des Miteigentums einzubeziehen (vgl. unten Anm. D 8), so ist der Weg frei für die Vereinbarung der Klausel 8.07 (VerBAV 1970 S. 22). Die Besonderheit besteht darin, daß die Verwirkung des Vsanspuchs durch einen Teileigentümer die übrigen Teileigentümer in ihren Vsansprüchen bezüglich ihres Miteigentumsanteils und ihres Sondereigentums nicht beeinträchtigt (Ziff. 1) und daß bei Geltung der Wiederherstellungsklausel sogar für den Miteigentumsanteil des Verwirkers den übrigen Deckung gewährt werden muß (Ziff. 2), in beiden Fällen mit Rückgriff des Vers gegen letzteren. Ziff. 4 transponiert diese Grundsätze auf das hier interessierende Teileigentum. Die Teileigentümer bilden bei Vereinbarung der Klausel 8.07 eine Mehrheit von Vmern (Ausborn, Wohnungseigentum und privatrechtliche Gebäudev, Karlsruhe 1964, S. 24), die für die Prämie gesamtschuldnerisch haften.

Sieg/Johannsen

205

Anm. Β 6

Β. Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

Zu Β 3: Vgl. hierzu auch J 129-132. [B 4]

b) Bauunternehmer-Arbeitsgemeinschaften

Eine weitere Besonderheit für die Feuerv ergibt sich bei Bauunternehmer-Argen; sie bilden in der Regel als BGB-Gesellschaft eine Gesamthand. Gleichwohl tritt diese hinsichtlich des Gesamthandeigentums nicht als Vmer auf. Auf Grund der Arge-Klauseln 4.03 (VerBAV 1977 S. 304,1979 S. 192), Klausel 213 für die nichtindustrielle Feuerv gilt vielmehr folgendes: Die der Arge vom Vmer beigestellten Sachen sind, sofern sie zum Vollwert vert waren, vollen Umfanges gedeckt. Gedeckt ist ferner das sonstige der Arge dienende Material, jedoch nur, wenn es von Dritten beigestellt wurde, und auch dann nur in dem Prozentsatz, in dem der Vmer an der Arge beteiligt ist. Sachen anderer G e s e l l s c h a f t e r der Arge, die dieser zur Verfügung gestellt wurden, sind nach dieser Klausel nicht gedeckt; vgl. Ollick VerBAV 1982 S. 126-127.

II. Mehrere Versicherer [B 5]

1. Sogenann te Doppel Versicherung (§ 90 W G ) a) Normative Grundlage

Wir sprechen von Doppelv, wenn für die gleiche Gefahr, für dasselbe Interesse und für den gleichen Schaden Deckung bei verschiedenen Vern besteht derart, daß die Vssummen den Vswert übersteigen. Dieser Fall liegt nicht vor, wenn eine Feuersubstanzv mit einer Feuergewinnv zusammenfällt. Deshalb ist es nicht richtig, in solchem Falle, an den § 90, § 9 I AFB, § 8 I AWaB eine Anzeigepflicht knüpfen, von Doppelv zu sprechen (so aber die Überschrift zu § 90 bei Prölss-Martin 23 ). Wegen der Verschiedenheit der gedeckten Schäden liegt nicht einmal N e b e n v vor (so aber Wussow § 9 Anm. 1). § 90 stellt gegenüber sonstige V und Gewinnv, §§ 9 I AFB, 8 I AWaB stellen gegenüber: unmittelbare und mittelbare Schäden. Gemeint ist dasselbe: die sonstigen Schäden im Sinne des § 90 sind die Substanzschäden, der unmittelbare Schaden im Sinne der AVB. Ebenso entsprechen sich Gewinnverluste und mittelbare Schäden. [B 6]

b) Grenzen der Anzeigepflicht

Die herrschende Lehre schließt aus den unter Anm. Β 5 angeführten Rechtsgrundlagen, daß dem Feuerver auch eine Betriebsunterbrechungsv und umgekehrt dem Betriebsunterbrechungsver auch eine Feuerv anzuzeigen sei: Prölss-Martin 23 § 58 Anm. 5; Raiser § 10 Rdnr. 5; Ehrenzweig S. 303 Nr. 3; Möller in Festschrift für P. Braeß zum 66. Geburtstag, Karlsruhe 1969, S. 196. Eine so weit gehende Auslegung ist nicht zutreffend. Für den Vmer der (großen) Betriebsunterbrechungsv fehlt es an einer Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Anzeige der Feuerv. Für ihn gilt weder § 90 (vgl. oben Anm. A 33-34) noch § 9 I AFB. Wollte der Betriebsunterbrechungsver erreichen, daß auch eine Feuerv anzuzeigen ist, müßte er eine analoge Bestimmung zu § 9 I A F B in die F B U B aufnehmen. Möller § 58 Anm. 16 befürwortet eine analoge Anwendung von § 90. Selbst wenn man das annähme, würde sich an die Verletzung der Anzeigepflicht mangels subjektiven Tatbestandes keine Folge knüpfen lassen, eben weil die F B U B solche Anzeige206

Sieg/Johannsen

Anm. Β 7

II. Mehrere Versicherer

pflicht nicht kennen. Nachforschungen darüber anzustellen, ob vielleicht eine Gesetzesvorschrift analog anzuwenden ist, ist dem Vmer nicht anzusinnen. Nimmt umgekehrt der Vmer der Feuerv eine Betriebsunterbrechungsv, so besteht die Anzeigepflicht, denn für d i e s e n Vmer gelten § 90, § 9 I A F B , § 8 AWaB. Im übrigen gelten diese Bestimmungen für die Sachgewinnv im Sinne des § 89, für die kleine Betriebsunterbrechungsv und für die Mietverlustv, denn diese leben nach den A F B . Wer eine Sachgewinnv abgeschlossen hat, hat also eine Betriebsunterbrechungsv anzuzeigen. Falls erstere auf Basis der Verkaufspreise für noch nicht verkaufte Ware abgeschlossen ist, liegt im Verein mit der Betriebsunterbrechungsv echte Doppelv vor (vgl. Prölss-Martin 23 § 58 Anm. 4; zweifelnd Wussow § 9 Anm. 1). Was im folgenden zu § 9 I A F B ausgeführt wird, gilt repräsentativ auch für § 8 I AWaB. Zu Β 6: Die Verfasser haben sich unter G 92 der herrschenden Lehre angeschlossen. [B 7]

c) Person des Pflichtigen

§ 58, der eine Anzeigeobliegenheit statuiert, ist durch § 90, § 9 A F B ersetzt. Anzeigepflichtig ist grundsätzlich der Vmer, der Vsverträge mit verschiedenen Vern über die gleiche Gefahr gleicher Sachen für denselben Haftungszeitraum abgeschlossen hat (hinsichtlich des Haftungszeitraumes etwas abweichend Ehrenzweig S. 241; sachlich zu weitgehend Wussow § 9 Anm. 5). Erhebliche Unklarheit besteht, wer beim Z u s a m m e n t r e f f e n von V für eigene R e c h n u n g und V für fremde R e c h n u n g oder beim Zusammentreffen mehrerer Fremdven anzeigepflichtig ist. Auszugehen ist davon, daß nicht Identität der Vmereigenschaft vorausgesetzt wird (anders Prölss-Martin 2 3 § 58 Anm 5; Raiser § 10 Rdnrn 5, 6; O L G Celle 15. VII. 1953 VersR 1953 S. 388), denn die Kumulation von Gefahren und Interessen, die den beteiligten Vern bekannt werden soll, kann auch durch Hineinspielen einer V für fremde Rechnung eintreten. Das ergibt folgendes Bild: Bestand eine V für fremde Rechnung und schließt nunmehr der Eigentümer V für eigene Rechnung ab, trifft ihn die Anzeigepflicht (auch gegenüber dem ersten Ver nach § 79, was O L G Colmar 3. IV. 1912 VA 1913 A 37 Nr. 729 noch nicht berücksichtigen konnte). Umgekehrt: Bestand für A eine V für eigene Rechnung bei X und schließt nunmehr Β eine Fremdv für dasselbe Risiko bei Y ab, so trifft die Pflicht den A. Die Anzeigen hat also derjenige zu erstatten, dem der zweite Vertragsschluß zugute kommt. Im zweiten Beispiel ist die Anzeige an Y dann nicht erforderlich, wenn dieser durch die Erfüllung der vorvertraglichen Anzeigepflicht seitens des Β schon unterrichtet ist. Wie hier im wesentlichen Möller § 58 Anm. 32, Bruck 7. Aufl. § 58 Rdnr. 4; Bruck S. 540; Ehrenzweig S. 241-242. In den genannten Fällen ist also auch der frühere Ver zu unterrichten, denn darauf, daß der zweite Ver bei gehöriger Erfüllung der Anzeigepflicht ihm gegenüber den ersten Ver unterrichtet, worauf O L G Celle 15. VII. 1953 VersR 1953 S. 388 abhebt, ist kein Verlaß. Wer auf solchen Brauch vertraut, kann allerdings schuldlos handeln: Ehrenzweig S. 241 N . 10. Bei m e h r e r e n Vmern bzw. Vten ist jeder anzeigepflichtig, doch entlastet die Anzeige des einen die übrigen. Der Erwerber der vten Sache, der bereits selbst eine V für diese genommen hatte, n i m m t keine weitere V, sie geht nach § 69 auf ihn über, also keine Anzeigepflicht nach § 9 A F B (Prölss-Martin 23 § 58 Anm. 5). Wussow § 9 Anm. 1 (S. 404) verwechselt Eigenv des Erwerbers (nur um diese kann es sich hier handeln) mit Fremdv. Sieg/Johannsen

207

A n m . Β 10

[B 8]

Β. Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

d) Feuerversicherung im Sinne von § 9 I A F B

Nach § 9 A F B ist nur eine andere F eu er ν anzuzeigen, also nicht eine andere V, die auch das Feuerrisiko mitdeckt (vgl. Raiser § 10 Rdnr. 5). Es besteht Anzeigepflicht, wenn eine der Ven die Feuergefahr als gebündelte V deckt oder als kombinierte, sofern der Vertrag eine besondere Gruppe von Bestimmungen über die Feuergefahr enthält (ebenso Wussow § 9 Anm. 4). Andererseits ist aber die Anzeigepflicht nicht auf eine V desselben Schadens beschränkt. Wer eine Betriebsunterbrechungsv abschließt, hat dies seinem Substanzver anzuzeigen (Raiser § 10 Rdnr. 5; Ehrenzweig S. 241). Umgekehrt gilt das entsprechende, sofern die zeitlich vorangehende, eine kleine Betriebsunterbrechungsv, eine Mietverlust- oder eine Sachgewinnv war. Wesentlich ist nur, daß sich Feuerv und Betriebsunterbrechungsv bzw. Mietverlustv mindestens zum Teil auf dieselben Sachen beziehen. Die Pflicht zur Anzeige beim späteren Ver geht in der vorvertraglichen Anzeigepflicht auf. Die §§ 58, 90 können nicht als leges speciales zu §§ 16-21 angesehen werden, schon weil eine gröbere Regelung einer feineren nicht vorgehen kann (anders Möller § 58 Anm. 27, aber auch Anm. 34; wie hier Raiser § 10 Rdnr. 5; Ehrenzweig S. 241). Nach Raiser § 10 Rdnr. 5 und Prölss-Martin 23 § 58 Anm. 5 soll Entsprechendes bei jeder E r h ö h u n g der Vssumme gelten. Indes: An der Feststellung, ob Doppelv vorliegt, sind in erster Linie die beteiligten Ver interessiert. Sie kennen einander auf Grund der früher ordnungsmäßig erstatteten Anzeige des Vmers und können sich daher später durch Nachrichtenaustausch schützen. Das sollte angesichts der harten Konsequenzen einer Verletzung der Anzeigepflicht genügen, ebenso Ehrenzweig S. 241. [B 9]

e) Inhalt der Anzeige

Die Anzeige braucht nach § 9 A F B nur Namen des anderen Vers und Vssumme anzugeben. Bezieht sich die mehrfache V auf Objekte mit mehreren Vssummen, so sind d i e s e a n z u g e b e n , die Singularform des § 9 A F B darf darüber nicht hinwegtäuschen, Wussow § 9 Anm. 6. [B 10] f) Frist und F o r m der Anzeige „Unverzüglich" ist die Anzeige zu erstatten, besser wäre eine konkrete Frist gesetzt worden. Die 3-Tage-Frist für die Schadenanzeige, die § 92 statuiert, dürfte für die Anzeige an den früheren Ver zu kurz sein. Andererseits erscheint die Frist von 2 Wochen als das Höchstmaß, sofern keine besonderen Umstände vorliegen. Liegt der 2. Abschluß noch länger zurück, wird der Vmer ohnehin die Anzeigepflicht vergessen haben. Je nach Umfang der V wird also die Frist gewahrt sein, wenn die Anzeige in der Zeit z w i s c h e n e i n e r W o c h e u n d z w e i W o c h e n erstattet wird (ebenso Wussow § 9 Anm. 7). Die Frist läuft, sobald der 2. Ver den Antrag angenommen hat, d. h. erst dann ist der 1. Ver zu unterrichten (der 2. Ver ist in der Regel im Rahmen der vorvertraglichen Anzeigepflicht unterrichtet). § 9 A F B schreibt die Schriftform vor. E m p f a n g s b e r e c h t i g t ist nicht nur der Ver (bei Mitv der führende), dem die Anzeige zu erstatten ist, sondern auch der Vsagent, mag er auch nur Vermittlungsagent sein: § 43 Ziff. 2.

208

Sieg/Johannsen

Anm. Β 12

II. Mehrere Versicherer

[Β 11]

g) Verletzung der Anzeigepflicht aa) Leistungsfreiheit

Der Unterschied von § 9 A F B zu §§ 58, 90 liegt darin, daß die Verletzung der Obliegenheit nach dem G e s e t z sanktionslos bleibt, während § 9 I 3 A F B Leistungsfreiheit eintreten läßt bei schuldhafter Unterlassung („unverzüglich" ist die Anzeige zu erstatten), wodurch der Einklang mit § 6 I hergestellt wird. E x k u l p i e r t ist der Vmer ζ. B., wenn er auf die Richtigkeit der Auskunft eines Agenten vertraut, es sei nichts mehr zu veranlassen, wenn er angesichts der oft schwer festzustellenden Voraussetzungen der Anzeigepflicht über deren Bestehen trotz zumutbarer Prüfung irrt (unrichtig Wussow § 9 Anm. 6: Der Vmer handele insoweit auf eigenes Risiko), wenn der Vmer erkrankt oder von einem schweren Schicksalsschlag betroffen worden ist. Ohne Folge bleibt das Fehlverhalten, wenn dem Ver die andere V irgendwie b e k a n n t g e w o r d e n ist, und zwar zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Anzeige des Vmers hätte zugehen müssen (so überzeugend Raiser § 10 Rdnr. 13. Ähnlich: Möller § 5 8 Anm. 32; Bruck S. 540). Auch ohne diese anderweitige Kenntnis bleibt die Untätigkeit des Vmers sanktionslos, wenn der Vsfall innerhalb von 3 Monaten nach dem Soll-Zeitpunkt der Anzeige eintritt. Das K l a r s t e l l u n g s e r f o r d e r n i s des § 6 I 3 kehrt in § 9 I 4 A F B wieder. Der Ver verwirkt die Berufung auf Leistungsfreiheit, wenn er die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung nicht genutzt hat, Beispiel: Zeitpunkt der Anzeigepflicht: 1. II. anderweitige Kenntniserlangung durch den Ver: 15. II. Bis I.V. hat der Vmer auf jeden Fall Deckung, aber auch für einen Schadenfall danach ist Deckung zu gewähren, wenn der Ver nicht bis zum 15. III. gekündigt hat. Das K a u s a l i t ä t s e r f o r d e r n i s des § 6 II gilt hingegen nicht, denn die Anzeige gehört, jedenfalls im Verhältnis zum späteren Ver, zur vorvertraglichen Anzeigepflicht, aber auch im übrigen nicht zur Gefahrstandspflicht (ebenso Prölss-Martin 2 3 § 58 Anm. 6; Möller § 58 Anm. 27, 44). Eine S c h a d e n e r s a t z v e r p f l i c h t u n g des Vmers bei Nichterfüllung scheidet aus: § 9 A F B statuiert eine Obliegenheit, in deren Wesen es liegt, daß ihre Erfüllung auch nicht mittelbar unter dem Druck einer Schadenersatzverpflichtung erzwungen werden kann: Möller § 58 Anm. 39; Ehrenzweig S. 241; Wussow § 9 Anm. 12; anders Raiser § 1 0 Rdnr. 11, der aber gleichwohl Rdnr. 17 eine Obliegenheit annimmt. Zu Β 11: In § 9 Nr. 1 A F B 87 ist bestimmt, daß die Leistungsfreiheit nicht eintritt, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Vgl. hierzu und zu weiteren AVB-Regelungen unter G 93. [Β 12]

bb) Beweislage

Wie bei jeder Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung hat der Ver zu beweisen, daß die Voraussetzungen der Anzeigepflicht vorlagen und daß sie nicht erfüllt worden ist, hier ferner, daß er auch nicht anderweit Kenntnis gehabt hat. Der Vmer kann sich exkulpieren oder sich darauf berufen, daß der Ver - von der anderweitigen Kenntnis an gerechnet - nicht innerhalb Monatsfrist gekündigt hat. Dann muß der Ver rechtzeitige Kündigung beweisen. Soweit es sich um Negativa handelt (Vmer hat keine Anzeige erstattet, Ver hat keine anderweitige Kenntnis), ändert das zwar an der Beweislast des Vers nichts, aber er kann sich auf die Widerlegung der Umstände beschränken, die der Vmer für das Sieg/Johannsen

209

Anm. Β 14

Β. Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

Gegenteil anführt (z.T. abweichend Möller § 58 Anm. 45; Raiser § 10 Rdnr. 17. Wie hier B G H 5. X I . 1980 J Z 1981 S. 148). Entsprechendes gilt für die vom Vmer zu beweisende Nichtkündigung. [B 13]

cc) Würdigung

Die völlige Leistungsfreiheit ist eine unbillige Folge der Anzeigeunterlassung (Ehrenzweig S. 241; Schmidt, Die Obliegenheiten, Karlsruhe 1953, S. 211. Anders Möller § 58 Anm. 40; Raiser § 10 Rdnr. 11); zumal in der Regel keine Doppelv vorliegt. Es ist daher anzunehmen, daß die Rechtsprechung in Anwendung von § 9 A G B - G eine Reduktion vornehmen wird, zumal wenn der Vmer lediglich fahrlässig die Anzeige unterlassen hat. In diese Richtung weist B G H 13. X I . 1980 B G H Z Bd 79 S. 6 - 1 5 ; die Entscheidung ist zwar zur privaten Krankenv ergangen, ihre Gedankengänge sind aber auch auf andere Vssparten anwendbar, sofern diese eine soziale Schutzfunktion erfüllen. Das Gericht konnte die Entscheidung noch nicht auf § 9 II Ziff. 1 A G B - G stützen (sondern mußte sich auf § 242 B G B berufen), weil der zugrunde liegende Vertrag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes, dem 1. IV. 1977 (§ 30), durch fristlose Kündigung vom 18. III. 1977 bereits erloschen war (vgl. § 28 II A G B - G ) . L G Traunstein 4. VII. 1983 VersR 1984 S. 549 hat bei Verletzung der Anzeigepflicht nach § 9 A F B Leistungsfreiheit des Vers bejaht, ohne eine Inhaltskontrolle vorzunehmen. Zu dieser gab der Sachverhalt auch keinen Anlaß, da betrügerische Doppelv vorlag, der Ver also bereits auf Grund § 59 III leistungsfrei war. [B 14]

h) Kündigungsrecht des Versicherers

Folge der Anzeige oder der sonstigen Kenntniserlangung von der mehrfachen V ist die Einräumung eines außerordentlichen Kündigungsrechts, das innerhalb eines Monats ausgeübt sein muß. Die Kündigung hat mit dreimonatiger Wirkungsfrist zu erfolgen ( § 9 1 2 AFB). Eine Kündigung mit kürzerer Wirkungsfrist ist unwirksam (anders natürlich bei Einverständnis des Vmers), eine Kündigung mit längerer Wirkungsfrist kann der Vmer hinnehmen, er kann aber auch protestieren, wodurch es bei der Frist des § 9 A F B bleibt. - Die Kündigung ist also hier anders als nach § 6 I 2 nicht Folge einer Obliegenheitsverletzung, sondern s e l b s t ä n d i g e s Gestaltungsrecht. Sind M i t v e r betroffen, so kann jeder von ihnen seinen Anteil kündigen, die Führungsklausel hat in diesem Bereich keine Wirkung (Raiser § 10 Rdnr. 9). Das K ü n d i g u n g s r e c h t ist e i n g e s c h r ä n k t durch eine Geschäftsplanmäßige Erklärung, die folgenden Wortlaut hat (VerBAV 1969 S. 302 Ziff. 13): „Von dem Kündigungsrecht im Falle der mehrfachen V werden wir nur aus wesentlichen, insbesondere zwingenden vstechnischen Gründen Gebrauch machen."

Die sibyllinische Fassung läßt offen, was mit den vstechnischen Gründen gemeint ist. Die Kündigung ist nicht nur ein Recht des Vers, sondern auch eine Obliegenheit, weil er sich die Berufung auf die Leistungsfreiheit damit erhält: § 9 I 4 A F B . Die angeführte Geschäftsplanmäßige Erklärung schränkt also zugleich die Berufung des Vers auf Leistungsfreiheit ein. Steht fest, daß der Ver nicht fristgemäß gekündigt hat, muß er auch dann leisten, wenn der Vmer die Anzeigepflicht v o r s ä t z l i c h verletzt hat. Zu Β 14: Zur Fortgeltung geschäftsplanmäßiger Erklärungen wird auf die Anmerkung zu A 21 hingewiesen. 210

Sieg/Johannsen

Anm. Β 15

II. Mehrere Versicherer

[Β 15] 2. Verbot der Nebenversicherung (§ 9 II A F B ; § 8 II AWaB) Ist sogenannte Selbstv v e r e i n b a r t , so darf der Vmer für diesen Teil keine andere V nehmen (§ 9 II 1 AFB). Die Sanktion bei Zuwiderhandlung enthält § 9 II 2 AFB: Die Entschädigung des Hauptvers wird so bemessen, daß der Vmer zusammen mit der Entschädigung des weiteren Vers nur so viel erhält, daß er doch den Selbstbehalt trägt. Hierzu ein Beispiel (nach Möller § 56 Anm. 71): Wert eines Gebäudes 1 Mio DM; vereinbarte Selbstbeteiligung V 5 ; vert sind bei A 800000 D M , bei Β 200000 DM; im Falle eines Totalschadens schuldet A lediglich 600000 D M , Β die vereinbarten 200000 DM. Der Vmer trägt also V 5 seines Schadens selbst. Bei einem Teilschaden von 200000 D M beläuft sich die Eintrittspflicht des Β auf 40000 D M , die des A auf 120000 D M (160000DM ./. 40000DM). Vgl. auch Martin SVR T U Rdnrn. 10,12,14. Zweifelhaft ist, ob die Kürzung durch A nur dann statthaft ist, wenn der Vmer s c h u l d h a f t die 2. V bei Β eingegangen war (so Möller § 58 Anm. 48, § 56 Anm. 71; Ehrenzweig S. 175, 242), oder ob es auf Verschulden nicht ankommt (so Raiser § 10 Rdnr. 25; Bischoff VersR 1972 S. 808; Bruck 7. Aufl. § 56 Rdnr. 6; Bruck S. 525-526). Die ersteren sehen die Unterlassung als Obliegenheit, die Anrechnungsklausel als Vereinbarung der Leistungsfreiheit an und kommen in Anwendung von § 6 I 2 zur Bejahung des Verschuldenserfordernisses (und auch des Klarstellungserfordernisses nach § 6 I 3). Bischoff und Bruck sehen in der Abrede nicht die Vereinbarung von Leistungsfreiheit im Sinne von § 6 I, Raiser nimmt offenbar nicht Obliegenheitsverletzung an. Den letzteren ist im Ergebnis zu folgen. Die besprochene Klausel dient der D u r c h s e t z u n g v o n U n t e r v s f o l g e n . Voraussetzungen und Folgen der Unterv sind aber vom Verschulden des Vmers unabhängig. Was die V s l e i s t u n g angeht, erleidet der Vmer auch keinen Nachteil gegenüber vertragsgetreuem Verhalten, er hat nur die Prämie für die 2. V ohne Effekt aufgewendet. Möller § 58 Anm. 44 hält zwar die Unterlassung für eine Obliegenheit, wie erwähnt, verneint aber die Anwendbarkeit von § 6 II, andernfalls könnte ja auch das Verbot des § 9 II A F B vom Standpunkt der Obliegenheitsansicht kaum je durchgesetzt werden. Wussow § 9 Anm. 17 interpretiert § 9 II 2 A F B falsch, indem er ihn als Regelung der Doppelv auffaßt. Er kommt daher zu dem unzutreffenden Schluß, daß der Vmer im Schadenfall nicht den 2. Ver (der den Selbstbehalt abgedeckt hat) in Anspruch nehmen dürfe und daß in der Unterlassungsabrede zwischen Vmer und 1. Ver ein unechter Vertrag zugunsten Dritter, des 2. Vers, liege. Ein Verbot der Vollv kannten öffentlichrechtliche Gebäudever, jedenfalls für geringwertige Objekte, vgl. Lübische-Brand-Assecuranz-Cassa V O von 1765 Art. 4 und Anhang hierzu. Zu Β 15: § 9 Nr. 2 A F B 87 enthält kein Verbot der V des Selbstbehalts mehr. Die Regelung lautet: Ist ein Selbstbehalt vereinbart und besteht mehrfache V, so kann abweichend von § 59 Abs. 1 W G als Entschädigung aus den mehreren Verträgen nicht mehr als der Schaden abzüglich des Selbstbehaltes verlangt werden. Damit kommt eine Auslegung dahin, daß es sich um eine Obliegenheit handelt, nicht mehr in Betracht (vgl. dazu G 88).

Sieg/Johannsen

211

A n m . Β 18

Β. Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

III. Öffentlich-rechtliche Monopolanstalten (Gebäudefeuerversicherung) [B 16]

1. Rückblick

Wie im geschichtlichen Teil erwähnt, wurde der Vszwang im wesentlichen mit dem Schutz des Realkredits begründet (vgl. oben Anm. A 53-56). Das ist deshalb nicht überzeugend, weil ja die Gläubiger, die ein Grundstück beleihen wollten, es ohnehin in der Hand hatten, die Auszahlung der Valuta abhängig zu machen von dem Nachweis ausreichenden Vsschutzes (vgl. auch unten Anm. C 54-56). Überdies besteht zuweilen keine Konvergenz zwischen den Sachen, auf die sich die Hypothek erstreckt, und den Sachen, auf die sich der Vszwang bezieht, d. h. auch heute noch geht der erstere Bereich weiter, vgl. § 1120 B G B . Das Motiv für den Zwang liegt daher in dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Gebäudebestandes, vgl. BVerfG 14.1.1976 VerBAV 1976 S. 191-196 = VersR 1976 S. 354-357 = BB 1976 S. 283-284. Der Schutz der Realgläubiger ist dann das Ziel gesetzlicher Regelung, wenn zwar kein Vszwang besteht, aber eine abgeschlossene V nicht ohne Zustimmung des H y p o thekars aufgehoben werden kann. Wo Beitrittszwang vorhanden war, wurde er streng genommen. Sogar Grundstücke der öffentlichen Hand mußten der Vsanstalt beitreten, wie es heißt, um mit gutem Beispiel voranzugehen (Hebel ZVersWiss 1967 S. 475). Die für die Vstechnik von den öffentlichrechtlichen Anstalten ausgehenden Impulse (z.B. Wiederaufbaupflicht, Neuwertv) sind oben Anm. A 53-56 gewürdigt worden. Hingegen haben taxierte Policen keine Nachahmung gefunden, mit Recht. [B 17] 2. Bundesrecht/EG-Recht Die bestehenden Monopole verstoßen weder gegen das G G (BVerfG 14.1.1976 a.a.O.) noch gegen EG-Recht (Art. 4 der Niederlassungsrichtlinie Nichtlebensv vom 24. VII. 1973). Grund: Die Monopole gehören zur V e r w a l t u n g , sie berühren weniger die W i r t s c h a f t (Mangold ZfV 1981 S. 45). Die Errichtung n e u e r Monopolanstalten würde sowohl gegen Art. 12 G G als auch gegen EG-Recht verstoßen (Goldberg-Müller, VAG, Berlin 1980 § 153 Rdnrn. 5, 6; Prölss-Schmidt-Frey 9 § 153 Rdnrn. 2, 3). O b dasselbe auch der Fall ist, wenn eine bestehende Anstalt ihr Monopol sachlich oder gebietlich e r w e i t e r t , ist insoweit unbestritten, als dieser Vorgang an Art. 12 G G zu messen wäre. Da diese Schwelle nicht übersteigbar sein wird, kommt es nicht darauf an, ob solche Erweiterung außerdem gegen EG-Recht verstößt (letzteres ist bestritten, vgl. Goldberg-Müller a.a.O. §153 Anm. 7; Prölss-Schmidt-Frey 9 § 153 Rndr. 3). Wenn eine Monopolanstalt die Wettbewerbsv (z.B. für Mobilien) hinzunimmt, ist weder das G G noch EG-Recht betroffen, aber die Anstalt muß sich nunmehr den Anforderungen des EG-Rechts stellen. Über die Monopolgebiete unterrichten Loh RIW 1977 S. 263 und Boldt Stichwort „Öffentlichrechtliche Gebäudeversicherer" S. 123. [B 18] 3. Landesrecht a) Allgemeines Soweit das Monopol reicht, unterfallen Vsverträge bei privaten Vern den Bestimmungen über den anfänglichen Interessemangel (vgl. Anm. Β 28). Soweit Monopolanstalten Risiken übernehmen, für die das Monopol nicht gilt (z.B. Bewegungs- und 212

Sieg/Johannsen

III. Öffentlich-rechtliche Monopolanstalten

A n m . Β 20

Schutzkosten, Aufräumungskosten), tritt, sofern ein Mitglied von dieser Vsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat, eine evtl. parallel bei einem privaten Ver genommene V zurück (Martin W IV 2). - Die Übereinstimmung der Monopole mit L a n d e s r e c h t ist vom V G H München 21. III. 1977 N J W 1978 S. 2410 für Bayern bejaht, im übrigen nicht angezweifelt worden. Zu Β 16-28: Die Ausführungen unter Β 16-28 haben nur noch historische Bedeutung, vgl. die Anm. zu Β 1 und 2. [B 19]

b) Zu § 192 I W G aa) Revisibilität

Das in § 192 I vorbehaltene L a n d e s r e c h t kann zwingend oder dispositiv sein, kann sich in Gesetzen oder Satzungen niederschlagen. Solch Landesrecht ist nach § 549 I Z P O nicht revisibel. Wenn sich aber das Landesrecht mit AVB deckt, die über einen O L G - B e z i r k hinaus Anwendung finden, soll die 2. Alternative des § 549 I die Revisibilität begründen ( B G H 28. VI. 1952 B G H Z Bd 6 S. 375-376 = N J W 1952 S. 1294-1295 mit ablehnender Stellungnahme von Büchner in Festschrift für E. R. Prölss zum 50. Geburtstag, 1957 S. 20 N . 2; gegen diese Entscheidung auch Loh B B 1970 S. 1018). Daran ist richtig, daß die A F B und alle Klauseln der Feuerv Vorschriften darstellen, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines O L G hinaus erstreckt. Aber es bedeutet eine Herabwürdigung des L a n d e s r e c h t s , seine autonome Geltung durch Heranziehung von s e l b s t g e s c h a f f e n e m R e c h t d e r W i r t s c h a f t einzuschränken. Kritisch auch Möller Einleitung Anm. 34. Gegen Schmidt-Salzer, Das Recht der allgemeinen Geschäfts- und Vsbedingungen, Berlin 1967, S. 102 ist daran festzuhalten, daß A G B in G e s e t z e s f o r m eben Gesetze (hier Landesgesetze) sind, nicht nur eine Quasirechtsordnung. Die BGH-Entscheidung 28. VI. 1952 wird zustimmend zitiert von Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, Z P O 43. Aufl., München 1985 § 549 Anm. 4 A. Im Falle B G H 30.1.1980 VersR 1980 S. 373 war das Gericht nicht genötigt, solch „halsbrecherischen Weg" (so Loh a.a.O. zur Entscheidung aus 1952) zu begehen. Übereinstimmende Landesgesetze und übereinstimmende AVB jeweils über den Bezirk eines O L G hinaus geltend sind revisibel, hier bleibt die Streuwirkung auf der gleichen normativen Ebene. Das Gesagte gilt auch für S a t z u n g e n öffentlichrechtlicher Anstalten, soweit diese AVB-Inhalt haben: Möller Einleitung Anm. 34; PrölssMartin 2 3 Vorbemerkung III Β 1. [Β 20]

bb) Auslegung

Für die Monopolanstalten gilt nach § 192 I L a n d e s r e c h t , d.h. Gesetze und Satzungen (und zwar auch, was die Rechtsstellung des Hypothekars angeht: Ehrenzweig S. 311 N. 10). Diese können wie alles Recht auslegungsbedürftig sein oder Lücken enthalten. Hier zeigt sich, daß sich Interpretation und Lückenfüllung manchmal nicht nach dem Landesrecht orientieren, sondern nach dem W G . Langdauernde, gleichmäßige Übung hat dazu geführt, daß auf diesem Wege Rechtssätze des V V G g e w o h n h e i t s r e c h t l i c h e n E i n g a n g in das L a n d e s r e c h t gefunden haben, vgl. Büchner in Festgabe für E. R . Prölss zum 50. Geburtstag, Karlsruhe 1957, S. 28-29, der als Landesgewohnheitsrecht in diesem Sinne die §§ 25 III, 62, 63, 67 I S. 2, 67 II, 83 nennt. Sieg/Johannsen

213

Anm. Β 23 [B 21]

Β. Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

4. Versicherungsverhältnis a) B e g r ü n d u n g

Unmittelbar kraft Gesetzes entstehen Vsverhältnisse nach § 19 Badisches Gebäudevsgesetz, Art. 10 Gesetz betr. die veränderte Einrichtung der allgemeinen Brandvsanstalt (Württemberg), §§ 22-24 Gesetz betr. die Lippische Brandvsanstalt. Anträge oder Anmeldungen haben hier nur sekundäre Bedeutung. Besteht ein Zwang zur Vsnahme nur bei hypothekarischer Belastung eines bebauten Grundstücks (so ζ. B. im Gebiet der Nassauischen Brandvsanstalt, Schmidt-Boeck S. 410-411), so kann landesrechtlich die Eintragung eines Grundpfandrechts davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller eine Bescheinigung über das Bestehen der Feuerv vorlegt ( O L G Frankfurt/M. 8. IX. 1980 VersR 1980 S. 1161). Sofern das Vsverhältnis nicht unmittelbar kraft Gesetzes entsteht, haben die Länder die Möglichkeit, es durch Antrag und Annahme in Form eines Verwaltungsakts oder durch Abschluß eines öffentlichrechtlichen Vertrages entstehen zu lassen (Naumann BB 1967 S. 780, vgl. §§ 54, 56 VerwVerfG des Bundes). Beispiele für die erstere Lösung bieten § § 9 , 17 FeuerkassenG Hamburg (den Verwaltungsakt ersetzt hier der Abschluß der Schätzungsbesichtigung), § 22 Satzung der Bayerischen Landesbrandvsanstalt. Für die zweite Lösung seien als Beispiel die §§ 4-17 G über die Braunschweigische Landesbrandvsanstalt (Schmidt-Boeck S. 177-184) angeführt. Ein Monopol geht mit Annahmezwang einher. [B 22] Sofern die Vsverhältnisse durch S a t z u n g geordnet werden, darf diese natürlich nicht dem vorrangigen Landesgesetz widersprechen. Einen solchen Widerspruch glaubte V G H München 21. III. 1977 N J W 1978 S. 2410 = VersR 1979 S. 148 (Leitsatz) zwischen Satzung der Bayerischen Landesbrandvsanstalt und dem Vsgesetz zu entdecken, zu Unrecht jedoch, wie Badura in der Anmerkung klargestellt hat. Der V G H München flüchtet sich in die Annahme eines faktischen Vsverhältnisses, ein zwar interessanter, aber weder notwendiger noch überzeugender Gedanke; nicht notwendig, weil öffentlichrechtlicher Vertrag zu bejahen war, nicht überzeugend, weil Vsverhältnisse anders als Gesellschafts- und Arbeitsverhältnisse nicht die Persönlichkeit eines Teils ergreifen, daher durchaus einer Rückabwicklung fähig sind. Das W G erkennt ja auch in § 22 die Anfechtung ausdrücklich an und spricht mehrfach vom Rücktritt. Die besprochene Entscheidung des V G H München hat nicht nur für die Begründung, sondern auch für den Inhalt des öffentlichrechtlichen Vsverhältnisses Bedeutung. [B 23]

b) Inhalt

O b das Vsverhältnis unmittelbar kraft Gesetzes, ob es durch Antrag und Verwaltungsakt, ob es durch öffentlichrechtlichen Vertrag begründet wird: Es wird vom ö f f e n t l i c h e n Recht beherrscht (für das Junktim zwischen § 192 I und dem öffentlichrechtlichen Inhalt der Rechtsverhältnisse: B G H 15.11.1951 B G H Z Bd 4 S. 208, 211, wo aber falsch gesehen ist, daß jeder Vertragsschluß mit einem öffentlichrechtlichen Ver dem § 192 II zu unterstellen sei). Das folgt aber nicht etwa daraus, daß die Landesgesetze der Anstalt das Recht zur Schaffung eines Vollstreckungstitels verleihen oder daraus, daß vor Beschreitung des Rechtsweges eine Verwaltungsstelle entscheiden muß. In beiden Punkten irrt V G H München 21. III. 1977 N J W 1978 S. 2410. Auch öffentlichrechtliche Wettbewerbsanstalten haben z.T. das Recht, ihre Bescheide für 214

Sieg/Johannsen

III. Öffentlich-rechtliche Monopolanstalten

Anm. Β 25

vollstreckungsfähig zu erklären, ja sogar einem p r i v a t r e c h t l i c h e n W a G ist diese Befugnis in § 10 IV BetrAVG verliehen worden. Ebenso wenig präjudiziert die Vorschaltung eines Verwaltungsverfahrens das betreffende Rechtsverhältnis als öffentlichrechtlich. Wenn gleichwohl die unter § 192 I fallenden Rechtsverhältnisse öffentlichrechtlicher Natur sind, so ergibt sich das aus der Einbettung in die öffentliche Verwaltung (weshalb ja subsidiär die betreffenden Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten): v. Gierke II S. 70; Schmitt-Lermann, Ins 13.Jahrhundert, 1967 S. 68; Doerry daselbst S. 81, 85. Hierfür ist der Begründungsakt das erste Symptom. Die landesrechtlichen Quellen enthalten aber gleichwohl zuweilen Verweisungen auf das Privatrecht (vgl. Schmidt-Sievers, Das Recht der öffentlichrechtlichen Sachv, Hamburg 1951, S. 79-80; v. Gierke II S. 70). Charakteristisch ist aber doch, daß z . B . auf die Verletzung der Gefahrstandspflicht nicht mit der Verwirkung des Vsanspruchs, sondern mit der Auferlegung einer Geldbuße reagiert wird, Beispiel: § 67 FeuerkassenG Hamburg; v. Gierke II S. 105. Aus der öffentlichrechtlichen Qualifikation folgt, wie erwähnt, daß wichtige Entscheidungen des Vers in Form eines Verwaltungsakts ergehen. Das schließt aber nicht aus, daß im Wege schlichten Verwaltungshandelns oder eines Vertrages eine Einigung mit dem Vmer angestrebt wird. [B 24]

c) Versichertes Interesse

Substanzinteresse, Nutzungsinteresse, Verwertungsinteresse an einem Gebäude sind zu unterscheiden. Die Monopolv deckt in erster Linie das Substanzinteresse, also das des Eigentümers oder des Erbbauberechtigten, mag dieser selbst Vmer sein oder ein anderer für den Eigentümer bzw. Erbbauberechtigten V nehmen (V für fremde Rechnung). Einige Landesrechte schließen bei Wohngebäuden das Mietverlustrisiko des Vten ein. Das Verwertungsinteresse des Realrechtsgläubigers ist überall vom Vsschutz umfaßt. [B 25]

d) Rechtsweg aa) Verwaltungsrechtsweg/ordentlicher Rechtsweg

Hinsichtlich des Rechtsweges, der zu ihnen führt, bieten die 12 Feuermonopolanstalten, die die Niederlassungsrichtlinie für die Nichtlebensv vom 24. VII. 1973 VerBAV 1973 S. 2 7 6 - 2 8 7 nennt, ein buntes Bild. In der Mehrzahl der Fälle ist - systemgerecht - der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (auch Erfüllungsansprüche aus öffentlichrechtlichen Verträgen gehören in den Verwaltungsrechtsweg: O V G Münster 13. IV. 1973 B B 1973 S. 1514; B G H 10.11.1983 VersR 1983 S. 750; vgl. auch Schmidt-Sievers, Das Recht der öffentlichrechtlichen Sachv, Hamburg 1951 S. 78; Möller, Einleitung, Anm. 13; v. Gierke II S. 104, 107). Jedoch gibt es auch Landesrechte, die auf den ordentlichen Rechtsweg verweisen, so § 19 G über die Feuersozietät Berlin, § 28 IV Satzung der Ostfriesischen Landschaftlichen Brandkasse, § 36 G über die Braunschweigische Landesbrandvsanstalt, § 22 Satzung der Nassauischen Brandvsanstalt. Das ist historisch zu erklären. Der Rechtsweg war, ehe es eine Verwaltungsgerichtsbarkeit gab, der zu den ordentlichen Gerichten führende. Dagegen, daß öffentlichrechtliche Streitigkeiten durch Landesrecht in den o r d e n t l i c h e n Rechtsweg verwiesen werden, bestehen keine Bedenken: BaumbachLauterbach-Albers-Hartmann, Z P O , 43. Aufl., München 1985, § 13 G V G Anm. 2 A. Zuweilen ist der Rechtsweg erst eröffnet, nachdem ein Vorverfahren vor der Anstalt vorangegangen ist, sei es fakultativ, sei es obligatorisch. Dieses Verfahren ist Sieg/Johannsen

215

Anm. Β 28

Β. Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

kein Güteverfahren, denn ihm sitzt kein neutraler Dritter vor. Da die Streitigkeit ihrem Wesen nach eine ö f f e n t l i c h r e c h t l i c h e ist, kann an der Zulässigkeit der Vorschaltung einer b e h ö r d l i c h e n Entscheidung kein Zweifel sein. [B 26]

bb) Verfrühte Anrufung des Gerichts

Wird das Gericht angerufen, ehe das obligatorische Vorverfahren durchgeführt worden ist, so ist streitig, ob der Rechtsstreit auszusetzen oder als zur Zeit unzulässig abzuweisen ist. Preibisch, Außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der zivilen Gerichtsbarkeit, 1982 S. 163 f. vertritt mit guten Gründen die Meinung, daß die Entscheidung im Ermessen des Gerichts liegt, es sei denn, daß beide Parteien die Aussetzung beantragt haben. Letzteres war im Falle O L G Oldenburg 17. I X . 1980 VersR 1981 S. 369-370 nicht geschehen, so daß dessen Entscheidung (Klagabweisung als zur Zeit unzulässig) im Ergebnis nicht zu beanstanden ist (ebenso Baumbach-LauterbachAlbers-Hartmann, Z P O , 43. Aufl., München 1985, § 13 G V G Anm. 2 Ba); das gilt allerdings nur für das E r g e b n i s , die Begründung kann nicht überzeugen: Die Geltung des einschlägigen § 28 Satzung der Ostfriesischen Landschaftlichen Brandkasse wird auf eine Vereinbarung der Parteien zurückgeführt, ausdrücklich wird eine AVBKlausel dieser Satzungsbestimmung gleichgestellt. Das ist deshalb unzutreffend, weil die Satzung G e s e t z im materiellen Sinne ist. Ferner ist mir die Feststellung des Gerichts, daß die Beklagte für den Verzögerungsschaden aufkommen müßte, wenn sich der Anspruch des Klägers als gerechtfertigt darstellt, zweifelhaft. Selbst wenn der Kläger obsiegt, ist ja damit nicht festgestellt, daß die bisherige Zahlungsverweigerung auf V e r s c h u l d e n der Beklagten beruhte (vgl. Prölss-Martin 2 3 § 11 Anm. 6 A, B). Weiter ist zu beanstanden, daß das O L G die Wirksamkeit von § 28 der Satzung nach denselben Kriterien prüft, die das (hier noch nicht einschlägige) A G B - G aufgestellt hat, obwohl Satzungen von öffentlichrechtlichen Monopolanstalten nicht an dem Maßstab des A G B - G , früher des § 242 B G B , zu prüfen sind: Sieg VersR 1977 S. 489. [B 27]

cc) Obligatorische Schiedsgutachterverfahren

Nach § 36 G über die Braunschweigische Landesbrandvsanstalt ist die Anrufung der ordentlichen Gerichte dann zulässig, wenn die vorangegangenen Feststellungen über Voraussetzungen und Höhe des Schadens offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. „Feststellungen", von denen § 26 spricht, sind solche einer Schätzungskommission, wie sich aus § 35 ergibt. Damit ist dieser also die Qualifikation eines Schiedsgutachters zugesprochen, wovon bundesrechtlich § 64 handelt. Die Entscheidung O L G Braunschweig 17. IV. 1975 VersR 1976 S. 329 ist daher zutreffend. [B 28]

5. Versicherungsverträge bei privatrechtlichen Versicherern im Monopolbereich

Hofmann, Privatvsrecht, 2. Aufl., München 1983, Nr. 3.7.2 nimmt an, daß ein Feuervsvertrag, der gegen ein Monopol verstößt, nach § 134 B G B nichtig sei. Das ist jedoch nicht zwingend, wie ein Blick auf die Entscheidung B G H 1. VI. 1966 B B 1966 S. 1023 zeigt: In das Arbeitsvermittlungsmonopol der Bundesanstalt für Arbeit war zwar von einer Agentur eingegriffen worden, der Vermittlungsvertrag wurde aber gleichwohl für wirksam gehalten, weil die Agentur lediglich ihre Vermittlungserlaubnis überschritten hatte. Die Parallele zu unserer Gestaltung liegt auf der Hand, denn der Feuerver, der im Monopolbereich tätig wird, ist ja im übrigen ein konzessionierter Ver. 216

Sieg/Johannsen

IV. Öffentlich-rechtliche Wettbewerbsanstalten

Anm. Β 30

Folge: Es liegt ein Fall von anfänglichem Interessemangel vor, der Ver hat aber gleichwohl in der Regel keinen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr nach § 68 I, weil zwar er, aber nicht der Vmer den Interessemangel kennen wird (Sieg § 68 Anm. 54).

IV. Öffentlich-rechtliche Wettbewerbsanstalten (Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung) [B 29]

1. Charakter

Die Vsverhältnisse bei den Wettbewerbsanstalten sind p r i v a t r e c h t l i c h e r Natur. Auch verwenden diese Unternehmungen im allgemeinen AVB, die mit denen der Privatv übereinstimmen (Büchner in Festgabe für E. R. Prölss zum 50. Geburtstag, Karlsruhe 1957, S. 22), wie sie grundsätzlich auch dieselben Geschäftsplanmäßigen Erklärungen wie die privaten Ver abgegeben haben. Die Wettbewerbsanstalten spielen in der Feuerv eine erhebliche Rolle: Schmidt in Festschrift für E. Klingmüller zum 60. Geburtstag, Karlsruhe 1974, S. 404. Die Vsverhältnisse werden freiwillig eingegangen. Vielfach wird dasselbe Gebilde als Monopolund als Wettbewerbsanstalt tätig (Kraus, Vsaufsichtsrecht, W i e n - N e w Y o r k 1971, S. 90; v. Gierke II S. 79), in letzterer Beziehung etwa für die Waldbrandv, die Betriebsunterbrechungsv, die Rückv. Wenn auch die M o b i l i a r f e u e r v per se nicht zu den Aufgaben der Monopolanstalten gehört, so kommt es doch vor, daß Zubehör oder Bestandteile als Annex des G e b ä u d e s aufgefaßt werden. Soweit für letztere M o n o pol besteht, würden dann auch für die Annexe die Wettbewerbsven zurücktreten müssen, vgl. Feldman-Hess S. 9. Sofern Monopol- und Wettbewerbsbetrieb von einer Anstalt geführt werden, bleibt die g e s a m t e Einrichtung von der Fachaufsicht durch das B A V frei: § 1 I V V A G ; Prölss-Schmidt-Frey 9 § 1 Rdnr. 30 c. In diesem Fall ist die gesetzgeberische Fürsorge des betreffenden L a n d e s aufgerufen. Die D i e n s t a u f s i c h t über die landesrechtlichen Wettbewerbsanstalten bleibt stets beim betreffenden Land, sie wird meist durch das Innenministerium geführt: PrölssSchmidt-Frey 9 § 4 B A G Rdnr. 7.

[B 30] 2. Landesrecht Ein anschauliches Bild der Ausbreitung der öffentlichrechtlichen Wettbewerbsv ergeben die Kataloge der betriebenen Sparten, ζ. B. in Braunschweig (Schmidt-Boeck S. 211), Hessen-Kassel (Schmidt-Boeck S. 340), Schleswig-Holstein (Schmidt-Boeck S. 505), Bremen (Schmidt-Boeck S. 220). Das nach § 192 II zugelassene Landesrecht (Gesetze oder von der Landesregierung bzw. vom zuständigen Ministerium genehmigte Satzungen) weicht kaum vom W G ab, mag auch die Gesetzesbegründung ausführen, daß das W G insoweit nur „subsidiär" gelte (vgl. Büchner in Festgabe für E . R . Prölss zum 50. Geburtstag, Karlsruhe 1957, S. 21; Martin A I V 4). Ein Beispiel für die subsidiäre Geltung von Bundesrecht (§ 5 W G ) bietet O L G Frankfurt/M. 13. VI. 1969 VersR 1970 S. 409. Wie andere Landesrechte so schreibt § 25 Preußisches SozietätenG vor, daß AVB keine Bestimmungen enthalten dürfen, die zum Nachteil des Vmers von einzeln aufgeführten N o r m e n des W G abweichen, ähnlich § 32 IV. Daß in AVB enthaltene Gesetzesabweichungen zu Lasten des Vmers wegen § 9 A G B - G schlechthin unwirksam wären (so aber Martin A I V 4), trifft in dieser Rigorosität nicht zu. Da § 192 II eine O f f n u n g s k l a u s e l enthält, gilt hier dasselbe, wie in Anm. A 47 zu § 187 ausgeführt. Sieg/Johannsen

217

A n m . Β 32

Β. Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

Natürlich müssen Satzung und AVB der Wettbewerbsanstalten mit zwingendem oder halbzwingendem Landesrecht im Einklang stehen. Unter „Satzung" ist an dieser Stelle das von den A n s t a l t e n erlassene Surrogat von AVB zu verstehen, im Unterschied vom O r g a n i s a t i o n s s t a t u t der Anstalt, das auch auf Satzung beruhen kann (vgl. vorigen Absatz und oben Anm. A 16). [Β 31]

3. Yersicherungsverhältnis a) Begründung

Die Rechtsverhältnisse zu den öffentlichrechtlichen Anstalten werden in der Regel durch Vertrag begründet: Badura Z H R Bd 146 (1982) S. 455 (zuweilen, namentlich im Geltungsbereich des Preußischen SozietätenG, ist ein Annahmezwang vorgesehen für die Gebäudefeuerv). Gegen die Ablehnung eines Antrags sehen einige Länder Beschwerde an den Verwaltungsrat und weitere Beschwerde an die Aufsichtsbehörde (Satzung der Feuervsanstalt der Freien Hansestadt Bremen § 19 I, Satzung der Provinzial-Feuervsanstalt Rheinprovinz § 22 III; Satzung der Schleswig-Holsteinischen Brandkasse § 13 I; Satzung der Westfälischen Provinzial-Feuersozietät § 23 II), bzw. den Brandkassenausschuß (Satzung Landschaftliche Brandkasse Hannover § 22 I) vor. Nach Inkrafttreten der V w G O sind diese Rechtsbehelfe in W i d e r s p r ü c h e umzudeuten, deren Bescheidung alsdann den Verwaltungsgerichtsweg eröffnet. Bestimmungen, wonach die Aufsichtsbehörde bzw. der Brandkassenausschuß e n d g ü l t i g entscheidet (so Bremen und Hannover a.a.O.), sind obsolet: vgl. Dütz, Rechtsstaatlicher Gerichtsschutz im Privatrecht, 1970, S. 142; Preibisch, Außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der Zivilgerichtsbarkeit, 1982 S. 41: Ein Verfahren vor den Verwaltungsgerichten kann nicht abgeschnitten werden. [B 32]

b) Inhalt und Rechtsweg

Mag auch die B e g r ü n d u n g eines Rechtsverhältnisses zu den Wettbewerbsanstalten, jedenfalls soweit es sich um die Gebäudefeuerv handelt, noch öffentlichrechtliche Einschläge haben, so gehört der Inhalt der Rechtsverhältnisse sowohl in der Feuer- als auch in der Betriebsunterbrechungsv dem privaten Recht an. Auch verwenden diese Unternehmungen im allgemeinen AVB, die mit denen der Privatv übereinstimmen (Büchner in Festgabe für E. R. Prölss zum 50. Geburtstag, Karlsruhe 1957, S. 22), wie sie grundsätzlich auch dieselben Geschäftsplanmäßigen Erklärungen wie die privaten Ver abgegeben haben. Vgl. zu alledem Möller, Einleitung, Anm. 13. Deshalb ist für die Entschädigungen durchweg der ordentliche Rechtsweg eröffnet, mögen auch einzelne Landesrechte ein Verwaltungsverfahren vorschalten, teils fakultativ (Satzung der Provinzial Feuervsanstalt der Rheinprovinz § 22 I, 2; Satzung der Schleswig-Holsteinischen Brandkasse § 13 II; Satzung der Westfälischen Provinzial Feuersozietät § 23 I; Satzung der Landschaftlichen Brandkasse Hannover § 22 II), teils obligatorisch (Satzung der Feuervsanstalt der Hansestadt Bremen § 19 II; Satzung Hamburger Mobiliarfeuerkasse § 15). Diese Quellen unterscheiden nicht zwischen Feuer- und Betriebsunterbrechungsv. Selbst die o b l i g a t o r i s c h e Vorschaltung eines VerwaltungsVerfahrens vor den ordentlichen Rechtsweg ist mit dem G G vereinbar: Preibisch, Außergerichtliche Vorverfahren in Streitigkeiten der zivilen Gerichtsbarkeit, 1982, S. 98; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, Z P O , 43. Aufl., München 1985 § 13 G V G Anm. 2B.

218

Sieg/Johannsen

IV. Öffentlich-rechtliche Wettbewerbsanstalten

[Β 33]

Anm. Β 34

c) Schiedsgerichtliches Verfahren

Laut Satzung des Bayerischen Vsverbandes findet in Streitigkeiten über Rechtsansprüche zwischen Vmer oder sonstigen Anspruchsberechtigten und Anstalt, gleich, um welche Sparte es sich handelt, ein schiedsgerichtliches Verfahren nach Maßgabe der §§ 12, 13, 16 statt. Eine unförmliche Beschwerde, über die die Anstalt (also nicht ein bestimmtes Organ) entscheidet, hat voranzugehen: §§ 14,15. Die Wirksamkeit dieses Teils der Satzung ist angesichts der Entscheidung des B G H vom 22. V. 1967 B G H Z Bd 48 S. 35-46 zweifelhaft. Der B G H hat in jenem Urteil die Anordnung eines Schiedsgerichts in der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für unwirksam erklärt. Jedoch ergeben sich hieraus keine zwingenden Schlüsse auf die Satzung des Bayerischen Vsverbandes, denn dessen Rechtsverhältnisse zu den Destinatären beruhen (anders als die Rechtsverhältnisse zwischen der VBL und ihren Vten) auf dem ö f f e n t l i c h e n Recht; überdies hat die Satzung hier, anders als die Satzung der VBL, eine g e s e t z l i c h e Grundlage in Art. 9, 10 Bayer.G über das öffentliche Vswesen. Das vorgesehene Schiedsgericht ist, folgt man einer Eventualerwägung des B G H , ö f f e n t l i c h r e c h t l i c h e r Art. Bedenken bleiben indes, weil die zitierten Art. 9, 10 nicht expressis verbis eine Satzungsermächtigung für die Anordnung eines Schiedsgerichts enthalten. [B 34]

d) Anomalien

Das Recht der öffentlichrechtlichen Wettbewerbsanstalten ist in Jahrhunderten gewachsen, weshalb es einige Züge trägt, die durch die ratio schwer nachvollziehbar sind. Hierher gehört zunächst der Annahmezwang in der Gebäudefeuerv der nach dem Preußischen Sozietätengesetz arbeitenden Unternehmen. Diesem entspricht weder auf Vmerseite ein Vszwang noch auf Verseite ein Monopol. Die dadurch vorprogrammierte negative Auslese ist offenbar aus landesväterlicher Fürsorge in Kauf genommen worden. Auch daß das Verfahren gegen eine Antragsablehnung v e r w a l t u n g s g e richtlich ist (vgl. oben Anm. Β 31), bedeutet eine Anomalie. Dem Annahmezwang entspricht es, daß diese Wettbewerbsanstalten das Privileg des § 61 I Nr. 3 K O genießen, vgl. oben Anm. A 19. Eine Systemwidrigkeit liegt auch darin, daß manchen Anstalten das Recht verliehen wurde, Beiträge durch B e s c h e i d festzusetzen (vgl. Badura N J W 1978 S. 2413-2414 in der Besprechung V G H München 21.111.1977 N J W 1978 S. 2 4 1 0 - 2413 sowie die Satzungen der oben Anm. Β 31 aufgeführten Anstalten, ohne Landschaftliche Brandkasse Hannover). Zu Β 29-34: Nach Aufhebung der Vsmonopole (siehe dazu die Anmerkungen zu Β 1 und 2) sind alle die Feuerv betreibenden öffentlich-rechtlichen Ver Wettbewerbsver. Sie unterliegen der Aufsicht nach dem VAG, das der Besonderheit ihrer Unternehmensformen, Körperschaft oder Anstalt öffentlichen Rechts, in einzelnen neugefaßten Vorschriften Rechnung trägt (Reimer Schmidt in Prölss VAG 1 1 R N 6 zu § 1). Obwohl durch die 3. Schadensrichtlinie der E G ausdrücklich nur die Aufhebung der Monopole geboten war, sind durch Ländergesetze auch die in einigen Gebieten, ζ. B. Berlin und Hamburg, bestehende Vspflicht sowie der auf dem Preußischen SozietätenG vom 25. VII. 1910, das gebietsweise als Landesrecht weitergalt, beruhende Annahmezwang aufgehoben worden (vgl. die Ubersicht über die Ländergesetzgebung von Reimer Schmidt aaO. R N 66 a)-c) und den Abdruck der Gesetze in Anhang III). Auch die übrigen von Sieg in Β 34 als Anomalien bezeichneten Besonderheiten des Rechts der öffentlich-rechtlichen Wettbewerbsanstalten wie das PriSieg/Johannsen

219

A n m . Β 36

Β. Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

vileg nach § 61 N r 3 K O und das Recht, Beiträge durch Bescheid festzusetzen, sind weggefallen. Hinzuweisen ist ferner auf die Aufhebung von § 192, nach dessen Abs. II die im W G vorgesehenen Beschränkungen der Vertragsfreiheit sowie die Vorschriften über die Vsagenten für bei den Wettbewerbsvern genommene Vsverhältnisse keine Anwendung fanden. Soweit in AVB von Wettbewerbsvern von halbzwingenden Vorschriften des W G abgewichen wurde, war aber trotz der Freistellung durch § 192 II schon bisher zu prüfen, ob die Abweichung der Inhaltskontrolle nach dem AGBG standhielt. So hat der BGH 30. V. 1990 NJW 1990 S. 2686-2687 § 13 AVB der Provinzial Brandkasse Schleswig-Holstein, der das Kündigungsrecht des Grundstückserwerbers entgegen §§ 69 I, 70 II ausschloß, als eine mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbare unangemessene Benachteiligung des Vmers angesehen (kritisch dazu Dörner NJW 1991 S. 409-410). Insgesamt gesehen, haben die genannten Änderungen des Rechts der öffentlichrechtlichen Wettbewerbsver dazu geführt, daß diese den privaten Vern gesetzlich völlig gleichgestellt sind.

Y. Nebenpersonen auf Versicherungsnehmerseite [B 35] 1. Repräsentant a) Begriff (Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung) Dadurch, daß die Rechtsprechung im Obliegenheitsbereich außer Wissenserklärungen und im Bereich des § 61 die Handlung oder Unterlassung des Vmergehilfen nicht dem § 278 BGB unterstellt, andererseits aber das Selbstverschuldensprinzip (nur auf den Vmer kommt es an) als für den Ver untragbar hält, kommt es zum Begriff des Repräsentanten, der trotz gewisser Verfestigung durch Rechtsprechung und Lehre ein o f f e n e r geblieben ist. Daraus folgt: selbst wenn die unter Anm. Β 36-38 zu besprechende Klausel 272 zu Lasten des Vmers vom hergebrachten Repräsentantenbegriff abweichen sollte (was allenfalls geringfügig der Fall ist), wäre sie wirksam, ohne gegen § 9 II S. 1 AGB-G zu verstoßen. Zum Repräsentantenbegriff: Möller § 6 Anm. 100, 101, § 61 Anm. 70-78; Martin O II 2. Zu Β 35: Zur Weiterentwicklung der Rechtsprechung zum Repräsentantenbegriff und die Stellungnahme der Verfasser hierzu wird auf G 48—49 verwiesen.

[B 36] b) Repräsentantenklausel aa) Inhalt Klausel 272 für die nichtindustrielle Feuerv und § 36 ZFgA 81a lauten übereinstimmend: „Dem Versicherungsnehmer stehen als Repräsentanten gleich 1. Personen, die in dem Geschäftsbereich, zu dem die versicherten Sachen gehören, auf Grund eines Vertretungs- oder eines ähnlichen Verhältnisses anstelle des Versicherungsnehmers die O b h u t über diese Sachen ausüben;

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Sieg/Johannsen

V. Nebenpersonen auf Versicherungsnehmerseite

Anm. Β 39

2. Personen, die damit betraut sind, rechtserhebliche Tatsachen anstelle des Versicherungsnehmers zur Kenntnis zu nehmen und dem Versicherer zur Kenntnis zu bringen; 3. Personen, denen die versicherten Sachen auf Grund eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Verhältnisses f ü r längere Zeit in alleinige Obhut gegeben worden sind."

Wesentlich ist, daß der Repräsentant a n s t e l l e des Vmers, also nicht n e b e n ihn tritt, was der herkömmlichen Begriffsbildung entspricht. In der Repräsentantenklausel der Feuerbetriebsunterbrechungsv fehlen die Ziff. 2 und 3, vgl. Zusatzbedingungen zu den FBUB Ziff. 4, oben A 30. Im folgenden wird lediglich die ausführlichere Klausel der Feuerv interpretiert. Zu Β 36: Zu dieser und anderen Repräsentantenklauseln, die der Inhaltskontrolle nach § 9 ABGB nach herrschender Meinung nicht standhalten, vgl. unter G 65.

[Β 37] bb) Deutung Die Klausel hält sich im wesentlichen an die Ergebnisse, die Wissenschaft und Rechtsprechung erzielt haben. Auffällig ist Z i f f . 2 insofern, als die Wissenszurechnung und die Wissenserklärungsvertretung gemeinhin nicht zur Repräsentanz gerechnet werden, sondern die Lösung über eine Analogie zu § 278 BGB gesucht wird (Möller § 6 Anm. 78-87). Insofern ist die Repräsentantenklausel, weil es nur auf q u a l i f i z i e r t e Hilfskräfte ankommt, für den Vmer günstiger. Andererseits wird dem Vmer nach der Lehre nur das Wissen desjenigen Angestellten zugerechnet, der ressortmäßig zuständig ist. Sofern man Ziff. 2 der Klausel nicht in diesem Sinne restriktiv auslegt, wäre sie für den Vmer u n g ü n s t i g e r , was allerdings ihre Wirksamkeit nicht beeinträchtigen würde (vgl. Anm. Β 35). Ziff. 1 lehnt sich an die Rechtsprechung an, vgl. Zitate bei Möller § 6 Anm. 95. Z i f f . 3 lehnt sich in der Betonung des längerwährenden Obhutsverhältnisses an die L e h r e an (Möller § 6 Anm. 101). [B 38] cc) Beispiele Ollick VerBAV 1982 S. 132 interpretiert Ziff. 1 der Repräsentantenklausel. Er meint, darunter fielen Prokuristen, Abteilungsleiter, Geschäftsführer, Bauleiter und Hausverwalter. Demgegenüber ist jedoch darauf hinzuweisen, daß die GmbH für Verhalten ihres Geschäftsführers nicht wegen der Repräsentantenklausel einzustehen hat, sondern weil er ihr O r g a n ist, die G m b H k a n n nur durch ihn handeln. - Der Hausverwalter gehört nur dann zu den Repräsentanten, wenn er das Haus b e t r e u t , also nicht, wenn er lediglich die finanzielle Verwaltung innehat. Was den Bauleiter angeht, so kann er Repräsentant des Bauunternehmers sein, nicht aber des Bauherrn. Beispiele aus neuerer Rechtsprechung zum Repräsentantenbegriff in der Feuerv: LG Bielefeld 18. V. 1982 RuS 1983 S. 18 = ZfS 1983 S. 90: Gastwirt als Pächter eines Gebäudes ist Repräsentant des Vmers. LG Köln 12.1.1978 RuS 1983 S. 107: Ehemann als Repräsentant der Versicherungsnehmerin (Inhaberin einer Gaststätte). [B 39] 2. Versicherter (Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung) Der Einschluß fremden Interesses für fremde Rechnung ist in der Feuerv häufig (vgl. Anm. C 4 6 ^ 9 ) . Nach § 79 kommt es bei der V für fremde Rechnung sowohl im Obliegenheitsbereich als auch bei der Herbeiführung des Vsfalles a u c h auf das VerSieg/Johannsen

221

Anm. Β 40

Β. Parteien des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

halten des Vten an; das „auch" bedeutet, daß dem Vten ferner das Verhalten des Vmers schadet. Sind Vmer und Vter in e i n e m Vertrage gedeckt, so gilt aber nicht das Umgekehrte, d. h. das Verhalten des Vten schadet dem Vmer nicht. In diesem Fall kann der etwaige Anspruch des Vmers gegen den Vten auf den Ver übergehen: Sieg § 67 Anm. 134. Schlechthin muß der Vmer für das Verhalten des Vten einstehen, wenn dieser die Voraussetzungen des Repräsentanten (vgl. dazu Anm. Β 35-38) erfüllt. Per se ist aber der Vte nicht Repräsentant des Vmers (vgl Prölss-Martin 23 § 6 Anm. 8 Β „Einzelfälle" a. E.). Zur Bedeutung des Vsscheins in der V für fremde Rechnung s. unten Anm. D 46-47. Zu Β 39: Hierzu wird ergänzend auf J 100-139 verwiesen. [B 40]

3. Realberechtigter (Feuerversicherung)

In die Gebäudefeuerv des Eigentümers ist das Verwertungsinteresse des Realberechtigten eingeschlossen (vgl. unten Anm. C 28-33). Der Realberechtigte ist nach zutreffender herrschender Lehre nicht Vter (§ 79 gilt nicht, Obliegenheiten hat er nicht zu erfüllen, anders im kranken Vsverhältnis: Möller § 62 Anm. 25). Der Realberechtigte ist in der Regel auch nicht Repräsentant. Die grobfahrlässige oder vorsätzliche Herbeiführung durch ihn gefährdet daher nicht den Schutz des Eigentümers. Diesem ist Deckung zu gewähren, ohne daß der Realberechtigte in diesem Fall ein Pfandrecht an der Vsforderung (§ 242 B G B ) oder im Falle des kranken Vsverhältnisses einen eigenen Anspruch hat (§ 61 analog, Möller § 61 Anm. 80). Vielmehr geht der Anspruch des Vmers gegen den Realberechtigten nach § 67 auf den Ver über. Das soll auch der Fall sein, wenn der Grundpfandgläubiger nur l e i c h t fahrlässig den Vsfall herbeigeführt hat. Daraus wird weiter geschlossen, daß der Ver den Ansprüchen des Grundpfandgläubigers in diesem Falle mit dem Einwand begegnen könnte, er mache einen Gegenanspruch aus § 823 B G B als Rechtsnachfolger des Vmers geltend: Rainer Schmidt, Die rechtliche Stellung des Realgläubigers gegenüber dem Ver nach den §§ 1127-1130 B G B und den §§ 97-107c W G , Diss. Bielefeld 1982, S. 106; Brisken, Der Schutz der Hypothekengläubiger bei der Gebäudev, Karlsruhe 1964, S. 48. Ist der Realberechtigte Vmer geworden (vgl. § 105), so hat er Obliegenheiten zu erfüllen (soweit sie nicht die Herrschaft über das Gebäude voraussetzen: PrölssMartin 23 § 105 Anm. 3), ist § 61 unmittelbar anzuwenden, wenn er vorsätzlich oder grobfahrlässig den Vsfall herbeiführt. Nunmehr hat er für s e i n e Repräsentanten einzustehen, wobei wohl nur Ziff. 2 der Repräsentantenklausel (vgl. Anm. Β 36-38) praktisch werden kann. Zu Β 40: Der Schutz der Realberechtigten wird im einzelnen unter J 1-99 behandelt. Zu den von Sieg angesprochenen Problemen vgl. insbesondere J 52, 56, 77-82.

222

Sieg/Johannsen

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung Gliederung: I. Vertes Risiko C 1 II. Verte Gefahr C 2-7 1. Allgemeines C 2-3 a) Maßgebliche Gefahren C 2 b) Verwirklichung der Gefahr = Vsfall C 3 2. Insbesondere: Vsort C 4 - 7 a) Primäre Risikobeschreibung C 4 b) Folgen der Qualifikation C 5 c) Erweiterungen des Vsorts C 6 d) Besonderheiten der Betriebsunterbrechungsv C 7 III. Verte Schadensart C 8-19 1. Substanzschaden C 8 - 1 0 a) Abhandenkommen C 8 b) Neuwertv C 9 c) Folgeschäden C 10 2. Gewinnschaden C 11-14 a) Veräußerungsgewinn C l l b) Insbesondere: Waldbrandv C 12 c) Ertrag aus Nutzung C 13 d) Tragweite von § 53 C 14 3. Aufwendungsschaden C 15-17 a) Kostenven C 15-16 aa) Fälle C 15 bb) CharakterC 16 b) Verselbständigte Rettungskosten C 17 4. Statischer-dynamischer Schaden (insbesondere: Nachschaden) C 18 5. Ergebnisse C 19 IV. Vtes Interesse C 20-56 1. B e g r i f f e 20 2. Historische Entwicklung C 21 3. Notwendigkeit des Interessebegriffs C 22 4. Eigentümer schließt Eigenrechnungsv C 23-36 a) Deckbare Interessen, insbesondere Anwartschaftsinteressen C 23-27 aa) Der Anwartschaftsberechtigte nimmt V C 23-24 bb) Insbesondere: V für Rechnung wen es angeht (einschlägige Formulare) C 25-26 cc) Der Partner des Anwartschaftsberechtigten hat V genommen C 27 V

Sieg/Johannsen

5.

6.

7. 8.

b) Einschluß fremden Verwertungsinteresses C 28-33 aa) Geschützter Personenkreis C 28-29 bb) Gegenstand des Schutzes (Feuer- und Mietverlustv) C 30-31 cc) Gegenstand des Schutzes (Waldbrand- und Betriebsunterbrechungsv) C 32 dd) Vertragliche Erweiterung C 33 c) Einschluß fremden Sachinteresses? C 34-36 aa) Die These Martins C 34-35 bb) Entlastungsmöglichkeiten für Obhutsinhaber C 36 Nichteigentümer schließt Eigenrechnungsv C 37-44 a) Nutzungsinteresse C 37 b) Verwertungsinteresse C 38-39 c) Sachersatzinteresse? C 40-43 aa) Die These Martins C 40 bb) Spediteurfeuerv (Klausel 361 Ziff. 1,2a) C 41 cc) Spediteurfeuerv (Folgerungen aus dem Haftpflichtvscharakter) C 42 dd) Kritik an Klausel 361 Ziff. 2 C 43 d) Exkurs: V des Kommissionärs und des Lagerhalters C 44 Nichteigentümer schließt Fremdrechnungsv C 45-52 a) Vermutung des § 80 I C 45 b) Gesetzliche Fälle, Anwendbarkeit von § 2 1 2 A F B C 46 c) Insbesondere: Pfandleiher C 47-48 d) Hauptsächliche Klauselfälle C 49 e) Subsidiär- und Differenzv C 50 f) Reflexwirkung auf Haftung des Vmers C 51 g) Reflexwirkung auf Sicherung des Vmers C 52 Eigentümer schließt Fremdrechnungsv C 53 Exkurs: Schutz der Gläubiger durch Personenven C 54-56 a) Immobiliarkredit C 54 b) Mobiliarkredit C 55-56

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Anm. C 2

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

[C 1] I. Versichertes Risiko Der Ver hat Ersatz zu leisten, wenn die vte Gefahr den vten Schaden verursacht hat, der das vte Interesse berührt. Angesichts zu beobachtender Sprachverwirrung sei klargestellt: Gefahr ist Ursache eines bestimmten Ereignisses, Schaden dessen Folge. Wie im allgemeinen Haftungsrecht unterscheiden wir auch im Vsrecht, ob der Schaden dem G r u n d e nach gedeckt ist, und in welcher Höhe. Zur Charakteristik gehört lediglich der G r u n d des Schadens. Schließlich fragt das Vsrecht im Unterschied zum allgemeinen Schadenersatzrecht, ob das schädigende Ereignis in die Vszeit, d. h. zwischen materiellem Beginn (vgl. hierzu, was die Tageszeit angeht den dispositiven § 7) und Beendigung des Vertrages gefallen ist. Hierüber sind generelle Aussagen nicht möglich. Der Vsort ist eng mit der Gefahr (Raiser § 4 Rdnr. 1; Wussow § 4 Anm. 1), die Vssumme als leistungsbegrenzender Faktor ist eng mit dem S c h a d e n u m f a n g verknüpft. [C 2] II. Versicherte Gefahr 1. Allgemeines a) Maßgebliche Gefahren Vte Gefahren im Sinne von Ursachen sind in der Feuer- und in der Betriebsunterbrechungsv Brand (Definition: § 1 II 1 A F B , § 2 II F B U B ) , Blitzschlag, Explosion (Definition: § 2 III F B U B ; § 3 II ZFgA 81 a; Klausel 312 Ziff. 2 für die nichtindustrielle Feuerv), Absturz bemannter Flugkörper (es genügt nicht, daß der Flugkörper bemannt g e w e s e n ist: Boldt Stichwort: „abstürzende Luftfahrzeuge", S. 3; abweichend für Düsenjäger Heyen Stichwort „Sachschaden" S. 113). Zu Brand, Blitzschlag, Explosion vgl. Vossen ZVersWiss 1968 S. 514-520, speziell zum Brandbegriff Wälder ZVersWiss 1971 S. 657-686; vgl. ferner die Nachweise bei Johannsen Bd V Lfg 2 Fahrzeugv in Anm. J 29 und zum Explosionsbegriff in Anm. J 34. Fermentationsschäden, vornehmlich an Heu, Getreide, Tabak und Rübenschnitzeln zu beobachten, sind nicht auf einen Brand im Sinne des § 82, § 1 A F B zurückzuführen, weil es an einer Feuererscheinung fehlt. Gleichwohl können Schäden dieser Art in die landwirtschaftliche Feuerv gegen Prämienzuschlag eingeschlossen werden, vgl. G B BAV 1981 S. 66; Raiser § 1 Rdnr. 7; Prölss-Martin 23 § 82 Anm. 2c. Weniger weit geht die Klausel 7.07 (VerB AV 1970 S. 21, Trockengut). Kommt es zu einem Brand, verzichtet der Ver auf Ausklammerung des Schadens, der schon vor dem Brand durch die Fermentation entstanden war. Dauernder Gefahrmangel ist Interessemangel im Sinne des § 68 (Sieg § 68 Anm. 25), vorübergehender Gefahrmangel ist hingegen ohne Folgen für das Vertragsganze (Sieg § 68 Anm. 101-103), was § 4 I A F B bestätigt. Zuweilen knüpft die Entscheidung nicht an e i n e Gefahr, sondern an mehrere an. In der Feuerv können nach Eintritt des Feuerereignisses (Brand etc.) die Ursachen Löschen, Niederreißen, Ausräumen einen selbständigen Anspruch begründen (§ 1 (3)c AFB): Martin C V 1. Es handelt sich also um Z u s a t z g e f a h r e n , nicht Schäden. Unzutreffend daher die Uberschrift, die Prölss-Martin 23 dem § 83 geben. Alle diese Ursachen einschließlich der Folgeschäden im Sinne des § 1 III b A F B sind auch für die Waldbrandv (§ 1 I, III AWaB), die Betriebsunterbrechungsv (§ 2 I F B U B ) und für die Mietverlustv (§ 8 Bedingungen für die V gegen Mietverlust infolge von Brand ...) beachtlich; hierzu Heyen Stichwort „Sachschaden" S. 112; Blanck S. 38, 45.

224

Sieg/Johannsen

Anm. C 4

II. Versicherte Gefahr

Zu C 2: Die vten Gefahren werden im einzelnen unter H 3-31 behandelt und zwar Brand unter H 3-14, Blitzschlag unter H 15-18, Explosion unter H 20-28, Anprall oder Absturz eines bemannten Flugkörpers unter H 29, Löschen, Niederreißen oder Ausräumen unter H 30. Soweit Klauseln im Text von Sieg genannt sind, wird im folgenden zusätzlich auf die entsprechenden Klauseln des neuen Klauselheftes, das 1987 eingeführt worden ist (VA 1987 S. 367), hingewiesen. Die in der Industrie-Feuer-V am häufigsten verwendeten Klauseln sind abgedruckt bei Josten/Horn Die Feuer-Industrie-V Karlsruhe 1999 S. 319-343, die für die Wohngebäudefeuerv üblichen bei Dietz Wohngebäudev 2 Karlsruhe 1999 Anhang A 11 und Β 3. Klausel 707 entspricht Klausel 3105. [C 3] b) Verwirklichung der Gefahr = Versicherungsfall Die Verwirklichung der vten Gefahr, wodurch unmittelbare Bedrohung des vten Schutzobjekts eintritt, ist der Vsfall, jedenfalls im Sinne des zeitlichen Deckungsbereichs und des Beginns der Rettungspflicht (vgl. dazu eingehend Möller § 62 Anm. 27-32, ferner K . H . VW 1959 S. 713); auf den Eintritt des S c h a d e n s kommt es nicht an (Herdt, Die mehrfache Kausalität im Vsrecht, Karlsruhe 1978, S. 22; Falckenberg, Die Gefahrendeckung der privaten Feuerv in Deutschland, Osterreich, der Schweiz und den Niederlanden, Diss. Hamburg 1972, S. 7 und die daselbst N . 12 Genannten. Abweichend Woesner ZVersWiss 1960 S. 425 und die bei Falckenberg S. 7 N . 13 Genannten). Damit verliert der Begrifff des g e d e h n t e n Vsfalles erheblich an Bedeutung (anders Möller vor §§ 49-80 Anm. 33, 34, § 55 Anm. 26; derselbe in Dreihundert Jahre Hamburger Feuerkasse, Karlsruhe 1976, S. 207; derselbe in Festschrift für H. Eichler zum 70. Geburtstag, Wien und New York 1977, S. 411). Knüpft die Entschädigung an die Verwirklichung mehrerer hintereinander eintretender Gefahren (Brand, Betriebsunterbrechung bzw. Unbenutzbarkeit eines Gebäudes) an, so ist die erste Gefahr maßgeblich ( B G H 14. XI. 1957 VersR 1957 S. 781-782). Zu C 3: Vgl. hierzu auch Η 2. [C 4] 2. Insbesondere: Versicherungsort a) Primäre Risikoumschreibung Sedis materiae ist § 4 I A F B , § 2 I—III Zusatzbedingungen für die Feuerv landwirtschaftlicher Betriebe, vgl. auch § 2 II 1 AWaB. Bei beweglichen Sachen wird meist die vte Gefahr durch Vereinbarung eines Vsortes konkretisiert. Fehlt eine Angabe hierüber im Vertrage, so ist die Lücke durch Auslegung zu schließen: Ehrenzweig S. 295 Ν . 1 (Raiser § 4 Rdnr. 1 nimmt in solchem Falle sogar Unwirksamkeit des Vertrages an). In der Inbegriffs-Feuerv sind nur diejenigen Sachen vert, die sich am Vsort befinden (Martin A IV 11, G I 5, G II 10). Auch bei individuell feuervten Sachen bedeutet die Abwesenheit vom Vsort Fehlen einer Deckungsvoraussetzung: Prölss-Martin 23 § 4 A F B Anm. 1, § 49 Anm. 1 Β a d; Martin G i l ; Raiser § 4 Rdnr. 1; Wussow § 4 Anm. 1. Sieg/Johannsen

225

Anm. C 6

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

Mißverständlich formuliert Bruck S. 369, daß sich das bedarfsverursachende E r e i g n i s an einem bestimmten Ort abgespielt haben muß. Der Vsort ist hingegen mit der vten S a c h e verknüpft: Martin C V 3; Β I 10; G II 1; Sieg D B 1965 Beilage 7 zu Heft 19 S. 2. Möglicherweise meint Bruck mit dem „Ereignis" weitergehend den durch dieses bewirkten Angriff auf die Sache. Dann wäre gegen seine Formulierung nichts einzuwenden. Die Entfernung der Sache vom Vsort ist also nicht auflösende Bedingung für den Vsschutz, wie Leibkutsch, Der Vsort, Diss. Hamburg 1949, S. 39-45 annimmt (wie hier: Drefahl, Beweislast und Beweiswürdigung im Vsrecht, Diss. Hamburg 1939, S. 48 und zur Personenv Henke, Ausschlüsse und Grenzfälle in der Unfallv, Diss. Hamburg 1950 S. 23, beide unter Hinweis auf die Beweislast des Vmers. Beim Folgeschaden im Sinne des § I III b A F B kommt es ebenfalls darauf an, daß sich die von ihm betroffenen Sachen am Vsort befinden (Prölss-Martin 23 § 83 Anm. 1; Raiser § 1 Rdnr. 44); wo der B r a n d entstanden war, ist gleichgültig (Prölss-Martin 23 § 1 A F B Anm. 1; VW 1959 S. 238; K . H . V W 1959 S. 713. Unrichtig W.H. V W 1959 S. 302). Zu C 4 - 6 : Der Vsort in der Feuerv wird unter H 120-141 behandelt.

[C 5] b) Folgen der Qualifikation Da V o r a u s s e t z u n g für die Entschädigung ist, daß die Sache am V s o r t betroffen wurde, kommt es nicht darauf an, ob die Entfernung von ihm die Gefahr vergrößert hat (anders Ehrenzweig S. 205; wie hier Raiser § 4 Rdnr. 2; Wussow § 4 Anm. 1) und ob der Vmer schuldhaft gehandelt hat. Anders ist es hingegen, wenn dem Vmer a u f e r l e g t wird, bestimmte Sachen, insbesondere Wertsachen, in bestimmter Weise aufzubewahren. In diesem Fall liegt eine Obliegenheit vor (Drefahl, Beweislast und Beweiswürdigung im Vsrecht, Diss. Hamburg 1939, S. 50; Möller § 32 Anm. 40; Sieg B B 1970 S. 110; B G H 26.11.1969 B B 1969 S. 466 = VersR 1969 S. 507 = VerBAV 1969 S. 121; zur Abgrenzung zwischen Leistungsbegrenzung und „verhüllter" Obliegenheit vgl. ergänzend B G H 16. III. 1983 VersR 1983 S. 573-574 m.w.N). Die dauernde Entfernung der vten Sache vom Vsort schlägt auf den Gesamtvertrag durch: Es liegt Interessewegfall in Gestalt des Gefahrwegfalls nach § 68 vor: Sieg § 68 Anm. 27. Zur Folge vgl. Sieg § 68 Anm. 65. [C 6] c) Erweiterungen des Versicherungsorts Ist Außenv vereinbart, sind die Sachen auch außerhalb des im Vsscheins angegebenen Orts gedeckt, bei der selbständigen Außenv mit eigener Vssumme in eigener Position: Leibkutsch, Der Vsort, Diss. Hamburg 1949, S. 99; Martin G III 9, 19, J II 8 mit Kritik an der Bezeichnung „Außenv" [G V 3] in diesem Fall. Dokumentiert wird die Außenv mit den Klauseln 133, 352-355, 356 für die nichtindustrielle Feuerv, durch Klauseln 19-21 ZFgA 81a, § 3 Zusatzbedingungen für die Feuerv landwirtschaftlicher Betriebe. Ist F r e i z ü g i g k e i t vereinbart, besteht Deckung, wenn sich die Sachen an einem von mehreren Vsorten befinden: Leibkutsch a.a.O. S. 53-55; Martin G III 3 , 4 , Klausel 131-132. Hier ist eine Aufteilung nach Positionen und mit Wertangaben für die einzelnen Vsorte nötig, andernfalls würde aus aufsichtsrechtlicher Sicht nichterlaubter Feuerblock vorliegen: Veröff. VW 1949 S. 106. Es versteht sich, daß zivilrechtlich gegen 226

Sieg/Johannsen

Anm. C 9

III. Versicherte Schadensart

die Wirksamkeit keine Bedenken bestünden (vgl. ergänzend zu solchen Feuerblockpolicen Möller § 50 Anm. 6, § 54 Anm. 12, § 56 Anm. l l m . w . N.). Zu C 6: Die entsprechenden Klauseln des neuen Klauselhefts sind 3401 und 3402, für die landwirtschaftliche V regelt § 7 Nr. 2 LBZ die Außenv. [C 7] d) Besonderheit der Betriebsunterbrechungsversicherung Vsort in der Betriebsunterbrechungsv ist die Betriebsstätte: Boldt Stichwort „Vsort" S. 191; Blanck S. 39; Eichler S. 360; Hax S. 91, 96. Außenv ist hier nicht praktikabel, die Außenstellen müssen als Betriebsstätte deklariert werden: Hax S. 107; Heyen Stichwort „Außenv" S. 20; vgl. auch Klausel 1 für die große Betriebsunterbrechungsv VerBAV 1970 S. 22, wonach Anschlußgleise, Wasseranschlüsse und Transportmittel als Betriebsstätte gelten. Die Klausel 9.14 (VerBAV 1970 S. 26) bezieht auch neu hinzukommende Betriebsgrundstücke in die „Betriebsstätte" ein. Zu C 7: Vgl. im einzelnen Κ 8-11. Der Klausel 9.14 entspricht die neuere Klausel 8401.

III. Versicherte Schadensart [C 8]

1. Substanzschaden a) Abhandenkommen

Die Feuerv deckt den Substanzschaden an der vten Sache (Total- oder Teilbeschädigung, Abhandenkommen, § I IV AFB). Das Abhandenkommen steht insofern der Total- oder Teilbeschädigung gleich, als die Primärursachen übereinstimmen: Brand, Explosion, Blitzschlag, Absturz bemannter Flugkörper, vgl. Raiser § 1 Rdnr. 38; Falckenberg, Die Gefahrendeckung der privaten Feuerv in Deutschland, Osterreich, der Schweiz und den Niederlanden, Diss. Hamburg 1972, S. 32. Ein Unterschied besteht insofern, als für das Abhandenkommen nur Wertersatz geleistet wird (§ 1 IV AFB), also Folgeschäden an vten Sachen entgegen § 1 III b A F B ungedeckt bleiben. Auch die Waldbrandv kennt als vte Schäden Teil- oder Totalbeschädigung oder Abhandenkommen, § 1 I, IV AWaB. [C 9] b) Neuwertversicherung Bestritten ist, ob die Neuwertv hinsichtlich des Uberschusses über den Zeitwert noch Substanzv oder Aufwendungsersatzv ist. Letzteres nimmt die K o m b i n a t i o n s t h e o r i e an, während die V e r e i n b a r u n g s t h e o r i e in der Neuwertabrede eine Wertvereinbarung sieht, die an dem Charakter als Substanzv nichts ändert. Das fast unübersehbare Schrifttum ist neuerdings von Essert, Die Fortentwicklung der Neuwertv, Diss. Hamburg 1983, S. 8 N. 20, S. 10 N. 22, S. 13 N. 27, S. 15 N. 28-31 ausgebreitet worden. Essert bekennt sich zur Kombinationstheorie, die vor allem von Möller vertreten wird (vgl. nur vor §§ 49-80 Anm. 50, § 52 Anm. 28 m. w. N.), und meint S. 15, sie finde immer mehr Anhänger. Ich glaube indes umgekehrt, daß die Anhänger der VerSieg/Johannsen

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Anm. C 10

C . Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

einbarungstheorie zunehmen. Außer den bei Essert S. 13 N . 27 Angeführten bekennen sich neuerdings Martin A I 1, A I 4, 5; Schirmer ZVersWiss 1981 S. 642; Braeß-G. Schmidt, Vswirtschaftliches Studienwerk, 3. Aufl., Wiesbaden 1982, Heft 41, S. 39 zu ihr. Für die Vereinbarungstheorie spricht: wie die Berechtigung des Abzugs neu für alt im S c h a d e n e r s a t z r e c h t in Zweifel gezogen wird (Jauernig-Teichmann, B G B mit Erläuterungen, 3. Aufl., München 1984, vor § 249 Anm. VI 1 c ee; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd 1, 13. Aufl., München 1982, S. 451; Kötz, Deliktsrecht, 3. Aufl., Frankfurt a. M. 1983, D V I I I 1 a; Fikentscher, Schuldrecht, 6. Aufl., Berlin - N e w York 1976, § 55 II 2 e ß), so wird das Bereicherungsverbot des § 55 eng ausgelegt; vernünftige Wertvereinbarungen unterfallen ihm nicht (vgl. B G H 13. V. 1981 D A R 1981 S. 263 = VersR 1981 S. 272 für die Kraftfahrzeugv; Gärtner, Das Bereicherungsverbot, Berlin 1970, S. 70). Das Bereicherungsverbot ist bei Tolerierung einer Entwertungsgrenze bis zu 5 0 % überhaupt als n i c h t t a n g i e r t anzusehen; es wird nicht nur, wie PrölssMartin 23 § 55 Anm. 1 Β meinen, gewohnheitsmäßig in K a u f g e n o m m e n (zuzustimmen ist ihnen, daß für die künftige Entwicklung einer vorsichtigen Abwendung von § 55 das Wort geredet wird). Für die hier vertretene Ansicht spricht auch die amtliche Begründung zu § 52: Entweder der gemeine Wert oder der Wert, den die Sache für den Vmer hat (!), kann Gegenstand des Vertrages bilden. Die Auseinanderreißung des einheitlichen Vertrages in einen der Aktivenv und einen der Passivenv zugehörigen Teil erscheint lebensfremd und schafft unnötige Schwierigkeiten bei Unterv (für den angeblichen Aufwendungsersatzteil der Neuwertv könnte allenfalls Unterv in der Relation angenommen werden, die für den Zeitwertschaden festgestellt wird). Aus diesem Grund wird hier der Vereinbarungstheorie beigetreten. Übrigens ist auch der französischen Theorie und Praxis die Zerreißung der Neuwertv im Sinne der Kombinationstheorie fremd: Picard und Besson, Les Assurances terrestres, Bd I, 5. Aufl., Paris 1982, S. 442.

Zu C 9:

Zur Neuwertv vgl. im einzelnen unter H 142-158, das Bereicherungsverbot wird unter H 144 erörtert.

[C 10] c) Folgeschaden Zum Substanzschaden gehört auch der Folgeschaden des § 1 III b A F B . Auf die räumliche Beziehung zum Schadenereignis verzichten Klausel 351 für die nichtindustrielle Feuerv und § 1 Z F g A 81a. Wahle ZVersWiss 1968 S. 353 nimmt wohl an, daß auch Folgeschäden an nichtvten Sachen gedeckt sind. Es erscheint aber schon als zweifelhaft, ob § 83 so auszulegen ist (anders Prölss-Martin 23 Anm. 2 zu § 83 und wohl auch Bruck 7. Aufl., Anm. 5 zu § 83). Folgt man aber Wahles weiter Auslegung, so bestehen gegen die damit durch § 1 III b A F B vorgenommene Einschränkung keine Bedenken. Aus der hier vertretenen Auffassung vom Vsfall (vgl. oben Anm. C 3) ergibt sich, daß dem Folgeschaden kein Hauptschaden vorangegangen sein muß, der Eintritt des Vsfalles genügt; ebenso Κ. H . VW 1959 S. 713; abweichend W. H . VW 1959 S. 302.

Zu C 10:

Die neueren Bedingungen, z. B. §§ 1 A F B 87,4 V G B 88 (auch in der Fassung 1999), die sich in ihrer Formulierung an § 83 anlehnen, unterscheiden nicht mehr zwischen unmittelbaren und Folgeschaden, sodaß neuere Klauseln, die Klausel 351 und § 1 Z F g A 81 a entsprechen, nicht entwickelt worden sind.

228

Sieg/Johannsen

Anm. C 12

III. Versicherte Schadensart

[C 11] 2. Gewinnschaden a) Veräußerungsgewinn Hierzu vgl. zunächst oben Anm. A 10-11. Der Gewinnschaden kann bezogen werden auf den Total- oder Teilverlust der Sachen, die ohne den Vsfall mit Gewinn hätten v e r ä u ß e r t werden können. Solche Vereinbarung liegt den Verkaufspreisklauseln zugrunde (ohne sie würde der Vmer nur die Selbstkosten ersetzt erhalten, wie in der Regel, wenn unverkaufte Waren schadenbetroffen sind). Stellt die Klausel ab auf im Schadenfall bereits v e r k a u f t e Ware (Klausel 111, § 24 ZFgA 81a), deckt sie einen schon realisierten Gewinn, es handelt sich um eine Wertvereinbarung: Prölss-Martin 23 § 58 Anm. 4, § 59 Anm. 2 b a.E.; Möller in Festschrift für P. Braeß zum 66. Geburtstag, Karlsruhe 1969, S. 188; Blanck S. 36-37; Möller § 53 Anm. 6. Stellt sie ab auf n o c h n i c h t v e r k a u f t e Ware (Klausel 112, die nur im Zusammenhang mit Klausel 111 zugestanden wird), kann es zur Konkurrenz mit der Betriebsunterbrechungsv kommen: Möller § 53 Anm. 6, § 58 Anm. 16; Blanck S. 37; Martin Q II 8; Hax S. 126; Möller in Festschrift für P. Braeß zum 66. Geburtstag a.a.O. S. 189. In solchem Fall soll im Innenverhältnis der Ver laut Verbandsempfehlung die Feuerv vorgehen (Rundschreiben Nr. F 1627 des Verbands der Sachver vom 9. II. 1967). Stellt man sich auf den Standpunkt von RG 28. X. 1919 RGZ Bd 97 S. 44-49, wonach bei fertiggestellten Waren mit Marktpreis, mögen sie auch noch nicht verkauft sein, der Gewinn im S u b s t a n z p r e i s enthalten ist, so hätte Klausel 112 nur klarstellenden Charakter. In der Feuerv darf, anders als in sonstigen Zweigen, t a x i e r t e r Gewinn nicht versichert werden (vgl. § 89 und dazu Möller § 57 Anm. 8). Nur selten kommt es vor, daß Substanzv und Veräußerungsgewinnv von verschiedenen Vern gedeckt werden (daß also der Gewinnver l e d i g l i c h ein sogenanntes Nebeninteresse deckt, Bruck S. 489-490; Friedmann, Das vsrechtliche Nebeninteresse, Hamburg 1933, S. 11 ff., 51). U.a. auf diesen Fall beziehen sich § 90, § 9 I AFB. Im Sinne des § 18 II AFB ist auch der den Veräußerungsgewinn deckende Vertrag ein Feuervsvertrag. Zu C l l : Den Klauseln 111,112 entsprechen die Klauseln 1501-1502 des neuen Klauselhefts. Sie sind behandelt unter H 155-156.

[C 12] b) Insbesondere: Waldbrandversicherung Die Waldbrandv ist im Kern nicht Gewinnv, sondern Substanzv mit der Maßgabe, daß als Vswert der auf den Tag des Schadenfalles kapitalisierte Reinertragswert vereinbart worden ist (sogenannter Bestandskostenwert nach § 3 I Abs. 2 AWaB). Lediglich für die zum Abtrieb bestimmten oder geschlagenen Holzbestände wird auf den Verkaufswert (sei ein Verkaufspreis schon vereinbart, sei er noch nicht vereinbart) abgestellt: § 3 II AWaB. Die reine Erwartungsgewinnv, wie wir sie aus der Hagelv kennen, kam bei der Deckung von Schonungen und jungen Baumbeständen vor. Vgl. zu alledem Reitz VW 1975 S. 1165; Betz VW 1947 S. 254; Asmus ZVersWiss 1964 S. 424, 432. Der Bestandskostenwert setzt sich im wesentlichen aus folgenden Komponenten zusammen: Den zur Begründung erforderlichen Kultur- und Nachbesserungskosten, dem Bodenbruttowert und dem forstlichen Zinsfuß. Wegen des letzteren Elements steigt der Vswert laufend an (vgl. VerBAV 1983 S. 306).

Sieg/Johannsen

229

Anm. C 14

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

[C 13] c) Ertrag aus Nutzung Die Betriebsunterbrechungsv und die Mietverlustv knüpfen die Entschädigung nicht an die beabsichtigte Veräußerung bestimmter vom Schaden betroffener Sachen an, sondern an die kontinuierliche Nutzung durch eine bestimmte Art der Wirtschaftsführung mit ihnen, an den Ertrag (vgl. Selmer ZVersWiss 1964 S. 473). Dabei kann der Ertragsausfall auf der Vernichtung der zum Verkauf bestimmten Sachen beruhen, aber auch auf der Vernichtung von Anlagegütern, die einen Produktionsausfall entstehen lassen. Der entgangene Gewinn muß hier n a c h g e w i e s e n werden, es findet, anders als in der Waldbrandv, keine Kapitalisierung der erfahrungsgemäß zu erzielenden Erträge auf den Tag des Schadenfalles statt. Auf die Große Betriebsunterbrechungsv, an die bei Erlaß des W G kaum zu denken war, findet § 90 keine Anwendung (anders Möller in Festschrift für P. Braeß zum 66. Geburtstag, Karlsruhe 1969, S. 196; Möller § 58 Anm. 16; Prölss-Martin 23 § 58 Anm. 5). Auch § 89 gilt nicht unmittelbar. Jedoch führt ein Schluß a minore ad maius zu dem Ergebnis, daß auch eine taxierte B e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g s v unzulässig wäre. Daß diese nicht nur quasi als Annex zur Feuerv anzusehen ist, bestätigt § 31 ZFgA 81a, der bei abweichender Auffassung überflüssig wäre. Zur Ertragungsausfallv gehört auch die in Anm. A 4 behandelte Milchausfallv, eine Variante der Kleinen Betriebsunterbrechungsv. Bei der V von Manuskripten gilt nach Klausel 2.02 der Nutzungswert dieser Sache als Vssumme. Ein Verstoß gegen § 89 liegt darin nicht (Prölss-Martin 23 § 89 Anm. 1; Hofmann, Privatvsrecht, 2. Aufl., München 1983, Nr. 3.72). Die neue Klausel 157 Ziff. 1 für die nichtindustrielle FeuerV lautet restriktiver: „Für Manuskripte leistet der Versicherer Entschädigung in H ö h e des Betrages, den der Versicherungsnehmer einem Vertragspartner, insbesondere dem Autor, nach den gesetzlichen Bestimmungen als Schadenersatz zahlen muß oder zahlen müßte, wenn er den Eintritt des Versicherungsfalles zu vertreten hätte. Vertragliche Sonderabreden bleiben unberücksichtigt."

Gedacht ist hierbei an den Verlag als Vmer, der noch nicht Eigentümer des Manuskripts ist. Sein Nutzungsinteresse wird ihm (begrenzt) ersetzt nach einer fiktiven Wertberechnung (Ollick VerBAV 1982 S. 53). Hat der Verlag den Vsfall zu vertreten, muß er diese Entschädigung an den Autor weiterleiten. Der Manuskriptv liegen im übrigen keine eigenständigen Bedingungen zugrunde.

Zu C 13:

Vgl. dazu im einzelnen Κ 18-20. Für die Manuskriptv gilt jetzt die Klausel 1711, die in Abs. I der zitierten Klausel 157 entspricht, aber durch den Zusatz ergänzt worden ist, daß die Entschädigung nicht zu einer Bereicherung führen darf, sie sich insbesondere vermindert, wenn das Manuskript nur teilweise verloren, die Drucklegung bereits begonnen oder die Wiederherstellung weniger als den in Abs. I bezeichneten Betrag erfordert hat.

[C 14] d) Tragweite von § 53 W G Möller § 53 Anm. 24 findet § 53 überflüssig. Indes ist er insofern von Bedeutung, als er das Verständnis für den Unterschied zwischen Substanz- und Gewinnschaden schärft. § 53 läßt die Spannweite des vsrechtlichen Gewinnbegriffs erkennen: Dem Veräußerungsgewinn (Martin A I 9, Q II 8; Möller § 53 Anm. 12,13) tritt der Gewinn aus der Nutzung an die Seite, mag der Vmer die Sache selbst genutzt haben, wie in der 230

Sieg/Johannsen

Anm. C 16

III. Versicherte Schadensart

Betriebsunterbrechungsv und zum Teil in der Mietverlustv (Möller § 53 Anm. 15, 18-20; Martin A I 5), mag er sie durch Vermietung oder Verpachtung, also Gewinnung ziviler Früchte, genutzt haben, wie zum Teil in der Mietverlustv (vgl. auch Wussow § 1 Anm. 43, allerdings mit unzutreffenden Ausführungen über Vssumme und Unterv; § 1 II Bedingungen für die V gegen Mietverlust infolge von Brand ... ist von Wussow übersehen worden. Hierzu auch Ehrenzweig S. 298). § 53 und § 1 VI A F B (Gewinnentgang und Aufräumungskosten) sind eine Folge des im Vsrecht geltenden g e g l i e d e r t e n Schadensbegriffs. Für das bürgerliche Recht ist es selbstverständlich, daß Verdienstausfall und Kostenaufwand Teile des g l o b a l verstandenen Schadens sind, vgl. § 252 B G B sowie Möller, Summen und Einzelschaden, Hamburg 1937, passim; derselbe in Festschrift für E. R. Prölss zum 60. Geburtstag, München 1967, S. 241-242.

[C 15] 3. Aufwendungsschaden a) Kostenversicherung aa) Fälle In § 1 VI A F B heißt es, der Ver hafte für Aufräumungskosten nur, wenn es besonders vereinbart worden ist. In der Feuerv pflegen Aufräumungs-, Abbruch- und Feuerlöschkosten in einer besonderen Position vert zu werden (Klauseln 221, 321 für die nichtindustrielle Feuerv, §§ 6, 7 Z F g A 81a). Die Deckung setzt voraus, daß entweder ein Primärereignis (Brand etc.) oder eine Zusatzursache (Löschen, Niederreißen, Ausräumen) vorangegangen ist. Abräumungskosten können auch in der Waldbrandv gedeckt werden: Klausel 1 VerBAV 1978 S. 311. Hierher gehört auch die Aufforstungsbeihilfe laut Klausel Nr. 2 VerBAV 1978 S. 311. Die Feuerlöschkosten sind an sich Rettungsaufwand nach § 14 A F B , gehören also nicht zum Hauptschaden (Martin W III 1). D a aber die Feuerlöschkosten den Sachwerten der jeweils in Betracht kommenden Position zuzurechnen sind und die Entschädigung für beide Teile die Vssumme nicht überschreiten darf, könnte ohne die besondere Deckung Unterv eintreten. Diese zu vermeiden, ist der Sinn der besonderen V von Löschkosten. Löschhilfeschäden sind, soweit Sachen des vom Brand betroffenen Vmers bedroht waren, als Rettungskosten, soweit das nicht der Fall ist, nach § 1 III c A F B ersatzpflichtig. Zu den Aufwendungsschäden gehört ferner die V von Bewegungs- und Schutzkosten (Klausel 222 für die nichtindustrielle Feuerv, § 8 Z F g A 81 a). Martin A III 4, W I 2 spricht in allen diesen Fällen von Vermögensfolgeschäden, wozu er A 1 1 , A 1 4 allerdings auch die Differenz von Zeitwert zu Neuwert rechnet, die nach hier vertretener Auffassung zum Substanzschaden gehört, vgl. oben Anm. C 9.

Zu C 15:

Vgl. hierzu unter H 199-203 Einen erweiterten Schutz bietet die Klausel 1303, nach der auch Bewegungs- und Schutzkosten vert sind, die der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung von Sachen dienen, welche durch einen anderen Vertrag gegen dieselbe Gefahr vert sind.

[C 16] bb) Charakter Kostenven sind schillernd. Sie können Verwandtschaft mit den Rettungskosten haben (Kosten für die Erschließung von Restwerten, die den Hauptschaden mindern: Engels S. 36-37; Raiser § 1 Rdnr. 57; Ollick VerBAV 1982 S. 127 N . 330; Stellungnahme BAV G B 1974 S. 7), ohne daß es wie bei letzteren auf Weisungen des Vers Sieg/Johannsen

231

Anm. C 18

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

ankommt, ohne daß § 63 I 2 gilt. Manche Kosten nähern sich aber dem Hauptschaden: Raiser § 1 Rdnr. 55; Martin R II 6, W 1 4 , W I V 11, W V 17; Ollick VerBAV 1982 S. 127 N. 327; Boldt „Bewegungs- und Schutzkosten" S. 30. Schließlich können bei der Deckung von Aufräumungskosten auch Haftpflichtansprüche eine Rolle spielen: Martin W V 15. Die Aufwendungen werden, weil ihrer Höhe nach schwer vorauszuschätzen, auf erstes Risiko vert. Denkbar wäre aber auch hier, mit Unterv zu operieren, indem die Unterv der vten S a c h e n auf die Aufwendungen durchschlägt, wie bei den Rettungskosten nach § 63 II. Das stünde im Einklang mit der vorhandenen Akzessorietät der Deckung von Kosten: Keine Eintrittspflicht, wenn der Substanzschaden grobfahrlässig veranlaßt ist oder sich als Betriebsschaden darstellt: Ollick VerBAV 1982 S. 128, 174. [C 17] b) Verselbständigte Rettungskosten Außer in dem in Anm. C 15 erwähnten Fall der Löschkosten können auch sonst Rettungskosten selbständig vert werden. Das ist der Fall, wenn bei vten Wertpapieren nur die Aufgebotskosten oder bei Sparbüchern nur die Sperrkosten unter Deckung gebracht werden, vgl. Klausel 223 für die nichtindustrielle Feuerv. Zur Deckung von Aufgebotskosten Möller § 49 Anm. 69 (S. 83). Ein Aufgebotsverfahren ist nach heute herrschender Ansicht auch für solche Wertpapiere zulässig, für die das Gesetz es nicht ausdrücklich vorsieht: Zöllner, Wertpapierrecht, 13. Aufl., München 1982 § 7 II. § 808 II B G B läßt das Aufgebotsverfahren ferner für die sogenannten hinkenden Inhaberpapiere, die keine Wertpapiere sind, zu. Auch Grundpfandbriefe sind dem Aufgebotsverfahren zugänglich (§§ 1162, 1192, 1199 BGB), obwohl bei deren Eigenschaft als Rektapapiere die Wertpapierqualität zweifelhaft ist. Zu C 17: Die Einleitung des Aufgebotsverfahrens ist in § 13 Nr 1 d) A F B 87 ausdrücklich zur Rettungsobliegenheit gemacht worden, deren Kosten der Ver nach § 3 zu erstatten hat, so daß es deren selbständiger V nicht mehr bedarf.

[C 18] 4. Statischer - dynamischer Schaden (insbesondere: Nachschaden) Unter einem statischen Schaden wird hier derjenige verstanden, dessen Berechnung projiziert wird auf das Schadenereignis. So liegt es in der Regel bei den Substanzschäden, aber nicht immer, nämlich dann nicht, wenn der Ver nicht nur den Neuwert am Schadentage zu ersetzen hat, sondern auch den sogenannten Nachschaden, d. h. Schaden, der sich durch Preiserhöhungen während des Reparatur- oder Wiederaufbaustadiums vergrößert. Nachschäden werden von einigen öffentlichrechtlichen Monopolanstalten ohne weiteres gedeckt: FeuerkassenG Hamburg § 44 (Schmidt-Boeck S. 254); G betreffend die Brandvsanstalt für Gebäude (Hessen-Darmstadt) Art. 38 (Schmidt-Boeck S. 316 N. 53); Satzung der Hessischen Brandvsanstalt (Hessen-Kassel) § 19 Ziff. 3 (SchmidtBoeck S. 349); Badisches GebäudevsG § 30 (4) (Schmidt-Boeck S. 18); G betreffend die veränderte Einrichtung der Allgemeinen Brandvsanstalt (Württemberg) Art. 25 (Schmidt-Boeck S. 553 N. 72). Vgl. ferner Möller in Dreihundert Jahre Hamburger Feuerkasse, Karlsruhe 1976, S. 206-207 sowie Raiser und Möller in Diskussionsbeiträgen auf dem 2. Weltkongreß für Vsrecht der AIDA, Materialien, Karlsruhe 1967, Bd II, S. 263-264. 232

Sieg/Johannsen

Anm. C 19

III. Versicherte Schadensart

Prölss-Martin 2 3 § 86 Anm. 4 A, B, § 88 Anm. 2 sehen in der Substanzv per se die Nachschadendeckung eingeschlossen, haben sich aber mit dieser Ansicht nicht durchgesetzt; vorsichtiger: Martin Q I 2 6 - 3 5 mit Erläuterung der zur Genehmigung anstehenden Klausel 1303 (Preisdifferenzv) für die industrielle Feuerv. O b ihre g e n e r e l l e Einführung erwünscht ist, ist umstritten. Bejahend Braeß ZVersWiss 1970 S. 11; Engels S. 124; derselbe V P 1976 S. 228; kritisch Boldt Stichwort „Preisdifferenzv" S. 133; Schmidt-Hidding in Buchbesprechung VerBAV 1970 S. 262. Ausführlich zum Problem: Essert, Die Fortentwicklung der Neuwertv, Diss. Hamburg 1983, S. 94-99, dem allerdings nicht zugegeben werden kann, daß sich eine Nachschadendeckung nur vom Standpunkt der Kombinationstheorie rechtfertigen lasse. Abgesehen von den Fällen, wo der Nachschaden zum Hauptschaden gehört, kann sich dessen Ersatzpflicht aus Verzug des Vers ergeben: O L G Hamm 28.1.1981 VersR 1981 S. 947. Von Hause aus zu den dynamischen Schäden zählen die Ertragsausfall- und die Aufwendungsven. Es liegt auf der Hand, daß bei ihnen die Rettungspflicht besonders ausgeprägt ist. Die Betriebsunterbrechungs- und die Mietverlustv grenzen das Risiko zusätzlich durch den Zeitfaktor ein. Zu C 18: Die genannten Vorschriften der Landesgesetze sind im Zusammenhang mit der Abschaffung der Vsmonopole, vgl. dazu Anmerkung zu Β 1 und 2, aufgehoben worden. Mehrkosten infolge Preissteigerung zwischen Schadeneintritt und Wiederherstellung sind aber in der Wohngebäudev nach § 15 N r 2 und 3 V G B 88 vert. Vgl. im übrigen unter H 146.

[C 19] 5. Ergebnisse a) Die Neuwertv ist nicht zum Teil Substanz-, zum Teil Aufwendungsersatzv. Deshalb geht sie, ohne daß es gewagter Konstruktionen bedarf, ohne Spaltung mit der Veräußerung der vten Sache auf den Erwerber über (§§ 69-73). b) Die Mietverlustv ist nicht Forderungsv (so aber Möller § 49 Anm. 69, 95; § 53 Anm. 8, 15), sondern allgemeine Vermögensv (ebenso Martin W V I I I 1; Wussow § 1 Anm. 43). Nur so läßt sich erklären, daß sie nicht, wie die Kreditv, aus aufsichtsrechtlichen Gründen von den übrigen Sparten getrennt betrieben werden muß. Gegen den Charakter der Forderungsv spricht auch, daß der Ver nicht für die Bonität des Schuldners haftet und daß § 187 I unstreitig keine Anwendung findet. Schon hier sei angemerkt, daß auch die Hypothekeninteressev keine Forderungsv ist; gedeckt ist allein das d i n g l i c h e Verwertungsinteresse des Hypothekars. So bestimmt Klausel 5.07 Ziff. 1 : „Die Vsentschädigung ist auf den Betrag des Neubauwerts begrenzt",

Nach Ziff. 4 erlischt diese V, wenn der Eigentümer das G e b ä u d e vert (wodurch das Interesse des Hypothekars mitgedeckt ist). Wie hier: Wiesinger, Die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers in der privaten Feuerv, Hamburg 1940, S. 68. c) Die Betriebsunterbrechungsv ist nicht deshalb, weil sie auch fortlaufende fixe Kosten ersetzt ( § 3 1 F B U B ) , Aufwendungsersatzv (so aber Eichler S. 230, 233; für gemischte Natur Möller ZVersWiss 1962 S. 287), sondern Ertragsausfallv, denn aus dem Ertrag sollten Gewinne und Kosten finanziert werden (wobei die Betriebsunterbrechungsv allerdings nur Nettogewinne und fixe Kosten deckt): Möller § 53 Anm. 19 unter Aufgabe seines ZVersWiss 1962 S. 287 geäußerten Standpunkts; Hax S. 114. Sieg/Johannsen

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Anm. C 21

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

d) Die Aufwandsven sind peripherer Natur, zumal wegen ihrer Nähe zum Rettungskostenersatz und zum Substanzschaden. Sie vermögen nicht das Bild zu beeinträchtigen, daß die Feuerv Substanz- (und evtl. Sachgewinnv), die Betriebsunterbrechungsv Nutzungsgewinnv ist. e) Der Nachschaden kann vert werden, er ist nicht automatisch in die Substanzv eingeschlossen. Selbstverständlich spielt auch die V s s u m m e für die vten Schäden eine erhebliche Rolle, aber erst in der haftungsausfiillenden E b e n e , sie beeinflußt nicht die Charakteristik der hier behandelten Sparten. Zu C 19: Zur Neuwertv vgl. unter H 147-148. Die Klausel 5.07 ist durch die Klausel 2203 abgelöst worden, vgl. dazu J 79.

IV. Versichertes Interesse [C 20] 1. Begriff Unter vtem Interesse ist in der Feuerv die Beziehung des Vten zu der Sache zu verstehen, deren Beschädigung oder Abhandenkommen denjenigen Bedarf (Schaden) auslöst, der durch die V gedeckt ist. Die so geartete Beziehung kann die des Eigentümers sein, aber auch abgeleitete Beziehungen wie die des Anwartschafts-, des Nutzungs-, des Verwertungsberechtigten, des sonstigen Fremdbesitzers spielen eine Rolle. Maßgeblich ist stets die Beziehung des aus dem Vsvertrage Berechtigten, bei V für fremde Rechnung also die Beziehung des Vten (fremdes Interesse im Sinne des § 80 II). §§ 69, 73 und 83 sprechen von der vten S a c h e , nicht ganz korrekt, denn vert kann nur das Interesse einer P e r s o n sein (insoweit stimme ich Martin A I 3, J I 1, 2 zu). Gemeint ist mit den angezogenen gesetzlichen Bestimmungen: Das Eigentum (als umfassendste Beziehung) an der Sache ist gedeckt. Nachdem aber erkannt worden ist, daß auch andere Interessen an derselben Sache vert sein können, ohne daß Doppeloder Uberv entsteht, hat das Eigentum seine dominierende Stellung in der Interessenlehre verloren: Gärtner ZVersWiss 1963 S. 372. „Interesse" im vsrechtlichen Sinne bedeutet also etwas P o s i t i v e s , eine bei Beginn der V bereits vorhandene Beziehung (vgl. § 68 I 1. Altern.). Ganz anders im bürgerlichen Recht. Dort spricht man von Interesse im Sinne des Schadenersatzes dann, wenn eine mehr oder minder punktuelle Störung von Beziehungen v o r a n g e g a n g e n ist. Umgekehrt ausgedrückt: Das vsrechtliche Interesse geht dem schadenbringenden Ereignis voran, das bürgerlichrechtliche Interesse folgt ihm nach. [C 21] 2. Historische Entwicklung Naturgemäß läßt sich der bürgerlichrechtliche Interessebegriff weiter zurückverfolgen als der vsrechtliche. Interessant ist, daß das klassiche römische Recht schon zu der Erkenntnis durchgedrungen war, daß an derselben Sache verschiedene Interessen (des Eigentümers, des Pfandgläubigers, des Nießbrauchers) zu berücksichtigen seien (Medicus, Id quod interest, Köln - Graz 1962, S. 236-237,250,300-301). In der Folgezeit hat sich die zivilrechtliche Dogmatik mehr und mehr von solchen Differenzierungen entfernt (Medicus a.a.O. S. 307-309, 327, 336-338), was schließlich zu der Differenzmethode führte, dem globalen Vergleich des Istvermögens mit dem fiktiven 234

Sieg/Johannsen

Anm. C 24

IV. Versichertes Interesse

Vermögen ohne Schadensfall. Möller, Summen- und Einzelschaden, Hamburg 1937, passim, derselbe in Festschrift zum 60. Geburtstag von E . R . Prölss, München 1967, S. 241-249 hat die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, daß die Differenzmethode für das Vsrecht nicht brauchbar sei, dieses benötige einen nach den beteiligten Interessen gegliederten Schadensbegriff. [C 22] 3. Notwendigkeit des Interessebegriffs Bruck S. 475-492; Möller § 49 Anm. 45, 112; Eichler S. 253-259 halten das Interesse für einen Zentralbegriff der Schadensv. Koenig, Gegenstand der V, Bern 1931, und Gärtner ZVersWiss 1963 S. 374 halten ihn für überflüssig. Ehrenzweig S. 199-203; derselbe, Die Rechtslehre des Vsvertrages und die klassische Logik, Karlsruhe 1954, S. 15, 33-34 leugnet nicht die Nützlichkeit des Interessebegriffs schlechthin, sondern meint, er sei nicht spezifisch für das Vsrecht, er sei nur die subjektive Seite des zivilrechtlichen Schadensbegriffes. Braeß ZVersWiss 1970 S. 3 und Jabornegg, Das Risiko des Vers, 1979 S. 79 f. wissen, von der Plansicherungstheorie ausgehend, mit dem Interessebegriff nichts anzufangen, brauchen ihn aber unbewußt doch, wie Prölss-Martin 23 Vorbemerkung vor § 51 Anm. 1, 3 richtig sehen. M. E. ist ohne den Interessebegriff im Vsrecht nicht auszukommen (ebenso Weyers, Vsverträge in „Vertragsschuldverhältnisse", München 1974, S. 476-479; PrölssMartin 23 Vorbemerkung vor § 51 Anm. 1; v. Gierke I S. 177). Er dient der Konkretisierung des Vsvertrages insofern, als er angibt, in welcher Beziehung der Vmer bzw. der Vte zum vten Vermögensteil steht. Er antwortet auf die Frage, ob derjenige, der einen irgendwie gearteten Nachteil erlitten hat, diese Art des Nachteils unter Vsschutz gebracht hat. Es handelt sich also um die Frage, ob der Reklamant in casu dem G r u n d e n a c h Vsschutz beanspruchen kann, ob er der richtige Kläger ist, ihm also die Aktivlegitimation zusteht. In dem hier verwendeten Sinn spricht das W G an verschiedenen Stellen von vten Interessen: §§ 51, 57, 68, 80, 87,105, 187. [C 23]

4. Eigentümer schließt Eigenrechnungsversicherung a) Deckbare Interessen, insbesondere Anwartschaftsinteressen aa) Der Anwartschaftsberechtigte nimmt Versicherung

Der Eigentümer kann sein Substanz- (Feuerv im engeren Sinn, Waldbrandv), sein Sachgewinn-, sein Ertragsinteresse (Betriebsunterbrechungsv, Mietverlustv) vern; er kann sich gegen die Kosten decken, die ihn außerhalb der eben erwähnten Beeinträchtigungen durch den Schadenfall treffen. Auch der Anwartschaftsberechtigte hat ein eigenes Interesse, das dem Eigentumsinteresse ähnelt: Sieg § 69 Anm. 20-26; Schirmer ZVersWiss 1981 S. 647 und die daselbst N . 23 Genannten; Möller in Festschrift für P. Braeß zum 66. Geburtstag, Karlsruhe 1969, S. 188. Die Anwartschaft muß sich allerdings zu einem Anwartschaftsrecht verstärkt haben. Wann das der Fall ist, ist umstritten, vgl. Marotzke, Das Anwartschaftsrecht, ein Beispiel sinnvoller Rechtsfortbildung? Berlin 1977 S. 13-138. Nach B G H 18. XII. 1967 B G H Z Bd 49 S. 197-209 (202) genügt es bereits, daß der Erwerber nach dem normalen Verlauf der Dinge nicht mehr am Vollerwerb gehindert werden kann. [C 24] Anwartschaftsrechte sind anerkannt für den Vorbehaltskäufer (RG 1. VII. 1942 R G Z Bd 170 S. 6-7; B G H 5.1.1955 N J W 1955 S. 544; B G H 11. XI. 1970 Sieg/Johannsen

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Anm. C 25

C . Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

BB 1971 S. 14 = D B 1971 S. 42 = WM 1971 S. 16), für den Sicherungsgeber bei auflösend bedingtem Eigentum des Nehmers (vgl. Tiedtke N J W 1972 S. 1404), für den Grundstückserwerber nach Auflassung und Stellung des Eintragungsantrages ( B G H 18. XII. 1967 B G H Z Bd 49 S. 197-209). Schwierig ist es, das Anwartschaftsrecht mit dem Hauptrecht in Einklang zu bringen. Wirtschaftlich wäre es vernünftig, dem Anwartschaftsberechtigten bereits die Stellung des Eigentümers zu geben und den Hauptrechtsinhaber im Mobiliarrecht als Pfandgläubiger in Höhe seiner restlichen Forderung anzusehen. Diesen Schritt tut A. Blomeyer, Studien zur Bedingungslehre, 1939 S. 10 ff.; derselbe N J W 1951 S. 548 (womit er allerdings bei der herrschenden Lehre und beim B G H keinen Anklang gefunden hat, vgl. etwa Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd 1, Heidelberg 1963, S. 207 N . 4; B G H 21. V. 1953 B G H Z Bd 10 S. 69-75). Selbst dann aber wäre v s r e c h t l i c h eine Harmonisierung der Interessen der beiden Beteiligten (Veräußerer und Erwerber) nicht zu erzielen, weil das Surrogatpfandrecht (Pfandrecht an der Sache wird zum Pfandrecht an der Forderung) nur für Grundpfandgläubiger anerkannt ist (§ 1127 BGB), nicht für den Veräußerer bzw. Darlehnsgeber, der noch eine restliche Forderung hat. Ein Surrogatpfandrecht kennt § 22 OLSchVO. Es ähnelt dem Surrogatpfandrecht des § 1127 B G B , hat allerdings die Besonderheit, daß schon das Sachpfandrecht kraft Gesetzes entstanden war (§ 421 H G B ) . [C 25] bb) Insbesondere Versicherung f ü r Rechnung wen es angeht (einschlägige Formulare) Im Mobiliarbereich wird sonst die Sicherung des Gläubigers dadurch erreicht, daß Vorbehaltskäufer und Sicherungsgeber V für fremde Rechnung nehmen: B G H 28. X. 1952 B G H Z Bd 10 S. 376-385 (kritisch hierzu Martin J III 4), Raiser § 2 Rdnrn. 6, 7 (eine Verpflichtungsklausel in diesem Sinne innerhalb eines Kaufvertrages hat L G Frankfurt/M. 9.1.1980, veröffentlicht bei Bunte, Entscheidungssammlung zum A G B - G , Bd 1, Heidelberg 1982, S. 263 als Verstoß gegen § 9 A G B - G angesehen, wobei die Abgrenzung zu § 3 unklar bleibt). Dem entspricht § 2 I 2 A F B , der durch Klauseln unterstützt wird: Martin H III 31. Es handelt sich um V für fremde Rechnung insoweit, als der Kaufpreis gezahlt, das Darlehen zurückgezahlt wurde, im übrigen um V für fremde Rechnung: § 80 II. V für eigene und V für fremde Rechnung stehen im Komplementärverhältnis, es sind kumulative Interessen gedeckt: Sieg § 80 Anm. 11, 14, 17. O L G Bremen 29.XI. 1977 VersR 1978 S. 315. Vgl. Martin ZVersWiss 1973 S. 503. Von einer ausdrücklichen V für Rechnung wen es angeht geht die vom Verband der Sachver erarbeitete V s b e s c h e i n i g u n g (Formular 90) aus (vgl. Raiser § 18 Rdnr. 93), die dem Kreditgeber sowohl den Vsvertrag als auch die Empfangsvollmacht für etwa zu leistende Entschädigung bestätigt. Diese Vsbescheinigung ist ein sogenanntes hinkendes Inhaberpapier nach § 808 B G B , § 4, weshalb ins einzelne gehende Abmachungen über die Empfangslegitimation der Entschädigung fehlen, die bei den im folgenden zu behandelnden Formularen 94 und 91 notwendig sind. Beim hinkenden Inhaberpapier darf der Schuldner die Legitimation des Papierinhabers prüfen, und er m u ß es sogar, wenn ihm ernste Bedenken an dessen Berechtigung kommen, andernfalls kann er sich dem wirklichen Gläubiger gegenüber schadenersatzpflichtig machen. Zu C 25: § 2 1 2 A F B 30 wird auch unter J 102,118-120 erläutert, zu § 2 Nr. 3 und 4 A F B 87 vgl. J 123-126. 236

Sieg/Johannsen

Anm. C 27

IV. Versichertes Interesse

[C 26] U m konkludente V für Rechnung wen es angeht handelt es sich bei der durch S i c h e r u n g s b e s t ä t i g u n g (Formular 94) unterstützten Sicherungsübereignung, vgl. Raiser § 18 Rdnr. 94. D e r Ver übernimmt Nebenpflichten für den Fall, daß die Deckung aus dem Vsvertrage gefährdet ist. Hier ist der Kreditgeber, der Vte, nicht auf Vorlegung des Vsscheins oder der Sicherungsbestätigung angewiesen. Einen Schritt weiter geht der S i c h e r u n g s s c h e i n (Formular 91; Raiser § 18 Rdnr. 89) insofern, als der Ver auf Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis in bestimmtem Umfang verzichtet, ähnlich wie nach §§ 102, 103. - In allen bisher besprochenen Fällen ist § 12 A F B (ausschließliche Verfügungsmacht des Vmers) aufgehoben. Aus dem Rahmen fällt der sogenannte g e l b e V s s c h e i n (Formular 85) insofern, als hier der Sicherungsnehmer nicht nur Vter wird, sondern die V sich aufspaltet in einen Teil, der beim bisherigen Vmer bleibt, und einen weiteren, der auf den Kreditgeber übergeht. Beim gelben Vsschein soll es sich nach der Intention der Sachver um ein e c h t e s Inhaberpapier handeln. Da indes die Schaffung dieser Wertpapierkategorie nicht im Belieben der Parteien steht (vgl. Sieg VersR 1977 S. 2 1 4 - 2 1 5 ) , kann nur ein h i n k e n d e s Inhaberpapier vorliegen (so auch Raiser § 18 Rdnr. 92), d. h. der Ver kann auch vom Inhaber des gelben Vsscheins den Nachweis seiner Berechtigung verlangen. Der Anwendungsbereich dieser Formulare ist beschränkt auf bestimmte Sachen und/oder auf bestimmte Kreditgeber. Vgl. Boldt Stichwort „Sicherungsbestätigung, Sicherungsschein" S. 160. Näheres zu diesen Papieren in Anm. D 51.

[C 27] cc) Der Partner des Anwartschaftsberechtigten hat Versicherung genommen Hatten V o r b e h alt s V e r k ä u f e r und Grundstücks Verkäufer bereits eine V abgeschlossen, so geht diese zunächst nicht nach § 69 auf den Erwerber über, weil es auf das f o r m a l e Eigentum ankommt. D e r Erwerber ist aber nach § 281 B G B insofern geschützt, als er einen Anspruch auf Herausgabe des betreffenden Commodums, der Vsentschädigung, hat. Dies verneint Martin J II 10 zu Unrecht mit der unzutreffenden Begründung, der Verkäufer habe keinen Schaden erlitten; indes, sein E i g e n t u m ist verletzt, und daran knüpft die V an. Wie hier Möller § 49 Anm. 90; Schirmer ZVersWiss 1981 S. 6 5 0 - 6 5 2 . Richtig meint Martin a.a.O., der Ver müsse die Entschädigung zahlen ohne Rücksicht darauf, ob der Kaufpreis bereits beglichen sei. Daraus ist doch zu folgern, daß die Entschädigung an den Verkäufer zu zahlen und dieser sie im Wege des einen vernünftigen Interessenausgleich herbeiführenden § 281 an den Käufer abführen muß. N u r in diesem Sinne kann man davon sprechen, daß praktisch das Käuferinteresse mitvert sei; abweichend Prölss-Martin 2 3 § 2 A F B Anm. 2, 3. Mit den vorangehenden Ausführungen ist auch die Ansicht unvereinbar, die V des Grundstücksveräußerers werde mit Gefahrübergang zu einer V für fremde Rechnung (so Prölss-Martin 2 3 § 69 Anm. 3 und O L G Hamburg 22. VI. 1978 VersR 1978 S. 1138-1139). Beim S i c h e r u n g s e i g e n t u m ist es gleichgültig, ob der Geber schon vor der Sicherungsübereignung eine V genommen hatte oder diese als Anwartschaftseigentümer (hinsichtlich des Rückerwerbs) nimmt, die V bleibt bestehen, vgl. § 2 I 2 A F B . Haben Veräußerer und Erwerber eine V abgeschlossen, ist mit Martin J II 10 D o p pelv anzunehmen. Schirmer ZVersWiss 1981 S. 742 N . 313 will die V des Veräußerers vorgehen lassen, was aber der hier vertretenen Auffassung von der Wesensgleichheit zwischen Eigentums- und Anwartschaftsinteresse (vgl. Anm. C 23) nicht entspricht. Die Richtlinien des Verbandes der Sachver über das Zusammentreffen von Fremdund Außenv gehen ebenfalls von Doppelv aus. Intern soll nach Nr. 2.1 die V des Käufers vorgehen (Vorbehaltskauf betreffend). Sieg/Johannsen

237

Anm. C 29

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

Zu C 27: Vgl. hierzu J 117. Nach der dort dargestellten Entwicklung von Meinungen in Rechtsprechung und Literatur wird jetzt überwiegend angenommen, daß das Interesse des Käufers im Wege der V für fremde Rechnung in den Vertrag einbezogen ist. Auf B G H 18. X. 2000 VersR 2001 S. 53-54 wird hingewiesen. Zum Vorbehalts- und Sicherungseigentum vgl. unter J 119-120 und J 123. [C 28] b) Einschluß fremden Verwertungsinteresses aa) Geschützter Personenkreis In die V des Eigentümers ist ein Verwertungsinteresse des Grundpfandgläubigers automatisch mit eingeschlossen, mit dem Vsfall wird das Sachpfandrecht zum Forderungspfandrecht: § 1127 BGB. Hinsichtlich der durch eine M o b i l i a r v gedeckten Sachen, auf die sich die Hypothek miterstreckt, erfolgt die Surrogation vom Sachzum Forderungspfandrecht erst mit der Beschlagnahme der Forderung (§ 1129 BGB). Zur G e b ä u d e v gehören Bestandteile (Maschinen zum Beispiel) nur, wenn sie zusammen mit dem Gebäude vert und nicht in einer besonderen Position geführt werden: Raiser § 18 Rdnr. 29, Feldmann-Heß S. 9. Das Eigentumsinteresse mindert sich durch die Belastung des Gebäudes mit Grundpfandrechten nicht, der Grundpfandgläubiger ist nicht Vter (Sieg vor §§ 74-80 Anm. 13, § 74 Anm. 7 mit weiteren Fundstellen; anders Wiesinger, Die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers im privaten Feuervsrecht, Hamburg 1940 S. 15, 23-40, der V für Rechnung wen es angeht annimmt). Das Verfügungsrecht über die Vsforderung richtet sich daher nicht nach §§ 75, 76, sondern nach §§ 1281, 1282 (vgl. § 1128 III) BGB. § 1128 B G B wird allerdings bei vereinbarter Wiederherstellungsklausel (§ 1130) durch §§ 97, 99 verdrängt: B G H l . X . 1980 VersR 1981 S. 49 = LM Nr. 1 zu § 99 = MDR 1981 S. 130. Da der Grundpfandgläubiger nicht Vter ist, gilt auch § 79 nicht, d. h. ihn trifft keine Rettungspflicht: B G H 19. II. 1981 VersR 1981 S. 521 = NJW1981 S. 1671 = MDR 1981 S. 738. Indes ist der Ver dem Grundpfandgläubiger gegenüber nach § 242 B G B nicht verantwortlich, wenn dieser den Brand vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat (vgl. oben Anm. Β 40). Nach § 1107 B G B finden die für die Zinsen einer Hypothek geltenden Vorschriften auf die Einzelleistungen auf Grund einer R e a l l a s t entsprechende Anwendung. Da die Hypothek nach § 1118 B G B auch für die gesetzlichen Zinsen haftet und somit auch hinsichtlich ihrer die Vsforderung verfangen ist, kommt die V auch dem Reallastgläubiger zustatten (anders Prölss-Martin 23 § 107 b Anm. 2, mit deren Auffassung aber die Mitaufführung der Reallast in dieser Vorschrift nicht erklärlich wäre). Zu C 28: Der Schutz der Grundpfandgläubiger wird im einzelnen unter J 1-98 behandelt. [C 29] Zweifelhaft ist, ob bereits der v o r m e r k u n g s b e r e c h t i g t e Grundpfandgläubiger den Schutz des § 1127 B G B genießt. Zumindest ist das insoweit zu bejahen, als die durch das Grundpfandrecht zu sichernde Forderung bereits entstanden ist: Wiesinger a.a.O. S. 59; Raiser § 18 Anm. 28 a. E.; Rainer Schmidt, Die rechtliche Stellung des Realgläubigers gegenüber dem Ver nach den §§ 1127-1130 B G B und den §§ 97-107c W G , Diss. Bielefeld 1982, S. 79. Auch R G 26. VI. 1936 R G Z Bd 151 S. 389-395 = J W 1936 S. 2640-2641 mit Anm. Boesebeck = VA 1936 S. 241 = JRPV 238

Sieg/Johannsen

IV. Versichertes Interesse

A n m . C 30

1936 S. 228 vertritt diese Auffassung: Wenn die Hypothek später eingetragen wird, sei es so anzusehen, als sei sie bereits zur Zeit der Eintragung der Vormerkung entstanden. Das gelte auch dann, wenn der Ver seinem Vmer gegenüber frei sei, in casu wegen Brandstiftung eines Mitvten (jetzt § 102). Boesebeck J W 1936 S. 2641-2642 stimmt der Entscheidung im Ergebnis zu mit folgender beachtlicher Begründung: Die Erfüllung des vorgemerkten Hypothekenanspruchs müsse zwangsläufig den Vsanspruch in die Pfandhaftung einbeziehen (§ 1127), denn anderenfalls hätte der Hypothekar bei endgültigem Entstehen der Hypothek nicht die durch die Vormerkung gesicherte Position; dieser Grundsatz setze sich auch im kranken Vsverhältnis durch, die Brandstiftung sei einer Verfügung über das Verwertungsrecht des Vormerkungsberechtigten gleichzustellen und daher nach § 883 II B G B diesem gegenüber unbeachtlich. Zu C 29: Vgl. hierzu auch J 3. [ C 30] bb) Gegenstand des Schutzes (Feuer- und Mietverlustversicherung) Die Pfandhaft zugunsten des Realrechtsgläubigers erstreckt sich auch auf die Vsforderung für den F o l g e s c h a d e n (§ 1 III b A F B ) , soweit der Folgeschaden an Bestandteilen und Zubehör eingetreten ist (vgl. § 1120 B G B ) . Entsprechendes gilt für die aus dem Abhandenkommen resultierende Vsforderung (§ 1 IV AFB). Je nachdem, ob die u n m i t t e l b a r betroffene Sache zur Gebäudev oder zur Mobiliarv gehört, gilt diese Haftung ab Vsfall oder ab Beschlagnahme. Auch die Forderung aus der Mietverlustv kann dem Pfandrecht des Grundpfandgläubigers (ab Beschlagnahme) unterworfen sein. Das ergibt sich daraus, daß sich die Hypothek laut § 1123 B G B auf Miet- und Pachtzinsforderungen erstreckt, diese Forderungen also Gegenstände sind, die der Hypothek nach § 1127 B G B unterliegen; ebenso Hagen in Ehrenbergs Handbuch, Bd VIII, 2. Hälfte, Leipzig 1922 S. 71; Kürsten J R P V 1929 S. 258; Wolff, Sachenrecht, 6. Aufl., Marburg 1926, S. 467 (spätere Bearbeitungen erwähnen die Mietverlustv nicht mehr). Dörstling ZVersWiss 1913 S. 620 behandelt eine Mietverlustv anderen Inhalts, als sie heute üblich ist, nämlich solche gegen Leerstehen der Mieträume, im übrigen erkennt er richtig die Tragweite von § 1123 B G B . Essert, Die Fortentwicklung der Neuwertv, Diss. Hamburg 1983, S. 218-219 und die dort Genannten kommen zu einem unzutreffenden Ergebnis, indem sie argumentieren, daß § 1123 B G B Vsforderungen nicht nenne. Darauf kommt es aber nicht an, Ausgangspunkt bildet § 1127 B G B , der alle Vsforderungen der Pfandhaft unterwirft, die sich auf die vten Gegenstände der §§ 1120-1126 B G B beziehen. Die heute betriebene Mietverlustv deckt ja nicht mehr Ausfälle wegen Unvermietbarkeit der Räume oder Insolvenz des Mieters, sondern sie gewährt Schutz gegen Ausfälle wegen Feuers. Zweifelhaft ist, ob sich die Pfandhaft auch auf denjenigen Teil der Vsforderung erstreckt, der auf die Differenz zwischen Zeitwert und Neuwert entfällt. Die Lösung ist unabhängig davon, ob man bei der Qualifizierung der Neuwertv der Kombinations- oder (wie hier) der Einheitstheorie folgt, vgl. oben Anm. C 9. Dem Anliegen der Sicherung des Hypothekarkredits entspricht es, die Verfangenheit der Vsforderung zugunsten des Grundpfandgläubigers auch hinsichtlich des Neuwertteils anzunehmen. Dafür läßt sich auch ins Feld führen, daß sich §§ 1127, 1129 B G B auch auf die H a g e l v beziehen, in der die Vsforderung nicht auf den Zeitwert beschränkt ist. Anderer Auffassung Essert a.a.O. S. 2 0 5 - 2 3 6 mit zahlreichen weiteren Fundstellen zum Streitstand. Sieg/Johannsen

239

Anm. C 32

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

Zu C 30: Vgl. hierzu im einzelnen J 5 - 1 0 .

[C 31] Lediglich im Falle der §§ 102,103 wird man die Pfandhaftung auf den Zeitwert beschränken müssen, weil das von dieser Vorschrift dem Ver aufgenötigte Opfer nicht zu einer faktischen Besserstellung des Grundpfandgläubigers gegenüber dem Zustand vor dem Vsfall führen darf. Für dieses Ergebnis spricht auch, daß der Grundpfandgläubiger von der Wiederherstellungspflicht befreit ist (ebenso Essert a.a.O. S. 223; Satzung Nassauische Brandvsanstalt § 21 Ziff. 4 (Schmidt-Boeck S. 424); Satzung Hessische Brandvsanstalt § 22 Ziff. 4 (Schmidt-Boeck S. 350)). In diese Richtung weist auch die Parallele zu § 158c III, der dem § 158k vorgeht: Prölss-Martin 2 3 § 158k Anm. 2 (die Parallele gilt nicht lückenlos: Bei V o r s a t z des Vmers haftet der Pflichthaftpflichtver dem Dritten nicht, wohl aber der Feuerver gegenüber dem Realberechtigten: Wiesinger, Die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers im privaten Feuervsrecht, Hamburg 1940, S. 54). Eine Ausnahme gegenüber den soeben angeführten Anstaltssatzungen bildet das Hamburger FeuerkassenG. Nach §§ 14, 44 erstreckt sich die Haftung gegenüber dem Grundpfandgläubiger im kranken Vsverhältnis sogar auf den Neuwert, nur der Nachschadenersatz entfällt natürlich. Zu C 31: §§ 102, 103 werden unter J 4 5 - 6 8 erläutert, vgl. zum Umfang des Anspruchs aus § 1 0 2 insbesondere J 54. Die zitierten Bestimmungen von Satzungen und Landesgesetzen sind inzwischen aufgehoben worden, vgl. dazu Anm. zu Β 1 und 2. [C 32]

cc) Gegenstand des Schutzes (Waldbrand- und Betriebsunterbrechungsversicherung)

Der Schutz, den die Grundpfandgläubiger nach §§ 1127-1130 B G B durch Vsansprüche genießen, kann sich nicht auf die Betriebsunterbrechungsv beziehen. Diese ist Ertragsausfallv, bei ihr sind nicht bestimmte G e g e n s t ä n d e , die der Hypothek unterliegen, unter V gebracht. Das aber verlangt § 1127. Sicher ist aber, daß die Forderungen aus der Waldbrandv nach § 1127 B G B für den Grundpfandgläubiger verfangen sind (Mattern, RGR-Kommentar zum B G B , 12. Aufl., Berlin - New York 1981, § 1127 Rdnr. 4). Fraglich ist indes, ob die Waldbrandv einer G e b ä u d e v im Sinne des § 1128 B G B und der §§ 101-107c gleichsteht. Das hätte für den Grundpfandgläubiger den Vorteil, daß ihm die Vsforderung ab Vsfall (nicht erst ab ihrer Beschlagnahme) haften würde, daß ihm auch bei krankem Vsverhältnis Deckung zu gewähren wäre und er Anspruch auf Annahme eines Antrags auf Abschluß einer Hypothekeninteressev hätte. Die herrschende Lehre lehnt die Gleichstellung der Waldbrandv mit der Gebäudev ab, ausgehend von der Erwägung, daß alles der Mobiliarv zuzurechnen sei, was nicht Gebäudev ist (Jauernig, B G B mit Erläuterungen, 3 München 1984 §§ 1127-1130 Anm. 3; Rainer Schmidt, Die rechtliche Stellung des Realgläubigers gegenüber dem Ver nach den §§ 1127-1130 B G B und §§ 97-107 c W G , Diss. Bielefeld 1982, S. 55; ErmanRäfle, B G B , 7. Aufl., Münster 1981, § 1128 Rdnr. 3; Staudinger-Scherübl, B G B , 12. Aufl., Berlin 1981, § 1128 Rdnr. 2; Westermann, Sachenrecht, 5. Aufl., Karlsruhe 1966, § 99 II 3a). Diese Interpretation überzeugt nicht. Näher liegt es, der Mobiliarv die I m m o b i l i a r v gegenüberzustellen und die Gebäudev im Sinne des § 1128 B G B und der 240

Sieg/Johannsen

Anm. C 35

IV. Versichertes Interesse

§§ 101-107c nur als repräsentativen Teil der Immobiliarv aufzufassen. Auch § 94 BGB stellt ja Gebäude und mit dem Grundstück zusammenhängende Erzeugnisse gleich. Aus der Entstehungsgeschichte des jetzigen § 1128 BGB ergibt sich, daß man die Waldbrandv nur deshalb nicht miterwähnt hat, weil sie damals keine Rolle spielte (Protokolle für die 2. Lesung des Entwurfs des BGB, Bd 3, Berlin 1899, S. 567). Der hier vertretenen Auffassung kommt Ksoll, Sachenrecht, Kurzlehrbuch 1954 S. 109 nahe, der Substanzven (§ 1128 BGB) den Ven des Umlaufvermögens gegenüberstellt. Diese Unterscheidung weist die Waldbrandv der Substanzv zu. Auch § 16 III AWaB geht offensichtlich von einer Gleichstellung der Waldbrandv mit der Gebäudev aus. [C 33] dd) Vertragliche Erweiterung Der Kreis der Gegenstände, auf die sich die Hypothek erstreckt (§ 1120 BGB), ist weiter als der Kreis der Gegenstände, die vom Surrogatpfandrecht des § 1128 BGB und von §§ 102, 103 erfaßt werden. Hinsichtlich des Zubehörs, sofern es als bewegliche Sache vert ist, erwirbt nämlich der Hypothekar nur dann ein Pfandrecht an der Entschädigungsforderung, wenn er innerhalb eines Jahres nach Fälligkeit die Beschlagnahme erwirkt: § 1129. Die Praxis ist bestrebt, dem Hypothekar die gleiche Rechtsstellung zu verschaffen, die er durch die Immobiliarv hat, d.h. das Zubehör wie wesentliche Bestandteile zu behandeln. Das geschieht mittels des Zubehörvsscheins Formular 65 des Verbands der Sachver. Die Bedingungen dieses Sicherungsscheins sehen unter Ziff. 1 folgerichtig die Abwicklung der Entschädigung entsprechend den Forderungspfandvorschriften vor. Nach Ziff. 2, 4, 5, 6 wird der Vsschutz zugunsten des Pfandgläubigers fingiert, wenn der Vmer keine Deckung genießt (entsprechend § 102, § 103). Ziff. 4 Abs. 2, Ziff. 5 Abs. 2, 3, Ziff. 6 Abs. 2 entsprechen § 105, Ziff. 7 ersetzt § 104. [C 34] c) Einschluß fremden Sachersatzinteresses? aa) Die These Martins Martin J I 2, J II 4, 5, 7, 9 vertritt die Meinung, daß in die V des Eigentümers das Sachersatzinteresse des Obhutsinhabers eingeschlossen sei, sofern schon bei Abschluß des Vsvertrages ein Vertragsband zwischen Vmer und Obhutsinhaber vorhanden gewesen und die Abrede über den Vsort eingehalten sei. Dem kann nicht zugestimmt werden. Es ist nicht Aufgabe des Sachvers, das Haftpflichtrisiko eines Dritten zu übernehmen, der Obhutsinhaber mag sich selbst Haftpflichtvsschutz besorgen unter Streichung der Obhutsklausel, oder er mag eine Sachv zugunsten des Eigentümers eingehen. Die Lehre von Martin führt nicht nur zur Auflösung des Interessebegriffs (über seine Notwendigkeit vgl. oben Anm. C 22) und damit zur Verwischung des Unterschiedes zwischen den verschiedenen Vssparten, sondern steigert auch das Risiko des Sachvers. Die Kosten dafür müßte der Eigentümer in Gestalt erhöhter Prämie tragen, was ungerecht ist, zumal der Obhutsinhaber ja nur bei s o r g l o s e m Umgang mit der fremden Sache haftpflichtig wird. Zu C 34: Die weitere Entwicklung der Problematik in Literatur und Rechtsprechung wird in J 106 dargestellt. [C 35] Für Martin ist unter der obengenannten Voraussetzung jede Eigenrechnungsv eine V für Rechnung wen es angeht nach § 80 II. Dessen Voraussetzungen lieSieg/Johannsen

241

Anm. C 36

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

gen jedoch nicht vor: Weder wird die V ausdrücklich als solche für Rechnung wen es angeht genommen, noch ist dem Vsvertrag zu entnehmen, daß der Interesseträger offenbleiben soll, im Gegenteil, nur der Eigentümer soll berechtigt sein. Seiner Entschließung muß es vorbehalten bleiben, ob er seine V oder den Obhutsinhaber in Anspruch nimmt. Martin A I 3 empfindet selbst, daß die AVB der Sachv von seinem Standpunkt aus noch entwicklungsbedürftig seien. Eine ausführliche Entgegnung auf Martins These findet sich bei Schirmer ZVersWiss 1981 S. 681-743. Auch B G H 2 9 . X . 1956 B G H Z Bd 22 S. 109 (114), B G H 30. IV. 1959 B G H Z Bd 30 S. 4 0 - 5 0 und O L G Hamm 27. III. 1984 VersR 1984 S. 749 lehnen die Konstruktion einer in die Sachv eingeschlossenen Haftpflichtv für fremde Rechnung ab. Martin indes meint, der Vmer wolle die Interessen anderer mitdecken, soweit das die Prämienkalkulation zulasse. Demgegenüber ist zu fragen: welcher Vmer kennt die Prämienkalkulation seines Vers? Außerdem muß sich die Prämie der Deckung anpassen, nicht umgekehrt. Vgl. zum Problemkreis auch Bruck S. 483; L G Köln 4. V. 1972 VersR 1973 S. 337. Insbesondere ist die Ansicht Martins J II 9 abzulehnen, daß die Eigentumsv bei Verpachtung (Identität von Vsort und Vsinbegriff vorausgesetzt) ohne weiteres dem Pächter dienen soll. Nicht einmal unter den Kautelen der §§ 69-73 wird also dem Ver die Akzeptierung des neuen Gewahrsamsinhabers zugemutet, geschweige denn kann diese Folgerung gezogen werden, wenn jeglicher Schutz des Vers in bezug auf das subjektive Risiko fehlt, vgl. Sieg § 69 Anm. 30. Deshalb darf den Ver die Rollenspaltung auf der Gegenseite nicht belasten. [C 36] bb) Entlastungsmöglichkeiten für Obhutsinhaber Eine Entlastung des Obhutsinhabers durch V des Eigentümers kann eintreten, wenn sich beide auf die Insurance Clause geeinigt haben, d. h. der Eigentümer verpflichtet wird, eine Eigenrechnungsv einzugehen in der Weise, daß der Ver auf einen Regreß nach § 67 gegen den leichtfahrlässig handelnden Obhutsinhaber verzichtet (pactum de non petendo): Sieg VersR 1976 S. 105; derselbe vor §§ 7 4 - 7 9 Anm. 7; Engels VersPrax 1977 S. 100; Möller in Festschrift für F. Hauss zum 70. Geburtstag, Karlsruhe 1978, S. 258, 262. Dasselbe Ziel (Haftungsfreiheit des Obhutsinhabers bei leichter Fahrlässigkeit) wird erreicht durch einen Haftungsausschluß, vereinbart zwischen Eigentümer und Obhutsinhaber. A G Hamburg 14.11.1980 VersR 1981 S. 792 schießt über das Ziel hinaus, indem es auch den Ausschluß leichter Fahrlässigkeit der Kontrolle nach § 9 A G B - G unterwirft und ihn für unwirksam hält. Bei leichter Fahrlässigkeit des Obhutsinhabers kann sich in den behandelten Fällen die Sachv des Eigentümers wie eine Haftpflichtv des ersteren a u s w i r k e n , aber er ist nicht etwa Vter, er hat keinerlei vsrechtliche Ansprüche. Anders Martin J II 12, der meint, durch den Regreßverzicht trete M i t v ein (wer ein Interesse an der V eines anderen hat, ist aber deshalb noch nicht Mitvter dieser V). Die E i n s c h r ä n k u n g der „Mitv", die Martin an dieser Stelle für gewisse Fälle für geboten hält, muß g e n e r e l l gelten; vgl. Sieg vor §§ 7 4 - 7 9 Anm. 13, § 74 Anm. 8. Verwandt dem Ausschluß der Haftungsansprüche wäre eine Auslegung, daß der Ver die Schadenersatzforderung seines Vmers t i l g t . Wie man aber auch konstruiert: Der Obhutsinhaber hat keinen Vsanspruch. Wie hier Schirmer ZVersWiss 1981 S. 742-743 (Zusammenfassung der vorangegangenen ausführlichen Darstellung ab S. 682). Auch § 67 II kann sich haftpflichtvsähnlich zugunsten des Angehörigen auswirken. Sein Ergebnis unterscheidet sich von den bisher referierten Lösungen dadurch, daß die Drittforderung dem Vmer v e r b l e i b t . Macht er sie erfolgreich geltend, hat er die Vsentschädigung herauszugeben: Sieg § 67 Anm. 114. 242

Sieg/Johannsen

Anm. C 38

IV. Versichertes Interesse

Zu C 36: Vgl. hierzu auch J 107-110.

[C 37] 5. Nichteigentümer schließt Eigenrechnungsversicherung a) Nutzungsinteresse In der Regel hat der nutzungsberechtigte Nichteigentümer kein Interesse daran, einen Substanzschaden an der fremden Sache zu vern: Prölss-Martin 23 vor § 51 Anm. 6 C; Martin J I 7. Wohl aber kann er daran interessiert sein, den Nutzungsausfall, der ihm bei Beschädigung oder Abhandenkommen fremder Sachen droht, zu decken. So kann die Mietverlustv, die Betriebsunterbrechungsv für eigene Rechnung vom Pächter oder Nießbraucher abgeschlossen werden (Möller in Festschrift für P. Braeß zum 66. Geburtstag, Karlsruhe 1969, S. 196). Für die Betriebsunterbrechungsv ist ja lediglich erforderlich, daß die beschädigten oder abhanden gekommenen Sachen dem Betriebe gedient haben. O b die vom Vmer in Besitz gehaltenen Sachen überhaupt feuern sind, ist in der großen Betriebsunterbrechungsv gleichgültig (Hax S. 91). Das Fehlen einer Feuerv kann sich aber wegen § 3 I l e F B U B nachteilig für den Vmer auswirken. Was den Nießbraucher angeht, so hat er nach § 1046 B G B ein Surrogatrecht an der Vsforderung der von ihm selbst besorgten Fremdrechnungsv, was aber nur für das Substanzinteresse gilt. Das N u t z u n g s i n t e r e s s e kann er auf e i g e n e Rechnung decken. Schließt der Nichteigentümer eine Substanzv ab, so kann entgegen dem Wortlaut des § 80 I die Umdeutung in eine V für fremde Rechnung (des Eigentümers) vorgenommen werden, um anfänglichen Interessemangel und damit Unwirksamkeit des Vertrages (§ 68 I) zu vermeiden. Zur Herleitung: Sieg § 80 Anm. 5. [C 38] b) Verwertungsinteresse Der Grundpfandgläubiger kann sein eigenes Verwertungsinteresse durch die Hypothekeninteressev unter Deckung bringen (§ 105). Diese V gilt allerdings subsidiär, d. h. nur so lange, wie eine Sachv durch den Eigentümer (die ja automatisch das Verwertungsinteresse des Grundpfandgläubigers mitdeckt, vgl. oben Anm. C 2 8 - 3 3 ) wirksam nicht besteht: Klausel 5.07 VerBAV 1970 S. 16 Ziff. 4 mit folgendem Wortlaut: „Die Versicherung erlischt, wenn das Realrecht des Versicherungsnehmers erlischt oder, abgesehen von Erbschaftsfällen, auf einen anderen übergeht oder wenn die Gebäude ganz oder teilweise vom Eigentümer oder für dessen Rechnung versichert werden."

Für Wiesinger, Die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers im privaten Feuervsrecht, Hamburg 1940 S. 6 7 - 7 0 handelt es sich im Falle des § 105 2. Alternative (Fortsetzung der V) um das Hineinwachsen des Grundpfandgläubigers aus der Vtenstellung in die des Vmers (die U m k e h r u n g von Wiesingers Grundkonstruktion kann jedoch in der Realität vorkommen: Der Grundpfandgläubiger schließt eine Fremdrechnungsv für den Eigentümer ab; in diesem Falle greifen die §§ 101-107 b nicht zugunsten des Grundpfandgläubigers: Prölss-Martin 2 3 § 107 c Anm. 2). Die Hypothekeninteressev ist nicht Forderungs-, sondern Pfandrechtsv; vgl. Anm. C 19, Möller ZVersWiss 1962 S. 285. Eine Parallele zum Mobiliarrecht besteht nicht. Obwohl auch das Pfandrecht des Lagerhalters laut § 22 O L S c h V O von einem Sachpfand zu einem Forderungspfand wechseln kann, ist der Ver nicht verpflichtet, einen Antrag des Lagerhalters auf Deckung seines Verwertungsinteresses anzunehmen. Sieg/Johannsen

243

Anm. C 41

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

Zu C 38: Zur Hypothekeninteressev vgl. auch J 76-82, dort auch zur Klausel 5.07, die 1987 durch die Klausel 2203 abgelöst worden ist. [C 39] Zu a) und b): § 1046 BGB und § 22 OLSchVO haben gemeinsam, daß die Fremdrechnungsv, die der Besitzer nimmt, sein eigenes Interesse mitdeckt, denn an der Vsforderung setzt sich der Nießbrauch bzw. das Pfandrecht fort. Näheres unten Anm. C 52. [C 40] c) Sachersatzinteresse? aa) Die These Martins Ein Sachersatzinteresse kann der Nichteigentümer, soweit es sich um eine Eigenrechnungsv handelt, nur durch eine Haftpflichtv decken. Der abweichenden Auffassung von Martin A I 3, 4 (die allerdings mit RG 30. IV. 1915 RGZ Bd 86 S. 392 übereinstimmt, Kritik hieran K. Bischoff VersR 1963 S. 14-15), der Nichteigentümer könne auf die fremde Sache eine Sachv nehmen, ist aus den oben Anm. C 34-36 angeführten Gründen, die auch für den hier besprochenen Fall gelten, nicht zuzustimmen. Andernfalls könnte man jede Art der V (außer der Personenv) als Sachv konstruieren: Gärtner ZVersWiss 1963 S. 373. Zwecks klarer Abgrenzung zwischen Sach- und Haftpflichtv ist ja das Haftpflichtvselement aus der Leitungswasserv eliminiert worden. Verwiesen sei ferner auf die ausführliche Auseinandersetzung mit Martin bei Sieg § 80 Anm. 9 und bei Schirmer ZVersWiss 1981 S. 667, 669, 674, 693 sowie auf Ehrenzweig, Die Rechtslehre des Vsvertrages und die klassische Logik, Karlsruhe 1954, S. 34 und Bruck S. 483-484. Außerdem scheint mir die hier referierte These von Martin schwer vereinbar mit seiner Auffassung, daß die Eigenrechnungsv des Eigentümers unter gewissen Umständen das Sachersatzinteresse des O b h u t s i n h a b e r s mitumfasse (vgl. oben Anm. C 34-36). Wenn dem wirklich so wäre: Warum bedarf der O b h u t s i n h a ber noch einer Eigenrechnungsv, die doch nur dasselbe Ziel haben kann wie die des Eigentümers, nämlich ihn von Ansprüchen freizustellen? Wo die naheliegende Umdeutung der Eigenrechnungsv in eine Fremdrechnungsv zugunsten des Eigentümers nicht möglich ist, weil ausdrücklich eigenes Interesse gedeckt sein soll, handelt es sich um eine H a f t p f l i c h t v (K. Bischoff ZVersWiss 1963 S. 204). [C 41] bb) Spediteurfeuerversicherung (Klausel 361 Ziff. 1,2 a) Haftpflichtv liegt bei Klausel 361 Ziff. 1, 2a der nichtindustriellen Feuerv vor. Sie lauten: „1. Sachen, die der Spediteur auf Grund eines Speditions-, Fracht- oder Lagervertrages in Gewahrsam genommen hat, sind bis zu der hierfür vereinbarten Versicherungssumme gegen Schäden durch Feuer versichert, und zwar, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, auf Erstes Risiko. 2. Die Versicherung gilt a) für eigene Rechnung des Spediteurs, soweit dieser für den Schaden auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts ersatzpflichtig ist; auf eine durch Vertrag oder besondere Zusagen erweiterte Ersatzpflicht des Spediteurs erstreckt sich die Versicherung nur, wenn dies besonders vereinbart ist."

244

Sieg/Johannsen

Anm. C 42

IV. Versichertes Interesse

Zu dem gleichen Ergebnis, nämlich, daß es sich um eine H a f t p f l i c h t v handelt, kommen Möller § 49 Anm. 51, 75; Schirmer ZVersWiss 1981 S. 6 8 9 - 6 9 3 , 6 9 5 - 6 9 8 ; Dreger VerBAV 1970 S. 41; Koenig in Festschrift für E. R. Prölss zum 60. Geburtstag, München 1967, S. 226, 235. Schon Weygand, Grundzüge der Kundenv, Berlin 1914, hat sich mit der SpediteurHaftpflichtv (so die Uberschrift S. 114) befaßt, und zwar auch mit der V des Lagerns beim Spediteur (S. 115), das heute das Hauptanwendungsgebiet von Klausel 361 ist. Weygand erkennt richtig, daß in der Haftpflichtdeckung der konstruktive Kern dieser V liegt, weshalb er die Frage nach der Geltung der §§ 1 5 6 , 1 5 7 aufwirft (S. 116). Sie ist, wie unter Anm. C 42 darzulegen ist, zu bejahen. Die Haftpflichtvskonstruktion der Spediteur-Feuerv wird außer von Martin (vgl. oben C 40) abgelehnt von Ollick VerBAV 1982 S. 178 N . 482; Prölss-Martin 2 3 § 129 Anm. 7 E. Nach Prölss-Martin 2 3 § 129 Anm. 1 Β soll auch die A G N B - N a h v e r k e h r s v Sachv sein. Warum soll diese aber anders behandelt werden als die K V O - V , die unbestritten Haftpflichtv ist? Zu C 41: Vgl. jetzt die im wesentlichen unveränderte Klausel 2702.

[C 42] cc) Spediteurfeuerversicherung sicherungscharakter)

(Folgerungen

aus dem

Haftpflichtver-

Dem § 156 kommt die Regelung in Klausel 361 Ziff. 6 entgegen. Sie lautet: „Der Versicherer kann nur an den Versicherungsnehmer und an den Anspruchsteller gemäß Nr. 2 a oder an den Versicherten gemäß Nr. 2 b gemeinschaftlich leisten, wenn nicht der Anspruchsteller oder der Versicherte einer Zahlung allein an den Versicherungsnehmer zugestimmt hat."

Für § 157 aber fehlt ein Äquivalent. Das ist unvertretbar. Prölss-Martin 2 3 § 157 Anm. 4 halten, nicht vereinbar mit ihrer Stellungnahme zu Klausel 361, das Absonderungsrecht für zwingend, ebenso Johannsen Bd I V Anm. Β 102. A m zwingenden Charakter von § 157 ändert auch § 187 II nichts, weil § 157 den D r i t t e n schützt. Wie Risikobeschränkungen verhüllte O b liegenheiten sein können, so stellt Klausel 361 Ziff. 2 a eine verhüllte Haftpflichtv dar. Was sich hinter ihrer Hülle verbirgt, muß sich, soweit zwingenden Rechts, durchsetzen. Dieser Schutz kann nicht von der Zufälligkeit abhängen, ob sich die Sache im Zeitpunkt der Beschädigung am Vsort befindet oder nicht (im letzteren Fall bleibt auch nach Prölss-Martin 2 3 dem Obhutsinhaber nur der Abschluß einer Haftpflichtv). D a ß es auch sonst materielle Haftpflichtv gibt, die nicht den §§ 149—158d untersteht (Adhäsionshaftpflichtv der Schiffskaskov nach § 129 II 2), ändert an der eben vertretenen Meinung nichts, denn der Geschädigte ist dort durch ein Schiffsgläubigerrecht geschützt: § 102 Ziff. 5 Abs. 2 BinnenschiffahrtsG. Überdies wenden Bruck 7. Aufl. § 129 Rdnr. 5, Prölss-Martin 2 3 § 129 Anm. 5; Johannsen Bd IV, Anm. Β 116; Möller in Oberbach, Grundlagen der Allgemeinen Haftpflichtv, 1950 Β 2 S. 7 gewisse Haftpflichtvsbestimmungen auf diese Adhäsionsv analog an. Aus der Natur der Haftpflichtv folgt weiter, daß § 153 gilt: Der Obhutsinhaber = Vmer kann also die darin genannten Meldefristen ausnutzen, er ist nicht auf die kürzere des § 13 A F B beschränkt. Vsfall ist in der Haftpflichtv Beschädigung oder Abhandenkommen der fremden Sache, in der Sachv bereits der Ausbruch von Feuer unter Bedrohung der vten Sache. Sieg/Johannsen

245

Anm. C 44

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

[C 43] dd) Kritik an Klausel 361 Ziff. 2 Die sich aus Klausel 361 Ziff. 2 a ergebende Haftpflichtv hat die Besonderheit, daß sie den Vmer nur bei leichter Fahrlässigkeit schützt (§ 61), keine Rechtsschutzkomponente hat und nur beim Substanzschaden am Kundengut eingreift (Klausel 361 Ziff. 3 a mit folgendem Wortlaut: „Für die Entschädigung sind abweichend von § 3 Nr. 2 A F B maßgebend im Falle von Nr. 2 a der Betrag der Ersatzpflicht des Spediteurs, höchstens jedoch die Kosten der Neuherstellung oder Wiederbeschaffung durch den Anspruchsteller".

Wegen dieser Unterschiede hält Kisch III S. 125-127 eine vergleichbare Regelung für eine Sachv, betont aber die Ähnlichkeit mit der Haftpflichtv. Klausel 361 Ziff. 2 a stellt also keine glückliche Regelung dar. Auch deren Ziff. 2 b ist unglücklich formuliert. Die Fassung verwechselt V für Rechnung wen es angeht (was hier trotz des Wortlauts nicht gemeint ist) mit der V für fremde Rechnung bei wechselndem Vten (demselben Irrtum unterliegt Martin J I 4).

[C 44] d) Exkurs: Versicherung des Kommissionärs und des Lagerhalters Die Spedition ist Unterfall der K o m m i s s i o n . Wie der Spediteur so ist auch der Verkaufskommissionär nicht Eigentümer der Sachen, die er in Gewahrsam hat. Schließt er aus eigener Initiative oder weil er dazu angewiesen wurde (§ 390 II H G B ) eine Sachv ab, so ergeben die Umstände im Sinne des § 80 I, daß es sich um eine Fremdrechnungsv handelt, und zwar um eine solche, die er im eigenen Namen, also nicht in Vertretung, abschließt (Sieg § 74 Anm. 4, 18). Wie der Spediteur (vgl. oben Anm. C 40) kann der Kommissionär sein eigenes Ersatzinteresse nur durch eine Haftpflichtv abdecken. Ohne nähere Begründung und unzutreffend nehmen HeymannKötter, H G B , 21. Aufl., Berlin 1971, § 390 Anm. 3 an, daß der Kommissionär im Falle des § 390 II H G B eine Eigenrechnungssachv eingehe und den Anspruch daraus an den Kunden abtreten könne; dagegen Möller § 49 Anm. 112; Bruck S. 483. Martin H III 41 verweist in bezug auf den Kommissionär auf die Klausel 142, die aber entgegen seiner Meinung gerade zeigt, daß eine Fremdrechnungsv n i c h t u n l ö s l i c h mit der Abdeckung des Haftpflichtrisikos des Vmers verbunden sein muß. Bruck S. 484 führt zutreffend aus, daß der Kommissionär sein eigenes Interesse nur durch eine Haftpflichtv vern könne. Das Ausgeführte gilt kraft § 417 I in Verbindung mit § 390 II H G B für den Lagerhalter. Handelt es sich um das Orderlagerscheingeschäft, so sagt § 20 II OLSchVO ausdrücklich, daß Fremdv vorliegt. Zu C 44: Ergänzend ist zu bemerken, daß die Vorschriften über das Lagergeschäft durch das TransportreformG vom 25. VI. 1998 (BGBl I S. 1588) umgestaltet worden sind. Nach § 472 H G B n. F. ist der Lagerhalter verpflichtet, das Gut auf Verlangen des Einlagerers zu vern. Wenn dieser ein Verbraucher ist, hat der Lagerhalter ihn auf die Möglichkeit, das Gut zu vern, hinzuweisen. Der erörterten Klausel 142 entspricht die neuere 1202.

246

Sieg/Johannsen

Anm. C 46

IV. Versichertes Interesse

[C 45] 6. Nichteigentümer schließt Fremdrechnungsversicherung a) Vermutung des § 80 I W G Soweit es das Bedingungswerk angeht, erwähnen nur § 12 AFB, § 11 AWaB ausdrücklich die V für fremde Rechnung (und zwar in dem Sinne, daß in Abweichung von §§ 75, 76 II der Vmer verfügungsberechtigt ist). Damit ist nicht gesagt, daß diese Vsform in der Betriebsunterbrechungs- und in der Mietverlustv ausgeschlossen wäre, sie kommt jedoch dort kaum vor. Aus § 80 I ergibt sich implizite, daß die Fremdrechnungsv (eines fremden Interesses) nicht ausdrücklich als solche bezeichnet zu sein braucht; es genügt, daß sie sich aus den Umständen ergibt. Die Entwicklung des Sicherungsscheins hat die Bedeutung dieser Bestimmung erweitert. § 80 I ist weit auszulegen (Prölss-Martin 23 § 80 Anm. 1), um Interessemangel nach § 68 zu vermeiden: Hat nämlich der Vmer in Eigenrechnungsv Eigentum gedeckt und steht ihm das Eigentum nicht zu, so würde Interessemangel vorliegen. Die Umdeutung in eine Fremdrechnungsv (zugunsten des Eigentümers), kann also die Wirksamkeit des Vertrages retten (Sieg § 74 Anm. 18, § 80 Anm. 1). Solche Umdeutung hat LG Hamburg 3.XII.1980 VersR 1981 S. 187 nicht erörtert, obwohl sie sich anbot. Die hier behandelte Gestaltung hat Verwandtschaft mit dem oben Anm. C 23-27 Erörterten. Dort wurde ausgeführt, daß bereits der Anwartschaftsberechtigte eine V als Eigentümer nehmen könne, Vorbehaltsverkäufer und Sicherungsnehmer seien als Vte zu behandeln. Wäre man der Auffassung, daß nur das V o l l e i g e n t u m eine Eigentumsv rechtfertigt, so müßte der vom Anwartschaftsberechtigten abgeschlossene Vertrag vollen Umfangs als Fremdrechnungsv gedeutet werden. Gesichert ist in aller Regel das Interesse des Vten wegen einer Kaufpreis- oder Darlehnsforderung. Im Falle unten Anm. C 52 ist hingegen gesichert das Pfandinteresse des Vmers wegen seiner Forderung aus Geschäftsbesorgung, Werkvertrag, Beherbergungsvertrag. [C 46] b) Gesetzliche Falle, Anwendbarkeit von § 2 12 AFB Nach § 85 bezieht sich die Inbegriffsv auf Sachen im Eigentum gewisser dritter Personen, die V gilt insoweit als für fremde Rechnung genommen. § 2 I 3 AFB schränkt das Gesetz insoweit ein, als er auf Hausrat und Arbeitsgerät abstellt. Weder Gesetz noch AFB unterscheiden, ob der Vmer freiwillig die V eingegangen ist, oder ob er dazu vertraglich verpflichtet war. Auch auf die Fremdrechnungsv ist § 2 I 2 AFB anwendbar, d. h. sie erstreckt sich auf Sachen, die der Vte seinerseits unter Eigentumsvorbehalt gekauft oder zur Sicherung übereignet hat: Martin H III 49. Dasselbe gilt im Zweifel auch für sonstige Fälle der eingeschlossenen V für fremde Rechnung. Eine gesetzliche Verpflichtung zum Abschluß einer Fremdrechnungsv ergibt sich für den Lagerhalter, wenn es der Einlagerer verlangt (§ 20 OLSchVO, § 417 I in Verbindung mit § 390 II HGB), für den Verkaufskommissionär, wenn der Kommittent es verlangt (§ 390 II HGB), für den Spediteur, wenn der Versender es verlangt (§ 407 II in Verbindung mit § 390 II HGB). Ohne Verlangen des Eigentümers ist der Nießbraucher verpflichtet, zu dessen Gunsten Vsschutz zu nehmen (§ 1045 I BGB). Nach § 8 V O über den Geschäftsbetrieb der gewerblichen Pfandleiher vom 1. VI. 1976 trifft den Pfandleiher eine Vspflicht. Wo eine gesetzliche Pflicht zum Abschluß einer Fremdrechnungsv statuiert ist, war für den Gesetzgeber das Interesse des V t e n maßgebend. Deshalb kann sich hier § 12 AFB nicht durchsetzen, vgl. Sieg §§ 75-76 Anm. 50. Sieg/Johannsen

247

Anm. C 48

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

Zu C 46: Es wird auf J 121 verwiesen sowie auf die Ausführungen zur Hausratv unter J 134 und 135, die den wichtigsten Anwendungsfall der Inbegriffsv nach § 85 bildet. Für die neuen Vorschriften des Lagerrechts wird auf die Anmerkung zu C 44 verwiesen. Auch das Speditionsgeschäft ist durch das HandelsreformG neu geregelt worden. Nach § 454 II H G B n. F. gehört zu den Pflichten des Spediteurs die V des Gutes, wenn sich dies aus der Vereinbarung ergibt. Abs. III lautet: Der Spediteur schließt die erforderlichen Verträge im eigenen Namen oder, sofern er hierzu bevollmächtigt ist, im Namen des Versenders ab. [C 47] c) Insbesondere Pfandleiher Nach § 34 II Ziff. 3 GewO kann der Bundesminister für Wirtschaft durch RechtsV O Vorschriften erlassen über die Verpflichtung zum Abschluß einer Feuerv seitens des Pfandleihers. Die Delegation ist ausgenutzt durch § 8 VO über den Geschäftsbetrieb der gewerblichen Pfandleiher in der Fassung vom 1. VI. 1976 (BGBl 1976 I S. 1335). Die Praxis hat zur Erfüllung dieser Vspflicht die Klausel 145 entwickelt. Sie hat folgenden Wortlaut: „1. Der Versicherer leistet Entschädigung für Pfandsachen nur, soweit der Versicherungsnehmer dem Verpfänder Schadenersatz leisten muß oder soweit er seine Ansprüche auf Darlehensrückzahlung, Zinsen oder Lagerspesen verloren hat. 2. Vswert und Grenze der Entschädigung ist der in einem Pfandbuch eingetragene Schätzwert der Pfandsachen. §§ 55, 87 S. 2 W G (Bereicherungsverbot) bleiben unberührt. 3. ... 4. Im übrigen gelten für Pfandsachen Vereinbarungen über die Versicherung fremden Eigentums nicht."

Da das Gesetz verlangt, daß die V dem Schutz des Verpfänders dient (§ 34 II Ziff. 3 GewO; LG Düsseldorf 1. VIII. 1980 Gewerbearchiv 1980 S. 372), kann es sich nicht um eine Sachv für eigene Rechnung des Pfandleihers handeln (vgl. oben Anm. C 40-43). Das empfindet auch Ollick VerBAV 1982 S. 50 N. 205, der sich aber gleichwohl nicht von der irrigen Vorstellung einer Sachv für eigene Rechnung freimachen kann, ebensowenig Martin Q IV 29, J III 6. Zu C 47: Üblich ist jetzt die Vereinbarung der gleichlautenden Klausel 1204. [C 48] Das Kundeninteresse ist nur gewahrt bei einer Haftpflichtv oder einer V für fremde Rechnung (des Kunden). Hier liegt die letztere Deutung in Anbetracht von § 80 I näher (vgl. Möller § 49 Anm. 98; Sieg § 74 Anm. 18; Schirmer ZVersWiss 1981 S. 656, s. auch daselbst S. 657 N. 45). Diese V hat die Besonderheit, daß sie nicht bei jedem Brand- oder Explosionsschaden eintritt, sondern nur, wenn der Vmer den Schaden zu vertreten hat. Das hindert aber die Annahme einer Sachfremdv nicht: Schirmer ZVersWiss 1981 S. 694, 699, 702. Bei ihr ist von vornherein das Hindernis der Obhutsklausel der Haftpflichtv ausgeräumt. Ollick VerBAV 1982 S. 50 schließt aus Klausel 145 Ziff. 4 für die nichtindustrielle Feuerv, daß es sich nicht um eine Fremdv handeln könne. Das überzeugt indes nicht. Klausel 145 ist auf dem Hintergrund der Klausel 142 zu sehen. Wenn „im übrigen" die Fremdvsvereinbarung nicht gelten soll (also im K e r n soll sie anwendbar sein), so 248

Sieg/Johannsen

Anm. C 50

IV. Versichertes Interesse

bedeutet das, daß von Klausel 142 Ziff. 1 die Worte „soweit es seiner Art nach zu den vten Sachen gehört" und von Klausel 142 die Ziff. 2 S. 1 als gestrichen gelten. Bei Klausel 145 handelt es sich um einen Anwendungsfall der Haftungsersetzung durch Verschaffung von Vsschutz, wie wir es von der Speditionsv (nicht zu verwechseln mit der Spediteurfeuerv) her kennen; vgl. Daube, Die rechtliche Konstruktion der Kundenv, Diss. Hamburg 1964, S. 197-199. Wie bei der V des Nießbrauchers (vgl. oben Anm. C 46) ist auch beim Pfandleiher § 12 A F B als ausgeschlossen anzusehen, es bleibt bei §§ 75, 76. Zu C 48: Den zitierten Klauseln entsprechen die neueren 1202 und 1204.

[C 49] d) Hauptsächliche Klauselfälle Zahlreich sind die Fälle der Mitdeckung fremden Eigentums auf Grund von Klauseln. Klausel 19 für die industrielle Feuerv, Klauseln 141, 142 für die nichtindustrielle Feuerv, § 4 ZFgA 81a beziehen fremdes Eigentum in die vten Positionen ein, soweit es dem Vmer zur Bearbeitung, Benutzung, Verwahrung oder zu einem sonstigen Zweck übergeben worden ist. Klausel 20 für die industrielle Feuerv, Klausel 144 für die nichtindustrielle Feuerv, § 5 ZFgA 81a behandeln die Mitdeckung von Gebrauchsgegenständen Betriebsangehöriger. Nach Klausel 143 für die nichtindustrielle Feuerv ist Ausstellungsware in fremdem Eigentum mitvert. Die Klauseln 212 und 213 der nichtindustriellen Feuerv beziehen sich auf das Eigentum von Gästen in Beherbergungsbetrieben bzw. auf Bauunternehmer/Argen. Bei der Mitdeckung kann es vorkommen, daß der Vte Eigenrechnungsv mit Außenv abgeschlossen hat und beide sich im Deckungsbereich überschneiden. Soweit keine Subsidiarität im Vsvertrage vorgesehen ist, besteht Doppelv, d. h. nach außen haften die beteiligten Ver gesamtschuldnerisch. Für das Innenverhältnis bestehen „Richtlinien über das Zusammentreffen von Fremd- und Außenv" des Verbands der Sachver sowie eine Empfehlung über die Ausgleichspflicht beim Zusammentreffen von Fremd- und Außenv im Falle der Unterv (vgl. Martin VersR 1974 S. 827). Grundsätzlich geht der Fremdver vor (Ziff. 1.1 der Richtlinien), jedoch gibt es zahlreiche Ausnahmen (Ziff. 1.2-1.4, Ziff. 2.2). Zum Vorläufer der Klausel 142: B G H 20. X I . 1984 VersR 1985 S. 154. Zu C 49: Da die A F B 87 gegenüber den von Sieg kommentierten A F B 30 eine erhebliche Erweiterung der V fremden Eigentums enthalten, vgl. dazu unter J 122-126, ist ein Teil der genannten Fremdeigentumsklauseln überflüssig geworden, und wird im Gegenteil durch die Klausel 1201 die nach den Bedingungen vorgesehene Einbeziehung fremder Sachen in die V häufig wieder ausgeschlossen. Erheblich sind Klausel 1202 betreffend weisungsgemäße V fremden Eigentums, 1203 für Ausstellungsware, 2202 für Eigentum von Gästen in Beherbergungsbetrieben und 3405 für Kraftfahrzeuge von Betriebsangehörigen und Besuchern.

[C 50] e) Subsidiär- und Differenzversicherungen Doppelv wird in erster Linie durch Subsidiärabreden verhindert. Nur subsidiär wirkt laut Klausel 212 Ziff. 4 der nichtindustriellen Feuerv die V zugunsten von Gästen, laut Klausel 144 Ziff. 3, § 5 III ZFgA 81a die Mitdeckung von GebrauchsSieg/Johannsen

249

Anm. C 51

C. Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

gegenständen Betriebsangehöriger [vgl. Braeß-G. Schmidt Vswirtschaftl. Studienwerk, 3. Aufl., Wiesbaden 1982, H. 41 S. 29/31], laut Klausel 361 Ziff. 4 b die Spediteurfeuerv. In allen diesen Fällen zessiert der subsidiäre Schutz erst dann, wenn Entschädigung aus einem anderen Vsvertrag beansprucht werden kann: Martin V I 17, Prölss-Martin 23 , § 59 Anm. 6 A a (einfache Subsidiaritätsabrede). Die Subsidiäre wirkt sich hier wie eine Differenzv aus. Stößt die Erlangung des Vsschutzes des Vten aus seiner Primärv auf Schwierigkeiten, so springt der Subsidiärver in die Bresche, hat aber ein Rückforderungsrecht, wenn der Primärver zahlt. Einer Differenzv entspricht diese Regelung deshalb, weil sie einer Ausfallv nahekommt. Während bei der Differenzv normalerweise eine Kaufpreis- oder Schadenersatzforderung vorangeht, ist es hier allerdings eine Vsforderung, vgl. Möller in Festschrift für K. Sieg zum 65. Geburtstag, Karlsruhe 1976, S. 419; Sieg § 67 Anm. 49. Q u a l i f i z i e r t e Subsidiaritätsabreden (die Subsidiarität greift bereits, wenn eine andere V b e s t e h t , Prölss-Martin 2 3 § 59 Anm. 6 A b) enthalten Klausel 361 Ziff. 4a für die nichtindustrielle Feuerv sowie Klausel 22 Ziff. 2 ZFgA 81a. Im Verhältnis zwischen Feuerv und Tierv geht erstere vor: § 2 Ziff. 4 AYR 1977.

Zu C 50:

Die entsprechenden neueren Klauseln für die V des Eigentums von Gästen sind 2202 Ziff. 4, für Speditionskunden 2702 Ziff. 4. Für Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen ist die Regelung in § 2 Nr. 7 A F B 87 enthalten. Für die Speditionsv ist an Stelle der zitierten Klauseln Klausel 2702 Ziff. 4 getreten.

[C 51] f) Reflexwirkung auf Haftung des Versicherungsnehmers Die V für fremde Rechnung kann sich für den Vmer wie eine Haftpflichtv auswirken. In aller Regel pflegt nämlich der Regreß des Vers gegen den Vmer bei dessen leichter Fahrlässigkeit ausgeschlossen zu sein. Dieser Ausschluß ist hier leichter als im Falle oben Anm. C 36 zu bejahen, weil er bei der Insurance Clause den eigenen Vmer begünstigt, Sieg § 67 Anm. 128; Schirmer ZVersWiss 1981 S. 688. Deutlich kommt der Regreßausschluß zum Ausdruck, wenn die V fremden Eigentums für Rechnung des Eigentümers u n d des V m e r s gilt (Ollick VerBAV 1982 S. 48), Beispiel: § 4 II ZFgA 81 a, Klausel 141 Ziff. 2. Im übrigen können sich hier kraft Auslegung dieselben Entlastungsmöglichkeiten für den Vmer ergeben, wie oben Anm. C 36 für den Obhutsinhaber angeführt (vgl. Schirmer ZVersWiss 1981 S. 667, 704). Die besprochenen Entlastungen des Vmers von der Schadenersatzverpflichtung machen die von ihm abgeschlossene Fremdrechnungsv jedoch nicht zu einer Haftpflichtv. E r hat keinen Befreiungs- und Rechtsschutzanspruch, ebenso wenig kann er Kostenerstattung (§ 150) oder Sicherheitsleistung (§ 155 II) verlangen. Das bestreiten auch Prölss-Martin 2 3 vor § 51 Anm. 6 E nicht. Die von ihnen zur Stützung ihrer Ansicht aufgeführten Entscheidungen haben es mit V für fremde Rechnung zu tun, ebenso der von ihnen an dieser Stelle aufgeführte Dienstreiserahmenvertrag: VerBAV 1973 S. 243, § 1 II. Vtes Interesse ist also das eines D r i t t e n , als Reflexwirkung kann sich - wie gezeigt - eine Entlastung des Vmers ergeben. So scharfsinnig schon Flechtheim L Z 1911 Sp. 678-685; Moldenhauer L Z 1911 Sp. 687; Josef ZVersWiss 1912 S. 778-785; gegen Flechtheim und Josef: Weygand, Grundzüge der Kundenv, Berlin 1914 S. 98-101, der V für Rechnung wen es angeht annimmt, dabei aber die v e r s c h i e d e n a r t i g e n Interessen von Vmer und Vtem vernachlässigt. Das sogenannte Sach250

Sieg/Johannsen

Anm. C 53

IV. Versichertes Interesse

ersatzinteresse ist also außerhalb der Haftpflichtv kein primäres. Richtig: Koenig in Festschrift für E.R. Prölss zum 60. Geburtstag, München 1967, S. 234: Bei der V für fremde Rechnung muß der Vte den Anspruch haben, denn seine Sache ist beschädigt, daran ändert nichts, daß der Vmer vielleicht haftpflichtig ist. RG 22. IX. 1916 LZ 1917 Sp. 207 hätte die Reflexwirkung der Fremdrechnungsv stärker betonen sollen (wie hier: K. Bischoff VersR 1963 S. 14), richtig ist gesehen, daß die dort vorliegende V eine Feuerv blieb. [C 52] g) Reflexwirkung auf Sicherung des Versicherungsnehmers Unter Umständen wirkt die V für fremde Rechnung wie eine Delcrederev des Vmers. Nach § 1046 I BGB erstreckt sich der Nießbrauch auf das Surrogat der vten Sache, auf die kongruente Vsforderung. Das hat auch dann zu gelten, wenn der E i g e n t ü m e r die V genommen hatte, denn diese V hat der Nießbraucher nach § 1045 II BGB zu finanzieren. Dieser Surrogatnießbrauch macht eine Betriebsunterbrechungsv des Nießbrauchers nicht überflüssig, denn allein die Verzinsung der Feuervsforderung deckt den Ertragsausfall nicht ab. § 22 OLSchVO läßt das Pfandrecht des Lagerhalters an der Sache bei deren Beschädigung auf die entsprechende Vsforderung übergehen. Das Gesetz sagt nicht, ob diese Wirkung nur bei vom Lagerhalter besorgter Fremdv nach § 20 OLSchVO eintritt, oder auch bei einer V, die der Eigentümer auf eigene Rechnung genommen hat. Man wird die engere Auslegung für richtig halten müssen, denn im Unterschied zum Immobiliarpfandrecht (§ 1127 BGB) ist das Surrogationsprinzip dem Mobiliarpfandrecht fremd (Schirmer ZVersWiss 1981 S. 646 N. 21). Auch greift hier nicht der Gesichtspunkt Platz, daß der Nichteigentümer im Innenverhältnis die Prämie trägt, eine Parallele zu § 1045 II BGB fehlt naturgemäß. Goldstein LZ 1907 Sp. 821 hatte vorgeschlagen, g e n e r e l l das Pfandrecht an vten Sachen auf die Forderung gegen den Ver zu erstrecken. Das geltende Recht gibt hierfür keine Stütze. Aber auch abgesehen von der Surrogation wohnt der V für fremde Rechnung eine Sicherungsfunktion zugunsten des Vmers inne. Gastwirt, Werkunternehmer, Kommissionär, Spediteur und Lagerhalter (außerhalb des Orderlagerscheingeschäfts), die das Gut ihrer Kunden vern, sind durch ihr Verfügungsrecht über die Vsforderung (§12 AFB) mittelbar hinsichtlich ihrer eigenen Ansprüche gegen den Kunden gesichert (anerkannt von RG 22. IX. 1916 LZ 1917 Sp. 207). Das gilt allerdings nicht insoweit, als V für fremde Rechnung vom G e s e t z vorgeschrieben ist wie beim Nießbraucher oder Pfandleiher. Doch haben auch diese einen Vorteil von der V. Für den Nießbraucher ergibt er sich aus dem schon erwähnten § 1046 BGB, für den Pfandleiher aus Klausel 145 Ziff. 1 letzter Satzteil. Zu C 52: Der zitierten Klauseln 145 entspricht die Klausel 1204.

[C 53] 7. Eigentümer schließt Fremdrechnungsversicherung Sofern das Substanzinteresse gedeckt ist, ist hier zunächst auf die Fälle gemäß Anm. C 25-26 hinzuweisen: Der Sicherungsgeber als Anwartschaftsberechtigter des Rückfalleigentums schließt eine V ab, die in Höhe des noch nicht zurückgezahlten Kredits als V für fremde Rechnung gilt und die damit das Verwertungsinteresse des Sicherungsnehmers deckt. Entsprechende Vereinbarung im Vsvertrag ist möglich, wenn statt der Sicherungsübereignung die Mobiliarverpfändung gewählt wird (das VerwerSieg/Johannsen

251

Anm. C 56

C . Charakteristik der Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherung

tungsinteresse des Grundpfandgläubigers ist durch § 1127 B G B automatisch in die Eigentumsv eingeschlossen). Theoretisch ist ferner denkbar, daß der Eigentümer das N u t z u n g s i n t e r e s s e des Pächters oder Nießbrauchers deckt. Das kommt jedoch praktisch so selten vor, daß die F B U B , die Z K B U 80 und die Bedingungen für die V gegen Mietverlust die Fremdrechnungsv überhaupt nicht erwähnen. Auch die V eigenen Interesses des Eigentümers für fremde Rechnung ist möglich, wenn auch selten: Der feuervte Sacheigentümer vereinbart mit seinem Ver, daß der Anspruch auf etwaige Entschädigungen einer Stiftung zustehen soll, vgl. Sieg § 74 Anm. 10. Interessemangel im Sinne des § 68 liegt in diesem Fall nicht vor. [C 54] 8. Exkurs: Schutz der Gläubiger durch Personenversicherung a) Immobiliarkredit Neben dem Schutz durch die Feuerv (§§ 1127-1130 B G B ) kann der Immobiliarkredit durch eine L e b en s ν gesichert werden. Das geschieht durch die sogenannte Hypothekentilgungsv. Hier werden die Rechte aus der V an den Hypothekar abgetreten. Bei Tod des Vmers oder bei Ablauf der V wird die Vssumme zur Tilgung der Hypothek verwendet, so daß der Schuldner entlastet wird: Hagelschuer, Vswirtschaftliches Studienwerk, 3. Aufl., Wiesbaden 1983, Heft 52 S. 23. [C 55] b) Mobiliarkredit Die Gläubiger, die durch eine b e w e g l i c h e Sache gesichert sind, können sich durch vertragliche Ausgestaltung die Feuerv zunutze machen (vgl. oben Anm. C 25-26 und Anm. C 53). Auch hier kann neben die Sachv die Lebensv treten. Der Hypothekentilgungsv entspricht etwa die Restschuldv, eine Unterart der Lebensv, genauer: der R i s i k o lebensv. Sie ist namentlich beim Teilzahlungskredit weit verbreitet. Vmer = Gefahrsperson ist meist der Schuldner. Ein E i n mal beitrag ist kennzeichnend für diese Vsart. Die Aufsichtsbehörde verlangt, daß sie mit fallender Vssumme abgeschlossen wird. Das Risiko der Berufsunfähigkeit kann durch eine Zusatzv, das Risiko vorübergehender Arbeitsunfähigkeit durch eine Krankentagegeldv (bei einem Kranken ver) abgesichert werden (Moser, Vswirtschaftliches Studienwerk, 3. Aufl., Wiesbaden 1983, Heft 50 S. 55). Begünstigt ist der Gläubiger, der Vorteil für den Schuldner stellt sich als Reflexwirkung ein. O L G Stuttgart 24. IV. 1979 N J W 1979 S. 2409 = J Z 1979 S. 687 = B B 1979 S. 1168 spricht von g e t e i 11 e η Interessen. Restschuldven mit gleichbleibender Vssumme sind nur gestattet bei Festdarlehen und Überziehungskrediten ohne planmäßige laufende Tilgung: Verlautbarungen des BAV VerBAV 1979 S. 167 (vgl. zu alledem Rittner D B Beilage Nr. 16/1980 S. 2 ff.; Hagelschuer, Vswirtschaftliches Studienwerk a.a.O. Heft 52 S. 36; Reimer Schmidt, Vsalphabet, 6. Aufl., Karlsruhe 1982, Stichwort „Restschuldv"). Sofern ein Gläubiger bei Tod oder Arbeitsunfähigkeit des Schuldners gegen Entgelt auf weitere Tilgungsraten verzichtet, sollen nach BVerwG 15. VII. 1980, VerBAV 1980 S. 252 = VersR 1980 S. 1103 mit kritischer Anmerkung Kaulbach V s g e s c h ä f t e vorliegen. (Bedenklich, vgl. Sieg ZVersWiss 1969 S. 502). [C 56] Zu a) und b) Natürlich können die zugrunde liegenden Forderungen auch durch eine K r e d i t v gesichert werden, sei es, daß der Schuldner sie nimmt (Kautionsv), sei es, daß der Gläubiger sie nimmt (Delcrederev). Falsch ist es aber, die Restschuldv als Kreditv zu 252

Sieg/Johannsen

Anm. C 56

IV. Versichertes Interesse

bezeichnen wie O L G Karlsruhe 25. III. 1973 NJW 1973 S. 2067, dagegen zutreffend Scholz BB 1974 S. 1605 N . 1. Mir kam es darauf an zu zeigen, daß neuerdings auch die L e b e n s v in diese Aufgabe eingespannt wird, womit sie zur S c h a d e n s v tendiert (die Aufsichtsbehörde verlangt [VerBAV 1980 S. 230], daß bei Aufstockungskrediten die Vssumme so gewählt wird, daß die schon erfolgte Tilgung des ursprünglichen Kredits berücksichtigt wird). Das kam auch deutlich auf dem 6. Weltkongreß für Vsrecht der AIDA 1982 zum Ausdruck, vgl. den Bericht K.S. SGb 1982 S. 325.

Sieg/Johannsen

253

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages Gliederung: I. VspflichtD 1-19 1. Überblick D l 2. Vspflicht kraft Ermessens D 2-3 a) Fälle D 2 b) Diligentia quam in suis D 3 3. Annahmepflicht D 4 4. Vspflicht auf Grund Gesetzes im formellen Sinn D 5-9 a) Bundesrecht D 5-8 aa) Nutzungsverhältnisse D 5 bb) Pfandleiher D 6 cc) Geschäftsbesorger D 7 dd) Teileigentümer auf Grund WohnungseigentumsG D 8 b) Landesrecht D 9 5. Vspflicht auf Grund Gesetzes im materiellen Sinn D I O 6. Vspflicht auf Grund gerichtlichen Verlangens D 11-12 a) Streitige Gerichtsbarkeit D i l b) Freiwillige Gerichtsbarkeit D 12 7. Erfüllung der Vspflicht D 13 8. Vspflicht im Interesse des Vers D 14-17 a) Waldbrandv D 14, 16 b) V von Ernte und Vieh D 15-16 c) Verpflichtungserklärung des Vmers D 17 9. Erzwingung der Vspflicht D 18-19 II. Vertragsschluß D 20-45 1. Überblick D 20 2. Antrag D 21-34 a) Schriftform D 21-24 aa) Grundlagen D 21-22 bb) Verletzung der Schriftform: Willenserklärung D 23 cc) Verletzung der Schriftform: Wissenserklärungen D 24 b) Wissenserklärungen im übrigen D 25-29 aa) Gesetzesrecht, Bundesrecht D 25

bb) Gesetzesrecht, Landesrecht D 26 cc) Anerkenntnisklausel D 27 dd) Sonstige Klauseln D 28 ee) Europarecht D 29 c) Datenschutzermächtigungsklausel D 30-33 aa) Juristische Einordnung D 30 bb) Vertretung, Widerruf, Auskunft D 31-32 cc) Offentlichrechtliche Anstalten D 33 d) Sonderfall: Antrag des Vers D 34 3. Annahme D 35-44 a) Form D 35 b) Frist D 3 6 ^ 0 aa) Geltungsbereich von § 81 I S . 1 D 36 bb) Beginn D 37 cc) Ende D 38 dd) Beeinflussung durch Datenschutz D 39 ee) Abweichende Bestimmung D 40 c) Wirkungen D 41-42 aa) Formeller und technischer Vsbeginn D 41 bb) Materieller Vsbeginn D 42 d) Sonderfall: Annahme durch Vmer D 43-44 4. Überschneidung der vorvertraglichen Anzeigepflicht mit der Gefahrstandspflicht D 45 III. Verbriefung D 46-52 1. Bundesrecht D 46-48 a) Rechtsgrundlagen D 46—47 b) Inhalt D 48 2. Landesrecht D 49 3. Beweiswert D 50 4. Nebenpapiere D 51 5. Europarecht D 52

Sieg/Johannsen

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Anm. D 3

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

I. Versicherungspflicht [D 1] 1. Überblick In der Feuerv spielt die Vspflicht eine erhebliche Rolle, weil das Feuer als Elementargefahr am nachdrücklichsten die Notwendigkeit einer Deckung ins Bewußtsein ruft, die Sicherung gegen Feuersgefahr in weiten Bereichen geradezu als selbstverständlich gilt. Natürlich kann eine Vspflicht ausdrücklich in einem Vertrage übernommen werden. Das bedarf keiner näheren Darlegung. Im übrigen kann die Vspflicht beruhen auf Gesetzen im formellen Sinn (unten Anm. D 5-9), auf Gesetzen im materiellen Sinn (unten Anm. D 10), auf gerichtlichem Verlangen (unten Anm. D 11-12). Schließlich gibt es auch eine Vspflicht im Interesse des Vers (unten Anm. D 14-17). Vspflichten kommen im Rahmen unseres Themas fast nur für die Feuerv, nicht für die Betriebsunterbrechungsv in Betracht, anders lediglich in den Fällen unten Anm. D 2-3. [D 2] 2. Versicherungspflicht kraft Ermessens a) Fälle Eine nicht ausdrücklich ausgesprochene Vspflicht kann sich auf Grund einer Vermögensverwaltung für andere ergeben. Hier liegt es im Ermessen des Verwalters, ob er solche V eingeht. Wird das Ermessen unvertretbar fehlsam ausgeübt, d.h. wird die Vsnahme unterlassen, obwohl sie geboten war, kann eine Schadenersatzpflicht entstehen. Die Unterlassung einer Feuerv gereicht sicherlich eher zum Vorwurf als die Unterlassung der Betriebsunterbrechungsv. Das Gesagte gilt für Testamentsvollstrecker, Konkursverwalter, NachlaßVerwalter, Organmitglieder juristischer Personen, geschäftsführende Gesellschafter, den vorläufigen Erben, den Vorerben, den Dauerentleiher wertvoller Sachen (Dörstling ZVersWiss 1913 S. 819; Raiser § 13 Rdnr. 10), den geschäftsführenden Gemeinschafter, den Verwalter des Gesamtguts nach § 1421 B G B , den überlebenden Ehegatten der fortgesetzten Gütergemeinschaft nach § 1487 B G B , den geschäftsführenden Miterben, den verwaltenden Angestellten, den Hausverwalter, die Eltern, die nichteheliche Mutter, den Erben bis zur Eröffnung des Nachlaßkonkurses oder der Nachlaß Verwaltung (§ 1978 B G B ) , den Geschäftsführer im Falle der Geschäftsführung ohne Auftrag (Dörstling ZVersWiss 1913 S. 828). § 9 II, III V O über die Geschäftsführung und Vergütung des Zwangsverwalters vom 16. II. 1970 (BGBl I S. 185) verpflichtet den Zwangsverwalter zur V gegen Brandschäden, soweit diese geboten erscheint; hierzu vgl. auch unten Anm. D i l . [D 3] b) Diligentia quam in suis Manche der unter Anm. D 2 genannten Vermögensverwalter haften nur für die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten: Gesellschafter (§ 708 B G B ) , Ehegatten (§ 1359 BGB), Eltern (§ 1664 BGB), nichteheliche Mutter (§ 1705 BGB), Vorerbe ( § 2 1 3 1 BGB). Wenngleich auch Kritik an dieser Kategorie des Vertretenmüssens geübt wird, so ist sie doch geltenden Rechts (und nur für das Verhalten im V e r k e h r aufgelockert), so daß dieser Maßstab auch bei der Frage anzuwenden ist, ob die betreffenden Personen die Unterlassung der Feuerv oder der Betriebsunterbrechungsv zu vertreten haben. Wegen der größeren Popularität der Feuerv ist das hinsichtlich ersterer eher zu bejahen als hinsichtlich letzterer.

256

Sieg/Johannsen

Anm. D 6

I. Versicherungspflicht

Zu D 3: § 1705 B G B ist aufgehoben durch KindRG vom 16. XII. 1997 (BGBl. I S . 2942). Für alle Eltern gilt jetzt § 1664 B G B . [ D 4 ] 3. Annahmepflicht Eine Annahmepflicht trifft die öffentlichrechtlichen Monopolanstalten (unten Anm. D 9), ausnahmsweise auch den sonstigen Ver, namentlich nach § 105. Auffällig ist, daß diese Annahmepflicht im Falle des § 102 I 2 nicht an die Antragstellung innerhalb bestimmter Frist geknüpft ist. Daraus darf jedoch entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 105 nicht geschlossen werden, daß eine Annahmepflicht im Falle des § 102 I 2 nicht besteht (ebenso Rainer Schmidt, Die rechtliche Stellung des Realgläubigers gegenüber dem Ver nach den §§ 1127-1130 B G B und den §§ 97-107c W G , Diss. Bielefeld 1982, S. 224 gegen die dort Anm. 1 Genannten). Vielmehr kann eine teleologische Reduktion der Unbegrenztheit der Antragsfrist in dem Sinne vorgenommen werden, daß diese entsprechend § 103 auf 3 Monate begrenzt wird. Allgemein wird angenommen, daß der Ver unter den Voraussetzungen des § 242 B G B den Antrag ablehnen könne (Rainer Schmidt a.a.O. S. 223 und die dort N . 1 Genannten). Das ist wenig konkret. Am vernünftigsten ist es, sich an § 5 IV PflichtVersG zu orientieren, wie es auch sinnvoll erscheint, § 5 III PflichtVersG entsprechend anzuwenden: Die zweiwöchige Ablehnungsfrist korrespondiert mit der Zweiwochenfrist des § 811, allerdings mit der Maßgabe, daß der Vmer im Falle des § 105, sofern der Vertrag unter Abwesenden zustande kommen soll, erst einige Tage später als im Falle des § 81 Klarheit über seinen Antrag hat. Das liegt daran, daß es nach letzterem auf die Absendung des A n t r a g e s ankommt, nach der Analogie zu § 5 III PflichtVersG auf die Absendung der A b l e h n u n g . Zu D 4: Öffentlich-rechtliche Monopolanstalten gibt es nicht mehr, vgl. die Anmerkung zu Β 1 und 2. Zur Annahmepflicht nach § 105 vgl. auch J 77. [D 5] 4. Versicherungspflicht auf G r u n d Gesetzes im formellen Sinn a) Bundesrecht aa) Nutzungsverhältnisse Eine Vspflicht besteht nach § 1045 B G B für den Nießbraucher. Beim Dauernutzungsrecht besteht die Obliegenheit, eine Vereinbarung über die Vspflicht zu treffen, denn wo solche Vereinbarung fehlt, soll das Grundbuchamt die Eintragung verweigern: §§ 32 III, 33 IV Ziff. 4, 31 III W E G . Keine Vspflicht in dieser Richtung besteht bei der Pacht, bei der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit. Im Unterschied zu §§ 115,151 wird in § 1045 B G B nicht auf Pacht oder ähnliche Verhältnisse hingewiesen. Auch mit dem Erbbaurecht ist keine Vspflicht verbunden, vgl. § 2 Ziff. 2 ErbbaurechtsVO. [D 6] bb) Pfandleiher Nach § 8 V O über den Geschäftsbetrieb der gewerblichen Pfandleiher vom 1. VI. 1976 hat der Pfandleiher Feuerv für die in seinem Besitz befindlichen Sachen zu nehmen, vgl. oben Anm. C 47-48. Sieg/Johannsen

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Anm. D 8

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

[D 7] cc) Geschäftsbesorger Kommissionär, Spediteur, Lagerhalter sind verpflichtet, eine Feuerv abzuschließen, wenn der Kunde es verlangt: §§ 390 II, 407 II, 417 I HGB. Vgl. oben Anm. C 44. Zu D 7: Durch das G zur Neuregelung des Fracht-, Speditions- und LagerrechtsTransportreformG vom 25. VI. 1998 (BGBl. I S. 1588) sind die Vorschriften geändert worden. Die Verpflichtung zum Abschluß einer V regeln jetzt §§ 390 II, 454 II und 472 H G B n. F. [D 8] dd) Teileigentümer auf Grund WohnungseigentumsG Das W E G unterscheidet zwischen Wohnungseigentum und Teileigentum und läßt für letzteres die Regeln über das Wohnungseigentum maßgebend sein: § 1 V WEG. Beide Arten des Raumeigentums (die Verwendung dieses Ausdrucks befürwortet Diester Rechtspfleger 1960 S. 111) unterscheiden sich in der Nutzung des Sondereigentums: Soweit es Wohnzwecken dient, wird es vsmäßig durch die VGB erfaßt, die nicht Gegenstand dieses Kommentars sind (vgl. oben Anm. A l ) . Hier interessiert also nur das Teileigentum, das anderen als Wohnzwecken dient. Nach § 21 V Ziff. 3 W E G gehört die Feuerv des gemeinschaftlichen Eigentums zur ordnungsmäßigen Verwaltung. Das bedeutet: Die Feuerv für das gemeinschaftliche Eigentum kann mit Stimmenmehrheit bei Bindung der Uberstimmten beschlossen werden: § 21 III WEG. Der einzelne Teileigentümer kann beim Amtsgericht als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Anordnung der Eingehung der Feuerv als gemeinschaftliche begehren: § 43 I Ziff. 1 WEG. Damit ist aber nichts über die Feuerv des S o n d e r e i g e n t u m s ausgesagt. Praktikable Ergebnisse werden erzielt, wenn das Sondereigentum aller Teileigentümer in die gemeinschaftliche Verwaltung einbezogen wird. Vereinbarungen dieser Art können verdinglicht werden, indem sie auf jedem Grundbuchblatt vermerkt werden, so daß auch die Rechtsnachfolger der Teileigentümer gebunden sind (§ 5 IV, § 10 II WEG). Wenn solche Vereinbarung getroffen worden ist, ist der Weg frei für die Anwendung der Klausel 8.07 (VerBAV 1970 S. 22). Sie setzt nämlich voraus, daß die Teileigentümer den Beschluß gefaßt haben, das gemeinschaftliche Eigentum und alles Sondereigentum in einem einheitlichen Vertrage zu decken (vgl. oben Anm. Β 3 und Ausborn, Wohnungseigentum und privatrechtliche Gebäudev, Karlsruhe 1964, S. 4, 33-35). Die Nützlichkeit der Verbindung der Feuerv des gemeinschaftlichen Eigentums mit der Feuerv aller Sondereigentümer bestätigt KG 8. II. 1984 MDR 1984 S. 584 = VersR 1984 S. 971 (Leitsatz). Das K G vertritt die Auffassung, daß im Falle solcher Verbindung die Abwicklung eines Brandschadens, auch soweit Sondereigentum betroffen ist, eine Gemeinschaftsangelegenheit sei. Das ist aber nur zutreffend, wenn die Beschädigung Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum in Gemengelage ergreift (Ausborn, Wohnungseigentum und privatrechtliche Gebäudev, Karlsruhe 1964 S. 52-54); so lag es offensichtlich im KG-Falle. Zu D 8: Vgl. hierzu J 130-132.

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Sieg/Johannsen

Anm.D 11

I. Versicherungspflicht

[D9]

b) Landesrecht

Kraft Landesrechts kann eine Gebäudefeuerv auf Grund Gesetzes entstehen (dann kann man nicht von Vspflicht reden) oder muß auf Grund gesetzlichen Zwanges genommen werden. Der Zwang geht einher mit Monopol; Zwang ohne Monopol kommt praktisch nicht vor, wohl aber Monopol ohne Zwang, nämlich bei der Bayerischen Landesbrandvsanstalt. - Die bisher besprochenen Fälle gehören zum Geltungsbereich des § 192 I. Das Monopol ist notwendigerweise mit Annahmezwang verbunden; aber auch Annahmezwang ohne Monopol kommt vor, so etwa bei den Anstalten, die nach dem Preußischen Sozietätengesetz leben (§ 9). Der Annahmezwang bezieht sich aber nur auf die Gebäudefeuerv. Soweit hinsichtlich letzterer ein Vszwang besteht, ist der Umfang unterschiedlich. Das Landesrecht entscheidet ζ. B. darüber, inwieweit Bestandteile und Zubehör, Aufräumungs-, Abbruch-, Feuerlöschkosten oder Bewegungs- und Schutzkosten gedeckt werden müssen. Annex Nur eine O b l i e g e n h e i t zur Vsnahme besteht dort, wo Landesbehörden dem vom Waldbrand betroffenen Eigentümer eine Entschädigung zusagen für den Fall, daß er eine entsprechende (wenn auch nicht ausreichende) V genommen hat: VW 1975 S. 1068. Zu D 9: Nach Abschaffung der Vsmonopole sowie des § 192 (siehe Anmerkung zu Β 1 und 2) haben diese Ausführungen nur noch historische Bedeutung. [D 10] 5. Versicherungspflicht auf Grund Gesetzes im materiellen Sinn Der Arbeitgeber mag verpflichtet sein, für die feuersichere Aufbewahrung der Arbeitnehmerhabe an der Betriebsstätte zu sorgen, eine V s p f l i c h t trifft ihn deshalb nicht (Sieg § 77 Anm. 5; derselbe VersR 1955 S. 329-333). Sie kann aber in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag vorgesehen sein. Der Vspflicht genügt der Arbeitgeber in diesem Fall, wenn er das Arbeitnehmereigentum durch Klausel 20 industrielle Feuerv, § 5 ZFgA 81a, Klausel 144 nichtindustrielle Feuerv deckt. Der übliche Antrag für die Industrie-Feuerv erfaßt das Eigentum der Betriebsangehörigen durch Position 7. Vgl. im übrigen oben Anm. C 46,49, 50. [Dil]

6. Versicherungspflicht auf Grund gerichtlichen Verlangens a) Streitige Gerichtsbarkeit

Das Gericht kann entweder als Prozeßgericht oder als Vollstreckungsgericht den Abschluß einer Feuerv verlangen. Grundlage für das Prozeßgericht bildet § 1134 II BGB (Jauernig, BGB mit Erläuterungen, 3. Aufl., München 1984 § 1134 Anm. 3b; RG 15. X. 1902 RGZ Bd 52 S. 295-297; Möller § 1 Anm. 61). M. E. ist ein bestimmter dahin zielender Antrag des Realgläubigers nötig, „das Gericht möge die notwendigen Maßnahmen anordnen", genügt nicht, § 253 II Ziff. 2 ZPO. Für das Vollstreckungsgericht bilden die §§ 25, 153 ZVG die Grundlage, den Abschluß einer Feuerv zu verlangen. Der gerichtliche Verwalter nach § 1054 BGB hat die Verwaltung so zu führen wie der Nießbraucher, er hat also nach § 1045 BGB V für fremde Rechnung (des Eigentümers) zu nehmen und zwar in Vertretung für den Nießbraucher als den Vmer. Sieg/Johannsen

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Anm. D 14

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

[ D 12] b) Freiwillige Gerichtsbarkeit Zur Befugnis des Amtsgerichts im Falle von Teileigentum s. oben Anm. D 8. Im Rahmen seiner Aufsicht über Vormund und Pfleger kann das Vormundschaftsgericht, im Rahmen seiner Aufsicht über Nachlaßpfleger kann das Nachlaßgericht von dem gesetzlichen Vertreter die Eingehung einer Feuerv für die betreuten Sachen verlangen. N a c h § 1667 B G B kann das Vormundschaftsgericht sogar gegen die E l t e r n eine Anordnung in diesem Sinne erlassen. Wie Vormund und Pfleger nach §§ 1837, 1915 B G B der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts unterliegen, so der Konkursverwalter nach § 83 K O der Aufsicht des Konkursgerichts (die hier begrifflich zur f r e i w i l l i g e n Gerichtsbarkeit gehört: Jaeger, Lehrbuch des Deutschen Konkursrechts, 8. Aufl., Berlin und Leipzig 1932, S. 167). Jedoch bleiben die Machtbefugnisse, die dem Konkursgericht gegenüber dem Konkursverwalter eingeräumt sind, weit zurück hinter der obervormundschaftlichen Gewalt des Vormundschaftsgerichts gegenüber Vormund und Pfleger, bindende Anweisungen kann das Konkursgericht nicht erteilen (Jaeger a.a.O. S. 82-83). Deshalb kann der Konkursverwalter nicht angewiesen werden, z. B. eine Feuer- oder Betriebsunterbrechungsv einzugehen. Zu D 12: N a c h § 1667 B G B ist an die Stelle des Vormundschaftsgerichts das Familiengericht getreten. N a c h der InsolvenzO vom 5 . X . 1994 (BGBl. I S. 2866) ist an die Stelle des Konkursverwalters der Insolvenzverwalter getreten. Er untersteht nach § 58 I n s O der Aufsicht des Insolvenzgerichts. [ D 13] 7. E r f ü l l u n g der Versicherungspflicht Durch V im eigenen Namen für eigene Rechnung wird der landesrechtlichen Vspflicht in der Regel genügt. Hierher gehören ferner die Fälle der §§ 1134 B G B , 25 Z V G , sowie des W E G , sofern die Teileigentümer selbst abschließen (Ausborn, Wohnungseigentum und privatrechtliche Gebäudev, Karlsruhe 1964, S. 24-25; vgl. auch oben Anm. Β 3-4). Schließt der Verwalter ab, nimmt er in Vertretung V für eigene Rechnung. Im eigenen Namen für fremde Rechnung schließen ab der Arbeitgeber, die verschiedenen Geschäftsbesorger, der Pfandleiher, der Nießbraucher, meist auch der Dauernutzungsberechtigte. Sämtliche vom Vollstreckungsgericht oder vom Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit beaufsichtigte Personen schließen ab in Vertretung, aber für eigene Rechnung (Ausnahme: Fall des § 1054 B G B , vgl. oben Anm. D 11). Es ist also streng zu trennen zwischen Vsnahme in Vertretung und Vsnahme für fremde Rechnung (Sieg § 74 Anm. 4; Dörstling ZVersWiss 1913 S. 611). [ D 14]

8. Versicherungspflicht im Interesse des Versicherers a) Waldbrandversicherung

Nach § 2 I AWaB ist der Vmer verpflichtet, seine sämtlichen in ein und derselben Gemarkung gelegenen bis zu 40 Jahren alten Waldbestände bei demselben Ver zu vern. K o m m t er dieser Verpflichtung nicht nach, sind nur diejenigen Bestände vert, die auf dem im Antrag bezeichneten Flurstück stehen, es liegt nicht etwa Unterv hinsichtlich des g e s a m t e n Waldbestandes, also einschließlich des nicht angemeldeten Teils vor. Wird die Nichterfüllung dieser Vspflicht bemerkt, bevor die nichtvten Bestände von 260

Sieg/Johannsen

Anm. D 17

I. Versicherungspflicht

einem Schadenfall betroffen sind, hat der Ver den Anspruch auf die betreffende Prämie. Es handelt sich um einen Erfiillungs-, nicht um einen Schadenersatzanspruch, so daß es auf Verschulden des Vmers nicht ankommt (vgl. unten Anm. D 15). Streng genommen müßte der Ver zunächst auf Vervollständigung des A n t r a g s drängen, aber nach heute herrschender Ansicht kann aus einem Vorvertrage (als solcher stellt sich der im Sinne der AWaB unvollständige Vertrag dar) unmittelbar auf Leistung aus dem Hauptvertrag geklagt werden, innerhalb dessen die Pflicht zur Antragstellung als Vorfrage zu unterscheiden ist (Koutroumbouissis, Vertragliche Verpflichtung zum Vertragsschluß nach deutschem und griechischem Recht, Diss. Berlin 1971, S. 251). Etwas zurückhaltender nehmen Jauernig, B G B mit Erläuterungen, 3. Aufl., München 1984, vor § 145 Anm. 3 c aa und Köhler, B G B Allgemeiner Teil, 18. Aufl., München 1984, § 15 VI 1 (S. 163) an, daß die Klage auf Antragstellung mit der Klage auf die Hauptleistung verbunden werden könne. [D 15] b) Versicherung von Ernte und Vieh Nach § 3 I 2 Zusatzbedingungen für die Feuerv landwirtschaftlicher Betriebe ist der Vmer verpflichtet, seinen gesamten Viehbestand zur V anzumelden. Entsprechendes gilt nach § 4 II dieser Zusatzbedingungen: Die gesamten Erntevorräte dieser Art sind anzumelden. Die Unterlassung dieser Pflicht hat andere Konsequenzen als im Falle Anm. D 14, weil hier nicht gesondert werden kann zwischen vten und unvten Teilen (wo das doch möglich ist, wie bei der Ernte in Schobern, gilt hier dasselbe wie im Falle oben Anm. D 14, K G 16. V. 1936 J R P V 1936 S. 330). Vert ist der gesamte Viehbestand, die gesamte Ernte. Hat der Vmer zu wenig deklariert, liegt im Schadenfall Unterv vor: Boldt „Ernte" S. 58; K G 8. VIII. 1936 JRPV 1937 S. 44; Rero N Z 1935 S. 899; ähnlich Freygang VW 1966 S. 1108. Abweichend Jessen D Ö V 1935 S. 4. Möller § 56 Anm. 33 lehnt Unterv für die Ernteerzeugnissev ab, bejaht sie Anm. 34 für die Viehv. Wird die unzureichende Deklaration v o r dem Schadenfall entdeckt, hat der Ver einen Erfüllungsanspruch auf die Restprämie (nicht: Schadenersatzanspruch, wie Döring N Z 1936 S. 76 meint). Wie hier in diesem Punkt: Jessen D Ö V 1935 S. 4; Boldt „Ernte" S. 58; Möller § 56 Anm. 33, vgl. oben Anm. D 14. Bei der Unterv wird abgestellt auf den Zeitpunkt des Vsfalles. Man hat gemeint, bei abnehmenden Erntevorräten zwischen Antragstellung und Vsfall könne die Unterv langsam abgebaut werden bis auf Null. Das ist deshalb unzutreffend, weil die Erntev mit einem gleichbleibenden Vswert während des ganzen Vsjahres arbeitet (§ 4 II Zusatzbedingungen für die Feuerv landwirtschaftlicher Betriebe). Damit entfallen die Bedenken von Rero N Z 1935 S. 945 und Döring N Z 1936 S. 76-77 gegen die Annahme von Unterv. Diese greift übrigens auch bei der Stichtagsv ein, sofern der Vmer per Stichtag zu niedrige Werte angegeben hatte: Möller § 56 Anm. 18. [D 16] Zu a) und b) Unberührt von den aufgezeigten Rechtsbehelfen des Vers bleibt ihm bei unzureichender Antragstellung das Recht auf Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder Irrtums, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. [D 17] c) Verpflichtungserklärung des Versicherungsnehmers Nach einer vom Aufsichtsamt geforderten Geschäftsplanmäßigen Erklärung ist es dem Außendienst verboten, den Vsinteressenten zur Antragstellung zu veranlassen, wenn sein anderweitiger Vertrag noch länger als ein Jahr läuft. Das Verbot kann nicht Sieg/Johannsen

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Anm. D 19

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

dadurch umgangen werden, daß sich der Vertreter eine Verpflichtungserklärung geben läßt, die anderweitige V zu gegebener Zeit zu übertragen. Da aus solchen Geschäftsplanmäßigen Erklärungen dem Vmer Rechtsansprüche zuwachsen (vgl. Anm. A 21 m. w. Ν.), sind derartige Verpflichtungserklärungen wirkungslos (in diesem Sinne auch Handbuch der Allgemeinen Sachv, herausgegeben vom Verband der Sachver, Karlsruhe 1979, S. 153). Zu D 17: Zu Geschäftsplanmäßigen Erklärungen siehe Anmerkung zu A 21.

[D 18] 9. Erzwingung der Versicherungspflicht Eine Erzwingung der Vspflicht kommt naturgemäß nur dort in Betracht, wo diese Pflicht ausdrücklich ausgesprochen ist, also nicht in den Fällen oben Anm. D 2-3. Die Erfüllung der Vspflicht kann relativ leicht erzwungen werden, wo sie von einer Behörde (zu solcher zähle ich auch die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit) oder vom Vollstreckungsgericht angeordnet wurde. Maßnahmen gegen den Eigentümer nach § 25 ZVG, gegen den Zwangsverwalter nach § 153 ZVG kann das Vollstrekkungsgericht durch Zwangsgeld (vgl. Zeller, ZVG, 11. Aufl., München 1983, § 25 Anm. 3 (2), Anm. 3 (3); Steiner-Riedel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Bd II, 8. Aufl., Berlin 1975, § 25 Anm. 2) Nachdruck verleihen. Das Vormundschaftsund das Nachlaßgericht können ebenfalls ihre Anordnungen durch Verhängung von Zwangsgeld durchsetzen. Beim Pfandleiher kann die Verleihung der Konzession von der Erfüllung der Vspflicht abhängig gemacht werden (§ 34 I GewO), auch kann gegen ihn ein Bußgeld verhängt werden (§ 12 a Ziff. 5 V O vom 1. VI. 1976). Auch das Landesrecht pflegt die Antragspflicht durch die Androhung von Geldbußen zu sichern; Beispiele: § 22 Satzung der Ostfriesischen Landschaftlichen Brandkasse (Schmidt-Boeck S. 470); § 4 IV G über die Feuersozietät Berlin (Schmidt-Boeck S. 161). [D 19] Sollte wirklich ein Ver seiner Annahmepflicht nach § 105 nicht nachkommen, so könnte die Aufsichtsbehörde nach § 81 II 1 VAG mittelbar dem Antragsteller zu Hilfe kommen. Zivilrechtlich könnte dieser auf Abschluß eines Vsvertrages klagen, jedoch dürfte dieser Weg aus zeitlichen Gründen unpraktisch sein. Wirkungsvoller ist der Schadenersatzanspruch nach § 823 II BGB in Verbindung mit § 105, Wussow § 105 Anm. 1. In den Fällen des § 1134 BGB und des WEG (§ 43 I Ziff. 1 und 2) kann das Gericht die Eingehung des Feuervsvertrages a n o r d n e n , aber es gibt trotz § 45 III WEG keine Zwangsmittel der Durchsetzung. Eine Vollstreckung kommt weder nach § 888 noch nach § 894 Z P O in Betracht. Dem Berechtigten bleibt lediglich ein Schadenersatzanspruch (§ 893 ZPO): Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 43. Aufl., München 1985, § 893 Anm. 1; O L G Bamberg 2. II. 1983 VersR 1983 S. 990 (Leitsatz) = MDR 1983 S. 499. Das gilt auch in den übrigen Fällen einer privatrechtlichen Vspflicht, wo zwar ein Titel auf Erfüllung der Vspflicht erstritten werden kann, dieser aber nicht vollstreckbar ist. Aus diesen Gründen ist es demjenigen, in dessen Interesse die V abgeschlossen wird, in geeigneten Fällen zu empfehlen, den zugrunde liegenden Vertrag erst abzuschließen, wenn ihm das Bestehen eines Vsvertrages vom Verpflichteten nachgewiesen wurde.

262

Sieg/Johannsen

II. Vertragsschluß

Anm. D 20

II. Vertragsschluß [D 20] 1. Überblick Der Vertragsschluß kann hier nur insoweit behandelt werden, als entweder Gesetze bzw. AVB Sonderbestimmungen über die Feuer- und Betriebsunterbrechungsv enthalten oder eine bedeutende allgemeine oder technische Entwicklung zu beobachten ist, die auf die Feuer- und Betriebsunterbrechungsv durchschlägt. Schließlich gilt es, sich mit den Reformbestrebungen auf EG-Ebene vertraut zu machen. Wie jeder Vertrag kommt auch der Vsvertrag durch Antrag (unten Anm. D 21-34) und Annahme (unten Anm. D 35—44) zustande. §§ 29 a und 41a zeigen, daß sich zwischen Antragstellung und Antragsannahme Regeln über das v o r v e r t r a g l i c h e Stadium mit denen über die v e r t r a g l i c h e Gefahrlage überschneiden können (unten Anm. D 45). Der Antrag ist dreispurig. Er enthält eine Willenserklärung, Wissenserklärungen und die Ermächtigung auf Grund des DatenschutzG. Annahmefähig ist lediglich der Antrag als Willenserklärung. Nimmt der Ver den Antrag an, so hat er damit die vom Formular umfaßten Wissenserklärungen und gegebenenfalls die ihm erteilte Ermächtigung zur Kenntnis genommen. Zu D 20:

1. Überblick

Für den Abschluß des Vsvertrages sind wesentliche Gesetzesänderungen durch das 3. DurchführungsG/EWG zum V A G vom 21. VII. 1994 B G B l I S. 1630, durch das die 3. Schadensrichtlinie der E G umgesetzt worden ist, erfolgt. Durch § 10a VAG ist die V e r b r a u c h e r i n f o r m a t i o n eingeführt worden, mit der die Vsunternehmen den Vmer, wenn er natürliche Person ist, vor Abschluß und während der Laufzeit des Vertrages über die für das Vsverhältnis maßgeblichen Tatsachen und Rechte zu unterrichten haben, deren Einzelheiten in der Anlage D aufgeführt sind. In das W G ist mit Wirkung für nach dem 31. XII. 1994 abgeschlossene Verträge § 5 a eingefügt worden, der den Fall regelt, daß der Ver dem Vmer bei Antragstellung die AVB nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation unterlassen hat. Die Vorschriften lauten wie folgt: § 10 a V A G (1) Die Versicherungsunternehmen haben zu gewährleisten, daß der Versicherungsnehmer, wenn er eine natürliche Person ist, in einer Verbraucherinformation über die für das Versicherungsverhältnis maßgeblichen Tatsachen und Rechte vor Abschluß und während der Laufzeit des Vertrages nach Maßgabe der Anlage Teil D unterrichtet wird. Bei den in Artikel 10 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zu dem Gesetz über den Versicherungsvertrag genannten Großrisiken genügt die Angabe des anwendbaren Rechts und der zuständigen Aufsichtsbehörde. (2) Die Verbraucherinformation hat schriftlich zu erfolgen. Sie muß eindeutig formuliert, übersichtlich gegliedert und verständlich in deutscher Sprache oder der Muttersprache des Versicherungsnehmers abgefaßt sein. (3) Antragsvordrucke dürfen nur so viele Anträge auf Abschluß rechtlich selbständiger Versicherungsverträge enthalten, daß die Übersichtlichkeit, Lesbarkeit und Verständlichkeit nicht beeinträchtigt werden. Der Antragsteller ist schriftlich und unter besonderer Hervorhebung auf die rechtliche SelbständigSieg/Johannsen

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Anm. D 20

D . Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

keit der beantragten Verträge einschließlich der f ü r sie vorgesehenen Versicherungsbedingungen sowie auf die jeweils geltenden Antragsbindungsfristen und Vertragslaufzeiten hinzuweisen. D. Verbraucherinformation Abschnitt I Vor Abschluß von Versicherungsverträgen nach § 10 a Abs. 1 vom Versicherungsunternehmen zu erteilende Verbraucherinformation 1. Für alle Versicherungssparten notwendige Verbraucherinformation a) Name, Anschrift, Rechtsform und Sitz des Versicherers und der etwaigen Niederlassung, über die der Vertrag abgeschlossen werden soll; b) die für das Versicherungsverhältnis geltenden allgemeinen Versicherungsbedingungen einschließlich der Tarifbestimmungen sowie die Angabe des auf den Vertrag anwendbaren Rechts; c) Angaben über Art, Umfang und Fälligkeit der Leistung des Versicherers, sofern keine allgemeinen Versicherungsbedingungen oder Tarifbestimmungen verwendet werden; d) Angaben zur Laufzeit des Versicherungsverhältnisses; e) Angaben über die Prämienhöhe, wobei die Prämien einzeln auszuweisen sind, wenn das Versicherungsverhältnis mehrere selbständige Versicherungsverträge umfassen soll, und über die Prämienzahlungsweise sowie Angaben über etwaige Nebengebühren und -kosten und Angabe des insgesamt zu zahlenden Betrages; f) Angaben über die Frist, während der der Antragsteller an den Antrag gebunden sein soll; g) Belehrung über das Recht zum Widerruf oder zum Rücktritt; h) die Anschrift der zuständigen Aufsichtsbehörde, an die sich der Versicherungsnehmer bei Beschwerden über den Versicherer wenden kann. 2. Bei Lebensversicherungen und Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr zusätzlich notwendige Verbraucherinformation ... Abschnitt II Während der Laufzeit eines Versicherungsvertrages nach § 10a Abs. 1 vom Versicherungsunternehmen zu erteilende Verbraucherinformation 1. Änderungen von Namen, Anschrift, Rechtsform und Sitz des Versicherers und der etwaigen Niederlassung, über die der Vertrag geschlossen worden ist; 2. Änderungen bei der nach Abschnitt I Nr. 1 Buchstabe c bis e und Nr. 2 Buchstabe a bis e erteilten Verbraucherinformation, sofern sie sich aus Änderungen von Rechtsvorschriften ergeben; 3. jährliche Mitteilung über den Stand der Uberschußbeteiligung in der Lebensversicherung und Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr. §5a W G (1) H a t der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10 a des Versicherungsaufsichtsgesetzes unterlassen, so gilt der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren f ü r den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 264

Sieg/Johannsen

Anm. D 20

II. Vertragsschluß

vierzehn Tagen nach Überlassung der Unterlagen schriftlich widerspricht. Satz 1 ist nicht auf Versicherungsverträge bei Pensionskassen anzuwenden, die auf arbeitsvertraglichen Regelungen beruhen. § 5 bleibt unberührt. (2) Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Der Nachweis über den Zugang der Unterlagen obliegt dem Versicherer. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs. Abweichend von Satz 1 erlischt das Recht zum Widerspruch jedoch ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie. (3) Gewährt der Versicherer auf besonderen Antrag des Versicherungsnehmers sofortigen Versicherungsschutz, so kann der Verzicht auf Überlassung der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation bei Vertragsschluß vereinbart werden. Die Unterlagen sind dem Versicherungsnehmer auf Anforderung, spätestens mit dem Versicherungsschein zu überlassen. Wenn der Versicherungsvertrag sofortigen Versicherungsschutz gewährt, hat der Versicherungsnehmer insoweit kein Widerspruchsrecht nach Absatz 1. Durch das G. zur Anpassung der Vorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. VII. 2001 (BGBl I S. 1542) ist § 5a I 1 dahin geändert worden, daß das Wort schriftlich „durch die Wörter in Textform" ersetzt worden ist. Zu den neuen Vorschriften ist eine Fülle von Veröffentlichungen erschienen, in denen ihre dogmatische Einordnung und Auslegung sowie die Vereinbarkeit von § 5a mit dem GG und dem europäischen Recht kontrovers diskutiert werden. Zu allen diesen Fragen Stellung zu nehmen, ist nicht Aufgabe dieses auf die Feuerv konzentrierten Bandes. Es soll im folgenden deshalb nur ein Überblick darüber gegeben werden, wie sich der Vertragsschluß auch in der Feuerv gegenüber der Darstellung von Sieg verändert hat. Die Verfasser gehen dabei, den Argumenten von Lorenz VersR 1997 S. 773-784 folgend, von der Verfassungsmäßigkeit der neuen Bestimmungen und ihrer richtliniengemäßen Umsetzung aus. Auch die bisher veröffentlichten gerichtlichen Entscheidungen haben die Wirksamkeit von § 5a bejaht (OLG Nürnberg 29.11.2000 VersR 2001 S. 713-716; OLG Düsseldorf 5.XII.2000 VersR 2001 S. 837-839 = r + s 2001 S. 269-271). 2. Schrifttum zu den neuen Vorschriften Abram NVersZ 2000 S. 551-557; Bach in Recht und Ökonomie der V, Festschrift für Egon Lorenz, Karlsruhe 1994, S. 45-72; Baumann VersR 1996 S. 1-9; Dörner/Hoffmann N J W 1996 S. 153-160; Fricke VersR 2001 S. 925-926; Leverenz Rechtliche Aspekte zum Vsgeschäft im Internet Karlsruhe 2001; Lorenz ZVersWiss 1995 S. 103-128, VersR 1995 S. 616-626, VersR 1997 S. 773-782; Luckey VersR 1994 S. 1261-1265; Peters DZWir 1997 S. 188-190; Präve ZfV 1994 S. 374-379; Reiff VersR 1997 S. 267-273; Renger VersR 1994 S. 753-759; Römer VersR 1998 S. 13131322; Schimikowski r + s 1996 S. 1-7; Schirmer VersR 1996 S. 1045-1056; Wandt, Verbraucherinformation und Vertragschluß nach neuem Recht, Karlsruhe 1995; Werber ZVersWiss 1994 S. 321-348.

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A n m . D 20

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

3. Antrags- und Policenmodell Das bisher übliche Verfahren zum Abschluß eines Vsvertrages, bei dem zunächst der Vmer auf dem ihm übergebenen Antragsformular, das einen Hinweis auf die AVB enthielt, eine bindende Antragserklärung abgab, die von dem Ver durch Übersendung der Vspolice, der die AVB beilagen, angenommen wurde, kann nach den Gesetzesänderungen mit dem von diesen betroffenen Personenkreis (dazu unter 4.) nicht mehr durchgeführt werden. Zunächst bedarf es nach Wegfall der Bedingungsgenehmigung (vgl. dazu zu A 20) der Einbeziehung der AVB in den Vertrag gemäß § 2 A G B G (jetzt § 305 II BGB), die bei Vertragschluß, also vor der Abgabe einer bindenden Erklärung des Vmers erfolgen muß (Lorenz VersR 1995 S. 616-626, 617 mit zahlreichen Nachweisen der h. M.). Zum anderen ist der Ver nach § 10a VAG verpflichtet, dem Vmer vor Vertragschluß eine Verbraucherinformation zu erteilen, zu der nach Nr. 1 b) der Anlage D die AVB gehören. Es handelt sich hierbei zwar in erster Linie um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, deren Durchsetzung den Vsaufsichtsbehörden obliegt, sie ist aber durch § 5a, der auf § 10a VAG Bezug nimmt, ins Privatrecht „transformiert" worden (so Lorenz aaO.) und hat deshalb für den Abschluß von Vsverträgen nach allgemeiner Meinung entscheidende Bedeutung. Auf Grund der neuen Gesetzeslage kann der Vertragschluß entweder nach dem A n t r a g s - oder dem P o l i c e n m o d e l l erfolgen. Diese von Lorenz aaO. eingeführte Terminologie wird von der Literatur übereinstimmend verwendet. Bei dem § 10a VAG unmittelbar entsprechenden A n t r a g s m o d e l l werden dem künftigen Vmer, bevor er seinen Antrag auf Abschluß eines Vsvertrages unterschreibt und damit eine bindende Erklärung abgibt, die AVB und die Verbraucherinformation ausgehändigt. Der Vertrag kommt wie bisher durch die Annahmeerklärung des Vers mit der Ubersendung der Police zustande. Die Einbeziehung der dem Vmer vor Vertragschluß ausgehändigten AVB entspricht § 305 II B G B , früher § 2 AGBG. Bei dem durch § 5a ermöglichten Policenmodell stellt ebenfalls zunächst der künftige Vmer einen Antrag (so jedenfalls die h.M. vgl. Lorenz aaO. mit Nachweisen unter zutreffender Berufung auf den Wortlaut, während Renger VersR 1994 S. 753-759,758 den Antrag nur als eine invitatio ad offerendum ansieht). Allerdings kommt dem Antrag wegen des vorgesehenen Widerspruchsrechts noch keine bindende Wirkung zu. Annahmefristen haben nur Wirkung zu Lasten des Vers (Schirmer VersR 1996 S. 1045-1056, 1051; siehe für die Frist nach § 81 Anm. zu D 36). Der Vmer erhält abweichend vom Antragsmodell die Verbraucherinformation und die AVB erst zusammen mit der Police, mit der der Ver den Antrag annimmt. Hat der Ver den Vmer zugleich über sein Widerspruchsrecht ausreichend belehrt, so gilt der Vertrag auf der Grundlage des Vsscheins, der Vsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen, wenn der Vmer nicht binnen der 14tägigen Widerspruchsfrist schriftlich widerspricht. Damit ermöglicht § 5 a - wie vom Gesetzgeber beabsichtigt (vgl dazu Lorenz aaO. und VersR 1997 S. 773-782; Baumann VersR 1996 S. 1-9; Reiff VersR 1997 S. 267-273) eine von § 2 A G B G , jetzt § 305 II BGB, abweichende Einbeziehung von AVB. Umstritten ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. So wird insbesondere von Dörner/Hoffmann N J W 1996 S. 153-160 vertreten, daß der Vertragschluß bereits mit der Annahme des Antrags durch den Ver in der Form eines Rumpfvertrages zustande komme und nach Ablauf der Widerspruchsfrist durch Einbeziehung der AVB rückwirkend umgestaltet werde. Dem widerspricht aber schon der Wortlaut des Gesetzes „gilt... als abgeschlossen", mit dem auf eine unabhängig von Angebot und Annahme angeordnete Fiktion hingewiesen worden ist (so Römer in Römer-Lang266

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II. Vertragsschluß

heid R N 24, 25 zu § 5 a; mit ausführlicher Begründung ist die Konstruktion des Rumpfvertrages auch von Schirmer VersR 1996 S. 1046-1056, 1051, Reiff a.a.O. S. 270-271 und Lorenz VersR 1997 aaO. S. 777-778 abgelehnt worden). Mit der h. M, ist davon auszugehen, daß der Vertrag bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist schwebend unwirksam ist und bei Unterbleiben eines Widerspruchs rückwirkend auf den Zeitpunkt zustandekommt, in dem der Vmer die Police oder eine entsprechende andere Annahmeerklärung des Vers erhalten hat. Die Rückwirkung entspricht der vergleichbaren Regelung des § 5 bei Abweichung des Vsscheins vom Antrag (Möller in Bd I Anm. 22 zu § 5), der § 5 a ersichtlich nachgebildet ist, sowie dem Schutzbedürfnis des Vmers (Prölss in Prölss-Martin 26 R N 10 zu § 5 a; Römer aaO. R N 26; Lorenz VersR 1995 S. 620; Schirmer VersR 1996 S. 1052; Schimikowski r + s 1996 S. 1-7, 4; Schwintowski in B K R N 78 zu § 5 a; a.A. Prave ZfV 1994 S. 374-382, 381, der Wirksamkeit des Vertrages erst mit Ablauf der Widerspruchsfrist annimmt). Die Rechtstellung des Vmers ist bei dieser Auslegung ausreichend gewahrt. Der Zeitraum, in dem die vorvertragliche Anzeigepflicht zu erfüllen ist, wird nicht durch die Widerspruchsfrist verlängert. Der Vmer hat diese Obliegenheit wie beim Antragsmodell nur bis zum Zugang der Annahmeerklärung des Vers zu erfüllen (Lorenz a.a.O. S. 621; Schirmer a.a.O. S. 1054; Prölss a.a.O. R N 68; siehe dazu auch unter G 10). Auch der Vsschutz ist während des Laufs der Widerspruchsfrist gewährleistet. Wegen der Rückwirkung hat der Ver für während des Fristlaufes eintretende Vsfälle einzutreten, wenn das Widerspruchsrecht nicht ausgeübt wird (Lorenz a.a.O. S. 622 und VersR 1997 S. 774; Römer a.a.O. R N 28; Schimikowski a.a.O.). Die Leistungspflicht scheitert nicht an § 38 II, weil die Prämienzahlungspflicht erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist fällig wird. Der Abschluß von Verträgen nach dem Policenmodell gemäß § 5 a ist nicht - wie in der Literatur gelegentlich geltend gemacht wird - nur in Ausnahmefällen zulässig (so Präve ZfV 1994 S. 374-382, 379; Werber ZVersWiss 1994 S. 321-348, 339) und dient nicht lediglich der Korrektur gesetzeswidrigen Verhaltens der Ver (so Dörner/Hoffmann N J W 1996 S. 153-160,154). Das Policenmodell ist vielmehr, wie die Entstehungsgeschichte von § 5a eindeutig ergibt (vgl. dazu ausführlich Lorenz VersR 1995 und 1997 a.a.O.), eine gleichberechtigte Alternative für den Vertragsabschluß zum Antragsverfahren, die den Bedürfnissen der Vspraxis nach dem Wegfall der Bedingungsgenehmigung und der damit entfallenen Möglichkeit, AVB abweichend von § 2 A G B G , jetzt § 305 II B G B , in Vsverträge einzubeziehen, unter ausreichender Wahrung der Rechte der Vmer Rechnung trägt. Daß die Ver für den Vertragsabschluß zwischen beiden Modellen wählen können, wird inzwischen von der überwiegenden Meinung in der Literatur angenommen (vgl. außer Lorenz aaO. nur Reimer Schmidt in Prölss VAG 1 1 R N 42 zu § 10a; Prölss a.a.O. R N 7; Römer a.a.O. R N 17; Schirmer a.a.O. S. 1046; Baumann VersR 1997 S. 1-7, 3; Reiff VersR 1997 S. 267-273, 269). Das ΒAV, das zunächst in mehreren Verlautbarungen die Anwendung von § 5 a als Ausnahmefall bezeichnet hatte (vgl. die Nachweise bei Reimer Schmidt a.a.O.), erkennt jetzt das Wahlrecht der Ver an (VA 1995 S. 312). Das O L G Hamm 31.V.2000 r + s 2001 S. 310-311 hat eine auf das Verbot von Antragsformularen für das Policenmodell gerichtete Unterlassungsklage mit der Begründung abgewiesen, daß keine Umgehung von § 2 A G B G vorliege, weil der Gesetzgeber das Policenmodell gleichberechtigt neben das Antragsmodell gestellt habe. Als eine Ausnahmeregelung ist hingegen § 5 a II 4 anzusehen, wonach das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, auch wenn dem Vmer AVB und Verbraucherinformation nicht überlassen worden sind. Diese VorSieg/Johannsen

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Anm. D 20

D . Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

schrift kann nicht als ein besonderes Vertragsabschlußmodell verwendet werden (Lorenz VersR 1997 S. 780), etwa von einem Ver, der seine im Vergleich zu denen von Wettbewerbern ungünstigeren AVB zurückhalten will, um Vertragschlüsse nicht zu gefährden (Prölss a.a.O. R N 58). Ihr Zweck besteht vielmehr ausschließlich darin, für Störungsfälle nach dem Policenmodell aus Gründen der Rechtssicherheit den vertragslosen Zustand zu beenden. 4. Persönlicher Anwendungsbereich der neuen Vorschriften N a c h § 10 a V A G ist die Verbraucherinformation dem Vmer zu erteilen, „wenn er eine natürliche Person ist". Natürliche Personen werden durch das Gesetz geschützt, auch wenn sie Kaufleute bzw nach der 2000 als § 14 in das B G B eingefügten Definition Unternehmer sind. Eingeschränkt wird der Schutz natürlicher Personen nur bei der V von G r o ß r i s i k e n (vgl zu A 45-47), für die § 10a V A G nur verlangt, daß dem Vmer das anwendbare Recht und die zuständige Aufsichtsbehörde mitgeteilt werden. N u r wenn diese Angaben vor Vertragschluß unterlassen worden sind, kommt für den Vmer ein Widerspruchsrecht nach § 5a in Betracht (Römer in Römer/Langheid R N 8 zu § 5 a; Schimikowski r + s 1996 S. 1-7, 3). Wird der Vertrag über ein Großrisiko mit einer juristischen Person abgeschlossen, findet § 5 a überhaupt keine Anwendung. D a die Einbeziehungsvoraussetzungen der §§ 2 A G B G , 305 II B G B nach §§ 24 A G B G , 310 I B G B für Unternehmer nicht gelten, kann der Vertragschluß wie vor dem 31. X I I . 1994 üblich erfolgen. Juristische Personen haben keinen Anspruch auf Erteilung einer Verbraucherinformation und damit grundsätzlich kein Widerspruchsrecht nach § 5 a. D a sie wie die A G oder G m b H in der Regel Unternehmer sind, erfolgt für sie die Einbeziehung von AVB gemäß § 24 A G B G , jetzt 310 I B G B , ohne Einhaltung der Voraussetzungen von § 2 A G B G (jetzt 305 II B G B ) . Hingegen gilt § 24 A G B G nicht für juristische Personen ohne Unternehmereigenschaft, z. B. den eingetragenen Verein. Von Schirmer VersR 1996 S. 1045- 1056, 1049 ist aus dem Gesetzeszweck des § 5 a, der gerade den Wegfall des Genehmigungserfordernisses von AVB kompensieren und den nunmehr anwendbaren § 2 A G B G für die praktischen Bedürfnisse des Vsrechts modifizieren sollte, gefolgert worden, daß sich die in § 5 a angesprochene Ubergabe der AVB auf die Fälle beziehe, in denen die Einbeziehung von AVB nach § 2 A G B G erforderlich sei und hat hiermit die Anwendbarkeit des Policenmodells für diese juristischen Personen begründet. D e m ist mit Rücksicht auf ihre Schutzbedürftigkeit zu folgen (so auch Lorenz VersR 1997 a.a.O. S. 776; a.A. Schimikowski aaÖ. S. 3). Ein solches Schutzbedürfnis besteht für Handelsgesellschaften wie O H G und K G , die weitgehend juristischen Personen im Rechtsverkehr gleichstehen, nicht. Ihnen ist keine Verbraucherinformation zu erteilen und sie unterfallen § 5a nicht (Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 13 zu § 5 a; Schwintowski in B K R N 12 zu § 5 a; a.A. Schimikowski a.a.O. S. 2). Hingegen hat die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Anspruch auf eine Verbraucherinformation nach § 10a V A G und das Widerspruchsrecht nach § 5a (Schirmer a.a.O. S. 1049). D a die geschilderten Überschneidungen des Anwendungsbereichs von §§ 10 a VAG, 5 a W G und 24 A G B G (jetzt § 310 I B G B ) in der Praxis zu Schwierigkeiten bei der Gestaltung von Antragsformularen führen, sind einige Ver dazu übergegangen, allen Vmern ein Widerspruchsrecht einzuräumen. Das ist als Begünstigung der nicht § 5a unterfallenden Vmer zulässig (vgl. dazu im einzelnen Schirmer a.a.O. S. 1050).

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Sieg/Johannsen

II. Vertragsschluß

A n m . D 20

5. Verbraucherinformation gemäß § 10a VAG Der notwendige Inhalt der Verbraucherinformation ergibt sich aus der Anlage D zum VAG. Das BAV hat in VA 1995 S. 283-287 Hinweise für die Anwendung der Vorschriften gegeben. Für die Feuerv sind die im Abschnitt I Nr. 1 genannten Informationen maßgeblich, die für alle Vssparten gelten, sowie Abschnitt II Nr. 1 und 2. Die Liste enthält rein formale Informationen wie in l a ) Name, Anschrift, Rechtsform und Sitz des Vers und der etwaigen Niederlassung, über die der Vertrag abgeschlossen werden soll, oder 1 h), Anschrift der zuständigen Aufsichtsbehörde, sowie solche, die unmittelbar die Gestaltung des Vsverhältnisses betreffen, 1 b ) - g ) . Wichtigster Inhalt der Verbraucherinformation sind die in 1 b) genannten AVB einschließlich der Tarifbestimmungen. Die AVB haben nämlich nach der neugefaßten Vorschrift des § 10 VAG die Aufgabe, den Vmer umfassend über seine Rechte und Pflichten aus dem Vsvertrag zu informieren (Reimer Schmidt in Prölss VAG 11 R N 2 zu § 10). Tarifbestimmungen, die ebenfalls AVB darstellen, sind nur zur Klarstellung besonders genannt. Es brauchen nicht, wie von Bach in Festschrift für Egon Lorenz S. 45-72, 49 befürchtet, sämtliche von einem Ver verwendeten Tarife dem Vmer zur Auswahl vorgelegt zu werden sondern nur diejenigen, die für das Vertragsverhältnis Anwendung finden sollen (Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 28 zu § 5 a). Enthält der Ver günstigere Tarife dem Vmer vor, so können sich hieraus allerdings Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer Beratungspflicht ergeben (Prölss a.a.O. und unter H 243). Das ebenfalls nach l b ) anzugebende auf den Vertrag anwendbare Recht bestimmt sich nach Art. 7-11 E G W G und ergänzend nach Art. 27-29 EGBGB und wird danach für in Deutschland belegene Feuerrisiken in aller Regel das deutsche sein. Es genügt dann die Angabe: Auf den Vertrag findet deutsches Recht Anwendung (VA 1995 S. 283). Bei einer Rechtswahl hat der Ver seinen Vorschlag zu unterbreiten, braucht aber nicht die Vorschriften des ausländischen Rechts anzugeben (Bach a.a.O. S. 50-51; Schimikowski r + s 1996 S. 1-7, 2). Die in Nr. 1 c) genannten Angaben über Art, Umfang und Fälligkeit der Leistungen des Vers brauchen nur gemacht zu werden, wenn keine AVB oder Tarifbestimmungen verwendet werden. Diese Angaben müssen nämlich nach § 10 I 2 VAG bereits in den AVB enthalten sein. Da regelmäßig AVB verwendet werden, hat die Vorschrift allenfalls für die vorläufige Deckungszusage Bedeutung, für die aber die Möglichkeit eines Verzichts auf die Verbraucherinformation besteht (vgl. zu A 37). Unter der in Nr. 1 d) genannten Laufzeit des Vsverhältnisses ist die Vertragsdauer zu verstehen. Entgegen Renger (VersR 1994 S. 753-759, 757), der meint, daß nur auf die Notwendigkeit einer vertraglichen Vereinbarung hinzuweisen sei, muß eine konkrete Angabe üher die beabsichtigte Dauer des Vertrages gemacht und auch auf Verlängerungsklauseln hingewiesen werden (Prölss a.a.O. R N 31 zu § 5 a). Das BAV verlangt in seinen Hinweisen VA 1995 S. 284 bei Verträgen, die auf eine längere Zeit als 5 Jahre eingegangen werden sollen, eine Belehrung über das Kündigungsrecht nach § 8 III (ebenso Schwintowski in BK R N 21 zu § 5a). Das entspricht zwar den Interessen der Vmer, ist aber nach Nr. 1 d) nicht erforderlich (Prölss a.a.O.). Nr. l e ) betrifft Angaben über die Prämienhöhe, Zahlungsweise und etwaige Nebenkosten. Aus der erforderlichen Angabe des insgesamt zu zahlenden Betrages ergibt sich, daß auch die nicht ausdrücklich aufgeführte Vssteuer anzugeben ist. Wichtig ist, daß die Prämien für mehrere selbständige Vsverträge, z. B, bei einem gleichzeitig abgeschlossenen Feuer- und Betriebsunterbrechungsvsvertrag einzeln ausgewiesen werden müssen. In Nr. 1 f ) sind genannt Angaben über die Frist, während der der Antragsteller an den Antrag gebunden sein soll. In Betracht kommt insbesondere die Frist nach § 81. Sieg/Johannsen

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D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

Bindungsfristen haben aber nur bei dem Abschluß des Vsvertrages nach dem Antragsmodell Bedeutung. Die Besonderheit des Policenmodells besteht gerade darin, daß der Vmer zunächst nicht gebunden ist, weshalb eine Bindungsfrist nicht in den Antrag gehört (Lorenz VersR 1997 S. 773-782, 775 ). Davon geht auch das BAV in seinen allerdings zu diesem Punkt nicht ganz klar formulierten Hinweisen VA 1995 S. 283 aus. Es wäre für die Antragsformulare nach dem Policenmodell ein eindeutiger Hinweis geboten, daß der Antrag nicht bindend sei. Nr. 1 g) verlangt eine Belehrung über das Recht zum Widerruf oder zum Rücktritt, von denen für die Feuerv nur das Widerrufsrecht nach § 8 IV in Betracht kommt. Da aber nach dieser Vorschrift ohnehin eine Belehrung vorgeschrieben ist, die sich der Ver sogar durch Unterschrift des Vmers bestätigen lassen muß, kommt der Belehrung nach Nr. 1 g) keine entscheidende Bedeutung zu. Bei Abschluß nach dem Policenmodell besteht ohnehin kein Widerrufsrecht, vgl. § 8 VI. Die nicht den Vertragschluß betreffenden, aber während der Laufzeit eines Vertrages zu erfüllenden Informationspflichten beziehen sich für die Feuerv nach Abschnitt II Nr. 1 nur auf formale Änderungen wie Name, Anschrift, Rechtsform und Sitz des Vers, sowie nach Nr. 2 auf gesetzliche Änderungen, die die Informationen nach Abschnitt I Nr. 1 a)-e) betreffen. So wäre beispielsweise eine erneute Änderung des § 8 über die Laufzeit des Vertrages mitzuteilen. Hinsichtlich ihrer formalen Gestaltung hat die Verbraucherinformation nach § 10 a VAG hohen Ansprüchen zu entsprechen. Daß sie schriftlich erfolgen muß, bedeutet zwar, wie auch bei anderen Vorschriften über die Belehrung von Verbrauchern nicht, daß sie die Schriftform des § 126 BGB erfüllen, also vom Ver unterschrieben sein muß (Abram NVersZ 2000 S. 551-557, 552; Prölss a.a.O. R N 46 zu § 8). Sie muß aber eindeutig formuliert, übersichtlich gegliedert und verständlich in deutscher Sprache oder der Muttersprache des Vmers abgefaßt sein. Sie soll, wie das BAV es in seinen Hinweisen a.a.O. zutreffend ausgedrückt hat, so abgefaßt sein, daß sich ein durchschnittlich gebildeter Vmer ohne anwaltliche Hilfe ein zutreffendes Bild vom Vertragsinhalt machen kann. Umstritten ist, ob eine Übermittlung der Verbraucherinformation auf elektronischem Wege diesen Anforderungen entspricht. Fricke VersR 2001 S. 925-936 setzt schriftlich mit lesbar gleich und will die elektronische Übermittlung genügen lassen, weil der Vmer die Möglichkeit habe, den Text auf dem Bildschirm zu lesen oder sich auszudrucken. Das BAV VA 1999 S. 219 = NVersZ 1999 S. 556-557 hält die Übermittlung der Verbraucherinformation per internet für unzulässig (ebenso Abram a.a.O. S. 551, Leverenz S. 94). Dem ist auf Grund der gegenwärtigen Rechtslage zu folgen. Es geht in § 10 a VAG nämlich nicht nur darum, daß dem Vmer wie z. B. für AGB nach § 2 I Nr. 1 AGBG die Möglichkeit verschafft wird, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, sondern um eine dem Ver auferlegte Pflicht, den Vmer schriftlich zu informieren. Diese darf er aber nach dem Sinn der Vorschrift auch nicht teilweise auf den Vmer überwälzen. Das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. VII. 2001 (BGBl I S. 1542, FormVAnpG), das die papierlose elektronische Übermittlung von Erklärungen ermöglichen soll, läßt die Textform nur in ausdrücklich bezeichneten Fällen genügen und hat trotz Änderung anderer Vorschriften des VAG und der Einführung der Textform für den Widerspruch nach § 5a 11 die Bestimmung des § 10a VAG nicht einbezogen (vgl. dazu Fricke aaO S. 932; Hübner ZVerswiss 2001 S. 351-378, 363-366).

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II. Vertragsschluß

5. Weitere Einzelheiten zur Anwendung des § 5a § 5a knüpft das Widerspruchsrecht daran, daß der Ver dem Vmer bei Antragstellung „die Vsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a V A G unterlassen hat". Da die Verbraucherinformation nach der Anlage D Abschnitt I Nr. 1 b) notwendigerweise die AVB zu enthalten hat, ist die besondere Nennung der Vsbedingungen in § 5a eigentlich überflüssig und irreführend. Sie kann aber als Hinweis des Gesetzgebers auf die hervorragende Bedeutung der AVB angesehen werden, bei deren Fehlen auf jeden Fall § 5a eingreifen soll (Römer in Römer/Langheid R N 16 zu § 5 a). O b die Vorschrift im übrigen eingreift, wenn die bei Antragstellung übergebene Verbraucherinformation unvollständig ist, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt (verneinend Römer a.a.O.; Lorenz VersR 1995 S. 6 1 6 - 6 2 6 , 618; bejahend Dörner/Hoffmann N J W 1996 S. 153-160, 158; Schwintowski in B K R N 75 zu § 5 a; differenzierend Schirmer Vers 1996 S. 1 0 4 5 1056, 1047; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 20 zu § 5 a). Die den Beginn der Widerspruchsfrist regelnde Vorschrift des § 5 a II, nach der hierfür dem Vmer die Unterlagen nach I v o l l s t ä n d i g vorliegen müssen, spricht dafür, daß auch eine unvollständige Verbraucherinformation die Anwendbarkeit des § 5 a rechtfertigt. Unvollständig ist sie dann, wenn in ihr Informationen zu den in der Anlage D angesprochenen Fragen nicht enthalten sind. Denn der Gesetzgeber wollte durch die Transformation des § 10 a V A G in das Zivilrecht gewährleisten, daß der Vmer alle in der Anlage D genannten Informationen erhält. Deshalb darf auch nicht zwischen vertragserheblichen und rein formalen Informationen unterschieden werden (so aber Prölss a.a.O.). Die Bedeutung der formalen Informationen hat der Gesetzgeber im übrigen dadurch zum Ausdruck gebracht, daß er sie zum Gegenstand der knappen Verbraucherinformation, die selbst bei der V von Großrisiken durch eine natürliche Person zu erteilen ist, gemacht hat. Anders ist die Frage der Anwendbarkeit von § 5 a bei fehlerhaften Informationen zu beurteilen, die in der Literatur häufig mit der der unvollständiger Informationen gleichgesetzt wird. Weder der Wortlaut des § 5a noch sein Zweck, einen Vertragschluß nach dem geschilderten Policenmodell zu ermöglichen, bieten Anhaltspunkte dafür, daß die Vorschrift auch eingreifen soll, wenn bei Antragstellung zwar vollständige Unterlagen übergeben worden sind, diese aber inhaltliche Fehler enthalten, z. B. falsche Angaben über die Laufzeit des Vertrages, die Prämienhöhe oder das anwendbare Recht. Solche Fälle sind entweder nach § 5 I oder nach den allgemeinen Vorschriften des B G B oder des A G B G zu lösen, führen aber nicht zur Anwendung des § 5a (Prölss a.a.O. R N 20; Lorenz, Schirmer a.a.O.). Der Widerspruch mußte bisher schriftlich erklärt werden. Durch das TextformG vom 13. V I I . 2001 ( B G B l I S. 1542) ist das Wort „schriftlich" durch die Wörter „in Textform" ersetzt worden. Diese wird in dem in das B G B eingefügten § 126 b wie folgt definiert: „Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muß die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluß der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden." Damit ist die elektronische Übermittlung zulässig, die Darstellung des Textes auf dem Bildschirm des Computers genügt diesen Anforderungen (Fricke VersR 2001 S. 9 2 5 - 9 3 6 , 932). Zugleich ist der Streit darüber entschieden, ob die Erklärung eigenhändig unterschrieben sein müsse (so Schwintowski in B K R N 82 zu § 5 a) oder jede schriftlich verkörperte Erklärung ohne Unterschrift genüge (so Römer in Römer-Langheid R N 36 zu § 5 a). Voraussetzung für die Wirksamkeit der ErkläSieg/Johannsen

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D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

rung ist nur, daß der Erklärende genannt und der Abschluß seiner Erklärung in irgend einer Weise erkennbar gemacht worden ist. Inhaltlich muß die Erklärung zum Ausdruck bringen, daß der Vmer eine Bindung durch den Vsvertrag ablehnt. Es bedarf weder der Verwendung des Wortes Widerspruch noch der Nennung von Gründen. Der Beginn der 14tägigen Widerspruchsfrist ist gemäß Abs. II an zwei Voraussetzungen geknüpft: an das Vorliegen der vollständigen Unterlagen nach Abs. I und die Belehrung über das Widerspruchsrecht. Hieraus könnte gefolgert werden, daß ein früherer Widerspruch wirkungslos wäre (so Peters D Z W i r 1997 S. 188-191). Die h . M . nimmt jedoch an, daß der Vmer sofort nach Stellung des Antrages wirksam widersprechen könne (Lorenz VersR 1995 S. 6 1 6 - 6 2 6 , 621; Dörner/Hoffmann N J W 1996 S. 153-160, 156 F N 45; Schirmer VersR 1996 S. 1045-1056, 1051; Römer a.a.O. R N 40; Prölss a.a.O. R N 55). D e m ist zuzustimmen. Es liegt zwar dem Gesetz der Gedanke zu Grunde, daß der Vmer seine Entscheidung für oder gegen den Vertrag auf Grund einer Prüfung der vollständigen Unterlagen treffen soll. D a er aber an seinen Antrag nicht gebunden ist, kann er auch vor Erhalt der Unterlagen jederzeit zum Ausdruck bringen, daß er einen Vertragsabschluß nicht wünsche. Es wäre leere Förmelei, wenn man ihn zwingen würde, einen vorher erklärten Widerspruch nach Erhalt der Unterlagen zu wiederholen. Erforderlich ist das aber, wenn der Vmer keinen schriftlichen Widerspruch erklärt, sondern nur mündlich etwa gegenüber dem Agenten zum Ausdruck gebracht hat, daß er an dem Antrag nicht festhalten wolle. Die Belehrung über das Widerspruchsrecht muß bei der Aushändigung des Vsscheines schriftlich in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt sein und sich auch auf den Fristbeginn und die Dauer erstrecken. Wann die Belehrung zu erfolgen hat, schreibt das Gesetz nicht vor. Die Auffassung von Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 54 zu § 5 a, daß eine Belehrung bereits bei Antragstellung nicht ausreiche, wird durch den Wortlaut von § 5 a II nicht gestützt, denn auch durch eine im Antragsformular erfolgte Belehrung ist der Vmer „bei Aushändigung des Vsscheins" belehrt (Römer in Römer/Langheid R N 43 zu § 5 a). Die Belehrung kann also bereits im Antragsformular oder später in der Verbraucherinformation oder im Vsschein erfolgen. Das B A V V A 1995 S. 313 empfiehlt eine Belehrung im Antragsformular. Die Beweislast für den Zugang der Unterlagen und der Belehrung obliegt nach § 5a II 2 dem Ver. Für die Berechnung der 14tägigen Frist sind §§ 1 8 6 , 1 8 7 B G B maßgebend. Die Frist wird durch die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs gewahrt, für die der Vmer beweispflichtig ist (Römer a.a.O. R N 42). Unabhängig von den genannten Voraussetzungen über den Beginn der Widerspruchsfrist e r l i s c h t das Widerspruchsrecht nach § 5a II 4 ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie. Damit ist der Fall erfaßt, in dem der Vmer, nachdem der Ver seinen Antrag angenommen und ihn zur Zahlung aufgefordert hat, die Prämie gezahlt hat, obwohl er weder die notwendigen Vertragsunterlagen vollständig erhalten hat noch über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist. Die Regelung greift auch ein, wenn dem Ver der ihm obliegende Nachweis über den Zugang der Unterlagen nicht gelingt. Das Erlöschen des Widerspruchsrechts hat zur Folge, daß der bisher schwebend unwirksame Vsvertrag wie im Fall der Versäumung der Widerspruchsfrist nach Belehrung rückwirkend wirksam wird ( O L G Nürnberg 29.11.2000 VersR 2001 S. 7 1 3 - 7 1 6 = r + s 2001 S. 837-839; Lorenz VersR 1995 S. 6 1 6 - 6 2 6 , 623, VersR 1997 S . 7 7 3 - 7 8 4 , 780; Schirmer VersR 1996 S. 1 0 4 5 - 1 0 5 6 , 1 0 5 3 ; Prölss a.a.O. R N 56-57; R ö m e r a.a.O.). Problematisch ist allerdings die Bestimmung des Inhalts des Vertrages, weil die Regelung in § 5 a I, wonach der Vertrag „auf der Grundlage des Vsscheins, der Vsbedingungen und der weiteren für den Vertagsinhalt maßgeb272

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II. Vertragsschluß

A n m . D 20

liehen Verbraucherinformation als abgeschlossen" gilt, nur für den Normalfall des Policenmodells bestimmt sein könnte, in dem diese Unterlagen tatsächlich übergeben worden sind. Teilweise wird deshalb in der Literatur angenommen, daß wegen Fehlens einer ausdrücklichen Verweisung auf diese Rechtsfolge der Vertrag nur gemäß den gesetzlichen Vorschriften des W G zustandekomme (Wandt Verbraucherinformation a.a.O. N R 2 S. 25; Dörner/Hoffmann N J W 1996 S . 153-160, 158). Demgegenüber geht die überwiegende Meinung in der Literatur zu Recht davon aus, daß die von dem Ver verwendeten AVB, auf die er in aller Regel bereits im Antragsformular hingewiesen hat, Vertragsinhalt werden (Lorenz, Schirmer, Prölss, Römer a.a.O.; Schimikowski r + s 1996 S . 1 - 7 , 4). Das der Vorschrift zu Grunde liegende Ziel, aus Gründen der Rechtssicherheit einen vertragslosen Zustand zu beenden, würde nicht erreicht, wenn nur gesetzliche Vorschriften anzuwenden wären, die den Vertragsinhalt nur rudimentär regeln, insbesondere Risikobeschreibungen und -ausschlüsse nur unvollkommen bestimmen. D e r vom Gesetzgeber beabsichtigte Schutz des Vmers wäre dadurch nicht hinreichend gewahrt. Demgegenüber treten die Nachteile, die in der Abweichung von dem Grundsatz des § 2 A G B G liegen, deutlich zurück. Wenn es auch in der nicht besonders glücklich formulierten Vorschrift an einer eindeutigen Regelung der Rechtsfolge fehlt, läßt ihr Wortlaut es ohne weiteres zu, daß Abs. I 1 auch für den Fall des Erlöschens des Widerspruchsrechts nach Abs. II 4 Anwendung findet. Danach werden die AVB auch dann Vertragsinhalt, wenn auf sie nicht wie üblich hingewiesen worden ist (Prölss, Römer a.a.O.). Das ist für den Vmer, der bei Abschluß eines Vsvertrages ohnehin mit der Verwendung von A G B rechnet, zumutbar. Für den Fristbeginn nach § 5 a II 4 kommt es nur auf die tatsächliche Zahlung der Prämie und damit auf den Eingang des Geldes bei dem Ver an. Daß eine Zahlungsverpflichtung nicht bestand, weil der Vertrag im Zeitpunkt der Zahlung noch nicht zustandegekommen war, ist unerheblich. Auch der Fristablauf ist objektiv zu bemessen. Auf ein Verschulden des Vmers an der Versäumung der Widerspruchsfrist kommt es nicht an. Das Ergebnis des durch § 5 a II 4 fingierten Vertragsschlusses kann nicht dadurch wieder beseitigt werden, daß dem Vmer wegen der Vorenthaltung der Informationen nach § 10a V A G ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen zugebilligt wird, der auf Rückgängigmachung des Vertrages gerichtet ist (so aber Dörner/Hoffmann a.a.O.). Zwar kann die Verletzung von Informationspflichten nach § 10a V A G durchaus zu zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen führen (vgl. dazu unter H 242). Jedoch stellt das in § 5 a II 4 geregelte Erlöschen des Widerspruchsrechts eine der Rechtssicherheit dienende Ausnahmeregelung dar, die den zu Grunde liegenden Sachverhalt abschließend regelt ( O L G Düsseldorf 5. X I I . 2000 VersR 2001 S. 8 3 7 - 8 3 9 = r + s 2001 S. 2 6 9 - 2 7 1 ; Prölss a.a.O. R N 73 zu § 5 a; Schirmer a.a.O. S. 1056). Das gilt aber nur für auf das Unterlassen der Verbraucherinformation gestützte vertragliche Ansprüche. Liegt darüber hinaus ein arglistiges Verhalten des Vers vor, sind Ansprüche aus § 826 B G B und die Anfechtung des Vertrages nach § 123 B G B nicht ausgeschlossen (Prölss a.a.O. R N 58). Zu der Sonderregelung des § 5 a III für die Gewährung sofortigen Vsschutzes wird auf die Anmerkung zu A 37 verwiesen.

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Anm. D 22

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

[D 21] 2. Antrag a) Schriftform aa) Grundlagen § 19 AFB, § 17 FBUB, § 18 AWaB stimmen darin überein, daß für Vsanträge sowie sämtliche Anzeigen und Erklärungen des Vmers mit Ausnahme der Schadensanzeige die Schriftform erforderlich ist. Da die Bedingungen für die V gegen Mietverlust infolge von Brand, Blitzschlag oder Explosion und die ZKBU 80 auf die AFB verweisen, gilt das Schriftformerfordernis auch für die kleine Betriebsunterbrechungsv und die Mietverlustv. Hiermit ist der Spielraum, den § 34 a 2 für die Abweichung von den in Satz 1 genannten halbzwingenden Bestimmungen einräumt, ausgenutzt. Damit ist allerdings nicht entschieden, daß die Schriftformklausel mit dem AGB-G vereinbar ist, denn, wie die Rechtsprechung zu § 6 III (Relevanzrechtsprechung) und § 8 II (Krankentagegeldv; BGH 6. VII. 1983 VersR 1983 S. 848; OLG Hamburg 14. III. 1984 VersR 1984 S. 650) zeigt, kann es Treu und Glauben dem Ver gebieten, selbst die explizit eingeräumte Freiheit nicht voll auszuschöpfen. Gleichwohl hält die Klausel einer Uberprüfung am AGB-G stand. Sie ist weder überraschend im Sinne des § 3 (Vsverträge pflegen von jeher s c h r i f t l i c h abgeschlossen zu werden), noch benachteiligt sie den Vmer unangemessen im Sinne des § 9 II Ziff. 1 (vgl. Löwe-Graf von WestphalenTrinkner, Kommentar zum AGB-G, Heidelberg 1977, § 9 Rdnr. 65; Eberstein, Die zweckmäßige Ausgestaltung von AGB, 2. Aufl., Heidelberg 1980 S. 36). § 5 AFB und § 5 AWaB verlangen ebenfalls Schriftform für alle Erklärungen, nach denen der Vmer schriftlich befragt worden ist. Diese Bestimmungen sind angesichts des § 19 AFB, des § 18 AWaB ohne eigenständige Bedeutung. [D 22] Nach § 127 2 BGB genügt zur Wahrung der vereinbarten Schriftform die telegrafische Übermittlung, mag auch das Telegramm telefonisch aufgegeben sein. Beim Empfänger ist der Z u g a n g des Telegramms erforderlich. Dabei genügt dessen telefonische Durchsage an den Empfänger (RG 12. VII. 1922 RGZ Bd 105 S. 255-256; enger: Jauernig, BGB mit Erläuterungen, 3. Aufl., München 1984, § 127 Anm. 2b), denn auch letzteres schafft keine Beweisschwierigkeiten; die Durchsage wird im Zusprechbuch der Post vermerkt, außerdem folgt das materialisierte Telegramm alsbald. Der telegrafischen Übermittlung steht die durch Fernschreiber gleich. Das BAG hat im Urteil vom 1. VI. 1983 N J W 1984 S. 199-200 m.w. N. den Zugang der T e l e k o p i e der Revisionsschrift im Telebriefdienst dem Zugang des T e l e g r a m m s gleichgestellt (ebenso BFH 10. III. 1982 N J W 1982 S. 2520, BGH 28.11.1983 N J W 1983 S. 1498). Diese Gleichstellung muß auch für die v e r e i n b a r t e Schriftform gelten. Beweisschwierigkeiten können nicht auftauchen, weil die Zustellung des Schriftstücks auf normalem Wege nachgeholt wird. Zu D 22: § 127 II BGB ist durch das G. zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. VII. 2001 (BGBl. I S. 1542) dahin geändert worden, daß, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung genügt.

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Anm. D 24

II. Vertragsschluß

[D 23] bb) Verletzung der Schriftform, Willenserklärung Soweit der Antrag eine W i l l e n s e r k l ä r u n g enthält, ist die Ausbedingung der Schriftform kaum von Bedeutung. Der Ver, dem ein mündlicher Antrag direkt oder über einen Vermittlungsvertreter zugeht (mag dieser den mündlichen Antrag ebenfalls mündlich, mag er ihn schriftlich weitergeben), muß auf die Notwendigkeit der Schriftform hinweisen, wenn er auf diese (und auf den beabsichtigten Vertrag) Wert legt (die Annahmefrist läuft dann erst vom Eingang des s c h r i f t l i c h e n Antrags). Andernfalls kann er den mündlichen Antrag annehmen oder ablehnen, womit er auf die Schriftform verzichtet hat. Der Ver braucht sich aber nicht zu erklären (wenngleich eine Bescheidung des mündlichen Antrags zum nobile officium gehört), denn die Ungewißheit des Antragstellers dauert hier nicht länger als bei einem w i r k s a m e n Antrag: Hat der Antragsteller zwei Wochen nach Stellung seines Antrags keine Nachricht vom Ver, muß er das Verstreichenlassen der Frist als Antragsablehnung werten. Ausnahmsweise kann ein bestehendes Vertrauensverhältnis zwischen Vmer und Ver eine Bescheidung zur R e c h t s p f l i c h t machen: Raiser § 9 Rdnr. 26. Was hier zum Ver ausgeführt, gilt auch für den A b sc h l u ß Vertreter: Vgl. Möller § 45 Anm. 8; Raiser § 20 Rdnr. 4; Bruck 7. Aufl. § 45 Rdnr. 2; Ehrenzweig S. 52. Der V e r m i t t l u n g s v e r t r e t e r kann auf die Schriftform nicht verzichten, vgl. auch Anm. D 24. [D 24] c) Verletzung der Schriftform: Wissenserklärungen Schwieriger ist die Rechtslage, wenn W i s s e n s e r k l ä r u n g e n im schriftlichen Antrag nicht vollständig abgegeben, sondern mündlich gegenüber dem Vermittlungsvertreter ergänzt worden sind (da der Abschlußagent sogar mündliche Anträge a n n e h m e n darf, vgl. Anm. D 23, können auch die mündlichen Wissenserklärungen die vorvertragliche Anzeigepflicht erfüllen, vgl. § 44) und der Ver von ihnen auch nicht anderweit Kenntnis erhält. Nach § 43 Ziff. 1 ist auch der Vermittlungsvertreter befugt, Anträge (und die dazugehörigen Wissenserklärungen, vgl. Prölss-Martin 2 3 § 43 Anm. 3) entgegenzunehmen, ohne daß sich diese Vorschrift lediglich auf s c h r i f t l i c h e Anträge bezieht. Diese Vertretungsmacht kann eingeschränkt werden in dem Sinn, daß nur s c h r i f t l i c h e Erklärungen des Vmers in die Entgegennahme-Vollmacht des Vertreters fallen. Dem Vmer gegenüber wirkt diese Beschränkung der Vertretungsmacht nur dann, wenn er sie kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Beweislast: Ver, § 47). Deshalb ist zu verlangen, daß die üblicherweise im Antragsformular enthaltene Klausel „Mündliche Abreden sind nur mit Zustimmung der Gesellschaft wirksam" (oder ähnliche Formulierungen) deutlich sichtbar gemacht werden (Prölss-Martin 23 § 47 Anm. 1; Österr. O G H 24. IV. 1975 VersR 1976 S. 1195; Keinert, Vorvertragliche Anzeigepflicht (§ 16 ff. W G ) nach österreichischem und deutschem Recht, Wien - New York 1983 S. 45 ff.). Ehrenzweig S. 47 schränkt den Vmerschutz des § 47 zu stark ein, wenn er meint, allein aus der Schriftlichkeit des Antragsformulars erkenne der Vmer, daß nur Schriftliches Bestand haben könne, deshalb müsse er die Begrenzung der Vollmacht auf Entgegennahme s c h r i f t l i c h e r Erklärungen stets gegen sich gelten lassen. Zu D 24: Eine Einschränkung der Vertretungsmacht des Vsvertreters insbesondere durch Schriftformklauseln ist nach der neueren Auge- und Ohr-Rechtsprechung des B G H nur noch unter besonderen Voraussetzungen zulässig, vgl. dazu unter G 13-16. Sieg/Johannsen

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Anm. D 26

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

[D 25] b) Wissenserklärungen im übrigen aa) Gesetzesrecht, Bundesrecht Mit den Wissenserklärungen auf dem Antragsformular erfüllt der Vmer die vorvertragliche Anzeigepflicht im Sinne der §§ 16-22. Sie sind Willenserklärungen ähnlich und deshalb in Abgabe, Zugang, Vertretung, Auslegung wie Willenserklärungen zu behandeln: Keinert, Vorvertragliche Anzeigepflicht (§§ 16 ff. W G ) nach österreichischem und deutschem Recht, 1983 S. 25, 188. In zwei neueren Monographien werden unterschiedliche Auffassungen über die Rechtsnatur der vorvertraglichen Anzeigepflicht vertreten. Während Röhr, Vorvertragliche Anzeigepflicht, 1980 S. 55ff. meint, die angezogenen Bestimmungen des W G regelten einen Sonderfall der G e s c h ä f t s g r u n d l a g e , ist Keinert a.a.O. S. 19 der Ansicht, es handele sich um eine Anwendung der c u l p a in c o n t r a h e n d o . Für die Feuer- und die Betriebsunterbrechungsv ergeben sich aus diesen unterschiedlichen Auffassungen keine praktischen Konsequenzen. Immerhin sei aber bemerkt, daß die Ansicht Röhrs den Vorzug verdient: Von der culpa in contrahendo weichen nämlich die §§ 16-22 in Voraussetzung und Wirkung ab: Sie befassen sich nicht nur mit s c h u l d h a f t e n Verletzungen, und niemals kann der Ver S c h a d e n e r s a t z fordern. Auch D. Schwampe VersR 1984 S. 310 sieht die §§ 16-22 im Lichte der Geschäftsgrundlage. Die Ausführungen von Teichmann JurArbBl 1984 S. 545, 548 zeigen, daß auf die Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflichten a u ß e r h a l b des Vsrechts anders reagiert wird als im W G . In jenem Bereich mag die Konstruktion der culpa in contrahendo zutreffen, hier indes nicht. Zur vorvertraglichen Anzeigepflicht nimmt auch § 90 Stellung, hierzu vgl. oben Anm. Β 5-14. Nach § 41 kann der Ver die dem Risiko angemessene höhere Prämie verlangen, wenn der Vmer die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt hat, ihm aber Verschulden nicht zur Last fällt. Hier ist die Frage aufzuwerfen, ob dem Vmer ein außerordentliches Kündigungsrecht einzuräumen ist, wenn die Prämiennachforderung eine gewisse Höhe übersteigt. Das wird angesichts der Rechtsprechung zur verwandten Frage der außerordentlichen Kündigung in Verbindung mit der Ausnutzung von Prämienanpassungsklauseln zu bejahen sein. Orientiert man sich an dem richtungsweisenden Urteil BVerwG vom 14.X.1980 VersR 1981 S. 221-227 = VerBAV 1981 S. 80-93, ist das Kündigungsrecht dann gegeben, wenn die Prämie um mehr als 15 % erhöht werden soll. Grundsätzlich bejahen die außerordentliche Kündigung im Fall des § 41 Gerhard-Hagen § 41 Anm. 5; verneinend indes Kisch III S. 369; Hagen S. 421; Prölss-Martin 23 § 41 Anm. 2. [D 26] bb) Gesetzesrecht, Landesrecht Wo Rechtsverhältnisse kraft Gesetzes entstehen, spielt die vorvertragliche Anzeigepflicht keine Rolle. Wo Vszwang besteht, kann schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht entgegen dem Bundesrecht nicht das Rücktritts- oder Anfechtungsrecht auslösen, die Reaktion liegt in Beitragszuschlägen oder der Einrede der Unterv. Die vorvertragliche Anzeigepflicht verliert an Bedeutung, wo ein amtliches Schätzungsverfahren dem Vsverhältnis vorangeht (vgl. z.B. §§ 14-21 Satzung der Bayerischen Landesbrandvsanstalt). Der Schätzungsbericht erfüllt hier dieselbe Aufgabe wie der Besichtigungsbericht, den die private V kennt und der die Grundlage für die Anerkennungsklausel bildet (vgl. unten Anm. D 27). Für die öffentlichrechtlichen Wett276

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II. Vertragsschluß

Anm. D 27

bewerbsanstalten gilt qua Landesrecht das W G , w e n n auch z . T . mit geringfügigen A b w e i c h u n g e n . W i c h t i g ist § 27 Preußisches SozietätenG mit f o l g e n d e m Inhalt: §27 In den allgemeinen Versicherungsbedingungen ist vorzusehen, daß bei Verletzung der Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers die Anstalt, sofern die Versicherung ein Gebäude betrifft, zur Aufhebung der Versicherung oder zum Rücktritte vom Versicherungsvertrage nur befugt ist, wenn dem Versicherungsnehmer arglistige Täuschung zur Last fällt, oder wenn die Verletzung der Anzeigepflicht einen Umstand betrifft, der die Anstalt berechtigt haben würde, den Abschluß der Versicherung abzulehnen. Ob letztere Voraussetzung vorliegt, ist im Streitfall in dem im § 11 geordneten Verfahren zu entscheiden. Die Vorschriften der §§ 16 Abs. 3, 17 Abs. 2,18 Abs. 2, 20 und 21 des Reichsgesetzes über den Versicherungsvertrag vom 30. Mai 1908 dürfen zu Ungunsten des Versicherungsnehmers nicht abgeändert werden. Durch die Vorschrift des Abs. 1 ist die Anstalt nicht behindert, nach Abschluß der Versicherung sich herausstellende Uberversicherungen unter entsprechender Ermäßigung des Versicherungsbeitrages auf den wahren Versicherungswert herabzusetzen. Das gleiche gilt von der Heranziehung des Versicherungsnehmers zu erhöhten Leistungen, sofern sich nach Abschluß der Versicherung Gefahrenumstände herausstellen, welche der Anstalt beim Abschlüsse nicht bekannt waren, aber für die Bemessung des Versicherungsbeitrages (§ 18) erheblich sind. In beiden Fällen ist dem Versicherungsnehmer, sofern der Vertragsschluß auf freier Vereinbarung beruht, das Recht der Kündigung des Vertrages vorzubehalten, sofern er die Versicherung unter den von der Anstalt festgesetzten Bedingungen nicht fortsetzen will. Zu D 26: Für die neue Rechtslage w i r d auf die A n m e r k u n g e n zu Β 1 u n d 2, 2 9 - 3 4 verwiesen.

[D 27] cc) Anerkenntnisklausel Von Einfluß auf die vorvertragliche Anzeigepflicht als Z u s a m m e n f a s s u n g von W i s senserklärungen ist die A n e r k e n n u n g s k l a u s e l (§ 9 Z F g A 81a, Klausel 273 der nichtindustriellen Feuerv): „Hat der Versicherer das gegen Feuerschäden versicherte Wagnis besichtigt und liegt ein Besichtigungsbericht vor, so erkennt der Versicherer an, daß ihm durch diese Besichtigung alle Umstände bekannt geworden sind, welche in diesem Zeitpunkt für die Beurteilung des Risikos erheblich waren. Das gilt jedoch nicht für Umstände, die arglistig verschwiegen worden sind." Die entsprechende Klausel 8 zu den F B U B (VerBAV 1970 S. 23) hat folgenden Wortlaut: „Der Versicherer erkennt an, daß ihm bei Abschluß des Vertrages alle Umstände bekannt waren, die für die Beurteilung des Risikos erheblich sind, es sei denn, daß irgendwelche Umstände arglistig verschwiegen wurden. Die Verpflichtung des Versicherungsnehmers, nachträglich eingetretene Gefahrerhöhungen gemäß § 27 W G anzuzeigen, bleibt unberührt" Von einem Besichtigungsbericht (den der V m e r mitzuunterzeichnen hat) ist also n u r in der Feuerv die Rede. Der V m e r ü b e r n i m m t dadurch die M i t v e r a n t w o r t u n g f ü r die Richtigkeit der B a u - u n d Betriebsumschreibung.

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Anm. D 29

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

[D 28] dd) Sonstige Klauseln Für die Wissenserklärungen spielt die Maklerklausel (Klausel 183 der nichtindustriellen Feuerv; Klausel 1.08 für die industrielle Feuerv, VerBAV 1970 S. 8) eine gewisse Rolle. Sie hat in der neueren Fassung folgenden Wortlaut: „Der den Versicherungsvertrag betreuende Makler ist bevollmächtigt, Anzeigen und Willenserklärungen des Versicherungsnehmers entgegenzunehmen. Er ist durch den Maklervertrag verpflichtet, diese unverzüglich an den Versicherer weiterzuleiten."

Es handelt sich lediglich um eine E m p f a n g s Vollmacht, die insoweit auch für die vorvertragliche Anzeigepflicht gilt (Möller vor §§ 43 ff. Anm. 43). Daraus darf aber nicht geschlossen werden, daß die Kenntnis des M a k l e r s von Gefahrumständen der Kenntnis des V e r s im Sinne der § § 1 6 III, 17 II W G gleichsteht. Die Kenntnis des Maklers kann also dem Antragsteller schaden, und das selbst dann, wenn dieser nicht betrügerisch mit dem Makler zusammen gehandelt hat. Die Mithilfe des Maklers bei Erfüllung vorvertraglicher Anzeigepflicht kann den Vmer nicht vom Vorwurf des Verschuldens befreien (das Rücktrittsrecht des Vers bleibt also unangetastet), während das bei der Mithilfe eines V e r t r e t e r s immerhin dann der Fall ist, wenn dieser Vertreter e r h e b l i c h schuldhaft gehandelt hat und der Fragebogen Unklarheiten aufwies: Keinert, Vorvertragliche Anzeigepflicht (§§ 16 ff. W G ) , 1983, S. 33, 93, 199f.; Ehrenzweig S. 47 N . 5, S. 48). Der Passus im Antragsformular, daß der Antragsteller allein für die Richtigkeit und Vollständigkeit der angegebenen Tatsachen verantwortlich ist, kann daran nichts ändern. Zu erwähnen ist schließlich Klausel 3.07b der industriellen Feuerv (VerBAV 1970 5. 12): „Bestehen die Feuerversicherung und die Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung bei demselben Versicherer oder unter Führung desselben Versicherers, so gelten Anzeigen über die Gefahrenumstände bei Abschluß des Vertrages oder über Gefahränderungen nach Abschluß des Vertrages für beide Verträge."

Wie die Anerkennungsklausel, so erleichtert diese Klausel die vorvertragliche Anzeigepflicht. Der Unterschied gegenüber dem Tatbestand des § 90 besteht u.a. darin, daß hier die beiden Verträge (Feuerv und Betriebsunterbrechungsv) bei d e m s e l b e n Versicherer laufen (vgl. oben Anm. Β 5-14). [ D 2 9 ] ee) Europarecht Der Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 6. VII. 1979 für eine Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Vsverträge folgt nicht dem deutschen Recht, was die Folgen der Verletzung vorvertraglicher Anzeigepflicht angeht. Das Rücktrittsrecht der §§ 16-21 bei schuldhafter (nicht arglistiger) Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht fällt weg. Der Ver kann kündigen oder eine Vertragsänderung vorschlagen mit komplizierten Fristenregelungen. Für Vsfälle vor Wirksamwerden der Kündigung haftet der Ver nur nach dem Verhältnis der gezahlten Prämie zur Sollprämie: Art. 3.3, hierzu Meyer-Kahlen, Angleichung des Vsvertragsrechts im Gemeinsamen Markt, München 1980, S. 81-82. Der Hinweis hierauf rechtfertigt sich deshalb, weil bei einer Harmonisierung wenig Aussicht besteht, daß sich die deutsche Regelung durchsetzen wird, zumal auch das französische Recht von der Proportionalregel beherrscht ist (Einzelheiten bei D. Schwampe VersR 1984 S. 309-315, der auch über einen Vorschlag der Law Commission zur Regelung der vorvertraglichen Anzeigepflicht berichtet und kritisch zum Prämienverbleib nach § 40 sowie zum europäischen und zum englischen 278

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II. Vertragsschluß

Anm. D 3 1

Reformvorschlag Stellung nimmt; zum französischen Recht: Sieg ZVersWiss 1982 S. 668-669). Zu D 29: Die Richtlinie ist bisher nicht verabschiedet worden. Vgl. zu der Entwicklung Roth in Β Κ R N 129 zu Europäisches Vsrecht. [D 30] c) Datenschutzermächtigungsklausel aa) Juristische Einordnung Die Datenschutzermächtigungsklausel hat ihre Grundlage in einer von den Vern abgegebenen geschäftsplanmäßigen Erklärung (VerBAV 1979 S. 408), die nach langen Verhandlungen zwischen der Vswirtschaft, der Aufsichtsbehörde und den Datenschutzbeauftragten erarbeitet worden ist. Der Ausdruck „Ermächtigung" ist unzutreffend. Der Datenschutz gehört zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht (weshalb die Klausel bei der V für fremde Rechnung vom Vten unterzeichnet werden muß, vgl. v.Puskás VerBAV 1980 S. 55 N . 25). Gegen Eingriffe ist der Betroffene durch § 823 I B G B geschützt: Köhler, B G B Allgemeiner Teil, 18. Aufl., München 1983, § 8 V (S. 69-70); Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 6. Aufl., München 1983 § 13 II 1 (S. 203); Jauernig-Teichmann, B G B mit Erläuterungen, 3. Aufl., München 1984, § 823 Anm. VIII A. Solche Eingriffe verlieren ihre Widerrechtlichkeit durch Einwilligung. Hierin liegt die dogmatische Wurzel der sogenannten Ermächtigung (diese Konstruktion wird auch von Bühnemann BB 1974, Beilage zu Heft 43, S. 10 erwogen), nicht in den §§ 182-185 B G B : Die Zustimmung im Sinne dieser Bestimmungen bezieht sich ja nur auf rechtsgeschäftliches Handeln eines anderen. Davon ist aber beim Ver, der über Daten seines Vmers verfügt, keine Rede. Ergebnis: Die Einwilligung ist rechtsgeschäftlicher Natur, sie bezieht sich aber nicht auf rechtsgeschäftliches Handeln des anderen Teils (anders v. Puskás VerBAV 1980 S. 104 N . 48). Zu D 30: Die genannte geschäftsplanmäßige Erklärung ist inzwischen fortgefallen, vgl. Anmerkung zu A 21. Zur Entwicklung des Datenschutzrechts für Vsverträge vgl. Reimer Schmidt in Prölss V A G " Vorbem. R N 170-174. [D 31] bb) Vertretung, Widerruf, Auskunft Aus der hier vorgenommenen Zuordnung der Einwilligung läßt sich die umstrittene Frage lösen, ob die „Ermächtigung" durch einen gewillkürten Vertreter erklärt werden kann (bejahend: v. Uckermann VW 1977 S. 437; verneinend: v. Puskás VerBAV 1980 S. 104; Louis, Grundzüge des Datenschutzrechts, 1981 § 3 Rdnrn. 66-82). Das Persönlichkeitsrecht selbst ist unübertragbar, aber Abspaltungen daraus sind, wie die Nutzung am Urheberrecht zeigt, übertragbar (vgl. Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 6. Aufl., München 1983, § 13 II 4, S. 206-207), und zwar zweifelt niemand daran, daß der Nutzungsvertrag auch von einem Vertreter des Autors abgeschlossen werden kann (vgl. Fromm-Nordemann, Urheberrecht, 5. Aufl., Stuttgart 1983, vor § 31 Anm. 22). Das zeigt, daß mit der Zuordnung des Datenschutzes zum Persönlichkeitsrecht die Zulässigkeit einer Vertretung nicht automatisch zu verneinen ist, wie die oben Zitierten, die die Vertretung für unzulässig halten, meinen. Die Parallele zum Urheberrecht spricht vielmehr für Bejahung der Vertretung, Sieg/Johannsen

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Anm. D 34

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zumal die Einwilligung zum partiellen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht im Rahmen eines V e r t r a g e s erfolgt, mit dem die Erlaubnis akzessorisch verbunden ist (zu dieser Verbindung v. Puskás VerBAV 1980 S. 108). [D 32] Deshalb gilt die „Ermächtigung" m. E. dann nicht, wenn der Vertrag nicht zustande kommt, anders v. Uckermann ZVersWiss 1982 S. 663. Andererseits braucht der Ver den Widerruf der „Ermächtigung", wenn er ihn nicht selbst durch unrechtmäßiges Umgehen mit den Daten verursacht hat, nicht hinzunehmen, es erwächst ihm ein außerordentliches Kündigungsrecht (v. Puskás VerBAV 1980 S. 109. Vgl. v. Uckermann VW 1977 S. 437, ZVersWiss 1982 S. 662), aber wohl nur mit einmonatiger Wirkungsfrist, damit der Vmer sich nach anderweitigem Schutz umsehen kann. Groß ist die Bedeutung des Widerrufs allerdings nicht, da die Anerkennung einer gewissen Nachwirkung der Einwilligung unerläßlich erscheint. Die Bejahung der Vertretung in diesem Bereich wird auch durch die Erwägung gestützt, daß die „Ermächtigungsklausel" kaum über das hinausgeht, was auch das B D S G bereits als speicherungs- und verarbeitungsfähig nennt (v. Puskás VerBAV 1980 S. 53; Simitis VersR 1981 S. 203, vgl. §§ 23-25 BDSG), und die Daten, um die es sich bei der Feuer- und Betriebsunterbrechungsv handelt, für den Betroffenen bei weitem nicht das Gewicht haben, wie die bei der Personenv von ihm zu liefernden, vgl. hierzu A G Düsseldorf 11. X I . 1983 VersR 1984 S. 767. Eine spontane Auskunftspflicht über die gespeicherten Daten (§ 26 I B D S G ) trifft den Ver nicht, denn der Vmer liefert selbst die Daten, von denen er kraft der abverlangten „Ermächtigung" weiß, daß sie evtl. gespeichert und verarbeitet werden: v. Uckermann VW 1977 S. 438; Mohr ZVersWiss 1978 S. 53. Ziff. 5 der Geschäftsplanmäßigen Erklärung VerBAV 1979 S. 408 gibt dem Vmer ein diesbezügliches Auskunftsrecht auf A n f r a g e . Zur Beziehung zwischen „Ermächtigung" und Annahmefrist vgl. Anm. D 39. [D 33] cc) Öffentlichrechtliche Anstalten Die obigen Ausführungen beziehen sich auf privatrechtliche Ver. Die öffentlichrechtlichen Anstalten, für die die Datenschutzgesetze der L ä n d e r maßgebend sind, pflegen darauf hinzuweisen, daß sie personenbezogene Daten speichern und verarbeiten (Name, Anschrift, Vsangaben) und daß sie diese Daten nur zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen des Vsverhältnisses nutzen werden: A G Düsseldorf 11. X I . 1983 VersR 1984 S. 767. Wo außerhalb des Monopolbereichs gesetzlicher Annahmezwang besteht, wie etwa nach dem Preußischen SozietätenG, darf die Ablehnung eines Antrages nicht darauf gestützt werden, daß der Vmer die Datenschutzermächtigungsklausel nicht unterschreibt (Simitis VersR 1981 S. 203). [D 34] d) Sonderfall: Antrag des Versicherers Die Annahme des Antrags unter Abänderungen oder die verspätete Annahme gilt nach § 150 I, II B G B als neuer Antrag. § 150 II wird durch § 5 überlagert: War der Vmer auf die Abänderung im Sinne des § 5 II hingewiesen worden und schweigt er, so kommt ein Vertrag nach Maßgabe der Abänderung zustande; war er nicht auf die Abänderung hingewiesen worden, gilt der Vertrag als nach Maßgabe des Antrags geschlossen. Die erste Alternative bleibt im Konzept des § 150 II B G B , denn außerhalb des Vsvertragsrechts kann die Annahme durch den früheren Offerenten s t i l l s c h w e i g e n d erfolgen (Jauernig, B G B mit Erläuterungen, 3. Aufl. 1984 § 150 Anm. 2 a. E. mit § 147 Anm. 1 d bb). 280

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Anm. D 36

II. Vertragsschluß

Die letztere Alternative (Vertrag geschlossen nach Maßgabe des Antrags) steht mit dem BGB nicht im Einklang: Die abgeänderte Annahme soll im Vsrecht kein Antrag des Vers, der Dissens soll entgegen § 154 BGB unbeachtlich sein. Ist der Vmer auf die Abänderung seines Antrags hingewiesen worden und widerspricht er fristgemäß und schriftlich, so ist der Vertragsschluß gescheitert. Wie § 5 I zeigt, gilt für den Antrag des Vers (Annahme des Antrags des Vsinteressenten unter Abänderung mit Hinweis gemäß § 5 II) nicht die 2-Wochen-Frist des §81. Ebenso wenig gilt diese Frist für den in der v e r s p ä t e t e n Annahme (die Annahmefrist beträgt zwei Wochen ab Absendung des Antrages: § 81) liegenden Antrag (§ 150 I BGB). Die Erklärungsfrist des Interessenten bemißt sich hier nach § 147 II BGB: Bruck 7. Aufl., § 81 Anm. 6; LG Duisburg 20. II. 1935 JRPV 1935 S. 254-255. Soweit der Ver nach dem Gesagten als Antragsteller auftritt, bleiben die in dem Antrag des Vmers enthaltenen Wissenserklärungen und die Einwilligung in die Datenspeicherung und -Verarbeitung aufrecht erhalten. Allerdings können die Antragsabänderungen durch den Ver Wissenserklärungen betreffen. Im übrigen gelten im Bereich der verspäteten oder abgeänderten Antragsannahme für die Feuer- und für die Betriebsunterbrechungsv keine Besonderheiten. [D 35] 3. Annahme a) Form Für die Annahme gilt nicht die Formvorschrift der §§19 AFB, 17 FBUB, 18 AWaB, oft fällt sie allerdings mit der Präsentation des Vsscheins zusammen. Die Annahme kann also auch mündlich erfolgen. Eine konkludente (§ 151 BGB) oder gar eine stillschweigende Annahme scheidet aus. § 81 läßt erkennen, daß der Antragsteller nach zwei Wochen Klarheit haben soll, ob sein Antrag angenommen worden ist oder nicht. Diesem Erfordernis wäre bei einer Annahme nach § 151 BGB, die ja des Zugangs beim Antragsteller entbehrt, nicht genügt, ganz abgesehen davon, daß sie der Vstechnik widersprechen würde (zum Teil abweichend: Raiser § 8 Rdnr. 5. Wie hier: VA 1926 S. 183, VA 1936 S. 86; BGH 31.1.1951 VersR 1951 S. 144 = NJW 1951 S. 313 mit insoweit zustimmender Anmerkung Ebel; LG Bonn 16. VII. 1974 VersR 1975 S. 998). [D 36] b) Frist aa) Geltungsbereich von § 811 S. 1 W G Nach § 81 11 erlischt der Antrag, wenn er nicht binnen zwei Wochen angenommen wurde. Für die große Betriebsunterbrechungsv sieht das Antragsformular die gleiche Bindungsfrist vor, wie auch in anderen Sparten Bindungsfristen bestimmt zu werden pflegen (wenn auch meist länger als zwei Wochen, statt dessen etwa ein Monat). Insofern statuiert also § 81 keine Besonderheit für die Feuerv. Der Frist unterliegt lediglich der Antrag des Vmers, nicht der Antrag des Vers (vgl. oben Anm. D 34). Zu D 36: Nach Einführung der Informationspflichten gemäß § 10a VAG und des § 5a (vgl. zu D 20) gilt die Bindungsfrist des § 81 nur für den Abschluß des Vertrages nach dem Antragsmodell. Wird dem künftigen Vmer die Verbraucherinformation nicht bei Antragstellung ausgehändigt (Policenmodell), ist sein Antrag nach h. M. wegen des Widerspruchsrechts nach § 5a nicht bindend. Eine Bindungsfrist kann auch nicht zwischen Ver und dem Antragsteller vereinbart werden, weil letzterem Sieg/Johannsen

281

Anm. D 39

D . Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

dadurch sein Widerspruchsrecht genommen würde; darauf kann sich der Ver nach § 15 a nicht berufen. Eine dennoch im Antrag aufgeführte Frist kann sich nur zu Lasten des Vers auswirken, nämlich dahin, daß er den Antrag nur binnen der Frist annehmen kann. Ist diese verstrichen, stellt sich die später mit der Übersendung der Verbraucherinformation verbundene Annahmeerklärung gemäß § 150 I B G B als neuer Antrag dar. Es findet dann § 5 a keine Anwendung sondern beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über den Vertragsschluß, ob der Vmer den Antrag angenommen hat und der Vertrag dadurch zustandegekommen ist (Lorenz VersR 1995 S. 616-626, 624; Schirmer VerR 1996 S. 1045-1058, 1051). Eine Annahmeerklärung kann nach B G H 22. V. 1991 VersR 1991 S. 910-911 z.B. darin gesehen werden, daß der Vmer dem Prämieneinzug im Lastschriftverfahren nicht widerspricht und dafür sorgt, daß Deckung auf seinem Konto vorhanden ist.

[D 37] bb) Beginn Die Frist beginnt, wenn der Antrag einem Abwesenden gegenüber gemacht wird, entgegen § 130 B G B mit der A b S e n d u n g des Antrags (§ 81 II), sei es an den Ver, sei es an den Abschlußvertreter oder an den Vermittlungsvertreter. Bei der Antragstellung gegenüber dem anwesenden Ver, Abschlußvertreter, Vermittlungsvertreter beginnt die Frist sofort mit der Übergabe des Antrags (Bruck 7. Aufl., § 81 Rdnrn. 3, 4). Weder die Übergabe des Antrags an den Makler noch die Absendung des Antrags an diesen setzt die Frist in Lauf, auch dann nicht, wenn die Maklerklausel (vgl. oben Anm. D 28) vereinbart werden soll; anders nur dann, wenn die Maklerklausel bereits für einen durch den neuen Vertrag zu ersetzenden Vertrag bestanden hat, vgl. Ollick VerBAV 1982 S. 55. [D 38] cc) Ende Das Ende der Bindungsfrist kann der Vmer leicht errechnen: Die Antragsannahme muß ihm gegenüber innerhalb der 2-Wochen-Frist erklärt worden sein; bei schriftlicher Annahme kommt es also auf den Z u g a n g an. Nach § 81 I 2 bleibt § 149 B G B unberührt, d.h. den Antragsteller trifft eine Anzeigeobliegenheit, wenn ihm die Annahme zwar erst nach Ablauf der 2-Wochen-Frist zugegangen ist, er aber erkennen mußte, daß die Frist bei normalem Beförderungsgang eingehalten worden wäre (auf Grund des Poststempels). Schweigt er unter diesen Voraussetzungen, wird rechtzeitiger Zugang fingiert; erstattet er die in § 149 B G B behandelte Anzeige, so gilt der verspätet angenommene Antrag als neuer Antrag des Vers (§ 150 I BGB). Nach allgemeinen Grundsätzen gilt der Zugang dann als rechtzeitig, wenn ihn der Vmer schuldhaft verhindert hat, so daß die Berufung auf den Fristablauf unzulässige Rechtsausübung bedeuten würde: Jauernig, B G B mit Erläuterungen, 3. Aufl., München 1984, § 130 Anm. 6. [D 39] dd) Beeinflussung durch Datenschutz Hat der Vmer die Einwilligungsklausel im Antragsformular gestrichen, muß ihn der Ver, sofern er auf den angetragenen Vertrag trotzdem Wert legt, nach Ziff. 4 der Geschäftsplanmäßigen Erklärung (VerBAV 1979 S. 408-410) auf die Folgen hinweisen (Teilverarbeitung der Daten auch ohne Einwilligung möglich). In diesem Fall läuft die 2-Wochen-Frist des § 81 I erst ab Stellungnahme des Antragstellers bzw. ab dem Zeitpunkt, zu dem er hätte Stellung nehmen können, vgl. Standpunkt des Aufsichtsamts 282

Sieg/Johannsen

Anm. D 41

II. Vertragsschluß

zu ähnlichem Sachverhalt: Bi VW 1950 S. 257. Äußert sich der Antragsteller in dieser Überlegungszeit nicht, kann der Ver den Antrag annehmen. Will der Ver den Antrag ohne die sogenannte Ermächtigung nicht annehmen, muß auch das dem Antragsteller mitgeteilt werden. Wiederum wird die Frist des § 81 I um die Uberlegungszeit beim Antragsteller verlängert. Erteilt er nunmehr die Ermächtigung, so ist der Antrag annahmefähig. Schweigt der Antragsteller, so kann der Ver durch einfaches Verstreichenlassen der Annahmefrist den Antrag zu Fall bringen. Vgl. zu alledem v. Puskás VerBAV 1980 S. 108-109. [D 40] ee) Abweichende Bestimmung Nach § 81 III 2 kann an die Stelle der Frist von zwei Wochen eine andere fest bestimmte Frist gesetzt werden. Eine andere Fristsetzung durch AVB kommt praktisch nicht vor. Eine l ä n g e r e Bindungsfrist würde das BAV nicht konzedieren (Prölss-Martin 23 § 81 Anm. 5), an einer generellen V e r k ü r z u n g der Frist ist der Ver nicht interessiert. - Durch E i n z e l v e r e i n b a r u n g kann die Frist verlängert oder verkürzt werden. Prölss-Martin 23 § 81 Anm. 5 meinen, daß der Antragsteller e i n s e i t i g die Bindungsfrist bestimmen könne. Nimmt man an, daß anstelle der einseitigen Fristsetzung des § 148 BGB hier die gesetzliche Fristsetzung des § 81 IS. 1 W G tritt, so wäre zwar eine einseitige V e r l ä n g e r u n g möglich, nicht aber eine einseitige Verk ü r z u n g (Hadding StudK BGB, 1975 §§ 148, 149 Anm. III 1 c; Jauernig, BGB mit Erläuterungen, 3. Aufl. 1984 § 148 Anm. 1). Eine solche den Antragsteller benachteiligende Verdrängung des § 148 BGB durch § 81 I S. 1 W G ist jedoch nicht anzunehmen, da es sich bei letzterer um eine Schutzvorschrift zu dessen Gunsten handelt; also kann der Antragsteller auch die gesetzliche Frist verkürzen. Immer muß die Frist f e s t b e s t i m m t sein, andernfalls tritt an deren Stelle die gesetzliche Frist: Bruck, W G , 7. Aufl. § 81 Rdnr. 7. [D 41] c) Wirkungen aa) Formeller und technischer Versicherungsbeginn Die fristgerechte Annahme, die dem Antragsteller mündlich erklärt werden oder schriftlich zugehen kann (evtl. gleichzeitig mit dem Vsschein), bedeutet f o r m e l l e n Vsbeginn. § 35 ist abbedungen durch § 8 I AFB, § 7 I AWaB, § 8 I FBUB: Die Fälligkeit der Erstprämie ist hinausgeschoben auf den Zeitpunkt der Präsentation des Vsscheins (sofern diese nicht ohnehin zusammenfällt mit der Antragsannahme); vorher hilft dem Vmer nicht nur eine Einrede, wie § 35 S. 2 vorsieht; B G H 21. XI. 1975 VersR 1976 S. 136. Sofern der technische Beginn n a c h dem formellen liegt, ist der Vmer zwar nicht dadurch geschädigt, daß er Prämien für risikolose Zeiten trägt, immerhin muß er in V o r l a g e treten. Das hat der Gesetzgeber, wie § 35 1 zeigt, in Kauf genommen. So gesehen, mildern § 8 I AFB, § 7 I AWaB, § 8 I FBUB die vom Gesetz vorgesehene Unbilligkeit etwas ab. Zu D 41: Zur Fälligkeit der Erstprämie nach den verschiedenen Einlösungsklauseln vgl. unter F 11.

Sieg/Johannsen

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Anm. D 42

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

[D 42] bb) Materieller Versicherungsbeginn Mit dem m a t e r i e l l e n Vsbeginn hat der formelle nichts zu tun. Prölss-Martin 23 § 2 Anm. 1 und B G H 16. VI. 1982 B G H Z Bd 84 S. 268-280 (Einbruchdiebstahlv) wollen allerdings (stillschweigende) Rückwärtsv annehmen, wenn der technische vor dem formellen Beginn liegt; sie gehen davon aus, daß anderenfalls der Ver Prämien für einen Zeitraum erhielte, für den er keine Gefahr getragen habe (der Vmer auch keinen sonstigen Vorteil hatte). Das widerspricht der bei Prölss-Martin 23 a.a.O. wiedergegebenen herrschenden Lehre (s. insbesondere Raiser § 9 Rdnr. 24: in der Feuerv kommt Rückwärtsv so gut wie gar nicht vor) und auch der Ansicht, die der B G H noch 30. V. 1979 VersR 1979 S. 709 (Feuerv) vertreten hatte. An dieser ist, soweit die e i n f a c h e Einlösungsklausel gilt, wie nach § 8 II A F B und § 8 II F B U B , festzuhalten (anders Prölss-Martin 23 und B G H 16. VI. 1982, auch Maenner VersR 1984 S. 718-720, Rassow VersR 1983 S. 895). Das von Prölss-Martin, Maenner, Rassow und neuerdings dem B G H als mißlich empfundene Ergebnis (Prämienzahlung für Zeitraum, in dem kein Risiko getragen wurde) läßt sich jedoch auch auf andere Weise vermeiden als auf dem halsbrecherischen Weg des B G H in seinem Urteil vom 16. VI. 1982. Nämlich: Liegt der formelle Beginn n a c h dem beantragten technischen Beginn, so wird der letztere als auf den formellen verlegt angenommen, ähnlich Wrabetz VersR 1982 S. 942. Auch Martin, Sachversicherungsrecht Κ II 3 erörtert diesen Weg. Im BGH-Falle handelte es sich - wie meist in der Praxis - um sogenannte u n e c h t e Rückwärtsv (d. h. solche, die nicht für einen früheren Zeitraum als den der Antragstellung gilt) und um g e m i s c h t e Rückwärtsv (d.h. der Vertrag deckt zugleich Vorwärtsv). Halsbrecherisch wurde der vom B G H eingeschlagene Weg oben deshalb genannt, weil er mit zwei gewagten Vertragsauslegungen arbeitet, die in Wahrheit auf eine Fiktion hinauslaufen. Zum einen soll stillschweigende Rückwärtsv vereinbart, und zum anderen soll § 2 II S. 2 W G stillschweigend wegbedungen sein. Befassen wir uns mit der Konstellation, die dem BGH-Fall zugrunde lag: Der Ver hatte bei Annahme des Antrags Kenntnis von dem inzwischen eingetretenen Vsfall. Mit der Antragsannahme hat er aber nicht implizite die Deckung für diesen zurückliegenden Fall zugesagt, denn er konnte von der herrschenden Meinung ausgehen, daß hierfür kein Vsschutz bestehe. Er kann also, wenn man seine Erklärung so deutet wie der B G H , wegen Irrtums anfechten (Erklärungsinhaltsirrtum nach § 119 I BGB). Damit ist aber nicht gesagt, daß der Ver die Deckung für den zurückliegenden Vsfall nicht übernehmen k ö n n e , es ist aber eine ausdrückliche Erklärung hierüber nötig (so L G Duisburg 26.11.1976 VersR 1977 S. 538. O L G Köln 3. III. 1975 VersR 1975 S. 725 sieht § 2 II S. 2 überhaupt als unabdingbar an mit der Wirkung, daß der Ver keine Deckung zu gewähren, aber auch keinen Prämienanspruch hat). Natürlich kann der Ver bei Kenntnis des Vsfalles auch den Antrag ablehnen, dagegen ist der Vsinteressent, auch wenn man dem B G H folgt, nicht gefeit (anders allerdings L G Hannover 26. VII. 1979 VersR 1980 S. 350. Die Kritik hieran von Martin, Sachversicherungsrecht, Κ I 21 trifft zu). Die eben erwähnte Anfechtung des Vers kann auch, folgt man dem Gedankengang des B G H , dann Platz greifen, wenn er von dem inzwischen eingetretenen Schadensfall keine Kenntnis hatte, dieser aber bei Antragsannahme so kurze Zeit zurücklag, daß der Vmer im Zeitpunkt des formellen Vsbeginns die Anzeigepflicht noch nicht verletzt hatte. Hier greift die Anfechtung sogar aus doppeltem Grunde durch: Der Ver wußte nicht, daß seine Erklärung so ausgelegt werde, daß Deckung ab technischem Vsbeginn zu gewähren ist, und er wußte ferner nicht, daß in der Zwischenzeit ein Vsfall eingetreten war. 284

Sieg/Johannsen

Anm. D 43

II. Vertragsschluß

Es ist weiter die Frage aufzuwerfen, wie die Ver es rechtsbeständig vermeiden können, rückwärts vom Vertragsschluß (wenn auch nur bis zur Antragstellung) in Pflicht genommen zu werden. - Nach der neuen Rechtsprechung des B G H wäre die Vereinbarung einer verlängerten oder verbesserten Einlösungsklausel überflüssig; deren weite Verbreitung in der Rechtswirklichkeit zeigt die Praxisferne des BGH. Dem Interesse des Antragstellers, schon vor dem formellen Beginn vert zu sein, genügt die vorläufige Deckungszusage bzw. der Anspruch aus culpa in contrahendo, wenn der Vertreter nach den gegebenen Umständen auf die Möglichkeit der Dekkungszusage hätte hinweisen müssen, dies aber unterlassen hat, oder wenn der Ver bei sachgemäßer Antragsbearbeitung die Annahme bis zum technischen Beginn hätte aussprechen können (Raiser § 9 Rdnr. 25 verweist bei solcher Verzögerung auf § 162 I BGB, Bedingung soll die Präsentation des Vsscheins sein. Treu- und Glaubenwidrigkeit wird aber schwerlich nachzuweisen sein). Der umgekehrte Schluß des B G H im Urteil vom 16. VI. 1982 (weil eine Deckungszusage oder eine Haftung aus culpa in contrahendo in Betracht kam, sei der Doppelsprung der zweifach angesetzten Auslegung erlaubt), ist logisch schwer nachvollziehbar. Neuerdings wendet sich Werber ZVersWiss 1984 S. 324 f. gegen die Ansicht des BGH, daß der Ver eine vorläufige Deckungszusage hätte erteilen müssen, und gegen L G Hannover 26. VII. 1979 VersR 1980 S. 350, das eine vorläufige Deckungszusage sogar fingiert. - Die letztere Entscheidung ist undurchdacht, denn wenn eine vorläufige Deckungszusage bestand (sei es auch nur fiktiv), kam es auf Ablehnung oder Annahme des e n d g ü l t i g e n Antrags nicht an; darauf geht aber das L G Hannover von seinem Standpunkt überflüssigerweise - ein. Zu D 42: Der B G H hat diese Rechtsprechung in der Folgezeit fortgesetzt. Beispielsweise wird auf die Urteile vom 21.111.1990 VersR 1990 S. 618-620, 729-731 und 19. II. 1992 VersR 1992 S. 484-485 verwiesen. Die Verfasser stimmen dieser Rechtsprechung zu. [D 43] d) Sonderfall: Annahme durch Versicherungsnehmer In die Lage des Annehmenden kommt der Vmer, wenn der Ver seinen Antrag verspätet angenommen hat (es gibt keinen Handelsbrauch, daß der Ver die Frist des § 8 1 1 bis zur normalen Prüfungszeit des Antrages überschreiten dürfe: Stellungnahme des Aufsichtsamts auf Anfrage eines Gerichts, Bi VW 1950 S. 257). Verspätet in diesem Sinne ist eine Annahme, deren Rechtzeitigkeit auch nicht durch § 149 BGB fingiert werden kann (vgl. oben Anm. D 38). Den Antrag kann der Vmer nach § 19 AFB (auf den Z K B U 80 und die Bedingungen für die V gegen Mietverlust infolge von Brand, Blitzschlag oder Explosion verweisen), § 17 FBUB, § 18 AWaB grundsätzlich nur s c h r i f t l i c h annehmen, jedoch kann der Ver wie beim Antrag des Vmers (vgl. oben Anm. D 23) auch bei dessen A n n a h m e auf die Schriftform verzichten (im Ergebnis ebenso Prölss-Martin 23 § 81 Anm. 4, § 34a Anm. 3). Unklarheit besteht darüber, ob der Vmer auch stillschweigend oder konkludent (§151 BGB) annehmen kann, wobei zuweilen diese beiden Begriffe nicht unterschieden werden (z. B. nicht von Raiser § 8 Rdnr. 6; nicht von KG 28. X. 1925 VA 1926 S. 21), leider auch nicht vom Aufsichtsamt, wie aus der Notiz Bi. VW 1950 S. 257 hervorgeht. Hiernach hat das Aufsichtsamt auf Anfrage eines Gerichts geantwortet, der Vmer könne stillschweigend oder ausdrücklich annehmen, wobei der Hinweis auf § 151 BGB und die berichteten Umstände zeigen, daß k o n k l u d e n t (statt stillschweigend) gemeint ist. Sieg/Johannsen

285

Anm. D 45

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

[D 44] Daß der Antrag des Vers konkludent angenommen werden könne, ist gesichert (vgl. die aufsichtsamtliche, im vorigen Absatz wiedergegebene Auffassung, ferner O L G Naumburg 29. IX. 1933 VA 1934 S. 406; O L G Köln 2. XII. 1982 VersR 1983 S. 849). M.E. ist denjenigen zuzustimmen, die darüber hinaus im Zweifel auch Stillschweigen der Annahme gleichsetzen. Das folgt nicht aus der Rechtsprechung zum Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben (so aber K G 28. X . 1925 VA 1926 S. 21, O L G Königsberg 15.XII. 1925 VA 1926 S. 23), womit ja nur das k a u f m ä n n i s c h e Schweigen als Annahme zählte, sondern aus dem durch § 242 B G B sanktionierten Vertrauensschutz des Vers in den vom Vmer gesetzten Rechtsschein: Dieser hatte einen Antrag gestellt; wenn nichts dagegen spricht, daß er auch nach Ablauf der Annahmefrist an ihn gebunden sein wollte (wie in aller Regel), so schafft er durch sein Schweigen den Rechtsschein, er wolle zu seinem Vertragswillen stehen. Das hat vor allem dann zu gelten, wenn der Vmer sogar auf Prämienanforderungen nicht protestiert (hierin liegt vielleicht schon konkludente Annahme) und/oder wenn die Annahmefrist des Vers nur geringfügig überschritten war. Der Entscheidung B G H 31.1.1951 VersR 1951 S. 114, anknüpfend an die reichsgerichtliche Judikatur, ist daher zuzustimmen. Auf den zugunsten des Antragstellers anzuwendenden Vertrauensgrundsatz weist neuerdings Kramer JurA 1984 S. 235-250 mit Recht hin, der zugleich deutlich die stillschweigende von der konkludenten (§151 B G B ) Annahme unterscheidet. Allerdings wird man dem Vmer in diesem Falle das Anfechtungsrecht nach § 119 B G B (mit der Folge des § 121) zugestehen (was B G H 7. VI. 1984 B B 1984 S. 1317 umgekehrt einem O f f e r e n t e n zubilligt, der keinen Antrag im Rechtssinn stellen wollte, aber dessen Verhalten in dieser Weise vom Gegner verstanden werden konnte und auch verstanden worden ist. Vgl. Anmerkung hierzu Schubert J R 1985 S. 12). Die Annahmefrist des § 81 I gilt für den Vmer nicht, insoweit bleibt es bei § 147 II BGB. [D 45] 4. Uberschneidung der vorvertraglichen Anzeigepflicht mit der Gefahrstandspflicht Nach § 29 a finden die Vorschriften der §§ 23-29 auch Anwendung auf eine Gefahrerhöhung zwischen Antragstellung und Annahme, so daß sich für diesen Zeitraum die Regeln der vorvertraglichen Anzeigepflicht mit denen über die Gefahrerhöhung zu überschneiden scheinen. § 6 IV A F B übernimmt diese Regelung, weniger klar § 5 IV AWaB. In der umstrittenen Frage (vgl. Röhr, Die vorvertragliche Anzeigepflicht, 1980, 5. 99 N. 548, 549), ob die Regeln über die Gefahrerhöhung diejenigen über die vorvertragliche Anzeigepflicht verdrängen oder beide nebeneinander anwendbar sind, hat B G H 15. XI. 1978 VersR 1979 S. 73 (hierzu Hoegen, Neuere höchstrichterliche Rechtsprechung zum Vsvertragsrecht, 3. Aufl., Köln 1984, S. 22-23) für die F e u e r v in dem Sinne überzeugend Position bezogen, daß die A n t r a g s t e l l u n g den dies discretionis bildet. Was bis dahin im Gefahrenbereich vorliegt, ist den Vorschriften über die vorvertragliche Anzeigepflicht, was sich danach ereignet, den Regeln über die Gefahrerhöhung zu unterstellen. Damit hat der B G H einen Standpunkt eingenommen, der auch von Röhr a.a.O. vertreten wird. Das ist insofern logisch, als es auch für das Gegenstück der Gefahrerhöhung, nämlich die Gefahrminderung, auf den Zeitpunkt der Antragstellung ankommt (§ 41 a). Der Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 6. VII. 1979 für eine Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Vsverträge geht indes einen anderen Weg. Er kennt keinen 286

Sieg/Johannsen

III. Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

A n m . D 46

U b e r s c h n e i d u n g s z e i t r a u m : B i s z u r A n n a h m e d e s V e r t r a g e s gelten d i e V o r s c h r i f t e n über die vorvertragliche Anzeigepflicht, danach die B e s t i m m u n g e n über die G e f a h r erhöhung: Art. 4, vgl. M e y e r - K a h l e n , A n g l e i c h u n g des Vsvertragsrechts im G e m e i n s a m e n M a r k t , M ü n c h e n 1980, S. 81. A u f d i e A n n a h m e d e s A n t r a g s k o m m t es ü b r i g e n s n a c h g e l t e n d e m R e c h t an, w e n n z u p r ü f e n ist, o b R ü c k w ä r t s v v o r l i e g t . D i e s e ist d a n n z u b e j a h e n , w e n n d e r m a t e r i e l l e V s b e g i n n v o r d e r A n n a h m e liegt (§ 2 I), w a s , w i e u n t e r A n m . D 4 2 d a r gelegt, einer a u s d r ü c k l i c h e n V e r e i n b a r u n g b e d a r f . Z u D 45: V g l . h i e r z u a u c h u n t e r G 10.

III. Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages A u c h hier k ö n n e n in d e m s e l b e n R a h m e n w i e o b e n A n m . D 2 0 a n g e g e b e n , n u r d i e Besonderheiten dieser beiden Vssparten erörtert werden. [ D 46]

1. B u n d e s r e c h t a)

Rechtsgrundlagen

A u f s i c h t s r e c h t l i c h gilt d a s R u n d s c h r e i b e n R 6 / 7 7 v o m 3. X . 1 9 7 7 V e r B A V S. 4 0 2 . Sein Inhalt lautet:

1977

Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen hat am 3. Oktober 1977 folgendes Rundschreiben herausgegeben: R 6/77 An alle der Aufsicht des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen unterstehenden Versicherungsunternehmen mit Ausnahme der Pensions- und Sterbekassen, der Rückversicherer und der in Liquidation befindlichen Unternehmen Betr.: Aushändigung von Antragsdurchschriften und Allgemeinen Versicherungsbedingungen - AVB Der sachgerechte Abschluß und die ordnungsgemäße Durchführung von Versicherungsverträgen erfordern ein vertrauensvolles Zusammenwirken zwischen den Versicherungsunternehmen einerseits und den Versicherungsinteressenten sowie den Versicherungsnehmern andererseits. Dies setzt voraus, daß dieser Personenkreis sich über Art und U m f a n g des Versicherungsschutzes sowie über seine Pflichten informieren kann. D a der Versicherungsschutz und diese Pflichten nicht nur durch gesetzliche Vorschriften, sondern weitgehend in den Versicherungsbedingungen festgelegt sind, die die Versicherungsunternehmen verwenden, obliegt es ihnen, dem genannten Personenkreis Gelegenheit zu geben, sich jederzeit über seine Rechte und Pflichten umfassend zu unterrichten. Dies gilt auch für den Zeitraum vor Annahme des Versicherungsantrags. D a s Bundesaufsichtsamt hält daher die Beachtung der folgenden Hinweise und Grundsätze für erforderlich: 1. Bei Aufnahme eines Versicherungsantrags muß dem Antragsteller eine Durch- oder Abschrift des Versicherungsantrags kostenlos ausgehändigt oder unverzüglich nach Antragstellung übersandt werden. 2. Die dem Vertrag zugrunde liegenden AVB sind spätestens zusammen mit dem Versicherungsschein kostenlos zu übersenden, sofern sie nicht dem Antragsteller ausgehänSieg/Johannsen

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Anm. D 46

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

digt worden sind oder dieser ihre vorherige Übersendung wünscht. Dies gilt auch für Risikobeschreibungen und solche Satzungsbestimmungen, die für den Inhalt des Versicherungsvertrages von Bedeutung sind. 3. Die Aushändigung oder Ubersendung der vorstehenden Unterlagen kann entfallen, wenn und soweit der Antragsteller im Einzelfall ausdrücklich hierauf verzichtet. 4. In dem Antragsvordruck ist in leicht lesbarer Weise anzugeben, a) welche AVB, Satzungs- und Tarifbestimmungen für den Versicherungsvertrag gelten sollen und b) daß dem Antragsteller die Unterlagen gemäß Nr. 1 und 2 ausgehändigt worden sind. Für den Fall, daß dies nicht zutrifft, ist der Hinweis in den Vordruck aufzunehmen, daß eine Abschrift des Versicherungsantrags unverzüglich, die Unterlagen zu Nr. 2 spätestens zusammen mit dem Versicherungsschein - auf Wunsch jedoch früher - übersandt werden. Hiermit kann die Einschränkung verbunden werden, daß die Aushändigung oder Ubersendung unterbleibt, wenn der Antragsteller auf die einzeln aufzuführenden Unterlagen ganz oder teilweise verzichtet hat. Bei Unternehmen, die die Tarifbestimmungen in der Kraftfahrtversicherung nicht von sich aus den AVB beifügen, enthält der Antrag ferner die Frage, ob der Antragsteller ihre Ubersendung wünscht. 5. Das Bundesaufsichtsamt erwartet, daß alle Versicherungsunternehmen und deren Mitarbeiter die Antragsteller über die Bedeutung der Unterlagen zu Nr. 1 und 2 in angemessener Weise aufklären und sich jeder Beeinflussung mit dem Ziel enthalten, die Antragsteller zu einem Verzicht auf diese Unterlagen zu veranlassen. 6. Die Unterlagen zu Nr. 2 sind dem Versicherungsnehmer jederzeit auf Wunsch kostenlos zur Verfügung zu stellen, wenn und soweit sie nicht bereits Bestandteil des Versicherungsscheins sind. Sind diese Unterlagen bisher von dem Versicherungsunternehmen nicht generell zur Verfügung gestellt worden, so sind die Versicherungsnehmer spätestens bei dem nächsten Anschreiben im Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag darauf hinzuweisen, daß sie ihnen auf Wunsch kostenlos übersandt werden. 7. Vor jeder Vertragsänderung, die der Zustimmung des Versicherungsnehmers bedarf, muß ihm die Änderung im Wortlaut mitgeteilt und, soweit dies zu ihrem Verständnis erforderlich ist, in ihren Auswirkungen erläutert werden. Bei nicht zustimmungsbedürftigen Vertragsänderungen ist spätestens beim nächsten Anschreiben im Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag entsprechend zu verfahren. 8. Bei Versicherungsverträgen, die aufgrund telefonischer Antragstellung oder postalischer Ubersendung eines Antrags durch den Antragsteller zustande kommen, kann von der Ubersendung einer Durch- oder Abschrift des Versicherungsantrages abgesehen werden; im übrigen gelten Nr. 1 - 7 entsprechend. Bei Versicherungsverträgen, die durch Betätigung eines Automaten abgeschlossen werden, reicht es aus, wenn die AVB an dem Automaten oder in seiner unmittelbaren N ä h e leicht lesbar und dauerhaft angebracht sind. D a s Bundesaufsichtsamt wird es nicht beanstanden, wenn vorhandene Antragsvordrucke, die zwar den bisherigen aufsichtsbehördlichen Anforderungen, nicht aber Nr. 4 dieses Rundschreibens entsprechen, bis zum 31. Oktober 1978 verwendet werden. Dieses Rundschreiben ersetzt frühere aufsichtsbehördliche Verlautbarungen, soweit sie die Aushändigung von Antragsdurchschriften und AVB betreffen. Für die Pflicht zur Aushändigung bestimmter Unterlagen bei Antragstellung gilt in der Krankenversicherung das Rundschreiben R 5/71 Nr. 4 b. Unberührt bleiben ferner weitergehende Verpflichtungen aufgrund Geschäftsplans oder geschäftsplanmäßiger Erklärung sowie aufsichtsbehördliche Verlautbarungen zur sonstigen inhaltlichen und drucktechnischen Ausgestaltung von Antragsvordrucken und AVB. Die vorstehenden Grundsätze gelten nicht für Versicherungsverträge, denen AVB zugrunde liegen, die einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung nicht bedürfen. D e n Empfang des Rundschreibens bitte ich zu bestätigen.

288

Sieg/Johannsen

III. Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

Anm. D 48

Zu D 46:

Das Rundschreiben ist durch die zu D 20 dargestellte gesetzliche Entwicklung überholt.

[D 47] Nach § 3 I ist der Ver verpflichtet, dem Vmer einen Vsschein auszuhändigen, sei es, daß die Aushändigung zugleich den Zugang der Antragsannahme darstellt (Wirkungen: oben Anm. D 4 1 - 4 2 ) , sei es, daß der Vertrag schon vorher zustande gekommen ist. § 3 II 2 erwähnt die Kraftloserklärung des Vsscheins nach dessen Abhandenkommen oder Vernichtung. Im Bereich der Feuerv kommt solche Kraftloserklärung für den Vsschein selbst nicht in Betracht, wohl aber für die mit der Sicherungsübertragung zusammenhängenden Dokumente, nämlich für den gelben Vsschein (Formular 85) und die Vsbescheinigung (Formular 90). Beides sind hinkende Inhaberpapiere (vgl. oben Anm. C 2 5 - 2 6 ) , hinsichtlich deren § 808 II B G B das Aufgebotsverfahren (§§ 9 4 6 - 1 0 0 3 Z P O ) zuläßt. Nach §§ 75 II, 76 II ist das Verfügungsrecht über die Rechte aus dem Vsvertrag an den Besitz des Vsscheins, den zunächst der Vmer erhält (§ 75 I 2), geknüpft. Davon weichen § 12 I, II A F B ; § 11 AWaB z u g u n s t e n d e s V m e r s ab: Wer den Vsschein hat, ist gleichgültig (die F B U B enthalten keine Sonderregelung, vermutlich deshalb nicht, weil dort eine V für fremde Rechnung kaum vorkommt). Diese AVB-Regelung kann sich aber nicht behaupten, wo Nebenpapiere den Charakter hinkender Inhaberpapiere haben (s. vorigen Absatz) oder eine vom Papierbesitz gelöste V für Rechnung wen es angeht schaffen, d.h. im Bereich der Formulare 91 und 94 (vgl. oben Anm. C 2 5 - 2 6 ) , vgl. ferner Anm. C 46.

[D 48] b) Inhalt Der Vsschein muß in erster Linie die individuellen Abreden wiedergeben. Gerade für die Feuerv mit ihrem weitverzweigten Bedingungs- und Klauselwerk ist die Frage wichtig, was von diesem in den Vsschein aufgenommen werden muß. Die gängigen Formulare enthalten gegebenenfalls den H i n w e i s auf die A F B , die Z F g A (bzw. die Zusatzbedingungen für die Feuerv landwirtschaftlicher Betriebe), die Sonderbedingungen für die Neuwertv, die Sicherheitsvorschriften (die letzteren sind allerdings keine AVB), die F B U B , die AWaB, die Z K B U 80, die Bedingungen für die V gegen Mietverlust infolge von Brand, Blitzschlag oder Explosion. Der H i n w e i s genügt, weil es sich insoweit um leicht zugängliche und dem einschlägigen Kreis überdies in großen Zügen bekannte Bestimmungen handelt. Ihre Geltung für den Vertrag kann sich auch aus stillschweigender Vereinbarung oder ergänzender Vertragsauslegung ergeben: Möller § 3 Anm. 2 , 1 2 ; Eichler S. 182, vgl. auch Anm. A 36. Werden darüber hinaus Klauseln für die industrielle Feuer- oder Betriebsunterbrechungsv bzw. für die nichtindustrielle Feuerv vereinbart, so sind sie dem Vsschein a n z u h e f t e n . Dasselbe gilt für die Klausel 5.07 (Hypothekeninteressev). Die Literatur zur Frage, wie vollständig der Vsschein sein muß, leidet darunter, daß z.T. nicht ersichtlich ist, wie der Ausdruck „AVB" gebraucht wird (im engeren Sinn oder im weiteren, d. h. auch Besondere Bedingungen und Klauseln umfassend?). Auch ist die Wendung, die AVB (im weiteren Sinne) müßten in den Vsschein a u f g e n o m m e n werden, oder der Vsschein müsse sie e n t h a l t e n oder sie a n g e b e n , insofern nicht präzise, als daraus nicht hervorgeht, ob ihr Inhalt im einzelnen wiedergegeben werden muß oder o b eine Verweisung genügt. Einen Überblick über die vertretenen Meinungen zum Inhalt des Vsscheins gibt Langenberg, Die Verbriefung des VsvertraSieg/Johannsen

289

Anm. D 51

D. Abschluß und Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsv

ges im belgischen, deutschen, englischen, französischen, italienischen und niederländischen Recht, Diss. Hamburg 1971, S. 9. [D 49] 2. Landesrecht Der „Vsschein", der in den Rechtsquellen der öffentlichrechtlichen Monopolanstalten zuweilen erwähnt wird (z. B. § 32 FeuerkassenG Hamburg), darf nicht mit den Papieren des § 3 verwechselt werden (Damm DOV 1910 S. 405). Er ist oft nur Ausfertigung von Eintragungen in grundbuchähnlichen Registern, die über die Schätzwerte Auskunft geben. Die Namen variieren. Außer „Vsschein" kommen vor: Vsurkunde, Schätzungsbescheinigung, Auszug aus dem Feuervsbuch, Abschrift aus dem Brandvskataster (vgl. hierzu und zum Folgenden Schmidt-Sievers, Das Recht der öffentlichrechtlichen Sachv, Hamburg 1951, S. 63-64). Sie haben mit dem Vsschein im Sinne des § 3 gemeinsam, daß sie nicht konstitutive Urkunden sind (Damm D O V 1910 S. 406). [D 50] 3. Beweiswert Als öffentliche Urkunde haben die unter Anm. D 49 besprochenen Dokumente Beweiswert nach § 417 ZPO, d. h. sie beweisen, daß die Erklärung abgegeben worden, ihr Inhalt zutreffend ist und das Rechtsverhältnis vollständig wiedergegeben wurde (diese Urkunden fallen aber nicht unter § 415 ZPO, weil der Aussteller nicht neutraler Dritter ist, sondern Partei des darin beurkundeten Rechtsverhältnisses: Damm D Ö V 1910 S. 405; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 43. Aufl., München 1985, § 415 Anm. 3). Man sagt, daß die Vsscheine der p r i v a t e n Ver nur geringeren Beweiswert hätten (Ehrenzweig S. 68 N. 3; Bruck S. 219), weil sich hier die Vermutung nach §§ 416, 440 Z P O nur auf die A b g a b e der Erklärung, nicht auf deren I n h a l t beziehe. Da aber die Vsscheine im Sinne von § 3 Vertragsurkunden sind, die alle Vereinbarungen wiedergeben müssen, ist der Beweiswert dem der öffentlichen Urkunden angeglichen (Langenberg, Die Verbriefung des Vsvertrages im belgischen, deutschen, englischen, französischen, italienischen und niederländischen Recht, Diss. Hamburg 1971, S. 25; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann a.a.O. § 416 Anm. 2 C. Ähnlich Eichler S. 181). [D 51] 4. Nebenpapiere Die wichtigsten Nebenpapiere sind bereits behandelt, nämlich der gelbe Vsschein (Formular 85), die Vsbescheinigung (Formular 90), der Sicherungsschein (Formular 91), die Sicherungsbestätigung (Formular 94), s. oben Anm. C 25-26, Anm. D 47. Wenn der Ver auf Einwendungen verzichtet, die er gegenüber seinem Vmer hätte (vgl. Formulare 85, 91), ist die grundsätzlich bestehende Abhängigkeit der Deckung des Vten von der des Vmers aufgehoben. Der Einredenausschluß umfaßt auch Fälle der Nichtigkeit wegen Über- und Doppelv (§§ 51 III, 59 III). Bedenken gegen die Wirksamkeit sind angesichts § 103 III unbegründet. Der gelbe Vsschein (Formular 85) hat eine e i n f a c h e Sicherungszession zur Grundlage, denn bei a u f l ö s e n d b e d i n g t e r Sicherungszession bleibt der K r e d i t n e h m e r Vmer (oben Anm. C 23-24), während nach dem gelben Vsschein der K r e d i t g e b e r Vmer wird. Der gelbe Vsschein dokumentiert einen (Teil-)Ubergang des Vsverhältnisses unter Abänderung von §§ 69-73. Die Anzeige von der Veräußerung liegt in dem Antrag auf Ausstellung des gelben Vsscheins; bei Weiterveräußerungen 290

Sieg/Johannsen

III. Verbriefung des Feuer- und Betriebsunterbrechungsversicherungsvertrages

Anm. D 52

verzichtet der Ver auf die Anzeige nach § 71; Ver und Erwerber verzichten auf das Kündigungsrecht nach § 70. Eine Prämienmithaft des Erwerbers (§ 69 II) kommt nicht in Betracht, weil die Prämie bei der Ausstellung des gelben Vsscheins im voraus bezahlt sein muß. Wird der Anspruch aus dem gelben Vsschein zediert, hat der Erwerber nach §§ 402, 952 B G B Anspruch auf diese Police. D a sie kein echtes Inhaberpapier ist, folgt nicht das Recht aus dem Papier dem Recht am Papier, es gilt die umgekehrte Regel. Der Zubehör-Hypothekensicherungsschein (Formular 65) wurde oben Anm. C 33 vorgestellt. An denselben Kreis wie Formular 65, nämlich an Grundpfandgläubiger, wendet sich Formular 61. In seinem oberen Teil wird das Grundpfandrecht angemeldet, während der Ver auf dem unteren Teil die Anmeldung bestätigt und damit zugleich Auskunft im Sinne des § 107 gibt. Auf diese Anmeldung nehmen unmittelbar Bezug die §§ 100-103, 106, 107. §§ 104, 105, 107a verweisen auf §§ 102, 103. Für die Reallast gibt es trotz § 107 b kein vergleichbares Formular, wahrscheinlich weil in der Praxis ohne Bedeutung.

[D 52] 5. Europarecht Mit dem Vsschein befaßt sich der Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Vsverträge vom 6. V I I . 1979. Art. 2 Ziff. 1 umschreibt den Mindestinhalt weiter aufgefächert als § 3 I, jedoch gehören die AVB nicht dazu (hierzu Meyer-Kahlen, Die Angleichung des Vsvertragsrechts im Gemeinsamen Markt, München 1980, S. 45). Ziff. 2 gibt dem Vmer das Recht, interimistisch eine Vsbestätigung zu verlangen, die das deutsche Recht (wenn auch mit anderer Zielsetzung) nur in der Pflichtv kennt. Nach Ziff. 5 ist der Vsschein wie nach deutschem Recht kein konstitutives Papier, auch der Beweiswert ist derselbe wie nach deutschem Recht: Vermutung für vollständigen und richtigen Inhalt (oben Anm. D 50); Meyer-Kahlen a.a.O. S. 47. Ziff. 6 behandelt die Frage der Sprache des Vsscheins und gibt dem Vmer das Recht, eine Ubersetzung des Schriftwechsels in die Sprache seines ständigen Wohnsitzes zu verlangen, sofern es sich um eine Amtssprache der E G handelt (hierzu Meyer-Kahlen a.a.O. S. 4 9 - 5 0 ) . Ziff. 7 spricht von kurzfristigen Ven und von Inhaberpolicen. O b echte oder hinkende Inhaberpapiere gemeint sind, läßt die Wortfassung offen. In der Feuerv kommen nur N e b e n p a p i e r e als hinkende Inhaberpapiere vor (oben Anm. C 2 5 - 2 6 ) . Echte Inhaberpapiere spielen weder in der Feuer- noch in der Betriebsunterbrechungsv eine Rolle. Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung vom 19. I X . 1980 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 265/80 vom 13. X . 1980) gefordert, daß die Kurzfristigkeit im Sinne der Ziff. 7 präzisiert werde. In Art. 2 des Vorschlags fehlt eine Parallele zu § 3 II—IV (Ersatzurkunde, Abschrift vom Vsschein, Kosten hierfür).

Zu D 52:

Diese Richtlinie ist bisher nicht in Kraft getreten, vgl. die Zusammenstellung von Roth in B K Europäisches Vsrecht R N 1 0 9 , 1 4 7 .

Sieg/Johannsen

291

E. Dauer des Versicherungsschutzes Gliederung: I. Vorbemerkung E 1 II. Regelung langfristiger Versicherungsverträge durch § 8 E 2-12

III. Kündigung nach dem Versicherungsfall gemäß § 96 E 13-19 weitere Untergliederung vor E 13

weitere Untergliederung vor E 2

[E 1] I. Vorbemerkung Der B e g i n n des Vsschutzes in der Feuerv ist von Sieg in D 35-41 erläutert worden. Hierauf sowie auf die Ergänzungen der Verfasser zu D 20, 41, 42 wird verwiesen, ferner für die Bedeutung des Begriffs des Vsfalls für die zeitliche Abgrenzung des Vsschutzes auf H 84. Die Dauer der Vsverträge wird in der Feuerv nicht durch die üblichen Bedingungswerke bestimmt sondern durch individuelle Vereinbarungen oder beim Massengeschäft wie in der Hausratv durch Antragsformulare. Sie beträgt in der Industriefeuerv meist nur ein Jahr, seltener sind Drei- oder Fünf-Jahresverträge (Josten-Horn S. 7), während in der Wohngebäude- und Hausratv längere Laufzeiten üblich sind, insbesondere häufig Zehn-Jahres-Verträge abgeschlossen werden. Diese lange Bindung der Vmer ist - auch für andere Vszweige - in der Vergangenheit aus Verbraucherschutzgesichtspunkten heftig kritisiert worden. D a die Laufzeiten der Verträge überwiegend durch Antragsformulare bestimmt werden, unterliegen sie der Kontrolle nach dem A G B G (jetzt §§ 305-310 B G B n. F.). Es ist zwar § 11 Nr. 12 A G B G , der die Laufzeit von Dauerschuldverhältnissen auf zwei Jahre beschränkt, gemäß § 23 II Nr. 6 A G B G nicht auf Vsverträge anwendbar (jetzt § 309 Nr. 9a B G B n.F.). Die Angemessenheit langer Laufzeiten ist aber nach §§ 9 I A G B G , 307 B G B n.F. überprüfbar (BVerfG 4. VI. 1985 N J W 1986 S. 243-244, vgl. hierzu unter E 4). Die Kritik an der langfristigen Bindung der Vmer hat auch in den Jahren 1990 und 1994 zu Neufassungen der für die Dauer von Vsverträgen maßgeblichen Vorschrift des § 8 geführt, die unter E 5 - 7 erläutert werden, während für die unverändert gebliebenen Vorschriften des § 8 I über Verlängerungsklauseln, wie sie in den modernen Feuervsbedingungen üblicherweise vorgesehen sind, z . B . §§ 8 Nr. 4 A F B 87, 19 Nr. 4 V G B 88, 15 Nr. 4 V H B 84 und 92, und § 8 II über die auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vsverträge, die in der deutschen Feuerv praktisch nicht vorkommen, auf die ausführliche Kommentierung von Möller in Bd I zu § 8 verwiesen wird. Für die B e e n d i g u n g des Vsschutzes in der Feuerv ist die Kündigung des Vsvertrages nach Eintritt des Vsfalles gemäß § 96 von erheblicher Bedeutung, vgl. dazu unter E 8-11. Daneben kommen zahlreiche andere Kündigungsmöglichkeiten in Betracht, die in diesem Band an anderer Stelle behandelt werden, nämlich die Kündigung bei Prämienerhöhung unter F 8-9, bei Prämienverzug unter F 12, bei Gefahrerhöhung unter G 57 und 60, bei Verletzung von Sicherheitsvorschriften unter G 81, bei Doppelv G 92 und 93, oder bereits in den früheren Bänden kommentiert worden sind, vgl. den Uberblick Johannsen/Johannsen

293

Anm. E 1

E. Dauer des Versicherungsschutzes

bei Möller in Bd I Anm. 19-29 zu § 8, sowie Sieg in Bd II zur Kündigung bei Veräußerung der verten Sache (dazu ergänzend auch J 117). Der Vsschutz kann auch durch den W e g f a l l des v e r t e n I n t e r e s s e s enden(vgl. dazu Sieg in Bd II zu § 68). Nachträglicher Interessenwegfall im Sinne von § 68 II, der zum Erlöschen des Vsvertrages führt ( B G H 15. IV. 1987 VersR 1987 S. 704-705; O L G Hamm 17. VI. 1992 VersR 1992 S. 48-50; Sieg a.a.O. Anm. 10; Römer in Römer-Langheid R N 8 zu § 68; Beckmann in B K R N 21 zu § 68; a. A. Kollhosser in Prölss-Martin R N 13 zu § 68, wie hier aber R N 28 zu § 69), setzt allerdings voraus, daß ein zunächst vorhandenes vtes Interesse unter keinem Gesichtspunkt mehr gegeben ist. Er liegt deshalb bei der Feuerv für G e b ä u d e , wie sich bereits aus § 88 ergibt, nicht schon dann vor, wenn diese durch Alter oder Beschädigungen gegenüber dem Zustand bei Abschluß des Vsvertrages erheblich an Wert verloren haben. Selbst dann, wenn ein Gebäude zum Abriß bestimmt ist, besteht meist noch ein beschränktes Interesse des Eigentümers an dem Materialwert des Gebäudes. Nur in Ausnahmefällen, wenn die dem Vmer entstehenden Abrißkosten höher als der Materialwert sind, ist das vte Interesse vollständig entfallen ( B G H 31. III. 1976 VersR 1976 S. 577-579). Es kann aber durch den Eintritt des Vsfalles gemäß § 68 IV weggefallen sein, wenn z . B . das vte Gebäude durch einen Brand vollständig zerstört worden ist ( B G H 8. III. 1992 VersR 1992 S. 1221-1222 = r + s 1992 S. 381-382). Für diesen Fall ist zwar das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien beendet, es besteht aber bei Geltung einer üblichen Wiederaufbauklausel weiterhin ein Abwicklungsverhältnis, aus dem sich bei Erfüllung ihrer Voraussetzungen ein Anspruch auf Zahlung der Neuwertentschädigung ergibt (Kollhosser a.a.O. R N 27; Schirmer r + s 1993 S. 81-88). Probleme ergeben sich insbesondere dann, wenn der Vmer das Grundstück mit dem zerstörten Gebäude veräußert. Nach der Rechtsprechung des B G H 8. VI. 1988 VersR 1988 S. 925-926, 8. VII. 1992 a.a.O. entsteht der Anspruch auf den Neuwertanteil an der Vsentschädigung in der Person des Erwerbers, wenn dieser den Wiederaufbau durchführt, er erwerbe dieses sich aus dem alten Vsverhältnis des Veräußerers ergebende Recht gemäß § 69. Dieser Auffassung ist trotz der kritischen Einwendung von Schirmer a.a.O., daß nach der völligen Zerstörung ein vter Gegenstand, der veräußert werden könne, überhaupt nicht mehr vorhanden sei, aus praktischen Gründen zu folgen. Die sich für den Vmer aus dem beendeten Rechtsverhältnis ergebende Rechtsposition, daß er bei Wiederaufbau oder dessen Sicherstellung Anspruch auf die Neuwertentschädigung habe, kann nicht durch die Veräußerung einfach entfallen (so aber O L G Celle 5. VI. 1991 r + s 1991 S. 381-382, zustimmend Boldt VersR 1994 S. 281-282). Bei der Entscheidung der allein erheblichen Frage, ob die Entschädigung dem Veräußerer (so Schirmer a.a.O.) oder dem Erwerber gebühre, entspricht es dem Zweck der strengen Wiederaufbauklausel besser, daß der Neuwertanteil der Entschädigung demjenigen zusteht, der den Wiederaufbau durchführt (Kollhosser a.a.O. R N 28, vgl. auch J 22 und 29). Bei b e w e g l i c h e n S a c h e n , die in der Feuerv regelmäßig im Rahmen eines Inbegriffs im Sinne von § 54 vert zu werden pflegen, kommt eine Vertragsbeendigung wegen Wegfalls des verten Interesses nur dann in Betracht, wenn keine Sache des verten Inbegriffs mehr vorhanden ist ( O L G Hamm 17. VI. 1992 VersR 1993 S.48-50; Möller in Bd II Anm. 33zu § 54; Sieg in Bd II Anm. 100 zu § 68), also z . B . alle Sachen aus einem Warenlager entfernt oder durch einen Brand vernichtet worden sind. Interessewegfall tritt auch bei Vermietung oder Verpachtung eines verten Inventars ein, wenn nicht die Umstände ergeben, daß statt des eigenen Interesses des Vmers dasjenige des Mieters oder Pächters vert sein soll ( B G H 15. IV. 1987 VersR 1987 S. 704-705). Eine Betriebsverlegung führt zu einer Beendigung des Vsvertrages wegen Interessenwegfalls, wenn an dem im Vertrag bezeichneten Vsort keine vten Sachen mehr zurückbleiben (so ausdrücklich O L G Hamm a.a.O., während B G H 5. X I . 1986 294

Johannsen/Johannsen

II. Regelung langfristiger Versicherungsverträge durch § 8

Anm, E 2

VersR 1987 S. 147-149; O L G H a m m 22. IX. 1993 r + s 1994 S. 65-67 nur auf die entsprechende Regelung in § 4 I AFB 30 abstellen). Auch wenn die Betriebsverlegung dem Ver oder seinem Agenten mitgeteilt worden ist, erstreckt sich der Vsschutz nicht auf die in die neuen Betriebsräume eingebrachten Sachen, sondern ist hierfür der Abschluß eines neuen Vertrages erforderlich ( B G H a.a.O.; O L G Karlsruhe 3. VI. 1993 r + s 1993 S. 426; O L G H a m m 22. IX. 1993 r + s 1994 S. 65-67). Allerdings kann nach den zitierten Entscheidungen eine Schadensersatzpflicht des Vers bestehen, wenn er die Mitteilung über die Betriebsverlegung nicht bearbeitet, den Vmer nicht über den fehlenden Vsschutz aufklärt oder dafür gesorgt hat, daß dieser eine vorläufige Deckungszusage oder das Angebot eines neuen Vertrages erhielt. Der T o d des Vmers führt grundsätzlich nicht zur Vertragsbeendigung, weil Sachvsverträge gemäß §§ 1922, 1967 BGB auf den Erben übergehen. Für die Hausratv wird vertreten, daß durch den Tod des Vmers das verte Interesse wegfalle, wenn der Erbe nicht in der verten Wohnung wohne, weil diese dann nicht als „seine" Wohnung im Sinne der Bedingungen angesehen werden könne (Martin 3 G IV 94-96, 102, VersR 1986 S. 562-564). Dem ist nicht zuzustimmen. Der Erbe hat vielmehr bis zur Entfernung der Sachen aus der Wohnung ein evidentes Interesse an dem Fortbestehen des Vsschutzes gerade in der kritischen Zeit, in der die Wohnung nicht mehr von dem bisherigen Vmer bewohnt wird ( B G H 24. III. 1993 VersR 1993 S. 740; O L G H a m m 29. XI. 1991 VersR 1992 S. 694-695; Schirmer ZVersWiss 1984 S. 553-591, 561). Von Bedeutung ist das Problem für die V H B 74, die eine Regelung f ü r den Todesfall nicht vorsehen, während nach §§ 10 Nr. 4 V H B 84,15 Nr. 6 V H B 92 das Vsverhältnis zwei Monate nach dem Tod des Vmers endet, wenn nicht bis dahin ein Erbe die Wohnung in gleicher Weise wie der Vmer nutzt. B G H 24. III. 1993 a.a.O. hat für die V H B 74 angenommen, daß der Vsvertrag f ü r eine Übergangszeit nach dem Tod des Vmers bestehen bleibt, die im Streitfall mit 7 Wochen nicht als überschritten angesehen wurde. Einen Interessewegfall wird man regelmäßig erst mit der Wohnungsauflösung annehmen können (Knappmann in Prölss-Martin 2 6 R N 7 zu § 10 VHB). Zum Wohnungswechsel und Auszug des Vmers bei einer Trennung von Ehegatten vgl. unter H 133-134.

II. Regelung langfristiger Versicherungsverträge durch § 8 W G Gliederung: Schrifttum E 2 1. Allgemeines E 3 2. Beurteilung bis zum 31. XII. 1990 abgeschlossener Altverträge E 4 3. Der Schutz des Vmers durch § 8 in der Fassung des Gesetzes vom 17. XII. 1990 E 5 - 8 a) Kündigungsrecht E 5 b) Widerrufsrecht E 6-8 aa) Voraussetzungen E 6

[E 2]

bb) Belehrung E 7 cc) Ausschluß des Widerrufsrechts E 8 4. Der Schutz des Vmers durch § 8 in der Fassung des Gesetzes vom 21. VII. 1994 E 9-12 a) Kündigung E 9 b) Widerruf E 10-12 aa) Widerrufsfrist E 10 bb) Belehrung E 11 cc) Ausschluß des Widerrufsrechts E 12

Schrifttum

Fetzer VersR 1996 S. 169-171, Heinrichs N J W 1994 S. 1380-1388, ν. Hippel JZ 1990 S. 730-733, S. 984, K o c h VersR 1991 S. 725-731, Leverenz N J W 1997 S. 4 2 1 - 4 2 6 , Präve V W 1991 S. 4 8 8 - 4 9 0 , Z f V 1992 S. 6 2 - 6 8 , Z f V 1994 S. 2 2 7 - 2 3 5 , Reiff VersR 1997 S. 2 6 7 - 2 7 3 , Renger VersR Johannsen/Johannsen

295

E. Dauer des Versicherungsschutzes

Anm. E 3

1994 S. 753-759, Römer in Recht und Ökonomie der V Festschrift für Egon Lorenz, Karlsruhe 1994 S. 449-452, Schimikowski ZfV 1991 S. 632-636, r + s 1994 S. 441-444, Schirmer VersR 1996 S. 1045-1056, Sieg VersR 1992 S. 1-6, Teske N J W 1991 S. 2793-2804, Wille VersR 1992 S. 129142, S. 1172-1187, VersR 1995 S. 1404-1416. [E 3]

1. Allgemeines

Die Vorschrift ist mehrfach geändert worden. Unverändert ist lediglich § 8 I über die zwingende Beschränkung von Verlängerungsklauseln auf ein Jahr geblieben. Durch VO vom 19. XII. 1939 ist ein Kündigungsrecht für auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Vsverträge geschaffen worden (vgl. dazu Möller in Bd I Anm. 15-17 zu § 8). Die gegen Ende des vorigen Jahrhunderts in Politik und Wissenschaft geführte Auseinandersetzung über die zulässige Dauer von Vsverträgen hat zunächst zu dem Gesetz vom 17. XII. 1990 zur Änderung vsrechtlicher Vorschriften (BGBl I S. 2864) geführt, durch das ein Kündigungsrecht auch für befristete Verträge eingeführt wurde sowie ein Widerrufsrecht für langfristige Verträge. Kündigungs- und Widerrufsrecht sind sodann durch das Gesetz vom 21. VII. 1994 zur Umsetzung der 3. vsrechtlichen EU-Richtlinien (BGBl I S. 1630) erheblich abgeändert worden. § 8 gilt je nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in drei unterschiedlichen Fassungen. Die Ursprungsfassung von Abs. I und II gilt für die bis zum 31. XII. 1990 abgeschlossenen Verträge (dazu unter E 4). Die durch das G. vom 17. XII. 1990 eingefügten Absätze III und IV gelten gemäß Art. IV des Gesetzes für die ab 1.1.1991 abgeschlossenen Verträge (dazu unter E 5-6). Die Neuregelung durch das G. vom 21. VII. 1994 ist am 29. VII. 1994 in Kraft getreten und gilt grundsätzlich für die ab diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Verträge; der das Kündigungsrecht betreffende § 8 III ist aber gemäß Art. 16 § 5 III des Gesetzes bereits auf nach dem 24. VI. 1994 geschlossene Verträge anwendbar. Auf Altverträge findet danach das neue Kündigungs- und Widerrufsrecht grundsätzlich keine Anwendung. Das ist gelegentlich für unbefriedigend angesehen worden. Das BAV VA 1991 S. 272 hat deshalb für die Novelle 1990 darauf hingewiesen, daß das Kündigungsrecht gelte, wenn nach dem Stichtag eine wesentliche Änderung von Altverträgen vorgenommen werde. Dem ist zuzustimmen, wenn es sich um solche Vertragsänderungen handelt, die es zulassen den Änderungsvertrag als einen N e u a b s c h l u ß anzusehen. Eine solche Beurteilung hat schon das RG 9.1.1925 RGZ 110 S. 152-155 bei einem Feuervsvertrag angenommen, bei dem nachträglich die Vssumme auf das 5fache erhöht und die Gefahrenlage neu beschrieben worden war (ähnlich BGH 14. XI. 1984 VersR 1985 S. 129-131 zur Erhöhung der Vssumme nach Inkrafttreten des AGBG). Nicht jede Vertragsänderung kann als Neuabschluss beurteilt werden, wohl aber eine solche, bei der nicht nur einzelne Bestimmungen sondern mehrere wesentliche Vertragspunkte wie Vssummen, Prämienhöhe oder Vertragslaufzeit, ohne daß nur von einer Verlängerungsklausel Gebrauch gemacht wird, in einer die Interessen beider Vertragspartner erheblich berührenden Weise abgeändert werden (Präve VW 1991 S. 488-491, Gruber in BK R N 7 zu § 8). In einem solchen Fall findet dann nicht nur das neu geregelte Kündigungsrecht sondern auch das Widerrufsrecht Anwendung (Gruber a.a.O.). Dazu, daß die Kündigung des Vmers in der Gebäudefeuerv bei belasteten Grundstücken, wenn der Gläubiger seine Hypothek bei dem Ver angemeldet hat, den Beschränkungen des § 106 unterliegt, vgl. J 83-89.

296

Johannsen/Johannsen

II. Regelung langfristiger Versicherungsverträge durch § 8

[E 4]

Anm. E 4

2. Beurteilung bis zum 31. XII. 1990 abgeschlossener Altverträge

Für diese Verträge gelten zunächst die Schutzvorschriften des § 8 I und II (vgl. dazu Möller in Bd I zu § 8), die aber für die Feuerv nur geringe Bedeutung haben. Die in den Bedingungen geregelten üblichen Verlängerungsklauseln, z . B . §§ 8 Nr. 4 A F B 87, 15 Nr. 4 V H B 92, 19 Nr. 4 V G B 88 widersprechen § 8 I nicht, weil die Verlängerung jeweils auf ein Jahr begrenzt ist. Die von Abs. II erfaßten Vsverhältnisse auf unbestimmte Zeit sind in Deutschland anders als in Osterreich (dazu Ehrenzweig S. 101) nicht üblich. Das R A A hatte bereits zu Anfang des vorigen Jahrhunderts den Abschluß von Verträgen mit einer längeren Laufzeit als höchstens 10-12 Jahren verboten (vgl. die Nachweise bei Möller in Bd I Anm. 3 zu § 8). Später haben die Feuerver geschäftsplanmäßige Erklärungen abgegeben, Vsverträge nur mit einer Laufzeit bis zu 10 Jahren abzuschließen (Boldt 5 S. 44). Von erheblicherer Bedeutung ist bei den langjährigen Verträgen der Schutz des Vmers durch das A G B G (jetzt §§ 3 0 5 - 3 1 0 B G B n.F.). Gerade die Zehn-Jahres-Verträge sind wegen des Fehlens einer gesetzlichen Kündigungsmöglichkeit unter Verbraucherschutzgesichtspunkten heftig kritisiert worden (vgl. z . B . v. Hippel J Z 1990 S. 730-733, 984; Präve ZfV 1992 S. 62-68). 1992/93 wurden von den Verbraucherschutzverbänden 27 Verbandsklagen angestrengt, die den Abschluss von langfristigen Vsverträgen aus der Zeit vor dem 1.1.1991 betrafen (Heinrichs N J W 1994 S. 1380-1388, 1387). Zu den Ergebnissen dieser Rechtsstreite vgl. die ausführliche Darstellung von Wille VersR 1992 S. 129-142, 1172-1187, VersR 1995 S. 1404-1416). Der B G H hat mit Urteilen vom 13. VII. 1994 zur Unfallv B G H Z 127 S. 3 5 - 4 7 = VersR 1994 S. 1049-1052, zur Hausratv VersR 1994 S. 1052-1053 = B B 1994 S. 1736-1739 und zur Privathaftpflichtv (Anm. der Redaktion in VersR 1994 S. 1049), sowie mit Urteil vom 22.11.1995 VersR 1995 S. 4 5 9 - 4 6 0 zur Wohngebäudev die formularmäßige Bestimmung einer zehnjährigen Laufzeit, bzw. die Verlängerung des Vsvertrages um 10 Jahre wegen Verstoßes gegen § 9 A G B G für unwirksam erklärt. Der B G H hat formularmäßige Regelungen über die Laufzeit eines Vsvertrages trotz ihres Einflusses auf die Prämienkalkulation nicht als bloße Leistungsbeschreibung im Sinne von § 8 A G B G angesehen sondern nach § 9 A G B G für kontrollierbar erklärt (vgl. zu diesem Problem Römer in Festschrift für Egon Lorenz S. 449-472). Er hat - entgegen der vom O L G Düsseldorf 5. IV. 1990 VersR 1991 S. 989-991 mit Anm. von Estel S. 991-992 vertretenen Ansicht - ein gesetzliches Leitbild für eine bestimmte Dauer von Vsverträgen verneint, aber auf Grund einer Abwägung der Interessen der Vertragsparteien eine unangemessene Benachteiligung der Vmer durch eine 10jährige Vertragsdauer bejaht. Den berechtigten Interessen der Ver, die Verträge aus Wettbewerbsgründen so zu gestalten, dass angemessene Prämien kalkuliert werden könnten, stünden erheblichere Belastungen der Vmer gegenüber, deren Dispositionsfreiheit deutlich beeinträchtigt sei, weil sie die V nicht an unvorhergesehene Veränderungen wirtschaftlicher oder persönlicher Umstände anpassen oder gegebenenfalls ganz darauf verzichten könnten, das Risiko weiter zu vern. Für Verträge mit einer Laufzeit von 5 Jahren hat der B G H hingegen zur Reparaturkostenv (28. VI. 1995 VersR 1995 S. 1185-1188), zur Unfallv (6. X I I . 1995 VersR 1996 S. 177-178) und zur Rechtsschutzv (26. III. 1997 VersR 1997 S. 685-687) einen Verstoß gegen § 9 A G B G verneint, weil die auch bei solchen Verträgen vorhandene Belastung des Vmers weniger erheblich sei und er das Risiko bei einem Zeitraum von 5 Jahren besser übersehen könne. Für die Wohngebäude- und Hausratv fehlt es an entsprechenden Entscheidungen. Da die Argumentation des B G H zu den Zehn-Jahres-Verträgen für die einzelnen Vszweige weitgehend übereinstimmt, kann davon ausgegangen werden, daß die formularmäßig bestimmte Fünf-Jahres-Dauer von Hausrats- und Johannsen/Johannsen

297

Anm. E 4

E. Dauer des Versicherungsschutzes

Gebäudevsverträgen vom B G H ebenfalls nicht als AGBGwidrig beanstandet werden wird (vgl. dazu Prave AGBG Nr. 478). Daß in der Zeit vor dem 1.1.1991 formularmäßig abgeschlossene Zehn-Jahres-Verträge AGBGwidrig, Fünf-Jahres-Verträge aber nicht zu beanstanden sind, wird inzwischen überwiegend angenommen. Kritisiert wird die Rechtsprechung des B G H insoweit nur für die Fälle, in denen die Antragsformulare die Möglichkeit vorsahen, eine kürzere Laufzeit zu wählen (Wille VersR 1995 S. 1404-1416, Leverenz NJW 1997 S. 421-426). Auf diesen Streit, für dessen Entscheidung es auf Nuancen der Gestaltung des Antragsformulars ankommt, soll hier nicht im einzelnen eingegangen werden. Dem B G H ist jedoch im Grundsatz darin zuzustimmen, daß eine Kontrollfähigkeit des Antragsformulars dann besteht, wenn die vorformulierte Laufzeit von zehn Jahren so im Vordergrund steht, daß eventuell vorhandene Wahlmöglichkeiten dahinter zurücktreten (Präve AGBG Nr. 486). Für zehnjährige Laufzeiten bei Verträgen im kaufmännischen Verkehr liegen, soweit ersichtlich, Gerichtsentscheidungen zu § 9 AGBG nicht vor. Die Gründe, die gegenüber Verbrauchern zur Unwirksamkeit der langen Bindung führen, treffen hier nicht im gleichen Maße zu, sodaß von ihrer Wirksamkeit auszugehen ist. Das gleiche gilt für individuell ausgehandelte Verträge, deren Wirksamkeit der B G H in seinen Entscheidungen vom 13. VIII. 1994 a.a.O. offengelassen hat. In Ubereinstimmung mit der Rechtsprechung des B G H zu langfristigen Verträgen auf anderen Rechtsgebieten (z. B. zum Bierlieferungsvertrag B G H 27. II. 1985 NJW 1985 S. 2693-2696, 8. IV. 1992 NJW 1992 S. 2145-2146) ist davon auszugehen, daß die zehnjährige Dauer allein nicht die Sittenwidrigkeit eines solchen Vertrages begründet, sondern weitere eine Vertragspartei unzumutbar belastende Umstände hinzutreten müssen (so im Ergebnis auch Prölss in Prölss-Martin 26 R N 38 zu § 8).

3. Der Schutz des Versicherungsnehmers durch § 8 W G in der Fassung des Gesetzes vom 17. XII. 1990 Die durch das G. v. 17. XII. 1990 (BGBl I S. 2864) in § 8 neu eingefügten Absätze III und IV, von denen gemäß § 15 a nicht zum Nachteil des Vmers abgewichen werden kann, lauten wie folgt: (3) Der Versicherungsnehmer kann ein Versicherungsverhältnis, das für eine Dauer von mehr als drei Jahren eingegangen ist, zum Ende des dritten Jahres oder jedes darauffolgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten kündigen, es sei denn, daß der Versicherer dem Versicherungnehmer schriftlich vor Abschluß des Vertrages auch Verträge für die Dauer von einem Jahr, drei, fünf und zehn Jahren angeboten hat und dabei auf Verträge mit einer Dauer von fünf und mehr Jahren einen Prämiennachlaß einräumt, dessen Vomhundertsatz mindestens der Dauer der Laufzeit entspricht. (4) Wird ein Versicherungsvertrag mit einer längeren Laufzeit als ein Jahr abgeschlossen, so kann der Versicherungsnehmer innerhalb einer Frist von 10 Tagen ab Unterzeichnung des Versicherungsantrages seine auf den Vertragsabschluß gerichtete Willenserklärung schriftlich widerrufen. Maßgeblich für die Wahrung der Frist ist der Eingang der schriftlichen Widerrufserklärung bei dem Versicherer. Das Widerrufsrecht besteht nicht, wenn der Versicherungsnehmer Vollkaufmann ist oder wenn der Versicherer auf Wunsch des Versicherungsnehmers sofortigen Versicherungsschutz gewährt. Der Versicherungsnehmer ist über das Widerrufsrecht schriftlich zu belehren.

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Johannsen/Johannsen

II. Regelung langfristiger Versicherungsverträge durch § 8

[E 5]

Anm. E 5

a) Kündigungsrecht

Durch Absatz II ist für langjährige Vsverträge ab einer Dauer von drei Jahren grundsätzlich ein Kündigungsrecht eingeräumt worden, daß zum Ende des dritten Jahres oder jedes darauf folgenden unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten ausgeübt werden kann. Zugleich gewährt das Gesetz unter besonderen Voraussetzungen die Möglichkeit, unkündbare Vsverträge von langjähriger, sogar zehnjähriger Dauer abzuschließen. Dafür ist erforderlich, daß der Ver dem Vmer vor Vertragsabschluß schriftliche Angebote über Verträge mit verschiedenen Laufzeiten macht und dabei auf Verträge mit einer Laufzeit von fünf und zehn Jahren bestimmte Prämiennachlässe einräumt. Diese Angebote zu machen, ist der Ver nicht verpflichtet ( O L G Stuttgart 17. XII. 1993 VersR 1995 S. 202-204; Wille VersR 1995 S. 202-204; Fetzer VersR 1996 S. 169-171). Unterläßt er sie, kann aber der Vertrag gekündigt werden. Hingegen hat der B G H 28. VI. 1995 VersR 1996 S. 1185-1188, 1187 die Vorschrift dahin ausgelegt, daß sie die zulässige Dauer der Bindung des Vmers auf nicht mehr als drei Jahre begrenzt, wenn dem Vmer Alternatiwerträge nicht angeboten und bei einer Dauer ab fünf Jahren Prämiennachlässe nicht eingeräumt worden sind. Für diese nicht näher begründete Auslegung fehlt es aber an einem Anhaltspunkt im Wortlaut des Gesetzes (Fetzer a.a.O.; kritisch auch Prölss in Prölss-Martin 26 R N 36 zu § 8). Will der Ver die Unkündbarkeit der Verträge erreichen, müssen die Angebote in einer Weise erfolgen, daß dem Vmer eine echte Wahlmöglichkeit eingeräumt wird ( O L G Stuttgart a.a.O. bestätigt durch die Kostenentscheidung des B G H vom 16.1.1995 VersR 1996 S. 221-223). Es dürfen durch die Formulierung insbesondere keine Unklarheiten hinsichtlich des Kündigungsrechts erweckt werden. Eine im Antrag enthaltene formularmäßige Bestätigung, daß ein entsprechendes Angebot gemacht worden sei, genügt nicht ( O L G Stuttgart a.a.O.). Das Gesetz verlangt aber nicht, daß die Angebote in einem gegenüber dem Antrag gesonderten, zeitlich früheren Schreiben gemacht werden ( O L G München 14. IV. 1994 VersR 1994 S. 920-921; Römer in Römer-Langheid R N 37, 39 zu § 8). Es muß dem Vmer lediglich vor seiner Entscheidung in schriftlicher Form vorliegen. Schriftlich ist hier nur von mündlich abzugrenzen, es braucht nicht die Formvorschrift des § 126 B G B erfüllt zu sein. Hinsichtlich des Prämiennachlasses für Verträge mit fünfjähriger oder längerer Dauer ist die Angabe der Prozentzahl ausreichend, der Betrag braucht nicht ausgerechnet zu werden ( O L G München a.a.O.). Da § 8 II a.F. sowohl individuell ausgehandelte wie formularmäßig bestimmte langfristige Verträge erfaßt, kommt auch für die nach dem 1.1.1991 abgeschlossenen Verträge eine Inhaltskontrolle nach §§ 9 AGBG, 307 B G B n.F. in Betracht. B G H 28. VI. 1995 VersR 1996 S. 1185-1188 hat die für eine Reparaturkostenv verwandte Klausel „Der Vertrag hat eine Laufzeit von 5 Jahren", wenn dem Vmer keine Wahlmöglichkeit eingeräumt und kein Preisnachlaß gewährt wird, wegen Überschreitung des durch § 8 III a.F. gezogenen Rahmens als unangemessene Benachteiligung des Vmers im Sinne von § 9 I A G B G angesehen. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die vom B G H angeführte Belastung des Vmers, die fehlende Kündigungsmöglichkeit, tatsächlich nicht besteht, weil der Vmer nach Ablauf von drei Jahren kündigen kann. Sie könnte allenfalls darin liegen, daß der Vmer durch die Klausel über sein Kündigungsrecht getäuscht wird. Eine Aufklärung hierüber wird aber vom B G H nicht verlangt (so auch Prölss a.a.O. R N 35). Der Unwirksamkeit von Verträgen mit einer längeren Laufzeit als von drei Jahren steht aber auch entgegen, daß der Gesetzgeber bei Einfügung von Abs. III gerade das durch AGB geregelte Massengeschäft im Blick hatte und für den schutzwürdigen Verbraucher die Nachteile langfristiger Verträge durch die Einräumung eines KündiJohannsen/Johannsen

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Anm. E 6

E. Dauer des Versicherungsschutzes

gungsrechts mildern wollte ( B T Drucks. 11/6341 S. 35; Fetzer, Prölss a.a.O.). Mit seiner Annahme der Unwirksamkeit solcher Verträge geht der B G H über den Gesetzeszweck hinaus. Sie ist auch schwer zu vereinbaren mit der in derselben Entscheidung getroffenen Wertung, daß Fünf-Jahres-Verträge, die in der Zeit vor dem 1.1.1991 und nach dem 24. VI. 1994 abgeschlossen worden sind, aus AGBG-Gesichtspunkten nicht zu beanstanden seien. Als unangemessen könnte eine entsprechende Laufzeitregelung nur dann qualifiziert werden, wenn sie über die Dauer des Vertrages hinaus wegen anderer Umstände eine erhebliche Belastung des Vmers darstellt (Fetzer, Wille a.a.O.; zustimmend zu der angeführten BGH-Entscheidung aber Präve A G B G R N 488). [E 6]

b) Widerrufsrecht aa) Voraussetzungen

Ein weiterer Schutz gegen die Bindung des Vmers durch langfristige Verträge ist mit dem W i d e r r u f s r e c h t nach § 8 IV a.F. eingeführt worden. Es bezieht sich auf Vsverträge mit einer längeren Laufzeit als einem Jahr, damit also auf Verträge, wie sie in der Wohngebäude- und Hausratv üblich sind. Einjährige Verträge mit einer Verlängerungsklausel fallen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht in den Anwendungsbereich, wohl aber längerfristige Verträge, die jährlich gekündigt werden können. Weil die Interessenlage bei beiden Vertragsgestaltungen gleich sei, will Gruber in B K R N 62 zu § 8 das Widerrufsrecht auch auf die einjährigen Verträge mit Verlängerungsklausel erstrecken. Für eine Auslegung entgegen dem Wortlaut ist aber wegen der bestehenden Kündigungsmöglichkeit eine Notwendigkeit nicht erkennbar, wenn auch das Schutzbedürfnis der Vmer in beiden Fällen gleich sein mag (Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 41 zu § 8). Man könnte aber auch vertreten, daß der Vmer eines längerfristigen Vertrages, der jährlich gekündigt werden kann, des Widerrufsrechts nicht bedürfe. Jedoch hat der Gesetzgeber entschieden, daß ihm ein Widerrufsrecht zusteht. Die überwiegende Meinung in der Literatur geht auch dahin, daß das Widerrufsrecht für einjährige Verträge mit Verlängerungsklausel nicht in Betracht kommt (Prölss a.a.O.; Römer in Römer-Langheid R N 41 zu § 8; Koch VersR 1991 S. 725-731, 727; Präve V W 1991 S. 488-490, 489; Schimikowski r + s 1994 S. 441-444, 441; Schirmer VersR 1996 S. 1045-1056, 1048). Der im Gesetz inkorrekt bereits als Vmer bezeichnete Antragsteller kann seine auf den Vertragsabschluß gerichtete Willenserklärung innerhalb von 10 Tagen ab der Unterzeichnung des Vsantrages schriftlich widerrufen. Welche rechtlichen Beziehungen zwischen Antrag und Widerrufsrecht bestehen, ist in § 8 IV im Gegensatz zu anderen Verbraucherschutzgesetzen, die wie z. B. §§ 11 H W i G a. F., 7 1 VerBrKrG a. F. ausdrücklich vorsahen, daß die Willenserklärung des Kunden erst wirksam wird, wenn sie nicht fristgerecht widerrufen wird, nicht geregelt. Aus diesem Schweigen des Gesetzgebers folgert Prölss a.a.O. R N 41, daß die Erklärung des Vmers mit Zugang wirksam werde, weil Widerruf die Beseitigung einer wirksamen Erklärung ex tunc bedeute, falls nichts anderes bestimmt sei (ebenso Koch a.a.O. S. 727; Teske N J W 1991 S. 2 7 9 3 - 2 8 0 4 , 2 7 9 5 , Reiff VersR 1997 S. 2 6 7 - 2 7 3 , 2 7 2 ) . Eine solche eindeutige Begriffsbestimmung ergibt sich aber nicht aus dem B G B , wie die unterschiedlichen Rechtsfolgen des Widerrufs nach §§ 109, 130 I, 530, 610, 671 zeigen. Da § 8 IV a. F. u. a. deshalb geschaffen worden ist, um die Unanwendbarkeit des Haustürwiderrufsgesetzes auf Vsverträge teilweise wieder zurückzunehmen ( B T Drucks 11/8321 S. 12) und ohne sorgfältige Vorbereitung und Formulierung in das Gesetzgebungsverfahren zur Reform des H W i G und des VerbrKrG eingebracht worden ist (vgl. zum Gesetzgebungsverfahren Koch a.a.O. S. 725f.; Schirmer a.a.O. S. 1048), liegt es näher, die 300

Johannsen/Johannsen

II. Regelung langfristiger Versicherungsverträge durch § 8

Anm. E 6

Rechtsnatur des Widerrufsrechts übereinstimmend mit diesen Gesetzen in ihrer damaligen Fassung zu bestimmen (so Schimikowski a.a.O. S. 443; Schirmer a.a.O.; Gruber in BK R N 45 zu § 8; unentschieden Römer in Römer-Langheid R N 47f. zu § 8). Danach ist das Widerrufsrecht nicht als Gestaltungsrecht sondern als rechtshindernde Einwendung anzusehen. Der Widerruf verhindert, daß der Vertrag mit Ablauf der Widerrufsfrist wirksam wird. Bei Nichtausübung des Widerrufsrechts tritt mit Ablauf der Widerrufsfrist vollständige Wirksamkeit des Antrages bzw. des Vertrages ein (BGH 16.X. 1995 NJW 1996 S. 57-59 mit umfangreichen Nachweisen aus Lit. und Rspr.). Diese Auslegung entspricht auch der von der h. M. zu § 5 a vertretenen (vgl. Anm. 3 zu D 20). Hinzuweisen ist aber darauf, daß der Gesetzgeber sich inzwischen für eine andere Konstruktion des Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen entschieden hat. Nach dem durch das Gesetz vom 27. VI. 2000 über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro (BGBl. I S. 897 mit Berichtigung S. 1139) in das BGB eingefügten § 361a) sind die unter diese Vorschrift fallenden Verbraucherverträge bis zur Ausübung des Widerrufsrechts w i r k s a m . Der Gesetzgeber hat damit die bisher im HWiG und VerbrKrG vorgesehene Konstruktion der schwebenden Unwirksamkeit der Vertragsanträge aufgegeben und das verbraucherschützende Widerrufsrecht als ein besonderes Rücktrittsrecht ausgestaltet, das die Rückabwicklung des Vertrages regelt (Palandt-Heinrichs 61 R N 2 zu § 361 a). Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist § 361 a aufgehoben und die entsprechende Regelung des Widerrufsrechts in § 355 BGB n. F. getroffen worden. Die zu der Rechtsnatur des Widerrufsrechts nach § 8 IV a. F. vertretenen unterschiedlichen Auffassungen haben, wie Römer a.a.O. R N 48 im einzelnen dargelegt hat, nur begrenzte praktische Auswirkungen. Für die Feuerv ist aber erheblich, welchen Einfluß das Widerrufsrecht auf den Beginn der Bindungsfrist des § 81 (siehe dazu unter D 36-40) hat. Wenn man, wie hier vertreten wird, davon ausgeht, daß der Antrag bis zum Ablauf der Widerrufsfrist noch keine Wirksamkeit entfaltet, kann die Frist des § 81 erst nach Ablauf der Widerrufsfrist zu laufen beginnen. Das entspricht auch der überwiegenden Meinung in der Literatur (Schirmer a.a.O. S. 1048; Koch a.a.O. S. 728; Präve a.a.O. S. 489; Langheid in Römer-Langheid R N 10 zu § 81). Demgegenüber nehmen Dörner-Staudinger in BK R N 7 zu § 81 wegen des Schutzzweckes von § 81 an, daß die Fristen parallel ablaufen. Eine vermittelnde Auffassung vertritt Prölss a.a.O. R N 45, der annimmt, dass die Frist des § 81 wie auch eine vertragliche Bindungsfrist nur dann erst nach Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, wenn der Ver dem Vmer entsprechend informiert hat. Die lOtägige Widerrufsfrist beginnt mit der Unterzeichnung des Antrages, obwohl in diesem Zeitpunkt eine wirksame Willenserklärung noch nicht vorliegt. Deshalb will Koch a.a.O. S. 725 die Frist erst mit dem Zugang beim Ver beginnen lassen, während Prölss 25 Anm. 10 zu § 8 auf den Zeitpunkt abstellt, in dem sich der Vmer der Verfügungsmacht über den Antrag begeben hat, also Absendung oder Aushändigung des Antrages an den Agenten (ebenso Gruber in BK R N 70 zu § 8). Es ist aber davon auszugehen, daß der Gesetzgeber die dem Wortlaut entsprechende Regelung bewußt getroffen hat. Sie hat für den Vmer auch den Vorteil, daß er anhand des Datums der bei ihm verbliebenen Antragsdurchschrift den Fristbeginn leicht feststellen kann, und Streitigkeiten, die über den Zeitpunkt von Absendung und Zugang entstehen können, vermieden werden (Römer in Römer-Langheid R N 56 zu § 8; Schimikowski a.a.O. S. 442). Für die Wahrung der Frist kommt es nach § 8 IV a. F. auf den Eingang der Widerrufserklärung bei dem Ver an. Jedoch genügt auch der Zugang bei dem Vsagenten nach § 43 Nr. 1 (Koch a.a.O. S. 728). Daß der Widerruf schriftlich erfolgen muß, bedeutet Johannsen/Johannsen

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E. Dauer des Versicherungsschutzes

Anm. E 7

nicht, daß die Erklärung dem Schriftformerfordernis des § 126 a. F. B G B zu entsprechen hat. Schriftlich ist in § 8 IV wie in anderen Verbraucherschutzgesetzen nur zur Abgrenzung von mündlichen oder konkludenten Erklärungen zu verstehen, die nicht ausreichen, weil sie den Beweisanforderungen nicht genügen. Der Schriftform gemäß § 8 IV a. E entspricht auch eine nicht unterschriebene Erklärung wie Fax oder e-mail oder sonstige elektronisch übermittelte Erklärung, die den Erklärenden zweifelsfrei erkennen läßt (Koch a.a.O. S. 728; Römer a.a.O. R N 51; Gruber a.a.O. R N 66, Teske N J W 1991 S. 2793-2804, 2796). [E 7]

bb) Belehrung

Nach dem lapidaren Gesetzestext hat der Ver den Vmer über das Widerrufsrecht schriftlich zu belehren. Es fehlt in § 8 IV a. F. an einer Regelung über Art und Weise der Belehrung und der Rechtsfolge für ihre Unterlassung. Das Wort „schriftlich" ist auch in S. 4 wie in S. 2 nicht im Sinne von § 126 I B G B a. F. zu verstehen, sodaß eine eigenhändige Unterschrift des Vers nicht erforderlich ist. Die Belehrung kann insbesondere in Antragsformularen enthalten sein. Zu ihrer inhaltlichen Ausgestaltung hat der B G H sich in zwei Entscheidungen vom 16. X I . 1995 VersR 1996 S. 221-223 und S. 313-314 wie folgt geäußert. Obwohl in § 8 IV a. F. keine besondere Form hierfür vorgeschrieben sei, müsse eine gesetzlich angeordnete Belehrung jedoch, damit sie ihren Zweck erreichen könne, inhaltlich möglichst umfassend, unmißverständlich und aus der Sicht der Verbraucher eindeutig sein. Der Sinngehalt des Wortes Belehrung erfordere weiter eine Form von Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trage. Nur eine Erklärung, die darauf angelegt sei, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das Wissen, um das es gehe, zu vermitteln, könne als Belehrung angesehen werden. Mit dieser zutreffenden Auslegung von § 8 IV a. F. hat der B G H in dem einen Fall (VersR 1996 S. 221-223) die auf der Rückseite der 2. Seite des Antragsformularsatzes abgedruckte Belehrung als ungenügend angesehen, weil der Vmer an dieser Stelle keine gesetzlich gebotene Belehrung erwarte. In dem zweiten Fall (VersR 1996 S. 313-314) hat er beanstandet, daß eine in der „Schlußerklärung des Antragstellers" in eine Reihe mit Ermächtigungen zur Entbindung von der Schweigepflicht und zur Datenverarbeitung gestellte Belehrung geeignet sei, den Eindruck zu erwecken, daß es sich bei dem Widerrufsrecht um ein Recht des Vers handele. Auch in den Entscheidungen der Instanzgerichte ist betont worden, daß die Belehrung klar und unmißverständlich sein müsse und nicht versteckt werden dürfe ( O L G Stuttgart 17. VII. 1993 VersR 1995 S. 202-204; O L G Nürnberg 26. VII. 1994 VersR 1994 S. 1093; O L G München 29. X I . 1994 VersR 1995 S. 1037). Dabei ist aber durchaus auf die Unterschiede zwischen der eigenständigen Regelung des § 8 IV a. F. und den anderen Spezialgesetzen, die eine eingehende Ausgestaltung der Belehrungspflicht enthalten, hingewiesen worden. So hat z. B. das O L G Nürnberg a.a.O. die Notwendigkeit einer „drucktechnisch deutlich gestalteten Weise" verneint, wenn die Belehrung für den Vmer hinreichend erkennbar sei (a. A. Teske N J W 1991 S. 2793-2804, 2798). Hinsichtlich der Rechtsfolgen der unterbliebenen oder unvollkommenen Belehrung werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten. A G Heidenheim 21. X I . 1991 VersR 1992 S. 558 und A G Köln 14.1.1999 VersR 2000 S. 4 1 - 4 2 haben angenommen, daß die Widerrufsfrist auch dann zu laufen beginne, wenn eine Belehrung überhaupt unterblieben sei. O L G München 29. X I . 1994 VersR 1995 S. 1037 hat zwar nicht diese radikale Konsequenz gezogen, aber jedenfalls für den Fall, daß die Belehrung der Unterzeichnung des Antrages nachfolge, angenommen, daß die Frist dennoch mit der Unterzeichnung des Antrages beginne (zustimmend Römer 302

Johannsen/Johannsen

II. Regelung langfristiger Versicherungsverträge durch § 8

Anm. E 8

in Römer-Langheid R N 68 zu § 8). Überwiegend wird aber mit unterschiedlichen Begründungen vertreten, daß die Frist bei unterlassener oder unvollkommener Belehrung nicht zu laufen beginne (Sieg VersR 1992 S. 1-6, 1; Teske a.a.O. S. 2798- 2799; Koch a.a.O. S. 729; Präve a.a.O. S. 489; Schimikowski ZfV 1991 S. 632-636; Prölss in Prölss-Martin 25 Anm. 10 zu § 8). Dem ist zuzustimmen. Die Belehrung nach § 8 IV a. F. ist nicht, wie z. B. Teske annimmt, als Rechtspflicht des Vers anzusehen, die Schadenersatzansprüche auslöst, die das Weiterbestehen des Widerrufsrechts beinhalten, sondern entsprechend der bisher überwiegend vertretenen Ansicht zur Belehrung über Verbraucherschutzrechte als Obliegenheit zu qualifizieren (BGH 25. X. 1989 BGHZ 109 S. 127-158 = NJW 1990 S. 181-184), die der Ver gegenüber dem Vmer zu erfüllen hat (Sieg a.a.O. S. 3; Koch a.a.O.). Auch ohne ausdrücklich im Gesetz genannte Sanktion ergibt die Auslegung der Vorschrift, daß der Ver, der die Ausübung des Widerrufsrechts durch Unterlassen der Belehrung verhindert oder erschwert hat, sich auf den Ablauf der Frist nicht berufen darf, sodaß diese ihm gegenüber nicht läuft. Für Verbraucherverträge nach §§ 361a BGB, 355 n.F., ist die Belehrungspflicht inzwischen als Rechtspflicht ausgestaltet worden (Palandt-Heinrichs 61 R N 10 zu § 361 a). [E 8] cc) Ausschluß des Widerrufs rechts Entsprechend seinem Zweck als Verbraucherschutzrecht steht das Widerrufsrecht dem Antragsteller nicht zu, wenn er V o l l k a u f m a n n ist. Das Gesetz knüpft damit an einen zwar nicht im H G B aber in der früheren handelsrechtlichen Literatur verwandten Begriff an, durch den eine Person bezeichnet wird, die Kaufmann im Sinne des § 1 HGB a. F. ist, aber keinen Gewerbebetrieb i.S. v. § 4 H G B a. F. unterhält, der nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (Brüggemann in H G B Großkommentar 4 R N 4 zu § 4; Koch a.a.O. S. 729). Er entspricht damit dem Kaufmann im Sinne des neugefaßten § 1 HGB (Durch das HandelsreformG vom 22. VI. 1998 [BGBl I S. 1474] ist § 4 aufgehoben und § 1 wie folgt gefaßt worden: Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuches ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert). Obwohl das Gesetz mit Vollkaufmann auf eine Person abstellt und nicht darauf, ob der Vsvertrag ein kaufmännisches Geschäft darstellt, besteht der Ausschluß nach dem gesetzlichen Zweck nur, wenn der Abschluß des Vertrages zum Betrieb des Handelsgeschäfts gehört, § 343 HGB, was gemäß § 344 I HGB vermutet wird (Prölss in Prölss-Martin 25 Anm. 10 zu § 8; Koch a.a.O. S. 730). Das Widerrufsrecht entfällt damit generell in der industriellen Feuerv, besteht aber bei dem Abschluß des Feuervsvertrages für das Wohnhaus des Unternehmers. Abweichend von der Regelung in anderen Verbraucherschutzgesetzen wird durch § 8 IV a. F. das Widerrufsrecht nicht für selbständige Erwerbstätige, wie Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer ausgeschlossen. Die Abgrenzung durch den Begriff Vollkaufmann ist in der Literatur überwiegend kritisch beurteilt worden (Teske a.a.O. S. 2800; Koch a.a.O. S. 730; Schimikowksi r + s 1994 S. 422). Ein Widerrufsrecht besteht weiter dann nicht, wenn der Ver auf Wunsch des Vmers sofortigen Vsschutz gewährt. Der Zweck dieser Regelung besteht nach der Gesetzesbegründung darin, zu verhindern, daß die Vswirtschaft zur Vermeidung des Widerrufsrecht vorläufige Deckungszusagen nicht mehr erteilt. Durch die Einfügung der Worte „auf Wunsch" des Vmers sollte aber sichergestellt werden, daß nicht durch AVB für alle Vsverträge sofortiger Vsschutz vorgesehen und damit das Widerrufsrecht generell ausgeschlossen werden könne. Die in den AVB der Feuerv enthaltenen erweiJohannsen/Johannsen

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Anm. E 9

E. Dauer des Versicherungsschutzes

terten Einlösungsklauseln, z.B. §§ 8 Nr. 3 A F B 87, 19 Nr. 3 V G B 88 (vgl. dazu unter F 11), stellen aber keinen sofortigen Vsschutz gemäß § 8 IV a. F. dar (Gruber in B K R N 84 zu § 8; Prölss in Prölss-Martin 25 Anm. 10 zu § 8; Römer in Römer-Langheid R N 42 zu § 8). In der Praxis der Feuerv bezieht sich der Ausschluß, weil andere Formen sofortigen Vsschutzes nicht üblich sind, nur auf die vorläufige Deckungszusage (vgl. hierzu Möller in Bd I Anm. 91-106 zu § 1; im Gegensatz zu Möller gehen die Verfasser aber von der vom B G H 9. V. 1955 VersR 1955 S. 349-350, 21. XII. 1981 VersR 1981 S. 381-383 vertretenen Trennungstheorie aus). Wegen der Häufigkeit vorläufiger Deckungen nicht nur in der industriellen Feuerv, in der das Widerrufsrecht schon wegen der Eigenschaft des Vmers als Vollkaufmann ausgeschlossen ist, sondern auch in der Wohngebäudev findet das Widerrufsrecht in der Feuerv nur beschränkte Anwendung, hat aber vornehmlich in der Hausratv Bedeutung. Auf Wunsch des Vmers kommt eine vorläufige Deckungszusage auch zustande, wenn der Ver auf diese Möglichkeit hinweist und der Vmer von ihr Gebrauch macht. Nicht erforderlich ist, daß die Initiative vom Vmer ausgeht (Prölss a.a.O.; Koch a.a.O. S. 730). U m das Widerrufsrecht auszuschließen, muß der vorläufige Deckungsschutz sofort beginnen, wobei natürlich eine gewisse Bearbeitungszeit für den Antrag zu berücksichtigen ist. Tritt er erst nach Ablauf der gesetzlichen Widerrufsfrist in Kraft, wäre ein rechtfertigender Grund für den Ausschluß des Widerrufs nicht vorhanden, sodaß dieser ausgeübt werden kann (Prölss a.a.O.; Gruber in B K R N 81 zu § 8). Fraglich ist, ob das Widerrufsrecht auch für den sich an die vorläufige Deckung anschließenden Hauptvertrag ausgeschlossen ist. Für die Neuregelung des § 8 IV hat der Gesetzgeber durch die Worte „wenn und soweit" klargestellt, daß das nicht der Fall ist (vgl. Römer in Römer-Langheid R N 66 zu § 8; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 50 zu § 8 und unter E 8). Für § 8 IV a. F. ist aber auf Grund der allgemeinen Formulierung des Ausschlusses davon auszugehen, daß dem Vmer auch für den Hauptvertrag kein Widerrufsrecht zusteht (Prölss in Prölss-Martin 25 Anm. 10 zu § 8). 4. Der Schutz des Versicherungsnehmers durch § 8 W G in der Fassung des Gesetzes v o m 21. VII. 1994 [E 9]

a) Kündigung

Die Neufassung von § 8 III ist erst im Vermittlungsverfahren zustande gekommen, nachdem im Bundestag und Bundesrat heftige rechtspolitische Auseinandersetzungen über langfristige Vsverträge stattgefunden hatten (vgl. hierzu Renger VersR 1994 S. 753-759, 755). Gegenüber der Regelung von 1990 ist das Kündigungsrecht auf Verträge beschränkt worden, die auf mehr als fünf Jahre eingegangen worden sind. Diese können zum Ende des fünften oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. Aus der neutralen Formulierung, die nicht wie § 8 III a. F. auf eine Kündigung durch den Vmer abstellt, ergibt sich, daß das Kündigungsrecht nunmehr auch dem Ver zusteht (Römer in Römer-Langheid R N 34 zu § 8; Gruber in B K R N 22 zu § 8). Es ist an keine weitere Voraussetzung als an die Dauer des Vertrages geknüpft. Die Regelung über die erforderlichen Vertragsangebote des Vers mit unterschiedlichen Laufzeiten und Prämiennachlässen für über fünfjährige Verträge ist ersatzlos entfallen. Daneben kommt das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund für Dauerschuldverhältnisse in Betracht, das in § 314 B G B n. F. ausdrücklich geregelt ist. Gemäß der durch das Gesetz vom 21. VII. 1994 ebenfalls neugefaßten Vorschrift des § 10 a V A G ist die Laufzeit des Vertrages notwendiger Inhalt der dem Vmer bei Vertragsschluß zu übergebenden Verbraucherinformation. 304

Johannsen/Johannsen

II. Regelung langfristiger Versicherungsverträge durch § 8

Anm. E l l

Durch diese zweite Neuregelung des § 8 III dürfte die Auseinandersetzung um die Wirksamkeit langfristiger Vsverträge zunächst einmal abgeschlossen sein. Daraus, daß das Kündigungsrecht nur für Verträge von mehr als fünfjähriger Dauer gewährt wird, ergibt sich, daß Vsverträge für fünf Jahre oder eine kürzere Zeit ohne Kündigungsmöglichkeit wirksam vereinbart werden können. Das gilt auch dann, wenn die Laufzeit formularmäßig bestimmt ist (BGH 28. VI. 1995 VersR 1995 S. 1185-1188, 1187). Auch längerfristige Verträge stellen wegen der durch § 8 III gewährten Kündigungsmöglichkeit allein wegen ihrer Dauer keine unangemessene Benachteiligung des Vmers mehr dar. Für die Berechnung der Dauer ist nach § 8 III allein auf die Dauer des Vertrages, nicht auf die des gewährten Vsschutzes abzustellen. Es bleiben deshalb die Laufzeit einer dem Vsvertrag vorangegangenen vorläufigen Deckung sowie der Zeitraum einer vereinbarten Rückwärtsv nach § 2 I außer Betracht (Prölss in Prölss-Martin 26 R N 33 zu § 8). [E 10] b) Widerruf Die Vorschriften über den Widerruf, dessen Regelung in § 8 IV a. E in der Literatur als lückenhaft und mißverständlich kritisiert worden war, sind durch das G. v. 21. VII. 1994 in den Absätzen IV und V (für die Lebensv) weitgehend neu gestaltet worden. Dabei ist aber nicht allen Bedenken Rechnung getragen worden. aa) Widerrufsfrist Die W i d e r r u f s f r i s t beträgt nunmehr in Ubereinstimmung mit den in anderen Verbraucherschutzgesetzen bestimmten Fristen 14 Tage. Sie beginnt wie in der bisherigen Fassung mit der Unterzeichnung des Vsantrages. Damit hat der Gesetzgeber die in der Literatur geäußerten dogmatischen Bedenken (siehe dazu unter E 5) nicht berücksichtigt, sodaß weiterhin von dem eindeutigen Wortlaut auszugehen ist (Schimikowski r + s 1994 S. 441-444, 442; anders Gruber in BK R N 70 zu § 8, der weiterhin vertritt, daß die Frist erst mit Absendung oder Aushändigung des Antrages an den Vsagenten zu laufen beginnt, während Prölss in Prölss-Martin 26 R N 43 zu § 8 trotz Kritik an der Regelung der Wortlautauslegung jetzt folgt). Für den Fristbeginn ist ferner die Belehrung des Vers über das Widerrufsrecht und ihre Bestätigung durch Unterschrift des Vmers erforderlich. Mit dieser Regelung in S. 3, daß die Frist erst dann zu laufen beginnt, und der in S. 4, daß das Widerrufsrecht bei unterbliebener Belehrung einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, hat der Gesetzgeber die durch die lückenhafte Regelung in § 8 IV a. F. ausgelöste Auseinandersetzung über die Rechtsfolgen der unterlassenen Belehrung entschieden. Diese treten auch ein, wenn die Belehrung nicht völlig unterlassen worden ist, aber nach Form und/oder Inhalt unvollkommen war (Prölss a.a.O. R N 47). [Ell]

bb) Belehrung

Die in anderen Verbraucherschutzgesetzen geregelten Anforderungen an Form und Inhalt von Belehrungen über das Widerrufsrecht sind auch in die Neufassung von § 8 IV nicht aufgenommen worden. Im Gegensatz zu § 8 IV a. F. fehlt es sogar an einer ausdrücklichen Regelung, daß die Belehrung schriftlich erfolgen müsse. Aus der für den Fristbeginn erheblichen Bestätigung der Belehrung durch Unterschrift des Vmers ist aber zu folgern, daß auch die Belehrung selbst schriftlich erfolgen muß (Römer in Römer-Langheid R N 60 zu § 8; Gruber in BK R N 72 zu § 8; Schimikowski a.a.O.). Wie bei § 8 IV a. F. bedarf es aber nicht einer eigenhändigen Unterzeichnung durch den Ver sondern genügt die Aufnahme der Belehrung in das Antragsformular. Johannsen/Johannsen

305

Anm. E 12

E. Dauer des Versicherungsschutzes

Eine besondere drucktechnische Gestaltung, wie sie nach dem Vorbild anderer Verbraucherschutzgesetze mit § 5 a für die Belehrung über das Widerspruchsrecht auch in das W G Eingang gefunden hat, ist in § 8 IV nicht vorgesehen. Die Notwendigkeit, den Belehrungstext aus den übrigen Angaben im Antragsformular hervorzuheben, ergibt sich aber aus dem Zweck der Belehrung, den der B G H 16. X I . 1995 VersR 1996 S. 221-223 und S. 3 1 3 - 3 1 4 zutreffend dahin gekennzeichnet hat, den Antragsteller auf sein Widerrufsrecht aufmerksam zu machen. Dieser kann nicht erreicht werden, wenn die Belehrung an versteckter Stelle im Antragsformular untergebracht wird. Eine drucktechnisch deutliche Gestaltung wird in der Literatur zu § 8 IV n. F. überwiegend gefordert (Römer a.a.O. R N 60; Prölss a.a.O. R N 46; Schimikowski a.a.O.). Es kommen dafür aber, wie gelegentlich angenommen wird, nicht nur bestimmte Gestaltungsmittel wie Einrahmung, Sperrschrift oder unterschiedliche Drucktypen in Betracht, sonders es ist allein entscheidend, ob die Belehrung so angeordnet ist, daß der Antragssteiler sie als solche erkennen kann. Auch für den ebenfalls in § 8 IV nicht ausdrücklich geregelten Inhalt der Belehrung sind die vom B G H a.a.O. für § 8 IV a.F. aufgestellten Grundsätze weiterhin von Bedeutung. Danach soll die Belehrung inhaltlich möglichst unmißverständlich und eindeutig sein. Das bedeutet für die Belehrung nach § 8 IV n. F., daß sie auf Dauer und Beginn der Frist hinweisen muß sowie darauf, daß der Widerruf schriftlich erfolgen muß und seine Absendung die Frist wahrt. Ein Hinweis darauf, daß der Widerruf ohne Begründung erfolgen kann, wie er nach § 361 a B G B erforderlich ist, braucht aber nicht zu erfolgen (a. M. Schimikowski a.a.O. S. 443). Damit der Antragsteller auch wirklich von der Belehrung Kenntnis nimmt, ist vorgesehen, daß sie von ihm unterschrieben werden muss. Eine g e s o n d e r t e Unterschrift, wie sie in den meisten Verbraucherschutzgesetzen Voraussetzung war und jetzt in § 355 B G B n. F. gefordert wird, ist in § 8 IV nicht genannt. Sie ist auch nicht erforderlich, wenn die Unterschrift in räumlicher Nähe zu der Belehrung erfolgt (Römer a.a.O. R N 63; Präve ZfV 1994 S. 2 2 7 - 2 3 5 , 2 3 2 ; von Schimikowski a.a.O. S. 443 wird wegen der nicht eindeutigen gesetzlichen Regelung den Vern empfohlen, eine gesonderte Unterschrift zu verlangen). Der Zweck der Belehrung erfordert aber, daß sie dem Antragsteller auszuhändigen ist, damit er überlegen kann, ob er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen will, und den Fristablauf kontrollieren kann (Römer a.a.O. R N 64; Prölss a.a.O. R N 46; Schimikowski a.a.O.). Eine deutliche Verbesserung der Rechtstellung des Vmers ist durch § 8 IV S. 2 bewirkt werden, wonach die rechtzeitige Absendung des Widerrufs zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt. Diese wird damit nicht wie durch § 8 IV 2 a. F. um die Postlaufzeit verkürzt. Es genügt nunmehr, daß der Vmer vor Ablauf der Frist den Widerruf einem Boten übergibt oder in den Briefkasten steckt. Wirksam wird die Erklärung allerdings erst mit ihrem Zugang beim Ver. Durch das G. zur Anpassung von Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13.VII.2001 ( B G B l I S. 1542) ist jetzt klargestellt worden, daß die Widerrufserklärung elektronisch übermittelt werden kann. Denn nach § 126 III B G B n. F. kann die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Das ist aber bei § 8 IV nicht der Fall. [E 12]

cc) Ausschluß des Widerrufsrechts

Die jetzt an den Anfang gestellte Ausnahmeregelung bei Gewährung sofortigen Vsschutzes enthält eine Klarstellung dahin, daß das Widerrufsrecht bei der vorläufigen Deckungszusage nur für diese aber nicht für den anschließenden endgültigen Vertrag 306

Johannsen/Johannsen

II. Regelung langfristiger Versicherungsverträge durch § 8

A n m . E 12

ausgeschlossen ist. Das ergibt sich aus der Formulierung „ wenn und soweit", während in § 8 IV a. F. mit „wenn" generell auf die Gewährung sofortigen Vsschutzes abgestellt war (Prölss a.a.O. R N 50; Römer in Römer-Langheid R N 66 zu § 8; die abweichende Ansicht von Schimikowski a.a.O. S. 441 ist nur durch den Verweis auf die Stellungnahme von Prölss zu der früheren Fassung erläutert, sodaß die Neuregelung insoweit übersehen sein dürfte). Hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs für das Widerrufsrecht ist der unzulängliche Begriff des Vollkaufmanns entfallen. Sehr viel sachgerechter wird das Verbraucherschutzrecht des § 8 IV jetzt ausgeschlossen „wenn die V nach dem Inhalt des Antrags für die bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit des Vmers bestimmt ist." Damit ist der Verbraucherbegriff, der in dem durch Gesetz vom 27. VI. 2000 (BGBl I S. 897) in das B G B eingefügten § 13 positiv definiert ist, negativ umschrieben. Ausgeschlossen ist das Widerrufsrecht nunmehr auch für selbständig Tätige wie Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuer- und Anlageberater. Maßgeblich für die Beurteilung, ob das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, ist der Vsantrag. In den meisten der üblicherweise für die Feuerv verwandten Antragsformularen (vgl. Martin 3 Texte 43, Dietz Wohngebäudev2 Anhang A 8) wird nach der Art des Betriebs oder der Unterscheidung nach Wohn- oder Geschäftsgebäuden ausdrücklich gefragt, sodaß Zweifelsfragen weitgehend ausgeschlossen sind. Vorformulierte Zweckbestimmungen etwa in dem Sinne, daß der Vertrag der gewerblichen Tätigkeit des Antragstellers dient, wären nach § 11 Nr. 15b A G B G (jetzt § 309 Nr. 12 b) BGB) unwirksam (Gruber in BK R N 88 zu § 8). Zweifel können aber auftreten, wenn der Vsvertrag für eine neu aufgenommene gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit bestimmt ist, weil dann aus dem Antrag nicht ohne weiteres ersichtlich ist, daß es sich bei dem Antragsteller um einen Existenzgründer handelt, auf den sich der Schutz des § 8 IV nach dem Vorbild des § 1 VerbrKrG erstrecken soll. Will er das Widerrufsrecht ausüben, ist er daran durch eine auf eine gewerbliche Tätigkeit hinweisende Zweckbestimmung nicht gehindert, muß aber darlegen und beweisen, daß der Vertrag erst der Neuaufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit gilt (a. A. Beweislast Ver Teske NJW 1991 S. 2793-2804,2801 zu § 8 a.F.). Auslegungsschwierigkeiten bereiten auch Mischfälle, z.B. der Abschluß einer Gebäudev für ein Haus, in dem der V wohnt und seine Rechtsanwaltspraxis betreibt. Man wird hier auf den Schwerpunkt des Vertrages abstellen, sodaß das Widerrufsrecht nach dem Schutzzweck der Vorschrift nur ausgeschlossen ist, wenn die überwiegenden Räume für die Praxis benutzt werden (a. A. Prölss a.a.O. R N 52, der bei privater und beruflicher Nutzung das Widerrufsrecht immer gewähren will). Ausgeschlossen ist das Widerrufsrecht nach § 8 VI auch dann, wenn dem Vmer ein Widerspruchsrecht nach § 5a zusteht, dazu Anmerkungen zu D 20. Bei Abschluß des Vertrages nach dem Policenmodell hätte dem Vmer ohne diese ausdrückliche Regelung sowohl ein Widerspruchsrecht wie ein Widerrufsrecht zugestanden. Eine solche zum Schutz des Vmers nicht erforderliche und wegen der Notwendigkeit verschiedener Belehrungen eher verwirrende Einräumung von Verbraucherschutzrechten hat der Gesetzgeber dadurch vermieden, daß das Widerrufsrecht des § 8 IV subsidiär gegenüber § 5a ausgestaltet worden ist (vgl. dazu Schirmer VersR 1996 S. 1045-1056, 1056; soweit europarechtliche Bedenken gegen den Ausschluß geltend gemacht werden, Reiff VersR 1997 S. 267-273, 272 f.; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 39 zu § 8, betreffen sie nur die Lebensv).

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E. Dauer des Versicherungsschutzes

Anm. E 14

III. Kündigung nach dem Versicherungsfall Gliederung: Schrifttum E 13 1. Gesetzeszweck und Anwendungsbereich E 14 2. Voraussetzungen des Kündigungsrechts E 15-17 a) Gesetzliche Voraussetzungen E 15

[ E 13]

b) Regelung in AVB E 16 c) Zeitliche Begrenzung des Kündigungsrechts E 17 3. Form und Frist der Kündigung E 18 4. Wirkungen der Kündigung E 19

Schrifttum

Fricke VersR 2000 S. 16-23, Kagelmacher Die Schadenfallkündigung im Vsvertragsrecht Hamburg o. J. ( 1991 ?), Klatt VersR 1968 S. 245-246, Präve VersR 1993 S. 265-272, E. Prölss VersR 1963 S. 893-895. [ E 14]

1. Gesetzeszweck u n d A n w e n d u n g s b e r e i c h

§ 96 gewährt beiden Parteien des Vsvertrags das R e c h t zur außerordentlichen K ü n digung nach Eintritt eines Vsfalles. Gesetzgeberisches M o t i v ist hierfür nach der amtlichen Begründung S. 98, daß „die Wahrnehmungen, zu welchen die Ermittlung und

Feststellung des Schadens Anlaß gibt" ... häufig „bei dem einen oder anderen Teil den begründeten Wunsch" hervorrufen „an den Vertrag nicht mehr gebunden zu bleiben".

D i e Regelung knüpft daran an, daß es nach dem Eintritt eines Vsfalles regelmäßig zu K o n t a k t e n zwischen den Vertragsparteien k o m m t , bei denen diese unterschiedliche Erfahrungen über das Verhalten des Vertragspartners bei den Entschädigungsverhandlungen gewinnen können. F ü r eine Lösung v o m Vertrag kann es dabei aus der Sicht des Vmers sprechen, wenn der Ver den Schaden nicht schnell reguliert sondern sich in B e z u g auf seine Entstehung und H ö h e mißtrauisch zeigt, während für den Ver mangelnde Auskünfte des Vmers oder dessen Versuch, den Schaden aufzubauschen, erheblich sein können. Darauf, ob solche G r ü n d e einer Vertragspartei tatsächlich die F o r t setzung des Vertrages unmöglich machen, wie es für die Kündigung aus wichtigem G r u n d Voraussetzung ist (zu dieser vgl. Möller in B d I A n m . 25 zu § 8 und die ab 1 . 1 . 2 0 0 3 geltende gesetzliche Regelung in § 314 B G B n.F.), k o m m t es nach § 96 nicht an. Sie brauchen nicht genannt und in einer Auseinandersetzung um die Kündigung nicht vorgetragen und bewiesen zu werden ( B G H 27. I I I . 1991 VersR 1991 S. 5 8 0 - 5 8 2 = M D R 1991 S. 722, Dörner-Staudinger in B K R N 1 zu § 96). D i e Kündigung kann auch aus ganz anderen Motiven erklärt werden, z . B . weil der Ver sich von einem schlechten Risiko trennen oder der V m e r mit Rücksicht auf von anderen Vern gewährten besseren Konditionen sein R i s i k o umdecken will (Langheid in R ö m e r - L a n g h e i d R N 2 zu § 96, Martin 3 L II 2, a. A . Kagelmacher S. 101, 1 8 6 - 1 9 6 , der die Kündigung nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zulassen will, der unter der Schwelle des wichtigen Grundes liege). Vor Einführung des Kündigungsrechts nach § 8 I I I alter und neuer Fassung (vgl. dazu unter E 2 - 1 2 ) kam § 96 insbesondere für langfristige Vsverträge erhebliche Bedeutung zu, weil die nach dem Vsfall zulässige Kündigung oft die einzige M ö g l i c h keit war, sich von einer lästig gewordenen langfristigen Bindung zu befreien. Zwar k ö n n e n Vsverträge auch nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen über die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem G r u n d gekündigt werden (ab 1 . 1 . 2 0 0 3 gemäß § 314 B G B n. F.). D i e Anforderungen an eine solche K ü n digung sind aber sehr hoch ( B G H 11. II. 1981 N J W 1981 S. 1 2 6 4 - 1 2 6 6 ; M ö l l e r a.a.O.). N a c h d e m § 8 I I I die Kündigung langfristiger Verträge zuläßt und der Gesetzgeber mit 308

Johannsen/Johannsen

III. Kündigung nach dem Versicherungsfall

Anm. E 15

§ 3 1 eine weitere Kündigungsmöglichkeit nach Prämienerhöhungen eröffnet hat, ist die Bedeutung von § 96 etwas zurückgegangen. Es wird deshalb schon die Notwendigkeit der Regelung bezweifelt (von Langheid a.a.O. R N 3). Diese ist aber weiterhin gegeben, weil auch bei auf kürzere Zeit abgeschlossenen Verträgen als sie § 8 III betrifft und unabhängig von Prämienerhöhungen häufig ein Interesse der Vertragsparteien gegeben ist, auf Grund der bei Entschädigungsverhandlungen gewonnenen Erfahrungen den Vertrag vorzeitig zu beenden. Der A n w e n d u n g s b e r e i c h der in dem Titel „Feuerv" stehenden Vorschrift ist zweifelhaft. Ob § 96 auf sämtliche Zweige der Sachv anzuwenden ist (so Martin3 L II 4; Langheid in Römer-Langheid R N 5 zu § 96; ablehnend Fricke VersR 2000 S. 16-23; Kagelmacher S. 154), braucht hier nicht entschieden zu werden. Jedenfalls ist eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die kombinierten Verträge in der Feuerv, also Wohngebäude- und Hausratsv auch insoweit geboten, als der Vsfall andere Risiken als das Feuerrisiko betrifft, also z. B. bei einem Sturm- oder Einbruchschaden (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 96, Martin, Langheid a.a.O.). Dörner-Staudinger in BK R N 2 zu § 96 lehnen eine Analogie von § 96 auf andere Sachvszweige ab und lassen bei den kombinierten Verträgen lediglich bei einer Kündigung wegen eines Feuerschadens den gesamten Vertrag auf Grund Parteivereinbarung oder § 139 B G B hinfällig werden (Vorbem. §§ 81-107c R N 6, ähnlich Kagelmacher S. 158). Diese Auffassung wird aber der Interessenlage nicht gerecht, die bei einem kombinierten Vertrag erfordert, daß die für den Schadenfall eingeräumte Kündigungsmöglichkeit bei jeder Verwirklichung einer verten Gefahr gegeben ist. § 96 gehört auch nicht zu den Ausnahmeregelungen der Feuerv, für die eine Analogie nicht in Betracht kommt, wie z. B. für die Schutzvorschriften zu Gunsten des Hypothekengläubigers (vgl. BGH 21. VI. 1989 B G H Z 108 S. 82-89 = VersR 1989 S. 912-913 und J 25). Er entspricht vielmehr Regelungen für andere Vszweige, vgl. § 113, 158 und ist insoweit § 95 vergleichbar, für den der B G H 14. XI. 1984 VersR 1985 S. 129-131 die analoge Anwendung auf andere Schadenfälle als durch Feuer in der Hausratv zugelassen hat, weil § 95 zusammen mit seinen Entsprechungen in § 112 und § 119 ein einheitliches gesetzgeberisches Prinzip enthielten. Das ist auch für die §§ 96, 113, 158 zu bejahen, für die der BGH 27. III. 1991 VersR 1991 S. 580-582 = MDR 1991 S. 722 die Entscheidung, ob in ihnen ein allgemeiner Grundsatz des Vsrechts seinen Niederschlag gefunden habe (so bereits E. Prölss VersR 1963 S. 893-895; verneint aber von O L G Düsseldorf 31. X. 1967 VersR 1968 S. 243- 245, Sieg A 40 und Kagelmacher S. 152-154), ausdrücklich offen gelassen hat. Auch Präve VersR 1993 S. 265-272,270 geht von der generellen Geltung des § 96 für die Schadenv aus und fordert nur zur Klarstellung seine Übernahme in die allgemeinen Vorschriften. In der Praxis wird das Kündigungsrecht in den kombinierten Vsverträgen für alle Vsfälle vereinbart, vgl. §§ 20 Nr. 2 VGB 62, 88 und 26 V H B 84, 92. Das gilt auch für die Betriebsunterbrechungsv (Schneider Betriebsunterbrechungsv S. 86) gemäß § 16 Nr. 2 FBUB, auf die § 96 ebenfalls analog anzuwenden ist (a. M. Sieg A 40). [E 15] 2. Voraussetzungen des Kündigungsrechts a) Gesetzliche Voraussetzungen § 96 gestattet die Kündigung nach dem E i n t r i t t eines V s f a l l e s . Dieser Begriff ist nach dem unter E 14 erörterten Gesetzeszweck nicht dogmatisch zu bestimmen sondern weit auszulegen (Dörner-Staudinger in B K R N 4 zu § 96). Es muß sich zwar um ein Ereignis handeln, für das bei objektiver Betrachtung Vsschutz zu gewähren ist, es muß also eine vte Sache durch eine vte Gefahr am Vsort betroffen worden sein (Raiser 2 R N 6 zu § 18 AFB; Boldt 7 S. 112). Dieser Ereignis braucht aber Johannsen/Johannsen

309

E. Dauer des Versicherungsschutzes

A n m . E 15

nicht zu einer Leistungspflicht des Vers zu führen, wie es in einigen Bedingungen, z. B. §§ 20 V G B 62,19 V H B 74 vorausgesetzt wurde. Denn gerade die Auseinandersetzungen um die Leistungspflicht des Vers sind die gesetzgeberische Grundlage des Kündigungsrechts. Indem das Gesetz in § 96 II für den Zeitpunkt, bis zu dem die Kündigung zulässig ist, auf den Abschluß der Verhandlungen abstellt, der für den Vmer positiv oder negativ sein kann, und nicht auf die Zahlung der Entschädigung, macht es deutlich, daß für die Kündigung ein entschädigungspflichtiger Vsfall nicht Voraussetzung ist. Die Abgrenzungen im einzelnen sind sehr streitig. Weitgehende Einigkeit besteht in der Literatur nur darüber, daß das Kündigungsrecht besteht, wenn die Leistungspflicht des Vers wegen Obliegenheitsverletzungen vor oder nach dem Vsfall entfallen ist (Raiser a.a.O.; Wussow2 Anm. 7 zu § 18; Martin3 L II 20; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 10 zu § 96; Langheid in Römer-Langheid R N 13 zu § 96; Dörner-Staudinger in BK R N 5 zu § 96). Das gleiche gilt für Nichtzahlung der Erstprämie und Prämienverzug. Hingegen wird für den Fall der vorsätzlichen und grob fahrlässigen Herbeiführung des Vsfalles nach § 61 das Kündigungsrecht teilweise verneint, weil ein Vsfall, bzw. wie mit Verweis auf Möller in Bd II Anm. 31 zu § 61 argumentiert wird, ein „ echter" Vsfall nicht vorliege (Prölss a.a.O.; Martin3 L I 19, Ollick VA 1981 S. 44, Kagelmacher S. 127,196). Darauf kann aber für die Auslegung des § 96 nicht abgestellt werden. Gerade Auseinandersetzungen über das Vorliegen der Voraussetzungen des §61, insbesondere über die Abgrenzung von grober und leichter Fahrlässigkeit führen in der Praxis zu Verärgerungen, die eine Kündigung für beide Vertragsparteien nahelegen. Der Kündigung des Vmers kann im Einzelfall allerdings der Arglisteinwand entgegenstehen. (Dörner-Staudinger a.a.O.; bejaht wird das Kündigungsrecht im Fall des § 61 auch von Raiser, Wussow, Langheid, Boldt a.a.O.). Obwohl der vorgetäuschte, fingierte Vsfall dem vorsätzlich herbeigeführten sehr nahe steht, löst er ein Kündigungsrecht nicht aus, weil es bei ihm an objektiven Anknüpfungspunkten zur vertraglichen Leistungspflicht des Vers fehlt (Dörner-Staudinger a.a.O.: a. A. Langheid a.a.O.). Die Interessen des Vers sind dadurch hinreichend gewahrt, daß ihm bei solchem in aller Regel auch gemäß § 263 StGB strafbaren Verhalten des Vmers ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zusteht (vgl. dazu Möller in Bd I Anm. 25 zu § 8). Für den Fall, daß der auf Grund eines Vsfalles eingetretene Schaden vom Vmer wegen eines vereinbarten S e l b s t b e h a l t s nicht geltend gemacht werden kann, wird von Langheid und Kagelmacher a.a.O. das Kündigungsrecht generell verneint, von Ollick a.a.O. und Dörner-Staudinger a.a.O. immer bejaht, während Martin a.a.O. und Kollhosser a.a.O. es nur unter strengen Voraussetzungen an den Nachweis des Schadens zulassen. Man wird hier differenzieren müssen. Wenn klar ersichtlich ist, daß ein Vsfall eingetreten ist, die Höhe des Schadens aber unter dem Selbstbehalt liegt, besteht kein Anlaß, ein Kündigungsrecht zu gewähren; ein kritisch zu würdigendes Regulierungsverhalten liegt nicht vor (so Langheid a.a.O.). Deshalb ist gegen die klarstellende Regelung in § 19 Nr. 2 VGB 88 Fassung 1999, nach der ein Kündigungsrecht nicht besteht, wenn die Höhe des Schadens unterhalb des vereinbarten Selbstbehalts liegt, nach AGB-Grundsätzen nichts einzuwenden. Wird aber über die Höhe des Schadens gestritten, so dürfen die Vertragsparteien nach dem Schutzzweck des Gesetzes kündigen, auch wenn sich herausstellt, daß die Schadenhöhe nach objektiven Kriterien unter dem Selbstbehalt liegt. Ebenso sind Subsidiaritätsklauseln zu behandeln (für diese wird von Boldt 7 S. 113 das Kündigungsrecht generell verneint). Auch zu K u l a n z z a h l u n g e n kann keine generelle Aussage gemacht werden (verneint wird das Kündigungsrecht von Martin L II 16 und Langheid a.a.O. R N 14), weil mit diesem Begriff außer ohne Verpflichtung erfolgte Zahlungen des Vers häufig auch 310

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III. Kündigung nach dem Versicherungsfall

Anm. E 16

solche bezeichnet werden, die nach einer Auseinandersetzung über die Leistungspflicht des Vers ohne eindeutige Klärung derselben erfolgen. Für solche Fälle ist das Kündigungsrecht zu bejahen. Wird aber z.B. vom Ver eine Kulanzleistung erbracht, obwohl der Schaden zweifelsfrei unter der Selbstbehaltsgrenze liegt, kommt eine Kündigung nach § 96 nicht in Betracht. Das Kündigungsrecht ist zu verneinen, wenn gesetzliche oder vertragliche Risikoausschlüsse vorliegen, wie z.B. für Schäden durch Erdbeben oder Kriegsereignisse, oder der Schaden außerhalb des Vsortes eingetreten ist (Raiser 2 Anm. 6 zu § 19; Boldt 7 S. 112; a. M. Dörner-Staudinger in BK R N 4, die nicht verlangen, daß die objektiven Voraussetzungen der Risikobeschreibung erfüllt sein müssen). [E 16] b) Regelung in AVB In den AVB ist der Versuch unternommen worden, die Kündigungsvoraussetzungen deutlicher zu bestimmen, um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden. Soweit dies in den älteren Fassungen dadurch erfolgt ist, daß die Kündigung nur nach einem e r s a t z p f l i c h t i g e n Vsfall erfolgen kann, z. B. §§ 18 II AFB 30, 19 Nr. 2 VHB 66 und 74, 20 Nr. 2 VGB 62, liegt aber eine so erhebliche Einschränkung des Kündigungsrechts vor, daß die Bestimmungen gemäß §§ 9 I AGBG, 307 B G B n.F. wegen unangemessener Benachteiligung der Vmer unwirksam sind (Martin3 L II 10, 21; Kollhosser in PrölssMartin26 R N 4 zu § 96; Langheid in Römer-Langheid R N 7 zu § 96; Dörner-Staudinger in BK R N 23 zu § 96; a. A. zu § 19 Nr. 2 VHB 74 AG Nördlingen 15.11.1982 VersR 1983 S. 721). Obwohl § 96 nicht halbzwingend ausgestaltet ist, sind Abweichungen zum Nachteil des Vmers nur im beschränkten Maße durch AGB zulässig, weil der Regelung des Kündigungsrechts Leitbildfunktion zukommt (BGH 27. III. 1991 VersR 1991 S. 580-581; Horn in Wolf-Horn-Lindacher 4 R N 490 zu § 23 AGBG). Unwirksam ist nicht nur der völlige Ausschluß des Kündigungsrechts, wie er früher in Bedingungen öffentlich-rechtlicher Feuerver vorgesehen war (so O L G Düsseldorf 5. V. 1988 NJW RR 1988 S. 1051-1053; AG Siegburg 7.1.1987 NJW R R 1987 S. 612), sondern auch jede erhebliche Beschränkung. Wegen der unzulässigen Beschränkung auf ersatzpflichtige Vsfälle sind die oben angeführten und weitere Sachvsbedingungen 1984 neugefaßt worden, wobei für das Kündigungsrecht im wesentlichen der Wortlaut des § 96 zu Grunde gelegt und auf eine eigenständige Formulierung verzichtet wurde (VA 1984 S. 389, vgl. z. B. §§ 18 II AFB 30,26 VHB 84,20 VGB 62). Bei späteren Neufassungen ist aber versucht worden, den Streit um die Auslegung des § 96 zu entscheiden. So wird in §§ 19 Nr. 2 II AFB 87, 24 Nr. 2 II VGB 88 für den Beginn der Kündigungsfrist nicht wie in § 96 auf den Abschluß der Verhandlungen abgestellt sondern auf die Auszahlung der Entschädigung und heißt es im Anschluß „Der Zahlung steht es gleich, wenn die Zahlung aus Gründen abgelehnt wird, die den Eintritt des Vsfalles unberührt lassen." Ähnlich heißt es in § 26 Nr. 3 V H B 92: „Das Kündigungsrecht besteht auch, wenn die Entschädigung aus Gründen abgelehnt wird, die den Eintritt des Vsf alles unberührt lassen. " Mit dieser Formulierung ist aber für eine Klärung der streitigen Fragen nichts gewonnen. Klargestellt wird lediglich, daß das Kündigungsrecht auch bei Ablehnung der Leistung durch den Ver in Betracht kommt, nicht aber in welchen Fällen. Insbesondere die Streitfrage, ob die Kündigung zulässig ist, wenn es um die Herbeiführung des Vsfalles nach § 61 geht, ist entgegen der Absicht der Bedingungsverfasser (vgl. dazu Langheid in Römer-Langheid R N 10 zu 96) nicht entschieden. Ein durchschnittlicher Vmer kann der Formulierung nämlich nicht entnehmen, daß er zwar kündigen kann, wenn die Ablehnung der Leistungspflicht erfolgt, weil er Obliegenheiten verletzt, z.B. Brandverhütungsvorschriften nicht eingehalten hat, nicht aber, wenn er den Brandschaden durch grobe Johannsen/Johannsen

311

Anm. E 17

E. Dauer des Versicherungsschutzes

Fahrlässigkeit verursacht hat. Welche Gründe den Vsfall unberührt lassen, ist ohnehin schwer zu verstehen, weshalb die Formulierung als sprachlich mißglückt zu bezeichnen ist (Langheid a.a.O.; Martin 3 L II 46). Sie suggeriert auch, daß das Kündigungsrecht nur bei Zahlung oder Ablehnung der Zahlung aus bestimmten Gründen in Betracht kommt, nicht aber z. B. wenn der Ver auf die Entschädigungsforderung überhaupt nicht reagiert oder Entschädigungsverhandlungen ergebnislos verlaufen (vgl. dazu unter E 17). Für den Fall der Ablehnung der Entschädigung wird durch die unklare Formulierung der Eindruck erweckt, daß die Kündigung nur im Ausnahmefall zulässig ist. Damit sind die erörterten Klauseln geeignet, den Vmer von der Ausübung des Kündigungsrechts abzuhalten und stellen somit mittelbar eine Kündigungsbeschränkung dar, die ihn unangemessen benachteiligt, sodaß die entsprechenden Klauseln unwirksam sind (Langheid a.a.O. R N 11 unter Darstellung der unbilligen Auswirkungen bei unberechtigten Ablehnungen; Dörner-Staudinger in BK R N 24 zu § 96; von der Wirksamkeit der Klauseln gehen aus Martin 3 L II 44—46 und Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 8 zu § 96). In der Neufassung 1999 der VGB sind diese Unklarheiten beseitigt, § 19 Nr. 2. Der Ausschluß des Kündigungsrechts für den Fall, daß der Schaden unter dem vereinbarten Selbstbehalt liegt, ist nicht zu beanstanden. [E 17] c) Zeitliche Begrenzung des Kündigungsrechts Der Zeitraum, in dem die Kündigung zulässig ist, wird bestimmt durch § 96 I mit „nach dem Eintritt des Vsfalles" und § 96 II mit „bis zum Ablauf eines Monats seit dem Abschluß der Verhandlungen". Auf die Schadenanzeige ist danach für den Beginn nicht abzustellen (so aber Doerner-Staudinger in BK R N 9 zu § 96), wohl aber auf die für die Ausübung des Kündigungsrechts notwendige Kenntnis von dem Vsfall, die dem Ver zwar üblicherweise durch die Schadenanzeige vermittelt wird, aber wie § 33 II voraussetzt, auch auf andere Weise erlangt werden kann. Die fristgerechte Erstattung der Schadenanzeige war in früheren Fassungen der Feuervsbedingungen, z.B. § 18 II AFB 30, zusätzliche Voraussetzung des Kündigungsrechts des Vmers. Das stellte eine nach §§ 9 I AGBG, 307 BGB n.F. unzulässige erhebliche Einschränkung des Kündigungsrechts dar (Martin 3 L II 23), insbesondere auch einen Verstoß gegen das sich aus § 96 ergebende Leitbild, nach dem die Kündigungsvoraussetzungen für beide Vertragsparteien gleich sein müssen (BGH 27.111.1991 VersR 1991 S. 580-582; Horn in Wolf-Horn-Lindacher 4 R N 490 zu § 23 AGBG; a. A. Kagelmacher S. 185). Der Abschluß der Verhandlungen, durch den die Monatsfrist des § 96 II in Lauf gesetzt wird, besteht bei positiver Entscheidung des Vers regelmäßig entweder in der Zahlung der Entschädigung oder einer bindenden Einigung der Vertragsparteien über diese, bei negativer Entscheidung in der endgültigen Deckungsablehnung. Die Auffassung von Langheid in Römer-Langheid R N 23 zu § 96, daß bei positiver Entscheidung generell auf die Zahlung abzustellen sei, ermöglicht zwar leichter die klare Feststellung des Fristbeginns, wird aber dem Wortsinn der Vorschrift nicht gerecht; Vertragsparteien, die sich geeinigt haben, verhandeln nicht mehr miteinander, sondern haben ihre Verhandlungen abgeschlossen. Ein Abschluß der Verhandlungen liegt auch vor, wenn der Ver die geltend gemachte Forderung anerkennt, auf die spätere Zahlung ist auch dann nicht abzustellen (Martin 3 L II 37). Ein Anerkenntnis liegt aber im Regelfall noch nicht darin, daß der Regulierungsbeauftragte des Vers die Schadenhöhe feststellt, weil die entsprechenden Formulare üblicherweise den Vorbehalt einer Nachprüfung durch den Ver enthalten. Erst wenn dieser das vom Vmer akzeptierte Ergebnis bestätigt, sind die Verhandlungen abgeschlossen (Martin a.a.O.; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 12 zu § 96). 312

Johannsen/Johannsen

III. Kündigung nach dem Versicherungsfall

Anm. E 17

Eine Deckungsablehnung schließt die Verhandlungen ab, wenn sie endgültig ist, nicht aber, wenn sie zugleich die Aufforderung enthält, neue Beweismittel vorzulegen (Martin 3 L II 38, Kollhosser a.a.O.). Trägt der Vmer nach endgültiger Ablehnung von sich aus neue Tatsachen vor und geht der Ver hierauf ein, so ergibt sich aus nachträglicher Sicht, daß die Verhandlungen durch die Deckungsablehnung noch nicht abgeschlossen waren, und die Frist beginnt erst später mit dem Abschluß der neuen Verhandlungen zu laufen. Das gilt aber nur bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Ablehnung und Wiederaufnahme der Verhandlungen (Martin a.a.O.; Langheid a.a.O. R N 25). Trotz des strengen Wortlauts „nur bis ... zulässig" ist die Kündigung des Vsvertrages nach endgültiger Deckungsablehnung und Ablauf der Monatsfrist dann möglich, wenn die Parteien später wieder in Verhandlungen über die Entschädigung eintreten (Bruck 7 R N 13 zu § 96; Martin 3 L II 40; Kollhosser a.a.O. R N 13; Dörner-Staudinger R N 9 zu § 96). Das ist nach dem Gesetzeszweck geboten, nach dem die bei den Verhandlungen gewonnenen negativen Erfahrungen zur Kündigung berechtigen sollen (vgl. E 14). Es beginnt dann eine neue Monatsfrist zu laufen. Diese Rechtsfolge wird von Martin und Kollhosser a.a.O. auch für den Fall angenommen, daß der Vmer Deckungsklage erhebt, wobei die Frist mit dem die Entschädigung zusprechenden (so Kollhosser) oder der Rechtskraft des klagabweisenden Urteils beginnt, das auf anderen Gründen als dem Fehlen eines Vsfalles beruht (Martin). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, weil für diese weitere Ausdehnung des Kündigungsrechts keine Notwendigkeit besteht. Auch die unberechtigte Deckungsablehnung setzt die Kündigung in Lauf, die nicht durch einen Deckungsprozeß berührt wird (Langheid a.a.O. R N 26). N u r dann, wenn der Ver - möglicherweise unter dem Eindruck des Verlaufs des Prozesses oder nach dessen Entscheidung durch Grundurteil - sich wieder zu Verhandlungen über die Entschädigung bereit erklärt, beginnt mit deren Ablauf eine neue Monatsfrist zu laufen. Schwierig ist der Fristbeginn zu bestimmen, wenn die Verhandlungen keinen eindeutigen Abschluß haben, weil z.B. der Ver auf die Schadenanzeige überhaupt nicht reagiert oder eine schriftliche Auseinandersetzung über Grund oder H ö h e der Entschädigung nicht weitergeführt wird. In diesen Fällen ist nicht auf den Zeitpunkt des Zugangs der Schadensanzeige oder des letzten Schreibens der Korrespondenz abzustellen sondern ein angemessener Zeitraum zu ermitteln, von dem anzunehmen ist, daß nach seinem Ablauf keine Verhandlungen mehr geführt worden wären (Martin 3 L II 39). Dafür ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, z. B. darauf, ob ein Ermittlungsverfahren aus Anlaß des Schadenfalles anhängig ist (vgl. dazu unter H 208), ob eine Begutachtung durch Sachverständige erforderlich ist oder ob ein einfacher eindeutiger Sachverhalt vorliegt, bei dem eine schnelle Entscheidung über Zahlung oder Ablehnung möglich wäre. Wird von dem Vmer eine Schadenanzeige überhaupt nicht erstattet und eine Entschädigung nicht verlangt, kann man, weil eine Kontaktaufnahme zwischen den Parteien gar nicht stattgefunden hat, keinen Zeitpunkt für den Abschluß der Verhandlungen ermitteln oder fingieren (so aber Martin 3 L II 41, 42; Kollhosser a.a.O. R N 13). Die Frist des § 96 II beginnt deshalb vorerst gar nicht zu laufen (Dörner-Staudinger a.a.O. R N 10). Der nach Auffassung von Martin a.a.O. gebotene Schutz des Vers vor einer späteren auf einen nicht geltend gemachten Bagatellschaden gestützten Kündigung ist dadurch gewährleistet, daß der Vmer die Beweislast für die Kündigungsvoraussetzungen hat und die Unaufklärbarkeit durch Zeitablauf sich zu seinen Lasten auswirkt (Prölss Beweislast R N 1, 2 zu § 96, der überdies strenge Anforderungen an den Nachweis von Bagatellschäden stellt, um ein „Erschleichen" des Kündigungsrecht zu verhindern). Johannsen/Johannsen

313

Anm. E 19

E. Dauer des Versicherungsschutzes

Die Monatsfrist des § 96 II war in den meisten älteren Bedingungen auf 14 Tage verkürzt worden. Wegen der darin liegenden unzulässigen Beschränkung des Kündigungsrechts sind die Bedingungen auch insoweit 1984 geändert und § 96 II angepaßt worden (zur Auslegung der früheren Fassungen vgl. Martin 3 L II 31-34). [E 18] 3. Form und Frist der Kündigung Die Kündigung kann nach dem Gesetz formlos, also außer schriftlich auch fernschriftlich, mündlich oder telefonisch erfolgen. In den Bedingungen ist für die Kündigung Schriftform vorgesehen, vgl. z.B. §§ 18 II AFB 30, 19 Nr. 2 AFB 87, 20 Nr. 2 VGB 62, 24 Nr. 2 VGB 88, 26 Nr. 2 VHB 84 und 92. Das ist aus AGBG-Gesichtspunkten, wie §§ 11 Nr. 16 AGBG, 309 Nr. 13 BGB n.F., ergeben, die nur strengere Formen als die Schriftform verbieten, nicht zu beanstanden. Die Angabe eines Kündigungsgrundes ist für beide Vertragsparteien nicht erforderlich (BGH 27. III. 1991 VersR 1991 S. 580-582). Wenn den Ver aber, weil er sich auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung einer Obliegenheit, die vor dem Vsfall zu erfüllen ist, berufen will, eine Kündigungsobliegenheit nach § 6 I 3 trifft, muß er bei der Kündigung klarstellen, daß er zugleich gemäß § 96 kündigt. Das ist notwendig, damit der Vmer weiß, daß die Kündigung auch gelten soll, wenn sich herausstellt, daß eine schuldhafte Obliegenheitsverletzung nicht vorgelegen hat (von Kollhosser in PrölssMartin 26 R N 11 zu § 96 und Dörner-Staudinger in BK R N 8 zu § 96 wird eine solche Klarstellung lediglich empfohlen). Die Kündigungsfrist ist in § 96 II unterschiedlich für die Kündigung des Vers und des Vmers geregelt. Der Ver muß eine Kündigungsfrist von einem Monat einhalten. Das ist geboten, damit der Vmer ausreichende Gelegenheit hat, sich um anderweitigen Vsschutz zu bemühen. Bei Vereinbarung der Klauseln 1902, 3604 beträgt die Kündigungsfrist in der industriellen Feuerv 3 Monate. Dem Vmer steht hingegen ein Wahlrecht zu. Er kann mit sofortiger Wirkung kündigen, aber auch mit einer Frist, die zwischen sofort und dem Schluß der laufenden Vsperiode liegt. Das ergibt sich aus § 96 II 3, der lediglich den späteren Zeitpunkt für die Wirkung der Kündigung festlegt und damit die Wahl aller davor liegenden Zeitpunkte ermöglicht. Auch diese interessengerechte Regelung stellt auf das Bedürfnis des Vmers ab, sich anderweitigen Vsschutz zu verschaffen, gibt ihm aber auch die Möglichkeit, sich mit sofortiger Wirkung von einer als unzumutbar empfundenen Bindung zu lösen. Mit Rücksicht darauf, daß die Kündigung durch den Vmer nach § 96 III den Verfall der Prämie für die gesamte Vsperiode zur Folge hat und zwar ohne Unterschied, ob er mit sofortiger Wirkung oder zu einem späteren Zeitpunkt gekündigt hat (LG Köln 24. X. 1994 r + s 1995 S. 110-111), wird aber eine sofortige Kündigung regelmäßig seinen wirtschaftlichen Interessen widersprechen, während die Kündigung zum Ende der Vsperiode ihn vor doppelter Prämienzahlung bewahrt. Deshalb ist eine Kündigung ohne Angabe des gewünschten Zeitpunkts, zu dem das Vertragsverhältnis enden soll, regelmäßig gemäß § 133 BGB dahin auszulegen, daß zum Schluß der Vsperiode gekündigt wird (Martin 3 L II 49; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 15 zu § 96; Langheid in Römer-Langheid R N 31 zu § 96; Dörner-Staudinger in BK R N 18 zu § 96). [E 19] 4. Wirkungen der Kündigung § 96 III regelt das Prämienschicksal unterschiedlich danach, ob der Vmer oder der Ver gekündigt haben. Bei einer Kündigung durch den Vmer steht dem Ver die Prämie für die gesamte Vsperiode zu. Der Vmer kann diese wirtschaftlich harte Rechtsfolge aber dadurch beeinflussen, daß er erst zum Ende der Vsperiode kündigt. Ohne dieses 314

Johannsen/Johannsen

III. Kündigung nach dem Versicherungsfall

Anm. E 19

Wahlrecht des Vmers, würde ihn der vom Gesetz angeordnete Prämienverfall erheblich belasten. Deshalb sind die Regelungen in den früheren Fassungen der meisten AVB der Feuerv, die das Wahlrecht ausschließen und generell vorsehen, daß der Vertrag einen Monat nach der Kündigung endete, z. B. §§ 18 II AFB 30,19 Nr. 2 V H B 74, 20 Nr. 2 VGB 62, gemäß §§ 9 I AGBG, 307 B G B n.F., unwirksam (Horn in WolfHorn-Lindacher R N 490 zu § 23 AGBG; Martin 3 L II 48-50; Kollhosser a.a.O. R N 17). In die Neufassungen von 1984 (VA 1984 S. 389) und in die AFB 87 ist das Wahlrecht entsprechend § 96 II ausdrücklich aufgenommen worden. Bei Kündigung des Vertrages durch den Ver steht diesem die Prämie für die laufende Vsperiode nur anteilig zu. Zu differenzieren ist zwischen den Fällen, in denen der Ver eine Entschädigung geleistet hat, und denen ohne eine solche Leistung. Im ersten Fall erhält der Ver die dem Anteil der Entschädigung an der Vssumme entsprechende Prämie ganz, von dem Restbetrag aber nur den Teil, der der abgelaufenen Vszeit entspricht. Das bedeutet, daß der Ver bei einer Vssumme von 500000 Euro, einem Schaden von 200000 Euro und einer Prämie von 500 Euro bei einer zur Mitte der Vsperiode ausgesprochenen Kündigung 350 Euro erhält, nämlich in Höhe des der Entschädigung entsprechenden Teils der Prämie für die volle Vsperiode 200 Euro, auf die restliche Vssumme von 300000 Euro mit 150 Euro nur die Hälfte. Fraglich ist, ob eine andere Auslegung dieser ersichtlich im Zusammenhang mit § 95 stehenden Regelung geboten ist, wenn § 95, wie in allen modernen Feuervsbedingungen geschehen, zu Gunsten des Vmers dahin abbedungen worden ist, daß es heißt „Die Vssumme vermindert sich nicht dadurch, daß eine Entschädigung geleistet wird. " Martin3 L II 60 und Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 19 zu § 96 nehmen an, daß die gesamte Jahresprämie ohne Rücksicht auf die gezahlte Entschädigung anteilig zurückzuzahlen ist, das wären in dem angeführten Beispiel 250 Euro. Demgegenüber vertreten Langheid a.a.O. R N 34 und Dörner-Staudinger a.a.O. R N 17 die Auffassung, daß es auch in diesem Fall bei dem gesetzlich geregelten Prämienschicksal verbleibt. Dem ist für die Auslegung des § 96 zuzustimmen. Aus einer für die Fortsetzung des Vertrages getroffenen vertraglichen Abänderung des § 95 ergibt sich nicht zugleich, daß die Prämie für den Kündigungsfall anders als in § 96 III geregelt berechnet werden soll. Jedoch sehen die AVB weitgehend übereinstimmend eine solche für den Vmer günstigere Regelung vor. §§ 8 III AFB 30 n. F., 8 Nr. 5 AFB 87, 19 Nr. 5 V G B 88, 15 Nr. 5 VHB 84 und 92 bestimmen, daß der Ver im Falle seiner Kündigung nach dem Vsfall die Prämie für das laufende Vsjahr nach dem Verhältnis der noch nicht abgelaufenen zu der gesamten Zeit des Vsjahres zurückzuzahlen hat. Auf den in § 96 III 2 vorgesehenen Vorteil, in Höhe eines der Entschädigungssumme entsprechenden Anteils die Prämie voll zu behalten, wird damit verzichtet. Wird die Kündigung erst in der auf den Schadenseintritt folgenden Vsperiode wirksam, verbleibt dem Ver die volle Prämie und er hat Anspruch auf einen Anteil der Prämie für die nächste Periode. Auf die gezahlte Entschädigung kommt es in diesem Fall für die Berechnung nicht an (Kollhosser a.a.O. R N 19; Dörner-Staudinger a.a.O. R N 15). Ist von dem Ver eine Entschädigung nicht gezahlt worden, wird die Prämie, die dem Ver nach § 96 sowie nach den üblichen Vsbedingungen gebührt, nur nach dem zeitlichen Verhältnis der bei Wirksamwerden der Kündigung abgelaufenen Vsperiode zu der gesamten berechnet. Wird der Vsvertrag von beiden Vertragsparteien gekündigt, so führt die zu dem früheren Zeitpunkt ausgesprochene Kündigung zur Beendigung des Vertrages, die zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochene entfaltet keine Wirkungen mehr. § 96 gestattet nur die Kündigung des Vsvertrages, unter dessen Geltung sich der Vsfall ereignet hat. Abweichend davon ist aber in einzelnen Bedingungen vorgesehen, Johannsen/Johannsen

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Anm. E 19

E. Dauer des Versicherungsschutzes

daß auch weitere zwischen den Parteien bestehende Verträge gekündigt werden können, z. B. §§ 18 II AFB 30 a. F., Klausel 3901 zu den AFB 87,16 Nr. 2 FBUB. Derartige Erweiterungen des Kündigungsrechts sind in AGB zulässig, obwohl sie sich bei Kündigung durch den Ver auch zum Nachteil des Vmers auswirken können (Horn in Wolf-Horn-Lindacher a.a.O. R N 8; Dörner-Staudinger a.a.O. R N 7 und 25). In § 18 II AFB 30 ist diese Erweiterung bei der Neufassung ohne Notwendigkeit gestrichen worden. Soweit nicht die Neufassung durch besondere vertragliche Regelung in die Altverträge einbezogen worden ist, kann sich der Vmer weiterhin auf diese für ihn günstige Regelung berufen und auch die übrigen Verträge kündigen (Horn, Kollhosser a.a.O.). Wenn die vom Vmer erklärte Kündigung unwirksam ist, z. B. wegen Überschreitung der Monatsfrist oder Bestimmung eines späteren Zeitpunkts, als § 96 II zuläßt, muß der Ver sie nach Treu und Glauben unverzüglich zurückweisen, damit für den Vmer klare Verhältnisse entstehen (BGH 1. VII. 1987 VersR 1988 S. 923-924; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 16 zu § 8 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr.; Römer in Römer-Langheid R N 18 zu § 8). Der Streit über die Rechtsfolgen einer Unterlassung, Schadenersatzverpflichtung oder Wirksamwerden der Kündigung, ist in den Feuervsbedingungen dahin entschieden, daß die Kündigung wirksam wird, falls der Ver sie nicht unverzüglich zurückweist, §§ 20 Nr. 2 AFB 87, 26 Nr. 2 VGB 88, 28 Nr. 2 VHB 84 und 92. Diese Rechtsfolge gilt in der Hausratsv generell, nach den übrigen Bedingungen tritt sie nur ein, wenn die Unwirksamkeit nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Vmers beruht. Zu den Rechtsfolgen einer von dem Ver oder Vmer gemäß § 96 erklärten Kündigung für den Hypothekengläubiger, der seine Hypothek dem Ver angemeldet hat, vgl. J63.

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Johannsen/Johannsen

F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers Gliederung: a) Anwendungsbereich der Vorschrift F8 b) Besonderheiten der Kündigung F 9

Schrifttum F 1 Vorbemerkung F 2 I. Prämienhöhe F 3-9 1. Vereinbarung der Prämie F 3 2. Veränderung der Prämie F 4-7 a) Veränderungen auf Grund gesetzlicher Regelungen F 4 b) Veränderungen auf Grund vertraglicher Regelungen F 5 - 7 aa) Allgemeines F 5 bb) Prämienanpassungsklauseln F 6 cc) Summenanpassungsklauseln F 7 3. Kündigung des Versicherungsvertrages nach § 31 F 8 - 9

[F 1]

II. Fälligkeit der Prämie F I O III. Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Prämie F 11-13 1. Erstprämie F 11 2. Folgeprämie F 12-13 a) Rechtsfolge für den Versicherungsschutz F 12 b) Rechtsfolgen für die Prämienzahlungspflicht F 13

Schrifttum

Beckmann VersR 1996 S. 540-545, Entzian NVersZ 1998 S. 65-66, Fenyves VersR 1985 S. 797-806, Fricke VersR 1996 S. 1133, VersR 1996 S. 1449-1457, von Fürstenwerth WM 1994 S. 365-374, Hasse NVersZ 2000 S. 497-502, Hoegen VersR 1987 S. 221-226, Horn N J W 1985 S. 1118-1125, Lang VersR 1987 S. 1157-1162, Lichtenwald VW 1984 S. 1035-1043, Looschelders-Danga VersR 2000 S. 1049-1057, Lorenz VersR 1995 S. 616-626, VersR 1996 S. 1206-1209, Marlow in: Festschrift für Horst Baumann, Karlsruhe 1999, S. 209-228, Prave ZfV 1994 S. 227-235; r + s 1996 S. 249- 252, VersR 1999 S. 699-700, VersR 2000 S. 138-144, NVersZ 1999 S. 460-461, ZVersWiss 2000 S. 732-736, Römer VersR 1994 S. 125-127, in: Recht und Ökonomie der V. Festschrift für Egon Lorenz, Karlsruhe 1994, S. 4 4 9 ^ 7 2 , NVersZ 1999 S. 97-104, Reimer Schmidt in: Grundprobleme des Vsrechts, Festgabe für Hans Möller, Karlsruhe 1972 S. 443-462, Sieg in: Recht und Ökonomie der V. Festschrift für Egon Lorenz, Karlsruhe 1994 S. 643-655, Wandt Anderungsklauseln in Vsverträgen, Hamburg 2000, zitiert Wandt Anderungsklauseln, VersR 2001 S. 498-500, Wolf ZIP 1987 S. 341-353.

[F 2]

Vorbemerkung

D i e H a u p t p f l i c h t des V m e r s in d e r F e u e r v ist g e m ä ß § 1 II, die v e r e i n b a r t e P r ä m i e z u e n t r i c h t e n , d e r bei V s u n t e r n e h m e n auf Gegenseitigkeit d e r zu e n t r i c h t e n d e B e i t r a g a u s d r ü c k l i c h gleichgestellt ist. D i e P r ä m i e n z a h l u n g s p f l i c h t ist v o n M ö l l e r in Bd I in d e n A n m e r k u n g e n z u §§ 3 5 - 4 2 a u s f ü h r l i c h b e h a n d e l t w o r d e n . H i e r a u f w i r d v e r wiesen. D i e f o l g e n d e n E r g ä n z u n g e n b e t r e f f e n n u r einige B e s o n d e r h e i t e n d e r F e u e r v u n d die E n t w i c k l u n g v o n G e s e t z g e b u n g , R e c h t s p r e c h u n g u n d L i t e r a t u r seit E r s c h e i n e n d e r D a r s t e l l u n g v o n Möller. Von b e s o n d e r e r B e d e u t u n g ist die D i s k u s s i o n ü b e r die Zulässigkeit v o n P r ä m i e n a n p a s s u n g s k l a u s e l n (vgl. d a z u F 6 ) u n d die E i n f ü h r u n g eines b e s o n d e r e n gesetzlichen K ü n d i g u n g s r e c h t s bei P r ä m i e n e r h ö h u n g e n m i t § 31 d u r c h das G e s e t z z u r Johannsen/Johannsen

317

Anm. F 3

F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers

Änderung vsrechtlicher Vorschriften vom 17. XII. 1990 (BGBl. I S. 2864) sowie die Änderung dieser Vorschrift durch das 3. Gesetz zur Durchführung vsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 21. VII. 1994 (BGBl I S. 1639, vgl. unter F 8-9). Im übrigen ist auf die Fortentwicklung der Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen des Prämienverzuges hinzuweisen (dazu unter F 11-12). Neben der Hauptpflicht zur Zahlung der Prämie kann der Vsvertrag auch Nebenpflichten des Vmers begründen. Auf die Ubersicht über derartige Nebenpflichten bei Möller in Bd I Anm. 5 zu § 35 wird verwiesen. Sie spielen aber in der Feuerv keine besondere Rolle. Es gibt zwar hier außer den die Übernahme der Gefahr betreffenden Anzeigeobliegenheiten Vereinbarungen, nach denen der Vmer Angaben über Sachverhalte zu machen hat, nach denen sich die Prämie berechnet, sog. Deklarationspflichten, z . B . bei der Stichtagsv und in der Betriebsunterbrechungsv gemäß § 9 F B U B . Durch diese könnten wegen des besonderen Interesses des Vers an rechtzeitiger, vollständiger und richtiger Deklaration Rechtspflichten begründet worden sein (so zur Deklaration bei der laufenden V Möller a.a.O., während Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 248-249 auf die Notwendigkeit einer differenzierenden Betrachtung der einzelnen Klauseln hinweist, offen gelassen von B G H 17.1.2001 NVersZ 2001 S. 189190). Für die Stichtagsv haben die Parteien aber bei der Gestaltung der Klausel 1705 von ihrem Wahlrecht, Deklarationspflichten als Obliegenheiten oder als echte Rechtspflichten zu vereinbaren ( O L G Hamm 9. XII. 1992 VersR 1993 S. 1519-1521), dahin Gebrauch gemacht, die Rechtsfolgen unterlassener oder falscher Meldungen abschließend zu regeln und damit eine Obliegenheit zu begründen (vgl. dazu H 188). Entsprechendes gilt für § 9 F B U B (vgl. dazu Κ 14). Auch die Beantwortung von Fragen nach Größe, Ausbau und Ausstattung des Gebäudes gemäß § 16 Nr. 3 c) V G B 88 zur richtigen Ermittlung der Vssumme stellt keine Rechtspflicht dar. Hier steht das Interesse des Vmers im Vordergrund, einen Untervsverzicht zu erreichen, den er durch vorsätzlich und grobfahrlässig falsche Angaben verliert (vgl. hierzu Η 182).

I. Prämienhöhe [F 3]

1. Vereinbarung der Prämie

Die Festsetzung der Prämienhöhe unterliegt der freien Vereinbarung der Vertragspartner. Wegen des starken Wettbewerbs spielt die Vereinbarung der Prämienhöhe in der Industriefeuerv die Hauptrolle bei den Vertragsverhandlungen. Im Privatkundengeschäft wird die Prämie vom Vermittler auf Grund des Tarifs des Vers ermittelt und in den Antrag in die üblicherweise dafür vorgesehene Spalte eingesetzt. Da die Höhe der Prämie auch notwendige Angabe in der Verbraucherinformation nach § 10 a V A G ist, kann es nur in seltenen Ausnahmefällen vorkommen, daß es an einer ausdrücklichen Vereinbarung über die Prämienhöhe fehlt. Der Auffassung von Knappmann in PrölssMartin 26 R N 3 zu § 35, daß in diesen Fällen eine stillschweigende Unterwerfung des Vmers unter den Tarif des Vers oder die sonstige im Betrieb des Vers übliche Prämienberechnung (so Riedler in B K R N 17 zu § 35) anzunehmen sei, kann nicht zugestimmt werden. Widerspricht der Vmer der Höhe der Prämie, die vom Ver verlangt wird, ist ein Vertrag gemäß § 154 B G B gar nicht zustande gekommen, weil es an einer Einigung über einen wesentlichen Vertragspunkt fehlt. Zahlt er die verlangte Prämie, ist zwar von einem stillschweigend erfolgten Vertragsschluß auszugehen. In diesem sind aber 318

Johannsen/Johannsen

Anm. F 3

I. Prämienhöhe

nicht der Tarif des Vers oder sonstige Bemessungsgrundlagen für die Prämie einbezogen sondern es ist nur die konkret bezifferte Prämienhöhe vereinbart. Für die Einbeziehung des Tarifs oder anderer Bemessungsgrundlagen mit AVB-Charakter sind die Voraussetzungen der §§ 2 A G B G (jetzt § 305 II B G B n.F.) oder 5 a zu erfüllen. Bei der Vereinbarung vorläufiger Deckung kann es allerdings vorkommen, daß diese, weil eine Risikofeststellung aus zeitlichen Gründen noch nicht erfolgen konnte, unter „Prämienvorbehalt" erteilt wird. Dann ist der Ver berechtigt, die Höhe der Prämie nach § 315 I B G B zu bestimmen, wobei es der Billigkeit entspricht, wenn er die nach seinem Tarif übliche Prämie bei Abschluß eines endgültigen Feuervsvertrages für die vorläufige Deckung festsetzt ( O L G Düsseldorf 29. II. 2000 NJW R R 2000 S. 16291631). Grundlage der Prämienbemessung ist die V s s u m m e . Diese ist grundsätzlich vom Vmer anzugeben. Wegen der Schwierigkeiten ihrer Ermittlung insbesondere in der Gebäudev ist aber von einer Beratungspflicht des Vers auszugehen (vgl. dazu H 179— 181). Die in Promillesätzen der Vssumme bestehenden Prämiensätze werden auf Grund von von den Vern geführten Risikostatistiken ermittelt, die die Grundlage dafür bilden, daß für Risiken mit einer hohen Feuergefahr hohe Prämiensätze, mit einer geringeren Feuergefahr aber niedrigere Prämiensätze berechnet werden können. Auf Grund der EU-GruppenfreistellungsVO vom 21. XII. 1992 (in Kraft getreten am 1. IV. 1993 E U AmtsBl Nr. L 398 vom 31. XII. 1992 S. 7) ist es den Vern kartellrechtlich gestattet, gemeinsame Risikoprämientarife zu erarbeiten, die auf gegenseitig abgestimmten Statistiken beruhen (vgl. dazu v. Fürstenwerth WM 1994 S. 365-374). Außer dem statistisch erfaßbaren Risiko werden die besonderen Verhältnisse des Vmers durch Zuschläge oder Rabatte berücksichtigt (vgl. dazu im einzelnen BrunschStier in Wälder Feuerv II S. 43-52). Die so ermittelte Nettorisikoprämie wird um einen Sicherheitszuschlag ergänzt. Die vom Vmer zu zahlende Bruttoprämie, auf die für die Rechtsfolgen der §§ 38, 39 abzustellen ist, ergibt sich unter Berücksichtigung des von jedem Vsunternehmen individuell bestimmten Betriebskosten- und Gewinnzuschlages (Riedler in BK R N 4 zu § 35). Außer der Prämie hat der Vmer V s s t e u e r sowie gelegentlich N e b e n k o s t e n oder - g e b ü h r e n zu zahlen. Die Vssteuer ist gemäß § 7 I V VersStG für jede Prämienzahlung zu entrichten. Sie stellt zwar keine Gegenleistung für die Gefahrtragung durch den Ver dar, ist aber dennoch gemäß § 8 VersStG rechtlich wie die Prämie zu behandeln mit der Folge, daß Leistungsfreiheit nach § 38 II eintreten kann, wenn die Vssteuer zur Zeit des Eintritts des Vsfalls nicht gezahlt ist (Römer in Römer-Langheid R N 3 zu § 35; Riedler in BK R N 9 zu § 39). Bei Nebengebühren kann es sich um Ausfertigungsgebühren, Hebegebühren oder Auslagen des Vers handeln. Während es in einer früheren Fassung von § 9 AFB 30 hieß „Mit der Prämie sind die aus der Vsurkunde ersichtlichen Kosten (öffentlichen Abgaben, Ausfertigungs- und Hebegebühren, Auslagen) zu entrichten", enthalten die modernen Feuervsbedingungen keine entsprechenden Regelungen über Nebenkosten mehr. Solche müssen individuell vereinbart werden. Eine Notwendigkeit für die Berechnung von Nebenkosten besteht in aller Regel nicht, weil ein Betriebskostenzuschlag ohnehin üblicherweise in die Bruttoprämie eingerechnet wird. Das von Martin3 Ρ I 7 aufgeführte Motiv der Ver, die Prämie als niedriger erscheinen zu lassen und auf dem Ver durch den Vertragsabschluß entstandene Kosten besonders hinzuweisen, kann nicht als sachgerecht angesehen werden. Da der Ver nach § 3 zur Aushändigung des Vsscheins verpflichtet ist, hat er im übrigen auch die durch seine Ausstellung entstehenden Kosten zu tragen. Daß der Vmer die Kosten für Ersatzurkunden und Abschriften zu tragen hat, ist in § 3 IV ausdrücklich geregelt und bedarf deshalb keiner vertraglichen Vereinbarung über Nebenkosten. Johannsen/Johannsen

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Anm. F 4

F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers

Sind Nebengebühren wirksam vereinbart worden, z.B. durch ausdrückliche Aufnahme in den Vsantrag und Vsschein, so löst die unterlassene Zahlung nicht die Rechtsfolgen der §§ 38, 39 aus, weil sie keinen Teil der Prämie darstellen (Riedler in B K R N 11, 12 zu § 35, anders aber wegen des Wortlauts zu § 39; a. A. Römer in Römer-Langheid R N 3 zu § 35, 11 zu § 39). Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, die strengen Folgen der Nichtzahlung der Prämie auf die Nichtzahlung der für das Vertragsverhältnis keine erhebliche Rolle spielenden Nebengebühren zu erstrecken. Vereinbarungen, wie sie z.B. in § 10 Nr. 1 V G B 62 enthalten sind, wonach die Rechtsfolgen der §§ 38, 39 auch auf vereinbarte Nebenkosten Anwendung finden, verstoßen gegen § 42, der Abweichungen zum Nachteil des Vmers verbietet (Riedler a.a.O.; Martin 3 Ρ I 6; Möller in Bd I Anm. 30 zu § 38 nimmt an, daß in der Erstreckung auf Nebengebühren keine unzulässige Verschärfung liege, hat diese Rechtslage a.a.O. Anm. 6 aber als nicht unzweifelhaft dargestellt). Soweit zu § 39 vertreten wird, daß die Verzugsfolgen für die Folgeprämie auch bei verspäteter Zahlung der vereinbarten Kosten eintreten (Möller a.a.O. Anm. 6 zu § 39; Riedler a.a.O.), kann dem nicht gefolgt werden. Nach dem Zusammenhang der Regelung in § 39 II und IV, in der Kosten nach Zinsen aufgeführt sind, ist davon auszugehen, daß sich Kosten im Sinne dieser Vorschrift nicht auf vereinbarte Nebenkosten sondern nur auf Mahnkosten beziehen (Martin 3 Ρ I 7; Römer in Römer-Langheid R N 11 zu § 39). 2. Veränderung der Prämien [F 4]

a) Veränderungen auf Grund gesetzlicher Regelungen

Die vertraglich vereinbarte Prämie kann sich nachträglich ändern. Es kann aus unterschiedlichen Gründen auf Grund gesetzlicher Vorschriften zu einer Erhöhung oder Minderung der Prämie kommen. Eine Änderung der Prämienhöhe kommt z.B. bei G e f a h r ä n d e r u n g e n in Betracht. Ist wegen bestimmter, die Gefahr erhöhender Umstände eine höhere Prämie vereinbart, so kann der Vmer, wenn die Umstände wegfallen, nach § 41a) verlangen, daß die Prämie für die künftigen Vsperioden angemessen herabgesetzt wird. Hat der Vmer ζ. B. eine Diskothek betrieben, wofür üblicherweise erheblich höhere Feuervsprämien berechnet werden als für den Betrieb anderer Gaststätten, kann er nach Einstellung des Diskothekenbetriebes Herabsetzung der Prämie verlangen ( B G H 11. XII. 1980 VersR 1981 S. 245-247). Hingegen kann der Ver eine Erhöhung der Prämie nach § 41 verlangen, wenn die von ihm übernommene Gefahr größer ist als von dem Vmer bei Vertragsschluß mitgeteilt, wenn das Rücktrittsrecht des Vers wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht mangels Verschuldens oder Kenntnis des Vmers ausgeschlossen ist (vgl. dazu G 22). § 51 betrifft die Veränderung des V s w e r t e s . Wenn sich ergibt, daß die Vssumme den Vswert erheblich übersteigt, können nach dieser Vorschrift beide Vertragsparteien verlangen, daß die Vssumme unter verhältnismäßiger Minderung der Prämie mit sofortiger Wirkung herabgesetzt wird. Das kommt ζ. B. bei Vereinbarung einer Neuwertv in Betracht, wenn im Laufe der Vertragszeit eine so starke Entwertung der Gebäude oder beweglichen Sachen eintritt, daß nach den vereinbarten Bedingungen nur zum Zeitwert oder gar nur zum gemeinen Wert zu entschädigen ist (Sieg in Festschrift für Egon Lorenz S. 643-655, 652). Nach § 95 kommt es zu einer Prämienermäßigung in der auf den Schadenfall nachfolgenden Vsperiode dadurch, daß der Ver nach dem Eintritt eines Vsfalles für spätere Schadenfälle nur bis zur Höhe des Restbetrages der Vssumme haftet. Diese Vorschrift ist aber in den heute üblicherweise verwendeten AVB abbedungen, sodaß in der Praxis 320

Johannsen/Johannsen

Anm. F 6

I. Prämienhöhe

weder eine Herabsetzung der Vssumme noch der Prämienhöhe nach § 95 erfolgt (vgl. dazu unter E 19). Hinzuweisen ist ferner auf § 60, nach dem der Vmer, wenn es ohne sein Wissen zu einer D o p p e l ν gekommen ist, verlangen kann, daß die Vssumme unter verhältnismäßiger Minderung der Prämie auf den Teilbetrag herabgesetzt wird, der durch die frühere V nicht gedeckt wird (vgl. zur Auslegung dieser komplizierten Regelung Möller in Bd II Anm. 26 zu § 60). Vertraglich wird diese Regelung etwas vereinfacht durch § 9 Nr. 3 A F B 87, wonach für diesen Fall für die Höhe der Prämie der Betrag maßgebend ist, den der Ver berechnet haben würde, wenn der Vertrag von vornherein mit dem neuen Inhalt geschlossen worden wäre. Damit wird deutlich gemacht, daß keine lineare Prämienreduzierung vorgenommen, sondern auf den Tarif des Vers abgestellt wird, der u.U. wegen der bei niedrigen Vssummen überproportional hohen fixen Verwaltungskosten nur zu einer geringeren Prämienermäßigung führt, die aber sachgerecht ist (Horn A F B und A G B G S. 72). [F 5]

b) Veränderungen auf Grund vertraglicher Regelungen aa) Allgemeines

Von größerer wirtschaftlicher Bedeutung ist die vertragliche Veränderung der Prämienhöhe, sei es, daß sie, wie in der industriellen Feuerv üblich, individuell ausgehandelt wird, sei es daß sie auf Anpassungsvereinbarungen beruht, die in Bedingungswerken oder einzeln vereinbarten Klauseln enthalten sind. In der Feuerv besteht insbesondere bei den im Privatkundengeschäft üblichen langjährigen Verträgen ein starkes Bedürfnis der Ver, die Prämie an veränderte Umstände, z.B. allgemeine Preissteigerungen oder Ansteigen von Schäden anzupassen. Die Vmer sind hingegen, um insbesondere in der Neuwertv Unterv zu vermeiden (vgl. dazu unter Η 178), an einer Anpassung der Vssummen interessiert, die wie die unmittelbare Änderung der Prämiensätze ebenfalls zu einer Veränderung, meistens Anhebung der Prämien führt. [F 6]

Prämienanpassungsklauseln

Die grundsätzliche Zulässigkeit von P r ä m i e n a n p a s s u n g s k l a u s e l n ergibt sich seit Einführung des Kündigungsrechts durch § 31 a. F. unmittelbar aus dieser Vorschrift, die auch nach ihrer Neufassung lediglich die Rechtsfolgen von Prämienerhöhungen regelt, aber voraussetzt, daß diese auf Grund von Anpassungsklauseln erfolgen dürfen (Harrer in B K R N 4 zu § 31). Auch vor dieser gesetzlichen Klarstellung ging die h. M. zu Recht davon aus, daß bei Vsverträgen wie bei anderen gegenseitigen Schuldverträgen nachträgliche Einwirkungen auf die im Vertrag vorausgesetzte Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung durch Preisänderungsklauseln aufgefangen werden dürfen (BVerwG 14. X . 1980 VersR 1981 S. 221-227; B G H 1. VII. 1992 VersR 1992 S. 1211-1213; Reimer Schmidt in Festschrift für Möller S. 443-462; Horn N J W 1985 S. 1118-1125 mit zahlreichen Nachweisen). Während bei individuell vereinbarten Anpassungsregelungen die Bestimmung der Leistung gemäß § 315 B G B im Zweifel nach billigem Ermessen zu erfolgen hat ( B G H a.a.O.), unterliegen Prämienanpassungsklauseln in A G B der Inhaltskontrolle nach § § 9 A G B G , 307 B G B n.F. (vgl. nur B G H 16. III. 1988 VersR 1988 S. 1281-1283; 1. VII. 1992 a.a.O.; 8 . X . 1997 VersR 1997 S. 1517-1519 = r + s 1998 S. 4-6; Beckmann VersR 1996 S. 540-545; Wandt Änderungsklauseln S. 9; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 31; Langheid in Römer-Langheid R N 10 zu § 31 a.F.; Harrer in B K R N 17 zu § 31). Sie ist nicht durch § 8 A G B G (jetzt 307 III B G B n.F.) ausgeschlossen, der nur reine Leistungsbestimmungen erfaßt, nämlich den engen Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des Johannsen/Johannsen

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Anm. F 6

F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers

wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann ( B G H 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832; Römer in Festschrift für Lorenz S. 449—472). Dazu gehören Prämienanpassungsklauseln, die nicht unmittelbar die Höhe der Prämie bestimmen, sondern nur die Voraussetzung dafür schaffen, daß die vereinbarte Höhe geändert werden kann, aber nicht (Harrer a.a.O. R N 16). Das BVerwG hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 14. X . 1980 VersR 1981 S. 221-227, in der es darum ging, ob das BAV die von einem Ver beantragte Genehmigung von Prämienanpassungsklauseln in AVB für die Rechtsschutzv zu Recht verweigert hatte, als Prüfungsmaßstab auf die ausreichende Wahrung der Belange der Verten abgestellt aber zugleich zum Ausdruck gebracht, daß dieser Prüfungsmaßstab dem des § 9 A G B G entspreche, und zu diesem in Literatur und Rechtsprechung entwickelte Kriterien in seiner Entscheidung verwertet. Das BVerwG hat folgende Grundsätze für die Zulässigkeit einer Prämienanpassungsklausel aufgestellt. Es müsse eine nicht unwesentliche Änderung des S c h a d e n v e r l a u f e s vorliegen, die eine Anpassung der Prämie notwendig mache. Die Vmer dürften nicht alle gleichmäßig, sondern jeweils nur mit denjenigen Prämienerhöhungen belastet werden, die sich aus einem veränderten Schadenbedarf der von ihnen vten Risiken ergeben; bei unterschiedlichen Risiken müßten verschiedene Risikogruppen gebildet werden, für die Prämien unterschiedlich angepaßt würden. Daß der für die Veränderung maßgebliche Anpassungssatz auf der Grundlage von Branchenzahlen ermittelt werde, sei unbedenklich, weil die Änderungen, die eine Prämienanpassung notwendig machten, nicht nur im Bestand eines Vsunternehmens aufträten sondern Veränderungen der allgemeinen technischen, ökonomischen, gesellschaftlichen, rechtlichen oder politischen Verhältnisse darstellten. Es sei auch nicht zu beanstanden, daß die Prämie insgesamt, also auch der darin enthaltene Verwaltungskosten- und Gewinnanteil erhöht werde, soweit die Erhöhung insgesamt angemessen sei und den Tarifbeitrag für Neuabschlüsse nicht übersteige. Schließlich müßte dem Vmer ein Kündigungsrecht eingeräumt werden, das nicht erst dann einsetze, wenn die Prämie besonders erheblich erhöht werde (verworfen wurde ein Kündigungsrecht, das nur bei einer Erhöhung von mehr als 20 % vorgesehen war, während es für [noch] angemessen erachtet wurde, wenn der Vmer bei einer Erhöhung von 15 % kündigen durfte). Diese Grundsätze haben für die Überprüfung von Prämienänderungsklauseln nach Einführung und Änderung des gesetzlichen Kündigungsrechts in § 31 und Fortfall der Bedingungsgenehmigung heute noch Bedeutung. Von Beckmann VersR 1996 S. 5 4 0 545, 544 werden sie, weil sie Eingang in die gesetzlichen Schutzbestimmungen der §§ 172, 178 g für die Lebens- und Krankenv gefunden hätten, als „Mindeststandard" für die Wirksamkeit von Anpassungsklauseln bezeichnet. Gerade weil die Angemessenheitskontrolle durch das BAV, die der B G H bei der Prüfung der Wirksamkeit von Prämienanpassungsklauseln in seine Überlegungen einbezogen hat (1. VII. 1992 VersR 1992 S. 1211-1213 = r + s 1992 S. 350-352 zu § 8a M B K K 76), weggefallen ist, besteht ein Bedürfnis nach gerichtlicher Kontrolle anhand bestimmter Kriterien. Die Gewährung eines generellen, schwellenlosen Kündigungsrechts durch § 31 n. F. hat nichts daran geändert, daß Anpassungsklauseln bestimmte Zulässigkeitskriterien erfüllen müssen, um der Inhaltskontrolle nach §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. standzuhalten ( B G H 8.X. 1997 VersR 1997 S. 1517-1519 = r + s 1998 S. 4-6; Präve ZfV 1994 S. 227-235, 234; Beckmann VersR 1996 S. 540-545; Wandt Änderungsklauseln S. 67 R N 177; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 31; Harrer in B K R N 15,29 zu § 31). Die von Marlow in Festschrift für Baumann S. 209-228 vertretene Auffassung, daß § 31 eine abschließende Regelung darstelle und inhaltlich beliebige Anpassungsklauseln erlaube, findet weder im Wortlaut des Gesetzes eine hinreichende Stütze noch wird sie dem Schutzbedürfnis des Vmers gerecht, der in auf längere Zeiträume angelegten 322

Johannsen/Johannsen

Anm. F 6

I. Prämienhöhe

Vsverhältnissen wie z.B. in der Gebäude- oder Hausratv regelmäßig kein Interesse an einer Vertragsbeendigung sondern an der Fortsetzung des Vertrages zu angemessenen Bedingungen hat. Der B G H hat zwar in nichtvsrechtlichen Entscheidungen gelegentlich angenommen, daß die Unangemessenheit einer die Voraussetzungen der Preiserhöhung nicht hinreichend konkretisierenden Anpassungsklausel durch ein Kündigungsrecht ausgeglichen werden könnte (7. X . 1981 N J W 1982 S. 331-333 zur Tagespreisklausel beim Neuwagenkauf, 26. V. 1986 N J W 1986 S. 3134-3136 zu Zeitschriftenabonnementsverträgen). Das mag in den entschiedenen Fällen dem Schutzbedürfnis des Kunden in diesen Vertragsverhältnissen genügen, entspricht aber nicht der beim Vsvertrag bestehenden Interessenlage, für die der B G H die Möglichkeit einer Kompensation der auf fehlender Konkretisierung des Anpassungsbedarfs beruhenden Unangemessenheit durch die Einräumung eines vertraglichen Kündigungsrechts ausdrücklich verneint hat (so schon 16. III. 1988 VersR 1988 S. 1281-1283 zur Reparaturkostenv, 8. X. 1997 VersR 1997 S. 1517-1519 = r + s 1998 S. 4 - 6 zu verschiedenen Sachvszweigen, darunter Wohngebäude- und Hausratv). Nicht anders kann das gesetzliche Kündigungsrecht beurteilt werden. Problematisch ist andererseits, ob die neugeschaffenen Regelungen der §§ 172, 178 g für die Lebens- und Krankenv Leitbildfunktion haben mit der Folge, daß Prämienanpassungsklauseln in anderen Vszweigen nunmehr unwirksam sind, wenn sie diese gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllen. Erheblich ist das insbesondere dafür, ob es erforderlich ist, auch in der Sachv einen T r e u h ä n d e r zur Uberprüfung der Berechnungen und Bestätigung der Angemessenheit einer Prämienerhöhung einzusetzen. Das wird von Beckmann VersR 1996 S. 540-545, 545 und Wandt Änderungsklauseln S. 58 R N 151 befürwortet. Das BVerwG 14. X. 1980 VersR 1981 S. 2 2 1 227 hat zu dieser Frage nicht Stellung genommen. Sie war aber in diesem Verfahren nicht streitig, weil alle zur Beurteilung stehenden Bedingungen die Einschaltung eines Treuhänders vorsahen. Im Bereich der Sachv ist aber die Einsetzung eines unabhängigen Treuhänders nicht erforderlich, um dem Schutzbedürfnis der Vmer Rechnung zu tragen. Für dieses genügt es, wenn eine nachträgliche gerichtliche Kontrolle stattfindet (Prölss in PrölssMartin 26 R N 13 zu § 31; Harrer in B K R N 35 zu § 31). Für die Lebens- und Krankenv gelten besondere Verhältnisse, weil dort die Kündigung für den Vmer mit erheblichen Nachteilen verbunden ist und er deshalb eines stärkeren Schutzes bedarf, als ihn § 31 gewährt. Eine Ausdehnung dieser speziellen Schutzvorschriften auf alle Vszweige ist sachlich nicht gerechtfertigt. Bei der im Rahmen von §§ 9 I A G B G , 307 B G B n. F. vorzunehmenden inhaltlichen Uberprüfung von Prämienanpassungsklauseln ist in erster Linie darauf abzustellen, ob nach dem Vertragsschluß eine Ä n d e r u n g des S c h a d e n b e d a r f s eingetreten ist (BVerwG a.a.O.; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 7 zu § 31; Beckmann VersR 1996 S. 540-545; Wandt Änderungsklauseln S. 48 R N 124-125; Harrer in B K R N 29 zu §31; Langheid in Römer-Langheid R N 12 zu § 31 a. F.). Dies ergibt sich bereits aus dem Sinn und Zweck von Anpassungsklauseln, die zur Verminderung des Risikos des Vers durch nach Vertragsschluß eintretende nicht voraussehbare Änderungen dienen sollen. Deshalb sind AVB, die eine Prämienerhöhung nicht an eine konkrete Veränderung der Verhältnisse anknüpfen sondern in das Belieben des Vers stellen, per se unzulässig. Der B G H hat in seiner Entscheidung vom 8. X. 1997 VersR 1997 S. 1517— 1519 = r + s 1998 S. 4 - 6 die Unwirksamkeit einer Satzungsbestimmung eines W a G , die diesem ohne jede Beschränkung die Änderung von Prämien und Tarifen erlaubte, mit dem darin liegenden Verstoß gegen das sich aus § 9 A G B G ergebende T r a n s p a r e n z g e b o t begründet. Das ist zutreffend, weil der Vmer aus der Satzungsbestimmung nicht entnehmen kann, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Johannsen/Johannsen

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Anm. F 6

F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers

Umfang ihn zusätzliche Belastungen treffen können (zu den Voraussetzungen des durch § 307 I BGB n.F. ausdrücklich in das Gesetz aufgenommenen Transparenzgebotes in AVB vgl. Römer NVersZ 1999 S. 97-104, 102-103 und Präve VersR 2000 S. 138-144). Die vom BGH behandelte Satzungsbestimmung stellt aber auch deshalb eine unangemessene Benachteiligung der Vmer dar, weil sie die Grundanforderungen an eine Anpassungsklausel, auf das Änderungsrisiko abzustellen, nicht erfüllt. Zu Bedingungsanpassungsklauseln hat der B G H im übrigen ausgeführt, daß sie nur zulässig seien, „wenn durch unvorhersehbare Änderungen, die der Ver nicht veranlaßt und auf die er auch keinen Einfluß hat, das bei Vertragsschluß vorhandene Äquivalenzverhältnis in nicht unbedeutendem Maß gestört wurde" (BGH 17. III. 1999 VersR 1999 S. 697-699). Das gleiche gilt auch für Prämienanpassungsklauseln. Durch die Möglichkeit willkürlicher Prämienerhöhungen, z.B. nur zum Zweck der Gewinnsteigerung, werden wesentliche Rechte des Vmers so eingeschränkt, daß der Vertragszweck gefährdet ist (vgl. z.B. auch BGH 11.VI. 1980 NJW 1980 S. 2518: beliebige Preiserhöhungen beim Zeitschriftenabonnementsvertrag unzulässig). Unwirksam ist deshalb auch die Anpassungsklausel des § 16 Nr. 2 a VHB 92, die dem Ver gestattet, den Prämiensatz mit Wirkung von Beginn der nächsten Vsperiode an zu erhöhen, ohne daß in der Bestimmung irgendwelche Voraussetzungen für die Erhöhung genannt sind (Prölss in Prölss-Martin 26 Anm. 10 zu § 31; Knappmann ebenda Anm. 2 zu § 16 VHB 92 hält die Klausel jedenfalls für bedenklich). Die Beschränkung der Anhebung des Prämiensatzes auf die Höhe des neuen Tarifbeitrages steht der Unwirksamkeit der Klausel nicht entgegen; denn es kann auf ganz anderen Gründen als einer Steigerung der Schadenkosten, nämlich z. B. einer Änderung der Wettbewerbssituation, beruhen, daß die Prämien für spätere Neuabschlüsse höher sind. Da die Bestimmung überhaupt keine Kriterien für die Erhöhung nennt, der Vmer also aus ihr nicht entnehmen kann, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe ihn zusätzliche Belastungen treffen können, verstößt sie auch gegen das sich aus §§ 9 AGBG, 307 I 2 BGB n.F. ergebende Transparenzgebot (BGH 8.X. 1997 a.a.O.). Eine angemessene Berücksichtigung der Änderung des Schadenverlaufes enthält hingegen die vorangegangene für Altverträge weiter geltende Regelung in § 16 Nr. 2 VHB 84 (LG Hamburg 1. XII. 1989 VersR 1990 S. 303-304 = NJW RR 1990 S. 1378). In dieser werden nämlich in einer deutlichen, dem Transparenzgebot Rechnung tragenden Weise die Veränderungskriterien dargestellt, die zu einer Erhöhung der Prämie berechtigen bzw. zu einer Verminderung verpflichten. Entsprechend den Vorgaben des BVerwG wird für die Schadenentwicklung auf Branchenzahlen abgestellt und werden unterschiedliche Risikogruppen berücksichtigt (vgl. zu dieser Regelung Martin 3 Ρ IV 16-48 und Lichtenwald VW 1984 S. 1035-1043). Für ab 1.1.1991 abgeschlossene Verträge verstößt die Kündigungsregelung mit ihrem höheren Schwellenwert allerdings gegen § 31 a.F. (Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 16 VGB 84). Gemäß § 34 a gilt die gesetzliche Regelung. Außer dem Schadensbedarf kann auch eine Veränderung der V e r w a l t u n g s k o s t e n zur Prämienanpassung berechtigen (Prölss a.a.O. R N 7; Langheid in RömerLangheid R N 14 zu § 31 a.F.; Harrer in BK R N 32 zu § 31). Das kann z.B. der Fall sein, wenn sich die allgemeinen Verhältnisse dahin ändern, daß das „moralische Risiko" so ansteigt, daß umfangreiche Nachforschungen insbesondere über vorgetäuschte Schadenfälle erforderlich werden. In der Feuerv hat sich aber ein Bedürfnis für derartige Anpassungsklauseln bisher nicht ergeben. Daß die Wirksamkeit von Prämienanpassungsklauseln die Anknüpfung an ein bestimmtes Änderungsrisiko, in aller Regel Erhöhung des Schadenbedarfs, erfordern, bedeutet nicht, daß sich der Erhöhungssatz nur auf die Schadenskosten beziehen muß. Die vom BVerwG 14. X. 1980 VersR 1981 S. 221-227 gebilligte Erhöhung der Brutto324

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I. Prämienhöhe

Anm. F 6

prämie wird überwiegend für zulässig gehalten (Prölss a.a.O. R N 15; Beckmann VersR 1996 S. 540-545; Langheid a.a.O.; Wandt Änderungsklauseln S. 51 R N 131; a. A. für eine die Inflationsrate übersteigende Erhöhung des Gewinnanteils Harrer in BK R N 34 zu § 31). Häufig wird eine solche Erhöhung schon als angemessener Ausgleich dafür gerechtfertigt sein, daß der Gewinnanteil sich um die Inflationsrate gemindert hat (Wandt a.a.O.). Sie ist aber auch im übrigen deshalb nicht zu beanstanden, weil eine von der Erhöhung der Bruttoprämie abweichende Berechnungsmethode sehr kompliziert wäre und ein billigeres Ergebnis nicht garantieren könnte (Prölss a.a.O.). Im übrigen lassen auch die gesetzlichen Regelungen der §§ 172, 178 g eine Erhöhung der Bruttoprämie zu (Beckmann a.a.O. S. 545). O b die Erhöhung durch die Höhe des Beitragsatzes für Neuabschlüsse begrenzt sein muß, wird unterschiedlich beurteilt. Während Martin 3 Ρ IV 32 und Langheid in Römer-Langheid R N 15 zu § 31 a. E eine solche Begrenzung für nicht notwendig halten, hält Prölss in Prölss-Martin 26 R N 17,18 zu § 31 Klauseln ohne eine solche Begrenzung jedenfalls dann für unzulässig, wenn die Erhöhung auf Grund von Branchenzahlen erfolgen soll. Das BVerwG hat die in der zur Beurteilung stehenden Klauseln enthaltene entsprechende Begrenzung zur Beurteilung ihrer Angemessenheit herangezogen, aber nicht ausdrücklich ausgesprochen, daß Änderungsklauseln eine solche Begrenzung enthalten müßten, um wirksam zu sein. Auch wenn es keinen Grundsatz gibt, daß Alt- und Neuverträge in jeder Beziehung gleich behandelt werden müssen, ist zu bedenken, daß es ein mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarendes Ergebnis darstellt, wenn der Ver bei gestiegenem Schadenbedarf die Prämie in Altverträgen erheblich erhöht, aber Neuabschlüsse aus Wettbewerbsgründen zu wesentlich geringeren Prämien tätigt. Bedingungen wie z.B. §§ 16 Nr. 2 VHB 84 und 92, die durch Bestimmung des im Zeitpunkt der Erhöhung geltenden Tarifprämiensatzes als Höchstgrenze ein solches Ergebnis verhindern, enthalten deshalb ein notwendiges Korrektiv für Prämienerhöhungen. Fehlt eine ausdrückliche Bestimmung der Höchstgrenze, ist die Bestimmung nicht unwirksam, sondern gemäß § 157 BGB ergänzend dahin auszulegen, daß die Erhöhung nicht über den für Neuabschlüsse geltenden Tarifbeitrag hinaus erfolgen darf. Ist ein Treuhänder vorgesehen, gehört es zu dessen Aufgaben, diese Begrenzung im Rahmen seiner Angemessenheitskontrolle einzuhalten. Die erörterten Anforderungen an Prämienänderungsklauseln bestehen auch dann, wenn es nicht um Prämienanpassungen in langfristigen Vsverträgen geht, sondern um die Fortsetzung von Verträgen auf Grund von V e r l ä n g e r u n g s k l a u s e l n . Von Marlow in Festschrift für Baumann S. 209-228, 224 wird vertreten, daß dann, wenn das Vsverhältnis von beiden Seiten zum Ende der laufenden Vsperiode gekündigt werden könne und eine Prämienerhöhung nur für die anschließende Laufzeit in Betracht komme, diese beliebig erfolgen könne, weil schutzwürdige Interessen des Vmers, die dem entgegenstehen könnten, nicht erkennbar seien. Wegen der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit könne der Vmer nicht auf eine längere Vertragsbindung und damit auf die Unabänderlichkeit der Prämie in zukünftigen Vsperioden vertrauen (sog. Kongruenz von Prämienerhöhung und Kündigungsmöglichkeit Wolf ZIP 1987 S. 341-353, 349; ähnlich Wandt Änderungsklauseln S. 93-97, der aber ein Schutzbedürfnis des Vmers dennoch bejaht und deshalb die für die KFZ-Haftpflichtv geltenden formellen Änderungsvoraussetzungen des Art. 16 § 8 3. DurchführungsG/EU zum VAG vom 21. VII. 1994 BGBl I S. 1630 - analog? - anwenden will; kritisch hierzu Präve ZVersWiss 2000 S. 732-736, 735). Ein berechtigtes Schutzbedürfnis der Vmer gegenüber Prämienerhöhungen besteht aber auch bei kurzfristigen Verträgen mit Verlängerungsklausel (Prölss in Prölss-Martin 26 R N 10 zu § 31; Beckmann VersR 1996 S. 540-545, 545; Präve a.a.O. s. 733). Die meisten Vmer rechnen auch bei Abschluß kurzfristiger Verträge mit einer längeren Laufzeit und vertrauen darauf, daß Prämienerhöhungen Johannsen/Johannsen

325

Anm. F 7

F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers

bei einer Fortsetzung des Vertrages auf Grund einer Verlängerungsklausel entweder individuell ausgehandelt werden, wie es ζ. B. bei den Jahresverträgen in der industriellen Feuerv üblicherweise geschieht, oder auf Grund einer der Inhaltskontrolle nach §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. entsprechenden Anpassungsklausel, aber nicht willkürlich erfolgen. Sonst könnten Ver Kunden mit dem Angebot besonders niedriger Prämiensätze zum Vertragsschluß veranlassen und im Vertrauen darauf, daß viele Vmer von ihrem Kündigungsrecht keinen Gebrauch machen werden, die Prämien nachträglich ohne Berücksichtigung eines steigenden Schadenbedarfs erheblich erhöhen. Wählt der Ver allerdings zulässigerweise den Weg der Änderungskündigung, ist er in der Gestaltung der von ihm verlangten Prämie frei und braucht insbesondere auf das Äquivalenzverhältnis zwischen Prämie und Gegenleistung des früheren Vertrages keine Rücksicht zu nehmen (Wandt a.a.O. S. 96). Einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen nicht nur die Prämienanpassungsklauseln, sondern auch die auf ihrer Grundlage vorgenommenen neuen Prämienfestsetzungen. Auch bei Einschaltung eines Treuhänders sind die Gerichte nicht an dessen Bestätigung der Angemessenheit der Prämienerhöhung gebunden (Prölss in PrölssMartin 26 R N 28 zu § 178g; Römer in Römer-Langheid R N 9 zu § 178 g). Das BVerfG 2 8 . X I I . 1999 VersR 2000 S. 214-216 hat der Verfassungsbeschwerde eines Vmers gegen eine Gerichtsentscheidung stattgegeben, die seine auf die Unwirksamkeit von Prämienerhöhungen in der Krankenv gerichtete Feststellungsklage mit der Begründung abgewiesen hat, daß die Gerichte nur prüfen dürften, ob eine Genehmigung des Aufsichtsamtes oder des Treuhänders vorliege. Demgegenüber hat das BVerfG auf die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes hingewiesen, der eine umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes ermöglichen müsse. Durch die Einsetzung eines Treuhänders, der allein durch das Vsunternehmen bestellt werde, werde eine gerichtliche Uberprüfung von Prämienerhöhungen unter Mitwirkung des Vmers nicht entbehrlich. Obwohl die Entscheidung auf die Besonderheiten der gesetzlichen Entwicklung der Prämienanpassung in der Krankenv abstellt, ist sie für alle Vszweige von Bedeutung. Das gilt insbesondere für das vom BVerfG an die ordentliche Gerichtsbarkeit erteilte Gebot, das Interesse des Vmers an einer umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Überprüfung der Berechnung von Prämienerhöhungen mit einem schutzwürdigen Interesse der Ver an der Geheimhaltung von Berechnungsgrundlagen zum Ausgleich zu bringen. [F 7]

cc) Summenanpassungsklauseln

Eine Veränderung, meistens Erhöhung der Prämie kann auch auf S u m m e n a n p a s s u n g s k l a u s e l n beruhen. Diese haben den Zweck, eine Unterv zu vermeiden (vgl. dazu H 181-192). Durch sie soll regelmäßig die Vssumme dem durch Preissteigerungen bedingt angewachsenen Vswert wieder angeglichen werden. Da die Prämie regelmäßig in einem Promillesatz der Vssumme berechnet wird, führt die Summenanpassung zu einer Veränderung ihrer Höhe. Bei hierdurch verursachten Prämienerhöhungen steht dem Vmer das Kündigungsrecht des § 31 nicht zu, das nur eingreift, wenn sich der Umfang des Vsschutzes nicht ändert (Prölss in Prölss-Martin R N 1 zu § 31; Langheid in Römer-Langheid R N 1 zu § 31 a. F. und unter F 8). Summenanpassungsklauseln unterliegen aber der Kontrolle durch §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. Bei dieser sind jedoch weniger strenge Anforderungen zu stellen als bei Prämienanpassungsklauseln, weil die Summenerhöhung meist dem Interesse des Vmers entsprechen wird. Durch sie wird auch dem Ver in der Regel kein unbillig auszunutzender Gestaltungsspielraum eingeräumt, weil sie auf von staatlichen Stellen ermittelte 326

Johannsen/Johannsen

I. Prämienhöhe

Anm. F 7

Indices verweisen (Wandt Änderungsklauseln S. 23 R N 58). Im Einzelfall kann die Summenanpassung aber auch den Interessen des Vmers widersprechen; es kann für ihn günstiger sein, weiterhin die niedrigere Prämie zu zahlen und dafür das Risiko zu tragen, im Schadenfall nicht voll gedeckt zu sein. Diesem Interesse kann durch ein W i d e r s p r u c h s r e c h t gegenüber der Summenanpassung entsprochen werden, wie es auch in die meisten Klauseln aufgenommen worden ist. In der H a u s r a t v befreit die jährliche indexbezogene Anpassung der Vssumme den Vmer von der Notwendigkeit, auch bei unverändertem Hausrat die Vssumme den Geldwertschwankungen anzupassen. Nach § 16 Nr. 1 V H B 84 und 92 erhöht oder vermindert sich die Vssumme mit Beginn eines Vsjahres entsprechend dem „Prozent-

satz, mit dem sich der Preisindex für andere Verbrauchs- und Gebrauchsgüter ohne Nahrungsmittel und ohne normalerweise nicht in der Wohnung gelagerte Güter" aus

dem Preisindex der Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte im vergangenen Kalenderjahr gegenüber dem davor liegenden verändert hat, wobei maßgeblich der vom Statistischen Bundesamt jeweils für den Monat September veröffentlichte Index ist (zu den Einzelheiten der Ermittlung vgl. Martin 3 S III 4 - 1 7 ) . Den Veränderungen durch Neuanschaffungen wird durch die Vereinbarung eines Vorsorgebetrages von 1 0 % der Vssumme Rechnung getragen. Diese Regelung wird durch das Recht des Vmers ergänzt, innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung über die angepaßte Vssumme die Anpassung durch schriftliche Erklärung für den Zeitpunkt aufzuheben, in dem sie wirksam werden sollte. Durch dieses Widerspruchsrecht sind die Interessen des Vmers ausreichend gewahrt. Die Regelung hält einer Inhaltskontrolle nach §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. stand. Nach ähnlichen Grundsätzen erfolgt die Summenanpassung in der G e b ä u d e v nach § 13 Nr. 4 V G B 88. Da die Haftung des Vers in der gleitenden Neuwertv an die Baupreisentwicklung angepaßt wird, verändert sich die Prämie entsprechend durch Erhöhung oder Verminderung des gleitenden N e u wertfaktors. Dieser verändert sich jeweils zum 1. Januar eines jeden Jahres für die in diesem Jahr beginnende Vsperiode entsprechend dem Prozentsatz, um den sich der jeweils für den Monat Mai des Vorjahres vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Baupreisindex für Wohngebäude und der für den Monat April des Vorjahres veröffentlichte Tariflohnindex für das Baugewerbe geändert haben, wobei die Änderung des Baupreisindex zu 80 % und die des Tariflohnindex zu 20 % berücksichtigt werden. Damit folgt die Prämienerhöhung oder -minderung in angemessener Weise den Kosten, die für die Neuherstellung oder Reparatur brandgeschädigter Gebäude entstehen. Die Bedenken von Martin 3 Ρ I V 4 9 - 6 1 gegen die Berücksichtigung der Tariflöhne sind nicht berechtigt, weil diese ihre Rechtfertigung durch die überproportional steigenden Reparaturkosten hat (Knappmann in Prölss-Martin 2 6 R N 1 zu § 3 S G I N ; Dietz Wohngebäudev 2 S. 333-336). D e r Schutz des Vmers gegen für ihn u . U . unzumutbare Prämienerhöhungen wird dadurch gewährleistet, daß er nach § 13 Nr. 6 V G B 88 innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung über die Erhöhung des gleitenden Neuwertfaktors durch schriftliche Erklärung die Erhöhung mit Wirkung für den Zeitpunkt aufheben kann, in dem sie wirksam werden sollte (zu den Einzelheiten vgl. Dietz a.a.O. S. 3 3 8 - 3 4 0 und unter Η 182). Die Vorgängerregelung in § 3 S G I N 79 a, die bei entsprechenden Prämienerhöhungen weder ein Kündigungs- noch ein Widerspruchsrecht vorsieht sondern nur die Möglichkeit, durch Kündigung den Wegfall der Sonderbedingungen für die gleitende Neuwertv zu verlangen, hält allerdings wegen der damit für den Vmer verbundenen Nachteile einer Inhaltskontrolle nach §§ 9 A G B G , 307 B G B n.F. nicht stand (Martin a.a.O. R N 58; zweifelnd Knappmann a.a.O.). I n d e r i n d u s t r i e l l e n F e u e r v sind Summenanpassungsklauseln stark verbreitet, z . B . bei der Stichtagsv (vgl. dazu unter Η 187-192) und der Wertzuschlagsv (dazu Johannsen/Johannsen

327

Anni. F 8

F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers

unter H 184). In diesem gewerblichen Bereich wird der Schutz der Vmer ausreichend dadurch gewahrt, daß ihnen bei Prämienerhöhungen das Recht eingeräumt wird, durch Kündigung die vereinbarten Abänderungsklauseln außer Kraft zu setzen. Zu Klauseln, die für den Fall der Gefahrerhöhung Prämienerhöhungen vorsehen, vgl. unter F 8 und G 66. Kündigung des Versicherungsvertrages nach § 31 W G [F 8]

a) Anwendungsbereich der Vorschrift

Die erst 1990 mit dem G. zur Änderung vsrechtlicher Vorschriften (BGBl I S. 2864) in das W G eingefügte Vorschrift des § 31 a. F., die für in der Zeit zwischen dem 1.1.1991 bis zum 28. VII. 1994 abgeschlossene Verträge gilt, gewährt dem Vmer bei einer e r h e b l i c h e n Prämienerhöhung auf Grund einer Prämienanpassungsklausel, ohne daß sich der Umfang der V ändert, das Recht, den Vertrag bis und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung zu kündigen. Als Schwellenwert für die Zulässigkeit der Kündigung ist eine Erhöhung um mehr als 5 % des zuletzt gezahlten Betrages oder um mehr als 2 5 % des Erstbeitrages bestimmt. Durch das 3.DurchführungsG/EU zum VAG (BGBl I 1994 S. 1630) wurde die Vorschrift mit Wirkung für ab 29. VII. 1994 abgeschlossene Verträge dahin abgeändert, daß die Kündigung bei jeder Erhöhung ohne Einschränkung zulässig ist. Auf weitere nicht so erhebliche Änderungen wird unter F 9 hingewiesen. Auf Altverträge, die vor dem 1.1.1991 abgeschlossen worden sind, finden § 31 a. F. und § 31 n. F. keine Anwendung. Für sie sind die Prämienanpassungsklauseln nach AGB-Grundsätzen zu beurteilen mit der Folge, daß sie wegen fehlender oder unzureichender Kündigungsmöglichkeit unwirksam sein können (vgl. dazu unter F 6). § 31 gilt in beiden Fassungen nur für Prämienerhöhungen, die den Umfang des Vsschutzes unverändert lassen. Betroffen ist also nicht die unter F 7 erörterte Summenanpassung (vgl. dazu unter H 181-194). Das gesetzliche Kündigungsrecht kann aber zur Anwendung kommen, wenn bei einer solchen Anpassung der Prämienfaktor stärker steigt als der Summenfaktor (Prölss in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 31 verweist als Beispiel auf § 3 Nr. 2 SGIN). Darin liegt eine teilweise verdeckte Prämienerhöhung, die keiner Leistungsverbesserung entspricht (Prölss a.a.O.; Harrer in BK R N 5 zu § 31). Zweifelhaft ist die Geltung von § 31 für Klauseln, die für den Fall einer Gefahrerhöhung eine Prämienerhöhung vorsehen (verneint von Langheid in Römer-Langheid Anm. 1 zu § 31; bejaht von Prölss a.a.O. unter Aufgabe der früheren Auffassung in Prölss-Martin 25 Anm. 1 zu § 31; Harrer a.a.O.). Die Ansicht von Prölss, daß in diesen Fällen die Prämienerhöhung einer Erhöhung des Schadenbedarfs des Vers Rechnung trägt, die nicht durch eine Änderung des Deckungsumfangs hervorgerufen ist, trifft für die meisten der im einzelnen unter G 66 behandelten Fälle zu. So ist in der Hausratv der Umfang des Vsschutzes bei einem Umzug des Vmers in eine Großstadt mit höherem Tarif gleichbleibend, der Ver hat aber eine größere Gefahr zu tragen, die eine höhere Prämie rechtfertigt, (vgl. § 11 Nr. 3 VHB 92). Auch bei der Aufnahme eines Gewerbebetriebes in einem in der Gebäudev verten Gebäude bleibt der Vsschutz des Vmers unverändert und wird die erhöhte Prämie gemäß § 10 Nr. 3 b) VGB 88 nur dafür gezahlt, daß das Schadenrisiko für den Ver höher geworden ist. In diesen Fällen ist § 31 ohne weiteres anwendbar. Anders zu beurteilen ist aber, wenn in der industriellen Feuerv ein Betrieb verändert oder neu aufgenommen wird. Hier kann sich der Deckungsumfang ändern, weil sich die V nicht nur auf die Gebäude sondern nach § 2 AFB 87 auch auf bewegliche Sachen erstreckt und die Einrichtung des neu errichteten 328

Johannsen/Johannsen

Anm. F 9

I. Prämienhöhe

oder veränderten Betriebes erfaßt. Die nach § 6 Nr. 4 A F B 87 zu zahlende erhöhte Prämie tritt hier nicht an die Stelle der gesetzlichen Folgen der Gefahrerhöhung sondern stellt einen Ausgleich für diese Erweiterung des Vsschutzes dar. § 31 greift deshalb seinen Wortlaut nach nicht ein. Die Vorschrift ist auch nicht nach ihrem Sinn und Zweck heranzuziehen, denn der Vmer bedarf des Schutzes durch die Kündigung nicht. In aller Regel wird die Einbeziehung des neuen Betriebes in die V seinen Interessen entsprechen. Will er ihn aber unvert lassen, hat er die Möglichkeit, bei der nach § 6 Nr. 4 A F B 87 ohnehin notwendigen Anzeige der Einbeziehung zu widersprechen. § 31 setzt nicht voraus, daß die Prämienerhöhung vertraglich wirksam ist. Auch wenn sie auf Grund einer AGBG-widrigen Prämienanpassungsklausel erfolgt ist, kann der Vmer kündigen (Langheid a.a.O. R N 8 zu § 31). Der Gegenmeinung von Harrer a.a.O. R N 37, daß die Kündigungsmöglichkeit den Vmer in diesem Fall unbegründet bevorzugen würde, ist deshalb nicht zu folgen, weil es häufig zweifelhaft und für den Vmer nicht ohne weiteres erkennbar ist, ob eine Anpassungsklausel wirksam ist. Es muß ihm deshalb die Möglichkeit verbleiben, sich entweder auf die Unwirksamkeit zu berufen oder den Vertrag zu kündigen. Das Kündigungsrecht nach § 31 ist unabhängig von der Vertragsdauer. Es gilt deshalb insbesondere auch für die in der Industriefeuerv üblichen einjährigen Verträge mit Verlängerungsklausel, für die es vor allem Bedeutung erlangt, wenn die in § 8 Nr. 4 A F B vorgesehene Kündigungsfrist von 3 Monaten vor Ablauf bereits verstrichen ist. [F 9]

b) Besonderheiten der Kündigung

Da der Vmer von seinem Kündigungsrecht nur Gebrauch machen kann, wenn er Kenntnis von ihm hat, ist der Ver gemäß § 242 B G B verpflichtet, ihn hierüber zu informieren (Langheid in Römer-Langheid R N 4 zu § 31 a. F.; Harrer in B K R N 38 zu § 3 1 ) . Mangels ausdrücklicher Regelung, wie sie sonst in Verbraucherschutzgesetzen üblich ist, ist dem Ver die Art der Information freigestellt, sie kann also bereits in den AVB wie zusammen mit der Mitteilung der Prämienerhöhung erfolgen, und es beeinflußt eine unterbliebene Information den Lauf der Kündigungsfrist nicht. Diese beträgt nach § 31 n. F. einen Monat nach Eingang der Mitteilung des Vers über die Prämienerhöhung ohne Berücksichtigung des Zeitpunktes ihres Inkrafttretens. Darin liegt eine Änderung gegenüber § 31 a. F., wonach die Kündigung bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung erfolgen muß. Nach § 31 n. F. hat der Vmer eine Wahlmöglichkeit, ob er die Kündigung mit sofortiger Wirkung oder zu einem anderen Zeitpunkt, frühestens jedoch zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Erhöhung aussprechen will, während nach § 31 a. F. die Kündigung nur zu diesem Zeitpunkt erklärt werden kann. Langheid a.a.O. R N 10 zu § 31 n.F. will auch für die Neufassung entgegen dem Wortlaut die Kündigung nur zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Erhöhung zulassen, weil der Vmer nicht berechtigt sein könne, eine Kündigungsmöglichkeit „auf Vorrat" zu behalten. Das entspricht aber nicht dem Sinn der Regelung. Der Vmer soll nach der Neufassung die Möglichkeit haben, auch wenn der Ver ihm die Prämienerhöhung sehr spät mitteilt, die Monatsfrist zur rechtzeitigen Erlangung anderweitigen Vsschutzes voll auszuschöpfen. Bei der Kündigung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Erhöhung kann es sich dann auch um eine rückwirkende Kündigung handeln (ProIss in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 31; Präve ZfV 1994 S. 227-235; Harrer in B K R N 43 schränkt die Wahlmöglichkeit hingegen für den Fall ein, daß die Mitteilung erst nach der Erhöhung bei dem Vmer eingegangen ist). Von § 31 kann nach § 34 a nicht zum Nachteil des Vmers abgewichen werden. Soweit die Kündigungsregeln in AVB, wie z. B. in §§ 16 V H B 84 und 92 § 31 nicht entsprechen, ist nur das Gesetz anzuwenden. Johannsen/Johannsen

329

Anm. F 10

F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers

Zu den Einschränkungen, denen die Kündigung eines Gebäudefeuervsvertrages durch den Vmer gemäß § 106 unterliegt, wenn eine Hypothek bestellt ist und der Hypothekengläubiger diese bei dem Ver angemeldet hat, wird auf J 83-89 verwiesen. [F 10] II. Fälligkeit der Prämie In § 35 ist die Fälligkeit der Einmal- oder Erstprämie dahin geregelt, daß diese sofort nach Abschluß des Vertrages zu zahlen ist. Sofort bedeutet dabei nicht unverzüglich. Das Verschuldensmoment des § 121 B G B sollte nach dem Willen des Gesetzgebers nicht in die Regelung einbezogen werden (Möller in Bd I Anm. 30 zu § 35; Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 35; Römer in Römer-Langheid R N 4 zu § 35). Der Vmer braucht aber nach § 35 nur gegen Aushändigung des Vsscheins zu zahlen, ihm steht somit trotz Fälligkeit seiner Verpflichtung ein Zurückbehaltungsrecht zu ( B G H 21. XI. 1975 VersR 1976 S. 136-139; O L G Hamm 23.11.1972 VersR 1972 S. 775-776; O L G Karlsruhe 19. XII. 1990 VersR 1991 S. 1125-1126; Wussow 2 Anm. 3 zu § 8; Knappmann, Römer a.a.O.; Riedler in B K R N 31 zu § 35 unter ausführlicher Darstellung des Meinungsstandes über die Folgen des Zurückbehaltungsrechts). Abweichend von dieser abdingbaren Vorschrift tritt nach den in der Feuerv üblichen Bedingungen auch die Fälligkeit erst nach Aushändigung des Vsscheins ein. Zu § 8 AFB 30 hat B G H 21. XI. 1975 a.a.O. aus dem von § 35 abweichenden Wortlaut gefolgert, daß die Parteien bewußt für die Zahlung der Erstprämie nicht an den Vertragsschluß sondern an die Aushändigung der Vsurkunde anknüpfen wollten mit der Folge, daß der Vmer mit der Prämienzahlung warten könne, bis der Ver die Initiative ergriffen und alles seinerseits Erforderliche getan habe, damit der Vmer in den Besitz des Vsscheines gelange. Auch nach §§ 8 Nr. 1 AFB 87,10 VGB 62,19 V G B 88,15 VHB 84 und 92 tritt die Fälligkeit der Prämienzahlungspflicht erst bei Aushändigung des Vsscheines ein. Für dessen Eingang beim Vmer trägt der Ver die Beweislast ( B G H 13. XII. 1995 NJW 1996 S. 729-730). Beim Abschluß des Vertrages nach dem Policenmodell gemäß § 5 a wird die Fälligkeit durch die Aushändigung der Vsbedingungen und der Verbraucherinformation beeinflußt. Sie tritt hier nämlich erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist ein (BAV in VA 1995 S. 313 ; Lorenz VersR 1995 S. 616-626, 621; Knappmann in PrölssMartin 26 R N 9 zu § 38; Römer in Römer-Langheid R N 4 zu § 35; Riedler in B K R N 38 zu § 35; O L G Köln 9. V.2000 NJW RR 2000 S. 1627-1629 = NVersZ 2001 S. 12-14). Für die Fälligkeit von Folgeprämien fehlt es an einer gesetzlichen Regelung im W G , sodaß bei Fehlen einer vertraglichen Regelung § 271 B G B heranzuziehen ist (Möller Bd I Anm. 32 zu § 35). Solche Vereinbarungen sind aber in den meisten AVB für die Feuerv enthalten. So sind nach §§ 8 I AFB 30, 8 Nr. 1 AFB 87,10 Nr. 1 VGB 62, 19 Nr. 1 VGB 88, 15 Nr. 1 VHB 84 und 92 Folgeprämien am Ersten des Monats zu zahlen, in dem ein neues Vsjahr beginnt. Einige Bedingungswerke setzen die Möglichkeit voraus, daß Ratenzahlungsvereinbarungen getroffen werden. Für diesen Fall ist vorgesehen, daß die ausstehenden Raten bis zu den vereinbarten Zahlungsterminen als gestundet gelten und die gestundeten Raten sofort fällig werden, wenn der Vmer in Verzug gerät oder eine Vsentschädigung an ihn zu zahlen ist, §§ 8 Nr. 2 AFB 87,19 Nr. 2 VGB 88,15 Nr. 2 V H B 84 und 92. Die Stundung erfolgt also unter der auflösenden Bedingung termingerechter Ratenzahlung bzw. des Nichteintritts eines ersatzpflichtigen Schadens. Fälligkeitsvereinbarungen werden auch gelegentlich in besonderen Klauseln zu den Bedingungswerken getroffen. So ist in der Klausel 1709 über die Vorsorgev für Bestandserhöhungen (vgl. dazu unter H 185) unter Nr. 6 geregelt, daß die Jahresprämie für die hinzutretenden Vssummen mit der Erhöhung der Position fällig ist. Hin330

Johannsen/Johannsen

III. Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Prämie

Anm. F 11

gegen wird bei der Stichtagsv (vgl. dazu unter H 187) nach der Klausel 1705 Nr. 8 nur eine Vorauszahlung fällig und ist die endgültige Prämie erst zum Ende des Vsjahres nach Ermittlung ihrer genauen Höhe zu zahlen.

III. Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Prämie [Fil]

1. Erstprämie

Für die Abgrenzung zwischen Erst- und Folgeprämien und für die gesetzlichen Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Erst- oder Einmalprämie wird auf die ausführliche Kommentierung von Möller in Bd I zu § 38 verwiesen. Die Feuervsbedingungen verweisen wegen der Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Erstprämie auf § 38, stellen den Vmer aber in der entscheidenden Frage des Beginns des Vsschutzes gegenüber der gesetzlichen Regelung besser. Die sog. e r w e i t e r t e n E i n l ö s u n g s k l a u s e l n (zum Begriff Maenner VersR 1984 S. 717-720) der §§ 8 Nr. 3 A F B 87,10 Nr. 2 V G B 62,19 Nr. 3 V G B 88,15 Nr. 3 V H B 84 und 92 besagen, daß die Haftung des Vers mit dem vereinbarten Zeitpunkt auch dann beginnt, wenn zur Prämienzahlung erst später aufgefordert, die Prämie aber dann unverzüglich gezahlt wird. Hierin liegt die vertragliche Abbedingung des § 38 II, nach dem die Gewährung des Vsschutzes von der Zahlung der Prämie abhängig ist (Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 19, 20 zu § 38; Römer in Römer-Langheid R N 25 zu § 38; a.A. Riedler in B K R N 55 zu § 38, der gegen die h. M. annimmt, daß die Haftung des Vers nach § 38 II aufschiebend bedingt ist durch die nachträgliche rechtzeitige Zahlung der Prämie und regelmäßig rückwirkend in Kraft tritt, wenn die Prämie rechtzeitig gezahlt wird). Eine solche Vereinbarung ist zulässig, weil sie den Vmer begünstigt; § 42 betrifft nur Abweichungen von den §§ 37-41 a zum Nachteil des Vmers. Durch die erweiterte Einlösungsklausel wird der materielle Vsschutz auf den vereinbarten Zeitpunkt vorverlegt. Liegt dieser vor der Annahme des Antrages, handelt es sich um eine Rückwärtsv im Sinne von § 2 (vgl. dazu Möller in Bd I Anm. zu § 2). Die in den genannten Klauseln vorgesehene Einschränkung, daß die Haftung des Vers entfällt, wenn dem Vmer bei Antragstellung bekannt ist, daß ein Vsfall bereits eingetreten ist, hat nur deklaratorische Bedeutung, weil sich diese Rechtsfolge bereits aus § 2 ergibt (Römer a.a.O.). Die vorverlegte Haftung des Vers auf Grund der erweiterten Einlösungsklausel setzt voraus, daß die Prämie nach Aufforderung unverzüglich gezahlt wird. Die Aufforderung muß den Betrag, den der Vmer zur Erlangung des Vsschutzes aufwenden muß, genau beziffern ( B G H 9. VII. 1986 VersR 1986 S. 986-988). Bestehen mehrere Vsverträge zwischen den Parteien, muß auch deutlich gekennzeichnet werden, auf welchen Vertrag sich die Anforderung bezieht ( B G H a.a.O.). Unwirksam ist die Anforderung der Erstprämie auch dann, wenn zugleich mit ihr weitere Folgeprämien angefordert werden, ohne zwischen den Beträgen zu differenzieren und die unterschiedliche rechtliche Bedeutung zu erläutern ( O L G Köln 9. V. 2000 N J W R R 2000 S. 1627-1629). Besonderheiten sind zu berücksichtigen, wenn der Ver - wie es heute gängiger Praxis entspricht - sich von dem Vmer eine Einzugsermächtigung für den Prämieneinzug hat erteilen lassen. Damit übernimmt der Ver nämlich grundsätzlich die Verantwortung für die Rechtzeitigkeit der Prämienübermittlung; der Vmer hat das seinerseits Erforderliche getan, wenn die Prämie bei Fälligkeit von seinem Konto abgebucht werden kann ( B G H 19. X. 1977 B G H Z 69 S. 361-367 = VersR 1977 S. 1153-1155). Die grundsätzlich als Schickschuld ausgestaltete Prämienzahlung verwandelt sich hierdurch in eine Holschuld ( B G H 30.1.1985 VersR 1985 S. 447-449). Johannsen/Johannsen

331

Anm. F i l

F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers

Die Prämienanforderung muß auch im Lastschriftverfahren den gleichen Anforderungen entsprechen wie in dem Fall, daß eine Einzugsermächtigung nicht erteilt worden ist. Das bedeutet, daß der Ver im Lastschriftbeleg mit entsprechender Kennzeichnung nur die angeforderte Erstprämie aufführen darf (BGH 30.1.1985 a.a.O.; vgl. im einzelnen Lang VersR 1987 S. 1157-1162, Präve NVersZ 1999 S. 460-461). Nicht erforderlich ist, daß der Ver den Vmer darüber hinaus über die Rechtsfolgen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Prämie belehrt. Eine solche Belehrungspflicht ist von der Rechtsprechung in Anlehnung an § 39 I für die Erlangung der Leistungsfreiheit nach § 38 II für die Fälle entwickelt worden, in denen der Ver zunächst vorläufigen Deckungsschutz gewährt hatte und es somit um den rückwirkenden Wegfall des Vsschutzes durch Nichtzahlung der Prämie geht (BGH 4. VII. 1973 VersR 1973 S. 811-813, 5. VI. 1985 VersR 1985 S. 981-983; OLG Hamm 24.1.1990 VersR 1991 S. 220-221; OLG Celle 4. III. 1999 VersR 2000 S. 314-315; OLG Köln 9. V. 2000 NJW RR 2000 S. 1627-1629). In diesen Fällen ist die Situation des Vmers derjenigen vergleichbar, für die das Gesetz wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit des Vmers in § 39 I eine Belehrung über den Verlust des Vsschutzes vorsieht. Bei der erweiterten Einlösungsklausel geht es aber nicht um den Verlust des Vsschutzes, dieser hat nicht schon vor der Zahlung begonnen sondern wird rückwirkend erst dann gewährt, wenn die Prämie rechtzeitig gezahlt wird. Hierauf braucht der Vmer nicht besonders hingewiesen zu werden (OLG Hamm 9. II. 1994 VersR 1994 S. 1098 = r + s 1994 S. 201-202; OGH 28. VI. 1984 VersR 1986 S. 271-273; Römer in Römer-Langheid RN 17 zu § 38; Riedler in BK RN 64 zu § 38). Mit dem in den erweiterten Einlösungsklauseln der Feuerv verwandten Begriff „unverzüglich" wird auf § 121 BGB hingewiesen und damit abweichend von § 35 auf das Verschulden abgestellt (Römer a.a.O. R N 26; Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 20 zu § 38). Soweit es in einzelnen Bedingungen, z.B. § 15 Nr 3 VHB 92, abweichend heißt „ohne Verzug" wird nicht Verzug gemäß §284 BGB, jetzt § 286 n.F. vorausgesetzt, sondern bedeutet die Formulierung ebenfalls „ohne schuldhaftes Zögern" (BGH 24.1.1963 VersR 1963 S. 376-379; Römer, Knappmann a.a.O.). Es kommt deshalb darauf an, in welcher Frist es dem einzelnen Vmer zuzumuten ist, die Zahlung zu leisten. Der Auffassung des OLG Köln 22. V. 1986 VersR 1987 S. 1106 = r + s 1987 S. 22-23, daß in aller Regel dem Ver nicht der Vorwurf der Fahrlässigkeit gemacht werden könne, wenn er binnen 14 Tagen zahle, ist zuzustimmen (OLG Hamburg 23.XII. 1998 VersR 1999 S. 1353 sieht 2 Wochen als oberste Grenze für eine unverzügliche Zahlung an). Erweiterte Einlösungsklauseln in anderen Vszweigen, z. B. in der KFZ- und Unfallv, sehen auch ausdrücklich eine solche Zahlungsfrist vor. Auch ohne die Vereinbarung von erweiterten Einlösungsklauseln kann die gesetzliche Regelung des § 38 II von den Parteien in der Feuerv abbedungen sein. Das kommt in Betracht, wenn als Beginn der V ein Zeitpunkt gewählt wird, der vor dem Vertragsschluß und dem für die Zahlung der Prämie zu erwartenden Zeitpunkt liegt. Da im Regelfall nicht angenommen werden kann, daß der Vmer mit dem vorgesehenen Termin nur seine Prämienzahlungsverpflichtung beginnen lassen wolle, ohne zugleich eine Gegenleistung dafür zu bekommen, sind solche Vereinbarungen nach Treu und Glauben gemäß § 157 BGB als Rückwärtsv im Sinne von § 2 auszulegen (BGH 16. IV. 1982 Β GHZ 84 S. 268-280 = VersR 1982 S. 841-843 unter Aufgabe der früheren Auffassung 30. V. 1979 S. 709-711, kritisch dazu Sieg D 42). Für die Rechtsfolge der Prämienzahlung bedeutet das, daß § 38 II stillschweigend abbedungen ist (OLG Hamm 16. X. 1987 VersR 1988 S. 1014-1016,12. X. 1988 VersR 1989 S. 946-948; OLG Köln 18. V. 1989 VersR 1990 S. 1004-1005; 26. VI. 1996 VersR 1997 S. 51-52; Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 26 zu § 38; Römer in Römer-Langheid R N 9 zu §38, 6 zu §2). 332

Johannsen/Johannsen

III. Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Prämie

Anm. F 12

§ 38 II findet ferner keine Anwendung auf die Prämie für die vorläufige Deckung, die ja gerade den Zeitraum vor Erteilung des Vsscheines und Zahlung der Erstprämie betrifft ( O L G Hamm 26. V. 1983 VersR 1984 S. 377). Im Streitfall muß der Ver beweisen, daß er dem Vmer eine korrekt bezifferte Zahlungsaufforderung übersandt hat und diese auch zugegangen ist ( B G H 9. VII. 1986 VersR 1986 S. 986-988; Prölss Beweislast R N 4 zu § 38). Dem Vmer, der sich auf rückwirkenden Vsschutz beruft, obliegt dann der Beweis, daß er die angeforderte Prämie unverzüglich bezahlt hat ( O G H 28. VI. 1984 VersR 1986 S. 271-273; Prölss a.a.O.; Römer in Römer-Langheid R N 15 zu § 35; Riedler in B K R N 101 zu § 38). 2. Folgeprämie [F 12]

a) Rechtsfolge für den Versicherungsschutz

Für die Rechtsfolgen der nicht rechtzeitig gezahlten F o l g e p r ä m i e wird in allen Feuervsbedingungen auf die Geltung des § 39, in §§ 8 Nr. 1 A F B 87 und 19 V G B 88 zusätzlich auf § 91 verwiesen. Durch letztere Bestimmung wird bei der Gebäudev die Zahlungsfrist, die der Ver bei nicht rechtzeitiger Zahlung einer Folgeprämie gemäß § 39 zu bestimmen hat, von mindestens zwei Wochen auf mindestens einen Monat verlängert. Diese Fristverlängerung trägt dem besonderen Schutzbedürfnis des Vmers vor dem Verlust des Vsschutzes in der Gebäudefeuerv Rechnung. Zugleich dient sie dem Schutz des Hypothekengläubigers, dem, wenn er seine Hypothek bei dem Ver angemeldet hat, die Fristsetzung gemäß § 101 mitzuteilen ist, damit er Gelegenheit erhält, dem Vmer zur Zahlung der Prämie anzuhalten oder sie selbst zu entrichten (vgl. dazu J 38-44), wozu er eine längere Frist als die zweiwöchige des § 39 benötigt. Aus diesem Schutzzweck folgt, daß die unter dem Titel Feuerv aufgeführte Vorschrift grundsätzlich nur für diesen Vszweig, nicht aber für andere Sachvszweige gilt (Dörner-Staudinger in B K R N 1 zu § 91; a. A. Martin 3 L II 4). Für die Hausratv findet § 91 keine Anwendung, weil sie nicht dem Begriff Gebäudev unterfällt. Für die kombinierten Verträge wie die Wohngebäudev spielt die in der Literatur diskutierte Frage einer analogen Anwendung auf andere Gefahren als die Feuergefahr (bejaht von Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 vor § 81, verneint von Dörner-Staudinger a.a.O.) deshalb keine Rolle, weil die unterschiedlichen Gefahren gegen Zahlung einer einheitlichen Prämie getragen werden, sodaß bei deren nicht rechtzeitiger Zahlung nur eine Fristsetzung in Betracht kommt, die wegen der V des Feuerrisikos nach § 91 zu bestimmen ist. Auch für einen später eingetretenen Sturmoder Leitungswasserschaden wird der Ver nur leistungsfrei, wenn er die Monatsfrist gesetzt hat. Der Hinweis auf die Geltung des § 91 in § 19 V G B 99 hat damit nur klarstellende Bedeutung. § 91 gilt ebenfalls, wenn in einem Gebäudefeuervsvertrag bewegliche Sachen mitvert sind (Wussow 2 Anm. 6 zu § 8; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 91, Dörner-Staudinger in B K R N 1 zu § 91). Das ist bei der V von Zubehör in der Wohngebäudev wegen der einheitlichen Prämie selbstverständlich, gilt aber auch dann, wenn wie in der Industriefeuerv und der landwirtschaftlichen V üblich, getrennte Prämien für Gebäude und bewegliche Sachen vereinbart werden. Es wäre sinnwidrig, bei einem einheitlichen Vertrag unterschiedliche Zahlungsfristen zu setzen. Auch hier wird der Ver von einem Schaden an beweglichen Sachen nur leistungsfrei, wenn er die Monatsfrist des § 91 gesetzt hat (Wussow a.a.O.). Die Rechtsfolgen der Nichtzahlung der Folgeprämie sind von Möller in Bd I zu §39 ausführlich erörtert worden. Hierauf wird verwiesen. Zu ergänzen sind seine Ausführungen dahin, daß die Rechtsprechung seine Auffassung, daß an die qualifiJohannsen/Johannsen

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Anm. F 12

F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers

zierte Mahnung des Vers besonders strenge Anforderungen zu stellen sind (a.a.O. Anm. 19) übernommen hat. In seiner Grundsatzentscheidung vom 13. XII. 1967 B G H Z 47 S. 88-94 = VersR 1967 S. 467-468 hat der B G H unter Berufung auf Möller entschieden, daß eine Fristbestimmung nicht nur aus den in § 39 ausdrücklich genannten Gründen sondern auch dann unwirksam ist, wenn ein zu hoher Prämienrückstand angemahnt wird, weil jede Zuvielforderung geeignet sei, den Vmer daran zu hindern, für die Erhaltung seines Vsschutzes zu sorgen. Diese Rechtsprechung ist dahin fortgeführt worden, daß auch geringfügige Zuvielforderungen die Mahnung unwirksam machen ( B G H 6. III. 1985 VersR 1985 S. 533-534) und diese Rechtsfolge sogar dann eintritt, wenn es sich bei der Zuvielforderung um Pfennigbeträge handelt ( B G H 7 . X . 1992 VersR 1992 S. 1501-1502). Werden Rückstände aus mehreren Verträgen angemahnt, so müssen sie getrennt aufgeführt werden, damit nicht bei dem Vmer der Eindruck entsteht, er müsse den gesamten Rückstand ausgleichen, um überhaupt Vsschutz für einen der Verträge behalten zu können ( B G H 13. XII. 1967 a.a.O., 9 . X . 1985 VersR 1986 S. 54-55). Durch die getrennte Anforderung soll dem Vmer die Entscheidung ermöglicht werden, welchen Vsschutz er aufrechterhalten will, wenn er nicht zur Zahlung aller angemahnten Beträge in der Lage ist. Die genaue Bezifferung muß in dem Mahnschreiben nach § 39 enthalten sein. Eine durch eine Zuvielforderung oder sonstige Unklarheiten verursachte Unwirksamkeit wird nicht dadurch geheilt, daß der Ver in einem weiteren Schreiben die notwendige Aufklärung gibt. Es ist vielmehr eine neue qualifizierte Mahnung erforderlich, die allen gesetzlichen Anforderungen genügt ( B G H 6. III. 1985 VersR 1985 S. 533-534). Strenge Anforderungen stellt die Rechtsprechung auch an die nach § 39 I erforderliche Belehrung über die Rechtsfolgen, die vollständig und rechtlich zutreffend sein muß, weil sie den Vmer in Stand setzen soll, ohne Zeitverlust, der bei Zweifeln über die Rechtslage entstehen kann, tätig zu werden, um sich den Vsschutz zu erhalten ( B G H 7 . X . 1992 VersR 1992 S. 1501-1502, 6 . X . 1999 NVersZ 2000 S. 72-73 = N J W R R 2000 S. 395-397). Die notwendige umfassende Belehrung liegt nicht vor, wenn der Vmer nur über einzelne, nicht aber über sämtliche Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der gesetzten Zahlungsfrist belehrt wird. Durch den bloßen Hinweis auf ein Freiwerden des Vers von der Leistungspflicht und sein Recht zur Kündigung des Vertrages kann der Vmer in den Glauben versetzt werden, daß eine Zahlung nach Fristablauf ihm nichts mehr helfen könne. Er muß deshalb auch darüber belehrt werden, daß er auch nach Ablauf der gesetzten Frist bis zum Eintritt eines Vsfalles für diesen Vsschutz durch Zahlung des geforderten Betrages erhalten und daß er auch die Wirkungen einer bereits ausgesprochenen Kündigung nach § 39 III wieder beseitigen kann ( B G H 9. III. 1988 VersR 1988 S. 484-485). Eine ordnungsgemäße Mahnung stellt es auch nicht dar, wenn für die Rechtsfolgen der Nichtzahlung der Prämie auf die Rückseite des Schreibens hingewiesen wird und dort sämtliche möglichen Rechtsfolgen für unterschiedliche Verträge angegeben sind. Die Belehrung muß sich vielmehr ausdrücklich auf die konkrete Situation des Vmers beziehen ( B G H 6. X . 1999 a.a.O.). Auf eine diesen Anforderungen entsprechende qualifizierte Mahnung muß der Vmer den angeforderten Betrag vollständig zahlen, um sich den Vsschutz zu erhalten. Er kann nicht erwarten, daß ihm der Ver auch dann eintrittspflichtig bleibt, wenn er eigenmächtig Kürzungen von dem angeforderten Betrag vornimmt und damit nur eine Teilleistung erbringt ( B G H 9. X . 1985 VersR 1986 S. 54-55; 9. III. 1988 VersR 1988 S. 484-485; 7. X . 1992 VersR 1992 S. 1501-1502). Der B G H stellt zutreffend darauf ab, daß die Verpflichtungen des Vers zur exakten Angabe des geschuldeten Betrages in der qualifizierten Mahnung und des Vmers zur ungekürzten Begleichung dieses Betrages einander entsprechen und die Formalisierung des Vorgehens beider Vertragsparteien 334

Johannsen/Johannsen

III. Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Prämie

Anm. F 13

wegen der einschneidenden Rechtsfolgen aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit geboten und unabdingbar ist. Für Billigkeitserwägungen ist deshalb, wenn der Vmer weniger als den korrekt angeforderten Betrag gezahlt hat, grundsätzlich kein Raum (Hoegen VersR 1987 S. 221-226). Jedenfalls reicht die Geringfügigkeit des rückständigen Betrages schon im Hinblick auf § 39 IV nicht aus, dem Ver die Berufung auf die Rechtsfolgen des § 39 zu verweigern. In Ausnahmefällen kann es dennoch durch Treu und Glauben geboten sein, daß der Ver für einen Vsfall einzutreten hat, obwohl der Vmer mit einem Teil der Prämie in Verzug geraten ist (Römer in Römer-Langheid R N 19 zu § 39). Der O G H 19. X. 1989 VersR 1990 S. 1375 hat dies in einem Fall angenommen, in dem der Vmer jahrelang korrekt die Prämien gezahlt hat, aber dann mit einem im Laufe des Vsjahres angeforderten absolut und relativ geringfügigen Erhöhungsbetrag in Verzug geraten war. Auch wenn der Vmer von der Erhöhung Kenntnis gehabt habe, falle das Ubersehen der Erfüllung dieser Nachforderung wesentlich geringer ins Gewicht als die Nichtzahlung der bereits im Vertrag festgelegten und jahrelang gleichgebliebenen Prämie. Dem ist zuzustimmen. Den Zugang der qualifizierten Mahnung hat der Ver zu beweisen, wobei ihm keine Beweiserleichterungen zu Gute kommen. Insbesondere beweist die Absendung des Schreibens seinen Zugang nicht ( O L G Nürnberg 11. VII. 1991 VersR 1992 S. 602; O L G Hamm 18. XII. 1991 VersR 1992 S. 1205; O L G Frankfurt 3. II. 1995 VersR 1996 S. 90-91; O L G Koblenz 28. VII. 2000 r + s 2000 S. 4 4 1 ^ 4 2 ; O G H 23. X I . 1994 VersR 1995 S. 859-860; hierzu ausführlich Römer in Römer-Langheid R N 21-23 zu § 39 und Prölss Beweislast R N 3 - 5 zu § 39). Die rechtzeitige Zahlung der Prämie hat hingegen wie bei der Erstprämie der Vmer zu beweisen. Weitere Voraussetzung der Leistungsfreiheit des Vers und seines Kündigungsrechts ist neben dem Zugang der qualifizierten Mahnung, daß der Vmer sich im Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalls im Verzug befunden hat. § 39 II und III verweisen damit auf die im B G B geregelten Verzugsvoraussetzungen, insbesondere das Verschuldensmoment des § 285 B G B , jetzt § 286 IV n. F. ( B G H 21. X I I . 1977 VersR 1978 S. 241-242). Problematisch könnte sein, ob auch die durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. III. 2000 (BGBl I S . 330) geänderten Voraussetzungen für den Verzugseintritt von Geldforderungen (dazu ausführlich unter H 214-217) zu beachten sind. Das ist aber zu verneinen, weil § 39 in Verbindung mit § 91 hinsichtlich der zeitlichen Voraussetzungen des Verzuges eine eigenständige Regelung gegenüber §§ 284 B G B , 286 n. F. darstellt und deshalb hinsichtlich der an die zusätzliche Belehrungspflicht geknüpften Rechtsfolgen der Leistungsfreiheit und des Kündigungsrechts §§ 284, 286 n. F. B G B verdrängt (Hasse NVersZ 2000 S. 497-502, 500; im Ergebnis ebenso Looschelders-Danga VersR 2000 S. 1049-1057,1056). Hinsichtlich der Zinsen, die nach § 39 II für den Verzugseintritt erheblich sein können, ist aber zu berücksichtigen, daß diese gemäß § 288 B G B n. F. 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9. VI. 1998 (BGBl I S. 242 ), der regelmäßig neu festgesetzt wird, betragen. Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist der Zinssatz bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, in § 288 II B G B n. F. auf 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz festgesetzt worden. [F 13]

b) Rechtsfolgen für die Prämienzahlungspflicht

Da der Vertrag beim Verzug des Vmers mit der angemahnten Folgeprämie bis zu der nach § 39 zulässigen Kündigung bestehen bleibt, steht dem Ver trotz seiner Leistungsfreiheit für eintretende Vsfälle weiterhin die Prämie zu. Daß der Ver die Prämie verlangen kann, ohne eine Gegenleistung erbringen zu müssen, hat das RAA bereits 1920 für interessenwidrig gehalten und in einer Verlautbarung VA 1920 S. 101 von den Johannsen/Johannsen

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Anm. F 13

F. Rechtspflichten des Versicherungsnehmers

Vern verlangt, daß sie sich in angemessener Frist entscheiden, entweder die Prämie einzuziehen und damit die V wieder in Kraft zu setzen oder auf sie zu verzichten oder schließlich den Vsvertrag alsbald durch Kündigung zu beenden. Die Bedenken des Aufsichtsamts haben in § 8 III A F B 30 ihren Niederschlag gefunden, worin vorgesehen ist, daß eine gerichtliche Einziehung rückständiger Folgeprämien nur innerhalb eines Jahres seit Ablauf der in §§ 39, 91 gesetzten Zahlungsfristen erfolgen darf. In §§ 8 Nr. 1 S. 3 A F B 87,10 Nr. 1 V G B 62, 19 Nr. 1 V G B 88,15 V H B 84 und 92 wird nicht ausdrücklich auf die g e r i c h t l i c h e Einziehung abgestellt, sondern heißt es nur, ... dürfen nicht „eingezogen" werden. Gemeint ist aber auch in diesen Bedingungen die gerichtliche Geltendmachung der Prämienforderungen (Knappmann in PrölssMartin 26 R N 1 zu § 15 V H B 84; Kollhosser ebenda R N 3 zu § 91; Langheid in RömerLangheid R N 2 zu § 91; Dörner-Staudinger in B K R N 3 zu § 91). Durch die zitierten Bestimmungen wird eine vertragliche A u s s c h l u ß f r i s t für die Einklagung von Folgeprämien begründet (Möller in Bd I Anm. 29 zu § 39; Wussow 2 Anm. 7 zu § 8; Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 27 zu § 39). Das bedeutet, daß der Ablauf der Frist von Amts wegen zu berücksichtigen ist, auch wenn der Vmer sich nicht auf ihn beruft (Wussow a.a.O.). Wenn der Vmer in Kenntnis der Ausschlußfrist die rückständige Folgeprämie freiwillig zahlt, darf sie der Ver annehmen und kann sie der Vmer nicht zurückverlangen. Anders ist es aber, wenn der Vmer in Unkenntnis von dem Fristablauf gezahlt hat. Es steht ihm dann ein Rückforderungsanspruch gemäß § 813 11 B G B zu (a. A. Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 15 V H B 84). Weil es sich nicht um eine Verjährungs- sondern eine Ausschlußfrist handelt, gilt § 222 II B G B (§21411 n.F.) nicht. Die Auslegung der Bestimmungen ergibt, daß die Folgeprämie, die unter Fristsetzung nach §§ 39, 91 angemahnt worden ist, die letzte ist, die der Ver binnen Jahresfrist einklagen kann (Langheid a.a.O.). Kollhosser a.a.O. meint, daß der Text nicht klar ergebe, ob nicht die während des Jahres fällig gewordene nächste Prämie, die nicht angemahnt worden sei, ebenfalls noch eingeklagt werden könne. Der Wortlaut läßt allerdings diese Auslegung zu, sie widerspricht aber dem Zweck der Regelung, die gerichtliche Geldendmachung weitgehend zu beschränken. Die Regelung betrifft nur die nach Fristablauf erfolgende gerichtliche Geltendmachung. Ist ein Titel über die Prämienforderung rechtzeitig erwirkt worden, darf aus ihm auch nach Fristablauf vollstreckt werden (Knappmann a.a.O.). Für den Fall, daß der Ver wegen des Zahlungsverzugs nach § 39 III kündigt, verweisen die Feuervsbedingungen auf § 40, wonach dem Ver die Prämie bis zur Beendigung der laufenden Vsperiode gebührt. Diese Rechtsfolge des § 40 II kann für den Vmer insbesondere dann eine unbillige Härte darstellen, wenn sein Zahlungsverzug und die Kündigung zum Beginn der Vsperiode erfolgen. Die Regelung wird allgemein für unbefriedigend und teilweise für verfassungswidrig erklärt (vgl. zum Meinungsstand Prölss in Prölss-Martin 26 R N 9-18 zu § 40; Riedler in B K R N 11-12 zu § 40). Nachdem das BVerfG am 4. VI. 1985 VersR 1985 S. 852-853 eine gerichtliche Vorlage gemäß Art. 100 G G für unzulässig erklärt hat, weil § 40 II vorkonstitutionelles Recht darstellte, und der B G H 2 . X . 1991 B G H Z 115 S. 347- 353 = VersR 1991 S. 1277-1278 die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung angenommen hat, ist für die Praxis von der Geltung der Bestimmung auszugehen, mit deren Änderung allerdings im Rahmen der bevorstehenden W G - R e f o r m zu rechnen ist. Vorbild könnte die neue österreichische Regelung sein, nach der dem Ver bei vorzeitiger Auflösung des Vertrages die Prämie grundsätzlich nur für die bis dahin verstrichene Vertragslaufzeit gebührt, § 40 Ö W G in der Fassung der W G - N o v e l l e 1994, Ö G V Bl. S. 509. Für den Fall, daß die Kündigung erst in der nächsten Vsperiode ausgesprochen wird, ist streitig, ob dem Ver auch für diese die Prämie zusteht (so die h. M. Möller 336

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III. Folgen der nicht rechtzeitigen Zahlung der Prämie

Anm. F 13

Bd I Anm 11 zu § 40; Römer in Römer-Langheid R N 6 zu § 40; Riedler in BK R N 11 zu § 40; O L G Koblenz 29. IX. 2000 NVersZ 2001 S. 237-239; a.A. Prölss in PrölssMartin 26 R N 5 zu § 40). Folgt man der oben vertretenen Auslegung von § 8 N r 1 S. 3 AFB 87 und der entsprechenden anderen Bedingungen, stellt sich dieses Problem in der Feuerv nicht, weil der Ver ohnehin weitere Prämien als die nach § 39 angemahnte nicht einklagen darf.

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G. Obliegenheiten Gliederung: Vorbemerkung G 1 I. Vorvertragliche Anzeigepflicht G 2-23 weitere Untergliederung vor G 2

VI. Anzeige des Vsfalles G 97-114 weitere Untergliederung vor G 97

II. Gefahrerhöhung G 24-74 weitere Untergliederung vor G 24

VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit G 115-147 weitere Untergliederung vor G 115

III Vertragliche Obliegenheiten, die vor Eintritt des Vsfalles zu erfüllen sind G 75-90 weitere Untergliederung vor G 75

VIII. Schadensabwendungs- und -minderungspflicht G 148-166 weitere Untergliederung vor G 148

IV. Anzeige weiterer Versicherungen G 91-93 weitere Untergliederung vor G 91 V. Anzeige der Veräußerung der verten Sache G 94-96 weitere Untergliederung vor G 94

[G 1] Vorbemerkung Der Begriff und die rechtliche Einordnung der Obliegenheiten sind von Möller in Bd I zu § 6 (vgl. auch Bd II Anm. 4-6 zu § 62) ausführlich behandelt worden, worauf verwiesen wird. Die Verfasser folgen der von Möller vertretenen Obliegenheitstheorie, wonach Obliegenheiten keine echten Reehtspflichten darstellen, deren Verletzung Schadensersatzansprüche auslösen, sondern Verhaltensnormen, die der Vmer im eigenen Interesse zur Erhaltung seines Leistungsanspruchs zu erfüllen hat, deren Erfüllung der Ver aber nicht durch Klage erzwingen kann. Diese der Rechtsprechung des RG (vgl. nur 12. XII. 1919 RGZ 97 S. 279-282,19. VI. 1931 RGZ 133 S. 117-124), des BGH (vgl. nur 7. XI. 1966 VersR 1967 S. 26-29, 22. XII. 1976 VersR 1977 S. 272-275) und der Instanzgerichte (z.B. OLG Hamm 12.XI. 1969 VersR 1970 S. 319-320; OLG Nürnberg 1. III. 1979 VersR 1979 S. 561-562) zu Grunde liegende Obliegenheitstheorie wird auch in der Literatur überwiegend vertreten (vgl. nur Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 236-302, 312-320; Sieg in Bd II Anm. 12 zu § 71 und Β 11; Römer in Römer-Langheid RN 2-4 zu § 6; Schwintowski in BK R N 15-19 zu § 6, Schirmer in Festschrift für Reimer Schmidt S. 821-843). Jedoch hat die von Prölss (in Prölss-Martin 26 RN 30 zu § 6) vertretene Verbindlichkeitstheorie, die Obliegenheiten als echte Rechtspflichten einordnet, in neuerer Zeit häufiger Zustimmung gefunden (ζ. B. von Winter in Bd VII F 3 und 4; Dörner in BK RN 3 zu § 33; Sackhoff Die Anzeige-, Auskunfts- und Belegpflicht, Frankfurt 1994. S. 110-118). Konkrete Auswirkungen haben die unterschiedlichen Standpunkte insbesondere auf die Zurechnung des Verschuldens Dritter, worauf im Zusammenhang mit der Darstellung der Entwicklung der Repräsentantenhaftung unter G 46-55 eingegangen wird. Die g e s e t z l i c h e n O b l i e g e n h e i t e n sind in diesem Kommentar bereits ausführlich erläutert worden, nämlich von Möller die vorvertragliche Anzeigepflicht (Bd I Johannsen/Johannsen

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Anm. G 1

G. Obliegenheiten

Anm. zu §§ 16-22), die Gefahrerhöhung (Bd I Anm. zu §§ 23-29 a), die Obliegenheit zur Anzeige des Vsfalles (Bd I Anm. zu § 33), die Auskunfts- und Belegpflicht (Bd I Anm. zu § 34), die Obliegenheit zur Anzeige weiterer Ven (Bd II Anm. zu § 58) und die Rettungspflicht (Bd II Anm. zu §§ 62 und 63), sowie von Sieg die Obliegenheit zur Anzeige der Veräußerung der verten Sache (Bd II Anm. zu § 71). Hierauf wird in erster Linie verwiesen. Im folgenden sollen die Bedeutung der gesetzlichen Vorschriften für die Feuerv unter besonderer Berücksichtigung der AVB, die zur Ausfüllung und Ergänzung der teilweise sanktionslos ausgestalteten Bestimmungen oder zusätzlich zu diesen vereinbart werden, dargestellt und die Bedingungen erläutert werden. Es wird ferner die Entwicklung des Obliegenheitsrechts seit Erscheinen der Bände I und II nachgezeichnet. Besondere Kristallisationspunkte sind dabei außer der bereits erwähnten Repräsentantenhaftung die A u g e - u n d O h r - R e c h t s p r e c h u n g des BGH (vgl. dazu unter G 13-17), die ebenfalls vom BGH entwickelte R i s i k o p r ü f u n g s o b l i e g e n h e i t des Vers (vgl. dazu unter G 7), die Weiterentwicklung der R e l e v a n z r e c h t s p r e c h u n g (vgl. dazu unter G 108 und 134) und die sonstigen Bestrebungen zur Uberwindung des Alles- oder Nichts-Prinzips im Obliegenheitenrecht (vgl. unter G 139-141), die bei den Reformüberlegungen für das W G eine große Rolle spielen (vgl. dazu Reimer Schmidt NVersZ 1999 S. 401-407; Römer NVersZ 2000 S. 259-262 und VersR 2000 S. 661-665; Schimikowski r + s 2000 S. 352-359; Prölss ZVersWiss 2001 S. 471-499). Eine große Bedeutung in der Vspraxis hat auch die Uberprüfung der Wirksamkeit von AVB-Vereinbarungen auf Grund des AGBG gewonnen. Hierauf wird jeweils bei der Erläuterung einzelner Obliegenheitsvereinbarungen in AVB eingegangen. Hinzuweisen ist darauf, daß durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. XI. 2001 (BGBl. I S. 3138) die materiell-rechtlichen Bestimmungen des AGBG als §§ 305- 310 in das BGB eingefügt worden sind. Die Inhaltskontrolle ist in § 307 BGB n. F. geregelt. Die Absätze II und III dieser Vorschrift unterscheiden sich von § 9 AGBG dadurch, daß in § 307 I folgender Satz 2 aufgenommen worden ist: „Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, daß die Bestimmung nicht klar und verständlich ist." Damit ist das Transparenzgebot ausdrücklich in die gesetzliche Regelung aufgenommen worden. Die Regelung wird ergänzt durch § 307 III, der den früheren § 8 AGBG ersetzt und wie folgt lautet: „Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 (die die einzelnen Klauselverbote enthalten) gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein." Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist gemäß seinem Art. 8 am 1.1.2002 in Kraft getreten. Auf Schuldverhältnisse, die vor dem 1.1.2002 entstanden sind, ist das AGBG nach Art. 229 EGBGB § 5 n. F. in der bis zu diesem Tage geltenden Fassung anzuwenden, für Dauerschuld Verhältnisse aber mit der Maßgabe, daß ab 1.1.2003 nur das BGB anzuwenden ist. Da Vsverträge Dauerschuldverhältnisse sind, gilt für sie die Neuregelung ab 1.1.2003. Von Bedeutung ist auch, daß gemäß Artikel 3 des Gesetzes die §§ 13-22 AGBG ab 1.1.2002 durch das Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen vom 26.XI.2001, BGBl. I S. 3138, 3173 (Unterlassungsklagengesetz UKlaG) ersetzt worden sind.

340

Johannsen/Johannsen

I. Vorvertragliche Anzeigepflicht

Anm. G 3

I. Vorvertragliche Anzeigepflicht Gliederung: Schrifttum G 2 1. Einleitung G 3 2. Inhalt und Umfang der Anzeigepflicht G 4-7 a) Anzeigepflichtige Umstände G 4 b) Antragsfragen des Vers G 5 c) Unklare Antragsfragen G 6 d) Nachfrage- bzw. Risikoprüfungsobliegenheit des Vers G 7 3. Obliegenheitsverpflichtete G 8 4. Zurechnung von Kenntnissen von Vertretern und Hilfspersonen G 9 5. Maßgeblicher Zeitpunkt G 10 6. Verletzung der Anzeigepflicht G 11-17 a) Verschulden des Vmers G l i b) Kenntnis des Vers G 12 c) Mitwirkung von Vsagenten G 13-16

[ G 2]

aa)

7.

8. 9. 10.

Auge- und Ohr-Rechtsprechung des B G H G 13 bb) Einschränkung der Empfangsvollmacht des Vsagenten G 14 cc) Ausfüllung des Formulars durch den Vsagenten G 15 dd) Kollusives Zusammenwirken G 16 d) Mitwirkung von Vsmaklern G 17 Rücktritt des Vers G 18-20 a) Allgemeine Voraussetzungen G 18 b) Rücktrittserklärung G 19 c) Wirkung G 20 Arglistige Täuschung G 21 Sonderfälle G 22 Beweislast G 23

Schrifttum

Bach-Geiger VersR 1993 S. 659-675, Beckmann N J W 1996 S. 1379-1381, Büsken VersR 1992 S. 272-278, Dehner NJW 1992 S. 3007-3008, Dreher JZ 1992 S. 925-928, VersR 1998 S. 539-541, Fricke VersR 1993 S. 399-405, Glauber VersR 1992 S. 937-940, Honseil VersR 1982 S. 112-117, Knappmann r + s 1996 S. 81-86, VersR 1997 S. 2 6 1 - 2 6 7 , NJW 1994 S. 3147-3150, Kummer r + s 1998 S. 265-269, 309-315, Leschke Vertretungsmacht von Vsvertretern und Wissenszurechnung Karlsruhe 1998, Lorenz VersR 1993 S. 512-515,1994 S. 295, 1995 S. 616-626,1998 S. 1144-1146, 1999 S. 5 6 5 - 568, Lücke VersR 1994 S. 128-134,1996 S. 785-805, Luckey VersR 1993 S. 151-154, Matusche-Beckmann VersR 1995 S. 1391-1398, Meyer-Reim/Testorf VersR 1994 S. 1137-1141, Morisse NVersZ 2000 S. 209-210, Müller r + s 2000 S. 4 8 5 ^ 8 8 , Müller-Frank/Scherff VersR 1998 S. 1362-1364, Präve VersR 1998 S. 1141-1144, Prölss NVersZ 2000 S. 153-159, VersR 2000 S. 1441-1453, Reiff r + s 1998 S. 89-96, 133-138, Röhr Die vorvertragliche Anzeigepflicht Karlsruhe 1980 zit. Röhr, Römer r + s 1998 S. 45-50, r + s 2001 S. 45-50, Rüther NVersZ 2001 S. 241-247, Schimikowski r + s 1999 S. 485-490, Schirmer in Festschrift für Reimer Schmidt Karlsruhe 1976 S. 821-843, ZVersWiss 1992 S. 381-417, VersR 1996 S. 1045-1056, SchmidtVersR 1986 S. 511-518, Schwampe VersR 1984 S. 308-315, Spieß in Recht und Ökonomie der Versicherung Festschrift für Egon Lorenz Karlsruhe 1984 S. 657-671, Taupitz in Recht und Ökonomie der Versicherung Festschrift für Egon Lorenz S. 673-689, Werber VersR 2000 S. 393-398, Zinnert VersR 2000 S. 399-407.

[ G 3]

1. Einleitung

D i e vorvertragliche Anzeigepflicht ist in den A V B (§ 5 A F B 30, § 6 Nr. 1 A F B 87, § 7 N r . 1 V H B 66 und 74, § 13 Nr. 1 V H B 84 und 92, § 8 Nr. 1 V G B 6 2 , 1 0 Nr. 1 V G B 88, § 4 A W a B ) durch die Wiedergabe des Wortlautes von § 16 Abs. 1 S. 1 und den H i n weis auf die Rechtsfolgen der §§ 1 6 - 2 1 geregelt. Abweichungen v o m Gesetz bestehen nur darin, daß in der Hausratv nach den V H B 84 und 92 und der Wohngebäudev nach den V G B 88 die Anzeigepflicht auf die Beantwortung der Antragsfragen beschränkt ist und nach §§ 5 A F B 30, 7 Nr. 1 V H B 66 und 74, 4 AWaB und 8 N r . 1 V G B 62 die Anzeige schriftlich zu erstatten ist. D a erstere Abweichung den V m e r begünstigt und letztere durch § 34 a S. 2 zugelassen wird, bestehen gegen die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen keine Bedenken. Sie gelten aber in aller Regel für die vorvertragliche Johannsen/Johannsen

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Anm. G 4

G. Obliegenheiten

Anzeigepflicht noch nicht ( B G H 1. II. 1968 VersR 1968 S. 293,294), weil der Vsvertrag noch nicht geschlossen und die AVB nicht gemäß § 5 a vereinbart worden sind (Raiser 2 Anm. 1 zu § 5; Möller in Bd I Anm. 5 zu § 16). Möglich ist zwar eine besondere vorvertragliche Vereinbarung zwischen dem Antragsteller und dem Ver, daß die AVB bereits für die vorvertragliche Anzeigepflicht gelten sollen (z.B. O L G Celle 26. XI. 1985 N J W R R 1986 S. 833 für A G B der Lottogesellschaft). Diese unterliegt aber den Einbeziehungserfordernissen von § 2 Abs. 1 A G B G , jetzt § 305 II B G B n. F., von denen § 23 Abs. 3 A G B G nach Aufhebung der Bedingungsgenehmigung nicht mehr befreien kann (Lorenz VersR 1995 S. 616-626, 617; Schirmer VersR 1996, 10451056, 1045). Eine § 23 III A G B G entsprechende Vorschrift ist im übrigen nicht in das B G B übernommen worden. Der Hinweis in dem Antragsformular, daß der Antrag nach Maßgabe der AVB gestellt werde, genügt für die Einbeziehung nicht mehr (so aber noch Möller in Bd I Anm. 13 zu § 16). Von den möglichen vorvertraglichen Vereinbarungen, die aber in der Praxis selten vorkommen dürften, abgesehen, ist die Rechtsgrundlage der vorvertraglichen Anzeigepflicht allein das Gesetz, das ihre Voraussetzungen und Rechtsfolgen vollständig regelt. Von B G H 18. XII. 1989 VersR 1990 S. 384-385 ist allerdings die in § 9 der Yachtkaskobedingungen enthaltene Regelung, daß der Vmer zur Vermeidung der Leistungsfreiheit alle ihm vor oder bei Abschluß der Police gestellten Fragen richtig und vollständig beantworten müsse, als vertraglich vereinbarte Obliegenheit im Sinne des § 6 I angesehen worden, ohne die Frage der Vereinbarung der Bedingungen zu problematisieren. Richtigerweise hätte die vom Vmer verschwiegene Vorv nach den §§ 16 ff beurteilt werden müssen, die dem Vmer nach § 21 abweichend von § 6 I den Kausalitätsgegenbeweis einräumen (Morisse NVersZ 2000 S. 209-210). Wegen der abschließenden gesetzlichen Regelung der Anzeigepflicht kann deshalb für ihre dogmatische Einordnung als gesetzliche Obliegenheit (anders aber Winter in Bd V/2 F2 und F3, der entgegen der h. M. die vertragliche Anzeigepflicht als echte Rechtspflicht einordnet, deren Verletzung Schadenersatzansprüche des Vmers auslöst), die Anforderungen an ihre Erfüllung und die Rechtsfolgen bei ihrer Verletzung auf die ausführlichen Erläuterungen zu den §§ 16-21 von Möller in Bd I verwiesen werden. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Besonderheiten der Feuerv und berücksichtigen im übrigen die seit Erscheinen des I. Bandes fortgeschrittene Entwicklung des Versicherungsrechts, soweit sie Auswirkungen auf die vorvertragliche Anzeigepflicht hat.

2. Inhalt und U m f a n g der Anzeigepflicht [G 4] a) Anzeigepflichtige Umstände G e g e n s t a n d d e r A n z e i g e sind die dem Vmer bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind. Die Anzeige soll der richtigen Einschätzung des Risikos dienen und dem Ver die Entscheidung ermöglichen, ob er den Vertrag überhaupt abschließen will und wie die Prämie zu bemessen ist. Anzuzeigen sind nicht nur Umstände, die den Eintritt des Vsfalles herbeiführen können (sog. V s g e f a h r u m s t ä n d e , wie z . B . die Lagerung feuergefährlichen Materials in leicht entflammbaren Gebäuden, wie überhaupt Angaben über die Bauart und den Zustand der zu vernden Gebäude) sondern auch solche, die sich darauf beziehen, daß der Ver in Anspruch genommen wird, obwohl der Vsfall nicht eingetreten ist oder jedenfalls eine Leistung in der beanspruchten Höhe nicht geschuldet wird (sog. V e r t r a g s g e f a h r u m s t ä n d e wie Vorschäden, Bestehen weiterer Ven, frühere Verurteilungen des Vmers wegen 342

Johannsen/Johannsen

Anm. G 5

I. Vorvertragliche Anzeigepflicht

Brandstiftung). Das ist seit der Entscheidung des RG 13. III. 1931 RGZ 132 S. 386-392 allgemein anerkannt (BGH 24. IX. 1986 VersR 1986 S. 1089-1091,1090; O L G Hamm 29.IV. 1992 r + s 1992 S. 361, 10.XII.1997 r + s 1998 S. 473-474). Nicht anzuzeigen sind die Umstände, die nur die P r ä m i e n g e f a h r betreffen, da sie sich nicht auf die vom Ver zu übernehmende Gefahr beziehen sondern nur für die Frage von Bedeutung sind, ob er seine Forderung auf die Gegenleistung realisieren kann (Röhr S. 79, 80; Raiser 2 Anm. 6 zu § 5; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 4 zu §§ 16, 17; O L G Hamm 16.1.1981 VersR 1981 S. 953-954; 24. IX. 1986 VersR 1988 S. 173-174; O L G Karlsruhe 19. III. 1992 VersR 1992 S. 1208-1209). Der Vmer braucht deshalb seine angespannte finanzielle Lage grundsätzlich von sich aus nicht zu offenbaren (OLG Hamm 24. IX. 1986 a.a.O.). Sie kann allerdings im Zusammenhang mit anderen Umständen geeignet sein, das Brandstiftungsrisiko aus der Sphäre des Vmers zu erhöhen. [G 5] b) Fragen des Versicherers Welche Umstände im Einzelfall gefahrerheblich sind, bestimmt sich nicht nach subjektiven Vorstellungen der Vertragschließenden sondern ist objektiv nach den Grundsätzen der Vstechnik zu ermitteln. Diese liegen auch den in der Feuerv verwendeten Antragsformularen zu Grunde (vgl. Dietz Wohngebäudev 2 S. 280-286 und die bei Martin 3 Texte 37—45 abgedruckten Beispiele). Da nach § 16 III Umstände, nach denen der Ver ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, im Zweifel als erheblich gelten, und der Ver wegen unterbliebener Anzeige eines Umstandes, nach dem nicht ausdrücklich gefragt worden ist, nach § 18 II nur im Falle arglistiger Verschweigung zurücktreten darf, kommt der Gestaltung der Antragsfragen erhebliche praktische Bedeutung zu. Sie beziehen sich regelmäßig auf Vorschäden, Vorversicherungen und früher abgelehnte Anträge, die, weil sie der sachgerechten Beurteilung des subjektiven Risikos des Vmers dienen (OLG Hamm 29.IV. 1992 r + s 1992 S. 361, 10.XII.1997 r + s 1998 S. 473-474), gefahrerhebliche Umstände betreffen. Fragen nach Vorstrafen, insbesondere wegen Brandstiftung werden hingegen nicht gestellt. Solche braucht der Vmer auch von sich aus nicht anzugeben (BGH 24. IX. 1986 VersR 1986 S. 10891091). Zwar gibt es Umstände, deren Gefahrenerheblichkeit als so selbstverständlich anzusehen ist, daß sie ungefragt mitgeteilt werden müssen (z.B. die Produktion und Lagerung von Feuerwerksraketen oder ernst zu nehmende Brandstiftungsdrohungen Dritter, KG 6. III. 1998 r + s 1998 S. 471-473). Das gilt aber für den Bereich strafbaren Handelns des Vmers nicht. Der Antragsteller darf hier grundsätzlich davon ausgehen, daß der branchenerfahrene Ver bei der Fragestellung seine Interessen umfassend zu sichern weiß und ihm einen vollständigen Fragenkatalog vorlegt (BGH a.a.O. S. 1089). Hinsichtlich des objektiven Risikos beziehen sich die Fragen auf die Bauart (vgl. B G H 9. XI. 1983 VersR 1984 S. 150-151 zu Massiv- oder Fachwerkbauweise) und Lage der Gebäude, die Erteilung behördlicher Genehmigungen (OLG Hamm 18. V. 1988 r + s 1991 S. 275), die Art des Geschäftsbetriebs (BGH 20.XI. 1984 VersR 1985 S. 154-156 Restaurantbetrieb oder Bar; O L G Köln 20. XII. 1990 r + s 1991 S. 138 Freizeitcenter oder Bordellbetrieb) oder darauf, ob ein zur V beantragtes Gebäude noch im Bau sei oder als Wochenend- oder Ferienhaus benutzt werde (BGH 5. X. 1983 VersR 1984 S. 25-26). Besondere Formulare sind üblich für das Gastgewerbe, das besonders risikobehaftet ist und auf das sich ein sehr großer Anteil der zu Obliegenheitsverletzungen veröffentlichten Entscheidungen bezieht. In der Wohngebäudev wird auf die Befragung nach erheblichen Umständen wie Alter des Gebäudes und Bauart weitgehend verzichtet (Dietz a.a.O. S. 283). Bei der Vgrößerer Objekte, insbesondere in der Industrie-Feuerv erfolgt die Risikoprüfung außer durch das Antragsformular durch eine Besichtigung des zu vernden Johannsen/Johannsen

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Anm. G 6

G. Obliegenheiten

O b j e k t e s durch den Ver oder von ihm beauftragte Sachverständige. I m Zusammenhang mit der Aufstellung eines Besichtigungsberichtes wird üblicherweise die Klausel 2601 vereinbart, durch die der Ver anerkennt, daß ihm durch diese Besichtigung alle U m s t ä n d e bekannt geworden sind, welche in diesem Zeitpunkt für die Beurteilung des Risikos erheblich waren (ähnlich auch die Klausel 1601 beide abgedruckt bei Martin 3 Texte Nr. 34 S. 243 und 257). Hierin liegt - unter dem Vorbehalt der R e c h t e aus einer arglistigen Täuschung des V m e r s - ein Verzicht des Vers auf die Rechtsfolgen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht.

[G 6] c) Unklare Fragen Probleme ergeben sich gelegentlich aus der nicht eindeutigen Formulierung von Antragsfragen. F ü r deren Auslegung ist auf die Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Vmers ohne vsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen ( B G H 23. V I . 1 9 9 3 B G H Z 123 S. 8 3 - 9 2 = VersR 1993 S. 9 5 7 - 9 6 0 = r + s 1993 S. 3 5 1 - 3 5 4 ; 2 7 . X . 1993 r + s 1994 S. 122). U n k l a r e Formularfragen dürfen sich nicht zu Lasten des Vmers auswirken, wenn sie dazu geführt haben, daß unvollständige oder mißverständliche A n t worten gegeben worden sind. So kann die im Anschluß an mehrere Fragen über das zu vernde O b j e k t gestellte Frage nach Vorschäden durchaus dahin verstanden werden, daß nur solche, die dieses O b j e k t betreffen, angegeben werden sollen ( O L G H a m m 1 6 . X . 1989 r + s 1990 S. 6 0 - 6 1 , 2 3 . I X . 1 9 9 2 r + s 1993 S. 351). A u c h wenn nach dem Abschluß früherer Hausratsven gefragt wird, darf der Vmer, der mehrere Wohnungen hat, davon ausgehen, daß nur nach der V für die Wohnung, für die jetzt Vsschutz begehrt wird, gefragt wird ( O L G H a m m 11. X I . 1998 r + s 1999 S. 250). E r braucht weiter nicht anzunehmen, daß sich die Frage auch auf Ven seines Ehegatten oder Lebensgefährten bezieht ( O L G H a m m 6. X I I . 1989 r + s 1990 S. 169; O L G K ö l n 13. I X . 1990 VersR 1992 S. 2 3 1 - 2 3 2 ) . A u f die Frage nach der „Geschäfts-/Betriebsart" braucht der Konkursverwalter beim A b s c h l u ß einer Einbruchdiebstahlv nicht anzugeben, daß der Geschäftsbetrieb eingestellt worden ist, weil ein durchschnittlicher V m e r unter diesem vorgedruckten Wortlaut nicht die Frage versteht, o b die B ü r o räume regelmäßig von Kunden aufgesucht und o b in den Räumen noch Geschäfte aktiv betrieben werden ( B G H 22. I X . 1999 VersR 1999 S. 1 4 8 1 - 1 4 8 2 = N V e r s Z 2 0 0 0 S. 1 2 4 - 1 2 5 = r + s 1999 S. 4 9 1 - 4 9 3 ) . Dieser Entscheidung ist auch für die Feuerv zuzustimmen. Wenn danach gefragt wird, ob das Gebäude n o c h im Bau sei und o b es als Wochenend- oder Ferienhaus benutzt werde, kann der Antragsteller nicht mit hinreichender Klarheit annehmen, daß er angeben müsse, o b das Haus zur Zeit bewohnt oder unbewohnt sei ( B G H 5. X . 1983 VersR 1984 S. 25). Wenn im Anschluß an die Frage, o b sich das Gebäude n o c h im R o h b a u befindet, gefragt wird, o b die B a u ausführung von der Baubehörde genehmigt und ohne Beanstandungen abgenommen worden sei, braucht der V m e r nicht anzunehmen, daß sich diese Frage auf den nachträglichen Einbau eines Kamins, der nicht genehmigungspflichtig ist, bezieht ( O L G H a m m 18. V. 1988 r + s 1991 S. 275). E r braucht diesen auch nicht auf die Frage nach der Art der Heizung, wenn diese mit „Ofenheizung, Zentraloder Etagenheizung, Deckenstrahlungsheizung" vorgegeben war und er die zweite Möglichkeit angekreuzt hat, zusätzlich aufführen, weil nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein offener Kamin keine H e i z u n g für ein Haus ist ( O L G H a m m a.a.O.). In allen diesen Fällen k o m m t ein Rücktritt des Vers wegen der unterbliebenen Angaben, nach denen er nicht hinreichend deutlich gefragt hat, nur wegen arglistigen Verschweigens gemäß § 18 II in Betracht, das aber in den angeführten Entscheidungen verneint w o r den ist.

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Johannsen/Johannsen

I. Vorvertragliche Anzeigepflicht

Anm. G 7

[G 7] d) Nachfrage- bzw. Risikoprüfungsobliegenheit des Versicherers Reichen die vom Antragsteller gegebenen Antworten nicht aus, um das Risiko zuverlässig beurteilen zu können, ist der Ver gehalten, nachzufragen oder eventuell eine Betriebsbesichtigung vorzunehmen (so bereits B G H 20. X I . 1984 VersR 1985 S. 154-156, 155 zu dem Antrag auf V einer Nachtbar mit Speisenangebot, in dem auf die Frage nach der Betriebsart „Restaurantbetrieb" angegeben war). Eine durch eine unscharfe Beantwortung einer Frage erweckte Fehlvorstellung von dem zu vernden Risiko darf nicht zu Lasten des Vmers gehen. Wenn der Ver sich ohne weitere Aufklärung mit den für ihn unklaren Angaben begnügt, würde die Ausübung seines hierauf gestützten Rücktritts einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen ( B G H a.a.O.). Es stehe nicht im Belieben des Vers, ob er von der ihm durch die gesetzliche Anzeigeobliegenheit eingeräumten Möglichkeit, das Risiko zu überprüfen, Gebrauch macht. Diese vom B G H insbesondere für den Bereich der Personenv entwickelte R i s i k o p r ü f u n g s o b l i e g e n h e i t des Vers (vgl. B G H 20. I X . 1989 VersR 1989 S. 1249-1250; 25. III. 1992 B G H Z 117 S. 385-389 = VersR 1992 S. 603-604; 11. X I . 1992 r + s 1993 S. 165-166; 2. X I . 1994 VersR 1995 S. 80-82 = r + s 1995 S. 82-84; 3. V. 1995 VersR 1995 S. 901-902; 1 7 . X I I . 1 9 9 7 VersR 1998 S. 305-307) ist in der Literatur heftig kritisiert worden (vgl. Lorenz VersR 1993 S. 513-519; VersR 1993 S. 872, VersR 1994 S. 295; Dreher J Z 1992 S. 926-928; Langheid-Müller-Frank N J W 1993 S. 2652-2664, 2655; zustimmend aber Dehner N J W 1992 S. 3007-3008; Knappmann r + s 1996 S. 81-86, 83; Lücke VersR 1996 S. 785-805, 789 f) insbesondere mit dem Argument, daß es sich bei den §§ 16-23 um eine abschließende Regelung handele, die den Schutz des Vmers ausreichend gewährleiste (Lorenz a.a.O.). Es ist jedoch der Auffassung des B G H der Vorzug zu geben. Der abschließende Charakter der Regelung der §§ 16-23 (vgl. hierzu B G H 22.11.1984 VersR 1984 S. 6 3 0 - 6 3 2 ; 24. I X . 1986 VersR 1986 S. 1089-1091; 22. II. 1995 VersR 1995 S. 475 = r + s 1995 S. 167-169) steht der Berücksichtigung von Treu und Glauben in dem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis nicht entgegen. Der Vmer muß darauf vertrauen können, daß der Ver als der ihm durch Fachwissen und Geschäftserfahrung überlegene Partner die von ihm formulierten Fragebögen sorgfältig durchsieht und Zweifel darüber, ob das Risiko übernommen werden kann, sofort aufklärt und nicht erst nach Eintritt des Vsfalles ein Rücktrittsrecht hieraus herleitet. Berechtigt erscheint aber die auch von Befürwortern einer Risikoprüfungsobliegenheit geäußerte Kritik an der vom B G H in der Entscheidung vom 25. III. 1992 B G H Z 117 S. 385-389 gezogenen Rechtsfolge, daß außer dem Rücktritt auch die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ausgeschlossen sei (z. B. von Knappmann, Lücke a.a.O.). Hierfür hat auch Römer r + s 1998 S. 45-50, 48 Verständnis geäußert und seine Auffassung dargelegt, daß bei erwiesener Arglist des Vmers die Gründe, die bei unterlassener Risikoprüfung durch den Ver für einen Ausschluß seines Kündigungsrechts sprechen, nicht gleichermaßen den Ausschluß der Anfechtung rechtfertigen. Insbesondere überzeugt sein Argument, daß die Grundsätze von Treu und Glauben, die der Rechtsprechung des B G H zu Grunde liegen, sich nicht zu Gunsten eines arglistig Handelnden auswirken dürften. Auch die Abwägung zwischen dem Verschulden des Vers, der im allgemeinen die Risikoprüfung nur fahrlässig unterlassen, nur in Ausnahmefällen aus Kostengründen bewußt auf sie verzichten wird, gegen die des arglistig handelnden Vmers spricht gegen die Schutzwürdigkeit des Letzteren und einen Ausschluß des Anfechtungsrechts (so auch Müller-Frank-Scherff VersR 1998 S. 1362-1364; Langheid in Römer-Langheid R N 8 zu § 22). Eine Risikoprüfungsobliegenheit des Vers wird auch in der Rechtsprechung der O L G e weitgehend bejaht ( O L G Saarbrücken 17. VI. 1992 VersR 1993 S. 341-343; Johannsen/Johannsen

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Anm. G 8

G. Obliegenheiten

2 5 . X I . 1 9 9 2 r + s 1994 S. 162-163; O L G H a m m 5.II.1993 r + s 1993 S. 356-357, 12.1.1994 r + s 1994 S. 281-282; O L G Koblenz 29. X I . 1996 r + s 1998 S. 50-52; K G 30. IX. 1997 VersR 1998 S. 1362; O L G Nürnberg 22. Χ . 1998 r + s 1999 S. 92-93), wobei teilweise wegen ihrer Verletzung nur das Kündigungsrecht, teilweise auch die Anfechtung ausgeschlossen werden. Die Risikoprüfungsobliegenheit greift nicht nur bei mißverständlicher Beantwortung von Fragen ein sondern auch dann, wenn einzelne Fragen gar nicht beantwortet sind. So darf der Ver es nicht als Verneinung einer Frage (ζ. B. nach Vorschäden, früheren Vsverträgen) werten, wenn die entsprechende Spalte des Fragebogens nicht ausgefüllt ist. Er muß in Betracht ziehen, daß ein Versehen des Antragstellers vorliegt, und den Grund der Unterlassung durch Nachfrage aufklären. Tut er das nicht, darf er nicht später wegen des nicht mitgeteilten Gefahrenumstandes, den er durch die Nachfrage hätte erfahren können, zurücktreten ( O L G Köln 21.1.1997 r + s 1997 S. 354; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 24 zu §§ 16, 17; Voit in B K R N 65 zu § 16; a. A. O L G Frankfurt 10. VI. 1992 VersR 1993 S. 568-569). Eine Risikoprüfungsobliegenheit kommt allerdings dann nicht in Betracht, wenn der Antragsteller auf eindeutige Fragen unrichtig geantwortet hat und die Antwort keine Unklarheiten enthält. Allein zur Überprüfung der Wahrheitsliebe des Vmers braucht der Ver keine Rückfragen zu halten ( B G H 3. V. 1995 VersR 1995 S. 901-902; O L G München 7. VII. 1997 VersR 1998 S. 1361-1362 = r + s 1999 S. 389-390). [G 8] 3. Obliegenheitsverpflichtete Die Erfüllung der Anzeigepflicht obliegt außer dem Vmer (bei mehreren jedem von ihnen) auch dem Vten. § 79 II, der anordnet, daß bei der V für fremde Rechnung auch auf die Kenntnis und das Verhalten des Vten abzustellen ist, ist nicht nur eine Zurechnungsnorm sondern statuiert auch, daß der Vte Obliegenheiten neben dem Vmer als eigene zu erfüllen hat (Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 279, 280; Möller in Bd I Anm. 6 zu § 16; Schirmer in Festschrift für Reimer Schmidt S. 821-843, 826, 830; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 17 zu §§ 16,17; a. M. Voit in B K R N 54 zu § 16, der § 79 II nur als Zurechnungsnorm ansieht). Beantragt ein Pächter eines landwirtschaftlichen Betriebes auf Grund seiner Verpflichtung aus dem Pachtvertrag den Abschluß einer Feuerv und ergeben die Umstände, daß diese für den Eigentümer genommen werden soll, so sind beide dafür verantwortlich, daß gefahrerhebliche Umstände aus der Person des Verpächters (z.B. Verbüßung einer langfristigen Freiheitsstrafe wegen Brandstiftung und Weigerung des früheren Vers, das Feuerrisiko für die Zukunft abzudecken) dem Ver mitgeteilt werden ( B G H 18. IX. 1991 VersR 1991 S. 1404-1405 = r + s 1991 S. 423-425). Dem Vmer ist die Kenntnis des Vten nach § 79 zuzurechnen ( B G H a.a.O.; Schirmer ZVersWiss 1992 S. 381-417, 392). Das gilt allerdings nach § 79 II nicht, wenn der Vertrag ohne Wissen des Vten geschlossen wird, wie es ζ. B. beim Einschluß von Sachen Dritter in die Hausratv vorkommt. Abzugrenzen hiervon sind die Fälle, bei denen mehrere Vmer unterschiedliche Interessen an derselben Sache vern wollen, ζ. B. der Verpächter sein Eigentumsinteresse, der Pächter sein Nutzungsinteresse. Hier sind zwar beide anzeigepflichtig, haben aber Anzeigen unterschiedlichen Inhalts zu erstatten, die voneinander unabhängig sind, so daß die Nichterfüllung durch einen Vmer dem anderen nicht schadet (Reimer Schmidt a.a.O. S. 278; Röhr S. 173).

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Johannsen/Johannsen

Anm. G 9

I. Vorvertragliche Anzeigepflicht

[G 9] 4. Zurechnung von Kenntnissen von Vertretern und Hilfspersonen Für den Abschluß des Vsvertrages durch B e v o l l m ä c h t i g t e (und Vertreter ohne Vertretungsmacht) gilt die von § 166 I B G B abweichende Sonderregelung des § 19, nach der zum Schutz des Vers nicht nur die Kenntnis und Arglist des Vertreters sondern auch die des Vertretenen in Betracht kommen. Für den Abschluß durch g e s e t z l i c h e V e r t r e t e r fehlt es an einer Regelung, da die für die Erfüllung von Verbindlichkeiten geltende Vorschrift des § 278 BGB auf die Erfüllung von Obliegenheiten nicht anwendbar ist (Möller in Bd I Anm. 11 und 73-75 zu § 6; B G H 25. XI. 1953 Β GHZ 11 S. 120-124,14. XII. 1994 B G H Z 128 S. 167-172 = VersR 1995 S. 281-282 = r + s 1995 S. 81-82). In Anwendung des § 166 B G B ist allein auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters abzustellen (Möller in Bd I Anm. 7 zu § 19; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 19; Raiser 2 Anm. 10 zu § 5; Voit in B K R N 3 zu § 19; O L G Hamm 8. II. 1978 VersR 1978 S. 860; streitig a.M. Röhr a.a.O. S. 176, 177 mit umfangreicher Darstellung des früheren Meinungsstandes). Das Gleiche gilt für den Abschluß des Vertrages durch Konkurs-, Nachlaß- und Zwangsverwalter, durch deren Einsetzung der Vmer aus der Verwaltung des zu vernden Objektes verdrängt worden ist (vgl. dazu B G H 19. X. 1994 NJW 1995 S. 56-58; ebenfalls streitig, vgl. auch hierzu für den Meinungsstand Röhr a.a.O.). Ungeregelt und umstritten ist auch, ob und wie weit der Vmer, wenn er den Vertrag zwar selbst abschließt, sich aber Dritter zur Erfüllung der Anzeigeobliegenheit bedient, insbesondere sie den Fragebogen ausfüllen läßt, für deren unrichtige Angaben einzustehen hat. Die Lösung ist nicht über die R e p r ä s e n t a n t e n h a f t u n g (dazu unter G 46-55) zu gewinnen, die für reine W i s s e n s e r k l ä r u n g e n , um die es bei der Erfüllung der vorvertraglichen Anzeigepflicht geht, nicht in Betracht kommt (Möller in Bd I Anm. 79-91, 102 zu § 6; B G H 19.1.1967 VersR 1967 S. 343-345, 344; 2. VI. 1993 B G H Z 122 S. 388-391 = VersR 1993 S. 960-961 = r + s 1993 S. 281-282). Vielmehr muß der Vmer, wenn er sich bei der Erfüllung von Anzeigeobliegenheiten vertreten läßt, in entsprechender Anwendung von § 166 B G B für die Erklärungen seines W i s s e n s e r k l ä r u n g s v e r t r e t e r s einstehen. Der Zurechnungsgrund liegt darin, daß der Vmer den Dritten mit der Erfüllung seiner Obliegenheit gegenüber dem Ver betraut hat und daß der Dritte die Erklärungen an Stelle des Vmers abgibt (BGH a.a.O.). Zu denken ist etwa an Fälle, in denen der Betriebsinhaber, der nicht über alle Einzelheiten des Zustandes der zu vernden Gebäude unterrichtet ist, den leitenden Ingenieur mit der Ausfüllung des Fragebogens beauftragt. Verschweigt dieser gefahrerhebliche Umstände, die dem Inhaber nicht bekannt sind, ist die Anzeigepflicht verletzt, weil der Ver für seinen Wissenserklärungsvertreter einzustehen hat (vgl. Raiser2 Anm. 11 zu § 5). Hingegen reicht der bloße Auftrag des Vmers an einen Dritten, ihm bei der Abfassung der Erklärung behilflich zu sein, die er selbst als eigene abgibt, als Zurechnungsgrund nicht aus. Wenn man ihm zurechnen würde, daß der E r k l ä r u n g s g e h i l f e falsche Angaben gemacht hat, käme das der für Obliegenheitsverletzungen gerade nicht eingreifenden Haftung für Erfüllungshilfen gleich (BGH 14. XII. 1994 B G H Z 128 S. 167-172 = VersR 1995 S. 281-282; Knappmann VersR 1997 S. 261-267,266; Voit in BK R N 6 zu § 19; Langheid in Römer-Langheid R N 1 zu § 19; a. A. Martin3 Ν II 12 und Prölss in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 19, die § 278 B G B heranziehen). Deshalb ist ζ. B. der Ehegatte, der bei der Ausfüllung des Fragebogens hilft, nicht ohne weiteres Wissenserklärungsvertreter. Vielmehr ist es auch bei Ehegatten für die Zurechnung von Kenntnissen und Verschulden erforderlich, daß der eine den anderen mit der Abgabe von Erklärungen gegenüber dem Ver betraut hat (BGH 2. VI. 1993 B G H Z 122 S. 388-391 = VersR 1993 S. 960-961 = r + s 1993 S. 281-282). Johannsen/Johannsen

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Anm. G 10

G. Obliegenheiten

Auf Kenntnisse und Verschulden eines bloßen Verhandlungsgehilfen ist allerdings in den Fällen der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung über erhebliche Gefahrumstände abzustellen, die gemäß § 22 unberührt bleibt (BGH 8. II. 1989 VersR 1989 S. 465-467 = r + s 1989 S. 233 und 379; B G H 29. XI. 1989 r + s 1990 S. 95 LS, vgl. hierzu unter G 21). Zur Kenntnis des an dem Vertragsschluss beteiligten Vsagenten und anderer im „Lager" des Vers stehenden Personen vgl. unter G 13-17. [G 10] 5. Maßgeblicher Zeitpunkt Die gefahrerheblichen Umstände sind von dem Vmer bei S c h l i e ß u n g des V e r trages anzuzeigen. Die Obliegenheit besteht also grundsätzlich vom Beginn der Verhandlungen bis zum Abschluß des Vertrages (formeller Vsbeginn, vgl. hierzu Möller in Bd I Anm. 79 zu § 1) und wird dann gemäß § 23 durch die Anzeigepflicht für Gefahrerhöhungen ersetzt, mit der sie gemäß § 29 a in der Zeit zwischen Stellung und Annahme des Vsantrages konkurriert (Möller in Bd I Anm. 8 zu § 16, 6 zu § 29 a; Voit in BK R N 40 zu § 16; Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 29 a; streitig a. M. Röhr S. 99, der die Regeln der vorvertraglichen Anzeigepflicht durch § 29 a für ausgeschlossen hält, mit ausführlicher Darstellung des Meinungsstandes, ebenso Martin3 Ν II 3; widersprüchlich Prölss in Prölss-Martin 26 , der unter R N 1 zu § 29a § 16 für ausgeschlossen erklärt, aber unter R N 15 zu §§ 16, 17 die Rechtsprechung, die § 16 anwendet zustimmend zitiert). Für den Vertragsschluß ist die neue Regelung des § 5a zu beachten. Danach gilt, wenn der Ver dem Vmer bei Antragstellung die AVB nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10 a VAG unterlassen hat, der Vertrag erst als geschlossen, wenn der Vmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der Unterlagen schriftlich widerspricht. Die Frage, ob innerhalb der Schwebezeit, die nach § 5 a II 4 bis 1 Jahr nach Zahlung der ersten Prämie dauern kann, die Anzeigepflicht fortdauert, ist zu verneinen (Lorenz VersR 1995 S. 616-626, 621; Schirmer VersR 1996 S. 10451056, 1054). § 5 a ist eine Schutzvorschrift für den Vmer, die Einräumung der Widerspruchsfrist darf sich nicht zu seinen Lasten auswirken. Es ist also die Anzeigepflicht wie für den Fall, daß die AVB oder Verbraucherinformation bei Antragstellung übergeben werden, auch bei Unterlassung der Übergabe nur bis zum Zugang der Police zu erfüllen. Gefahrerhebliche Umstände, die in der Zeit zwischen Antragstellung und Annahme des Antrags durch den Ver entstehen oder dem Vmer bekannt werden, hat er anzuzeigen (BGH 27. VI. 1984 VersR 1984 S. 884-885; 28.XI. 1990 r + s 1991 S. 76-77; 20.11.1991 VersR 1991 S. 578-579; O L G Saarbrücken 25.XI.1992 r + s 1994 S. 162163). Dem Ver steht ein Rücktrittsrecht wegen der unterbliebenen Anzeige aber nur dann zu, wenn sich diese noch auf seinen Entschluß, den Antrag anzunehmen, hätte auswirken können (BGH 27. VI. 1984, 28.XI. 1990 a.a.O.) Das ist nicht mehr der Fall, wenn in dem Zeitpunkt, in dem die Anzeige spätestens hätte erstattet werden müssen, die Vertragsannahme schon abgesandt war. Ist die im Antragsformular gesetzte Annahmefrist abgelaufen, und nimmt der Ver das Vertragsangebot verspätet an, so gilt die Annahme gemäß § 150 I B G B als neues Angebot des Vers, das die Anzeigepflicht neu entstehen läßt. Der Vmer kann sich dieser nicht dadurch entziehen, daß er das Angebot des Vers umgehend annimmt (BGH 9. XII. 1992 B G H Z 121 S. 6-12 = r + s 1993 S. 88-89; so auch schon Raiser 2 Anm. 5 zu Die Anzeigepflicht besteht auch, wenn im Rahmen eines bestehenden Vertrages Verhandlungen über die Einbeziehung neuer oder erhöhter Gefahren geführt werden, oder die Vssumme erhöht oder die Vertragsdauer verlängert werden soll (BGH 348

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Anm. G 12

I. Vorvertragliche Anzeigepflicht

3. VI. 1992 r + s 1992 S. 395-396; 9 . X I I . 1 9 9 2 B G H Z 121 S. 6 - 1 2 = r + s 1993 S. 88-89; 23. VI. 1993 VersR 1994 S. 39-41 = r + s 1993 S. 475-477; O L G Karlsruhe 7. VII. 1988 VersR 1990 S. 781-782; O L G Hamm 11. X I . 1998 r + s 1999 S. 2 8 8 - 2 9 0 = VersR 1999 S. 1409-1410). Denn es geht auch hierbei um die Schließung des Vertrages. Der Ver hat ein erkennbares und berechtigtes Interesse daran, die im Zeitpunkt der Erweiterung seiner Leistungszusage bestehende Gefahrenlage kennenzulernen. Er muß z. B. wissen, ob zur Holzimprägnierung in einem Fensterbaubetrieb neben dem Eintauchverfahren auch das feuergefährlichere Spritzverfahren angewendet wird und Holzschutzmittel mit einem Flammpunkt über 45 ° Grad gelagert und verwendet werden ( O L G Karlsruhe a.a.O.) Ein solches Interesse fehlt aber, wenn es bei der Vertragsänderung um die Herabsetzung der Leistungspflicht des Ver geht, so daß in diesen Fällen eine Anzeigepflicht nicht besteht ( B G H 9. X I I . 1992, 23. VI. 1993 a.a.O.).

6. Verletzung der Anzeigepflicht [Gli]

a) Verschulden des Versicherungsnehmers

Die Verletzung der Anzeigepflicht kann außer in der in § 16 geregelten Nichtanzeige eines Gefahrenumstandes auch in einer Falschanzeige bestehen, § 17 (z. B. Angabe der Bauweise mit Massiv- statt Fachwerkbauweise, B G H 9. X I . 1983 VersR 1984 S. 150, 151); jedoch kommt es auf die Unterscheidung nicht an, weil die Rechtsfolge des Rücktrittsrechts des Vers in beiden Fällen gleich ist. Der Rücktritt setzt V e r s c h u l den voraus, wofür einfache Fahrlässigkeit genügt, und wird durch die K e n n t n i s des Vers von dem nicht oder unrichtig angezeigten Umstand ausgeschlossen. Das Verschulden kann insbesondere dann fehlen, wenn die Fragen unklar abgefaßt sind (vgl. dazu G 6). Jedoch muß sich der Vmer um das Verständnis der Fragen bemühen. So handelt ein Ausländer, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, fahrlässig, wenn er sich den Fragebogen nicht übersetzen läßt und ihn deshalb falsch ausfüllt ( O L G Frankfurt 21. V. 1987 VersR 1988 S. 714 LS). Der Vmer ist aber nicht zu Nachforschungen über gefahrerhebliche Umstände verpflichtet. Die Anzeigeobliegenheit setzt positive Kenntnis der gefahrerheblichen Umstände voraus ( B G H 2. III. 1994 VersR 1994 S. 711-712; 20. IV. 1994 VersR 1994 S. 779-780). Deshalb kann sogar eine grob fahrlässige, nämlich auf einem Unterlassen sich aufdrängender Erkundigungen beruhende Unkenntnis von den gefahrerheblichen Umständen nicht zu einem Rücktrittsrecht des Vers führen ( B G H 20. IV. 1994 a.a.O.). Dieses kommt nach § 16 II 2 nur in Betracht, wenn der Vmer sich der Kenntnis eines solchen Umstandes arglistig entzogen hat. [G 12] b) Kenntnis des Versicherers K e n n t n i s hat der Ver von allem, was bei ihm aktenkundig ist (vgl. dazu Möller in Bd I Anm. 37 zu § 16). Dazu gehören in heutiger Zeit auch alle Daten, die er in Datenbanken gesammelt hat (Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 44; Voit in B K R N 84 zu § 16). Wegen der Fülle gespeicherter Informationen und der langen Dauer ihrer Speicherung kann aber der Inhalt von Datensammlungen als Wissen nur zugerechnet werden, wenn ein besonderer Anlaß besteht, sich des Inhalts in einer besonderen Situation zu vergewissern (so B G H 2. II. 1996 VersR 1996 S. 628-631 = N J W 1996 S. 1339-1341, 1341), d.h. wenn ein Anlaß besteht, die Daten abzurufen ( B G H 14. VII. 1993 B G H Z 123 S. 225-232 = VersR 1993 S. 1089-1090 = N J W 1993 S. 2 8 0 7 2808, 20. I X . 2000 VersR 2000 S. 1486-1488, 1487; a. A. Lücke VersR 1996 S. 785-805, der auch Routineabfragen für erforderlich hält). Ein solcher besteht, wenn der AntragJohannsen/Johannsen

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Anm. G 13

G. Obliegenheiten

steller im Antrag auf Abschluß oder Änderung eines Vsvertrages hinreichend deutlich auf das Vorhandensein der Daten in der Datensammlung des Vers hinweist. Sind die erheblichen Daten bei einem zwar rechtlich selbständigen aber mit dem Ver in einem Konzern verbundenen Unternehmen gespeichert, so genügt die Möglichkeit allein, daß der Ver auch diese Daten abrufen könnte, weil der Vmer z. B. sein Einverständnis mit der Einsichtnahme in alle Krankenunterlagen gegeben hat, für eine Wissenszurechnung noch nicht ( B G H 1 3 . X I I . 1 9 8 9 VersR 1990 S. 258; 1 8 . X I I . 1991 r + s 1992 S. 76-77). Jedoch hat der Antragsteller dann seiner Anzeigepflicht durch den Hinweis auf gespeicherte Daten genügt, wenn er im Antragsformular die Einwilligung gegeben hat, im Verbund mit den anderen Vern seine Daten sammeln zu lassen ( B G H 14. V I I . 1993 a.a.O.). Verneint hingegen ein Antragsteller beim Abschluß einer Hausratv ausdrücklich die Frage nach Vorven und Vorschäden, so besteht für den Ver kein Anlaß, diese Angaben in seinem Datenbestand zu überprüfen. D a ß Vorverträge bei ihm tatsächlich gespeichert sind und dem Sachbearbeiter durch eine Routineabfrage bekannt geworden wären, begründet deshalb keine Kenntnis des Vers ( O L G Hamm 10. X I I . 1997 r + s 1998 S. 473-474; ebenso O L G Celle 10. X I . 1994 VersR 1995 S. 1347 zur Kaskov). Besteht aber auf Grund von Hinweisen des Vmers Veranlassung Daten abzurufen, so kommt es nicht darauf an, ob dieses ohne weiteres möglich oder wegen Speicherfehlern oder ungenügender Kennzeichnung auf Schwierigkeiten stößt (so aber O L G H a m m 7 . V I I . 1995 N J W R R 1996 S. 4 0 6 ^ 0 7 ; O L G Köln 1 3 . X I . 1 9 9 6 VersR 1998 S. 351-352). Denn Grundlage der Zurechnung ist, daß der Ver, wenn er sich die Vorteile arbeitsteiliger Organisation zu Nutze machen will, nach Treu und Glauben im Verhältnis zu seinen Vertragspartnern seinen Betrieb auch so organisieren muß, daß erhebliche Tatsachen, die ein unzuständiger Mitarbeiter erfahren (und gespeichert) hat, dem zuständigen Sachbearbeiter zur Kenntnis kommen ( B G H 2. II. 1996 VersR 1996 S. 6 2 8 - 6 3 1 = N J W 1996 S. 1339-1341; Möller in Bd I Anm. 37 zu § 16; Lücke a.a.O.; Meyer-Reim-Testorf VersR 1994 S. 1137-1141; Voit in B K Anm. 85 zu § 16). c) Mitwirken des Versicherungsagenten [G 13] aa) Auge- und Ohr-Rechtsprechung des B G H Sowohl für die Entscheidung der Frage, ob eine Verletzung der Anzeigepflicht vorliegt, wie für die Kenntnis des Vers von den anzeigepflichtigen Umständen kommt es auf die Rechtsstellung des V s a g e n t e n an, der den Antrag entgegennimmt. Erheblich ist die Auslegung von § 44, wonach die Kenntnis eines nur mit der Vermittlung von Vsgeschäften betrauten Agenten der Kenntnis des Vers nicht gleichsteht,sowie auf den Umfang seiner in § 43 geregelten Empfangsvollmacht (vgl. dazu Möller in Bd I Anm. 19bb zu § 43). Der B G H ( 1 1 . X I . 1987 B G H Z 102 S. 1 9 4 - 1 9 9 = VersR 1988 S. 2 3 4 237) geht davon aus, daß § 44 nur die Frage der Wissenszurechnung für denjenigen Teilausschnitt der Tätigkeit eines Vermittlungsagenten regelt, der nicht zu seinem Tätigwerden als Stellvertreter des Vers zählt. Einer analogen Anwendung des § 43 Ziff. 2, wie sie Möller a.a.O. befürwortet hat, bedürfe es nicht. Wörtlich heißt es: „Die Entgegennahme eines Antrages auf Abschluß eines Versicherungsvertrages und die Kenntnisnahme der von dem Antragsteller bei dieser Gelegenheit abgegebenen mündlichen - Erklärungen zu den ihm im Antragsformular des Versicherers gestellten Fragen stellen einen einheitlichen Lebensvorgang dar, der keine juristische Auf Spaltung erlaubt. Bei der Entgegennahme eines Antrages auf Abschluß eines Versicherungsvertrages steht dem Antragsteller - auf alleinige Veranlassung des Versicherers - der empfangsbevollmächtigte Vermittlungsagent, bildlich gesprochen als das Auge und Ohr des Versicherers, gegenüber. Was ihm mit Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorge350

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I. Vorvertragliche Anzeigepflicht

Anm. G 14

legt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden. " Der vom BGH in weiteren Entscheidungen (25.1.1989 r + s 1989 S. 103; 23. V. 1989 B G H Z 107 S. 322-325 = VersR 1989 S. 833-834; 13. III. 1991 r + s 1991 S. 151 und 248-249; 18. XII. 1991 B G H Z 116 S. 387-391 = VersR 1992 S. 217-218; 11.XI. 1992 VersR 1993 S. 871-872; 16. X. 1996 VersR 1996 S. 1529-1530; 22. IX. 1999 r + s 1999 S. 491-493 = NVersZ 2000 S. 124-125) bestätigten und ergänzten Rechtsprechung sind die Instanzgerichte überwiegend gefolgt (OLG Hamm 18. V. 1988 r + s 1988 S. 373; 28.X. 1988 r + s 1989 S. 1; 24.VII. 1998 r + s 1999 S. 10-11; 18.XI.1998 r + s 1999 S. 287-288; O L G Köln 19. V. 1988 VersR 1988 S. 904-906; O L G Karlsruhe 19. XII. 1990 VersR 1991 S. 988989; O L G Celle 14.XI.1990 r + s 1991 S. 428-430; O L G Saarbrücken 15.V. 1990 VersR 1991 S. 1280-1281; O L G Hamburg 11. III. 1998 VersR 1998 S. 626-630; abweichend aber O L G Bamberg 12.1.1989 VersR 1990 S. 260; LG Zweibrücken 16. IX. 1988 r + s 1989 S. 127-128). Der als A u g e - u n d O h r - R e c h t s p r e c h u n g bezeichneten Rechtsprechung des BGH wird auch in der Literatur, von einigen kritischen Einwendungen abgesehen (z. B. von Büsken VersR 1992 S. 272-278) überwiegend zugestimmt (vgl. Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 17 zu § 43; Martin 3 Ν II R N 6; Schirmer ZVersWiss 1992 S. 381-417, 394ff; Gruber in BK R N 5 zu § 43; Schwintowsky in BK R N 187 zu § 6; Reiff r + s 1998 S. 89-96, 133-139; Kummer r + s 1998 S. 265-269). [G 14] bb) Einschränkung der Empfangsvollmacht des Agenten Kontrovers wird aber die Frage diskutiert, ob die Empfangsvollmacht des Vermittlungsagenten wirksam eingeschränkt werden kann, insbesondere nachdem der B G H die Klausel in Antragsformularen eines Vers „Für die Richtigkeit der Angaben bin ich allein verantwortlich, auch wenn ich den Antrag nicht selbst ausgefüllt habe. Der Vermittler darf über die Erheblichkeit von Antragsfragen oder Erkrankungen keine verbindliche Erklärung abgeben " für unwirksam erklärt hat (BGH 18. XII. 1991 BGHZ 116 S. 387-391 = VersR 1992 S. 217-218; ebenso O L G Hamm 16. III. 1990 VersR 1990 S. 1105-1107 = r + s 1991 S. 182; O L G Oldenburg 19. XII. 1990 VersR 1991 S. 758-759; O L G Karlsruhe 19. XII. 1990 VersR 1991 S. 988-989; abweichend O L G Nürnberg 8. II. 1990 VersR 1990 S. 1112-1114). Diese Entscheidungen betreffen zwar sämtlich die Personenv; ihre Grundsätze gelten aber, wie der BGH (16. X. 1996 VersR 1996 S. 1529-1530) ausdrücklich ausgesprochen hat, für alle Vszweige. Nachdem das BAV die Benutzung einer Klausel untersagt hat, nach der Agenten zur Entgegennahme mündlicher Erklärungen nicht bevollmächtigt sind und sämtliche Erklärungen schriftlich niedergelegt werden müssen, hat das BVerwG (26. V. 1998 VersR 1998 S. 1137-1141 mit zustimmender Anm. von Präve S. 1141-1146 und kritischer von Lorenz S. 1144-1146 = r + s 1998 S. 447-452) diese Anordnung als durch die Aufgabe des BAV zur Überwachung der Einhaltung des AGB G für zulässig gehalten und einen Verstoß der Klausel gegen das Transparenzgebot bejaht, weil es in das Belieben des Vers gestellt sei, auch mündliche Erklärungen entgegenzunehmen. Der B G H (10. II. 1999 VersR 1999 S. 565-568 mit zustimmender Anm. von Lorenz S. 568-569) hat inzwischen eine Klausel gebilligt, durch die die Empfangsvollmacht des Vsagenten „während des Vsverhältnisses" also nach Abschluß des Vertrages beschränkt wird (bestätigt durch B G H 24. III. 1999 BGHZ 141 S. 137-152 = VersR 1999 S. 710-714). Für die vorvertragliche Anzeigepflicht wird in der Diskussion vertreten, daß eine Beschränkung der Empfangsvollmacht sowohl durch AVB wie durch das Antragsformular möglich sei (Büsken VersR 1992 S. 272-278, Lorenz a.a.O.), daß sie nur über das Antragsformular erreicht werden könne (Fricke VersR 1993 S. 399405; Luckey VersR 1993 S. 151-154; Schirmer ZVersWiss 1992 S. 381-417, 397; Reiff Johannsen/Johannsen

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Anm. G 14

G. Obliegenheiten

r + s 1998 S. 89-96, 133-138, 136), sowie daß sie überhaupt nicht zulässig sei (Glauber VersR 1992 S. 937-940; Präve a.a.O.; Schimikowski r + s 1998 S. 485-490, Gruber in BK R N 5 zu § 47; Beckmann NJW 1996 S. 1379-1381; Werber VersR 2000 S. 393-398). Nach dem W G ist eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vsagenten zulässig, jedoch braucht ein Dritter sie nach § 47 nur dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er die Beschränkung bei Vertragsabschluß kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Daran scheitert die Möglichkeit einer Beschränkung der Empfangsvollmacht des Vsagenten in AVB, die regelmäßig erst mit Vertragsschluß ausgehändigt werden. Auch dann, wenn sie dem Vmer ausnahmsweise vor Erfüllung seiner Anzeigeobliegenheit übergeben werden, kann ihm der Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht daraus gemacht werden, daß er sie nicht sofort liest (OLG Frankfurt 23. VI. 1989 VersR 1990 S. 1103-1105; OLG Saarbrücken 15. V. 1990 VersR 1991 S. 1280-1281; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 47; Gruber in BK R N 2 zu § 47; Langheid in Römer-Langheid RN 4 zu § 47). Deshalb entfalten die in den meisten Feuervsbedingungen zur Beschränkung der Vollmacht des Vsagenten enthaltenen Schriftformklauseln für die vorvertragliche Anzeigepflicht keine Wirkung (Leschke S. 218). In Betracht kommt aber die Beschränkung der Empfangsvollmacht des Vsagenten im Antragsformular, das dem Vmer vor Vertragsschluß vorliegt. Diese unterliegt aber der Inhaltskontrolle nach dem AGBG und §§ 305-310 BGB n.F., da auch die vorgedruckten Teile des Antragsformulars AGB darstellen (BGH 16. VI. 1982 VersR 1982 S. 2276-2279; OLG Karlsruhe 25. VII. 1996 r + s 1997 S. 38-40; Schirmer r + s 1995 S. 273-274; Kollhosser a.a.O.; Gruber a.a.O. R N 3). Dabei sind insbesondere das Transparenzgebot (BVerwG 25. VI. 1998 VersR 1998 S. 1137-1141 = r + s 1998 S. 447452) sowie die zuerst von Schirmer ZVersWiss 1992 S. 381—417, 397 aufgeworfene und auf der Grundlage der Auge- und Ohr-Rechtsprechung des BGH zu bejahende Frage zu berücksichtigen, ob nicht die Vollmacht des Vermittlungsagenten zur Entgegennahme von Vsanträgen zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung im Sinne von § 9 AGBG gehört. Da die Diskussion über die Zulässigkeit von Vollmachtsbeschränkungen vornehmlich die Personen- nicht die Sachv betrifft, wird für die Uberprüfung der einzelnen von Vern verwendeten oder von Verbänden empfohlenen Klauseln auf die Darstellungen von Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 6-10 zu § 47 und Gruber in BK R N 6 zu § 47 verwiesen. Solange die bisher übliche Praxis beibehalten wird, daß der Vsagent den Vmer bei dem Abschluß des Vsvertrages berät und bei der Erfüllung der vorvertraglichen Anzeigepflicht unterstützt, können die Rechtsfolgen der vom BGH entwickelten Auge- und Ohr-Rechtsprechung nicht durch Antragsformulare wirksam beseitigt oder eingeschränkt werden. Selbst wenn man es - entgegen den Bedenken des BVerwG a.a.O. - gemäß §§ 34a, 11 Nr. 16 AGBG, (jetzt § 309 Nr. 13 BGB n.F.), für zulässig hält, daß im Antragsformular vorgeschrieben wird, daß der Vmer die Antragsfragen ausschließlich schriftlich zu beantworten habe (so Reiff r + s 1998 S. 89-96, 133-139, 136), wird die mündliche Mitteilung von Gefahrumständen an den Vsagenten nicht unerheblich. Sie stellt zwar keine Erfüllung der Anzeigepflicht dar. Der Ver kann aber trotz der Verletzung wegen Kenntnis dieser Umstände nach §§16 III, 17 II nicht vom Vertrag zurücktreten, weil die Rechtsstellung des Vsagenten als Vertreter nach § 166 II BGB durch eine solche Vereinbarung nicht berührt wird und dem Ver deshalb grundsätzlich dessen Kenntnis als eigene zuzurechnen ist (Reiff a.a.O.). Wird zugleich auch die passive Vertretungsmacht des Vsagenten ausdrücklich ausgeschlossen oder eingeschränkt, ergibt sich dieselbe Rechtsfolge aus einer analogen Anwendung von § 166 BGB, weil der Vsagent auf Grund seiner Tätigkeit für den Ver jedenfalls Wissensvertreter ist (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 44; Reiff a.a.O.).

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Anm. G 17

I. Vorvertragliche Anzeigepflicht

[G 15] cc) Ausfüllung des Formulars durch den Agenten Eine große Rolle in der Rechtsprechung spielen die Fälle, in denen der Agent das Antragsformular selbständig ausgefüllt und dem Antragsteller nur zur Unterschrift vorgelegt hat. Hat er nicht dazu aufgefordert, die Eintragungen im Formular durchzusehen und zu überprüfen, so sind die Fragen dem Vmer nicht zur Kenntnis gelangt, so daß eine Verletzung der Anzeigepflicht nicht vorliegt ( B G H 13.11.1991 r + s 1991 S. 151 LS; 25. V. 1994 r + s 1994 S. 444-445; 16. X . 1996 VersR 1996 S. 1529-1530; O L G Hamm 24. VII. 1998 r + s 1999 S. 10-11 = N J W R R 1999 S. 391-392). Das folgt aus der gesetzlichen Wertung des § 18, durch den das Rücktrittsrecht für schriftlich gestellte Fragen auf den Fall arglistiger Verschweigung von Gefahrumständen, nach denen nicht ausdrücklich gefragt ist, eingeschränkt ist. Sie würde unterlaufen, wenn der Ver mit dem Antragsformular zwar schriftlich nach gefahrerheblichen Umständen fragt, sein Agent diese Fragen jedoch nur teilweise zur Kenntnis gibt, der Ver aber gleichwohl unbeschadet des Fehlverhaltens seines Agenten wegen einer nicht arglistig unterlassenen Anzeige zurücktreten könnte (so B G H 16. X . 1996 a.a.O.). Anders ist aber zu entscheiden, wenn der Antragsteller das Formular vor Ausfüllung durch den Agenten blanko unterzeichnet, weil er damit auf die Kenntnis von den Antragsfragen bewußt verzichtet ( O L G Frankfurt 31. VII. 1991 r + s 1991 S. 430, 431; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 31 zu §§ 16,17). In diesen Fällen kommt aber mangelndes Verschulden an der Verletzung in Betracht, wenn der Vmer davon ausgehen konnte, daß der Agent auf Grund einer Besichtigung des Gebäudes oder des Betriebes die gefahrerheblichen Umstände erkennen und zutreffend angeben werde. [G 16] dd) Kollusives Zusammenwirken Eine Wissenszurechnung von dem Agenten mündlich mitgeteilten gefahrerheblichen Umständen findet nicht statt bei k o l l u s i v e m Z u s a m m e n w i r k e n zwischen Antragsteller und Agenten, das z. B. vorliegt, wenn ersterer erkennt, daß seine Angaben nicht an den Ver weitergeleitet werden sollen, weil sonst der aussichtslose Vsantrag nicht angenommen werden würde ( O L G Schleswig 13. VI. 1994 r + s 1994 S. 322324; 7. VII. 1994 VersR 1995 S. 406-407; O L G Saarbrücken 9. VII. 1997 VersR 1998 S. 444-445; O L G Köln 13. XI. 1996 r + s 1998 S. 96-98; O L G Hamm 20.111.1998 r + s 1999 S. 11-12 = VersR 1999 S. 435; O L G Naumburg 4. VI. 1999 VersR 2001 S. 222223). In diesen Fällen wird häufig auch eine durch § 22 vorbehaltene Anfechtung des Vers wegen a r g l i s t i g e r T ä u s c h u n g in Betracht kommen. [G 17] d) Mitwirkung von Versicherungsmaklern Vom O L G Hamm (8. III. 1996 VersR 1996 S. 697-700, 12. XI. 1998 r + s 1999 S. 287-288 = NVersZ 1999 S. 284-285) wird die Wissenszurechnung nach den Grundsätzen der Auge- und Ohr-Rechtssprechung auch auf Fälle erstreckt, in denen sich der Ver nicht eines Agenten sondern eines V s m a k l e r s , dem er Auftragsformulare überlassen hat, bedient. Die letztgenannte Entscheidung ist vom B G H (22. IX. 1999 VersR 1999 S. 1481-1482 = r + s 1999 S. 491-493 = NVersZ 2000 S. 124-125 mit Anm. von Frank Baumann S. 116-119 und Rensch S. 120-122) zwar aus anderen Gründen bestätigt worden, jedoch unter Ablehnung der Wissenszurechnung, für die es nicht ausreiche, daß dem Makler Antragsformulare zur Verfügung gestellt worden seien. Der B G H hat nicht ausgeschlossen, daß die Auge- und Ohr-Rechtsprechung auf Makler entsprechend angewendet werden könne. Voraussetzung dafür sei aber, daß er vom Ver zur Entgegennahme von Erklärungen bevollmächtigt sei. Das wird sich allerdings nur schwer feststellen lassen. Es kann aber in Ausnahmefällen zum Johannsen/Johannsen

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Anm. G 18

G. Obliegenheiten

Schutz des Vmers durchaus geboten sein, dem Makler gegenüber erfolgte Erklärungen als Erfüllung der Anzeigeobliegenheit gelten zu lassen, wenn dieser nach den gesamten Umständen wie ein Vsagent auftritt (Voit in B K R N 71 zu § 16; Taupitz in Festschrift für Lorenz S. 673-689, 678). Grundsätzlich ist der Makler aber nicht Wissensvertreter des Vers (vgl. dazu Möller in Bd I Anm. 39ff, 47 zu § 43-48; Zinnert VersR 2000 S. 399-407, zur Abgrenzung vgl. auch Matusche-Beckmann VersR 1995 S. 1391-1398). Als im „Lager" des Vers stehender Wissensvertreter kommt in der Feuerv aber der Sachverständige in Betracht, den der Ver zur Beurteilung des Risikos in den Betrieb des Vmers schickt. 7. Rücktritt des Versicherers [G 18] a) Allgemeine Voraussetzungen Die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht berechtigt den Ver gemäß § 20 zum Rücktritt. Dieser muss innerhalb e i n e s M o n a t s ab Kenntnis von der Verletzung der Anzeigepflicht erfolgen. Für die Kenntnis des Vers genügt es, daß ihm Tatsachenmaterial vorliegt, das ergibt, daß falsche Angaben gemacht worden sind und ein Rücktritt wegen Obliegenheitsverletzung ernsthaft in Betracht kommt ( B G H 20. IX. 1989 B G H Z 108 S. 326-329, 21.III. 1990 VersR 1990 S. 728-731, 731, 20.IX.2000 VersR 2000 S. 1486-1488). Es braucht noch nicht festzustehen, daß die Verletzung schuldhaft erfolgt ist ( B G H 9. IV. 1997 r + s 1997 S. 294-296) und welche wirtschaftlichen Auswirkungen sie hat ( B G H 21. III. 1990 a.a.O.) Der Ver kann die Wahrung der Frist nicht dadurch beeinflussen, daß er die von ihm für notwendig gehaltene weitere Aufklärung zunächst unterläßt ( B G H 20. IX. 1989 a.a.O., 30. IX. 1998 VersR 1999 S. 217-219 = r + s 1999 S. 85-86). Er muß sie vielmehr in angemessener Zeit durchführen. Im Interesse des Vmers muß nämlich alsbald Klarheit geschaffen werden, ob das durch eine Obliegenheitsverletzung belastete Vertragsverhältnis weiterhin aufrecht erhalten wird oder nicht (dazu Müller r + s 2000 S. 485-488, 487). Was eine angemessene Zeit darstellt, kann nur im Einzelfall bestimmt werden. Nach Auffassung des B G H 30. IX. 1998 a.a.O. dürfen dabei die Anforderungen an eine zügige Handlungsweise der Vers nicht überspannt werden. Von Bedeutung ist, auf wessen Kenntnis auf Ver-Seite abzustellen ist. Grundsätzlich kommt es auf die Kenntnis desjenigen Mitarbeiters des Vers an, zu dessen Aufgaben es gehört, den Tatbestand der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht festzustellen ( B G H 17. IV. 1996 VersR 1996 S. 742-743; O L G Stuttgart 30. XI. 1988 VersR 1990 S. 76, das können z. B. Bezirksdirektoren sein, O L G Hamburg 2. IV. 1963 N J W 1963 S. 1406). O b dieser zugleich berechtigt ist, den Rücktritt zu erklären, ist unerheblich ( B G H a.a.O.). Ergeben sich die Kenntnisse von der die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vermittelnden Tatsachen aus einem an den Ver gerichteten Schreiben, so ist zu unterscheiden. Bei richtiger Adressierung, die eine Zuordnung an die zuständige Abteilung des Vers ermöglicht, ist die Kenntniserlangung des Vers im Zeitpunkt des Eingangs des Schreibens in den zentralen Posteinlauf des Konzerns anzunehmen ( O L G Nürnberg 15. III. 1990 VersR 1990 S. 1337; a. M. Prölss in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 20). Denn der Ver muß seinen Betrieb so organisieren, daß richtig adressierte Post die einzelnen Fachabteilungen unverzüglich erreicht. Ist das Schreiben aber ohne nähere Kennzeichnung an den Konzern gerichtet, kommt es auf den Eingang bei dem zuständigen Sachbearbeiter an. Auch kann die Kenntnis von in anderen Sparten arbeitenden Mitarbeitern eines Vskonzerns nicht ohne weiteres dem durch die Verletzung 354

Johannsen/Johannsen

Anm. G 19

I. Vorvertragliche Anzeigepflicht

der Anzeigepflicht betroffenen Ver zugerechnet werden, es sei denn, es handelt sich um Vsagenten, die für mehrere Sparten Anträge aufnehmen und in diesem Zusammenhang von dem Rücktrittsgrund Kenntnis erlangen ( O L G Oldenburg 16. III. 1994 VersR 1995 S. 157-158). [G 19] b) Rücktrittserklärung Der Rücktritt kann grundsätzlich formlos erfolgen; jedoch ist die in einzelnen Vsbedingungen vereinbarte Schriftform zu beachten. Auf die Verwendung des Wortes Rücktritt kommt es nicht an. Es muß nur deutlich zum Ausdruck gebracht werden, daß der Ver das Vertragsverhältnis wirtschaftlich von Anfang an aufheben will. Dafür genügt die Berufung auf Leistungsfreiheit allein nicht (BGH 22.11.1984 VersR 1984 S. 630-632; O L G Bremen 23. VI. 1953 VersR 1953 S. 450; O L G Düsseldorf 5. VI. 1951 VersR 1951 S. 201). Streitig ist, ob die Rücktrittserklärung mit Gründen versehen sein muß (das wird von der h. M. verneint: Möller in Bd I Anm. 12 zu § 20; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 9 zu § 20; Raiser 2 Anm. 23 zu § 5; O L G Hamm 19.XII.1986 r + s 1987 S. 113; O L G Köln 19.IX.1991 r + s 1992 S. 326; KG 6.III. 1998 r + s 1998 S. 471-173, bejaht von Röhr S. 226; Knappmann r + s 1996 S. 81-86, 85, Voit in BK R N 18 zu § 20; ebenso O L G Oldenburg 22. XII. 1993 r + s 1994 S. 122-123 für den Fall, daß der Rücktritt nicht gegenüber dem Vmer sondern dessen Nachlaßpfleger ausgesprochen wird). Da auch von der h. M. über den Gesetzeswortlaut hinaus zutreffend verlangt wird, daß aus der Erklärung deutlich hervorgehen müsse, daß der Rücktritt wegen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht erfolgt, was schwerlich ohne Begründung geschehen kann, ist von einer Begründungspflicht auszugehen. Denn der Vmer muß die Gründe kennen, um die Berechtigung des Rücktritts überprüfen zu können. Wäre der Rücktritt ohne Begründung zulässig, bestünde die Gefahr, daß Ver, die sich vom Vertrag lösen wollen, vorsorglich den Rücktritt erklären in der Hoffnung, während der Auseinandersetzung irgendwelche Gründe zu erfahren, die ihrem Rücktritt zum Erfolg verhelfen (vgl. Röhr a.a.O.). Stützt der Ver den Rücktritt nur auf eine von mehreren ihm bekannten Obliegenheitsverletzungen, so kann er die anderen nicht ohne weiteres später nachschieben (so aber KG 6. III. 1998 r + s 1998 S. 471-473; Prölss in Prölss-Martin R N 9 zu § 20). Denn seine Erklärung kann vom Vmer gemäß § 133 BGB als stillschweigender Verzicht auf die Geltendmachung des Rücktrittsrechts wegen der anderen Gründe aufgefaßt werden (Lücke VersR 1996 S. 785-805, 786; Voit in BK R N 18 zu § 20; kritisch Langheid NVersZ 1999 S. 155-156). Ihm im Zeitpunkt des Rücktritts noch unbekannte Gründe darf er aber nachschieben (BGH 30. IX. 1998 r + s 1999 S. 85-86 = VersR 1999 S. 217-219). Das gilt zumal dann, wenn der Ver ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß er den Rücktritt zur Fristwahrung erklären müsse. Denn damit ist dem Vmer deutlich gemacht worden, daß ergänzende Erklärungen folgen können, sodaß er nicht darauf vertrauen konnte, daß es mit dem ihm mitgeteilten Rücktrittsgrund sein Bewenden habe. Die Rücktrittsfrist beginnt für jeden Rücktrittsgrund ab Kenntnis neu zu laufen. Ein wirksamer Rücktritt liegt nicht vor, wenn der Ver wegen falscher Angaben bei Vertragsschluß die Anfechtung erklärt hat, diese aber mangels Arglist unwirksam ist. Wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen von Anfechtung und Rücktritt kommt auch eine Umdeutung nach § 140 B G B nicht in Betracht ( O L G Oldenburg 17.1.1979 VersR 1979 S. 269 mit kritischer Anmerkung von Martin S. 269-271; O L G Köln 14. IX. 1989 VersR 1990 S. 769-772; a. A. Prölss in Prölss-Martin 26 R N 8 Anm. 3 zu §20, vgl. auch B G H 9. IV. 1997 r + s 1997 S. 295, der für den umgekehrten Fall die Umdeutung einer Rücktrittserklärung in eine Anfechtung für unzulässig hält). EbenJohannsen/Johannsen

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Anm. G 20

G . Obliegenheiten

sowenig kommt wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen eine Umdeutung in Betracht, wenn der Ver statt des Rücktritts eine „fristlose Kündigung" erklärt ( O L G Köln 9.V. 1985 r + s 1986 S. 1). [G 20] c) Wirkung Die W i r k u n g des Rücktritts ist die Umwandlung des Vsvertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis nach § 346 B G B (346 I B G B n.F.). Die Parteien haben einander die gewährten Leistungen zurückzugewähren, wobei für die Prämie § 40 zu beachten ist, wonach dem Ver gleichwohl die Prämie bis zum Schluß der Vsperiode gebührt (für die Einzelheiten vgl. Möller in Bd I Anm. 18-20 zu § 20). Betrifft die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht nur einen Teil der Gegenstände, auf die sich die V bezieht, ist z.B. nur hinsichtlich eines von mehreren in einem einheitlichen Vsvertrag vten Gebäuden die Bauweise falsch angegeben oder verschwiegen worden, daß darin feuergefährliche Sachen lagern, so steht dem Ver nach § 30 I das Rücktrittsrecht für den übrigen Teil nur zu, wenn anzunehmen ist, daß für diesen allein der Ver den Vertrag unter den gleichen Bedingungen nicht geschlossen haben würde. Dafür wird es darauf ankommen, wie nahe die Gebäude beieinander stehen (vgl. auch hierzu ausführlich Möller in Bd I Anm. 1-25 zu § 30). Für die Leistungspflicht des Vers ist von entscheidender Bedeutung, ob der Rücktritt vor oder nach dem E i n t r i t t des V s f a l l e s erklärt worden ist. Im letzteren Fall bleibt sie gemäß § 21 bestehen, wenn der Umstand, in Ansehung dessen die Anzeigepflicht verletzt ist, keinen Einfluß auf den Eintritt des Vsfalles und auf den Umfang der Leistung des Vers gehabt hat. Dieses K a u s a l i t ä t s e r f o r d e r n i s schränkt die Bedeutung der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht für die Feuerv erheblich ein. Denn viele Umstände, denen die Ver große Bedeutung für die Risikoprüfung beimessen und nach denen sie deshalb regelmäßig schriftlich fragen, sind im allgemeinen ohne Einfluß auf den Eintritt des Vsfalles. Das gilt für Vorschäden, frühere Ven und abgelehnte Anträge ( O L G Hamm 28. X. 1988 r + s 1989 S. 1; 6. XII. 1989 r + s 1990 S. 168-170; O L G Frankfurt 3. VII. 1979 VersR 1980 S. 449; Martin3 Ν II 17; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 4 Anm. 2 zu § 21), weitere Vsverträge (BGH 8. VI. 1977 VA 1977 S. 383-384) und Angaben über das Eigentum am Grundstück ( O L G Hamm 18. V. 1988 r + s 1991 S. 275) oder am Betriebsinventar (BGH 20. XI. 1984 VersR 1985 S. 154-156). Auch das Verschweigen einer früheren Verurteilung wegen Brandstiftung braucht keinen Einfluß auf die Entstehung des vten Brandes gehabt zu haben (BGH 18. IX. 1991 VersR 1991 S. 1404-1405 = r + s 1991 S. 4 2 3 ^ 2 5 ) . Doch kann in einem solchen Fall eine Anfechtung des Vsvertrages wegen arglistiger Täuschung (siehe dazu unter G 21) in Betracht kommen, die dem Ver nach § 22 vorbehalten bleibt. Soweit Prölss a.a.O. unter Hinweis auf B G H 18. XII. 1989 VersR 1990 S. 384-385 annimmt, daß falsche Angaben von Umständen, die das moralische Risiko betreffen, insbesondere die erwähnten Vorschäden, frühere und anderweitige Ven, den Ver von eingehenden Ermittlungen im Schadenfall abhalten und insofern den Umfang der Leistungspflicht beeinflussen können, gilt dies nach § 6 III nur für den Fall, daß die falschen Angaben vom Vmer im Schadenfall aufrechterhalten oder wiederholt werden. Der B G H hat in seiner auf § 6 I gestützten Entscheidung vom 18. XII. 1989 (a.a.O.) übersehen, daß die gemäß § 34 a halbzwingende Vorschrift des § 21 anzuwenden war (siehe dazu auch Morisse NVersZ 2000 S. 209-210). Zutreffend hat B G H 8. VI. 1977 VA 1977 S. 383-384 Nr. 702 ausgesprochen, daß § 21 nicht zwischen Anzeigepflichtverletzungen unterscheidet, die das objektive Risiko betreffen und solchen, die auf das subjektive Risiko Einfluß nehmen und daß eine Einschränkung des Kausalitätsgegenbeweises bei letzteren nicht in Betracht kommt (so auch Röhr S. 244). 356

Johannsen/Johannsen

Anm. G 21

I. Vorvertragliche Anzeigepflicht

Unerheblich ist in diesen Fällen auch, ob die Kenntnis der verschwiegenen Umstände den Ver veranlaßt hätte, vom Vertragsschluß Abstand zu nehmen oder eine höhere Prämie zu fordern (Raiser 2 Anm. 20 zu § 5; Martin 3 Ν II 16; O L G Frankfurt 3. VII. 1979 VersR 1979 S. 449). Sind hingegen objektive Risikofaktoren wie die Bauart eines Hauses oder die Art eines Betriebes verschwiegen oder falsch angegeben, kommt eine Kausalität zwischen diesen Umständen und dem Eintritt des Vsfalles ohne weiteres in Betracht. Der Vmer, dem der Kausalitätsgegenbeweis obliegt (siehe dazu unter G 23), muß deshalb jeden Ursachenzusammenhang zwischen dem nicht oder nicht richtig angezeigten Umstand und dem Eintritt und der Höhe des Schadens ausschließen. Gelingt ihm dies auch nur für einen kleinen Teil des Schadens nicht, ist der Ver vollen Umfangs leistungsfrei. Das kann unbillig sein, wenn der nicht oder unrichtig angezeigte Umstand nur zu einem geringen Teil für die Höhe des Schadens ursächlich war, wenn ζ. B. die Explosion des im Keller gelagerten nicht angezeigten Benzinfasses den durch den im Dachstuhl ausgebrochenen Brand entstandenen Schaden nur unwesentlich vergrößert hat. Jedoch ist eine erweiternde Auslegung der Ausnahmevorschrift des § 21 nicht gerechtfertigt (Möller in Bd I Anm. 10 zu § 21; Raiser 2 Anm. 21 zu § 5; Martin 3 Ν II 16; Röhr S. 245; für teilweise Leistungspflicht aber Bruck 7 Anm. 4 zu § 21; Kisch II S. 336). In so krassen Fällen wie dem zitierten kann aber die Berufung auf volle Leistungsfreiheit § 242 B G B widersprechen (zweifelnd Möller a.a.O.). Bei Erklärung des Rücktritts nach dem Eintritt des Vsfalles bleibt die Leistungspflicht des Vers gemäß § 102 I den Hypothekengläubigern gegenüber bestehen (hierzu sowie zu der Sonderregelung bei Anmeldung der Hypothek nach § 103 vgl. J 47, 63). [ G 2 1 ] 8. Arglistige Täuschung In § 22 ist angeordnet, daß das Recht des Vers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung über Gefahrumstände anzufechten, unberührt bleibt. Damit ist die Anfechtung wegen Irrtums nach § 119 B G B ausgeschlossen. Sie kommt nur in Betracht, wenn der Ver darlegt, daß sein Irrtum sich auf andere als die in § 16 geregelten gefahrerheblichen Umstände bezieht, weil sonst der Schutzzweck der § § 1 6 III, 17 II und 21 vereitelt würde ( B G H 24. VI. 1986 VersR 1986 S. 1089; 22. II. 1995 VersR 1995 S. 4 5 7 458 = r + s 1995 S. 167-169). Das Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 B G B ist für den Ver von erheblicher Bedeutung für die Fälle, in denen seine Leistungspflicht mangels Kausalität gemäß § 21 bestehen bleibt, weil es für die Anfechtung nicht darauf ankommt, ob der nicht oder unrichtig angegebene Umstand Einfluß auf den Schadensfall gehabt hat. In der Praxis der Feuerv betrifft deshalb die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung vornehmlich Probleme des moralischen Risikos, wie Nichtangabe von strafbaren Handlungen ( B G H 24. I X . 1986 VersR 1986 S. 1089-1091), Kündigung durch den Vorver wegen „Feuersgefahr" ( B G H 4. VII. 1990 r + s 1990 S. 310-311) und Vorschäden ( B G H 2 9 . X I . 1 9 8 9 r + s 1990 S. 95 LS; O L G Hamm 2 3 . I X . 1992 r + s 1993 S. 351) aber auch Drohungen Dritter, z . B . von Konkurrenten eines Restaurantbetriebes, mit Brandstiftung ( K G 6. III. 1998 r + s 1998 S. 4 7 1 473 = N J W R R 1999 S. 100-101). Die Anfechtung ist aber nur wirksam, wenn festgestellt wird, daß der Ver bei Kenntnis der nicht oder unrichtig mitgeteilten Tatsachen den Vertrag nicht oder nur zu anderen Bedingungen abgeschlossen hätte (Raiser 2 Anm. 29 zu § 5; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 4 zu § 22; B G H 4. VII. 1990 r + s 1990 S. 310-311). Das liegt auf der Hand, wenn der Antragsteller seinen Betrieb als „Freizeitcenter, Sauna und medizinische Bäder" bezeichnet hat, obwohl er ein Bordell betreibt ( O L G Köln 20. X I I . 1990 r + s 1991 S. 138) oder wenn er verschwiegen hat, daß er die Absicht habe, das zu vernde Gebäude abzubrechen ( O L G Schleswig Johannsen/Johannsen

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Anm. G 21

G. Obliegenheiten

17. XII. 1992 r + s 1995 S. 26-28; in solch einem Fall kommt auch Nichtigkeit nach § 51 III wegen Uberv in Betracht). Fraglich ist die Kausalität aber in einem Falle, in dem der Antragsteller zwar angegeben hat, daß die frühere V „wegen Schäden" gekündigt worden sei, aber verschwiegen hat, daß dies ausdrücklich wegen einer in der Person des Ehemannes der Vmerin begründeten „außergewöhnlichen Feuersgefahr" geschehen sei. Da der Ver den Antrag in Kenntnis der Vorschäden angenommen hat, könne nicht ausgeschlossen werden, daß er auch bei einem Kündigungsgrund „Feuersgefahr" den Vertrag geschlossen haben würde (so BGH 4. VII. 1990 r +s 1990 S. 310-311). Die Täuschung braucht nicht von dem Vmer selbst auszugehen. Der Ver ist auch zur Anfechtung berechtigt, wenn ein Dritter, der bei den maßgeblichen Verhandlungen als Wortführer des Vmers fungiert, also dessen Verhandlungsgehilfe ist, die Täuschung begeht (BGH 29.XI. 1989 r + s 1990 S. 95 LS). Für die Feststellung der vom Ver zu beweisenden Arglist genügt die Kenntnis des Vmers von der Unrichtigkeit seiner Angaben allein nicht. Hieraus darf noch nicht der Schluß auf eine Täuschungsabsicht gezogen werden (BGH 22.11.1984 VersR 1984 S. 630-632; 12. XI. 1986 VersR 1987 S. 91; 18. VI. 1991 VersR 1991 S. 1404-1405). Hinzukommen muß der Wille, auf die Entscheidung des Vers Einfluß zu nehmen, und das Bewußtsein, daß dieser den Antrag des Vmers bei richtigen Angaben nicht annehmen würde (OLG Hamm 28. X. 1988 r + s 1989 S. 1,6. XII. 1989 r + s 1990 S. 168-170; OLG Köln 14. IX. 1989 VersR 1990 S. 769-772, 770; OLG Frankfurt 3. VII. 1979 S. 449.). Hat der Ver aber die Kenntnis des Vmers von den unrichtigen Angaben bewiesen, obliegt es diesem, die in seiner Sphäre liegenden Gründe für die unrichtigen Angaben darzulegen, um dem Gericht eine ausreichende Grundlage für seine Uberzeugungsbildung zu vermitteln, ob eine Täuschungsabsicht vorliegt oder diese zu verneinen ist. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung muß ausdrücklich erklärt werden. Die Erklärung des Rücktritts wegen verschwiegener Umstände kann nicht als Anfechtungserklärung ausgelegt oder in eine solche umgedeutet werden, da die Anfechtungserklärung wegen des Ausschlusses von § 21 weitergehende Rechtsfolgen als der Rücktritt hat (BGH 9. VI. 1997 r + s 1997 S. 294-296, 295). Vom OLG Nürnberg 21. VIII. 1997 VersR 1998 S. 217-219 = NJWRR 1998 S. 535537 ist für den Fall einer Berufsunfähigkeitsv die Nichtigkeitsfolge der Anfechtung gemäß § 242 BGB auf die Zukunft beschränkt und die Leistungspflicht für den eingetretenen Vsfall bejaht worden, weil dieser in keinem ursächlichen Zusammenhang mit den verschwiegenen Umständen gestanden habe (ebenso 23. XII. 1999 NVersZ 2000 S. 264-267 zur Lebensv unter der Annahme der Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung). Dem kann nicht gefolgt werden, weil hierdurch der entscheidende Unterschied der Rechtsfolgen von Rücktritt und Anfechtung aufgehoben würde. Trotz der im Einzelfall schwerwiegenden Nachteile für den Vmer muß dem Ver, der ohne das arglistige Verhalten seines Vertragspartners den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, die Möglichkeit bleiben, sich von diesem vollständig zu lösen (Voit in BK RN 46 zu § 22; Dreher VersR 1998 S. 539-541). Hat der Ver die einjährige Frist ab Kenntnis des § 124 II BGB versäumt, kann er wegen einer Täuschung über gefahrerhebliche Umstände abweichend von der sonst im bürgerlichen Recht geltenden Rechtslage (vgl. BGH l l . V . 1979 NJW 1979 S. 19831984 ständige Rechtsprechung) der Entschädigungsforderung auch nicht die Arglisteinrede entgegensetzen. Diese kommt ebenso wie ein Schadenersatzanspruch aus culpa in contrahendo oder § 826 BGB wegen der in §§ 16 ff. abschließend geregelten Rechtsfolgen nur dann in Betracht, wenn § 16 nicht eingreift (BGH 22. II. 1984 VersR 1984 S. 630-632 = NJW 1984 S. 2814-2816; 18. IX. 1991 VersR 1991 S. 1404-1405 = r + s 1991 S. 423-425). 358

Johannsen/Johannsen

Anni. G 23

I. Vorvertragliche Anzeigepflicht

Ist aber die rechtzeitig erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gerechtfertigt, steht dem Ver ein Schadenersatzanspruch aus §§ 823 II, 826 B G B zu, der insbesondere auf den Ersatz von Rettungs- und Regulierungskosten gerichtet sein kann (Raiser 2 Anm. 35 zu § 5; Möller in Bd I Anm. 9 zu § 22, auf dessen Darstellung a.a.O. Anm. 25-30 im übrigen wegen der Wirkungen der Anfechtung verwiesen wird). Auch im Falle einer wirksamen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung werden die Hypothekengläubiger durch § 102 I 2 geschützt (siehe hierzu J 48). Die Anfechtung ist nach § 144 B G B ausgeschlossen, wenn der Ver den anfechtbaren Vertrag bestätigt. Das braucht nicht ausdrücklich zu geschehen, erforderlich ist aber ein Verhalten, das den Willen offenbart, an dem Vertrag festzuhalten ( B G H 2.III. 1990 B G H Z 110 S. 220-224, 222, l.IV. 1992 N J W R R 1992 S. 779-780). Dafür genügt nicht, daß Verhandlungen über die Schadenhöhe geführt werden, wenn damit nicht die Erklärung des Vers verbunden ist, für den Schaden dem Grunde nach eintreten zu wollen ( K G 6. III. 1998 r + s 1998 S. 471-473; Voit in B K R N 41 zu § 22). Ebensowenig stellt die weitere Prämienabbuchung eine Bestätigung dar, der Vmer muß in Betracht ziehen, daß ihr ein Versehen des Vers zu Grunde liegt ( O L G Köln 29. VI. 1995 VersR 1998 S. 85-88). [G 22] 9. Sonderfälle Wenn ein Rücktrittsrecht des Vers deshalb nicht in Betracht kommt, weil den Vmer kein Verschulden an der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht trifft oder wenn eine Verletzung deshalb nicht vorliegt, weil der nichtangezeigte gefahrerhebliche Umstand dem Vmer nicht bekannt war, kann der Ver nach § 41 jedenfalls eine höhere Prämie verlangen. Denn es kann ihm nicht zugemutet werden, das Risiko zu der ohne Berücksichtigung des gefahrerheblichen Umstandes festgesetzten Prämie weiter zu tragen. Das Prämienanpassungsrecht setzt voraus, daß mit Rücksicht auf die höhere Gefahr eine höhere Prämie angemessen ist. Das bestimmt sich nach den Tarifen des Vers (Raiser 2 Anm. 37 zu § 5). Wird nach den für den Geschäftsbetrieb des Vers maßgebenden Grundsätzen die höhere Gefahr auch gegen eine höhere Prämie nicht übernommen, so kann der Ver den Vertrag gemäß § 41 II kündigen. Beide Rechte können nach Abs. III nur innerhalb eines Monats nach Kenntnis ausgeübt werden. Hat der Ver den Rücktritt nach § 16 erklärt, so kann dieser nicht ohne weiteres in eine Kündigung nach § 41 umgedeutet werden, denn hierauf war der Wille des Vers bei der Erklärung nicht gerichtet (Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 41, anders aber Prölss in Prölss-Martin 26 R N 40 zu §§ 16, 17; Schmidt VersR 1986 S. 511-518, 516; Riedler in B K R N 16 zu § 41). Im Prozeß muß der Ver darlegen, daß er nach den für seinen Geschäftsbetrieb maßgebenden Grundsätzen das höhere Risiko generell nicht hätte übernehmen können, die Behauptung, daß er den konkreten Vertrag nicht geschlossen hätte, genügt für die Kündigung nicht ( O L G Hamm 6.11.1985 VersR 1985 S. 1032-1033). Vgl. im übrigen die ausführliche Kommentierung von Möller in Bd I zu § 41. [G 23] 10. Beweislast Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zur Beweislastverteilung hat der Ver die Voraussetzungen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht darzulegen und zu beweisen ( B G H 7. III. 1984 VersR 1984 S. 528, 529; 23. V. 1989 B G H Z 107 S. 322-325 = VersR 1989 S. 833-834; O L G Hamburg 9. XI. 1988 r + s 1991 S. 38; Prölss Beweislast Anm. 1, 2 zu §§ 16, 17; Römer r + s 2001 S. 45-50). Dazu gehören das Vorliegen der anzeigepflichtigen Tatsachen ( O L G Hamm 30. XI. 1977 VersR 1978 S. 815Johannsen/Johannsen

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G. Obliegenheiten

A n m . G 23

816; 12. XII. 1980 VersR 1981 S. 874-875) und ihre Gefahrerheblichkeit (OLG München 25. VI. 1987 VersR 1988 S. 33; OLG Köln 22. VIII. 1994 r + s 1995 S. 243-244). Hat der Ver allerdings schriftlich nach einem Umstand gefragt, so besteht gemäß § 16 I 3 eine widerlegliche Vermutung für die Gefahrerheblichkeit (BGH 28.111.1984 VersR 1984 S. 629-630; 20.11.1991 VersR 1991 S. 578-579; 13. III. 1991 VersR 1991 S. 575-576; Röhr S. 105). Der Vmer muß also darlegen und beweisen, daß der verschwiegene oder unrichtig angegebene Umstand nicht gefahrerheblich war. Da es hierfür darauf ankommt, ob der Ver bei Kenntnis des verschwiegenen oder unrichtig angegebenen Umstandes nach seinen R i s i k o p r ü f u n g s g r u n d s ä t z e n Veranlassung gehabt hätte, den Vertragsschluß abzulehnen oder nur zu veränderten Bedingungen anzunehmen, muß er diese substanziiert darlegen (BGH 28. III. 1984 a.a.O.; 11. VII. 1990 VersR 1990 S. 1002-1004; 20.11.1991 a.a.O.; OLG Köln 22. VIII. 1994 r + s 1995 S. 243-244; Prölss Beweislast Anm. 5 zu §§ 16,17). Diese Darlegung ist aber entbehrlich, wenn die Gefahrerheblichkeit des Umstandes evident ist (BGH 28. III. 1984 a.a.O.), das ist in der Feuerv z. B. der Fall, wenn der Vmer die Frage, ob das Haus mit Stroh gedeckt sei oder explosives Material gelagert werde, verneint hat. Wenn sich bestimmte Risikoprüfungsgrundsätze nicht feststellen lassen, ist davon auszugehen, daß der Ver sich an die allgemein anerkannten Regeln einer vernünftigen Vstechnik hält (BGH 28. III. 1984 a.a.O.). Erst wenn danach Zweifel verbleiben, ob der verschwiegene oder unrichtig angegebene Umstand für den Vertragsabschluß erheblich war, ist zu Lasten des Vmers zu entscheiden (BGH 28. III. 1984 a.a.O.; Prölss a.a.O.). Voraussetzung der Anwendung des § 16 I 3 ist, daß die vom Ver gestellten Fragen dem Vmer zur Kenntnis gegeben worden sind. Das ist dann nicht der Fall, wenn der Agent das Formular eigenhändig ausgefüllt und dem Vmer nur zur Unterschrift, nicht aber zur Durchsicht vorgelegt hat (BGH 13. III. 1991 VersR 1991 S. 575; OLG Hamm 17.1.1990 VersR 1991 S. 212-213). Daß der Vmer Kenntnis von den Fragen erhalten hat, muß der Ver beweisen (BGH, OLG Hamm a.a.O.). Der Beweislast des Vers unterliegt weiter die K e n n t n i s des Vmers von den gefahrerheblichen Umständen (OLG Hamm 11. VI. 1986 VersR 1986 S. 865 LS; 26. XI. 1993 r + s 1994 S. 42-43; OLG Oldenburg 16.1.1991 VersR 1992 S. 434-435). So hat er z. B. zu beweisen, daß der Vmer wußte, daß das von ihm erworbene Gebäude nicht - wie angegeben - massiv sondern in Fachwerkbauweise errichtet worden ist (BGH 9. XI. 1983 VersR 1984 S. 150-151). Zu den Voraussetzungen der vom Ver zu beweisenden Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gehört ferner, daß der Vmer Umstände verschwiegen oder unrichtig angegeben hat. Das ist vor allem erheblich in den Fällen, in denen der Vmer behauptet, den Agenten, der das Antragsformular ausgefüllt hat, zutreffend unterrichtet zu haben. In konsequenter Fortführung seiner „Auge- und Ohr"-Rechtsprechung (siehe dazu unter G 13) legt der BGH dem Ver die Beweislast dafür auf, daß die Darstellung des Vmers über die Unterrichtung des Agenten unrichtig sei (BGH 23. V. 1989 BGHZ 107 S. 322-325 = VersR 1989 S. 833-834, 17. XII. 1997 VersR 1998 S. 305-307). Eine Obliegenheitsverletzung sei nicht schon damit bewiesen, daß das ausgefüllte und unterschriebene Formular in der Beantwortung der Fragen nicht den Tatsachen entspreche, hinzukommen müsse, daß der Tatrichter die Überzeugung gewinne, der Vmer habe den Agenten entgegen seiner substanziierten Behauptung nicht mündlich zutreffend informiert (so auch BGH 21. XI. 1989 VersR 1990 S. 77-78; 11. VII. 1990 VersR 1990 S. 1002-1204; 25. V. 1994 r + s 1994 S. 444-445; OLG Hamm 23.XI.1990 r + s 1991 S. 66; abweichend OLG Karlsruhe 15.XII.1988 r + s 1990 S. 101; OLG Frankfurt 23.VI. 1989 VersR 1990 S. 1603-1605). Der Auffassung des BGH ist zuzustimmen. Es geht in diesen Fällen nicht darum, ob der Ver den nicht angezeigten Umstand kannte, wofür der Vmer nach § 16 II die 360

Johannsen/Johannsen

Anm. G 23

I. Vorvertragliche Anzeigepflicht

Beweislast trägt, sondern um den objektiven Tatbestand der Obliegenheitsverletzung, den der Ver beweisen muß (so i. E. auch Prölss Beweislast Anm. 7 zu §§ 16, 17 und in Prölss-Martin 2 6 R N 42 zu §§ 16, 17 unter Abänderung der Auffassung der Vorauflagen; Langheid in Römer-Langheid R N 10, 11 zu § 43; Voit in B K R N 78 zu § 16). Etwas anderes käme nur in Betracht, wenn der Vmer die Anzeige auf Grund einer wirksamen Vereinbarung schriftlich hätte erstatten müssen. Eine solche Vereinbarung war aber in den entschiedenen Fällen nicht getroffen worden. Die aufgezeigte Beweislastverteilung bedeutet, daß das Gericht sich in aller Regel seine Uberzeugung auf Grund einer Vernehmung des Agenten zu bilden hat (so B G H 23. V. 1989 B G H Z 107 S. 322-325 = VersR 1989 S. 833-834). Für die Beweiswürdigung kann dabei erheblich sein, ob der Vmer sich von Anfang an darauf berufen hat, den Agenten richtig informiert zu haben, oder ob er zunächst behauptet hat, die erheblichen Umstände vergessen zu haben (so Büsken VersR 1992 S. 272-278,278), sowie, ob es sich um offensichtlich relevante Umstände handelt, von denen nicht angenommen werden kann, daß der Agent, wenn nicht ein kollusives Zusammenwirken zwischen ihm und dem Vmer vorliegt, sie nicht an den Ver weiterleitet (so Prölss Beweislast a.a.O. S. 56). Vom Vmer zu beweisen sind alle rücktrittshindernden Tatsachen. Das gilt, wie sich aus der Formulierung von § § 1 6 III, 17 II ergibt, für die Kenntnis des Vers von den nicht oder unrichtig angegebenen Umständen ( O L G H a m m 12. XII. 1990 r + s 1991 S. 322-323; O L G Celle 5. X I . 1982 VersR 1983 S. 825-826; O L G Hamburg 25. V. 1970 VersR 1970 S. 1147-1148). Das gleiche gilt für mangelndes Verschulden gemäß § 16 III ( O L G H a m m 23.V. 1986 VersR 1987 S. 150-151; O L G Karlsruhe 2 . X I . 1 9 8 9 VersR 1990 S. 1264-1266; O L G Köln 13. IV. 1989 r + s 1990 S. 65; O L G Bremen 2. VIII. 1991 r + s 1992 S. 31-33). Streitig ist, wer im Falle des § 18 II, wenn ein Umstand verschwiegen worden ist, nach welchem nicht ausdrücklich gefragt worden war, die allein rücktrittsbegründende Arglist zu beweisen hat (Beweislast Vmer Möller in Bd I Anm. 8 zu § 18; Prölss Beweislast Anm. 3 zu § 18 und in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 18; Beweislast Ver Raiser 2 Anm. 18 zu § 5; Röhr S. 171; Knappmann r + s 1996 S. 81-86, 82; Voit in B K R N 14 zu § 18). Letzterer Ansicht ist zuzustimmen, da nach dem Gesetzeszweck das Rücktrittsrecht für Fälle, in denen ausdrückliche Fragen nicht gestellt sind, ersichtlich eingeschränkt werden soll (Raiser 2 Anm. 19 zu § 15). In der Rechtsprechung werden die Fälle des arglistigen Verschweigens gemäß § 18 und der arglistigen Täuschung gemäß § 2 2 ohne ausdrückliche Differenzierung hinsichtlich der Voraussetzungen gleich behandelt (vgl. z . B . B G H 2 4 . I X . 1986 VersR 1986 S. 1089-1091 zu verschwiegenen Vorstrafen). Die Voraussetzungen des § 123 B G B hat der Ver vollen Umfangs zu beweisen ( B G H 13. V. 1957 N J W 1957 S. 988-989; O L G H a m m 28. X . 1988 r + s 1989 S. 1; 2 6 . X I . 1993 r + s 1994 S. 42-43 mit zustimmender Anm. von Langheid; O L G Oldenburg 17.1.1979 VersR 1979 S. 269). Der Beweis der Arglist ist nicht schon dann geführt, wenn feststeht, daß die Antragsfragen bewußt unrichtig beantwortet worden sind. Die Anwendung der Grundsätze vom Beweis des ersten Anscheins, die nur für typische Geschehensabläufe gelten, scheidet aus für die Beurteilung des inneren Willens des Vmers, ob dieser nämlich darauf gerichtet war, auf die Entscheidung des Vers in unlauterer Weise einzuwirken ( B G H a.a.O. sowie B G H 22.11.1984 VersR 1984 S. 630-632; 12.XI.1986 VersR 1987 S. 91; 18.VII. 1991 VersR 1991 S. 1404-1405). Eine Beweiserleichterung für den Ver ergibt sich nur daraus, daß der Vmer, wenn die Unrichtigkeit seiner Angaben feststeht, die in seiner Sphäre liegenden Umstände aufklären, also darlegen muß, weshalb er falsche Angaben gemacht hat ( O L G H a m m 20. II. 1990 VersR 1990 S. 765; Prölss Beweislast Anm. 7 zu § 22). Der Ver muß auch die Kausalität der Täuschung für den Vertragsabschluß oder die vereinbarten Vertragsbedingungen nachweisen. Johannsen/Johannsen

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Anm. G 23

G. Obliegenheiten

Für den Fall des Rücktritts nach dem Eintritt des Vsfalles hat der Vmer den Beweis mangelnder Kausalität gemäß § 21 zu führen, wie sich aus der Gesetzesfassung eindeutig ergibt (BGH 8. XI. 1977 VA 1977 S. 383-384 Nr. 702; O L G Karlsruhe 15.XII.1988 r + s 1990 S. 138-139; O L G Hamm 28.XI.1990 r + s 1991 S. 66-67; 12. XII. 1990 r + s 1991 S. 322-323). Wenn allerdings der Kausalzusammenhang zwischen dem nicht oder unrichtig angegebenen Umstand und dem Eintritt des Vsfalles nicht ohne weiteres erkennbar ist, so muß der Ver die Möglichkeit eines solchen Kausalzusammenhangs substanziiert darlegen (Prölss Beweislast Anm. 1 zu § 21; Röhr S.250). Für die Kündigung nach § 41 II muß der Ver beweisen, daß er nach den für seinen Geschäftsbetrieb maßgebenden Grundsätzen das Risiko grundsätzlich und generell nicht hätte übernehmen können (OLG Hamm 6. II. 1985 VersR 1985 S. 10321033; 2. XII. 1992 r + s 1993 S. 390-391).

II. Gefahrerhöhung Gliederung: Schrifttum G 24 1. Begriff der Gefahrerhöhung G 25-41 a) Bedeutung der Regelung G 25 b) Vorhersehbarkeit G 26 c) Erheblichkeit G 27 d) Maßgeblicher Zeitpunkt G 28 e) Gefahrenkompensation G 29 f) Gefahrerhebliche Umstände G 30-41 aa) Bedeutung von Antragsfragen G 30 bb) Regelungen in AVB G 31 g) Dauerzustand G 32 h) Einzelfälle G 33-41 aa) Aufnahme und Veränderung von Betrieben G 33 bb) Brandreden und Drohungen Dritter G 34 cc) Einlagerung feuergefährlicher Sachen G 35 dd) Fehlerhafte elektrische Anlagen, insbesondere geflickte Sicherungen G 36 ee) Feuerstätten und Heizungsanlagen G 37 ff) Benutzung von Kerzen G 38 gg) Leerstehen von Wohngebäuden und Stillliegen von Betrieben aaa) Wohngebäude G 39 bbb) Betriebe G 40 hh) Verwendung von Plastikeimern in Gaststätten G 41 2. Rechtsfolgen der Gefahrerhöhung G 42-62 a) Vorbemerkung G 42 b) Subjektive Gefahrerhöhung G 43-58 aa) Allgemeines G 43 bb) Verletzung der Gefahrstandspflicht durch Unterlassen G 44 cc) Kenntnis des Vmers G 45 dd) Verletzung der Gefahrstandspflicht durch Dritte aaa) Schrifttum G 46 bbb) Einleitung zur Repräsentantenhaftung G 47

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ccc) Entwicklung der Rechtsprechung G 48 ddd) Stellungnahme G 49 eee) Zum Merkmal Risikoverwaltung G 50 fff) Gegen den Vmer gerichtete Handlungen G 51 ggg) Einzelfälle G 52-55 α) Mieter und Pächter G 52 β) Familienangehörige αα) Ehegatten G 53 ßß) Verlobte und Lebensgefährten G 54 γγ) Eltern und Kinder G 55 δδ) Sonstige Vertrauenspersonen G 56 ee) Anzeigepflicht G 57 ff) Fristlose Kündigung des Vers G 58 gg) Leistungsfreiheit G 59 c) Objektive Gefahrerhöhung aa) Voraussetzungen G 60 bb) Anzeigepflicht und Kündigungsrecht des Vers G 61 cc) Leistungsfreiheit G 62 d) Ausschluß der Rechtsfolgen G 63 3. Vom Gesetz abweichende Regelungen der Gefahrerhöhung in AVB G 64-70 Schrifttum G 64 a) Beurteilung nach § 34 a G 65-67 aa) Vorbemerkung G 65 bb) Repräsentantenklauseln G 66 cc) Prämienanpassungsklauseln G 67 b) Beurteilung nach dem A G B G und §§ 305310 BGB n. F. G 68-70 aa) Vorbemerkung G 68 bb) Gefahrkompensation und Prämienanpassungsklauseln G 69 cc) Verschuldensregelungen G 70 4. Beweislast G 71

Johannsen/Johannsen

Anm. G 25

II. Gefahrerhöhung 5. Konkurrenzen G 71-73 a) mit den Vorschriften über die vorvertragliche Anzeigepflicht G 71

b) mit Sicherheitsvorschriften nach § 32 G 72 c) mit § 61 G 73

Schrifttum Bach VersR 1990 S. 235-238, Boldt VersR 1981 S. 869-870, Bundschuh ZVersWiss 1993 S. 39-56, Honseil VersR 1981 S. 1094-1098,1982 S. 112-117, Johannsen DZWir 1994 S. 249-251, Kampmann VersR 1994 S. 277-281, Kaulbach VersR 1977 S. 398-399, Knappmann N J W 1994 S. 3147-3149, Langheid N J W 1991 S. 268-279, Langheid-Müller-Frank N J W 1994 S. 2651-2666, Martin VersR 1988 S. 209-218, E. Prölss VersR 1965 S. 29-31, Prölss in Festschrift für Larenz München 1983 S. 487-535, NVersZ 2000 S. 153-159, Rittner N J W 1976 S. 1529-1532, Reimer Schmidt in Grundprobleme des Versicherungsrechts Festgabe für Hans Möller Karlsruhe 1972 S. 443-462, Sieg VersR 1995 S. 369-371, Suppes VersR 1977 S. 396-398, Wälder r + s 1989 S. 196197, Werber Die Gefahrerhöhung im deutschen, schweizerischen, französischen, italienischen, schwedischen und englischen Versicherungsvertragsrecht Karlsruhe 1967, VersR 1976 S. 897901, Winter in Grundprobleme des Versicherungsrechts Festgabe für Hans Möller Karlsruhe 1972 S. 537-559 und in Recht und Ökonomie der Versicherung; Festschrift für Egon Lorenz Karlsruhe 1994 S. 723-742, Wussow VersR 2001 S. 678-683, Zierke VersR 1987 S. 132-134.

1. Begriff der Gefahrerhöhung [G 25] a) Bedeutung der Regelung Da die AVB im wesentlichen die gesetzlichen Regelungen der §§ 23-30 inhaltlich wiedergeben und ergänzend auf diese verweisen, werden zunächst diese erläutert, wobei für die dogmatischen Grundlagen in erster Linie auf die ausführliche Kommentierung von Möller in Bd I zu §§ 23-30 verwiesen wird. Auf vertragliche Abweichungen, die häufig auch durch Zusatzklauseln zu den AVB erfolgen, wird im einzelnen hingewiesen und ihre Zulässigkeit unter G 63-69 behandelt. Die gesetzliche Regelung ist eine Ausprägung des Grundsatzes, daß Veränderungen der Geschäftsgrundlage Rechtsfolgen auslösen können. Sie soll verhindern, daß im Laufe des Vsverhältnisses infolge einer Veränderung der gefahrbegründenden Umstände ein Ungleichgewicht zwischen Risiko und Prämie eintritt. Der Ver soll nicht gezwungen sein, sich an einem Vertrage festhalten zu lassen, obwohl sich die Risikolage so geändert hat, daß nach den Erkenntnissen der Vsmathematik und den Grundsätzen der Vstechnik die Erhebung einer höheren Prämie geboten gewesen wäre oder der Vertrag überhaupt nicht hätte abgeschlossen werden können (BGH 15.XI.1978 VersR 1979 S. 73-75; 11.XII. 1980 VersR 1981 S. 245-247; 6.VI. 1990 VersR 1990 S. 881-882; Möller in Bd I Anm. 4 zu § 23; Raiser2 R N 2 zu § 23; Werber Gefahrerhöhung S. 2). Der vom Gesetz vorausgesetzte Begriff der Gefahrerhöhung ist für die in §§ 23-26 geregelte w i l l k ü r l i c h e , vom Vmer vorgenommene Gefahrerhöhung der gleiche wie für die in §§ 27-28 geregelte n i c h t v e r a n l a ß t e , unabhängig von dem Willen des Vmers eingetretene Gefahrerhöhung. Er betrifft die nachträgliche Änderung von bei Vertragsschluß vorliegenden gefahrerheblichen Umständen, die den Eintritt des Vsfalles wahrscheinlicher machen oder geeignet sind, die Schadenauswirkungen zu vergrößern (BGH 21. IX. 1964 BGHZ 42 S. 295-301; Raiser a.a.O.; Prölss in Festschrift für Larenz S. 487-535; 497; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 23). Die Änderungen brauchen sich nicht auf die individuellen Verhältnisse des einzelnen Vmers zu beziehen, sondern können auch generelle, alle Vmer betreffende Johannsen/Johannsen

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Anm. G 27

G. Obliegenheiten

Umstände sein (z.B. Gesetzesänderungen, vgl. Prölss in Festschrift für Larenz S. 497; anders BVerwG 24. II. 1976 VersR 1976 S. 377-378; diesem zustimmend Suppes VersR 1977 S. 396-398; Kaulbach VersR 1977 S. 398-399; kritisch Werber VersR 1976 S. 897901; Rittner N J W 1976 S. 1529-1532). Jedoch haben solche Änderungen keine praktischen Auswirkungen auf den Vsvertrag, weil sie dem Vmer in aller Regel nicht eher bekannt sein werden als dem Ver und deshalb gemäß § 28 II nicht zur Leistungsfreiheit führen können, so daß für den Ver nur das wenig praktikable Kündigungsrecht nach § 27 in Betracht kommt. [ G 2 6 ] b) Vorhersehbarkeit Für die Anwendung der §§ 23 ff darf die Änderung der gefahrerheblichen Umstände nicht vorhersehbar sein ( B G H 21. IX. 1964 B G H Z 42 S. 295-301; O G H 8. III. 1990 VersR 1990 S. 1415-1416; O L G Hamburg 18. VIII. 1983 VersR 1983 S. 1151-1153; zweifelnd Prölss in Prölss-Martin 26 R N 16 zu § 23). So wie in der Personenv das steigende Alter des Vmer keine Gefahrerhöhung darstellt (Möller in Bd I Anm. 5 zu § 23), kommt auch in der Feuerv der reine Zeitablauf, auch wenn er sich auf die Wahrscheinlichkeit eines Brandes auswirken kann, weil ältere Gebäude feuergefährdeter sind als neu errichtete, als Gefahrerhöhung nicht in Betracht. Gegen vorhersehbare Veränderungen kann der Ver Vorsichtsmaßnahmen treffen, z.B. durch die Vereinbarung besonderer Sicherheitsvorschriften, aber er muss sie hinnehmen (Werber VersR 1976 S. 897-901, 899). Das gilt z. B. für das Risiko, daß der Vsfall in einem Augenblick eintritt, in dem das vte Gebäude unbeaufsichtigt ist. Hierbei handelt es sich nämlich nicht um eine unerwartete, sondern um eine natürliche typische Gefahrentwicklung, die ständig wiederkehrt und deshalb vorhersehbar ist ( B G H 21. IX. 1964 B G H Z 42 S. 295-301, 298). [G 27] c) Erheblichkeit Auch Gefahränderungen, die sich im Rahmen eines normalen, üblichen Gebrauchs der vten Sache ergeben, stellen keine Rechtsfolgen auslösende Gefahrerhöhungen dar ( O G H 8. III. 1990 VersR 1990 S. 1415-1416; O L G Hamm 26. III. 1982 VersR 1982 S. 966-967; 2. V. 1984 VersR 1985 S. 488; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 7 zu § 23). Nach § 29 kommen nicht nur u n e r h e b l i c h e G e f a h r e r h ö h u n g e n sondern auch solche nicht in Betracht, von denen nach den Umständen als vereinbart anzusehen ist, daß das Vsverhältnis durch sie nicht berührt werden soll. Der Vmer darf nach Treu und Glauben damit rechnen, daß Änderungen der Gefahrenlage, die das Durchschnittsrisiko nicht überschreiten und allgemein als üblich angesehen werden, mitvert sind. Das gilt z . B . für die Einlagerung von Heu in einer Scheune ( O G H 19.1.1999 VersR 2000 S. 210-212) und die nachträgliche Lagerung von Stroh in einem Stallgebäude ( O L G Hamm 25. VIII. 1989 r + s 1990 S. 22-25) oder die Einrichtung einer Heimwerkerwerkstatt in einem Holzschuppen ( O L G Hamm 26. III. 1982 a.a.O.). Jedoch ist eine in gewissen ländlichen Gegenden bestehende Übung, beim Basteln an Wärmequellen für die Geflügelaufzucht gegen VDE-Vorschriften zu verstoßen, nicht als vtes Durchschnittsrisiko anzusehen ( O L G Hamm 20.1.1971 VersR 1971 S. 805-806). Denn es sind nicht die Anschauungen des Vmers oder die unter seinen Berufsangehörigen herrschenden maßgeblich sondern es ist ein objektiver Maßstab anzulegen, nach dem mit solchen Verstößen nicht zu rechnen ist (vgl. Raiser 2 R N 4 zu § 6). Das O L G Karlsruhe 11. IV. 1997 VersR 1998 S. 625-626 = NVersZ 1999 S. 226-227 hat bei einem Einbruch- und Vandalismusschaden in der Hausratv die vorangegangene Drohung von Schutzgelderpressern, dem Vmer Schaden zuzufügen, nicht für anzeige364

Johannsen/Johannsen

II. Gefahrerhöhung

A n m . G 28

pflichtig gehalten. Durch den Entschluß der Täter zur vorsätzlichen Schädigung des Vmers werde zwar der Eintritt des Vsfalls wahrscheinlicher. Diese Erhöhung des Risikos sei aber in einer V, die das Risiko vorsätzlicher Schädigung durch Dritte übernähme, mitvert, weil ein solcher Entschluß jeder vorsätzlichen Schädigung immanent sei. Durch die Anzeigepflicht mit ihren Konsequenzen der Kündigungsmöglichkeit nach § 27 und der Leistungsfreiheit nach § 28 werde der Vsschutz sonst entwertet. Prölss NVersZ 2000 S. 153-159 hat diese Überlegungen auch auf die Androhung von Brandstiftungen übertragen. Der Feuervsschutz werde zwar nicht generell entwertet, wenn man den Entschluß eines Dritten, Sachen des Vmers in Brand zu setzen, nicht als mitverte Gefahrerhöhung ansehe, weil Brandstiftung durch Dritte nicht die häufigste Ursache für die Entstehung von Bränden darstellte. Der Entschluß hierzu sei aber deshalb eine mitverte Gefahrerhöhung, weil der Ausschluß von Brandstiftung durch Dritte aus der Feuerv nicht wirksam erfolgen könne. Diesen Überlegungen ist nicht zuzustimmen. Die Problematik der Beurteilung von Drohungen Dritter als Gefahrerhöhung liegt einmal darin, ob durch die Drohung wirklich ein neuer Zustand erhöhter Gefahr für die verten Sachen und nicht nur die bedrohte Person geschaffen worden ist (BGH 27.1.1999 r + s 1999 S. 207-208 = NVersZ 1999 S. 276-277), zum anderen, ob der Vmer Kenntnis von der Gefahrerhöhung gehabt, insbesondere die Drohung ernst genommen hat (BGH a.a.O., siehe dazu unter G 34). Zu Recht hat auch das OLG Karlsruhe a.a.O. mit seiner Hauptbegründung eine Gefahrerhöhung deshalb verneint, weil die Drohung sich nicht konkret auf die verte Wohnung des Vmers bezogen und er sie nicht ernst genommen hatte. Sind aber die genannten Voraussetzungen erfüllt, entspricht es nicht der Interessenlage, daß der Ver das erhöhte ungewöhnliche Risiko uneingeschränkt trägt, auch wenn er grundsätzlich für vorsätzliches Handeln Dritter einzustehen hat. Für den Fall, daß die Tat der Drohung bald nachfolgt, hat er ohnehin einzustehen, weil er trotz Verletzung der Anzeigepflicht nach § 28 I nur leistungsfrei wird, wenn der Vsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anzeige ihm hätte zugehen müssen. Eine völlige Entwertung des Vsschutzes liegt also nicht vor. Eine zeitlich unbegrenzte Mitv ist nach den Umständen im Sinne von § 29 nicht als vereinbart anzusehen, wenn der Vmer auf Grund einer ernsthaften und von ihm ernst genommenen Drohung davon ausgeht, daß seine verten Sachen in Brand gesetzt werden. Das gilt sowohl, wenn (wie Möller in Bd I Anm. 9 zu § 29 annimmt) § 29 auf die ergänzende Vertragsauslegung hinweist, weil weder der Ver dieses Risiko übernehmen will, noch der Vmer redlicherweise hiervon ausgeht, wie auch wenn § 29 die Grundlage einer objektiven Risikoverteilung ist (so Harrer in BK R N 3 zu § 29), weil dafür auf die Verkehrsauffassung abzustellen ist, die ebenfalls der Annahme einer Mitv entgegensteht. [G 28] d) Maßgeblicher Zeitpunkt M a ß g e b l i c h e r Z e i t p u n k t für die Anwendung der §§ 23ff ist der Vertragsschluß bzw. bei Eintritt von Gefahränderungen zwischen Stellung und Annahme des Antrages gemäß § 29 a der Antrag des Vmers (dazu, daß zwischen Antragstellung und Annahme die Vorschriften mit denen über die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht konkurrieren, vgl. G 10). Die Vorschriften gelten auch während der Schwebezeit, die sich gemäß § 5a II ergeben kann, wenn der Ver dem Vmer bei Antragstellung die AVB nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG unterlassen hat. Denn in dieser Zeit dauert die vorvertragliche Anzeigepflicht, weil § 5 a eine Schutzvorschrift zu Gunsten des Vmers ist, nicht mehr an (vgl. dazu unter G 10). Johannsen/Johannsen

365

Anm. G 29

G. Obliegenheiten

Es ist aber gerechtfertigt, daß der Vmer während dieser Zeit, die bis zu einem Jahr nach Zahlung der Erstprämie andauern kann und während derer beide Vertragsparteien in aller Regel davon ausgehen werden, daß ein wirksamer Vsvertrag besteht, gemäß § 29 a verpflichtet ist, Gefahrerhöhungen anzuzeigen. Es gelten allerdings nur die gesetzlichen Vorschriften, nicht die etwa davon abweichenden AVB-Regelungen, die erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist nach § 5 a I Vertragsinhalt werden. Eine Gefahrerhöhung setzt die Veränderung der Gefahrenlage in der Zeit zwischen Stellung des Vsantrages und Vsfall voraus; gefahrerhebliche Umstände, die vor diesem Zeitpunkt bereits bestanden haben, kommen begrifflich nicht als Gefahrerhöhung in Betracht (BGH 15. VI. 1978 VersR 1979 S. 73-75; O L G Frankfurt 26.11.1981 VersR 1982 S. 992-993; O L G Hamm 2.V. 1984 VersR 1985 S. 488, 17.IX.1997 r + s 1998 S. 71-73; Raiser2 R N 3 zu § 6). Die abweichende Auffassung für die Kfz-Haftpflichtv, nach der Umstände, die bereits bei Vertragsschluß vorlagen, wie der verkehrswidrige Zustand eines Fahrzeugs, als Gefahrerhöhung betrachtet werden (vgl. dazu Johannsen in Bd V F 55), beruht auf den Besonderheiten dieses Vszweiges und hat für die Feuerv keine Bedeutung (BGH a.a.O.). Es muß ein Vergleich der Gefahrenlage zur Zeit der Antragstellung mit der bei Eintritt des Vsfalles bestehenden oder sonst für eine Rechtsfolge nach §§ 23 ff relevanten Zeitpunktes (z.B. Erklärung einer Kündigung, um eine Prämienerhöhung zu erreichen) vorgenommen werden. Dabei rechnen zur Gefahrenlage bei Antragstellung nicht nur die Gefahren, die von der Sache im unbenutzten Zustand ausgehen, sondern sind auch diejenigen Risiken in Betracht zu ziehen, die mit dem bestimmungsgemäßen und von den Parteien vorausgesetzten Gebrauch der Sache verbunden sind (BGH 15. VI. 1978 a.a.O., Benutzung von nicht selbsttätig schließenden Aschenbehältern in einer Gaststätte). Ohne einen solchen Vergleich kann nämlich nicht festgestellt werden, ob sich die Risikolage insgesamt für den Ver nachteilig entwickelt hat. Dabei ist nicht auf einzelne Gefahrumstände abzustellen sondern ist eine gesamtheitliche Betrachtung vorzunehmen, in die neben den gefahrerhöhenden auch die gefahrmindernden Umstände einzubeziehen sind (BGH 9. VII. 1975 VersR 1975 S. 845-847, 11.XII. 1980 B G H Z 79 S. 156-162 = VersR 1981 S. 245-247; 24.XI.1982 VersR 1983 S. 284-285, 6. VI. 1990 VersR 1990 S. 881-882; O L G Hamm 29.11.1980 VersR 1981 S. 870-872, 18.IX.1985 VersR 1987 S. 397-398, 11.XI. 1998 r + s 1999 S. 288-290; O G H 14. V. 1981 VersR 1982 S. 687-688; Möller in Bd I Anm. 6 zu § 23; Raiser2 Anm. 8 zu § 6; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 15d zu § 23, Harrer in BK R N 8 zu § 23, Langheid in Römer-Langheid R N 20 zu §§ 23, 25). [G 29] e) Gefahrenkompensation Eine solche G e f a h r e n k o m p e n s a t i o n kann zu der Feststellung führen, daß trotz nachträglicher Veränderung der Gefahrenlage eine Gefahrerhöhung nicht vorliegt. Die Kompensation kann darin bestehen, daß ein Vmer Maßnahmen ergreift, um eine erhöhte Gefahr auszugleichen (Bewachung eines Hauses, an dem ein Gerüst angebracht worden ist, in der E D V B G H 9. VII. 1975 a.a.O. oder Einbau einer Sprinkleranlage bei Einlagerung feuergefährlicher Güter, vgl. Möller in Bd I Anm. 6 zu § 23). Sie kommt aber auch in Betracht, wenn ohne zielgerichtete Maßnahmen des Vmers einerseits gefahrerhebliche Umstände, wie z.B. die mangelhafte Sicherung eines Gebäudes eingetreten sind, auf der anderen Seite aber erhebliche Risiken, die in dem Betrieb einer Diskothek (BGH 11. XII. 1980 a.a.O.) oder eines Filmtheaters (BGH 25. VI. 1976 VersR 1976 S. 825-826; 6. VI. 1990 a.a.O.) lagen, weggefallen sind. Honsell VersR 1981 S. 1094-1098 wendet sich in den letztgenannten Fällen gegen die Möglichkeit einer Gefahrkompensation, weil nicht im Zusammenhang stehende 366

Johannsen/Johannsen

Anm. G 30

II. Gefahrerhöhung

Umstände nicht zur Aufrechnung gebracht werden könnten, das sei auch durch den Anspruch auf Prämienherabsetzung nach § 41a ausgeschlossen (kritisch auch Boldt VersR 1981 S. 868-869). Auf einen inneren Zusammenhang der gefahrerhöhenden und -mindernden Umstände kommt es aber nicht entscheidend an sondern nur darauf, ob die Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts größer geworden ist (Prölss in PrölssMartin 2 6 R N 15 zu § 23, der der BGH-Rechtsprechung grundsätzlich zustimmt; Wussow VersR 2001 S. 6 7 8 - 6 8 3 , 680). § 4 1 a steht der Berücksichtigung des gefahrmindernden Umstandes nur entgegen, wenn tatsächlich eine Prämienanpassung erfolgt ist ( B G H 11. X I I . 1980 B G H Z 79 S. 1 5 6 - 1 6 2 = VersR 1981 S. 2 4 5 - 2 4 7 ) . Richtig ist aber, daß bei der V verschiedener Gefahren in einem Vertrag es nur auf die Kompensation der in Frage stehenden Gefahr ankommt (so Prölss a.a.O. unter kritischem Hinweis auf B G H 6. VI. 1990 VersR 1990 S. 881-882. Dort sind allerdings andere Risiken als das entscheidungserhebliche Feuerrisiko aus der Filmtheatereinheitsv als weggefallen aufgeführt. Aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidung ergibt sich aber, daß der B G H - zumindest auch - auf das verminderte Feuerrisiko abgestellt hat; so auch B G H 25. V I . 1976 VersR 1976 S. 8 2 5 - 8 2 6 zur erheblichen Minderung der Feuergefahr durch Einstellung des Spielbetriebs in einem Kino). In § 6 Nr. 5 A F B 87 ist ein Ausgleich gefahrerhöhender Umstände durch Maßnahmen des Vmers oder sonstige gefahrmindernde Umstände ausdrücklich vorgesehen. Das Problem der Gefahrenkompensation wird in der Rechtsprechung und Literatur vor allem bei der Gefahrerhöhung durch Leerstehenlassen von Gebäuden behandelt (vgl. dazu G 3 9 - 4 0 ) .

[G 30]

f) Gefahrerhebliche Umstände aa) Bedeutung von Antragsfragen

Als Gefahrerhöhung kommen alle Umstände in Betracht, die im Rahmen der vorvertraglichen Anzeigepflicht erheblich sind (vgl. dort unter G 4). Es können also sowohl Umstände, die die Vsgefahr betreffen, wie z . B . die Einlagerung feuergefährlicher Güter ( A G Lüdinghausen 7. X . 1966 VersR 1967 S. 125), Ausführung von Schweißarbeiten in Holzgebäuden ( B G H 22. VI. 1964 VersR 1964 S. 813-814), als auch solche, die die Vertragsgefahr betreffen, wie ζ. B. Brandstiftung, strafrechtliche Verurteilungen des Vmers, Abschluß weiterer Vsverträge, Gefahrerhöhungen darstellen. Problematisch ist, welche Bedeutung die § § 1 6 III, 18 II für die Beurteilung haben, ob eine erhebliche Gefahrerhöhung vorliegt. Hat der Ver vor Vertragsschluß nach bestimmten Gefahrumständen ausdrücklich gefragt, ist im Zweifel auch ihr nachträgliches Auftreten als Gefahrerhöhung anzusehen. Ist z. B. die Frage, ob Gebäude ein Strohdach haben, verneint worden, muß der Vmer die nachträgliche Eindeckung des Dachs mit Stroh als Gefahrerhöhung anzeigen ( O L G Schleswig 14. V I I I . 1997 r + s 1997 S. 4 2 5 - 4 2 6 zur E D V ; Auszug des Eigentümers ist Gefahrerhöhung, wenn im Antrag gefragt war, o b das Geschäftsgebäude nachts bewohnt ist). Aus der Tatsache, daß Fragen nicht gestellt worden sind, kann aber nicht generell wie in einigen anderen europäischen Rechten, insbesondere dem schweizerischen und schwedischen (vgl. dazu Werber Gefahrerhöhung S. 2 5 - 2 8 ) , der Umkehrschluß gezogen werden, daß ein nachträgliches Auftreten des gefahrerheblichen Umstandes nicht angezeigt zu werden braucht. Vielmehr muß anhand der beiderseitigen Interessenlage im Einzelfall geprüft werden, ob der nicht erfragte Umstand für den Ver so wenig Gewicht hat, daß es für ihn zumutbar ist, bei seinem nachträglichen Auftreten den Vertrag unverändert fortzusetzen. Das wird häufig der Fall sein. Denn bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, daß der branchenerfahrene Ver besser als sein ihm in aller Regel unterlegene Vertragspartner weiß, welche Umstände für die Risikoübernahme erheblich sind (so Johannsen/Johannsen

367

Anm. G 31

G. Obliegenheiten

B G H 24. VI. 1986 VersR 1986 S. 1089-1091 zu §§ 16ff). Der Vmer wird deshalb häufig nach Treu und Glauben annehmen können, daß die gestellten Fragen vollständig sind und den Ver weitere Umstände nicht interessieren, so daß der Vmer nicht erfragte Umstände auch nicht nachträglich anzugeben braucht (OLG Hamm 16.11.1983 VersR 1983 S. 1148-1149; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 6 zu § 23; Martin 3 Ν I 6). So ist die Entscheidung des B G H (24. VI. 1986 a.a.O.), daß der Vmer bei Schließung des Vertrages nicht verpflichtet ist, sich unaufgefordert der Begehung strafbarer Handlungen zu bezichtigen, die bislang unentdeckt geblieben sind, auf den Fall zu erstrecken, daß die Taten nach Vertragsschluß begangen worden sind, und darf der Ver aus der Nichtanzeige keine Rechtsfolgen herleiten. Sachverhalte, die sich dem Vmer aber bei unbefangener Betrachtung als gefahrerhöhend darstellen, wie ζ. B. die Einlagerung feuergefährlicher Güter oder die Aufnahme der Produktion von Feuerwerkskörpern, stellen eine erhebliche Gefahrerhöhung dar, auch wenn nach ihnen ursprünglich nicht gefragt worden ist. Das kann auch für subjektive Umstände, wie Brandreden (siehe dazu unter G 34) oder Alkoholneigung mit Krankheitswert (OLG Schleswig 25. VI. 1983 VersR 1984 S. 954-956) in Betracht kommen (a.M. Honseil VersR 1982 S. 112-117,114). Wird bei Abschluß des Vertrages, wie weitgehend in der Industrie-Feuerv üblich, die Gefahrenlage beschrieben, so insbesondere in dem Besichtigungsbericht gemäß § 9 der Zusatzbedingungen für Fabriken und gewerbliche Anlagen, so ist eine negative Abweichung hiervon als Gefahrerhöhung zu werten (BGH 10.1.1951 N J W 1951 S. 231-233; Raiser 2 R N 7 zu § 6 und 8 zu § 7; Prölss 2 6 R N 20 zu § 23; Martin 3 Ν III 37). Jedenfalls kann der Vmer nicht geltend machen, daß die Abweichung begrifflich keine Gefahrerhöhung darstellt (Raiser a.a.O.). Er kann aber die Erheblichkeit bestreiten, von der allerdings „prima facie" (so B G H a.a.O.) auszugehen ist, so daß der Vmer die mangelnde Erheblichkeit darlegen und beweisen muß. [G 31] bb) Regelungen in AVB In einigen AVB werden bestimmte tatsächliche Umstände als Gefahrerhöhung bezeichnet oder aus dem Begriff der Gefahrerhöhung ausgenommen. Letzteres ist unproblematisch; so ist die Regelung in § 6 Nr. 3 AFB 87, nach der für vorschriftsmäßige Anlagen des Zivilschutzes und für Zivilschutzübungen die Vorschriften für Gefahrerhöhungen nicht gelten, als Vereinbarung zu Gunsten des Vmers unbedenklich wirksam. An § 34 a, der dem Ver verbietet, sich auf von den §§ 23-29 a zum Nachteil des Vmers abweichende Vereinbarungen zu berufen, sind aber die AVB zu messen, die den Begriff der Gefahrerhöhung festlegen. Soweit darin Umstände genannt sind, die die Gefahrenlage gar nicht nachteilig verändern, ist die Vereinbarung wegen Verstoßes gegen § 34a unwirksam (OLG Hamm 28. V. 1986 VersR 1987 S. 1105; Möller in Bd I Anm. 17 und 39 zu § 23; Prölss 26 R N 20 zu § 23; Martin 3 Ν IV 30). Als bedenkliche Vereinbarung kommt § 5 Nr. 3 AWaB in Betracht, nach der eine Fülle verschiedener Anlagen im verten Wald oder in gefährlicher Nähe als Gefahrerhöhung gelten. Während die Errichtung von Kohlenmeilern, Müllkippen oder Zeltplätzen allerdings ohne weiteres geeignet ist, Waldbrände wahrscheinlicher zu machen, ist dies für die Anlage von Eisenbahnen und Autostraßen nach den heutigen gesetzlichen Sicherheitsstandards nicht ohne weiteres der Fall. Führt eine solche Anlage tatsächlich nicht zu einer Gefahrerhöhung, kann der Ver Rechtsfolgen aus ihrer Errichtung oder der unterlassenen Anzeige davon nicht herleiten. Auch § 13 Nr. 3 V H B 84, wonach eine Gefahrerhöhung insbesondere vorliegt, wenn die ansonsten ständig bewohnte Wohnung länger als 60 Tage oder über eine für den Einzelfall vereinbarte längere Frist hinaus unbewohnt bleibt und nicht in 368

Johannsen/Johannsen

Anm. G 32

II. Gefahrerhöhung

bestimmter Weise beaufsichtigt wird, ist nicht geeignet, in jedem Fall der Erfüllung dieser Voraussetzungen die Rechtsfolgen der §§ 23 ff eintreten zu lassen. Denn das Leerstehenlassen einer Wohnung ist nicht generell geeignet, die Brandgefahr zu erhöhen (vgl. dazu im einzelnen unter G 39), eher allerdings die Einbruchsgefahr, weshalb § 7 Nr. 2 V H B 66 und 74 das Leerstehenlassen nur für die EDV als Gefahrerhöhung statuieren; wie § 13 Nr. 3 V H B 84 aber auch § 13 Nr. 3 VHB 92. Auch kommen andere Maßnahmen als das Ubernachten einer berechtigten volljährigen Person zur Beaufsichtigung in Betracht (ζ. B. regelmäßige Kontrollen durch Wachdienste). Es ist deshalb trotz der Vereinbarung im Einzelfall zu prüfen, ob eine erhebliche Gefahrerhöhung vorliegt. Unbedenklich sind Formulierungen wie in § 10 Nr. 3 VGB 88, eine Gefahrerhöhung „kann insbesondere vorliegen" oder in § 6 Nr. 4 AFB 87, worin offengelassen wird, ob mit der anzeigepflichtigen Aufnahme eines neuen oder der Veränderung eines bestehenden Betriebs eine Gefahrerhöhung verbunden ist (vgl. ausführlich dazu Martin3 Ν IV 42-44 und unter G 39). [G 32] g) Dauerzustand Die Anwendung der §§ 23ff. setzt einen gewissen D a u e r z u s t a n d der Gefahränderung voraus. Zu der Streitfrage, ob hiervon abweichend auch einmalige in ihrer Wirkung nicht fortdauernde Gefährdungshandlungen genügen (vgl. zu dem früheren Streitstand Möller in Bd I Anm. 9 zu § 23) hat der B G H in mehreren Grundsatzentscheidungen (10.1.1951 NJW 1951 S. 231-233, 27. VI. 1951 B G H Z 2 S. 363-366, 18. X. 1952 B G H Z 7 S. 311-323) Stellung genommen und entwickelt, daß eine Gefahrerhöhung durch Gefährdungsvorgänge nur herbeigeführt wird, wenn durch sie ein neuer Zustand einer erhöhten Gefahr geschaffen wird, daß also, wie der B G H es formuliert (18.X. 1952 a.a.O. S. 318) „die Gefahrenlage auf ein neues, höheres Niveau emporsteigt, auf dem sie sich ebenso wie auf dem bisherigen stabilisieren und die Grundlage eines neuen natürlichen Gefahrenverlaufs bilden kann. " Diese Rechtsprechung hat der B G H in zahlreichen Entscheidungen vornehmlich zur Kfz-Haftpflichtv bestätigt (vgl. dazu die Darstellung von Johannsen in Bd V 1 F 57-67) und auch für die Feuerv übernommen (BGH 21. IV. 1993 r + s 1993 S. 362-363, 27.1.1999 VersR 1999 S. 484-485 = NVersZ 1999 S. 276-277). Die Instanzgerichte sind ihr gefolgt (vgl. zur Feuerv O L G München 12.11.1969 VersR 1969 S. 532; O L G Frankfurt 16.1.1985 r + s 1985 S. 280-281; O L G Oldenburg 10. VII. 1985 VersR 1985 S. 977-978; O L G Hamm 21. VI. 1995 r + s 1995 S. 325-326; O L G Düsseldorf 27. VI. 1995 VersR 1997 S. 231234; LG Düsseldorf 22. XI. 1966 VersR 1967 S. 365-366). Auch die Literatur stimmt der Auffassung des B G H weitgehend zu (vgl. Martin3 Ν III 29; Wussow2 Anm. 2 zu § 6; Werber Gefahrerhöhung S. 29, Winter in Festgabe für Hans Möller S. 537-559, 546; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 12 zu § 23 unter Aufgabe seiner vollständig ablehnenden Haltung in den Vorauflagen, allerdings mit einigen fortbestehenden kritischen Einwänden; kritisch auch Langheid in Römer-Langheid R N 14 zu §§ 23-25). Das zur Abgrenzung von der Herbeiführung des Vsfalles notwendige Dauermoment (vgl. zur dogmatischen Begründung Möller in Bd I Anm. 10-12) bedeutet nicht, daß tatsächlich schon ein Dauerzustand vorzuliegen braucht; entscheidend ist, ob es sich um den Beginn eines möglichen Dauerzustandes handelt, der den Vsfall fördern kann. Es kommen deshalb auch einmalige G e f ä h r d u n g s h a n d l u n g e n in Betracht, wenn sie sich dahin auswirken, daß für eine länger dauernde Zeit eine höhere Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Vsfalles besteht. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür gibt die Entscheidung des B G H vom 10.1.1951 NJW 1951 S. 231-233: In eine Reinigungsanlage wurde eine Reinigungsflüssigkeit eingefüllt, der einmalig BenJohannsen/Johannsen

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Anm. G 32

G. Obliegenheiten

zin beigemischt war. Weil es sich um eine Anlage mit Rückgewinnung der Lösungsmittel handelte, blieb die Flüssigkeit, die nur zum Ausgleich von Schwund in geringem Umfang nachgefüllt werden mußte, längere Zeit in der Anlage und war geeignet, die Brandgefahr zu erhöhen. Es kann z.B. auch die einmalige ernstgemeinte Aufforderung des Vmers, man möge sein Haus oder seinen Betrieb in Brand stecken, eine Gefahrerhöhung darstellen, wenn sie nämlich geeignet ist, auf die Entschlußbildung der angesprochenen Zuhörer für längere Zeit einzuwirken (OLG Celle 22.11.1960 VersR 1961 S. 364-365; Wussow 2 Anm. 2 zu § 6; siehe dazu unter G 34 Brandreden). Hingegen stellen einmalige gefährliche Handlungen, die keinen längeren Gefahrenzustand verursachen, keine erhebliche Gefahrerhöhung dar, so z.B. das ungesicherte Aufstellen entzündeter Kerzen auf einen Holzfußboden (LG Düsseldorf 22. IX. 1966 VersR 1967 S. 365-366; Wussow a.a.O.) oder die Verwendung eines Industrieföns zum Auftauen von Wasserleitungen (OLG Hamm 21. VI. 1995 r + s 1995 S. 325-326). Die Abgrenzung kann aber in Einzelfällen sehr schwierig sein. Als weitere Beispiele aus der Rechtsprechung sind zu nennen: B G H 21. IV. 1993 r + s 1993 S. 362-363 Entfernung einer Türsicherung unmittelbar vor dem Auszug des Vmers stellt wegen der kurzen Zeitdauer allenfalls eine unwesentliche Gefahrerhöhung dar, die nach § 29 als mitversichert gilt; O L G München 12.11.1969 VersR 1969 S. 532 der Gebrauch geflickter Sicherungen in einem Kunststoffbetrieb stellt eine Gefahrerhöhung dar, wenn die hohe Anzahl der vorschriftswidrigen Sicherungen den Schluß auf einen planmäßigen längeren Gebrauch zuläßt; O L G Frankfurt 16.1.1985 r + s 1985 S. 280-281 Abschrauben eines Gasherdes von der Leitung, ohne letztere gegen Ausströmen von Gas hinreichend abzusichern, stellt bei Andauern dieses Zustandes für mindestens 5 Tage Gefahrerhöhung dar; O L G Oldenburg 10. VII. 1985 VersR 1985 S. 977-978 Lagerung von Stroh 30 m entfernt von nicht feuerhemmend gedeckten Schweinekoben im Frühherbst stellt eine Gefahrerhöhung dar, wenn das Stroh erst in den Wintermonaten verwertet werden sollte. In der Industrie-Feuerv nimmt die Klausel 3605 auf das Dauererfordernis der Gefahrerhöhung Bezug. Danach gelten vorübergehende Abweichungen von Sicherheits- und Betriebsvorschriften bei Bau-, Umbau- und Reparaturarbeiten auf dem Vsgrundstück, sofern sie durch zwingende technische Gründe veranlaßt sind und bei ihrer Durchführung die gebotene erhöhte Sorgfalt beobachtet wird, nicht als Verstoß gegen § 6 AFB 87. Trotz der Formulierung „wenn derartige Abweichungen gleichzeitig eine Gefahrerhöhung darstellen " werden nur Fälle behandelt, die wegen fehlender Dauer gar keine Gefahrerhöhung darstellen, so daß die Klausel nur die ohnehin bestehende Rechtslage wiedergibt (Martin 3 Ν III 29). Nach § 9 Nr. 1 c VGB 88 Fassung 1999 kann eine Gefahrerhöhung vorliegen, wenn in einem Gebäude Baumaßnahmen durchgeführt werden, die ein Notdach erforderlich oder das Gebäude überwiegend unbenutzbar machen. Obwohl hiermit ein vorübergehender Zustand behandelt wird, ist dem Dauermoment der Gefahrerhöhung in aller Regel hinreichend Rechnung getragen. Bei ganz kurzfristigen Baumaßnahmen ist aber eine Gefahrerhöhung zu verneinen (Dietz Wohngebäudev 2 S. 293, 299). h) Einzelfälle Angesichts der unübersehbaren Fülle von Umständen, die im Einzelfall eine Gefahrerhöhung begründen können, sollen im folgenden nur typische Beispielfälle genannt werden, die besonders häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt haben.

370

Johannsen/Johannsen

Anm. G 34

II. Gefahrerhöhung

[G33] aa) A u f n a h m e und V e r ä n d e r u n g von Betrieben Diese Umstände sind dem Ver nach §§ 6 Nr. 4 AFB 87, 10 Nr. 3 c VGB 88 unverzüglich anzuzeigen. Sie stellen aber nicht ohne weiteres eine Gefahrerhöhung dar, wie es z. B. § 5 Nr. 4 AWaB statuiert (vgl. dazu G 31). Ob mit einer Betriebsaufnahme oder -änderung eine Gefahrerhöhung verbunden ist, beurteilt sich danach, ob z.B. durch die Aufnahme gefährlicher Arbeitsvorgänge oder Verwendung brennbarer Materialien sich die Gefahrenlage gegenüber dem bisherigen Zustand nachteilig ändert. Davon ist ohne weiteres auszugehen, wenn ein Wohngebäude zur Aufnahme der Fabrikation von chemisch-technischen Erzeugnissen vermietet wird (BGH 2. VI. 1966 VersR 1966 S. 721-722). Weist der neue Betrieb hingegen keine größeren Gefahren auf als die bisherige Benutzung des Gebäudes durch den Vmer, kommt eine Gefahrerhöhung nicht in Betracht (BGH 24. XI. 1982 VersR 1983 S. 284-285 = r + s 1983 S. 64-65 für die Vermietung eines Schuppens zum Unterstellen unfallgeschädigter Fahrzeuge, wenn der Vmer den Schuppen vorher in gleicher Weise genutzt hatte). Eine Gefahrerhöhung stellt es aber dar, wenn eine Gastwirtschaft mit einem nur gelegentlichen Saalbetrieb in einen industriellen Betrieb zur Leder- und Pelzverarbeitung umgewandelt wird ( O L G Düsseldorf 20.1.1953 VersR 1953 S. 111-113) und wenn ein Metallbearbeitungsbetrieb die Produktion von radioaktiven Leuchtartikeln aufnimmt, bei der mit leicht entflammbaren Lösungsmitteln gearbeitet wird (LG Berlin I 3. XII. 1929 JRPV 1929 S. 294-295). Denn in diesen Fällen kann von dem Ver nach objektiver Betrachtung für den Vmer nicht damit gerechnet werden, daß er das Risiko zu den gleichen Bedingungen weiter trägt. Hingegen ist im Rahmen der Hausratv die Einrichtung und Benutzung einer Heimwerkerwerkstatt in einem Holzschuppen nicht als Gefahrerhöhung anzusehen, weil ein solches Verhalten auf der Grundlage einer sachgemäßen Vstechnik dem Ver vernünftigerweise keinen Anlaß gegeben hätte, den Vertrag zu kündigen oder eine höhere Prämie zu verlangen ( O L G Hamm 26. III. 1982 VersR 1982 S. 966967). In der Wohngebäudev wird anstatt des Begriffes Betrieb auf den des Gewerbebetriebes abgestellt, dessen Aufnahme oder Änderung als Gefahrerhöhung angesehen werden kann. Das entsprach einer Forderung des BAV, das annahm, daß die Aufnahme eines Betriebes eine Gefahrerhöhung noch nicht indiziere, ist aber zur Abgrenzung letztlich nicht geeignet. Auch bei einem Gewerbebetrieb kommt es auf die konkreten gefahrerhöhenden Umstände an (vgl. dazu Dietz Wohngebäudev2 S. 299). [G 34] bb) Brandreden und Drohungen Dritter Eine Gefahrerhöhung kann auch in einer Änderung des subjektiven Risikos liegen. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Vsfalles durch eine Brandstiftung kann sich insbesondere durch sog. B r a n d r e d e n des Vmers erhöhen. Solche liegen vor, wenn der Vmer in einer Weise, die von den Zuhörern ernst genommen werden kann, nachhaltig kundtut, daß er das verte Gebäude anzünden werde oder darüber froh sei, wenn ein anderer es täte. Solche Äußerungen stellen nicht nur bei Eintreten des Vsfalles ein Indiz dafür dar, daß der Vmer den Brand selbst gelegt habe oder habe legen lassen ( O L G Schleswig 27.11.1991 VersR 1992 S. 1258-1260; Sieg VersR 1995 S. 369-371), sondern erhöhen auch deswegen die Feuergefahr, weil Dritte annehmen können, daß sie im Interesse und nach dem Willen des Vmers handeln, wenn sie das Gebäude anstecken ( O L G Schleswig, Sieg a.a.O.; O L G Celle 22. XII. 1960 VersR 1961 S. 364365; O L G Hamm 19.1.1994 VersR 1994 S. 1419-1420 = r + s 1994 S. 346-347; O L G Düsseldorf 27. VI. 1995 r + s 1995 S. 27-29 = VersR 1997 S. 231-234; O L G BrandenJohannsen/Johannsen

371

Anm. G 35

G. Obliegenheiten

burg 15.XII.1998 VersR 2000 S. 1014-1015 = NVersZ 2000 S. 284-285; LG Bonn 24.11.1987 N J W RR 1987 S. 867). Abzugrenzen sind Brandreden von nicht ernst gemeinten Äußerungen des Vmers über seinen Wunsch nach dem Eintritt eines Vsfalles ( O L G Hamm a.a.O.). Eine Gefahrerhöhung kann auch in der Drohung durch bekannte oder unbekannte Dritte liegen, das Gebäude anzuzünden oder in die Luft zu sprengen (BGH 8. II. 1965 VersR 1965 S. 425-429, 27.1.1999 VersR 1999 S. 484-485 = NVersZ 2000 S. 276-277; KG 6. III. 1998 r + s 1998 S. 471-472; O L G Düsseldorf 22. V. 1962 VersR 1963 S. 5 6 58; O L G Koblenz 2. XI. 1987 r + s 1988 S. 303-304; LG Düsseldorf 22. XI. 1966 VersR 1967 S. 365-366; Prölss NVersZ 2000 S. 153-159). Erkennt der Vmer, daß die Drohung ernst gemeint ist, hat er gemäß § 27 II dem Ver unverzüglich Anzeige zu erstatten (BGH 27.1.1999 a.a.O.; zu der abweichenden Ansicht von Prölss NVersZ 2000 S. 158-159 und des O L G Karlsruhe 11. IV. 1997 VersR 1998 S. 625-626 siehe unter G 27). Verwirklicht der Dritte allerdings seine Drohung alsbald, kommt eine Leistungsfreiheit des Vers aus zeitlichen Gründen gemäß § 28 nicht in Betracht (BGH 8. II. 1965 a.a.O. S. 429). Werden aber solche Drohungen nicht wahr gemacht und über einen längeren Zeitraum nicht wiederholt, so entfällt die Gefahrerhöhung wieder und besteht die gleiche Gefahrenlage wie bei Vertragsschluß, auch wenn es später zu einer Brandstiftung kommt (so O L G Koblenz a.a.O. für den Fall, daß ein Brand mehr als drei Monate nach der letzten von mehreren Drohungen ausgebrochen war, wohl hinsichtlich des relativ kurzen Zeitraumes etwas zweifelhaft). [G 35] cc) Einlagerung feuergefährlicher Sachen Die nachträgliche Einlagerung feuergefährlicher Sachen stellt, wenn die Gefahr nicht nur unerheblich erhöht wird oder die Einlagerung nach den Umständen nach § 29 als mitvert anzusehen ist, nicht nur eine Gefahrerhöhung dar, sondern erfolgt häufig zugleich unter Verstoß gegen gesetzliche, polizeiliche oder vereinbarte Sicherheitsvorschriften (zu den Konkurenzproblemen vgl. unter G 71-73). Typische Beispielsfälle aus der Rechtsprechung, in denen Gefahrerhöhung angenommen wurde, sind: RG 9.1.1925 R G Z 110 S. 152-155 Lagern von größeren Mengen von Benzin in Garagenräumen unter Verstoß gegen vereinbarte Sicherheitsvorschriften, RG 27. VI. 1936 RGZ 161 S. 23-29 Verbringen einer großen Menge von Reisigbündeln in den Fabrikraum einer Baumwollweberei. LG Münster 7. XII. 1951 VersR 1952 S. 66-67 Aufbewahrung eines Benzinkanisters in einer Holzbaracke, in der Bürstenwaren hergestellt wurden. LG Siegen 10. VII. 1952 VersR 1957 S. 576-578 Lagerung von Zelluloid, Spirituslack und größerer Menge von Pappe und Papier in der Werkstatt eines holzverarbeitenden Betriebes. LG Gießen 18. XI. 1954 VersR 1954 S. 593-594 Aufbewahrung eines Fahrrades mit Hilfsmotor in einer Wohnung - Mietrechtliche Entscheidung, mit der einer Unterlassungsklage gegen den Mieter gemäß § 550 BGB deshalb stattgegeben wurde, weil die gegen die hessische V O über den Verkehr mit brennbaren Flüssigkeiten vom 25. IX. 1931 verstoßende Aufbewahrung eine Gefahrerhöhung darstelle, die den Vsschutz des Hauseigentümers gefährde. AG Lüdinghausen 7. X. 1966 VersR 1967 S. 125 Lagerung brennbarer Halbfertigfabrikate in einem hierfür nicht geeigneten Heizkesselraum eines Tischlereibetriebes, zugleich Verstoß gegen die Allgemeinen Sicherheitsvorschriften der Feuerv für Fabriken und gewerbliche Anlagen und gegen Unfallverhütungsvorschriften der BG. O L G Hamm 19. XII. 1980 VersR 1981 S. 770 Unterstellen von beschädigten Fahrzeugen in einem landwirtschaftlichen Schuppen - Aufgehoben von B G H 24. XI. 1982 372

Johannsen/Johannsen

Anm. G 36

II. Gefahrerhöhung

VersR 1983 S. 284-285 = r + s 1983 S. 64-65 wegen fehlender Feststellung des Gefahrenzustandes im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Im übrigen hat der B G H bezweifelt, daß von Unfallfahrzeugen eine besondere Brandgefahr ausgeht. Zutreffend hatte O L G Hamm 12. IV. 1978 VersR 1979 S. 49-51 angenommen, daß das Abstellen eines modernen Treckers in einer Scheune, das nach § 25 IV der Landes-VO über den Bau und Betrieb von Garagen vom 16. III. 1973 zulässig ist, keine Gefahrerhöhung darstellt. Das gilt auch für die Aufbewahrung eines Schweißgerätes in einem Packraum, B G H 22. VI. 1964 VersR 1964 S. 813-814, erst die Benutzung kommt als Gefahrerhöhung in Betracht. B G H 5 . X . 1983 VersR 1984 S. 25-26 Verbringen von Matratzen und brennbaren Unrats in ein leerstehendes Haus. O L G Oldenburg 10. XII. 1985 VersR 1985 S. 978 Lagerung von 2000 Strohballen in einem Abstand von weniger als 30 m von dem nicht feuerhemmend eingedeckten Dach des Schweinestalles unter Verstoß gegen die Polizei-VO über das offene Lagern von Getreide und anderen Ernteerzeugnissen vom 18.V. 1940, die in den Vsvertrag einbezogen war. Hingegen hat das O L G Hamm 25. VIII. 1989 r + s 1990 S. 22 die Lagerung einer größeren Menge von Stroh in einem Stallanbau zwar als Gefahrerhöhung eingeordnet, aber als mitvert angesehen, weil eine solche Lagerung dem üblichen Durchschnittsrisiko entspreche. Zur Einlagerung selbstentzündlicher Ernteerzeugnisse V G H München 21. III. 1977 VersR 1979 S. 148. [ G 3 6 ] dd) Fehlerhafte e l e k t r i s c h e rungen

Anlagen,

insbesondere geflickte Siche-

Fehler in elektrischen Anlagen sind besonders häufig die Ursache von Brand- und Explosionsschäden. Auf ihre Verhinderung sind die als Sicherheitsvorschriften üblicherweise vereinbarten Klauseln 3602, 3609 und 3611 (abgedruckt bei Martin 3 S. 266-269) gerichtet, mit denen die regelmäßige Uberprüfung der elektrischen Anlagen vereinbart wird. Außer einem Verstoß gegen vereinbarte oder häufig auch gesetzliche Sicherheitsvorschriften kann die Verwendung fehlerhafter elektrischer Anlagen eine Gefahrerhöhung darstellen. So erhöht die durch die VDE-Bestimmungen verbotene Benutzung von Sicherungen, die mit Kupfer- oder Eisendraht geflickt sind, die Brandgefahr in einer Fabrik erheblich ( B G H 20. V. 1963 VersR 1963 S. 741- 742, der Leistungsfreiheit annimmt, weil die Kenntnis der Brandgefährlichkeit überbrückter Sicherungen Allgemeingut aller Stromabnehmer sei; ebenso O L G Celle 20. VI. 1961 VersR 1961 S. 818-821 Vorinstanz; O L G München 12. II. 1969 VersR 1969 S. 532; L G Gießen 10. VII. 1952 VersR 1957 S. 577-578; vgl. auch O G H 16. V. 1975 VersR 1976 S. 1169-1170 zur Uberbrückung der Zündsicherung eines Backofens im Falle eines Explosionsschadens). Eine Gefahrerhöhung stellt auch die Verwendung eines unter erheblichen Verstoßes gegen VDE-Bestimmungen von einem Landwirt gebastelten Wärmestrahlers für die Aufzucht von Entenküken dar, und zwar wegen der besonderen Gefährlichkeit der Elektrizität ungeachtet der in ländlichen Gegenden bestehenden Übung, an elektrischen Geräten selbst herumzubasteln ( O L G Hamm 20.1.1971 VersR 1971 S. 805806). Hingegen hat das O L G Hamm 2. V. 1984 VersR 1985 S. 488 keine Gefahrerhöhung durch die Verwendung ungeeigneter, weil nicht genügend gesicherter Neonleuchten in einer Scheune, in der Erntevorräte aufbewahrt wurden, angenommen, weil von vornherein wegen der Lagerung leicht brennbarer Materialien ein erhebliches Risiko bestand, das dadurch, daß Heu und Stroh an die Leuchten zu nahe herangepackt wurden, nicht so weit erhöht wurde, daß eine gesteigerte Gefahrenlage angenommen werden könne; denn zu dem versicherten Risiko zählten auch gelegentliche falsche Verhaltensweisen. Johannsen/Johannsen

373

Anm. G 38

G. Obliegenheiten

Ein weiteres Beispiel bildet OGH 1. III. 1979 VersR 1979 S. 683, ein Explosionsschaden war durch eine Reinigungsmaschine verursacht worden; daß an dieser wegen eines Sprunges im Gehäuse der Thermostat nicht ordnungsgemäß schaltete, ist als Gefahrerhöhung angenommen worden. Näher liegt es, hier § 29 anzuwenden, weil mit derartigen Beschädigungen üblicherweise zu rechnen ist. [G 37] ee) Feuerstätten und Heizungsanlagen Fehler bei der Installation solcher Anlagen sind in den folgenden Fällen als Gefahrerhöhung angesehen worden: OGH 26. VI. 1986 VersR 1988 S. 69. Zu geringer Sicherungsabstand der Feuerungsanlage zu einer vorhandenen Holzkonstruktion. OLG Hamm 13. VII. 1983 VersR 1984 S. 174-175. Fehlerhafter Anschluß einer Flüssiggasflasche an eine bestehende Heizungsanlage. OLG Frankfurt 16.1.1985 r + s 1985 S. 280-281. Ablösen eines Gasherdes von der Gasleitung ohne ausreichende Abdichtung, um das Ausströmen von Gas zu verhindern. LG Münster 12. XII. 1975 VersR 1976 S. 921. Fehlerhafte Installation einer Propangasheizung, Verwendung verrosteter Rohre und vorschriftswidrige Aufstellung der Gasflaschen innerhalb des Gebäudes. Der BGH 13. XI. 1996 VersR 1997 S. 4 8 5 ^ 8 6 = r + s 1997 S. 120-121 hat in einem Fall, in dem es um die Verursachung eines Brandes durch einen vorschriftswidrigen Olofen ging, bei dem die Abgase über ein an der Wand auf einer Holzverkleidung verlegtes Ofenrohr durch die Außenwand ins Freie geleitet wurden, nur die Verletzung von Sicherheitsvorschriften geprüft und die Sache u. a. zur Feststellung des Verschuldens an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Für den Fall der Gefahrerhöhung, die allerdings ebenfalls vorliegen dürfte, hat er auf den für den Vmer günstigeren Verschuldensmaßstab des § 7 Nr. 2 AFB 87 verwiesen, der auch für die Gefahrerhöhung gelte (vgl. dazu G 69). OLG Köln 24. IV. 1986 r + s 1988 S. 235-237 hat offengelassen, ob ein wegen zu geringen Abstandes zu einer spanverkleideten Wand fehlerhafter Kamineinbau eine Gefahrerhöhung darstelle, weil es jedenfalls an einer Kenntnis des Vmers von dem gefährlichen Zustand gefehlt habe. OLG Celle 8. VI. 1995 r + s 1996 S. 111-112 hat verneint, daß die Lagerung von Holzteilen nahe am Rauchrohr eines Leimofens in einer Tischlerwerkstatt eine Gefahrerhöhung darstelle, weil sich eine längere Dauer dieses Zustandes nicht habe feststellen lassen. [G38] ff) Benutzung von K e r z e n Nicht rechtzeitig gelöschte Kerzen stellen häufig - besonders in der Weihnachtszeit - die Ursache von Wohnungsbränden dar. Die Rechtsprechung beschäftigt sich hiermit vornehmlich im Zusammenhang mit § 61 (vgl. z.B. BGH 4.XII. 1985 VersR 1986 S. 254-255). Die Verwendung von Kerzen kann aber auch eine Gefahrerhöhung darstellen. Das ist noch nicht der Fall, wenn Kerzen zwar in gefährlicher Weise, nämlich ungesichert auf einem Holzfußboden aufgestellt, aber nur einmalig benutzt worden sind, weil es an dem für die Gefahrerhöhung vorausgesetzten Dauerzustand fehlt (LG Düsseldorf 22. XI. 1966 VersR 1967 S. 365-366). Benutzt der Vmer aber wegen eines Stromausfalls längere Zeit Kerzen zur Beleuchtung seiner Räume, liegt Gefahrerhöhung vor (OLG Düsseldorf 5. IX. 1984 r + s 1985 S. 19-20).

374

Johannsen/Johannsen

Anm. G 39

II. Gefahrerhöhung

gg) L e e r s t e h e n von Wohngebäuden und Stilliegen von Betrieben [G 39] aaa) Wohngebäude Mit der hiermit zusammenhängenden Problematik hat sich die Rechtsprechung in den letzten 25 Jahren besonders umfangreich beschäftigt. Einigkeit herrscht dabei darüber, daß das Leerstehen von Wohngebäuden für sich allein betrachtet nicht als Erhöhung der Brandgefahr angesehen werden kann (BGH 25. VI. 1976 VersR 1976 S. 825-826, 11. XII. 1980 VersR 1981 S. 245-247, 13.1.1982 VersR 1982 S. 466-467 = r + s 1982 S. 129-130, 6. VI. 1990 VersR 1990 S. 881-882, O L G Hamm 31. III. 1976 VersR 1978 S. 218-219; 18. IX. 1985 VersR 1987 S. 397-398, 17. IX. 1997 r + s 1998 S. 71-73; 6. II. 1998 r + s 1998 S. 475-476; O L G Frankfurt 14.11.1979 VersR 1979 S. 1021; O L G Köln 15. XI. 1984 r + s 1986 S. 12-13, 15. IX. 1988 r + s 1989 S. 195-196, 19. VIII. 1997 r + s 1997 S. 424-425; 28. III. 2000 r + s 2000 S. 207-208; O L G Celle 2. VI. 1989 r + s 1990 S. 93-95; O L G Karlsruhe 7.XI. 1996 VersR 1997 S. 1225-1226 = r + s 1997 S. 207-208; L G Saarbrücken 15. VI. 1983 r + s 1983 S. 195-196; L G Köln 30. IX. 1992 r + s 1994 S. 187-189; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 21,22 zu § 23; Hoegen Rechtsprechung S. 40; Martin3 NV 43). Es fehlt dabei nämlich zwar an der ständigen Überwachung des Gebäudes durch die Bewohner, zugleich ist aber die Gefahr fortgefallen, daß diese durch unvorsichtiges Hantieren mit elektrischen Geräten oder Kerzen oder durch Brandstiftung den Vsfall herbeiführen (so insbesondere O L G Köln 15. XI. 1984, O L G Hamm 18. IX. 1985 und L G Saarbrücken a.a.O.). Die Gefahr der Brandstiftung durch andere Personen wird ebenfalls nicht ohne weiteres erhöht, wenn das Leerstehen des Gebäudes nicht für Außenstehende sichtbar ist, insbesondere dann, wenn sich das leerstehende Gebäude in einer geschlossenen Ortschaft befindet, gut in Stand ist und regelmäßig überwacht wird (BGH 13.1.1982 a.a.O.). Eine Gefahrerhöhung kommt aber in Betracht, wenn weitere Umstände hinzutreten, die insbesondere die Brandstiftungsgefahr wahrscheinlicher machen. Solche sind ζ. B. die Lage des Grundstücks abseits vom belebten Ortskern, die lange Dauer des Leerstehens und der bauliche Zustand des Gebäudes, nämlich seine Renovierungsbedürftigkeit oder gar Verwahrlosung, die das Leerstehen für Außenstehende offenbar werden lassen. Der B G H 13.1.1982 a.a.O. hat dazu ausgeführt, daß „jedenfalls bei dem Zusammentreffen solcher Umstände die Brandgefahr erhöht ist, weil das Gebäude zu einem Unterschlupf oder Anziehungspunkt für Wohnsitzlose werden kann, die erfahrungsgemäß mit fremdem Eigentum recht sorglos umgehen, und auch im erhöhten Maß einer mutwilligen oder fahrlässigen Brandstiftung durch Kinder, fugendliche oder auch Erwachsene ausgesetzt ist. " Die Instanzgerichte haben sich dem B G H weitgehend angeschlossen (vgl. die oben aufgeführten Entscheidungen), zum Teil aber ausgesprochen, daß bereits einzelne der vom B G H genannten Umstände zur Feststellung einer Gefahrerhöhung ausreichen können (vgl. z.B. O L G Hamm 18.IX. 1985 VersR 1987 S. 397-398). Dem ist zuzustimmen. Insbesondere kann auch bei einem im Ortskern liegenden leerstehenden Gebäude eine Gefahrerhöhung eintreten, wenn durch den äußeren Zustand, ζ. B. zerbrochene Scheiben oder ständig offenstehende Fenster ersichtlich ist, daß es nicht bewohnt ist (vgl. O L G Hamm a.a.O.; L G Saarbrücken 5. XII. 1980 VersR 1981 S. 721-722 für den Fall einer ständig offenstehenden Tür). Hingegen reicht eine längere Dauer des Leerstehens allein nicht für die Annahme einer Gefahrerhöhung aus. Soweit die Gerichte auf eine bestimmte Zeitdauer hingewiesen haben (vgl. die Zusammenstellung von Wälder r + s 1989 S. 196-197), war diese für die Entscheidungen nur im Zusammenhang damit erheblich, daß der renovierungsbedürftige oder verwahrloste Zustand des Gebäudes Außenstehende für längere Zeit darauf hinwies, daß das Gebäude unbewohnt und deshalb frei zugänglich war. Johannsen/Johannsen

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Anm. G 40

G. Obliegenheiten

Unter Umständen kann sogar das Leerstehen eines Nachbargebäudes eine Gefahrerhöhung darstellen, wenn man durch dessen Keller das vte Grundstück betreten kann (vgl. O L G Hamm 18. V. 1984 VersR 1985 S. 378, das allerdings im Ergebnis Gefahrerhöhung verneint hat). Auch wenn die äußeren Umstände für das Vorliegen einer Gefahrerhöhung sprechen, muß im Einzelfall noch geprüft werden, ob nicht der Vmer erfolgreiche Maßnahmen getroffen hat, um der Brandgefahr entgegen zu wirken. Das kann z.B. durch Bewachung und regelmäßige Kontrollgänge geschehen. So hat das O L G Hamm 18. IX. 1985 VersR 1987 S. 397-398 Gefahrerhöhung bei einem zwar verwahrlosten, aber in der Ortsmitte liegenden Haus verneint, weil 2 x wöchentlich Kontrollen vorgenommen worden sind, bei denen in jede Wohnung hinein geschaut wurde, um zu verhindern, daß Obdachlose Unterschlupf fänden. Hingegen hat es bei einem am Ortsrand liegenden freistehenden landwirtschaftlichen Gebäude die Möglichkeit verneint, durch regelmäßige Kontrollgänge die erhöhte Brandgefahr zu kompensieren (OLG Hamm 29.11.1980 VersR 1981 S. 870-872 - abgeändert durch B G H 13.1. 1982 VersR 1982 S. 466-467 = r + s 1982 S. 129-130). Es kommt sehr auf die Umstände des Einzelfalles an. Ziehen Obdachlose in ein von dem Vmer verlassenes Gebäude und versucht er, sie dadurch zum Verlassen des Gebäudes zu bewegen, daß er den Strom abstellen läßt, liegt darin eine Gefahrerhöhung, weil es naheliegt, daß die Obdachlosen nunmehr andere gefährliche Licht- und Wärmequellen benutzen ( O L G Hamm 24. X. 1997 VersR 1999 S. 49-50). Nach §§ 10 Ziff. 3 b) VGB 88, 9 Ziff. 1 b) VGB 88 Fassung 1999 kann eine Gefahrerhöhung auch dann vorliegen, wenn der ü b e r w i e g e n d e Teil eines Gebäudes nicht genutzt wird. Nach den dargestellten Grundsätzen der Rechtsprechung kommt aber eine Gefahrerhöhung nicht in Betracht, wenn das Gebäude noch teilweise benutzt wird, wenn auch nur im geringen Umfang. So liegt eine Gefahrerhöhung nicht darin, daß aus einem Mehrfamilienhaus mehrere Mieter ausziehen, wenn noch eine Wohnung vermietet und bewohnt bleibt (Dietz Wohngebäudev 2 S. 297). [G 40] bbb) Betriebe O b Betriebseinstellungen als Gefahrerhöhung anzusehen sind, ist im besonderen Maße unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Gefahrkompensation zu beurteilen. Es ist zu berücksichtigen, daß die Prämien nach der Gefährlichkeit der jeweiligen Betriebsart bemessen zu werden pflegen und ihre Höhe in aller Regel nicht gerechtfertigt ist für ein Gebäude, in dem kein gefährlicher Betrieb unterhalten wird. So stellt die Einstellung des Betriebs in einem Filmtheater (BGH 25. VI. 1976 VersR 1976 S. 825826, 6. VI. 1990 VersR 1990 S. 881-882) oder einer Diskothek (BGH 11.XII.1980 B G H Z 79 S. 156-162 = VersR 1981 S. 245-247) keine Gefahrerhöhung dar sondern bewirkt eher eine Verminderung der Brandgefahr, weil die mit dem Betrieb zusammenhängende Gefahr entfallen und die durch den Wegfall der ständigen Beaufsichtigung des Gebäudes hinzutretende Brandstiftungsgefahr gegenüber der entfallenen Gefahr geringer einzuschätzen ist, zumal solche Betriebe auch sonst nicht ständig bewacht zu werden pflegen, und insbesondere Filmtheater außerhalb der Spielzeiten häufig für jeden erkennbar verlassen daliegen (BGH 25. VI. 1976 a.a.O.). Kommen aber weitere gefahrerhebliche Umstände hinzu, wie z.B. die ungenügende Sicherung eines Betriebes gegen unbefugtes Eintreten, so muß eine sorgfältige Abwägung der bei Vertragsschluß bestehenden Gefahrenlage gegenüber der später vorliegenden vorgenommen werden. Für den Fall einer stillgelegten Diskothek hat der B G H mit Rücksicht auf das besonders hohe Brandrisiko eines solchen Betriebes und die Höhe der hierfür zu zahlenden Prämien angenommen, daß die nach Betriebseinstellung durch 376

Johannsen/Johannsen

Anm. G 41

II. Gefahrerhöhung

eine nicht mehr verschließbare Noteingangstür entstandene Gefahrenlage durch den Wegfall des Betriebsrisikos kompensiert sein könnte ( B G H 11. XII. 1980, der Rechtsstreit wurde zurückverwiesen, um dem Ver Gelegenheit zur Darlegung zu geben, wie vom vstechnischen Standpunkt aus das Brandrisiko einer stillgelegten Diskothek in einem nicht benutzten und mangelhaft gesicherten Gebäude zu beurteilen sei, siehe dazu auch die kritischen Anmerkungen von Boldt VersR 1981 S. 868-869 und Honsell VersR 1981 S. 1094-1098. Zutreffend hat das O L G Hamm 14. III. 1975 VersR 1976 S. 259-260 eine Gefahrerhöhung in dem Fall eines einsam gelegenen Waldhotels angenommen, in dem sich nach der Einstellung des Betriebes jedenfalls nachts Menschen nicht mehr aufhielten, weil hierdurch die Brandstiftungsgefahr sowie die eines größeren Schadenumfangs, weil Brände nicht sofort bemerkt und bekämpft werden könnten, so stark erhöht worden sei, daß eine Kompensation mit der weggefallenen Betriebsgefahr nicht in Betracht komme (ebenso L G Saarbrücken 5. XII. 1980 VersR 1981 S. 721-722 für ein Gaststättengebäude, dessen Tür nach der Einstellung des Betriebes ständig offen stand). Gefahrerhöhung ist von der Rechtsprechung weiter angenommen worden im Falle der Stillegung eines Sägewerkes ( O L G Nürnberg 4. VII. 1930 VA 1930 S. 216 Nr. 2177; R G 22. IX. 1931 J R P V 1931 S. 317 hat aber Leistungsfreiheit verneint, weil der Vmer schuldlos von Gefahrenkompensation ausging), eines in einer einsamen Gegend gelegenen nicht bewachten Torfstreuwerkes (KG 11. VII. 1928 VA 1929 S. 38-39 Nr. 1951) und eines eingestellten Motorradgeschäftes ( O L G Frankfurt 27. V. 1987 N J W R R 1988 S. 92-93). [ G 4 1 ] hh) Verwendung von P l a s t i k e i m e r n in Gaststätten In Gastronomiebetrieben sind Brände, die durch Aschenreste in Plastikabfalleimern verursacht werden, besonders häufig. Deshalb wird in der Praxis im Antragsfragebogen nach der Art der verwendeten Abfallbehälter gefragt und kommt eine nachträgliche Verwendung feuergefährlicher Gefäße als Gefahrerhöhung in Betracht ( B G H 15. X I . 1978 VersR 1979 S. 73-75). Das gilt insbesondere für die Verwendung von P l a s t i k e i m e r n an Stelle von bei Vertragsschluß vorhandenen Metalleimern (LG Hamburg 18. II. 1975 VersR 1975 S. 509-510). Häufig wird auch als Sicherheitsvorschrift vereinbart, daß in den Gasträumen für Asche, Tabakreste, Streichhölzer und ähnliches ausschließlich doppelwandige Metallbehälter mit selbsttätig schließendem Deckel vorhanden sein dürfen. Werden dann Plastikbehälter verwendet, kommt neben der Gefahrerhöhung ein Verstoß gegen vereinbarte Sicherheitsvorschriften ( O L G München 23.1.1986 VersR 1986 S. 1065; O L G Hamburg 27.11.1989 ZfS 1989 S. 175; L G Köln 13. VII. 1979 VersR 1980 S. 155; L G Münster 13. X I . 1979 VersR 1981 S. 624-625) sowie grobfahrlässige Herbeiführung des Vsfalles ( O L G Köln 21. X I . 1974 VersR 1975 S. 994-995; O L G Hamm 14. III. 1979 VersR 1979 S. 997; O L G München 23.1.1986 VersR 1986 S. 1065, siehe dazu unter G 83) in Betracht. Problematisch sind die Fälle, in denen Plastikbehälter zwar nicht für die Aufbewahrung von Asche und Tabakresten sondern für unbrennbare Abfälle bestimmt sind, aber die Gefahr einer bestimmungswidrigen Verwendung besteht. Werden solche Plastikeimer hinter der Theke so aufgestellt, daß sie dem Publikum nicht zugänglich sind, liegt keine erhebliche Gefahrerhöhung vor ( O L G Hamm 20. III. 1974 VersR 1975 S. 607-608, 28. III. 1990 VersR 1990 S. 1230-1233, ähnlich O L G Köln 21. XI. 1974 VersR 1975 S. 994-995), wohl aber dann, wenn die Möglichkeit naheliegt, daß Gäste Zigarettenkippen in den Plastikeimer werfen oder unsorgfältiges Personal Johannsen/Johannsen

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Anm. G 44

G. Obliegenheiten

Aschenbecher in ihn ausleert ( O L G Hamm 28.111.1990 a.a.O., das bei Verwendung eines Plastikflaschenbehälters aber Gefahrerhöhung verneint, weil nicht davon ausgegangen werden kann, daß in diesen Aschenbecher entleert werden). Wird ein Plastikeimer nicht für die Aufbewahrung sondern nur für den Transport vorher in einem Metallbehälter gesammelter Tabakreste zum Müllcontainer verwandt, liegt keine Gefahrerhöhung vor, kommt aber grobfahrlässige Herbeiführung des Vsfalles in Betracht, wenn der Vmer die Leerung des Plastikbehälters unterläßt ( O L G Düsseldorf 22. IV. 1986 r + s 1988 S. 83-85, im Ergebnis aber verneint).

2. Rechtsfolgen der Gefahrerhöhung [ G 4 2 ] a) Vorbemerkung Hinsichtlich der Rechtsfolgen unterscheidet das Gesetz zwischen der vom Vmer vorgenommenen oder gestatteten Gefahrerhöhung, die entsprechend der von Möller in Bd I Anm. 3 und 18 zu § 23 getroffenen Einteilung als s u b j e k t i v e Gefahrerhöhung bezeichnet wird, und der unabhängig vom Willen des Vmers eintretenden o b j e k t i v e n Gefahrerhöhung. Die subjektive Gefahrerhöhung ist in den §§ 23-26 geregelt. Ihre Verletzung löst eine Anzeigepflicht des Vmers aus und berechtigt den Ver zur fristlosen Kündigung. Außerdem kommt Leistungsfreiheit in Betracht, wenn der Vsfall nach der Erhöhung der Gefahr eintritt (dazu unter G 58). Die objektive Gefahrerhöhung ist in §§ 27, 28 geregelt. Auch sie löst eine Anzeigepflicht des Vmers aus. Der Ver ist aber nur berechtigt, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zu kündigen, und Leistungsfreiheit kommt nur unter eingeschränkten Voraussetzungen in Betracht (dazu unter G 61). b) Subjektive Gefahrerhöhung [G 43]

aa) Allgemeines

Eine subjektive Gefahrerhöhung darf der Vmer nach § 23 I ohne Einwilligung des Ver weder vornehmen noch deren Vornahme durch einen Dritten gestatten. Er darf also weder selbst feuergefährliche Sachen in dem vten Gebäude einlagern noch gestatten, daß sein Mieter solches tut. Bei diesem allgemein als G e f a h r s t a n d s p f l i c h t bezeichneten Unterlassungsgebot handelt es sich nicht um eine Rechtspflicht, die dem Ver einen klagbaren Anspruch gegen den Vmer gewähren würde, sondern um eine Obliegenheit, deren Rechtsfolgen vollständig im Gesetz geregelt sind (vgl. dazu Möller in Bd I Anm. 19 zu § 23, 3-24 zu § 6), sodaß eine ergänzende Anwendung von § 6 nicht in Betracht kommt. Sie ist vom Vmer zu erfüllen, bei mehreren Vmern von jedem von ihnen (Raiser 2 Anm. 11 zu § 6), bei der V für fremde Rechnung sowohl vom Vmer als auch vom Vten, § 79 (zu dem Einstehen für Dritte, insbesondere von Repräsentanten siehe unter G 47-55). [G 44] bb) Verletzung der Gefahrstandspflicht durch Unterlassen Streitig ist, ob die Gefahrstandspflicht auch durch U n t e r l a s s e n verletzt werden kann, insbesondere ob sie verlangt, daß der Vmer einen unabhängig von seinem Willen eingetretenen gefahrerhöhenden Zustand wieder beseitigt, also beispielsweise den defekten Blitzableiter repariert, oder gegen die von dritter Seite erfolgten Branddrohungen Maßnahmen ergreift. Der B G H 11.XII. 1980 B G H Z 79 S. 156-162 = VersR 378

Johannsen/Johannsen

Anm. G 44

II. Gefahrerhöhung

1981 S. 245-247 hat das verneint. Er hat unter Berufung auf Möller in Bd I Anm. 23 zu § 23 ausgeführt, daß ein Vmer, der es unterläßt, eine von anderer Seite gegen seinen Willen herbeigeführte Gefahrerhöhung wieder zu beseitigen, indem er eine von Einbrechern beschädigte Tür nicht repariert, keine Gefahrerhöhung vornimmt, und hat diese Entscheidung mit dem Wortsinn der V o r n a h m e in § 23 und der Regelung des § 27 begründet, der für diesen Fall nur eine Anzeigeobliegenheit nicht aber eine Verpflichtung zur Beseitigung der ungewollt entstandenen Gefahr auferlegt (ebenso B G H 23. IX. 1981 VersR 1982 S. 33-34 zur EDV für den Fall, daß Einbrecher eine besondere Diebstahlsicherung entfernt hatten). Hieran hat der B G H auch für den Fall festgehalten, daß die Gefahrerhöhung zwar nicht von dritter Seite vorgenommen, jedoch ungewollt für den Vmer entstanden ist (BGH 21.1.1987 VersR 1987 S. 653-654 = N J W 1987 S. 2443-2445, defektes Rollgitter in der EDV). Die Instanzgerichte sind der Auffassung des B G H weitgehend gefolgt ( O L G Hamm 23.1.1987 VersR 1988 S. 4 9 - 50, 21. IV. 1989 VersR 1990 S. 86-87, 6. XII. 1991 VersR 1992 S. 1217-1218; O L G Köln 24.IV.1986 r + s 1988 S. 235-237, 25.X.1990 r + s 1990 S. 4 2 1 ^ 2 2 , 21.1.1997 VersR 1998 S. 48-50; O L G Karlsruhe 7. XI. 1996 r + s 1997 S. 207; vom O L G Düsseldorf 27. VI. 1995 VersR 1997 S. 231-234 wird die Frage unter Hinweis darauf, daß es äußerst zweifelhaft sei, ob eine Gefahrerhöhung durch Unterlassen vorgenommen werden könne, dahingestellt gelassen, weil ein Vmer jedenfalls nicht verpflichtet sei, nicht ernst gemeintem Gerede am Biertisch über das Inbrandsetzen des Gebäudes entgegenzutreten). Die Literatur hat aber zu der Rechtsprechung des B G H überwiegend kritisch Stellung genommen (so Prölss in Festschrift für Larenz S. 487-535, 509, derselbe in Prölss-Martin26 R N 37 zu § 23; Martin VersR 1988 S. 209-218 und SVR 3 Ν III 4 und 8-14; Langheid NJW 1991 S. 268-279, 271 insbes. F N 37, NJW 1992 S. 656-671, 659-660 und in Römer-Langheid Anm. 19 zu §§ 23-25; Langheid-Müller-Frank NJW 1994 S. 2652-2666, 2655-2656; wie Möller a.a.O. und der B G H aber Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 204; Winter in Festgabe für Hans Möller S. 537-559, 547-548; Deutsch3 R N 142 S. 111; Harrer in BK R N 10, 11 zu § 23; Werber Gefahrerhöhung S. 37-38 nimmt eine dem positiven Tun gleichstehende Unterlassung nur für den Fall an, daß der Vmer zu einer bestimmten Verhaltensweise vertraglich verpflichtet worden ist). Der Auffassung Möllers und des B G H ist zuzustimmen. Das Gesetz hat ausdrücklich in den §§ 23-25 einerseits und den §§ 27-28 andererseits unterschiedliche Rechtsfolgen für die vom Vmer vorgenommene oder gestattete Gefahrerhöhung und für die unabhängig von seinem Willen eingetretene Gefahrerhöhung vorgesehen, nämlich für den ersten Fall strengere, für den zweiten mildere. Diese Unterscheidung würde unterlaufen, wenn man zuließe, daß eine subjektive Gefahrerhöhung mit ihren schärferen Sanktionen bereits dann vorliegt, wenn der Vmer eine unabhängig von seinem Willen eingetretene Gefahrerhöhung nicht wieder beseitigt. Diese Unterscheidung aufzugeben, ist nicht aus „Gründen der praktischen Rechtsanwendung" geboten, wie Martin VersR 1988 S. 213 formuliert hat, weil sich der für die Gefahrerhöhung erforderliche Zustand von einiger Dauer von einem länger dauernden Unterlassen leichter feststellen lasse als von einem bestimmten positiven Tun. Denn die Unterscheidung beruht auf Gerechtigkeitsgedanken und dient dem Schutz des Vmers, wie sich daraus ergibt, daß die Vorschriften gemäß § 34 a halbzwingend ausgestaltet sind. Die praktischen Auswirkungen der Kontroverse sind nicht besonders gravierend. Auch die Gegenmeinung sieht nicht jedes Unterlassen der Beseitigung einer objektiven Gefahrerhöhung bereits als subjektive Gefahrerhöhung an und läßt die Sanktionen der §§ 24, 25 erst eintreten, wenn der Vmer den gefahrerhöhenden Zustand positiv kennt und er ausreichend Zeit und Gelegenheit hatte, ihn durch geeignete und ihm wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen zu beseitigen (Prölss in Prölss-Martin 26 Johannsen/Johannsen

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G. Obliegenheiten

A n m . G 45

R N 37 zu § 23; Martin 3 Ν III 11; Langheid in Römer-Langheid Anm. 19 zu §§ 23-29). Auch für die Fälle des Verstoßes gegen Sicherheitsbestimmungen, bei denen unterschiedliche Ergebnisse deshalb besonders naheliegen, weil Leistungsfreiheit nach den AVB, ζ. B. §§ 7 A F B 30 und 87 grobe Fahrlässigkeit voraussetzt, subjektive Gefahrerhöhung aber durch leichtes Verschulden verwirklicht werden kann, stimmen die Kritiker dem B G H teilweise im Ergebnis zu, indem sie unter objektiver Auslegung der AVB unter Heranziehung der Unklarheitenregel von § 5 A G B G einen Verzicht des Vers auf Leistungsfreiheit wegen durch leichte Fahrlässigkeit vorgenommene Gefahrerhöhung annehmen (Martin VersR 1988 S. 209-218, 218 und SVR 3 Ν III 16; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 32; dagegen aber Langheid in Römer-Langheid Anm. 46 zu §§ 23-25). Ein vom B G H abweichendes Ergebnis wird aber von den Kritikern übereinstimmend angenommen für die Fälle, in denen die durch Unterlassen verletzten Sicherheitsbestimmungen Sanktionen bereits bei leichter Fahrlässigkeit auslösen, wie z.B. § 14 V H B 84, und in denen Leistungsfreiheit wegen Verstoßes gegen die Sicherheitsvorschriften nicht am Verschuldensgrad sondern am Ablauf der Kündigungsfrist scheitert (Prölss a.a.O.; Martin Ν III 16; Langheid a.a.O. Anm. 6 zu § 32). Zu diesen Konkurrenzfragen vgl. unter G 71-73. [G 45] cc) Kenntnis des Versicherungsnehmers Der Begriff der V o r n a h m e einer Gefahrerhöhung in § 23 setzt in Abgrenzung zu der in § 27 als unabhängig von dem Willen des Vmers eingetreten definierten Gefahrerhöhung voraus, daß ein w i l l e n t l i c h e s Handeln des Vmers vorliegen muß. Ein solches setzt K e n n t n i s des Vmers von den die Gefahrerhöhung begründenden Umständen voraus ( B G H 25. IX. 1968 B G H Z 50 S. 385-391 und 25. IX. 1968 Β G H Z 50 S. 392-397 = VersR 1968 S. 1155 - Grundsatzentscheidungen und seitdem ständige Rechtsprechung; da die Entscheidungen überwiegend zur KFZV ergangen sind, vgl. die Nachweise bei Johannsen in Bd V 1 F 26; zur Feuerv: B G H 5. X. 1983 VersR 1984 S. 25-26; 21.1.1987 VersR 1987 S. 653-654; 27.1.1999 r + s 1999 S. 207-208 = VersR 1999 S. 484-485; O L G Hamm 14.111.1975 VersR 1976 S. 259-260; 2. V. 1984 VersR 1985 S. 488; O L G Köln 24. IV. 1986 VersR 1987 S. 1026-1028; O L G Oldenburg 10. VII. 1985 r + s 1986 S. 10-11; O L G Frankfurt 16.1.1985 r + s 1985 S. 280-281; O L G Karlsruhe 7. X I . 1996 VersR 1997 S. 1225-1226). Nicht erforderlich ist hingegen, daß dem Vmer der gefahrerhöhende Charakter der Umstände bekannt ist ( B G H 26. V. 1982 VersR 1982 S. 793-795). So nimmt ein Vmer, der Stroh in einem geringen Abstand von einem mit Bitumenwellplatten (Onduline) gedeckten Schuppen lagert, eine Gefahrerhöhung willentlich vor, wenn er weiß, daß das Dach mit diesem nicht feuerhemmenden Material gedeckt ist; es kommt hingegen nicht darauf an, ob er Überlegungen hinsichtlich einer erhöhten Feuergefahr angestellt hat ( O L G Oldenburg 10. VII. 1985 r + s 1986 S. 10-11). Abgelehnt worden ist die Vornahme einer Gefahrerhöhung vom O L G Köln 24. IV. 1986 VersR 1987 S. 1026-1028 für einen Fall, in dem der Vmer einen Kaminofen in sein auf einer Holzkonstruktion errichtetes Fertighaus eingebaut und dabei unzureichende Sicherungsmaßnahmen getroffen hat. Daß der Vmer die Sicherungsmaßnahmen für ausreichend gehalten und damit die Gefahrenlage falsch beurteilt habe, reiche für die Annahme einer bewußten Erhöhung einer Gefahrenlage nicht aus. Das erscheint zweifelhaft, weil der Vmer die tatsächlichen Umstände, die die Gefahr erhöhten, gekannt hat; möglicherweise fehlt es aber an dem gemäß § 25 für die Leistungsfreiheit erheblichen Verschulden. So hat das O L G Hamm 14. III. 1975 VersR 1976 S. 259-260 in einem vergleichbaren Fall, in dem der Vmer seinen in einsamer Gegend gelegenen Hotelbetrieb eingestellt hat und die getroffenen 380

Johannsen/Johannsen

Anm. G 48

II. Gefahrerhöhung

Bewachungsmaßnahmen zur Verhinderung der Brandstiftungsgefahr nicht ausreichten, zu Recht zwar die Vornahme einer Gefahrerhöhung nach § 23 bejaht, aber mangelndes Verschulden angenommen, weil der Vmer die getroffenen Maßnahmen für ausreichend halten durfte. Bei einer Bedrohung des Vmers mit einem Brand oder einer Explosion reicht es nicht aus, daß er diese hätte ernst nehmen müssen. E r muß sie tatsächlich ernst genommen haben ( B G H 2 7 . 1 . 1 9 9 9 r + s 1999 S. 2 0 7 - 2 0 8 = VersR 1999 S. 4 8 4 ^ 8 5 ) .

dd) Verletzung der Gefahrstandspflicht durch Dritte [G46] aaa) Schrifttum Bach VersR 1990 S. 2 3 5 - 2 3 8 , Johannsen D Z W i r 1994 S. 2 4 9 - 2 5 1 , Kampmann VersR 1994 S. 2 7 7 - 2 8 1 , Knappmann N J W 1994 S. 3 1 4 7 - 3 1 4 9 , VersR 1997 S. 2 6 1 - 2 6 7 , Looschelders VersR 1999 S. 6 6 6 - 6 7 3 , Lücke VersR 1993 S. 1098-1100, Möller Verantwortlichkeit des Vmers für das Verhalten Dritter Berlin 1939, Pauly M D R 1995 S. 874-877, Remé VersR 1989 S. 1 1 5 - 1 2 2 , Schirmer Der Repräsentantenbegriff im Wandel der Rechtsprechung Münster 1994, Stürmer VersR 1983 S. 3 1 0 - 3 1 2 , Wenzel VersR 1990 S. 1310-1315, Winter in Recht und Ö k o n o m i e der Versicherung Festschrift für Egon Lorenz Karlsruhe 1994 S. 723-742, Zierke VersR 1987 S. 132-134.

[G 47] bbb) Einleitung zur Repräsentantenhaftung Problematisch ist, ob die Rechtsfolgen der §§ 24, 25 den Vmer auch dann treffen, wenn nicht er selbst sondern ein Dritter die Gefahrerhöhung vorgenommen oder gestattet hat. Da die Gefahrstandspflicht eine Obliegenheit ist, findet § 278 B G B keine Anwendung (Möller in Bd I Anm. 73 zu § 6; B G H 8.1.1981 VersR 1981 S. 3 2 1 - 3 2 2 , 30.IV. 1981 VersR 1981 S. 9 4 8 - 9 5 0 , 1 4 . X I I . 1 9 9 4 B G H Z 128 S. 167-172 = r + s 1995 S. 8 1 - 8 2 , ständige Rechtsprechung; a. A. aber Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 47, 48). Grundsätzlich kommt es nur auf eigene Handlungen und das eigene Verschulden des Vmers an. Hiervon sind aber insbesondere in der Sachv aus Billigkeitsgründen Ausnahmen erforderlich für Fälle, in denen der Vmer andere Personen hinsichtlich der Betreuung der versicherten Sache an seine Stelle setzt und sich selbst nicht mehr um sie kümmert. Diese werden als seine R e p r ä s e n t a n t e n angesehen, für die er einzustehen hat. Für die dogmatische Begründung der R e p r ä s e n t a n t e n h a f t u n g und ihre Entwicklung bis 1978 wird auf die ausführliche Darstellung in Bd I (Anm. 9 2 - 1 0 6 zu § 6) und Bd II (Anm. 7 0 - 7 8 zu § 61) verwiesen. Das Institut der Repräsentantenhaftung hat sich im deutschen Vsvertragsrecht weitgehend durchgesetzt und wird teilweise auch von denjenigen anerkannt, die Obliegenheiten für echte Rechtspflichten ansehen (z. B. Winter in Festschrift für Egon Lorenz S. 723-742; anders aber Prölss a.a.O.; kritisch auch Remé VersR 1989 S. 115-122). Die österreichische Rechtsprechung lehnt eine Repräsentantenhaftung wegen Fehlens einer gesetzlichen Grundlage ab ( O G H 24. IV. 1963 VersR 1963 S. 1062-1063, 24. V. 1984 VersR 1986 S. 199-200; 12. I X . 1985 VersR 1987 S. 3 9 5 - 3 9 6 ; 26. II. 1997 VersR 1998 S. 391-392).

[G 48] ccc) Entwicklung der Rechtsprechung Nach der ständigen Rechtsprechung des B G H bis zur Entscheidung vom 21. IV. 1993 ( B G H Z 122 S. 2 5 0 - 2 5 6 = VersR 1993 S. 828-830) ist als Repräsentant derjenige angesehen worden, der in den Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, auf Grund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Vmers getreten sowie befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeuJohannsen/Johannsen

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Anm. G 49

G. Obliegenheiten

tenden Umfang für diesen zu handeln und dabei auch dessen Rechte und Pflichten aus dem Vsvertrag wahrzunehmen (24. II. 1986 VersR 1986 S. 696-697, 26. IV. 1989 VersR 1989 S. 737-738, beide mit zahlreichen Nachweisen dieser Rechtsprechung). Damit setzte die Repräsentantenstellung sowohl eine R i s i k o v e r w a l t u n g voraus, für die die bloße Obhut über die verte Sache nicht ausreichte, sondern daneben erforderlich war, daß der Dritte in einem gewissen Umfang für den Vmer selbständig handeln durfte, wie eine V e r t r a g s v e r w a l t u n g , die sich auf die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten aus dem Vsvertrag bezog. Mit der Entscheidung vom 21. IV. 1993 (BGHZ 122 S. 250-256 = VersR 1993 S. 828-830) hat der B G H die Übertragung der Vertragsverwaltung als eine der Voraussetzungen des Repräsentantenbegriffes ausdrücklich aufgegeben: „Es braucht nicht noch hinzuzutreten, daß der Dritte auch Rechte und Pflichten aus dem Vsvertrag wahrzunehmen hat. " Er hat sie aber zur selbständigen Grundlage einer Haftung erklärt, in dem er ausgeführt hat, daß unabhängig von einer Übergabe der vten Sache es für eine Repräsentantenstellung sprechen könnte, wenn der Dritte auf Grund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Vsvertrages eigenverantwortlich ausübe. Wie in der Erörterung dieses Urteils (Lücke VersR 1993 S. 1098-1100; Kampmann VersR 1994 S. 277-281; Pauly M D R 1995 S. 874-877; Johannsen DZWir 1994 S. 249251; Knappmann NJW 1994 S. 3147-3149) zutreffend vermerkt worden ist, bestand für die aktuelle Entscheidung eine Notwendigkeit zur Änderung der Rechtsprechung nicht. Denn der B G H hat einerseits ausdrücklich das Vorliegen der Voraussetzungen der bisherigen Rechtsprechung festgestellt, weil die Mutter des Vmers, die eine von diesem aus Unkenntnis verschwiegene Abrißverfügung für das versicherte Stallgebäude kannte, nicht nur zur Schadenabwicklung berechtigt, sondern auch bevollmächtigt war, die Vssumme einzufordern. Zum anderen wäre es nach der bisherigen Rechtsprechung des B G H nicht notwendig gewesen, für die Entscheidung überhaupt die Regeln der Repräsentantenhaftung heranzuziehen. Denn es ging um Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nach § 13 Nr. l e AFB 30 und dabei um die Frage, ob das Wissen der Mutter dem Vmer zugerechnet werden konnte. Diese ist aber vom B G H bisher zutreffend in analoger Anwendung von § 166 nach den Grundsätzen über die Haftung für Wissenserklärungsvertreter entschieden worden (BGH 30. IV. 1981 VersR 1981 S. 948-950; Möller in Bd I Anm. 84 zu § 6). Schließlich bot der entschiedene Fall, in dem die Mutter des Vmers auch die Obhut über die vte Sache ausübte, überhaupt keine Veranlassung, zur Vertragsverwaltung als selbständiger Voraussetzung der Repräsentantenhaftung Stellung zu nehmen. [G 49] ddd) Stellungnahme Trotz dieser Einwände kann der neuen Definition des Repräsentantenbegriffes, die der B G H auch in einer weiteren Entscheidung wiederholt hat (10. VII. 1996 VersR 1996 S. 1229-1231 = r + s 1996 S. 385-387) im Grundsatz gefolgt werden. Dem Wegfall des zusätzlichen Merkmals der Vertragsverwaltung neben der Risikoverwaltung ist vorbehaltlos zuzustimmen. An dieser Voraussetzung der Repräsentantenhaftung ist in der Literatur heftig Kritik geübt worden (so bereits von Möller in Bd I Anm. 34 zu § 6; Prölss in Prölss-Martin 25 Anm. 8 Β zu § 6; Bach VersR 1990 S. 235-238, 236; Winter in Festschrift für Egon Lorenz S. 723-742, 726). Sie hatte dazu geführt, daß auch in Fällen, in denen die Billigkeit für die Leistungsfreiheit des Vers gesprochen hätte, weil der Vmer, wie das Reichsgericht es formuliert hat (RG 22. IV. 1903 J W 1903 S. 251-252), sich der Obhut über die versicherte Sache gänzlich entschlagen hat, ein Einstehen für den Dritten nicht in Betracht kam, weil sich nicht feststellen ließ, daß dieser auch berechtigt war, Rechte und Pflichten aus dem 382

Johannsen/Johannsen

Anm. G 49

II. Gefahrerhöhung

Vsvertrag auszuüben (Bundschuh ZVersWiss 1993 S. 39-56, 46; Römer in RömerLangheid Anm. 117 zu § 6). Insoweit hat die neue Definition des Repräsentantenbegriffs durch den B G H auch allgemeine Anerkennung gefunden (Lücke VersR 1993 S. 1098-1100; Kampmann VersR 1994 S. 276-281; Winter in Festschrift für Lorenz S. 723-742; Pauly M D R 1995 S. 874-877; Schwintowski in B K R N 210 zu § 6; Looschelders VersR 1999 S. 666-673). Schwieriger zu beurteilen ist die ohne Beziehung zum konkreten Fall gemachte Aussage des B G H , daß es für eine Repräsentantenstellung sprechen könnte, wenn ein Dritter unabhängig von einer Ubergabe der vten Sache aufgrund eines Vertretungsoder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Vsvertrages eigenständig ausübe. Denn es sind kaum Fälle denkbar, in denen es gerechtfertigt wäre, bei einer getrennten Übertragung von Obhut und Vertragsverwaltung an verschiedene Personen den Vmer für das Verhalten seines Vertragsverwalters einstehen zu lassen, wenn dieser eine Gefahrerhöhung vornimmt oder den Vsfall vorsätzlich oder grobfahrlässig herbeiführt. Denn solche Handlungen stehen in keiner konkreten Beziehung zu den ihm übertragenen Aufgaben. Man denke an einen Fall, in dem der mit weitreichenden Befugnissen ausgestattete Leiter der Vertragsabteilung eines großen Unternehmens in der von einem Pächter betriebenen Kantine des Unternehmens grobfahrlässig einen Brand verursacht. Schutzwürdige Interessen des Vers, die es rechtfertigen könnten, den Vmer in diesem Fall für das Verhalten seines Vertragverwalters einstehen zu lassen, bestehen nicht, denn das von dem Ver übernommene Risiko hat sich nicht dadurch vergrößert, daß der Vmer einem Dritten die Vertragsverwaltung übertragen hat. Ebensowenig wäre es im privaten Bereich gerechtfertigt, bei einer arbeitsteiligen Übertragung bestimmter Aufgaben, darunter die Erledigung der mit Vsverträgen zusammenhängenden, auf einen Familienangehörigen, die übrigen, wenn sie die O b hut für ihre vten Sachen selbst ausüben, für dessen Fehlverhalten einstehen zu lassen (so hat das O L G Düsseldorf 22. V. 1962 VersR 1963 S. 56-59 zutreffend angenommen, daß die Verwahrung der Vsunterlagen und laufende Überweisung der Prämien den Ehemann nicht zum Repräsentanten der Frau machen, die selbst die Obhut über ihr vtes Haus ausübt). Zu Recht lehnt deshalb Knappmann (VersR 1997 S. 261-267, 262f) eine Repräsentantenstellung durch bloße Überlassung der Vertragsverwaltung für die Zeit v o r Eintritt des Vsfalles ab (insgesamt kritisch Looschelders VersR 1999 S. 6 6 0 673). Sie kommt also insbesondere für die Vornahme einer Gefahrerhöhung nicht in Betracht. Für Obliegenheiten nach Eintritt des Vsfalles sind allerdings, wie Knappmann (a.a.O. S. 263 Anm. 21) aufgezeigt hat, Anwendungsfälle denkbar. Es kommt nämlich die Verletzung von Aufklärungspflichten durch tatsächliches Handeln, z.B. durch Verändern oder Vernichten von Beweismitteln in Betracht, für die die Anwendung der Repräsentantenhaftung relevant sein kann, die im übrigen auch für die arglistige Täuschung im Zusammenhang mit der Schadensermittlung eine Rolle spielt (Möller in Bd I Anm. 102 zu § 6 und Bd II Anm. 76 zu § 61). Für solche Fälle mag es gerechtfertigt sein, daß die Übertragung der Vertragsverwaltung an einen Dritten dafür ausreicht, daß dieser als Repräsentant des Vmers anzusehen und auf sein Fehlverhalten abzustellen ist (vgl. dazu unter G 130). Das kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn eine umfassende Übertragung der Befugnisse aus dem Vsvertrag erfolgt ist. Daß der Dritte einzelne unbedeutende Rechte ausüben darf, genügt nicht (Römer in Römer-Langheid Anm. 118 zu § 6). Von einer Repräsentantenstellung kann z. B. bei dem Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage ausgegangen werden, wenn dieser alle Vsangelegenheiten selbständig zu regeln hat ( O L G Köln 23.1.2001 NVersZ 2001 S. 329-330).

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Anm. G 52

G. Obliegenheiten

[G 50] eee) Z u m Merkmal Risikoverwaltung Zur die Repräsentantenhaftung begründenden R i s i k o v e r w a l t u n g gehören die Übertragung der Obhut über die vte Sache sowie die Befugnis, für den Vmer in gewissem Umfang selbständig zu handeln ( B G H 21. IV. 1993 Β G H Z 122 S. 250-256 = VersR 1993 S. 828-830, 10. VII. 1996 VersR 1996 S. 1229-1231 = r + s 1996 S. 385-387). Bei der Obhut muß es sich um die a l l e i n i g e handeln ( B G H 26. IV. 1989 B G H Z 107 S. 229-236 = VersR 1989 S. 737-738), die Mitobhut genügt nicht, auch nicht die nur kurzfristige, vorübergehende Besitzüberlassung, selbst wenn sie mehrfach hintereinander erfolgt ( B G H 27.1.1999 r + s 1999 S. 205-207; Römer in Römer-Langheid Anm. 116 zu § 6, abweichend aber Langheid ebenda Anm. 11 zu § 61). Die Befugnis zum selbständigen Handeln bezieht sich auf die Ausübung der Obhut. Wer in vollem Umfang die Betreuung der vten Sache selbständig wahrnimmt, tritt damit an die Stelle des Vmers (so B G H 21. IV. 1993 a.a.O. unter Berufung auf Möller Verantwortlichkeit S. 94 f.). Der wichtigste Fall der Begründung einer Repräsentantenstellung, bei dem das Einstehenmüssen des Vmers für den Dritten auch unmittelbar einleuchtet, ist die Übertragung der Leitung eines wirtschaftlichen Betriebes, durch die der Dritte Betriebsinhaber wird, während der Vmer weder die Obhut ausübt noch Entscheidungen trifft ( B G H 4. VII. 1990 N J W R R 1305-1306 für einen landwirtschaftlichen Betrieb, 19. VI. 1991 r + s 1991 S. 275 = N J W R R 1991 S. 1307-1308 für eine Gaststätte; O L G Köln 21. II. 1995 VersR 1996 S. 94-95 = r + s 1995 S. 308-310 für eine Holzhandlung). Behält sich der Vmer wichtige Entscheidungen vor, ist der Dritte trotz Einsetzung als Betriebsleiter nicht Repräsentant ( B G H 25. III. 1992 VersR 1992 S. 864-865 = r + s 1992 S. 265-266). [G 51] fff) Gegen den Versicherungsnehmer gerichtete Handlungen Streitig ist, ob der Vmer auch dann für das Fehlverhalten des Repräsentanten einzustehen hat, wenn sich dieses gegen ihn richtet, also insbesondere bei Brandstiftungsfällen ohne Beteiligung des Vmers. Der B G H hat dies bejaht (20. V. 1981 VersR 1981 S. 822-823 mit ausführlicher Begründung, während in den Entscheidungen vom 21.X. 1981 VersR 1982 S. 81-82 und 26. IV. 1989 B G H Z 107 S. 229-236 = VersR 1989 S. 737-738 ohne jede Erörterung des Problems die Zurechnung als selbstverständlich vorausgesetzt wird). In der Literatur wird geltend gemacht, daß zwischen solchen Taten und der Sonderstellung des Dritten kein hinreichender Zusammenhang bestehe, so daß es nicht unbillig sei, wenn der Ver eintreten müsse (Winter in Festschrift für Lorenz S. 723-742, 727; Martin O II 53; so auch L G Münster 10. VI. 1987 VersR 1988 S. 732-733). Diesen Bedenken kann nicht gefolgt werden. Denn die Grundlage der Haftung liegt in der vollständigen Überlassung der Obhut. Wenn der Vmer sich hierfür einen unzuverlässigen Dritten ausgesucht hat, muß er für diesen für alle Formen des Verschuldens eintreten, die im Bereich der Obliegenheiten und bei der Herbeiführung des Vsfalles in Betracht kommen (so auch Römer in Römer-Langheid Anm. 116 zu § 6; Knappmann VersR 1997 S. 261-267, 263). ggg) Einzelfälle [G 52] α) Mieter und Pächter In der Feuerv ist von besonderer Bedeutung, ob der M i e t e r oder P ä c h t e r eines Gebäudes als Repräsentant anzusehen ist. Das ist in Lehre und Rechtsprechung umstritten (bejahend Raiser 2 Anm. 6 zu § 6; Zierke VersR 1987 S. 132-134; Martin 3 O II 84-89 für Fälle, in denen die Rechtsstellung des Mieters oder Pächters durch ver384

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Anm. G 52

II. Gefahrerhöhung

tragliche Abreden gegenüber § 536 B G B (§ 535 B G B n. F.), verstärkt worden ist; Bach VersR 1990 S. 325-328; L G Hannover 16. XII. 1982 VersR 1983 S. 950-951; L G Mönchengladbach 9. X I . 1988 VersR 1989 S. 845; O L G Hamm 27.111.1981 VersR 1981 S. 1173-1174 und 24.11.1989 VersR 90 S. 265-266 für die Leitungswasserv, wenn besondere Pflichten hinsichtlich der Wartung der Anlagen übernommen worden sind, verneinend: Römer in Römer-Langheid Anm. 119 zu § 6; Winter in Festschrift für Lorenz S. 723-742; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 73 zu § 6; Schwintowski in B K R N 227 zu § 6; Looschelders VersR 1999 S. 666-673, 672; O L G Hamburg 9. X I . 1988 VersR 1990 S. 264-265; O L G Hamm 21. VI. 1995 r + s 1995 S. 325-326 = N J W R R 1996 S. 219-220). Der B G H hat, nachdem er die Frage hinsichtlich des Pächters einer Diskothek zunächst offen gelassen hatte (21.X.1981 VersR 1982 S. 81-82) am 26. IV. 1989 ( B G H Z 107 S. 229-236 = VersR 1989 S. 737-738), entschieden, daß der Mieter oder Pächter eines Gebäudes in der Feuerv im allgemeinen nicht Repräsentant des Vermieters oder Verpächters sei. Für die Entscheidung hat zwar eine Rolle gespielt, daß die inzwischen aufgegebene Voraussetzung des Repräsentantenbegriffes, die Vertragsverwaltung, nicht vorlag. Sie hat aber auch im Rahmen der neu formulierten Repräsentantenhaftung Gültigkeit. Denn es wurde darauf abgestellt, daß nur durch den Abschluß des Miet- oder Pachtvertrages keine alleinige Obhut des Mieters oder Pächters begründet werde, weil der Vermieter oder Verpächter nach den gesetzlichen Vorschriften eine Rechtsstellung behalte, die ihm den weiteren Zugriff auf die Sache ermögliche. In dem entschiedenen Fall seien auch keine besonderen Vereinbarungen getroffen worden, durch die dem Pächter eine selbständige, von Weisungen unabhängige Stellung eingeräumt worden sei. Dafür reiche die Übertragung von Instandhaltungspflichten und der Verkehrssicherungspflicht nicht aus, denn sie besagte nicht, daß der Vmer sich um den Zustand des Objekts selbst überhaupt nicht mehr gekümmert habe. Das O L G Köln (6. XII. 1990 VersR 1991 S. 533-534), an das die Sache zurückverwiesen war, hat auch die Einräumung eines Vorkaufsrechts an den Pächter nicht genügen lassen. Mit einer weiteren Entscheidung (7. VI. 1989 VersR 1989 S. 9 0 9 910) hat der B G H seine Auffassung bestätigt und ausgeführt, daß der Mieter eines Einfamilienhauses, dem außer der Durchführung von Schönheitsreparaturen keine besonderen Vertragspflichten auferlegt worden seien, nicht Repräsentant des Vermieters sei (ebenso O L G Hamm 12. IX. 2001 VersR 2002 S. 433-436). Der Auffassung des B G H ist zuzustimmen. Durch den Abschluß eines Miet- oder Pachtvertrages und die Überlassung des Gebrauchs nach §§ 535, 581 B G B (a. und n. F.) wird noch nicht einmal die alleinige Obhut übertragen, weil der Vermieter/Verpächter insbesondere gemäß § 541a B G B (§ 554 n. F.) Einwirkungsrechte behält. Es fehlt auch nach der gesetzlichen Regelung an der Befugnis des Mieters oder Pächters, für den Vmer im gewissen Umfang selbständig zu handeln. Allerdings sind Vertragsgestaltungen denkbar, durch die dem Mieter oder Pächter die alleinige Obhut übertragen und auch gestattet wird, in gewissem Umfang selbständig zu handeln. Das gilt im privaten Bereich für Fälle, in denen der Vermieter eines Einfamilienhauses wegen zu großer örtlicher Entfernung oder aus sonstigen persönlichen Gründen gar keine Möglichkeit hat, einen Teil der Obhut auszuüben ( O L G Düsseldorf 5. IX. 1984 r + s 1985 S. 19-20). Im gewerblichen Bereich werden bei der Verpachtung von Fabrikanlagen die Verträge häufig so gestaltet sein, daß der Pächter verpflichtet ist, Maßnahmen zur Verhütung von Bränden selbst zu treffen, und daß er deshalb insoweit auch selbständig handeln darf. Zu AVB-Klauseln, die Mieter und Pächter als Repräsentanten bezeichnen, siehe unter G 65.

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Anm. G 53

G. Obliegenheiten

β) Familienangehörige Ein weiteres häufig zu Auseinandersetzungen führendes Problem ist, ob F a m i l i e n a n g e h ö r i g e des Vmers als seine Repräsentanten anzusehen sind. [G53] αα) Ehegatten Bei Ehegatten besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß nicht schon allein durch die Heirat und die eheliche Lebensgemeinschaft eine Repräsentantenstellung begründet wird (Möller in Bd I Anm. 68 zu § 6, Bd II 67 zu § 61; Prölss in Prölss-Martin 26 RN 76 zu § 6; Martin 3 O II 34 und 125; Römer in Römer-Langheid Anm. 119 zu § 6; Stürmer VersR 1983 S. 310-312; Wenzel VersR 1990 S. 1310-1315; Schwintowski in BK RN 215 zu § 6; BGH 8. II. 1965 VersR 1965 S. 423-429, 2. V. 1990 VersR 1990 S. 736-737 = r + s 1990 S. 242-243, 4. V. 1994 r + s 1994 S. 284-286; OLG Braunschweig 8. V. 1985 VersR 1986 S. 331; OLG Hamm 25.XI. 1988 VersR 1989 S. 509-511, 6.IX. 1989 VersR 1990 S. 420-421,4. II. 1994 S. 1464; a. A. aber OLG München 17.1.1986 VersR 1986 S. 585 = NJW RR 1986 S. 656; OLG Karlsruhe 20. XI. 1997 r + s 1998 S. 162-163 mit kritischer Anm. von Knappmann S. 250; LG Braunschweig 30.X.1982 VersR 1983 S.453). Die auf der ehelichen Lebensgemeinschaft beruhende Mitobhut für die im Eigentum des anderen Ehegatten stehenden Sachen erfüllt nicht den Tatbestand der Risikoverwaltung. Die vom OLG München a.a.O. entwickelte Vorstellung, daß der Ehegatte, der morgens als erster das Haus verlasse, um zur Arbeit zu gehen, dem anderen die Obhut für die vten Sachen anvertraue, ist nicht nur wenig lebensnah, sondern genügt auch deshalb nicht, eine Repräsentantenhaftung zu begründen, weil allenfalls eine vorübergehende Alleinobhut in Betracht kommt, die nicht ausreicht (siehe oben unter G 50). Deshalb ist der Ehegatte ζ. B. auch dann nicht Repräsentant, wenn ihm, der sonst in der Pizzeria seiner Ehefrau als Angestellter gearbeitet hat, die Führung des Lokals nur für einen Abend anvertraut worden war (OLG Hamm 28. III. 1990 VersR 1990 S. 12301231) oder wenn er die Gaststätte seiner Ehefrau nur während deren kurzfristigen Krankenhausaufenthaltes selbständig führt (OLG Köln 5. V. 1992 und LG Aachen 12. IX. 1991 [Vorinstanz] r + s 1993 S. 69-71). Wird hingegen der Ehegatte mit der Leitung eines Betriebes auf Dauer beauftragt, er z.B. als Geschäftsführer eines Einzelhandelsgeschäftes bestellt, so ist er hinsichtlich der Erfüllung der Obliegenheiten in der Feuerv als Repräsentant anzusehen (BGH 23. III. 1988 NJW RR 1988 S. 920-921). Bei der Prüfung des Umfangs der Entscheidungsbefugnisse sind alle Indizien zu würdigen, aus denen sich ergeben kann, wer von den beiden Ehegatten tatsächlich die notwendigen Entscheidungen bei der Leitung des von einem von ihnen versicherten Betriebes getroffen hat (BGH 4. VII. 1990 NJW RR 1990 S. 1305-1306). Als solche Indizien kommen z.B. in Betracht die größere Geschäftsgewandtheit des einen Ehegatten und die auf psychischer Erkrankung beruhende Uberforderung durch die Leitung eines landwirtschaftlichen Betriebes bei dem anderen (BGH a.a.O.). Auch bei Ehegatten sind aber die vom BGH für Betriebsleiter als Repräsentanten aufgestellten Voraussetzungen, daß sie Entscheidungsspielräume haben müssen und nicht einer Kontrolle durch den Vmer unterliegen dürfen (vgl. BGH 25. III. 1992 VersR 1992 S. 864-865 = r + s 1992 S. 265-266) zu berücksichtigen. Auf die Repräsentanteneigenschaft eines Ehegatten kommt es dann nicht an, wenn der Vsvertrag von beiden abgeschlossen worden ist. Die Leistungsfreiheit des Vers wegen Obliegenheitsverletzungen eines Ehegatten als Vmer wirkt auch gegenüber dem anderen (BGH 30. IV. 1991 NJW RR 1991 S. 1372-1373; OLG Düsseldorf 28. II. 1984 VersR 1984 S. 1060; OLG Hamm 28.1.1987 VersR 1988 S. 508). Ist in der Feuerv ein beiden Eheleuten gehörendes Grundstück vert, kommt es nicht darauf an, ob Gesamthandseigentum oder Miteigentum nach Bruchteilen vorliegt. Denn der Ver386

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Anm. G 54

II. Gefahrerhöhung

trag bezieht sich auf ein einheitliches Risiko, sein Gegenstand ist das einheitliche gleichgerichtete Interesse der Ehegatten am Erhalt der vten Sache ( B G H a.a.O.; Möller in Bd I Anm. 64-66 zu § 6, Bd II Anm. 62 und 63 zu § 61 unter ausführlicher Auseinandersetzung mit den hierzu vertretenen abweichenden Auffassungen; Martin 3 O II 15, 16; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 40, 41 zu § 6). Diese Unterscheidung ist aber geboten, wenn nur einer der Ehegatten Vmer ist und den Miteigentumsanteil des anderen mitvert hat. Bei Gesamthandseigentum, z . B . bei der häufig vereinbarten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, kommt als Träger des vten Interesses nur die Gesamtheit der Beteiligten in Betracht mit der Folge, daß Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung oder Herbeiführung des Vsfalles durch einen Ehegatten auch dem anderen schadet. Bei Bruchteilseigentum hingegen sind Einzelinteressen vert und behält deshalb der Vmer seinen Anteil an der Vsentschädigung, wenn das Fehlverhalten den anderen Ehegatten betrifft, z. B. wenn die Ehefrau, deren Miteigentumsanteil der Ehemann mitvt hat, einen Dritten zur Brandlegung angestiftet hat (RG 13. V. 1938 R G Z 157 S. 314-320; Möller a.a.O.). Dieses Ergebnis gilt allerdings nur, wenn der Mitversicherte nicht Repräsentant des Vmers ist. Ist die V von einem Ehegatten für einen Inbegriff von Sachen genommen worden, wie z. B. in der Hausratv, so erstreckt sie sich gemäß § 85 auf die Sachen des anderen Ehegatten (sowie der übrigen zur Familie des Vmers gehörenden und eventuell weiterer in einem Dienstverhältnis zu ihm stehenden Personen). Es liegt insoweit eine V für fremde Rechnung vor mit der Folge, daß der Vmer sich gemäß § 79 ein schuldhaftes Verhalten seines Ehegatten zurechnen lassen muß, soweit es um Gegenstände geht, die in dessen Alleineigentum stehen. Soweit Gegenstände im gemeinschaftlichen Eigentum, nämlich Bruchteilseigentum betroffen sind, kommt eine Zurechnung nach § 79 nur in Betracht, als es um den Eigentumsanteil des mitvten Ehegatten geht. Hinsichtlich des Miteigentumsanteil des Vmers schadet ihm das Fehlverhalten des anderen nicht, wie sich aus § 80 II ergibt ( O L G Hamm 4. II. 1994 VersR 1994 S. 1464 = N J W R R 1995 S. 287-289; Römer in Römer-Langheid Anm. 4, 5 zu § 79). Etwas anderes gilt auch hier für den selten vorkommenden Fall, daß der Ehegatte Repräsentant des Vmers ist. Das hat das O L G Celle 2 . X I I . 1 9 8 7 VersR 1988 S. 617-618 im Rahmen einer V für fremde Rechnung zwar nicht für den Ehegatten, aber für die Mietmieter einer Lagerhalle zum Betrieb einer Hobbywerkstatt angenommen und dem Vmer den Vsschutz für die ihm gehörigen, durch grobes Verschulden eines anderen Mieters verbrannten Sachen versagt, weil dieser die Halle hatte selbständig nutzen dürfen. Martin (in einer Anmerkung hierzu a.a.O. S. 618-619) wollte diese Entscheidung nutzbar machen für die Überlegung, ob nicht in einer intakten Ehe Ehegatten doch Repräsentanten in der Hausratv seien (anders aber jetzt Martin 3 O II 34 und 125). Eine Ubertragung der Überlegungen des O L G Celle auf Ehegatten kommt aber schon deshalb nicht in Betracht, weil die Entscheidung schon für den entschiedenen Sachverhalt Zweifel aufwirft. Es fehlt nämlich an Feststellungen, daß der Vmer die Obhut an seinen Sachen auf den Mietmieter übertragen hat, allenfalls lag für eine Repräsentantenstellung nicht ausreichende Mitobhut vor. [G 54]

ßß) Verlobte und Lebensgefährten

Auch ein(e) V e r l o b t e © oder L e b e n s g e f ä h r t e , der (die) mit dem Vmer in häuslicher Gemeinschaft lebt, ist nicht allein wegen dieser Beziehung Repräsentant (Martin 3 O II 123; B G H 2. V. 1990 VersR 1990 S. 736-737, 16. VI. 1993 VersR 1994 S. 45-48; O L G Hamm 25. X I . 1988 VersR 1989 S. 509-511, 6. I X . 1989 VersR 1990 S. 420-421, 24.1.1990 N J W R R 1990 S. 993-994). Unzutreffend haben O L G Frankfurt (2. VII. 1988 VersR 1988 S. 820-822 = N J W R R 1988 S. 33-34) und L G Karlsruhe Johannsen/Johannsen

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Anm. G 56

G. Obliegenheiten

(30. XI. 1984 VersR 1985 S. 380) das für die Hausratv angenommen, obwohl sich aus den Sachverhalten keine Indizien für alleinige Obhut oder Entscheidungsbefugnisse ergeben. Dazu, daß Vorschriften in den AVB, die die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Vmer lebenden Personen für Obliegenheitsverletzungen und die Herbeiführung des Vsfalles dem Vmer gleichstellen, unwirksam sind, vgl. G 66. [G 55] γγ) Eltern und Kinder Die Beziehung zwischen E l t e r n u n d K i n d e r n , die als solche ebenfalls keine Repräsentantenstellung begründet, kann die Grundlage einer Übertragung der Risikoverwaltung für vte Sachen sein. So hat der BGH den Vater, der den von seinem Sohn gepachteten und vten Gaststättenbetrieb führt, den der Sohn erst nach Ableistung seiner Wehrpflicht übernehmen soll, zutreffend als Repräsentanten angesehen (19. VI. 1991 r + s 1991 S. 275 = NJW RR 1991 S. 1307-1308), und ebenso entschieden hinsichtlich der Eltern eines Vmers, die für diesen die alleinige Obhut über eine früher ihnen gehörende Reitanlage mit Stall und Nebengebäuden auch nach dem Eigentumsübergang auf den Sohn weiter ausübten, bis er den schon von ihm vten Betrieb übernehmen könne (BGH 21. IV. 1993 BGHZ 122 S. 250-256 = VersR 1993 S. 828-830; der Mutter oblag im übrigen zusätzlich die Vertragsverwaltung, vgl. zu diesem Fall unter G 48). Einen weiteren Beispielsfall hat das OLG Köln (21. II. 1995 VersR 1996 S. 94-95 = r + s 1995 S. 308-310) entschieden: Der Vater ist Repräsentant, wenn er den Betrieb, den er als sein Lebenswerk betrachtet, trotz förmlicher Übertragung auf den Sohn als Angestellter weiterhin leitet und alle Entscheidungen selbständig trifft. Hingegen ist ein im vten Haus lebender Sohn, der während der Abwesenheit seiner Mutter gelegentlich „nach dem Rechten sieht" nicht Repräsentant, weil ihm eine Befugnis zum selbständigen Handeln nicht übertragen worden ist (OLG Hamm 12. III. 1982 VersR 1982 S. 966); anders ist aber der Sachverhalt zu beurteilen, wenn die Mutter schon seit längerer Zeit ausgezogen ist und den in dem ihr gehörenden Haus lebenden Sohn nur gelegentlich besucht (OLG Düsseldorf 5.IX. 1984 r + s 1985 S. 19-20). Bewirtschaftet die gegen Brandschäden vte Mutter den von ihrem Ehemann ererbten Hof gemeinsam mit ihrem Sohn, der den Hof später erhalten soll, so ist der Sohn dann nicht Repräsentant, wenn sämtliche den Hof betreffende Angelegenheiten von Mutter und Sohn gemeinsam besprochen werden (OLG Hamm 3. XI. 1976 VersR 1977 S. 1145-1146). [G 56] ÔÔ) Sonstige Vertrauenspersonen Die Risikoverwaltung kann auch auf sonstige V e r t r a u e n s p e r s o n e n des Vmers übertragen worden sein. Das kann ζ. B. bei einer Maklerfirma in Betracht kommen, wenn dieser mit dem Auftrag zur Vermietung eines leerstehenden Hauses auch die Schlüssel und die alleinige Obhut überlassen worden sind (OLG Braunschweig 13. VII. 1971 VersR 1971 S. 812). Lebt der Vmer im Ausland und hat er einer in der Nähe des vten Hauses wohnenden Verwandten die Schlüssel übergeben mit der Bitte, sich um dieses zu kümmern, so ist diese Repräsentantin, wenn es allein ihrem Ermessen überlassen ist, welche Maßnahmen sie zum Schutze des Hauses trifft (OLG Frankfurt 7.1.1987 NJW RR 1987 S. 611-612). R e c h t s a n w ä l t e kommen in aller Regel nicht als Repräsentanten in der Feuerv in Betracht, weil ihnen nicht die Obhut über versicherte Sachen übertragen zu werden pflegt (wohl aber als Wissenserklärungsvertreter, Römer in Römer-Langheid Anm. 119 zu § 6, anders aber Langheid ebenda Anm. 14 zu § 61). Allenfalls in Extremfällen 388

Johannsen/Johannsen

Anm. G 57

II. Gefahrerhöhung

wird ein Rechtsanwalt als Repräsentant angesehen werden können. So hat der O G H 12. I X . 1985 VersR 1987 S. 395-396 erwogen, einen Rechtsanwalt, dem von dem im Ausland lebenden Vmer die Verwaltung eines leerstehenden Pensionsbetriebes übertragen worden war, als Repräsentanten anzusehen, weil er sich auch bereit erklärt hatte, sich persönlich um das Objekt zu kümmern, und Ratschläge hinsichtlich der Beheizung und Einschaltung eines Wachdienstes erteilt hat. Konsequenzen aus dieser Erwägung hat das Gericht allerdings mit Rücksicht darauf, daß das österreichische Recht den Repräsentantenbegriff nicht anerkennt, nicht gezogen. Repräsentant ist aber der Z w a n g s v e r w a l t e r eines vten Gebäudes. Denn durch seine Einsetzung ist der Vmer aus der Verwaltung und Nutzung des Grundstückes verdrängt worden, der Zwangsverwalter hat das beschlagnahmte Vermögen gemäß §§ 152, 148 Z V G im eigenen Namen zu verwalten ( B G H 19. X . 1994 N J W 1995 S. 5 6 - 5 8 = VersR 1994 S. 1465-1467). [ G 5 7 ] ee) Anzeigepflicht Gemäß § 23 I löst die ohne Einwilligung des Vers vorgenommene Gefahrerhöhung eine A n z e i g e p f l i c h t aus. Auch diese stellt eine Obliegenheit dar, deren Verletzungsfolgen sich vollständig aus dem Gesetz ergeben (Möller in Bd I Anm. 28 zu § 23). Wegen der Verknüpfung von Gefahrstands- und Anzeigeobliegenheit spricht Reimer Schmidt (Obliegenheiten S. 208) plastisch von Reihen- oder Kettenobliegenheiten. Die Anzeigepflicht setzt K e n n t n i s des Vmers davon voraus, daß durch eine von ihm ohne Einwilligung des Vers vorgenommene oder gestattete Änderung die Gefahr erhöht ist. Das bedeutet, daß er außer den objektiven Umständen auch den gefahrerhöhenden Charakter der von ihm vorgenommenen Maßnahme kennen muß und Kennenmüssen nicht genügt ( B G H 18. X I I . 1968 VersR 1969 S. 177-178; Möller in Bd I Anm. 34 zu § 23; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 43 zu § 23; Weber Gefahrerhöhung S. 55). Der Vmer muß also ζ. B. wissen, daß die von ihm im Zusammenhang mit einer Betriebseinstellung getroffenen Maßnahmen zur Verminderung der Brandstiftungsgefahr nicht ausreichen (vgl. die Beispiele unter G 39, 40). Die Kenntnis fehlt auch, wenn der Vmer auf Grund von Angaben des Agenten annehmen durfte, der Ver sei mit der Gefahrerhöhung einverstanden ( O L G Königsberg 18. X I . 1927 J R P V 1928 S. 12-15: Zustimmung zur Errichtung einer zweiten Feuerstätte in einer Werkstatt). Abzustellen ist auf die Kenntnis des Vmers, wenn dieser für Repräsentanten einzustehen hat, auf deren Kenntnis, vgl. dazu G 46-50. Nach einigen Bedingungen, so nach §§ 20 Nr. 1 A F B 87, 28 Nr. 1 V H B 84 und 92, 21 Nr. 1 V G B 62, 26 Nr. 1 V G B 88 ist die Anzeige s c h r i f t l i c h zu erstatten. Diese Abweichung vom Gesetz ist durch § 34 a 2 ausdrücklich gestattet. Jedoch kann sich der Ver auf einen Formmangel nicht berufen, wenn er durch eine nur mündlich erstattete Anzeige Kenntnis erlangt hat, § 25 II 2. Besondere Fristen enthalten die AVB nicht, sie verwenden den Begriff u n v e r z ü g l i c h , der auf die gesetzliche Definition von § 121 B G B ohne schuldhaftes Zögern verweist. Die Länge der danach dem Vmer zustehenden Frist hängt von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere von der Erheblichkeit der erhöhten Gefahr ab. Der B G H 10.1.1951 N J W 1951 S. 231-233 hat für den Fall der Einleitung einer Benzinmischung in eine Reinigungsanlage angenommen, daß die Anzeige während des bis zum Ausbruch des Brandes liegenden Zeitraums von 5 Tagen hätte erstattet werden müssen. Dem ist wegen der besonders hohen Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts zuzustimmen. Starre Fristen, wie sie Langheid (in Römer-Langheid Anm. 37 zu §§ 2 3 - 2 5 ) aufstellt, entsprechen nicht dem Gesetz. Im Einzelfall können bei nicht so Johannsen/Johannsen

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Anm. G 59

G. Obliegenheiten

gravierenden Gefahrerhöhungen durchaus längere Überlegungsfristen für den Vmer von etwa 14 Tagen in Betracht kommen. Wegen weiterer Einzelheiten zur Anzeigepflicht wird, da insoweit Besonderheiten der Feuerv nicht in Betracht kommen, auf Möller in Bd I Anm. 27-38 zu § 23 verwiesen. [G 58] ff) Fristlose Kündigung des Versicherers Für den Ver löst die Vornahme einer Gefahrerhöhung durch den Vmer gemäß § 24 I das Recht aus, den Vertrag f r i s t l o s zu kündigen. Ein b e f r i s t e t e s , d.h. erst mit Ablauf eines Monats nach der Ausübung seine Wirkung entfallendes Kündigungsrecht steht ihm gemäß § 24 I 2 dann zu, wenn die Verletzung nicht auf einem Verschulden des Vmers beruht. In beiden Fällen muß das Kündigungsrecht innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung ausgeübt werden und erlischt es, wenn die Gefahrerhöhung wieder beseitigt ist, § 24 II. Zu beachten ist die Fortdauer der Haftung gegenüber den Hypothekengläubigern nach § 103 (vgl. dazu unter J 63). Das Kündigungsrecht gibt dem Ver nur die Möglichkeit, sich für die Zukunft von unrentabel gewordenen Risiken zu trennen oder im Verhandlungswege eine risikoangemessene Prämie zu erhalten, die ihm das Gesetz nicht gewährt, weil § 41 für die Gefahrerhöhung auch nicht analog eingreift (Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 41; Martin 3 Ν III 5; vgl. aber die vertragliche Anpassungsregelung in §§ 6 Nr. 4 AFB 87, 10 Nr. 3 VGB 88 für neu aufgenommene oder geänderte Betriebe). [G 59] gg) Leistungsfreiheit Von größerer praktischer Bedeutung ist die in § 25 I angeordnete L e i s t u n g s f r e i h e i t für den Fall, daß der Vsfall nach der Gefahrerhöhung eintritt und diese schuldhaft erfolgt ist. Dieselbe Rechtsfolge löst auch der eher seltene Fall aus, daß zwar die Gefahrerhöhung unverschuldet erfolgt ist, der Vmer aber die Anzeige nicht rechtzeitig erstattet hat und der Vsfall später als nach einem Monat eintritt, nach dem die Anzeige dem Ver hätte zugehen müssen, § 25 II S. 2. Nach § 25 III bleibt aber die Verpflichtung zur Leistung bestehen, wenn der Ver die Kündigungsfrist hat verstreichen lassen. Hat er aber erst nach dem Eintritt des Vsfalles von der Gefahrerhöhung, die häufig erst durch Sachverständige bei der Schadenermittlung festgestellt wird, Kenntnis erlangt, so braucht er nicht mehr zu kündigen, um sich die Leistungsfreiheit zu erhalten (BGH 2. VII. 1964 VersR 1964 S. 841-842, 16. IX. 1986 VersR 1986 S. 1231-1233, 18. IX. 1986 VersR 1987 S. 37-39, 13. XI. 1996 r + s 1997 S. 120-121 = VA 1997 S. 146-148; O L G Celle 10. X. 1990 r + s 1991 S. 117). Die Leistungspflicht bleibt ebenfalls bestehen, wenn die Gefahrerhöhung keinen Einfluß auf den Eintritt des Vsfalles oder den Umfang des Schadens gehabt hat, § 25 III. Der vom Vmer zu führende K a u s a l i t ä t s g e g e n b e w e i s entspricht § 21 (vgl. deshalb unter G 23). An ihn sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Ver ist leistungsfrei, soweit auch nur die Möglichkeit einer Mitursächlichkeit der Gefahrerhöhung an dem Eintritt des Vsfalles besteht ( O G H 26. VI. 1986 VersR 1988 S. 69-70; O L G Frankfurt 16.1.1985 r + s 1985 S. 280-281).

390

Johannsen/Johannsen

Anm. G 61

II. Gefahrerhöhung

[G 60] c) Objektive Gefahrerhöhung aa) Voraussetzungen O b j e k t i v e Gefahrerhöhungen im Sinne von § 27 stellen alle nachteiligen Gefahrenänderungen dar, die nicht vom Vmer oder Personen, für die er einzutreten hat, willentlich vorgenommen oder gestattet sind. Sie können auf Naturereignissen beruhen (wie die durch Blitzschlag verursachte Beschädigung eines Blitzableiters), auf normaler Abnutzung (wie im Fall B G H 21.1.1987 VersR 1987 S. 653-654 defektes Rollgitter) oder auf einem Verhalten dritter Personen (ζ. B. Drohung, das vte Gebäude anzuzünden oder in die Luft zu sprengen B G H 8. II. 1965 VersR 1965 S. 425-429, 27.1.1999 NVersZ 2000 S. 276-277 = VersR 1999 S. 484-485; O L G Düsseldorf 22.V. 1962 VersR 1963 S. 56-58; O L G Koblenz 2 . X I . 1 9 8 7 r + s 1987 S. 303-304). Unter § 27 sind auch die meisten der in der Rechtsprechung zahlreich behandelten Fälle des Leerstehens von Wohngebäuden (siehe unter G 39) zu subsumieren ( O L G Hamm 6. II. 1998 VersR 1999 S. 359-360; O L G Köln 28.111.2000 r + s 2000 S. 207208). Während bei Gewerbebetrieben die Einstellung und das anschließende Leerstehenlassen des Gebäudes regelmäßig auf einem willentlichen Handeln des Inhabers beruht, so daß die hiermit etwa verbundene Gefahrerhöhung als eine subjektive einzuordnen ist (so ausdrücklich O L G Hamm 10. III. 1975 VersR 1976 S. 259-260; siehe auch die weiteren Beispielsfälle unter G 40), vollzieht sich bei den Wohngebäuden das Leerstehen häufig unabhängig von dem Willen des Vmers, insbesondere durch den Auszug der Mieter, und tritt die Gefahrerhöhung meistens erst später dadurch ein, daß das leerstehende Gebäude wegen mangelnder Aufsicht verwahrlost (siehe dazu unter G 39). Soweit allerdings durch aktive Maßnahmen des Vmers, ζ. B. das Vernageln der Fenster mit Brettern, für Außenstehende erst offenbar wird, daß das Gebäude leer steht, und damit die Gefahr des Eindringens Unbefugter begründet wird, liegt eine subjektive Gefahrerhöhung vor ( O L G Hamm 31.111.1976 VersR 1978 S. 218-219). Der B G H hat die Frage, ob die mit dem Leerstehen von Wohngebäuden verbundene Gefahrerhöhung als subjektive oder objektive einzuordnen ist, nicht entschieden, sondern ausdrücklich offen gelassen (13.1.1982 VersR 1982 S. 466-467 = r + s 1982 S. 129-130). [G 61] bb) Anzeigepflicht und Kündigungsrecht des Versicherers Die objektive Gefahrerhöhung löst ebenfalls eine Anzeigeobliegenheit des Vmers aus, § 27 II, er hat dem Ver unverzüglich, nachdem er von der Gefahrerhöhung Kenntnis erlangt hat, Anzeige zu erstatten. Für Frist und Form gilt das gleiche wie im Fall der subjektiven Gefahrerhöhung. Dem Ver steht ein Kündigungsrecht zu, das aber nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat ausgeübt werden darf, damit der Vmer ausreichend Zeit hat, sich um anderen Vsschutz zu kümmern. Hat der Ver fristlos unter Hinweis auf § 2 4 gekündigt, weil er von einer subjektiven Gefahrerhöhung ausgegangen ist, so kann die Kündigung nicht ohne weiteres in eine fristgemäße nach § 27 umgedeutet werden ( O L G Köln 25. X. 1990 r + s 1990 S. 421-422; dazu kritisch Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu §§ 27; 28). Das kommt nur dann in Betracht, wenn der Wille des Vers besteht, den Vertrag auf jeden Fall zu beenden und wenn dieser Wille für seinen Vertragspartner zweifelsfrei erkennbar ist ( B G H 12.1.1981 N J W 1981 S. 976-977). Das wird man aber bei einer ausdrücklichen Berufung auf die sofortige Wirkung der Kündigung wegen subjektiver Gefahrerhöhung im Kündigungsschreiben nicht annehmen können ( O L G Köln a.a.O.). Johannsen/Johannsen

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G. Obliegenheiten

Anm. G 64 [ G 62] cc) Leistungsfreiheit

Leistungsfreiheit k o m m t im Fall der objektiven Gefahrerhöhung nur in Betracht, wenn der Vmer es schuldhaft unterlassen hat, Anzeige zu erstatten, und der Vsfall später als einen M o n a t nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anzeige dem Ver hätte zugehen müssen, § 28 I. Der Ver bleibt also im Risiko, wenn der Vmer - wie häufig in den entschiedenen Fällen festgestellt - erst durch den Schadensfall oder kurze Zeit davor Kenntnis von dem gefahrerhöhenden U m s t a n d erlangt hat ( B G H 21.1.1987 VersR 1987 S. 653-654, defektes Rollgitter; O L G Köln 1 5 . I X . 1 9 8 8 r + s 1989 S. 195-196 z u m Leerstehen eines Wohngebäudes). Die Leistungspflicht des Vers bleibt ebenfalls bestehen, wenn ihm die Gefahrerhöhung in dem Zeitpunkt, in dem ihm die Anzeige hätte zugehen müssen, bekannt war oder wenn er die Kündigungsfrist hat verstreichen lassen, § 28 II. Schließlich steht dem Vmer auch im Fall der objektiven Gefahrerhöhung die Möglichkeit offen, die Leistungsfreiheit des Vers durch Führung des Kausalitätsgegenbeweises abzuwenden. § 28 II 2 2. Fall. [ G 63] d) A u s s c h l u ß der R e c h t s f o l g e n Die geschilderten Rechtsfolgen werden durch eine Gefahrerhöhung dann nicht ausgelöst, wenn diese v o m Vmer durch das Interesse des Vers, durch ein Ereignis, für das dieser hafte oder durch ein G e b o t der Menschlichkeit veranlaßt wird, § 26. D i e Vorschrift, die über ihren Wortlaut hinaus nach h. M . nicht nur für die subjektive sondern auch für die objektive Gefahrerhöhung gilt (Möller in B d I A n m . 8 zu § 26; Raiser 2 A n m . 22 zu § 6; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 26, Langheid in RömerLangheid R N 5 zu § 26) hat fast keine praktische Bedeutung. Sie kann in der Feuerv allenfalls für Rettungsmaßnahmen im Schadensfall eine Rolle spielen, z. B. wenn nach einem Brandausbruch gerettete Sachen in gefährdender Weise (Holzschuppen) untergebracht oder zur Beseitigung von Löschwasserschäden nicht hinreichend gesicherte elektrische Geräte eingesetzt werden. E s wird auf die Kommentierung zu § 26 von Möller in B d I. verwiesen. Wenn sich der Vsvertrag auf mehrere Gegenstände bezieht, z. B. die V mehrerer Gebäude, oder von Gebäuden und eingelagerten Sachen, k o m m t nach § 30 u . U . nur eine teilweise Verwirklichung der Rechtsfolgen der Gefahrerhöhung, also eine Teilkündigung oder teilweise Leistungsfreiheit in Betracht. Wenn sich nämlich die Gefahrerhöhung nur auf einen Teil der Gegenstände bezieht, beispielsweise wird nur in einem G e b ä u d e ein feuergefährlicher Betrieb aufgenommen, so stehen dem Ver das Recht auf Kündigung und Leistungsfreiheit für den übrigen Teil nur dann zu, wenn anzunehmen ist, daß er für diesen allein den Vertrag unter den gleichen Bedingungen nicht geschlossen haben würde. Zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen im einzelnen vgl. Möller in B d I zu § 30.

3. V o m G e s e t z abweichende R e g e l u n g e n der G e f a h r e r h ö h u n g in A V B [ G 64]

Schrifttum

Bach-Geiger VersR 1993 S. 659-675, Bundschuh-Estel in Symposion AGB und AVB Die Entwicklung des Verbraucherschutzes bei Versicherungsverträgen Karlsruhe 1993 S. 3-26, Bundschuh ZVerswiss 1993 S. 39-56, Hansen VersR 1988 S. 1110-1118, Hoegen in Symposion 80 Jahre W G Das Versicherungsrecht in Rechtsprechung und Regulierungspraxis Karlsruhe 1988 S. 94-116, Horn Die Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen (AFB) und das A G B G Hamburg 1984, Hübener Allgemeine Versicherungsbedingungen und A G B G 4. Aufl. 1993, 392

Johannsen/Johannsen

II. Gefahrerhöhung

Anm. G 66

Martin VersR 1988 S. 209-218, Martin in Symposion 80 Jahre W G S. 305-351, Präve Versicherungsbedingungen und A G B G München 1998, Schirmer in Symposion 80 Jahre W G S. 2 6 5 305, Schirmer in Symposion A G B und AVB S. 61-113, Wandt Änderungsklauseln in Versicherungsverträgen Karlsruhe 2000, Winter in Festschrift für Egon Lorenz Karlsruhe 1994 S. 723-742.

a) Beurteilung nach § 34 a) W G [G 65] aa) Vorbemerkung Obwohl die üblicherweise verwendeten Feuer-VB grundsätzlich auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 23-30 verweisen, gibt es doch einige abweichende Vereinbarungen. Ob diese wirksam getroffen worden sind, ist zum einen nach § 34 a zu untersuchen, zum anderen nach den Vorschriften des AGBG, bzw. nach §§ 305-310 BGB n.F. Nach § 34 a kann sich der Ver auf eine Vereinbarung, durch welche von den Vorschriften der §§ 23-29 a zum Nachteil des Vmers abgewichen wird, nicht berufen. Damit sind nahezu sämtliche Vorschriften über die Gefahrerhöhung relativ zwingend. Ausdrücklich zugelassen ist hingegen die Vereinbarung der Schriftform für die dem Vmer obliegenden Anzeigen, wie sie in §§ 6 AFB 30, 20 Nr. 1 AFB 87, 13 Nr. 2 VHB 84 und 92, 8 Nr. 2 VGB 62und 10 Nr. 2 VGB 88 getroffen ist. Abbedungen werden können die Vorschriften über die Gefahrerhöhung nach § 187 bei der Versicherung von Großrisiken gemäß Art. 10 I EG zum W G . Die früher in § 187 II vorgesehene Ausnahme von den Beschränkungen der Vertragsfreiheit für die laufende V, die auch in der Feuerv vorkommt, ist seit dem 1. VII. 1990 entfallen. Aus § 34 a folgt, daß der Begriff der Gefahrerhöhung, der im Gesetz zwar nicht definiert, aber von Rechtsprechung und Lehre in den wesentlichen Fragen übereinstimmend erläutert worden ist, nicht zum Nachteil des Vmers ausgeweitet werden darf (Möller in Bd I Anm. 39 zu § 23; Prölss in Prölss-Martin 26 RN 20, 44 zu § 23; Martin 3 Ν IV 30; OLG Hamm 28. V. 1986 VersR 1987 S. 1105). Auf die unter G 31 genannten Beispiele für Vereinbarungen, in denen Umstände, die die Gefahrenlage gar nicht nachteilig verändern, als Gefahrerhöhungstatbestände bezeichnet worden sind, wird verwiesen. Relativ unwirksam sein können aber auch Vereinbarungen, die die Rechtsfolgen einer Gefahrerhöhung abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regeln (Möller in Bd I Anm. 15 zu § 24,12 zu § 25; Prölss in Prölss-Martin 26 RN 44 zu § 23; Martin 3 Ν I V 3). [G 66] bb) Repräsentantenklauseln Hier kommen insbesondere Bestimmungen in Betracht, die dem Vmer bei der Anwendung der Vorschriften über die Gefahrerhöhung andere Personen gleichstellen, die nicht Repräsentanten im Sinne der unter G 48 erläuterten Rechtsprechung des BGH sind. So enthielt § 17 AFB 87 eine Definition des Repräsentantenbegriffs, die den Versuch darstellte, die Ergebnisse der BGH-Rechtsprechung zusammenzufassen (Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 2 zu § 17 AFB 87). Das war aber deshalb nicht gelungen, weil die Vorschrift nur auf die Überlassung der Obhut, nicht aber der Risikoverwaltung abstellte und insbesondere die Überlassung der alleinigen Obhut aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrages ausreichen ließ. Für die Zulässigkeit solcher Repräsentantenklauseln war insbesondere Schirmer eingetreten (ZVersWiss 1984 S. 553-591, 579) mit der Begründung, daß der Repräsentantenbegriff keineswegs durch die Rechtsprechung verbindlich zu Gunsten des Vmers festgelegt sei (ebenso Johannsen/Johannsen

393

Anm. G 67

G. Obliegenheiten

Sieg Β 35, Bach VersR 1990 S. 235-238,237f; dagegen aber Bundschuh ZVerswiss 1993 S. 39-56, 47; Winter in Festschrift für Lorenz S. 723-742, 735f; Horn S. 9). Unter Hinweis auf die Entscheidung des B G H vom 26. IV. 1989 (BGHZ 107, 229-236 = VersR 1989 S. 737-738), nach der Mieter und Pächter nicht als Repräsentanten anzusehen sind, hat das BAV die Änderung von § 17 AFB 87 verlangt (VerBAV 1991 S. 352-353). Nach der Neufassung stehen im Rahmen von § 6 AFB 87 Repräsentanten dem Vmer gleich, so daß es allein auf den von der Rechtsprechung entwickelten Repräsentantenbegriff ankommt. Für Altverträge darf § 17 AFB 87 nicht mehr zum Nachteil des Vmers angewandt werden. Denn die Vereinbarung weicht von den Vorschriften der §§23-25, wie sie bei angemessener Auslegung zu verstehen sind, ab. Dazu gehört nämlich, daß den Vmer nur die Rechtsfolgen von solchen Gefahrerhöhungen treffen, die Repräsentanten, nicht aber andere Dritte vorgenommen oder geduldet haben. Dementsprechend hat der B G H 21. IV. 1993 NJW R R 1993 S. 10491052 = VersR 1993 S. 830-832 = r + s 1993 S. 308-310 bei der Inhaltskontrolle einer anderen Repräsentantenklausel nach § 9 A G B G dem Grundsatz, daß der Vmer im Rahmen von § 61 nur für solche Personen einzustehen habe, denen er die alleinige Obhut für die versicherte Sache und die Risikoverwaltung nicht nur vorübergehend übertragen hat, Leitbildfunktion zuerkannt. Die Entscheidung betrifft § 9 VHB 84, wonach Schäden nicht vert sind, die eine mit dem Vmer in häuslicher Gemeinschaft lebende volljährige Person vorsätzlich oder grobfahrlässig herbeiführt. Zu dieser Vorschrift hatte der B G H bereits früher (2. V. 1990 VersR 1990 S. 736-737) Bedenken geäußert im Hinblick darauf, daß der Ausformung des Repräsentantenbegriffes durch § 15 a Schranken gesetzt seien. Auf die Unwirksamkeit der Bestimmung wird auch von B G H 10.11.1999 NJW R R 2000 S. 397-398 hingewiesen. Auch diese Klausel ist auf Beanstandung des BAV (VerBAV 1991 S. 352-353) dahin geändert worden, daß es in § 9 Nr. 1 VHB 92 anstelle von „ eine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende volljährige Person" heißt „sein Repräsentant". Entsprechendes gilt gemäß § 25 Nr. 2 VGB 88 für die WohngebäudeV. Hinsichtlich der Altfassung kommt unabhängig von der Unwirksamkeit nach § 9 A G B G auch § 34 a zur Anwendung ( O L G Hamm 9.1.1991 r + s 1991 S. 240-241,6. IX. 1989 VersR 1990 S. 420 = r + s 1990 S. 133-134; Knappmann in Prölss-Martin26 R N 11 zu § 9 VHB 84), weil die häusliche Gemeinschaft als alleinige Grundlage nicht ausreicht, um den Vmer für den Dritten haften zu lassen. [G 67] cc) Prämienanpassungsklauseln Ob auch P r ä m i e n a n p a s s u n g s k l a u s e l n für den Fall der Gefahrerhöhung an § 34 a scheitern, ist zweifelhaft. Das wäre wohl der Fall, wenn AVB als Sanktion für vorgenommene oder nicht rechtzeitig angezeigte Gefahrerhöhungen eine nicht zum Umfang des veränderten Risikos in Beziehung stehende erhöhte Prämie vorsehen würden. Denn eine solche Rechtsfolge ist im Gesetz nicht vorgesehen. § 41, der für bestimmte Fälle falscher Beurteilung der Gefahr bei Vertragsschluß eine Prämienerhöhung gestattet, ist auf die Gefahrerhöhung nicht anwendbar (Römer in RömerLangheid Anm. 2 zu § 41), und § 41 a regelt nur die Prämienermäßigung bei Verminderung der Gefahr. Hieraus wird geschlossen, daß auch eine vereinbarte angemessene Prämienerhöhung für den Fall einer Gefahrerhöhung gegen § 34 a verstoße, weil sie auch dann, wenn sie einen Verzicht auf das sonst dem Ver zustehende Kündigungsrecht beinhalte, für den Vmer nachteilig sein könne, weil dieser möglicherweise bei einem anderen Ver billigeren Vsschutz gefunden oder das Risiko lieber unvert gelassen hätte (Prölss in Prölss-Martin bis zur 25. Aufl. Anm. 3 zu § 27; anders jetzt R N 3 zu § 27; Martin3 Ν I V 3). Dem ist nicht zuzustimmen. Daß die Vereinbarung von Prämienerhöhungen bei Gefahränderungen zulässig sein kann, ist bereits aus § 31 zu schließen, 394

Johannsen/Johannsen

Anm. G 67

II. Gefahrerhöhung

der dem Vmer ein Kündigungsrecht einräumt, wenn der Ver aufgrund einer Anpassungsklausel die Prämie erhöht, ohne daß sich der Umfang des Vsschutzes ändert. Damit wird nämlich die Zulässigkeit von Anpassungsklauseln und zwar erst recht von solchen für Erweiterungen des Ümfangs des Vsschutzes vorausgesetzt. Daß der Vmer für die Übernahme der erhöhten Gefahr durch den Ver als Gegenleistung eine im Verhältnis zum Ausmaß der Gefahrerhöhung stehende erhöhte Prämie zahlen muß, stellt eine eigentlich selbstverständliche und angemessene Lösung dar und begründet deshalb keinen Nachteil im Sinne von § 34 a für den Vmer (Möller in Bd I Anm. 39 zu § 23 zu § 8 II 1-3 A HaftpflB; Werber VersR 1976 S. 897-901, 900; Langheid in RömerLangheid R N 33 zu §§ 23-25). Allerdings unterliegen solche Klauseln der Inhaltskontrolle nach §§ 9 AGBG, 307 B G B n.F. und sind insbesondere an dem Transparenzgebot zu messen (BGH 8.X. 1997 VersR 1997 S. 1517-1519). Eine Prämienanpassung ermöglicht z. B. § 6 Nr. 4 AFB 87 für den Fall der Aufnahme oder Veränderung eines Betriebes, die dem Ver unverzüglich anzuzeigen sind. Aus dem Hinweis auf die Geltung der §§ 23-30 für den Fall, daß mit der Aufnahme oder Veränderung des Betriebes eine Gefahrerhöhung verbunden ist, ergibt sich, daß ein Verzicht des Vers auf sein Kündigungsrecht nicht vorliegt. Sein Anspruch,, auf die aus einem etwa erforderlichen höheren Prämiensatz errechnete Prämie" kommt also nur in Betracht, wenn er an dem Vertrag trotz der Gefahrerhöhung festhält. Daß er für diesen Fall auch eine im angemessenen Verhältnis zum Umfang der übernommenen Gefahr stehende Prämie erhält, ist nicht zu beanstanden (auch Martin3 Ν IV 7 nimmt trotz seiner Bedenken keine Unwirksamkeit der Klausel an sondern plädiert nur für eine enge Auslegung; für ihre Zulässigkeit Langheid a.a.O. und Horn S. 52). Die Vorschrift des § 6 Nr. 4 AFB 87 wird in der industriellen Feuerv häufig ergänzt durch die Klausel 3606 - Versehensklausel - , nach der trotz Verletzung der Anzeigepflicht insbesondere auch wegen der neu aufgenommenen oder veränderten Betriebe die Verpflichtung des Vers zur Leistung bestehen bleibt, wenn die Verletzung nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht, ihm aber vom Tage der Gefahrerhöhung an die erhöhte Prämie gebührt. Da diese Regelung den Vmer gegenüber § 6 Nr. 4 AFB 87 besser stellt, sind die Bedenken Martins3 Ν IV 10-13 nicht überzeugend. Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 10 Nr. 3c) VGB 88 (Fassung 1994) für den Fall, daß in dem vten Gebäude ein Gewerbebetrieb aufgenommen wird. Die Vorschrift trägt durch die veränderte Formulierung „eine Gefahrerhöhung kann insbesondere vorliegen" § 34a Rechnung. Auch hier ist es unbedenklich, daß der Ver für die Übernahme einer höheren Gefahr, die bei der Umwandlung eines Wohngebäudes in ein gewerblich benutztes Gebäude häufig vorliegen wird, eine angemessene höhere Prämie beanspruchen kann. Zu erwähnen ist ferner § § 1 1 Nr. 3 V H B 84 und 92, nach denen bei einem Wohnungswechsel der Vsschutz auf die neue Wohnung übergeht und für den Fall, daß diese an einem Ort liegt, für den der Tarif des Vers einen anderen Prämiensatz vorsieht, sich die Prämie entsprechend diesem Tarif ändert. Soweit auch hinsichtlich der Feuergefahr eine Gefahrerhöhung vorliegt, z.B. bei Umzug in ein Gebiet mit strohgedeckten Häusern, gebührt dem Ver hier auch eine höhere Prämie für die übernommene höhere Gefahr. Im übrigen wird dem Vmer auch ein Kündigungsrecht eingeräumt, so daß die von Martin3 Ν IV 16-20 auch gegen diese Regelung geäußerten Bedenken nicht gerechtfertigt sind (für die Zulässigkeit auch dieser Regelung Langheid a.a.O.). Zulässig ist auch die Regelung in Nr. 6 der erwähnten Klausel 3610, die bei dem längeren Ausfall einer Sprinkleranlage den anteiligen Wegfall des Sprinklerrabattes vorsieht, weil auch hier der Vmer gegenüber der gesetzlichen Regelung besser steht (Wussow VersR 2001 S. 678-683, 683). Johannsen/Johannsen

395

Anm. G 70

G. Obliegenheiten

b) Beurteilung nach dem A G B G und §§ 3 0 5 - 3 1 0 B G B n.F. [G 68] aa) Vorbemerkung Große Bedeutung kommt auch der gerichtlichen Kontrolle von AVB nach dem A G B G (künftig nach §§ 305-310 B G B n.F.) zu, die in den letzten Jahren verstärkt zu Neufassungen von Bedingungen geführt hat. Sie greift auch hinsichtlich der Verträge ein, für die gemäß § 187 die im W G vorgesehenen Beschränkungen der Vertragsfreiheit nicht gelten, nämlich die Großrisiken i.S.v. Art. 10 I E G zum W G . So hat der B G H für die bisher unter § 187 fallende Warenkreditv die Abbedingung der Verschuldensvoraussetzung nach § 6 an § 9 A G B G scheitern lassen (2. X I I . 1992 VersR 1993 S. 223-225). Die AGB-Kontrolle, die dem Vmer gegenüber § 34 a größeren Schutz bietet, weil sie zur Unwirksamkeit ihm nachteiliger Bestimmungen führen kann, greift auch bei halbzwingenden Vorschriften ein (van de Loo S. 77, 78; Winter in Festschrift für Egon Lorenz S. 730; zweifelnd Schirmer 80 Jahre W G S. 273). Deshalb sind die bereits unter G 65 erwähnten Repräsentantenklauseln in den Altverträgen wegen Verstoßes gegen § 9 A G B G unwirksam. Die vom B G H 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832 zu § 9 V H B 84 für die Anwendung des § 61 aufgestellten Grundsätze über die Leitbildfunktion des Repräsentantenbegriffes gelten allgemein für die Feuerv (vgl. Winter a.a.O. S. 735, 736; Horn S. 97) und verbieten auch für die Gefahrerhöhung die Zurechnung des Verhaltens anderer Personen als von Repräsentanten im Sinne der dargestellten BGH-Rechtsprechung. [G 69] bb) Gefahrkompensation und Prämienanpassungsklauseln Nach §§ 9 A G B G , 307 B G B n.F. unwirksam sind auch Vereinbarungen, die eine Gefahrkompensation, wie sie z . B . § 6 A F B 87 in Ziffer 5 ausdrücklich regelt, nicht zulassen. Hierfür kommt § 13 Nr. 3 b) V H B 92 in Betracht, wonach ein vereinbarter Gefahrerhöhungstatbestand, nämlich das Leerstehenlassen einer Wohnung über 60 Tage ohne Beaufsichtigung, der ohnehin für die Feuerv zweifelhaft ist (vgl. B G H 21. I X . 1964 B G H Z 42 S. 295-301 und oben unter G 39), n u r dadurch ausgeglichen

werden kann, „wenn sich während der Nacht eine dazu berechtigte volljährige

Person

darin aufhält", und andere Kontrollmöglichkeiten, z. B. Übernachtung von Jugendlichen, Beauftragung einer Wach- und Schließgesellschaft dadurch ausgeschlossen sind. Für den Fall der Gefahrerhöhung vereinbarte Prämienanpassungsklauseln sind insbesondere auf die Einhaltung des bisher aus § 9 A G B G folgenden, jetzt in § 307 I 2 B G B n. F. ausdrücklich geregelten Transparenzgebotes zu überprüfen, das verlangt, daß der Vmer voraussehen kann, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ihn zusätzliche Belastungen treffen werden ( B G H 8. X . 1997 VersR 1997 S. 1517-1519). Sowohl in §§ 6 Nr. 4 A F B 87 und 10 Nr. 3 V G B 88 für die Aufnahme und Änderung eines Betriebes, wie in § 11 Nr. 3 V H B 92 für den Wohnungswechsel sind aber diese Anforderungen erfüllt, weil der Tatbestand, an den die Erhöhung geknüpft wird, und ihr Ausmaß eindeutig bestimmt sind. [G 70] cc) Verschuldensregelungen Eine Inhaltskontrolle kommt auch hinsichtlich der in AVB geregelten V e r s c h u l d e n s f o r m in Betracht. Während nach den §§ 25 und 28, auf die die meisten Feuer-VB verweisen, Leistungsfreiheit wegen vorgenommener und gestatteter Gefahrerhöhung oder unterlassener Anzeige schon bei leichter Fahrlässigkeit eintreten kann, knüpfen 396

Johannsen/Johannsen

Anm. G 71

II. Gefahrerhöhung

§§ 7 AFB 30 und 87, 9 VGB 62 und 11 V G B 88 diese Folge für S i c h e r h e i t s V o r s c h r i f t e n nur an deren vorsätzliche oder grobfahrlässige Verletzung. Zugleich wird aber für den Fall, daß die Verletzung zu einer Gefahrerhöhung führt, auf die gesetzlichen Vorschriften verwiesen. Martin VersR 1988 S. 209-218 hat die unterschiedlichen Verschuldensvoraussetzungen für den gleichen Lebenssachverhalt als für den Vmer überraschend angesehen und angenommen, daß entweder im Wege der Auslegung oder über § 5 A G B G (jetzt § 305 c B G B n. F.), auch für die Gefahrerhöhung nur der höhere Verschuldensmaßstab gelte (so auch in SVR 3 Ν II 16, ebenso Prölss in PrölssMartin 26 R N 2 zu § 32). Der B G H 19.X. 1994 VersR 1994 S. 1465-1467 = r + s 1995 S. 24-26 ist ihm für § 8 II VGB 62 gefolgt und hat in einer weiteren Entscheidung (13. XI. 1996 r + s 1997 S. 120-121 = VA 1997 S. 146-148) darauf hingewiesen, daß für §§ 6, 7 AFB 87 dasselbe Ergebnis zu beachten sei. Er hat ausgeführt, daß dem durchschnittlichen Vmer bei Durchsicht der Bestimmungen nicht verständlich vor Augen geführt werde, welcher Verschuldensmaßstab gelten solle. Im Regelungswerk der VGB 62 werde an keiner Stelle ausdrücklich gesagt, daß für den Fall einer Gefahrerhöhung schon einfache Fahrlässigkeit genüge. Daß dieses aus dem Gesetz erschließbar sei, reiche angesichts der durch die ausdrückliche Nennung von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit aufgetretenen Zweifel zu deren Beseitigung nicht aus. Diese Zweifel gingen aber nach § 5 A B G B zu Lasten des Vers als Verwender. Diese Begründung hält der Kritik von Langheid in Römer-Langheid R N 46 zu §§ 23-25 und 5 zu § 32, die sich im wesentlichen nur mit der nicht einschlägigen Vorschrift des § 3 A B G B beschäftigt, Stand. Sie entspricht dem anerkannten Grundsatz, daß AVB so auszulegen sind, wie ein durchschnittlicher Vmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß (BGH 5. VII. 1989 VersR 1989 S. 908, 23. VI. 1993 VersR 1993 S. 957-960 = NJW 1993 S. 2369-2371) und daß bei dem Zusammenwirken mehrerer Klauseln die Einschränkung des Vsschutzes deutlich gemacht werden müsse (BGH 15. V. 1985 VersR 1985 S. 874-875). Letzteres könnte unschwer erfolgen, wenn in die Verweisung auf die Rechtsfolgen der Gefahrerhöhung eingefügt würde, daß Leistungsfreiheit „ schon bei leichter Fahrlässigkeit" eintreten könne, wie es Martin VersR 1988 S. 209-218 vorgeschlagen hat. Da in der Hausratsv nach § 14 V H B 84 Leistungsfreiheit bereits bei Verletzung von Sicherheitsvorschriften durch einfache Fahrlässigkeit eintritt, stellt sich dort das Problem unterschiedlicher Verschuldensmaßstäbe nicht. § 14 VHB 92 sieht aber nur die schwerere Verschuldensform vor. In der neuesten Fassung der VGB 88 von 1999 ist vorgesehen, daß Leistungsfreiheit schon bei jeder Fahrlässigkeit eintritt, § 10 Nr. 2, sodaß für Neuverträge keine Unklarheit besteht. [G 71] 4. Beweislast Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen über die Beweislastverteilung hat der Ver, der sich auf eine Verletzung des § 23 beruft, zu beweisen, daß eine Gefahrerhöhung vorliegt. Dazu gehört außer dem objektiven Tatbestand der Änderung der Gefahrenlage auch die subjektive Voraussetzung, nämlich die Kenntnis des Vmers von den gefahrerhöhenden Umständen (BGH 8. III. 1962 VersR 1962 S. 368-370, 23. XI. 1967 VersR 1968 S. 58-60, 26. V. 1982 VersR 1982 S. 793-795, 15.1.1986 VersR 1986 S. 255-256; O L G Hamm 2. V. 1984 VersR 1985 S. 488; O L G Köln 24. IV. 1986 VersR 1987 S. 1026-1028, 29. III. 1990 r + s 1990 S. 192-193; O L G Koblenz 12. VII. 1996 VersR 1997 S. 303-304; O G H 19.1.1999 VersR 2000 S. 210-212). Das ist heute auch in der Literatur allgemeine Meinung (vgl. nur Prölss Beweislast Anm. 2 zu Johannsen/Johannsen

397

Anm. G 71

G. Obliegenheiten

§§ 23-25 und in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 25; Langheid in Römer-Langheid R N 28 zu §§ 23-25; Honseil VersR 1981 S. 1094-1098, Harrer in BK R N 14 zu § 23). Der Ver braucht aber nicht zu beweisen, daß der Vmer, dem die objektiven gefahrerhöhenden Umstände bekannt waren, ihre Gefährlichkeit erkannt hat und sich damit der Änderung der Gefahrenlage bewußt geworden ist (BGH 26. V. 1982 VersR 1982 S. 793-795). Deshalb erscheint es zweifelhaft, daß das O L G Köln 24. IV. 1986 VersR 1987 S. 1026-1028 angenommen hat, daß eine Gefahrerhöhung nicht bewiesen sei, wenn nicht feststehe, ob der Vmer beim Einbau eines Kaminofens im unzureichenden Abstand von einer aus Spanplatten bestehenden Wandverkleidung seine zum Ausgleich angebrachte Isolierung für ausreichend gehalten habe. Auf seine Einschätzung der Gefahrenlage kommt es nicht an sondern nur darauf, ob er gewußt hat, daß der Abstand zwischen dem Kamin und dem feuergefährlichen Material zu gering gewesen ist. Die Beweislast des Vers bezieht sich auch auf die Erheblichkeit der Gefahrerhöhung. § 29, nach dem eine unerhebliche Erhöhung der Gefahr nicht in Betracht kommt, ist keine Ausnahmebestimmung mit der Folge der Beweislast für den Vmer, sondern sie konkretisiert den Begriff der Gefahrerhöhung (Prölss Beweislast Anm. 4 zu §§ 23-25,1 zu § 29; Honseil VersR 1981 S. 1094-1098). Kommen sowohl gefahrerhöhende wie gefahrmindernde Umstände in Betracht, sogenannte G e f a h r k o m p e n s a t i o n , so hat der Ver das Vorliegen der ersteren, der Vmer der letzteren darzulegen und zu beweisen (BGH 9. VII. 1975 VersR 1975 S. 845847,11. XII. 1980 B G H Z 79 S. 156-162 = VersR 1981 S. 245-247; Prölss a.a.O. Anm. 5 zu §§ 23-25; Honsell a.a.O.). Stehen diese Umstände fest, nämlich wie in dem Fall B G H 11. XII. 1980 a.a.O. sowohl der gefahrerhöhende Umstand der Beschädigung der Eingangstür wie der gefahrmindernde der Einstellung des Diskothekenbetriebes, so obliegt es dem Ver, näher darzutun, welches Gewicht diesen Umständen vom vstechnischen Standpunkt zur Beurteilung der Brandgefahr zukommt und wie sie sich auf die Entwicklung der Gefahr im Ganzen ausgewirkt haben. Dazu muß er unter Umständen seine Prämienrichtlinien vorlegen (BGH, Prölss a.a.O.; kritisch Boldt VersR 1981 S. 868-869). § 6 Nr. 5 AFB 87, der die Gefahrkompensation ausdrücklich zuläßt und regelt, enthält keine hiervon abweichende Gestaltung der Beweislast. Schließlich muß der Ver auch beweisen, daß der Vsfall erst nach der Vornahme oder Gestattung der Gefahrerhöhung eingetreten ist. Dem Vmer hingegen obliegt die Beweislast für mangelndes Verschulden an der Vornahme oder Gestattung der Gefahrerhöhung (BGH 19. IX. 1966 VersR 1966 S. 1022-1024, 10. VI. 1968 VersR 1968 S. 590-591; O L G Hamm 14.111.1975 VersR 1976 S. 259-260). Er kann dabei z.B. geltend machen, daß er trotz Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt den gefahrerhöhenden Charakter der ihm bekannten Umstände nicht erkannt oder angenommen hat, die Gefahr genügend ausgeglichen zu haben. So hat das O L G Hamm a.a.O. die Uberzeugung des Vmers, daß die Bewachung des stillgelegten Betriebes zum Ausgleich der erhöhten Brandstiftungsgefahr ausreiche, zur Entlastung genügen lassen. Dieselbe Entscheidung muß gelten für den oben angeführten Fall des O L G Köln 24. IV. 1986 VersR 1987 S. 1026-1028, wenn der Vmer bei dem Einbau eines Kamins in zu nahem Abstand von leicht entflammbaren Spanplatten die angebrachte Isolierung für ausreichend halten durfte. Zum Ausräumen der Verschuldensvermutung kann es auch genügen, wenn der Vmer den ihm nach der Formulierung des § 23 ebenfalls obliegenden Beweis der Einwilligung des Vers zwar nicht erbracht, aber Umstände bewiesen hat, nach denen er von einer Einwilligung des Vers ausgehen durfte (OLG Hamm 27. VI. 1975 VersR 1976 S. 257-258; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 25). Weiter obliegt dem Vmer nach § 25 III die Beweislast dafür, daß die Gefahrerhöhung keinen Einfluß auf den 398

Johannsen/Johannsen

Anm. G 71

II. Gefahrerhöhung

Eintritt des Vsfalles und auf den Umfang der Leistung des Vers gehabt hat ( B G H 10.IV.1968 VersR 1968 S. 590-591, 11.XII. 1980 VersR 1981 S. 245-247, 7.V. 1981 VersR 1984 S. 399,15.1.1986 VersR 1986 S. 255-256, 16. IX. 1986 VersR 1986 S. 12311233 und VersR 1987 S. 37-39; O L G Frankfurt 16.1.1985 r + s 1985 S. 280-281). Der Vmer hat die Möglichkeit geltend zu machen, daß der Eintritt des Vsfalles durch bestimmte Umstände ausgelöst worden ist, die mit der Gefahrerhöhung nichts zu tun haben, z . B . durch Brandstiftung, wenn in einem nicht betroffenen Gebäudeteil gefährliche Güter eingelagert waren. Er kann aber auch versuchen, den von dem Ver dargelegten Kausalzusammenhang zwischen Brandausbruch und z.B. durch die Benutzung eines Schweißgerätes in einem Packraum vorgenommene Gefahrerhöhung zu widerlegen, wofür hohe Beweisanforderungen gestellt werden, aber nicht die Widerlegung ganz entfernter Möglichkeiten verlangt werden kann ( B G H 22. VI. 1964 VersR 1964 S. 813-814). Der Kausalitätsgegenbeweis ist aber nicht geführt, wenn die Möglichkeit auch nur mitwirkender Kausalität nicht ausgeschlossen werden kann ( B G H 10. IV. 1968 S. 590-591; O L G Frankfurt 16.1.1985 r + s 1985 S. 280-281). Streitig ist, wen die Beweislast dafür trifft, daß der Vmer es unterlassen hat, die in § 2 3 II vorgesehene Anzeige zu machen. In Abweichung von dem sonst allgemein anerkannten Grundsatz, daß der Ver die objektive Verletzung einer Obliegenheit nachweisen müsse (vgl. nur Möller in Bd I Anm. 52 zu § 6; B G H 22. III. 1962 VersR 1962 S. 501-502, 2 4 . X I . 1 9 6 6 VersR 1967 S. 50-51, 12. VII. 1972 VersR 1972 S. 10391040), nehmen P r ö l s s Beweislast Anm. 21 zu §§ 23-25, 2 zu § 6 und in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 25, 124 zu § 6 und M a r t i n 3 M II 12-15 und X I I 7-15 an, daß für den Fall, daß der Vmer eine positive Leistung schulde wie bei den Anzeigepflichten, §§ 362, 363 B G B anzuwenden seien mit der Folge, daß der Vmer die Erfüllung zu beweisen habe (ebenso Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 13 zu § 49 und Langheid in Römer-Langheid R N 28 zu §§ 23-25; für die Beweislast des Vers aber Römer in Römer-Langheid R N 84-86 zu § 6 unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Gegenmeinung; Möller in Bd I Anm. 38 zu § 23; Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 21 V H B 84). Der B G H ist zur Anzeigepflicht in der Haftpflicht 3. X I . 1966 VersR 1967 S. 56-59 und nach § 16 11. VII. 1990 VersR 1990 S. 1002-1004 ebenfalls von der Beweislast des Vers ausgegangen (ebenso O L G Hamm 3. X I . 1989 VersR 1991 S. 49-50 zu § 13 AFB; O L G Köln 19. X I . 1992 VersR 1993 S. 310-311 und O L G Hamburg 27. VIII. 1993 VersR 1994 S. 668-669 zu § 21 V H B unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Auffassung von Prölss). Der Meinung von Prölss und Martin kann für § 23 II wie für andere gesetzliche Anzeigepflichten schon deshalb nicht gefolgt werden, weil es sich nicht wie bei §§ 362, 363 B G B um vertragliche Hauptpflichten sondern um Obliegenheiten handelt, an deren Verletzung das Gesetz nur unter besonderen Umständen Rechtsfolgen knüpft. Die Tatbestände sind nicht vergleichbar. Ein erwägenswertes Problem liegt lediglich darin, daß der Ver negative Umstände beweisen muß und solche, die nicht in seiner Sphäre liegen. Das führt aber auch sonst nicht zu einer Umkehrung der Beweislast sondern nur dazu, daß an die Darlegung des Gegners des Beweisbelasteten höhere Anforderungen zu stellen sind ( B G H 13. X I I . 1984 N J W 1985 S. 1474-1475, 5. II. 1987 N J W 1987 S. 1322-1323). So hat das O L G Hamburg a.a.O. zutreffend von dem Vmer eine Konkretisierung seines Vorbringens über die Absendung der Anzeige verlangt. Wenn ihm dies gelingt, muß aber der Ver diese Darstellung erschüttern, um Leistungsfreiheit nach § 25 II zu erhalten. Für die objektive Gefahrerhöhung nach §§ 27, 28 gelten die gleichen Grundsätze für die Beweislastverteilung. Steht fest, daß die Gefahrerhöhung von dem Vmer nicht oder verspätet angezeigt worden ist, muß der Ver zusätzlich beweisen, daß der Vsfall nach Ablauf der Monatsfrist des § 28 I eingetreten ist ( B G H 11. XII. 1980 B G H Z 79 Johannsen/Johannsen

399

Anm. G 73

G. Obliegenheiten

S. 156-162 = VersR 1981 S. 245-247; Prölss Beweislast Anm. 1 zu § 28; Honsell VersR 1981 S. 1094-1098). Das ist insbesondere relevant für Fälle des Leerstehenlassens von Häusern, vgl. G 39, bei denen der Zeitpunkt, von dem an eine Gefahrerhöhung objektiv vorliegt und von dem Vmer als solche erkannt werden kann, häufig schwierig festzustellen ist. 5. Konkurrenzen [G 72] a) mit den Vorschriften über die vorvertragliche Anzeigepflicht § 29 a ordnet an, daß die Vorschriften über die Gefahrerhöhung auch Anwendung finden auf eine in der Zeit zwischen Stellung und Annahme des Antrags eingetretene Gefahrerhöhung, die dem Ver bei der Annahme des Antrags nicht bekannt war. Da für diese Zeit - wie unter G 10 ausgeführt worden ist - nach der überzeugenden Rechtsprechung des B G H (vgl. nur B G H 27. VI. 1984 VersR 1984 S. 884-885, 28. XI. 1990 r + s 1991 S. 76-77, 20.11.1991 VersR 1991 S. 578-579) auch die Vorschriften über die vorvertragliche Anzeigepflicht fortgelten, kommen bei Verletzung dieser Obliegenheiten die für die beiden Rechtsinstitute vorgesehenen Sanktionen nebeneinander in Betracht. B G H 15. XI. 1978 VersR 1979 S. 73-75 läßt nicht - wie Sieg unter D 45 annimmt - eine gegenteilige Meinung für die Feuerv erkennen, sondern sagt ausdrücklich, daß die Entscheidung, daß bis zur Antragstellung §§ 16 ff, danach nur §§ 23 ff zur Anwendung kommen, „vorbehaltlich des § 29 a WG" gelte. Der Ver kann also zwischen Rücktritt und Kündigung wählen. Das gilt nicht, wenn die Verletzung in der sich aus § 5 a II ergebenden Schwebezeit erfolgt ist, wenn dem Vmer bei Antragstellung weder die AVB übergeben noch die Verbraucherinformation nach § 10a VAG erteilt worden ist. Da § 5 a eine Schutzvorschrift für den Vmer ist, gelten hier nur die milderen Bestimmungen über die Gefahrerhöhung (Lorenz VersR 1995 S. 616-626, 621; Schirmer VersR 1996 S. 1045-1056, 1054). [G 73] b) mit Sicherheitsvorschriften nach § 32 W G Hinsichtlich der Vereinbarung von Obliegenheiten zum Zweck der Verminderung der Gefahr oder der Verhütung einer Gefahrerhöhung ist mit der h. M. davon auszugehen, daß solche vertraglichen Regelungen mit den sich aus § 6 ergebenden Rechtsfolgen neben den gesetzlichen Vorschriften über die Gefahrerhöhung anwendbar sind (Raiser2 Anm. 13 zu § 7; Martin VersR 1988 S. 209-218 und SVR 3 Ν III 56-59; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 32; Langheid in Römer-Langheid R N 46 zu §§ 23-25; Harrer in BK R N 2 zu § 32; B G H 8. VII. 1987 VersR 1987 S. 921-923 = r + s 1987 S. 290-291,10. X. 1994 VersR 1994 S. 1465-1467 = r + s 1995 S. 24-26,13. XI. 1996 r + s 1997 S. 120-121 = VA 1997 S. 146-148; O L G Oldenburg 10. VII. 1985 r + s 1986 S. 10-11; O L G Hamm 21. IV. 1989 VersR 1990 S. 86-87; O G H 19.1.1999 VersR 2000 S. 210-212). Es kann in der Regel kein Verzicht des Vers auf die Rechtsfolgen aus §§23 ff darin erblickt werden, daß er dem Vmer besondere Sicherheitsmaßnahmen auferlegt (BGH 8. VII. 1987 a.a.O.). Die frühere Rechtsprechung des B G H 21. IX. 1964 B G H Z 42 S. 295-301 = VersR 1965 S. 29-31 ist in der Literatur teilweise (z.B. von Martin a.a.O.; E.Prölss VersR 1965 S. 31-32; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 32) dahin verstanden worden, daß der B G H vereinbarte Sicherheitsbestimmungen als abschließende Sonderregelung behandele, durch die der Ver auf die Anwendung der §§ 23 ff verzichte. Das trifft nicht zu. Der B G H hat lediglich für den konkreten Fall die vom Berufungsgericht angenommene Gefahrerhöhung durch Nichtbewohnen eines Gebäudes verneint und die vereinbarte Sicherheitsvorschrift, vor einer längeren Abwesenheit die Wasserleitungen 400

Johannsen/Johannsen

Anm. G 74

II. Gefahrerhöhung

zu entleeren, als Indiz dafür angesehen, daß der Ver auch für die längere Abwesenheit die Gefahr habe tragen wollen, weil sonst die Vereinbarung der Sicherheitsvorschrift sinnlos gewesen sei. Damit folgt die Entscheidung dem auch sonst vom B G H vertretenen Grundsatz, daß nicht jede Verletzung von Sicherheitsbestimmungen zugleich eine Gefahrerhöhung darstellt. Zu beachten ist insbesondere, daß der B G H zutreffend annimmt, daß die Vornahme einer Gefahrerhöhung im Sinne von § 23 nicht durch Unterlassen erfüllt werden kann (vgl. dazu G 44). Das bedeutet, da die meisten Sicherheitsbestimmungen dem Vmer eine bestimmte Verhaltenspflicht auferlegen, die nur durch Unterlassen verletzt werden kann, daß in den meisten Fällen eine Konkurrenz nicht zu den §§ 23-25 sondern nur zu den §§ 27, 28 mit ihren milderen Folgen in Betracht kommt (so in den Fällen B G H 21.1.1987 VersR 1987 S. 653-654, 8. VII. 1987 VersR 1987 S. 921-923 zur EDV). D a einige AVB, z . B . §§ 14 Nr. 2 V H B 92, 7 Nr. 2 A F B 87, 11 Nr. 2 V G B 88 Leistungsfreiheit nur für den Fall vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Verletzung von Sicherheitsbestimmungen anordnen, stellt sich die Frage, ob für die durch denselben Tatbestand verwirklichte Gefahrerhöhung leichte Fahrlässigkeit zur Auslösung der gesetzlichen Folgen ausreicht. Das hat der B G H zu §§ 8 Nr. 2 V G B 62 und 6, 7 A F B 87 unter Anwendung der Unklarheitenregelung des § 5 A G B G verneint (19. X . 1994 VersR 1994 S. 1465-1467 = r + s 1995 S. 24-26, 13. X I . 1996 r + s 1997 S. 120-121 = VA 1997 S. 146-148; zu der näheren Begründung und Auseinandersetzung in der Literatur vgl. G 69). Anders wäre aber zu entscheiden, wenn die Bedingungen nicht nur pauschal auf die gesetzliche Regelung verweisen sondern deutlich aussprechen würden, daß für die zugleich verwirklichte Gefahrerhöhung der Verschuldensmaßstab der einfachen Fahrlässigkeit ausreiche. Ist von dem Vmer eine Sicherheitsbestimmung verletzt worden und zugleich der Tatbestand der Gefahrerhöhung schuldhaft verwirklicht worden, so kann der Ver sich auch dann auf die Rechtsfolgen der §§ 25, 28 berufen, wenn Leistungsfreiheit nach § 6 z. B. wegen Unterlassen der Kündigung nicht eintritt (Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 32; Martin VersR 1988 S. 209-218; Schirmer ZVersWiss 1984 S. 553-591, 576; Langheid in Römer-Langheid Anm. 6 zu § 32). Das kann relevant sein in Fällen, in denen zwar eine Kündigungsobliegenheit nach § 6 besteht, nicht aber nach §§ 25, 27, weil der Ver erst nach Eintritt des Vsfalles von der Gefahrerhöhung erfahren hat und deshalb nicht zu kündigen braucht ( B G H 16. IX. 1986 VersR 1986 S. 1231-1232, 13. X I . 1996 VersR 1997 S. 485-486 = r + s 1997 S. 120-121 = VA 1997 S. 146-148).

[G 74] c) mit § 61 W G Eine Konkurrenz der Vorschriften über die Gefahrerhöhung kann auch mit § 61 bestehen, weil durch die Vornahme einer Gefahrerhöhung im Sinne adäquater Verursachung der Vsfall herbeigeführt werden kann. D a die Gefahrerhöhung einen Dauerzustand voraussetzt, werden beide Tatbestände nebeneinander nur in Ausnahmefällen verwirklicht sein. Das kann aber z. B. in Betracht kommen bei einer länger dauernden unsachgemäßen Einlagerung feuergefährlicher Sachen, die dann zu einem Brand führt (vgl. die Beispielsfälle unter G 35). Uberwiegend wird angenommen, daß bei gleichzeitiger Verwirklichung von Gefahrerhöhung und Herbeiführung des Vsfalles der Ver wählen könne, auf welche Vorschriften er sich berufen wolle (Möller in Bd I Anm. 11 zu § 23, Bd II Anm. 23 zu § 61; Martin 3 O 110,11; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 45 zu § 23; Langheid in Römer-Langheid R N 48 zu §§ 23-25; Beckmann B K R N 12 zu § 61; B G H 14. III. 1963 VersR 1963 S. 429^130; O L G Frankfurt 14.11.1979 VersR 1979 S. 1021). Johannsen/Johannsen

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Anm. G 74

G. Obliegenheiten

Bedenken hiergegen sind insbesondere von Schirmer ZVersWiss 1984 S. 553-591, 5 72 ff. geäußert worden, der in Hinblick auf die fein ausgebildete gesetzliche Regelung bei Obliegenheitsverletzung und Gefahrerhöhung zu einem § 61 zurückdrängenden Vorrang dieser Regelungen neigt und jedenfalls eine Berufung des Vers auf § 61 nicht zulassen will, wenn er die Leistungsfreiheit mangels Kündigung nicht oder nicht mehr auf Obliegenheitsverletzung oder Gefahrerhöhung stützen kann. Dem ist zuzustimmen. Für den Fall der vorsätzlichen oder grobfahrlässigen Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit hat der B G H in seiner Entscheidung vom 21. I X . 1964 B G H Z 42 S. 295-301 = VersR 1965 S. 29-31 mit kritischer Anm. von E. Prölss S. 31-32 darauf hingewiesen, daß das Kündigungserfordernis außer Kraft gesetzt würde, wenn diese zugleich eine Herbeiführung des Vsfalles darstellen würde. Das gleiche Bedenken besteht hinsichtlich der für die Gefahrerhöhung angeordneten Kündigungsobliegenheit des Vers. Es ist zwar nur schwer vorstellbar, daß ein Ver in Kenntnis gefahrerhöhender Umstände von der Kündigung absieht, sich aber dann, wenn diese zum Vsfall führen, auf § 61 beruft. Tritt dieser Fall aber ein, ist das Ergebnis, ihm gemäß §§ 25 III, 28 II Leistungsfreiheit zu versagen, angemessen und kann auch damit begründet werden, daß er die Gefahrerhöhung genehmigt habe (so Prölss in PrölssMartin 26 R N 1 zu § 25; auch Möller in Bd 2 Anm. 23 zu § 61 hält die Berufung auf § 61 in diesem Fall für „unbillig"). Das O L G Hamm 18. V. 1988 r + s 1991 S. 30-31 nimmt an, daß § 61 durch die spezielleren Vorschriften der §§ 16 ff, 23 ff verdrängt werde, wenn die zum Vsfall führende Gefahrenlage - nicht vorschriftsmäßiger Einbau eines offenen Kamins bereits bei Vertragsschluß bestanden habe und bereits Grundlage der Risikoprüfung des Vers gewesen sei oder hätte sein können (kritisch dazu Langheid in Römer-Langheid R N 62 zu § 61). In dem entschiedenen Fall dürfte aber eine Konkurrenzlage gar nicht bestanden haben, weil die §§ 23ff eine V e r ä n d e r u n g der Gefahrenlage nach Vertragsschluß oder gemäß § 29 a nach Antragstellung voraussetzen, und auch § 61 tatbestandlich nur eingreift, wenn die bei Vertragsschluß bestehende Gefahrenlage verändert wird (Prölss in Prölss-Martin 26 R N 6 zu § 61), so daß der Fall nur nach den §§ 16 ff zu entscheiden war.

III. Vertragliche Obliegenheiten, die vor Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllen sind Gliederung: Schrifttum G 75 1. Sicherheitsvorschriften G 76-86 a) Vereinbarung von Sicherheitsvorschriften aa) Allgemeines G 76 bb) Gesetzliche Sicherheitsvorschriften G 77 cc) Behördliche Sicherheitsvorschriften G 78 dd) Vereinbarte Sicherheitsvorschriften G 79 b) Verletzung von Sicherheitsvorschriften G 80 c) Rechtsfolgen aa) Kündigungsrecht des Vers G 81 bb) Leistungsfreiheit

402

aaa) Verschuldensmaßstab G 82 bbb) Einzelfälle G 83 ccc) Kündigungsobliegenheit des Vers G 84 d) Beweislast aa) Für die Verletzung des objektiven Tatbestandes G 85 bb) Für das Verschulden G 86 2. Weitere vereinbarte Verhaltensmaßregeln G 87-90 a) Führen und Aufbewahren von Verzeichnissen G 87 b) Verbot der V des Selbstbehalts G 88 c) Anzeigepflichten aa) Anzeige des Wohnungswechsels G 89 bb) Anzeige nach § 10 Nr. 1 F B U B G 90

Johannsen/Johannsen

III. Vertragliche Obliegenheiten, vor Eintritt des Versicherungsfalls

Anm. G 77

[G 75] Schrifttum Baumgärtel VersR 1977 S. 7 7 - 7 8 , Bischoff VersR 1972 S. 7 9 9 - 8 0 9 , Honseil VersR 1982 S. 1 1 2 - 1 1 7 , Ivens Das Klarstellungserfordernis des § 6 - ungedruckte Hamburger Dissertation 1951 zit. Ivens Klarstellungserfordernis, Martin r + s 1988 S. 1 8 5 - 1 9 1 , Ollick VA 1981 S. 3 4 - 4 8 , Römer VersR 1992 S. 1 1 8 7 - 1 1 9 1 , Schirmer ZVersWiss 1984 S. 5 5 3 - 5 9 1 , r + s 1990 S. 2 1 7 - 2 2 3 , 2 5 3 - 2 5 9 , Schneider Die Feuer-Betriebs-Unterbrechungs-Versicherung Hamburger Dissertation Frankfurt 1997, Sieg VersR 1963 S. 1 0 8 9 - 1 0 9 4 , Wittmann VersR 1962 S. 1 1 3 7 - 1 1 3 9 .

1. a) Vereinbarung von SicherheitsVorschriften [G 76] aa) Allgemeines Neben die gesetzlichen Obliegenheiten nach §§ 16 ff und 23 ff treten in der Feuerv eine Fülle vertraglich vereinbarter Obliegenheiten. Die wichtigsten sind diejenigen, die zum Zwecke der Verhütung der Feuer- und Explosionsgefahr oder einer Gefahrerhöhung vereinbart werden. Für diese, Sicherheitsvorschriften genannten, ordnet § 32 an, daß ihre Vereinbarung durch die Vorschriften über die Gefahrerhöhung nicht berührt wird. Das bedeutet, daß ihr Inhalt abweichend von den strengen Regelungen der §§ 23 ff bestimmt werden kann. Hinsichtlich der vereinbarten Rechtsfolgen ist § 6 zu beachten, der mit seinen teilweise zwingenden, teilweise halbzwingenden Vorschriften die vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten einschränkt. Für die Konkurrenzprobleme wird auf G 73 verwiesen. Die nach § 32 notwendige besondere Vereinbarung ist in §§ 7 AFB 30 und 87 (auch in der Fassung 1994), 9 V G B 62,11 V G B 88 (10 in der Fassung 1999), 14 VHB 84 und 92 enthalten. Während in den älteren Bedingungswerken auf die Verletzung von gesetzlichen, polizeilichen oder vereinbarten Sicherheitsvorschriften abgestellt worden ist, lauten die neueren Bestimmungen seit 1994 - mit Ausnahme der der Wohngebäudev übereinstimmend: „Der Versicherungsnehmer hat alle gesetzlichen vorschriften zu beachten. "

oder behördlichen

Sicherheits-

Die Änderung von polizeilichen Sicherheitsvorschriften in behördliche ist keine sachlich bedeutsame, weil der Begriff polizeilich in der Rechtsprechung immer schon weit im Sinne von Verfügung jeder Behörde ausgelegt worden ist und unter ihn ζ. B. auch Vorschriften der Berufsgenossenschaften zur Unfallverhütung subsumiert worden sind (BGH 30.IX. 1970 VersR 1970 S. 1121-1122; O L G Celle 2.XII. 1987 VersR 1988 S. 617; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 7 AFB 30; Martin3 M I 21; anders nur O L G Hamm 20. III. 1974 VersR 1975 S. 607, das die U W zwar als behördliche Sicherheitsbestimmungen einordnet, nicht aber als polizeiliche im Sinne von § 7 AFB 30). Der Wegfall der Erwähnung der vertraglichen Sicherheitsvorschriften hat aber eine materielle Bedeutung. Durch die Änderung wird sichergestellt, daß nicht die Verletzung jeder vereinbarten Sicherheitsbestimmung automatisch der Sanktion der Leistungsfreiheit unterliegt, vgl. G 79. [G 77] bb) Gesetzliche Sicherheitsbestimmungen Mit der Nennung der g e s e t z l i c h e n Sicherheitsbestimmungen verweisen die AVB auf andere Rechtsquellen als das W G . Es kommen nicht nur Gesetze im formellen Sinn des Bundes und der Länder sondern auch Verordnungen und Satzungen auch sonstiger öffentlich-rechtlicher Körperschaften in Betracht. Sicherheitsvorschriften im Sinne der genannten AVB liegen nur dann vor, wenn die Bestimmungen erkennbar Johannsen/Johannsen

403

Anm. G 78

G. Obliegenheiten

dem Brandschutz dienen und erfahrungsgemäß geeignet sind, der Entstehung von Bränden oder Explosionen vorzubeugen (BGH 13. XI. 1996 VersR 1997 S. 485-486 = VA 1997 S. 146-148 = r + s 1997 S. 120-121). Das gilt ζ. B. für die strafrechtlichen Vorschriften der §§ 306f-308 StGB über die Herbeiführung einer Brand- und Explosionsgefahr wie für bau- und ordnungsrechtliche Vorschriften, wenn sie der Brandgefahr vorbeugen wollen. Beispiele sind Vorschriften der Feuer-VO, die die Ableitung der Abgase von Feuerstätten durch Schornsteine und die Entfernung zwischen Abgasrohren und brennbaren Bauteilen regeln (BGH a.a.O.), die Schornsteinfegergesetze, die die regelmäßige Kontrolle und Reinigung der Kamine anordnen (OLG Hamm 14.1.1977 VersR 1977 S. 949-951) und Vorschriften, die das Einlagern brennbaren oder explosionsgefährlichen Materials regulieren (RG 9.1.1925 RGZ 110 S. 152-155 zum Verbot der Aufbewahrung größerer Mengen von Benzin in Garagen durch die damalige RGaragenO; O L G Oldenburg 10. VII. 1985 r +s 1986 S. 10-11 zum Verbot des offenen Lagerns von Getreide durch eine Polizei-VO; O L G Hamm 8. XII. 1989 VersR 1990 S. 1233-1234 zu Vorschriften über den Umgang mit Flüssiggas; vgl. im übrigen die unter G 35 als Gefahrerhöhung geschilderten Fälle, bei denen überwiegend auch ein Verstoß gegen gesetzliche Sicherheitsvorschriften vorlag). Vorschriften, die lediglich die bauliche Einrichtung von Feuerstätten regeln, nicht aber ihren Betrieb, dienen nicht unmittelbar dem Brandschutz und stellen deshalb keine Sicherheitsvorschriften im Sinne des § 32 dar (OLG Celle 8. VI. 1995 r + s 1996 S. 111-112). Das gleiche gilt für baurechtliche Vorschriften, nach denen die Errichtung oder Veränderung von Feuerstätten nicht genehmigungspflichtig sondern nur anzeigepflichtig sind und der zulässige Betrieb der Feuerstätte nicht von der Erfüllung der Anzeigepflicht abhängt (OLG Saarbrücken 29.1.1992 VersR 1992 S. 741-742 = r + s 1992 S. 130-132). Werden dem Brandschutz dienende gesetzliche Vorschriften nach Abschluß des Vsvertrages geändert, ergibt dessen Auslegung im Regelfall, daß auch die Änderungen Vertragsinhalt sind. O b der Vmer die Änderungen kannte oder kennen mußte, ist im Rahmen des Verschuldens bei einer Verletzung der Bestimmungen zu prüfen. [G 78] cc) Behördliche Sicherheitsvorschriften B e h ö r d l i c h e Sicherheitsbestimmungen sind allgemeine Vorschriften und Verwaltungsakte von Behörden im weitesten Sinne (BGH 3. IX. 1970 VersR 1970 S. 1021-1022). Sie können sich an einen größeren Adressatenkreis wenden, wie. z.B. die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften, bei denen aber zu beachten ist, daß sie nur für die Mitglieder der BG verbindlich sind (OLG Celle 2.XII. 1987 VersR 1988 S. 617-618), wie nur den einzelnen Vmer betreffen, wie z.B. konkrete behördliche Auflagen an diesen zur Vermeidung einer Brand- und Explosionsgefahr (BGH 8. III. 1978 VersR 1978 S. 433-434 Auflage an den Betreiber eines Tanklagers, sämtliche Kabelrohre und den Kabelzugschacht gasdicht zu verschließen; O G H 21. III. 1974 VersR 1975 S. 361-362 bei einer Feuerbeschau erteilte Auflage an den Hauseigentümer, zur Verringerung der Brandgefahr Änderungen an den Rauchfängen vorzunehmen, 27.1.1999 VersR 2000 S. 523-524 Auflage der Feuerpolizeibehörde an einen Hotelbetreiber, die veralteten Elektroanlagen überprüfen und instandsetzen zu lassen). Wegen der besonderen Brandgefahr in Gaststätten sind die UVV des Gaststättengewerbes von großer Bedeutung. In den veröffentlichten Entscheidungen geht es vornehmlich um die Verletzung der Vorschriften über die Verwendung von Sammelaschbechern und das Verbot des Aufstellens von Plastikeimern auch für andere Abfälle (vgl. nur B G H 10.V.2000 NVersZ 2000 S. 389-390; O L G Köln 21.XI. 1974 VersR 404

Johannsen/Johannsen

III. Vertragliche Obliegenheiten, vor Eintritt des Versicherungsfalls

Anm. G 79

1975 S. 994-995; O L G Hamm 20. III. 1975 VersR 1975 S. 607-608; 28. III. 1990 VersR 1990 S. 1230-1233; LG Köln 13. VII. 1979 VersR 1980 S. 155; LG Münster 13. XI. 1979 VersR 1981 S. 624-625). [G 79] dd) Vereinbarte Sicherheitsvorschriften Die älteren der aufgeführten Feuer-VB stellen auch auf die Verletzung v e r e i n b a r t e r Sicherheitsvorschriften ab, während diese in den Neufassungen (mit Ausnahme denen der Wohngebäudev) fehlen. Die Änderung bedeutet, daß bei der Vereinbarung weiterer vertraglicher neben den gesetzlichen und behördlichen Sicherheitsbestimmungen, die selbstverständlich weiterhin zulässig ist, auch die Rechtsfolgen gesondert vereinbart werden müssen, während sie sich bisher bereits aus der generellen AVBBestimmung ergaben. Das hat für den Vmer eine stärkere Warnfunktion, weil ihm im unmittelbaren Zusammenhang mit der vertraglich auferlegten Sicherheitsvorschrift vor Augen geführt wird, daß er bei ihrer Verletzung den Vsschutz verlieren kann. Auch für die weiter geltenden älteren AVB gilt, daß die Vereinbarung dem Vmer hinreichend deutlich machen muß, daß ihm bestimmte Verhaltensnormen besonders auferlegt werden. Das ist nicht der Fall, wenn von ihm nur „die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters" oder Kaufmannes verlangt wird oder die Beachtung „jeder nach den Umständen des Falles gebotenen Sorgfalt" (BGH 24. XI. 1971 VersR 1972 S. 85-86; O L G Oldenburg 25. VI. 1997 r + s 1997 S. 470-471,16. XII. 1998 r +s 1998 S. 162-163; Möller in Bd I Anm. 6 zu § 32). So genügt auch das Merkblatt des früheren Verbandes der Sachver für die Brandverhütung in Hotels und Gaststätten nicht dem unmittelbar aus § 32 zu entnehmenden Bestimmtheitsgebot, weil es nur Hinweise, Aufforderungen und Empfehlungen enthält, die nicht hinreichend deutlich als dem Vmer auferlegte Verhaltenspflichten mit für ihn nachteiligen Rechtsfolgen erkennbar sind (OLG Hamm 28. III. 1990 VersR 1990 S. 1230-1232). Auch die in §§ 11 Nr. l b ) VGB 88, 10 Nr. l b ) VGB Fassung 1999 enthaltene Formulierung, der Vmer habe „die verten Sachen, insbesondere wasserführende Anlagen ... stets in ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten und Mängel oder Schäden unverzüglich beseitigen zu lassen" stellt, wenn man sie nicht nur auf die Leitungswasserv sondern auch auf die Feuerv bezieht, entgegen Dietz Wohngebäudev 2 S. 306-307 keine konkrete Verhaltensnorm für den Vmer dar. Ähnliche Überlegungen gelten, wenn dem Vmer vertraglich auferlegt ist, daß getrocknetes Erntegut ordnungsgemäß eingelagert und ständig auf Selbstentzündung überprüft werden müsse. Hieraus folgt nicht, daß er die Temperatur regelmäßig mit einer Heumeßsonde ermitteln muß, weil diese konkrete Maßnahme nicht ausdrücklich gefordert worden ist oder als einzige in Betracht kommt (OLG Oldenburg 25. VI. 1997 VersR 1999 S. 490). Eine Vereinbarung gemäß § 32 kann in den AVB selbst getroffen sein. So enthalten z.B. §§ 14 VHB 84 und 92 und 11 VGB 88, 10 der Fassung 1999 weitere Sicherheitsbestimmungen, die sich allerdings überwiegend nicht auf die Feuerv sondern die Leitungswasserv beziehen. § 11 Nr. 1 c VGB 88, wonach der Vmer nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile genügend häufig zu kontrollieren hat, bezieht sich aber auch auf die Feuergefahr und soll insbesondere Brandstiftung durch unbefugt Eindringende verhindern (Martin 3 M I 89). Anders als die Verschlußobliegenheit in § 14 Nr. 1 c) VHB 84, die vom B G H 16. V. 1990 VersR 1990 S. 896-897 = NJW 1990 S. 2388 für unwirksam erklärt worden ist, weil sie immer eingreifen sollte, „solange sich in der Wohnung niemand aufhält", hält diese Bestimmung einer Inhaltskontrolle stand. Ein Gebäude oder Gebäudeteil ist nämlich nicht schon dann „nicht genutzt", wenn sich niemand darin aufhält, die Nutzung kann auch in der Aufbewahrung von Möbeln Johannsen/Johannsen

405

Anm. G 80

G. Obliegenheiten

oder anderer Sachen bestehen (Martin a.a.O.)· Die in § 7 Nr. l b ) AFB 87 unter der Überschrift „Sicherheitsvorschriften" genannte Verpflichtung, Verzeichnisse zu führen, ist keine Sicherheitsbestimmung, weil sie nicht der Verhütung der Brandgefahr dient. Die Vereinbarung kann im übrigen formlos getroffen werden. Sie braucht insbesondere nicht in die Vspolice aufgenommen zu werden. Üblicherweise werden aber schon zu Beweiszwecken solche Vereinbarungen als Klauseln in den Vertrag aufgenommen oder ihm als Anlage beigefügt. Für die Industriefeuerv sind von besonderer Bedeutung die Zusatzbedingungen für Fabriken und gewerbliche Anlagen (abgedruckt unter A 26), durch die dem Vmer einerseits Sicherheitsbestimmungen auferlegt werden, andererseits aber auch seine Verantwortlichkeit für Verstöße eingeschränkt wird, wenn er die „ Brandverhütungsvorschriften für Fabriken und gewerbliche Anlagen" im Betrieb ordnungsgemäß bekannt gemacht hat (ebenso Klausel 3601). Martin 3 M I 99 nimmt entgegen dem Wortlaut dieser Bestimmungen eine zusätzliche Überwachungspflicht des Vmers an. Dem ist nur für den Fall zuzustimmen, daß der Vmer Veranlassung zu der Annahme hat, daß in seinem Betrieb Verstöße gegen die Bestimmungen vorgekommen sind. Für die landwirtschaftliche V ist insbesondere die Klausel 3609 von Bedeutung, nach der der Vmer die elektrischen Anlagen regelmäßig durch eine Elektrofachkraft zu überprüfen und Mängel zu beseitigen hat. Auch die Klausel 3610 legt dem Vmer sehr eingehende Verhaltenspflichten hinsichtlich der Unterhaltung und Wartung von Brandschutzanlagen auf. Diese Klausel enthält auch den nach den AFB 87 in der Fassung von 1994 erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen. Im übrigen kommt die Vereinbarung von Verhaltensvorschriften bei gefährlichen Arbeiten, wie Schweißen und Löten, beim Umgang mit gefährlichen Stoffen wie Flüssiggas und der Einlagerung gefährlicher Materialien in Betracht, wofür häufig bereits gesetzliche Vorschriften bestehen, so daß den vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften daneben keine selbständige Bedeutung zukommt (vgl. die Nachweise hierfür bei Martin 3 M I 94-101). [G 80] b) Verletzung von Sicherheitsvorschriften Während die subjektive Gefahrerhöhung ein positives Tun des Vmers voraussetzt (siehe dazu G 44), können Sicherheitsvorschriften durch jedes Verhalten, also durch Handeln oder Unterlassen verletzt werden. Gerade bei der Verletzung durch Unterlassen haben sie ihre wichtige selbständige Bedeutung neben den Vorschriften über die Gefahrerhöhung. Verletzung durch Unterlassen kommt insbesondere in Betracht, wenn behördliche Auflagen mißachtet (BGH 8. III. 1978 VersR 1978 S. 433-434 zur Auflage an den Betreiber eines Tanklagers, sämtliche Kabelrohre und den Kabelzugschacht gasdicht zu verschließen; O G H 2. III. 1974 VersR 1975 S. 361-362 zur Auflage an den Hauseigentümer, Änderungen an den Rauchfängen vorzunehmen) oder öffentlich-rechtliche Verpflichtungen nicht erfüllt werden (z.B. die Pflicht, Kamine regelmäßig zu kehren, die nicht nur von Schornsteinfegern sondern auch von den Hauseigentümern zu erfüllen ist, O L G Hamm 14.1.1977 VersR 1977 S. 949-951). Eine Verletzung von Sicherheitsvorschriften löst die vereinbarten Rechtsfolgen nur aus, wenn der notwendige R e c h t s w i d r i g k e i t s z u s a m m e n h a n g besteht, nämlich die Schadensfolge zu denjenigen gehört, denen durch die Erfüllung der Obliegenheit gerade vorgebeugt werden soll (BGH 3. XII. 1975 VersR 1976 S. 134-136, 8. III. 1978 VersR 1978 S. 433-434; 13. XI. 1996 VA 1997 S. 146-148 = VersR 1997 S. 485-486 = r + s 1997 S. 120-122). Die Prüfung dieses Zusammenhangs hat unabhängig von der Kausalität der Obliegenheitsverletzung im konkreten Fall zu erfolgen (Römer in 406

Johannsen/Johannsen

I I I . Vertragliche Obliegenheiten, vor Eintritt des Versicherungsfalls

Anm. G 81

Römer-Langheid Anm. 24 zu § 6). E r ist nur gegeben, wenn der Vmer eine Obliegenheit verletzt hat, die bezweckt und bei abstrakter, vom Einzelfall losgelöster Betrachtung auch geeignet ist, den Eintritt eines Vsfalles der vorliegenden Art mindestens zu erschweren ( B G H 13. X I . 1996 a.a.O.). Das ist dann der Fall, wenn die Auslegung der verletzten Vorschriften zweifelsfrei ergibt, daß sie dem Brandschutz dienen, und sich gerade dieses Risiko verwirklicht hat, das vermindert werden sollte (so B G H a.a.O. zu Vorschriften über die Ableitung von Abgasen von Feuerstätten durch Schornsteine und die Entfernung zwischen Abgasrohren und brennbaren Bauteilen). Hat eine Benzindampfexplosion zu einem Schadenfeuer geführt, liegt die Leistungsfreiheit des Vers wegen der Verletzung einer polizeilichen Sicherheitsbestimmung, sämtliche Kabelrohre und den Kabelzugschacht eines Tanklagers gasdicht zu verschließen, im Schutzbereich der N o r m , weil der Verschluß der Rohre den Durchfluß des Benzins zumindest zeitlich verzögert und dadurch die Explosionsgefahr verringert hätte ( B G H 8. III. 1978 VersR 1978 S. 4 3 3 - 4 3 4 ) . Die Verletzung von Sicherheitsvorschriften löst die vereinbarten Rechtsfolgen nur aus, wenn sie durch den Vmer selbst, seine Organe oder gesetzlichen Vertreter oder durch seine Repräsentanten erfolgt (vgl. hierzu G 4 6 - 5 6 ) . In größeren Betrieben müssen diese Personen aber Sorge dafür tragen, daß die vereinbarten Sicherheitsvorschriften zur Kenntnis derjenigen gelangen, die Arbeiten verrichten, bei denen die Bestimmungen zu beachten sind. Bei Vereinbarung der Klausel 3601 genügt der Vmer dieser Verpflichtung durch Bekanntmachung der Brandverhütungsvorschriften für Fabriken und gewerbliche Anlagen im Betrieb und ist nicht verantwortlich für Verstöße gegen gesetzliche, behördliche und vereinbarte Sicherheitsbestimmungen, die ohne sein Wissen und ohne Wissen seiner gesetzlichen Vertreter und Repräsentanten begangen werden (so entsprechend dem Wortlaut auch Ollick VA 1981 S. 3 4 - 4 8 , 42, während Martin 3 M I 99 eine zusätzliche Uberwachungspflicht des Vmers statuiert). Ist eine solche Klausel nicht vereinbart, ist der Vmer allerdings gehalten, die Beachtung der Sicherheitsvorschriften zu überwachen. Tut er das nicht, kann ihm ihre Verletzung als eigenes Verschulden zugerechnet werden ( O L G Köln 11.1.1963 VersR 1963 S. 6 2 1 - 6 2 3 ) . Nicht gefolgt werden kann dem O L G Köln a.a.O. aber darin, daß der Vmer die Durchführung besonders feuergefährlicher Arbeiten, z . B . mit Spritzpistolen in einer Möbelfabrik, selbst durchführen oder beaufsichtigen oder durch einen Repräsentanten durchführen oder beaufsichtigen lassen müsse. Er muß nur Sorge dafür tragen, daß die gefährlichen Arbeiten nur durch dafür ausgebildete Personen durchgeführt werden, denen die Sicherheitsvorschriften bekannt sind.

c) Rechtsfolgen [G 81] aa) Kündigungsrecht des Versicherers Als Rechtsfolgen der Verletzung von Sicherheitsvorschriften sehen die genannten Feuer-VB ein K ü n d i g u n g s r e c h t des Vers und L e i s t u n g s f r e i h e i t vor. Da die Sicherheitsvorschriften Obliegenheiten im Sinne von § 6 darstellen (Möller in Bd I Anm. 5 zu § 32), müssen die Rechtsfolgen wegen der nach § 15 a zu Gunsten des Vmers zwingenden Regelung des § 6 dessen Vorschriften entsprechen. Zu beachten ist dabei, daß die Bedingungen - mit Ausnahme von § 14 V H B 84, der ohne eigene Regelung auf § 6 verweist - vorsehen, daß eine K ü n d i g u n g des Vers einen Monat nach Zugang wirksam wird, während § 6 I 2 eine fristlose Kündigung mit sofortiger Wirkung vorsieht. Gegen solche Bedingungsregelungen sind Bedenken geltend gemacht worden mit der Begründung, daß sie im Einzelfall zu einer Benachteiligung des Vmers führen können, wenn nämlich die Kündigung erst in der folgenden Vsperiode wirksam wird mit der sich aus § 40 I ergebenden Folge einer weiteren PrämienJohannsen/Johannsen

407

Anm. G 81

G. Obliegenheiten

zahlungspflicht (Möller in Bd I Anm. 41 zu § 6, Ivens Klarstellungserfordernis S. 27-30). Diese Bedenken sind nicht gerechtfertigt. Die vertragliche Regelung ist grundsätzlich für den Vmer günstiger, weil sie das Kündigungsrecht des Vers gegenüber der gesetzlichen Regelung des § 6 I 2 beschränkt. Eine fristlose Kündigung stellt auch sonst im W G eine den Vmer schwerer belastende Rechtsfolge als eine fristgebundene Kündigung dar. So kann der Ver z.B. im Falle schuldhafter Gefahrerhöhung nach § 24 I fristlos, bei schuldloser nur mit Monatsfrist kündigen. Durch die vertragliche Regelung behält der Vmer auch gegenüber der gesetzlichen einen Monat länger Vsschutz und kann sich ohne Zeitdruck um eine neue Deckung kümmern. Regelmäßig braucht er hierfür kein besonderes Entgelt zu entrichten, weil dem Ver nach § 40 I ohnehin die Prämie bis zum Schluß der Vsperiode gebührt. Für den Fall, daß die Kündigung erst in der folgenden Vsperiode wirksam wird, stellt die Verpflichtung nach § 40 I 2, eine anteilige Prämie bis zur Beendigung des Vsverhältnisses zu zahlen, nur eine angemessene Gegenleistung für den Vsschutz und deshalb keinen Nachteil im Sinne des § 15a dar (OLG Hamm 19.XI.1971 VersR 1972 S. 265-267; OLG Celle 15. IV. 1983 VersR 1984 S. 437-439; Martin 3 M II 2; Kollhosser in PrölssMartin 26 RN 3 zu § 7 AFB 30; Wussow 2 Anm. 3 zu § 7; Römer in Römer-Langheid Anm. 125 zu § 6). Soweit BGH 10. III. 1966 VersR 1966 S. 433-434 (ebenso 22. VI. 1967 VersR 1967 S. 771-772) unter Berufung auf Möller a.a.O. verlangt hat, daß der Ver den Vertrag „fristlos und mit sofortiger Wirkung" kündigen müsse, erfolgte dies nicht zur Abgrenzung von einer in den Bedingungen abweichend geregelten Kündigung wegen Obliegenheitsverletzung sondern von einer Kündigung aus anderen Gründen, nämlich in den betreffenden Fällen Schadenfallkündigung und ordentliche Kündigung zum Ende der nächsten Vsperiode. Denn durch § 6 I 3 solle der Ver im Interesse des Vmers gezwungen werden, sich alsbald zu entscheiden, ob er aus der Obliegenheitsverletzung keine Rechte herleiten und den Vertrag fortsetzen oder seine Leistungsfreiheit geltendmachen und den Vertrag zur Auflösung bringen will. Dieser Zweck wird aber auch durch die erörterten vertraglichen Kündigungsregelungen hinreichend gewahrt. Soweit in den Bedingungen allerdings nur auf § 6 verwiesen wird, muß der Ver fristlos kündigen. Kündigt der Ver bei vereinbarter Monatsfrist aus Versehen fristlos, kann die Kündigung nicht in eine fristgemäße umgedeutet werden (Kollhosser a.a.O.; Martin 3 M II 4 und 5; Römer in Römer-Langheid Anm. 72 zu § 6). Soweit in den Bedingungen - wie in § 7 AFB 87 und § 14 VHB 92 ein Hinweis auf § 6 enthalten ist, ist klargestellt, daß die Kündigung eine s c h u l d h a f t e Verletzung von Sicherheitsvorschriften voraussetzt. Der Vmer hat nach § 6 I 2 die Möglichkeit, sich zu entlasten. In §§ 7 AFB 30 und 87 a. F. fehlt ein solcher Hinweis, so daß nach dem Wortlaut der Bedingungen der objektive Verstoß für eine Kündigung ausreichen würde. Einer solchen Auslegung steht aber § 15 a entgegen. Deshalb ist die Kündigung unwirksam, wenn der Vmer sich exkulpiert (Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 2 zu § 7 AFB 30; Möller in Bd I Anm. 29 zu § 6). Die Kündigung muß innerhalb eines Monats, nachdem der Ver von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, erklärt werden. Die Monatsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Ver der objektive Tatbestand der Obliegenheitsverletzung bekannt geworden ist (BGH 14.XI.1960 BGHZ 33 S. 281-286 = VersR 1960 S. 1131-1132; 21.IX. 1964 VersR 1965 S. 29-31). Entgegen der Auffassung von Möller in Bd I Anm. 41 zu § 6 wird die Frist auch in Lauf gesetzt, wenn der Ver noch nicht weiß, ob der Vmer schuldhaft gehandelt hat (BGH a.a.O.). Der Ver braucht zwar nicht auf einen bloßen Verdacht hin zu kündigen (OLG Köln 11.1.1963 VersR 1963 S. 621-623), er darf aber notwendige Nachfragen, die er zur Vervollständigung seiner Kenntnisse für erforder408

Johannsen/Johannsen

III. Vertragliche Obliegenheiten, vor Eintritt des Versicherungsfalls

Anm. G 82

lieh hält, nicht hinauszögern ( B G H 20. I X . 1989 VersR 1989 S. 1249-1250), weil auch ein Vmer, der eine Obliegenheitsverletzung begangen hat, beanspruchen kann, alsbald zu erfahren, ob er Vsschutz bei seinem bisherigen Ver behält oder ob er sich anderweitig darum bemühen muß ( B G H a.a.O.). bb) Leistungsfreiheit [G 82] aaa) Verschuldensmaßstab Während für die Wirksamkeit der Kündigung jedes Verschulden ausreicht, tritt die als weitere Rechtsfolge in den Bedingungen vorgesehene L e i s t u n g s f r e i h e i t überwiegend nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Dieser Verschuldensmaßstab gilt nach § 14 V H B 92 in der Fassung von 1994 jetzt auch für die Hausratv, für die bisher nach § 14 V H B 84 Leistungsfreiheit bereits bei leichter Fahrlässigkeit eintrat, während die V H B 62 und 64 Sicherheitsvorschriften gar nicht vorsahen. In der neuesten Fassungen der V G B 88 von 1999 bleibt in Abkehr von den früheren Fassungen der Vsschutz nur bestehen, wenn die Sicherheitsvorschrift unverschuldet verletzt wurde, § 10 Nr. 2. Da diese Regelung § 6 I entspricht, ist diese Verschlechterung des Vsschutzes für Neuverträge nicht zu beanstanden. Rechtsprechung dazu liegt soweit ersichtlich noch nicht vor. Das Verschulden muß sich ausschließlich auf die Verletzung der Sicherheitsbestimmungen als solcher, nicht auf die Herbeiführung der konkreten Gefahr oder des Schadens beziehen ( B G H 8. III. 1978 VersR 1978 S. 433-434; O L G Hamm 8. X I I . 1989 VersR 1990 S. 1233-1234). Eine v o r s ä t z l i c h e Verletzung von Sicherheitsbestimmungen ist - soweit nicht die unter § 61 fallende vorsätzliche Herbeiführung des Vsfalles mit der Absicht, einen unrechtmäßigen Vorteil zu erlangen, in Betracht kommt (dazu unter H 54) - von den Gerichten selten festgestellt worden. Selbst bei so groben und offensichtlichen Verstößen gegen U V V wie dem gleichzeitigen Schweißen und Abfüllen von Benzin in einem Raum ist die Annahme eines bewußten Verstoßes vom B G H 30. I X . 1970 VersR 1970 S. 1121-1122 bezweifelt und vom O L G Hamm 1 6 . X I I . 1 9 7 0 VersR 1971 S. 1005-1006 nach durchgeführter Beweisaufnahme verneint worden. Vom O L G Celle 26. VI. 1961 VersR 1961 S. 818-821 ist aber zutreffend die Verwendung von geflickten und überbrückten Sicherungen in einer Schmiede als vorsätzlicher Verstoß gegen die als Sicherheitsbestimmungen vereinbarten VDE-Bestimmungen angesehen worden, weil es für den Vmer wie für jedermann auch ohne genaue Kenntnis der VDE-Bestimmungen einleuchtend gewesen sei, daß er eine defekte elektrische Anlage, bei der beim Betrieb von Schweißgeräten die Sicherungen immer wieder durchschlugen, nicht selbst mit Kupferdraht flicken durfte. Ein Verbotsirrtum, der bei Unkenntnis von nicht selbstverständlichen und in der Bevölkerung allgemein bekannten Sicherheitsbestimmungen unter Umständen zu berücksichtigen ist (vgl. dazu Martin r + s 1988 S. 185-191), kommt in solchem eindeutigen Fall nicht in Betracht. Der Vmer handelt auch dann vorsätzlich, nämlich in Bezug auf die Rechtswidrigkeit mit bedingtem Vorsatz, wenn er eine Sicherheitsbestimmung zwar kennt, aber für überflüssig oder sinnlos hält und deshalb von ihrer Unverbindlichkeit ausgeht ( O L G Hamm 23. I X . 1998 N J W R R 99 S. 394-395; Martin a.a.O. S. 187). Das Schwergewicht der gerichtlichen Auseinandersetzungen liegt bei der Abgrenzung zwischen leicht- und grobfahrlässig begangenen Verstößen gegen Sicherheitsbestimmungen. Der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit wird nach der allgemein anerkannten Rechtsprechung des B G H verwirklicht „wenn die im Verkehr erforder-

liche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und dasjenige unbeachtet Johannsen/Johannsen

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Anm. G 83

G. Obliegenheiten

geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte. Bei der groben Fahrlässigkeit handelt es sich um eine subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit des § 276 I BGB erheblich übersteigt. " ( B G H 8. X . 1991 N J W 1 9 9 2 S. 316-317; 29. IX. 1992 N J W 1 9 9 2 S. 3235-3237). Das harte Verdikt des schlechthin unentschuldbaren Verhaltens kann entfallen, wenn ein Augenblicksversagen vorliegt und besondere, in den seelischen und psychischen Verhältnissen des Vmers oder seines Repräsentanten liegende Umstände, wie z. B. Vergeßlichkeit, eine mildere Beurteilung erlauben ( B G H 5. IV. 1989 VersR 1989 S. 840-841; Römer VersR 1992 S. 1187-1191). Grobe Fahrlässigkeit kann auch trotz eines objektiv schweren Verstoßes zu verneinen sein, wenn der Vmer sich in einem Verbotsirrtum befunden hat, weil er die vereinbarten Sicherheitsbestimmungen nicht gekannt hat (Martin a.a.O.). Der Vorwurf grober Fahrlässigkeit wird aber nicht schon dadurch ausgeräumt, daß der Vmer den Vsvertrag mit seinen Anlagen nicht gelesen und sich um eine Kenntnisnahme von den vereinbarten Sicherheitsbestimmungen nicht gekümmert hat. Ein geringerer Schuldvorwurf kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn es sich um Sicherheitsbestimmungen handelt, mit deren Existenz der Vmer nicht ohne weiteres zu rechnen brauchte ( B G H 2. III. 1977 VersR 1977 S. 4 6 5 ^ 6 6 ) . U m solch einen Fall handelt es sich bei dem vom O L G Hamm 14.1.1977 VersR 1977 S. 949-951 entschiedenen, in dem es um die Verletzung von dem Vmer unbekannten Vorschriften des SchornsteinfegerGs ging, die auch dem Eigentümer die Kehrpflicht auferlegen. Die vom B G H für die grobe Fahrlässigkeit aufgestellten Voraussetzungen, die eine Gesamtwürdigung des objektiven und subjektiven Verhaltens des Vmers erfordern, (vgl. insbesondere B G H 10.11.1999 VersR 1999 S. 1004-1006 = r + s 1999 S. 2 0 5 - 2 0 7 ) werden von den Instanzgerichten nicht immer beachtet. Entgegen der Auffassung von O L G Köln 11.1.1963 VersR 1963 S. 621-623 und L G Siegen 10. VII. 1952 VersR 1957 S. 577-578 ist die Nichteinhaltung vertraglicher Sicherheitsbestimmungen nicht schon wegen deren Zweckbestimmung, Brände zu verhindern, per se als grob fahrlässig einzustufen, vielmehr muß der Verstoß im Einzelfall hinsichtlich seiner Schwere gewürdigt werden. Es dürften allerdings nach den mitgeteilten Sachverhalten, nicht überwachte Schweißarbeiten in der Nähe brennbaren Materials, Verwendung überbrückter Sicherungen, jedenfalls objektiv grob fahrlässige Verstöße vorgelegen haben. [G 83] bbb) Einzelfälle Grobe Fahrlässigkeit ist in folgenden Fällen angenommen worden: O L G Braunschweig 4 . X . 1960 VersR 1961 S. 339-341: Bei Drescharbeiten in einer mit Getreide und Stroh angefüllten Scheune war das Auspuffrohr des Mähdreschers entgegen der vereinbarten Sicherheitsvorschrift nicht ins Freie geführt worden. O G H 21.111.1974 VersR 1975 S. 361-362: Die Auflagen eines Feuerbeschauprotokolls zur Herstellung der Brandsicherheit sind über längere Zeit nicht erfüllt worden. Bayrisches O b L G 20. X . 1975 VersR 1976 S. 33-34: Ein Bauunternehmer hatte Wohnbaracken für Arbeiter erworben und sie in Gebrauch genommen, ohne den in den vereinbarten Sicherheitsbestimmungen genannten Mindestabstand der Rauchrohre von den Holzteilen zu überprüfen oder überprüfen zu lassen. O L G Hamm 14. III. 1979 VersR 1979 S. 997: Aufstellen eines Plastikeimers in einer Gaststätte entgegen dem dieses untersagenden „Merkblatt für die Brandverhütung", nachdem es bereits einmal zu einem Schwelbrand in einem Plastikeimer gekommen war (siehe aber auch weiter unten die abweichenden Entscheidungen). 410

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III. Vertragliche Obliegenheiten, vor Eintritt des Versicherungsfalls

A n m . G 83

O L G München 23. XI. 1986 VersR 1986 S. 1065: Entleeren von Aschenresten in einen Plastikeimer, der nach den Sicherheitsbestimmungen nicht in der Gaststätte hätte aufgestellt werden dürfen. LG Dortmund 6. II. 1975 VersR 1975 S. 629: Unterlassen des vereinbarten Austausches brennbarer gegen unbrennbare Abfalleimer in einer Gaststätte; die Tatsache, daß die zuständige Behörde nach Betriebsbesichtigungen die Behälter nicht beanstandet hatte, wurde nicht als schuldmindernd angesehen. LG Köln 13. VII. 1979 VersR 1980 S. 155: Aufstellen von Plastikeimern in einer Gaststätte, obwohl vereinbart war, ausschließlich Metallbehälter zu verwenden. Es war nicht verhindert worden, daß Gäste und Personal auch Aschenreste in die Plastikbehälter warfen. LG Münster 13. XI. 1979 VersR 1981 S. 624-625: Aufstellen anderer als der vereinbarten Metallbehälter in einer Gaststätte; es wurde nicht als schuldmindernd angesehen, daß über längere Zeit hinweg dafür gesorgt wurde, daß keine Aschenreste sondern nur andere Abfälle in die Behälter geworfen wurden. LG Münster 12. XII. 1975 VersR 1976 S. 921: Verstoß gegen die Vorschriften über den Umgang mit Flüssiggas durch Verwendung verrosteter Leitungen und Anbringen der Gasflaschen im Gebäude. LG Duisburg 27. VII. 1978 r + s 1979 S. 129-130: Verstoß gegen U W durch Lagerung von feuergefährlichen Abfällen und Plastiksäcken in einer Gaststätte im Gastraum und Durchgang zur Küche. O G H 27.1.1999 VersR 2000 S. 523-526: Nichtbeachtung der polizeilichen Auflage, Elektroanlagen instand setzen zu lassen während mehrerer Monate. Grobe Fahrlässigkeit ist hingegen in folgenden Fällen verneint worden: O L G Hamm 14.1.1977 VersR 1977 S. 949-951: Verstoß gegen die Kehrpflicht des Schornsteinfegers, weil von einem Grundstückseigentümer nicht als selbstverständlich die Kenntnis erwartet werden kann, daß er selbst für die Reinigung seines Kamins verantwortlich ist, wenn der Bezirksschornsteinfeger - nach Abmeldung des früheren Bäckereibetriebes - eine Reinigung nicht mehr vornimmt. O L G Hamm 11.1.1982 VersR 1982 S. 1068: Verstoß gegen die Vereinbarung, keine Eimer und Gefäße aus Kunststoff und Pappe für die Aufnahme von Asche, Zigarettenund Zigarettenstummel zu verwenden, wenn sich der dennoch hierfür verwandte Kunststoffbehälter in der Küche befunden hat und nur für Küchenabfälle bestimmt war. O L G Hamm 20. IX. 1985 VersR 1986 S. 1177: Umfüllen des Aschenbecherinhalts in einen Plastikeimer oder Karton mit Papierresten. Die für die Verneinung der groben Fahrlässigkeit gegebene Begründung, daß es nicht als allgemein bekannt anzusehen sei, daß Abfalleimer aus Plastik durch nicht völlig erkaltete Aschenbecherinhalte entzündet werden können, ist nicht überzeugend. O L G Hamm 8. XII. 1989 VersR 1990 S. 1233-1234: Verstoß gegen behördliche Vorschriften über den Umgang mit Flüssiggas durch Ablassen von Gas zur Druckprüfung in einem Kellerraum. Als Schuldmilderungsgrund wurde angesehen, daß der Vmer die Vorschriften nicht genau genug kannte und vorhatte, die eigentlichen Arbeiten im Freien durchzuführen. O G H 19.1.1999 VersR 2000 S. 210-212 Verstoß gegen die vertraglich auferlegte Obliegenheit, die Temperatur eingelagerten Heus zu überprüfen. Der Brand war erst nach 6 Wochen entstanden und es hatten sich in den ersten, besonders kritischen Wochen keine Anzeichen für Selbstentzündung gezeigt.

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Anm. G 84

G. Obliegenheiten

[G 84] ccc) Kündigungsobliegenheit des Versicherers Die Leistungsfreiheit wegen schuldhafter Verletzung von Sicherheitsbestimmungen setzt nach § 6 I 3 weiter die Kündigung des Vsvertrages innerhalb eines Monats nach Kenntnis des Verstoßes voraus. Es handelt sich hierbei um eine K ü n d i g u n g s o b l i e g e n h e i t des Vers, der zu einer alsbaldigen Entscheidung darüber veranlaßt werden soll, ob er aus der ihm bekannten Obliegenheitsverletzung Rechte herleiten will, sogenanntes K l a r s t e l l u n g s e r f o r d e r n i s (Möller in Bd I Anm. 41-43 zu § 6; ständige Rechtsprechung des BGH vgl. nur 31.1.1952 Β GHZ 4 S. 369-380, 17.XI.1955 BGHZ 19 S. 31-42; 14.XI.1960 BGHZ 33 S. 281-286). Daß der Ver kündigen muß, um leistungsfrei zu werden, ist in den Bedingungen nicht ausdrücklich erwähnt. Es ergibt sich aber unmittelbar aus dem Gesetz, das ergänzend anzuwenden ist. Da die Bedingungen ausdrücklich auf § 6 verweisen, sind sie auch klar genug formuliert, um dem Vmer die Berufung auf die Kündigungsobliegenheit zu ermöglichen und halten damit einer Kontrolle nach § 15 a) und §§ 9 ABGBG, 307 BGB n. F. Stand. Das Kündigungserfordernis besteht nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und einem Teil der Literatur auch dann, wenn der Ver erst weniger als einen Monat vor Eintritt des Vsfalles oder erst nach seinem Eintritt Kenntnis von der Verletzung von Obliegenheiten erlangt hat (BGH 18.XII.1980 VersR 1981 S. 186-187; 23.IX.1981 VersR 1982 S. 33-34; 24. IV. 1985 VersR 1985 S. 775-776; 25. XI. 1998 VersR 1999 S. 301-302; OLG Köln 11.1.1963 VersR 1963 S. 621-623; 1. III. 1990 r + s 1990 S. 111; OLG Oldenburg 10. VII. 1985 VersR 1985 S. 977-978; Martin 3 M II 35, 36; Römer in Römer-Langheid R N 76 zu § 6; Schwintowski in BK R N 89 zu § 6; Johannsen in Bd V F 24). Demgegenüber wird geltend gemacht, daß der Gesetzeszweck für diesen Fall nicht zutreffe und eine Kündigung zum Schutz des Vmers nicht erforderlich sei (Möller in Bd I Anm. 43 zu § 6; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 109 zu § 6; Wittmann VersR 1962 S. 1137-1139; Baumgärtel VersR 1977 S. 77-78; Schirmer ZVersWiss 1984 S. 553-591, 575 und Bayerisches ObLG 20. X. 1975 VersR 1976 S. 33-34). Das mag im Einzelfall zutreffen. Jedoch ist der Rechtsprechung schon deshalb zu folgen, weil sie dem Gesetzeswortlaut entspricht und eine klare konsequente Lösung darstellt, auf die sich die Vspraxis gut einstellen kann und eingestellt hat. Zuzustimmen ist auch der Begründung des BGH, daß nur derjenige Ver schutzwürdig ist, der sich selbst innerhalb der dafür vorgesehenen Frist nach Kenntniserlangung von dem den Vereinbarungen zuwiderhandelnden Vmer durch Kündigung löst (so z.B. BGH 24.X. 1979 VersR 1980 S. 153-154). Einigkeit besteht aber darüber, daß die Kündigungsobliegenheit entfällt, wenn das versicherte Interesse im Zeitpunkt des Ablaufes der Kündigungsfrist dauernd und vollständig weggefallen ist (BGH 18.XII.1980 VersR 1981 S. 186-187; 27.V. 1981 VersR 1981 S. 921-922; 24. IV. 1985 VersR 1985 S. 775-776; 13. XI. 1996 VA 1997 S. 146-148 = VersR 1997 S. 485-486; OLG Celle 26. VI. 1961 VersR 1961 S. 818-821; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 110 zu § 6; Martin 3 M II 50; Römer in Römer-Langheid R N 80 zu § 6, Schwintowski in BK R N 94 zu § 6). Wenn das versicherte Objekt durch den Brand vollständig und auf Dauer zerstört worden ist, greift ohnehin § 68 IV ein, der die prämienmäßige Abwicklung regelt. Einer Entscheidung des Vers, ob er den Vertrag beenden will, bedarf es deshalb in diesem Fall nicht (BGH 13. XI. 1996 a.a.O.). Als eine überflüssige und deshalb nicht notwendige Formalität hat der BGH 3. VI. 1992 VersR 1992 S. 1089-1091 die Kündigung wegen Obliegenheitsverletzung zutreffend auch für den Fall angesehen, in dem das Vsverhältnis vor Ablauf der einmonatigen Frist des § 6 I 3 endet, wenn es etwa bereits vorher wirksam gekündigt worden war. Das gleiche muß gelten für befristete Verträge, bei denen der gesetzgeberische Grund der Regelung, dem Ver bei Leistungsfreiheit nicht weitere Prämien 412

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III. Vertragliche Obliegenheiten, vor Eintritt des Versicherungsfalls

Anm. G 84

z u k o m m e n zu lassen, überhaupt nicht eingreifen kann ( O L G Schleswig 19. I X . 1985 VersR 1986 S. 8 0 6 - 8 0 7 mit zustimmender A n m . von Diels; O L G H a m m 26. X I . 1986 VersR 1988 S. 371, 23. I X . 1998 N J W R R 1999 S. 3 9 4 - 3 9 5 ) . Befristete Verträge ohne Verlängerungsklausel k o m m e n aber in der Feuerv kaum vor. Wird der Verstoß gegen Sicherheitsbestimmungen nicht von dem V m e r sondern einem Mitverten begangen, der nicht Repräsentant des Vmers ist, z . B . von dem E h e gatten in der Hausratv, so braucht der Vertrag vom Ver nicht gekündigt zu werden, um Leistungsfreiheit gegenüber dem Vten zu erlangen. D e n n wenn dem Ver ein Kündigungsrecht nicht zusteht, weil dem V m e r das Verhalten des Vten nicht zugerechnet werden kann, trifft ihn auch keine Kündigungsobliegenheit ( B G H 8. V. 1961 B G H Z 35 S. 1 5 3 - 1 6 5 = VersR 1961 S. 5 5 5 - 5 5 7 ; 2 8 . X . 1 9 8 1 VersR 1982 S. 8 4 - 8 5 ) . Verletzen aber beide gleichartige Obliegenheiten, so kann sich der Ver, der nicht gekündigt hat, auch gegenüber dem Vten nicht auf Leistungsfreiheit berufen ( B G H 8. V. 1961 a.a.O.). D e r B G H hat als Voraussetzung für die Leistungsfreiheit erklärt, daß die K ü n d i gung zu einer e n d g ü l t i g e n Lösung der Vertragsparteien von dem Vsvertrag führen müsse (22. V I . 1988 VersR 1988 S. 1 0 1 3 - 1 0 1 4 ) . D e r durch die halbzwingende Regelung des § 15 a bezweckte Schutz des Vmers wäre nicht gewährleistet, wenn es dem Ver

gestattet wäre, „die dem Buchstaben des Gesetzes nach ausgesprochene Kündigung sofort wieder durch Vereinbarung mit dem Vmer rückgängig zu machen. " Dem ist nur für Fälle zuzustimmen, in denen es sich ersichtlich um eine p r o - f o r m a Kündigung handelt, also der Ver von Anfang an beabsichtigt, das Vertragsverhältnis unverändert fortzusetzen, weil hierbei dem Klarstellungserfordernis des § 6 I 3 nicht genüge geleistet würde. A u c h eine Vereinbarung, durch die der V m e r einseitig auf die Erfüllung der Kündigungsobliegenheit durch den Ver verzichtet, dieser aber nicht auf sein Kündigungsrecht, verstößt gegen § 15a ( O L G H a m m 15. V. 1991 r + s 1992 S. 7 7 - 7 9 ) . Wenn aber beide Vertragsparteien nach Ausspruch der Kündigung dahin übereinkommen, daß der Vertrag weiter gelten soll, sie also die Wirkungen der Kündigung wieder aufheben, worin vor Ablauf der Monatsfrist nicht der Abschluß eines neuen Vertrages liegt ( B G H 20. III. 1974 N J W 1974 S. 1081; 3 . X . 1984 VersR 1985 S. 5 4 - 5 5 ) , braucht kein Verstoß gegen § 15 a vorzuliegen. D e n n die Fortsetzung des alten Vertrages kann durchaus für den V m e r gegenüber einem späteren mit Kosten und eventuellen Prämiennachteilen verbundenen Neuabschluß, den auch der B G H 22. V I . 1988 a.a.O. für zulässig hält, vorteilhaft sein (kritisch auch Martin 3 M II 5 2 - 6 2 , der jedenfalls die U m d e u t u n g einer solchen Vereinbarung in einen Neuabschluß für zulässig hält; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 112 zu § 6; Schwintowski in B K R N 90 zu § 6; auch von R ö m e r in Römer-Langheid R N 78 zu § 6 wird die Rechtsprechung als für nicht ganz befriedigend erklärt). Wird vertraglich in wirksamer Weise auf die Erfüllung der Kündigungsobliegenheit verzichtet, so bedeutet das nicht, wie R ö m e r a.a.O. annimmt, daß auf die Leistung verzichtet wird, sondern der V m e r will sich alle übrigen Einwendungen gegen die Ablehnung vorbehalten, damit nach der Rechtslage entschieden werde (so auch ausdrücklich die von Martin a.a.O. A n m . 52 vorgeschlagene vertragliche Regelung). AVB-Regelungen, die Leistungsfreiheit ohne die Voraussetzung einer Kündigung vorsehen, verstoßen gegen § 15a ( O L G Karlsruhe 2 9 . I X . 1 9 8 8 r + s 1990 S. 1 7 7 - 1 7 8 zur BijouterieV). Das Kündigungserfordernis kann aber für Großrisiken abbedungen werden ( O L G Frankfurt 2. V I I . 1997 VersR 1998 S. 3 6 2 - 3 6 4 ) . Darin liegt auch kein Verstoß gegen §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. Die Ausgestaltung des § 6 gehört zwar zu den wesentlichen Grundgedanken des Vsrechts, durch den Verzicht auf die Kündigungsobliegenheit werden aber gewerbliche V m e r in aller Regel nicht unangemessen benachteiligt (Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 133 zu § 6).

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Anm. G 85

G. Obliegenheiten

d) Beweislast [G 85] aa) Für die Verletzung des objektiven Tatbestandes Entsprechend der generellen Beweislastverteilung in § 6 (siehe dazu Möller in Bd I Anm. 52 und 53 zu § 6; Römer in Römer-Langheid R N 83-87 zu § 6) muß der Ver die Verletzung des objektiven Tatbestandes einer vereinbarten Sicherheitsbestimmung beweisen, wenn er sich auf Leistungsfreiheit berufen will (BGH 24. XI. 1966 VersR 1967 S. 50-51; 13. XI. 1996 VA 1997 S. 146-148 = VersR 1997 S. 485-486; OLG Hamm 16. II. 1983 VersR 1983 S. 1148-1149; 8. XII. 1989 VersR 1990 S. 1232-1234). Den hiervon abweichenden Auffassungen von Martin 3 M II 12-15, der die Beweislast dem Vmer auferlegt, wenn die Sicherheitsvorschriften von diesem ein bestimmtes positives Tun verlangen, und Prölss, Beweislast Anm. 3 zu § 6, der das Beweismaß reduziert und es genügen lassen will, wenn die überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Verstoß spreche, ist nicht zu folgen. Wie bereits unter G 71 ausgeführt worden ist, kommt die von Martin a.a.O. vorgenommene Anwendung von §§ 362, 363 BGB nicht in Betracht, weil diese Vorschriften sich auf Hauptpflichten, nicht aber auf Obliegenheiten beziehen. Dem von Prölss aufgezeigten Problem, daß es weitgehend um den Beweis von Umständen gehe, die sich im Bereich des Vmers abspielten, ist nicht durch eine Absenkung des Beweismaßes sondern durch strengere Anforderungen an die Darlegungslast des Vmers zu begegnen, wie sie auch sonst von der Rechtsprechung gestellt werden (BGH 13.XII.1984 NJW 1985 S. 1474-1475; 5.II. 1987 NJW 1987 S. 1322-1323). Da die Verletzung von Sicherheitsvorschriften nur dann erheblich ist, wenn der eingetretene Schaden noch im Schutzbereich von § 7 AFB 30 oder der entsprechenden anderen AVB liegt (BGH 8. III. 1978 VersR 1978 S. 433^34, siehe dazu unter G 80), kommt es entscheidend darauf an, wer den inneren Zusammenhang zwischen der durch die Obliegenheitsverletzung geschaffenen Gefahrenlage und dem eingetretenen Schaden zu beweisen hat. Diese Frage ist von der nach der Kausalität zwischen Obliegenheitsverletzung und Schadenseintritt im konkreten Fall zu trennen. Der BGH 13. XI. 1996 VA 1997 S. 146-148 = VersR 1997 S. 485-486 hat in Abgrenzung von der Beweislast des § 61 zutreffend aus § 6 II entwickelt, daß der Ver außer dem objektiven Verstoß nur darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen habe, daß die Obliegenheit bei abstrakter vom Einzelfall losgelöster Betrachtung geeignet ist, den Eintritt eines Vsfalles der vorliegenden Art mindestens zu erschweren. Wenn also z. B. feststeht, daß der Vmer entgegen vereinbarter Sicherheitsbestimmungen Olöfen in einem Fabrikgebäude fehlerhaft installiert hat, so braucht der Ver nicht zu beweisen, daß der Brand durch die Öfen ausgelöst worden ist. Es genügt, wenn er dartut, daß durch die Verletzung von Vorschriften über die Ableitung der Abgase und die Entfernung zwischen Abgasrohren und brennbaren Bauteilen der Eintritt eines Brandes der vorliegenden Art wahrscheinlicher geworden ist (BGH a.a.O.). Dem Vmer obliegt sodann nach § 6 II die Beweislast dafür, daß die Verletzung keinen Einfluß auf den Eintritt des Vsfalles gehabt hat. Dieser K a u s a l i t ä t s g e g e n b e w e i s ist nur dann erbracht, wenn mit Sicherheit festzustellen ist, daß sich die Obliegenheitsverletzung in keiner Weise auf den Eintritt des konkreten Vsfalles ausgewirkt hat (BGH 8. III. 1978 VersR 1978 S. 433-434; 13. XI. 1996 a.a.O.; OLG Braunschweig 4.X. 1960 VersR 1961 S. 639-641; OGH 27.1.1999 VersR 2000 S. 523-524). Das bedeutet in dem angeführten Beispielsfall, daß der Vmer entweder beweisen muß, daß die Olöfen nicht die Schadensursache waren oder daß der Schaden in dieser Form mit Sicherheit auch dann entstanden wäre, wenn alle Sicherheitsvorschriften eingehalten worden wären. Derartige Feststellungen können in aller Regel nur auf der Grundlage von Sachverständigengutachten getroffen werden. 414

Johannsen/Johannsen

III. Vertragliche Obliegenheiten, vor Eintritt des Versicherungsfalls

Anm. G 86

Dem Vmer steht ferner die Möglichkeit offen, gemäß § 6 II darzutun und zu beweisen, daß die Verletzung der Obliegenheit keinen Einfluß auf den Umfang der dem Ver obliegenden Leistung gehabt hat. Da die Leistungsfreiheit des Vers grundsätzlich nur eintritt, wenn er die Kündigung des Vertrages erklärt hat, trägt der Ver die Beweislast für die Ausübung dieses seines Gestaltungsrechts (Sieg VersR 1963 S. 1089-1094, 1089; B G H 27. V. 1981 VersR 1981 S. 921-922). Sie umfaßt auch den gemäß § 130 B G B erforderlichen Zugang der Kündigung (BGH a.a.O.). Macht der Vmer allerdings geltend, daß die Kündigung verspätet sei, weil der Ver schon früher von dem Obliegenheitsverstoß Kenntnis gehabt habe, muß er die zu Grunde liegenden Umstände beweisen ( O L G Köln 29. IV. 1960 VersR 1960 S. 649; Sieg a.a.O. S. 1091). [G 86] bb) Für das V e r s c h u l d e n Nach der gesetzlichen Regelung des § 6 1 muß der Vmer, der eine vor dem Vsfall zu erfüllende Obliegenheit verletzt hat, beweisen, daß ihn kein Verschulden trifft (Möller in Bd I Anm. 52 zu § 6; Römer in Römer-Langheid R N 94 zu § 6). In den Feuervsbedingungen ist die Beweislastverteilung teilweise abweichend geregelt. So ergibt die Formulierung in § 7 AFB 30, der Ver „ist von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Schadenfall nach der Verletzung eintritt und die Verletzung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Vmers beruht", daß der Ver außer dem Verstoß auch das grobe Verschulden des Vmers zu beweisen hat (Raiser2 Anm. 2 b zu § 7; Kollhosser in PrölssMartin26 R N 9 zu § 7 AFB 30; O L G Hamm 8. XII. 1989 VersR 90 S. 1233-1234). Das gleiche gilt für § 9 Nr. 1 VGB 62 ( O L G Saarbrücken 29.1.1992 VersR 1992 S. 741-742). Das grobe Verschulden braucht aber nur im Hinblick auf die Verletzung der Sicherheitsvorschrift als solcher nicht aber auf die Herbeiführung der konkreten Gefahr festgestellt zu werden, der Ver braucht insbesondere nicht zu beweisen, daß der Vmer die aus der Verletzung der Sicherheitsvorschrift entstehende Gefahr erkannt und richtig eingeschätzt hat (BGH 8. III. 1978 VersR 1978 S. 433-434; O L G Hamm a.a.O.). In § 7 AFB 87 ist durch die Formulierung „Leistungsfreiheit tritt nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht", die Beweislastregelung des Gesetzes übernommen worden, so daß der Vmer die Beweislast trägt, wenn er einwenden will, daß er weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt habe (Kollhosser a.a.O. R N 1 zu § 7 AFB 87; Prölss Beweislast R N 1 zu § 7 AFB 87). Auch § 14 V H B 84 und 92 und § 11 Nr. 2 VGB 88 erlegen dem Vmer die Beweislast für mangelndes Verschulden auf. Er muß deshalb auch beweisen, daß er die vereinbarten Sicherheitsvorschriften nicht gekannt hat (Römer in Römer-Langheid R N 95 zu § 6; Schwintowski in BK R N 259 zu § 6; a. M. Prölss Beweislast Anm. 24 zu § 6). Das wird ihm in aller Regel nicht gelingen, wenn die Vorschriften in dem von ihm unterschriebenen Vsvertrag deutlich aufgeführt sind oder es sich um solche handelt, deren Erfüllung für jedermann selbstverständlich ist wie z. B. das in den VDE-Bestimmungen enthaltene Verbot, in einem Gewerbebetrieb geflickte oder überbrückte Sicherungen zu verwenden ( O L G Celle 26. VI. 1961 VersR 1961 S. 818-821). Handelt es sich hingegen um weithin unbekannte behördliche Vorschriften, wird sich eher die Feststellung treffen lassen, daß der Vmer sie nicht gekannt hat und wird es diesem auch gelingen, sich von dem Vorwurf, daß diese Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht, zu entlasten (siehe dazu unter G 82). Den Vmer trifft auch die Beweislast für die Voraussetzungen von ihm eingewendeter Unzurechnungsfähigkeit (Römer in Römer-Langheid R N 96 zu § 6; Schwintowski a.a.O.). Die Beweislastregelung des § 827 BGB, die vom B G H (20. VI. 1990 VersR Johannsen/Johannsen

415

Anm. G 87

G. Obliegenheiten

1990 S. 888-889) im Rahmen von § 152 W G und § 3 Nr. 1 PflVG herangezogen worden ist, enthält einen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch auf Obliegenheiten anwendbar ist ( O L G Köln 28. II. 1991 r + s 1991 S. 153-154).

2. Weitere vereinbarte Verhaltensmaßregeln [G 87] a) Führen und Aufbewahren von Verzeichnissen Unter der Uberschrift „Sicherheitsvorschriften" werden dem Vmer in einigen A F B weitere Verhaltensmaßnahmen auferlegt. So hat er nach § 7 Nr. 1 b) A F B 87 „ über

Wertpapiere und sonstige Sachen, für die dies besonders vereinbart ist, Verzeichnisse zu führen und diese so aufzubewahren, daß sie im Versicherungsfall voraussichtlich nicht gleichzeitig mit den versicherten Sachen zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen können. " Die Führung von Verzeichnissen oder deren Aufbewahrung ist auch Gegenstand besonderer Klauseln, wie z. B. 1403 für an Heimarbeiter übergebene Sachen, 1512 für Mietcassetten, 1602 für Büchereien, 1710 für den Briefmarken- und Münzenhandel, 4201 für fremdes Eigentum von Lagerhaltern. U m Sicherheitsbestimmungen im Sinne von § 32 handelt es sich hierbei nicht. Denn ihre Einhaltung soll nicht der Verhütung von Feuer- oder Explosionsgefahr dienen, sondern die Vertragsgefahr mindern und den Beweis für beide Vertragsparteien erleichtern. Die genannten Bedingungen knüpfen an ihre Verletzung nicht die Rechtsfolgen der Leistungsfreiheit, sondern sehen zum Teil gar keine Sanktion vor, so z . B . die Klauseln 1602 und 1710, zum Teil bestimmen sie, daß der Vmer Entschädigung nur verlangen kann, soweit er das Vorhandensein, die Beschaffenheit und den Vswert der Sachen auch ohne das Verzeichnis nachweisen kann, regeln also die Beweisanforderungen, so § 7 Nr. 3 A F B 87, Klauseln 1403, 1512 und 4201. Martin 3 M I 3 und Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 6 zu § 6 A E R B , der insoweit inhaltlich mit § 7 A F B 87 übereinstimmt, schließen hieraus, daß es sich überhaupt nicht um Obliegenheiten sondern um reine Beweisführungsregeln handelt. Dem ist nicht zu folgen. Es handelt sich bei der vertraglich auferlegten Führung und Aufbewahrung von Verzeichnissen um Obliegenheiten im Sinne von § 6 I (Möller in Bd I Anm. 7 zu § 34; Prölss Beweislast R N 4 zu § 7 A F B 87; K G 14. VII. 1926 J R P V 1926 S. 245-246; vgl. auch B G H 2. X I I . 1992 VersR 1993 S. 223-225 zu der ähnlichen Saldenmitteilung in der Warenkreditv). Sie sind als Obliegenheiten in den vertraglichen Regelungen bezeichnet und dienen den Interessen des Vmers an der Aufrechterhaltung des Vsschutzes. Allerdings kommt der vereinbarten Rechtsfolge keine erhebliche Bedeutung zu, weil der Vmer im Schadenfall ohnehin die Beweislast für die Entstehung und den Umfang des Schadens trägt (Prölss a.a.O. R N 6 zu § 1, R N 1 zu § 55). Eine abweichende vertragliche Regelung ist allerdings für die Feuerbetriebsunterbrechungsv getroffen worden. Nach § 7 F B U B ist der Vmer verpflichtet, Bücher zu führen, und hat er Inventuren und Bilanzen für die 3 Vorjahre sicher und zum Schutz gegen gleichzeitige Vernichtung voneinander getrennt aufzubewahren. Bei der Verletzung dieser Obliegenheit ist der Ver nach § 7 Nr. 2 F B U B von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Vmer nicht nachweist, daß die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Hier ist also die strenge Rechtsfolge der Leistungsfreiheit angeordnet und fehlt die Möglichkeit, den Beweis mit anderen Mitteln erbringen zu dürfen. D a es sich um eine Obliegenheit nach § 6 I handelt, müßte nach dem Wortlaut Leistungsfreiheit auch dann eintreten, wenn der Vmer den Unterbrechungsschaden auf andere Weise zweifelsfrei nachweisen könnte und die Verletzung auch sonst keine Auswirkungen auf den Vsfall oder den Umfang des Schadens gehabt hat. U m dieses unbillige Ergebnis zu vermeiden, schlägt Prölss 416

Johannsen/Johannsen

III. Vertragliche Obliegenheiten, vor Eintritt des Versicherungsfalls

Anm. G 89

Beweislast Anm. 9 zu § 55 mit der Begründung, daß die Erfüllung von Buchführungsobliegenheiten eigentlich erst für die Zeit nach Eintritt des Vsfalles relevant würde, die Anwendung von § 6 III vor (kritisch dazu Römer in Römer-Langheid Anm. 30 zu § 6). Zu berücksichtigen ist aber, daß der Buchführungspflicht für die F B U V eine große Bedeutung zukommt. Sie ist für die Vertragsgefahr erheblich und soll gewährleisten, daß der Vmer seinen Betrieb gewissenhaft und nach kaufmännischen Grundsätzen führt (Schneider Die Feuerbetriebsunterbrechungsv S. 184). Die Leistungsfreiheit ist deshalb gerechtfertigt, wenn der Vmer planmäßig oder aus Schlamperei überhaupt keine Bücher führt, auch wenn er den Schaden durch sonstige Belege und Zeugenaussagen nachweisen kann. Weniger streng sind aber Verstöße gegen die Aufbewahrungspflicht zu bewerten. Bei diesen kann dem Ver die Berufung auf Leistungsfreiheit gemäß § 242 B G B versagt werden, wenn diese Rechtsfolge außer Verhältnis zur Schwere des Verstoßes steht. Dabei sind die Maßstäbe anzuwenden, die der B G H zu § 71 entwickelt hat (11. II. 1987 B G H Z 100 S. 60-67 = VersR 1987 S. 476-479 = r + s 1987 S. 202-204 und 20. V. 1987 VersR 1987 S. 704-705 = r + s 1987 S. 234; dazu im einzelnen unter G 96). [G 88] b) Verbot der Versicherung des Selbstbehalts Nach § 9 II A F B 30 darf der Vmer, wenn ein Selbstbehalt vereinbart worden ist, für diesen Teil keine andere V nehmen. Als Sanktion ist vereinbart, daß die Entschädigung so ermäßigt wird, daß der Vmer den vereinbarten Teil des Schadens selbst trägt (Berechnungsbeispiele bei Möller in Bd II Anm. 71 zu § 56 und Sieg Β 15). § 9 Nr. 2 A F B 87 hat das Verbot der anderweitigen V nicht übernommen, sieht aber als Folge einer durch die V des Selbstbehalts entstandenen mehrfachen V vor, daß als Entschädigung aus den mehreren Verträgen nicht mehr als der Schaden abzüglich des Selbstbehalts verlangt werden kann. Für § 9 II A F B 30 war streitig, ob es sich um eine Obliegenheit handelt (so Möller in Bd II Anm. 71 zu § 56, 48 zu § 58 unter ausführlicher Darstellung des Meinungsstandes; Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 212; a. M. Sieg Β 15; Bischoff VersR 1972 S. 799-808, 808). Da das Verbot der Verminderung des moralischen Risikos dienen sollte, spricht mehr für die Annahme einer Obliegenheit und erscheint es als gerechtfertigt, daß dem Vmer, der die V des Selbstbehalts nicht selbst genommen hat, weil sie ζ. B. beim Erwerb der verten Sache gemäß § 69 I auf ihn übergegangen ist, die teilweise Leistungsfreiheit mangels Verschuldens nicht trifft (so Möller a.a.O. Anm. 71 zu § 56 >Durch die Neufassung der Regelung in § 9 Ziff. 2 A F B 87 ist aber klargestellt, daß es sich nicht um eine Obliegenheit, sondern um eine Begrenzung der Leistungspflicht handelt für den Fall, daß - zulässigerweise - bei einem anderen Ver eine V des Selbstbehalts genommen worden ist. § 9 Nr. 2 A F B 87 ist also eine reine Berechnungsvorschrift für die Höhe der Entschädigung (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 9 AFB 87). c) Anzeigepflichten [G 89] aa) Anzeige des Wohnungswechsels Soweit in der Hausratv, in der bei einem Wohnungswechsel der Vsschutz auf die neue Wohnung übergeht, der Vmer den Wohnungswechsel anzuzeigen hat, vgl. § § 1 1 Nr. 2 V H B 84,11 Nr. 2 V H B 92, sind Sanktionen für die Verletzung dieser Obliegenheit in den Bedingungen nicht vorgesehen. Es findet aber § 10 Anwendung, der dem Ver für den Fall der Verletzung der gesetzlichen Obliegenheit der Anzeige der WohnungsJohannsen/Johannsen

417

Anm. G 90

G. Obliegenheiten

änderung eine erleichterte Zugangsmöglichkeit für Willenserklärungen einräumt (vgl. zu dieser Vorschrift Möller in Bd I). Bedeutung kann die Verletzung der Anzeige auch dann erlangen, wenn mit dem Umzug ausnahmsweise eine Gefahrerhöhung verbunden ist, wie z.B. bei einem Umzug in ein Gebiet mit überwiegend strohgedeckten Häusern oder in die Nähe einer Munitionsfabrik. Für diesen Fall verweisen die Bedingungen in § 13 auf die gesetzlichen Vorschriften über die Gefahrerhöhung, beschränken deren Rechtsfolgen aber auf im Antrag erfragte Umstände (vgl. dazu Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 3 und 4 zu § 13 VHB 84). Grundsätzlich liegt in einem Umzug aber keine Gefahrerhöhung (OLG Köln 4. IV. 2000 VersR 2001 S. 580-582 = r + s 2000 S. 205-207). [G 90] bb) Anzeigepflicht nach § 10 Nr. 1 FBUB In der Betriebsunterbrechungsv hat der Vmer im Falle eines S a c h s c h a d e n s , der eine Betriebsunterbrechung zur Folge haben könnte, dem Ver unverzüglich Anzeige zu erstatten. Gemeint ist dabei der bereits e i n g e t r e t e n e S c h a d e n an einer am Vsort dem Betrieb des Vmers dienenden Sache, der durch Brand, Explosion, Blitzschlag oder eine der anderen in § 2 FBUB aufgezählten Tatbestände verursacht worden ist, nicht aber schon der nur durch den Ausbruch eines Brandes auf dem Nachbargrundstück d r o h e n d e S c h a d e n . Der Zweck der Regelung besteht darin, dem Ver Gelegenheit zu geben, zur Vermeidung des Eintritts einer Betriebsunterbrechung beizutragen (BGH 3. VI. 1981 VersR 1981 S. 875-878; Voit in Prölss-Martin 26 R N 1 zu §10 AMBUB; Schwintowski in BK R N 49 zu § 6) oder den durch diese verursachten Schaden gering zu halten. Für den Fall der vorsätzlichen oder grobfahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist gemäß § 10 Nr. 3 FBUB Leistungsfreiheit vorgesehen; bei grobfahrlässiger Verletzung bleibt die Leistungspflicht insoweit bestehen, als die Verletzung keinen Einfluß auf die Feststellung oder den Umfang der Entschädigungsleistung gehabt hat. Die Einordnung dieser Obliegenheit als vor Eintritt des Vsfalles zu erfüllende ist nicht ganz unproblematisch, weil sie nach Eintritt der ersten Stufe des zweistufigen Vsfalles zu erfüllen ist (vgl. dazu unter Κ 4), aber vor Eintritt der die zweite Stufe des Vsfalles bildenden Betriebsunterbrechung. (Von Schneider Feuerbetriebsunterbrechungsv S. 185 wird sie als Obliegenheit bei Eintritt des Vsfalles eingestuft). Für die entsprechende Regelung in § 10 Nr. l a AMBUB, wonach jeder Sachschaden an einer verten Maschine, der einen Unterbrechungsschaden verursachen könnte, spätestens innerhalb von 24 Stunden anzuzeigen ist, hat der B G H 3. VI. 1981 a.a.O. angenommen, daß es sich um eine v o r dem Vsfall zu erfüllende Obliegenheit handelt (ebenso BGH 12. IV. 1989 VersR 1989 S. 588-591). Dem ist zuzustimmen, weil erst die Betriebsunterbrechung, die bei Eintritt des Sachschadens noch nicht einmal wahrscheinlich zu sein braucht, das entscheidende Ereignis ist, das die Leistungspflicht des Vers auslöst. Der Auffassung von Voit a.a.O., daß es die Interessenlage erfordere, die Obliegenheit als nachvertragliche einzuordnen, weil der Ver sonst gemäß § 6 I schon bei leicht fahrlässiger Verletzung leistungsfrei sei, ist nicht zu folgen. Sowohl in § 10 AMBUB wie in § 10 Nr. 1 FBUB ist Leistungsfreiheit nur bei schwerem Verschulden vorgesehen. Das ist bei Annahme einer vor dem Vsfall zu erfüllenden Obliegenheit eine gemäß § 15 a) zulässige Abweichung von § 6 I. Zusätzlich wird der Vmer durch die Kündigungsobliegenheit des Vers nach § 6 I 2 und 3 geschützt, an deren Nichterfüllung der BGH in dem angeführten Fall die Leistungsfreiheit hat scheitern lassen. Diese ist gemäß § 15 a) auch nicht wirksam abbedungen, wenn in den AVB wie in § 10 AMBUB auf § 6 III verwiesen wird. 418

Johannsen/Johannsen

Anm. G 92

IV. Anzeige weiterer Versicherungen

Beachtlich wären die Bedenken Voits a.a.O. aber für Regelungen, die anders als die genannten Leistungsfreiheit schon bei leichter Fahrlässigkeit vorsehen würden. Denn es ist zu berücksichtigen, daß es sich bei der Anzeige des Sachschadens in der Betriebsunterbrechungsv um eine Anzeige handelt, die nach ihrem Sinn und Zweck dem Bereich der Rettungspflicht zuzuordnen ist. Der Ver legt deshalb Wert auf eine frühe Unterrichtung über die Möglichkeit des Eintritts eines Unterbrechungsschadens, um dem Vmer Schadensminderangsmaßnahmen im Sinne des § 62 I nahe zu legen und eventuell Weisungen erteilen zu können. Da dem Vmer ein Verstoß gegen die Rettungspflicht gemäß § 62 II nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit schadet, ist für die als Vorstufe zu Rettungsmaßnahmen dienende vorgezogene Sachschadenmeldung ein gleicher Maßstab als angemessene Regelung zu Grunde zu legen. Eine Abweichung davon wäre im AVB-Bereich als unangemessene Benachteiligung des Vmers im Sinne von §§ 9 II Nr. 1 AGBG, 307 II Nr. 1 B G B n.F. einzuordnen, da von einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abgewichen würde.

IV. Anzeige weiterer Versicherungen Gliederung: Schrifttum G 91

I

1. Regelungsgehalt von §§ 58 und 90 G 92

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2. In den A V B enthaltene Sanktionen G 93

[G 91] Schrifttum Honseil VersR 1982 S. 1 1 2 - 1 1 7 , Kohleick Die Doppelv im deutschen Vsvertragsrecht. Gesetzliche und vertragliche Regelungen Karlsruhe 1999, R ö h r Die vorvertragliche Anzeigepflicht Karlsruhe 1980 vgl. im übrigen die Literaturangaben in Bd II Anm. 2 zu § 58.

[G 92] 1. Regelungsgehalt von §§ 58 und 90 Gemäß § 58 hat der Vmer, wenn er für ein Interesse gegen dieselbe Gefahr bei mehreren Vern V nimmt, jedem Ver von der anderen V unverzüglich Mitteilung zu machen, wobei in der Mitteilung der Ver, bei welchem die andere V genommen worden ist, zu bezeichnen und die Vssumme anzugeben ist. Die Vorschrift des § 58 ist von Möller in Bd II auch unter Berücksichtigung von Problemen der Feuerv ausführlich kommentiert worden. Hierauf wird verwiesen. Gegenüber § 58, der nur anwendbar ist, wenn dasselbe Interesse und dieselbe Gefahr mehrfach vert werden, erweitert § 90 die Anzeigepflicht in der Feuerv dahin, daß sie auch eingreift, wenn unterschiedliche Interessen vert sind, wenn nämlich in Ansehung derselben Sache bei dem einen Ver „für entgehenden Gewinn ", bei einem anderen „für sonstigen Schaden" V genommen wird. Erfaßt werden hierdurch neben der Feuerv abgeschlossene Betriebsunterbrechungs- und Mietverlustven. Auf die Kommentierung dieser Vorschrift durch Sieg unter Β 5-14 wird verwiesen. Soweit Sieg unter Β 6 allerdings entgegen der dort zitierten herrschenden Lehre (die zu ergänzen ist um Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 90 und Dörner-Staudinger in BK R N 1 zu § 90), annimmt, daß für den Vmer einer Betriebsunterbrechungsv keine Obliegenheit besteht, eine von ihm abgeschlossene Feuerv anzuzeigen, ist ihm nicht zu folgen. Es trifft zwar zu, daß in den F B U B eine solche Anzeigepflicht nicht statuiert ist und § 9 AFB 30 nur für den Vmer der Feuerv gilt. § 90 erfaßt aber seinen Wortlaut nach eindeutig auch den Vmer einer BetriebsunterJohannsen/Johannsen

419

Anm. G 93

G. Obliegenheiten

brechungsv. Auch wenn man davon ausgeht, daß die Vorschriften der §§ 81-107 c entsprechend der Uberschrift „Feuerversicherung" grundsätzlich nur für diese Vsart Anwendung finden sollen (vgl. hierzu Sieg A 33-35; Langheid in Römer-Langheid Vorbemerkung 2-5 vor § 81), ist es sinnvoll, davon abweichend die Anwendung des § 90 auf die Feuerbetriebsunterbrechungsv zuzulassen. Die dem Gesetz zu Grunde liegende Interessenlage erfordert, daß auch dem Ver der Betriebsunterbrechungs- oder sonstigen Gewinnv eine bestehende Feuerv mitgeteilt wird, um ihm die Risikoeinschätzung vor allem in bezug auf das subjektive Risiko zu erleichtern. Das Unterbleiben der Anzeige hat allerdings für den Vmer der Betriebsunterbrechungsv keine Rechtsfolgen, weil in die FBUB keine entsprechende Obliegenheit aufgenommen worden ist. Für die Feuerv werden aber die sanktionslos ausgestalteten gesetzlichen Vorschriften der §§ 58 und 90 zum Teil durch AVB ergänzt, die Kündigung und unter bestimmten Voraussetzungen Leistungsfreiheit als Verletzungsfolgen vorsehen, §§ 9 I AFB 30, 9 Nr. 1 AFB 87,11 VGB 62. N u r diese Vereinbarungen sieht Römer in Römer-Langheid Anm. 10 zu § 58 als Obliegenheiten an, während er § 58 der amtlichen Begründung folgend als Anordnung einer echten Rechtspflicht mit der Folge von Schadenersatzansprüchen des Vers bei schuldhafter Verletzung betrachtet (ebenso Schauer in BK R N 21 zu § 58; anders aber Langheid in Römer-Langheid R N 3 zu § 90 durch Verweisung auf die als Obliegenheit eingeordneten Vorschriften der §§ 33, 34). Näher liegt es aber, mit Möller (in Bd II Anm. 26 zu § 58 mit zahlreichen Nachweisen und Darstellung des Streitstandes) und Sieg (unter Β 7) auch die gesetzliche Regelung als Obliegenheit einzuordnen, die sich auf die Vertragsgefahr bezieht. Die AVB regeln die Voraussetzungen der Anzeigepflicht teilweise in Ubereinstimmung mit § 58, teilweise in Anlehnung an § 90. § 9 AFB 30 knüpft die Anzeigepflicht an das Nehmen einer anderen Feuerv, schließt aber mit dem Zusatz „auch gegen mittelbare Schäden" Gewinnvern wie Betriebsunterbrechungsv und Mietverlustv mit ein (zu dieser Vorschrift vgl. Sieg Β 8). § 9 AFB 87 setzt durch die Formulierung „eine weitere V gegen eine der verten Gefahren" wie § 58 Identität von Interesse und Gefahr voraus und knüpft dementsprechend an die Nichtmitteilung einer Betriebsunterbrechungv keine Sanktion. Während § 11 VGB 62 - wie § 9 AFB 30 - die V für mittelbare Schäden einschließt und ausdrücklich die Betriebsunterbrechungs- und Mietverlustv aufführt, enthalten die VGB 88 keine Vorschriften über eine Anzeigepflicht bei Mehrfach- und Doppelv, so daß nur die sanktionslosen gesetzlichen Vorschriften der §§ 58, 90 gelten. Auch in der Hausratv sind spezielle Anzeigeobliegenheiten nicht vorgesehen. [G 93] 2. In den AVB enthaltene Sanktionen Die Sanktionen sind unterschiedlich geregelt. Die für den Vmer strengste Regelung enthalten § 11 VGB 62 und § 9 AFB 30, nämlich Kündigungsrecht des Vers mit dreimonatiger Frist und Leistungsfreiheit für einen nach Ablauf von drei Monaten seit dem Zeitpunkt, zu dem die Anzeige dem Ver hätte zugehen müssen, eintretenden Vsfall. Die Verletzung der Anzeigepflicht muß danach zwar schuldhaft sein, wie sich aus der Verwendung des Wortes unverzüglich ergibt, es reicht aber bereits leichte Fahrlässigkeit aus. In § 9 AFB 87 ist die Leistungsfreiheit auf vorsätzliche oder grobfahrlässige Verletzungen beschränkt, aber dem Vmer die Beweislast dafür auferlegt worden, daß die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Sie entfällt, wenn der Ver vor dem Vsfall Kenntnis von der anderen V erlangt hat. 420

Johannsen/Johannsen

Anm. G 93

IV. Anzeige weiterer Versicherungen

Obwohl die vertraglichen Sanktionen der Wahrung wichtiger Belange der Ver dienen, nämlich der Beurteilung des subjektiven Risikos und der Verhinderung betrügerischer Doppelv im Sinne von § 59 III, stellt die völlige Leistungsfreiheit des Vers häufig eine unbillige, weil übermäßige Folge der Unterlassung der Anzeige dar (Sieg Β 13 mit Nachweis von kritischen Stimmen gegen derartige AVB-Regelungen, vgl. auch Honsell VersR 1982 S. 112-117). Das gilt insbesondere dann, wenn die Verletzung keinen Einfluß auf die Verpflichtung des Vers gehabt und dieser auch bei Kenntnis keine Konsequenzen aus dem Bestehen einer weiteren V gezogen hätte. Der BGH 5. III. 1986 VersR 1986 S. 380-381 hat zu § 11 VGB 62 die Anwendung des für Obliegenheiten zur Verminderung der Vertragsgefahr grundsätzlich nicht geltenden § 6 II erwogen, aber letztlich dahingestellt gelassen, weil nach dem Sachverhalt nicht festgestellt war, daß die Verletzung folgenlos geblieben ist. Denn der Ver sei durch das Unterbleiben der Anzeige daran gehindert worden, das weitere Vertragsverhältnis zu überprüfen und gegebenenfalls daraus Konsequenzen zu ziehen. Eine solche Kausalität wird sich aber kaum jemals sicher ausschließen lassen. Vom B G H wird dabei auch übersehen, daß in der Praxis aus dem Bestehen mehrerer Ven meist keine Konsequenzen gezogen werden. Allenfalls werden Ver versuchen, das Bestehen der ihnen mitgeteilten oder anderweitig bekannt gewordenen weiteren V zum Anlaß für den Versuch einer Abwerbung zu machen. Demgemäß sah auch eine Geschäftsplanmäßige Erklärung der Ver folgendes vor: „Von dem Kündigungsrecht im Falle der mehrfachen Versicherung werden wir nur aus wesentlichen, insbesondere zwingenden versicherungstechnischen Gründen Gebrauch machen. " (VA 1969 S. 302), wodurch die Kündigung in der Praxis auf Ausnahmefälle beschränkt wurde. Da die Kündigung gemäß § 6 I 3 für den Fall der Kenntnis von der Verletzung Voraussetzung der Leistungsfreiheit ist (OLG Oldenburg 10. VII. 1985 VersR 1985 S. 977-978), führte die Geschäftsplanmäßige Erklärung auch zu einer Einschränkung der Fälle, in denen die Ver sich mit Erfolg auf Leistungsfreiheit berufen konnten (vgl. dazu Sieg Β 14). In der als Summenv zwar nicht unter § 58 fallenden Krankentagegeldv, bei der ein Verbot der Mehrfachv vereinbart und die Rechtsfolgen ähnlich sind wie in der Feuerv, hat der B G H die Kündigungsmöglichkeit als notwendige und nicht übermäßige Rechtsfolge für wirksam erklärt (13. XI. 1980 BGHZ 79 S. 6-15 = VersR 1981 S. 183-185,4. X. 1989 VersR 1989 S. 1250-1253). Er hat aber in zwei auf § 242 gestützten Entscheidungen angenommen, daß dem Ver die Berufung auf Leistungsfreiheit versagt werden könne, wenn eine Gefährdung seiner Interessen nicht in Betracht komme (28. IV. 1971 VersR 1971 S. 662-664; 13. XI. 1980 a.a.O.). In der zweiten Entscheidung ist besonders auf den sozialen Schutzzweck der Krankentagegeldv abgestellt worden. Ein solcher spielt durchaus auch in der Feuerv eine Rolle. Als weitere Parallele ist die Rechtsprechung des B G H zu § 71 heranzuziehen, wonach ein Verstoß gegen die Verpflichtung, die Veräußerung der verten Sache anzuzeigen (vgl. dazu unter G 96), nur dann zur Leistungsfreiheit des Vers führt, wenn diese Rechtsfolge nicht außer Verhältnis zur Schwere des Verstoßes steht (11.11.1987 BGHZ 100 S. 60-67 = VersR 87 S. 476-479 = r + s 1987 S. 202-204; 20. V. 1987 VersR 1987 S. 704-705). Wenn auch durch die dargestellte Entwicklung der AVB dahin, daß Leistungsfreiheit nach den neueren Bedingungen nur noch bei grobem Verschulden hinsichtlich der Verletzung der Anzeigepflicht in Betracht kommt, die Zahl der Fälle, in denen völlige Leistungsfreiheit als unbillige Rechtsfolge erscheint, geringer geworden ist, treten doch neben Fällen, in denen die alten Bedingungen noch gelten, auch unter der Neuregelung einzelne Problemfälle auf, deren Lösung nicht generell getroffen werden kann. Die aus dogmatischen Gründen problematische Anwendung von § 6 II auf Obliegenheiten zur Verminderung der Vertragsgefahr führt zu keiner Lösung. Denn selbst wenn in jedem Einzelfall geprüft werden müsse, ob die Verletzung Einfluß auf Johannsen/Johannsen

421

Antn. G 95

G. Obliegenheiten

den Eintritt des Vsfalles oder den Umfang der Leistung des Vers gehabt habe, verbleibt die Beweislast für den Kausalitätsgegenbeweis bei dem Vmer, dem es kaum gelingen wird nachzuweisen, daß sich die Vertragsgefahr durch den Abschluß weiterer Ven nicht erhöht hat (vgl. hierzu Römer in Römer-Langheid R N 30 zu § 6). Ein Verstoß gegen §§ 9 AGB, 307 B G B n.F., kommt für § 9 AFB 30 wegen der Anknüpfung der Leistungsfreiheit bereits an leichtes Verschulden in Betracht ( O L G Oldenburg 10.11.1985 VersR 1985 S. 977-978; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 13 zu § 58). § 9 AFB 87 hält hingegen einer AGB-Kontrolle Stand. Da die Anzeigepflicht dazu dient, die Möglichkeiten ungerechtfertigter Bereicherungen durch mehrfach verte Vmer auszuschließen, erscheint es grundsätzlich nicht als unangemessene Benachteiligung, wenn Leistungsfreiheit als Rechtsfolge für einen grob schuldhaften Verstoß vorgesehen wird. Die Berufung auf Leistungsfreiheit sollte dem Ver nur dann versagt werden, wenn sie sich im Einzelfall als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Dafür sind die Maßstäbe anzuwenden, die der B G H in den angeführten Fällen zur Krankentagegeldv und zu § 71 entwickelt hat.

V. Anzeige der Veräußerung der versicherten Sache Gliederung: Schrifttum G 94 1. Regelungsgehalt von § 71 G 95

I [

2. Einschränkung der Rechtsfolgen G 96

[G 94] Schrifttum Brünjes D e r Veräußerungsbegriff des § 6 9 W G Diss. Münster Karlsruhe 1995; VersR 1995 S. 1 4 1 6 - 1 4 2 0 , Bundschuh ZVersWiss 1993 S. 3 9 - 5 6 , 4 9 Sieg VersR 1993 S. 1 2 5 - 1 2 9 , Tenbieg VersR 1 9 9 3 S. 8 - 1 2 vgl. im übrigen die Literaturangaben in B d II Vorbem. 2 zu § § 6 9 - 7 3 .

[G 95] 1. Regelungsgehalt von § 71 W G In Ergänzung zu § 69, wonach im Falle einer Veräußerung der verten Sache der Erwerber in die Rechte und Pflichten aus dem Vsvertrag eintritt, und § 70, der dem Ver für diesen Fall ein Kündigungsrecht zubilligt, ordnet § 71 an, daß der Veräußerer und der Erwerber dem Ver die Veräußerung unverzüglich anzuzeigen haben. Als Rechtsfolge der Unterlassung sieht das Gesetz Leistungsfreiheit des Vers vor, wenn der Vsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anzeige dem Ver hätte zugehen müssen. Die Leistungspflicht bleibt aber bestehen, wenn dem Ver die Veräußerung bekannt war oder er von seinem Kündigungsrecht nach § 70 keinen Gebrauch gemacht hat, § 71 II. §§ 69-71 sind von Sieg in Bd II ausführlich kommentiert worden. Hierauf wird zunächst verwiesen. Soweit in den AVB die Anzeigepflicht für den Fall der Veräußerung der verten Sache erwähnt wird, z. B. §§ 11 AFB 30; 13 VGB 62, ist dies als bloße Bezugnahme auf das Gesetz geschehen, durch die eine besondere vertragliche Obliegenheit nicht begründet worden ist, auch wenn für die Anzeige abweichend von § 71 Schriftform vorgesehen ist. Gegenüber der Auffassung des O L G Hamm 14. VIII. 1985 VersR 1986 422

Johannsen/Johannsen

V. Anzeige der Veräußerung der versicherten Sache

Anm. G 96

S. 1177 LS, daß das Schriftformerfordernis ausreiche, um eine vertragliche Obliegenheit zu begründen, auf die § 6 anwendbar sei, hat der B G H 20. V. 1987 VersR 1987 S. 705-706 = r + s 1987 S. 234 zutreffend daraufhingewiesen, daß § 71 eine gesetzliche Verhaltenspflicht für den Veräußerer und/oder Erwerber normiere, bei deren Verletzung der Ver kraft Gesetzes unter bestimmten Voraussetzungen leistungsfrei werde. Ein vertragliches Schriftformerfordernis, das nach § 72 wirksam vereinbart werden könne, ändere an dem Inhalt und der Rechtsnatur der gesetzlichen Obliegenheit nichts, zumal es ohnehin wenig bedeutsam sei. Hierfür hat der B G H unter Berufung auf Sieg in Bd II Anm. 4 zu § 71 darauf verwiesen, daß eine auf andere Weise, insbesondere mündlich oder fernmündlich erfolgte Anzeige bewirke, daß dem Ver die Veräußerung im Sinne von § 71 II 1 anderweitig bekannt sei. Wichtige Folge der Einordnung der Anzeigepflicht als gesetzliche Obliegenheit ist, daß § 6 keine Anwendung findet und der Ver insbesondere zur Erhaltung seiner Leistungsfreiheit nicht zu kündigen braucht, wenn er erst nach dem Eintritt des Vsfalles von der Veräußerung erfährt (BGH a.a.O.; O L G Hamm 6. III. 1992 VersR 1992 S. 1466-1468; so auch schon Sieg in Bd II Anm. 23 zu § 71; Langheid in Römer-Langheid Anm. 2 zu § 71; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 71). Eine zu Gunsten des Vmers von § 71 abweichende und damit nach § 72 zulässige Regelung enthalten §§ 2 I AFB 30, 2 Nr. 3 c AFB 87, wonach sicherungsübereignete Sachen vert sind, für die „gemäß § 71 Abs. 1 S. 2 VVG dem Erwerber ein Entschädigungsanspruch nicht zusteht." Danach hat nämlich die unterlassene Anzeige nicht Leistungsfreiheit des Vers zur Folge, sondern es kann der Anspruch weiterhin von dem Veräußerer geltend gemacht werden, wobei die Entschädigung im Innenverhältnis dem Erwerber zustehen kann, wenn eine Fremdv vorliegt (BGH 28. X. 1953 Β GHZ 10 S. 376-385 = NJW 1953 S. 1825-1826; im einzelnen dazu unter J 120). [G 96] 2. Einschränkung der Rechtsfolgen Die Auseinandersetzung mit § 71 in Literatur und Rechtsprechung konzentrierte sich in der Zeit nach Erscheinen von Bd II im wesentlichen auf das Problem, daß die gesetzliche Anordnung der Leistungsfreiheit des Vers als eine zu harte Sanktion der unterlassenen Anzeige von der Veräußerung angesehen wurde, da einerseits bereits leichte Fahrlässigkeit eines der Anzeigepflichtigen, Veräußerer oder Erwerber, zu dieser Folge führen konnte, auf der anderen Seite eine Gefährdung der Interessen des Vers bei gleichbleibendem Risiko durch die Veräußerung häufig nicht in Betracht kam und seinem Prämieninteresse durch die gesamtschuldnerische Haftung von Veräußerer und Erwerber nach § 69 II ausreichend Rechnung getragen wird (so Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 71). Ein leichtes Verschulden kann z.B. schon in einer geringfügigen Verzögerung der Anzeige liegen. Allerdings muß dem Vmer eine Uberlegungsfrist zugebilligt werden, die bis zu 14 Tagen dauern darf ( O L G Köln 17. IV. 1986 r + s 1986 S. 144 und 22. V. 1986 r + s 1987 S. 22 wendet die Fristbestimmung in § 1 II 4 AKB zur Ausfüllung des Begriffs unverzüglich generell an; kritisch hierzu Langheid in Römer-Langheid R N 1 zu § 71). Bei der Veräußerung eines Grundstückes braucht der Vmer nicht nachzufragen, wann die für die Anzeigepflicht maßgebliche Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch erfolgt ist, sondern er darf die Mitteilung des Grundbuchamtes abwarten ( O L G Hamm 6. III. 1992 VersR 1992 S. 1466-1468; Kollhosser a.a.O. R N 1 zu § 71). Wenn allerdings die Veräußerung im Wege der Zwangsversteigerung erfolgt, ist der maßgebliche Zeitpunkt für das Entstehen der Anzeigepflicht die Erteilung des Zuschlages, durch den gemäß §§ 90 I, 180 I ZVG das Eigentum übergeht. Der Vmer Johannsen/Johannsen

423

Anm. G 96

G. Obliegenheiten

darf in diesem Fall nicht abwarten, ob gegen den Beschluß Beschwerde eingelegt wird oder das Grundstück auf seinen Namen umgeschrieben wird, sondern muß dem Ver schon vorher Gelegenheit geben, die wirtschaftliche Bedeutung des Ubergangs in Hinblick auf den Vsvertrag überprüfen zu können (OLG Hamm a.a.O.). Wenn der Vmer nicht erkennt, daß eine anzeigepflichtige Veräußerung vorliegt oder er sich über den Zeitpunkt des Eigentumüberganges irrt, ist er nicht entschuldigt. Er muß sich, wenn er nicht selbst genügend rechtskundig ist, in Zweifelsfällen über seine Verpflichtungen aus dem Vsvertrag erkundigen (BGH 11.11.1987 BGHZ 100 S. 60-67 = VersR 1987 S. 476-t79 = r + s 1987 S. 202-204; LG Köln 17. XII. 1986 r + s 1987 S. 200-202), wenn auch in diesen Fällen nur ein geringes Verschulden vorliegen wird. Fehlendes Verschulden hat aber zutreffend O L G Hamm 11. VII. 1984 VersR 1985 S. 826-827 in einem Fall angenommen, in dem sich der Generalvertreter des Vers mit den ungenügenden Angaben in der Veräußerungsanzeige zufrieden gegeben hat, sodaß der Vmer darauf vertrauen konnte, daß er die Anzeige nicht zu ergänzen brauchte. Solche Fälle leichten Verschuldens haben mehrere Gerichte veranlaßt, die Rechtsfolgen von § 71 II auf unterschiedliche Weise einzuschränken. Das O L G Düsseldorf 10.11.1981 VersR 1982 S. 944-945 hat die Berufung auf Leistungsfreiheit bei nur leichtem Verschulden des Vmers für rechtsmißbräuchlich angesehen, wenn die Interessen des Ver nicht ernsthaft durch die Veräußerung gefährdet seien. Es hat dazu die Rechtsgedanken der Relevanzrechtsprechung des B G H zu § 6 III herangezogen. Dem ist das LG Köln 17.XII. 1986 r + s 1987 S. 200-202 gefolgt und hat zudem den Kausalitätsgegenbeweis nach § 6 II zugelassen. Das O L G Hamm 14. VIII. 1985 VersR 1986 S. 1177 LS hat wegen des vereinbarten Schriftformerfordernisses eine vertragliche Obliegenheit angenommen und die Leistungsfreiheit nach § 6 I 3 an fehlender Kündigung scheitern lassen. Der BGH hat in zwei Grundsatzentscheidungen (11. II. 1987 BGHZ 100 S. 60-67 = VersR 1987 S. 476-479 = r + s 1987 S. 202-204 und 20. V. 1987 VersR 1987 S. 704-705 = r + s 1987 S. 234) eine einschränkende Auslegung von § 71 I 2 vorgenommen. Er hat klargestellt, daß auf § 71 als gesetzliche Obliegenheit die Schutzvorschriften des § 6 keine Anwendung finden und sich hieran auch durch die Wiederholung der Vorschrift in AVB und die Vereinbarung der Schriftform für die Anzeige nichts ändere. Er hat aber trotz des deutlich herausgestellten berechtigten Interesses des Vers an der Erstattung der Anzeige, nämlich selbst die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsüberganges in Hinblick auf das verte Interesse abschätzen zu können und Name und Adresse des Erwerbers zu erfahren, angenommen, daß die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit außer Verhältnis zu der Schwere des Verstoßes stehen kann. Die Anwendung der Vorschrift setze deshalb „eine Abwägung voraus, bei der auf Seiten des Vers zu berücksichtigen ist, wieweit seine Interessen in ernster Weise beeinträchtigt sind, auf Seiten des VN, in welchem Umfang ihn ein Verschulden trifft und welches Gewicht die Entziehung der Versicherungsleistung hat. " Diese Rechtsprechung, deren Grundlage die das gesamte Zivilrecht beherrschenden Grundsätze von Treu und Glauben sind (vgl. dazu Römer in Römer-Langheid R N 33 zu § 6) ist überwiegend begrüßt worden (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 71, Dörner in BK R N 19 zu § 71). Daß Langheid in Römer-Langheid R N 3 zu § 71 bei grundsätzlicher Zustimmung die Abwägungskriterien des B G H als „schwammig" bezeichnet, ist nicht gerechtfertigt. Die entschiedenen Fälle zeigen, daß mit der zitierten Formel des BGH angemessene Ergebnisse erzielt werden können. Im Fall des O L G Hamm 25. VIII. 1989 r + s 1990 S. 22-25 wurde Leistungsfreiheit versagt, weil die Interessen des Vers durch die aus steuerlichen Gründen erfolgte Übertragung eines Grundstücks an den Sohn 424

Johannsen/Johannsen

VI. Anzeige des Versicherungsfalles

Anm. G 97

der V m e r bei Bestellung eines lebenslangen Nießbrauches zu Gunsten der Eltern, die auch weiter die Vsprämie zahlten, nicht ernstlich berührt wurden, und das Verschulden hinsichtlich der Nichtanzeige als sehr gering bewertet wurde. In einem weiteren Fall des O L G H a m m 6. I I I . 1992 VersR 1992 S. 1 4 6 6 - 1 4 6 8 , in dem das Eigentum an einem Wohnhaus von einer Erbengemeinschaft durch Zuschlag im Teilungsversteigerungsverfahren auf einen Miterben übergegangen war, stand bei der Abwägung der hohe Schaden durch die vollständige Vernichtung des Hauses durch Brand im Vordergrund, der es bei geringem Verschulden des Vmers und geringem Interesse des Vers, der ein erhöhtes Risiko nicht behauptet und auch nicht gekündigt hatte, rechtfertigte, die Leistungspflicht bestehen zu lassen. A u c h Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 4 zu § 71 sieht es als ein starkes Indiz gegen die berechtigten Interessen des Vers an, wenn dieser nach Eintritt des Vsfalles nicht kündigt. Hingegen wird auch bei leichtem Verschulden des Vmers und trotz des Gewichtes, das die Leistungsfreiheit für ihn bildet, diese zu bejahen sein, wenn sich herausstellt, daß der E r w e r b e r ein höheres Risiko darstellt, es sich bei ihm z . B . um einen mehrfach vorbestraften Brandstifter handelt. D i e Beweislast für das Vorliegen der Umstände, die eine Abwägung zu Gunsten des Vmers zulassen, trägt dieser (Prölss Beweislast A n m . 4 zu § 71). J e d o c h m u ß der Ver die sich aus seiner Geschäftspraxis ergebenden U m s t ä n d e darlegen, die für seine Interessenbeeinträchtigung sprechen.

VI. Anzeige des Versicherungsfalles Gliederung: Schrifttum G 97 1. Voraussetzungen der Anzeigepflicht G 98-104 a) Gesetzliche Grundlagen G 98 b) Frist G 99 c) Form G 100 d) Inhalt G 101 e) Anzeigepflichtige G 102 f) Sonderfälle aa) Anzeige bei der Polizei G 103 bb) Anzeigepflicht des Vers G 104 2. Rechtsfolgen der Verletzung G 105-110

[ G 97]

a) b) c) d) e) f)

Auslegung einzelner Bedingungen G 105 Verschulden G 106 Kausalität G 107 Relevanzrechtsprechung G 108 Berufung des Vers auf Leistungsfreiheit G 109 Weitere Rechtsfolgen G 110

3. Beweislast G 111-114 a) Objektiver Tatbestand der Verletzung G i l l b) Verschulden G 112 c) Kausalität G 113 d) Relevanz G 114

Schrifttum

Baumgärtel VersR 1977 S. 77, Bukow in Ausblick und Rückblick Festschrift für E. Prölss S. 137-151 München 1967, von Hippel N J W 1969 S. 1694-1696, Hoenicke VersR 1976 S. 923, Martin r + s 1988 S. 185-191, S. 317-319, Möller in Festschrift für Ernst Klingmüller S. 301-316 Karlsruhe 1974, Niewerth-Vespermann VersR 1995 S. 1290-1291, Rüther NVersZ 2001 S. 241-247, Sackhoff Die Anzeige-, Auskunfts- und Belegpflicht des Vmers nach Eintritt des Vsfalles Diss. Hamburg Frankfurt a.M. 1994 zit. Sackhoff, Sieg VersR 1963 S. 1088-1094, ZVersWiss 1973 S. 437-149, BB 1990 S. 2280-2283 vgl. weitere Literaturangaben in Bd I Anm. 2 zu § 33.

Johannsen/Johannsen

425

Anm. G 99

G. Obliegenheiten

1. Voraussetzungen der Anzeigepflicht [G 98] a) Gesetzliche Grundlagen Die Anzeigepflicht gehört zu den Obliegenheiten, die n a c h E i n t r i t t des Vs f a l l e s zu erfüllen sind (zu der besonderen Stellung der Anzeige nach § 10 FBUB vgl. G 90). Ihre Rechtsnatur, Voraussetzungen und Rechtsfolgen ihrer Verletzung sind von Möller in Bd I zu § 33 ausführlich erläutert worden. Hierauf wird zunächst verwiesen. In der Feuerv wird die gesetzliche Grundlage des § 33 ergänzt durch § 92. Nach § 33 I hat der Vmer nach dem Eintritt des Vsfalles, sobald er von dem Eintritt Kenntnis erlangt, dem Ver u n v e r z ü g l i c h Anzeige zu machen. Nach § 92 I wird der Pflicht zur Anzeige des Vsfalles genügt, wenn diese binnen 3 Tagen nach Eintritt des Vsfalles erfolgt, wobei die Frist durch Absendung der Anzeige gewahrt wird. Beide Vorschriften sehen Rechtsfolgen für die Verletzung der Anzeigepflicht nicht vor, enthalten aber Beschränkungen für deren vertragliche Regelung. So darf sich der Ver nach § 33 II auf eine Vereinbarung der Leistungsfreiheit für den Fall der Obliegenheitsverletzung nicht berufen, sofern er in anderer Weise von dem Eintritt des Vsfalles rechtzeitig Kenntnis erlangt hat. Nach § 92 II kann sich der Ver nicht auf eine Vereinbarung berufen, durch welche die Dauer oder die Berechnung der Anzeigefrist zum Nachteil des Vmers anders bestimmt ist als in § 92 I. Die AFB wiederholen die gesetzlichen Voraussetzungen des § 92 hinsichtlich der F r i s t , vgl. §§ 13 Ia) AFB 30, 13 Nr. la) AFB 87. In den kombinierten Zweigen der Hausratv, §§ 13 la) VHB 66 und 74,21 VHB 84 und 92, und Wohngebäudev, § 20 VGB 88, § 15 der Neufassung 1999 (anders aber § 15 VGB 62 „innerhalb dreier Tage") ist die Anzeige hingegen in Übereinstimmung mit § 33 unverzüglich zu erstatten. Das kann unter besonderen Umständen eine kürzere Frist als drei Tage darstellen. Denn es könnte z. B. als nicht mehr unverzüglich angesehen werden, wenn ein Vmer die Zerstörung seines Hauses durch Brand oder Explosion nicht bereits am folgenden Tag anzeigt. Darauf kann sich der Ver aber nach § 92 II, der nach heute überwiegender Ansicht auf kombinierte Vszweige, die das Feuerrisiko einschließen, Anwendung findet (Kollhosser in Prölss-Martin 26 Vorbem. vor §§ 81 ff R N 4, unter Aufgabe der früheren abweichenden Meinung; Martin 3 A IV 43; Ollick VerBAV 1982 S. 36-46,43 Anm. 99 zu § 81; Sackhoff S. 64; zweifelnd Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 91), nicht berufen. § 92 II gilt auch für die Betriebsunterbrechungsv, in der nach § 10 Ziffer 1 FBUB der Vmer im Falle eines Sachschadens, der eine Betriebsunterbrechung zur Folge haben könnte, dem Vmer unverzüglich Anzeige zu erstatten hat. Obwohl hier keine Feuerv vorliegt, ist die analoge Anwendung der Vorschrift geboten, weil der Sachschaden, der die Entschädigungspflicht des Vers begründet, dem Vsfall in der Feuerv entspricht. [G 99] Frist Für die Fristberechnung knüpft § 92 an den Vsfall an und nicht an die Kenntnis des Vmers von diesem. Das bedeutet, daß eine innerhalb der objektiv zu bestimmenden 3-Tagesfrist erstattete Anzeige auf jeden Fall rechtzeitig ist, ohne daß es einer Prüfung der Unverzüglichkeit bedürfe (RG 12. V. 1933 RGZ 140 S. 318-322). Die Kenntnis des Vmers von dem Vsfall ist aber für § 33 und die ihm entsprechenden Bedingungen erheblich, da die Anzeigepflicht erst mit ihr entsteht (BGH 3. XI. 1966 VersR 1967 S. 56-59; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 33; Dörner in BK R N 9 zu § 33; Sackhoff S. 63). Deshalb kann der Auffassung von Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 92, die Dreitagesfrist des § 92 stelle das Maximum dessen dar, was unter unverzüglich im 426

Johannsen/Johannsen

Anm. G 100

VI. Anzeige des Versicherungsfalles

Sinne des § 121 B G B verstanden werden könne, nicht gefolgt werden. Vielmehr kann der Vmer bei Versäumung der 3-Tagesfrist immer noch geltend machen, daß er erst später von dem Vsfall Kenntnis erlangt habe (Möller Bd I Anm. 14 zu § 33). Selbst wenn er sofort Kenntnis erlangt hat, kann eine nach Ablauf von 3 Tagen erstattete Anzeige noch unverzüglich sein, ζ. B. dann, wenn der Vmer durch den Brand verletzt und ins Krankenhaus verbracht worden ist. Eine generelle Festlegung der Frist, in der die Erstattung der Anzeige noch als unverzüglich angesehen werden kann, ist wegen der Vielfalt der zu berücksichtigenden Umstände nicht möglich. Jedoch ist der Tendenz der Rechtsprechung, insbesondere bei hohen Schadenfällen in anderen Vszweigen nur kurze Uberlegungsfristen zu gewähren ( B G H 17.11.1988 N J W R R 1988 S. 728 zu § 13 Nr. l a ) A E B weniger als 6 Tage; O L G Hamburg 12.VI. 1989 VersR 1990 S. 304-305 weniger als 10 Tage bei Diebstahl einer Motoryacht; L G Kaiserslautern 4. XI. 1964 VersR 1965 S. 278-279 weniger als 1 Woche bei Schäden aus anormalen Witterungsverhältnissen in der Bauwesenv), auch für die Feuerv zu folgen, weil auch bei dieser die Notwendigkeit, schnell Maßnahmen zur Schadenfeststellung und -minderung zu treffen, besonders groß ist.

[G 100] c) Form Eine bestimmte F o r m ist für die Anzeige gesetzlich nicht vorgeschrieben. Da § 33 - von der Regelung des Abs. II abgesehen - nicht halbzwingend ausgestaltet ist, könnten Formvereinbarungen vertraglich getroffen werden. Davon ist in den Bedingungen wenig Gebrauch gemacht worden. In §§ 19 A F B 30, 20 A F B 87, die für Anzeigen und Erklärungen grundsätzlich die Schriftform vorsehen, ist die Anzeige des Schadenfalles ausdrücklich ausgenommen worden. Das gleiche gilt gemäß § § 2 1 V G B 62, 26 V G B 88; 15 der Fassung 1999 für die Wohngebäudev. Lediglich in der Hausratv ist in §§ 28 V H B 84 und 92 für sämtliche Anzeigen Schriftform vorgesehen, während die früheren Fassungen ebenfalls die Schadensanzeige ausnehmen. Diese Schriftformklausel hält einer Inhaltskontrolle nach §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. Stand, obwohl sie das Recht des Vmers einschränkt, sich in allen das Vsverhältnis betreffenden Fragen mündlich an den ihm vertrauten Vsagenten zu wenden. Die vom B G H für die vorvertragliche Anzeigepflicht entwickelte sog. Auge- und Ohr-Rechtsprechung (vgl unter G 13) ist zwar auch auf die Erfüllung von Obliegenheiten im bestehenden Vertragsverhältnis anwendbar ( O L G Hamm 18. X . 1997 r + s 1998 S. 186-187, 12. IV. 2000 NVersZ 2000 S. 542; O L G Koblenz 12. VII. 1996 VersR 1997 S. 352; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 20 zu § 43; Gruber in B K R N 8 zu § 43; Rüther NVersZ 2001 S. 241-247). Für dieses hat aber der B G H 10. II. 1999 VersR 1999 S. 564-568 einen Verstoß der Schriftformklausel gegen § 9 A G B G verneint, weil es für Erklärungen im laufenden Vsverhältnis an dem bei der Antragstellung gegebenen typischen Nebeneinander von mündlichen und schriftlichen Erklärungen, also an dem einheitlichen Lebensvorgang, der eine juristische Aufspaltung verbiete, fehle und die Klausel einem anzuerkennenden Klarstellungs- und Beweissicherungsinteresse des Vers entspreche. Dem ist zuzustimmen mit der Konsequenz, daß eine mündliche oder telefonische Anzeige an den Agenten den objektiven Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung erfüllt. Zutreffend hat aber Rüther aaO S. 244 darauf hingewiesen, daß eine Verletzung dann nicht vorliege, wenn der Vmer von der von dem Ver angebotenen Möglichkeit der Schadensmeldung bei einer Service-Hotline Gebrauch gemacht hat. Aus diesem Angebot der telefonischen Meldung des Schadens ergibt sich nämlich, daß der Ver auf die Einhaltung der Schriftform für den Vmer erkennbar keinen Wert legt. Es finden deshalb die Grundsätze der Auge- und Ohr-Rechtsprechung insbesondere zur Beweislast (dazu unter G 23 ) uneingeschränkt Anwendung. Johannsen/Johannsen

427

Anm. G 101

G. Obliegenheiten

Eine Sonderregelung enthält § 13 Nr. la) AFB 87, wonach bei Schäden über DM 10000,- (in der Fassung von 1994 ist die Schadenhöhe offengelassen) die Anzeige dem Ver gegenüber fernmündlich, fernschriftlich oder telegraphisch erfolgen soll. Eine Sanktion wird an die Verletzung dieser Formvorschrift nicht geknüpft. Die Klausel ist aber ohnehin nach §§ 11 Nr. 16 AGBG, 309 Nr. 13 BGB n. F., wonach eine strengere Form als die Schriftform in AGB für Anzeigen gegenüber dem Verwender nicht vorgesehen werden darf, unwirksam. Zu beachten sind ferner die ab 1. VIII. 2001 geltenden Vorschriften des G. zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. VII. 2001 (BGBl I S. 1542), die u. a. für die durch Rechtsgeschäft bestimmte schriftliche Form die telekommunikative Übermittlung der Erklärung genügen lassen, § 127 BGB n. F. [G 101] d) Inhalt Der I n h a l t der Anzeige muß ergeben, daß ein Vsfall eingetreten ist, für den der Ver nach Auffassung des Anzeigenden leistungspflichtig ist. Das ergibt sich aus dem Normzweck der Vorschriften. Der Ver soll in die Lage versetzt werden, sich möglichst schnell in die Schadenermittlung einzuschalten und notwendige eigene Feststellungen zu treffen (BGH 3. XI. 1966 VersR 1967 S. 56-59; 23. XI. 1967 VersR 1968 S. 58-60; O G H 26. VI. 1986 VersR 1987 S. 1255-1256). Er soll auch die Möglichkeit erhalten, Weisungen nach § 62 zu erteilen (Sackhoff S. 72). Für diese Zwecke genügt es, daß eine kurze Mitteilung über die Tatsache eines Brandes, einer Explosion oder des sonstigen vten Ereignisses gemacht wird. Eine nähere Darstellung über Ursachen und Ausmaß des Schadens ist nicht erforderlich (OLG Hamm 18. V. 1988 r + s 1988 S. 302-303; Martin 3 X II 34). Diese gehört vielmehr in den Bereich der auf Verlangen des Vers zu erfüllenden Aufklärungspflicht nach § 34 ( O G H a.a.O.; O L G Hamm 14. X. 1992 VersR 1993 S. 1268-1269, Sackhoff a.a.O.). Unzutreffend hat das LG Amberg 15.1.1986 VersR 1988 S. 149-150 aus dem Wortlaut von § 13 Ia) AFB 30, wonach die Anzeige innerhalb dreier Tage, nachdem der Vmer von dem S c h a d e n Kenntnis erlangt hat, zu erstatten ist, geschlossen, daß die Anzeige den genauen Umfang des Schadens umfassen müsse und deshalb erneut zu erstatten sei, wenn weitere Schäden einträten. Es ging um die erst nach der Schadensfeststellung erfolgte Notschlachtung von drei Pferden, die zunächst aus einem brennenden Stallgebäude gerettet worden waren. Das LG Amberg durfte sich hierfür nicht auf B G H 20. IV. 1961 VersR 1961 S. 497-499 berufen. Denn in dieser Entscheidung wurde die Frage, ob die gegenteilige Auslegung von § 13 Ia) AFB 30 durch das Berufungsgericht zutreffend sei, gerade als unerheblich dahingestellt gelassen, und die Unterlassung der Meldung späterer Schäden als Verletzung der Aufklärungspflicht angesehen. Eine solche lag auch im Falle des LG Amberg vor, weil dem Ver die Untersuchung von Ursache und Höhe des eingetretenen Schadens unmöglich gemacht worden war. Aus dem in den meisten AVB verwendeten Wortlaut, d e n S c h a d e n dem Ver anzuzeigen, ergibt sich keine inhaltliche Abweichung von § 33, der auf den Vsfall abstellt, aber ebenfalls voraussetzt, daß dadurch die Entstehung eines Schadens für den Vmer begonnen hat (siehe dazu Möller Bd I Anm. 6 und 7 zu § 33). Für die Erfüllung der Anzeigepflicht bedarf es keiner genauen Bezeichnung des Vsvertrages und der Vsscheinnummer (LG Köln 12. VII. 1985 r + s 1986 S. 49; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 6 zu § 33; a. M. Langheid in Römer-Langheid R N 15 zu § 33). Das gilt allerdings nur, wenn es für den Ver möglich ist, die Anzeige einem Vsvertrag zuzuordnen. Meldet z. B. ein Vmer, daß sein Fabrikgebäude abgebrannt ist, so genügt diese 428

Johannsen/Johannsen

Anm. G 102

VI. Anzeige des Versicherungsfalles

Anzeige sowohl für die Feuerv wie auch für die Betriebsunterbrechungsv, weil es für den Ver auch ohne Angabe der einzelnen Vertragsnummern erkennbar ist, daß der Vmer aus beiden Verträgen Entschädigung beansprucht. Das ist im übrigen in der Klausel 380 I (abgedruckt bei Martin 3 S. 269) ausdrücklich geregelt. [G 102] e) Anzeigepflichtige Zu erstatten ist die Anzeige nach dem Gesetz und den AVB vom Vmer. Bei mehreren Vmern ist jeder von ihnen anzeigepflichtig, jedoch genügt es, wenn einer die Anzeige erstattet. In einigen Bedingungen, z . B . §§ 17 A F B 87, 21 Nr. 3 V H B 92 ist ausdrücklich der Repräsentant als Anzeigepflichtiger aufgeführt. Auf seine Kenntnis vom Vsfall, die die Anzeigepflicht auslöst, ist aber ohnehin auch ohne besondere vertragliche Regelung abzustellen ( O L G Köln 23.1.2001 NVersZ 2001 S. 329-330 zum Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage). Soweit § 21 Nr. 3 V H B 84 Leistungsfreiheit an die Verletzung der Anzeigepflicht durch den Vmer oder einer „mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden volljährigen Person" anknüpft, ist die Bestimmung wegen Verstoßes gegen § 9 A G B G oder § 307 B G B n. F. aus den gleichen Gründen unwirksam wie § 9 Nr. 1 a V H B 84, wonach Schäden nicht vert sind, die eine mit dem Vmer in häuslicher Gemeinschaft lebende volljährige Person vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat (so B G H 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832, 10.11.1999 N J W R R 2000 S. 397-398). Denn die genannten Personen sind nicht ohne weiteres Repräsentanten (vgl. dazu unter G 65). Neben dem Vmer ist bei der V für fremde Rechnung der Vte anzeigepflichtig (Möller Bd I Anm. 12 zu § 33 und 8, 9 zu § 27; Schirmer in Festschrift für Reimer Schmidt S. 821-843, 825-830; O L G Köln 14.1.1997 r + s 1997 S. 355). Wird die verte Sache veräußert, so ist vom Zeitpunkt der Veräußerung an der Erwerber anzeigepflichtig. Die von Bruck 7 Anm. 4 zu § 33 und Möller Bd. I Anm. 12 zu § 33 angenommene Erweiterung der Anzeigepflicht auf Zessionare, Vertragspfandgläubiger und Pfändungspfandgläubiger ist abzulehnen (so auch Raiser 2 Anm. 3 zu § 1 4 ; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 4 zu § 33; Langheid in Römer-Langheid R N 9 zu § 33; Dörner in B K R N 13 zu § 33). § 171 II, der für die Lebensv die Anzeigepflicht demjenigen auferlegt, dem das Recht auf die Leistung zusteht, enthält keinen allgemeinen Rechtsgedanken, sondern gilt noch nicht einmal für die verwandte Unfallv, bei der § 1 8 2 die Anzeigepflicht nur dem Bezugsberechtigten, nicht aber den anderen Forderungsinhabern auferlegt, und kann deshalb für die Feuerv nicht herangezogen werden. Auch den Hypothekengläubiger, der doch eine im einzelnen geregelte geschützte Rechtsstellung hat (siehe dazu unter J 1-98) trifft die Anzeigepflicht nicht. Zu erstatten ist die Anzeige gegenüber dem Ver, bei mehreren Ver gegenüber jedem von ihnen. Jedoch genügt nach der üblicherweise vereinbarten Klausel 1801 (abgedruckt bei Martin 3 S. 252) die Anzeige gegenüber dem führenden Ver. Nach § 43 Ziffer 2 kann sie auch gegenüber dem Agenten gemacht werden, worauf § 13 I a) A F B 30 ausdrücklich verweist. Bei Vereinbarung einer Maklerklausel genügt die Anzeige an den Makler, Klausel 1803. Da es sich bei der Anzeige nach ihrem Normzweck, den Ver von dem Vsfall in Kenntnis zu setzen, um eine empfangsbedürftige Wissenserklärung handelt, genügt ihre Absendung zur Erfüllung nicht, sie muß dem V zugehen; § 92 I bezieht sich nur auf die Fristwahrung (Raiser 2 Anm. 7 zu § 14, problematisch für die Beweislast siehe dazu unter G 111).

Johannsen/Johannsen

429

Anm. G 105

G. Obliegenheiten

f) Sonderfälle [G 103] aa) Anzeige bei der Polizei Zusätzlich zu der Anzeige an den Ver ist in einigen Bedingungen eine Anzeige an die Polizeibehörde vorgesehen. Nach § 13 l a ) AFB 30 ist der Polizei generell eine Anzeige zu erstatten, nach § 13 Nr. l a ) und b) AFB 87 nur das Abhandenkommen verter Sachen mitzuteilen und ein Verzeichnis darüber einzureichen, so auch §§ 20 Nr. 1 a) und b) VGB 88, § 15 der Neufassung 1999,21 Nr. 1 b) VHB 84 und 21 Nr. 1 c VHB 92. Während die generelle Anzeige des Schadensfalles an die Polizeibehörde sowohl öffentlichen Zwecken nämlich der Aufklärung der Brandursache, wie auch der Minderung der Vertragsgefahr dient, es soll die Hemmschwelle zur Anzeige eines vorgetäuschten Vsfalles gegenüber dem Ver verstärkt werden (OLG Hamm 24. X. 1990 VersR 1991 S. 923-924), soll die Meldung abhanden gekommener Sachen auch ihre Wiedererlangung ermöglichen (Raiser 2 Anm. 8 zu § 14; Martin Anm. zum Urteil des LG Frankfurt 17.11.1978 VersR 1978 S. 756-758; BGH 8. II. 1984 VersR 1984 S. 429-431 ; OLG Hamm 22.1.1988 r + s 1988 S. 113; OLG Köln 19. X. 1999 NVersZ 2000 S. 287-288). Mit diesem Zweck gehört sie zur Rettungsobliegenheit des § 62 (siehe dort unter G 150-153). [G 104] bb) Anzeigepflicht des Versicherers In Sonderfällen trifft auch den Ver eine Anzeigepflicht hinsichtlich des Vsfalles. Wenn der Vsvertrag sich auf ein Erbbaugrundstück bezieht, hat der Ver nach § 23 ErbbRV vom 15.1.1919 den Grundstückseigentümer von dem ihm angezeigten Vsfall unverzüglich zu benachrichtigen. Die gleiche Verpflichtung trifft den Ver, wenn ein Hypothekengläubiger seine Hypothek angemeldet hat, diesem gegenüber; gemäß § 101 II hat die Mitteilung schriftlich binnen einer Woche nach Kenntnis von dem Vsfall zu erfolgen, es sei denn, daß der Schaden unbedeutend ist (vgl. dazu unter J 42). 2. R e c h t s f o l g e n d e r V e r l e t z u n g der A n z e i g e p f l i c h t [G 105] a) Auslegung einzelner Bedingungen In Ergänzung der sanktionslosen gesetzlichen Vorschriften ist in den Bedingungen L e i s t u n g s f r e i h e i t für den Fall der Verletzung der Anzeigepflicht vorgesehen, wobei die Voraussetzungen von § 6 III entweder wörtlich in die Texte übernommen worden sind, so § 13 II AFB 30, oder auf sie verwiesen wird, so §§ 13 Nr. 2 AFB 87,21 Nr. 3 VHB 84 und 92, 15 III VGB 62, 20 Nr. 2 VGB 88, 15 der Neufassung 1999. Keine Sanktion ist vorgesehen für die Verletzung der besonderen Formvorschriften bei größeren Schadensfällen. Für die Unterlassung der gegenüber der Polizei zu erstattenden Anzeige sieht § 13 II S. 4 AFB 30 nur ein Leistungsverweigerungsrecht des Vers bis zur Erstattung der Anzeige, die jederzeit nachgeholt werden kann, vor. Sind abhanden gekommene Sachen der Polizeibehörde nicht oder nicht rechtzeitig mitgeteilt worden, so kann die Entschädigung nach § 13 II S. 5 AFB 30 nur für diese Sachen verweigert werden. Diese Vereinbarung ist aber nicht nach § 33 sondern entsprechend ihrem Zweck nach § 62 zu beurteilen. Die für den entsprechenden Fall in §§ 13 Nr. 2 S. 3 AFB 87, 20 Nr. 2 S. 3 VGB 88 und 21 Nr. 3 S. 2 VHB 92 verwendete Formulierung „so kann der Versicherer nur für diese Sachen von der Entschädigungspflicht frei sein könnte Zweifel erwecken, ob wirklich Leistungsfreiheit vereinbart ist oder diese noch von anderen nicht genannten Voraussetzungen abhängt. Für die Anwendung der Unklarheitenregel der §§ 5 430

Johannsen/Johannsen

Anm. G 106

VI. Anzeige des Versicherungsfalles

AGBG, 305 c II BGB n. F. ist aber kein Raum, da eine interessengemäße Auslegung unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges der Bestimmung ergibt, daß inhaltlich beschränkte - Leistungsfreiheit vereinbart ist. Das zu Zweifeln Anlaß gebende Wort „kann" ist lediglich als Hinweis darauf zu verstehen, daß es dem Ver überlassen ist, ob er aus rechtlichen Gründen oder aus sonstigen Erwägungen sein Recht auf Leistungsfreiheit ausübt oder hiervon absieht (BGH 18. XII. 1989 VersR 1990 S. 384-385 zu einer entsprechenden Klausel in den Yachtkaskobedingungen; im Ergebnis ebenso Martin 3 M II 7). Zu Problemen hat auch die Auslegung der Vorschriften geführt, die zwar ausdrücklich die Nachholung der Anzeige bei der Polizei zur Abwendung der Leistungsfreiheit vorsehen, aber für die Einreichung einer Liste der abhanden gekommenen Sachen eine entsprechende Regelung nicht enthalten, §§ 13 II AFB 30, 13 Nr. 3 VHB 66 und 74. Während das O L G München (17./18.II. 1976 VersR 1976 S. 427 mit kritischer Anm. von Prölss S. 428—429) angenommen hat, daß zwei gesondert zu betrachtende Obliegenheiten vorliegen, von denen die Einreichung der Liste die gewichtigere sei, die deshalb nicht nachgeholt werden könne, hat der B G H 8. II. 1984 VersR 1984 S. 429 die Vorlage der Aufstellung abhanden gekommener Sachen als notwendige Ergänzung der Anzeige bei der Polizei angesehen und deshalb angenommen, daß sie ebenfalls nachholbar sei (ebenso B G H 3. IV. 1985 VersR 1985 S. 557). Dem ist zuzustimmen, denn die ausdrücklich vorgesehene Nachholbarkeit wäre hinsichtlich der abhanden gekommenen Sachen sinnlos, wenn nicht auch die Aufstellung nachholbar wäre (so auch O L G Hamm 20.IV. 1983 VersR 1983 S. 1171-1172; a.A. Hoenicke VersR 1976 S. 923; Baumgärtel VersR 1977 S. 77). In den neu gefaßten Bedingungen ist, soweit eine Anzeige bei der Polizei erforderlich ist, deren Nachholbarkeit nicht mehr vorgesehen, so daß es bei der auf die abhanden gekommenen Sachen beschränkten Leistungsfreiheit verbleibt, wenn die Aufstellung bei der Polizei nicht rechtzeitig (unverzüglich oder binnen drei Tagen) eingereicht wird. Auf eine Vereinbarung der Leistungsfreiheit für den Fall der Verletzung der Anzeigeobliegenheit kann sich der Ver nach § 33 II nicht berufen, sofern er in anderer Weise von dem Eintritt des Vsfalles rechtzeitig Kenntnis erlangt hat. Das kann auf Mitteilungen Dritter beruhen aber auch zufällig erfolgt sein, wenn z. B. über einen Großbrand in der Zeitung berichtet worden ist. Auf das Fehlen der vereinbarten Schriftform kann sich der Ver in diesen Fällen wegen des zwingenden Charakters von § 33 II nicht berufen (BGH 9. XII. 1965 VersR 1966 S. 153-154; O L G Hamburg 30. III. 1982 VersR 1982 S. 1161). [G 106] b) V e r s c h u l d e n Nach § 6 III 1 in Verbindung mit den erörterten Bedingungen ist eine Verletzung der Anzeigepflicht nur erheblich, wenn sie auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht. V o r s a t z erfordert zunächst, daß der Vmer von dem Vsfall Kenntnis hat (BGH 3. XI. 1966 VersR 1967 S. 56-59, 10. VI. 1970 VersR 1970 S. 1045-1046). Daß O L G Stuttgart (18. V. 1966 VersR 1967 S. 465-466) angenommen hat, daß Kennenmüssen ausreiche, verstößt gegen den Wortlaut und Sinngehalt von § 33. Der B G H 3. XI. 1966 a.a.O. S. 58 hat die Voraussetzungen der Kenntnis zu Recht für unabdingbar erklärt (so auch Sackhof S. 62). Außer der Kenntnis vom Vsfall setzt ein vorsätzliches Handeln voraus, daß der Vmer weiß, daß er innerhalb einer bestimmten Frist Anzeige zu erstatten hat (BGH 30. III. 1967 VersR 1967 S. 547-548; 3. X. 1979 VersR 1979 S. 1117-1119; 8. XI. 1981 Johannsen/Johannsen

431

Anm. G 106

G. Obliegenheiten

VersR 1981 S. 321-322). Fehlt ihm diese Kenntnis, so liegt ein Verbotsirrtum vor, der den Vorsatz entfallen läßt (vgl. dazu Martin r + s 1988 S. 185-191, 186; O L G Hamm 18. V. 1994 VersR 1995 S. 289-290). Schließlich muß dem Ver auch bewußt sein, daß er die Anzeigepflicht willentlich verletzt (BGH 3.X. 1979, 8. XI. 1981 a.a.O., 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832; O L G H a m m 11. III. 1981 VersR 1981 S. 821-822; O L G Saarbrücken 29.IX.1992 r + s 1993 S. 10-11; O L G Koblenz 6.XI.1995 VersR 1996 S. 1356). In der Rechtsprechung ist ein vorsätzliches Handeln häufig verneint worden unter Hinweis auf den allgemeinen Erfahrungssatz, daß sich kein vernünftiger Vmer durch vorsätzliche Nichterfüllung einer Anzeigeobliegenheit Rechtsnachteile zuziehen wolle (BGH 25. VI. 1956 VersR 1956 S. 472, 3. X. 1979, 8.1.1981 a.a.O.; O L G Hamm 14. XII. 1977 VersR 1978 S. 809-810; 7. X. 1981 VersR 1981 S. 821; O L G Köln 21. XI. 1991 r + s 1992 S. 96-97 = VersR 1992 S. 1460-1462,14.1.1997 r + s 1997 S. 355; kritisch hierzu Langheid in Römer-Langheid Anm. 19 zu § 33). Die Entscheidungen betreffen überwiegend die Haftpflichtv, bei der es für den Vmer häufig schwierig zu beurteilen sein kann, ob er eine Anzeigepflicht zu erfüllen hat (vgl. dazu Johannsen in Bd IV F 43^-5), während in der Feuerv meistens klare Sachverhalte vorliegen, aus denen sich die Anzeigepflicht für den Vmer als selbstverständlich ergibt. Jedoch kommt Unkenntnis hinsichtlich der dreitägigen Frist und hinsichtlich der Verpflichtung, gegenüber der Polizei Anzeige zu erstatten und eine Liste der abhanden gekommenen Sachen einzureichen, in Betracht, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung das Entfallen eines vorsätzlichen Verhaltens rechtfertigen können (Römer in Römer-Langheid R N 56 zu § 6; O L G Hamm 7.X. 1981 VersR 1982 S. 865; vom O L G Köln 2.XII. 1997 r + s 1998 S. 251 ist hingegen zu § 21 Nr. l b V H B 84 angenommen worden, daß jedem Vmer diese Obliegenheit bekannt sei, so daß von Vorsatz auszugehen sei, weil der Vmer nicht unverzüglich nach einem Brand eine Stehlgutliste bei der Polizei eingereicht habe). Entfällt der Vorsatz, weil der Vmer die Obliegenheit oder die für ihre Erfüllung geltende Frist nicht gekannt hat, ist g r o b e F a h r l ä s s i g k e i t zu prüfen (zum Begriff siehe unter G 82). Dabei kommt es auf die individuellen Verhältnisse des Vmers an. So wird z. B. bei einem sprach- und schreibungewandten Ausländer die grobe Fahrlässigkeit eher zu verneinen sein als bei einem inländischen Kaufmann, der mehrere Vsverträge abgeschlossen hat (OLG Hamm 7.X. 1981 VersR 1982 S. 865; LG Kaiserslautern 4. XI. 1964 VersR 1965 S. 278-279; Alter und Krankheit einer 71jährigen Vmerin, die die Verpflichtung zur Einreichung einer Stehlgutliste in der EDV nicht kannte, hat aber für das O L G Hamm 19. VI. 1991 VersR 1992 S. 489 für einen geringeren Schuldvorwurf nicht ausgereicht, sondern es hat verlangt, daß sie Rat einholen müsse - wohl zu streng). Grobe Fahrlässigkeit ist in aller Regel zu verneinen, wenn der Vmer sich auf anwaltlichen Rat verlassen hat. Das gilt selbst dann, wenn der Vmer den Wortlaut der AVB kennt, der Anwalt ihm aber einen davon abweichenden Rat gegeben hat (BGH 8.1.1981 VersR 1981 S. 321-322 zur Berufshaftpflichtv). Nicht nur grobe Fahrlässigkeit sondern jeder Schuldvorwurf kann entfallen, wenn der Vmer vernünftigen Grund zu der Annahme hatte, ein anderer werde für ihn die Anzeige erstatten (BGH 23. XI. 1967 VersR 1968 S. 58-60 zur Anzeige nach § 7 AKB in einem Fall, in dem der verletzte Vmer davon ausging, daß sein Sohn, der versprochen hatte, sich um alles zu kümmern, auch die Anzeige erstatten werde). Bei Bränden und Explosionen in Privathäusern sind bei der Beurteilung, ob eine Überschreitung der dreitägigen Anzeigepflicht grob fahrlässig erfolgt ist, Schrecken und Aufregung des Vmers zu berücksichtigen. In einem kaufmännischen Betrieb muß aber klar geregelt sein, wer die Anzeige eines Vsfalles zu erstatten hat, und stellt es grobe Fahrlässigkeit dar, wenn die Anzeige mangels einer solchen Regelung zu spät erfolgt. 432

Johannsen/Johannsen

Anm. G 108

VI. Anzeige des Versicherungsfalles

[G 107] c) K a u s a l i t ä t Während es für die vorsätzliche Verletzung der Anzeigepflicht nach dem Wortlaut von § 6 auf die Kausalität nicht ankommt (zur Relevanz siehe aber unter G 108), wird der Ver bei grobfahrlässiger Verletzung nach § 6 III 2 nur leistungsfrei, wenn die Verletzung Einfluß auf die Feststellung des Vsfalles oder auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Vers gehabt hat. Es muß also die Unterlassung der rechtzeitigen Anzeige irgendwelche nachteiligen Folgen für den Ver gehabt haben, damit dieser sich auf Leistungsfreiheit berufen kann ( B G H 24. X . 1960 VersR 1960 S. 1033-1034). Solche Nachteile können z.B. darin bestehen, daß der Ver infolge der verspäteten Anzeige keine Möglichkeit hat, den bestehenden Verdacht der Brandstiftung durch zeitnahe Untersuchungen zu erhärten ( K G 4.1.1951 VersR 1951 S. 50) oder Weisungen zur Begrenzung des Schadenumfanges zu erteilen ( L G Lübeck 2 5 . V I 9 8 4 VersR 1984 S. 1164-1165). Überhaupt kann ein Nachteil vorliegen, wenn der Ver nicht die Möglichkeit erhält, den Schaden vor eingetretenen Veränderungen zu besichtigen ( O L G Celle 18.XII.1991 VersR 1992 S. 1000; O L G Köln 23.1.2001 NVersZ 2001 S. 329-330; Beginn von Reparaturarbeiten in der Wohngebäudev; O L G Köln 14.1.1997 r + s 1997 S. 355 Aufräumen der Schadenstelle, L G Trier 10.1.1991 r-i- s 1991 S. 280 Beseitigung des Kadavers einer durch Brand getöteten Boa constrictor vor Anzeigeerstattung in der Hausratv). Bei grobfahrlässiger Verletzung der Obliegenheit, eine Liste der abhanden gekommenen Sachen bei der Polizei einzureichen, kann der Nachteil darin liegen, daß die Polizei keine wirksame Fahndung durchführen kann, bei deren Erfolg die Entschädigung sich verringern würde ( O L G Hamm 19. VI. 1991 VersR 1992 S. 489-490; O L G Köln 2. XII. 1997 r + s 1998 S. 251-152). Jedoch ist die Kausalität nach § 6 III 2 nicht schon immer dann zu bejahen, wenn bei rechtzeitiger Anzeige das Feststellungsverfahren einen anderen Verlauf genommen hätte, sondern nur dann, wenn sein Ergebnis konkret durch die Obliegenheitsverletzung nachteilig beeinflußt worden ist ( B G H 4. V. 1964 B G H Z 41 S. 327-331; VersR 1964 S. 709-712; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 104 zu § 6; Römer in RömerLangheid R N 35 zu § 6). [G 108] d) R e l e v a n z r e c h t s p r e c h u n g Die gesetzliche Regelung, daß bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung Leistungsfreiheit ohne Rücksicht auf die Kausalität des Verstoßes eintritt, ist von der Rechtsprechung seit dem Ende der 60iger Jahre des 20. Jahrhunderts als eine häufig zu harte Sanktion bewertet worden, die in einem Mißverhältnis zu der Verletzung stehen könne. Trotz der großen Bedeutung, die gerade die Erfüllung von Obliegenheiten nach Eintritt des Vsfalles für den Ver habe, die durch Leistungsfreiheit als einziges Druckmittel sanktioniert werde, hat der B G H zunächst für die KFZ-Haftpflichtv entwickelt, daß aus einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Vsfalles dann keine Leistungsfreiheit hergeleitet werden könne, wenn sie ohne jede Relevanz für den Ver gewesen sei ( B G H 5. V. 1969 VersR 1969 S. 651-652), bzw. der Verstoß nicht geeignet war, die berechtigten Interessen des Vers in ernster Weise zu gefährden, und dem Vmer ein erhebliches Verschulden nicht zur Last falle ( B G H 16.1.1970 B G H Z 53 S. 160-166 = VersR 1970 S. 241-242). Bereits vorher hat der B G H (16.11.1967 VersR 1967 S. 441 = N J W 1967 S. 1226; 8. V. 1967 VersR 1967 S. 593-594 = N J W 1967 S. 1756-1758, ebenfalls zur Kfz-Haftpflichtv) ausgehend von der Tatsache, daß den Vmern weitgehend unbekannt sei, daß folgenlose falsche Angaben zum Verlust des Vsschutzes führen, den Ver auf Grund des zwischen ihm und dem Vmer bestehenden Vertrauensverhältnisses wegen seiner Johannsen/Johannsen

433

Anm. G 108

G. Obliegenheiten

größeren Sachkunde verpflichtet, den Vmer über die Möglichkeit des Verlustes des Vsschutzes bei folgenlosen Verstößen zu belehren. Die Grundsätze der auf § 242 BGB beruhenden Relevanzrechtsprechung, die dahin zusammengefaßt werden können, daß ein vorsätzlicher Verstoß gegen eine nach Eintritt des Vsfalles zu erfüllende Obliegenheit nur dann zur Leistungsfreiheit des Vers führt, wenn 1. er generell geeignet ist, die Interessen des Vers ernsthaft zu gefährden, 2. den Vmer ein erhebliches Verschulden an dem Verstoß trifft und 3. der Vmer über den möglichen Verlust seines Anspruchs belehrt worden ist, sind vom B G H in der Folgezeit auf alle Vszweige übertragen worden - für die Feuerv durch die Entscheidung vom 9. XI. 1977 VersR 1978 S. 74-78 (für die Hausratv 13. VII. 1977 VersR 1977 S. 1021-1022, 13. IV. 1983 VersR 1983 S. 674-675; 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832; vgl. im übrigen die Darstellung der Entwicklung durch Römer in Römer-Langheid R N 39-48 zu § 6). Nach anfänglichen kritischen Einwänden (z. B. von Möller in Festschrift für Klingmüller S. 301-316) wird die Relevanzrechtsprechung heute allgemein akzeptiert, wenn auch die Ergebnisse teilweise abweichend begründet werden (So z.B. von Prölss in Prölss-Martin 26 R N 98-101 zu § 6; Martin 3 XI22-34). In der Feuerv haben die Grundsätze der Relevanzrechtsprechung hauptsächlich für die A u f k l ä r u n g s o b l i e g e n h e i t Bedeutung (siehe dort unter G 134). Sie sind aber auch auf die Verletzung der Anzeigepflicht anwendbar (BGH 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832; O L G Frankfurt 13. IX. 1988 VersR 1989 S. 4 7 4 ^ 7 5 ; O L G Hamm 24. X. 1990 VersR 1991 S. 923-924). Für diese gilt die Besonderheit, daß eine Belehrung des Vmers über den möglichen Verlust seines Anspruchs grundsätzlich nicht erforderlich ist (OLG Saarbrücken 22.VIII. 1990 VersR 1991 S. 872-873 = r + s 1991 S. 14-15; 29.IX.1992 r + s 1993 S. 10-11; O L G Düsseldorf 27.IX.1988 VersR 1990 S. 4 1 1 ^ 1 2 mit zustimmender Anm. von Späth S. 412-413; O L G Hamm 11.1.1991 r + s 1991 S. 408-410; O L G Köln 23.1.1996 r + s 1998 S. 250-251; 2. XII. 1997 r + s 1998 S. 251-252; Römer in RömerLangheid R N 48 zu § 6; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 9 zu § 33). Es liegt auf der Hand, daß der Ver, solange ihm der Vsfall noch nicht angezeigt worden ist, Belehrungen nicht erteilen kann. Eine Belehrungsbedürftigkeit des Vmers ist für ihn überhaupt nicht erkennbar. Anders kann es aber liegen hinsichtlich der Einreichung eines Verzeichnisses der abhanden gekommenen Sachen bei der Polizei. Gerade weil diese Obliegenheit - anders als die Einreichung einer Stehlgutliste in der EDV - den Vmern wenig geläufig ist (Martin r + s 1988 S. 186-191, 187), kann es für den Ver geboten sein, in dem nach der Anzeigeerstattung zu übermittelnden Schadensformular auch eine Belehrung über die Verletzung dieser Obliegenheit zu erteilen (so auch Römer in Römer-Langheid R N 48 zu § 6 zu dem insoweit vergleichbaren Fall des § 153 IV gegen O L G Düsseldorf 27. IX. 1988 VersR 1990 S. 411-412 = r + s 1991 S. 121-122). Die Grundsätze der Relevanzrechtsprechung sind teilweise in die AVB übernommen worden. So heißt es in §§ 13 Nr. 3 AFB 87,21 Nr. 4 III VHB 92 und 20 Nr. 3 VGB 88 (alle in der Fassung von 1994) übereinstimmend: „Hatte eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung Einfluß weder auf die Feststellung des Vsfalles noch auf die Feststellung oder den Umfang der Entschädigung, so entfällt die Leistungsfreiheit gemäß Nr. 2 (bzw. Nr. 3), wenn die Verletzung nicht geeignet war, die Interessen des Vers ernsthaft zu beeinträchtigen, und wenn außerdem den Vmer kein erhebliches Verschulden trifft. " Die Verwendung des Wortes „außerdem " weist darauf hin, daß die Leistungspflicht des Vers nur erhalten bleiben soll, wenn fehlende Relevanz und geringes Verschulden kumulativ vorliegen, während nach der dargestellten Rechtsprechung des B G H es ausreicht, wenn eine dieser Voraussetzungen gegeben ist. Der B G H 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832 hat § 21 Nr. 4 VHB 84 mit entsprechendem Wortlaut dahin ausgelegt, daß es, weil die Ver ersichtlich die Relevanzrechtsprechung des 434

Johannsen/Johannsen

Anm. G 109

VI. Anzeige des Versicherungsfalles

B G H in ihre Vsbedingungen hätten übernehmen wollen, für die Leistungspflicht des Vers genüge, wenn eine der beiden Voraussetzungen gegeben sei. Ergänzend hat er ausgeführt, daß die Bedingung wegen Verstoßes gegen § 9 A G B G unwirksam sein würde, wenn sie dahin zu verstehen sein sollte, daß beide Voraussetzungen erfüllt sein müßten, um die Leistungspflicht zu erhalten. Angesichts des eindeutigen Wortlautes der Klausel trägt nur die zweite Begründung das zutreffende Ergebnis der Entscheidung. Wie der B G H in der gleichen Entscheidung zur Repräsentantenhaftung zutreffend ausgeführt hat, gehören zu der in § 9 II Nr. 1 A G B G genannten gesetzlichen Regelung auch alle Rechtssätze, die von Rechtsprechung und Lehre durch Auslegung, Analogie oder Rechtsfortbildung aus einzelnen gesetzlichen Bestimmungen hergeleitet werden (so schon B G H 12. III. 1987 B G H Z 100 S. 157-185,163 = VersR 1987 S. 712-718). Dazu gehören auch die Grundsätze der allgemein anerkannten Relevanzrechtsprechung, so daß die Bedingungen, soweit sie hiervon zum Nachteil des Vmers abweichen, eine unangemessene Benachteiligung für diesen darstellen. Praktische Auswirkungen der Relevanzrechtsprechung auf Fälle von Auskunftspflichtverletzungen sind in der Feuerv schon deshalb selten, weil vorsätzliche Verletzungen kaum vorkommen. Für die vorsätzlich unterlassene Mitteilung eines Brandes an die Polizei, die allerdings nach den vereinbarten Bedingungen jeder Zeit hätte nachgeholt werden können, hat das O L G Hamm 24. X. 1990 VersR 1991 S. 923-924 bei einem durch den Vmer selbst fahrlässig verursachten Brand fehlende Relevanz angenommen, weil die Anzeige bei der Polizei die Beweissituation des Vers unter keinem denkbaren Gesichtspunkt hätte verbessern können. Bei vom Vmer selbst verschuldeten kleineren Bränden wird auch das schwere Verschulden regelmäßig zu verneinen sein, weil es - worauf Martin 3 X I I 67 zutreffend hinweist - menschlich verständlich ist, wenn die Anzeige bei der Polizei aus Furcht unterlassen wird, daß sie ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Brandstiftung auslösen könne. [G 109] e) Berufung des Versicherers auf Leistungsfreiheit Liegen alle Voraussetzungen für den Eintritt der vertraglich vereinbarten Leistungsfreiheit vor, ist nach der Rechtsprechung weiter erforderlich, daß der Ver sich durch Erklärung gegenüber dem Vmer hierauf beruft (BGH 24. IV. 1974 VersR 1974 S. 689-690, 18. XII. 1989 VersR 1990 S. 384-385; O L G Hamm 4. XII. 1992 r + s 1993 S. 247; O L G Köln 12. IV. 1994 VersR 1994 S. 1183-1184). Der B G H hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 24. IV. 1974 die dogmatische Streitfrage, ob die vertraglich vereinbarte Leistungsfreiheit bei Obliegenheitsverletzungen automatisch eintrete (so insbesondere Reimer Schmidt Die Obliegenheiten S. 265, 271; Möller in Bd I Anm. 20 zu § 6 und in Festschrift für Klingmüller S. 301-316, 311, Prölss in Martin 26 R N 86 zu § 6) oder es sich bei ihr um ein geltend zu machendes Leistungsverweigerungsrecht handele (so Raiser 2 Anm. 6 zu § 16; Sieg VersR 1963 S. 1088-1094,1092f: Ehrenzweig S. 174 Anm. 8; Wussow 2 Anm. 30 zu § 13), im letzteren Sinne entschieden und zur Begründung auf die besonderen Rechtsbeziehungen innerhalb eines Vsverhältnisses verwiesen, die aus praktischen Gründen dafür sprächen, daß die Inanspruchnahme des Leistungsverweigerungsrechts zur Disposition des Vers stehen müsse. Wenn es auch nicht zwingend ist, daß nur bei Annahme eines Leistungsverweigerungsrechts eine vernünftige Vertragshandhabung möglich ist (vgl. hierzu Prölss a.a.O.) führt die Auffassung des B G H zu angemessenen Ergebnissen. Das gilt insbesondere für die wichtigste Auswirkung der Streitfrage, daß in einem Rechtsstreit über die Vsleistung das Gericht nicht von Amts wegen Leistungsfreiheit annehmen dürfe, wenn der Vers sich auf eine bestimmte Obliegenheitsverletzung nicht berufen und die sich hieraus Johannsen/Johannsen

435

Anm.G 111

G. Obliegenheiten

ergebende Leistungsfreiheit nicht geltend gemacht hat ( B G H 24. IV. 1974 a.a.O.; so aber auch Möller in Bd I Anm. 44 zu § 6; a. A. Prölss a.a.O.). Auf die Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht kann sich der Ver grundsätzlich im Rechtsstreit auch dann berufen, wenn er die Ablehnung vorher auf andere Gründe gestützt hat ( O L G Hamm 2 . X . 1992 VersR 1993 S. 601; O L G Schleswig 16.VI. 1993 VersR 1994 S. 169-170; O L G Köln 12. IV. 1994 VersR 1994 S. 1183-1184). Es sind aber Ausnahmefälle denkbar, in denen die späte Berufung auf Leistungsfreiheit als treuwidrig erscheinen kann, weil der Ver einen Vertrauenstatbestand dafür geschaffen hat, daß er sich nicht auf die Verletzung berufen werde ( O L G Frankfurt 20. II. 1992 VersR 1992 S. 1458 zur Unfallv in einem Fall, in dem eine bedingungsgerechte Anzeige nicht erstattet war, der Ver aber bei dem Vmer eine weitere Anzeige angefordert hatte). [G 110] f) Weitere Rechtsfolgen Weitere vertragliche Rechtsfolgen als Leistungsfreiheit kommen wegen der Verletzung der Anzeigepflicht nicht in Betracht. Insbesondere besteht keine vertragliche Schadenersatzpflicht aus Verzug oder positiver Forderungsverletzung. Solche wird aber von denjenigen Autoren, die die Anzeigeobliegenheit als echte Rechtspflicht ansehen, schon bei leichter Fahrlässigkeit bejaht (so von Prölss in Prölss-Martin 26 R N 9 zu § 33; Sackhoff S. 110-114,118; Dörner in B K R N 3 zu § 33). Dem ist auf der Grundlage der von den Verfassern vertretenen Obliegenheitstheorie, wonach auch die Anzeigepflicht nur eine gegen den Vmer selbst gerichtete Verhaltensnorm darstellt (vgl. unter G 1 und Möller in Bd I Anm. 3-15 zu § 6), nicht zu folgen. Der Schutz des Vers wird durch die zu seinen Gunsten getroffene Vereinbarung der Leistungsfreiheit, die als abschließende vertragliche Regelung anzusehen ist, ausreichend gewahrt (wie hier Martin 3 X I 5; Langheid in Römer-Langheid R N 17 zu § 33. In den von der Gegenmeinung angeführten Gerichtsentscheidungen O L G Frankfurt 13. IX. 1988 VersR 1989 S. 4 7 4 ^ 7 5 und O L G Karlsruhe 7. VII. 1993 VersR 1994 S. 421-422 wird ein vertraglicher Schadensanspruch lediglich erwogen, aber im Ergebnis verneint). Deliktische Ansprüche können hingegen ausgelöst werden, wenn der Vmer, um den Ver zu schädigen, die Anzeige vorsätzlich zu spät erstattet, um z. B. in der Zwischenzeit Spuren von Umständen zu tilgen, die die Eintrittspflicht des Vers gefährden können. Der Vers kann dann den erhöhten Ermittlungsaufwand gemäß § 826 B G B erstattet verlangen. 3. B e w e i s l a s t [Gill]

a) Objektiver Tatbestand der Verletzung

Die allgemeinen Grundsätze, nach denen der Ver den objektiven Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung zu beweisen hat (vgl. die Nachweise bei Möller Bd I Anm. 52 zu § 6; Römer in Römer-Langheid R N 83-87 zu § 6, streitig, siehe dazu unter G 23) gelten auch für die Verletzung der Anzeigepflicht ( B G H 3. XI. 1966 VersR 1967 S. 56-59 = N J W 1967 S. 776-778; O L G Hamm 18. V. 1988 r + s 1988 S. 302-303; 3. XI. 1989 VersR 1991 S. 49-50; O L G Köln 19. XI. 1992 VersR 1993 S. 310-311). Da zum objektiven Tatbestand die Kenntnis des Vmers vom Eintritt des Vsfalles gehört, muß der Ver diese beweisen ( B G H a.a.O., Prölss Beweislast Anm. 1 zu § 33). Die Beweislast des Vers umfaßt auch die Rechtzeitigkeit der Erfüllung der Anzeigepflicht (streitig). Die Auseinandersetzung über die Verteilung der Beweislast bezieht sich hierbei vornehmlich auf die Frage, wer den Zugang einer schriftlichen Schadensanzeige zu beweisen hat. Das O L G Hamm hat in zwei Entscheidungen (18. V. 1988 r + s 436

Johannsen/Johannsen

Anm.G 112

VI. Anzeige des Versicherungsfalles

1988 S. 302-303 und 3. XI. 1989 VersR 1991 S. 49-50) ausgeführt, daß der objektive Tatbestand der Obliegenheitsverletzung, den der Ver zu beweisen habe, darin liege, daß der Vmer die Schadensanzeige nicht abgesandt habe und nicht darin, daß bei dem Ver eine Schadensanzeige nicht eingegangen sei. Dem ist zuzustimmen (ebenso O L G Köln 19.XII.1992 VersR 1993 S. 310-311; 16.VIII. 1994 VersR 1995 S. 567; O L G Hamburg 27. VIII. 1993 VersR 1994 S. 668-669; Römer in Römer-Langheid R N 85 und 86 zu § 6; Knappmann in Prölss-Martin 26 Anm. 3 zu § 21 VHB 84; a. A. aber Martin r + s 1988 S. 317-319, SVR3 XII13; Prölss Beweislast Anm. 1 zu § 33 und in PrölssMartin 26 R N 18 zu § 33; Langheid in Römer-Langheid R N 22 zu § 33 und R N 3 zu §92; Niewerth-Vespermann VersR 1995 S. 1290-1291 und einige erstinstanzliche Gerichtsentscheidungen: LG Köln 28.11.1983 VersR 1983 S. 1027; AG Düsseldorf 11. IX. 1986 VersR 1987 S. 63-64; LG Amberg 15.1.1986 VersR 1988 S. 149-150). Daß die Gegenmeinung sich nicht überzeugend auf die analoge Anwendung der für Obliegenheiten nicht passenden §§ 362, 363 BGB berufen kann, ist oben unter G 71 bereits ausgeführt worden. Aber auch das von Martin aus § 92 I 2 entwickelte Argument vermag die Beweislast des Vmers nicht zu stützen. Die gesetzliche Regelung, daß durch die Absendung der Anzeige die Frist gewahrt wird, soll nach der amtlichen Begründung die Frist des § 92 I 1 nicht um die Postlaufzeit verkürzen, ein Motiv, das entgegen der Annahme von Martin auch unter den heutigen Postverhältnissen nicht an Gewicht verloren hat. Eine Aussage über die Beweislastverteilung in dem Sinne, daß den Vmer die Beweislast trifft, er aber nicht den Zugang sondern nur die Absendung der Anzeige zu beweisen habe, kann der Regelung nicht entnommen werden. Sie bezieht sich ersichtlich nur auf die Frist. Zuzustimmen ist der Gegenmeinung aber darin, daß die Beweisführung für den Ver bei einer behaupteten Verletzung der Anzeigepflicht besondere Schwierigkeiten aufweist. Eine angemessene Lösung liegt in der Erhöhung der Anforderungen an die Darlegungslast des Vmers hinsichtlich der Absendung der Anzeige, wie sie auch sonst angenommen wird, wenn die Beweislast sich auf Umstände aus der Sphäre der Gegenseite bezieht (BGH 5. II. 1987 NJW 1987 S. 1322-1323). Das bedeutet, daß der Vmer im Streitfall substantiiert den Inhalt seiner Schadensanzeige gegebenenfalls durch Vorlage der Durchschrift und die konkreten örtlichen und zeitlichen Umstände der Absendung darlegen muß (OLG Hamburg 27. VIII. 1993 VersR 1994 S. 668-670).

[G 112] b) Verschulden Der Vmer trägt hingegen die Beweislast dafür, daß die Verletzung der Anzeigepflicht weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Das ergibt sich aus der als Ausnahmeregelung formulierten Fassung des § 6 III, den die Bedingungen entweder wörtlich wiederholen oder auf den sie verweisen (BGH 13. IV. 1983 VersR 1983 S. 674-675, 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 828-830 = r + s 1993 S. 321-323, 2. VI. 1993 VersR 1993 S. 960-961; O L G Hamburg 4. IX. 1984 VersR 1984 S. 978, O L G Saarbrücken 29. IX. 1992 r + s 1993 S. 10-11; O L G Köln 2. XII. 1997 r + s 1998 S. 251-252; allgemeine Meinung). Grundsätzlich ist vom Vorsatz des Vmers auszugehen, wenn das Beweisergebnis die Möglichkeit offen läßt, daß er die Obliegenheitsverletzung vorsätzlich begangen haben könnte (BGH 13. IV. 1989 a.a.O., O L G Köln 5. VII. 1990 VersR 1991 S. 766-767, 29.X.1990 VersR 1991 S. 95-96, 15.11.1990 r + s 1990 S. 112-113). Der Vorsatz kann aber entfallen, wenn der Vmer glaubhaft geltend macht, daß er die Obliegenheit nicht gekannt habe. Das kommt in der Feuerv allerdings nur für die Obliegenheit, bei der Polizei Anzeige zu erstatten und eine Liste der abhanden gekommenen Sachen einzureichen, in Betracht, die nicht allgemein bekannt sind (so Johannsen/Johannsen

437

Anm.G 114

G . Obliegenheiten

auch Martin r + s 1988 S. 185-191, 186; Römer in Römer-Langheid R N 56 zu § 6; anders aber O L G Köln 23.1.1996 r + s 1996 S. 250-251), während nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, daß jeder Vmer weiß, daß er einen Brand, eine Explosion oder einen anderen von der Feuerv umfaßten Vsfall schnell dem Ver mitzuteilen hat. Ein den Vorsatz ausschließender Irrtum kann aber häufiger vorkommen hinsichtlich der in den Bedingungen und in § 92 festgelegten kurzen Frist für die Anzeigeerstattung. Dabei kommt dem Vmer bei der Führung des Entlastungsbeweises der vom B G H aufgestellte Erfahrungsgrundsatz zu Gute, daß kein vernünftiger Vmer sich durch vorsätzliche Nichterfüllung einer Obliegenheit grundlos der Gefährdung seines Vsschutzes aussetzen werde ( B G H 3.X.1979 VersR 1979 S.1117-1119; 8.1.1981 VersR 1981 S. 321-322; O L G Hamm 14. XII. 1977 VersR 1978 S. 809-811; 19. VI. 1991 VersR 1992 S. 489-490). In Einzelfällen wird aber dennoch von Vorsatz auszugehen sein, wenn der Vmer keine überzeugende Erklärung seiner Unkenntnis von der Frist abzugeben vermag (vgl. z. B. den Fall des O L G Köln 2. XII. 1997 r + s 1998 S. 251-252, in dem die Stehlgutliste gemäß § 21 Nr. 1 b V H B 84 trotz mehrfacher Aufforderung erst 6 Monate nach einem Brand bei der Polizei eingereicht worden war). Auch von dem bei Entfallen des Vorsatzes wegen Verbotsirrtums in Betracht kommenden Vorwurf grober Fahrlässigkeit muß der Vmer sich entlasten ( O L G Hamm 19. VI. 1991 VersR 1992 S. 489-490). Da es dabei auf die individuellen Verhältnisse des Vmers ankommt, muß der Vmer Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, daß ihm aus der Unkenntnis der Obliegenheit oder der einzuhaltenden Frist kein grober Schuldvorwurf gemacht werden kann, z. B. Krankheit, Sprachund Schreibungewandtheit. Mangelnde Schuldfähigkeit hat der Vmer ebenfalls entsprechend § 827 B G B darzulegen und zu beweisen ( B G H 9. II. 1972 VersR 1972 S. 342-344, 20. VI. 1990 VersR 1990 S. 888-889). [G 113] c) Kausalität Der Vmer hat auch den K a u s a l i t ä t s g e g e n b e w e i s zu führen, d.h. er muß beweisen, daß die grob fahrlässig begangene Verletzung der Anzeigepflicht im konkreten Fall für Grund und Höhe der Entscheidung folgenlos war ( B G H 9. V. 1984 VersR 1984 S. 830-833; 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832; O L G Köln 21.11.1995 VersR 1996 S. 323-324). Bei einer Überschreitung der dreitägigen Frist des § 92 I muß der Vmer also beweisen, daß eine rechtzeitige Anzeige die Aufklärungschancen des Vers in Bezug auf Brandstiftung oder Verletzung von Sicherheitsvorschriften nicht erhöht hätte. Das wird in aller Regel nicht gelingen, wenn inzwischen eine Veränderung des Zustandes der beschädigten Sachen erfolgt ist (vgl. die unter G 107 aufgeführten Beispielsfälle). Ist das nicht der Fall, wird sich aber bei kurzen Fristüberschreitungen feststellen lassen, daß sie keinen Einfluß auf die Feststellung des Vsfalles oder der Leistung des Vers gehabt haben. [G 114] d) Relevanz Beruft sich der Vmer bei vorsätzlicher Verletzung der Anzeigepflicht auf die Grundsätze der Relevanzrechtsprechung, muß er deren tatsächliche Voraussetzungen beweisen, nämlich außer der konkreten Folgenlosigkeit des Verstoßes das Fehlen seiner generellen Relevanz oder schweren Verschuldens ( B G H 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832). Steht z.B. bei Verletzung der Obliegenheit zur Einreichung einer Liste der abhanden gekommenen Sachen fest, daß sie auch bei rechtzeitiger Einreichung nicht wieder herbeigeschafft hätten werden können, heißt dies noch nicht, daß die 438

Johannsen/Johannsen

VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

A n m . G 115

O b l i e g e n h e i t s v e r l e t z u n g nicht generell geeignet war, die Interessen des Vers e r n s t h a f t z u beeinträchtigen, d a die Stehlgutliste g r u n d s ä t z l i c h d a z u dient, der Polizei die F a h n d u n g nach gestohlenen Sachen zu erleichtern. D e s h a l b ist ein berechtigtes Interesse der Ver daran, daß der V m e r die L i s t e bei der Polizei einreicht, z u bejahen ( B G H a.a.O.). E s k o m m t eine L e i s t u n g s p f l i c h t des Vers also nur d a n n in Betracht, w e n n der V m e r sein geringes V e r s c h u l d e n an d e m v o r s ä t z l i c h e n Verstoß b e w e i s e n kann. Schließlich trägt der V m e r auch die B e w e i s l a s t f ü r seine B e h a u p t u n g , der Ver h a b e in anderer Weise v o n d e m Eintritt des V s f a l l e s rechtzeitig K e n n t n i s erlangt, § 33 II.

VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit Gliederung: Schrifttum G 115 1. Inhalt der Obliegenheit G 116-131 a) Gesetzliche und vertragliche Grundlagen G 116 b) Aufklärungsbedürftigkeit G 117 c) Inhalt im einzelnen aa) Auskunftspflicht aaa) Zweck der Obliegenheit G 118 bbb) Verlangen des Vers G 119 ccc) Erkundigungspflicht G 120 ddd) Mitzuteilende Umstände G 121 eee) Grenzen der Auskunftspflicht G 122 bb) Duldungspflicht G 123 cc) Veränderungsverbot G 124 dd) Belegpflicht G 125 d) Dauer der Obliegenheit aa) G r u n d s a t z G 126 bb) Leistungsablehnung durch den Ver G 127 cc) Sonderfall arglistige Täuschung G 128 e) Obliegenheitsbelastete G 129 f) Zurechnung des Verhaltens und der Kenntnis Dritter G 130 g) Verletzung der Aufklärungsobliegenheit G 131 2. Rechtsfolgen G 132-135

a) Leistungsfreiheit aa) Verschulden G 132 bb) Kausalität G 133 cc) Relevanz G 134 b) weitere Rechtsfolgen G 135 aa) Fälligkeit bb) Schadenersatzansprüche 3. Arglistige Täuschung G 136-141 a) Dogmatische Einordnung G 136 b) Voraussetzungen der arglistigen Täuschung G 137 c) Einzelfälle G 138 d) Rechtsfolgen und ihre Einschränkung durch die Rechtsprechung aa) Darstellung des Meinungsstandes G 139 bb) Stellungnahme G 140 cc) Einschränkung der Leistungsfreiheit in weiteren Fällen G 141 4. Beweislast G 141-147 a) Objektiver Tatbestand G 142 b) Verschulden G 143 c) Kausalität G 144 d) Relevanz G 145 e) Arglistige Täuschung G 146 f) Rückforderung der Vsentschädigung G 147

[G 115] Schrifttum Bach VersR 1992 S. 302-303, Baumgärtel VersR 1992 S. 601, Bukow in Ausblick und Rückblick Erich R. Prölss zum 60. Geburtstag S. 137-151 München 1967, Hansen Beweislast und Beweiswürdigung im Vsrecht Frankfurt a. M. 1990, HüfferVersR 1974 S. 617-624, Knappmann r + s 1996 S. 81-86, VersR 1997 S. 261-267, Langheid N J W 1991 S. 268-279, Lücke VersR 1992 S. 402-405, 1993 S. 1098-1100, 1996 S. 785-805, Möller in Festschrift für Ernst Klingmüller S. 301-316 Karlsruhe 1974, E. Prölss VersR 1964 S. 422-423, Raiser VersR 1964 S. 421 und in Ausblick und Rückblick Erich E. Prölss zum 60. Geburtstag S. 265-275 München 1967, Römer NVersZ 2000 S. 259-261, Rüther NVersZ 2001 S. 241-247, Sackhoff Die Anzeige-, Auskunftsund Belegpflicht des Versicherungsnehmers nach Eintritt des Versicherungsfalls Diss. Hamburg 1993 Frankfurt a.M. 1994 zit. Sackhoff, Schirmer in Festschrift für Reimer Schmidt S. 821-823 Karlsruhe 1976, Sieg VersR 1995 S. 369-371. Johannsen/Johannsen

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Anm. G 116

G. Obliegenheiten

1. Inhalt der Obliegenheit [G 116] a) Gesetzliche und vertragliche Grundlagen Nach § 34 kann der Ver nach dem Eintritt des Vsfalles verlangen, daß der Vmer jede A u s k u n f t erteilt, die zur Feststellung des Vsfalles oder des Umfanges der Leistungspflicht des Vers erforderlich ist. Belege kann er insoweit fordern, als die Beschaffung dem Vmer billigerweise zugemutet werden kann. Diese allgemeinen gesetzlichen Obliegenheiten werden für die Feuerv ergänzt durch § 93, der vorsieht, daß der Vmer bis zur Feststellung des an einem Gebäude entstehenden Schadens ohne Einwilligung des Vers nur solche V e r ä n d e r u n g e n vornehmen darf, welche zur Erfüllung der ihm nach § 62 obliegenden Pflicht oder im öffentlichen Interesse geboten sind. Wegen des elementaren Interesses der Ver an der Aufklärung von Vsfällen, aus denen sie zur Leistung verpflichtet sein können, ist in den AFB für die Verletzung der sanktionslosen gesetzlichen Bestimmungen Leistungsfreiheit vorgesehen und sind die der Aufklärung dienenden Verhaltensweisen der Vmer auch inhaltlich konkretisiert und ergänzt worden. Von besonderer Bedeutung ist, daß der Vmer, soweit es ihm billigerweise zugemutet werden kann, dem Ver jede U n t e r s u c h u n g über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungspflicht zu gestatten hat, §§ 13 Nr. 1 c) AFB 30, 13 Nr. 1 e) AFB 87, 21 Nr. 2 b) VHB 92, 20 Nr. 1 d) VGB 88, 15 Nr. 1 der Neufassung 1999. Diese D u l d u n g s o b l i e g e n h e i t hat ihre Grundlage nicht in § 34 sondern ist als selbstständige vertragliche Obliegenheit im Sinne von § 6 III zu beurteilen (Möller in Bd I Anm. 7 zu § 34). Die gesetzliche Belegpflicht wird in den Bedingungen dahin konkretisiert, daß bei Gebäudeschäden ein beglaubigter Grundbuchauszug beizubringen, §§13 Nr. 1 c) AFB 30,13 Nr. 1 e) AFB 87, 20 Nr. 1 d) VGB 88, und daß ein Verzeichnis der vom Schaden betroffenen oder abhanden gekommener Sachen einzureichen ist, §§13 Nr. lc) AFB 30,13 Nr. 1 g) AFB 87,20 Nr. 1 f) VGB 88,15 Nr. 1 c) der Neufassung 1999,21 Nr. 1 e) VHB 92 (ob es sich bei diesen Verzeichnissen um Belege im Sinne von § 34 handelt, ist allerdings zweifelhaft, dazu unter G 125). Eine weitere Abweichung vom Gesetz liegt darin, daß die Auskünfte nach allen Bedingungen auf Verlangen schriftlich erteilt werden müssen. Das dient der Durchsetzung der Praxis der Ver, dem Vmer nach Erstattung der Anzeige vom Schadensfall ein Formular zu übermitteln, in dem die zur Feststellung des Vsfalles und des Umfangs der Leistungspflicht erforderlichen Fragen enthalten sind. Derartige Schriftformklauseln sind vom B G H 10.11.1999 VersR 1999 S. 564-568 für wirksam erachtet worden (vgl. dazu G 13, G 100). Damit ist aber noch nicht entschieden, ob ausschließlich schriftliche Erklärungen des Vmers für die Erfüllung der Obliegenheit erheblich sind. Entspricht es der vom Ver empfohlenen oder geduldeten Praxis, daß die Fragen des Schadensformulars vom Agenten dem Vmer vorgelesen, von diesem mündlich beantwortet und von dem Agenten die Antworten in das Formular eingetragen werden, so kann es unbillig sein, dem Vmer mit seiner Unterschrift die alleinige Verantwortung für Ubermittlungsfehler zu übertragen. Bei einer solchen Praxis kann die Berufung auf die Schriftformklausel mißbräuchlich sein mit der Folge, daß die Grundsätze der Auge- und Ohr-Rechtsprechung uneingeschränkt gelten (Rüther NVersZ 2001 S. 241-246). Der B G H aaO S. 566 hat seine Auffassung, daß die Schriftformklausel im laufenden Vsverhältnis den Vmer nicht unangemessen belaste, gerade mit dem Argument begründet, daß es dort an dem typischen Nebeneinander von mündlichen und schriftlichen Erklärungen, also an einem einheitlichen Lebensvorgang, der eine Aufspaltung verbiete, fehle. Die geschilderte in der Feuerv weithin übliche Praxis der Beantwortung von Fragen über Entstehung des Schadens und seinen Umfang mit Hilfe des Vsagenten entspricht aber gerade der440

Johannsen/Johannsen

VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm.G 117

jenigen bei der Antragsaufnahme, für die der B G H das Bild vom Vsagenten als Auge und Ohr des Vers geprägt hat ( B G H 11. X I . 1987 VersR 1988 S. 235-237,237). [G 117] b) Aufklärungsbedürftigkeit Für alle Aufklärungsobliegenheiten folgt aus ihrem Zweck, dem Ver eine sachgerechte Entscheidung über seine Eintrittspflicht nach Grund und Höhe zu ermöglichen, daß sie sich nur auf Umstände beziehen, die dem Ver noch nicht bekannt sind (Möller Bd I Anm. 10 zu § 34; Wussow 2 Anm. 21 zu § 13; Langheid in Römer-Langheid R N 8 zu § 34; O L G Hamm 21. III. 1990 N J W 1991 S. 303 LS = N J W R R 1990 S. 1310, 12. II. 1992 r + s 1993 S. 442-443). Allerdings enthält § 34 keine § 33 II entsprechende Regelung, wonach wegen unterlassener Anzeige des Vsfalles Leistungsfreiheit des Vers nicht in Betracht kommt, wenn der Ver auf andere Weise von dem Eintritt des Vsfalles rechtzeitig Kenntnis erlangt hat. Es ist auch dem B G H 15. X I . 1965 VersR 1965 S. 1190-1191, 24. VI. 1981 VersR 1982 S. 182-184 darin zuzustimmen, daß § 33 II nicht auf § 34 und die in den Vsbedingungen vereinbarten Aufklärungsobliegenheiten analog angewendet werden kann, weil die Vorschriften unterschiedlichen Zwecken dienen. Während die unverzügliche Mitteilung des Vsfalles den Ver so schnell wie möglich in die Lage versetzen soll, sich in die Schadenermittlungen und -Verhandlungen einzuschalten und notwendige eigene Feststellungen zu treffen, tragen die Bestimmungen über die Aufklärungspflicht dem Gedanken Rechnung, daß der Ver, um sachgemäße Entschlüsse fassen zu können, sich darauf verlassen muß, daß der Vmer von sich aus richtige und lückenlose Angaben über den Vsfall macht ( B G H 24. VI. 1981 a.a.O.). Die aus diesen unterschiedlichen Zwecken vom B G H gezogene Schlußfolgerung, daß der Vmer sich zur Rechtfertigung unterlassener oder falscher Angaben nicht darauf berufen dürfe, daß der Ver sich die Angaben von dritter Seite hätte beschaffen können oder daß er die Wahrheit zwar nachträglich aber noch zeitig genug von dritter Seite erfahren hätte, wird allgemein für zutreffend angesehen (Wussow 2 Anm. 21 zu § 13; Prölss in PrölssMartin 26 R N 11 zu § 34; Langheid in Römer-Langheid R N 5 zu § 34; O L G Köln 2 1 . I X . 1989 VersR 1990 S. 1225-1226; O L G Karlsruhe 1 9 . X I . 1 9 9 1 VersR 1992 S. 1256-1257; O L G Saarbrücken 31. VII. 1992 VersR 1993 S. 569-571). Dem ist zuzustimmen. Die Auskunftsobliegenheit wäre weitgehend entwertet, wenn der Ver die Angaben des Vmers stets auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen müßte. Er soll ihnen grundsätzlich vertrauen dürfen. Anders liegt es aber, wenn er im Zeitpunkt seines Auskunftsverlangens bereits sichere Kenntnis von den erfragten Umständen hat. Dennoch gestellte Fragen braucht der Vmer nicht zu beantworten, weil die verlangte Auskunft zur Feststellung des Vsfalles oder des Umfanges der Leistungspflicht weder erforderlich noch dienlich ist, sondern allenfalls einer Überprüfung der Wahrheitsliebe des Vmers dient. So hat das O L G Hamm 12. IV. 1978 VersR 1979 S. 49-51 in einem Fall, in dem der Ver die Ermittlungsakte eingesehen hatte, aus der sich die Brandursache vollständig und zuverlässig ergab, unvollständige Angaben des Vmers über die Entstehung des Brandes zutreffend nicht als Obliegenheitsverletzung gewertet. In zwei Entscheidungen zu § 7 A K B hat das Gericht ( O L G Hamm 21. III. 1990 N J W 1991 S. 303 LS = N J W R R 1990 S. 1310,12. II. 1992 r + s 1993 S. 4 4 2 ^ 4 3 ) die Aufklärungsbedürftigkeit des Vers für Fragen nach Vorschäden verneint, wenn bereits Sachverständigengutachten vorliegen, die hierüber zuverlässig Auskunft geben (vgl. dazu kritisch Langheid in Römer-Langheid R N 5 zu § 34). Die Kenntnis des Vers muß allerdings einen aktuellen Zusammenhang zu dem konkreten Schadenfall haben. Es genügt nicht, daß die Angaben einen früheren Johannsen/Johannsen

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G. Obliegenheiten

Anm.G 118

Schadenfall betreffen und deshalb in der EDV-Anlage des Vers gespeichert sind (KG 18. II. 1992 VersR 1993 S. 92-93). Gespeicherte Daten können nur dann als Kenntnisse des Vers angesehen werden, die seine Aufklärungsbedürftigkeit entfallen lassen, wenn ein Anlaß besteht, sie abzurufen (BGH 14. VII. 1993 VersR 1993 S. 1089-1091 = r + s 1993 S. 361-362 zur Kenntnis im Sinne von § 16). Das ist dann der Fall, wenn der Vmer in der Schadenanzeige bei Fragen nach Vorschäden oder weiteren Ven auf frühere Angaben verweist. Für den Fall, daß sich die zutreffenden Antworten aus den der Schadenanzeige beigefügten Unterlagen ergeben, nimmt das O L G Frankfurt 15. VI. 1993 VersR 1994 S. 927-928 an, daß es ausschließlich auf die falschen oder unvollständigen Angaben in der Schadenanzeige ankomme und die beigefügten Unterlagen nichts an der erfolgten Obliegenheitsverletzung änderten. Dem ist nicht zu folgen. Der Ver ist nicht nur zur Prüfung der Schadenanzeige sondern auch der eingereichten Unterlagen verpflichtet und muß, wenn er erkennt, daß die Antwort nicht eindeutig ist, versuchen, die Unklarheit durch Rückfrage zu beseitigen (BGH 6.XI. 1996 r + s 1997 S. 84-85 zur Unfallv; O L G Hamm 10. VII. 1987 VersR 1988 S. 394 LS zur Kaskov). Das gleiche gilt, wenn in der Schadenanzeige eine Frage offengeblieben ist (OLG Hamm 8. II. 1995 VersR 1996 S. 53; O L G Köln 21.1.1997 r + s 1997 S. 354,2. XII. 1997 r + s 1998 S. 102-104) oder die Antwort einen offensichtlichen Fehler enthält (BGH 14.XI.1979 VersR 1980 S. 159-160). Der Ver kann nämlich in diesen Fällen nicht erkennen, warum die Frage nicht beantwortet worden ist oder worauf der Fehler beruht. Wenn es ihm auf die Beantwortung der Frage ankommt, kann die Unklarheit aber leicht durch eine Rückfrage beseitigt werden. Unterläßt der Ver eine Nachfrage, so rechtfertigt das die Annahme, daß er auf eine Erklärung über den mit der Frage angesprochenen Punkt keinen Wert mehr legt (BGH 14. XI. 1979 a.a.O.). Er ist also nicht aufklärungsbedürftig. Eine Nachfrage hat der B G H in einem Feuervsfall zutreffend auch für geboten gehalten, in dem der Vmer auf fast alle Fragen umfangreich geantwortet und die geforderten Belege mit Ausnahme von Umsatzsteuermeldungen eingereicht hatte. Gegenüber dem kooperativem Vmer gebiete es Treu und Glauben, zunächst eine Aufklärung durch nochmalige Aufforderung zu versuchen, bevor der Ver sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung berufen dürfe (BGH 11. VI. 1976 VersR 1976 S. 821-825, 824). c) Inhalt im einzelnen aa) Auskunftspflicht [G 118] aaa) Zweck der Obliegenheit Die Erteilung von Auskünften durch den Vmer dient dazu, dem Ver eine sachgerechte Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob er dem Grunde nach eintrittspflichtig ist und in welcher Höhe seine Leistungspflicht besteht (BGH 8.1.1969 VersR 1969 S. 267-269, 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 828-830 = r + s 1993 S. 321-323). Dieser Zweck bestimmt den Umfang der Auskunftspflicht, wie das Gesetz durch die Verwendung des Wortes e r f o r d e r l i c h deutlich macht. Dieses ist aber nicht dahin auszulegen, daß nur das objektiv unbedingt Notwendige erfragt werden darf, sondern dem Ver ist ein Ermessensspielraum zuzubilligen, innerhalb dessen er alle Angaben verlangen darf, die er abgestellt auf die Masse der Vsfälle nach seinen Erfahrungen für sachdienlich halten darf, um sich ein möglichst zuverlässiges Bild von dem für seine Leistung maßgeblichen Tatbestand zu verschaffen (BGH 16.11.1967 B G H Z 47 S. 101-109 = VersR 1967 S. 441-443). Auf dieser Grundlage bedeutet es keine Ab442

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VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 119

weichung vom Gesetz, daß in den Bedingungen das Wort „ erforderlich " durch „dienlich" ersetzt worden ist, zumal Auskünfte ausdrücklich nur im Rahmen des Zumutbaren gefordert werden können (so im Ergebnis auch Raiser2 R N 18 zu § 14; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 34). [G 119] bbb) Verlangen des Versicherers Auskünfte sind nach der eindeutigen gesetzlichen Formulierung nicht spontan, sondern nur auf Verlangen des Vers zu erteilen. Es handelt sich bei der Auskunftspflicht um eine „verhaltene" Obliegenheit (vgl. dazu Möller in Bd I Anm. 6 zu §34). Während in den modernen Bedingungen übereinstimmend mit dem Gesetz klargestellt ist, daß Auskünfte nur auf Verlangen des Vers zu erteilen sind, bezieht sich nach dem Wortlaut von § 13 Nr. 1 c) AFB 30 das dort erwähnte Verlangen nur auf die Schriftform der Auskunft. Hieraus hat Wussow 2 Anm. 21 zu § 13 geschlossen, daß der Vmer in der Feuerv verpflichtet sei, von sich aus die Initiative zu ergreifen und dem Ver alle ihm bekannten für die Aufklärung des Schadens dienlichen Auskünfte zu erteilen (a. A. Raiser2 Anm. 19 zu § 14, der eine Abweichung vom Gesetz verneint). Der B G H 11. VI. 1976 VersR 1976 S. 821-825 hat dem vom Gesetz abweichenden Wortlaut keine Bedeutung beigemessen und unter Berufung auf Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 230 aus dem Begriff der Auskunft entwickelt, daß diese eine Anfrage des Vertragspartners voraussetze. Es sei auch wenig sachgemäß, wenn die AVB von dem Vmer verlangen würden, daß er den Ver unaufgefordert über alle für Grund und Höhe des Entschädigungsanspruchs wesentlichen Umstände informiere. Der Ver würde dann häufig eine Fülle für ihn weithin wertlosen Informationsmaterials erhalten. Dieser durch die Entscheidung vom 21. IV. 1993 Β G H Z 122 S. 250-255 = VersR 1993 S. 828-830 bestätigten Rechtsprechung ist zuzustimmen (so auch Martin 3 X II 145; Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 3 zu § 13 AFB 30; Dörner in BK R N 5 zu § 34; Sackhoff S. 92). Die Voraussetzung eines Verlangens nach Auskunft bedeutet aber nicht, daß der Vmer nur die ihm ausdrücklich gestellten Fragen zu beantworten braucht. Er darf dem Ver keine für dessen Leistungsverpflichtung wesentlichen Umstände vorenthalten, nach denen zwar nicht ausdrücklich gefragt war, die aber so ungewöhnlich sind, daß sie - für ihn erkennbar - in dem standardisierten Fragenkatalog gar nicht enthalten sein können. Ist ζ. B. in dem Fragebogen nach dem Wert eines abgebrannten Gebäudes gefragt, so obliegt es dem Vmer, unaufgefordert mitzuteilen, daß ihm eine behördliche Abbruchverfügung zugestellt worden ist, durch die das Gebäude schon vor dem Eintritt des Schadenfalles im Sinne von § 3 Nr. 2 a) AFB 30 dauernd entwertet war (BGH 21. IV. 1993 a.a.O.; O L G Köln 29. XI. 1994 r + s 1996 S. 7-10). Unaufgefordert ist der Ver ζ. Β. auch zur Auskunft darüber verpflichtet, daß er bereits von einem anderen Ver hinsichtlich des geltend gemachten Schadens entschädigt worden ist (OLG Köln 31. V. 1990 r + s 1990 S. 284-285). Hingegen braucht er nicht von sich aus Zeugen für den Schadenfall zu benennen, wenn nach solchen in der von ihm auszufüllenden Schadenanzeige nicht gefragt war (OLG Hamm 11.1.1987 r + s 1987 S. 169-170). Denn das Interesse des Vers an einer solchen Angabe ist für ihn nicht ohne weiteres erkennbar; er darf vielmehr darauf vertrauen, daß der Ver nach den für ihn erheblichen Umständen fragt.

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G. Obliegenheiten

Anm. G 121 [G 120] ccc) Erkundigungspflicht

Nach h. M. darf sich der Ver nicht darauf beschränken, konkrete Fragen des Vers mit seinem vorhandenen Wissen zu beantworten, sondern er muß sich unter Umständen erkundigen oder sonstige Nachforschungen anstellen, um die Auskunftspflicht zu erfüllen (BGH 21. IV. 1993 BGHZ 122 S. 250-255 = VersR 1993 S. 828-830 zur Feuerv, 30. IV. 1969 VersR 1969 S. 694, 29. V. 1970 VersR 1970 S. 732-733 zu § 7 AKB; KG 6. III. 1981 VersR 1982 S. 485; Möller Bd I Anm. 9 zu § 34; Raiser2 Anm. 21 zu § 14; Wussow 2 Anm. 21 zu § 13; Sackhoff S. 96; Langheid in Römer-Langheid R N 4 zu § 34; Dörner in BK R N 12 zu § 34). Eine Erkundigungspflicht wird aber von Lücke VersR 1993 S. 1098-1110 unter Hinweis auf die angeblich gegenteilige oberlandesgerichtliche Rechtsprechung verneint, weil sie für den Vmer aus § 13 AFB nicht erkennbar sei. Eine gegenteilige Rechtsprechung der OLGe läßt sich aber durch die mitgeteilten Zitate nicht belegen: O L G Oldenburg 16.1.1991 VersR 1992 S. 434 betrifft nicht die Auskunftspflicht des § 34 sondern Kenntnis i. S. von § 16, die zutreffend verneint wird, wenn der Vmer nach Durchführung einer ihm obliegenden Gedächtnisprüfung sich nicht an eine frühere Krankheitsdiagnose erinnern könne. Die Entscheidung des O L G Hamm 8. VII. 1992 r + s 1993 S. 207-208 = VersR 1993 S. 348 LS enthält zwar die Aussage, die Verpflichtung aus § 7 I Nr. 2 AKB könne sich „ naturgemäß nur auf dem Vmer bekannte Umstände beziehen", verneint aber eine Erkundigungspflicht nicht, denn sie stellt gerade darauf ab, daß der Vmer keinen Anlaß gehabt habe, die Richtigkeit des abgelesenen und dem Vmer mitgeteilten Tachostandes anzuzweifeln und Erkundigungen hierüber anzustellen. Auch die Entscheidung des O L G Hamm vom 21. III. 1990 NJW RR 1990 S. 1310 enthält keine Aussage über eine Erkundigungspflicht sondern betrifft die Beweislast für die nach der Behauptung des Vers beim Vmer vorliegende Kenntnis erheblicher Umstände. Das Argument, der Vmer könne aus § 13 AFB nicht entnehmen, daß er sich erkundigen müsse, überzeugt ebenfalls nicht. Für den Vmer, der sich bei Ausbruch des Brandes nicht in seinem Haus oder Betrieb aufgehalten hat, ist es offensichtlich, daß die in den Standardfragebögen enthaltenen Fragen nach dem Zeitpunkt und der Ursache des Brandes auf die Kenntnis der anwesenden Personen abzielen und er deshalb seine Familien- oder Betriebsangehörigen fragen muß, damit das berechtigte Auskunftsverlangen des Vers befriedigt werden kann. Die weit gefaßte Formulierung von § 13 AFB 30 und 87 und der entsprechenden anderen Bedingungen stellt hierfür eine ausreichende Grundlage dar. Die Erkundigungspflicht hat allerdings wie die Auskunftspflicht selbst ihre Begrenzung in der Zumutbarkeit, die ausdrücklich in allen Bedingungen erwähnt ist. So wäre es z. B. nicht zumutbar, daß ein Vmer ohne konkreten Verdacht, den er allerdings auf Verlangen mitteilen muß (OLG Hamm 15.IX.1993 r + s 1994 S. 105-106 = VersR 1994 S. 806 LS), eigene Ermittlungen zur Feststellung eines Brandstifters anstellen und dem Ver das Ergebnis mitteilen müßte. [G 121] ddd) Mitzuteilende Umstände Das Interesse des Vers ist in erster Linie auf die Umstände der Brandentstehung gerichtet, so daß die üblicherweise verwendeten Schadenanzeigeformulare (Beispiele sind abgedruckt bei Martin 3 Texte 48) vor allem Fragen nach der Entstehungsart des Feuers und dem Schadenverursacher enthalten. Für die Aufklärung wichtig ist auch der genaue Schadenzeitpunkt (OLG Hamm 19. IX. 1986 VersR 1987 S. 1002 LS) und der Aufenthaltsort des Vmers im Zeitpunkt der Brandentstehung (BGH 9. XI. 1977 VersR 1978 S. 74-80; O L G Hamm 18. IX. 1987 VersR 1988 S. 510 LS). An der Beantwortung dieser Frage ist der Ver einmal deshalb interessiert, weil er sich aus den auf 444

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VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 122

persönlicher Anschauung beruhenden Angaben des Vmers ein möglichst genaues Bild von der Brandentstehung verschaffen kann und zusätzlich die Gelegenheit erhält, die Möglichkeit einer Brandstiftung beurteilen zu können. Der Klärung einer möglichen Brandstiftung durch den Vmer selbst oder eines seiner Repräsentanten dienen Fragen, die auf mögliche Motive hierfür sowie auf sonstige für das moralische Risiko erhebliche Umstände abzielen. Das sind insbesondere Fragen nach dem Bestehen weiterer Versicherungen für dasselbe Risiko, nach Vorschäden und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen. Die Zulässigkeit solcher Fragen bestimmt sich nach der ausdrücklich in die Bedingungen aufgenommenen Zumutbarkeit. Die Frage nach weiteren Ven, die für die Unfallv nach O L G Hamm 30. V. 1984 VersR 1985 S. 469-470 (streitig a. M. z. B. Prölss in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 34) als nicht sachdienlich für unzulässig gehalten wird, ist in der Feuerv schon wegen der ohnehin bestehenden Anzeigepflicht nach § 58 zulässig und für den Ver wegen der sich aus § 59 bei Doppelv ergebenden Rechtsfolgen besonders wichtig. Die Beantwortung der Frage ist dem Vmer auf jeden Fall zumutbar (BGH 19. III. 1981 VersR 1981 S. 625-626). Auch die Frage nach Vorschäden wird in der Rechtsprechung als zulässig angesehen (OLG Hamm 19. IX. 1986 VersR 1987 S. 1002 LS; LG Köln 1. IX. 1978 r + s 1979 S. 61; LG Düsseldorf 29.IX.1983 r + s 1983 S. 214-215). Dem ist zuzustimmen, weil die Häufigkeit ähnlicher Schadensfälle geeignet ist, einen Brandstiftungsverdacht zu erhärten. Bei der Frage nach den Vermögenverhältnissen ist zu differenzieren. Bei kleineren Schäden wird es für den Vmer häufig unzumutbar sein, ohne erkennbaren Anlaß gestellte Fragen über seine finanzielle Lage zu beantworten. Anders ist die Situation bei Großschäden, bei denen der Ver auch die Möglichkeit einer Brandstiftung in Betracht ziehen muß (RG 18. IX. 1936 VA 1936 S. 245 Nr. 2918). Er darf deshalb z. B. bei so schadenträchtigen Betrieben wie Diskotheken nach dem Florieren des Unternehmens und der wirtschaftlichen Lage des Inhabers fragen (OLG Braunschweig 20. XI. 1995 r + s 1997 S. 205), auch danach, ob ein Vmer eidesstattliche Versicherungen über seine Vermögensverhältnisse abgegeben hat (LG Duisburg 20. X. 1993 VersR 1994 S. 1296). Ergeben sich aus den Antworten Hinweise auf eine unsichere wirtschaftliche Situation, darf der Ver auch eine genaue Darstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse bzw. eine Aufstellung der Schulden verlangen, während er sich ohne Vorliegen solcher Verdachtsmomente mit der Angabe, daß geregelte Verhältnisse vorliegen, begnügen muß (RG 18. IX. 1936 a.a.O.). [G 122] eee) Grenzen der Auskunftspflicht Die Erfüllung der Auskunftspflicht besteht nicht nur in der Beantwortung der schriftlichen Fragen in der Schadenanzeige. Der Vmer ist weiter verpflichtet, zusätzliche Fragen des Vers oder eines von ihm eingesetzten Regulierungsbeauftragten (LG Aurich 15. III. 1984 VersR 1984 S. 753) mündlich oder schriftlich zu beantworten. Das gleiche gilt, wenn der Ver einen Sachverständigen mit der Aufklärung des Schadenfalles beauftragt hat. Denn auch dieser wird im Interesse des Vers tätig (BGH 11. VI. 1976 VersR 1976 S. 821-825, 823). Eine Aufklärungspflicht gemäß §§ 13 Nr. 1 c) AFB 30, 13 Nr. 1 e) AFB 87 besteht aber nicht gegenüber den Mitgliedern der nach § § 1 5 AFB 30, 87 eingesetzten Sachverständigenkommission - vgl. dazu unter H 218-239. Denn diese sind nicht Hilfskräfte des Vers sondern unabhängige über den Vertragsparteien stehende Schiedsgutachter (BGH a.a.O.). Zwar ergibt sich aus dem Schiedsgutachtervertrag nach Treu und Glauben ebenfalls die Verpflichtung, die Tätigkeit des Schiedsgutachter zu fördern, wozu auch die Erteilung von Auskünften gehören kann. Die Verletzung dieser Pflicht beurteilt sich aber nach allgemeinen Johannsen/Johannsen

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G. Obliegenheiten

schadensersatzrechtlichen Grundsätzen. Es besteht keine Veranlassung, die scharfe Sanktion von §§ 13 II A F B 30, 87 über den Wortlaut hinaus eintreten zu lassen, weil es an einer diese Auslegung rechtfertigenden Schutzbedürftigkeit des Vers fehlt. Ihm gegenüber besteht im übrigen auch während des Sachverständigenverfahrens die Aufklärangsobliegenheit weiter, §§ 13 Nr. 7 A F B 30, 87. Mit der gleichen Begründung hat der B G H 26. IV. 1984 VersR 1984 S. 1161-1162 = r + s 1984 S. 270-272 auch zutreffend die Anwendung von § 13 Nr. l c ) A F B 30 verneint, wenn der Vmer das Sachverständigenverfahren dadurch behindert, daß er sich weigert, einen Vorschuß für dieses zu zahlen. Die Aufklärungspflicht bezieht sich grundsätzlich nicht auf Angaben gegenüber der Polizei oder Staatsanwaltschaft in einem wegen des Schadenfalles geführten Ermittlungsverfahren. Denn sie dient nicht den Aufgaben der Strafrechtspflege sondern ausschließlich dem Zweck, dem Ver eine objektive Beurteilung und sachgemäße Entscheidung zu ermöglichen. Wie in der KfzV (dazu grundsätzlich in Bd V unter F 108) gilt auch in der Feuerv, daß das Verhalten des Vmers gegenüber den Strafverfolgungsbehörden nur insoweit erheblich ist, als es zugleich das Aufklärungsinteresse des Vers unmittelbar berührt ( B G H 24. V. 1995 VersR 1995 S. 1043-1044). Das ist der Fall, wenn der Vmer, der im Ermittlungsverfahren falsche Angaben gemacht hat, den Ver auf diese Angaben verweist ( B G H 5. V. 1982 VersR 1982 S. 689; O L G Hamm 12. IV. 1978 VersR 1979 S. 49-51). Anders ist es aber, wenn die falschen Angaben des Vmers aus dem Ermittlungsverfahren dem Ver erst zur Kenntnis kommen, nachdem er seine Entscheidung über die Ansprüche aus dem Vsfall bereits getroffen hat ( B G H 24. V. 1995 a.a.O.). [G 123] bb) Duldungspflicht Dem berechtigten Interesse des Vers, sich selbst ein Bild über Schadensursache und -umfang zu machen, dient die nicht im Gesetz geregelte, aber in den Bedingungen, nämlich in §§ 13 Nr. 1 c) A F B 3 0 , 1 3 Nr. 1 e) A F B 87, 21 Nr. 2 b) V H B 9 2 , 2 0 Nr. 1 d) V G B 88, 15 Nr. l c der Neufassung 1999 vereinbarte Obliegenheit, jede zumutbare U n t e r s u c h u n g über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang der Entschädigungspflicht zu gestatten. Im Hinblick auf die aus einer Vielzahl von Vsfällen gewonnene höhere Sachkunde des Vers ist es wichtig, daß er die Schadenstelle besichtigt oder durch Sachverständige besichtigen läßt. Zutreffend hat der B G H 20. IV. 1961 VersR 1961 S. 4 9 7 - 4 9 9 das Recht zur eigenen Untersuchung als „fundamentales Recht des Feuervers" bezeichnet. Es darf deshalb der Vmer nicht von sich aus entscheiden, ob eine Untersuchung geboten ist ( O L G Hamm 21. IV. 1989 VersR 1990 S. 86) und ohne Rückfrage den Brandschutt beseitigen ( O L G Hamm 11. IV. 1986 VersR 1987 S. 1003 LS) oder durch Brand zerstörte Gegenstände wegwerfen ( L G Trier 10.1.1991 r + s 1991 S. 280), sondern er muß die Entscheidung des Vers abwarten. Ist eine Reparatur oder sonstige Schadenbeseitigungsmaßnahme allerdings eilbedürftig und nimmt der Ver die Besichtigung nicht unverzüglich vor, so darf der Vmer die beschädigten Teile entfernen, wenn er Maßnahmen zur Sicherung des Schadenbildes z . B . durch Photoaufnahmen getroffen hat ( O L G Hamm 12.V. 1993 VersR 1994 S. 343). Wenn sich Schadenursache und -umfang nicht sofort feststellen lassen, kann es geboten sein, daß der von dem Ver beauftragte Sachverständige die Schadenstelle mehrfach besichtigt und auch bei den Aufräumungsarbeiten anwesend ist ( O L G Düsseldorf 26. X . 1989 r + s 1990 S. 25). Hat der Ver aber die Schadenstelle besichtigt und photographiert und keine besondere Weisung erteilt, braucht der Vmer diese nicht für weitere Besichtigungen unverändert zu lassen, sondern darf sie aufräumen 446

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Anm. G 124

und z.B. den durch eine Explosion beschädigten Ofen wegschaffen lassen (OLG Koblenz 25. VII. 1991 r + s 1991 S. 315). Der Vmer ist - im Rahmen der Zumutbarkeit - auch verpflichtet, die Untersuchung durch den Ver zu unterstützen (Raiser2 Anm. 17 zu § 14), z.B. durch Anweisung an seine Arbeitnehmer, dem Sachverständigen alles zu zeigen. Es genügt auch nicht, daß der Vmer dem Ver oder seinen Beauftragten gestattet, das von dem Vsfall betroffene Grundstück zu betreten. Er muß auch selbst anwesend sein, um dem Ver die nötige Ortskenntnis zu vermitteln (OLG Karlsruhe 5. VI. 1997 VersR 1998 S. 975-976 = r + s 1997 S. 381-382). Der Umfang des dem Ver zustehenden Untersuchungsrechts wird einerseits durch das berechtigte Aufklärungsinteresse des Vers zum anderen durch die Zumutbarkeit für den Vmer bestimmt. Konfliktfälle entstehen dabei häufig im Bereich der Hausratv, wenn der Ver bei der Klärung des Umfangs seiner Leistungspflicht durch eine Besichtigung Material für den Einwand der Unterv gewinnen will. Einigkeit besteht darüber, daß der Ver keine Hausdurchsuchung vornehmen darf, die ein Öffnen sämtlicher Schränke und sonstiger Behältnisse einschließt (Martin 3 X II 129; Knappmann in Prölss-Martin 26 Anm. 4 zu § 21 VHB 84; LG Köln 15. XI. 1989 r + s 1990 S. 25-26). Man wird aber dem Ver zubilligen müssen, daß er sich durch eine Inaugenscheinnahme über den Umfang und den Wert auch des nicht von dem Vsfall betroffenen Hausrats überzeugt. Das gilt insbesondere dann, wenn sich aus den Angaben des Vmers über den Wert der beschädigten oder abhanden gekommenen Sachen und seinem Verhältnis zur Vssumme und der Größe seiner Wohnung erhebliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Unterv ergeben (LG Köln a.a.O.). Der Vmer, der zunächst die Besichtigung seiner Wohnung gestattet hat, muß auch dulden, daß der Ver die begonnene Ersatzwertermittlung trotz dabei aufgetretener Unstimmigkeit dort zu Ende führt (LG Köln 26. IV. 1989 VersR 1989 S. 1257). [G 124] cc) Veränderungsverbot Das für Gebäudeschäden geltende gesetzliche V e r ä n d e r u n g s v e r b o t des § 93 dient nicht, wie Bruck 7 Anm. 2 zu § 93 angenommen hat, der Aufrechterhaltung der nach dem Vsfall eingetretenen Gefahrenlage, sondern dient wie § 34, den es für die Feuerv ergänzt, ausschließlich der ordnungsgemäßen Schadensregulierung (Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 232; Raiser2 Anm. 30 zu § 14; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 93). Es soll vor allem das vertraglich vereinbarte Untersuchungsrecht des Vers sichern (BGH 20. IV. 1961 VersR 1961 S. 497-499). Von dem vom Eintritt des Vsfalles bis zur endgültigen Schadensfeststellung geltenden und deshalb als Dauerobliegenheit (Reimer Schmidt, Bruck a.a.O.) einzuordnenden Verbot, Änderungen vorzunehmen, läßt das Gesetz drei Ausnahmen zu, nämlich Änderungen mit E i n w i l l i g u n g des Vers und solche, die ihm zur Erfüllung der ihm n a c h § 62 o b l i e g e n d e n P f l i c h t oder im ö f f e n t l i c h e n I n t e r e s s e geboten sind. Zu ergänzen sind diese Ausnahmen um Veränderungen, die durch ein G e b o t d e r M e n s c h l i c h k e i t veranlaßt sind. Die Vorschrift des § 26, die ein allgemeines Prinzip zum Ausdruck bringt und nach allgemeiner Meinung auf §§ 27 und 28 anwendbar ist (siehe dazu unter G 62), ist auch im Rahmen des § 93 analog heranzuziehen (Reimer Schmidt a.a.O. S. 233; Kollhosser a.a.O.). Abgesehen von der Einwilligung des Vers, die dieser in aller Regel erst nach Besichtigung der Schadenstelle erteilen wird, ist die Ausnahme für Schadenabwendungsund -minderungsmaßnahmen am bedeutendsten, weil Brände und Explosionen ein sofortiges Eingreifen erfordern, das erhebliche Veränderungen an der Schadenstelle Johannsen/Johannsen

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Anm. G 124

G. Obliegenheiten

mit sich bringen kann, so z.B. wenn ein Niederreißen von Mauern notwendig ist, um eine Ausweitung des Feuers zu verhindern. Vertraglich ist ein Veränderungsverbot nur in einigen Bedingungen enthalten. Während die AFB 30 es nicht vorsehen, hat der Vmer nach § 13 Nr. 1 f) AFB 87 Veränderungen des Schadenbildes möglichst zu vermeiden, solange der Ver nicht zugestimmt hat. Aus der Formulierung „möglichst" ist zu entnehmen, daß die mit der Sanktion der Leistungsfreiheit versehene Klausel dahin auszulegen ist, daß außer der Zustimmung des Vers auch die übrigen in § 93 geregelten Ausnahmen zu berücksichtigen sind (Martin 3 X II 138; Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 93) und auf die für die Vornahme von Veränderungen sprechenden Interessen des Vmers Rücksicht zu nehmen ist. In § 20 Nr. 1 e) VGB 88 und die Neufassung 1999, § 15, ist eine im Wortlaut übereinstimmende Bestimmung aufgenommen worden, während die früheren Fassungen ebenso wie die VHB ein Veränderungsverbot nicht vorsehen. Der BGH 20. IV.1961 VersR 1961 S. 497-499 hat aus der Vorschrift des § 13 Nr. 1 c) AFB 30, dem Ver jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und den Umfang der Entschädigungspflicht zu gestatten, gleichzeitig die Verpflichtung des Vmers entnommen, alles zu unterlassen, was ihre Erfüllung beeinträchtigen oder gar vereiteln könnte. Das ergebe sich aus dem das gesamte Schuldrecht beherrschenden Grundsatz, daß jede schuldrechtliche Verpflichtung die Pflicht in sich schließe, von jeder Handlung abzusehen, die die Erfüllung der Verpflichtung vereiteln oder beeinträchtigen könnte (zustimmend „im Einzelfall" Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 93). Dem ist entgegenzuhalten, daß die im Schuldrecht sonst nicht vorgesehene schwere Folge der Leistungsfreiheit an klare Voraussetzungen geknüpft werden muß. Die Obliegenheit des § 13 Nr. 1 c) AFB 30, dem Ver jede Untersuchung zu gestatten, setzt aber wie die Auskunftspflicht ein Verlangen des Vers voraus. Fordert der Ver eine Untersuchung, ist für den Vmer klar, daß er keine Veränderungen vornehmen darf, bis die Untersuchung durchgeführt worden ist, so daß er durch eine Vornahme von Veränderungen die Untersuchungspflicht verletzt und der Ver leistungsfrei werden kann (OLG Hamm 24. X. 1990 VersR 1991 S. 923-924 Abriß eines Kamins nach Verlangen des Vers auf Besichtigung). Fehlt es aber an einem solchen Verlangen, kann die vorgenommene Veränderung nicht als vorweggenommener Verstoß gegen die Pflicht zur Duldung der Untersuchung angesehen werden und zur Leistungsfreiheit in Vertragsverhältnissen führen, für die eine Sanktion für das Veränderungsverbot des § 93 nicht ausdrücklich vereinbart ist (Martin 3 X II 139; Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 93; OLG Hamm a.a.O.; OLG Köln 19. IX. 1985 r + s 1988 S. 209; a.M. LG Amberg 15.1.1986 VersR 1988 S.149-150). BGH 20. IV. 1961 a.a.O. betrifft einen Fall, in dem die vom Ver durchgeführte Untersuchung zunächst ergeben hatte, daß die stehengebliebenen Umfassungsmauern eines durch Brand zerstörten Mühlengebäudes für den Wiederaufbau verwendbar seien, während sie später wegen fehlender Standfestigkeit auf behördliche Anordnung abgerissen wurden, ohne daß der Vmer dem Ver noch einmal Gelegenheit zur Untersuchung gegeben hatte. Zutreffend ist vom BGH angenommen worden, daß ein Untersuchungsrecht des Vers auch für später auftretende Schadenfolgen bestehe und § 93 anwendbar bleibe. Leistungsfreiheit konnte aber nicht eintreten, weil eine erneute Untersuchung nicht gefordert worden war. Da zwischen den Parteien streitig war, ob die Mauern wegen des Brandes oder ihres Alters von über 200 Jahren unbrauchbar geworden waren, hätte ein sachgerechtes Ergebnis aber über Beweislastgrundsätze erzielt werden können.

448

Johannsen/Johannsen

VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 125

[G 125] dd) Belegpflicht Belege, die der Ver sowohl nach § 34 II, wie nach allen einschlägigen Feuervsbedingungen fordern kann, können sich sowohl auf die Entstehung des Schadens wie auf dessen Höhe beziehen. Zur Prüfung seiner grundsätzlichen Eintrittsverpflichtung in einem Brandfall kann der Ver ζ. Β. Unterlagen über die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften verlangen, bei Verdacht auf Brandstiftung durch den Vmer auch einen Beleg über seinen behaupteten auswärtigen Aufenthaltsort etwa durch eine Fahrkarte oder eine Hotelrechnung fordern. Eine größere Rolle in der Praxis spielen Belege über den Schadenumfang, wie Nachweise des Vmers über das Eigentum an und den Wert von durch den Vsfall zerstörten, beschädigten oder abhanden gekommenen Sachen, in der Betriebsunterbrechungsv Nachweise über den erzielten Umsatz und Gewinn. Da der Vmer nach allgemeinen Grundsätzen ohnehin den Umfang des entstandenen Schadens darzutun und zu beweisen hat, wofür Urkunden die geeignetsten Mittel darstellen, dient die in den Bedingungen mit der Sanktion der Leistungsfreiheit vereinbarte Obliegenheit, Belege beizubringen, vornehmlich der Verminderung der Vertragsgefahr. Dem Vmer steht es zwar frei, seinen Anspruch auch auf andere Weise, z.B. durch Zeugen, zu beweisen. Sind aber Belege vorhanden, kann der Ver deren Vorlage verlangen und sich bei unberechtigter Weigerung ihrer Vorlage unter den Voraussetzungen des § 6 III auf Leistungsfreiheit berufen. Als Belege kommen in Betracht: Rechnungen, Quittungen, Geschäftsbücher, insbesondere Lagerbücher und sonstige Aufstellungen über Warenbestände und Warenbewegungen, Bilanzen und Korrespondenzen (Möller Bd I Anm. 23 zu § 34; Raiser2 R N 22 zu § 14; Wussow 2 Anm. 26 zu § 13; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 14 zu § 34; Sackhoff S. 104; O L G Hamm 8.1.1982 VersR 1982 S. 990-991). Hinsichtlich der Bilanzen hat BGH 11.1.1989 VersR 1989 S. 395-397 dahingestellt gelassen, ob sie Belege im Sinne des mit den entsprechenden Feuer-AVB übereinstimmenden § 13 Nr. le) AERB darstellen (zweifelnd auch Martin 3 X II 120). Steuererklärungen hat B G H 11. VI. 1976 VersR 1976 S. 821-825 nicht als Belege für den Umfang eines Brandschadens angesehen. Abzustellen ist im Einzelfall auf die Eignung der Urkunde, einzelne Umstände des konkreten Schadenfalles zu bestätigen. So mögen in dem von B G H 11.1.1989 a.a.O. entschiedenen Fall die Bilanzen für Menge und Wert der gestohlenen Sachen nicht aussagekräftig gewesen sein. Für die Beurteilung von BU-Schäden sind sie aber nach § 7 FBUB die maßgeblichen Unterlagen. Zuzustimmen ist BGH 11. VI. 1976 a.a.O. darin, daß Umsatzsteuererklärungen keine Belege für den Umfang eines Brandschadens darstellen, weil in ihnen keine unmittelbaren Aussagen über den verbrannten Lagerbestand enthalten sind. Im konkreten Fall hat der B G H allerdings zutreffend angenommen, daß der Ver, weil alle Aufstellungen über den Warenbestand durch den Brand vernichtet worden waren, auf die Kenntnis der Umsätze als Indizien für die Größe des Bestandes angewiesen war und deshalb sein Auskunftsverlangen auf die Steuererklärungen erstrecken durfte, sodaß der Einordnung, ob bestimmte Unterlagen Belege darstellen oder nicht, keine große praktische Bedeutung zukommt. Ausdrücklich als Beleg aufgeführt ist in §§ 13 Nr. 1 c) AFB 30, 13 Nr. 1 e) AFB 87 und 20 Nr. Id) VGB 88 ein beglaubigter Grundbuchauszug. Dieser soll den Ver zuverlässig über die Eigentumsverhältnisse an dem durch den Schadenfall betroffenen Grundstück sowie das Vorhandensein von Realgläubigern unterrichten, deren Ansprüche der Ver nach §§ 99 ff zu berücksichtigen hat. Er muß deshalb aktuell auf den Schadentag bezogen sein. Im Zusammenhang mit der Belegpflicht wird im allgemeinen auch die Obliegenheit des Vmers behandelt, dem Ver auf dessen Verlangen innerhalb einer angemessenen Johannsen/Johannsen

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Anm. G 125

G. Obliegenheiten

Frist ein von ihm unterschriebenes Verzeichnis aller abhanden gekommenen, zerstörten oder beschädigten Sachen unter Angabe ihres Wertes vorzulegen, § § 1 3 Nr. 1 c) A F B 30, 13 N r . l g ) A F B 87, 20 Nr. I f ) V G B 88, 15 Nr. l c ) der Neufassung 1999, 21 N r . 1 e) V H B 92. Belege im Sinne von § 34 II stellen diese Verzeichnisse allerdings nicht dar, da sie v o m V m e r selbst erst nach dem Schadenfall anzufertigen und deshalb nicht als Beweismittel geeignet sind (Raiser 2 R N 24 zu § 14). Sie sind aber im R a h m e n der Auskunftspflicht zu erstellen, weil der Ver auf die entsprechende Mitwirkung des Vmers angewiesen ist. Das Verzeichnis dient vor allem dazu, die Ansprüche in zeitnahem Zusammenhang mit dem Schadenereignis festzustellen und die Geltendmachung später festgestellter Schäden auf Ausnahmefälle zu beschränken ( B G H 1 0 . 1 1 . 1 9 9 9 VersR 1999 S. 1 0 0 4 - 1 0 0 6 = r + s 1999 S. 2 0 5 - 2 0 7 ) . D i e Obliegenheit, der Polizeibehörde binnen 3 Tagen oder unverzüglich eine Liste der abhanden gekommenen Sachen vorzulegen, § § 1 3 Nr. 1 a) A F B 3 0 , 1 3 N r . 1 b) A F B 8 7 , 2 1 Nr. 1 c) V H B 92, 20 Nr. 1 b) V G B 8 8 , 1 5 N r . 1 b) der Neufassung 1999 unterfällt nicht der Belegpflicht. Sie soll in erster Linie das Auffinden entwendeter Gegenstände im Zuge polizeilicher Ermittlungen fördern und unterfällt damit der Schadenabwendungs- und -minderungspflicht ( B G H 8. II. 1984 VersR 1984 S. 4 2 9 - 4 3 1 ; O L G K ö l n 2 3 . 1 . 1 9 9 6 r + s 1998 S. 2 5 1 - 2 5 2 ; siehe auch unter G 149.). M i t der Belegpflicht verwandt sind aber Vereinbarungen, durch die der V m e r schon für die Zeit vor dem Vsfall das Führen von Verzeichnissen und deren A u f bewahrung auferlegt worden ist, wie § 7 Nr. 1 b) A F B 87 und die unter G 87 erwähnten Klauseln. H a t der V m e r diese Verzeichnisse erstellt und sind sie im Schadenfall noch vorhanden, so kann der Ver ihre Vorlage verlangen, weil es sich um Belege im Sinne von § 34 II handelt. Wegen der Rechtsfolgen für den Fall, daß die Verzeichnisse nicht geführt worden sind, wird auf die Ausführungen unter G 87 verwiesen. D e r V m e r ist nicht nur zur Beibringung solcher Belege verpflichtet, die er im Besitz hat, sondern er m u ß auf Verlangen des Vers unter Umständen Belege auch beschaffen. Das ergibt sich aus § 34 II, der aber die Beschaffungspflicht gemäß § 34 a) zugunsten des Vmers zwingend darauf beschränkt, „was dem Vmer billigerweise zugemutet werden kann. " Soweit die Beschaffung bestimmter U r k u n d e n ausdrücklich in den Bedingungen geregelt worden ist, wie z. B . hinsichtlich des Grundbuchauszuges, ist sie ohne weiteres zumutbar. I m übrigen ist auf die U m s t ä n d e des Einzelfalles abzustellen, wobei nur die v o m V m e r aufzuwendende M ü h e und eventuell zu ertragenden U n a n nehmlichkeiten zu berücksichtigen sind, nicht aber die K o s t e n , weil der Ver diese nach § 66 zu ersetzen hat (vgl. dazu M ö l l e r in B d II A n m . 15 zu § 66). I m allgemeinen wird man von dem V m e r billigerweise verlangen können, daß er abgelegte Belege heraussucht oder heraussuchen läßt und daß er bei Dritten vorhandene Belege telefonisch oder brieflich anfordert. Hingegen wird ihm die Führung eines Prozesses auf Herausgabe von U r k u n d e n nur in Ausnahmefällen zumutbar sein. Von Möller B d I A n m . 24 zu § 34 wird angenommen, daß der V m e r auch zur Schaffung n o c h nicht existenter Belege verpflichtet sei. D e m ist nicht zu folgen. D a nach dem Vsfall von dem V m e r selbst hergestellte schriftliche Unterlagen keinen Beweis für die Feststellung des Vsfalles oder des Umfanges der Leistungspflicht des Vers zu erbringen vermögen, hat der Ver auch kein berechtigtes Interesse daran, daß der V m e r sie erstellt. S o hat B G H 1 1 . 1 . 1 9 8 9 VersR 1989 S. 3 9 5 - 3 9 7 keine Obliegenheitsverletzung darin gesehen, daß Bilanzen für die Zeit nach dem behaupteten Vsfall nicht vorgelegt worden waren, weil sie n o c h nicht erstellt waren, und hat den V m e r auch nicht als zu ihrer Erstellung verpflichtet erachtet. A u c h in B G H 14. II. 1996 ZfS 1996 S. 3 0 5 - 3 0 6 ist ausgesprochen worden, daß der objektive Tatbestand der Verletzung der Belegpflicht voraussetzt, daß der V m e r über die verlangten Belege verfügt. Allerdings kann der V m e r im Einzelfall verpflichtet sein, aus vorhandenen Belegen, z . B . aus seinen Lagerbüchern Auszüge anzuferti450

Johannsen/Johannsen

VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 127

gen. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Obliegenheit zur Erstellung neuer Belege. Denn der maßgebliche Beleg ist das bereits vorhandene Lagerbuch, der Auszug dient nicht zu Beweiszwecken sondern lediglich der Arbeitserleichterung. Auszüge können auch nur im Rahmen des Zumutbaren verlangt werden, nicht z. B. zur Darstellung eines wechselnden Warenbestandes über einen längeren Zeitraum ( L G Kiel 14. V. 1971 VersR 1972 S. 871-872 für einen sich ständig verändernden Bestand von Zierfischen). Unter besonderen Voraussetzungen ist der Vmer auch zur Erläuterung der von ihm eingereichten Belege verpflichtet. Das ist dann der Fall, wenn sie ohne Erläuterung geeignet sind, falsche Vorstellungen zu erwecken. So muß der Vmer, wenn er eine von ihm selbst ausgestellte Ersatzquittung vorlegt, erläutern, daß sie von einer Person unterschrieben ist, die mit dem bezeugten Erwerbsvorgang nichts zu tun hat, und wenn er auf seinen Namen ausgestellte Einkaufsbelege einreicht, darüber aufklären, daß sie auf den gleichlautenden Namen seines Vaters ausgestellt worden sind ( O L G Köln 17. V. 1994 VersR 1995 S. 1305). Da die in den Bedingungen vereinbarte Beibringung von Belegen der Feststellung der Leistungspflicht des Vers dienen soll, sind grundsätzlich deren Originale, nicht nur Kopien beizubringen, um dem Ver leichter die Uberprüfung der Echtheit der Belege zu ermöglichen (Martin 3 X II 117; Langheid in Römer-Langheid R N 6 zu § 34). Eine Verpflichtung zur Übereignung kann aus dem vereinbarten „beibringen" nicht entnommen werden. Soweit der Vmer die Belege weiter benötigt, wie z . B . Geschäftsbücher, wäre eine Ubereignungspflicht ohnehin unzumutbar und könnte gemäß §§ 34 II, 34 a nicht wirksam vereinbart werden. Der Vmer ist nur verpflichtet, dem Ver die Belege für eine Prüfung derselben angemessene Zeit zu überlassen und kann sie danach zurückfordern ( O L G Hamm 22. II. 1985 VersR 1985 S. 1053 LS = r + s 1986 S. 131). d) Dauer der Aufklärungsobliegenheit [G 126] aa) Grundsatz Da die Obliegenheit grundsätzlich erst durch ein Verlangen des Vers ausgelöst wird, beginnt sie nicht wie die Anzeigeobliegenheit bereits mit dem Vsfall sondern erst später, wenn der Ver auf Grund der Anzeige ein Schadenformular übersendet oder in anderer Weise, z. B. anläßlich einer Besichtigung des von dem Schadenfalls betroffenen Grundstücks Aufklärung verlangt. Lediglich das Veränderungsverbot beginnt bereits im Zeitpunkt des Vsfalles (siehe dazu unter G 124). Die Aufklärungsobliegenheit stellt eine Dauerobliegenheit dar, die während eines durch den Umfang der Ermittlungen des Vers bestimmten Zeitraumes zu erfüllen ist (Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 230). Sie endet normalerweise mit der Feststellung der Leistungspflicht des Vers. Deren Zeitpunkt braucht nicht mit dem der Zahlung zusammenzufallen. Wenn der Ver sich bei der Zahlung eine weitere Prüfung vorbehalten hat, ist der Vmer auch weiterhin zur Aufklärung verpflichtet ( O L G Hamm 3. IV. 1987 VersR 1987 S. 1129 LS). [G 127] bb) Leistungsablehnung durch den Versicherer Die Aufklärungsobliegenheit findet ihr Ende aber auch durch eine negative Entscheidung über die Leistungspflicht des Vers. In Fortentwicklung seiner Rechtsprechung zur H a f t p f l i c h t ( B G H 7. X I . 1966 VersR 1967 S. 27-29, 17. X I I . 1969 VersR 1970 S. 169-170) hat B G H 7. X I . 1989 Β G H Z 107 S. 368-376 = VersR 1989 S. 842-844 ausgesprochen, daß auch in der Sachv, insbesondere in der Feuerv, der Vmer nach Eintritt eines Schadenfalles keine vertraglichen Aufklärungsobliegenheiten mehr zu erfüllen habe, wenn der Ver eine endgültige Leistungsablehnung erklärt hat. Johannsen/Johannsen

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Anm. G 127

G. Obliegenheiten

Die besondere Schutzbedürftigkeit des Vers, der auf die Mitwirkung eines redlichen Vmers bei den Verhandlungen über die Feststellung der Entschädigungspflicht angewiesen sei, die allein die im übrigen Schuldrecht unbekannte Sanktion der Leistungsfreiheit rechtfertige, entfalle nämlich, wenn der Ver nicht mehr prüf- und verhandlungsbereit sei (so auch B G H 8. VII. 1991 VersR 1991 S. 1129-1132 = r + s 1992 S. 1-3 zur Yachtkaskov und 12. XII. 1990 VersR 1991 S. 4 5 1 ^ 5 2 zur Belegpflicht in der Tagegeldv). Daß die Aufklärungsobliegenheit nur gegenüber einem prüfbereiten Ver zu erfüllen ist (so schon vorher O L G Hamm 29. IV. 1988 VersR 1988 S. 1289), entspricht inzwischen gefestigter Rechtsprechung ( O L G Hamm 12. VI. 1991 r + s 1992 S. 97 = VersR 1992 S. 301-302, 2.X.1995 r + s 1996 S. 218, 5.VI. 1998 r + s 1998 S. 381-382; O L G Köln 25.VII. 1991 r + s 1991 S. 315, 19.XII.1995 r + s 1996 S. 222, 25. II. 1997 r + s 1997 S. 179-180; O L G Düsseldorf 16. VIII. 1994 VersR 1995 S. 1301-1303; O L G Koblenz 12. IV. 1996 r + s 1996 S. 481). Von der Literatur wird mit Ausnahme von Martin 3 X II 98-109, der eine zeitliche Begrenzung der Aufklärungsobliegenheit durch Deckungsablehnung in der Sachv nicht anerkennt, der Auffassung des B G H als Grundsatz allgemein zugestimmt (Prölss in Prölss-Martin 26 R N 33 zu § 6; Kollhosser ebd. Anm. 5 zu § 13 AFB 30; Römer 7 R N 127 S. 57 und in Römer-Langheid R N 21 zu § 6; Langheid in Römer-Langheid R N 3 zu § 34; Bach VersR 1992 S. 302-303; Lücke VersR 1992 S. 182-183, VersR 1994 S. 128-134; Dörner in BK R N 5 zu § 34), diese aber mit zahlreichen Ausnahmen versehen (so insbesondere von Bach a.a.O. und Langheid a.a.O. sowie in Anm. zu B G H 8. VII. 1991 r + s 1992 S. 1-3 und 16. X. 1991 r + s 1992 S. 182-183). Einigkeit herrscht darüber, daß die Aufklärungsobliegenheit nach endgültiger Ablehnung der Leistung, die auch durch Einreichung des KÍagabweisungsantrages im Prozeß erfolgen kann (BGH 7. VI. 1989 B G H Z 107 S. 368-376 = VersR 1989 S. 842-844), dann wiederauflebt, wenn der Ver unmißverständlich zu erkennen gibt, daß er nunmehr wieder in die Prüfung der Leistungspflicht eintritt (BGH 7. VII. 1989 a.a.O., 8. VII. 1991 VersR 1991 S. 1129-1132). U m dieses sachgerecht tun zu können, ist er nämlich wieder auf die Mithilfe des Vmers angewiesen und ist besonders schutzbedürftig. B G H 8. VII. 1991 VersR 1991 S. 1129-1132 hat dem freiwilligen Wiedereintritt in die Prüfung den Fall gleichgesetzt, daß das Revisionsgericht die generelle Leistungsablehnung des Vers für ungerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit zur Aufklärung der Höhe des Anspruchs zurückverwiesen hat; es ging darum, daß nach rechtskräftiger Entscheidung über die Zeitwertentschädigung in der Yachtkaskov vor dem Berufungsgericht die Voraussetzungen einer Neuwertentschädigung geprüft werden sollten, für die der Vmer im Prozess eine überhöhte Rechnung vorlegte. Für die Entscheidung des Rechtsstreits war die Frage des Wiederauflebens der Aufklärungsobliegenheit nicht erheblich, weil es an der Vereinbarung einer Sanktion für falsche Angaben fehlte und zu entscheiden war, ob der Vmer seinen Anspruch gemäß § 242 BGB verwirkt hatte, also auf Grund allgemeiner Vorschriften, die nach der bisherigen Rechtsprechung des B G H (7. VI. 1989 a.a.O.) für Verstöße gegen die Wahrheitspflicht nach der Leistungsablehnung ohnehin maßgeblich sein sollen. Der Auffassung des B G H kann im übrigen nur für Fälle gefolgt werden, in denen auf die gerichtliche Feststellung, daß die Versagung der Leistungspflicht dem Grunde nach unberechtigt war, eine erneute außerprozessuale Prüfung der Leistungspflicht des Vers erfolgt. Hält er hingegen ohne weiteres an seinem Klagabweisungsantrag fest, ist er für seine Verteidigung im Rechtsstreit nicht auf die Mithilfe des Vmers angewiesen und nicht als so besonders schutzbedürftig anzusehen, daß bei unrichtigem Prozeßvortrag die Sanktion der Leistungsfreiheit eingreifen müßte. Das Risiko eines Vers, einen Prozeß wegen unrichtigen Sachvortrages des Vmers zu verlieren, ist nicht größer als das der 452

Johannsen/Johannsen

VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 128

verklagten Partei in jedem anderen Zivilprozeß. Es wäre ein Verstoß gegen das Gebot der Waffengleichheit im Prozeß, wenn der Vmer bei jedem Verstoß gegen die Wahrheitspflicht seinen Anspruch vollständig verlieren würde, während derartige Verstöße, von dem Ver begangen, sanktionslos blieben (so Lücke VersR 1992 S. 182-183 unter Hinweis auf Beispielsfälle unwahren Sachvortrags durch Ver). Unrichtiger Sachvortrag im Prozeß unterliegt deshalb grundsätzlich nicht der vertraglich vereinbarten und mit Leistungsfreiheit sanktionierten Wahrheitspflicht (Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 33 zu § 6; Bach VersR 1992 S. 302-303; Lücke VersR 1994 S. 128-134; Römer in RömerLangheid R N 112,113 zu § 6, der B G H 8. VII. 1991 a.a.O. als Ausnahmeentscheidung darstellt; O L G Hamm 29.IV. 1988 VersR 1988 S. 1289, 12.VI. 1991 VersR 1992 S. 301-302 = r + s 1992 S. 97 mit ablehnender Anm. von Langheid r + s 1992 S. 109 und Baumgärtel VersR 1992 S. 601). Eine weitere Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Aufklärungsobliegenheit nur gegenüber einem prüfbereiten Ver zu erfüllen ist, wird in der Literatur für den Fall gemacht, daß der Vmer nach Ablehnung der Leistungspflicht durch den Ver versucht, diesen zu einer Änderung seiner Entscheidung zu veranlassen. Für diesen Versuch unterliege er wieder dem durch Leistungsfreiheit sanktionierten Wahrheitsgebot (so Prölss in Prölss-Martin 26 R N 33 zu § 6; Bach VersR 1992 S. 302-303; Langheid in Römer-Langheid R N 3 zu § 34). O b dies zutrifft, kann nicht generell ohne Berücksichtigung des Verhaltens des Vers entschieden werden. Ist dieser ernsthaft bereit, wieder in eine Prüfung einzusteigen, lebt allerdings nach allgemeiner Auffassung die Aufklärungsobliegenheit wieder auf. Will er aber gar nicht wieder in Verhandlungen eintreten und prüft er die neuen Angaben des Vmers nur darauf, eine weitere Begründung für die bisher unberechtigte Ablehnung zu finden, so fehlt es an seiner Schutzbedürftigkeit, die allein die Sanktion der Leistungsfreiheit rechtfertigt ( B G H 7. VI. 1989 VersR 1989 S. 842-844). Weil die Prüfbereitschaft des Vers nach außen nicht ohne weiteres erkennbar ist, hat die Rechtsprechung zu Recht das Wiederaufleben der Aufklärungsobliegenheit durch Wiedereintritt in Verhandlungen daran geknüpft, daß der Ver „unmißverständlich" zu erkennen gebe, daß er wieder prüfbereit sei ( B G H 7. VI. 1989 a.a.O. S. 843, 8. VI. 1991 VersR 1991 S. 1129-1132,1130). Die Auffassung von Langheid a.a.O. und in N J W 1991 S. 268-279,269, daß der Vmer nach der Deckungsablehnung lediglich frei sei, weiter geforderte Aufklärung zu verweigern, aber bei freiwilligen Angaben die Obliegenheit „korrekt und ordnungsgemäß" erfüllen müsse, ist mit dem auch von ihm anerkannten Grundsatz, daß die Obliegenheit nur gegenüber einem prüfbereiten Ver zu erfüllen sei, nicht zu vereinbaren. Wenn eine Obliegenheit nicht zu erfüllen ist, ist für die Annahme ihrer schuldhaften Verletzung nämlich begrifflich kein Raum mehr ( B G H 17. X I I . 1969 VersR 1970 S. 169-170 zur Haftpflichtv). Eine Differenzierung zwischen Nichterfüllung und Schlechterfüllung kommt nur auf der Grundlage der überholten, insbesondere vom R G vertretenen Auffassung in Betracht, daß die Obliegenheiten trotz Deckungsablehnung bestehen bleiben, der Vmer sie aber in aller Regel nicht schuldhaft verletze (vgl. die Nachweise bei Möller Bd I Anm. 36 zu § 6). Der B G H hat jedenfalls entgegen der Annahme von Langheid klar ausgesprochen, daß keine Obliegenheitsverletzung vorliege, wenn der Vmer mit unlauteren Mitteln versuche, eine Änderung der ablehnenden Entscheidung zu erreichen (7. VI. 1989 a.a.O. S. 843). [G 128] cc) Sonderfall arglistige Täuschung Die am heftigsten umstrittene Frage betrifft die Behandlung arglistiger Täuschungen durch den Vmer nach Deckungsablehnung. Die erörterte BGH-Entscheidung vom 7. VI. 1989 betraf nämlich Verstöße gegen §§ 16 A F B 30 und 14 F B U B , worin Leistungsfreiheit angeordnet ist, wenn der Ver sich „ bei den Verhandlungen über die Ermittlung Johannsen/Johannsen

453

Anm. G 129

der Entschädigung

G. Obliegenheiten

einer arglistigen Täuschung schuldig macht. " Der B G H hat diese

Bestimmungen als Obliegenheiten angesehen, deren zeitliche Reichweite sich nur bis zur Deckungsablehnung erstrecke mit der Folge, daß Verstöße des V m e r s gegen das Wahrheitsgebot von da an nicht mehr §§ 16 A F B , 14 F B U B , sondern den allgemeinen Regeln des Zivil- und Strafrechts unterlägen. D e m ist trotz der heftigen Kritik in der Literatur (Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 34 zu § 6; Bach V e r s R 1992 S. 3 0 2 - 3 0 3 ; Langheid in R ö m e r - L a n g h e i d R N 23 zu § 34; Baumgärtel VersR 1992 S. 601) zuzustimmen (so auch O L G H a m m 12. V I I . 1991 VersR 1992 S. 3 0 1 - 3 0 2 ; Kollhosser in P r ö l s s - M a r tin 2 6 A n m . 12 zu § 16 A F B 30; L ü c k e VersR 1992 S. 1 8 2 - 1 8 3 , 1 9 9 4 S. 1 2 8 - 1 3 4 ) . Bei der

Argumentation, daß „gegenüber

arglistigen

Täuschungen - der übelsten

Verfehlung,

die man einem Vertragspartner antun kann" - der Ver immer schutzbedürftig sei (so B a c h a.a.O.; zustimmend Baumgärtel a.a.O.), wird nämlich verkannt, daß erheblich im R a h m e n dieser Diskussion nur solche Fälle sind, in denen der Ver seine Leistungspflicht zu U n r e c h t abgelehnt und damit ebenfalls eine schwere Vertragsverletzung begangen hat. In dieser Situation ist der V m e r zwar nicht berechtigt, seinen Anspruch mit unlauteren Mitteln durchzusetzen; ein solches Verhalten ist aber anders zu beurteilen, als wenn es gegen einen Vertragstreuen Vertragspartner gerichtet wäre, der auf wahre Angaben über in der Sphäre des Vmers liegende U m s t ä n d e zur Prüfung seiner Leistungspflicht angewiesen ist. Ist er aber hierauf infolge seiner getroffenen Entscheidung nicht mehr angewiesen, ist der Ver nicht schutzbedürftiger als jeder andere Partner eines zivilrechtlichen Vertrages, der seine Leistung verweigert hat, und besteht keine Veranlassung mehr, die sonst im Zivilrecht nicht geltende harte Sanktion der völligen Leistungsfreiheit eingreifen zu lassen. Das Ergebnis, daß nach Ablehnung der Leistungspflicht des Vers Leistungsfreiheit auch bei arglistiger Täuschung durch den V m e r nicht eintritt, gilt auch bei Vereinbarung von § 14 A F B 87 und der entsprechend formulierten neueren Bedingungen in der Gebäude- und Hausratv. B G H 7. V I . 1989 VersR 1989 S. 8 4 2 - 8 4 5 hatte zwar auch mit dem Wortlaut von § 16 A F B 30 argumentiert und aus der Formulierung „bei den Verhandlungen über die Entschädigung" geschlossen, daß die Ver damit „in ausgewo-

gener Wahrung der berechtigten

Belange beider Vertragsseiten" die zulässige zeitliche

Reichweite der Aufklärungsobliegenheit abgesteckt hätten, die nach Abschluß der Verhandlungen nicht mehr eingreife. Aus dem U m s t a n d , daß der Passus „ bei den Verhandlungen über die Entschädigung" in den neueren Bedingungen nicht mehr enthalten ist, ergibt sich aber, auch wenn die Änderung, wie Baumgärtel VersR 1992 S. 601 anmerkt, mit Rücksicht auf die B G H - R e c h t s p r e c h u n g erfolgt ist, bei objektiver und interessengemäßer Auslegung keine sachliche Änderung. A u c h in den neueren Bestimmungen besteht ein innerer Zusammenhang zwischen Aufklärungsobliegenheit und der als „Verwirkungsgrund" bezeichneten Vereinbarung von Leistungsfreiheit wegen arglistiger Täuschung. D e r Schutzzweck beider Regelungen bezieht sich auf die Gewährleistung der wahrheitsgemäßen Unterrichtung des Vers zum Z w e c k der Feststellung seiner Leistungsverpflichtung. K o m m t es hierauf nach der Ablehnung der Leistung nicht mehr an, kann er sich auch nicht mehr auf Leistungsfreiheit wegen arglistiger Täuschung berufen. Zu den Rechtsfolgen, die sich aus allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften ergeben können, vgl. unter G 141. [ G 129]

e) Obliegenheitsbelastete

D i e Aufklärungsobliegenheit ist in erster Linie vom V m e r zu erfüllen, bei mehreren V m e r n von jedem von ihnen. Bei der V für fremde R e c h n u n g ist der Vte neben dem V m e r zur Aufklärung verpflichtet (Raiser 2 A n m . 27 zu § 14; Sieg B d I I A n m . 7 zu § 79; Prölss in Prölss454

Johannsen/Johannsen

VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 130

Martin 26 R N 6 zu § 75; Schirmer in Festschrift für Reimer Schmidt S. 821-843, 825835). Auf Zessionare, Vertragspfandgläubiger und Pfändungspfandgläubiger ist die Aufklärungspflicht entgegen der Auffassung von Möller Bd I Anm. 16 und 29 zu § 34,12 zu § 33 nicht auszudehnen. Eine analoge Anwendung von § 171 II ist für die Aufklärungsobliegenheit noch weniger tragfähig als für die Anzeigepflicht (siehe dort unter G 102) und wenig sachgerecht, weil die Genannten ohnehin kaum etwas zur Aufklärung beitragen können. Auch dem Hypothekengläubiger, der doch gerade gegenüber Obliegenheitsverletzungen des Vmers durch § 102 geschützt werden soll, obliegt die Aufklärung des Vers nicht (Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 281; anders aber Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 102). [G 130] f) Zurechnung des Verhaltens und der Kenntnis Dritter In einigen Vsbedingungen, z.B. in §§ 17 AFB 87, 21 Nr. 3 VHB 92, 25 Nr. 2 VGB 88 wird für die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit auch auf das Verhalten des R e p r ä s e n t a n t e n abgestellt. Dieses kann für die vereinbarten Rechtsfolgen von Bedeutung sein. Allerdings kommt es bei der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit weniger auf das Verhalten von Repräsentanten als von Wissenserklärungsvertretern an, weil ihre Erfüllung nicht zur Risikoverwaltung sondern zur Vertragsverwaltung gehört (zur Unterscheidung vgl. Knappmann VersR 1997 S. 261-267). Jedoch besteht auch im Abwicklungsstadium eines Vsfalles ein Bedürfnis für Repräsentanz, weil Aufklärungspflichten auch durch tatsächliche Handlungen verletzt werden können, z. B. durch Verändern der Schadenstelle, Herstellen, Verfälschen und Vernichten von Belegen. Insoweit hat auch die vom BGH entwickelte Rechtsfigur des Repräsentanten kraft Übertragung der Vertragsverwaltung (BGH 21. IV. 1993 BGHZ 122 S. 250-256 = VersR 1993 S. 828-830) hier Bedeutung. Hat der Vmer die gesamte Vertragsverwaltung einer Person übertragen, die selbständig an seiner Stelle handeln soll, ist ihr Handeln und Unterlassen im Rahmen der Vereinbarungen über die Aufklärungsobliegenheit dem des Vmers gleichzustellen (BGH a.a.O. und unter G 47-50). Von größerer praktischer Bedeutung sind aber die Fälle, in denen der Vmer sich bei der Erfüllung der Aufklärungsobliegenheit nur der Hilfe anderer Personen bedient. Weil es sich um eine Obliegenheit nicht um eine Verbindlichkeit handelt, ist dem Vmer das Verhalten dieser Hilfspersonen nicht nach § 278 BGB zuzurechnen (BGH 30. IV. 1981 VersR 1981 S. 948-950; siehe dazu auch unter G 47). Es kommt aber eine Zurechnung nach § 166 I BGB in Betracht, wenn die Hilfsperson Wissenserklärungsvertreter ist, d. h. wenn sie vom Vmer mit der Erfüllung der Obliegenheit (ganz oder teilweise) betraut worden ist und an dessen Stelle Erklärungen abgibt (BGH 30.IV. 1981 a.a.O., 2.VI. 1993 VersR 1993 S. 960-961 = r + s 1993 S. 281-282, 14. XII. 1994 VersR 1995 S. 281-282 = r + s 1995 S. 81-82; OLG Hamm 19. IX. 1986 VersR 1987 S. 806-807; OLG Köln 29. X. 1990 VersR 1991 S. 95-96; Prölss in PrölssMartin 26 RN 52, 53 zu § 6; Knappmann VersR 1997 S. 261-267; Römer in RömerLangheid RN 121 zu § 6; Schimikowski in BK RN 238 zu § 6). Es ist hier an Fälle zu denken, in denen der Vmer als Inhaber eines Betriebes den Schriftverkehr mit dem Ver zur Abwicklung des verten Schadenfalles auf einen Angestellten (OLG Köln 21. IX. 1989 VersR 1990 S. 1225-1226), einen Rechtsanwalt (OLG Hamm 31. V. 1996 r + s 1996 S. 296-297) oder den Ehegatten (OLG Köln 29. X. 1990 a.a.O.) überträgt, der allerdings nicht schon auf Grund der ehelichen Lebensgemeinschaft Wissenserklärungsvertreter ist (BGH 2. VI. 1993 a.a.O.). Es kommt dann auf die Kenntnis der Hilfsperson von den nicht oder unrichtig mitgeteilten Tatsachen an, die der Ver erfragt hat, und ist diese dem Vmer selbst zuzurechnen. Johannsen/Johannsen

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Anm. G 131

G. Obliegenheiten

Das gilt aber nicht, wenn der Vmer sich die Unterschrift unter die Schadenanzeige vorbehalten hat. Der bloße Auftrag des Vmers an einen Dritten, ihm bei der Abfassung der Erklärung behilflich zu sein, reicht als Zurechnungsgrund nicht aus ( B G H 14. XII. 1994 a.a.O.). [G 131] g) Verletzung der Aufklärungsobliegenheit Die Verletzung kann durch Handeln oder Unterlassen des Vmers erfolgen. Eine Verletzung durch U n t e r l a s s e n liegt vor, wenn der Vmer die geforderten Auskünfte nicht oder nicht vollständig erteilt oder die verlangten Belege nicht einreicht. Auf folgende Beispielfälle aus der Rechtsprechung sei verwiesen: Der Vmer gibt trotz entsprechender Frage den Schadenzeitpunkt nicht an ( O L G Hamm 19. IX. 1986 VersR 1987 S. 1002 LS); er weigert sich im Falle einer Brandstiftung, einen konkreten Verdacht gegen eine bestimmte Person zu nennen ( O L G Hamm 15. IX. 1993 r + s 1994 S. 105-106 = VersR 1994 S. 806 LS); er gibt nicht an, daß er sich bei Ausbruch des Brandes am Brandort aufgehalten habe ( B G H 9. XI. 1977 VersR 1978 S. 74-80; O L G Hamm 18. IX. 1987 VersR 1988 S. 510 LS); er kommt der wiederholten Aufforderung, zu einer Handwerkerrechnung gehörende Rapportzettel einzureichen, aus denen sich der Zeitpunkt und Umfang der Reparaturarbeiten ergeben, nicht nach ( O L G Köln 30. VI. 1988 r + s 1988 S. 337-339); er versäumt den vereinbarten Besichtigungstermin ( O L G Karlsruhe 5. VI. 1997 VersR 1998 S. 975-976). Die Verletzung der Obliegenheit durch H a n d e l n des Vmers besteht insbesondere in der Erteilung unrichtiger Auskünfte und der Einreichung gefälschter Belege. Sie erfüllt häufig zugleich den Tatbestand der arglistigen Täuschung, wenn die Handlung einen gegen die Interessen des Vers gerichteten Zweck verfolgt (dazu unter G 136-141). Beispiele aus der Rechtsprechung: Der Vmer verneint der Wahrheit zuwider die Frage in der Schadenanzeige nach anderweitig abgeschlossenen Vsverträgen ( B G H 19.111.1981 VersR 1981 S. 625-626) oder Vorschäden ( O L G Hamm 19. VIII. 1986 VersR 1987 S. 1002 LS; L G Köln 1.IX. 1978 r + s 1979 S. 61; L G Düsseldorf 29.IV. 1983 r + s 1983 S. 214-215). Der Vmer macht falsche Wertangaben über verbrannte Gegenstände ( O G H 5. III. 1987 VersR 1988 S. 503-504). Er reicht gefälschte Kaufbelege ein ( B G H 23. IX. 1992 VersR 1992 S. 1465-1466; O L G Hamm 30. IX. 1994 VersR 1996 S. 56; 2.X.1998 r + s 1999 S. 33-34) oder bezeichnet selbst verfertigte Ersatzbelege als Originale ( O L G Köln 26. V. 1986 N J W R R 1988 S. 114-115) oder als Ersatzquittung, ohne anzugeben, daß er sie selbst unterschrieben hat ( O L G Köln 17. V. 1994 VersR 1995 S. 1305-1306). Der Tatbestand der Obliegenheitsverletzung kann auch durch Handeln und Unterlassen zugleich erfüllt werden, z.B. wenn der Vmer in der Hausratv die naheliegende Brandursache eines Adventskranzes auf dem Wohnzimmertisch verschweigt und dafür auf die ersichtlich nicht in Betracht kommende Benutzung einer Duftlampe hinweist ( O L G München 8. VIII. 2000 NVersZ 2001 S. 30-31). Problematisch ist, ob eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit vorliegt, wenn der Vmer zunächst unrichtige Angaben macht, diese aber danach berichtigt (vgl. hierzu B G H 5. XII. 2001 N J W 2002 S. 518-520). Erfolgt die Berichtigung im Laufe der Verhandlung mit dem Vsagenten über die Schadenanzeige, ist mit B G H 30. XI. 1967 VersR 1968 S. 137-138 ein objektiver Verstoß zu verneinen, weil ein einheitlicher Lebensvorgang vorliegt, der nicht hinsichtlich der Erfüllung oder Verletzung der Obliegenheit aufgespaltet werden kann. Ebenso ist der vom O L G Hamm 3. XII. 1999 r + s 2000 S. 139-141 entschiedene Fall zu beurteilen, in dem ein Vmer die gegenüber einem - nicht bevollmächtigten - Außendienstmitarbeiter des Vers getätigte falsche Angabe richtiggestellt hat, bevor dieser die Unterlagen an den zuständigen Sachbearbeiter des Vers weitergeleitet hat. 456

Johannsen/Johannsen

VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 132

Erfolgt die Berichtigung aber erst dann, nachdem der Ver aufgrund der Schadenanzeige mit den nötigen Erhebungen im Sinne des § 11 begonnen hat, liegt ein objektiver Verstoß vor ( O L G Düsseldorf 31. X . 1961 VersR 1962 S. 345-346: O L G Köln 7 . X I . 1995 r + s 1996 S. 53; einschränkend Römer in Römer-Langheid R N 16 zu § 6). O b er zur Leistungsfreiheit das Vers führt, hängt bei vorsätzlicher Verletzung von der Relevanz der Verfehlung und dem Ausmaß des Verschuldens, bei grobfahrlässiger Verletzung von der Kausalität ab und unterliegt der Beurteilung des Einzelfalles (vgl auch unter G 137).

2. Rechtsfolgen a) Leistungsfreiheit [G 132] aa) Verschulden Die Bedingungen ordnen als Rechtsfolge der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit Leistungsfreiheit an, verweisen aber auf § 6 III, sodaß nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit erheblich sind. Für V o r s a t z ist zunächst erforderlich, daß der Vmer den Sachverhalt kennt, auf dessen Aufklärung der Ver angewiesen ist, und darüber hinaus, daß er die Obliegenheitsverletzung im Bewußtsein des Vorhandenseins der Norm gewollt hat ( B G H 8.V. 1958 VersR 1958 S. 389-390, 3 . X . 1979 VersR 1979 S. 1117-1119, 21.IV. 1993 r + s 1993 S. 308-310). Dabei ist davon auszugehen, daß der Vmer in aller Regel weiß, daß er zur Aufklärung über Ursache und Höhe des Schadens verpflichtet ist, zumal seine Obliegenheit von Ausnahmefällen abgesehen erst durch ein entsprechendes Verlangen des Vers ausgelöst wird. So ist in aller Regel von Vorsatz auszugehen, wenn der Vmer auf die Anforderung von Belegen über den Wert der zerstörten oder abhandengekommenen Sachen nachträglich ausgestellte fingierte Rechnungen ( O L G Köln 17.V. 1994 VersR 1995 S. 1305-1306; O L G Koblenz 11.11.2000 VersR 2001 S. 100) oder Expertisen ( O L G Köln 19. X I I . 2000 NVersZ 2001 S. 278-279) einreicht. Vorsätzliches Handeln kommt aber auch in Betracht, wenn der Vmer dem Ver die Kenntnis von Umständen vorenthält, nach denen er nicht ausdrücklich gefragt worden ist, die aber so ungewöhnlich sind, daß sie - für den Vmer erkennbar - in dem Fragenkatalog gar nicht enthalten sein können ( B G H 21. IV. 1993 B G H Z 122 S. 250-255 = VersR 1993 S. 828-830 zur unterlassenen Mitteilung einer Abbruchverfügung, durch die das verte Gebäude bereits vor dem Schadenfall dauerhaft entwertet war). Liegt ein objektiv zielgerichtetes Verhalten des Vmers vor, das auf eine unrichtige Information des Vers über Entstehung und Höhe des Schadens gerichtet ist, so ist von Vorsatz auszugehen, auch wenn der Vmer Analphabet und wenig intelligent ist ( B G H 13. V. 1983 VersR 1983 S. 6 7 4 - 6 7 5 = r + s 1983 S. 126-128) oder durch Alter und Krankheit vermindert zurechnungsfähig ist ( B G H 22. X I . 1962 VersR 1963 S. 79-81). Wenn es allerdings an jedem einleuchtenden Motiv für die falschen Angaben des Vmers fehlt, ist ein vorsätzliches Handeln zu verneinen ( B G H 13. IV. 1983 a.a.O.). Auf die individuellen subjektiven Verhältnisse des Vmers kommt es hingegen an, wenn zu beurteilen ist, ob sein Verhalten g r o b f a h r l ä s s i g ist (zum Begriff der groben Fahrlässigkeit siehe unter G 82). Grobe Fahrlässigkeit kann insbesondere vorliegen, wenn der Vmer das ihm mit der Aufforderung zur schnellen Erledigung übersandte Schadenformular verspätet zurücksendet ( O L G Celle 18. X I I . 1991 VersR 1992 S. 1000). Ist in einem solchen Fall der Vmer alt und gebrechlich, wird man seinen Verstoß eher als nicht so schwerwiegend einstufen als bei einem jüngeren und gesunden Johannsen/Johannsen

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Anm. G 133

G. Obliegenheiten

Vmer. Grobe Fahrlässigkeit ist ferner angenommen worden, wenn der Vmer unrichtige Angaben über die Herkunft in Verlust geratener Sachen besonders leichtfertig, ohne sich die Mühe zu machen, sie zu überprüfen, gemacht hat (BGH 13. IV. 1983 VersR 1983 S. 674-675). Entgegen der Auffassung von Raiser 2 R N 31 zu § 14, der grobe Fahrlässigkeit annimmt, wenn der Vmer die Schadenanzeige auf anwaltlichen Rat unrichtig ausgefüllt hat, ist es nicht als grobes Verschulden zu bewerten, wenn der Vmer sich auf den Rat eines „Organs der Rechtspflege" verläßt (so B G H 8.1.1981 VersR 1981 S. 321-322 zur Haftpflicht). Der B G H fordert von den Instanzgerichten eine besonders sorgfältige Prüfung aller Umstände des Geschehens, die für die Feststellung des schweren Verschuldens oder die Entlastung hiervon erheblich sein können (10. II. 1999 VersR 1999 S. 1004-1006 = r + s 1999 S. 205-207 zur Aufklärung der Verzögerung bei der Erfüllung der Obliegenheit in der EDV, eine Stehlgutliste bei dem Ver und der Polizei einzureichen). Das ist wegen der schwerwiegenden Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen geboten (zustimmend auch Lorenz VersR 1999 S. 1006), wird aber in der Rechtsprechung der O L G e gelegentlich mißachtet. So hat das O L G Köln 2. XII. 1997 r + s 1998 S. 251-252 für die Verletzung der Obliegenheit nach § 21 Nr. 1 b) V H B 84, nach einem Brand bei der Polizei eine Liste der abhanden gekommenen Gegenstände einzureichen, keine Entschuldigung des Vmers zugelassen und seine Behauptung, der Schadenregulierer des Vers habe die Meldung an die Polizei für unnötig erklärt, „nach der Lebenserfahrung" für unschlüssig gehalten, weil jedermann wisse, daß man sofort zur Polizei gehen müsse. Da die behauptete Äußerung des Schadenregulierers geeignet war, den Schuldvorwurf gegen den Vmer zu mindern, hätte man ihr nachgehen müssen. [G 133] bb) Kausalität Während bei vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit es nach § 6 III auf die K a u s a l i t ä t nicht ankommt (siehe aber zu den Einschränkungen der Leistungsfreiheit durch die Relevanzrechtsprechung G 108), wird der Ver bei grob fahrlässiger Verletzung nur leistungsfrei, wenn die Verletzung Einfluß auf die Feststellung des Vsfalles oder auf die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Vers gehabt hat. Nachteilige Folgen für den Ver entstehen dann nicht, wenn unrichtige Angaben von ihm sofort erkannt werden, ehe er Dispositionen getroffen hat, oder wenn unterlassene Angaben oder sonstige Mitwirkungshandlungen rechtzeitig nachgeholt werden (BGH 24. X. 1960 VersR 1960 S. 1033-1034). Von diesen Fällen abgesehen, wird die grob fahrlässige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit in aller Regel dazu führen, daß der Ver an notwendigen Ermittlungen gehindert wird. So ist die Kausalität des Verstoßes zu bejahen, wenn der Ver infolge der verspäteten Beantwortung seiner Fragen davon abgesehen hat, rechtzeitig nämlich vor Beginn der Reparaturarbeiten einen Sachverständigen zur Untersuchung von Schadenursache und -umfang hinzuziehen ( O L G Celle 18. XII. 1991 VersR 1992 S. 1000). Das gleiche gilt, wenn der Ver durch die Versäumung des vereinbarten Besichtigungstermins durch den Vmer die Möglichkeit verliert, sich davon zu überzeugen, ob die Wohnungseinrichtung des Vmers vollständig durch Ruß beschädigt worden ist ( O L G Karlsruhe 5. VI. 1997 VersR 1998 S. 975-976). Durch unrichtige Angaben über die Herkunft beschädigter oder entwendeter Sachen werden Nachforschungen über ihren Wert beeinträchtigt oder ganz verhindert (BGH 13. IV. 1983 VersR 1983 S. 674-675).

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Johannsen/Johannsen

VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 134

[G 134] cc) Relevanz Für vorsätzliche Verletzungen der Aufklärungsobliegenheit sind die von der R e l e v a n z r e c h t s p r e c h u n g des B G H entwickelten Einschränkungen der Leistungsfreiheit zu beachten, die im wesentlichen bei der Fassung der moderneren Bedingungen schon berücksichtigt worden sind (vgl. dazu unter G 108). In der Rechtsprechung wird allgemein angenommen, daß die vorsätzliche Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch falsche Angaben geeignet ist, die Interessen des Vers ernsthaft zu beeinträchtigen ( B G H 13. VII. 1977 VersR 1977 S. 1021-1022; 9. XI. 1977 VersR 1978 S. 74-78; 19. III. 1981 VersR 1981 S. 625-626; O L G Köln 17.V. 1994 VersR 1995 S. 1305-1306; 2.XII.1997 r + s 1998 S. 251-252, 19.XII.2000 NVersZ 2001 S. 278-279; O L G Karlsruhe 18.11.1993 VersR 1994 S. 1183). Dem ist wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit des Vers, der für die Ermittlung des Schadens nach G r u n d und H ö h e auf zutreffende Angaben des Vmers angewiesen ist, zuzustimmen. Bei unterlassener oder verspäteter Mitwirkung des Vmers an der Aufklärung kann es aber im Einzelfall an der ernsthaften Beeinträchtigung von Interessen des Vers fehlen (so z.B. im Falle des LG Berlin 6.VI. 1985 VersR 1986 S. 135-136 mit kritischer Anm. von Bach, in dem der Vmer sich - unzutreffend - nicht f ü r aufklärungsverpflichtet über Vorschäden hielt, die Angaben aber im Prozeß nachholte, oder bei umgehender Berichtigung falscher Angaben, O L G H a m m 19. XI. 1999 r + s 2000 S. 139-140). Liegt die Relevanz vor, kann das Fehlen e r h e b l i c h e n V e r s c h u l d e n s des Vmers den Eintritt der Leistungsfreiheit verhindern. Denn fehlende Relevanz und geringes Verschulden müssen nicht kumulativ vorliegen, um die Leistungspflicht des Vers bestehen zu lassen ( B G H 9. XI. 1977 VersR 1978 S. 74-78; 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832). Trotz der durch die Verwendung des Wortes „außerdem" von der Rechtsprechung abweichenden Formulierung in den Bedingungen hat der B G H 21. IV. 1993 a.a.O. zu § 21 Nr. 4 V H B 88 angenommen, daß die Vorschrift dahin auszulegen sei, daß das Vorliegen einer der beiden Voraussetzungen f ü r die Aufrechterhaltung der Leistungspflicht des Vers ausreiche. Dem Ergebnis besser gerecht wird die Hilfsbegründung des B G H , daß die Bedingung bei anderer Auslegung gegen § 9 A G B G verstoße. Von einem geringen Verschulden ist nach der Rechtsprechung des B G H auszugehen, wenn es sich um ein Fehlverhalten handelt, das auch einem ordentlichen Vmer leicht unterlaufen kann und f ü r das deshalb ein einsichtiger Ver Verständnis aufzubringen vermag ( B G H 13. VII. 1977 VersR 1977 S. 1021-1022 zur Hausratv, 7. XII. 1983 VersR 1984 S. 228-229 zur Kaskov). Dieses wird man ebenfalls eher bei unterlassener oder verzögerter Mitwirkung bei der Aufklärung als bei unrichtigen Angaben annehmen können, wenn es auch bei solchen zu weniger wichtigen Fragen durchaus in Betracht kommt. Für die Leistungsfreiheit des Vers bei vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit ist ferner Voraussetzung, daß der Vmer ausdrücklich und unmißverständlich über den Verlust seines Anspruchs auch für den Fall, daß die Obliegenheitsverletzung keinen Nachteil für den Ver hatte, belehrt worden ist. Die vom B G H zu § 7 AKB entwickelte B e l e h r u n g s p f l i c h t (16.11.1967 B G H Z 47 S. 101-109 = VersR 1967 S. 441-443; 8. V. 1967 B G H Z 48 S. 7-11 = VersR 1967 S. 593-594; vgl. dazu E. Prölss VersR 1967 S. 4 8 9 ^ 9 1 und 650-651; Möller in Festschrift für Klingmüller S. 301-315; Prölss ebenda S. 355-374; Bukow in Festschrift f ü r E. Prölss S. 137-151) gilt auch für den Ver in der Feuerv ( B G H 21. IV. 1993 B G H Z 122 S. 250-256 = VersR 1993 S. 828-830), weil auch bei dieser Vsart der durchschnittliche Vmer nicht damit rechnet, daß folgenlose Verstöße gegen die Wahrheitspflicht zur Leistungsfreiheit führen (ebenso zur E D V B G H 30. XI. 1977 VersR 1978 S. 121-124). Eine den Anforderungen der Rechtsprechung an Klarheit und Eindeutigkeit sowie Johannsen/Johannsen

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Anm. G 134

G. Obliegenheiten

äußerliche Hervorhebung (dazu OLG Hamm 8. XI. 1996 r + s 1997 S. 146; KG 22. XI. 2000 NVersZ 2001 S. 211-212) entsprechende Belehrung ist in den üblicherweise in der Feuerv verwendeten Schadenanzeigeformularen enthalten (abgedruckt bei Martin 3 Texte 48). Problematisch ist aber, ob diese Belehrung genügt, wenn der Ver später weitere Auskünfte verlangt. Der Ansicht des OLG Oldenburg 17.1.1996 VersR 1996 S. 1533 = r + s 1997 S. 228, 20. VIII. 1997 r + s 1997 S. 450-451, daß die Belehrung nur für die Beantwortung der im unmittelbaren Zusammenhang mit ihr gestellten Fragen ausreiche und für jede weitere Frage eine neue Belehrung erforderlich sei, ist nicht zu folgen. Grundsätzlich ist eine Wiederholung der Belehrung nicht erforderlich, weil von einem durchschnittlichen Vmer erwartet werden kann, daß er eine einmal erteilte Belehrung auch bei der Beantwortung weiterer in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Ausfüllung der Schadenanzeige stehender Fragen noch gegenwärtig hat (OLG Hamm 25.IX.1996 r + s 1996 S. 470-471, 25.VIII.2000 NVersZ 2001 S. 271-272; OLG Köln 15. IV. 1997 r + s 1997 S. 227-228; OLG Bremen 27. III. 1980 VersR 1981 S. 977-979; OLG Koblenz 11.11.2000 VersR 2001 S. 100-101; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 22 zu § 34). Es sind aber Ausnahmefälle denkbar, die eine weitere Belehrung erforderlich machen, insbesondere bei sehr großem zeitlichen Abstand zwischen Schadenanzeige und weiteren Fragen. Der BGH 21.1.1998 VersR 1998 S. 447-448 = r + s 1998 S. 144-145 (mit Anm. von Münstermann S. 181) hat diese Frage für einen zeitlichen Abstand von fast 4 Monaten zwischen Belehrung und ergänzenden Auskunftsbegehren offen gelassen, weil die Belehrung ohnehin inhaltlich unzureichend war, das OLG Hamm 25. VIII. 2000 aaO sie bei einjährigem Abstand bejaht. Fraglich ist auch, ob über die vom BGH aufgestellten Anforderungen hinaus eine Belehrungspflicht darüber besteht, daß der Vsschutz auch entfallen kann, wenn der Vmer die Beantwortung der Fragen verzögert (bejahend OLG Hamm 25. IX. 1996 r + s 1996 S. 470-471; OLG Düsseldorf 11.IV.2000 NVersZ 2001 S. 93-96). Es wird hier ebenfalls auf die Umstände des Einzelfalles ankommen. Für Fragen, an deren unverzüglicher Beantwortung der Ver ersichtlich ein großes Interesse hat, wie z.B. nach der Brandursache und dem Zeitpunkt der Meldung des Brandes bei der Polizei oder Feuerwehr, ist eine besondere Belehrung, daß Leistungsfreiheit bei Verzögerung in Betracht kommt, nicht erforderlich, weil der Vmer mit dieser Rechtsfolge rechnen muß. Anders liegt es aber bei Fragen, bei denen das Interesse des Vers an unverzüglicher Beantwortung nicht so offensichtlich ist, wie z. B. nach weiteren Versicherungen, Vorschäden oder Wertangaben. Wenn ihre Beantwortung verzögert wird, kann man von dem Ver, der sich deswegen auf Leistungsfreiheit berufen will, nach Treu und Glauben verlangen, daß er dem Vmer unter Hinweis auf die sonst eintretende Rechtsfolge die Möglichkeit einräumt, seine Aufklärungsobliegenheit noch zu erfüllen. Eine Belehrung ist hingegen nicht erforderlich, wenn der Vmer versucht hat, den Ver durch falsche Angaben arglistig zu täuschen (BGH 12.111.1976 VersR 1976 S. 383-384; 30. XI. 1977 VersR 1978 S. 121-124; OLG Hamburg 9. III. 1990 r + s 1990 S. 362-363; OLG Frankfurt 25.XI.1992 VersR 1993 S. 1003-1004; OLG Köln 5. III. 1996 VersR 1996 S. 1098-1099; OLG Oldenburg 17.1.1996 r + s 1996 S. 470471). Denn in diesen Fällen ist der Vmer, der weiß, daß ein arglistiges, gegen die Interessen des Vers gerichtetes Verhalten Einfluß auf den Vsschutz haben kann, nicht schutzwürdig und bedarf einer besonderen Belehrung nicht. Darüber, daß die Leistungsfreiheit des Vers noch in weiteren Fällen aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben eingeschränkt sein kann vgl. unter G 141.

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Johannsen/Johannsen

VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 136

[G 135] Weitere Rechtsfolgen der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit aa) Aus § 11 ergibt sich als gesetzliche Rechtsfolge, daß die F ä l l i g k e i t der vom Ver geschuldeten Geldleistung nicht eintritt, bevor der Vmer seine Aufklärungsobliegenheit nicht erfüllt hat. Sie setzt nämlich die Beendigung der zur Feststellung des Vsfalles und des Umfangs der Leistung des Vers n ö t i g e n E r h e b u n g e n voraus (vgl. dazu unter H 207-213). Lehnt der Ver aber bereits vorher seine Leistungsverpflichtung ab, wird - für den Fall ungerechtfertigter Ablehnung - die Vsleistung mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens bei dem Ver fällig (BGH 27. IX. 1989 VersR 1990 S. 153-154 = r + s 1990S. 58-59). bb) S c h a d e n e r s a t z a n s p r ü c h e aus Verzug, Unmöglichkeit oder positiver Forderungsverletzung, die teilweise als konkurrierende Rechtsfolgen mit der Leistungsfreiheit des Vers angenommen werden (so von Raiser2 Anm. 38 zu § 14; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 15 zu § 34; Dörner BK R N 43 zu § 34; erwogen auch von O L G Frankfurt 25.1.1983 VersR 1983 S. 1045-1046), kommen wegen der Rechtsnatur der Obliegenheiten, die keine Rechtspflichten sondern nur Verhaltensnormen für den Vmer zur Erhaltung seines Vsanspruchs darstellen, nicht in Betracht (siehe dazu grundlegend Möller Bd I Anm. 7 zu § 6; Bruck Privatvsrecht S. 280-282; B G H 7. XI. 1966 VersR 1967 S. 27-28. Das gleiche gilt für die durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz neugestalteten Schadensersatzansprüche nach §§ 280-283 BGB n. F., die ausdrücklich P f l i c h t v e r l e t z u n g e n voraussetzen. Soweit in der Literatur Schadensersatzansprüche grundsätzlich bejaht werden, wird im übrigen zutreffend auf das Fehlen eines durch die Obliegenheitsverletzung verursachten Schadens verwiesen. Die Auffassung, daß die praktische Bedeutung von Schadensersatzansprüchen - abgesehen von den in der Feuerv keine Rolle spielenden Fällen fehlender Sanktion - bei der nur leicht fahrlässigen Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten liege, verstößt gegen die gesetzliche Wertung in § 6 III, nach der leicht fahrlässiges Verhalten sanktionslos bleiben soll. In Betracht kommen allerdings Schadensersatzansprüche aus §§ 823 II BGB i.V. m. 263 StGB und 826 BGB wegen vom Vmer begangener arglistiger Täuschungen oder Täuschungsversuchen, wenn diese einen Schaden des Vers durch die Notwendigkeit besonderer Ermittlungen, z. B. Einschaltung von Sachverständigen oder Detektiven verursacht haben (Möller Bd I Anm. 59 zu § 34: Lücke VersR 1992 S. 182-183 und S. 403-405; O L G Hamm 29. IV. 1988 VersR 1988 S. 1289). Die v e r t r a g l i c h e Begründung weiterer Rechtsfolgen wird beschränkt durch § 6 IV, wonach die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts für den Fall der Obliegenheitsverletzung unwirksam ist. Zu beachten ist auch § 34 a), der anordnet, daß der Ver sich auf Vereinbarungen, in denen zur Belegpflicht von § 34 II zum Nachteil des Vmers abgewichen wird, nicht berufen kann. 3. Arglistige Täuschung [G 136] a) Dogmatische Einordnung Im Zusammenhang mit der Aufklärungsobliegenheit zu behandeln sind die Vorschriften über die arglistige Täuschung im Schadenfall, die in den Bedingungen unter der Uberschrift „Besondere Verwirkungsgründe" oder „ Wegfall der Entschädigungspflicht" gesondert aufgeführt sind. In § 16 AFB 30 ist Leistungsfreiheit für den Fall vorgesehen, daß der Vmer sich „bei den Verhandlungen über die Ermittlung der Entschädigung einer arglistigen Täuschung schuldig macht." (ebenso § 14 FBUB). In den moderneren Bedingungen, §§ 14 Nr. 2 AFB 87,22 Nr. 1 VHB 92,21 Nr. 1 VGB 88, 16 Nr. 1 der Neufassung 1999, ist der früher zu Auslegungsschwierigkeiten Anlaß gebende Johannsen/Johannsen

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Anm. G 136

G. Obliegenheiten

Versuch einer arglistigen Täuschung ausdrücklich erfaßt und das Merkmal „bei den Verhandlungen" entfallen. Die Leistungsfreiheit ist jetzt vereinbart für den Fall, daß der Vmer den Ver „über Tatsachen, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, arglistig zu täuschen versucht". Die Vorschriften erfassen damit die Verletzung der gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Aufklärungsobliegenheit durch falsche Angaben, die mit einem qualifizierten Verschulden, nämlich einem gegen die Interessen des Vers gerichteten Täuschungswillen (BGH 2. X. 1985 VersR 1986 S. 77-80) begangen wird. Da solche falschen Angaben auch ohne weiteres Verletzungen der Aufklärungsobliegenheit darstellen, ist die Bedeutung und systematische Einordnung der Vorschriften über die arglistige Täuschung zu klären. Möller Bd I Anm. 45 zu § 34 hat den rechtlichen Gesichtspunkt der arglistigen Täuschung für notwendig gehalten, weil die Aufklärungsobliegenheit keinen ausreichenden Schutz für den Ver biete. Sie greife nämlich nicht ein, wenn der Vmer falsche Auskünfte oder Belege liefere, die nicht von ihm verlangt worden seien, und versage völlig, wenn die Bedingungen keine Sanktion vorsähen. Die arglistige Täuschung sei vielmehr als ein unabhängig von der Aufklärungsobliegenheit zu beurteilender Anwendungsfall des Einwandes der u n z u l ä s s i g e n R e c h t s a u s ü b u n g anzusehen, der zu beachten sei ohne Rücksicht darauf, ob in den Bedingungen Leistungsfreiheit vereinbart sei. Es widerspreche Treu und Glauben, wenn ein Ver, der bei der Schadenermittlung arglistig getäuscht habe, die Vsforderung trotzdem vollen Umfangs geltend mache (ähnlich Raiser2 R N 14 zu § 17; Sackhoff S. 299 und Langheid in Römer-Langheid R N 16 zu § 34). Dem kann nicht gefolgt werden. Selbständige Bedeutung kommt dem Tatbestand der arglistigen Täuschung gegenüber dem der Aufklärungsobliegenheit nicht zu. Der Vmer braucht zwar, wenn der Ver ihn noch nicht dazu aufgefordert hat, Auskünfte nicht zu erteilen und Belege nicht einzureichen (vgl. dazu unter G 119). Tut er es aber freiwillig, so handelt er im Rahmen der ihm obliegenden Aufklärung des Vsfalles mit der Folge, daß ihn die vereinbarte Leistungsfreiheit treffen kann. Für diese Rechtsfolge ist allerdings von Bedeutung, ob der Vmer „nur" vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben gemacht oder ob er zugleich arglistig getäuscht hat. Denn sie tritt nach den Grundsätzen der Relevanzrechtsprechung (vgl. dazu unter G 108) in der Regel nur dann ein, wenn der Vmer vorher über die Rechtsfolgen ausreichend belehrt worden ist, woran es bei freiwilligen Auskünften des Vmers in einem früheren Zeitpunkt der Ermittlungen fehlen könnte. Gegenüber dem arglistig Handelnden ist aber eine Belehrung nicht erforderlich, weil dieser ohne weiteres annehmen kann, daß sein Verhalten im Falle der Entdeckung vsrechtliche Nachteile auslöst und weil er nicht schutzwürdig ist (BGH 20. XI. 1970 NJW 1971 S. 192-193 mit kritischer Anm. von v. Hippel, 12. III. 1976 VersR 1976 S. 383, 30. XI. 1977 VersR 1978 S. 121-124; Römer in Römer-Langheid R N 47 zu § 6). Damit ist der Schutz des Vers gegen den arglistig handelnden Vmer durch die Vorschriften über die Aufklärungsobliegenheit ausreichend gewahrt. Das von Möller a.a.O. aufgeworfene Problem, daß der Ver nicht ausreichend geschützt sei, wenn es an der Vereinbarung einer Sanktion fehle, stellt sich in der Feuerv nach den zur Zeit geltenden Bedingungen nicht. Eine eigenständige Bedeutung kommt auch nicht der Regelung in § 22 Nr. 1) S. 2 VHB 92 bei, wonach über den Wortlaut der Aufklärungsobliegenheit nach § 21 Nr. 2 b hinausgehend vorgesehen ist, daß Leistungsfreiheit auch eintritt, wenn die arglistige Täuschung sich auf einen anderen zwischen den Parteien über dieselbe Gefahr abgeschlossenen Vsvertrag bezieht. Denn diese Bestimmung ist, wie B G H 19. III. 1986 VersR 1986 S. 540-541 zutreffend zu der wortgleichen Bestimmung des § 16 II VHB 74 angenommen hat, nur anwendbar, wenn die arglistige Täuschung bei den Verhandlungen über die Ermittlung der Hausratentschädigung begangen wird und hat deshalb keine 462

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VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 136

über die Aufklärangsobliegenheit hinausgehende Bedeutung (Knappmann in PrölssMartin 26 Anm. 1 zu § 22 VHB 84; Martin 3 X III 5 und 6). In der Literatur wird den Vereinbarungen über die arglistige Täuschung im Schadenfall auch überwiegend eine eigenständige Bedeutung nicht beigemessen (Wussow 2 Anm. 28 zu § 16; Martin 3 X III 3; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 19 zu § 34; Kollhosser ebenda R N 19 zu § 16 AFB 30; Dörner in BK R N 41 zu § 34). Martin a.a.O. hat zutreffend auf den „demonstrativen " Charakter der Bestimmungen hingewiesen, die den Vmer nur noch zusätzlich in leicht verständlichen und durch Rechtsbegriffe wie Obliegenheit und Obliegenheitsverletzung unbelasteten Worten auf den drohenden Einwand der Leistungsfreiheit hinweisen sollen. Von B G H 7. VI. 1989 B G H Z 107 S. 368-376 = VersR 1989 S. 842-844 sind §§ 16 AFB 30, 14 FBUB als Aufklärungsobliegenheit qualifiziert worden. In anderen Entscheidungen hat der B G H allgemeiner von Verwirkungsbestimmungen mit Strafcharakter gesprochen, aber auf den gleichgerichteten Schutzzweck der Vereinbarungen über die Aufklärungsobliegenheit und die arglistige Täuschung verwiesen (6. V. 1965 VersR 1965 S. 701-704, 8. II. 1984 VersR 1984 S. 453-455; 2.X. 1985 VersR 1986 S. 77, 16.111.2001 VersR 2001 S. 1020-1022). Der O G H 13. IV. 1994 VersR 1995 S. 199-200 hat entsprechende Bestimmungen der österreichischen Sach- und Feuervsbedingungen als Obliegenheiten angesehen, aus denen sich die nach § 6 III zu beurteilende Rechtsfolge für die sonst sanktionslose Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nach § 34 ergebe. Die Einordnung der §§ 16 AFB 30, 14 Nr. 2) AFB 87, 22 Nr. 1) VHB 92, 21 Nr. 1) VGB 88 als Obliegenheitsvereinbarungen, die den Tatbestand der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch falsche Angaben betreffen, bedeutet, daß die Rechtsfolgen grundsätzlich nach § 6 III zu beurteilen und auch die Grundsätze der hierzu entwickelten Relevanzrechtsprechung anzuwenden sind (BGH 9. XI. 1977 VersR 1978 S. 74-78 vgl. dazu unter G 108). Außer der bereits erwähnten Ausnahme, daß gegenüber einem arglistig täuschenden Vmer eine Belehrung nicht erforderlich ist, ist dabei zu berücksichtigen, daß das für das Eintreten der Leistungsfreiheit vorausgesetzte schwere Verschulden bei folgenlosen Verstößen im Regelfall vorliegen wird, wenn der Tatbestand einer arglistigen Täuschung festgestellt ist (BGH 9. XI. 1977 a.a.O.). Zur unterschiedlichen Beweislast für Verletzung der Aufklärungsobliegenheit und arglistige Täuschung vgl. G 143 und G 146. Der von Möller Bd I Anm. 45 zu § 34 zur begrifflichen Einordnung der arglistigen Täuschung herangezogene rechtliche Gesichtspunkt der u n z u l ä s s i g e n R e c h t s a u s ü b u n g hat nur in Ausnahmefällen Bedeutung, wenn der Obliegenheitsschutz versagt. Das kann in Betracht kommen, wenn in den vereinbarten Bedingungen die Sanktion der Leistungsfreiheit nicht vorgesehen ist. In der Feuerv, in der die Bedingungen ausreichende Sanktionen enthalten, ist es denkbar, daß allgemeine zivilrechtliche Vorschriften zum Schutz des Vers eingreifen, wenn das Obliegenheitsrecht nach endgültiger Leistungsablehnung durch den Ver nicht mehr eingreift (vgl. dazu unter G 127-128). Hierauf hat B G H 7. VI. 1989 B G H Z 107 S. 368-376 = VersR 1989 S. 842-844 zutreffend hingewiesen. Denn der Vsvertrag unterliegt, soweit nicht die besonderen vsrechtlichen Regelungen eingreifen, den allgemeinen Regelungen über schuldrechtliche Verträge, insbesondere § 242 BGB. So wie es anerkannt ist, daß ein Ver sein Recht, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen, verwirken kann, wenn er sich in schwerwiegender Weise gegen den Vmer vergangen hat (nämlich im Falle B G H 7. VI. 1989 a.a.O. mehrere Zeugen durch Versprechen und Zahlung hoher Geldbeträge aufgefordert hat, falsche Aussagen gegen den Vmer zu machen), kann auch der Vmer seinen vertraglichen Leistungsanspruch verwirken, wenn sein Verhalten so schwerwiegend gegen die Interessen des Vers gerichtet ist, daß es sich als Rechtsmißbrauch Johannsen/Johannsen

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G . Obliegenheiten

darstellt. Das ist vom R G entwickelt worden für Fälle arglistiger Täuschung, für die keine Sanktion vereinbart war ( R G 11.11.1938 R G Z 157 S. 67-77, 24.11.1939 R G Z 160 S. 3-7), und vom B G H übernommen worden (14. X. 1987 VersR 1987 S. 1182- 1184, 8. VII. 1991 VersR 1991 S. 1129-1132). Zutreffend ist aber in sämtlichen Urteilen betont worden, daß die Verwirkung des Vsanspruchs auf besonders gelagerte Ausnahmefälle zu beschränken ist, in denen das Verhalten des Vmers als so gravierend gegen die Interessen des Vers gerichtet anzusehen ist, daß es für den Ver unzumutbar ist, seinerseits den Vertrag erfüllen zu müssen. Eine solche Beurteilung erscheint gerechtfertigt, wenn der Vmer in der Verkehrshaftpflichtv den Anspruch des Dritten anerkennt und mit ihm kollusiv bei der Durchsetzung unberechtigter Ansprüche zusammenarbeitet (so B G H 14. X . 1987 a.a.O.). Zweifelhaft ist aber, ob täuschende Angaben über die Schadenhöhe zur Verwirkung ausreichen, wie dem Urteil des B G H vom 8. VII. 1991 a.a.O. entnommen werden könnte, das allerdings keine abschließende Entscheidung darstellt, weil es den Rechtsstreit zur notwendigen Gesamtabwägung an das O L G zurückverwiesen hat. Der außerordentliche Tatbestand der Verwirkung darf nicht schon dann eingreifen, wenn der Vmer eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung, sei es auch in der qualifizierten Form der Arglist begangen hat. Damit würde nämlich der Grundsatz, daß Leistungsfreiheit nur eintritt, wenn das ausdrücklich im Vertrag vorgesehen ist ( R G 11.11.1938 R G Z 157 S. 67-77, B G H 18. XII. 1989 VersR 1990 S. 384-385) in unzulässiger Weise ausgehöhlt. Es müssen noch weitere Umstände hinzukommen, die es bei einer Gesamtbetrachtung für den Ver als unzumutbar erscheinen lassen, seine Leistungspflicht zu erfüllen. Dabei ist auf die Grundsätze des allgemeinen Zivilrechts über die Anspruchsverwirkung wegen Rechtsmißbrauchs abzustellen (vgl. hierzu Roth in Münchener Kom. 3 1994 Anm. 255, 310 zu § 242). [G 137] b) Voraussetzungen der arglistigen Täuschung Die in §§ 16 A F B 30,14 A F B 87, 22 Ziff. 1 V H B 92, 21 V G B 88,16 der Neufassung 1999 geregelte arglistige Täuschung über Umstände, die für Grund und Höhe der Vsentschädigung von Bedeutung sind, entspricht nicht der des § 22, der auf § 123 B G B verweist und auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist. Für § 16 A F B 30 und die entsprechenden anderen Bestimmungen ist nicht Voraussetzung, daß das Verhalten des Vmers auf die Abgabe einer bestimmten Willenserklärung des Vers wie etwa die Anerkennung der Entschädigung dem Grunde nach oder die förmliche Feststellung ihrer Höhe gerichtet ist. Der Tatbestand der arglistigen Täuschung wird vielmehr bereits erfüllt durch ein Verhalten, das nach der Vorstellung des Vmers darauf gerichtet ist, den Ver bei der Schadenregulierung in irgendeiner Weise zu beeinflussen ( B G H 28. XI. 1963 B G H Z 40 S. 387-391 = VersR 1964 S. 154-156, 18. XI. 1986 VersR 1987 S. 149; O L G Köln 20. XII. 1990 r + s 1992 S. 24-25). Dabei kann sich die Täuschung auf sämtliche Umstände beziehen, die für die Ermittlung der Vsentschädigung von Bedeutung sein können. Denn der objektive Tatbestand der arglistigen Täuschung entspricht dem der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch unrichtige Angaben (vgl. G 137). Wie bei dieser kann die Verletzung durch Handeln, z.B. Vorlage gefälschter Belege, wie durch Unterlassen, z. B. Verschweigen aufklärungsbedürftiger Umstände erfolgen. Die falschen Angaben können sich auch nur auf Teile der Schadenpositionen beziehen, die im Verhältnis zum Gesamtschaden nicht besonders ins Gewicht fallen ( B G H 2 . X . 1985 VersR 1986 S. 77-80; O L G Frankfurt 24.XI.1988 VersR 1988 S. 1145-1146; O L G Düsseldorf 30. IX. 1997 N J W R R 1990 S. 756-758). Daß bei dem Ver durch die Täuschung tatsächlich ein Irrtum erweckt wird, ist nach der Fassung der moderneren Bedingungen, die den Täuschungsversuch ausdrücklich 464

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VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

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aufführen, nicht erforderlich. Aber auch § 16 AFB 30, der seinem Wortlaut nach auf eine vollendete arglistige Täuschung abstellt, setzt nicht voraus, daß der Ver den unwahren Angaben des Vmers Glauben geschenkt hat, vielmehr reicht auch für diese Vorschrift nach ihrem Schutzzweck für den Ver der Täuschungsversuch aus (RG 7. VI. 1929 RGZ 124 S. 343-346; B G H 3. XII. 1975 VersR 1976 S. 134-136; 12. V. 1993 VersR 1993 S. 1351-1352 = r + s 1993 S. 348-349; O G H 5. IV. 1990 VersR 1991 S. 327-328 zu dem im Wortlaut § 16 AFB 30 entsprechenden § 12 der österreichischen AVB; O L G Hamburg 17.11.1960 VersR 1960 S. 783-784; O L G Düsseldorf VersR 1960 S. 552-553; Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 10 zu § 16 AFB 30; Wussow2 Anm. 30 zu § 16). Abzugrenzen ist der Versuch von der nicht erheblichen Vorbereitungshandlung. Eine solche, aber noch kein Versuch liegt z. B. vor, wenn der Vmer einen Zeugen dahin beeinflußt, im Strafverfahren eine falsche Aussage über die Brandursache zu machen, es aber hierzu nicht kommt, weil der Vmer sich entschließt, gegenüber dem Ver wahre Angaben zu machen ( O L G Hamm 12. IV. 1978 VersR 1979 S. 49-51). Problematisch ist, ob durch die spätere Richtigstellung falscher Angaben gegenüber dem Ver die Rechtsfolgen eines Täuschungsversuches beseitigt werden können. B G H 8. II. 1984 VersR 1984 S. 453-455 hält einen wirksamen Rücktritt des Vmers von dem Täuschungsversuch grundsätzlich für zulässig (ebenso Raiser in Festschrift für Prölss S. 265-275, 273; a. A. Dörner in BK R N 18 zu § 34), hat dessen Voraussetzungen aber im entschiedenen Fall verneint, weil der Vmer seine falschen Angaben nicht spontan, sondern wegen der unmittelbar drohenden Entdeckung korrigiert habe. Der Begründung, „ dem ertappten Täter stehen aber die mit dem freiwilligen Rücktritt verbundenen Wohltaten nicht zu", ist sicher zuzustimmen (so auch B G H 12. V. 1993 VersR 1993 S. 1351-1352 = r + s 1993 S. 348-349; O L G Köln 20.XII.1990 r + s 1992 S. 24-25; O L G Düsseldorf 30. IX. 1997 NJW R R 1999 S. 756-758; LG Kleve 15. XI. 1983 VersR 1984 S. 253-254). Zweifelhaft ist aber, ob begrifflich überhaupt ein wirksamer Rücktritt vom Versuch in Betracht kommt, weil die in den Bedingungen vereinbarte Leistungsfreiheit unmittelbar durch den Täuschungsversuch ausgelöst wird und nicht einfach wieder aufgehoben werden kann (so O L G Hamburg 17. II. 1960 VersR 1960 S. 783-784; O L G Düsseldorf 31.X. 1961 VersR 1962 S. 345-346). Richtiger erscheint deshalb eine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben hergeleitete Einzelfallösung, nach der es dem Ver verwehrt ist, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen, wenn der Vmer von sich aus, ohne daß ein äußerer Anlaß hierfür besteht und der Ver irgendwelche Dispositionen auf Grund der falschen Angaben getroffen hat, diese berichtigt. Zutreffend hat Möller Bd I Anm. 53 zu § 34 darauf verwiesen, daß es für die Einzelfallbeurteilung auf den Zeitpunkt der Richtigstellung, die Gefahr der Entdeckung, den Umfang der Täuschung und andere Faktoren ankommen kann (für eine Beurteilung nach § 242 auch Raiser2 Anm. 22 zu § 17; Wussow2 Anm. 31 zu § 16). Der s u b j e k t i v e T a t b e s t a n d der arglistigen Täuschung erfordert neben dem Vorsatz, also der Kenntnis davon, daß die Angaben des Vmers unrichtig sind und er mit den unrichtigen Angaben eine Obliegenheitsverletzung begeht, daß der Vmer einen gegen die Interessen des Vers gerichteten Zweck mit ihnen verfolgt (BGH 2 . X . 1985 VersR 1986 S. 77-80; 18.XI.1986 VersR 1987 S. 149). Das bedeutet nicht, daß Arglist eine Bereicherungsabsicht des Vmers voraussetzt. Es genügt das Bestreben, Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Ansprüche zu verhindern oder einfach die Abwicklung zu beschleunigen (RG 31. X. 1936 RGZ 150 S. 147-152; B G H 2 . X . 1985 a.a.O.; O L G Hamm 25. XI. 1988 VersR 1989 S. 802-803; 30. IX. 1994 r + s 1995 S. 187 = VersR 1996 S. 56 LS). Arglistig handelt der Vmer bereits dann, wenn er sich dessen bewußt ist, daß er durch seine unrichtigen Angaben den Ver bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (RG 14. XII. 1934 RGZ 146 Johannsen/Johannsen

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G. Obliegenheiten

S. 221-224, B G H 28.XI.1963 Β G H Z 40 S. 387-391 = VersR 1964 S. 154-156; 2 . X . 1985 a.a.O.). Zutreffend ist deshalb von B G H 28. XI. 1963 a.a.O. arglistige Täuschung bejaht worden in einem Fall, in dem der Vmer, um den im Ergebnis richtigen Wert eines verbrannten Mähdreschers plausibel zu machen, angegeben hat, er habe ihn neuwertig aus privater Hand für D M 2 000,- gekauft, obwohl er ihn als Gelegenheitskauf für D M 800,- von einem Händler erworben hatte. Denn sein Verhalten war darauf gerichtet, den Ver von einer bei Nennung des Händlers möglichen Überprüfung abzuhalten. Arglist ist auch trotz fehlender Bereicherungsabsicht zu bejahen, wenn zur Verbesserung der Beweissituation für die Durchsetzung berechtigter Ansprüche Kopien nicht existierender Rechnungen ( O G H 5. IV. 1990 VersR 1991 S. 327-328), gefälschte Kaufbelege ( O L G Hamm 30. IX. 1994 r + s 1995 S. 187 = VersR 1996 S. 56 LS; O L G Frankfurt 20. VII. 2000 r + s 2000 S. 464), fingierte Handwerkerrechnungen ( O L G Bremen 6.1.1989 VersR 1989 S. 585-586) oder ein rückdatierter Sicherungsübereignungsvertrag ( O L G Hamm 25. XI. 1988 VersR 1989 S. 802-803) eingereicht werden. [G 138] c) Einzelfälle E i n z e l f ä l l e aus der Rechtsprechung, in denen arglistige Täuschung angenommen worden ist: R G 14. XII. 1934 R G Z 146, 221-224: Der Vmer hatte eine bewußt unwahre Angabe über den Einkaufspreis einer verbrannten Dreschmaschine gemacht und die richtige niedrigere Rechnung vor dem Ermittler des Vers verborgen. R G 31.1.1936 R G Z 150 S. 147-152: Der Vmer hatte in die Schadensaufstellung Haushaltsgegenstände seiner Schwester und seines Schwagers aufgenommen und dazu erklärt, alle durch den Brand vernichteten Sachen seien sein Eigentum. B G H 6. V. 1965 B G H Z 44 S. 1-13 = VersR 1965 S. 701-704: Betriebsinhaber und -leiter einer Fabrik für Gummi- und Schaumstofferzeugnisse machten nach dem Brand einer Fabrikhalle wiederholt falsche Angaben über Art, Menge und Wert der vernichteten Waren und verfälschten die Angaben in dem Produktionskontrollbuch. B G H 9. XI. 1977 VersR 1978 S. 74-78: Der Vmer hatte auf Befragen nach seinem Aufenthalt bei Brandausbruch erklärt, er sei in D. wo ein Volksfest gefeiert wurde, „anwesend gewesen" und durch die Feuersirenen und den Feuerschein auf den Brand aufmerksam geworden. Der B G H sah in dem Hinweis auf das Volksfest eine geflissentliche Verschleierung des für den Ver erheblichen Umstandes, daß der Vmer sich tatsächlich in unmittelbarer Nähe des in Brand geratenen Fabrikgebäudes befunden habe, und nahm deshalb Arglist an. B G H 8. II. 1984 VersR 84 S. 4 5 3 ^ 5 5 : Unrichtige Angaben über die Eigentumsverhältnisse an dem Inventar eines Saunabetriebs, das an eine Brauerei übereignet und vom Vsschutz ausgenommen war. Die spätere Berichtigung der Angaben wurde als unerheblich angesehen, weil sie nicht spontan sondern erst nach Aufdeckung der Täuschung erfolgt war. B G H 2. X . 1985 VersR 1986 S. 77-80: Unrichtige Verneinung der Frage nach gesellschaftsrechtlichen oder finanziellen Verflechtungen des Vmers mit der Firma, die die durch den Brand beschädigten Strickmaschinen geliefert hatte. B G H 18. XI. 1986 VersR 1987 S. 149: Vorlage einer rückdatierten und stark überhöhten Rechnung über den Ankauf entwendeter Ikonen. B G H 27. V. 1992 VersR 1992 S. 1087-1089: Falsche Angaben über den entgangenen Gewinn eines Restaurants durch einen zu niedrig angegebenen Wareneinsatz reichen für die Annahme arglistiger Täuschung in der Betriebsunterbrechungsv aus. Der Fall wurde aber nicht abschließend entschieden, weil der B G H wegen der Notwendigkeit 466

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VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 139

einer Gesamtbeurteilung des Verhaltens des Vmers den Erlaß eines Teilurteils durch das O L G für unzulässig gehalten hatte. B G H 12. V. 1993 VersR 1993 S. 1351-1352 = r + s 1993 S. 348-349: Der Vmer hatte auf Fragen nach der Brandursache verschwiegen, daß er unmittelbar vor Ausbruch des Brandes im mit Strohballen ausgelegten Stall einer Hähnchenmästerei mittels einer Fritteuse Desinfektionsmittel versprüht hatte, und hatte die Fritteuse nebst Kabel versteckt. O G H 24. IV. 1986 VersR 1987 S. 1124-1125: Der Vmer hatte zum Nachweis der Voraussetzungen für die Neuwertentschädigung die Bestätigung der den Wiederaufbau des abgebrannten Gebäudes ausführenden Firma dahin verfälscht, daß sie statt eines erhaltenen Betrages von S 15000,- die gesamte vereinbarte Summe von S 515000,erhalten hatte. O L G Hamm 28.XI. 1977 VersR 1978 S. 811-812: Der Vmer hatte eine Registrierkasse als verbrannt reklamiert, die er selbst kurz vor dem Brand repariert und verkauft hatte, und weitere Inventarstücke ebenfalls zu Unrecht als durch den Brand vernichtet bezeichnet. O L G Hamm 31.1.1986 VersR 1986 S. 1177-1178: Der Vmer hatte in seiner Schadensaufstellung mehrere wertvolle Haushaltsgegenstände genannt, die vom Brand gar nicht betroffen waren, und war deshalb wegen Vsbetrugs rechtskräftig verurteilt worden. O L G Frankfurt 24. VI. 1988 VersR 1988 S. 1145-1146: Der Vmer hat die durch einen Brand vernichteten Warenvorräte als erheblich zu hoch angegeben. O L G Köln 20. XII. 1990 r + s 1992 S. 24-25: Der Vmer hatte zum Nachweis seines Anspruchs auf Neuwertentschädigung für eine abgebrannte Lagerhalle einen GeneralÜbernehmervertrag über den Wiederaufbau vorgelegt, ohne anzugeben, daß dieser durch Ausübung eines vereinbarten Rücktrittsrechts wieder aufgehoben war. O L G Braunschweig 20. XI. 1995 r + s 1997 S. 205-206: Der Vmer hatte auf Fragen nach der wirtschaftlichen Situation des Betreibers einer Diskothek geantwortet, diese laufe gut, er habe keine geschäftlichen Probleme, obwohl ein erheblicher Umsatzrückgang vorlag und er Personal hatte entlassen müssen. O L G Saarbrücken 9. X. 1996 VersR 1997 S. 826-827: Vorlage einer fingierten Rechnung über den Kauf einer Gitarre und eines Akkordeons, die weder zu dem genannten Zeitpunkt noch zu dem genannten überhöhten Preis von dem Vmer gekauft worden waren. O L G Hamm 5. VI. 1998 r + s 1999 S. 290-291: Der von ihr zur Vertretung gegenüber dem Ver bevollmächtigte Ehemann der Vmerin hatte in die vorgelegte Inventurliste über den entstandenen Vorräte-Brandschaden die wesentlich höheren Mengen einer früheren Inventur eingesetzt. O L G Naumburg 1. VIII. 2000 NVersZ 2001 S. 39-40: Der Vmer hatte zum Beleg eines Schadens in der Hausratv eine Bestätigung eines Elektrogeschäftes über den Kauf verschiedener Geräte vorgelegt, obwohl er dort niemals etwas gekauft hatte. d) Rechtsfolgen und ihre Einschränkung durch die Rechtsprechung [G 139] aa) Darstellung des Meinungsstandes Als Rechtsfolge für die arglistige Täuschung bzw. den Täuschungsversuch ordnen die Bedingungen ausnahmslos Leistungsfreiheit an, ohne daß irgendwelche Einschränkungen vorgesehen sind. In § 22 Nr. 1 V H B 92 wird die Leistungsfreiheit sogar auf andere zwischen den Parteien über dieselbe Gefahr abgeschlossene Vsverträge erstreckt (dazu unter G 136). Johannsen/Johannsen

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Anni. G 139

G. Obliegenheiten

An dieser harten Rechtsfolge hat die Rechtsprechung im Laufe der Zeit Korrekturen vorgenommen. Nachdem das R G zunächst aus Wortlaut und Zweck der vereinbarten Vorschriften über die arglistige Täuschung in der Feuerv die zwingende Folge entnommen hat, daß eine wissentlich falsche Angabe des Vmers über Umstände, die für die Entschädigungspflicht irgendwie von Erheblichkeit sein könnten, die Vsforderung im vollen Umfang zum Erlöschen bringe (8. XII. 1916 VA 1917 Anhang S. 25 Nr. 938, 7. VI. 1929 R G Z 124 S. 343-345), hat es diese Rechtsprechung ab der Entscheidung vom 31.1.1936 R G Z 150 S. 147-152 nur noch mit Einschränkungen aufrechterhalten. Es hat erwogen, daß die allzu starre Durchführung dieses Grundsatzes namentlich dann zu Unbilligkeiten führen könne, wenn sich die wissentlich unwahren Angaben des Vmers nur auf geringe Werte beziehen und der Vmer durch einen Verlust des Entschädigungsanspruchs seine ganze Daseinsmöglichkeit verlieren würde. Es könne in solchen Fällen gegen § 242 B G B verstoßen und einen Rechtsmißbrauch darstellen, wenn der Ver sich auf Leistungsfreiheit im vollen Umfang berufe. Nach Treu und Glauben sei auch zu beurteilen, ob bei einer Zusammenfassung verschiedener Gegenstände in einem Vertrag, z.B. Gebäude und Inventar, die Leistungsfreiheit sich auf die gesamte Entschädigung beziehen müsse, wenn die Täuschung sich nur auf einen Gegenstand bezogen habe. Es sei eine Gesamtabwägung erforderlich, die allerdings bei besonders grobem Verschulden auch dazu führen könnte, daß die volle Leistungsfreiheit bestehen bleibe (RG 11.11.1938 R G Z 157 S. 67-77, 13.XII. 1938 R G Z 159 S. 243-247). Der B G H hat sich dieser Rechtsprechung ausdrücklich angeschlossen (28. X I . 1963 B G H Z 40 S. 387-391 = VersR 1964 S. 154-156) und sie fortgeführt (6. V. 1965 B G H Z 44 S. 1-13 = VersR 1965 S. 701-704, 3. XII. 1975 VersR 1976 S. 134-136, 9. X I . 1977 VersR 1978 S. 74-78,8. II. 1984 VersR 1984 S. 453-455,29. V. 1985 VersR 1985 S. 875-876, 2 . X . 1985 B G H Z 96 S. 88-98 = VersR 1986 S. 77-80, 18.XI.1986 r + s 1987 S. 49-50, 8. VII. 1991 VersR 1991 S. 1129-1131, 21. IV. 1993 r + s 1993 S. 362-363, 12. V. 1993 VersR 1993 S. 1351-1352 = r + s 1993 S. 348-349, 16. VI. 1993 VersR 1994 S. 45-48 = r + s 1993 S. 346-347). Der B G H ist dabei von dem Grundsatz ausgegangen, daß die völlige Leistungsfreiheit die regelmäßige Rechtsfolge sei, die nur in Ausnahmefällen zu Gunsten des Vmers eingeschränkt werden könne (so ausdrücklich 8. II. 1984, 21. IV. 1993, 12. V. 1993 a.a.O.). Ausnahmen seien geboten wegen der bei der Feuerv besonders weitreichenden Folgen des Anspruchsverlustes für die gesamte Lebensführung des Vmers, die diesen im Einzelfall als unverhältnismäßige, vom Interesse des Vers nicht geforderte gröblich unbillige Folge des Verstoßes erscheinen ließe (28. X I . 1963 B G H Z 40 S. 387-391 = VersR 1964 S. 154-156). Als Kriterien, die für eine Beschränkung der Leistungsfreiheit relevant seien, hat der B G H genannt: die Motivation des Täuschenden, das Maß seines Verschuldens, der Umfang der Gefährdung der schützenswerten Interessen des Vers und die Folgen des Anspruchsverlustes für den Vmer, vor allem eine etwaige Existenzgefährdung, und das Verhalten des Vers (8. VII. 1991 VersR 1991 S. 1129-1131). Geboten sei in jedem Fall eine Gesamtabwägung dieser Umstände. Deshalb sei, weil auch die Schadenhöhe in die Betrachtung einzubeziehen sei, wenn eine Einschränkung nach § 242 B G B in Betracht komme, eine Entscheidung durch Grundurteil unzulässig (8. VII. 1991 a.a.O.; 23. IX. 1992 r + s 1992 S. 420-422, 21.IV. 1993 r + s 1993 S. 362-363, 16. VI. 1993 VersR 1994 S. 4 5 - 4 8 = r + s 1993 S. 346-347). Für die Vornahme der Einschränkung der Leistungsfreiheit hat der B G H verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt. Bei gleichzeitig abgeschlossenen Verträgen über Gebäudefeuer- und Betriebsunterbrechungsv soll Leistungsfreiheit wegen unrichtiger Angaben 468

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VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

A n m . G 139

über die Eigentumsverhältnisse an den Inventarstücken nicht für die Betriebsunterbrechungsv eintreten, bei der der Ver weniger auf die Angaben des Vmers als auf Auskünfte Dritter und Buchhaltungsunterlagen angewiesen sei (BGH 8. II. 1984 VersR 1984 S. 453-455). Die erwähnte Klausel in den VHB, nach deren Wortlaut die Leistungsfreiheit auch dann eintreten soll, wenn die Täuschung sich auf einen anderen über dieselbe Gefahr abgeschlossenen Vsvertrag beziehe, hat der B G H (19. III. 1986 VersR 1986 S. 540-541 = r + s 1986 S. 161-163 zu § 16 VHB 66/74) dahin ausgelegt, daß Leistungsfreiheit in der Hausratv nur eintrete, wenn die arglistige Täuschung bei den Verhandlungen über die Ermittlung der Hausratentschädigung begangen werde, und hat die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Einschränkung der Leistungsfreiheit, weil schutzwürdige Interessen des Vers nicht verletzt seien, nicht für notwendig erachtet. Das Ergebnis ist auch für die Neufassung der Bedingungen zutreffend (Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 1 zu § 22 VHB 84; Martin 3 X II 5, 6). Bei einem einheitlichen Vertrag, bei dem aber eine Unterteilung der verten Gegenstände in Gruppen, nämlich etwa in Gebäude, bewegliche Sachen und Ergänzungen (Vorsorgev für Wertsteigerungen, Aufräumungs-, Abbruch- und Feuerlöschkosten) vorgesehen sei, könne die arglistige Täuschung über angeblich verbrannte Warenvorräte sich dahin auswirken, daß nur hinsichtlich der beweglichen Sachen, nicht aber der Gebäude Leistungsfreiheit eintrete (BGH 6. V. 1965 B G H Z 44 S. 1-13 = VersR 1965 S. 701-704 mit Anm. von Flath S. 749-750). Die Verwirklichung des Schutzzweckes des § 16 AFB 30 dürfe zwar nicht dadurch in Frage gestellt werden, daß die Unehrlichkeit des Vmers mit keinem Risiko mehr verbunden sei. Wenn ein Vmer überhaupt zu täuschen versuche, so müsse der Ver auch befürchten, über andere Werte getäuscht zu werden. Es komme deshalb nicht in Betracht, die Leistungsfreiheit nur auf die Warenvorräte zu beschränken, hinsichtlich derer getäuscht worden sei, sondern sie müsse auf das gesamte bewegliche Vermögen erstreckt werden. Die Interessen des Vers erforderten aber nicht die Leistungsfreiheit für Gebäude, hinsichtlich derer die Täuschungsgefahr auch wesentlich geringer sei, weil die Schäden durch Bausachverständige festgestellt werden könnten (ähnlich 26. II. 1969 VersR 1969 S. 411-413). Für Fälle, in denen eine Aufteilung nach Schadengruppen nicht in Betracht kommt, hat der B G H unter Heranziehung von § 343 BGB eine summen- oder quotenmäßige Beschränkung des Anspruchs für zulässig erachtet (28. XI. 1963 B G H Z 40 S. 387-391 = VersR 1964 S. 154-156; so auch O L G Düsseldorf 20. XI. 1973 VersR 1973 S. 1157-1159 mit ablehnender Anm. von Zuther VersR 1974 S. 630-632; O L G Hamm 31.1.1986 VersR 1986 S. 1177-1178; O L G Hamburg 19.11.1986 VersR 1987 S. 873-874). Die Leistungsfreiheit ist nach der Auffassung des B G H ferner beschränkt auf Ansprüche, die im Zeitpunkt des Verwirkungstatbestandes noch offen sind (2. X. 1985 B G H Z 96 S. 88-98 = VersR 1986 S. 77-80, 13.VI.2001 VersR 2001 S. 1020-1022 = NVersZ 2001 S. 519-521). Begeht also der Vmer die arglistige Täuschung erst dann, nachdem er bereits erhebliche Abschlagszahlungen erhalten hat, braucht er diese nicht zu erstatten, sondern kann nur seinen Anspruch auf die Abschlußzahlung verlieren. Diese Folge hat der B G H unmittelbar § 16 AFB 30 entnommen, der auf dem Gedanken beruhe, daß dem arglistig getäuschten Ver eine Leistung nicht mehr zugemutet werden könne, dessen Schutz aber nicht erfordere, daß er Leistungen zurückerhalte, die dem Vmer im Zeitpunkt der Leistung zugestanden hätten. In der Entscheidung vom 13. VI. 2001 aaO hat er ausgeführt, daß dieser Grundgedanke auch für die Auslegung von § 14 Nr. 2 AFB 87 maßgeblich sei. Die Instanzgerichte haben die vom B G H entwickelten Gesichtspunkte für eine Einschränkung der Leistungsfreiheit bei arglistiger Täuschung weitgehend übernommen ( O L G Düsseldorf 20.XI.1973 VersR 1973 S. 1157-1159; O L G Hamm 23.XI. 1977 VersR 1978 S. 811-812, 31.1.1986 VersR 1986 S. 1177-1178; 14.XI.1986 Johannsen/Johannsen

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Anm. G 140

G. Obliegenheiten

r + s 1987 S. 139: 30. IX. 1994 r + s 1995 S. 187; O L G Frankfurt 24. VI. 1988 VersR 1988 S. 1145-1146, 20.VII.2000 r + s 2000 S. 464-465; O L G Köln 17.XII.1992 r + s 1994 S. 24-26; O L G Saarbrücken 9. Χ . 1996 VersR 1997 S. 826-827; O L G Koblenz 13. V. 1993 N J W R R 1994 S. 1182-1184; O L G Karlsruhe 17. VI. 1999 r + s 2000 S. 78-79), wenn auch in den entschiedenen Fällen die von den Gerichten vorgenommene Gesamtabwägung nur selten dazu geführt hat, daß ein Teilanspruch zugesprochen worden ist. In der Literatur ist die Auffassung des B G H zunächst heftig kritisiert worden (Raiser VersR 1964 S. 421 und in Festschrift für E. Prölss S. 265-267; E. Prölss VersR 1964 S. 422-423), wird aber heute überwiegend zustimmend zitiert (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 17 zu § 16 A F B 30; Martin 3 X II 35-49; Langheid in Römer-Langheid R N 18-21 zu § 34; Schwintowski in B K R N 70-73 zu § 6). [G 140] bb) Stellungnahme Der von der Rechtsprechung entwickelten Einschränkung der Leistungsfreiheit für Fälle arglistiger Täuschung im Schadenfall ist zuzustimmen. Eine Abwägung der Interessen der Vertragsparteien ergibt, daß die vollständige Leistungsfreiheit nicht in allen Fällen eine angemessene Rechtsfolge der arglistigen Täuschung ist. Die vom B G H entwickelte Relevanztheorie, die wegen des Obliegenheitscharakters der Vorschriften über die arglistige Täuschung auch für diese Fälle Anwendung findet (siehe dazu unter G 136, zweifelnd O L G Bremen 6.1.1989 VersR 1989 S. 585-586) vermag die gelegentlich gebotene Korrektur der vollständigen Leistungsfreiheit nicht zu bewirken, weil Täuschungen über Schadensursache und -umfang generell als den Interessen der Ver zuwiderlaufend anzusehen sind und arglistige Täuschungen von Ausnahmefällen abgesehen nicht als geringes Verschulden bewertet werden können ( B G H 9. XI. 1977 VersR 1978 S. 74-78). Dennoch kann es im Einzelfall ungerechtfertigt erscheinen und eine unzumutbare Härte für den Vmer darstellen, wenn er den Vsschutz vollen Umfangs verliert. Das gilt insbesondere dann, wenn die Täuschung sich nur auf einen relativ geringen Schadenposten bezogen hat und dem Vmer der Verlust des Ersatzanspruches für erhebliche Vermögenswerte droht. Es sollte hierbei nicht auf den Begriff der Existenzvernichtung abgestellt werden, dessen Voraussetzungen von dem Vmer kaum jemals bewiesen werden können, sondern auf eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensführung im wirtschaftlichen Bereich, die bei dem ersatzlosen Verlust von Wohnhaus, landwirtschaftlichen Anwesen oder Fabrikgebäude eher anzunehmen sein wird als bei dem Verlust von Wohnungseinrichtungsgegenständen, sonstigem Inventar oder Schmuckstücken (so zutreffend O L G Köln 17. XII. 1992 r + s 1994 S. 24-26 zu einem Einbruchschaden an Schmuck und Teppichen von insgesamt D M 90000,-, bei dem über Schmuckstücke im Wert von D M 13 700,- falsche Angaben gemacht worden waren). Von einer Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz ist aber bei einem Juwelier auszugehen, dem durch einen räuberischen Uberfall Schmuckwaren im Wert von 13 Millionen D M abhanden gekommen sind; entgegen O L G Celle 15.X. 1992 r + s 1994 S. 189, das jeden Vsschutz versagt hat, weil er das Wiederauffinden von Schmuckstücken im Wert von D M 8800,- nicht mitgeteilt hat, um die Regulierung nicht zu verzögern, wäre in diesem Fall eine Einschränkung der Leistungsfreiheit gerechtfertigt gewesen. Die vom B G H aufgezeigten Möglichkeiten einer Einschränkung der Leistungsfreiheit bringen zwar eine gewisse Rechtsunsicherheit für die Beteiligten mit sich, weil weder generell festgelegt werden kann, bis zu welchem Betrag oder Prozentsatz des Gesamtschadens die Täuschung als relativ geringe Werte betreffend angesehen werden kann noch alle sonstigen Umstände, die in die Abwägung einbezogen werden müssen, sicher vorhersehbar sind. Diese ist aber aus Gerechtig470

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VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 141

keitsgründen wie in den sonstigen Fällen, in denen die Entscheidung von § 242 B G B beeinflußt wird, hinzunehmen. Einigkeit besteht darüber, daß eine Einschränkung der Leistungsfreiheit dann nicht in Betracht kommt, wenn die arglistige Täuschung sich auf die Schadenursache oder den gesamten Schaden bezogen hat ( B G H 2.X. 1985 VersR 1986 S. 77-80; 12. V. 1993 VersR 1993 S. 1351-1352 = r + s 1993 S. 348-349; Langheid in Römer-Langheid R N 18 zu § 34; Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 14 zu § 16 A F B 30). Die Interessen des Vers werden auch dann nur durch den Eintritt vollständiger Leistungsfreiheit gewahrt, wenn der Vmer aus Gewinnsucht gehandelt und ein besonders hartnäckiges Verhalten bei der Täuschung entwickelt hat ( B G H 2. X. 1985, 12. V. 1993 a.a.O.). [G 141] cc) Einschränkung der Leistungsfreiheit in weiteren Fällen Die von der Rechtsprechung für den Fall der arglistigen Täuschung entwickelte Möglichkeit der Einschränkung der Leistungsfreiheit greift auch bei den sonstigen Fällen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit ein. Zutreffend hat bereits B G H 26. II. 1969 VersR 1969 S. 411-413 darauf hingewiesen, daß das Bedürfnis nach einer Abschwächung des starren „Alles-oder-Nicbts-Prinzips" in dem Falle, in dem der Vmer bei feststehender Unrichtigkeit einer Angabe über einzelne Schadenposten die nach § 13 A F B 30 gegen ihn sprechende Vermutung, er habe seine Aufklärungsobliegenheit vorsätzlich verletzt, nicht entkräften kann, noch größer ist als im Falle einer nachgewiesenen arglistigen Täuschung. Bei dieser Interessenlage bestehen deshalb keine Gründe dagegen, auch in diesen Fällen dem Ver die Berufung auf völlige Leistungsfreiheit gemäß § 242 B G B zu versagen, wenn die unrichtigen Angaben sich nur auf einen relativ geringen Anteil des Gesamtschadens beziehen und dem Vmer durch den völligen Anspruchsverlust ein schwerer wirtschaftlicher Nachteil droht. Die auch hier gebotene Abwägung aller Umstände kann dabei eher etwas großzügiger zu Gunsten des Vmers ausfallen, weil der Schuldvorwurf geringer ist ( B G H 26. II. 1969 a.a.O.). Auch vom O L G Hamm 23. XI. 1977 VersR 1978 S. 811-812 wird die Möglichkeit der Einschränkung der Leistungsfreiheit bei vermutetem vorsätzlichen Handeln bejaht. Sie besteht aber auch dann, wenn zwar der Vorsatz feststeht, die Täuschung aber nicht als arglistig zu qualifizieren ist. Die Berufung auf Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit oder arglistiger Täuschung kann dem Ver schließlich auch dann nach § 242 B G B versagt sein, wenn er sich gegenüber dem Vmer in einer Weise verhalten hat, die das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien verletzt und ebenso schwer oder noch schwerer wiegt als das Verhalten des Vmers. Das hat der B G H 7. VI. 1989 B G H Z 107 S. 368-376 = VersR 1989 S. 842-844 in einem Fall angenommen, in dem der Ver an Zeugen hohe Geldsummen versprochen und gezahlt hatte, um sie zu falschen Aussagen gegen den Vmer zu veranlassen. Er hat dieses Verhalten des Vers zutreffend als Rechtsmißbrauch charakterisiert und ausgeführt, daß der Ver hierdurch die besondere Waffe der vollen Leistungsfreiheit als Sanktion eines Versuchs arglistiger Täuschung verwirkt habe ohne Rücksicht darauf, ob das unredliche Verhalten des Vmers eine Reaktion auf das Verhalten des Vers darstelle oder nicht. Die Berufung auf Leistungsfreiheit kann aber auch deshalb rechtsmißbräuchlich sein, weil der Ver die falschen Angaben treuwidrig veranlaßt hat, z. B. durch eine völlig unvertretbare Leistungsablehnung ( B G H 2.X.1985 VersR 1985 S. 77-80; O L G Köln 21.V. 1987 VersR 1988 S. 706 LS).

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Anm. G 142

G. Obliegenheiten

4. Beweislast [G 142] a) Objektiver Tatbestand Nach den allgemeinen Grundsätzen über die Beweislastverteilung bei Obliegenheitsverletzungen (siehe dazu Möller Bd I Anm. 52 zu § 6; Römer in Römer-Langheid R N 83-87 zu § 6 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung) hat auch bei der Aufklärungsobliegenheit der Ver den o b j e k t i v e n T a t b e s t a n d der Verletzung darzulegen und zu beweisen (BGH 22. III. 1962 VersR 1962 S. 501-502, 13. IV. 1983 VersR 1983 S. 674-675 = r + s 1983 S. 126-129; O L G Hamm 3. XI. 1989 VersR 1991 S. 49-50, 24.X. 1990 VersR 1991 S. 923-924; O L G Hamburg 22. V. 1990 VersR 1992 S. 179 LS; zur Auseinandersetzung mit der abweichenden Auffassung von Prölss siehe unter G 71). Da die Obliegenheit grundsätzlich nur auf Verlangen des Vers zu erfüllen ist (siehe dazu unter G 119), gehört dazu, daß der Ver den Vmer um Aufklärung gebeten hat, was in aller Regel in der Ubersendung der Schadenanzeige mit der Bitte um Ausfüllung erfolgt. Hat der Ver den Vmer aufgefordert, die Schadenstätte bis zur Besichtigung durch Sachverständige unverändert zu lassen, muß er auch diese Aufforderung beweisen ( O L G Hamm 24. X. 1990 VersR 1991 S. 923-924). Für die Rücksendung der ausgefüllten Schadenanzeige hat das O L G Hamm 3. XI. 1989 VersR 1991 S. 49-50 (wie auch vorher schon zur Anzeige gemäß § 33 18. V. 1988 r + s 1988 S. 302-303) zutreffend dem Ver die Beweislast auferlegt mit dem Argument, die Obliegenheit bestehe nicht im Zugang sondern in der Ausfüllung und Absendung der Anzeige (ebenso O L G Köln 19. XI. 1992 VersR 1993 S. 310-311 zur Schadenmeldung nach § 21 Nr. 1 a VHB 84; O L G Hamburg 27. VIII. 1993 VersR 1994 S. 668-669 zur Absendung der Stehlgutliste an die Polizei nach § 21 Nr. 1 b V H B 84; zustimmend Römer in RömerLangheid R N 85, 86 zu § 6, siehe auch unter G 111). Soweit die behauptete Obliegenheitsverletzung in der Abgabe unrichtiger Erklärungen besteht, hat der Ver nicht nur die objektive Unrichtigkeit sondern auch die K e n n t n i s des Vmers hiervon zu beweisen. Denn die Kenntnis gehört zum objektiven Tatbestand der Verletzung, von dem Vmer kann nicht verlangt werden, etwas zu offenbaren, was er selbst nicht weiß (BGH 8. II. 1984 VersR 1984 S. 453-455; O L G Hamm 12.XI. 1991 VersR 1992 S. 729, 8. VII. 1992 r + s 1993 S. 207-208, 26.XI. 1993 r + s 1994 S. 42-43 mit Anm. von Langheid; Martin3 X II 163; Römer in Römer-Langheid R N 87 zu § 6; Schwintowski in B K R N 256 zu § 6; a.A. O L G Oldenburg 7. XII. 1994 VersR 1995 S. 953; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 24 zu § 34; unklar B G H 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 828-830 = r + s 1993 S. 321-323, worin dem Vmer eine Erkundigungspflicht auferlegt wird - siehe dazu unter G 120 - sowie ohne Notwendigkeit, weil die Kenntnis seiner Wissensvertreter unstreitig war, die Beweislast dafür, daß er von einer nicht mitgeteilten Abrißverfügung „nichts wußte und nichts wissen mußte"; die Entscheidung wird von Prölss a.a.O. [zustimmend] und O L G Hamm 26. XI. 1993 a.a.O. [ablehnend] als Beleg für die Beweispflicht des Vmers angesehen, während Römer und Langheid a.a.O. in ihr keine Abweichung davon sehen, daß der B G H den Ver als für die Kenntnis des Vmers beweispflichtig hält). Wenn allerdings feststeht, daß der Vmer objektiv die Unwahrheit gesagt hat, muß von ihm verlangt werden, daß er plausibel erklärt, wie es zu diesem Fehler gekommen ist. Erst wenn er nachvollziehbare Entschuldigungsgründe vorbringt, ist es wiederum Sache des Vers, diese zu widerlegen. Dem Ver wird nicht zugemutet, von vornherein alle nur denkbaren Entschuldigungsgründe auszuräumen (BGH 8. II. 1984 VersR 1984 S. 453-455). Macht der Vmer geltend, daß er Fragen des Vers, die in der Schadenanzeige nicht oder unrichtig beantwortet sind, z.B. nach Vorschäden, dem Vsagenten gegenüber 472

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VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 145

richtig beantwortet habe, so finden die Grundsätze der „ Auge und Ohr" - Rechtsprechung des BGH 11.XI. 1987 B G H Z 102 S. 194-199 = VersR 1988 S. 234, 23. V. 1989 VersR 1989 S. 833-834 (siehe dazu G 13) Anwendung. Der vom Ver zu führende Beweis der Obliegenheitsverletzung umfaßt den Nachweis, daß der Vmer den Agenten, der nicht nur bei der Antragstellung sondern auch im weiteren Verlauf des VsVertrages Auge und Ohr des Vers ist (vgl. G 116), n i c h t zutreffend unterrichtet hat. Dieser läßt sich durch die Vorlage des vom Vmer unterschriebenen Formulars allein nicht führen. Die Unterschrift stellt nur ein erschütterbares Indiz für die Richtigkeit der in der Schadenanzeige enthaltenen Angaben dar, das im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu bewerten ist (OLG Hamm 12. XI. 1991 VersR 1992 S. 729, zustimmend Schwintowski BK R N 256 zu § 6 und Prölss Beweislast Anm. 1 zu § 34). [G 143] b) Verschulden Hat der Ver den objektiven Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung bewiesen, ist es Sache des Vmers, sich von dem Vorwurf relevanten Verschuldens zu entlasten. Er muß also beweisen, daß er nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat (allgemeine Meinung BGH 24. III. 1976 VersR 1976 S. 849-850, 9. XI. 1977 VersR 1978 S. 74-78,13. IV. 1983 VersR 1983 S. 674-675 = r + s 1983 S. 126-129,21. IV. 1993 VersR 1993 S. 828-830 = r + s 1993 S. 321-323; O L G Hamm 18. VI. 1986 VersR 1987 S. 1233-1234; O L G Köln 5. VII. 1990 VersR 1991 S. 766-767; O L G Karlsruhe 19. V. 1994 VersR 1995 S. 696, 5. VI. 1997 VersR 1998 S. 975-976; Prölss Beweislast Anm. 6 zu § 6; Römer in Römer-Langheid R N 94 zu § 6). Wenn das Beweisergebnis die Möglichkeit offenläßt, daß die Obliegenheitsverletzung vorsätzlich begangen worden ist, ist vom Vorsatz des Vmers auszugehen (BGH 13. IV. 1983 a.a.O.). [G 144] c) Kausalität Gelingt es dem Vmer, den Vorwurf eines vorsätzlichen Handelns auszuräumen, bleibt aber der Vorwurf grobfahrlässigen Handelns bestehen, obliegt ihm der K a u s a l i t ä t s g e g e n b e w e i s , daß die Verletzung weder Einfluß auf die Feststellung des Vsfalles noch auf die Feststellung der Vsleistung dem Grunde und der Höhe nach hatte (BGH 4. V. 1964 VersR 1964 S. 709-712, 9. V. 1984 VersR 1984 S. 830-833 beide zur HaftpflV). Hat der Vmer sowohl die Obliegenheit nach § 21 N r 1 b) VHB 84, unverzüglich der Polizei ein Verzeichnis der abhandengekommenen Sachen einzureichen, die der Schadenminderung dient (vgl. G 103), wie diejenige nach § 21 Nr. l d ) VHB 84, dem Ver ein Verzeichnis der abhandengekommenen, zerstörten oder beschädigten Sachen vorzulegen, die Falschangaben zum Schadenumfang verhindern soll (BGH 10.11.1999 VersR 1999 S. 1004-1006 = r + s 1999 S. 205-207), grobfahrlässig verletzt, so wird er zwar häufig den Beweis nicht führen können, daß seine Unterlassung einen Fahndungserfolg der Polizei nicht verhindert hat, kann aber hinsichtlich der durch Brand oder Einbruch zerstörten und beschädigten Sachen den Kausalitätsgegenbeweis durch den Nachweis führen, daß die geltend gemachten Schäden trotz der verspäteten Auflistung tatsächlich entstanden sind (BGH a.a.O.). [G 145] d) Relevanz Ist von einem vorsätzlichen Verstoß auszugehen, kann die Leistungspflicht nach den Grundsätzen der R e l e v a n z r e c h t s p r e c h u n g des BGH (siehe dazu unter G108) dennoch bestehen bleiben, wenn es dem Vmer gelingt zu beweisen, daß der Johannsen/Johannsen

473

Anm. G 146

G. Obliegenheiten

Verstoß folgenlos geblieben ist ( B G H 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-833) oder ihm kein relevantes Verschulden an dem Verstoß zur Last fällt ( B G H 13. VII. 1977 VersR 1977 S. 1021-1022; O L G Hamburg 22. V. 1990 VersR 1992 S. 179 LS). Hingegen obliegt dem Ver die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß er den Vmer ausdrücklich und unmißverständlich über den Verlust seines Leistungsanspruchs auch für den Fall, daß die Obliegenheitsverletzung keinen Nachteil für den Ver hatte, belehrt hat. Denn die Belehrung hat in seiner Sphäre zu erfolgen ( B G H 8. V. 1967 VersR 1967 S. 593-594 zur K F Z HaftpflV, 30. XI. 1977 VersR 1978 S. 120-124 zur EDV). Das wird allerdings nur in Ausnahmefällen relevant, weil die Schadenanzeigen, mit deren Ubersendung der Vmer zur Aufklärung aufgefordert wird, vorgedruckte ordnungsgemäße Belehrungen zu enthalten pflegen. [G 146] e) Arglistige Täuschung Beruft der Ver sich auf Leistungsfreiheit wegen a r g l i s t i g e r T ä u s c h u n g , so hat er nach der Fassung der Bedingungen deren Voraussetzungen zu beweisen. Seine Beweislast umfaßt damit nicht nur die objektive Unrichtigkeit der Angaben sondern auch das Bewußtsein des Vmers von der Unrichtigkeit und seine Absicht, damit auf den Ver zu dessen Nachteil einzuwirken ( B G H 20. XI. 1970 VersR 1971 S. 142-144, 19.11.1981 VersR 1981 S. 446 = r + s 1981 S. 129-130, 24.1.2001 NVersZ 2001 S. 175177). Jedoch dürfen an die Beweisführung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Wenn feststeht, daß der Vmer in einem bedeutsamen Punkt die Unwahrheit gesagt hat, obliegt es ihm, eine Erklärung hierzu abzugeben. Kann er keine plausiblen Entschuldigungsgründe vortragen, wird die Annahme naheliegen, daß er die falschen Angaben gemacht hat, um eine ungerechtfertigte oder überhöhte Entschädigungsforderung durchzusetzen zu versuchen ( B G H 19.11.1981 a.a.O.). Falsch ist aber die Annahme des L G Nürnberg-Fürth 15.XII. 1978 r + s 1982 S. 238-240, es genüge für die Feststellung der Arglist ein erleichterter Beweis auf erste Sicht. Vielmehr ist immer die Uberzeugung des Richters, daß der Vmer arglistig getäuscht oder zu täuschen versucht hat, erforderlich. Zu Recht weist aber Prölss Beweislast Anm. 5 zu § 34 darauf hin, daß bei fehlendem Nachweis der arglistigen Täuschung die Leistungsfreiheit des Vers nicht ohne weiteres zu verneinen sei, weil der Vmer sich bei feststehenden unrichtigen Angaben von dem Vorwurf der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit entlasten müsse (G 143). Nach einigen Bedingungen, nämlich z. B. §§ 14 Nr. 2 S. 2 A F B 87,18 Nr. 3 V G B 62, 21 Nr. 1 V G B 88, 22 Nr. 1 V H B 84 und 92 gelten die Voraussetzungen der arglistigen Täuschung als bewiesen, wenn eine Täuschung durch rechtskräftiges Strafurteil wegen Betruges oder Betrugsversuchs festgestellt ist. Die Wirksamkeit dieser Bestimmungen sowie der vergleichbaren, nach denen die vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung des Schadens als bewiesen gilt, wenn sie durch ein rechtskräftiges Strafurteil wegen vorsätzlicher Brandstiftung festgestellt ist, nämlich §§ 14 Nr. 1 A F B 87, 18 Nr. 3 V G B 88,15 Nr. 3 AVB Waldbrandv (siehe dazu unter H 80 zu § 61) ist umstritten. Der B G H 21.X. 1981 VersR 1982 S. 81-82 hat eine entsprechende Bestimmung der AVB der landwirtschaftlichen Brandkasse Hannover für unbedenklich erklärt. Daß im Falle einer Verurteilung des Vmers wegen vorsätzlicher Brandstiftung Leistungsfreiheit vorgesehen sei, sei weder überraschend noch unangemessen. Der durchschnittliche, juristisch nicht vorgebildete Vmer erwarte nicht, daß er auch dann eine Entschädigung erhalte, wenn er wegen vorsätzlicher Brandstiftung bestraft worden sei. Es liege § 61 keineswegs die Auffassung zugrunde, daß es ein Gebot der Gerechtigkeit sei, daß der im Strafprozeß verurteilte Vmer im Zivilprozeß eine erneute Überprüfung des Vorwurfs verlangen könne (ebenso O L G Karlsruhe 16. IV. 1981 VersR 1983 S. 169-170; 474

Johannsen/Johannsen

VII. Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheit

Anm. G 146

O L G H a m m 3 1 . 1 . 1 9 8 6 VersR 1986 S. 1 1 7 7 - 1 1 7 8 ; L G K ö l n 1 7 . I X . 1 9 8 6 r + s 1987 5. 232; L G H a m b u r g 1 5 . 1 . 1 9 9 3 VersR 1994 S. 8 0 6 - 8 0 7 ) . In diesen Entscheidungen wird als zusätzliches Argument für die Angemessenheit der Regelung auf die im Strafverfahren gegebenen größeren Möglichkeiten der Sachaufklärung und die Verpflichtung der Ermittlungsbehörden und der Gerichte, von Amts wegen auch die zur E n t lastung des Angeklagten dienenden Umstände festzustellen und zu berücksichtigen, hingewiesen. D e m ist grundsätzlich zuzustimmen. J e d o c h ist in der zitierten R e c h t sprechung, wie auch z . T . in der Literatur (Sieg VersR 1995 S. 3 6 9 - 3 7 1 , 370; Martin 3 X II 23) die Wirksamkeit der Bestimmungen ausschließlich nach § 9 A G B G beurteilt und die speziellere Vorschrift des § 11 Ziff. 15 A G B G (jetzt § 309 Ziff. 12 B G B n . F . ) nicht erwähnt worden (Prölss Beweislast R N 9 zu § 34 und A n m . 4 zu §§ 14, 17 A F B 87 erwähnt zwar § 11 Nr. 15 A G B G , setzt sich aber nicht mit der Vorschrift auseinander). Aus § 11 Ziff. 15 A G B G (ebenso § 3 0 9 Ziff 12 B G B n.F.) folgt aber die U n w i r k samkeit der behandelten Beweislastregeln, wie Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 A n m . 3 zu § 14 A F B 87 zutreffend ausgeführt hat (ebenso Hansen Beweislast S. 57; O G H 6. X I . 1980 VersR 1982 S. 988 LS). D e n n danach ist in A G B unwirksam „eine

mung, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen

Bestim-

Vertragsteils

ändert. " Eine solche Beeinträchtigung der Beweislast liegt vor, wenn der Kunde in den A G B mit bestimmten Beweismitteln, insbesondere Zeugenbeweis ausgeschlossen wird oder wenn umgekehrt, nur bestimmte Beweismittel wie hier das Strafurteil zugelassen werden (Hensen in U l m e r - B r a n d n e r - H e n s e n A G B G 8 R N 11 zu § 11 Nr. 15). D a durch § 14 I I E G Z P O die Vorschriften außer Kraft gesetzt worden sind, die die bindende Kraft des strafgerichtlichen Urteils für den Zivilrichter regelten, gehört es zu den allgemeinen Regeln des Zivilprozesses, daß der Zivilrichter nicht an eine rechtskräftige Verurteilung im Strafverfahren gebunden ist ( B G H 22. I X . 1982 N J W 1983 S. 2 3 0 - 2 3 1 ) . E s gilt vielmehr der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, der in § 2 8 6 Z P O seinen Niederschlag gefunden hat und von dem zum Nachteil des Vmers abgewichen würde, wenn man ihm die Möglichkeit einer Beweisführung im Zivilprozeß abschneiden würde. Auch die Abweichung von der von der Rechtsprechung entwickelten Beweislastregel, daß der Ver die Arglist zu beweisen habe ( B G H 19.11.1981 VersR 1981 S. 446), stellt eine Änderung der Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils im Sinne von §§ 11 Ziff. 15 A G B G , 3 0 9 Ziff. 12 B G B n.F. dar ( B G H 8 . X . 1987 N J W 1988 S. 2 5 8 - 2 6 0 ) . D i e Folgen der Unwirksamkeit der behandelten Beweisvereinbarungen sind nicht besonders gravierend, weil die im Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse, insbesondere Vernehmungsprotokolle, im Zivilprozeß im Wege des Urkundenbeweises verwendet werden können ( B G H 12.11.1985 N J W 1985 S. 1 4 7 0 - 1 4 7 1 ) und sie häufig ausreichen werden, um den Zivilrichter davon zu überzeugen, daß der rechtskräftig verurteilte V m e r den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt oder den Ver bei den Verhandlungen über die Entschädigung arglistig getäuscht hat. Reichen aber in Ausnahmefällen diese Erkenntnisse und das Ergebnis einer etwaigen weiteren Beweisaufnahme nicht zur Uberzeugungsbildung des Richters aus, kann trotz einer rechtskräftigen Verurteilung des Vmers die Leistungspflicht des Vers bestehen. Auch nach der vom B G H 21. X . 1981 VersR 1982 S. 8 1 - 8 2 vertretenen Auffassung der Wirksamkeit der Bindung des Zivilrichters an das Strafurteil tritt diese nicht ein, wenn nicht der V m e r selbst sondern sein Repräsentant verurteilt worden ist. T r o t z der in den Bedingungen vereinbarten oder sich aus allgemeinen Grundsätzen ergebenden Regelung, daß das Verhalten des Repräsentanten dem des Vmers gleich stehe, sei es unbillig und verstoße gegen § 242 B G B , wenn der Vmer, der keinen Einfluß auf das Strafverfahren gegen den Repräsentanten habe und insbesondere nicht verhindern Johannsen/Johannsen

475

Anm. G 147

G . Obliegenheiten

könne, daß dieses durch Prozeßhandlungen negativ beeinflußt werde, dadurch in der Verfolgung seiner zivilrechtlichen Ansprüche präjudiziert würde. Macht der Vmer nach einer versuchten arglistigen Täuschung geltend, daß er vom Täuschungsversuch zurückgetreten sei, muß er beweisen, daß er dies freiwillig und nicht deshalb getan habe, weil der Täuschungsversuch ohnehin aufgedeckt worden wäre (BGH 8. II. 1984 VersR 1984 S. 453-455). Seine Beweislast umfaßt alle Umstände, die für die Würdigung, daß ein Rücktritt im Ausnahmefall nach Treu und Glauben die Leistungspflicht des Vers bestehen läßt (vgl. dazu G 137) erheblich sind. Schließlich muß der Vmer auch die Voraussetzungen einer Einschränkung der Leistungsfreiheit nach § 242 B G B beweisen, also insbesondere die erheblichen Auswirkungen der vollständigen Leistungsfreiheit auf seine wirtschaftliche Existenz und das Fehlen von Gewinnsucht oder Vorliegen anderer Umstände, aus denen sich ein geringerer Schuldvorwurf ergibt ( B G H 2. X. 1985 VersR 1986 S. 77-80; O L G Köln 30. VI. 1988 r + s 1988 S. 337-339; O L G Saarbrücken 9 . X . 1996 VersR 1996 S. 826). [G 147] f) Rückforderung der Versicherungsentschädigung Die dargestellten sich im wesentlichen aus § 6 III ergebenden Regeln über die Beweislastverteilung finden dann keine Anwendung, wenn der Ver nach Zahlung der Vsentschädigung in einem Rückforderungsprozeß Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung geltend macht. In diesem Fall muß der Ver, um die Voraussetzungen seines Anspruchs aus u n g e r e c h t f e r t i g t e r B e r e i c h e r u n g zu erfüllen, nach allgemeinen Grundsätzen beweisen, daß den Vmer an der Obliegenheitsverletzung ein relevantes Verschulden trifft ( B G H 14. XII. 1994 VersR 1995 S. 281-282 = r + s 1995 S. 81-82; O L G Köln 14.IX.1989 VersR 1989 S. 1073-1074, 18.11.1997 r + s 1997 S. 140-141; O L G Hamm 30. VI. 1995 r + s 1995 S. 441). Die Begründung des B G H a.a.O., daß die besondere Schutzbedürftigkeit des Vers, die § 6 III zu Grunde liege, nach Zahlung nicht mehr in gleicher Weise bestehe wie bei den Entschädigungsverhandlungen und von dem Vmer nicht mehr länger verlangt werden könne, für die Sicherung seiner Beweise zu sorgen, ist überzeugend (zustimmend auch Prölss in Prölss-Martin 26 Anm. 126 zu § 6; Schwintowski in B K R N 260 zu § 6).

VIII. Schadensabwendungs- und -minderungspflicht Gliederung: Schrifttum G 148 1. Allgemeines G 149 2. Inhalt der Rettungspflicht G 150-153 a) Spontane Maßnahmen des Vmers G 150 b) Weisungen des Vers G 151 c) Beginn und Ende der Rettungspflicht G 152 d) Obliegenheitsbelastete G 153 3. Rechtsfolgen der Verletzung der Rettungspflicht G 154 4. Beweislast G 155-157 a) Objektiver Tatbestand G 155 b) Verschulden G 156 c) Kausalität G 157

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5. Rettungskostenersatz G 158-166 a) Allgemeine Voraussetzungen G 158 b) Aufwendungen aa) Begriff G 159 bb) Insbesondere Körperschäden G 160 cc) Eigener Arbeitsaufwand des Vmers G 161 c) Vorschußpflicht und Fälligkeit G 162 d) Begrenzungen der Erstattungspflicht aa) durch die Vssumme G 163 bb) durch Unterv G 164 e) Einschränkungen des Rettungskostenersatzes durch AVB G 165 f) Beweislast G 166

Johannsen/Johannsen

Vili. Schadensabwendungs- und -minderungspflicht

[G 148]

Anm. G 149

Schrifttum

Beckmann r + s 1997 S. 2 6 5 - 2 7 1 , Büchner VersR 1967 S. 6 2 8 - 6 3 3 , Gallmeister NVersZ 2000 S. 5 0 5 - 5 0 7 , Hofmann VersR 1981 S. 1 0 8 - 1 0 9 , J o s t e n - H o r n Die Feuer-Industrie-V Karlsruhe 1999, Knappmann VersR 1989 S. 1 1 3 - 1 1 5 , Martin VersR 1968 S. 9 0 9 - 9 1 3 , Mayer VersR 1968 S. 1 1 2 8 - 1 1 3 0 , Möller ZVersWiss 1968 S. 5 9 - 8 1 , Müller VersR 2000 S. 5 3 3 - 5 3 7 , Reimer Schmidt ZVersWiss 1968 S. 8 1 - 9 5 , G. Schmidt Schadenminderung in der Feuer-Betriebsunterbrechungv Berlin 1965, Schneider Die Feuer-Betriebs-Unterbrechung-Versicherung Diss. Hamburg Frankfurt 1997, Schulz VersR 1994 S. 1 2 7 5 - 1 2 7 8 , Siebeck Die Schadenabwendungs- und -minderungspflicht des Versicherungsnehmers Karlsruhe 1963, Stange Rettungsobliegenheiten und Rettungskosten im Versicherungsrecht Karlsruhe 1995, Wente Kernprobleme des Sachversicherungsrechts Karlsruhe 1999 zitiert Wente Sachvsrecht, Wilkens Die Rettungspflicht Eine rechtsvergleichende Darstellung im deutschen, schweizerischen, französischen, italienischen und englischen Vsvertragsrecht Karlsruhe 1970, Woesner ZVerswiss 1960 S. 3 9 9 - 4 3 9 .

[G 149] 1. Allgemeines Der in § 62 geregelten S c h a d e n s a b w e n d u n g s - und M i n d e r u n g s p f l i c h t , auch Rettungspflicht genannt (auf die ausführliche Kommentierung von Möller in Bd II zu §§ 62, 63 wird verwiesen), kommt in der Feuerv besonders große Bedeutung zu. Denn es drohen unermeßliche Schäden, wenn Brände nicht rechtzeitig gelöscht und gefährdete Sachen nicht aus dem Gefahrenbereich von Bränden und Explosionen geschafft werden. Dieser Interessenlage trägt § 83 I 2 Rechnung, der anordnet, daß der Ver auch den Schaden zu ersetzen hat, der bei dem Brand durch Löschen, Niederreißen oder Ausräumen verursacht wird. Wegen des nicht nur für die Vertragsparteien sondern auch die Allgemeinheit bestehenden großen Interesses an dem Löschen von Bränden soll gewährleistet sein, daß der Ver den dadurch entstehenden Schaden auf jeden Fall ersetzt. Das gehört nach § 83 I 2 und den entsprechenden Vorschriften in den Bedingungen, z.B. §§ 1 IIIc) A F B 30, 1 Nr. l e ) A F B 87, zu seinen Hauptleistungspflichten, die unabhängig von den besonderen Voraussetzungen der §§ 62, 63 bestehen (vgl. dazu unter H 28). Nach § 62 I 1 ist der Vmer verpflichtet, bei dem Eintritt des Vsfalles nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen und dabei die Weisungen des Vers zu befolgen; er hat, wenn die Umstände es gestatten, solche Weisungen einzuholen. Diese gesetzliche Umschreibung der Rettungspflicht wird in den Bedingungen wörtlich wiederholt (so in §§ 13 Ib) A F B 30,13 Nr. 1 c) A F B 87,13 Nr. 1 b) V H B 66 und 74, 21 Nr. 2a) V H B 92,15 Nr. 1 b) V G B 62,20 Nr. 1 c) V G B 88, 15 Nr. l a ) der Neufassung 1999, sowie durch die Auferlegung besonderer Maßnahmen konkretisiert und ergänzt. So hat der Vmer nach § 13 Nr l d ) A F B 87 für zerstörte oder abhanden gekommene Wertpapiere oder sonstige aufgebotsfähige Urkunden unverzüglich das Aufgebotsverfahren einzuleiten und etwaige sonstige Rechte zu wahren, insbesondere abhanden gekommene Sparbücher und andere sperrfähige Urkunden unverzüglich sperren zu lassen (entsprechende Regelungen sind in §§ 13 Nr. 1 c) V H B 66 und 74 und 21 Nr. 1 d) V H B 92 enthalten). Auch die in §§ 13 Ia) A F B 30, 13 Nr. 1 b) A F B 87, 13 Nr. 1 a) V H B 66 und 72, 21 Nr. l c ) V H B 92, 15 Nr. l a ) V G B 62 und 20 Nr. l b ) V G B 88 sowie 15 Nr. l b ) der Neufassung 1999 geregelte Verpflichtung des Vmers, der Polizeibehörde binnen 3 Tagen bzw. unverzüglich eine Liste der abhanden gekommenen Sachen vorzulegen, gehört nicht nur zur Aufklärungsobliegenheit, sondern vornehmlich zur Schadenabwendungsund -minderungspflicht, denn sie soll polizeiliche Maßnahmen zur Wiedererlangung der Sachen erleichtern (Raiser 2 Anm. 8 zu § 14; B G H 8. II. 1984 VersR 1984 S. 429-431; O L G Hamm 22.1.1988 r + s 1988 S. 113). Johannsen/Johannsen

477

Anm. G 150

G. Obliegenheiten

Die Rettungspflicht ist eine Obliegenheit, die im Gesetz ausdrücklich als solche bezeichnet ist und deren Verletzungsfolgen sich vollständig aus dem Gesetz ergeben. Andere Sanktionen wie ein vertraglicher Schadenersatzanspruch kommen daneben nach herrschender Ansicht nicht in Betracht (Möller in Bd II Anm. 4 - 6 und 41 zu § 62; Voit in Prölss-Martin 26 R N 33 zu § 62; Beckmann in BK R N 55 zu § 62). Die Auffassung von Raiser2 Anm. 39 zu § 14, daß der Vmer wegen Verletzung der Rettungspflicht dann Schadenersatz zu leisten habe, wenn Leistungsfreiheit deshalb nicht eintrete, weil der Verstoß nicht grob fahrlässig erfolgt sei, widerspricht dem Gesetzeszweck und wird auch sonst heute nicht mehr vertreten.

2. Inhalt der Rettungspflicht [G 150] a) Spontane Maßnahmen des Versicherungsnehmers Zum I n h a l t der Rettungspflicht gehören alle Maßnahmen, die dem Vmer in der gegebenen Situation als geboten erscheinen, so beim Auftreten eines Brandes in erster Linie die Benachrichtigung der Feuerwehr, vor deren Erscheinen eigene Löschtätigkeit und das Fortschaffen von vom Feuer bedrohter Gegenstände. Es kommen weiter in Betracht das Niederreißen von Mauern, das Trocknen von vom Löschwasser beschädigter Sachen, das Errichten von Notdächern und die Bewachung abgebrannter Gebäude (OLG Hamm 6. V. 1983 VersR 1984 S. 175-176, Stange S. 72). Der Vmer muß die in der Situation möglichen und zumutbaren Rettungsmaßnahmen unverzüglich ergreifen und dabei so handeln, als wenn er nicht vert wäre (BGH 12.VII. 1972 VersR 1972 S. 1039-1040, O L G Hamburg 17.XI.1983 VersR 1984 S. 258-259). Es kommt nicht darauf an, ob die Maßnahmen bei einer später rückschauend getroffenen Betrachtung tatsächlich zum Erfolg geführt hätten, sondern ob sie in dem Zeitpunkt, in dem sie hätten vorgenommen werden können, bei vernünftiger Überlegung des Vmers Aussicht auf Erfolg geboten hätten (OLG Hamburg 17. XI. 1983 VersR 1984 S. 258-259, 24. V. 1984 VersR 1984 S. 1088). So hat der BGH 12. VII. 1972 VersR 1972 S. 1039-1040 zur H a f t p f l i c h t von einem Vmer, der eine brennbare Wandbespannung vorsätzlich in Brand gesetzt, aber mit Personenschäden nicht gerechnet hatte, verlangt, daß er nach Kenntnisnahme von der Anwesenheit von Menschen unverzüglich Maßnahmen zu ihrer Rettung ergreife, auch wenn bei rückschauender Betrachtung der Rettungsversuch keinen Erfolg mehr gehabt hätte. Denn der Vmer solle durch § 62 angehalten werden, die Entwicklung des Schadens nicht mit Blick auf die bestehende Deckung sich selbst zu überlassen, sondern in jedem Fall um seine Abwendung oder Eindämmung bemüht sein. Es komme dabei auf das Ziel, nicht auf den Erfolg an (BGH a.a.O.). Der Vmer braucht jedoch keine Rettungsversuche zu unternehmen, die von vornherein als sinnlos erscheinen, wie z.B. das Ersticken von Flammen mit Kleidungsstücken, wenn sich der Brand bereits auszubreiten beginnt. In solchen Fällen muß er aber andere ihm mögliche Maßnahmen ergreifen, wie den Einsatz eines Feuerlöschers oder Wasserschlauchs oder das Herbeirufen der Feuerwehr. Aus der gesetzlichen Formulierung „nach Möglichkeit" ergibt sich auch, daß der Vmer nur solche Maßnahmen zur Abwendung und Minderung des Schadens zu treffen hat, die ihm zumutbar sind. Die Grenze des Zumutbaren ergibt sich aus Treu und Glauben. Insbesondere braucht der Vmer sich nicht selbst in Gefahr zu bringen (OLG Karlsruhe 16. X. 1993 VersR 1993 S. 468-470 = r + s 1994 S. 286-289; Voit in Prölss-Martin 26 R N 13 zu § 62; Beckmann in BK R N 25 zu § 62). So braucht er nicht selbst zu löschen, wenn explosive Stoffe in Brand geraten sind, und nicht seinen Hausrat aus dem bereits vom Einsturz bedrohten Haus herauszuholen. Die Zumutbarkeit entscheidet auch darüber, ob 478

Johannsen/Johannsen

V i l i . Schadensabwendungs- und -minderungspflicht

Anm. G 151

der Vmer unverte Sachen vor den verten retten darf. Das ist in aller Regel zu bejahen (Voit a.a.O. R N 14; Stange S. 66; Wussow 2 Anm. 11 zu § 13). Ausnahmen sind denkbar, wenn die verten Sachen erheblich wertvoller sind (vgl. dazu Raiser 2 Anm. 9 zu In der F e u e r b e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g s v muß der Vmer, weil sich das Schadenereignis über einen längeren Zeitraum erstreckt, besonders umfangreiche Maßnahmen zur Minderung des Unterbrechungsschadens treffen. Er muß sich nämlich darum bemühen, daß die volle Betriebsleistung möglichst schnell wiederhergestellt wird und zu diesem Zweck z. B. Maschinen und Fertigungseinrichtungen provisorisch in Stand setzen, beschleunigt Ersatz für durch den Brand beschädigte Betriebseinrichtungen und Rohstoffe beschaffen und eventuell halbfertige Produkte durch andere Firmen fertigstellen lassen. Daneben kommen kostensenkende Maßnahmen, wie z.B. - falls rechtlich zulässig - die Entlassung von Arbeitnehmern und eine verstärkte Werbetätigkeit in Betracht (vgl. im einzelnen hierzu Stange S. 73 f, Schneider S. 190; G. Schmidt Schadenminderung in der Feuerbetriebsunterbrechungsv und unter Κ 45). Auch hier bedarf es einer sorgfältigen Abwägung, welche Maßnahmen dem Vmer nach Treu und Glauben zugemutet werden können. [G 151] b) Weisungen des Versicherers Neben der Obliegenheit, den Schaden durch eigene Maßnahmen abzuwenden oder zu mindern, begründet § 62 die Obliegenheit des Vmers, Weisungen des Vers zu befolgen und, wenn die Umstände es gestatten, solche Weisungen einzuholen. Grundlage des Weisungsrechts des Vers ist der Vsvertrag. Es ist gerechtfertigt wegen der aus der Abwicklung einer Fülle von Vsfällen gewonnenen Sachkompetenz des Vers. Weisungen sind formlose, einseitige empfangsbedürftige Erklärungen des Vers, aber keine Willenserklärungen, wie O L G Hamburg 17. XI. 1983 VersR 1984 S. 258-259 und Siebeck S. 81 annehmen. Der Vsvertrag soll durch sie nicht abgeändert werden. Sie sind aber von bloßen Ratschlägen und Empfehlungen zu unterscheiden, die der Vmer nicht zu befolgen braucht. Bei der Auslegung von entsprechenden Äußerungen des Vers ist auf den Empfängerhorizont des Vmers abzustellen, dem die Unterschiede zwischen Weisungen und bloßen Ratschlägen und Empfehlungen nicht immer deutlich sein werden. Die Weisungen können einen positiven Inhalt haben, z.B. die Anweisung, den Brandschutt wegzuräumen, wie auch einen negativen, z.B. das Gebot, an der Brandstelle nichts zu verändern. U m Weisungen erteilen zu können, muß der Ver über den Vsfall informiert sein. Dafür genügt nicht, daß der Vmer gemäß § 33 Anzeige von dem Vsfall erstattet, wofür eine eingehende Schilderung nicht erforderlich ist (vgl. G 101), sondern er muß die genaueren Umstände mitteilen, aus denen sich für den Ver ergibt, ob die Erteilung von Weisungen angebracht ist. Das gilt allerdings nur, wenn die zeitlichen Umstände es gestatten, daß der Vmer sich wegen der Erteilung von Weisungen an den Ver wendet. Sind Rettungsmaßnahmen sofort geboten, wie es bei Bränden meistens der Fall ist, muß der Vmer selbst entscheiden, welche Maßnahmen, zu treffen sind, und beschränkt sich das Weisungsrecht des Vers auf spätere Maßnahmen, z.B. im Rahmen der Aufräumarbeiten. In der Industriefeuerv spielt die Vermeidung von Umweltschäden durch bei Bränden und Explosionen ausgetretene Schadstoffe eine große Rolle (vgl. dazu Josten-Horn Feuerindustriev S. 254-285). Die hierfür von den Vern auf Grund von Sachverständigengutachten entwickelten Sanierungskonzepte hat der Vmer einzuhalten ( L G Düsseldorf 14. VIII. 2000 r + s 2001 S. 35 zur Reinigung chloritbelasteter Sachen). Der Ver ist mangels einer gesetzlichen oder vertraglichen Grundlage zur Johannsen/Johannsen

479

Anm. G 152

G. Obliegenheiten

Erteilung von Weisungen nicht verpflichtet (Raiser2 Anm. 13 zu § 14; Stange S. 88; Voit in Prölss-Martin 26 R N 25 zu § 62; Langheid in Römer-Langheid R N 10 zu § 62; a. A. Wussow 2 Anm. 12 zu § 13, der annimmt, daß für den Ver eine echte Rechtspflicht zur Erteilung von Weisungen besteht). Das gilt auch für den Fall, daß der Vmer ausdrücklich um die Erteilung einer Weisung bittet und dem Ver darlegt, welche Maßnahmen er zu ergreifen gedenkt. Weigert der Ver sich aber in einem solchen Fall, eine Weisung zu erteilen oder sich überhaupt zu dem beabsichtigten Vorgehen des Vmers zu erklären, so kann er dem Vmer nach Treu und Glauben nicht später entgegenhalten, daß die getroffene Maßnahme eine Obliegenheitsverletzung darstelle, und muß die Aufwendungen hierfür gemäß § 63 ersetzen ( O G H 20. IV. 1978 VersR 1979 S. 72; Voit a.a.O.). Weisungen des Vers muß der Vmer grundsätzlich befolgen. Als Ausnahme ist gesetzlich geregelt, daß mehrere beteiligte Ver unterschiedliche Weisungen erteilen, § 62 I 2; in diesem Fall hat der Vmer nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen zu handeln. Er braucht die Weisung aber auch dann nicht zu befolgen, wenn mit ihr etwas Unzumutbares verlangt wird, wie z. B. Rettungsmaßnahmen, die mit Gefahr für Leib oder Leben verbunden (Raiser2 Anm. 12 zu § 14; Beckmann in BK R N 32 zu § 62) oder offensichtlich zweck- und sinnlos sind (BGH 12. VII. 1972 VersR 1972 S. 1039-1040). Der Vmer darf aber die Befolgung einer Weisung nicht deshalb verweigern, weil er sie für unzweckmäßig hält (BGH 26. IX. 1984 VersR 1984 S. 1161-1162; Voit a.a.O. R N 28; Stange S. 105). Er darf in diesem Fall nicht untätig bleiben, sondern muß versuchen, den Ver durch sachkundige Einwände von der Unzweckmäßigkeit zu überzeugen. Gelingt ihm dies nicht und befolgt er die unzweckmäßige Weisung und erleidet dadurch Schaden, ist der Ver zum Schadenersatz verpflichtet (RG 17.11.1928 RGZ 120 S. 182-183; B G H a.a.O.; Raiser2 Anm. 13 zu § 14; Stange S. 106; Langheid in Römer-Langheid R N 10 zu § 62). Eine fehlerhafte Weisung kann z.B. darin bestehen, daß der mit der Schadensfeststellung beauftragte Sachverständige, für dessen Verhalten der Ver gemäß § 278 BGB einzustehen hat, auf Grund unzureichender Untersuchungen eine Reinigung der brandbeschädigten Anlagen angeordnet hat, obwohl diese Maßnahme zur Brandsanierung nicht ausreichend und geeignet war. In solch einem Fall kann für den Vmer ein die Vsleistung übersteigender Anspruch aus positiver Forderungsverletzung in Betracht kommen (BGH a.a.O.). [G 152] c) B e g i n n und E n d e der Rettungspflicht Die gesetzliche Regelung läßt die Verpflichtung zur Abwendung und Minderung des Schadens entstehen „bei Eintritt des Vsfalles". Aus dieser von der sonst für Obliegenheiten üblichen Einordnung „ vor dem Eintritt des Vsfalles" und „nach dem Eintritt des Vsfalles", vgl. § 6, abweichenden Formulierung leitet die herrschende V o r e r s t r e c k u n g s t h e o r i e ab, daß die Rettungsobliegenheit bereits vor dem Eintritt des Vsfalles einsetze, nämlich bereits dann, wenn dieser unmittelbar bevorstehe (BGH 6. II. 1985 VersR 1985 S. 656-658; 20. II. 1991 BGHZ 113 S. 359-362 = VersR 1991 S. 459-460 = r +s 1991 S. 116-117,13. VII. 1994 VersR 1994 S. 1181-1182 = r + s 1994 S. 326-327; O G H 30. IX. 1998 VersR 1999 S. 1263-1264; O L G Hamm 29. XI. 1989 r + s 1990 S. 263-264, 17.1.1990 r + s 1990 S. 226-227; O L G Schleswig 12.IX.1990 r + s 1991 S. 11-13; 27.VI.1994 r + s 1994 S. 450^51; O L G Nürnberg 11. VII. 1991 VersR 1992 S. 180 = r + s 1991 S. 297; 17. XII. 1992 VersR 1993 S. 1476-1477; O L G Karlsruhe 16. IX. 1993 VersR 1994 S. 468-470 = r + s 1994 S. 286-289; O L G Düsseldorf 5.X.1993 VersR 1994 S. 592-593 = r + s 1993 S. 450-451; O L G Braunschweig 14.X. 1993 VersR 1994; O L G Oldenburg 2. VI. 1999 VersR 2000 S. 968-969; Möller in Bd II Anm. 29 zu § 62; Raiser2 Anm. 10 zu § 14; Wilkens S. 59-63; Stange 480

Johannsen/Johannsen

Vili. Schadensabwendungs- und -minderungspflicht

Anm. G 152

S. 20-41, 31; Martin3 W II 33; Beckmann r + s 1997 S. 265-271,268; Müller VersR 2000 S. 533-537; a. A. Wussow2 Anm. 9 zu § 13; Siebeck S. 60-73; Hofmann VersR 1981 S. 108-109; Mayer VersR 1989 S. 1128-1130; kritisch auch Voit in Prölss-Martin 26 R N 3-8 zu § 62). Obwohl der Wortlaut von § 62 allein nicht zwingend fordert, daß die Rettungsobliegenheit bereits vor dem Eintritt des Vsfalles zu erfüllen ist, weil er auch die Auslegung zuläßt, daß der Vsfall bereits begonnen haben müsse, ist der Vorerstreckungstheorie jedenfalls für die Sachv zu folgen (für die Haftpflichtv gelten wegen § 152 andere Verhältnisse; für sie hat der B G H 30. IV. 1969 B G H Z 52 S. 86-93 = VersR 1969 S. 694 und 29. V. 1970 VersR 1970 S. 732-733 zunächst eine Vorerstreckung der Rettungsobliegenheit ausdrücklich abgelehnt, aber in der Entscheidung vom 20.11.1991 B G H Z 113 S. 359-362 = VersR 1991 S. 459-460 = r + s 1991 S. 116-117 diese Frage wieder ausdrücklich offengelassen, vgl. dazu Johannsen in Bd IV F 76 und O L G Hamburg 4. III. 1998 VersR 1998 S. 968-970; L G Oldenburg 5. XI. 1997 VersR 1998 S. 965-966 mit Anm. von Pflüger). Die Wortlautauslegung wird nämlich einerseits unterstützt durch die historische Auslegung, weil die im Entwurf zum W G vorgesehene Formulierung der Rettungsobliegenheit, „der Versicherte ist verpflichtet, nach dem Eintritt des Vsfalles für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgenim Gesetzgebungsverfahren geändert wurde in die jetzt geltende Fassung des Gesetzes (vgl. zu den Einzelheiten Stange S. 34-35). Zum anderen aber erfordern vor allen Sinn und Zweck der Rettungsobliegenheit ihre wenn auch nur kurzfristige Vorerstreckung. Denn es soll der Vsschaden durch sie nicht nur gemindert sondern möglichst ganz abgewendet werden. Das ist aber nur möglich, wenn die Obliegenheit bereits eingreift, wenn der Schaden noch nicht eingetreten ist. Das ist besonders augenfällig in der Feuerv, für die die Vorerstreckungstheorie von der Literatur ursprünglich entwickelt worden ist (Bruck 7 Anm. 3 zu § 62 und Lehrbuch S. 343; Gerhard-Hagen Anm. 4 zu §§ 62, 63). Brennt das nahestehende Nachbarhaus des verten Gebäudes und droht das Feuer auf dieses überzugreifen, so erfordern sowohl das eigene Interesse des Vmers an der Erhaltung seines Hauses wie das Interesse des Vers, nicht für einen Vsfall aufkommen zu müssen, daß der Vmer Rettungsmaßnahmen ergreift. Die Verhinderung des Ubergreifens des Feuers auf sein Haus ist wirtschaftlich vernünftiger, als wenn der Vmer abwartet, bis sein Haus zu brennen anfängt und erst dann Rettungsmaßnahmen vornimmt. Ähnlich liegt es, wenn ein Vmer in einer Scheune gelagerte Heuballen, die durch Selbstentzündung in Brand zu geraten drohen, zur Vermeidung des Brandes auslagert (OLG Oldenburg 2. VI. 1999 VersR 2000 S. 968-969 = NVersZ 2000 S. 290-291). Es ist auch interessegerecht, dem Vmer zum Ausgleich dafür, daß er in diesem Fall sofort Rettungsmaßnahmen ergreift, Aufwendungsersatz nach § 63 zuzubilligen. Ob er diesen auch ohne Vorerstreckung der Obliegenheit auf Grund einer „ interessengerechten " Auslegung des § 63 beanspruchen kann, wie Voit in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 62 annimmt, erscheint zweifelhaft, denn § 63 bezieht sich auf Aufwendungen, „die der Vmer gemäß § 62 macht", und schließt damit nicht ohne weiteres Aufwendungen aufgrund einer irrig aber vernünftigerweise angenommenen Verpflichtung ein. Entgegen der Auffassung der Kritiker der Vorerstreckung läßt sich diese auch zeitlich eingrenzen. Die allgemein verwandte Formulierung, daß der Vsfall unmittelbar bevorstehen müsse, ist vom B G H 13. VII. 1994 VersR 1994 S. 1181-1182 = r + s 1994 S. 326-327 dahin erläutert worden, daß der Begriff der Unmittelbarkeit je nach Art und Umfang des bevorstehenden Schadens und je nach Vsart unterschiedlich beurteilt werden müsse. Er diene der Abgrenzung zwischen Sacherhaltungskosten, die der Vmer selbst zu tragen habe, und den nach § 63 vom Ver zu erstattenden Rettungskosten. Generell sei mit unmittelbar gemeint, daß der Vsfall in kurzer Zeit und mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne die Rettungsmaßnahmen eintreten werde. Sein Eintreten müsse „auf der Hand" liegen. Dem entspricht es, wenn Raiser 2 Anm. 10 zu § 14 Johannsen/Johannsen

481

Anm. G 153

G . Obliegenheiten

für die Feuerv formuliert, daß es ausreiche, wenn das Übergreifen der Feuers m i t g r o ß e r W a h r s c h e i n l i c h k e i t bevorstehe, oder nach Martin SVR 3 Β I 15 e r n s t h a f t zu b e f ü r c h t e n sei. Zu beachten ist allerdings, daß die Anwendung der Vorerstreckungstheorie für den Vmer den von Voit a.a.O. R N 6 hervorgehobenen Nachteil haben kann, daß er im Falle einer Verletzung der Rettungspflicht nach § 62 beweisen muß, daß er nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat, während bei Anwendung des § 61 die Beweislast den Ver trifft. Eine Konkurrenz beider Vorschriften kann nämlich in Betracht kommen, wenn der Vmer den Vsfall durch Unterlassen vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt. Obwohl § 61 keine allgemeine Schadensverhütungspflicht begründet, kann die Vorschrift verwirklicht werden, wenn der Vmer trotz dringender Gefahr die ihm möglichen, geeigneten und zumutbaren Maßnahmen zum Schutz des vten Gegenstandes nicht ergriffen hat ( B G H 14. IV. 1976 VersR 1976 S. 649-651, 5 . X . 1983 VersR 1984 S. 25-26). Geschieht dies in einem Zeitpunkt, in dem der Eintritt des Vsfalles unmittelbar bevorsteht, greift § 62 als speziellere Regelung ein mit der Folge, daß der Vmer sich entlasten muß (im Ergebnis ebenso O G H 30. I X . 1998 VersR 1999 S. 1263-1264 und Stange S. 37, der aber meint, daß beide Vorschriften nicht nebeneinander anwendbar seien, anders aber B G H 14. IV. 1976 VersR 1976 S. 649-651). Voit a.a.O. R N 8 verlangt, daß die Anwendung von § 62 so gehandhabt werden müsse, daß die Benachteiligung des Vmers vermieden werde, also der Ver für den Zeitraum der Vorerstreckung das Verschulden beweisen müsse. Obwohl bei einer Gesamtbetrachtung der auf einen geringfügigen Zeitraum beschränkte Beweisnachteil durch die Vorteile der Vorerstreckungstheorie für den Vmer mit der Gewährung von Rettungskostenersatz als ausreichend kompensiert erscheint, ist diese Forderung berechtigt (vgl. dazu unter G 166). Die Rettungspflicht ist eine Dauerobliegenheit, die zeitlich unbeschränkt solange besteht, solange der Schaden abgewendet oder gemindert werden kann. Normalerweise findet sie ihr Ende mit dem Abschluß der Schadenregulierung, kann aber noch fortbestehen, nachdem der Ver eine Entschädigung ganz oder teilweise geleistet hat ( O G H 19. IV. 1979 VersR 1980 S. 591-592). Sie endet aber dann, wenn eine Rettung nicht mehr möglich ist oder die vom Vmer getroffene Maßnahme ihren Zweck, die Abwendung oder Minderung des Schadens, erreicht hat. Ein vorzeitiges Ende der Rettungspflicht tritt ein, wenn der Ver seine Leistungspflicht endgültig ablehnt. Denn der Vmer hat Obliegenheiten nur solange zu erfüllen, als er es mit einem noch prüfungs- und verhandlungsbereiten Ver zu tun hat. Nur bis zu seiner Erklärung, eine Leistung abzulehnen, besteht die besondere Schutzbedürftigkeit des Vers, der mit der Sanktion der Leistungsfreiheit Rechnung getragen werden darf ( B G H 7. VI. 1989 VersR 1989 S. 842-844). [G 153] d) Obliegenheitsbelastete In erster Linie obliegt die Abwendung und Minderung des Schadens dem Vmer, bei mehreren Vmern jedem von ihnen mit der Folge, daß bei Verletzung der Obliegenheit durch einen von ihnen die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit alle Vmer trifft. Den Repräsentanten des Vmers trifft zwar, obwohl er in einigen Vsbedingungen, wie § 17 A F B 87, für die Rettungspflicht dem Vmer gleichgestellt ist, keine eigene Verpflichtung; unterläßt er aber die gebotenen Maßnahmen oder leistet er einer Weisung des Vers nicht Folge, tritt Leistungsfreiheit gegenüber dem Vmer ein. Bei der V für fremde Rechnung obliegt es sowohl dem Vmer wie dem Vten, den Schaden abzuwenden oder zu mindern ( O L G Hamburg 17. X I . 1983 VersR 1984 S. 258-259; Möller Bd II Anm. 25 zu § 62; Sieg in Bd II Anm. 7 zu § 79; Raiser 3 Anm. 25 482

Johannsen/Johannsen

V i l i . Schadensabwendungs- und -minderungspflicht

Anm. G 154

zu § 13; Wussow 2 Anm. 13 zu § 12; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 6 zu § 75; Römer in Römer-Langheid R N 9 zu §§ 75, 76; Beckmann in B K R N 44 zu § 62). Grundpfandgläubiger sind keine Vte, sie trifft die Rettungspflicht nicht ( B G H 19.11.1981 VersR 1981 S. 5 2 1 - 5 2 3 ; Möller in Bd II Anm. 25 zu § 62; Sieg C 28; Reimer Schmidt O b liegenheiten S. 281; Raiser 2 Anm. 11 zu § 14; Stange S. 118; a. A. Kollhosser in PrölssMartin 2 6 R N 5 zu § 102, der ohne nähere Begründung annimmt, daß den Hypothekengläubiger alle Obliegenheiten aus dem Vsvertrag treffen, sowie Siebeck S. 26 unter Hinweis auf ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Realgläubiger und Ver). Das Gesetz hat ihnen lediglich die Obliegenheit zur Anzeige der Wohnungsänderung in § 107 a auferlegt. Ernsthaft diskutiert wird die Frage, ob das bei Anmeldung der Hypothek im Falle von §§ 102 I, 103 begründete gesetzliche Schuldverhältnis zwischen Ver und Realgläubiger letzteren zur Erfüllung der Rettungsobliegenheit verpflichtet, weil er zwar nicht Vertragspartei aber „im höchsten Grade Vertragsinteressent" geworden sei, wenn der Ver gegenüber dem Vmer leistungsfrei sei (Reimer Schmidt, Möller a.a.O.). Dagegen spricht aber, daß der Realgläubiger durch die gesetzliche Regelung gerade geschützt werden soll und ihm nicht zusätzliche Lasten auferlegt werden sollen (so auch Stange a.a.O. mit ausführlicher Begründung und unter J 56). Es handelt sich im übrigen, wie Reimer Schmidt a.a.O. einräumt, nur um eine rein theoretische Frage, da die Realgläubiger wegen der fehlenden Nähe zum verten Grundstück in aller Regel keinen Einfluß auf Maßnahmen zur Abwendung und Minderung eines Schadens nehmen können. Auch durch die Abtretung, Verpfändung und Pfändung der Vsforderung wird die Verantwortlichkeit des Vmers für die Erfüllung der Rettungspflicht nicht berührt.

[G 154] 3. Rechtsfolgen der Verletzung der Rettungspflicht § 62 II ordnet für den Fall der Verletzung der Obliegenheiten nach Abs. I, die dadurch verwirklicht werden kann, daß der Vmer entweder a) notwendige Rettungsoder Schadenminderungsmaßnahmen unterläßt, b) Weisungen nicht einholt oder c) Weisungen zuwiderhandelt, Leistungsfreiheit an, es sei denn, daß die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Während die mit einfacher Fahrlässigkeit begangene Verletzung sanktionslos bleibt, ist der Ver bei grobfahrlässiger Verletzung zur Leistung insoweit verpflichtet, als der Umfang des Schadens auch bei gehöriger Erfüllung der Obliegenheit nicht geringer gewesen wäre. V o r s a t z setzt Kenntnis von dem Vsfall und der Möglichkeit, den Schaden durch Rettungsmaßnahmen abwenden oder mindern zu können, voraus ( B G H 6. V I . 1966 VersR 1966 S. 7 4 5 - 7 4 8 und 29. V. 1970 VersR 1970 S. 732-733 zur K F Z Haftpflv). In den modernen Feuervsbedingungen, §§ 13 Nr. 3 A F B 87, 21 Nr. 3 V H B 92, 20 Nr. 3 V G B 88, 15 Nr. 2 der Neufassung 1999, ist die harte Rechtsfolge des Entfallens jeder Entschädigung aus dem Vsvertrag bei vorsätzlicher Verletzung durch Übernahme der Grundsätze der Relevanzrechtsprechung (vgl. dazu unter G 108) abgemildert worden. Allerdings ist die Übernahme nicht vollständig erfolgt, da die Bedingungen die Leistungspflicht nur bestehen lassen, wenn die folgenlose Verletzung nicht geeignet war, die Interessen des Vers ernsthaft zu beeinträchtigen und wenn a u ß e r d e m den Vmer kein erhebliches Verschulden trifft, obwohl nach der Rechtsprechung des B G H es ausreicht, wenn eine dieser Voraussetzungen gegeben ist ( B G H 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832). Die Bedingungen werden aber vom B G H a.a.O. im Sinne einer konsequenten Übernahme der Relevanzrechtsprechung interpretiert (vgl. dazu unter G 65). Soweit noch ältere Bedingungen gelten, führt die Anwendung der RelevanzrechtJohannsen/Johannsen

483

Anm. G 154

G. Obliegenheiten

sprechung ebenfalls dazu, daß vollständige Leistungsfreiheit wegen folgenloser vorsätzlicher Verletzung von § 62 selten eintreten wird (BGH 9. II. 1972 VersR 1972 5. 363-365 zur Kfz-Haftpflichtv). Zu Unrecht hat das O L G Hamburg 17. XI. 1983 VersR 1984 S. 258-259 dem Vmer jede Entschädigung versagt, der entgegen einer Weisung des Speditionsvers, zunächst staatliche Stellen einzuschalten, im Verhandlungswege durch Einsatz von D M 25 000,verschwundene Güter im Wert von D M 300000,- zurückerlangt hat. Eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung lag zwar vor, weil die Weisung bindend war. Der folgenlose, im Ergebnis für den Ver vorteilhafte Verstoß war aber in dem Bewußtsein begangen worden, daß im Falle erfolgreicher Verhandlung dem Ver eine hohe Entschädigungsleistung erspart werden würde; deshalb lag weder eine ernsthafte Interessenbeeinträchtigung noch ein erhebliches Verschulden vor (im Ergebnis ebenso Stange S. 127, der in der Berufung des Vers auf § 62 II einen Verstoß gegen § 242 BGB sieht). Vorsätzliche Verletzungen der Rettungspflicht kommen in der Praxis der Feuerv kaum vor. Die in der Literatur (von Siebeck S. 85; Wilkens S. 86) diskutierten Fälle, in denen der Vmer einen Brand erst entdeckt, nachdem schon 90 % seines Hauses zerstört sind, und vorsätzlich nichts unternimmt, sind rein theoretisch. Denn jeder Vmer wird sein Untätigbleiben mit vorsatzausschließendem Erschrecken und dadurch bedingter kurzfristiger Handlungsschwäche erklären können. Auch bei Annahme von Vorsatz tritt aber nach den Grundsätzen der Relevanzrechtsprechung entgegen der Auffassung von Siebeck und Wilkens a.a.O. vollständige Leistungsfreiheit nicht ein, wenn eine Rettungsmaßnahme zu diesem Zeitpunkt nicht mehr von wirtschaftlicher Bedeutung gewesen wäre. Für die Fälle, in denen der Vmer vorsätzlich von ihm erteilten Weisungen abweicht, erscheint es als angemessen, Leistungsfreiheit nur dann eintreten zu lassen, wenn der Ver ihn über diese Rechtsfolge belehrt hat. Die von der Rechtsprechung des B G H zu den Aufklärungsobliegenheiten entwickelte Belehrungspflicht des Vers (vgl. dazu unter G 134) ist auch hier gerechtfertigt, weil einem durchschnittlichen, über keine besonderen vsrechtliche Kenntnisse verfügenden Vmer in aller Regel nicht bekannt ist, daß er den Vsschutz durch einen vorsätzlichen Verstoß gegen ihm erteilte Weisungen auch dann verlieren kann, wenn dieser folgenlos bleibt. Das kommt z.B. in Betracht, wenn die Weisung zwar nicht offensichtlich sinnlos aber unzweckmäßig war, nämlich in einem unzureichenden Sanierungsvorschlag bestand (wie in dem Fall B G H 26. IX. 1984 VersR 1984 S. 1160-1162, vgl. G 151, in dem der Vmer dem Vorschlag gefolgt ist und nach Auffassung des B G H zur Vermeidung des Verlustes seines Anspruchs trotz besserer Erkenntnis folgen mußte). Die Interessenlage des Vmers, vom dem die Befolgung von Weisungen verlangt wird, entspricht der des Vmers, der zur Aufklärung nach § 34 aufgefordert wird, und es ist dem Ver auch zumutbar, zusammen mit den Weisungen eine entsprechende Belehrung zu erteilen. Bei einem dolosen Verhalten des Vmers, wenn er z. B. die Löscharbeiten behindert, um die volle Vsentschädigung zu erhalten, oder verte Sachen in das Feuer wirft, kommt völlige Leistungsfreiheit des Vers in Betracht. Etwas häufiger sind die Fälle g r o b f a h r l ä s s i g e r Verletzung der Rettungsobliegenheit durch Verkennung der Möglichkeiten zur Abwendung oder Minderung des Schadens, durch Nichteinholung von Weisungen oder Mißachtung von für sinnlos gehaltenen Weisungen. Die für grobe Fahrlässigkeit (zum Begriff siehe unter G 82) neben dem objektiven besonders schweren Pflichtenverstoß erforderliche subjektive Komponente kann dazu führen, daß der schwere Schuldvorwurf wegen Annahme einer mit den Rettungsmaßnahmen verbundenen Gefahrensituation entfällt (BGH 6. V. 1985 VersR 1985 S. 730-731 zur Yachtkaskov). Auch eine durch starken Alkohol484

Johannsen/Johannsen

V i l i . Schadensabwendungs- und -minderungspflicht

A n m . G 155

genuß beeinträchtigte Reaktionsfähigkeit kann neben Aufregung und Schrecken den Vorwurf grober Fahrlässigkeit entfallen lassen (BGH 12. VII. 1972 VersR 1972 S. 1039-1040 = NJW 1972 S. 1809-1810). Ähnliches gilt bei falscher Einschätzung der Gefahrensituation. So stellt es keine grobfahrlässige Verletzung der Rettungspflicht dar, wenn ein Vmer nach Wahrnehmung von Brandgeruch in seinem Fahrzeug nicht sofort auf der Landstraße anhält und löscht, sondern bis zum nächsten Parkplatz weiterfährt (OLG Hamm 1. VII. 1987 VersR 1988 S. 708 LS). Grobe Fahrlässigkeit hat der OGH 30. IX. 1998 VersR 1999 S. 1263-1264 in einem Fall angenommen, in dem der Vmer einen Glimmbrand in einer Lagerhalle, deren Boden mit einer bis zu 10 cm hohen Sägemehlschicht bedeckt war, mit einem Feuerlöscher gelöscht, aber nicht den Erfolg seiner Löschaktion einige Zeit danach kontrolliert hat. Sicher war eine solche Kontrolle erforderlich, es erscheint aber als zweifelhaft, ob ihr Unterlassen bereits als besonders grobes Fehlverhalten zu bewerten ist. Im Falle grobfahrlässiger Verletzung der Rettungspflicht setzt die Leistungsfreiheit des Vers zusätzlich die K a u s a l i t ä t zwischen Verstoß und Schadenumfang voraus. Der Vmer hat die Möglichkeit darzulegen und zu beweisen, daß der Umfang des eingetretenen Schadens auch bei Erfüllung der Obliegenheit nicht geringer gewesen wäre (BGH 12. VII. 1972 VersR 1972 S. 1039-1040 = NJW 1972 S. 1809-1810). Die Leistungspflicht des Vers beschränkt sich dann auf den bei korrektem Verhalten des Vmers zu zahlenden Betrag (OLG Hamm 23. VI. 1995 r + s 1996 S. 149 zur Sturmv;Voit in Prölss-Martin 26 RN 32 zu § 62):

4. Beweislast [G 155] a) Objektiver Tatbestand Wie stets bei Obliegenheitsverletzungen hat der Ver das Vorliegen des objektiven Tatbestandes des Verstoßes gegen § 62 zu beweisen (allgemeine Meinung, vgl. nur BGH 12. VII. 1972 VersR 1972 S. 1039-1040 = NJW 1972 S. 1809-1810; 6. V. 1985 VersR 1985 S. 730-731; Möller in Bd II Anm. 38 zu § 62; Voit in Prölss-Martin 26 R N 34 zu § 62; Langheid in Römer-Langheid RN 15 zu § 62; auch Prölss Beweislast Anm. 1 zu § 62 nimmt an, daß die Gründe, die nach seiner Auffassung bei den meisten Obliegenheiten für die Heranziehung der Beweislastregelung des § 362 BGB sprechen, für die Rettungspflicht nicht gelten). Der Ver muß also darlegen und beweisen, daß der Vmer Rettungsmaßnahmen, die notwendig und ihm zumutbar waren, unterlassen, Weisungen nicht befolgt oder nicht eingeholt hat. Hingegen muß der Vmer, wie sich aus dem Wortlaut der gesetzlichen Formulierung in § 62 II 1 ergibt, beweisen, daß der Obliegenheitsverstoß weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht (BGH 6. V. 1985 VersR 1985 S. 730731). Zweifelhaft ist, wie die Kenntnis des Vmers vom Vsfall zu behandeln ist. Nimmt man an, daß der objektive Tatbestand der Verletzung der Rettungspflicht die Kenntnis des Vmers vom Vsfall oder seinem unmittelbaren Bevorstehen umfaßt, wie es für die Anzeigepflicht nach dem eindeutigen Wortlaut von § 33 der Fall ist, so hat der Ver die Kenntnis zu beweisen. Die herrschende Meinung nimmt aber an, daß diese Kenntnis für das Entstehen der Rettungsobliegenheit nicht Voraussetzung sei, sondern zum subjektiven Tatbestand gehöre (BGH 6. VI. 1966 VersR 1966 S. 745-748; 30. IV. 1969 BGHZ 52 S. 88-89 = VersR 1969 S. 694-695; 29. V. 1970 VersR 1970 S. 732-733; OLG Hamm 23. IX. 1970 VersR 1971 S. 309-311; Möller Bd II Anm. 35 zu § 62; Voit in Prölss-Martin 26 RN 2 zu § 62; Prölss Beweislast Anm. 1 zu § 62; Stange S. 64; a. A. Johannsen/Johannsen

485

Anm. G 156

G. Obliegenheiten

O L G Düsseldorf 1. VIII. 1967 VersR 1967 S. 1037-1039; Dinslage N J W 1 9 6 8 S. 1756-1759; Johannsen in Bd VI F 127). Diese Auffassung hat zur Konsequenz, daß der Vmer im Rahmen des ihm obliegenden Entlastungsbeweises auch dartun und beweisen muß, daß er keine Kenntnis von dem Vsfall hatte, also nicht vorsätzlich gehandelt hat. Diese Rechtsfolge hat aber der B G H 30. IV. 1969 VersR 1969 S. 694-695; 29. V. 1970 VersR 1970 S. 732-733 für die KFZ-Haftpflichtv in Fällen, in denen der Vmer sich darauf berufen hatte, daß er von dem Unfall nichts bemerkt und deshalb zur Rettung des durch den Unfall Verletzten nichts unternommen hatte, nicht gezogen, weil es „aus Gründen der materiellen Gerechtigkeit untragbar" sei, die harte Sanktion der völligen Leistungsfreiheit gegen einen Vmer zu verhängen, dessen Schuld nicht feststehe sondern lediglich vermutet werde. Zur Begründung hat der B G H auf die hohen Schadenkosten in der KFZ-Haftpflichtv verwiesen, die im Fall der Leistungsfreiheit des Vers zur Existenzvernichtung des Vmers führen könnten. Im Bereich der KFZ-Haftpflichtv ist dem Problem zwischenzeitlich dadurch Rechnung getragen worden, daß der Ver nach einer Neufassung von § 7 V A K B das Verschulden beweisen muß und die Leistungsfreiheit auf für den Vmer zumutbare Beträge beschränkt worden ist. Für die übrigen Vszweige nimmt die h . M . ohne weitere Begründung als den Hinweis auf die zitierten B G H Entscheidungen ebenfalls an, daß der Ver die Kenntnis des Vmers vom Eintritt des Vsfalles beweisen müsse (Prölss Beweislast Anm. 1 zu § 62; 23 zu § 6; Langheid in Römer-Langheid R N 15 zu § 62; O L G Oldenburg 7. X I I . 1994 VersR 1995 S. 9 5 2 953). Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Vom Vmer darf auch in der Feuerv nicht verlangt werden, daß er beweist, vom Vsfall keine Kenntnis gehabt zu haben, etwa wegen Ortsabwesenheit oder weil er, als die Flammen noch problemlos hätten erstickt werden können, geschlafen hat. Es erscheint aber sachgerechter, dieses zutreffende Ergebnis nicht mit einer aus Treu und Glauben gebotenen Abweichung von einer allgemeingültigen Beweislastregelung sondern damit zu begründen, daß die Kenntnis von dem erfolgten oder unmittelbar bevorstehenden Vsfall zum objektiven Tatbestand der Verletzung der Rettungspflicht gehört. Einleuchtende Gründe, Verstöße gegen § 62 insoweit anders zu behandeln als gegen § 33, bestehen nicht. Für die Anzeigepflicht ist zwar die Kenntnis ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen worden, während in § 62 (und in § 34 s. dort unter G 142) ein entsprechender Hinweis fehlt. Jedoch erlauben die in § 62 verwendeten Worte „nach Möglichkeit" und „wenn die Umstände es gestatten" eine entsprechende Auslegung. Dem Vmer ist es nämlich nicht möglich, Rettungsmaßnahmen zu ergreifen, wenn er von dem Eintritt des Vsfalles keine Kenntnis hat, und in diesem Fall gestatten ihm auch die Umstände nicht, Weisungen einzuholen. [G 156] b) Verschulden Bei feststehender Kenntnis vom Eintritt des Vsfalles oder seinem unmittelbaren Bevorstehen muß sich der Vmer aber vom Verschulden entlasten ( B G H 29. V. 1970 VersR 1970 S. 732-733; 6. V. 1985 VersR 1985 S. 730-731). Der Vorsatz kann entfallen, wenn der Vmer geltend macht, daß er die Obliegenheit nicht gekannt habe. Da die Rettungspflicht Ausdruck eines allgemeinen auch in § 254 B G B verankerten Rechtsgedankens ist, kann aber davon ausgegangen werden, daß jeder Vmer weiß, daß er Rettungsmaßnahmen zu ergreifen hat, so daß ihm die Entlastung in aller Regel nicht gelingen wird. Unkenntnis kann in Betracht kommen hinsichtlich der Obliegenheit, Weisungen einzuholen und hinsichtlich der in einigen Bedingungen, z.B. §§13 1 a) A F B 30 und 87,21 Nr. 1 c) V H B 92 geregelten, der Schadenminderung dienenden Obliegenheit, eine Liste der abhanden gekommenen Sachen bei der Polizei einzureichen (so zu letzterer Obliegenheit Martin r + s 1988 S. 185-191, 486

Johannsen/Johannsen

V i l i . Schadensabwendungs- und -minderungspflicht

Anm. G 158

186; Römer in Römer-Langheid R N 56 zu § 6; hingegen streng in der Beurteilung der Kenntnis O L G Köln 23.1.1996 r + s 1998 S. 250-251 ). Beim Entlastungsbeweis vom Vorsatz kommt dem Vmer der vom B G H aufgestellte Erfahrungssatz zugute, daß kein vernünftiger Vmer sich durch vorsätzliche Nichterfüllung einer Obliegenheit grundlos der Gefährdung seines Vsschutzes aussetzen werde ( B G H 3 . X . 1979 VersR 1979 S. 1117-1119; 8.1.1981 VersR 1981 S. 321-322). Steht eine vorsätzliche Verletzung der Rettungspflicht fest, so hat der Vmer im Falle eines folgenlosen Verstoßes, wenn z . B . das Feuer trotz der Untätigkeit des Vmers durch Dritte rechtzeitig gelöscht worden ist, noch die Möglichkeit, sich auf die Grundsätze der Relevanzrechtsprechung zu berufen (siehe unter G 108). Er muß dann deren tatsächliche Voraussetzungen beweisen, nämlich außer der konkreten Folgenlosigkeit des Verstoßes das Fehlen seiner generellen Relevanz oder schweren Verschuldens ( B G H 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832). [G 157] c) Kausalität Dem Vmer obliegt auch der Kausalitätsgegenbeweis nach § 62 II 2, er muß darlegen und beweisen, daß die grobfahrlässig unterbliebene Rettungsmaßnahme den Eintritt des Schadens nicht verhindert oder seinen Umfang nicht vergrößert hätte ( B G H 12. VII. 1972 VersR 1972 S. 1039-1040 = N J W 1972 S. 1809-1810; O L G Hamburg 24. V. 1984 VersR 1984 S. 1088-1089). Bei einer verspäteten Einreichung der Liste abhanden gekommener Sachen bei der Polizei muß der Vmer beweisen, daß auch bei rechtzeitiger Einreichung diese nicht hätten wiederbeschafft werden können ( B G H 21. VI. 1993 VersR 1993 S. 830-832). Die Darlegung einer hohen Wahrscheinlichkeit eines Mißerfolges der Polizei genügt nicht ( O L G Hamm 28. V. 1986 r + s 1986 S. 235-236, 19. VI. 1991 VersR 1992 S. 4 8 9 ^ 9 0 ) , wenn davon auszugehen ist, daß überhaupt Fahndungsmaßnahmen ergriffen worden wären, was bei nicht näher individualisierten Allerweltsarktikeln im allgemeinen nicht der Fall ist ( O L G Köln 21.11.1995 VersR 1996 S. 323-324; kritisch zu dieser Entscheidung aber Römer in Römer-Langheid R N 93 zu § 6). 5. Rettungskostenersatz [G 158]

a) Allgemeine Voraussetzungen

Erheblich größere wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung als der Verletzung der Rettungspflicht kommt in der Praxis der Feuerv den in § 63 geregelten R e t t u n g s k o s t e n zu, nämlich den Aufwendungen, die der Vmer gemäß § 62 macht und die der Ver zu ersetzen hat, auch wenn sie erfolglos bleiben, soweit der Vmer sie den Umständen nach für geboten halten durfte. Die Verpflichtung des Vers, dem Vmer die Rettungskosten zu erstatten, ist die unentbehrliche K e h r s e i t e der dem Vmer im Interesse des Vers auferlegten Obliegenheit, bei Eintritt des Vsfalles den Schaden nach Möglichkeit abzuwenden oder zu mindern ( B G H 21.111.1977 VersR 1977 S. 7 0 9 711). Sie beruht auf dem Gebot der Billigkeit. Von dem Vmer kann nur dann verlangt werden, im Interesse des Vers Rettungsmaßnahmen zu ergreifen, wenn er für die damit verbundenen Aufwendungen Ersatz erhält. Für die rechtlichen Grundlagen, den Inhalt und Umfang des Rettungskostenersatzes wird auf die umfangreiche Kommentierung des § 63 von Möller in Bd II verwiesen. Zu ergänzen sind diese Ausführungen zunächst dahin, daß die von Möller a.a.O. Anm. 2 8 - 3 0 für die Sachv vertretene Vorerstreckungstheorie inzwischen überwiegend Johannsen/Johannsen

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Anm. G 158

G. Obliegenheiten

anerkannt wird (vgl. dazu unter G 152) und dementsprechend Aufwendungen, die ein Vmer zur Abwendung eines bevorstehenden Vsfalles macht, nach herrschender Auffassung als Rettungskosten zu ersetzen sind (BGH 6. II. 1985 VersR 1985 S. 656-658, 20.11.1991 B G H Z 113 S. 359-362 = VersR 1991 S. 4 5 9 ^ 6 0 = r + s 1991 S. 116-117, 13.11.1994 VersR 1994 S. 1181-1182 = r + s 1994 S. 326-327,18. XII. 1996 VersR 1997 S. 351-352 = N J W 1997 S. 1012-1014 = r + s 1997 S. 98-99; die Instanzgerichte haben sich weitgehend angeschlossen, vgl. die Nachweise unter G 152). Die zitierten Entscheidungen sind vorwiegend zur Kfz-Kaskov zu dem Problem ergangen, ob die bei einem Ausweichen zur Vermeidung eines Zusammenstoßes mit Haarwild oder einem anderen Kfz am eigenen Kfz entstandenen Beschädigungen als Rettungsaufwendungen zu ersetzen sind. Das wird von der Rechtsprechung überwiegend bejaht. Ein notwendiges Korrektiv ergibt sich einmal daraus, daß die Rettungshandlung nicht nur eine bloße R e f l e x w i r k u n g sein darf. Es reicht zwar für die Anwendung des § 63 aus, daß die Rettungshandlung objektiv auf die Abwendung des Schadens abzielte. Dann kommt es nicht darauf an, ob dieser Erfolg auch subjektiv beabsichtigt war (BGH 13. VII. 1994 VersR 1994 S. 1181-1182 = r + s 1994 S. 326-327). Hatte der Vmer aber vornehmlich ein anderes Ziel vor Augen, nämlich insbesondere sich selbst vor Schaden an Leib oder Leben zu bewahren, und stellt die Rettung einer verten Sache nur ein geringfügiges Nebeninteresse dar, so ist dessen Verfolgung nur als Reflexwirkung anzusehen. Das ist vom B G H a.a.O. angenommen worden für einen Fall, in dem ein teilkaskoverter Vmer sein Fahrzeug in einen Graben gelenkt hat, um einem ihm auf seiner Straßenseite entgegenkommenden Fahrzeug auszuweichen. Hier stand die Rettung von Leib und Leben so erheblich im Vordergrund, daß die Bewahrung des Vers von dem Ersatz des Glasbruchschadens demgegenüber nicht ins Gewicht fiel. Für die Feuerv ist von Woesner ZVerswiss 1960 S. 399-439, 421 der Beispielsfall gebildet worden, daß beim Nachbarn des Vmers ein Brand ausgebrochen ist und der Vmer beim Löschen hilft. Rette der Vmer das Haus des Nachbarn, so sei die Rettung des eigenen Hauses nur Reflexwirkung der Rettung des Nachbarhauses und begründe keinen Anspruch gegen den eigenen Gebäudever (ebenso Stange S. 154). Dem ist nur zuzustimmen für den Fall, daß die Gebäude so weit auseinander stehen, daß nicht mit Wahrscheinlichkeit mit einem Ubergreifen des Feuers gerechnet werden konnte. War aber ein Ubergreifen ernsthaft zu befürchten, so kann nicht von einer bloßen Reflexwirkung der Rettungshandlung für das Gebäude des Vmers gesprochen werden. Vielmehr hat der Ver nach § 63 einzutreten, auch wenn es dem Vmer vornehmlich um die Rettung des Nachbarhauses ging. Eine weitere Begrenzung der Ersatzpflicht des Vers liegt darin, daß Aufwendungen nur soweit zu ersetzen sind, soweit der Vmer sie den Umständen nach für geboten halten durfte. Objektiv gebotene Aufwendungen sind danach in jedem Fall ohne Rücksicht auf die subjektiven Vorstellungen des Vmers zu ersetzen. Sind die Rettungsmaßnahmen aber unnötig oder erfolglos, ist auf die subjektive Sicht eines vernünftigen Vmers abzustellen, auf seine Einschätzung der Gefahrenlage und des notwendigen Rettungsaufwandes. Früher hat der B G H angenommen, daß bereits jeder Fehler hierbei zum Verlust des Anspruchs aus § 63 führe, wenn „die zumutbare Sorgfalt" mißachtet worden sei (BGH 13. VI. 1973 VersR 1973 S. 809-810). In einer späteren Entscheidung vom 21.111.1977 VersR 1977 S. 709-711 hat er aber ausgeführt, daß es kaum sachgerecht sei, dem Vmer, der seiner Rettungspflicht nachkomme und lediglich dabei einen Fehler begehe, einem strengeren Maßstab als dem der §§ 61, 62 zu unterstellen, letztlich aber die Frage dahingestellt sein lassen, weil nach den vereinbarten Bedingungen der Ersatz des Rettungsaufwandes nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen war. Auch in der Entscheidung vom 18. XII. 1996 VersR 1997 S. 351-352 = NJW 1997 S. 1012-1014 = r + s 1997 S. 98-99 hat der B G H zwar auf die 488

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V i l i . Schadensabwendungs- und -minderungspflicht

Anm. G 158

überwiegende Meinung, die grobe Fahrlässigkeit für den Ausschluß des Anspruchs voraussetze, hingewiesen, die Frage aber wiederum nicht entschieden, weil er im konkreten Fall grobe Fahrlässigkeit angenommen hat. Die vom BGH in der Entscheidung vom 21. III. 1977 a.a.O. angestellten Erwägungen sprechen dafür, daß der Anspruch auf Ersatz der Rettungskosten nur dann entfällt, wenn dem Vmer bei seiner Einschätzung der Notwendigkeit von Rettungsmaßnahmen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Denn es ist kein Grund dafür ersichtlich, den Rettungskostenersatz, der die unentbehrliche Kehrseite der Rettungspflicht bildet, unter leichteren Verschuldensanforderungen entfallen zu lassen als den Vsschutz selbst (so auch die überwiegende Auffassung: OLG Hamm 16. XII. 1992 VersR 1994 S. 43 LS = r + s 1994 S. 167-168; OLG Düsseldorf 5.X. 1993 VersR 1994 S. 1293-1294; OLG Braunschweig 14. X. 1993 VersR 1994 S. 1293-1294; Möller Bd II Anm. 21 zu § 63; Martin 3 W II 24; Voit in Prölss-Martin 26 RN 9 zu § 63; Beckmann in BK RN 26 zu § 63; Hofmann VersR 1981 S. 108-109; Müller VersR 2000 S. 533-537; a. A. Stange S. 158; Schulz VersR 1994 S. 1275-1278,1277). In der Feuerv wird ein Wegfall des Anspruchs auf Rettungskostenersatz wegen grober Fahrlässigkeit selten in Betracht kommen. Es kommen zwar falsche Reaktionen vor, wie z. B. der Versuch, anstatt mit Wasser zu löschen, das Feuer mit einem wertvollen Teppich zu ersticken, oder es wird versucht, in Brand geratenes Fett mit Wasser zu löschen, anstatt die Sauerstoffzufuhr zu unterbrechen, und dadurch der Schaden vergrößert. Weil aber die Elementargewalt des Feuers von den meisten Menschen als sehr bedrohlich empfunden wird, kann es im Regelfall nicht als schweres Verschulden bewertet werden, wenn zur Verhinderung des Eintritts des Schadens oder seiner Minderung aus Schrecken oder Panik falsche Maßnahmen ergriffen werden. Wird ein Dritter für den Vmer tätig, ist für den Anspruch aus § 63 auf dessen Verschulden abzustellen, also darauf, ob er die Aufwendungen für geboten halten durfte (OLG Schleswig 12.IX.1990 r + s 1991 S. 11-13; OLG Hamm 12.XII.1997 VersR 1999 S. 46—47; Woesner ZVersWiss 1960 S. 411; Möller in Bd II Anm. 21 zu § 63; Stange S. 158-159; Voit in Prölss-Martin 26 R N 10 zu § 63; Beckmann in BK R N 27 zu § 63). Von Langheid in Römer-Langheid RN 8 zu § 63 wird dagegen vertreten, daß das relevante Verschulden des Dritten nur dann zu einem Ausschluß des Anspruchs führen kann, wenn der Dritte Repräsentant des Vmers ist. Diese Auffassung ist vom OLG Hamm a.a.O. mit ausführlicher Begründung widerlegt worden. Auf die Repräsentantenstellung ist danach zutreffend nur abzustellen, wenn es um das Verhalten eines Dritten geht, das zum Verlust der vertraglich begründeten Vsentschädigung führen kann. Von dieser ist aber der besondere gesetzliche Anspruch auf Rettungskostenersatz, zu dessen Voraussetzungen es gehört, daß der Vmer die Aufwendungen den Umständen nach für geboten halten durfte, streng zu unterscheiden. Diese Anspruchsvoraussetzung kann nicht entfallen, wenn ein Dritter, der nicht Repräsentant ist, die Rettungsmaßnahmen ausführt. Zu dem vom OLG Hamm a.a.O. angeführten Beispiel des Löschens mit einem Mantel ist allerdings anzumerken, daß der Ver, wenn der Mantel dem Vmer gehört, für den Schaden trotz des grob fahrlässigen Verhaltens des Dritten entgegen OLG Hamm aufzukommen hat, weil ein gedeckter Vsschaden vorliegt. Für diesen entfällt aber anders als nach § 63 die Leistungspflicht des Vers nur, wenn der Dritte Repräsentant ist. Wegen der weitgefaßten Entschädigungspflicht nach § 83 kommt dem Problem für die Feuerv keine erhebliche Bedeutung zu.

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Anm. G 160

G . Obliegenheiten

b) Aufwendungen [G 159] aa) Begriff Unter A u f w e n d u n g e n im Sinne des § 63 ist jede auch unfreiwillige Vermögensminderung zu verstehen, welche die adäquate Folge einer Maßnahme ist, die der Vmer zur Schadenabwehr oder -minderung gemacht hat (BGH 21. III. 1977 VersR 1977 S. 709-711). Das bedeutet, daß der Ver auch Entschädigung für Sachen zu leisten hat, für die er rein vertraglich gesehen eine Entschädigungspflicht nicht übernommen hat, sei es, daß die eingetretene Beschädigung einen Schaden darstellt, der nach dem Inhalt des Vsvertrages nicht zu ersetzen sein würde. So hat der Ver Löschschäden auch an unverten Sachen zu ersetzen (BGH a.a.O.), und zwar sowohl an Sachen des Vmers wie von anderen Personen, z. B. Löschhelfern oder Nachbarn, und ohne Rücksicht darauf, ob sich die Sachen am Vsort befinden oder nicht. Darüber, daß für Löschschäden der Ver auch nach § 83 eintrittspflichtig ist, vgl. H 28. Für außerhalb des Vsortes beschädigte Sachen muß der Ver auch dann Ersatz leisten, wenn sie durch eine Rettungsmaßnahme vom Vsort entfernt worden sind, so z. B. wenn eingelagertes Heu, das durch Selbstentzündung in Brand zu geraten drohte, zur Vermeidung dieses Brandes ausgelagert worden ist und später an dem anderen Ort in Brand geraten und vernichtet worden ist ( O L G Oldenburg 2. VI. 1999 VersR 2000 S. 968-969). Außer in der Beschädigung von Sachen können die Aufwendungen des Vmers in der Belastung mit Verbindlichkeiten bestehen, sei es daß der Vmer Dritte auf vertraglicher Grundlage zu Rettungsmaßnahmen heranzieht, z.B. zum Abtransport beim Löschen ausgetretener Schadstoffe ( O L G Oldenburg 8. XI. 1989 VersR 1990 S. 516), sei es, daß diese von sich aus als Rettungshelfer eingreifen und Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 683, 670 B G B geltend machen. Gemäß § 257 B G B kann der Vmer von dem Ver Befreiung von diesen Verbindlichkeiten verlangen (vgl. im einzelnen hierzu Möller in Bd II Anm. 13-16 zu § 63). [G 160] bb) Insbesondere Körperschäden Ein früher umstrittenes Problem stellt der Ersatz von K ö r p e r s c h ä d e n dar, die durch Rettungsmaßnahmen entstehen. Insbesondere von Ehrenzweig S. 262 ist die Erstattungsfähigkeit mit der Begründung verneint worden, daß niemand von einer Sachv den Ersatz von Personenschäden erwarten dürfe, während Raiser2 Anm. 2 zu § 1 5 nur die Kosten der Heilung des Vmers ausdrücklich von der Ersatzpflicht ausnimmt. Demgegenüber ist heute allgemein anerkannt, daß durch Rettungsmaßnahmen verursachte Körperschäden vom Ver zu ersetzen sind und zwar sowohl solche, die Dritte wie auch der Vmer selbst erlitten haben (Möller a.a.O. Anm. 18; Martin3 W II 12; Voit in Prölss-Martin 26 R N 14 zu § 63; Beckmann in BK R N 23 zu § 63; Stange S. 149-152 unter Darstellung des früheren Meinungsstandes; Gallmeister NVersZ 2000 S. 505-507; L G Freiburg 29.1.1992 S. 1390-1391, das in der KFZV dem Fahrer, der einen in Brand geratenen Pkw gelöscht hatte, Verdienstausfall wegen seiner dabei erlittenen Verletzungen zugesprochen hat; a. A. soweit ersichtlich nur Boldt 7 S. 172 ohne Begründung). Das entspricht einer interessenmäßigen Auslegung von § 63. Denn Rettungsmaßnahmen bringen naturgemäß Risiken auch für Leib und Leben der Rettenden mit sich, wie es in der Feuerv bei der Löschung von Bränden evident ist. Die Argumentation der Gegenmeinung verkennt, daß es nicht um typische vertragsgemäße Vs-Leistungen geht, sondern um besondere als „ Kehrseite" der Rettungsobliegenkeit des Vmers vom Ver zu erbringende Leistungen. Diese können allerdings im Verhältnis zu dem durch 490

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V i l i . Schadensabwendungs- und -minderungspflicht

Anm. G 162

den Vsfall entstandenen Sachschaden beträchtlich sein, weil Heilungskosten, Verdienstausfall und im Falle eines durch Rettungshandlungen verursachten Todes des Vmers oder eines als Löschhelfer tätigen Dritten auch Unterhaltsleistungen an Hinterbliebene in Betracht kommen. Ansprüche auf Schmerzensgeld stehen allerdings weder dem Vmer noch einem bei Rettungsmaßnahmen verletzten Dritten zu, weil die Anwendung des § 847 B G B auf die Tatbestände der unerlaubten Handlung beschränkt ist und insbesondere für Ansprüche aus Hilfeleistungen nicht eingreift ( B G H 19. V. 1969 B G H Z 52 S. 115-117 = N J W 1969 S. 1665-1667). Dazu, daß in einzelnen älteren Feuervsbedingungen die Ersatzpflicht für Körperschäden ausdrücklich ausgeschlossen worden ist, vgl. unter G 165. [G 161] cc) Eigener Arbeitsaufwand des Versicherungsnehmers O b der Vmer für e i g e n e n A r b e i t s a u f w a n d Entschädigung verlangen kann, wird in der Literatur differenziert beantwortet. Als Grundsatz wird zwar übereinstimmend anerkannt, daß der Vmer die Rettungsobliegenheit unentgeltlich zu erbringen habe, sodaß er für seinen persönlichen Einsatz, z. B. bei den Löscharbeiten, keine Vergütung zu beanspruchen habe (Möller Bd II Anm. 17 zu § 63; Raiser 2 Anm. 3 zu § 15; Voit in Prölss-Martin 26 R N 15 zu § 63; Beckmann in B K R N 22 zu § 63; Stange S. 152). Von dem Grundsatz werden aber unterschiedliche Ausnahmen zugelassen. Während Möller a.a.O. einen Aufwendungsersatzanspruch nur zubilligt, wenn dem Vmer durch die Rettungstätigkeit ein konkreter anderer Verdienst entgangen ist (ebenso Raiser a.a.O.; Wussow 2 R N 6 zu § 14), werden von anderen Autoren Ansprüche für begründet gehalten, wenn die Rettungstätigkeit zu den üblichen gewerblichen Tätigkeiten des Vmers gehört, so wenn z.B. ein Spediteur, der seine Möbel beim Brand seines Hauses gerettet hat, sie selbst abtransportiert und in seinen gewerblichen Lagerräumen unterstellt (so Bruck Lehrbuch S. 351; Woesner ZVersWiss 1960 S. 403; Voit, Beckmann a.a.O.: Stange S. 153; Schneider S. 196-197). Der letzteren Ansicht ist zuzustimmen. Der Begriff der Aufwendung steht dieser Auslegung nicht entgegen. Er ist nämlich weder im W G noch im B G B , in dem er vielfach vorkommt, gesetzlich definiert. Es muß deshalb nach Sinn und Zweck der für das jeweilige Rechtsverhältnis geltenden N o r m beurteilt werden, ob eigene Arbeitsleistungen als Aufwendungen zu ersetzen sind ( B G H 12. X . 1972 N J W 1973 S. 46-47 - dort bejaht für die Aufwendungen zur Mängelbeseitigung gemäß § 633 III B G B a.F.). Bei dem Rettungskostenersatz nach § 63 macht es aber für die Leistungspflicht des Vers keinen Unterschied, ob der Vmer in dem angeführten Beispiel die geretteten Möbel von einem Dritten abholen und in dessen Lager unterstellen läßt mit der Folge, daß er mit dessen Forderung belastet wird, von der der Ver ihn zu befreien hat, oder ob er selbst dem Ver die übliche Vergütung für seine eigene Leistung in Rechnung stellt. Es würde Treu und Glauben widersprechen, wenn der Ver im letzteren Fall die Leistung verweigern und den Vorteil, daß der Vmer selbst gehandelt hat, für sich ausnutzen könnte. [G 162] c) Vorschußpflicht und Fälligkeit Nach § 63 I 3 hat der Ver den für die Aufwendungen erforderlichen Betrag auf Verlangen des Vmers vorzuschießen. Sinn der Regelung ist, den Vmer in die Lage zu versetzen, kostenintensive Rettungsmaßnahmen, insbesondere wenn der Ver entsprechende Weisungen erteilt hat, überhaupt durchführen zu können. Aus der von § 11 II abweichenden Regelung kann geschlossen werden, daß die Fälligkeit des Rettungskostenersatzanspruchs nicht die Beendigung der zur Feststellung des Vsfalles Johannsen/Johannsen

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Anm. G 164

G. Obliegenheiten

und des Umfanges der Leistungen des Vers nötigen Erhebungen voraussetzt, sondern gemäß § 271 BGB sofort eintritt, wofür auch § 256 BGB spricht (Möller in Bd II Anm. 28 zu § 63; Kisch WuR 1916 S. 322-326; Beckmann in BK R N 38 zu § 63; a. A. Raiser2 R N 20 zu § 14; Voit in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 63; Stange S. 222-227; Woesner ZVersWiss 1960 S. 399^39, 439). Die sofortige Fälligkeit ist im Interesse des Vmers geboten; insbesondere wenn er Fremdleistungen für die Durchführung von Rettungsmaßnahmen in Anspruch genommen hat, ist es angemessen, daß er sofort Befreiung von diesen Verbindlichkeiten nach § 257 BGB verlangen kann. Dazu, daß in einigen Feuervsbedingungen die Vorschußpflicht ausgeschlossen worden ist, vgl. unter G 165. d) Begrenzungen der Erstattungspflicht [G 163] aa) durch die Vssumme Aus § 63 I 2 ergibt sich im Umkehrschluß, daß die H ö c h s t g r e n z e für die Erstattung der Rettungsaufwendungen grundsätzlich die v e r e i n b a r t e V s s u m m e ist; nur dann nämlich, wenn der Vmer die Aufwendungen auf Grund von Weisungen des Vmers gemacht hat, sind sie vollen Umfangs zu ersetzen, wenn sie zusammen mit der Entschädigung die Vssumme übersteigen. Von dieser Begrenzung durch die Vssumme sind vertragliche Ausnahmen in den Bedingungen häufig vorgesehen. In der gleitenden Neuwertv nach § 13 VGB 88 werden Rettungskosten unbegrenzt entschädigt, die Begrenzung auf die Vssumme in § 15 Nr. 5, die eine Ausnahme nur für die auf Weisung des Vers erfolgten Aufwendungen macht, ist nur für die Vereinbarung fester Summen gemäß § 14 vorgesehen (vgl. dazu auch § 17 VGB 88, Martin 3 W III 5; Wente Sachvsrecht S. 193). In der Hausratv gilt eine Erweiterung der Entschädigungspflicht um 10% der Vssumme. Nach § 18 Nr. 6 VHB 84 werden verte Kosten, zu denen nach § 1 Nr. 1 c) Schadensabwendungs- und minderungskosten gehören, bis zu 10% der Vssumme auch über diese hinaus ersetzt. Das gilt jedoch nicht, soweit für den Vmer oder eine andere Person, die von ihm Ersatz der Aufwendungen verlangen kann, anderweitiger Vsschutz besteht. Durch diese Subsidiaritätsregelung sollte insbesondere der Ersatz für Aufwendungen aus Körperschäden eingeschränkt werden, für die Sozialvsträger einzutreten haben (Martin 3 W I 10). In § 18 Nr. 7 VHB 92, der ebenfalls die 10%ige Erweiterung enthält, ist die Subsidaritätsregelung nicht mehr enthalten. In der industriellen Feuerv ist eine automatische Erweiterung der Entschädigungspflicht für Rettungskosten nicht vorgesehen. § 3 AFB 87 wiederholt wie § 14 AFB 30 die gesetzliche Regelung über die Begrenzung auf die Vssumme und die Ausnahme für Aufwendungen auf Grund erteilter Weisungen. Die Möglichkeit einer Erweiterung der Entschädigungspflicht besteht aber darin, daß nach § 3 Nr. 3 b) AFB 87 Aufwendungen für Rettungskosten, nicht nur für die besonders genannten Feuerlöschkosten, besonders vert werden können und dann bis zur Grenze der hierfür vereinbarten Summe über die Grundvssumme hinaus entschädigt werden. Zu den AFB 30 erfolgte die entsprechende Erweiterung durch die Vereinbarung besonderer Klauseln (vgl. dazu Martin 3 W II 1). [G 164] bb) durch Unterversicherung Eine weitere Begrenzung der Entschädigungspflicht für Rettungsaufwendungen ergibt sich aus § 63 II, wonach bei einer Unterv die Aufwendungen nur nach dem in §§ 56, 57 bezeichneten Verhältnis zu erstatten sind, sodaß der Vmer nur eine Teil492

Johannsen/Johannsen

Vili. Schadensabwendungs- und -minderungspflicht

Anm. G 164

entschädigung erhält (für die Berechnung im einzelnen wird auf die Kommentierung von Möller in Bd II zu §§ 55, 56 verwiesen). Streitig ist, ob der Einwand der Unterv auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Vmer die Aufwendungen auf Grund von Weisungen des Vers gemacht hat. Das ist in der älteren Literatur meist ohne Erörterung für selbstverständlich angesehen worden (Raiser 2 Anm. 18 zu § 15; Wussow 2 Anm. 10 zu § 14; Büchner VersR 1967 S. 628-633). Martin 3 S II 15 und Voit in PrölssMartin 26 R N 31 zu § 63 vertreten die Auffassung, daß der Ver auch im Fall der Unterv die auf seine Weisung gemachten Aufwendungen vollen Umfangs erstatten müsse und begründen dies mit einem Erst-Recht-Schluß. Wenn schon durch § 63 I 2 geregelt sei, daß die wesentlich bedeutsamere Begrenzung der Hauptentschädigung nicht gelte, sei es um so weniger gerechtfertigt, daß der Ver sich auf § 56 berufen könne, der lediglich Konsequenzen aus § 60 ziehe für Schäden unter dem Betrag der Vssumme (im Grundsatz ebenso Wente Sachvsrecht S. 194, der aber verschiedene Einschränkungen befürwortet). Demgegenüber schließt die überwiegende Meinung in der Literatur vor allem aus der Systematik des Gesetzes sowie Sinn und Zweck der Regelung, daß im Falle der Unterv auch eine anteilige Kürzung der auf Weisung des Vers beruhenden Aufwendungen zu erfolgen habe (außer den bereits genannten Möller Bd II Anm. 28 zu § 63; Woesner ZVersWiss 1960 S. 425-427; Stange S. 214-217; Beckmann in BK R N 31 zu § 63). Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Wenn auch der Wortlaut des Gesetzes beide Auslegungsmöglichkeiten zuläßt, spricht die Regelung der Unterv in einem besonderen Absatz mehr dafür, daß sie für alle Fälle des Rettungsaufwandes gelten soll, ohne daß zwischen Aufwand auf Grund von Weisungen und ohne Weisung zu differenzieren ist. Es ist auch interessengerecht, beide Vertragsparteien in diesem Konfliktfall an den Kosten zu beteiligen. Aus der Privilegierung des Vmers durch § 63 I 2 folgt nicht, daß er auch darüber hinaus in einem Fall, für den er selbst die Verantwortung trägt, noch weiter privilegiert werden müsse. Wenn es im Einzelfall wegen fehlerhafter Weisungen des Vers, die hohe Kosten verursacht haben, unbillig erscheinen kann, daß der unterverte Vmer einen Teil der Rettungskosten selbst zu tragen habe, wird ein solches Ergebnis dadurch vermieden, daß ihm ein Schadenersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung gegen den Ver zusteht (Stange S. 217 und oben unter G 151). In einigen Bedingungen, z. B. §§ 14 AFB 30, 3 Nr. 1 AFB 87, ist das Problem ausdrücklich dahin geregelt, daß im Fall der Unterv die Aufwendungen ohne Rücksicht auf Weisungen des Vers nur in demselben Umfang zu ersetzen sind wie der Schaden. Da diese Regelung nach der hier vertretenen Auffassung nur der Klarstellung dient, ist die von Martin a.a.O. vertretene Auffassung, sie verstoße gegen § 9 A G B G (jetzt § 307 BGB n. F.) nicht gerechtfertigt. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf § 11 Nr. 4 AFB 87. Darin ist bei der gesonderten V von Rettungskosten nach § 3 Nr. 3 AFB 87, die auf Erstes Risiko erfolgt, auf den Einwand der Unterv verzichtet worden. (Zur Kürzung des Rettungsaufwandes bei der V auf Erstes Risiko vgl. im übrigen Büchner VersR 1967 S. 628-633 und Stange S. 218-219). Beim Zusammentreffen einer Unterv mit einer S e l b s t b e t e i l i g u n g ist durch Auslegung zu ermitteln, welche Konsequenzen die vereinbarte Regelung für den Aufwendungsersatz hat. Ergibt diese, daß der Vmer von jedem Schaden eine Quote selbst zu tragen hat, so erhält er auch den Aufwendungsersatz nur anteilig (zu den Einzelheiten vgl. Möller in Bd II Anm. 26 zu § 63; Büchner a.a.O.).

Johannsen/Johannsen

493

Anm. G 165

G. Obliegenheiten

[G 165] e) Einschränkungen des Rettungskostenersatzes durch AVB Während § 62 gemäß § 68 a) halbzwingend ausgestaltet ist, fehlt es für § 63 an einer entsprechenden Beschränkung, sodaß dem Vmer nachteilige Vereinbarungen nach dem W G wirksam getroffen werden können. Bedingungsmäßige Einschränkungen sind aber auf ihre Wirksamkeit nach dem AGBG und §§ 305-310 BGB n.F. zu überprüfen. Schon für vor dem Inkrafttreten des AGBG getroffene Vereinbarungen hat der B G H 21. III. 1977 VersR 1977 S. 709-711 ausgeführt, daß es die Grundsätze der Vertragsgerechtigkeit in angemessener, nicht zu billigender Weise verletzen würde, wenn ein Ver in seinen AGB den Anspruch des Vmers auf Ersatz seiner Rettungsaufwendungen ausschließen würde, weil die Verpflichtung des Vers, dem Vmer die Rettungskosten zu erstatten, „die unentbehrliche Kehrseite" der dem Vmer im Interesse des Vers auferlegten Pflicht sei, beim Eintritt des Vsfalles nach Möglichkeit den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Damit sind zutreffend die wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung im Sinne von §§ 9 II Ziff. 1 AGBG, 307 BGB n. F. beschrieben, von denen abzuweichen eine unangemessene Benachteiligung des Vmers darstellt (Voit in Prölss-Martin 26 R N 38 zu § 63; Schimikowski r + s 1991 S. 145-151,147; Stange S. 262). Danach sind Bedingungen, die den Rettungskostenersatz ausschließen oder in erheblichem Umfang einschränken, unwirksam. Das gilt z.B. für §§ 16 Nr. 2 VGB 62, 14 Nr. 3 VHB 74 für den Ausschluß des Ersatzes von durch G e s u n d h e i t s b e s c h ä d i g u n g e n verursachten Aufwendungen (Martin 3 W II 13; Voit in Prölss-Martin 26 R N 14 zu § 63; Beckmann in BK R N 41 zu § 63; Stange S. 263; Gallmeister NVersZ 2000 S. 505-507). Dieser Ausschluß stellt eine erhebliche Härte für den Vmer dar, weil nicht für alle Schäden Sozialvsträger einzustehen haben, z. B. nicht für Verdienstausfall und Einsatz einer Ersatzkraft für den Verletzten im Haushalt. Der von Martin a.a.O. vertretenen Auffassung, daß die Bestimmungen nur insoweit unwirksam seien, als nicht Sozialvsträger einzutreten haben, steht der für AGB geltende Grundsatz entgegen, daß eine g e l t u n g s e r h a l t e n d e R e d u k t i o n bei unteilbaren Klauseln ausgeschlossen ist (vgl. nur B G H 10.11.1993 NJW 1993 S. 1133-1135, 12. X. 1995 NJW 1996 S. 1407-1409, ständige Rspr). In den neueren Bedingungen ist der auch dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 83 12 1. Halbs, widersprechende Ausschluß von Körperschäden nicht mehr enthalten. Die in § 18 Nr. 6 VHB 84 enthaltene Subsidiaritätsklausel benachteiligt den Vmer nicht unangemessen (Gallmeister aaO). Zu Bedenken Anlaß geben auch Bedingungen, durch die die Vorschußpflicht des Vers für Rettungsaufwendungen ausgeschlossen ist, wie §§14 AFB 30, 16 Nr. 1 S. 2 VGB 62, weil der Vmer ohne Vorschußleistung des Vers unter Umständen nicht in der Lage ist, die erforderlichen oder vom Ver verlangten Rettungsmaßnahmen durchzuführen und dadurch in Gefahr gerät, seinen Vsschutz zu verlieren. Sie verstoßen deshalb ebenfalls gegen § 9 AGBG (so BAV VA 1987 S. 174,176; Beckmann in BK R N 42 zu § 63; Stange S. 239; a. A. Voit in Prölss-Martin 26 R N 39 zu § 63; Schimikowski r + s 1991 S. 145-151, 150). Auch dieser Ausschluß ist in den neueren Bedingungen nicht mehr enthalten. Übereinstimmend enthalten alle Feuervsbedingungen die Regelung, daß Aufwendungen für Leistungen der F e u e r w e h r e n oder anderer im öffentlichen Interesse zur Hilfeleistung Verpflichteter nicht erstattet werden, §§ 14 AFB 30, 3 Nr. 1 AFB 87,2 Nr. 2 VHB 84 und 92, 16 II VGB 62, 2 Nr. 3 VGB 88 und 1999. Hierdurch werden typische Rettungskosten ausgeschlossen. Erheblich für diese Regelung ist, daß die Ver nach § 1 des FeuerschutzsteuerG vom 21. XII. 1979 (BGBl I S. 2353 in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.1.1996 BGBl I S. 18) verpflichtet sind, auf die von ihnen entgegengenommenen Vsentgelte aus Verträgen über die Feuerv einschließlich der 494

Johannsen/Johannsen

V i l i . Schadensabwendungs- und -minderungspflicht

Anm. G 166

Feuerbetriebsunterbrechungsv, der Gebäude- und der Hausratv eine Feuerschutzsteuer zu entrichten, die nach den Landesgesetzen über den Brandschutz und die Feuerwehr ausschließlich für Zwecke des Brandschutzes verwendet werden soll. Der Ausschluß der Feuerlöschkosten aus der Entschädigungspflicht kann aber nicht damit begründet werden, daß die Ver sonst die Aufwendungen zweimal zu erstatten hätten (so Stange S. 191; Wente Sachvsrecht S. 196). Denn erbracht wird die im Vsentgelt enthaltene Steuer nicht von den Vern sondern den Vmern. Gerechtfertigt ist die Regelung aber deshalb, weil die Leistungen von Feuerwehren nach den einschlägigen Landesgesetzen (Nachweis der Fundstellen über die Veröffentlichungen bei Schlegelberger-Friedrich Das Recht der Gegenwart München 2000 Stichworte Brandschutz und Feuerwehr) grundsätzlich unentgeltlich erbracht werden (vgl. z. B. die Ge über den Brandschutz und die Hilfeleistung der Feuerwehren des Landes Hessen vom 17. X I I . 1998 G V B 1 1 S. 530 §§ 60, 61, im Lande Bremen vom 7. V. 1991 G V B l S. 163 i.d.F. vom 27. V. 1997 § 3 0 , des Landes Schleswig-Holstein vom 10.11.1996 G V O B 1 S. 200 i.d.F. vom 14. IV. 1999 G V O B l S. 110 § 29), sodaß dem Ausschluß nur deklaratorische Bedeutung zukommt, weil den Vmern Aufwendungen grundsätzlich nicht entstehen. Allerdings sehen die Landesgesetze unterschiedliche Ausnahmen von der Unentgeltlichkeit vor. So kann Kostenersatz verlangt werden von dem Verursacher des Brandes, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat (vgl. z. B. § 29 des G über den Brandschutz und die Hilfeleistungen der Feuerwehr in Schleswig-Holstein a.a.O.; § 2 7 a des FeuerwehrG des Landes Hamburg vom 23. VI. 1986 G V B l S. 137 i.d.F. v. 1 6 . X I . 1999 G V B l S. 256; § 38 des G über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz des Landes Thüringen vom 25. III. 1999 G V B l S. 227). Da in diesem Fall der Ver nach § 61 ohnedies nicht einzutreten hat, kommt dem Ausschluß der Rettungskosten nur deklaratorische Wirkung bei. Eine weitere Ausnahme betrifft die Kostenpflicht von Fahrzeughaltern, wenn der Schaden beim Betrieb von Fahrzeugen entstanden ist (vgl. z. B. § 22 G über den Brandschutz und die Hilfeleistung der Feuerwehren bei Unglücksfällen und Notständen im Freistaat Sachsen vom 28.1.1998 G V B l S. 54 i.d.F. v. 23. VI. 1999 Bl 338; § 38 des G über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz des Landes Thüringen a.a.O.). Auch dieser Ausschluß führt nicht zu einer Belastung des Vmers, weil der Kfz-Ver einzutreten hat (vgl. dazu Johannsen in Bd V G 48). Zu einer Belastung des Vmers mit Feuerlöschkosten können aber Ausnahmevorschriften der Ländergesetze führen, die Kostenpflicht für Betreiber gefährlicher Anlagen vorsehen (vgl. z. B. § 22 I Ziff. 3 des G des Freistaats Sachsen a.a.O.: § 29 des G von Schleswig-Holstein a.a.O.). Diesen ist es aber zumutbar, die für die industrielle Feuerv in § 3 A F B 87 vorgesehene besondere V für Feuerlöschkosten abzuschließen, die außer den Kosten für die staatlichen und freiwilligen Feuerwehren auch die Aufwendungen für die Betriebsfeuerwehren erstattet, die in solchen Betrieben üblicherweise tätig sind (Martin 3 W I 23, W III 2). Bedenken gegen die Wirksamkeit des Ausschlusses von Feuerlöschkosten bestehen auch insoweit nicht. [G 166] f) Beweislast Nach den allgemeinen Grundsätzen, nach denen jeder Anspruchsteller die Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Anspruchs darzulegen und zu beweisen hat, trägt der Vmer die Beweislast für das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen des § 63. Er muß danach darlegen und beweisen, daß er objektiv erforderliche Rettungsmaßnahmen ergriffen hat und hierdurch Aufwendungen entstanden sind (Stange S. 246-247; Langheid in Römer-Langheid R N 11 zu § 63; Voit in Prölss-Martin 2 6 R N 20 zu § 63). Streitig ist, wer bei erfolglosen Rettungsmaßnahmen zu beweisen hat, daß Johannsen/Johannsen

495

Anm. G 166

G. Obliegenheiten

der Vmer sie nach den Umständen für geboten halten durfte, er also nicht grob fahrlässig gehandelt hat (vgl. dazu unter G 158). Von Prölss Beweislast R N 1 zu § 63 wird vertreten, daß wegen einer Wertungsparallele zu den Obliegenheiten der Vmer sich vom Verschulden entlasten müsse (ebenso Langheid in Römer-Langheid R N 11 zu § 63; Beckmann a.a.O.). Demgegenüber geht Voit in Prölss-Martin 26 R N 20 zu § 63 von der Beweislast des Vers aus. Dem ist zuzustimmen. Das Argument der Wertungsparallele überzeugt nicht. Für die Obliegenheit des § 62 ist die Beweislast durch die Gesetzesfassung eindeutig geregelt, für § 63 aber gerade nicht. Wegen der Bedeutung des Rettungskostenersatzes als Kehrseite der Rettungspflicht (BGH 21. III. 1977 VersR 1977 S. 709-711) erscheint es als angemessener, dem Ver die Beweislast für den Ausnahmefall der groben Fahrlässigkeit des Vmers aufzuerlegen. Selbstverständlich hat dieser im einzelnen darzulegen, welche Vorstellungen er sich hinsichtlich der Erforderlichkeit und des Erfolges der von ihm ergriffenen Maßnahmen gemacht hat.

496

Johannsen/Johannsen

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers Gliederung: I. Hauptpflichten des Feuervers H 1-12

5. Vsort H 120-141 6. Feststellung des Vswertes H 142-159 (weitere Untergliederung vor H 142)

Schrifttum H 1 1. Zum Begriff des Vsfalls H 2 2. Vte Gefahren H 3-83 a) Brand H 3 - 1 4 b) Blitzschlag H 15-18 (weitere Untergliederung vor H 15) c) Explosion H 20-28 (weitere Untergliederung vor H 20) d) Anprall oder Absturz eines bemannten Flugkörpers H 29 e) Löschen, Niederreißen oder Ausräumen H 30 f) Abweichung von der Mehrfachgefahrendeckung H 31 g) Allgemeine Ausschlußtatbestände H 32-83 (weitere Untergliederung vor H 32) 3. Zeitliche Abgrenzung des Vsschutzes H 84

7. Entschädigungsberechnung H 160-175 (weitere Untergliederung vor H 160) 8. Summenmäßige Leistungsbegrenzung H 176-198 (weitere Untergliederung vor H 176) 9. Kostenersatz H 199-203 (weitere Untergliederung vor H 199) 10. Mietausfallschaden H 204 11. Zahlung der Vsentschädigung H 205-217 (weitere Untergliederung vor H 205) 12. Sachverständigenverfahren H 218-239 (weitere Untergliederung vor H 218) II. Nebenpflichten des Feuervers H 240-243 (weitere Untergliederung vor H 240)

4. Vte Sachen H 85-119 (weitere Untergliederung vor H 85)

[Hl]

Schrifttum

Falckenberg Die Gefahrendeckung von der privaten Feuerv in Deutschland, Osterreich, der Schweiz und den Niederlanden, Diss. Hamburg 1972, Fick, Einige Grundbegriffe der Schadenv, Zürich 1918, Hannemann Neubegründung der Lehre vom gedehnten Vsfall und ihre Bedeutung für moderne vsrechtliche Probleme, Diss. Hamburg 1995, Hellmer Der Brandbegriff und die unechten Brandschäden in der deutschen Feuerv, Berlin-Dahlem 1930, Herdt Die mehrfache Kausalität im Vsrecht und ihre Beurteilung bei Vorliegen von Klarstellungen und Ausschlußklauseln, Diss. Hamburg, Karlsruhe 1978, Hoppe Allgemeine Feuervsurkunde, Wien 1912, Kobelt Der adaequate Kausalzusammenhang und der Umfang der Schadendeckung in der privaten Feuerv, Bern 1957, Kürten ZversWiss 1930 S. 263-275, Lahno in: Die Betriebsschadenklausel in der Feuerv, Hamburg 1990 S. 7-12, Meyer-Kahlen VersPrax 1981 S. 167-172, Meyer-KahlenVellguth V W 1963 S. 579-581, Riebeseil NeumZ 1930 S. 927-928, Vossen ZVersWiss 1968 S. 505-520, Wälder ZVersWiss 1971 S. 657-686, derselbe r + s 1988 S. 273 (Urteilsanm.), r + s S. 208 (Urteilsanm.), Wallisfurth V W 1963 S. 135-138. [ H 2]

1. Z u m Begriff des Versicherungsfalls

I n den seit 1 9 0 9 unverändert geltenden §§ 8 2 - 8 4 findet sich keine ausdrückliche D e f i n i t i o n des Begriffs des Vsfalls. E s werden aber zwei M e r k m a l e mehrfach h e r v o r g e h o b e n , die für diesen V s z w e i g wie für alle Sachvssparten v o n wesentlicher B e deutung sind. D a s sind nämlich die v t e n G e f a h r e n und der daraus resultierende S c h a d e n . S o heißt es in § 82, daß der Ver für den durch B r a n d , E x p l o s i o n und B l i t z s c h l a g entstehenden S c h a d e n haftet. D a s wird in § 83 I 1 dahin ergänzend Johannsen/Johannsen

497

Anm. H 2

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

erläutert, daß der Ver den durch die Z e r s t ö r u n g oder die B e s c h ä d i g u n g der v t e n S a c h e n entstehenden S c h a d e n zu ersetzen hat, soweit die Zerstörung oder Beschädigung auf der E i n w i r k u n g d e s F e u e r s beruht oder die u n v e r m e i d l i c h e F o l g e des B r a n d e r e i g n i s s e s ist. Darüber hinaus heißt es in § 83 I 2, daß der Ver auch den Schaden zu ersetzen hat, der bei dem Brand durch L ö s c h e n , N i e d e r r e i ß e n oder A u s r ä u m e n verursacht wird oder der dadurch entsteht, daß vte Sachen bei dem Brand a b h a n d e n k o m m e n . Diese Regelung in § 83 I gilt nach § 83 II entsprechend für die Haftung des Vers für den durch E x p l o s i o n oder B l i t z s c h l a g entstehenden Schaden. Diese gesetzlichen Vorgaben sind für die Entscheidung der Frage zu beachten, ob es in der F e u e r v zum B e g r i f f des V s f a l l e s gehört, daß eine v t e G e f a h r zu einem Schaden an einer v t e n S a c h e führt. Es handelt sich um eine alte Streitfrage des Vsrechts (vgl. dazu Möller Bd II Anm. 32-33 vor §§ 49-80 mit umfangreichen Nachweisen). Mit M ö l l e r a.a.O. ist dahin zu entscheiden, daß es bei der Feuerv als einer A k t i v e n v mit e i n f a c h e r G e f a h r zum Begriff des V s f a l l e s gehört, daß v t e S a c h e n b e s c h ä d i g t werden. Das bedeutet, daß kein Vsfall vorliegt, ehe nicht das Feuer auf eine der vten Sachen eine zerstörende oder beschädigende Wirkung ausübt. Dagegen hat sich allerdings 1985 S i e g C 3 (gestützt auch auf Herdt S. 22 und Falckenberg S. 7) gewandt. Er führt aus, daß die Verwirklichung der vten Gefahr, wodurch eine unmittelbare Bedrohung des vten Schutzobjektes eintrete, der Vsfall sei, jedenfalls im Sinne des z e i t l i c h e n D e c k u n g s b e r e i c h s und des B e g i n n s der R e t t u n g s p f l i c h t . Indessen ist nicht einzusehen, warum ein Ver haften soll, wenn sich während der vten Zeit zwar ein Feuer gebildet hat, dieses jedoch erst nach Ablauf der zeitlichen Eintrittspflicht des Vers vte Sachen in der Form einer Beschädigung oder Zerstörung erfaßt. Vielmehr ist es sachgerecht, daß dieser Schaden vom nachfolgenden Ver getragen wird (vgl. dazu Anm. H 84). Was die Rettungslast anbetrifft, so besteht ebenfalls kein Bedürfnis, entgegen der dargelegten Auffassung zu entscheiden, daß in einer solchen Vsart die Gefahrverwirklichung und der Schaden als Einheit den Vsfall bilden. Denn hier wird ohnedies von der h. M. zu Recht angenommen, daß die Rettungspflicht des Vmers bereits beginnt, wenn der Vsfall u n m i t t e l b a r b e v o r s t e h t (vgl. dazu Möller Bd II Anm. 29 zu § 62 m. w. N., ferner G 152 m. w. Ν.). Auch M a r t i n 3 Β I 9-12 stellt in seinen Grundsatzüberlegungen darauf ab, daß ein Vsfall in der Feuerv erst dann gegeben sei, wenn durch eine vte Gefahr ein Schaden an vten Sachen entstanden sei. Er vertritt dann aber unter Β I 12 die Auffassung, daß ein Vsfall im Sinne der Feuerv im Rahmen eines nach Maßgabe der A F B 30 und 87 abgeschlossenen Vsvertrages anders zu beurteilen sei. Breche dort ein Brand an nicht vten Sachen aus und greife er erst später auf vte Sachen über, so bestimme gleichwohl schon der Ausbruch des Brandes den Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalles. Martin begründet das mit einer nach seiner Meinung seit 50 Jahren unwidersprochen gebliebenen Lehre und Rechtsprechung zu den A F B 30 und 87, die zu G e w o h n h e i t s r e c h t geworden sei (im Ergebnis für die A F B 30 und 87 ebenso, aber ohne einem Gewohnheitsrecht das Wort zu reden, Dörner-Staudinger B K R N 3 zu § 82, Kohlhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 1 zu § 82, Wussow 2 Anm. 1 zu § 13 AFB). Dem ist entgegenzutreten (ablehnend auch Römer-Langheid R N 1 zu § 82, ferner Hannemann S. 15-17). Es gibt kein derartiges Gewohnheitsrecht. Ein solches kann sich schon begrifflich nicht aus einer bestimmten Auslegung der Bedingungen eines Vsvertrages durch das Schrifttum und die Rechtsprechung ergeben. Im übrigen hat Martin auch außer Acht gelassen, daß sich Möller a.a.O. Anm. 32-33 vor §§ 49-80 m. w. N . mit aller Deutlichkeit gegen diese Auffassung ausgesprochen hat. Richtig ist nur, daß sich die Vspraxis im Rahmen der A F B vielfach an die namentlich von Raiser 2 Anm. 1 zu § 14 A F B propagierte Auffassung gehalten haben könnte, daß ein Schaden498

Johannsen/Johannsen

Anm. H 2

I. Hauptpflichten des Feuervers

fall im Sinne der Feuerv schon mit dem Eintritt des Brandereignisses vorliege, für das irgendein Ver Vsschutz zu gewähren hätte, und nicht erst mit dem Eintritt des konkreten Schadens im Rahmen der in Betracht kommenden weiteren Vsverträge. Zur Begründung hatte sich Raiser a.a.O. damals auf drei Gerichtsentscheidungen aus dem Feuervsbereich bezogen. N u r eine davon hat aber entscheidungserheblich auf die später auch von Raiser übernommene Auffassung abgestellt. Namentlich durfte Raiser nicht R G 2 0 . 1 . 1 9 2 5 J W 1926 S. 952-953 m. Anm. von Ehrenberg a.a.O. S. 952 als für seine Meinung sprechend zitieren. In jenem Fall hatte zwar das Berufungsgericht die Auffassung vertreten, daß der Vsfall schon der Eintritt des Elementarereignisses, nämlich der Ausbruch des Brandes, und nicht erst der dadurch herbeigeführte Schaden sei. Das R G hat diese Frage aber ausdrücklich offen gelassen. Es hat den Ver vielmehr verurteilt, weil es die beantragte Erhöhung der Vssumme im Rahmen einer Monopolv bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung als mit materieller Wirkung durch die entsprechenden Erklärungen des Vertreters des Vers als wirksam zustande gekommen bewertete. Das war aber zu einem Zeitpunkt, als noch kein Brand ausgebrochen war. Richtig ist allerdings, daß vom O L G Frankfurt 3 0 . 1 . 1 9 2 9 J R P V 1929 S. 189-190 in diesem Sinne entschieden worden ist. Es ging dabei darum, daß die Erstprämie nach Ausbruch des Brandes kurz vor dem Übergreifen auf vte Sachen gezahlt worden war, und zwar ohne Prämienzahlungsaufforderung durch den Ver (und wohl auch vor einer Vertragsannahme durch diesen). Die zur Urteilsbegründung zusätzlich vorgenommene Festlegung des Begriffs des Vsfalles auf den Ausbruch des Brandes, ohne daß es zu einem Sachschaden an vten Sachen gekommen war, ist aber weder aus dem Gesetz noch aus den Bedingungen überzeugend begründet worden. Das vielfach zitierte Urteil des K G 11. V. 1932 J R P V 1932 S. 2 6 4 - 2 6 5 hat die hier interessierende Frage zur Diskussion gestellt, aber nicht abschließend entschieden. Der Vsschutz wurde letzten Endes wegen grober Fahrlässigkeit im Sinne des § 61 verneint (wobei allerdings zu Unrecht der Bruder des Vmers als Repräsentant im Rahmen einer Fahrzeugv eingeordnet wurde, vgl. dazu Bd V, 1 Anm. J 87 und 99). Es kommt hinzu, daß es weder in den A F B 30 noch in den A F B 87 eine Bestimmung gibt, der zu entnehmen ist, daß der Vsfall in der Feuerv schon eingetreten sein solle, bevor eine vte Sache überhaupt einen Schaden erlitten hat. Insbesondere nennt auch Raiser a.a.O. keine solche Vertragsbedingung. E r hat seine Auffassung vielmehr letzten Endes anhand des § 14 A F B 30 entwickelt, der die Obliegenheiten des Vmers nach Eintritt des Vsfalles betrifft. Es läßt sich auch gar nicht leugnen, daß der Ver an einer Unterrichtung durch den Vmer schon dann interessiert sein kann, wenn das Ubergreifen eines Brandes auf vte Sachen u n m i t t e l b a r b e v o r s t e h t . D o c h genügt diesem Informationsbedürfnis der allseits befürwortete vorverlegte Beginn der Rettungspflicht des Vmers im Sinne des § 62 (vgl. dazu wiederum Möller Bd II Anm. 29 zu § 62 m. w. N.; ferner G 152). Das gilt insbesondere deshalb, weil der Vmer im Rahmen dieser Rettungspflicht auch, soweit möglich, Weisungen des Vers einzuholen hat (dazu G 151). Bemerkenswert ist im übrigen, daß in manchen Sachvsbedingungen ausdrücklich eine Vsfallbestimmung im Sinne der hier vertretenen Auffassung enthalten ist. So heißt es in § 4 Nr. 2 V H B 74 (und ebenso in §§ 6 Nr. 2 V G B 62, 3 Nr. 2 A W B 68 und § 3 Nr. 2 A S t B 68) ausdrücklich:

„Der Vsfall tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem sich eine vte Gefahr an vten Sachen zu verwirklichen beginnt" Ungeachtet dessen, daß solche Definitionen in den V H B 84, V G B 88, AWB 87 und AStB 87 nicht mehr enthalten sind, vertritt Martin 3 Β I 2 0 - 2 1 zu Recht die Auffassung, daß auch zu diesen Verträgen die Vsfallbestimmung in dem Sinne vorzunehmen ist, daß maßgebend auf das Ubergreifen der vten Gefahr auf vte Sachen abzustellen sei. Johannsen/Johannsen

499

Anm. H 2

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

Zur Begründung verweist Martin a.a.O. auf den dafür sprechenden Wortlaut des § 3 VHB 84 (und den der §§ 4 Nr. 1 VGB 88, 1 Nr. 1 AWB 87 und 1 Nr. 1 AStB 87). In § 3 V H B 84 heißt es aber sinngemäß, daß vte Sachen entschädigt werden, die durch vte Gefahren zerstört oder beschädigt werden oder infolge eines solchen Ereignisses abhanden kommen. Nichts anderes besagt aber § 1 AFB 87, wenn es dort heißt, daß der Ver Entschädigung leistet für vte Sachen, die durch Brand (oder die anderen vten Gefahren) zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen. Das wird von Martin a.a.O. auch ausdrücklich erwähnt. Er kann sich nur nicht von seinem unzutreffenden Ausgangspunkt lösen, daß es zu den AFB 30 (und 87) ein entgegengesetztes Gewohnheitsrecht gebe. Das Gesagte darüber, daß maßgebend für den Eintritt des Vsfalles die Beeinträchtigung vter Sachen durch die vte Feuersgefahr sei, gilt gedanklich im gleichen Maße für die weiter vten Gefahren. Bei E x p l o s i o n e n und B l i t z e i n s c h l ä g e n treten die Schäden allerdings zumeist sogleich ein, sodaß deshalb ein solcher Schadenfall in der Diskussion über den Begriff des Vsfalls in der Feuerv nicht besonders erwähnt wird. Denkbar ist allerdings, daß ein Blitz in das Haus des Vmers A einschlägt und dieses sofort zu brennen anfängt. Dort ist der Vsfall somit sogleich mit dem Einschlagen des Blitzes gegeben. Es leuchtet jedoch ein, daß für den Vmer B, dessen Haus dem des A benachbart ist, der Vsfall im Sinne obiger Ausführungen erst dann eintritt, wenn auch sein Haus vom Brand erfaßt wird. Entsprechendes gilt für Schäden, die durch den Absturz von F l u g z e u g e n und F l u g z e u g t e i l e n verursacht werden. Zu Einzelheiten der Abgrenzung der zeitlichen Leistungspflicht des Vers vgl. B G H 6. III. 1991 VersR 1991 S. 460-462 = r + s 1991 S. 171-173 und H 84 m. w.N. Besonderheiten gelten für die F e u e r b e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g s v als einer A k t i v e n v mit k o m p l e x e n G e f a h r e n (vgl. dazu Möller a.a.O. Anm. 33 vor §§ 49-80). Hier ist der Vsfall so definiert, daß es auf eine U n t e r b r e c h u n g des B e t r i e b e s als Folge eines Schadens durch eine vte Gefahr an einer dem Betrieb dienenden Sache ankommt. Damit führt erst die Unterbrechung zum ersatzpflichtigen Unterbrechungsschaden; der Eintritt des Vsfalls im Sinne der Gefahrverwirklichung hat aber schon zu dem Zeitpunkt begonnen, in dem der Brand die dem Betrieb dienende Sache ergreift (so B G H 14. XI. 1957 VersR 1957 S. 781-782 zu einer währungsrechtlichen Umstellungsfrage mit der damals für den Vmer nachteiligen Konsequenz, daß es sich um eine vor der Währungsreform vom 20. VI. 1948 entstandene Vsforderung handelte, sodaß eine Eintrittspflicht des Vers nur im Umstellungsverhältnis 10:1 gegeben war). Vgl. ergänzend Κ 3 m. w. Ν.

2. Versicherte Gefahren a) Brand Gliederung: aa) bb) cc) dd) ee)

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Vsrechtlicher Feuerbegriff Η 3 Bestimmungsgemäßer Herd Η 4 Ausbreitung aus eigener Kraft Η 5 Brandort Η 6 Brandspezifische Ausschlußtatbestände Η 7-13 aaa) Betriebsschädenklauseln Η 7-11 α) Grundsätzliches Η 7 β) Einzelheiten Η 8 γ) Abweichende Regelungen Η 9

δ) Bestimmungswidriger Ausbruch glühendflüssiger Schmelzmassen Η 10 ε) Fermentationsschäden Η 11 bbb) Sengschäden Η 12 ccc) Schäden an elektrischen Einrichtungen durch Kurzschluß, Uberstrom und Uberspannung Η 13 ff) Beweislast Η 14

Johannsen/Johannsen

Anm. H 3

I. Hauptpflichten des Feuervers

[ H 3] aa) Versicherungsrechtlicher Feuerbegriff In § 1 Nr. 2 A F B 87 wird der vsrechtliche Brandbegriff wie folgt definiert:

„ Brand ist ein Feuer, das ohne einen bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist oder ihn verlassen hat und das sich aus eigener Kraft auszubreiten vermag". In § 1 II 1 A F B 30 hieß es dagegen:

„Als Brand gilt ein Feuer, das ohne einen bestimmungsgemäßen Herd standen ist oder ihn verlassen hat und sich aus eigener Kraft auszubreiten mag (Schadenfeuer). "

entver-

Ein für die Abgrenzung des Vsschutzes erheblicher Unterschied ist bei wertender Betrachtung zwischen den beiden Fassungen nicht zu erkennen. Es handelt sich vielmehr lediglich um Änderungen, die als sprachliche Verbesserungen zu verstehen sind. Zu bedauern ist dabei, daß der dem Verständnis der Vmer von dem, was vert sein soll, sehr entgegenkommende Ausdruck „Schadenfeuer" gestrichen worden ist. Allerdings ist den Bedingungsverfassern einzuräumen, daß diesem in Klammern gesetzten Ausdruck keine selbstständige Abgrenzungsfunktion in Bezug auf den Brandbegriff beizumessen war. Deshalb ist er schon von Raiser 2 Anm. 13 zu § 1 A F B 30 und Ehrenzweig S. 294 F N 2 als entbehrlich eingeordnet worden. Indessen ist es verfehlt, daraus den Schluß zu ziehen, daß der Vsfall in der Feuerv bereits bei Vorliegen eines Brandes gegeben sei, auch wenn dieser sich nicht schädigend auf vte Sachen ausgewirkt habe. Vielmehr ist entgegen der von S i e g unter C 3 vertretenen Auffassung daran festzuhalten, daß der Vsfall in der Feuerv erst dann eingetreten ist, wenn sich die vte Gefahr auf vte Sachen im Sinne einer Beschädigung oder Zerstörung erstreckt (streitig, vgl. M ö l l e r Bd II Anm. 3 2 - 3 3 vor §§ 4 9 - 8 0 m. w. N.; ferner H 2 und 84 m. w. N.; im Falle B G H 6. III. 1991 VersR 1991 S. 4 6 0 - 4 6 2 = r + s 1991 S. 171-173 war diese Frage nicht entscheidungserheblich). Wichtigster Bestandteil des vsrechtlichen Brandbegriffs ist der des Feuers. Dieser Begriff ist weder im Gesetz noch in den Bedingungen näher definiert. Nach herrschender Meinung ist der Begriff des Feuers dahin zu verstehen, daß es sich um einen V e r b r e n n u n g s v o r g a n g (Oxydationsvorgang) mit L i c h t e r s c h e i n u n g handelt. Erforderlich ist, daß sich eine Flamme gebildet hat. Demgemäß fallen auch G l ü h e n u n d G l i m m e n unter den Feuerbegriff (Dörner-Staudinger in B K R N 5 zu § 82, Falckenberg S. 7, Fick S. 22, Helmer S. 9, 32-35, 120-125, Herdt S. 22, Hoppe S. 11, Kobelt S. 12, Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 82, Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 82, Martin 3 C I 3-18, Raiser 2 Anm. 7 zu § 1 A F B 30, Renold S. 38-39, Riebeseil NeumZ 1930 S. 928, Wussow 2 Anm. 5 zu § 1 AFB). Dagegen weicht Ehrenzweig S. 293 von dieser h. M. insofern ab, als er ein Glimmen dem Brandbegriff nicht zurechnet (ebenso Bruck 7 Anm. 4 zu § 82, Vossen ZVersWiss 1968 S. 517; so aber auch Kollhosser a.a.O. R N 6 zu § 82 [anders R N 3 a.a.O.]). Der h . M . ist jedoch beizupflichten, da ein Glimmen ebenfalls ein Brennen mit offener Flamme darstellt. Diese Branddefinition ist ursprünglich aus der Verkehrsanschauung unter besonderer Berücksichtigung des verständig abzugrenzenden Feuervsschutzes entwickelt worden. Nähere physikalische Abgrenzungen zum Begriff des Feuers sind aus naturwissenschaftlicher Sicht von V o s s e n ZVersWiss 1968 S. 514-520 und W ä l d e r ZVersWiss 1971 S. 6 5 7 - 6 8 6 vorgenommen worden. Anlaß dafür waren sog. E i s e n b r ä n d e . Dabei geht es darum, daß verdichteter, reiner Sauerstoff die stählerne Armatur im Inneren von Kompressoren zum Glühen bringt. Das kann in technischer Sicht darauf beruhen, daß die im Inneren der Kompressoren sich befindenden Dichtungsmanschetten, die wassergekühlt sind, trockenlaufen oder ein Fremdkörper aus Stahl in den SauerJohannsen/Johannsen

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Anm. H 3

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

stoffstrom gelangt. V o s s e n a.a.O. vertritt die Auffassung, daß Oxydationsvorgänge, die auf die Einwirkung verdichteten oder konzentrierten Sauerstoffs zurückzuführen sind, nicht unter den Begriff des Brandes fallen. Im übrigen geht er davon aus, daß ein Feuer im vsrechtlichen Sinne nur dann gegeben sei, wenn eine Oxydation vorliege, das heißt die Verbindung eines beliebigen Stoffes mit dem Sauerstoff der atmosphärischen Luft. Diese Oxydation müsse unter Lichterscheinung, ferner als exothermer Vorgang, das heißt unter Wärmeentwicklung, und letzten Endes auch mit einer Reaktionsgeschwindigkeit in der Größenordnung von wenigen cm/sec vor sich gehen. Diesen Definitionen ist W ä l d e r a.a.O. entgegengetreten. Er weist darauf hin, daß in der modernen Naturwissenschaft die Verbrennung nicht allein als Oxydation betrachtet werde, bei der der oxydierende Stoff Elektronen abgebe, sondern auch als Reduktion, bei der Elektronen aufgenommen werden. Der zusammenhängende Vorgang von Oxydation und Reduktion, bei dem zwischen Reduktions- und Oxydationsmittel Elektronen ausgetauscht werden, sei maßgebend für die Bestimmung einer Verbrennung im Sinne des Feuerbegriffs. In diesem Zusammenhang weist Wälder auch darauf hin, daß es außer Sauerstoff auch noch andere Oxydationsmittel gebe. Er nennt als solche Oxydationsmittel Fluor, Chlor und Brom. Auch derart entstehende Verbrennungsschäden müßten als vert akzeptiert werden; ein Hinzutreten von Sauerstoff sei nicht erforderlich (Wälder a.a.O. S. 679). Der Auffassung von Vossen a.a.O., daß auf der Einwirkung verdichteten und konzentrierten Sauerstoffs beruhende Oxydationsvorgänge nicht unter den Begriff des Brandes fallen, kann nicht gefolgt werden. Sie hat auch allgemeine Ablehnung gefunden (vgl. Falckenberg S. 9, Herdt S. 23-28, Kollhosser in Prölss-Martin R N 3 zu § 82, Martin 3 C 1 48, Wälder a.a.O. S. 672 und 681). Es ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus dem Bedingungswerk eine solche Eingrenzung des Vsschutzes. In Ubereinstimmung mit der Verkehrsauffassung sind demgemäß auch derartige Sonderfälle aus dem naturwissenschaftlichen Spektrum dem Feuerbegriff des Vsrechts zuzuordnen. Daß solche Brandfälle nicht in die Vorstellungswelt der Bedingungsverfasser zur Zeit der Einführung der Feuerv gelangen konnten, ändert nichts daran, daß es sich um Geschehnisse handelt, die alle typischen äußeren Merkmale des Brandbegriffs aufweisen. Wenn man daher für solche atypischen Fälle keinen Vsschutz gewähren will, so bedarf es einer ausdrücklichen Vereinbarung im Vertragsgefüge der Parteien. Dabei können sich wegen der heute üblichen Deckung solcher Gefahren im Anwendungsbereich allgemeiner Vsbedingungen gegen eine solche Ausschlußklausel gemäß § 9 A G B G bzw. § 307 B G B n. F. Bedenken ergeben, einem derartigen Ausschluß müßten demgemäß Verhandlungen mit dem Vmer zu dieser Frage vorausgehen. Es ist der Auffassung von Wälder a.a.O. auch darin beizupflichten, daß bei einem R e d u x v o r g a n g , also einem Elektronenaustausch zwischen Reduktions- und Oxydationsmitteln, ebenfalls ein Feuerereignis vorliegt. Zum Begriff des Brandes gehört es also nicht, daß eine Oxydation in Verbindung mit Sauerstoff stattfindet (ebenso Falckenberg a.a.O., S. 9-10, Herdt S. 23-25; Kollhosser in Prölss-Martin R N 3 zu § 82; a. M. Martin 3 C I 53 [anders aber in der 1. Auflage unter C 115]). - Vossen a.a.O. S. 515 hat ferner eine gewisse Reaktionsgeschwindigkeit in der Größenordnung von einigen wenigen cm/sec als begriffsnotwendig für das Vorliegen eines Feuers angesehen. Dem ist ebenfalls nicht beizupflichten. Die Verkehrsauffassung oder vsrechtlichen Bedingung ergeben für eine solche Begriffsabgrenzung keinen Anhaltspunkt; auch ist ein praktisches Bedürfnis für eine solche Einschränkung des Vsschutzes nicht ersichtlich (ablehnend auch Falckenberg S. 8, Herdt S. 8, Wälder a.a.O. S. 662).

502

Johannsen/Johannsen

Anm. H 4

I. Hauptpflichten des Feuervers

[ H 4] bb) Bestimmungsgemäßer Herd Wesentlich für den vsrechtlichen Feuerbegriff ist ferner, daß es sich um ein Feuer ohne Herd handeln muß. Durch die Aufnahme dieses Begriffs in die Branddefinition wird das gefährliche Schadenfeuer von einem ungefährlichen Nutzfeuer abgegrenzt (vgl. Falckenberg S. 10, Herdt S. 27). Angesichts dieser verständlichen Intention wäre es eigentlich gut gewesen, wenn der Begriff des Schadenfeuers im Bedingungswerk beibehalten worden wäre. Ein bestimmungsgemäßer Herd ist jede Ausgangsstelle eines Feuers, die dazu bestimmt ist, das Feuer zu erzeugen oder aufzunehmen. Als Hauptbeispiele sind dafür Ofen und Gasherde oder die früher benutzten Küchenherde zu nennen, die noch mit brennbarem Material betrieben wurden. Maßgebend ist die Auffassung des Verkehrs. Dabei kommt es für die Auslegung des Begriffs „bestimmungsgemäßer Herd" auf eine Abgrenzung nach objektiven Gesichtspunkten an, nicht darauf, ob es z . B . sinnvoll ist, in einem Ofen bestimmte Gegenstände zu verbrennen oder nicht (vgl. dazu Falckenberg S. 10, Herdt S. 10-11, 27, Kürsten ZVersWiss 1930 S. 266-267, w . N . bei Herdt S. 27 Anm. 38). In der Praxis spielt diese Abgrenzung allerdings keine große Rolle. Es wird nur als Kuriosität und nicht als schmerzliche Lücke angesehen, daß kein Feuervsschutz besteht, wenn versehentlich in einen Ofen geratene Gegenstände verbrannt werden. Soweit sich das Feuer aus dem bestimmungsgemäßen Herd entfernt, liegt dann ein Schadenfeuer vor, wenn andere Sachen außerhalb des Herdes brennen. Hier ist allerdings zu prüfen, ob der Ausschlußgrund der sogenannten B e t r i e b s s c h ä d e n im Sinne des § 1 Nr. 5 a) A F B 87 gegeben ist (vgl. dazu H 7-8). Wenn eine Zigarre oder ein Streichholz als Herd bezeichnet wird, so ist das zumeist nur ein theoretisches Beispiel. Kommt es jedoch durch diese Herde zu einem Schadenfeuer, dann liegt gewiß eine Eintrittsverpflichtung des Vers vor. So dienen diese im Schrifttum vielfach genannten Beispiele (vgl. dazu Herdt S. 27) nur dazu, dem Vmer zu verdeutlichen, daß dadurch angerichtete S e n g s c h ä d e n nicht vert sind. Das wird aber ohnedies durch § 1 Nr. 5b) A F B 87 klargestellt (vgl. dazu H 7-8). Der in § 1 Nr. 2 A F B aufgeführte Fall eines Feuers, das keinen bestimmungsgemäßen Herd hat, liegt insbesondere bei einer Feuerentstehung durch Blitzschlag, Kurzschluß und Selbstentzündung vor, ferner bei einem Feuer, das als Folge einer Explosion entsteht. Wirft jemand in einen Öltank ein brennendes Streichholz, so fällt es schwer, das unter den Begriff des Verlassens eines bestimmungsgemäßen Herdes zu subsumieren, jedenfalls dann, wenn es sich um ein Handeln zur Brandstiftung gehandelt hat. Im Sinne gängiger Definition war dann der Streichholz der Herd. Bedeutungsvoll ist die Abgrenzung aber nicht, da entscheidend ist, daß nach allen Auffassungen dann der Brand den Herd verlassen hat, so daß für diesen Teil des Schadens der Ver einzutreten hat. Umstritten ist, ob ein in der Pfanne liegender Sonntagsbraten, der Feuer gefangen hat, einem bestimmungsgemäßen Herd zuzurechnen ist. Der Beispielsfall muß dabei so gedacht werden, daß es sich um einen Küchenherd mit offener Flamme handelt. Herdt S. 28 ist der Auffassung, daß das Feuer hier den bestimmungsgemäßen Herd verlassen habe (a.M. Falckenberg S. 11; w . N . bei Herdt S. 28 Anm. 43). Dem ist beizupflichten. Denn es handelt sich aus der durchschnittlich verständigen Sicht eines Vmers um einen Brandschaden. O b man das Geschehen als vswürdig ansehen will, ist allerdings dann, wenn der Schaden sich auf das Verbrennen des Sonntagsbratens mit offener Flamme beschränkt, in Zweifel zu ziehen. Im Geltungsbereich der A F B spielt dieser Auslegungsstreit keine Rolle, da der Schaden gemäß § 1 Nr. 5 a) A F B 87 in jedem Fall ausgeschlossen ist; denn dieser Braten war einem Nutzfeuer oder der Wärme im Sinne dieser Klausel ausgesetzt. Zu beachten ist aber, daß es zwar in den Johannsen/Johannsen

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H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Anm. H 5

V H B 66 und 84 eine § 1 Nr. 5 a) A F B 87 entsprechende Ausschlußklausel gibt, daß diese aber in den V H B 92 entfallen ist (vgl. dazu H 9 m. w. Ν.). Wird am Strand ein O s t e r f e u e r entfacht, so handelt es sich um ein Nutzfeuer. Soweit benachbarte Häuser durch S o t t oder R u ß verdreckt werden, haftet der Feuerver nicht. Entsprechendes gilt, wenn ein Landwirt in an archaische Zustände erinnernder Weise ein ganzes Feld zur Vorbereitung einer späteren Nutzung abfackelt. [ H 5] cc) Ausbreitung aus eigener K r a f t Zum Begriff des Brandes gehört es auch, daß sich das Feuer a u s e i g e n e r K r a f t a u s z u b r e i t e n vermag. Das bezieht sich nicht nur auf diejenigen Fälle, in denen das Feuer einen bestimmungsgemäßen Herd verlassen hat, sondern auch auf diejenigen, in denen das Feuer ohne einen solchen bestimmungsgemäßen Herd entstanden ist (vgl. dazu Falckenberg S. 11, Herdt S. 29, besonders klar Wälder r + s 2000 S. 208 m.w. N.; a. M. Wussow 2 Anm. 17 zu § 1 A F B 30). Das bedeutet, daß dann, wenn sich der Verbrennungsprozeß auf die Stelle der unmittelbaren Einwirkung beschränkt und mit der Beschädigung auch schon beendet ist, keine Eintrittsverpflichtung des Vers gegeben ist (so Herdt S. 12, Kürsten ZVersWiss 1930 S. 273, Raiser 2 Anm. 10 zu § 1 A F B 30). Der Sache nach ebenso O L G Hamm 16. III. 1984 VersR 1984 S. 749 für den Fall eines auf einen Kurzschluß zurückzuführenden sogenannten Kabelschadens (Zersetzung eines Kabels mit Lichterscheinung und der Verbreitung dabei frei werdender Gase, vgl. dazu auch Η 13). In diesem Sinne ist der Vsschutz auch zu Recht vom O L G Hamm 6. V. 1992 VersR 1993 S. 220-221 für einen Fall verneint worden, in dem infolge einer Störung der Heizungsanlage die Heizölzuführung nicht abgeschaltet wurde, was aber nur zu einer starken Verrußung des Gebäudes und einer Beschädigung der Heizungsanlage führte. Abweichend O L G Hamburg 2 . X . 1986 VersR 1987 S. 479-480 = r + s 1990 S. 206208 mit kritischer Anm. von Wälder a.a.O. S. 208. Es handelte sich ebenfalls um einen Kabelbrand, der sich unter normalen Umständen aus eigener Kraft nicht hätte fortentwickeln können. Das Gericht bejahte unter Bezugnahme auf Wussow a.a.O. das Vorliegen eines Schadenfeuers und führte zusätzlich aus, daß § 1 II 1 A F B 30 wegen seiner Unklarheit zu Gunsten des Vmers auszulegen sei. Es ist zu beachten, daß es sowohl im Falle O L G Hamm 16. III. 1984 a.a.O. wie in dem des O L G Hamburg 2. X . 1986 a.a.O. nicht um den Ersatz des am Kabel entstandenen Schadens ging. Vielmehr betraf der erstgenannte Fall den Verderb von Fleischwaren als Folge des Ausfalls der Kühlanlagen. Eine Ersatzpflicht wurde zu Recht verneint, da es im Rechtssinne nicht gebrannt hatte, sondern letzten Endes nur ein nicht vter Kabeldefekt die Ursache für den Verderb der Fleischwaren war. Das ist eine nachvollziehbare Abgrenzung, die heute in den A F B 87 dadurch deklaratorisch verdeutlicht wird, daß solche Schäden in § 1 Nr. 5d) ausdrücklich als ausgeschlossen aufgeführt werden (vgl. Η 13). Bei dem vom O L G Hamburg zu beurteilenden Fall ging es dagegen um Kosten, die durch einen nach einer Beurteilung nach objektiven Grundsätzen unnötigen L ö s c h e i n s a t z entstanden waren. Hingegen sah es subjektiv für den Vmer so aus, daß ihn eine R e t t u n g s p f l i c h t traf. Nach der Sachverhaltsschilderung gab es in dem TextilEinzelhandelsgeschäft nach Zischgeräuschen und Flackern der Beleuchtung einen Knall und es platzte eine Stelle des Putzes ab. An dieser etwa 3 cm breiten Stelle zeigte sich eine Flamme von mindestens 10 cm Länge, die sich in einem Zeitraum von 20 Minuten vergrößerte. In dieser Zeit versuchte der Vmer zunächst vergeblich, die Flamme aus einer Blumenspritze zu löschen. Danach wurden erfolgreich zwei Feuerlöscher eingesetzt. Durch den Einsatz der Feuerlöscher hatte das Löschpulver die im 504

Johannsen/Johannsen

Anm. H 5

I. Hauptpflichten des Feuervers

Verkaufsraum befindlichen Textilien verschmutzt. D e r Vmer erhob deshalb Klage auf Zahlung von D M 1 2 3 6 3 7 , - . Der Meinung des O L G Hamburg, daß es sich hier um einen ersatzpflichtigen Schaden im Sinne einer unvermeidlichen Folge eines Brandes handle, ist nicht zu folgen (vgl. dazu Wälder a.a.O. S. 208). Denn es handelte sich um eine Flammenbildung, die an O r t und Stelle normalerweise nicht zu einem Feuerschaden an dritten Sachen führen konnte. Das Urteil ist aber im Ergebnis richtig, da vom Ver eine Leistung aus dem vom Gericht nicht erwähnten Gesichtspunkt des Rettungskostenersatzes zu erbringen war, und zwar in erweiternder Auslegung der §§ 62, 63 (so B G H 3. V I . 1987 r + s 1990 S. 2 0 6 - 2 0 8 , der deshalb keine Veranlassung sah, die Revision anzunehmen. Dagegen läßt sich freilich von einem streng logischen Standpunkt einwenden, daß ein Feuer, das sich nicht ausbreiten könne und nach einer gewissen Zeit von selbst verlöschen werde, keines Löschens bedürfe. Indessen ist zu bedenken, daß der Vmer in eigener Verantwortung entscheiden mußte, ob er einer Rettungspflicht zu entsprechen habe. Angesichts des vergeblichen Versuchs, die Flammen mit Wasser zu löschen, der Länge der Flamme und des erheblichen Zeitraums, in dem sich diese irregulär entstandene Flamme auch noch vergrößerte, war aus der Sicht eines verständigen Vmers im Interesse auch des Vers der Einsatz der Feuerlöscher geboten. Nach Treu und Glauben sind daher in solchen Grenzsituationen, in denen der Vmer davon ausgehen konnte, daß ohne sein Eingreifen ein sehr viel höherer Schaden entstehen würde, die letzten Endes aus unnützen Rettungshandlungen entstehenden Schäden zu ersetzen. Wenn dem Vmer im Rahmen einer erweiternden Auslegung der Rettungspflicht angesonnen wird, schon dann einzugreifen, wenn ein Vsfall u n m i t t e l b a r b e v o r s t e h t , dann ist es auch sachgerecht, die Kosten für eine nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhenden Fehleinschätzung dem Ver anzulasten (vgl. auch G 158). Als Feuer, das sich aus eigener Kraft fortentwickeln kann, ohne dabei ein sogenanntes Nutzfeuer zu sein, ist es dagegen zu bewerten, wenn sich außen auf einer Heizungsleitung in einem Schiff R u ß ansammelt, der durch die Wärme der Rohre in Brand gerät (so B G H 7. II. 1983 VersR 1983 S. 4 7 9 - 4 8 1 , der die Eintrittspflicht des Vers allerdings wegen fehlender Betriebstüchtigkeit im Sinne einer speziellen Klausel zu § 58 A D S verneinte). Einen Grenzfall ähnlicher Art behandelt L G Köln 25. III. 1987 VersR 1987 S. 1002 [nur LS], Das Gericht führt aus, daß nicht die Laterne, sondern die Kerze darin als der bedingungsgemäße Herd eines Feuers im Sinne des § 1 II 1 A F B 30 einzuordnen sei; wenn die Laternenhülle durch die Kerze entflammt werde, so habe das Feuer seinen bestimmungsgemäßen Herd verlassen, sodaß durch das Brennen der Hülle entstehende Schäden an anderen Sachen (auch Sengschäden, sei es auch an einem feuerhemmenden Teppich) ersatzpflichtig seien. Darin unterscheidet sich dieser Fall von dem des A G Köln 10. III. 1988 r + s 1989 S. 197-198, das für einen Schaden, den sog. Wunderkerzen an einem Teppich angerichtet hatten, den Vsschutz verneint, weil sich angesichts der Beschaffenheit des Teppichbodens ein Schadenfeuer nicht auszubreiten vermochte. In diesem Sinne auch A G Hamburg 18. III. 1981 VersR 1982 S. 335 = ZfS 1982 S. 184 in einem Fall, in dem die Ehefrau des Vmers mit dem Ärmel ihres Seehundmantels beim Telefonieren in eine brennende Kerze geraten war. Die Kerze wurde von einer dritten Person zurückgerissen. Die Ersatzpflicht des Vers wurde verneint, weil nach dem vom Gericht eingeholten Gutachten Seehundfelle nicht brennen. Wenn diese gutachterliche Äußerung zutreffend ist, entspricht das Urteil der Rechtslage. Es handelt sich dann um einen Seng- oder Schmorschaden als Folge eines Nutzfeuers, das kein weiteres Feuer im Sinne eines unter den Vsschutz fallenden Ereignisses ausgelöst hat (für einen ähnlich gelagerten Kerzenumfallschaden vgl. auch A G Frankfurt a. M. 7. V I I I . 1987 r + s 1987 S. 3 5 1 - 3 5 2 mit kritischer Anm. von Wälder a.a.O.). Zu Recht ist dagegen vom O L G H a m m 2 4 . X . 1990 VersR 1991 S. 9 2 3 - 9 2 4 = Johannsen/Johannsen

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Anm. H 6

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

r + s 1991 S. 58-59 der Vsschutz in einem Fall bejaht worden, in dem ein brennender Holzstapel in einem Kamin umgefallen war, so daß an der Einrichtung und dem Hausrat ein Brandschaden entstand. Das Gericht hob dabei hervor, daß ein derartiger Fall sich deutlich von den nicht vten Schäden durch herausschlagende Flammen ohne Bildung eines eigenen Brandherdes unterscheide. [H 6] dd) Brandort Im Regelfall wütet der Brand, der die vten Sachen beschädigt oder vernichtet, am V s o r t (vgl. dazu H 121). Denkbar ist es aber auch, daß ein Brand in mehr oder minder großer Entfernung vom Vsort entsteht und daß Sachen des Vmers, ohne daß sie in Brand geraten, durch R a u c h oder R u ß Schaden erleiden. In § 1 I l l b ) AFB 30 heißt es dazu, daß für Schäden gehaftet wird, wenn sie die u n v e r m e i d l i c h e F o l g e eines Ereignisses im Sinne des § 1 I sind und das E r e i g n i s auf dem G r u n d s t ü c k , auf dem sich die vten Sachen b e f i n d e n , oder auf einem N a c h b a r g r u n d s t ü c k eingetreten ist. Daraus ist zu schließen, daß solche Fernschäden vom Vsschutz ausgeschlossen sein sollen, die nicht von einem „Nachbargrundstück" herrührten. Diese Formulierung hatte zur Folge, daß häufig über die Auslegung des Begriffs des „Nachbargrundstücks" gestritten werden konnte. Der Ver haftet jedenfalls für Folgeschäden aus einem Brand außerhalb des Vsortes nicht unbeschränkt (vgl. Möller Bd II Anm. 152 zu § 49 m. w. N.). Ein solcher Brandfolgeschaden stellt aber durchaus ein vsschutzwürdiges Ereignis dar. Aus dieser Erkenntnis heraus ist in § 1 AFB 87 für derartige Fälle keine örtliche Begrenzung des Vsschutzes auf aus Bränden auf Nachbargrundstücken resultierende Folgeschäden mehr vorgenommen worden. Aus dieser neuen Bedingung ist zu schließen, daß es n i c h t e r f o r d e r l i c h ist, daß der Brand am V s o r t ausbricht oder sich mit seinem Flammen- oder Glutteil darauf erstreckt. An einer solchen Verknüpfung fehlt es im Gesetz und nunmehr auch im Bedingungsrecht. Das bedeutet, daß die durch einen Brand an einem mehr oder weniger weit entfernten Hausgrundstück eines Dritten den Vmer treffenden Sachschäden vom Vsschutz in seiner Feuerv erfaßt werden, obwohl auf dem Vsort kein Brand gegeben war (ebenso Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 82, Martin3 Β I 13, a. M. Hannemann S. 16-17, deren Auslegung aber den Zweck der Bedingungsänderung nicht hinreichend berücksichtigt). Dafür, daß es Voraussetzung für eine derartige Eintrittspflicht des Vers ist, daß es sich bei solchen Rauch-, Ruß- oder Sottschäden um die Folge eines vten Brandes handelt und nicht um die Folge eines Nutzfeuers, vgl. H 5 I . E . - Bei solchen Folgeschäden eines Brandes kann es sich ferner um Schäden durch h e r a b s t ü r z e n d e G e b ä u d e t e i l e handeln. Zu diesen am Vsort eintretenden Schäden können auch die in § 83 I 2 gesondert aufgeführten Niederreißschäden gehören. Gedacht werden könnte dabei ζ. B. an das Einreißen von vten Häusern, die nicht vom Brand erfaßt sind, um bei einem Großbrand eine Brandschneise zum Schutze weiterer Gebäude zu errichten (vgl. ergänzend H 30). Soweit bei Altverträgen eine Umstellung auf die AFB 87 noch nicht erfolgt ist, muß beachtet werden, daß im Normalfall trotz der Regelung in § 1 III b AFB 30 diese Einschränkung wegen üblicherweise vereinbarter abweichender Klauseln nicht mehr zum Tragen kommt (vgl. Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 1 AFB 30). Auch in den V H B 84 fehlt es an einer solchen örtlichen Begrenzung. - Dafür, daß es auch beim E x p l o s i o n s r i s i k o nicht erforderlich ist, daß sich eine derartige Explosion auf dem im Vsvertrag angegebenen Vsort zugetragen hat, vgl. H 25 m. w. Ν.

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Johannsen/Johannsen

Anm. H 7

I. Hauptpflichten des Feuervers

ee) Brandspezifische Ausschlußtatbestände [H 7] aaa) Betriebsschädenklauseln α) Grundsätzliches In § 1 Nr. 5 a) AFB 87 ist bestimmt, daß sich die V nicht auf Brandschäden erstreckt, die an vten Sachen dadurch entstehen, daß sie einem N u t z f e u e r oder der W ä r m e zur B e a r b e i t u n g oder zu s o n s t i g e n Z w e c k e n ausgesetzt werden. Dabei gelten nach dem letzten Satz der Bestimmung als einem N u t z f e u e r oder der W ä r m e ausgesetzt auch Sachen, in denen oder durch die N u t z f e u e r oder W ä r m e e r z e u g t , v e r m i t t e l t oder w e i t e r g e l e i t e t wird. Im Gesetz findet sich eine derartige Eingrenzung der Haftung des Vers nicht. Der Gesetzgeber war sich des Problems dieser Betriebsschäden aber wohl bewußt. Es heißt dazu (Begr. I S. 91): „ Übrigens setzt die Haftung des Vers für einen Feuerschaden immer voraus, daß es sich um einen durch ein Brandereignis verursachten Schaden handelt. Solche Schäden, welche die vten Gegenstände durch ein Feuer erleiden, dem sie ihrer Bestimmung gemäß ausgesetzt werden, hat der Ver nicht zu ersetzen. Eine ausdrückliche Vorschrift hierüber ist entbehrlich. Der Begriff des Brandereignisses führt von selbst zu diesem Ergebnis. " Es ist einleuchtend, daß die Ver ungeachtet dieser gesetzgeberischen Überlegungen zur Klarstellung dieses Grundsatzes seit jeher § 1 Nr. 5 a) AFB 87 entsprechende Klauseln in den Feuervsbedingungen verwendet haben. Die Regelung in § 1 Nr. 5 a) AFB 87 ist daher nicht als unangemessene Benachteiligung des Vmers im Sinne der §§ 9 AGBG, 307 B G B n.F. zu qualifizieren (ebenso Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 1 AFB 30). § 1 Nr. 5 a) AFB 87 weicht im Wortlaut von § 1 II 2 AFB 30 ab. Dort wird zwar auch bestimmt, daß Schäden nicht unter den Vsschutz fallen, die an den vten Sachen dadurch entstehen, daß sie einem Nutzfeuer oder der Wärme zur Bearbeitung oder zu sonstigen Zwecken (z.B. zum Räuchern, Rösten, Kochen, Braten, Trocknen, Plätten) ausgesetzt werden. Es fehlte aber der in § 1 Nr. 5 a) AFB 87 nachfolgende Erläuterungssatz, daß einem Nutzfeuer oder der Wärme auch die Sachen ausgesetzt seien, in denen oder durch die Nutzfeuer oder Wärme erzeugt, vermittelt oder w e i t e r g e l e i t e t w i r d . Das ausdrücklich zu erwähnen, ist den Bedingungsverfassern 1930 noch als überflüssige Klarstellung und demgemäß als entbehrlich erschienen. Demgemäß war ein solcher Zusatz in den Entwürfen zur Neufassung der AFB bis zum August 1986 nicht enthalten. Bis dahin hatte man § 1 II 2 AFB 30 als eindeutig in dem Sinne verstanden, daß auch diejenigen Sachen nicht vom Vsschutz umfaßt werden, in denen oder durch die Nutzfeuer oder Wärme erzeugt, vermittelt oder weitergeleitet wird (vgl. dazu nur Prölss-Martin 24 Anm. 2 a zu § 1 AFB, Raiser2 Anm. 9 zu § 1 AFB, Wussow2 Anm. 22 zu § 1 AFB, ferner Falckenberg S. 14-16; KG 16. III. 1935 JRPV 1935 S. 220-221 [allerdings zu einer früheren AFB-Fassung], L G Frankfurt a.M. 21. III. 1951 VersR 1951 S. 260-261 m.zust.Anm. von Bischoff a.a.O., L G München 23. III. 1967 VersR 1967 S. 989-990, AG Nürnberg 11. XI. 1980 ZfS 1981 S. 91, L G Osnabrück 19. XI. 1982 r + s 1985 S. 175-176, L G Saarbrücken 27.1.1986 VersR 1987 S.404, O L G Köln 7.1.1988 VersR 1988 S. 1037-1038; a.M. Meyer-Kahlen VersPrax 1981 S. 167-172, LG Bielefeld 23. VI. 1976 VersR 1977 S. 513 m.abl. Anm. von Boldt VersR 1977 S. 997). Unter diesen Umständen war der Sinn der Bedingungsverfasser auf eine kürzere und vermeintlich präzisere Formulierung der Klausel gerichtet. Vorgeschlagen wurde die jetzige Fassung des § 1 Nr. 5 a) AFB 87, aber ohne den zweiten Halbsatz. AufJohannsen/Johannsen

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Anm. H 7

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

geschreckt wurde die Bedingungskommission dann allerdings durch O L G H a m b u r g 14. V. 1986 VersR 1986 S. 670, das die Regelung in § 1 II 2 A F B 30 als „ u n k l a r " qualifizierte. M i t dieser Begründung wurde dem Inhaber eines Fleischereibetriebes eine Vsentschädigung für eine Heißrauchanlage zugesprochen, die bei einem von ihr ausgehenden Brand zerstört worden war. Diese Entscheidung (zustimmend dazu w o h l Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 5 zu § 1 A F B 87) führte zur alsbaldigen E n t wurfsänderung im Sinne der heutigen Fassung. Erforderlich war das nicht. D e n n der B G H 9 . I I . 1987 VersR 1988 S. 2 8 2 - 2 8 3 = M D R 1988 S. 4 7 8 ist dieser Auslegung durch das O L G H a m b u r g nicht gefolgt. E r ist bei seinen Überlegungen von der ständigen Rechtsprechung des Senats ausgegangen, daß maßgebend sei, „ wie ein durch-

schnittlicher Vmer die AVB bei Abschluß des Vsvertrages bei verständiger

Würdigung

verstehen müsse" ( B G H 15. IV. 1983 VersR 1983 S. 850 m . w . N . [zur Krankenv], 2 . X . 1985 VersR 1986 S. 1 7 7 - 1 7 9 [zur Fahrzeugv]); für die Auslegung der A V B könne deshalb weder maßgebend sein, wie der einzelne V m e r sie tatsächlich verstanden habe, noch wie der sie verwendende Ver sie verstanden zu wissen wünsche. E i n verständiger V m e r wisse, daß die zum Räuchern, Rösten, K o c h e n , Braten, Trocknen, Plätten und ähnlichen Vorgängen unerläßliche W ä r m e regelmäßig nur von ihrerseits erwärmten Sachen abgegeben werden könne. Bei gebotener Aufmerksamkeit erkenne der Vmer, daß auch Schäden an Sachen angesprochen sein könnten, die ihrerseits nicht behandelt oder bearbeitet werden sollen, sondern deren Einsatz bei derartigen Vorgängen erforderlich sei. Deshalb k ö n n e sich der V m e r nicht der Erkenntnis verschließen, daß eine Auslegung nicht zweifelsfrei bleibe, nach der nur die Schäden an den zu bearbeitenden oder zu behandelnden Sachen angesprochen würden. Lese der V m e r § 1 II 2 A F B vollständig, so finde er den Ausschluß von Schäden, die an den vten Sachen dadurch entstehen, daß sie einem Nutzfeuer ausgesetzt seien. D e r Begriff „ N u t z f e u e r " zeige, daß mit der Wendung „Wärme zur Bearbeitung oder zu sonstigen Z w e c k e n " N u t z w ä r m e gemeint sei wie im Sinne einer zweckgerichteten einzusetzenden Wärme. Aus seiner Lebenserfahrung wisse der Vmer, daß Räuchergut nur dann geräuchert werden könne, wenn sich in der Räucheranlage die erforderliche W ä r m e entwickelt habe, was unvermeidlich zur Folge habe, daß die Räucheranlage selbst der W ä r m e ausgesetzt sei. D e r V m e r erhalte demnach Klarheit, daß es nicht nur um Schäden an Sachen gehe, die zu ihrer Bearbeitung oder Behandlung der W ä r m e ausgesetzt werden, sondern um Schäden an allen Sachen, die bei Bearbeitungs- oder Behandlungsvorgängen zwangsläufig erwärmt werden. Ein Brandschaden im Sinne des Risikoausschlusses liege auch dann vor, wenn der Brand durch einen technischen D e f e k t der Regelungsanlage und nicht durch überhitzte Fettablagerungen entstanden sein sollte. Auch dann sei der Schaden darauf zurückzuführen, daß die Heißrauchanlage der N u t z w ä r m e im Sinne des § 1 I I 2 A F B - allerdings im U b e r m a ß - ausgesetzt gewesen sei. Dieser Entscheidung ist vollen Umfangs beizupflichten. D a b e i ist zu beachten, daß dem Gericht die Neufassung in § 1 Nr. 5 a) A F B 87 bereits bekannt war. U m so bemerkenswerter ist es, daß das G e r i c h t nicht den v o m O L G H a m b u r g 14. V. 1986 a.a.O. vorgezeichneten Weg über eine vermeintliche Unklarheit der bewährten Regelung in § 1 II 2 A F B 30 gegangen ist, sondern auf den erkennbaren Sinn und Z w e c k der A u s schlußklausel abgestellt hat, der sich bei wertender Betrachtung auch dem durchschnittlichen V m e r verständig erschließt. Das Gesagte bedeutet, daß in denjenigen Fällen, in denen Vsfälle noch nach § 1 II 2 A F B 30 oder anderen Vertragsbestimmungen mit gleichen Abgrenzungen (so z . B . nach § 9 Nr. 2 a ) V H B 84) entschieden werden müssen, davon auszugehen ist, daß sich in diesen Altbestimmungen die gleiche Regelung befindet wie in den Neufassungen, die mit § 1 Nr. 5 a) A F B 87 übereinstimmen (so z. B . § 9 N r . 2 a ) V G B 88). Aus dieser Sicht der Dinge stellt die neue Abgrenzung in § 1 N r . 5 a) A F B 87 nur eine Klarstellung des Inhalts des § 1 I I 2 A F B 30 dar. E s besteht 508

Johannsen/Johannsen

Anm. H 8

I. Hauptpflichten des Feuervers

demgemäß trotz unterschiedlicher Wortfassungen inhaltlich Identität zwischen § 1 Nr. 5 a) AFB 87 und § 1 II 2 AFB 30. Die neue Fassung gemäß § 1 Nr. 5 a) AFB 87 ist im übrigen übernommen worden aus den österreichischen und schweizerischen Ausschlußklauseln zur Feuerv (vgl. dazu Falckenberg S. 55 und 81). [H 8] β) Einzelheiten Zum Ausschluß von Einwirkungsschäden wird ergänzend auf LG München 23. III. 1967 VersR 1967 S. 989-990 verwiesen. Dort ist für elektrische Trockenschränke entschieden worden, daß nicht nur diejenigen Sachen der Wärme ausgesetzt werden, deren chemische Veränderung (Bearbeitung) bezweckt ist, sondern auch diejenigen, durch deren Vermittlung jene Sachen der Wärmewirkung preisgegeben werden (ebenso LG Oldenburg 20. IX. 1996 r + s 1997 S. 297-298). Dagegen gehört LG Bielefeld 23. VI. 1976 VersR 1977 S. 513 m.abl.Anm. von Boldt a.a.O. mit O L G Hamburg 14. V. 1986 a.a.O. zu den wenigen Außenseiterentscheidungen. Es hat dahin geurteilt, daß bei dem Brand einer Fritteuse als Folge von Überhitzung § 1 II 2 AFB nicht eingreife. Dieser Auffassung kann aus den vom B G H 9. II. 1987 VersR 1988 S. 282-283 = MDR 1988 S. 478 herausgearbeiteten Gründen nicht gefolgt werden. Unter § 1 Nr. 5a) AFB 87 (oder § 1 II 2 AFB 30) fallen auch K a m i n b r ä n d e , bei denen sich der an den Kaminwänden abgelagerte Ruß oder Sott entzündet; das bedeutet, daß der dergestalt an der Kaminwand durch den Brand entstehende Schaden nicht unter den Vsschutz fällt (OLG Köln 7.1.1988 r + s 1988 S. 272-273 mit Anm. von Wälder a.a.O. S. 273). Das Gericht hat aus diesem Grunde auch keinen Ersatz für den zu erneuernden Ringanker und den ebenfalls zu erneuernden Schornsteinkopf, die Schornsteineinfassung, die Reinigungsklappen und die unbeschädigt gebliebenen, aber aufzunehmenden und wieder zu verlegenden Dachziegel zugesprochen. Es hat zu Recht angenommen, daß es sich nicht um einen selbständigen Folgeschaden gehandelt habe, sondern um zwangsläufig aus dem Betriebsschaden entstandene Reparaturschäden. - Einen Kaminbrand behandelt auch LG Düsseldorf 28. VIII. 1986 r + s 1988 S. 83. Nach dem Leitsatz hat es sich um einen umfangreichen Kaminbrand gehandelt, bei dem brennender Ruß vom Dachboden aus dem Kamin gezogen wurde, Löschwasser auf den Dachboden geschafft und der gelöschte Ruß durch das Haus nach draußen gebracht und dabei der Teppichboden im Flur verschmutzt wurde. Das Gericht hat das als unvermeidliche Folge eines Brandes im Sinne des § 83 I i. V. m. § 1 III b) und c) AFB 30 und als Löschkostenschaden eingeordnet. Aus dem mitgeteilten Sachverhalt ist aber nicht ersichtlich, daß andere Sachen als der unter den Betriebsschadenausschluß fallende Kamin gebrannt haben. Nur wenn das der Fall ist, greift § 83 I ein (vgl. dazu H 30). War der Sachverhalt allerdings so gestaltet, daß ein Brand vter Sachen ohne das Löschen u n m i t t e l b a r bevorstand, so ist es gerechtfertigt, gemäß § 63 Löschkostenersatz zuzubilligen (vgl. H 5 und G 158). Einen Sonderfall betrifft AG Freiburg i.Br. 25.11.1987 VersR 1989 S. 698-699. In jenem Fall ging es um den auf einem Kurzschluß beruhenden Brand einer W a s c h m a s c h i n e und der darin befindlichen Wäsche. Der Entscheidung lag die inhaltlich § 1 II 2 AFB entsprechende Bestimmung des § 3 A Nr. 3 a VHB 74 (VA 1974 S. 104-116) zugrunde. Das Gericht bejahte den Vsschutz für die verbrannte Wäsche mit der Uberlegung, daß nur solche Schadenfälle vom Vsschutz ausgeschlossen sein sollten, in denen die Bearbeitung der geschädigten Gegenstände dadurch erfolge, daß sie der Wärme ausgesetzt seien. Im vorliegenden Fall sei zu beachten, daß nur ein Teil eines gesamten Waschvorganges bei empfindlicher Wäsche mit heißem Wasser vorgenommen werde. Der Schaden sei zumindest nicht durch das warme Wasser entstanden sondern dadurch, daß die Waschmaschine in Brand geraten sei. Es sei sicher schwierig, Johannsen/Johannsen

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Anm. H 9

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

von Fall zu Fall festzustellen, ob es sich bei der geschädigten Wäsche um Kochwäsche handle, die zur Bearbeitung der Wärme ausgesetzt werde, oder um Wäsche, die nur mit 15 Grad Celsius gewaschen werde. In diesem Fall könne jedenfalls nicht davon die Rede sein, daß die Wäsche der Wärme zur Bearbeitung ausgesetzt worden sei. Diesen Überlegungen kann man sich gewiß nicht entziehen, da der Ver für das Vorliegen des Tatbestandes der Wärmeanwendungsbehandlung im Sinne des § 3 A Nr. 3 a VHB 74 beweispflichtig ist (vgl. dazu auch Martin 3 F II 47). Daß der Vsschutz für den Schaden an der Waschmaschine nicht auch bejaht sondern verneint wurde, beruhte darauf, daß sich nach § 3 A Nr. 3c VHB 74 der Vsschutz nicht auf K u r z s c h l u ß - und Ü b e r s p a n n u n g s s c h ä d e n erstreckte, die an elektrischen Einrichtungen mit oder ohne Feuererscheinung entstehen, außer wenn sie die Folge eines Brandes oder einer Explosion sind (vgl. H 13 m . w . N . , insbesondere den Fall LG Osnabrück 3. XI. 1989 r + s 1989 S. 408, aus dem sich ergibt, daß der Ver dort ohne Rechtsstreit pauschal DM 400,- für die beschädigte Wäsche gezahlt hat). Vom LG Osnabrück 19. XI. 1982 r + s 1985 S. 175-176 m. abl. Anm. von Pietà a.a.O. S. 176-177 wird die Auffassung vertreten, daß der Ausschluß keine Anwendung finde, wenn ein elektrisches Gerät (Heizdecke) von einem Wohngenossen des Vmers (ohne Repräsentanteneigenschaft) g e g e n d e s s e n W i l l e n gebraucht wird. Dem ist beizupflichten (ebenso Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 1 AFB 30). Zwar ist die Bestimmung nicht als Obliegenheit konstruiert, so daß es auf ein Verschulden und die Repräsentantenproblematik grundsätzlich nicht ankommt (Wussow 2 Anm. 23 zu § 1 AFB). Es ist aber zu bedenken, daß das eine Sache dem Brand oder der Nutzwärme Aussetzen im Sinne des § 1 Nr. 5 a) AFB 87 ein Tätigkeitsbewußtsein des Vmers oder der für ihn mit seinem generellen Einverständnis handelnden Personen voraussetzt. Handelt ein Dritter in dieser Weise g e g e n d e n W i l l e n des Vmers, so ist ihm das nicht zuzurechnen. Demgemäß besteht auch Einigkeit darüber, daß das im Verhältnis zumVmer b ö s w i l l i g eine Sache dem Brand oder der Nutzwärme A u s s e t z e n nicht unter § 1 Nr. 5a) AFB fällt (so schon KG 7. VII. 1923 VA 1924 S. 137-138 Nr. 1421 = JRPV 1924 S. 65-66, ebenso Bruck S. 636 FN 46, Falckenberg S. 15, Herdt S. 31, Meyer-Kahlen VersPrax 1981 S. 168, Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 1 AFB 30, Raiser 2 Anm. 16 zu § 1 AFB, Riebeseil NeumZ 1938 S. 928; a.M. Kürsten ZVersWiss 1930 S. 269). [H 9] γ) Abweichende Regelungen Die Bedeutung einer Bestimmung mit einem Regelungsinhalt wie in § 1 Nr. 5 a) AFB 87 ist im P r i v a t b e r e i c h als gering einzuordnen. Dennoch war in den §§ 3 Nr. 3 a) VHB 66, 3 Nr. 3 a) VHB 74 eine mit dem § 1 II 2 AFB 30 übereinstimmende Ausschlußklausel enthalten. In § 9 Nr. 2 a) VHB 84 ist dann die ursprünglich für § 1 Nr. 5 a) AFB vorgesehene Ausschlußklausel verwendet worden, daß sich der Vsschutz nicht auf Brandschäden erstrecke, die an vten Sachen dadurch entstehen, daß sie einem Nutzfeuer oder der Wärme zur Bearbeitung oder zu sonstigen Zwecken ausgesetzt werden. Ungeachtet dieser verkürzten Fassung ist nach Sinn und Zweck der Regelung eine inhaltsgleiche Interpretation wie die zu § 1 II 2 AFB 30 und zu § 1 Nr. 5 a) AFB 87 geboten. Dieses Prinzip wurde am Vsmarkt dadurch teilweise aufgegeben, daß zu den genannten VHB-Bedingungswerken Ergänzungsklauseln angeboten wurden, durch die „Feuernutz- und Wärmeschäden" eingeschlossen wurden (vgl. dazu Lahno Betriebsschadenklausel S. 12). Das hatte zur Konsequenz, daß die Ver sich entschlossen, in den VHB 92 die A u s s c h l u ß k l a u s e l bezüglich der Schäden durch A n w e n d u n g v o n F e u e r - u n d N u t z w ä r m e gänzlich e n t f a l l e n zu lassen. In § 9 Nr. 2a) VHB 92 werden nur noch S e n g s c h ä d e n , die nicht d u r c h e i n e n B r a n d verursacht worden 510

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I. Hauptpflichten des Feuervers

Anm. H 9

sind, vom Vsschutz ausgeschlossen. Wären die V H B nicht in so kurzen Zeitabständen so vielfach abgeändert worden, so könnte man empfehlen, auch noch diese Klausel zu streichen. Denn sie hat eigentlich nur einen deklaratorischen Inhalt, mag aber dennoch von Nutzen sein, um dem Vmer den Umfang und die Grenzen der Eintrittspflicht des Vers zu verdeutlichen. Festzuhalten bleibt, daß durch das Weglassen der Ausschlußregelung bezüglich der durch Nutzfeuer oder Nutzwärme entstehenden Schäden eine Verbesserung des Vsschutzes eingetreten ist. Ein gutes Beispiel dafür bildet der vom L G Frankfurt a.M. 21. III. 1951 VersR 1951 S. 260-261 mit zust. Anm. von Bischoff a.a.O. entschiedene Fall. Dort geriet ein Bett durch ein elektrisches Heizkissen in Brand. Als ausgeschlossen sind dabei gemäß § 1 II 2 A F B 30 die Schäden an dem Heizkissen, dem Federbett und den Matratzen angesehen worden, nicht aber an dem Überschlagtuch und dem Bettgestell. Die Neuregelung in den V H B 92 hat zur Konsequenz, daß auch der Brandschaden am Federbett und den Matratzen, ja auch der durch das Ubergreifen dieses Brandes auf das Heizkissen entstehende Schaden zu ersetzen ist. Aber auch das immer wieder genannte Beispiel der in der Pfanne liegenden Gans, die von dem darunter brodelnden offenen Feuer erfaßt und verbrannt wird, unterliegt nunmehr dem Vsschutz; denn es fehlt dann an dem Ausschlußgrund, daß die verbrannte Sache der Bearbeitung durch ein Nutzfeuer oder durch die Wärme ausgesetzt worden ist (dafür, daß ein solcher Gänsebrand nach früherem Bedingungsrecht nicht vert war, vgl. nur Falckenberg S. 15, Fick S. 32, Hellmer S. 83, Herdt S. 31, Kobelt S. 13, Raiser 2 Anm. 14 zu § 1 A F B , Wussow 2 Anm. 20 zu § 1 A F B , a.M. Kürsten ZVersWiss 1930 S. 271). In der Feuerv für den g e w e r b l i c h e n B e r e i c h gibt es dagegen k e i n e n g e n e r e l l e n V e r z i c h t auf den Ausschluß der von § 1 Nr. 5a) A F B 87 erfaßten Schäden, die durch bestimmungsgemäße Einwirkung von Feuer- und Nutzwärme entstehen. Dem dort vielfach gegebenen V s s c h u t z b e d ü r f n i s kann aber durch Vereinbarung spezieller K l a u s e l n Rechnung getragen werden. Seit langem gibt es z . B . eine Klausel des Inhalts, daß Schäden an R ä u c h e r - , T r o c k e n - u n d s o n s t i g e n E r h i t z u n g s a n l a g e n und d e r e n I n h a l t auch dann eingeschlossen werden können, wenn der Brand innerhalb dieser Anlagen eintritt (Klausel 3102). Wäre die Klausel auch in dem vom O L G Hamburg 14. V. 1986 VersR 1986 S. 670 zu Unrecht nicht § 1 II 2 A F B 30 zugeordneten Heißrauchanlagenfall vereinbart worden (vgl. dazu die das § 1 II 2 A F B 30 zugrundeliegende Prinzip klar erkennende Revisionsentscheidung B G H 9. II. 1987 VersR 1988 S. 282-283 = M D R 1988 S. 478), so hätte die Eintrittspflicht des Vers außer Frage gestanden. Es war im schriftlichen Vsantrag ausdrücklich die Frage gestellt worden, ob die Mitv von Brandschäden an Räucher-, Trocken- und sonstigen ähnlichen Erhitzungsanlagen und deren Inhalt auch für den Fall beantragt werde, daß der Brand innerhalb der Anlage ausbreche. Diese Frage war in dem schriftlichen Vsantrag nicht beantwortet, und in den dazu gehörigen Fragen nach der Vssumme und der Art der Anlage waren Striche angebracht worden. Dazu hieß es im Antragsformular, daß Striche oder sonstige Zeichen oder Nichtbeantwortung als Verneinung gewertet würden. Deshalb wurde ein Einschluß dieses Risikos nicht dokumentiert. Dennoch konnte vom B G H 9. XII. 1987 a.a.O. nicht abschließend entschieden werden. Das Berufungsgericht hatte in tatsächlicher Beziehung nicht aufgeklärt, ob die Behauptung des Vmers zutreffe, daß er einem Vsagenten oder Angestellten des Vers erklärt habe, daß die Heißrauchanlage mitvert werden solle. Für den Fall, daß dem Vmer dieser Beweis gelinge, wurde vom B G H der ergänzende rechtliche Hinweis gegeben, daß bei Abgabe einer solchen Erklärung gegenüber einer gemäß § 43 Nr. 1 empfangsberechtigten Person eine Erfüllungshaftung des Vers in Betracht komme (wohl gemäß § 5 wegen fehlenden Abweichungshinweises im Vsschein) oder aber bei Fehlen einer solchen Empfangsberechtigung eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsabschluß. Johannsen/Johannsen

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Anm. H 10

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

[H 10] Ò) Bestimmungswidriger Ausbruch glühendflüssiger Schmelzmassen Nach der Klausel 3107 erstreckt sich die Haftung des Vers in E r w e i t e r u n g v o n § 1 A F B auch auf Schäden, die an den vten Sachen durch b e s t i m m u n g s w i d r i g e s A u s b r e c h e n g l ü h e n d f l ü s s i g e r S c h m e l z m a s s e n aus ihren Behältnissen o h n e B r a n d entstehen; Schäden an diesen Behältnissen und Leitungen werden ebenfalls ersetzt mit A u s n a h m e der S c h ä d e n im I n n e r e n des Behältnisses und des Schadens an der D u r c h b r u c h s t e l l e . Schäden an den Schmelzmassen sind dagegen nicht zu ersetzen. An dieser Klausel ist bemerkenswert, daß Schäden auch dann unter den Vsschutz fallen, wenn bei einem derartigen Ausbruch solcher glühendflüssiger Schmelzmassen kein B r a n d im Sinne der ansonsten für das Vsrecht geltenden Abgrenzungsmaßstäbe gegeben ist. Das verwundert zunächst, wenn man davon ausgeht, daß ein G l ü h e n ebenso wie ein G l i m m e n im Sinne der herkömmlichen Kriterien dem Brandbegriff zugeordnet wird (vgl. Η 3 m.w. Ν.). Martin 3 C I 53 führt dazu aus, daß das Ausbrechen glühendflüssiger Schmelzmassen begrifflich weder Brand noch Feuer sei, solange die Lichterscheinungen auf die Schmelzmassen beschränkt blieben, das Glühen beruhe nicht auf Oxidation und verändere den physikalisch-chemischen Zustand der Schmelzmassen nicht. Dem kann man folgen, jedoch wäre ohne die Klausel 3107 stets zu prüfen, inwieweit die Zerstörung anderer Sachen durch diese glühendflüssigen Schmelzmassen dem Brandbegriff herkömmlicher Abgrenzungskriterien entspricht. Außerdem weist Martin a.a.O. zu Recht darauf hin, daß das Gesagte dann nicht gelte, wenn die Schmelzmassen noch unverbrauchte Koksanteile enthalten. Dazu bemerkt er ergänzend, daß Schäden durch einen solchen K o k s b r a n d auch ohne die Klausel 3107 vert seien, ohne daß die in der Klausel genannten Ausschlüsse zur Anwendung kommen würden (z.B. für Schäden oder Folgeschäden im Inneren des Ofens an dessen Ausmauerung). Der letztgenannten Überlegung ist allerdings entgegenzutreten, da die Behältnisse und Leitungen unschwer als einem Nutzfeuer oder der Wärme im Sinne des § 1 Nr. 5 a) A F B 87 ausgesetzt zu qualifizieren wären. Jedenfalls darf aber bei Vereinbarung der Klausel 3107 von einer abschließenden Regelung der Eintrittspflicht des Vers bezüglich der Folgen des bestimmungswidrigen Ausbruchs glühendflüssiger Massen ausgegangen werden. Das ist nur dann anders zu entscheiden, wenn ζ. B. an anderer Stelle des Vsgrundstücks ein Großbrand ausbricht, der zur Vernichtung auch der Schmelzanlagen führt und das dabei erfolgende Ausbrechen der glühendflüssigen Schmelzmassen eine Folge dieses Großbrandes ist (ebenso Martin 3 C I 54). Ging dem Brand an anderer Stelle als Ursache ein Ausbruch glühendflüssiger Schmelzmassen voraus, so verbleibt es dabei, daß Schäden am Inneren der Behältnisse und Leitungen ausgeschlossen sind (a. M. wohl Martin 3 a.a.O., aber mit dem jedenfalls zutreffenden Hinweis, daß das nicht für selbstdichtende Anlagen [z.B. Salzbadhärteöfen] gelte, die schon durch den Durchbruch gänzlich wertlos geworden seien). In der bis Ende 1971 verwendeten Klausel 1.04 hatte es geheißen, daß Schäden an den Behältnissen oder Leitungen nur ersetzt werden, soweit sie durch die ausgetretenen Schmelzmassen von außen her angerichtet worden sind. Durch die neue Fassung ist eigentlich materiell nichts geändert worden. Denn eine interessengerechte Interpretation mußte ohnedies zu dem Ergebnis kommen, daß Schäden am Inneren und an der Durchbruchstelle nicht miterfaßt werden sollten. Daß auch nach der alten Klauselfassung Schäden am Außenmantel vert waren, konnte entgegen der Auffassung von Wallisfurth V W 1963 S. 135-138 bei einer interessengemäßen Interpretation nicht in Zweifel gezogen werden (vgl. dazu Vellguth und Meyer-Kahlen V W 1963 S. 579-581, ferner Falckenberg S. 19). Verständlich ist, daß in der Klausel klargestellt wird, daß Schäden an den Schmelzmassen nicht unter die Eintrittspflicht des Vers fallen. 512

Johannsen/Johannsen

Anm. H 10

I. Hauptpflichten des Feuervers

Martin 3 C I 56 bemerkt, daß durch den Ausschluß nicht nur die Schäden erfaßt werden, die die Schmelzmassen schon vor oder während des Durchbruches hervorrufen, sondern auch Schäden, die im Zuge der Reparatur der Durchbruchstelle entstehen. Dabei weist er insbesondere darauf hin, daß Risse in der Außenmauerung im Zuge der Reparatur vor allem drohen, wenn die Durchbruchstelle sehr tief liegt und die Reparatur eine weitgehende Abkühlung des Ofens erfordert. Das ist im Prinzip richtig. Soweit aber durch die ausbrechenden glühendflüssigen Schmelzmassen auch die Ausmauerung beschädigt ist, kommt unter Umständen der Beweislast des Vers für das Vorliegen der Ausschlußtatbestände der Klausel 3107 Bedeutung zu. In dieser Situation kann dann, wenn einwandfrei feststeht, daß für einen Teil solcher Schäden Vsschutz besteht und für einen Teil die Ausschlußklausel eingreift, die gebotene Lösung die sein, daß der Ver (oder im Prozeß das Gericht sachverständig beraten) eine A n t e i l s s c h ä t z u n g in entsprechender Anwendung des § 287 Z P O vornimmt. Das entfällt allerdings dann, wenn die Anlage so beschaffen ist, daß sie schon durch den Ausbruch gänzlich wertlos geworden ist (so bei Salzbadhärteöfen, Beispiel von Martin 3 C I 54). Von Martin 3 C I 56 wird die Auffassung vertreten, daß bei der Schadenermittlung kein Abzug für Mängel innerhalb der Hochofenanlage vorgenommen werden dürfe, obwohl solche Reparaturkosten (z. B. für übermäßige Schlackenbildung) vorprogrammiert gewesen seien, andernfalls werde der in der Klausel 3107 vorgesehene Schutz gegen Betriebsschäden an der Hochofenanlage zu stark ausgehöhlt. D e m ist bei einer Regulierung nach Neuwertgrundsätzen zuzustimmen. Bezüglich der Kosten der Entfernung der nicht vten Schmelzmassen ist zu bedenken, daß immer dann, wenn diese glühendflüssigen Schmelzmassen nach ihrem bestimmungswidrigen Ausbruch Schäden an vten Sachen angerichtet haben, vom Ver die Entfernungskosten für diese Schmelzmassen als A u f r ä u m k o s t e n im Rahmen des dafür vereinbarten H ö c h s t b e t r a g e s zu ersetzen sind (so zutreffend Martin 3 W V 9 ; vgl. ergänzend H 200). Zur Klausel 3107 führt Martin 3 C I 5 aus, daß bei Hochöfen unter den genannten L e i t u n g e n nur solche zu verstehen seien, in denen die Schmelzmassen fließen, nicht aber die Heißwindringleitungen; ferner versteht er unter dem Behältnis nicht den gesamten durch den Hochofen umschlossenen Hohlraum, sondern nur den zylinderförmigen Hauptteil eines Hochofens und nimmt weitere örtliche Differenzierungen vor. Derartige Abgrenzungen sind aber dann ohne Bedeutung, wenn man die Klausel dahin interpretiert, daß jedweder Ausbruch glühendflüssiger Schmelzmassen aus dem Ordnungssystem eines solchen Hochofens vert ist. Dafür spricht, daß schlechthin Schäden ohne Brand an den vten Sachen eingeschlossen sind. Wenn daher Schäden an Teilen des Hochofens nicht als solche an Leitungen oder an Behältnissen einzuordnen sind, so besteht doch Vsschutz, weil es sich um Schäden an sonstigen vten Sachen handelt und der von § 1 Nr. 5 a) A F B 87 abweichende Einschluß sogenannter Betriebsschäden gemäß der Klausel 3107 erst recht über die Leitungen und Behältnisse hinaus solche Teile der Anlagen erfaßt, die der Nutzwärme nicht ausgesetzt waren. In der Klausel 104 in der ursprünglichen Fassung war anders als in der Klausel 3107 nicht vom A u s b r u c h sondern vom A u s t r e t e n der glühendflüssigen Schmelzmassen die Rede. Martin 3 C I 58 führt dazu zunächst aus, daß Schäden, die auf einem bloßen Uberschwappen beruhen oder auf einem langsamen Aussickern aus einer nicht durch gewaltsamen Bruch entstandenen Öffnung als Grenzfälle vom Vsschutz ausgeschlossen seien. D e m kann jedoch für beide Fälle nicht gefolgt werden. Auch Martin a.a.O. hält sich nicht an diesen Einleitungssatz. Denn er fährt in seinen Erläuterungen zutreffend mit den Bemerkungen fort, daß das Ausbrechen nicht begrifflich stets einen Bruch an Behältnissen oder Leitungen erfordere. Vielmehr könne ein Verlassen der Leitungen schon ein Ausbrechen bedeuten, auch wenn diese nicht brechen. Eine entJohannsen/Johannsen

513

Anm.H 11

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

gegengesetzte Interpretation wäre nur dann sachgerecht, wenn in der Klausel der Text verwendet werden würde, daß Schäden durch glühendflüssige Schmelzmassen nur vert seien, die nach einem Bruch der Behältnisse oder Leitungen bestimmungswidrig ausgetreten seien. Diese Definition ist aber deshalb nicht gewählt worden, um weiterhin im Prinzip jedes Austreten von glühendflüssigen Schmelzmassen vom Vsschutz zu erfassen. Das bedeutet aber auch, daß für ein Uberschwappen aus offenen Leitungssystemen Vsschutz besteht. Das gilt auch dann, wenn keine Blockade der Laufrinnen gegeben ist, also ein bloßes Uberschwappen aufgrund zu schnellen Abflusses durch Bedienungs- oder gar Konstruktionsfehler verursacht worden ist. Den Zusatz „bestimmungswidrig" zu dem Ausdruck „ Ausbruch" kommt für die Regulierungspraxis kaum zusätzliche Bedeutung zu. Im Grunde genommen besagt schon der Ausdruck „Ausbruch daß hier etwas passiert, was dem regelmäßigen Gang der Dinge, das heißt dem geordneten Produktionsgang zuwider läuft. Martin3 C I 61 sieht das allerdings anders. Er vertritt die Auffassung, daß bei einem versehentlichen Offnen des Schließmechanismus durch einen Arbeitnehmer des Vmers kein bestimmungswidriger Ausbruch vorliege. Ebenso verneint er den Vsschutz für den Fall, daß dieser Schließmechanismus in der irrigen Annahme geöffnet wird, daß für die Aufnahme der Schmelzmassen in den Behälter eines Transportmittels vorgesorgt sei. Zur Begründung führt Martin a.a.O. aus, daß jedes Zutun einer Person, die über die technische Einrichtung die tatsächliche Gewalt ausübt und dem Vmer gegenüber hierzu berechtigt sei, das Ausfließen der Schmelzmassen als bedingungsgemäß erscheinen lasse. Anderseits hält Martin3 C I 62 Schäden durch rechtswidrige Eingriffe Dritter für vert und ebenso vorsätzliche Schadenzufügungen durch Arbeitnehmer. Ein einleuchtender Grund für eine solche Differenzierung zwischen dem fahrlässigen oder vorsätzlichen Tun eines Arbeitnehmers bei zu Lasten des Vmers herbeigeführten Schäden ist aber aus der Sicht des Verständnisses eines durchschnittlichen Vmers nicht zu erkennen. Entnimmt der Täter dagegen den Behältnissen oder Leitungen glühendflüssige Massen ohne Beschädigung dieser Sachen, um sie anschließend über vte Sachen zu ergießen, so liegt hier kein Ausbruch im Wortsinne mehr vor, so daß für derartige V a n d a l i s m u s s c h ä d e n kein Vsschutz besteht (so Martin a.a.O.), es sei denn, daß es zu einem Brand im Sinne des § 1 Nr. 3 AFB 87 kommt. Tritt ein bestimmungswidriger Ausbruch von glühendflüssigen Schmelzmassen ein, so ist es Aufgabe des Vmers, diesen Ausbruch einzudämmen, um den vten Schaden so gering wie möglich zu halten. Die dadurch entstehenden Rettungskosten gehen zu Lasten des Vers (vgl. generell zum Rettungskostenersatz G 158-160). [H 11] ε) Fermentationsschäden Zu den vten Brandschäden im Sinne des § 1 AFB gehören auch die sogenannten S e l b s t e n t z ü n d u n g s s c h ä d e n . Das zumeist selbst dem Städter bekannte Beispiel bildet dabei die S e l b s t e n t z ü n d u n g von Heu. Kommt es zu einem solchen auf Selbstentzündung beruhenden Brand, so ist der Schaden am Heu, der vor der Selbstentzündung durch das Vergären oder durch die Fermentation entstanden ist, von dem durch den Brand entstandenen Schadenteil abzugrenzen. Nur für den Letzteren ist der Ver eintrittspflichtig, wenn keine abweichenden vertraglichen Vereinbarungen getroffen worden sind. Gibt es darüber keine festen vertraglichen Abgrenzungen, so muß der Ver oder im Streitfall der Richter (sachverständig beraten) gemäß § 287 ZPO den vten Anteil des Schadens abschätzen. Verfehlt wäre es, die Klage abzuweisen, weil sich eine mathematisch genaue Abgrenzung nicht vornehmen lasse, denn das ist gerade der Regelfall, für den § 287 ZPO geschaffen worden ist, damit auch bei dieser Konstellation der Billigkeit entsprechende Urteile gefällt werden können. 514

Johannsen/Johannsen

Anm.Hll

I. Hauptpflichten des Feuervers

Zu beachten ist aber, daß schlechthin solche F e r m e n t a t i o n s s c h ä d e n an E r n t e e r z e u g n i s s e n gemäß der Klausel 3105 (mit Ausnahme der Silage) bis zu den jeweils vereinbarten Entschädigungsgrenzen (zumeist gegen entsprechenden Prämienzuschlag) vert werden können. Hier wird demgemäß abweichend von § 1 A F B 87 schon der in der Vorstufe eines Brandes entstehende Schaden vert. Es wird dabei nicht darauf abgestellt, ob es zu einem solchen Brand kommt oder nicht. Einem entsprechenden Vsbedürfnis trägt die Klausel 3109 Rechnung, nach der S c h w e i z e r s e t z u n g s s c h ä d e n an m i n e r a l i s c h e m D ü n g e r auch dann vert werden können, wenn sie nicht durch eine Gefahr gemäß § 1 Nr. 1 A F B 87 verursacht werden. Im Regelfall wird ein solcher Vsschutz nur gegen einen Prämienzuschlag und unter Vereinbarung eines Selbstbehalts gewährt. Ein entsprechendes Vsbedürfnis besteht für F e r m e n t a t i o n s s c h ä d e n in der Z u c k e r i n d u s t r i e . Nach der Klausel 3106 besteht die Möglichkeit, F e r m e n t a t i o n s s c h ä d e n am T r o c k e n g u t ohne besondere E i n s c h r ä n k u n g e n bis zur vereinbarten Entschädigungsgrenze zu vern. Das bedeutet, daß auch hier abweichend von § 1 A F B eine Zusatzgefahr übernommen wird, nämlich der „innere Verderb" des Trockengutes durch Fermentation. Dagegen sieht die Klausel 3110 nur eine eingeschränkte Mitv von F e r m e n t a t i o n s s c h ä d e n in der Zuckerindustrie vor. Ausgeschlossen sind nach Abs. I S. 1 Schäden, die l e d i g l i c h durch eine F e r m e n t a t i o n von T r o c k e n g u t (Trockenschnitzel aller Art, getrocknete Rüben, getrocknete Rübenblätter) entstehen. Tritt aber nach vorangegangener Fermentation ein Brand ein, so wird von dem Wert des verbrannten und durch den Brand beschädigten Trockengutes k e i n A b z u g für die schon d u r c h die F e r m e n t a t i o n e n t s t a n d e n e E n t w e r t u n g vorgenommen. Damit wird für die Schadenberechnung nach dem Brandeintritt zugunsten des Vmers fingiert, daß durch die Fermentation kein Schaden entstanden sei. Bedenklich ist an der Regelung gemäß der Klausel 3110, daß sie den Vmer bei Kenntnis dieser Bestimmung dazu verleiten könnte, gegen den bevorstehenden Ausbruch eines Brandes im Anschluß an eine Fermentation nichts zu unternehmen, um vollen Schadenausgleich zu erhalten (so sinngemäß Martin 3 C I 28). Fraglich ist im übrigen, ob diese Regelung auch dann gilt, wenn der nachfolgende Brand ursächlich nicht auf die vorangegangene Fermentation zurückzuführen ist. Es spricht viel dafür, daß von den Bedingungsverfassern ein solcher Zusammenhang gedanklich vorausgesetzt worden ist. In der Klausel 3110 ist das aber nicht einmal andeutungsweise zum Ausdruck gebracht worden. Deshalb ist eine Interpretation des Inhalts vorzunehmen, daß gemäß dem maßgeblichen Verständnishorizont eines durchschnittlichen Vmers ein kausaler Zusammenhang zwischen der vorangegangenen Fermentation und dem später ausbrechenden Brand für den Ersatz auch des Fermentationsschadens nicht erforderlich ist. Das bedeutet, daß der vorangegangene Fermentationsschaden auch dann zu ersetzen ist, wenn der nachfolgende Brand zum Beispiel auf eine nicht vom Vmer zu verantwortende Brandstiftung eines Dritten zurückzuführen ist. Zu beachten ist bei der Anwendung der Klausel 3110, daß der Ersatz des vorangegangenen Fermentationsschadens nur insoweit unter die Ersatzpflicht des Vers fällt, als die von der Fermentation betroffenen Sachen auch durch den nachfolgenden Brand beschädigt worden sind. Ist nur ein Teil der durch die Fermentation vorgeschädigten Sachen durch den Brand beschädigt oder zerstört worden, ein Teil aber überhaupt nicht, so ergibt sich nur eine teilweise Erhöhung der Leistungspflicht des Vers, nämlich nur bezüglich der nachfolgend durch den Brand erfaßten Sachen.

Johannsen/Johannsen

515

Anm. H 12

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

[ H 12] bbb) Sengschäden Nach § 1 Nr. 5 b ) A F B 87 erstreckt sich die V nicht auf S e n g s c h ä d e n , außer wenn diese dadurch verursacht wurden, daß sich eine vte Gefahr gemäß § 1 Nr. 1 A F B 87 verwirklicht hat. In § 1 II 2 A F B 30 wird dagegen die Formulierung gebraucht, daß Sengschäden, die nicht durch einen Brand entstanden sind, nicht unter den Vsschutz fallen (ebenso § 9 Nr. 2 b ) V H B 84). Dagegen findet sich in § 9 Nr. 2 b ) V G B 88 die Formulierung, daß sich der Vsschutz gegen Brand, Blitzschlag und Explosion ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Sengschäden erstreckt, außer wenn sie durch Brand, Blitzschlag oder Explosion entstanden sind. Sachliche Abweichungen im Vsschutz ergeben sich aus diesen unterschiedlichen Formulierungen nicht. Der Ausschlußtatbestand ist ohnedies als nur deklaratorisch einzuordnen (allgemeine Meinung, vgl. nur Martin 3 C I 25, Raiser 2 Anm. 14 zu § 1 A F B , Wussow 2 Anm. 19 zu § 1 A F B ) . Der Grund für das Festhalten an den nur der wiederholenden Klarstellung dienenden Vsbedingungen ist in einer Vereinfachung für die Bearbeitung derartiger Bagatellansprüche zu sehen. Diese Vereinfachung liegt darin, daß dem Vmer anhand einer ausdrücklich den Ausschluß zum Ausdruck bringenden Klausel die Unbegründetheit seines Ersatzbegehrens ohne Umschweife klar gemacht werden kann. Das gilt insbesondere für die erste Stufe der Schadenandienung, wenn nämlich - wie in sehr vielen Fällen üblich - der Schaden dem örtlichen Vsvertreter unterbreitet wird. Dann erfolgt in der Praxis zumeist sofort sein Hinweis auf den „Ausschluß" dieses Risikos. In der Mehrzahl der Fälle läßt es der Vmer dann damit bewenden, so daß die Meldung an die Schadenabteilung des Vers nicht mehr weitergegeben zu werden braucht. Würde aber eine solche Ausschlußklausel fehlen, so hätte der Vmer nicht selten große Schwierigkeiten, den erhellenden Ausführungen über den Begriff des Schadenfeuers und dem damit verbundenen Ausbreiten aus eigener Kraft zu folgen. Der Vsvertreter hätte es anhand der dann verbleibenden vertraglichen Definitionen sehr schwer, dem einfachen Vmer sogleich einleuchtende Argumente für den Ausschluß dieses Risikos zu präsentieren. Sogar die Gerichte könnten aus dem Streichen der überkommenen Ausschlußklausel folgern, daß damit eine Verbesserung des Vsschutzes in Abweichung von den an sich bekannten Grunddefinitionen beabsichtigt gewesen sei. Deshalb hüten sich die Ver zu recht davor, diesen pauschal den Umfang des Vsschutzes verdeutlichenden Begriff des ausgeschlossenen „isolierten" Sengschadens aus den Bedingungswerken herauszunehmen. Eine andere Frage ist es, ob es in der heutigen Zeit der möglichen Bedingungsvielfalt sachgerecht wäre, derartige Schäden in Abweichung von § 1 A F B 87 einzuschließen. In Grenzfällen muß sich der Ver im übrigen auch heute noch bei spitzfindig argumentierenden Vmern mit dem Argument auseinandersetzen, daß der Ausbruch eines Brandes unmittelbar bevorgestanden habe; das habe man nur dadurch verhindern könne, indem man z . B . einen aus herabgefallener Zigarettenasche entstehenden Brand ausgetreten habe. Für eine solche Behauptung ist der Vmer aber nicht nur darlegungssondern auch beweispflichtig. Einen derartigen Beweis kann er im Regelfall nicht führen. Der Gesichtspunkt des Rettungskostenersatzes gemäß § 63 kommt ebenfalls nicht zum Tragen. Abgesehen davon, daß der Sengschaden nicht durch die behauptete Erfüllung der Rettungspflicht entstanden ist, scheitert der Anspruch des Vmers daran, daß er auch in diesem rechtlichen Rahmen für die Behauptung darlegungs- und beweispflichtig ist, daß der Ausbruch eines Brandes unmittelbar bevorgestanden habe. Wichtig ist, daß in allen eingangs zitierten Vsbedingungen hervorgehoben wird, daß solche Sengschäden vert sind, die auf einem Brand beruhen. Dadurch wird verhindert, daß bei dem Vmer der Eindruck entsteht, daß die durch einen vten Brand in den Randzonen entstehenden Sengschäden nicht vert seien. Verdeutlicht wird das 516

Johannsen/Johannsen

Anm. H 13

I. Hauptpflichten des Feuervers

noch durch § 1 Nr. 6 S. 3 AFB 87. Denn dort heißt es ausdrücklich, daß die Ausschlüsse gemäß § 1 Nr. 5a)-d) nicht für Schäden gelten, die dadurch verursacht werden, daß sich an anderen Sachen eine vte Gefahr verwirklicht hat. [H 13] ccc) Schäden an elektrischen Einrichtungen, Kurzschluß, Uberstrom und Uberspannung Gemäß § 1 Nr. 5d) AFB 87 erstreckt sich der Vsschutz nicht auf S c h ä d e n , die durch die W i r k u n g des e l e k t r i s c h e n S t r o m e s an e l e k t r i s c h e n E i n r i c h t u n gen m i t o d e r o h n e F e u e r e r s c h e i n u n g entstehen. (z.B. durch Uberstrom, Überspannung, Isolationsfehler wie Kurz-, Windungs-, Körper- oder Erdschluß, unzureichende Kontaktangabe, Versagen von Meß-, Regel-, oder Sicherheitseinrichtungen). Zum Verständnis für diese Ausschlußbestimmung ist von der Erfahrungstatsache auszugehen, daß eine Vielzahl von Bränden auf Fehlerquellen in elektrischen Einrichtungen zurückzuführen ist. Es leuchtet ein, daß die Ver demgemäß den Schaden an diesen Ursachenträgern nicht ersetzen wollen. Der originäre Anwendungsbereich der Bestimmung des § 1 Nr. 5 d) AFB 87 ist für die Brandschäden im übrigen gering. Denn nur solche der dort aufgeführten Elektroschäden können begrifflich unter die Branddefinition gemäß § 1 Nr. 2 AFB 87 fallen, bei denen es zu einer F e u e r e r s c h e i n u n g gekommen ist. Das sind die Fälle, in denen ein L i c h t b o g e n auf das den Leiter umgebende Isoliermaterial ein in aller Regel nur kurze Zeit währendes Feuer auslöst (vgl. Martin 3 C I 65). Für einen solchen Beispielsfall vgl. LG Osnabrück 3. XI. 1989 r + s 1989 S. 408; es handelte sich um den isolierten Brand einer Waschmaschine. Zu Recht hat das Gericht angenommen, daß unter der elektrischen Einrichtung die gesamte Waschmaschine und nicht etwa nur deren Elektrik zu verstehen sei (im Ergebnis ebenso AG Freiburg i.Br. 25.11.1987 VersR 1989 S. 698-699; ferner AG Karlsruhe 13. XII. 1985 VersR 1986 S. 1066 [gegen diese Entscheidung bestehen jedoch im Ergebnis Bedenken, da es sich um einen Blitzschadenfall handelt, der besonderer Betrachtung bedarf, vgl. H 16]). Im übrigen handelt es sich demgemäß für den Brandbereich nur um eine k l a r s t e l l e n d e Ausschlußklausel. In diesem Sinne ist bedeutsam, daß das O L G Hamm 16. III. 1984 VersR 1984 S. 749 für einen sog. „Kabelbrand" ohne eine solche Ausschlußklausel das Vorliegen eines Schadenfeuers verneint hat. Allerdings hat der Sachverständige in jenem Fall auch festgestellt, daß die schwer entflammbare PVCUmmantelung sich unter der Hitzewirkung des Kurzschlusses zersetzt und dabei geringe Mengen brennbaren Gases abgegeben habe, das nach dem Abbrennen erlosch. Ein Schaden entstand nur am Kabel, der unter der dargestellten besonderen Bedingung des Falles als nicht ersatzpflichtig einzuordnen war. - Dafür, daß in einem derartigen Fall für vom Vmer irrig als erforderlich angenommene Rettungsmaßnahmen Kostenersatz verlangt werden kann, vgl. BGH 3. VI. 1987 r + s 1990 S. 206-208 und dazu H 5. Der begrenzte Anwendungsbereich der Regelung in § 1 Nr. 5 d) AFB 87 wird noch dadurch verdeutlicht, daß zur Vermeidung von Mißverständnissen in § 1 Nr. 6 S. 3 weiter klargestellt wird, daß sämtliche Ausschlüsse gemäß § 1 Nr. 5a)-d) nicht eingreifen, wenn sich an anderen Sachen eine vte Gefahr verwirklicht. Entstehen daher als Folge eines an anderer Stelle ausbrechenden Brandes Schäden an elektrischen Einrichtungen, so hat der Ver diese zu ersetzen. Inhaltlich stimmen mit § 1 Nr. 5d) AFB 87 die Regelungen in § 3 A Nr. 3 c) VHB 74, § 9 Nr. 2 c) VHB 84 und § 9 Nr. 2 c) VGB 88 überein. Zu beachten ist dabei, daß in § 1 Nr. 5e) AFB 87 eine Sonderregelung für B l i t z s c h ä d e n an e l e k t r i s c h e n E i n r i c h t u n g e n getroffen worden ist. Diese geht dahin, daß Blitzschäden an elektrischen Johannsen/Johannsen

517

Anm. H 14

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

Einrichtungen nicht vom Vsschutz erfaßt werden, es sei denn, daß der Blitz unmittelbar auf diese Sachen übergegangen ist. Daneben kommt § 1 Nr. 5d) AFB 87 keine selbständige Bedeutung zu (vgl. dazu H 16 a. E.). Hingegen fehlt es in den VHB 74 und 84 (und ebenso in den VGB 88) an einer solchen positiven Dokumentation des Inhalts, daß Schäden an elektrischen Einrichtungen immer dann vom Vsschutz erfaßt werden, wenn der Blitz unmittelbar auf diese Sachen übergegangen ist. Über die sich daraus ergebenden Konsequenzen vgl. H 17. [H 14] ff) Beweislast Im Vsrecht gilt der Grundsatz, daß der V m e r für den E i n t r i t t des V s f a l l e s und d e r Ver für das Eingreifen eines A u s s c h l u ß t a t b e s t a n d e s darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. nur B G H 21.11.1957 B G H Z 23 S. 358-359, 22. VI. 1967 VA 1967 S. 270-271 Nr. 468 = VersR 1967 S. 770-771,18.11.1987 VersR 1987 S. 1007-1008; 31.1.1990 VersR 1990 S. 482-484; 26. IX. 1990 VersR 1991 S. 176-179; Möller Bd II Anm. 157 zu § 49; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3, 13 zu § 49, Römer in RömerLangheid R N 12-16 zu § 49, Schauer in BK Vorbem. vor §§ 49-68 a R N 63; abweichend Prölss Beweislast R N 37 zu § 49). Bezüglich des Vorliegens eines Brandes und der dargestellten brandspezifischen Ausschlußtatbestände ergibt die Durchsicht der Entscheidungen, daß es in diesem Bereich nur selten zu Beweislastschwierigkeiten kommt. Ein kritischer Punkt kann sich aber hinsichtlich des Z e i t p u n k t e s des Ausbruchs eines Brandes ergeben, ob nämlich ein solcher in vter oder unvter Zeit erfolgt ist oder nicht. Das zeigt deutlich B G H 6. III. 1991 VersR 1991 S. 460-462 = r + s 1991 S. 171-173. Die überaus kritische Würdigung der Entscheidung der Vorinstanz mag damit zusammenhängen, daß es dem B G H als nicht angemessen erschien, die untereinander unverbindlich allein zugunsten des Vmers getroffene Vereinbarung, daß jeder der beiden nacheinander im Risiko befindlichen Ver an den Vmer die Hälfte der Leistungen zu erbringen habe, zugunsten des einen oder anderen Vers abzuändern (vgl. dazu ergänzend H 84). Es dürfen aber auch für das Eingreifen eines A u s s c h l u ß t a t b e s t a n d e s die Anforderungen nicht überspannt werden. Gerät eine Waschmaschine oder eine sonstige Anlage isoliert in Brand, so ist, wenn kein Anzeichen für eine Brandstiftung gegeben ist, von dem Eingreifen der Ausschlußklausel auszugehen (LG Osnabrück 3. XI. 1989 r + s 1989 S. 408). Behauptet der Vmer, daß ein zur Schadenaufnahme entsandter Vertreter des Vers bei den Regulierungsgesprächen zugesagt habe, entgegen der Ausschlußklausel zu regulieren, sich auf diese also nicht berufen zu wollen, so ist er dafür und für eine entsprechende Vollmacht des Vertreters beweispflichtig (LG Osnabrück 3. XI. 1989 a.a.O.). Wird allerdings auf Grund einer solchen Zusage eines nicht bevollmächtigen Vertreters und gar mit dessen Einverständnis das „Brandobjekt" vernichtet und gerät der Vmer dadurch in nachzuvollziehende Beweisnot, so können sich wegen der Zurechnung des Verschuldens des Vsvertretes (gemäß § 278 BGB) zu Lasten des Vers im Rechtsstreit Beweislastumkehrungen ergeben.

b) Blitzschlag Gliederung: Schrifttum H 15 aa) Grundsätzliches H 16 bb) Teilweiser Ausschluß von Blitzschäden an elektrischen Einrichtungen H 17-18

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aaa) Ausschluß gemäß § 1 Nr. 5 e) AFB 87 H 17 bbb) Ausschlußregelungen in den VHB 74, 84 und 92 sowie VGB 88 H 18 cc) Beweislast H 19

Johannsen/Johannsen

Anm. H 16

I. Hauptpflichten des Feuervers

[H 15] Schrifttum Boldt ZfV 1966 S. 1096-1097, Cords VW 1968 S. 400, Reinhard VersR 1996 S. 497-500 (Urteilsanm.), Spiegl r + s 1988 S. 233-234 (Urteilsanm.), ferner die Urteilsanmerkungen von Wälder r + s 1987 S. 318-320, r + s 1988 S. 270-271, r + s 1989 S. 230, r + s 1991 S. 1-5 und r + s 1998 S. 205-207.

[H 16] aa) Grundsätzliches Nach § 1 Nr. 1 b) AFB 87 besteht in Übereinstimmung mit § 82 Vsschutz gegen B l i t z s c h l a g s c h ä d e n . Da das Brandrisiko ohnedies vom Vsschutz erfaßt wird, ist wesentlich an dieser Regelung die Eintrittspflicht des Vers auch für die durch „kalte" B l i t z s c h l ä g e entstehenden Schäden. Aber auch die durch einen „warmen" Blitz entstehenden S e n g s c h ä d e n werden zusätzlich vom Vsschutz erfaßt. Nicht erforderlich ist, daß der Blitzschlag am V s o r t erfolgt. Entscheidend ist vielmehr, daß der aus dem Blitzschlag folgende Sachschaden sich auf Sachen erstreckt, die sich am V s o r t befinden (ebenso Martin 3 C II 5, Wälder r + s 1991 S. 4, unrichtig AG Köln 5. XI. 1982 VersR 1983 S. 383). - Dafür, daß unter der Geltung des § 1 III b) AFB 30 verlangt wurde, daß der Blitz am Vsort oder einem Nachbargrundstück eingeschlagen hatte, vgl. H 6, dabei ist aber zu beachten, daß auch unter der Geltung dieser Bestimmung durch abweichende allgemeine Vsbedingungen für spezielle Vsarten von dem Erfordernis des Blitzschlages auf dem Vsgrundstück oder auf einem Nachbargrundstück abgesehen wurde (vgl. für einen derartigen Fall O L G Hamburg 29. III. 1984 VersR 1984 S. 953-955). Der Blitzschlag wird in § 1 Nr. 3 AFB 87 dahin definiert, daß es sich um den u n m i t t e l b a r e n U b e r g a n g eines B l i t z e s auf S a c h e n handle. In § 82 fehlt es an einer solchen Definition. Es heißt dort lediglich, daß der Ver für den durch Blitzschlag entstehenden Schaden hafte. Mit dieser gesetzlichen Regelung übereinstimmend war eine solche Definition auch in den AFB 30 nicht zu finden. Eine inhaltsgleiche Klausel ist aber seit 1966 bis heute in allen Hausratvsbedingungen enthalten (vgl. nur § 4 Nr. 2 VHB 84). Entsprechend hieß es auch schon seit langem in den ehemaligen Zusatzbedingungen für Fabriken und gewerblichen Anlagen bezüglich der Schäden an elektrischen Anlagen (vgl. § 2 II ZfgA 81b, VA 1985 S. 255-261), daß unter einem Blitzschlag der unmittelbare Übergang eines Blitzes auf Sachen zu verstehen sei. Martin 3 C II 4 hält den Zusatz „unmittelbar" für bedeutungslos und überflüssig (ebenso Wälder r + s 1991 S. 4). Von Martin a.a.O. wird zutreffend hervorgehoben, daß am Beginn der Schadenkette begrifflich eine unmittelbare Blitzeinwirkung auf eine Sache stehe, so daß damit auch Vsschutz für die infolge der Weiterleitung der elektrischen Energie an weiteren Sachen entstehenden Schäden bestehe. Dem entsprechen die Überlegungen von Wälder r + s 1991 S. 4, der die Definition für verwirrend hält, weil im ersten Augenblick unklar sei, ob eine weite Auslegung gemeint sei (Übergang des Blitzes auf beliebige Sachen) oder eine enge, daß nämlich der Blitz auf die beschädigte oder zerstörte Sache selbst unmittelbar übergegangen sein müsse. Er entscheidet sich dann zu Recht mit Martin a.a.O. für die weite Auslegung nach Sinn und Zweck der Bestimmung (unzutreffend insoweit AG Köln 5. XI. 1982 VersR 1983 S. 583, vgl. auch die unter H 18 aufgeführten Entscheidungen, die vielfach die besondere Problematik des Vsschutzes für Blitzschäden mit Rücksicht auf die Eigenarten der elektrischen Einwirkung verkennen). Bedeutsam ist dagegen an der Begriffsbestimmung in § 1 Nr. 3 AFB 87, daß eine Eintrittspflicht des Vers nur bei dem Übergang des Blitzes auf S a c h e n gegeben ist. Damit scheidet eine Auslegung des Inhalts aus, daß auch eine Entladung eines Blitzes von Wolke zu Wolke ein vtes Ereignis darstellt (ebenso Wälder r + s 1991 S. 4). Das war Johannsen/Johannsen

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Anm. H 16

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

ohne eine solche vertragliche Definition umstritten (dagegen Boldt ZfV 1966 S. 1096-1097, Martin 3 C II 6, bayerischer V G H 19. VI. 1925 Praxis 1926 S. 42, 16. X I . 1925 VA 1928 S. 253-254 Nr. 1908; a.M. Falckenberg S. 30, Herdt S. 37-39, Raiser 2 Anm. 26 zu § 1 A F B [Martin 3 C I 6 interpretiert ihn allerdings entgegengesetzt]). Hingegen stellt ein Einschlag des Blitzes auf die Erde stets einen Blitzschlag im Sinne des § 1 Nr. 3 A F B 87 dar. Das gilt auch dann, wenn dieser Blitz sich im Meer entlädt; daraus wird sich allerdings in der Regel kein vter Folgeschaden ergeben. Vert sind auch der Einschlag eines Blitzes in ein Flugzeug (oder in einen anderen Luftverkehrskörper) und die daraus sich ζ. B. durch Luftdruck bei anderen Flugzeugen (oder Häusern) ergebenden Folgeschäden. Denn ein solcher Einschlag in eine erdnahe Sache ist dem Einschlag auf der Erde gleichzusetzen. Dagegen wird klargestellt, daß für die I n f l u e n z w i r k u n g der atmosphärischen Elektrizität keine Eintrittspflicht des Vers gegeben ist, insbesondere nicht für sogenannte U b e r s p a n n u n g s s c h ä d e n , soweit sie nicht auf das Eindringen von Blitzschlägen in auf der Erde befindliche Sachen zurückzuführen sind. In § 1 l i l a ) und b) A F B 30 hieß es ergänzend, daß der Ver für Schäden hafte, die in der Zerstörung oder der Beschädigung der vten Sachen bestehen, wenn sie auf der u n m i t t e l b a r e n E i n w i r k u n g der in § 1 I A F B 30 aufgeführten Schadenereignisse beruhen oder die u n v e r m e i d l i c h e F o l g e eines solchen Ereignisses seien. Als vert wurde danach ein Schaden angesehen, der darauf beruht, daß z. B. ein Baum vom Blitz getroffen wird, worauf ein Pferd, ohne vom Blitz oder Baum berührt worden zu sein, scheut, davon rast und sich ein Bein bricht (so Martin 3 C II 5, Anonym VW 1959 S. 328, a.M. Cords VW 1968 S. 400). In § 1 A F B 87 fehlt es an solchen zusätzlichen Abgrenzungen, so daß der geschilderte Extremfall als nicht vert anzusehen ist. Denn es handelt sich in dem Pferdefall nur um ein tierisches Erschrecken über die Blitzerscheinung. Ein derartiger Schrecken ist ebenso wenig vert, als wenn der Vmer aus Schreck über einen hell aufleuchtenden Blitz ein Tablett mit einem wertvollen Kaffeeservice fallen läßt. Abgesehen von solchen Ausnahmefällen hatten aber die Klauseln gemäß § 1 l i l a ) und b) A F B 30 nur eine klarstellende Bedeutung, so daß die dafür entwickelten Auslegungsgrundsätze weiterhin zu beachten sind. Vom O L G Hamburg 29. III. 1984 VersR 1984 S. 953-955 ist der Vsschutz zu Recht für einen Fall bejaht worden, in dem auf einer Hühnerfarm Hühner teils verendeten, teils schwer geschädigt wurden, weil infolge einer durch Blitzschlag erzeugten Uberspannung der Strom für die Lüftungsanlage ausgeschaltet worden war. Das Gericht ging dabei davon aus, daß der dort zu interpretierende Begriff der u n v e r m e i d l i c h e n F o l g e gemäß § 1 IIIb) A F B 30 bedeute, daß zwischen dem Blitzschlag und dem Schaden ein a d ä q u a t e r K a u s a l z u s a m m e n h a n g bestehen müsse; daran fehle es nicht, wenn der Fehlerstromschutzschalter in Folge einer durch den Blitzschlag erzeugten Uberspannung den Strom für die Lüftung ausgeschaltet habe; denn ein solcher Verlauf liege nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit. Dem ist im Ergebnis auch für die Auslegung des § 1 Nr. 1 b) A F B 87 beizupflichten. Derartige Schäden sind auch ohne die Erläuterungen in § 1 l i l a ) und b) A F B 30 dem traditionellen Vsschutzbereich der Feuerv zuzuordnen. Der Fall war im übrigen noch durch die Besonderheit gekennzeichnet, daß der Alarmruf der automatischen Alarmanlage wegen einer Störung des Telefonnetzes versagte. Das Gericht hat darin zu Recht keinen Grund für einen Wegfall der Eintrittspflicht des Vers gesehen und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß ohnedies m i t w i r k e n d e U r s a c h e n , die zu den verten Schadenereignissen treten, den Vsschutz im Rahmen der G e s a m t k a u s a l i t ä t nicht beeinträchtigen (ebenso Martin 3 C II 3). Der Fall ist letztlich nicht anders zu beurteilen, als wenn bei einem Brand deshalb nicht gelöscht werden könnte, weil durch einen vom Brandereignis unabhängigen Umstand die Wasserzufuhr entfallen ist, z . B . wegen eines Rohrbruchs. 520

Johannsen/Johannsen

Anm.H 17

I. Hauptpflichten des Feuervers

[ H 17] bb) Teilweiser Ausschluß von Blitzschäden an elektrischen Einrichtungen aaa) Ausschluß gemäß § 1 Nr. 5e) A F B 87 In § 1 Nr. 5e) A F B 87 heißt es, daß B l i t z s c h ä d e n an e l e k t r i s c h e n E i n r i c h t u n g e n nicht vom Vsschutz erfaßt werden, es sei denn, daß der Blitz u n m i t t e l b a r a u f d i e s e S a c h e n übergegangen ist. Es fragt sich, ob ein sachlicher Unterschied zu § 1 Nr. 3 A F B 87 besteht, in dem ein Blitzschlag als u n m i t t e l b a r e r U b e r g a n g a u f S a c h e n definiert wird. Das ist mit Martin 3 C II 14 zu verneinen. Dabei ist davon auszugehen, daß die Regelung in § 1 Nr. 5e) A F B 87 jedenfalls nicht bedeutet, daß die elektrische Einrichtung als erste Sache von einem Blitz bei dessen Entladung getroffen sein müsse. Denn einer solchen Ausdrucksweise bedient sich das Bedingungswerk nicht. Es wären dann auch nur noch ganz seltene Fälle von Schäden an elektrischen Einrichtungen vert. Als Beispielsfall käme dann allenfalls in Betracht, daß die Balkontür offen steht und der Blitz ohne Berührung anderer Sachen eine schräg hinter der Tür befindliche elektrische Einrichtung zerstört. So darf der Begriff des Ubergang des Blitzes auf elektrische Einrichtungen nicht verstanden werden. Schlägt der Blitz vielmehr in eine Antenne ein und gelangt die elektrische Energie des Blitzes dadurch mit zerstörerischer Wirkung in den im selben Haus befindlichen Computer, so liegt gewiß ein Fall vor, der bei unbefangener Würdigung durch einen durchschnittlich verständigen Vmer, aber auch nach den Vorstellungen der Bedingungsverfasser vom Vsschutz erfaßt werden soll. Das gleiche hat zu gelten, wenn eine Zerstörung auf den Einschlag in die Antenne eines benachbarten Gebäudes zurückzuführen ist. Von einem unmittelbaren Übergang auf elektrische Einrichtungen ist aber vernünftiger Weise auch dann auszugehen, wenn der Blitz in eine Stromleitung einschlägt mit der Folge, daß aufgrund der darauf zurückführenden Veränderung der Stromstärke in einer ganzen Reihe von Gebäuden elektrische Einrichtungen Schaden erleiden. Festzuhalten ist demgemäß, daß auf Blitzschläge zurückzuführende U b e r s p a n n u n g e n mit dadurch bewirkten Zerstörungen von elektrischen Einrichtungen als unter den Vsschutz fallend einzuordnen sind. Demgemäß erschöpft sich der Sinn der Klausel § 1 Nr. 5e) A F B aus dieser Sicht der Dinge darin, daß letztendlich nur nochmals der Inhalt des § 1 Nr. 3 A F B 87 klargestellt wird. Schon zu dieser Bestimmung hält Martin 3 C II 4 den Zusatz für überflüssig, daß es sich um eine unmittelbare Einwirkung handeln müsse. Denn diese Unmittelbarkeit ist bei verständiger Würdigung des physikalischen Vorgangs bei allen durch die elektrische Energie des Blitzes nach dem Einschlag auf die Erdoberfläche entstehenden Schäden zu bejahen. Insbesondere ist eine solche Unmittelbarkeit auch bei auf schwankender Stromstärke zurückzuführende Sachschäden zu bejahen, sofern sie auf Blitzentladungen durch Einschläge auf Sachen zurückzuführen sind, die sich auf der Erdoberfläche oder in Erdnähe befinden. Das bedeutet, daß nur solche Blitzschäden an elektrischen Einrichtungen nicht vom Vsschutz erfaßt werden, die auf die I n f l u e n z w i r k u n g der a t m o s p h ä r i s c h e n E l e k t r i z i t ä t zurückzuführen sind, ohne daß eine Einschlag eines Blitzes auf die Erde oder eine erdnahe Sache als Ursache ermittelt werden kann. Das gilt aber nicht nur für Schäden an elektrischen Einrichtungen sondern für Schäden an Sachen aller Art, wenngleich andere Sachen als elektrische Einrichtungen zumeist durch solche I n f l u e n z w i r k u n g e n oder U b e r s p a n n u n g e n nicht beschädigt werden. Demgemäß wäre es überlegenswert, § 1 Nr. 5e) A F B 87 etwa folgende Fassung zu geben:

„Schäden an elektrischen Einrichtungen, die nicht auf Blitzeinschläge auf die Erdoberfläche oder in erdnahe Sachen zurückzuführen sind, sondern auf Influenzwirkungen der atmosphärischen Elektrizität oder Überspannungen sind vom Vsschutz ausgeschlossen. " Johannsen/Johannsen

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Anm. H 18

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Martin 3 C II 15 bemerkt dazu prägnant, daß der Anwendungsbereich des Ausschlusses gering sei; es werde nämlich bekräftigt, daß für Blitzschäden ohne Blitzschlag kein Vsschutz bestehe. In der Rechtsprechung werden diese Zusammenhänge aber vielfach verkannt. Insoweit wird auf die eingehende Darstellung in H 18 m. w. Ν. verwiesen. § 1 Nr. 5e) A F B 87 stellt eine S o n d e r r e g e l u n g für B l i t z s c h ä d e n an e l e k t r i s c h e n E i n r i c h t u n g e n dar. Daneben greift § 1 Nr. 5d) A F B 87, der sich ebenfalls auf Schäden an elektrischen Einrichtungen bezieht (vgl. dazu Η 13), nicht ein; vielmehr stellt § 1 Nr. 5e) AFB 87 eine abschließende Regelung für Blitzschäden an elektrischen Einrichtungen dar (ebenso Martin 3 C I 66, II 13). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch § 1 Nr. 6 S. 2 A F B 87. Danach sind Folgeschäden gemäß § 1 Nr. 5 d) und e) A F B 87 nicht ausgeschlossen, soweit sie Folgeschäden von Brand- oder Explosionsschäden sind. Ubertragen auf die Sonderregelung in § 1 Nr. 5 d) A F B 87 bedeutet dies, daß dann, wenn der Blitzschlag zu einem Brand oder einer Explosion führt, die auf den Brand oder die Explosion zurückzuführenden Schäden an elektrischen Sachen vom Vsschutz umfaßt werden. Es kann bezweifelt werden, ob der Einschub dieser Bestimmungen erforderlich war. Denn zu diesem Ergebnis müßte eine abgewogene Betrachtung des Bedingungswerkes ohnedies führen. Verfehlt wäre es deshalb, vom Vmer die Darlegung und den Beweis dafür zu verlangen, daß der Schaden nicht schon durch den Blitzschlag unmittelbar entstanden sei. Vielmehr ist auf die Einheitlichkeit des Tatgeschehens abzustellen. Auch wenn daher unstreitig ein Brand oder eine Explosion stattgefunden hat, die auf einen vorangegangenen Blitzschlag zurückzuführen ist, genügt es für den Schadennachweis durch den Vmer, daß beweiskräftig festgestellt werden kann, daß sich die beschädigte elektrische Einrichtung vor Beginn des Gesamtschadenereignisses in einem unbeschädigten Zustand befunden habe. Eine § 1 Nr. 5e) A F B 87 entsprechende Regelung findet sich in den A F B 30 nicht. Sie war aber in § 2 II ZfgA 81b und deren Vorgängern enthalten. Soweit diese Zusatzbedingungen in Altfällen, denen die A F B 30 zugrunde liegen, nicht Vertragsinhalt geworden ist, ist zu entscheiden, ob ein gleiches Ergebnis aus § 1 III a) und b) A F B 30 gewonnen werden kann. Danach hat der Ver einzutreten, wenn der Schaden auf einer unmittelbaren Einwirkung des Blitzschlages beruhte oder die unvermeidliche Folge eines solchen Ereignisses war, und das Ereignis sich auf dem Grundstück, auf dem sich die vten Sachen befinden, oder auf einem N a c h b a r g r u n d s t ü c k eingetreten war. Auch danach ist der Vsschutz im Regelfall zu bejahen. Dabei ist der Begriff des Nachbargrundstücks weit zu Gunsten des Vmers aufzufassen. [H 18] bbb) Ausschlußregelungen in den V H B 74, V H B 84 und 92 sowie in den VGB 88 In § 3 A Nr. 3 c) V H B 74, § 9 Nr. 2 c) V H B 84 und § 9 Nr. 2 b) V H B 92 sowie § 9 Nr. 2c) V G B 88 heißt es, daß sich der Vsschutz nicht auf K u r z s c h l u ß - und Ü b e r s p a n n u n g s s c h ä d e n erstreckt, die an e l e k t r i s c h e n E i n r i c h t u n g e n mit und ohne Feuererscheinungen entstanden sind, außer wenn sie die Folge eines Brandes oder einer Explosion sind. Es fehlt aber an einer § 1 Nr. 5e) AFB entsprechenden Regelung, daß Schäden an elektrischen Einrichtungen immer dann vom Vsschutz erfaßt werden, wenn der Blitz unmittelbar auf diese Sachen übergegangen ist (anders jetzt § 5 Nr. 2 und 4c) V G B 88 [Fassung 1999]). Geht man vom Wortlaut dieser Bedingungen aus, so bedeutet das, daß Schäden an elektrischen Einrichtungen auch dann ausgeschlossen sind, wenn sie auf einem u n m i t t e l b a r e n Blitzeinschlag beruhen. O b eine solche Interpretation von den Bedingungsverfassern auch gewollt war, kann als 522

Johannsen/Johannsen

Anm. H 18

I. Hauptpflichten des Feuervers

zweifelhaft angesehen werden. Zwar gibt es Ergänzungsklauseln, nach denen solche „Uberspannungsschäden" eingeschlossen werden können (vgl. VA 1986 S. 221, VA 1988 S. 65 [beides für die V H B 84], VA 1990 S. 32 [für V H B 74] und VA 1989 S. 77 [für VGB 88]). Sie sind aber, wenn man von denen zu den VGB 88 absieht, mit beträchtlichem Zeitabstand zu den Grundwerken publiziert worden. Demgemäß kann man davon ausgehen, daß diese Zusatzklauseln erst konzipiert wurden, als die Ver bei den Regulierungen von Blitzschäden auf offenes Unverständnis ihrer Vmer darüber stießen, daß eindeutige Blitzschlagschäden nicht vert seien. Martin3 C II 16 schreibt dazu, daß Bedenken gegen diese Regelung gemäß §§ 3, 9 A G B G bestehen könnten; ohne eine § 1 Nr. 5 e) AFB 87 entsprechende Sonderregelung seien die Mehrzahl aller Blitzschlagschäden an Hausratgegenständen ausgeschlossen, und zwar entgegen den Erwartungen, die zu Beginn des Bedingungstextes erweckt würden. Überdies stehe damit der private Vmer schlechter als der Vmer industrieller oder gewerblicher Risiken. Daraus folgert Martin3 C II 17 m.w.N. (vgl. auch Dietz 2 S. 145) eine t e i l w e i s e U n w i r k s a m k e i t der §§ 3 A Nr. 3c) VHB 74, 9 Nr. 2c) VHB 84 mit der Konsequenz, daß Vsschutz für Blitzschäden an elektrischen Geräten immer dann zu gewähren sei, wenn die Ursache der Schäden durch Uberspannung ein n a c h g e w i e s e n e r Blitzschlag sei. Ebenso grenzt Martin3 C II 21 die Regelung in § 9 Nr. 2 c) VGB 88 unter Hinweis darauf ein, daß eine solche Ausschlußregelung in den VGB 62 nicht enthalten gewesen sei (im Ergebnis ebenso Kollhosser in Prölss-Martin26 R N 9 zu § 82, vgl. dazu Spiegl r + s 1988 S. 233-234 [Anm. zu O L G Hamm 4. XII. 1987 r + s 1988 S. 173]). Eine solche Interpretation ist durchaus sinnvoll. Sie darf aber nicht mit der als verfehlt einzuordnenden Überlegung verknüpft werden, daß nur die erste Sache, die von einem Blitzschlag betroffen wird, einer unmittelbaren Blitzeinwirkung ausgesetzt ist. Das wäre physikalisch unzutreffend. Demgemäß wird § 1 Nr. 5 e) AFB 87 auch nicht in diesem Sinne verstanden, sondern im Schrifttum als deklaratorische Ausschlußregelung bewertet, die nur mit anderen Worten das wiederholt, was ohnedies nach § 1 Nr. 3 AFB 87 gilt (vgl. H 16 m.w.N.). Mit besonderer Deutlichkeit führt dazu Spiegl a.a.O. S. 233-234 u. a. folgendes aus: „Die Wirkung eines Blitzschlages kann der Einschlag speziell in eine vte Sache sein. Dieser sog. Blitzeinschlag ist jedoch nicht Voraussetzung für den Vsschutz; denn verlangt wird nur Blitzschlag. Die Wirkung eines an der Einschlagstelle folgenden Blitzschlages in die Erde kann sein, daß in seiner näheren Umgehung durch Induktion erhebliche elektrische Schäden an vten Sachen auftreten. Typisch dafür sind umfangreiche Schäden an der elektrischen Stromversorgung wie Dosen, Schalter und Leitungen, die aus dem Mauerwerk heraus gesprengt werden. Fehlt es daran und liegen lediglich Beschädigungen an elektronischen oder hoch empfindlichen Bauteilen vor, so spricht alles gegen die Folgen eines Blitzschlages und für einen unvten Überspannungsschaden als Folge eines Gewitters. Die ein Gewitter auslösenden elektrischen Spannungen können eine Influenzwirkung auf elektrische Leitungen ausüben und die darin vorhandene „Energie" verlagern, d.h. zu den Leitungsenden abdrängen, hinein in angeschlossene Geräte und Apparate, deren elektronische und hoch empfindliche elektrische Bauteile den verhältnismäßig geringen Über ström dann nicht aushalten. Darüber hinaus entstehen typischerweise keine Schäden. Solche Überspannungsschäden brauchen nicht ausdrücklich vom Vsschutz ausgeschlossen zu werden. Sie sind schon deshalb nicht eingeschlossen, weil es an einem vten Blitzschlag fehlt. Die bloße Gewitterstimmung reicht aus, um diesen Schaden entstehen zu lassen. " Weiter führt Spiegl a.a.O. zu § 9 Nr. 2 c) VHB 84 folgendes aus: Johannsen/Johannsen

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Anm. H 18

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

„ Unterschiede im Vsschutz für Blitzschlag zwischen VGB und VHB könnten sich allenfalls aus § 9 Nr. 2 c) VHB 84 oder §3 A Nr. 3 c) VHB 74 ergehen. Dort werden sämtliche elektrischen Schäden vom Vsschutz ausgenommen, soweit sie nicht Folge von Brand oder Explosion sind. Als Folge eines Blitzschlages wären sie also nicht vert. Dabei sind gerade Kurzschluß und Uberspannung - besser wohl Kurzschluß durch Überspannung - typische unvermeidliche Folgen von Blitzschlag. Solche Blitzschlagfolgen von unverten Überspannungsschäden durch atmosphärische Spannungen abzugrenzen, war immer schon ein Problem. Vielleicht um dies zu umgehen, haben die Ver möglicherweise vorsorglich alle elektrischen Schäden bis auf die oben besprochenen Sekundärfälle vom Vsschutz ausgeschlossen. Es liegt aber nahe, in dieser teilweisen Rücknahme des Folgeschadeneinschlusses eine unangemessene Abweichung von § 83 VVG zu sehen. Dann wären diese VHB-Bestimmungen gemäß § 9 AGBG nichtig und volle Übereinstimmung im Vsschutz für Blitzschlag mit den VGB gegeben. " Diese Zusammenhänge sind zunächst von der Rechtsprechung verkannt worden. Im einzelnen geht es dabei um folgende Entscheidungen: A G R e c k l i n g h a u s e n 10.IV.1979 VersR 1979 S. 905: Das Gericht hält Überspannungsschäden infolge Blitzschlages für ausgeschlossen, gleichgültig ob es sich um einen sogenannten „unmittelbaren " oder „ mittelbaren " Blitzschlag gehandelt habe. LG H a m b u r g 15.IV. 1982 r + s 1986 S. 74-75: Nach der Auffassung des Gerichts sind Uberspannungsschäden an elektrischen Geräten, die auf einem Einschlag in die Antenne im Haus des Vmers zurückzuführen sind, ausgeschlossen. A G K ö l n 5.XI. 1982 VersR 1983 S. 583: Während eines Gewitters war der elektrische Regler einer Heizungsanlage zerstört worden. Eine Zeugin hatte bestätigt, daß während des Gewitters Funken aus einer Steckdose gesprungen waren und einige Glühbirnen zerstört wurden. Das Gericht verneinte den Vsschutz mit der Begründung, daß der Blitz nicht in das vte Gebäude eingeschlagen sei. Daß es in der Nachbarschaft zu ähnlichen Schäden gekommen sei, hielt das Gericht für unerheblich. AG K a r l s r u h e 13.XII.1985 VersR 1986 S. 1066: Während eines Gewitters wurden ein Fernsehgerät, ein Videorecorder, eine Heimorgel und ein Radiowecker beschädigt, die an das Stromnetz angeschlossen waren. Ursache war ein Blitzschlag in unmittelbarer Nähe der Wohnung. Das Gericht bewertete den Vorgang als einen ausgeschlossenen Uberspannungsschaden. A G H a n n o v e r 27. VI. 1986 ZfS 1987 S. 27: Der Vsschutz wurde wie vom LG Hamburg 15. IV. 1982 a.a.O. mit der Begründung verneint, daß der Einschlag in die Antenne und die daraus resultierenden Schäden nicht als „ unmittelbarer" Blitzübergang zu bewerten sein. AG S i e g b u r g 11.XI. 1986 r + s 1987 S. 317-318 (m. Anm. von Wälder a.a.O. S. 318-320): Das Gericht nahm eine unvte Uberspannung an, weil der Blitzeinschlag, der zu Beschädigungen an der Antennenanlage, einem Videogerät und Fernsehgeräten geführt hatte, nicht in das Gebäude des Vmers noch in die auf dem Haus befindliche Antennenanlage erfolgt sei. AG P l e t t e n b u r g 2.IV. 1987 r + s 1987 S. 318 (m.Anm. von Wälder a.a.O. S. 318-320): Der Vsschutz wurde verneint, weil es an einem typischen Schadenbild für eine „direkte" Blitzeinwirkung fehlte. Darunter versteht das Gericht zerrissene Antennenzuleitungen, herausgesprengte Wandsteckdosen, abgeplatzte Putzteile, aufgeplatzte Halbleiterelemente, Kondensatoren und andere Bauteile. Als indirekte Blitzeinwirkung und nicht vert wird ein Überspannungsschaden eingeordnet, der auf einen Blitzschlag in eine in kurzer Entfernung befindliche Hochspannungsfreileitung zurückzuführen ist. 524

Johannsen/Johannsen

Anm. H 18

I. Hauptpflichten des Feuervers

LG A a c h e n 27.XI. 1987 r + s 1988 S. 269-270 (m. Anm. von Wälder a.a.O. S. 270271): Das Gericht bejaht den Vsschutz für den Fall, daß der Schaden auf einem Blitzeinschlag über die H a u s a n t e n n e zurückzuführen sei. Hierbei handelt es sich um einen unmittelbaren Blitzübergang: die Gegenmeinung höhle den Vsschutz für die häufigen Fälle, in denen der Blitzeinschlag keinen unmittelbaren Hausbrand verursache, weitgehend aus und sei deshalb abzulehnen. Der Fall war durch die Besonderheit gekennzeichnet, daß der Vsvertreter dem Vmer nach der Besichtigung des Schadens erklärt hatte, daß das Videogerät nicht im beschädigten Zustand aufbewahrt werden müsse. Aus dem aus diesem Rat herrührenden Wegfall eines Beweismittels leitete das Gericht eine U m k e h r d e r B e w e i s l a s t ab. Es folgte nach Vernehmung der Zeugen über das Schadenbild der Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen, daß ein Blitzeinschlag über die Antenne erfolgt sei. Erwähnenswert ist dabei, daß auch der vom Ver beauftragte Sachverständige eine solche Möglichkeit in Betracht gezogen hat, nämlich für den Fall, daß Teilströme über die Erdungsleitung der Antenne abgeflossen seien und ein stark abgeschwächter Teilstrom über die Antennenleitung die Antennendose erreicht habe. Er hat das allerdings dahin eingeschränkt, daß es auch möglich sei, daß der Schaden als Folge einer Uberspannung eingetreten sei. Bemerkenswert für die möglichen Beweisschwierigkeiten ist in diesem Zusammenhang weiter, daß das Fehlen eines Schadens an der Antennenzuleitung damit erklärt werden kann, daß der Blitz in das Antennenstandrohr eingeschlagen sein könne. O L G H a m m 4.XII. 1987 r + s 1988 S. 173: Es ging um die Beschädigung einer Einbruchmeldeanlage. Der Vsschutz wurde versagt, da weder an Ort und Stelle noch in der Nähe irgendwelche Blitzeinschläge zu ermitteln waren (vgl. dazu die besonders klaren Ausführungen von Spiegl r + s 1988 S. 233-234). AG K ö l n 26.IV. 1989 r + s 1989 S. 229-230: Das Gericht bezeichnete es als fraglich, ob Blitzeinschlagschäden an elektrischen Einrichtungen vert seien, die dadurch entstanden seien, daß der Blitz zunächst in die Gemeinschaftsantenne eingeschlagen sei, da elektrische Geräte nur gegen unmittelbaren Blitzeinschlag vert seien (ablehnend dazu Wälder a.a.O. S. 230). AG S c h w ä b i s c h - G m ü n d 29. VI. 1993 r + s 1994 S. 110: In diesem Fall hatte der Vmer nur vorgetragen, daß durch einen Blitzschlag zwei Panzersicherungen zerstört und deshalb eine kurzfristige Uberspannung entstanden sei, die zum Defekt des Fernsehgeräts und des Receivers geführt habe. Das Gericht sah den Fall eines „direkten Schadens" durch Blitzschlag als nicht geführt an. Es hielt dabei für erheblich, daß Steckdoseneinrichtungen nicht zerstört waren. AG L ü n e b u r g 26.VIII. 1993 r + s 1994 S. 28: Auch in diesem Fall wurde der Vsschutz verneint. Nach dem Vortrag des Vmers war der Blitz an einer ein Meter von dem Haus entfernten Fichte heruntergefahren, hatte sich fächerförmig über die Aste der Fichte verteilt und sei dann in die elektrische Leitung des Gebäudes eingeschlagen. Dabei sei das Gebäudedach beschädigt, die elektrische Leitung ausgebrannt, eine Verteilerdose und das Fernsehgerät zersplittert. Von den aufgeführten Entscheidungen kann eigentlich nur die des LG Aachen 27. XI. 1987 r + s 1988 S. 269-270 als zutreffend eingeordnet werden. Nicht einwandfrei beurteilt werden können die im Tatbestand nicht genügend wiedergegebenen Urteile des O L G Hamm 4.XII.1987 r + s 1988 S. 173 und des Amtsgerichts Schwäbisch-Gmünd 29. XI. 1993 r + s 1994 S. 110. Im letzteren Fall spricht manches für die Richtigkeit des Urteils, da keinerlei Schäden an elektrischen Leitungen oder an den Steckdoseneinrichtungen festgestellt werden konnten. Die eingangs wiedergegebenen kritischen Stimmen aus dem Schrifttum haben die Gerichte zunächst nicht erreicht. Eine Wende in der Rechtsprechung kündigt sich dagegen im Anschluß an die Ausführungen von B a s e d o w Münchener Komm. 3 Johannsen/Johannsen

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Anm. H 18

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Anm. 91 zu § 23 AGBG an, der Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit wegen Einschränkung wesentlicher Rechte des Vmers (Verstoß gegen § 9 II Nr. 2 AGBG) geltend gemacht hat. Diese Auslegung ist im Ergebnis auch schon von W ä l d e r r + s 1988 S. 270-271 in kritischer Analyse der gesamten einschlägigen Rechtsprechung unter Hinweis auf das in dieser Situation grundsätzlich bestehende Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion solcher zu weit gehenden Ausschlußklauseln vorgezeichnet worden (ebenso Spiegl r + s 1988 S. 233-234). Dem ist LG Gießen 24. VIII. 1994 r + s 1995 S. 392-393 = VersR 1996 S. 496-497 (mit abl. Anm. von Reinhard a.a.O. S. 497-500) gefolgt. Das Gericht verwirft die von Martin 3 C II 17 vertretene These, daß § 9 Nr. 2 c) VHB 84 einschränkend dahin auszulegen sei, daß der Risikoausschluß nur dann anzuwenden sei, wenn die Uberspannung nicht einen nachgewiesenen Blitzeinschlag als Ursache habe, mit der Begründung, daß eine solche Auslegung zu dem Wortlaut und Sinn der Regelung in eindeutigem Widerspruch stehe, denn die Vorschrift wolle erkennbar Kurzschluß- und Überspannungsschäden an elektrischen Einrichtungen, die auf Blitzschlag beruhen, ganz aus dem vten Risiko herausnehmen. Es lehnt auch die Auslegung von Dietz Wohngebäudev 1 Anm. 4.3.4. § 5 zu § 9 VGB 84 als mit dem Wortlaut der Bestimmung unvereinbar ab, daß eine Haftung des Vers gegeben sein solle, wenn der Blitz in das Gebäude eingeschlagen habe, in dem sich die vom Schaden betroffenen elektrischen Anlagen befanden. Es zieht auch in Zweifel, daß die Hausratver die Vsbedingung ungewollt und in Unkenntnis ihrer rechtlichen Tragweite in dem Regelungswerk der VHB 84 beigehalten haben. Wörtlich heißt es am Schluß dieser Entscheidung: „Durch die Bestimmung des § 9 Nr. 2 c) wird der Vsschutz, wie ihn der Vmer aufgrund der Regelungen in 5Í 3 und 4 VHB erwarten darf, weitgehend entwertet ... Bestärkt wird diese Bewertung durch das Gutachten des Sachverständigen ... Bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens hat er überzeugend ausgeführt, daß etwa 90 bis 95 % aller Schäden durch Blitz auf galvanisch eingespeiste Überspannungen zurückzuführen seien. Unter Berücksichtigung dieser Feststellung ... ist davon auszugehen, daß der aufgrund der §§ 3 und 4 VHB 84 vom Vmer zu Recht erwartete Vsschutz gegen Blitzschlagschäden durch die Anwendung des § 9 Nr. 2 c) VHB 84 in einer Weise entwertet würde, daß insoweit der Vertragszweck, diesen Schutz auch zu gewähren, nur in Ausnahmefällen erreicht würde. Das steht mit 5 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG nicht im Einklang. " Zum Vsschutz für derartige Fälle kommt auch O L G Hamburg 27. IX. 1995 r + s 1998 S. 204-205 mit Anm. von Wälder a.a.O. S. 205-207. Es interpretiert die Regelung in § 3 A Nr. 3 c) VHB 74 dahin, daß diese nur Uberspannungsschäden meine, die durch andere Ursachen als Blitzschäden hervorgerufen worden seien. Dabei geht es davon aus, daß ein Blitzschlag immer unmittelbar auf irgendwelche Sache übergehe, seien es Bäume, Antennen, Häuser oder andere Gegenstände. Entstehe dadurch eine Überspannung, die zur Zerstörung elektrischer oder elektronischer Geräte führe, dann habe sich insoweit die Blitzschlaggefahr verwirklicht. Ein Blitzschlag sei in der Regel als Schadenursache bewiesen, wenn an elektrischen Installationen eines Gebäudes, das vert sei oder in dem die vten Geräte sich befinden, umfangreichere typische Schäden, insbesondere an mehreren Geräten gleichzeitig entstanden seien. Eine entgegengesetzte Bestimmung würde zur Unwirksamkeit gemäß § 9 AGBG führen. Dem ist im Ergebnis beizupflichten, wiewohl das O L G Hamburg a.a.O. damit letzten Endes eine geltungserhaltende Reduktion einer zu weit gehenden Ausschlußklausel vornimmt (so Wälder a.a.O. S. 207). Der von Reinhard a.a.O. vertretenen Auffassung, daß § 9 Nr. 2 c) VHB 84 nicht an § 9 AGBG gemessen werden dürfe, kann 526

Johannsen/Johannsen

I. Hauptpflichten des Feuervers

Anm. H 19

nicht gefolgt werden. Zwar heißt es in der Begründung zum A G B G (BT-Drucks. 7/3919 S. 22), daß eine Kontrolle der Preise oder Leistungsangebote nicht ermöglicht werden solle. Das darf aber nicht zu dem verfehlten Ergebnis führen, daß Vsbedingungen überhaupt keiner Inhaltskontrolle unterliegen. Die klare gesetzgeberische Vorgabe ist die, daß § 8 AGBG dann nicht zur Anwendung kommt, wenn gemäß § 9 Abweichungen von Rechtsvorschriften oder diese traditionell ergänzenden Vertragsregelungen zu beurteilen sind (siehe jetzt § 307 III BGB n. F.). Die grundlegende gesetzliche Vorschrift ist hier § 82. Danach haftet der Feuerver für den durch Brand, Explosion oder Blitzschlag entstehenden Schaden. Durch § 9 Nr. 2 c) VHB 84 wird aber für die Hauptgefahr im Falle von Blitzschäden, nämlich für Uberspannungsschäden, der Vsschutz wesentlich eingeschränkt. Dem mißt Reinhard a.a.O. deshalb keine Bedeutung bei, weil weitere Folgen dieses Blitzschlages in der Form eines Brandes nicht ausgeschlossen seien. Dabei wird aber übersehen, daß der wesentliche Vorteil des Einschlusses von Blitzschäden darin liegt, daß nicht unter den Brandbegriff fallende Zerstörungs- und Sengschäden vom Vsschutz erfaßt werden. Bezüglich der aus einem Blitzschlag entstehenden Brände besteht ohnedies Vsschutz. Demgemäß wird verkannt, daß bei einer Interessenabwägung nur auf den durch den Einschluß der Blitzschäden gesetzlich zusätzlich über die Brandschäden hinaus bestehenden Vsschutz abgestellt werden darf. Die Konsequenz dieser Auffassung ist, daß die Einschränkung des Vsschutzes für Schäden an elektrischen Anlagen durch die eingangs zitierten Bedingungsbestimmungen bei Blitzschäden nicht mehr zur Anwendung kommt. Es gilt damit in allen diesen Bedingungswerken das sich aus der gesetzlichen Grundregelung ergebende Prinzip, daß Blitzschlagschäden auch an elektrischen Einrichtungen vert sind und daß auch an diesen nur solche Uberspannungs- und Kurzschlußschäden vom Vsschutz ausgeschlossen sind, die nicht auf einem Blitzschlag beruhen. Das zu H 16 Gesagte gilt entsprechend, mit dem Unterschied, daß die dort verwendete Klausel gemäß ihrem Sinngehalt einschränkend in dem dargestellten Umfang interpretiert werden kann, so daß dort für eine Unwirksamkeit nach §§ 9 AGBG, 307 BGB n. F. kein Raum ist. Angesichts dessen, daß der Wortlaut der hier erörterten Bestimmungen aber vielfach zu im Ergebnis unzutreffenden Gerichtsentscheidungen geführt hat, ist eine solche Klarstellung durch Urteile wie die des LG Gießen 24. VIII. 1994 und des O L G Hamburg 27. IX. 1995 a.a.O. zu begrüßen. Denn in jedem Fall, in dem dem Gericht nur die Vsbedingungen zur Entscheidung eines Rechtsstreits vorgelegt werden, besteht sonst die Gefahr, daß die entgegengesetzte Interpretation durch die Fachleute des Feuervsrechts nicht bekannt ist und daß man schlicht gemäß dem Wortlaut der Bedingung entscheidet, ohne sich Gedanken über die physikalischen Wirkungen eines Blitzes zu machen und darüber, was ein Blitzeinschlag mit seinen Folgen eigentlich bedeutet. - Nachzutragen ist, daß die Ver in Kenntnis der divergierenden Rechtsprechung zur Bewertung der Ausschlußklauseln weitgehend dazu übergegangen sind, bei dem Neuabschluß von Verträgen klarzustellen, daß auf Blitzeinwirkung beruhende Kurz- und Überspannungsschäden an elektrischen Einrichtungen durch eine Sonderklausel eingeschlossen sind. [H 19] cc) Beweislast Vgl. dazu zunächst die grundsätzlichen Ausführungen in H 14. Für das Blitzschlagrisiko bedeutet das, daß der Vmer den Beweis für das Vorliegen eines B l i t z s c h l a g e s und den daraus resultierenden S c h a d e n führen muß. Hingegen kommt der Darlegungs- und Beweislast des Vers für das Vorliegen des Ausschlußtatbestandes im Falle des § 1 Nr. 5 e) AFB in der in H 18 vertretenen einengenJohannsen/Johannsen

527

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Anm. H 20

den Auslegung keine entscheidende Bedeutung zu. D e n n es handelt sich lediglich um einen deklaratorischen Ausschlußgrund. Es wird nämlich nur wiederholt, was sich ohnedies aus § 1 Nr. 3 A F B 87 ergibt, daß der Ver lediglich für die Folgen eines B l i t z schlages einzutreten hat, nicht aber für auf atmosphärische Störungen ohne Blitzeinschlag zurückzuführende Überspannungs- und Kurzschlußschäden an elektrischen Einrichtungen. Das bedeutet, daß bei dieser rechtstechnischen Besonderheit nicht etwa aus dem unstreitigen Vorliegen eines Gewitters und eines Schadens an den elektrischen Einrichtungen formal aus der Bedingungsgestaltung geschlossen werden darf, daß der Ver den Beweis dafür führen müsse, daß hier kein Blitzschlagschaden vorliege. Vielmehr ist mit der Bedingungsgestaltung erkennbar nicht bezweckt, den V m e r von der Beweislast für das Vorliegen des Vsfalles zu entlasten. D e m g e m ä ß m u ß der V m e r zunächst darlegen und beweisen, daß in dem fraglichen G e b i e t Gewitter herrschte und daß es dort zu Blitzeinschlägen gekommen ist. Ist das der Fall, so kann zumeist aus sachverständiger Sicht mit für die Überzeugung des Gerichts hinreichender Sicherheit aus den Schäden an dem elektrischen Gerät und an sonstigen Spuren festgestellt werden, o b die Stromschwankungen, die zu Uberspannungen und Kurzschlüssen geführt haben, auf Blitzschläge zurückzuführen sind oder nicht. G u t e Beispiele für zutreffende Beweiswürdigungen sind den Entscheidungen des L G Aachen 27. X I . 1987 r + s 1988 S. 2 6 9 - 2 7 0 m. A n m . von Wälder a.a.O. S. 2 7 0 - 2 7 1 und L G Gießen 24. V I I I . 1994 r + s 1995 S. 3 9 2 - 3 9 3 zu entnehmen. Ferner ist bedeutsam das sich aus den A n m . von Spiegl r + s 1988 S. 2 3 3 - 2 3 4 ergebende Erfahrungswissen über die Bewertung solcher Schäden an elektrischen Einrichtungen. Wesentliche Erkenntnisse können dabei durch Auskünfte eines satellitengebundenen Blitzortungssystems gewonnen werden. Ausnahmsweise kann ein solches System aber in einem bergigen Gelände versagen. Vgl. dazu A G Freiburg i . B . 14. V I . 1996 VersR 1997 S. 694. In jenem Fall hat das Gericht seine Uberzeugung, daß ein Blitzschlag vorgelegen habe, aus den Feststellungen des Sachverständigen im Ortstermin gewonnen, daß eine Eindellung in einem Apfelbaum als Einschlagstelle des Blitzes zu qualifizieren sei und daß Schmauchspuren an der D e c k e der Garage zusätzlich dahin zu bewerten seien, daß der Blitz über die dort befindliche Eisenarmierung in das zerstörte Aggregat gelangt sei.

c) Explosion Gliederung: Schrifttum H 20 aa) Begriff H 21 bb) Einzelheiten H 22-24 aaa) Aufzählung der vten Explosionen H 22 bbb) Versuch einer näheren Definition des Begriffs der Plötzlichkeit H 23 ccc) Interpretation des Explosionsbegriffs nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens H 24

ddd) Explosionsort H 25 cc) Ausschlüsse gemäß § 1 Nr. 5 c) A F B 87 H 26-27 aaa) Explosionen in Verbrennungsräumen H 26 bbb) Gasdruckschäden an Schaltorganen von elektrischen Schaltern H 27 dd) Beweislast H 28

[H 20] Schrifttum Bergmann ZVersWiss 1965 S. 417-434, derselbe ZVersWiss 1971 S. 445-453, Henne ZVersWiss 1910 S. 23-31, Kümmel ZfV 1966 S. 443-448, Sieg VersR 1969 S. 963-964, Vossen VW 1957 Sonderbeilage Nr. 13 S. 1-5, derselbe ZVersWiss 1968 S. 505-520, Wullenweber ÖffrV 1934 S. 65-67.

528

Johannsen/Johannsen

Anm. H 22

I. Hauptpflichten des Feuervers

[ H 21] aa) Begriff Nach § 1 Nr. 1 c) A F B 87 besteht Vsschutz für Explosionsschäden. In Nr. 4 der genannten Vorschrift findet sich eine Definition des E x p l o s i o n s b e g r i f f s . Danach ist eine E x p l o s i o n eine auf dem Ausdehnungsbestreben von Gasen oder Dämpfen beruhende, p l ö t z l i c h v e r l a u f e n d e K r a f t ä u ß e r u n g . Ergänzend wird dazu in § 1 Nr. 4 S. 2 A F B 87 festgelegt, daß eine Explosion eines Behälters (Kessel, Rohrleitung usw.) nur vorliegt, wenn seine Wandung in einem solchen Umfang zerrissen wird, daß ein plötzlicher Ausgleich des Druckunterschiedes innerhalb und außerhalb des Behälters stattfindet. Schließlich wird in § 1 Nr. 4 S. 3 A F B 87 noch des Falles gesondert gedacht, daß im Innern eines Behälters eine Explosion durch chemische Umsetzung hervorgerufen wird. Es wird festgelegt, daß ein dadurch an dem Behälter entstehender Schaden auch dann zu ersetzen ist, wenn seine Wandung nicht zerrissen ist. Weiter heißt es in § 1 Nr. 4 S. 4 A F B 87, daß Schäden durch U n t e r d r u c k nicht vert sind. Der erste Teil der zitierten Definition gemäß § 1 Nr. 4 A F B 87, daß es sich nämlich bei einer Explosion um eine plötzlich verlaufende Kraftäußerung handeln müsse, die auf dem Ausehnungsbestreben von Gasen oder Dämpfen beruhe, geht zurück auf eine gemeinsame Begriffsbestimmung, die vor mehr als 80 Jahren in Ubereinstimmung zwischen dem Verein deutscher Ingenieure (VDI) und den Feuervern vorgenommen worden ist (vgl. dazu Bergmann ZVersWiss 1971 S. 4 4 5 ^ 4 6 ) . Bergmann berichtet a.a.O. S. 449—453 über Bestrebungen im Deutschen Normenausschuß ( D N A ) , den Explosionsbegriff im Anschluß an die Definition des englischen Physikers Fordham wie folgt zu bestimmen:

„Eine Explosion ist im Allgemeinen die schnell ablaufende Umsetzung von potentieller Energie in Ausdehnungs- und Verdichtungsarbeit oder in beide Arbeiten unter Auftreten von Stoßwellen. " Die Bedingungsverfasser haben diese Definition aber bei der Neufassung der A F B 87 nicht übernommen. Demgemäß ist grundsätzlich von der oben wiedergegebenen Definition einer Explosion als einer plötzlich verlaufenden Kraftäußerung, die auf dem Ausdehnungsbestreben von Gasen oder Dämpfen beruht, auszugehen. Bedeutsam ist die Aussage in § 1 Nr. 4 S. 4 A F B 87, daß durch U n t e r d r u c k entstehende Schäden nicht vert sind. In § 1 A F B 30 gab es keine derartige Bestimmung über den Ausschluß von Unterdruckschäden, wohl aber seit jeher in den früher geltenden Zusatzbedingungen für Fabriken und gewerbliche Anlagen (vgl. nur § 3 II S. 4 ZfgA 81b, VA 1985 S. 255-261). Demgemäß sind in diesem Bereich Schäden durch I m p l o s i o n e n eindeutig ausgeschlossen. Hingegen fehlt es aber in Standardklauseln der Hausrat- und Gebäudev (vgl. dazu § 4 Nr. 3 V H B 92 und § 5 Nr. 3 V G B 88) an einer derartigen ausdrücklichen Bestimmung, so daß in diesen Bereich darüber gestritten werden kann, ob die naturwissenschaftlich exakte Explosionsdefinition maßgebend ist oder ob auch Implosionsschäden entsprechend einer auf die E r w a r t u n g s h a l t u n g des V m e r s abstellenden Interpretation mitvert sind (vgl. dazu H 24). [H 22] bb) Einzelheiten aaa) Aufzählung der versicherten Explosionen Von der in H 21 wiedergegebenen Explosionsdefinition werden nach einer Zusammenstellung durch V o s s e n V W 1957 Sonderbeilage Nr. 13, die weitgehend auf eine Systematisierung von R a i s e r 2 Anm. 28-31 zu § 1 A F B zurückgeht, folgende Ereignisse erfaßt: Johannsen/Johannsen

529

Antn. H 23

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

S u b s t a n z e x p l o s i o n e n durch e x p l o s i v e G a s e , D ä m p f e , S t a u b , F l ü s s i g k e i t , f e s t e S t o f f e und Gemische aus ihnen (auch S p r e n g s t o f f e ) . Das wichtigste Kriterium dieser Substanzexplosion sei regelmäßig die mit Drucksteigerung, Volumenvergrößerung, großer Reaktionsgeschwindigkeit und Wärmeentwicklung verbundene chemische Umwandlung der Gesamtheit der Substanz. Ferner seien durch den Explosionsbegriff gedeckt die Behälterexplosionen, z . B . der Dampferzeuger, Verbrennungskraftmaschinen und sonstige Gefäße unter Gas- oder Dampfdruck. Die Behälterexplosion werde im Wesentlichen charakterisiert durch die plötzliche Wandungszerreißung und den plötzlichen Druckausgleich innerhalb und außerhalb des Behälters. Als n i c h t v e r s i c h e r t e S c h e i n e x p l o s i o n e n seien zu nennen die ausdrücklich ausgeschlossenen Schäden durch U n t e r d r u c k (Implosion), das auf F l i e h k r a f t w i r k u n g beruhende Z e r p l a t z e n von Schwungrädern, Turbinenrädern und elektrischen Rotoren, die Zerstörungen durch das gespeicherte und plötzlich frei werdende Arbeitsvermögen bewegter Massen, ζ. B. an den Zylindern von Dampf- und Verbrennungskraftmaschinen, schließlich die mechanisch verursachten Schäden durch Flüssigkeitsdruck, Materialspannungen und ähnliche Vorgänge. [ H 23] bbb) Versuch einer näheren Definition des Begriffs der Plötzlichkeit Der unter H 22 wiedergegebenen Aufzählung ist im Grundsatz beizupflichten. Es bleiben aber immer noch Zweifelsfragen, auch wenn man von scheinbar so klaren Abgrenzungen auf naturwissenschaftlicher Basis ausgeht. Vossen a.a.O. meint z.B., daß unter dem Ausdruck „plötzlich " nur ein Vorgang zu subsumieren sei, der sich im B r u c h t e i l e i n e r S e k u n d e vollziehe. Auch gehöre zur Erfüllung des Tatbestandes einer ersatzpflichtigen B e h ä l t e r e x p l o s i o n , daß sich der Druckausgleich innerhalb des B r u c h t e i l s e i n e r S e k u n d e zu 1 0 0 % vollziehe. Rißschäden, die ein mehr oder weniger langsames Ausströmen des Dampfes oder des Gases zur Folge hätten, seien als Leckageschäden nicht vert. Indessen räumt Vossen a.a.O. wenig später ein, daß in der Praxis der Schadenregulierung mit wachsender Technisierung der Wirtschaft und mit der wachsenden Bedeutung der Explosionsv innerhalb der Feuerv allmählich ein weniger strenger Standpunkt eingenommen worden sei, insbesondere wenn die Behälterexplosion große Energien auslöse und beträchtliche Schäden entstanden seien. Vossen meint, daß solche Regulierungen aus „ K u l a n z g r ü n d e n " erfolgten. Das trifft indessen nicht zu. Vielmehr gibt es weder nach Wortlaut oder Sinn der Regelung eine solche Begrenzung auf Explosionen, die sich innerhalb des Bruchteils einer Sekunde zu 100 % ereignen (ebenso Bergmann ZVersWiss 1965 S. 426). Anschließend berichtet Vossen darüber, daß in einem Fachnormenausschuß

„Dampferzeuger

und Druckbehälter

des Deutschen

Normenausschusses"

unter Be-

teiligung der Sachver Verhandlungen mit dem Ziel geführt worden seien, bei Dampfkesselexplosionen die Begriffe „plötzlich" und „Druckausgleich" der - wie Vossen es nennt - dialektischen Auslegung zu entziehen und auf eine physikalisch rechnerische Grundlage zu stellen. Im Gespräch war danach eine Definitionseinigung mit folgender Formulierung:

„ Erfolgte der Spannungsausgleich bis auf 20 % des Kesseldrucks in kürzerer Zeit als 2 Sekunden, ist eine Explosion zu vermuten. Dauerte der Spannungsausgleich länger, ist ein Betriebsschaden zu vermuten. " Zur verbindlichen Festlegung einer derartigen Klausel im Feuervsvertragsrecht ist es jedoch nicht gekommen. Die aufgeführte Kompromißformel zeigt auch, daß die Anschauungen über eine präzise Definition des Explosionsbegriffes differieren können. Wenn die Ver in der Feuerv Schäden regulieren, bei denen sich der Explosions530

Johannsen/Johannsen

Anm. H 24

I. Hauptpflichten des Feuervers

Vorgang in S e k u n d e n s c h n e l l e abgespielt hat - also nicht nur innerhalb des Bruchteils einer Sekunde - so entspricht das der Verkehrsauffassung, nämlich der landläufigen Meinung, daß sich Explosionen zwar sehr schnell ereignen, daß aber eine feste zeitliche Grenze kaum gesetzt werden kann. Demgemäß kann hier nicht von Kulanzleistungen die Rede sein. Es handelt sich vielmehr um Explosionsschäden im Sinne der vsrechtlichen Abgrenzung. B e r g m a n n ZVersWiss 1965 S. 426 trifft den Kern des Problems, wenn er als vswürdig erscheinende Grenzfälle von Behälterexplosionen solche erwähnt, in denen sich der Druckausgleich innerhalb von 3 Sekunden vollzogen habe. Die Auffassung, daß sich eine Explosion in Sekundenschnelle vollziehen könne, hat auch nichts mit einer „dialektischen" Auslegung zu tun, sondern mit dem Versuch, den Risikobereich der Feuerv mit dem dort verwendeten Explosionsbegriff im Sinne einer wertenden Auslegung zu ermitteln. Bei der Abgrenzung des Begriffsmerkmals „Explosion" ist im übrigen ergänzend zu beachten, daß es zwar für das Brandrisiko in § 1 Nr. 5 a) AFB 87 eine Bestimmung über den Ausschluß der sogenannten Betriebsschäden gibt (vgl. dazu H 7-9), daß es aber an einer entsprechenden Bestimmung für das Explosionsrisiko fehlt. Daraus ist zu schließen, daß es verfehlt wäre, den Explosionsbegriff durch einen stillschweigenden Ausschluß sogenannter Betriebsschäden zu ergänzen (h.M. vgl. nur Raiser2 Anm. 31 zu § 1 AFB, Martin3 C III 10, abweichend nur Wullenweber ÖffrV 1934 S. 65-67, differenzierend Wussow2 Anm. 29 zu § 1 AFB, der zwar von diesem Grundsatz ausgeht, aber die damals geltende Klausel I 2 Abs. 3 ZfgA - heute § 1 Nr. 5 c) AFB 87 widersprüchlich als Ausdruck eines allgemein geltenden Ausschlusses von Betriebsschäden bewertet; vgl. dazu H 24). [H 24] ccc) Interpretation des Explosionsbegriffs durch die Rechtsprechung nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens R G 12.1.1910 LZ 1910 Sp. 303 (zur Transportv) betont zu Recht, daß der Begriff der E x p l o s i o n letzten Endes nicht aufgrund von technisch-physikalischen Grundsätzen sondern nach dem S p r a c h g e b r a u c h des t ä g l i c h e n L e b e n s und des ges c h ä f t l i c h e n V e r k e h r s näher zu bestimmen sei. Mit dieser Bemerkung wird die Auffassung des Berufungsrichters gebilligt, daß zur Erfüllung des Explosionsbegriffes heftigere mechanische Zerstörungswirkungen durch eine plötzliche Ausdehnung von Gas oder Dampf vorliegen müßten als nur das Herausspritzen der Flüssigkeit aus einem allmählich in einem Faß entstandenen Riß. Ähnlich BayVerwGH 18.1.1926 Praxis 1926 S. 29-30 für einen Fall, in dem ein Niederdruckkessel leck geworden war. In dem jener Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt konnten die Arbeiter wegen der starken Dampfbildung erst nach einer Zeit von etwa 5 Minuten den Kesselraum betreten. Zu diesem Zeitpunkt wurden noch aus den aufgetretenen Rissen Wasser und Dampf herausgedrückt. Zu Recht wurde daher das Vorliegen eines plötzlichen Druckausgleichs verneint. Plastisch und treffend bemerkt B e r g m a n n ZVersWiss 1965 S.420, daß solche B e h ä l t e r s c h ä d e n nicht als durch Explosionen verursacht angesehen werden könnten, bei denen sich die Entleerung durch einen begrenzten Riß hindurch nur als zeitlich messbarer A u s b l a s e v o r g a n g vollzogen habe (verfehlt O L G Kiel 20.XI. 1923 Mitt. für die öffentl. Feuervsanstalten 1924 S. 47-48). R G 3. IV. 1917 VA 1917 S. 67-69 Nr. 1008 führt aus, daß S c h w u n g r a d e x p l o s i o n e n nicht zu den eigentlichen Explosionsschäden gehören. In den Gründen heißt es, daß der Berufungsrichter bei der Beurteilung des Streitstoffes davon ausgehe, daß der Unfall auf die Zentrifugalkraft des sich schnell drehenden Motors zurückzuführen sei; er schließe daraus, daß es sich um einen Maschinenbruch nicht um eine Explosion im eigentlichen Sinne gehandelt habe, weil unter einer solchen eine auf die Spannung von Gasen oder DämpJohannsen/Johannsen

531

Anm. H 24

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

fen zurückzuführende Kraftäußerung zu verstehen sei (so schon Henne ZVersWiss 1910 S. 27-31; ebenso LG Berlin 1. VII. 1937 JRPV 1937 S. 313-314, Raiser2 Anm. 29 zu § 1 AFB, Wussow Feuerv 2 Anm. 28 zu § 1 AFB; vgl. ferner Martin 3 C III 9). Vom VerwG Hamburg 18. XI. 1929 Praxis 1930 S. 1-2 ist entschieden worden, daß ein Schaden der durch Einfrieren des Wassers in einem Ausdehnungsgefäß einer Niederdruckwarmwasserheizung entstehe, keine Explosion darstelle (ebenso Martin 3 C III 9, Raiser2 Anm. 29 zu § 1 AFB). Dem ist beizupflichten. Raiser2 Anm. 30 zu § 1 AFB führt ferner aus, daß das Explodieren von F l a s c h e n auf Grund g ä r e n d e n I n h a l t s nach der Verkehrsauffassung nicht als Explosion im Sinne des Feuervsrechts angesehen werde (ebenso Henne S. 73, Vossen VW 1957 Sonderbeilage Nr. 13 S. 4, Wussow 2 Anm. 28 zu § 1 AFB). Indessen erfüllt ein solcher Vorgang alle Merkmale des Explosionsbegriffes. Eine solche mit Explosionsgeräusch platzende Weinflasche hat ebenso wie eine detonierende Selterflasche durchaus die Wirkung eines Explosionsgeschosses, daraus entstehende Schäden sind vert (vgl. Sieg VersR 1969 S. 963-964 m. w. N.; Dietz Wohngebäudev 2 S. 151). Hingegen sind nicht mit einzubeziehen in den Begriff der Explosionsschäden sogenannte V e r p u f f u n g s s c h ä d e n , bei denen es an einer plötzlichen, in der Form einer starken Druckwelle auftretenden Kraftäußerung fehlt (OLG Frankfurt a.M. 30.1.1969 VW 1970 S. 1032-1033). Auch der „Überschallknall" stellt mangels entsprechender Ausdehnung von Gasen keine Explosion dar (vgl. dazu Bergmann ZVersWiss 1971 S. 449). Bei einer I m p l o s i o n handelt es sich um das knallartige Zerplatzen eines luftleer gepumpten Behälters, auf dessen Wandung ein Druck von einigen Tonnen lasten kann. Bei einer solchen I m p l o s i o n fliegen alle Splitter zunächst in den Innenraum, danach wie bei einer Explosion nach außen. Rein äußerlich betrachtet ist nach der Verkehrsauffassung eine Implosion einer Explosion durchaus gleichzusetzen. Das bedarf aber im Bereich der AFB 87 keiner näheren Abgrenzung, da gemäß § 1 Nr. 4 AFB 87 Schäden durch U n t e r d r u c k ausdrücklich ausgeschlossen sind. Soweit das nicht der Fall ist, wie z. B. in der Hausrat- und Gebäudev (vgl. § 4 Nr. 3 VHB 92 und § 5 Nr. 3 VGB 88) können sich durchaus unterschiedliche Ergebnisse bei der Interpretation eines solchen Vorgangs ergeben. Dabei ist zu bedenken, daß nach der unter H 21 wiedergegebenen Definition des englischen Physikers Fordham unter einer Explosion allein die schnell ablaufende Umsetzung von potentieller Energie in Ausdehnungsoder Verdichtungsarbeit oder in beide Arbeiten unter Auftreten von Stoßwellen zu verstehen ist. Darunter läßt sich eine Implosion unschwer subsumieren. Es wird dennoch allgemein angenommen, daß eine Implosion einer Explosion nicht gleichzusetzen sei und deshalb nicht unter den Vsschutz einer Feuerv falle (so Langheid in Römer-Langheid R N 3 zu § 82, Dörner-Staudinger in BK R N 10 zu § 82, Herdt S. 42 und 44, Vossen VW 1957 Sonderbeilage Nr. 13 S. 2-3, ferner zur Fahrzeugv O L G Köln 13. IV. 1966 VersR 1966 S. 725-726; zweifelnd zur Abgrenzung des Begriffs der Implosion Bergmann ZVersWiss 1971 S. 452-453; bemerkenswert ist im übrigen, daß nach dem Bericht von Kümmel ZfV 1966 S. 414 in Frankreich Implosionsschäden ausdrücklich in den Vsschutz einbezogen sind). Der schon zur F a h r z e u g v vertretene Standpunkt, daß dort mangels eines ausdrücklichen Ausschlußtatbestandes Implosionsschäden vert seien (vgl. Bd V, 1 J 3), hat bisher keine Zustimmung erfahren. Die in der Praxis sogenannten M o t o r e x p l o s i o n e n sind zumeist nicht ersatzpflichtig. Im Regelfall wird dabei nämlich ein Motorgehäuse von innen heraus zertrümmert, ohne daß eine Ausdehnung von Gasen vorliegt. Vielmehr ist das Geschehen in der Mehrzahl der Fälle darauf zurückzuführen, daß ein Pleuellager sich heiß läuft und sich fest frißt, dann die Pleuelstange bricht und der abgerissene Stumpf das Kurbelgehäuse durchschlägt. Es verhält sich demgemäß letzten Endes der Sachverhalt im Regelfall so wie bei den oben erwähnten nicht gedeckten S c h w u n g r a d s c h ä d e n 532

Johannsen/Johannsen

Anm. H 26

I. Hauptpflichten des Feuervers

(vgl. nur R G 3. IV. 1917 VA 1917 S. 67-69 Nr. 1008, L G Berlin 1. VII. 1937 J R P V 1937 S. 313-314). A u s n a h m s w e i s e kann hier aber dennoch eine auf dem Ausdehnungsbestreben von Gasen beruhende unter plötzlichem Druckausgleich auftretende Motorexplosion vorliegen. Diese kann durchaus im Zusammenhang mit einem S c h w a c h w e r d e n des M a t e r i a l s auftreten Dann kommt es darauf an, ob für derartige Betriebsschäden ein Ausschlußtatbestand vereinbart ist. Vossen a.a.O. S. 2 - 3 bemerkt dazu, daß das Abreißen des Zylinderdeckels einer Verbrennungskraftmaschine durchaus auf eine Explosion zurückzuführen sein könne. Der Schaden sei dagegen kraft ausdrücklicher Ausschlußbestimmung (heute § 1 Nr. 5 c) A F B 87, damals Klausel I 2 Abs. 3 ZfgA) immer ausgeschlossen. Bei dieser nur im AFB-Bereich geltenden Ausschlußbestimmung handelt es sich also nicht nur um eine deklaratorische Regelung (vgl. auch H 26). [H 25] ddd) Explosionsort Unerheblich für die Eintrittspflicht des Vers für E x p l o s i o n s s c h ä d e n ist es, ob die Explosion auf dem V s g r u n d s t ü c k erfolgt und ob Sachen des Vmers e x p l o d i e r e n oder ob ein Objekt explodiert, das nicht zu den vten Sachen gehört. Entscheidend ist, ob durch eine solche Explosion unter den primären Deckungsschutz des Feuervsvertrages fallende Sachen beschädigt werden oder nicht. Es sind unter der Geltung der A F B 87 auch nicht nur solche Explosionsfolgeschäden des Vmers vert, die auf Explosionen auf Nachbargrundstücken zurückzuführen sind. Die Eintrittspflicht des Vers ist vielmehr auch für solche Explosionsschäden gegeben, die auf viel weiter entfernte Explosionen zurückzuführen sind. Das ist deshalb von Bedeutung, weil auf Grund der bei größeren Explosionen auftretenden Druckwellen Schäden über einen Ortsbereich von vielen Quadratkilometern entstehen können. An der Erstattungspflicht des Vers für derartige Schäden besteht kein Zweifel, wenn nur feststeht, daß eine Explosion stattgefunden hat und daß vte Sachen durch diese Explosion beschädigt worden sind. Ebenso ist der Vsschutz in der Wohngebäude- und in der Hausratv ausgestaltet (vgl. §§ 1 I a) V G B 6 2 , 4 Nr. 1 a) V G B 88 und §§ 1 Nr. 1 a) V H B 66, V H B 74 und §§ 3 Nr. 1 V H B 84, V H B 92). Dafür, daß der Rechtszustand zur Zeit der Geltung des § 1 III b) A F B 30 ein anderer gewesen ist, vgl. H 6 m. w. Ν. [Η 26] cc) Ausschlüsse gemäß § 1 Nr. 5 c) AFB 87 aaa) Explosionen in Verbrennungsräumen Gemäß § 1 Nr. 5c) A F B 87 sind Schäden, die an V e r b r e n n u n g s k r a f t m a s c h i nen durch die im V e r b r e n n u n g s r a u m auftretenden E x p l o s i o n e n entstehen, vom Vsschutz ausgeschlossen. Dieser Ausschluß bezieht sich nur auf die an den Verbrennungsmaschinen selbst entstehenden Schäden. Keineswegs werden die als Folge solcher Explosionen an weiteren Sachen entstehenden Schäden mit ausgeschlossen. Das ergibt sich schon aus dem exakt auf den Schaden an den Kraftmaschinen abstellenden Wortlaut der Ausschlußklausel. Demgemäß kommt der Bestimmung des § 1 Nr. 6 S. 1 AFB 87, in der das ausdrücklich aufgeführt wird, nur klarstellende Bedeutung zu. Würde diese Bestimmung gestrichen werden, würde sich demgemäß der Umfang des Vsschutzes nicht ändern. § 1 Nr. 5 c) A F B 87 ist dagegen eine konstitutive Ausschlußklausel. Ohne sie wären auch derartige Explosionsschäden an Verbrennungskraftmaschinen vert. Da es sich um einen eng begrenzten Ausschlußbereich handelt, kann hier (anders als bei dem Ausschluß der durch Blitzschlag verursachten Kurzschluß- und Überspannungsschäden an elektrischen Einrichtungen, ζ. B. gemäß § 9 Nr. 2 b) V H B 92, § 9 Nr. 2c V G B 88, vgl. dazu H 18) nicht davon die Rede sein, daß Johannsen/Johannsen

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Antn. H 26

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

der Vsschutz gegen wesentliche Prinzipien des Vsrechts rechtsmißbräuchlich im Sinne der §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. eingeschränkt werde. Demgemäß sind bisher im Schrifttum in Bezug auf die Rechtswirksamkeit dieser Klausel keine Bedenken geäußert worden. Es ist auch überaus einleuchtend, daß diese infolge des Betriebs der Verbrennungskraftmaschinen latent bestehende Gefahr einer Eigenschädigung nicht mit gedeckt werden soll. Letzten Endes handelt es sich hier um einen im gewissen Umfang immer gegebenen Abnutzungsfaktor, der kalkulatorisch zumeist erst nach der betrieblichen Abschreibung solcher Anlagen eintritt. Zu beachten ist ohnedies, daß die Ausschlußklausel gemäß § 1 Nr. 6 S. 3 A F B 87 dann nicht zum Tragen kommt, wenn die Explosion in der Verbrennungskraftmaschine die Folge einer der in § 1 Nr. 1 A F B 87 aufgeführten Gefahren ist. Es wird demgemäß nur ein kleiner Bereich möglicher Explosionsschäden vom Vsschutz ausgenommen. In den A F B 30 fehlt es an einer § 1 Nr. 5 c) A F B 87 entsprechenden Ausschlußklausel, so daß sich dort theoretisch ein Einschluß derartiger Schäden an den Verbrennungskraftmaschinen ergeben könnte. Zu beachten ist aber, daß in § 3 III ZfgA 81b (letzte Fassung VA 1985 S. 255-262) ein wortgleicher Ausschlußtatbestand enthalten ist. Nur wenn es im Einzelfall verabsäumt worden ist, diese Zusatzbedingungen zu vereinbaren (oder ausdrücklich solche Schäden an Verbrennungskraftmaschinen eingeschlossen worden sind) ergibt sich somit für diesen Altbestand von Vsverträgen ein abweichender Vsschutzbereich gegenüber § 1 Nr. 5 c) A F B 87. Hingegen fehlt eine solche Ausschlußklausel in den V H B 92 (VA 1992 S. 300-308) und in den V G B 88 (VA 1989 S. 68-78). Das ist aber im Regelfall für die Hausratv ohne Bedeutung, da dort Verbrennungskraftmaschinen unter gewöhnlichen Umständen nicht unter die vten Sachen fallen (vgl. dazu H 111), während in der Wohngebäudev die Heizungsanlage bei entsprechender Ausgestaltung schon von dem Betrieb einer Verbrennungskraftmaschine abhängen dürfte. Wussow 2 Anm. 29 zu § 1 AFB vertritt die Auffassung, daß ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen Ausschlußklausel auch in dieser Vssparte Schäden an den Dampf- und Gaskraftmaschinen durch Zylinderrisse nicht vert seien, da es an der erforderlichen Plötzlichkeit und Gewaltsamkeit des Spannungsausgleichs fehle. Doch gelte das nur für die Schäden an den Maschinen selbst, nicht dagegen für Schäden an anderen vten Sachen. Das ist jedoch eine in sich widerspruchsvolle Argumentation. Entscheidend ist, ob eine Explosion gegeben ist. Ist das der Fall, dann sind alle daraus folgenden Schäden an vten Sachen zu ersetzen, soweit nicht Ausschlußtatbestände eingreifen. Um solchen Zweifeln vorzubeugen, war gerade die schon lange im Gebrauch befindliche Sonderklausel für Explosionen in Verbrennungskraftmaschinen geschaffen worden (vgl. dazu Raiser 2 Anm. 31 zu § 1 AFB, sowie Vossen VW 1957 Sonderbeilage Nr. 13 S. 4). Im industriellen Bereich kann das gemäß § 1 Nr. 5 c) A F B 87 für Verbrennungskraftmaschinen ausgeschlossene Risiko durch Abschluß einer Maschinenv abgesichert werden. Zwar sind nach § 2 Nr. 4h) AMB 91 (VA 1991 S. 231-238) solche Schäden ausgeschlossen, die auf die in § 1 Nr. 1 A F B aufgeführten Gefahren zurückzuführen sind. Doch gilt das nur, soweit diese Gefahren durch eine Feuerv gedeckt werden können. Soweit ein Standardausschluß wie der nach § 1 Nr. 5 c) AFB 87 vorliegt, ist der Maschinenver im Risiko. Denn durch § 2 Nr. 4 h) AMB 91 sollen nur die üblicherweise vom Vsschutz einer Feuerv erfaßten Risiken aus dem Deckungsbereich einer Maschinenv herausgenommen werden. Eine Interpretation des Inhalts, daß durch Individualvereinbarungen letzten Endes alle Risiken im Vsbereich abgedeckt werden könnten, verkennt diese Zusammenhänge. Ist allerdings abweichend von den am Vsmarkt üblichen Bedingungen ein an sich durch § 1 Nr. 5 c) A F B 87 ausgeschlossenes Risiko in den Vsschutzbereich herein genommen worden, so wird man den Ausschlußgrund gemäß § 2 Nr. 4h) A M B 91 zu bejahen haben. 534

Johannsen/Johannsen

Anm. H 29

I. Hauptpflichten des Feuervers

[H 27] bbb) Gasdruckschäden an Schaltorganen von elektrischen Schaltern Gemäß § 1 Nr. 5 c) AFB 87 werden ferner Schäden nicht vom Vsschutz erfaßt, die an S c h a l t o r g a n e n von e l e k t r i s c h e n S c h a l t e r n durch den in ihnen auftretenden G a s d r u c k entstehen. Eingeschlossen wären solche Schäden nur dann, wenn sich der Gasdruck im Sinne einer Explosion auswirkt. Das bedeutet, daß es sich insoweit um eine k o n s t i t u t i v e Ausschlußklausel handelt. Sie hat für den Ver den Vorteil, daß er der schwierigen Entscheidung darüber enthoben ist, ob es sich um explosionsartige Vorgänge handelt oder nur um ein nicht vtes Versagen der Schaltorgane, die - ohne die Merkmale des Explosionsbegriffs zu erfüllen - infolge allmählicher Abnahme und steten Drucks unbrauchbar geworden sind. Auch gegen diesen eng begrenzten Ausschlußtatbestand bestehen keine Bedenken aus §§ 9 AGBG, 307 BGFB n. F. Denn es leuchtet durchaus ein, daß solche Schäden an Teilen, die ohnedies steter Abnutzung und routinemäßiger Auswechslung unterliegen, vom Vsschutz ausgeschlossen werden. Wichtig ist, daß bei durch Gasdruck entstehenden Explosionen die Schäden an anderen vten Sachen vom Vsschutz erfaßt werden. Das ergibt sich wie bei den Schäden an Verbrennungskraftmaschinen aus dem eng begrenzten Wortlaut der Ausschlußklausel und wird durch § 1 Nr. 6 S. 1 AFB 87 bekräftigt. Ferner werden gemäß § 1 Nr. 6 S. 3 AFB 87 solche Schäden an Schalterorganen von elektrischen Schaltern nicht vom Vsschutz ausgeschlossen, die darauf zurückzuführen sind, daß sich an anderen Sachen eine vte Gefahr gemäß § 1 Nr. 1 AFB 87 verwirklicht hat. Auch diese Ergänzung des Ausschlußtatbestandes hat nur klarstellende Bedeutung, sollte aber beibehalten werden, um Fehlinterpretationen vorzubeugen. In den AFB 30 fehlt eine § 1 Nr. 5 c) AFB 87 entsprechende Regelung. Doch war sie bei den Schäden an den Verbrennungskraftmaschinen auch schon in § 3 III ZfgA 81b) (und deren Vorläufern) enthalten. Hingegen gibt es einen solchen Ausschlußtatbestand nicht in den VHB 92 und in den VGB 88 und deren Vorgängern. Vgl. dazu und zu dem Einschluß dieses Risikos in eine Maschinenv H 26 a. E. [H 28] dd) Beweislast Zur grundsätzlichen Abgrenzung der Beweislast im Feuervsbereich vgl. H 14 m. w. Ν. Mit Rücksicht auf den elementar plötzlich nach außen in Erscheinung tretenden Charakter einer Explosion ergeben sich im Regelfall keine Beweislastschwierigkeiten. Demgemäß sind aus der veröffentlichten Rechtsprechung aus der Nachkriegszeit Beweislastentscheidungen zum Explosionsbegriff und zu den unter Η 26-27 aufgeführten Ausschlußtatbeständen nicht zu ermitteln gewesen. [H 29] d) Anprall oder Absturz eines bemannten Flugkörpers, seiner Teile oder seiner Ladung Gemäß § 1 Nr. l d ) AFB 87 besteht für den A n p r a l l oder A b s t u r z eines b e m a n n t e n F l u g k ö r p e r s , s e i n e r T e i l e oder seiner L a d u n g Versicherungsschutz, wenn dadurch vte Sachen zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen (ebenso §§ 1 Nr. 1 a) VHB 66, VHB 74 und § 3 Nr. 1 VHB 84 sowie § 1 Ia) VGB 66 und § 4 Nr. 1 a) VGB 88). A b w e i c h e n d davon sind gemäß §§ 3 Nr. 1 VHB 92, 4 Nr. l a ) VGB (Fassung 99) Schäden durch den Aufprall eines L u f t f a h r z e u g s seiner Teile oder seiner Ladung vert (vgl. dazu die Ausführungen am Schluß dieser Anm.). Den zusätzlich für solche Anprall- oder Absturzschäden gewährten Vsschutz im Umfang des § 1 Nr. 1 d) AFB 87 gibt es in Deutschland seit dem Jahre 1936. Die Ver haben damals eine geschäftsplanmäßige entsprechende Erklärung abgegeben. Seit 1938 Johannsen/Johannsen

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Anm. H 29

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

wurde diese Eintrittsverpflichtung der Ver in Form eines Anhang zu § 1 A F B 30 deutlich nach außen dokumentiert. Es war in den Zeiten des zunehmenden Flugverkehrs in das Bewußtsein der Öffentlichkeit gedrungen, daß zwar Brand- und Explosionsschäden durch Flugzeugabstürze gedeckt waren, nicht aber sonstige Trümmerschäden. U m der schwierigen Abgrenzung von aus solchem Anlaß häufig entstehenden Brand- und Explosionsschäden von den vorangegangenen Trümmerschäden zu entgehen, hat man den vernünftigen Weg gewählt, die Deckung auch auf die Aufschlagschäden zu erstrecken. Es handelt sich dabei nicht um eine isolierte deutsche Entwicklung. Vielmehr ist das auch bei ausländischen Vspolicen festzustellen (vgl. dazu Falckenberg S. 6 8 - 6 9 für das österreichische und S. 113 für das niederländische Feuervsrecht). Die Definition des durch Flugkörper angerichteten Schadens ist so verständlich, daß es Abgrenzungsstreitigkeiten darüber bisher, soweit ersichtlich, nicht gegeben hat. Jedenfalls fehlt es an veröffentlichten Entscheidungen darüber. Nicht vert sind danach Schäden durch u n b e m a n n t e F l u g k ö r p e r z . B . R a k e t e n . Mitvert ist aber ein Schaden durch einen ursprünglich bemannten Flugkörper, wenn die Besatzung diesen vor dem Absturz durch einen Fallschirmabsprung verlassen hat (ebenso Martin 3 C IV 3). Martin 3 a.a.O. vertritt darüber hinaus die Auffassung, daß ein vter Schadenfall auch dann vorliege, wenn eine unbemannte Raumstation abstürze, sofern diese später habe bemannt werden sollen. Eine solche Interpretation findet jedoch im Wortlaut der Bestimmung keine Stütze. Selbst wenn der Absturz auf einem Fehler bei einem Kopplungsmanöver beruht, das zur ersten Bemannung der Raumstation führen sollte, ist von einer unbemannten Raumstation auszugehen, solange die Raumstation von keinem der vorgesehenen Personen betreten worden ist. Bemannte Flugkörper sind nicht nur solche, die mit Maschinenkraft betrieben werden, sondern auch S e g e l f l u g z e u g e . Zu den Luftfahrzeugen im Sinne der Gefährdungshaftung gemäß §§ 3 3 - 4 3 LuftVG gehören gemäß § 1 II LuftVG auch Fesselballons, Hängegleiter, Drachenflugzeuge, Drachenfallschirme und S c h i r m d r a c h e n (vgl. auch B G H 27.IV. 1988 VersR 1988 S. 714 [zum Begriff des Luftfahrunfalls im Sinne des § 4 III b) A U B 61]). Es würde aber zu weit gehen, auch durch den Anprall von Fallschirmspringern entstehende Schäden als vert anzusehen. Eine solche Interpretation ist mit dem Wortlaut und Zweck des § 1 Nr. 1 d) A F B 87 nicht mehr zu vereinbaren. Anders wäre es, wenn ein bemanntes Flugzeug abstürzt und durch herausschleudernde Personen auch ein Schaden angerichtet wird. Das ist durchaus dem Sinn der Vsschutzerweiterung bezüglich des Absturz bemannter Flugkörper zuzurechnen. Nicht versichert sind Schäden, die durch den Druck eines in niedriger Höhe über Gebäude fliegenden Uberschallflugzeuges entstehen können, da es an den Bedingungsmerkmalen „Anprall" oder „Absturz" fehlt. Zu beachten ist, daß auch Schäden a t y p i s c h e r A r t durch den Absturz eines Flugkörpers vert sind. Als seltenes Beispiel seien mit M a r t i n 3 C I V 4 Wasserschäden genannt, die durch den Absturz eines Flugkörpers in einen Stausee oder auf ein Wehr an dem weit entfernt liegenden Hausgrundstück des Vmers durch Überschwemmungen entstehen können. - Ist im übrigen der Absturz eines unbemannten Flugkörpers auf einen B r a n d oder eine E x p l o s i o n an Bord eines solchen Flugkörpers (z.B. bei einem Raketenflug) zurückzuführen, so wird der Anprallschaden vom Vsschutz erfaßt. Das ergibt sich daraus, daß der Brand oder die Explosion nicht am Vsort eingetreten zu sein braucht (so zutreffend Martin 3 C IV 2; vgl. auch H 6 und H 25). In der K l a u s e l 3 1 0 8 ist vorgesehen, daß der Ver abweichend von § 1 Nr. l d ) A F B 87 auch für Schäden durch Anprall oder Absturz eines u n b e m a n n t e n F l u g k ö r p e r s , seiner Teile oder Ladung Entschädigung leistet. Die Vereinbarung dieser 536

Johannsen/Johannsen

Anni. H 30

I. Hauptpflichten des Feuervers

Klausel ist im gewerblichen Bereich häufig anzutreffen. Infolge des scharfen Wettbewerbs der Feuerver wird diese Klausel nicht selten o h n e P r ä m i e n z u s c h l a g zugestanden. Entspricht ein solches Verhalten des Vers seiner üblichen Praxis, sofern der Einschluß gefordert wird, so hat ein V s m a k l e r den Vmer auf diese Möglichkeit nachhaltig hinzuweisen. Eine derartige Unterrichtungspflicht des Vsmaklers ist aber auch dann gegeben, wenn der Ver eine solche Verbesserung des Vsschutzes nur gegen eine Z u s c h l a g p r ä m i e einräumen will. Hingegen dürfte eine solche Belehrungspflicht des Vers (und des für ihn handelnden Vsvertreters) nicht ohne weiteres anzunehmen sein, da es in seinem kaufmännischen Ermessen steht, welche Vertragsangebote er unterbreiten will. Es versteht sich, daß auch für den Einschluß der Sachschäden durch den Absturz eines Flugkörpers die A u s s c h l u ß r e g e l u n g e n der A F B zur Anwendung kommen (so zutreffend Martin 3 C IV 4). Das gilt z.B. für den Ausschluß des K r i e g s r i s i k o s gemäß § 1 Nr. 7 A F B 87 (vgl. dazu H 35-36). Gedacht sei z. B. an einen Schaden, der dem Vmer durch ein während eines Krieges abgeschossenes Flugzeug entsteht. Ferner kommt theoretisch auch der Ausschlußgrund der groben Fahrlässigkeit im Sinne des § 61 in Betracht. Er dürfte allerdings aus tatsächlichen Gründen nur selten zum Tragen kommen. Er könnte aber dann eingreifen, wenn der Vmer als Führer des abgestürzten Flugzeuges dessen Absturz auf seine eigenen Gebäude dadurch herbeigeführt hat, daß er nicht darauf geachtet hat, daß für den Flug genügend Treibstoff zur Verfügung stand. Bemerkenswert ist im übrigen, daß in § 3 Nr. 1 V H B 92 und § 4 Nr. 1 a) V G B 88 eine Verbesserung des Vsschutzes vorgenommen worden ist. Dort heißt es, daß durch den Anprall oder Absturz eines L u f t f a h r z e u g s , seiner Teile oder seiner Ladung entstehende Schäden vert sind. Das bedeutet, daß auch Schäden durch den Anprall oder Absturz u n b e m a n n t e r Luftfahrzeuge vert sind. Dietz 2 S. 124-125 vertritt die Auffassung, daß sich aus der Verwendung des Ausdrucks „Luftfahrzeuge" anstelle von „Flugkörpern" zugleich eine Einschränkung des Vsschutzes ergebe; da nach dem Sprachgebrauch zwischen L u f t - und R a u m f a h r t unterschieden werde, seien Schäden durch den Aufprall eines Raumfahrzeugs, seiner Teile oder seiner Ladung nicht vert. Es mag sein, daß eine solche Auslegung den Bedingungsverfassern vorgeschwebt hat. Das kommt aber in den genannten Bestimmungen nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck. Auch Raumfahrzeuge werden in der Umgangssprache als Luftfahrzeuge bezeichnet. Demgemäß besteht auch für durch Raumfahrzeuge verursachte Aufprallschäden Vsschutz. [ H 30] e) Löschen, Niederreißen oder Ausräumen § 83 I 1 bestimmt, daß im Falle eines Brandes der Ver den durch die Zerstörung oder die Beschädigung der versicherten Sachen entstehenden Schaden zu ersetzen hat, soweit die Zerstörung oder die Beschädigung auf der Einwirkung des Feuers beruht oder die u n v e r m e i d l i c h e F o l g e des Brandereignisses ist. Diese Bestimmung wird in § 83 I 2 dahin ergänzt, daß der Versicherer auch den Schaden zu ersetzen hat, der beim Brand durch L ö s c h e n , N i e d e r r e i ß e n oder A u s r ä u m e n verursacht wird. Das gleiche gilt von einem Schaden, der dadurch entsteht, daß versicherte Sachen bei dem Brand a b h a n d e n k o m m e n . Diese gesetzliche Regelung, die nach § 83 II auf den durch Explosion oder Blitzschlag entstehenden Schaden entsprechende Anwendung findet, wird in § 1 Nr. 1 e) A F B 87 wiederholt und erweitert auf die durch den Absturz von F l u g k ö r p e r n e n t s t e h e n d e n S c h ä d e n gemäß § 1 Nr. l d ) AFB. Es handelt sich um die Deckung einer sogenannten A d h ä s i o n s g e f a h r (vgl. dazu Möller Bd II Anm. 42 vor §§ 49-80). Im ersten Augenblick erscheint es als eigenartig, Johannsen/Johannsen

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Anni. H 30

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

warum das Löschen, Niederreißen oder Ausräumen als gesonderte Gefahr im Gesetz und in den Bedingungen aufgeführt wird. Denn nach § 631 müßten solche Aufwendungen als R e t t u n g s k o s t e n im Regelfall ohnedies ersetzt werden. M ö l l e r B d l l A n m . 152 zu § 49 bemerkt dazu, daß diese Haftung primär zur Ausschaltung des § 61 besonders herausgehoben werde, ferner um klarzustellen, daß der Vmer nicht lediglich gemäß § 63 Erstattung als Aufwendungsschaden (Vsschaden im weiteren Sinne) verlangen könne sondern als Vsschaden im engeren Sinne. Der Auffassung von Möller, daß durch diese Regelung § 61 ausgeschaltet werde, sind auch Kisch WuRdVers 1916 S. 337-338 und Falckenberg S. 33. Dagegen bemerkt Martin 3 C V 3, daß der Ausschluß wegen grober Fahrlässigkeit gleichermaßen für Schäden durch Brand und für Rettungskosten einerseits sowie für Schäden durch Löschen andererseits gelte. Der Auffassung von Möller ist beizupflichten. Zwar ist Martin bezüglich der Herbeiführung des Vsfalles hinsichtlich derjenigen Fälle zu folgen, in denen der Vmer den Ausbruch des Brandes oder der Explosion durch grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 61 herbeigeführt hat. Diese Fälle waren aber von Möller auch nicht gemeint, vielmehr solche, bei denen der Vmer den Eintritt des Vsfalles nicht im Sinne des § 61 verschuldet hat, bei denen aber darum gestritten werden kann, ob grobe Fahrlässigkeit (oder gar Vorsatz) bezüglich der durch Löschen, Niedereißen oder Ausräumen (oder Abhandenkommen) entstehenden Schäden vorliegt. Aus der gesonderten Aufführung der Ersatzpflicht des Vers für derartige Folgen eines (nicht durch ursprünglich vorliegende grobe Fahrlässigkeit herbeigeführten) Vsfalls kann durchaus mit Möller a.a.O. der Schluß gezogen werden, daß für diese Schadenfolgen § 61 nicht gesondert herangezogen werden darf. Dem entspricht es, daß Möller a.a.O. Anm. 31 zu § 61 eine vorsätzliche Schadenvergrößerung durch den Vmer mit einer entsprechenden Anwendung des § 61 ahndet. Zu beachten ist, daß Entscheidungen über einen Löschvorgang in aller Schnelle getroffen werden müssen. Entsprechendes gilt für das Niederreißen oder das Ausräumen. Deshalb darf gewiß nicht jede objektiv fehlerhafte Maßnahme als verschuldet angesehen oder gar als mit grober Fahrlässigkeit bewertet werden. Auch wäre es verfehlt, das vorsätzliche Niederreißen eines Fabrikteils, das der Brandbegrenzung dienen soll, als Ausschlußgrund im Sinne des § 61 zu bewerten, da der Vorsatz hier auf eine Schadenbegrenzung und nicht auf eine Schadenherbeiführung gerichtet ist. Vertritt man mit Möller a.a.O. Anm. 28, 43 vor §§ 49-90 und Anm. 4 zu § 63 die Auffassung, daß bei einer Zuordnung eines solchen von § 83 erfaßten Vorgangs zum Vsschaden im engeren Sinne die Bestimmungen über die Herbeiführung des Vsfalles keine Anwendung finden, so ergibt sich allerdings der Zwiespalt, daß bei dem Verlangen des Vmers, diesen Teil des Schadens als Rettungskosten ersetzt zu erhalten, ihm gemäß § 62 II entgegengehalten werden könnte, daß er die Rettungslast grob fahrlässig im Sinne des § 62 II verletzt habe. Das würde aber nur den in Anspruchskonkurenz zu dem Anspruch aus § 83 stehenden Aufwendungsanspruch gemäß § 63 betreffen. In der Regulierungspraxis dürften sich jedoch aus diesen unterschiedlichen theoretischen Ausgangspunkten keine wesentlichen Abweichungen ergeben. Das setzt allerdings voraus, daß das Maß für das Verschulden des Vmers den besonderen Umständen des jeweiligen tatsächlichen Geschehens angepaßt wird und insbesondere dem Umstand Rechnung getragen wird, daß die Rettungskostenentscheidungen im Regelfall in großer Eile getroffen werden müssen. Raiser 2 Anm. 48 zu § 1 AFB führt aus, daß wie bei sonstigen Schäden auch die Schäden durch Rettungsmaßnahmen oder Abhandenkommen im Sinne des § 83 I 2 mit dem primär vten Ergebnis in adäquatem Kausalzusammenhang stehen müssen. Demgegenüber wird von Möller a.a.O. Anm. 152 zu § 49 die Auffassung vertreten, daß auf den zeitlichen Zusammenhang abgestellt werden müsse (ebenso Gerhard538

Johannsen/Johannsen

Anm. H 31

I. Hauptpflichten des Feuervers

Hagen Anm. 6 zu § 83, für das Abhandenkommen auch Wussow 2 Anm. 42 zu § 1 A F B 30, Schweighäuser H R Z 1917 Sp. 222). Falckenberg S. 34 verwirft beide Lösungen. Er geht vom Adhäsionsgefahrcharakter der Schäden durch Rettungsmaßnahmen und Abhandenkommen aus. Als typische Nebenfolgen von Brand, Explosion und Blitzschlag seien sie nur mitvert, wenn sie aus der mit einem solchen Ereignis verbundenen Gefahrenlage entstehen. Dieser sich aus der primär vten Gefahr ergebenden spezifischen Gefährdung und nicht so sehr zeitlichen oder ursächlichen Kriterien sei das entscheidende Gewicht beizumessen. Von dem Gesichtspunkt der besonderen Gefährdung her ließen sich die Fälle sachgerecht lösen, in denen es vor Ausbruch eines drohenden Brandes (oder einer Explosion) zu Schäden durch vorsorgliche Rettungsmaßnahmen oder Diebstahl komme, der ursächliche und auch der zeitliche Zusammenhang mit der versicherten Grundgefahr also fehle. Weiter könnten Schäden nach Verwirklichung der Gefahr, etwa nach einer Explosion, unter den Vsschutz fallen, sofern nur die vom vten Ereignis herrührende besondere Gefahrenlage noch bestehe. Ausgeschieden würden andererseits dadurch Fälle, in denen die Schäden nicht dem vom Ver übernommenen Gefahrenbereich zugerechnet werden könnten. Das gelte für Schäden, die einem Neugierigen zustoßen könnten, der sein Haus unbewacht zurücklasse, um einem Brand zuzuschauen oder für Schäden durch Einbrecher, die später das Haus in Brand setzen, um ihre Spuren zu verwischen. Der Sache nach stellt jedoch der zeitliche Zusammenhang nur einen Unterfall des stets zu fordernden adäquaten Kausalzusammenhangs dar. Daß der einem Neugierigen entstehende Schaden nicht zu ersetzen ist, steht bei einer Interpretation des Vorfalls nach der Interessenlage außer Frage. Der weitere Beispielsfall ist wohl so zu verstehen, daß während eines Brandes eingebrochen wird. Das ist der Fall des § 83 I 2. Ist das Beispiel dagegen so zu verstehen, daß der Diebstahl vorangegangen ist und es erst danach zur Brandstiftung kommt, so betrifft der Schaden durch den Einbruch den Feuerver nicht (sondern nur den Einbruchdiebstahlver); denn dieser Schaden war bereits vor dem Brandausbruch entstanden (vgl. dazu Raiser 2 Anm. 51 zu § 1 A F B 30). [ H 3 1 ] f) Abweichungen von der Mehrfachgefahrendeckung In § 82 ist als Regelfall die Haftung des Vers für den durch B r a n d , E x p l o s i o n oder B l i t z s c h l a g entstehenden Schaden vorgesehen. Der Gesetzgeber ist dabei vom Prinzip d e r V e r t r a g s f r e i h e i t ausgegangen und hat deshalb bewußt davon abgesehen, der Regelung in § 82 zwingende Wirkung beizulegen (Begr. I S. 90). Bezüglich des Explosionsrisikos heißt es a.a.O. S. 90-91, daß nach den Verbandsbedingungen ein Explosionsschaden, der nicht zugleich ein Feuerschaden sei, nur ersetzt werde, wenn eine Explosion von L e u c h t g a s in Frage stehe. Die Entwicklung gehe aber dahin, die Haftung für Explosionsschäden zu erweitern. In der Praxis würden zum Teil schon jetzt außer den Leuchtgasexplosionen auch gewisse Explosionen anderer Art in die V einbezogen, bisweilen sogar alle Explosionsschäden mitgedeckt. Das Gesetz könne jedenfalls zwischen den einzelnen Explosionsgefahren nicht unterscheiden, vielmehr sei es Sache der Vsbedingungen, der Haftung für Explosionsschäden engere Grenzen zu ziehen oder die Übernahme dieser Haftung von einem besonderen Prämienzuschlag abhängig zu machen. Diese Überlegungen werden der Rechtswirklichkeit nicht mehr gerecht. Vielmehr ist heute der in § 82 umschriebene Deckungsumfangs einer Feuerv in bezug auf die zusätzlichen Gefahren E x p l o s i o n und B l i t z s c h l a g nach einer Entwicklungszeit von fast 100 Jahren als w e s e n t l i c h e r G r u n d g e d a n k e der gesetzlichen Regelung im Sinne der §§ 9 II Nr. 1 A G B G , 307 II Nr. 1 B G B n.F. zu bewerten. Demgemäß kann von dieser gesetzlichen Vorgabe durch AVB wirksam nicht abgewichen werden. Johannsen/Johannsen

539

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Anm. H 32

Es liegt nahe, entsprechendes für die seit 1937 allein durch das i m Bundesgebiet ü b e r einstimmende Vertragsrecht g e w ä h r t e zusätzliche Erstreckung des Vsschutzes auf Schäden anzunehmen, die auf d e m A b s t u r z b e m a n n t e r F l u g k ö r p e r z u r ü c k z u f ü h r e n sind. Diese Ü b e r l e g u n g e n ändern aber g e w i ß nichts daran, daß eine i m R a h m e n der Vertragsfreiheit a u s g e h a n d e l t e Vereinbarung, daß Explosionsschäden ganz oder teilweise nicht mit v o m Vsschutz erfaßt werden, durchaus als rechtsbeständig zu bewerten sind In einem solchen Fall ist davon auszugehen, daß der Ver für einen dergestalt aus d e m Vsschutz h e r a u s g e n o m m e n e n Explosionsschaden auch dann nicht einzustehen hat, w e n n er auf einen vorangehenden Brand z u r ü c k z u f ü h r e n ist (so R G 29. VI. 1920 R G Z 99 S. 280-283; w. N . bei Raiser 2 A n m . 45 zu § 1 A F B u n d W u s s o w 2 A n m . 37 zu § 1 A F B ; vgl. ferner H e n n e S. 6 9 - 7 0 ) . g) Allgemeine Ausschlußtatbestände Gliederung: aa) Ausschlüsse gemäß § 84 und bedingungsrechtliche Ergänzungen aaa) Schrifttum H 32 bbb) Vorbemerkung H 3 3 - 3 4 α ) Gesetzliche Regelung Η 33 β) Bedingungsgemäße Regelung Η 34 ccc) Krieg und Kriegsereignisse Η 3 5 - 3 6 α) Maßnahmen eines militärischen Befehlshabers Η 35 β) Kriegsereignisse jeder A r t Η 36 ddd) Innere Unruhen Η 37 eee) Erdbeben Η 38 f f f ) Kernenergie Η 39

ggg) Wirksamkeit der Ausschlüsse Η 40 hhh) Einschränkung der Risikoausschlüsse Η 41-43 α) Extended Coverage-Deckung Η 41 β) Radioaktive Isotope Η 42 γ) All-Riskis-Deckung Η 43 iii) Ursachenzusammenhang Η 4 4 - 4 5 α) Adäquate Kausalität Η 44 β) Mitwirkende Ursachen Η 45 jjj) Beweisfragen Η 46 bb) Ausschluß gemäß § 61 Η 4 7 - 8 3 (weitere Untergliederung vor Η 47)

aa) Ausschlüsse gemäß § 84 W G und bedingungsrechtliche Ergänzungen [H 32] aaa) S c h r i f t t u m Anonym VW 1996 S. 667-668, Berliner ZfV 1991 S. 549-556, Büchner NJW 1947/48 S. 467, Dietz Umfang der erweiterten Elementargefahrendeckung, Schriftenreihe der Kölnischen Rück, Heft 18, Köln 1991, S. 7-21, Engels VersPrax 1979 S. 43-47, Engels VersPrax 1979 S. 189-192, Fährmann VersPrax 1991 S. 217-222, Fährmann VersPrax 1992 S. 4 5 ^ 9 , Frey ZVersWiss 1965 S. 241-262, Fricke VersR 1991 S. 1098-1103, derselbe VersR 2002 S. 6-11, von Fürstenwerth V des Kriegsrisikos im deutschen Vsrecht, Heft 12 der Veröffentlichungen der Hamburger Gesellschaft zur Förderung des Vswesens, Hamburg 1992 S. 7-43, Geitner VersR 1983 S. 5-7, Glotzmann VersR 1975 S. 784-789, Hailbronner V des Kriegsrisikos im deutschen Vsrecht, Heft 12 der Veröffentlichungen der Hamburger Gesellschaft zur Förderung des Vswesens, Hamburg 1992, S. 55-71, Horster Der Ersatz von Tumultschäden durch Staat und V, Karlsruhe 1988, Hübner ZVersWiss 1981 S. 1-48, derselbe VersR 1982 S. 1013-1020, Klostermann VW 1963 S. 856-857, Koch ZVersWiss 1969 S. 137-177, derselbe ZfV 1985 S. 537-542, Krähe VersR 1991 S. 634-636, Kühl Die Geschäftspolitik der Industriellen Feuerv aus der Sicht eines Erstvers, Karlsruhe 1994, Pfennigstorf VersR 1990 S. 337-345, Raffler Festschrift zum 60. Geburtstag von Horst Jannott, Karlsruhe 1988, S. 355-398, Riechert VersPrax 1980 S. 81-86, Rohde-Liebenau Schriftenreihe der Kölnischen Rück, Heft 17, Köln 1990, S. 7-21, Ryfisch Schriftenreihe der Kölnischen Rück, Heft 18, Köln 1991, S. 69-96, Schäfer Die V von Elementarschäden im Wettbewerb, Karlsruhe 1993, Reimer Schmidt und K. Geratewohl ZVersWiss 1973 S. 277-317, Schneider Die FeuerBetriebs-Unterbrechungs-V, Frankfurt a.M. 1997, Sievers ZfV 1976 S. 645-648, Vossen VW 1970 S. 183-199, Weidenfeld All Risks-V, Bergisch Gladbach Köln 1991; Wrabetz ZfV 1982 S. 11-12, Weitere Schrifttumshinweise in Bd V 1 J 75.

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Johannsen/Johannsen

Anm. H 34

I. Hauptpflichten des Feuervers

[ H 33] bbb) Vorbemerkung α) Gesetzliche Regelung Für die Feuerv ist in § 84 eine Risikobegrenzung verankert, die sich auf bestimmte den Vsfall Brand oder Explosion auslösende Ursachen bezieht. Danach haftet der Ver nicht, wenn diese in einem Erdbeben bestehen oder auf Maßregeln beruhen, die im Kriege oder nach der Erklärung des Kriegszustandes von einem militärischen Befehlshaber angeordnet worden sind. Während in der ursprünglichen Regierungsvorlage zum W G auf der Basis bestehender Vsbedingungen noch als weitere risikobegrenzende Ursachen Aufruhr oder Landfriedensbruch enthalten waren, wurden diese vermutlich aus politischen Gründen (vgl. Horster a.a.O. S. 111 und Martin 3 F I 5) im Gesetzesentwurf mit den Worten gestrichen „zu einer gesetzlichen Bestimmung dieser Art liegt indessen kein genügender Grund vor" (Begr. I S. S. 92 ). Unter dem Eindruck der Feuersbrünste nach der Erdbebenkatastrophe in San Francisco von 1906 (dazu V W 1996 S. 667-669) wurden dagegen zusätzlich Erdbebenschäden ausgeschlossen (Motive zum Vsvertragsgesetz, Berlin 1963, S. 502-504). Auf dem deutschen Versicherungsmarkt war ohnedies ein standardisierter Ausschluß von Erdbebenschäden in Feuervsverträgen schon seit dem Ende des 18. Jahrhunderts angewendet worden (dazu Koch ZfV 1985 S. 537). Mit Aufnahme des Naturereignisses Erdbeben in § 84 wird deutlich, daß jedenfalls dieses prämienmäßig schwer kalkulierbare Elementar- bzw. Katastrophenrisiko vom Versicherungsschutz grundsätzlich ausgeschlossen sein sollte, obwohl es in Deutschland eigentlich nur eine relativ unbedeutende Rolle spielt. Das B A A hatte sich mehrfach mit dem Elementarrisiko Erdbeben befassen müssen und vertrat noch im G B B A A 1978 S. 56 sowie in VA 1979 S. 2 die Auffassung, daß es im Regelfalle als unverbar zu gelten habe und eine Deckung abzulehnen sei. Diese Haltung lockerte es erst 1990 ( G B B A A 1990 S. 73 VA 1991 S. 325). In einigen Landesgesetzen, ζ. B. dem Baden-Württembergischen G. über die V der Gebäude gegen Unwetter- und andere Elementarschäden vom 7. III. 1960, in der Fassung des Gesetzes vom 14. X I I . 1971, war aber der Vsschutz für durch Erdbeben verursachte Schäden vorgesehen (vgl. dazu V G H Baden-Württemberg 5. VI. 1984 VersR 1986 S. 457-459). Das Gesetz ist durch das G. zur Neuordnung der Gebäudev vom 28. VI. 1993 (GVBl. für Baden-Württemberg 1993 S. 505) mit Ablauf vom 30. VI. 1994 aufgehoben worden. Ein entsprechender Vsschutz wird aber weiterhin angeboten. § 84 stellt nur eine rudimentäre Regelung dar, die den Erfordernissen der Praxis, Katastrophenschäden, insbesondere durch Kriegsereignisse, aus dem Vsschutz herauszunehmen, nicht gerecht wird (Fricke VersR 1991 S. 1098-1103). § 84 ist aber vom Gesetzgeber bewußt als nicht zwingendes Recht ausgestaltet worden. Von der Dispositionsmöglichkeit wurde von Anfang an in den AVB der Feuerv (AFB, V G B , V H B ) entsprechend Gebrauch gemacht. Im Laufe der Zeit sind in den Bedingungswerken weiterreichende Ausschlüsse eingefügt worden. Die gesetzliche Regelung ist dennoch nicht ohne Bedeutung, und zwar sowohl als Maßstab für die Anwendung des § 9 II I A G B G (Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 4 zu § 84, Dörner-Staudinger in B K R N 1 zu § 84) wie auch als Ansatz im Hinblick auf die Angemessenheit im Sinne von § 9 II 2 A G B G (Langheid in Römer-Langheid R N 6 zu § 84). Zur Erweiterung der Haftung des Vers entgegen § 84 durch eine E C D - D e c k u n g vgl. H 42. [H 34] β) Bedingungsgemäße Regelung Gemäß § 1 Nr. 7 A F B 87 erstreckt sich die Feuerv o h n e R ü c k s i c h t auf m i t w i r k e n d e U r s a c h e n nicht auf Schäden von vten Sachen und auf vte Kosten, die Johannsen/Johannsen

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Anm. H 35

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

durch K r i e g s e r e i g n i s s e jeder Art, i n n e r e U n r u h e n , E r d b e b e n oder K e r n e n e r g i e verursacht werden (ebenso § 9 Nr. l b ) und c) VHB 92 [und Vorgänger] sowie § 9 Nr. 1 b) und c) V G B 88 [und Vorläufer]). In der Neufassung 1999 der V G B 88 fehlt dieser Ausschluß. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß die Ver bei der Vereinbarung dieser Bedingungen eine entsprechende Klausel einfügen werden (Dietz Wohngebäudev2 S. 237). Anstelle von „Kriegsereignissen jeder Art" ist in § 1 Nr. 7 AFB 30 nur von „Krieg" die Rede. Ungeachtet dessen, daß § 84 nur für die Feuerv gilt, finden sich entsprechende Ausschlußklauseln in fast allen Sachven und auch in der Unfallv (vgl. nur die Ubersichten bei Reimer Schmidt-Geratewohl ZVersWiss 1973 S. 277-342 und aus neuerer Zeit, speziell zum Kriegsrisiko, bei von Fürstenwerth in „Versicherung des Kriegsrisikos" a.a.O. S. 40-43). Demgemäß sind in diesem Kommentar die drei ersten aufgeführten ausgeschlossenen Gefahrenereignisse, nämlich K r i e g s e r e i g n i s s e , i n n e r e U n r u h e n und E r d b e b e n , bereits 1978 durch Wagner zur Unfallv Bd VI 1 G 138-143 und G 276 erörtert worden. Darauf und auf die zeitgleich erfolgte Kommentierung dieser Ausschlußgründe zur F a h r z e u g v in Bd V 1 J 76-78 und 80 kann weitgehend verwiesen werden, zumal sich seit dieser Zeit keine grundlegende Neuentwicklung ergeben hat. Es wird daher nachfolgend eine gestraffte Darstellung gewählt, bei der vornehmlich Veröffentlichungen nach 1978 berücksichtigt werden. Bezüglich der K e r n e n e r g i e ist eine solche Verweisung nicht möglich. Das hängt damit zusammen, daß in der Unfallv ursprünglich ein genereller Ausschluß eines solchen Risikos von den Bedingungsverfassern als nicht erforderlich angesehen worden war (vgl. Wagner a.a.O. G 237, anders heute § 2 I Nr. 6 AUB 94). Hingegen hat es sich in der Fahrzeugv um keine bewußte Entscheidung gehandelt. Vielmehr war übersehen worden, dieses Risiko auszuschließen, was per 1.1.1984 korrigiert wurde (vgl. dazu Bd V 1 J 35 und § 2 Ile) AKB 95). [H 35] ccc) Krieg und Kriegsereignisse α) Maßregel eines militärischen Befehlshabers Der gesetzliche Risikoausschluß von § 84 spiegelt gewissermaßen die historische Situation der Kriegsführung vor dem ersten Weltkrieg wider. Schon in den ersten Nachkriegs-AFB wurde der Ausschluß weiter gefaßt, sodaß die gesetzliche Regelung in der Tat inzwischen durch die Formulierung „durch Kriegsereignisse jeder Art* in § 1 Nr. 7 AFB 87 bedeutungslos geworden ist (Langheid in Römer-Langheid R N 6 zu § 84). Bei enger Auslegung ist ihre Reichweite heutzutage gering; denn sie bezieht sich nur auf Maßregeln eines militärischen Befehlshabers, die im Kriege oder nach Erklärung des Kriegszustandes von diesem angeordnet worden sind. Mithin zeigt sich darin, daß ein voluntatives bzw. finales Element vorhanden sein muß. Es muß sich um eine angeordnete Maßregel handeln, d.h. um genau einzuhaltende Richtlinien bzw. Weisungen, mit denen etwas Bestimmtes bewirkt werden soll, wie z.B. Niederbrennen oder Sprengen von Gebäuden, um ein freies Schußfeld zu erlangen. Befehlshaber bedeutet, daß nicht jeder Dienstgrad, der einen Befehl gibt, gemeint ist, sondern daß eine gewisse Position für eigenverantwortliches Handeln bzw. eine Berechtigung für das Erteilen militärischer Befehle gegeben sein muß. Ein polizeilicher Befehlshaber wird mit dieser Regelung nicht angesprochen (Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 84), wenngleich nach Art. 87a) III G G Streitkräfte unter bestimmten Voraussetzungen auch für polizeiliche Einsätze herangezogen werden können. Während Langheid (RömerLangheid R N 4 zu § 84) meint, die Befehlsgewalt sei nur nach den innerstaatlichen Regeln des Staates zu beurteilen, in dem das Risiko belegen ist, läßt Bruck 7 R N zu § 84 m. w. N. diese Frage zwar unbeantwortet. Er ist aber der Ansicht, daß die Maßregel 542

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Anm. H 36

I. Hauptpflichten des Feuervers

sowohl von einem inländischen wie von einem ausländischen Befehlshaber angeordnet worden sein kann (vgl. auch RG 25.1.1918 R G Z Bd 92 S. 98-101); Raiser2 Anm. 66 zu § 1 bringt sogar das Beispiel, daß auf neutralem Staatsgebiet dortige Munitionsfabriken im Auftrage einer der kämpfenden Mächte in die Luft gesprengt werden. Dies dürfte sich jedoch als eine Überdehnung des Risikoausschlusses darstellen. Gleichbedeutend ist für Bruck a.a.O. auch, ob der Brandschaden unmittelbar durch die Maßregel oder mittelbar durch Anordnungen militärischer Befehlshaber herbeigeführt worden ist, sofern im letzten Fall zwischen der Anordnung und dem Brandschaden ein ursächlicher Zusammenhang besteht (vgl. auch RG 3.XI. 1921 RGZ Bdl03 S. 136— 137). Dieser Ansicht ist zu folgen. [ H 3 6 ] ß) Kriegsereignisse jeder Art Kriegsausschlußklauseln, die den heutigen durchaus ähneln, bestehen bei in Deutschland tätigen Feuervern schon seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (dazu von Fürstenwerth a.a.O. S. 12). Während sich § 84 und § 1 Nr. 7 AFB 30 mit dem Begriff „Krieg" begnügen, wird dieser in § 1 Nr. 7 AFB 87 erweitert auf „Kriegsereignisse jeder Art". Beide Begriffe sind ihrem Wortlaut nach nicht als deckungsgleich anzusehen. Allerdings kommt es bei beiden nicht auf die völkerrechtliche Auslegung des Kriegsbegriffes an, für die Beginn und Ende des Krieges von einem formalen Akt abhängig ist (vgl. z.B. Hailbronner a.a.O. S. 55-71). Vielmehr liegt sowohl § 84 wie den Ausschlußbestimmungen der Feuerv ebenso wie § 68 III (vgl. dazu Sieg in Bd II Anm. 70 zu § 68) ein besonderer vsrechtlicher Kriegsbegriff zugrunde, der weiter geht und jede mit Waffengewalt geführte Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehreren Staaten umfaßt, ohne daß es auf eine formelle Kriegserklärung ankommt (RG 3. VII. 1917 RGZ 90 S. 378-385, 380; Reimer Schmidt-Geratewohl ZVersWiss 1973 S. 277-317, 382; Raiser2 R N 66 zu § 1 AFB; Krähe VersR 1991 S. 634-636; Fricke VersR 1991 S. 1098-1103; v. Fürstenwerth S. 19; Dörner-Staudinger in BK R N 4 zu § 84; a. M: nur Langheid in Römer-Langheid R N 3 zu § 84, der dort auf den völkerrechtlichen Begriff abstellt). Damit kann ein Krieg im vsrechtlichen Sinne schon vor dem völkerrechtlichen Kriegsbeginn vorliegen und dessen Ende überdauern. Es wird allein auf das Vorhandensein eines tatsächlichen kriegsmäßigen Gewaltzustandes abgestellt. Die tatsächliche äußere Einwirkung, also der Gebrauch von Kriegswaffen durch kontroversen organisierten Einsatz von regulären Streitkräften findet in der Umschreibung „ Kriegsereignis" seinen Ausdruck, wobei Ereignis wie in der Wortverbindung Schadenereignis oder Unfallereignis terminologisch das erste Glied einer zum Vsfall führenden Kausalkette bezeichnet (vgl. Krähe VersR 1991 S. 636). Da es sich mithin um ein faktisches Geschehen handelt, das alle Vmer eines Feuervers betrifft und bedroht, kann die Kriegsausschlußklausel nicht nach den Umständen ausgelegt werden, wie sie bei Vertragsschluß bestanden, sondern sie muß für alle Vmer den gleichen Inhalt haben (so Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 23 zu § 1 AFB 30; Wussow2 Anm. 47 zu § 1 AFB). Wenn auch „Kriegsereignisse jeder Art" seinem Wortlaut nach weiter greift als „Krieg", ergeben die in Bd IV unter J 78 wiedergegebenen Urteile, die auf der Grundlage nach ihrem Wortlaut unterschiedlicher AFB ergangen sind, daß bei der Auslegung nicht auf den Wortlaut sondern darauf abgestellt worden ist, ob ein durch Kriegsereignis verursachter höherer Gefahrenzustand den Ausschluß des Vsschutzes rechtfertigt. Begriffliche Unterschiede sind nicht vorhanden (Martin3 F I 6). Fraglich bleibt, ob in dem Begriffsinhalt „Knegsereignisse jeder Art" auch Bürgerkriege einbezogen sind. Dabei sollte ein Hinweis von Hübner ZVersWiss 1981 S. 17-48 nicht unbeachtet bleiben: „Der Bürger- oder Johannsen/Johannsen

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Anm. H 36

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Guerillakrieg ist nicht mehr nur interne subversive Tätigkeit, sondern in bestimmten Ländern auch von fremden Mächten (mit-)gesteuerte kriegerische Auseinandersetzung". Das trifft gegenwärtig sicherlich für etliche Staaten zu. B e z o g e n auf den Begriff „Kriegsereignisse" wurde die Einbeziehung eines Bürgerkrieges in die Kriegsausschlußklausel bisher verneint ( B d V 1 J 78), weil er unter innere U n r u h e n subsumiert werden kann. Das Spektrum der politischen Risiken hat sich seit 1978 zwar drastisch verändert, geblieben ist aber der vsrechtliche Grundsatz der restriktiven Auslegung von Auschlußklauseln ( B G H 23. X I . 1994 V e r s R 1995 S. 1 6 2 - 1 6 3 st. Rspr., R ö m e r in R ö m e r - L a n g h e i d R N 9 vor § 1). A u c h mit dem ausgreifenden Begriffsbestandteil „jeder Art" sind diese nicht einbezogen worden (vgl. auch von Fürstenwerth a.a.O. S. 22). E s ist auch nicht erkennbar, o b der wirtschaftliche Z w e c k eine weite Auslegung unter Einbeziehung von Bürgerkrieg überhaupt erfordert. Sollte die N o t w e n d i g k e i t eines derartigen Ausschlusses expressis verbis - und sei es auch nur zur Klarstellung bestehen, so läßt sich das Bedingungswerk entsprechend ergänzen. W i e die Neufassung von § 2 I (3) A U B im Vergleich zu § 3 N r . 1 A U B 61 zeigt, sind dort „ K r i e g s - oder Bürgerkriegsereignisse" vorsorglich nebeneinander gestellt w o r d e n , auch wenn die Bedingungsverfasser meinen, daß Kriegsereignis ein Bürgerkriegsereignis eigentlich begrifflich mitumfasse (so K o n e n - L e h m a n n Allgemeine Unfallvs-Bedingungen ( A U B 88) - M o t i v e und Erläuterungen, Karlsruhe 1990, S. 15). Gleiche Tendenz bietet § 2 Nr. 5 a) E C B 87 zur Feuerv, wonach neben Krieg und kriegsähnlichen Ereignissen ausdrücklich der Bürgerkrieg als Ausschluß aufgeführt ist (dazu H 42; vgl. auch Ziff. 2 der Klausel für die E l e k t r o n i k - , Feuer-, FeuerB U - , Einbruchsdiebstahl- und R a u b - , Leitungswasser- und Sturmv in V A 1989 S. 139). Andererseits können auch G r e n z k o n f l i k t e als solche nicht ohne weiteres als kriegsähnliche militärische Auseinandersetzung im Sinne von § 1 Nr. 7 A F B 87 angesehen werden (so aber Dörner-Staudinger in B K R N 4 zu § 84, zweifelnd Langheid in R ö m e r - L a n g h e i d R N 3 zu § 84). Erst wenn eine Eskalation und ein tatsächlicher kriegsmäßiger Gewaltzustand eingetreten ist mit entsprechendem organisierten Vorstoß von Streitkräften auf fremdes Staatsgebiet, ist von einem Kriegsereignis zu sprechen (vgl. Fricke VersR 1991 S. 1100); das ist erst im Nachhinein feststellbar. Polizeiliche Einsätze sind damit nicht gleichbedeutend. Allerdings bedarf es zur A n w e n dung der Kriegsausschlußklausel auch nicht eines räumlich beschränkten K a m p f gebiets von Streitkräften. Angesichts weitreichender Waffensysteme und moderner M e t h o d e n der Kriegsführung sowie übergreifender Militärbündnisse ist dies nicht mehr sachgerecht. D a b e i stellt sich die Frage, o b der Risikoausschluß auch für Terroranschläge gilt, die im Zusammenhang mit einem Krieg systematisch und zielgerichtet durch eingeschleuste Untergrundkämpfer in die Welt getragen werden (Fricke VersR 1991 S. 1098). Derartiges entspricht genau der Verlautbarung des irakischen Präsidenten anläßlich des Golfkrieges im Januar/Februar 1991. D i e nachfolgende öffentliche Diskussion wurde beendet mit einem vom B A V mitgetragenen Schreiben des G D V an die Verbandsmitglieder mit folgendem sinngemäß zusammengefaßten Inhalt (VersPrax 1991 S. 50; V W 1991 S. 223): Wenn auch die Klauseln bisher im Zusammenhang mit dem Golfkrieg n o c h nicht zum Tragen gekommen seien, so sei doch für die Zukunft nicht auszuschließen, daß die Voraussetzungen der Klauseln bei Terroranschlägen erfüllt seien. Dies sei allerdings eine Frage des Einzelfalls und bedürfe, wie stets bei Ausschlußklauseln, einer besonders sorgfältigen und verantwortungsvollen Prüfung. E s sei allerdings weder möglich noch sinnvoll, Szenerien aufzuzeigen, anhand derer abstrakt im Vorfeld geprüft werde, o b die Voraussetzungen jeweils vorliegen. 544

Johannsen/Johannsen

Anm. H 37

I. Hauptpflichten des Feuervers

Deutlicher drückt sich Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 23 zu § 1 AFB 30 aus. Danach fallen unter die Kriegsausschlußklauseln auch „ Schäden außerhalb des Operationsgebietes und sogar außerhalb des Gebietes der beteiligten Staaten; Handlungen privater Organisationen und Personen seien Kriegsereignisse aber nur, wenn die beteiligten Staaten sie im Einzelfall oder der Art nach nachweislich billigten und förderten, andernfalls sei nur Sabotage aus politischen Gründen gegeben. " (ebenso Krähe VersR 1991 S. 634-636; Dörner-Staudinger in BK R N 8 zu § 84). Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die gegenwärtige Bedrohung der Welt durch Terroranschläge zu sehen. Während die mitten im Frieden erfolgten Terrorakte des 11. IX. 2001 in New York und Washington keine vom Vsschutz ausgeschlossenen Kriegsereignisse darstellen, könnte für zu befürchtende weitere terroristische Anschläge nach dem „Gegenschlag" der USA auf Afghanistan eine andere Beurteilung geboten sein. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte man entsprechend den Anregungen von von Fürstenwerth aaO. S. 33-36, soweit es vstechnisch verantwortbar ist, zu einer beispielhafteren Aufzählung solcher neueren Ausprägungen kriegsbedingter Katastrophenschäden durch Terroranschläge kommen (vgl. dazu den Vorschlag von Fricke VersR 2002 S. 6-11,10). Neuere Urteile zur Kriegsausschlußklausel in der Feuerv gibt es nicht. Die in Bd V J 78 erwähnte Rechtsprechung deckt die wesentlichen Zweifelsfragen für sämtliche Vsarten ab. Für die Feuerv sei noch verwiesen auf einige weitere Urteile aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg, die die Kriegsausschlußklausel für anwendbar gehalten haben: B G H 28. XI. 1951 VersR 1952 S. 52-53 - Inbrandsetzen eines Gebäudes durch eingewiesene ausländische Zwangsarbeiter; O G H 17. IX. 1945 VsRdschau 1946 S. 309-311 - Durch Unachtsamkeit der Besatzungstruppe entstandener Brand in einem Wohnhaus wird infolge nachkriegsbedingten mangelhaften Funktionierens der Feuerwehr erheblich vergrößert; O L G Gera 27.11.1947 VW 1947 S. 234 - Zerstörung eines Hauses durch Luftdruckwirkung und eines Betriebes infolge der Explosion eines Gasometers nach Explosion eines mit Seeminen beladenen Munitionszuges; O L G Hamburg 5. VI. 1947 VW S. 271 - Verursachung eines Schadenfeuers durch Fremdarbeiter unmittelbar nach der Besetzung in sonst nicht zugänglichen Räumen: O L G Braunschweig 22. VII. 1947 VW 1948 S. 13-14 - Abbrennen einer Fabrik, in deren Keller ordnungsgemäß entschärfte Bombenblindgänger und Langzeitzünder lagerten; O L G Düsseldorf 15.11.1949 VW 1949 S. 282-283 - Fahrlässige Brandverursachung durch als Kriegsmaßnahme auf einem Bauernhof einquartierte Soldaten; O L G Celle 8.1.1951 VersR 1951 S. 82-83 - Zerstörung von ausgelagertem Hausrat nach der Kapitulation in einem Bergwerkschacht durch gleichfalls dort gelagerte, explodierte Munition während einer Bewachung durch eine Besatzungstruppe: LG Ravensburg 23.11.1948 VW 1948 S. 171 - Vorsätzliche Brandstiftung durch Angehörige der feindlichen Kampftruppe kurz nach der Besetzung. [H 37] ddd) Innere Unruhen Die Ausführungen zum Risikoausschluß innere Unruhen gemäß § 2 IIa) AKB a. F. (jetzt § 2 b) Nr. 3 a) AKB 95) in Bd V 1 J 77 sind nach wie vor aktuell und vollen Umfangs für den Risikoausschluß gemäß § 1 Nr. 7 AFB 87 (in den AFB wurde bereits 1925 der Begriff „Aufruhr" durch „ innere Unruhen" ersetzt), gültig. Auch in § 1 Nr. 7 AFB 87 (gleiches gilt für § 1 Nr. 7 AFB 30, § 1 Nr. 4 VGB 62, § 9 Nr. l b ) VGB 88/VGB 92, § 1 Nr. 3 VHB 66/VHB 74, § 9 Nr. l b ) VHB 84) wurde nicht definiert, Johannsen/Johannsen

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Anm. H 38

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

was unter dem Risikoausschluß innere Unruhen zu verstehen ist. Noch 1968 hatte das BAV verlautbart, daß Schäden aus dem Risiko der inneren Unruhen wegen deren Vielgestaltigkeit und Unübersehbarkeit „nicht Gegenstand genormten Vsschutzes" sein könnten (GB BAA 1968 S. 67; vgl. auch Ollick VA 1982 S. 532). Von dieser strikten Ablehnung entfernte es sich erst mit Einführung der Extended Coverage-Deckung (dazu H 42). Maßgebend für den Begriff innere Unruhen sind mangels eigenständiger bedingungsmäßiger Definition demzufolge die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien (vgl. B G H 13. XI. 1974 VersR 1975 S. 126-127; O L G Frankfurt 28. V. 1993 r + s 1993 S. 467-468, und Bd V 1 J 77 m.w.N.). Danach liegen innere Unruhen vor, wenn sich eine Menschenmenge zusammengerottet hat, die mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen verübt hat. Entscheidend ist darauf abzustellen, ob das Rechtsbewußtsein der Teilnehmer so erschüttert war, daß hieraus die gemeinsam begangenen Gewalttaten folgten. Mit dieser Begründung hat der B G H a.a.O. innere Unruhen für eine politische Demonstration (KambodschaDemonstration in Berlin), bei der es zu Ausschreitungen gekommen war, bejaht. Das O L G Frankfurt hat in einem Fall, in dem innere Unruhen ausdrücklich in den Vsschutz einbezogen waren, diesen Tatbestand verneint für die Plünderung eines Warenhauses durch Teilnehmer an einem Konzert einer der linken DemonstrantenSzene zugerechneten Musikgruppe, weil die weit überwiegende Menge der Teilnehmer an der Gewalt nicht teilgenommen habe, sie auch nicht aktiv unterstützt, sondern nur nichts gegen sie unternommen habe. Diese Kriterien haben allerdings keine „präzisen Konturen" sondern sind mehr oder weniger umschreibend, und zwar aus der retrospektiven Analyse und Wertung der nach dem Ereignis vorzunehmenden Gesamtschau (dazu Horster a.a.O. S. 26 und 134). Vorschläge einer tatbestandsmäßigen Orientierung der Definition innere Unruhen nach objektiven Kriterien finden sich bei Hübner VersR 1982 S. 1013-1020, der auf die Zahl der beteiligten Personen und die Höhe des verursachten Schadens abstellen will. Das ist zwar ein möglicher Ansatz, richtig zu überzeugen vermögen diese Kriterien aber auch nicht. Ersichtlich zu eng ist die Beschränkung des Begriffs innere Unruhen auf den Fall des Staatsnotstandes i.S.v. Art 87a) IV G G durch Langheid in RömerLangheid R N 6 zu § 84. Seit 1978 ist eine Zunahme politisch motivierter oder verbrämter kollektiver Gewalttätigkeiten mit vielfältigen Erscheinungsformen zu beobachten (dazu Hübner ZVersWiss 1981 S. 7-12). Eine Ubersicht über die hauptsächlichen Erscheinungsformen politischer Risiken in der Sachv bietet Raffler a.a.O. S. 358-359. Mittels moderner Telekommunikation (z. B. E-Mail, Internet, Handy) lassen sich einerseits Aktivitäten von Menschenmengen bei Demonstrationen steuern und gleichzeitig Terror- und Sabotageakte wie Brandstiftung an hochwertigen Objekten organisieren (vgl. auch Glotzmann VersR 1975 S. 788). Lediglich individuelle Terror- und Sabotageakte werden nicht unter den Risikoausschluß des § 1 Nr. 7 AFB 87 subsumiert (Martin3 F I 8; Raffler a.a.O. S. 376). Dennoch sollte einer den Vsschutz einschränkenden ausweitenden Auslegung des Begriffs innere Unruhen kein Vorrang eingeräumt werden. Bei den Schäden aus inneren Unruhen handelt es sich nicht nur um unbedeutende Teilschäden, vielmehr kann durchaus die wirtschaftliche Existenz des Vmers bedroht sein (Martin3 F I 5). [Η 38] eee) Erdbeben Nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens versteht man unter einem Erdbeben schlichtweg das, was der Name wiedergibt, und bezeichnet damit sinnlich wahrgenommene Erdstöße und nicht sämtliche seismologisch erfaßten Erschütterungen 546

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Anm. H 38

I. Hauptpflichten des Feuervers

der Erdrinde. Eine Mindeststärke ist für den Erdbebenausschluß nach § 84 und den Feuervsbedingungen allerdings nicht vorgesehen (Martin 3 F I 1 , Wälder I S. 28), und es ist auch nicht geregelt, o b ein Brand oder eine Explosion unmittelbar oder mittelbar durch Erdbeben verursacht sein muß. Erst mit den vom B A V genehmigten Zusatzbedingungen in der Verbundenen Hausrat-, Verbundenen Wohngebäude- und Sturmv erschien eine vstechnische Begriffsbestimmung (VA 1991 S. 325,326; VA 1992 S. 65, 66):

„ Erdbeben ist eine naturbedingte Erschütterung des Erdbodens, die durch geophysikalische Vorgänge im Erdinnern ausgelöst wird. " Durch diese ist klargestellt, daß willkürlich veranlaßte Erdbewegungen, ζ. B. durch Sprengungen, keine Erdbeben darstellen. Unverkennbar ist diese Begriffsbestimmung naturwissenschaftlich orientiert. Bekanntlich ist die Erdbebengefährlichkeit nach der Intensität abgestuft (dazu Münchener R ü c k in „Weltkarte der Naturgefahren", 1998 S. 7f, 53) und diese bewegt sich zwischen „unmerklich" und „großen Katastrophen" (vgl. auch die vereinfachte tabellarische Darstellung bei Ryfisch a.a.O. S. 89). Solchen Grenzwert gibt es zwar nicht in den vom BAV veröffentlichten Zusatzbedingungen, wohl aber in anderen früher genehmigten, nicht vom BAV veröffentlichten AVB, wonach ein versicherungstechnischer Grenzwert für die naturbedingten Erdstöße wenigstens bei der Magnitude 3,5 der Richterskala liegen sollte (dazu Fährmann V P 1991 S. 217f). Mit dem Grenzwert in gleicher H ö h e hat sich schon der V G H BadenWürttemberg 5. VI. 1984 (VersR 1986 S. 4 5 7 - 4 5 9 ) befaßt und die Magnitude nach der Richterskala als Maßstab für die Intensität verworfen. Auch Dietz (a.a.O. S. 26) hält weder die Richterskala noch die Mercalli-Skala dafür geeignet. Für Zentral- und Nordeuropa favorisiert die Münchener R ü c k (a.a.O. S. 8) die neue europäische makroseismische Skala (EMS-92), die als ein Versuch anzusehen sei, die Definition der einzelnen Intensitätsgrade auf eine einheitliche, besser quantifizierbare und damit vergleichbare Basis zu stellen. So zeigt sich, daß es offenbar keineswegs einfach ist, analog der Windstärkenfixierung nach Beaufort eine naturwissenschaftlich begründete Skala auf einen vstechnisch geeigneten Grenzwert für die Berücksichtigung von Erdbeben (Risikoeinschluß wie -ausschluß) einzustellen. Solange in § 84 wie im das Gesetz insoweit nur wiederholenden § 1 Nr. 7 A F B 87 ohne Grenzwertangabe auf Erdbeben abgestellt wird, gilt der Risikoausschluß für sämtliche, wie auch immer formierte Erdbeben-Intensitätsskalen von der 1. Stufe der Richterskala an (Dörner-Staudinger in B K R N 2 zu § 84; Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 84): das Erdbeben muß mithin nicht erst als Naturkatastrophe auftreten. Deutschland ist zwar kein klassisches Erdbebenland. Immerhin wurde aber in Baden-Württemberg im Bereich des sog. Hohenzollerngrabens 1978 ein Erdbeben mit einer Stärke 5,7 auf der Richterskala registriert; ein weiteres tektonisch aktives Gebiet liegt um Aachen (Schäfer a.a.O. S. 7). Möglich ist auch, daß ein versichertes Haus beispielsweise in gefährdeten Regionen Italiens oder Griechenlands belegen ist und nach Art. 9 E G W G deutsches Recht für die Gebäudeversicherung gewählt wird. Denkbar ist ferner, daß es sich um die weltweit geltende Deckung einer Außenversicherung im Sinne von § 12 Nr. 1 V H B 84, 92 handelt. Auch wenn eine Erdbebengefährdung in Deutschland relativ gering sein mag, hat das B A V nach dem Erdbeben von 1978 beanstandet, daß durch sog. „Regelkulanzen" die Ausschlußbestimmungen für Erdbebenschäden praktisch aufgehoben waren, wenngleich es die Entschädigungsleistungen im Hinblick auf die niedrige Höhe letztlich nicht untersagt hat (VA 1979 S. 2).

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H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

Anm. H 40 [ H 39] fff) Kernenergie

Seit 1955 (vgl. den Bericht in VA 1956 S. 238) erstreckt sich der Risikoausschluß des § 1 Nr. 7 A F B 30 (jetzt § 1 Nr. 7 A F B 87) auf Schäden durch Kernenergie. Zunächst wurde der Begriff „Atomenergie" verwendet, der dann 1970 durch „Kernenergie" ersetzt wurde (VA 1970 S. 58). Mit diesem Ausschluß werden Schäden erfaßt, die sich durch die friedliche Verwendung der Kernenergie im Sinne des AtomG vom 23. XII. 1959 in der Fassung vom 15. VIII. 1985 BGBl. I S. 1566-1582 ergeben. Schäden durch die Verwendung von Atomenergie im Kriegsfall - durch Atombomben und sonstige nuklearen Waffen - sind schon durch die Kriegsausschlußklausel erfaßt. Es handelt sich in erster Linie um Schäden, die durch den Betrieb von Kernanlagen (Kernkraftwerke) entstehen können, nämlich den Ausbruch von Bränden und Explosionen, die durch Kernumwandlungsprozesse ausgelöst werden können, sowie durch solche Prozesse verursachte Strahlungs- und Kontaminationsschäden (vgl. dazu Vossen VW 1970 S. 183-188,185). Der V G H Baden-Württemberg 22.1.1963 VersR 1963 S. 374-376 hat noch einen Brandschaden, der durch nukleare Vorgänge hervorgerufen wird, wenn und soweit er keine Verseuchungsschäden zur Folge hat, für ebenso überschaubar wie den durch Kurzschluß verursachten Brand gehalten und ihn auf der Grundlage des Badischen GebäudevsG vom 29. III. 1853 in der Fassung des Gesetzes vom 30.1.1934 für ohne Ausschlußmöglichkeiten vert erklärt. Die Schäden, die durch das Freiwerden von Kernenergie entstehen können, hat das Gericht dabei nicht hinreichend erkannt. Dem Streit der Parteien lag im übrigen auch kein konkret eingetretener Schadenfall zugrunde. Das Geschehen von Tschernobyl 1986 hat demgegenüber gezeigt, welche unvorhersehbaren Gefahren aus der Nutzung der Kernenergie entstehen können. Außer durch den Betrieb von Kernanlagen können Kernenergieschäden entstehen durch die Beförderung von in § 2 AtomG definierten Kernmaterialien oder die Verwendung radioaktiver Isotope in Medizin und Forschung und einigen Wirtschaftszweigen (vgl. dazu Klostermann VW 1963 S. 856-857). Für alle diese Schäden ist die Haftung durch das Pariser Ubereinkommen vom 29. VII. 1960, eine internationale Konvention, der die meisten europäischen Staaten beigetreten sind, umfassend geregelt worden. Diese Regelung wird ergänzt durch die Haftungsvorschriften der §§ 25-40 AtomG. Danach trifft den Betreiber von Kernanlagen eine Gefährdungshaftung o h n e E n t l a s t u n g s m ö g l i c h k e i t , die der Höhe nach unbegrenzt ist. Er hat eine Deckungsvorsorge in Höhe von D M 500000000,nachzuweisen, die teilweise durch eine Haftpflichtv erfolgt, teilweise auf Umlagebasis abgedeckt wird. Darüber hinaus haftet der Betreiber unmittelbar (vgl. dazu im einzelnen Schmidt in Handwörterbuch der V unter Kernenergiev). Für andere Haftungsfälle, insbesondere also für Schäden aus der Verwendung radioaktiver Isotope besteht nach § 26 AtomG eine Gefährdungshaftung m i t E n t l a s t u n g s m ö g l i c h k e i t . Solche Schäden können im begrenzten Umfang durch Sondervereinbarung in die Feuerv eingeschlossen werden (vgl. dazu H 42). [ H 40] ggg) Wirksamkeit der Ausschlüsse Da § 84 bewußt als abdingbare N o r m ausgestaltet worden ist, ergeben sich aus dem W G keine Bedenken gegen die vertragliche Erweiterung der Ausschlußtatbestände. Diese sind aber auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorschriften des A G B G (jetzt §§ 305310 B G B n.F.) zu überprüfen. Daß durch die AVB der Begriff der ausgeschlossenen Kriegsschäden erheblich gegenüber der gesetzlichen Regelung erweitert worden ist, stellt keine unangemessene Benachteiligung der Vmer im Sinne von § 9 A G B G dar (Dörner-Staudinger in B K R N 7 548

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I. Hauptpflichten des Feuervers

Anm. H 40

zu § 84). Denn der gesetzliche auf bestimmte Maßregeln militärischer Befehlshaber beschränkte Ausschlußtatbestand beruht auf überholten Vorstellungen über die Kriegführung im 19. Jahrhundert und ist ersichtlich zu eng, um das unübersehbare und schwer kalkulierbare Risiko eines modernen Krieges zu erfassen. Eine Deckung dieses Risikos erwartet der durchschnittliche Vmer auch nicht. Etwas anders zu beurteilen ist der Ausschluß von Schäden aus inneren Unruhen, der von § 84 überhaupt nicht erfaßt wird. Zweifel sind insbesondere von Martin 3 F I 5 geltend gemacht worden, weil dieser Ausschluß zu einer wirtschaftlich erheblichen Lücke im Vsschutz führen könne. Die im TumultschadenG vom 12. V. 1924 geregelte Staatshaftung stellt in der Tat keine ausreichende Sicherheit für den Vmer dar (vgl. dazu unter H 41). Jedoch ist auch für diesen Ausschluß wegen der Gefahr durch innere Unruhen ausgelöster Brandstiftungen mit unübersehbaren Schäden ein wirtschaftliches Bedürfnis der Ver vorhanden, das die Vmer billigerweise akzeptieren müssen (so auch Dörner-Staudinger a.a.O.; Schneider S. 105). Zu den Möglichkeiten, das Risiko in den Vsschutz einzuschließen, vgl. H 42. Der Ausschluß des bei Inkrafttreten des W G noch nicht bekannten Kernenergierisikos ist schon deshalb unbedenklich, weil eine umfassende Haftungsregelung besteht, die dem Geschädigten einen wirtschaftlich sicheren Schutz gewährt (vgl. H 39). Für die Möglichkeit, einzelne Risiken in den Vsschutz einzuschließen, wird auf H 4 1 - 4 3 verwiesen. § 1 Nr. 7 A F B 87 enthielt ursprünglich folgenden besonderen Absatz: „Ist der

Beweis für das Vorliegen einer dieser Ursachen nicht zu erbringen, so genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit, daß der Schaden auf eine dieser Ursachen zurück-

zuführen ist". Eine inhaltlich entsprechende Regelung war zeitweise in § 1 Nr. 7 A F B 30 sowie in §§ 1 Nr. 4 V G B 6 2 , 1 Nr. 3 V H B 66 und 74 enthalten. Da es zu den grundlegenden Regeln der Beweislastverteilung gehört, daß der Ver die Voraussetzungen des Vorliegens von Risikoausschlüssen zu beweisen hat (vgl. dazu unter H 46), waren dies Bestimmungen im Sinne von § 11 Nr. 15 A G B G (jetzt § 309 Nr. 12 B G B n.F.), durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des Vertragspartners ändert. Sie sind deshalb für den nichtkaufmännischen Verkehr ohne weiteres unwirksam. Das entspricht auch allgemeiner Auffassung (Prölss Beweislast Anm. 12 zu § 1 A F B 87; K o 11hosser in Prölss-Martin 2 6 R N 28 zu § 1 A F B 30; Dörner-Staudinger in B K R N 7 zu § 84; H o r n A F B S. 28; Fricke VersR 1991 S. 1098-1103, 1102; Praeve A G B G Nr. 600; a. A. nur Hansen VersR 1988 S. 1110-1118, 1115). Streitig ist die Frage aber im kaufmännischen Bereich, für den § 11 Nr. 15 A G B G nicht unmittelbar gilt, nämlich nach der Neufassung des § 24 A G B G (jetzt § 310 I B G B n.F.) nicht gegenüber Unternehmern, d. h. Personen, die bei Abschluß des Vertrages in ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handeln (für Wirksamkeit Prölss und Praeve a.a.O.; dagegen H o r n a.a.O.). Obwohl die zitierten Klauseln nur das Beweismaß regeln und dem Vmer nicht schlechthin die Beweislast auferlegen, ist die dem Ver gewährte Beweiserleichterung auch für Unternehmer als Vmer als unangemessene Benachteiligung anzusehen, die zur Unwirksamkeit der Bestimmung nach §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. führt. Zu Recht beurteilt der B G H Abänderungen von Beweislastgrundsätzen in A G B auch im kaufmännischen Bereich kritisch und hat er insbesondere die Überwälzung der Beweislast für Vorgänge, die sich im Verantwortungsbereich des Verwenders abgespielt haben, für unwirksam erklärt ( B G H 23.11.1984 N J W 1985 S. 3016-3018, 13. III. 1996 N J W 1996 S. 1537-1539, 1538). Dem vsrechtlichen Grundsatz, daß der Ver die Voraussetzungen von Risikoausschlüssen zu beweisen hat, kommt in gleicher Weise Leitbildfunktion zu, so daß von ihm in A G B nicht wirksam abgewichen werden kann (a. A. aber O L G Karlsruhe 3. III. 1988 VersR 1988 S. 7 1 2 - 7 1 4 zur Wirksamkeit von § 3 Nr. 2 AVB für Reise- und Warenlager, der die überwiegende WahrscheinlichJohannsen/Johannsen

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H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Anm. H 41

keit für den Ausschluß des Vsschutzes genügen läßt). Auf Grund von Bedenken des BAV VA 1991 S. 352 ist der zitierte Absatz von § 1 Nr. 7 AFB 87 gestrichen worden und sind entsprechende Regelungen in den Neufassungen der übrigen Bedingungen nicht mehr enthalten. Nicht geändert worden ist aber § 2 Nr. 4 a) FBUB, worin ebenfalls auf die überwiegende Wahrscheinlichkeit abgestellt wird. Diese Bestimmung ist wegen Verstoßes gegen §§ 9 AGBG, 307 BGB n. F. auch im kaufmännischen Verkehr unwirksam (Schneider S. 107). Das gleiche gilt für die entsprechende Beweislastregelung des 2. Halbsatzes von § 2 Nr. 5a) ECB 87, obwohl diese Bedingungen nur für den kaufmännischen Verkehr entwickelt worden sind (vgl. H 42 und Horster S. 110). hhh) Einschränkung der Risikoausschlüsse [H 41] a) Extended Coverage-Deckung Seit 1978 (vgl. VA 1982 S. 330; GB BAV 1978 S. 56f., GB BAV 1981 S. 65) werden durch die sog. Extended Coverage (EC) verschiedene weitere Gefahren - nicht nur bezogen auf das Brandrisiko - der Feuerv angebündelt, wobei die einzelnen vten Gefahren nach dem Baukastensystem als rechtlich selbständige Verträge der Feuerv als Ergänzung hinzugefügt werden können (dazu auch Engels VersPrax 1979 S. 44). Maßgebende Basisbedingungen bleiben dabei die AFB. Die Bedingungen für die zusätzlicher Gefahren zur Feuerv für Industrie- und Handelsbetriebe wurden unter der Abkürzung ECB 87^ nach Einführung der Allgemeinen Bedingungen für die Feuerv (AFB 87) überarbeitet und neugefaßt (VA 1988 S. 209 ff.). Sie sind zwar auf Industrieund Handelsbetriebe mit hohen Vssummen bezogen und sollten nach einer Geschäftsplanmäßigen Erklärung der Ver auch nur diesen zu den bestehenden Feuer-IndustrieVverträgen angeboten werden (VA 1989 S. 132). Davon abweichend getroffene Vereinbarungen waren aber auch schon in der Zeit vor Wegfall der Genehmigungspflicht für Vsbedingungen wirksam, wenn sie mit Vmern für andere Betriebe vereinbart wurden (Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 29 zu § 1 AFB 30). Nach §§ 2 Nr. 1 a), 5 ECB 87 können demnach als Gefahrengruppe vert werden „ innere Unruhen, böswillige Beschädigung, Streik oder Aussperrung. " Damit wird der bedingungsmäßige Risikoausschluß aus § 1 Nr. 7 AFB 87 eingeschränkt, indem die Zerstörung oder Beschädigung vter Sachen infolge eines Brand- oder Explosionsschadens durch innere Unruhen unter Vsschutz gestellt wird. Dabei haben auch die ECB 87 eine Definition der inneren Unruhen vermieden (dazu Engels VersPrax 1979 S. 189). Sie behalten im übrigen auch den Risikoausschluß Kriegsereignis; durch § 2 Nr. 5 a) ECB 87 wurde er sogar noch verstärkt und sogleich gegen den Begriff innere Unruhen abgegrenzt, nämlich durch die Formulierung „Schäden durch Krieg, kriegsähnliche Ereignisse, Bürgerkrieg, Revolution, Rebellion, Aufstand oder Verfügung von hoher Hand; ist nicht festzustellen, ob eine dieser ausgeschlossenen Ursachen vorliegt, so entscheidet die überwiegende Wahrscheinlichkeit. " Bei dieser Bestimmung wird deren anglo-amerikanische Herkunft erkennbar (vgl. Riechert VersPrax 1980 S. 84). Der zweite Halbsatz dieser Bestimmung ist bedenklich, weiteres dazu unter H 40 a. E. Der etwas komplizierte Aufbau der ECB 87 wie auch die Fassung einiger Bestimmungen erscheint für Zweifelsfragen geradezu prädestiniert zu sein (so Engels VersPrax 1979 S. 44, 189). Insbesondere trifft dies für die inneren Unruhen zu. So hat der Ver nach § 5 Nr. 1 ECB Entschädigung für vte Sachen zu leisten, àie „unmittelbar" durch Gewalthandlungen im Zusammenhang mit inneren Unruhen zerstört oder beschädigt werden. Wegen der Mehrdeutigkeit des Begriffes „unmittelbar" ist zu entscheiden, ob 550

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Anm. H 41

I. Hauptpflichten des Feuervers

sich die Handlung direkt auf das vte O b j e k t gerichtet haben muß oder ob es genügt, daß dieses durch einen Folgeschaden einer Gewalthandlung betroffen wird. Das Letztere ist zu bejahen, weil eine andere Interpretation dem Wortlaut der Bedingungen etwas unterlegen würde, was darin nicht zum Ausdruck kommt (vgl. dazu Horster a.a.O. S. 92). Engels VersPrax 1979 S. 45 bringt dafür als Beispiel, daß durch unmittelbare Gewaltanwendung ein Gasbehälter beschädigt wird und ausströmendes Gas infolge einer zufälligen Zündquelle alsdann das vte O b j e k t durch Explosion zerstört. Außerdem besteht nach § 4 Nr. 1 E C B 87 kein Anspruch auf Entschädigung für Schäden durch innere Unruhen (sowie böswillige Beschädigung, Streik oder Aus-

sperrung), „soweit die Voraussetzungen für einen unmittelbaren oder subsidiären Schadenersatzanspruch aufgrund öffentlich-rechtlichen Entschädigungsrechts gegeben

sind. " In diesem Falle erstreckt sich gemäß § 4 Nr. 2 E C B 87 der Anspruch des Vmers gegen den Ver nur auf den Teil des Schadens, der die Höchstgrenzen aufgrund öffentlich-rechtlichen Entschädigungsrechts überschreitet. Dies gibt dem Vmer zwar einen Anspruch, der aber erst nach Klärung der entsprechenden Voraussetzungen eines potentiellen öffentlich-rechtlichen Schadenersatzanspruches durchsetzbar ist (dazu Engels VersPrax 1979 S. 46). Wenngleich verständlich ist, daß die Ver nicht bereit sind, Entschädigung für solche Schäden zu leisten, die in den Verantwortungsbereich des Staates gehören (so Wrabetz ZfV 1982 S. 11), so entsteht doch der Eindruck, daß Schadenregulierungen in solchen Fällen langwierig und schwierig sein werden, zumal wenn keine Vorleistung des Vers an den Vmer zu erwarten ist (vgl. Horster a.a.O. S. 93; a. A. anscheinend Raffler a.a.O. S. 388). Auseinandersetzungen dürften programmiert sein bei Schäden, die aus genehmigten Demonstrationen entstanden sind. Eine diesbezügliche öffentlich-rechtliche Haftung ergibt sich immer noch aus dem sog. Tumultschadengesetz (Gesetz über die durch innere Unruhen verursachten Schäden vom 12. V. 1924 R G B l 1924 S. 941, das durch V O vom 29. III. 1924 R G B l 1924 S. 381 auf die Länder übergeleitet worden ist). Für einen Fall, in dem das Land Berlin „aus Kulanz" geleistet hatte und anschließend einen Rückgriff aus abgetretenem Recht gegen den Ver des Geschädigten durchzusetzen versuchte, vgl. B G H 13. X I . 1974 VersR 1975 S. 126; es ging dabei nicht um einen Fall einer erweiterten Haftung des Vers, sondern lediglich darum, ob der Ver sich zu Recht auf das Vorliegen innerer Unruhen berufen konnte (zum Begriff der inneren Unruhen vgl. H 37 m.w. Ν.; vgl. dazu Geitner VersR 1983 S. 7). Die Klausel 9511 ermöglichte in Erweiterung von § 2 Nr. 1 E C B 87 den Einschluß weiterer E C - D e c k u n g (VA 1992 S. 6 5 - 6 7 ) und öffnet dadurch den Vsschutz für E r d b e b e n s c h ä d e n . Damit folgt sie den nicht veröffentlichten (vgl. dazu Fährmann VersPrax 1991 S. 217ff.) Zusatzbedingungen für die V weiterer Elementarschäden in der Wohngebäudev ( Z V G B - G B , VA 1990 S. 73) sowie den Besonderen Bedingungen für die V weiterer Elementarschäden in der Wohngebäudev (BEW, VA 1991 S. 3 2 5 - 3 2 7 ) und den Besonderen Bedingungen für die V weiterer Elementarschäden bei gewerblichen Risiken ( B E G , VA 1991 S. 327). Erstreckt sich abweichend von § 84 der Vsschutz auf die Elementargefahr Erdbeben, dann sind nicht nur Zerstörungen und Beschädigungen der vten Sache infolge der Erschütterung gedeckt, sondern auch durch das Erdbeben verursachte Brand- und Explosionsschäden. Die Entschädigung für die Gefahr Erdbeben ist allerdings gemäß Ziff. 14 auf die jeweils vereinbarte Jahreshöchstentschädigung begrenzt. Eine Einschränkung findet sich ferner in Ziff. 10 der Klausel 9511 und in § 9 B E W / B E G . Nicht vert sind danach Schäden an vten Gebäuden, die nicht bezugsfertig sind (vgl. dazu Fährmann VersPrax 1992 S. 48).

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Anm. H 43

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

[H 42] β) Radioaktive Isotope Auch von dem Ausschluß von Kernenergieschäden sind Ausnahmen möglich. Durch Isotope verursachte Schäden lassen sich seit 1959 (VA 1959 S. 195) mittels der Klausel 3.10 durch Einzelvereinbarung vern, wodurch eine begrenzte Deckung der weiterhin grundsätzlich ausgeschlossenen Kernenergiegefahr ermöglicht wird (dazu Klostermann VW 1963 S. 856). Die Möglichkeit eines partiellen Wiedereinschlusses von Schäden durch Kernenergie bietet seit 1987 die Klausel 1101 (VA 1987 S. 370) mit folgendem Wortlaut: „ 1. Vert sind auch Schäden an den vten Sachen, die als Folge einer vten Gefahr durch auf dem Vsgrundstück befindliche radioaktive Isotope entstehen, insbesondere Schäden durch Verseuchung 2. Vte Kosten werden nur ersetzt, soweit sie auch ohne die Verseuchung angefallen wären. Zusätzliche Kosten für Abbruch, Aufräumung, Abfuhr und Isolierung radioaktiv verseuchter Sachen werden nur ersetzt, soweit dies besonders vereinbart ist und soweit die Maßnahmen gesetzlich geboten sind. " Das bedeutet, daß die Schadenursache von auf dem vten Grundstück befindlichen Isotopen gesetzt werden muß; Schäden von radioaktiven Isotopen außerhalb des Grundstücks sind demzufolge nicht eingeschlossen, der Risikoausschluß wirkt mithin insoweit uneingeschränkt (Wälder I S. 29). Die in Medizin, Wissenschaft und Wirtschaft verwendeten Isotope sind Atome gleicher Kernladung bzw. gleicher Ordnungszahl, aber verschiedener Massezahl, deren Kerne die Eigenschaft besitzen, unter Freiwerden von Energie zu zerfallen. Selbst verursachen sie zwar keine Brand- oder Explosionsgefahr, sie können aber bei Eintritt eines unter die Feuerv fallenden Ereignisses den Schaden insbesondere durch Kontamination, d.h. Substanz- oder Gebrauchswertminderung, vergrößern (dazu Klostermann VW a.a.O.). [H 43] γ) All-Risks-Deckung Der Titel All-Gefahrenv (All-Risks-Deckung) entfaltet durchaus eine suggestive Kraft und scheint die weitestgehende Deckung für Gebäude und Sachgesamtheiten zu bieten (Weidenfeld a.a.O. S. 12). Trotzdem betrachtet die Industrie sie nicht ohne Grund kritisch (Rohde-Liebenau a.a.O. S. 18; Engels VersPrax 1991 S. 136), weil dem Universalitätsprinzip - d. h. alle Gefahren sind vert, die nicht namentlich ausgeschlossen sind - eben regelmäßig ein Katalog von Risikoausschlüssen gegenübersteht, dessen Analyse letztlich erst den Wert einer All-Gefahren-Deckung im Vergleich mit einer Spezial-Deckung erkennen läßt (Pfennigstorf VersR 1990 S. 338). Wenn in § 1 Nr. 2 a) der Bedingungen zur All-Gefahren-V für Industrie und Gewerbe (ABAG - VA 1989 S. 55-78) ausdrücklich und insoweit kongruent mit § 1 Nr. 7 AFB 87 normiert wird „ Der Vsschutz erstreckt sich nicht auf Kriegsereignisse jeder Art", so umfaßt diese Formulierung allemal den anders formulierten gesetzlichen Risikoausschluß des § 84 betreffend Kriegsschäden. Aus der Nichterwähnung des anderen gesetzlichen Risikoausschlusses aus § 84 folgert Weidenfeld a.a.O. S. 13, daß zwar die Erdbebengefahr als solche gedeckt ist, also Schäden infolge Erschütterungen durch Erdstöße, daß aber ein durch Erdbeben verursachter Brand- oder Explosionsschaden nach § 84 ausgeschlossen bleibt. Diese Auffassung kann schon deshalb nicht richtig sein, weil mit dem gebotenen allumfassenden Vsschutz einerseits und dem begrenzten Ausschluß in § 1 Nr. 2 a) ABAG andererseits für jeden durchschnittlichen Vmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges (so Römer in Römer-Langheid R N 2 vor § 1) die Vorstellung erweckt werden 552

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I. Hauptpflichten des Feuervers

A n m . H 44

muß, daß demzufolge sämtliche durch Erdbeben unmittelbar wie mittelbar verursachte Schäden, also auch aus Erdbeben resultierende Brand- wie Explosionsschäden, unter Vsschutz gestellt werden sollten. Angesichts § 10 Nr. 1 VAG, wonach in den AVB vollständige Angaben über den Ausschluß der Leistungspflicht enthalten sein müssen, ist eine derartige teilweise Angabe des Kriegsrisiko unter gleichzeitigem Offenlassen des Erdbebenrisikos aus dem § 84 geradezu irreführend und verstößt schon deshalb gegen die Belange des Vmers. Mithin sind die von Kühl a.a.O. S. 139 gerügten Mängel in der juristischen Textfassung als verbleibende Zweifel über die Unklarheitenregel der §§ 5 A G B G , 305 c II B G B n. F. zu Lasten des Vers zu lösen. Als Fazit ergibt sich folglich, daß nach den A B A G § 84 eingeschränkt ist. Mangels besonderen Ausschlusses sind konsequenterweise Schäden anläßlich innerer Unruhen im Gegensatz zu § 1 Nr. 7 A F B 87 in die Deckung dieser Allgefahrenv eingeschlossen (Weidenfeld a.a.O. S. 14, 30). Expressis verbis ausgeschlossen ist hingegen gemäß § 1 Nr. 2 b) A B A G das Kernenergierisiko.

[ H 44] iii) Ursachenzusammenhang α) Adäquate Kausalität Die Risikoausschlüsse gemäß § 1 Nr. 7 A F B 87 stammen gefahrenmäßig aus äußerst heterogenen Ursprungssphären (dazu Möller Bd II Anm. 27 vor §§ 49-80). Deshalb muß sich die Ausgangsfrage, ob die sachlichen Voraussetzungen für die Tatbestandsmäßigkeit eines der Risikoausschlüsse gegeben sind, zunächst auf den Beginn der Kausalkette richten (Möller Bd II Anm. 141 zu § 49). Erst wenn diese eingekreist sind, stellt sich die wertende Frage nach der adäquaten Kausalität. Dies gilt nach allgemeiner Meinung auch für die Risikoausschlüsse (vgl. dazu Johannsen Bd V 1 J 78; Raiser 2 Anm. 64 zu § 1 A F B ; Wussow 2 Anm. 47 zu § 1 A F B ; Kollhosser in PrölssMartin 26 R N 22 zu § 1 A F B 30; Langheid in Römer-Langheid R N 5 zu § 84; Hansen Beweislast S. 75 m. w. N.). Aus der Art der vom Vsschutz ausgeschlossenen Ursache muß sich das Schadenereignis objektiv als typische Folgeerscheinung herleiten. Mithin ist der faktische Ansatz beim naturwissenschaftlich begründeten Risikoausschluß Erdbeben ungleich anders als beim aus dem politischen Bereich herrührenden Risikoausschluß innere Unruhen, für den schon eine räumliche wie zeitliche Entfernung des Schadenereignisses (z.B. Brandstiftung) von diesem den Beginn der Kausalkette in Frage stellen kann (vgl. Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 18 zu § 1 A F B 30). Auf jeden Fall muß die zur Brandentstehung führende Handlung „im inneren Zusammen-

hang mit dem Zweck der Unruhen stehen" (Wussow2 Anm. 48 zu § 1 AFB), bzw. es muß sich „in dem konkreten Schadenereignis die ausgeschlossene Gefahr als Ursache tatsächlich

realisiert

haben"

(Horster a.a.O. S. 127).

Demgegenüber kann sich beim Risikoausschluß Erdbeben das Phänomen als solches zwar aus der graphischen Kurve des zuständigen seismologischen Instituts ergeben. Eine aufgezeichnete geringe Magnitude bzw. Intensität kann aber zugleich zeigen, daß die seismische Bodenbewegung niemals ausreichte, überhaupt irgend einen Schaden primär zu verursachen (vgl. V G H Baden-Württemberg 5. VI. 1984 VersR 1984 S. 458). Andererseits läßt sich auch nicht alles, was adäquat zurechenbar sein könnte, unter den Risikoausschluß subsumieren. Dies betrifft insbesondere die komplexe Ausschlußbestimmung „Kriegsereignisse jeder Art", denn es muß dabei sowohl die aus Krieg erwachsene spezifische, mit normalen Mitteln nicht zu beherrschende Gefahrenlage (nicht kalkulierbares Kathastrophenrisiko) für die vte Sache konkret berücksichtigt werden und es muß auch der entstandene Einzelschaden als solcher sowie sein Umfang adäquat kausal auf die Gefahrenlage zurückzuführen sein Johannsen/Johannsen

553

Anm. H 45

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

(OLG Hamm 13. X. 1952 VersR 1953 S. 319). Andernfalls würde der als Ausnahme zu geltende Risikoausschluß bei abstrakter Betrachtung gleichsam zur Regel werden, was dem Vmer im Kriege und auch noch danach den Vsschutz geradezu vollständig entzöge. Denn auch nach Abschluß der Kriegshandlungen läßt sich noch vieles mittelbar in einen Ursachenzusammenhang mit dem Kriegsgeschehen bringen und als adäquat kausal bewerten (vgl. dazu ausführlich Johannsen Bd V 1 J 78). Das kann nicht Sinn und wirtschaftlicher Zweck dieser Ausschlußbestimmung sein und würde sie unerträglich ausweiten (so von Fürstenwerth a.a.O. S. 25; auch Hübner ZVersWiss 1981 S. 1-48, 6, tritt für eine restriktive Interpretation bei politischen Risiken ein). Dies gilt einerseits für Fälle, die sich ebenfalls im Frieden ereignen können und bei denen die Tatsache des Krieges nur ein den Schaden begünstigendes Moment darstellt (vgl. Haidinger VW 1947 S. 94; Langheid in Römer-Langheid R N 5 zu § 84). Andererseits betrifft es auch die sogenannten Spätschäden. Wenn 50 Jahre und mehr nach Kriegsende bis dahin unentdeckte Sprengladungen bzw. Bomben-Blindgänger explodieren und Gebäude zerstören oder beschädigen, die möglicherweise erst vor kurzem errichtet und vert worden sind, kann dies billigerweise schon nach Treu und Glauben nicht mehr als eine zum Risikoausschluß führende adäquat kausale Kriegsfolge angesehen werden (Dörner-Staudinger in BK R N 4 zu § 84; Boldt 7 S. 109-110; Fricke VersR 1991 S. 1098-1103, 1101; sehr differenzierend Prölss VersR 1951 S. 69-70 in seiner Anmerkung zum LG Düsseldorf 7. XII. 1950 VersR 1951 S. 50-52 nach der verheerenden Explosion eines Sprengstofflagers der französischen Besetzungsmacht 700 Meter entfernt von Prüm; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 24 zu § 1 AFB läßt die Ausschlußklausel für unentdeckte Sprengladungen aus früheren Kriegen zeitlich unbeschränkt eingreifen). Die innere Beziehung des Schadensachverhalts zum Krieg ist bei solchen Spätschäden wegen des zeitlichen Abstandes mittlerweile verloren gegangen, auch wenn ein natürlicher Ursachenzusammenhang selbst über Jahrzehnte hinaus bestehen bleibt; auf die durch den Krieg entstandene Gefahrenlage läßt sich solch spätes Geschehen adäquat kausal nicht mehr anknüpfen und muß daher aus dem Anwendungsbereich der Ausschlußbestimmung ausgesondert werden (vgl. auch OLG Frankfurt 7. VIII. 1947 N J W 1947/48 S. 183-184 und Reimer Schmidt-Geratewohl ZVersWiss 1973 S. 277-317, 289). [H 45] ß) Mitwirkende Ursachen Durch die in § 1 Nr. 7 AFB 87 enthaltene Formulierung „ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen" wird zum Ausdruck gebracht, daß schon eine bloße Mitursächlichkeit der aufgeführten Ausschlußtatbestände für den Ausschluß des Vsschutzes genügt. Das ist nicht ohnehin selbstverständlich und die Regelung damit eigentlich überflüssig, wie Martin VersR 1972 S. 754-757 annimmt. Vielmehr ist die Auswirkung der Mitursächlichkeit bei Risikoausschlußklauseln durch ihre Auslegung anhand des Parteiwillens und des Vertragszwecks zu ermitteln (Möller in Bd II Anm. 153 zu § 49; Römer in Römer-Langheid R N 8 zu § 49; im Ergebnis auch Kollhosser in PrölssMartin 26 R N 56 und 60 zu § 49). Wird mit dem Risikoausschluß aber, wie es in § 1 Nr. 7 AFB 87 der Fall ist, ausschließlich der Zweck verfolgt, für den Ver nicht überschaubare und nicht berechenbare Risiken auszuklammern, die eine vernünftige Prämienkalkulation erheblich erschweren oder - wie es für das Kernenergierisiko der Fall ist nahezu unmöglich machen, wird man davon ausgehen können, daß schon eine Mitursächlichkeit für den Ausschluß genügt (BGH 17. IX. 1975 VersR 1975 S. 1093-1094 = N J W 1976 S. 106-107). Auch für die Mitursächlichkeit kommt es aber nicht auf jede sondern nur auf die adäquate Kausalität an. Das ist insbesondere für Brandstiftungsfälle in Kriegszeiten zu 554

Johannsen/Johannsen

Anm. H 46

I. Hauptpflichten des Feuervers

beachten. Der Ausschluß greift dabei nur ein, wenn das besondere nicht kalkulierbare Kriegsrisiko sich auf die Entstehung des Brandes ausgewirkt hat. [ H 4 6 ] jjj) Beweisfragen Die Beweislast dafür, daß einer der unter H 33-45 erörterten Ausschlußtatbestände die Entstehung eines Feuer- oder Explosionsschadens verursacht oder mitverursacht hat, trägt der Ver. Es gehört zu den anerkannten Grundsätzen des Vsrechts, daß der Vmer beweisen muß, daß der Schaden in den vom Vsvertrag abgesteckten Vsschutzbereich fällt, der Ver aber diejenigen Umstände, die mit Hilfe besonderer Ausschlußklauseln aus diesem Schutzbereich wieder ausgesondert worden sind (BGH 21. II. 1957 BGHZ 23 S. 355-359 = NJW 1957 S. 907,12. V. 1966 VersR 1966 S. 722-723,31.1.1990 VersR 1990 S. 482-484, 26. IX. 1990 VersR 1991 S. 176-179; Möller in Bd II Anm. 157 zu § 49; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3, 13 zu § 49; Schauer in B K Vorbem. vor §§ 49-68 a R N 63; Prölss Beweislast R N 37 zu § 49 will das Regel-/Ausnahmeverhältnis nicht genügen lassen, sondern nimmt eine Beweislast des Vers nur an, wenn Sachgründe dies rechtfertigen; seine Ergebnisse stimmen aber weitgehend mit der h. M. überein). Für die behandelten Ausschlüsse in der Feuerv ist das Regel-/Ausnahmeverhältnis deutlich aus den Formulierungen in §§ 82 und 84 ersichtlich. In den Bedingungen ist dieser Grundsatz nicht immer eingehalten worden. In den AFB aus dem Jahre 1928 lag nämlich die Beweislast dafür, daß ein Ursachenzusammenhang zwischen einem eingetretenen Feuerschaden und dem normierten Risikoausschlußtatbestand nicht vorhanden war, beim Vmer; er hatte also den außerordentlich schweren Beweis eines Negativum zu führen (so Raiser2 R N 64 zu § 1). Diese für die Vmer unbillige Regelung beseitigte das RAA im 2. Weltkrieg rückwirkend vom l . I X . 1939 an durch seine auf § 81a S. 2 VAG basierende Beweislastanordnung vom 14. II. 1940 (NeumannsZ 1940 S. 131; ZVersWiss 1940 S. 81), womit es im wesentlichen den auf § 84 beruhenden ursprünglichen Rechtszustand wiederherstellte (BGH 2. V. 1951 B G H Z 2 S. 55-62 = VersR 1951 S. 165- 166). Diese Beweislastanordnung wurde durch Erlaß des Reichswirtschaftsministers vom 27. II. 1940 auf die öffentlichrechtlichen Feuervsanstalten ausgedehnt (dazu B G H 28. VI. 1952 VA 1952 S. 64-66). Demzufolge wurde ein „ Wer nur von seiner Haftung frei, wenn er nachweist, daß der Schaden mit Kriegsereignissen im Zusammenhang steht. Hiernach wird ihm zunächst die Möglichkeit eröffnet, zu beweisen, daß die Entstehung des Schadenfalles mit Kriegsereignissen zusammenhängt. Kann er diesen Beweis nicht führen, so bleibt ihm noch die Möglichkeit des Nachweises, daß jedenfalls der Umfang des eingetretenen Schadens durch Kriegsereignisse verursacht worden ist. Auch dann wird er von seiner Leistungspflicht frei, aber nur insoweit, als ihm dieser Nachweis gelingt, also nur bezüglich des Teils des Schadens, der nachweisbar mit den Kriegsereignissen zusammenhängt. Dagegen haftet er dann für den Teil des Schadens, der sich auch bei einem nicht durch Kriegsereignisse beeinflußten Schadenverlauf ergeben hätte. " Diese klare und unmißverständliche Urteilsbegründung hat nicht nur für „ Kriegsereignisse jeder Art" Bedeutung, sondern sie hat gleichermaßen für die anderen in § 1 Nr. 7 AFB 87 normierten Risikoausschlüsse innere Unruhen, Erdbeben, Kernenergie Gültigkeit. Die oben unter H 40 erörterte Fassung von § 1 Nr. 7 AFB 30, die später in § 1 Nr. 7 AFB 87 und weitere Bedingungen übernommen wurde, ist erst mit Wirkung vom 1. VIII. 1948 von den damals zuständigen Aufsichtsbehörden eingeführt worden. Sie sollte eint „mittlere Lösung" zwischen der ursprünglichen Fassung und der vom RAA angeordneten Beweislast des Vers darstellen und den Ver vor übermäßigen Beweisforderungen bewahren (Büchner NJW 1947/48 S. 467). Dazu, daß die in dieser Fassung vorgesehene Beschränkung des Beweismaßes auf die „ überwiegende WahrscheinlichJohannsen/Johannsen

555

Anm. H 46

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

keit" den Anforderungen von §§ 9, 11 Nr. 15 A G B G (§§ 307, 309 Nr. 12 B G B n.F.) nicht standhält, vgl. unter H 40. Das Regelbeweismaß nach § 286 Z P O stellt auf die volle Uberzeugung des Richters ab. Er muß „ f ü r wahr oder nicht wahr" erachten, ob die für den Risikoausschluß nach § 1 Nr. 7 A F B 87 entscheidende Tatsache und der zum Schaden führende Ursachenzusammenhang vorliegen oder nicht. Die Beweiserbringung dafür mag bei dem Tatbestand Erdbeben zwar einfacher sein als bei dem vielschichtigen des Kriegsereignisses oder dem der inneren Unruhen. Allerdings ist allgemein anerkannt, daß grundsätzlich auch für den Ver der prima-facie- bzw. Anscheinsbeweis gelten soll (dazu Möller Bd II Anm. 162 zu § 49 m.w.N.: Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 19-23 zu § 49). Dieser setzt jedoch bestimmte konkrete Gegebenheiten voraus, siehe dazu unter H 75. Aus der Rechtsprechung ist erkennbar, daß beispielsweise bei einer Vielfalt der mit Kriegsereignissen in Verbindung gebrachten unaufgeklärten Brandschäden es am typischen Geschehensablauf fehlte, der für die Anwendung des prima- facie-Beweises vonnöten ist (dazu Bd V 1 J 78 m. w. N.; von Fürstenwerth a.a.O. S. 27). Das kommt deutlich zum Ausdruck im Urteil des B G H 28. VI. 1952 VA 1952 S. 6 4 - 6 6 : „Der über den Brandausbruch festgestellte Sachverhalt mußte hier also auf Grund der Lebenserfahrung nach dem typischen Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die von der Beklagten angeführten kriegsbedingten Umstände als Ursache für die Entstehung des Brandes hindeuten. Von einem solchen typischen Geschehensablauf kann hier aber schon deshalb nicht die Rede sein, weil der Brand mit der gleichen Wahrscheinlichkeit aus Ursachen entstanden sein kann, die mit den Kriegsereignissen in keinerlei Zusammenhang stehen. " In die gleiche Richtung weist der O G H 25. I X . 1950 VsRdschau 1951 S. 4 0 - 4 3 . In ähnlicher Weise bejaht der V G H Baden-Württemberg in seiner Entscheidung 5. VI. 1984 VersR 1986 S. 4 5 7 - 4 5 9 zwar den Beweis des ersten Anscheins bei Gebäudeschäden nach einem Erdbeben (Feuer war nicht entstanden), führt dann aber aus, daß dafür ein Sachverhalt vorauszusetzen sei, der nach der Lebenserfahrung regelmäßig auf einen bestimmten Verlauf hinweist und so sehr das Gepräge des üblichen und gewöhnlichen trägt, daß die besonderen Umstände des einzelnen Falles in ihrer Bedeutung zurücktreten. In der Regel wird es bei den exzeptionellen Tatbeständen der Risikoausschlüsse nach § 1 Nr. 7 A F B 87 am typischen Geschehensablauf wie an der Lebenserfahrung mangeln, nach der aus einem feststehenden Sachverhalt auf eine bestimmte Ursache geschlossen werden kann. Schon am unerläßlich „feststehenden Sachverhalt" wird es oftmals scheitern. So tastet man sich mehr oder weniger heran, wie z. B. „Je näher der Schaden zeitlich und örtlich am Unruheherd liegt, umso eher spricht ein Anscheinsbeweis für den Ursachenzusammenhang" (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 18 zu § 1 A F B 30). Dies wiederum bezweifelt Martin 3 F I 10: „So kann z. B. ein Brandschaden während und im räumlichen Bereich innerer Unruhen auch auf Kurzschluß oder auf einer Rachehandlung ohne Zusammenhang mit den inneren Unruhen zurückzuführen sein. Die bloße Denkmöglichkeit solcher Alternativen entkräftet aber den ersten Anschein nicht. " Ungeachtet solcher gedanklichen Näherungswerte scheint der prima-facie-Beweis für solche Risikoausschlüsse nach § 1 Nr. 7 A F B in der juristischen Realität doch wohl ziemlich schwierig zu führen zu sein.

556

Johannsen/Johannsen

I. Hauptpflichten des Feuervers

Anm. H 48

bb) Herbeiführung des Versicherungsfalls, § 61 W G Gliederung: aaa) Schrifttum H 47 bbb) Vorbemerkung H 48 ccc) Objektive Voraussetzungen H 49-52 α) Allgemeines zur Herbeiführung Η 49 β) Unterlassen Η 50 γ) Kausalität Η 51 δ) Vsfall Η 52 ddd) Subjektive Voraussetzungen Η 53-68 α) Schuldfähigkeit Η 53 β) Vorsatz Η 54 γ) Grobe Fahrlässigkeit Η 55-68 αα) Einführung Η 55 ββ) Objektiver Sorgfaltsmaßstab Η 56 γγ) Subjektive Komponente Η 57 δδ) Insbesondere Augenblicksversagen Η 58 εε) Einzelfälle Η 59-68 ααα) Vorbemerkung Η 59 βββ) Einfüllen von Asche oder Kohlereste in brennbare Behälter Η 60 γγγ) Brennenlassen von Kerzen Η 61 δδδ) Gebrauch von Elektroherdplatten und Fritteusen Η 62 εεε) Unvorsichtiger Umgang mit Heizöfen, Herden und Kaminen Η 63 ζζζ) Schweiß-, Brenn-und Lötarbeiten Η 64 ηηη) Funkensprühende Winkelschleifgeräte Η 65

τττ) Selbstentzündung von Heu und anderem Erntegut Η 66 ill) Verwahrlosungszustand von Gebäuden Η 67 κκκ) Rauchen im Bett Η 68 eee) Einstehen für Dritte Η 69-70 α) Überblick Η 69 β) Repräsentantenhaftung Η 70 fff) Rechtsfolgen Η 71-72 α) Leistungsfreiheit Η 71 β) Kündigung Η 72 ggg) Beweisfragen Η 73-77 α) Beweislast Η 73 β) Beweismaß Η 74-77 αα) Vorbemerkung Η 74 ββ) Anscheinsbeweis Η 75 γγ) Anzeichenbeweis Η 76 δδ) Einzelfälle zur Brandstiftung Η 77 hhh) Von § 61 abweichende Vereinbarungen Η 78-80

iii)

α) Verschulden Η 78 β) Repräsentantenhaftung Η 79 γ) Beweis Η 80 Konkurrenzen Η 81-83 α) Mit den Vorschriften über die Gefahrerhöhung Η 81 β) Mit vor Eintritt des Vsfalls zu erfüllenden Obliegenheiten Η 82 γ) Mit § 62 II Η 83

[Η 47] aaa) Schrifttum Bach VersR 1959 S. 246-250, Bokelmann Grobe Fahrlässigkeit - Ein Beitrag insbesondere zu Individualisierungstendenzen im Haftungs- und Regreßrecht, Karlsruhe 1973, zitiert Bokelmann Grobe Fahrlässigkeit, Büsken EWiR 1989 S. 511-512, Bundschuh ZVersWiss 1993 S. 39-56, Canaris JZ 1987 S. 993-1004, Haberstroh VersR 1998 S. 943-947, Hansen Beweislast und Beweiswürdigung im Vsrecht, Frankfurt a.M. 1990, zit. Hansen Beweislast, Knappmann VersR 1997 S. 261-267, NVersZ 1998 S. 13-17, Knoche Vorgetäuschte und vorsätzlich herbeigeführte Vsfälle, Göttingen 1991, zit. Knoche, Langheid VersR 1992 S. 13-21, Lorenz VersR 2000 S. 2-11, Lücke VersR 1993 S. 1098-1100, VersR 1996 S. 785-805, Martin VersR 1976 S. 34, 1976 S. 950, 1985 S. 1179-1181, 1988 S. 618-619, Müller VersR 1985 S. 1101-1109, Ollick VA 1981 S. 34-38, Pinckernelle Die Herbeiführung des Vsfalles - Rechtsvergleichend nach deutschem, schweizerischem, französischem und englischem Recht, Karlsruhe 1966, zit. Pinckernelle, von Reuter Grobe Fahrlässigkeit im Privatvsrecht, Karlsruhe 1977, zit. von Reuter, Römer VersR 1992 S. 1187-1191, 2000 S. 661-665, NVersZ 2000 S. 259-262, r + s 2001 S. 45-50, Schirmer ZVersWiss 1984 S. 553-591, 1992 S. 381^117, Schimikowski r + s 2000 S. 352-359, Sieg VersR 1995 S. 369371, Stange Rettungsobliegenheiten und Rettungskosten im Vsrecht Karlsruhe 1995, Terbille r + s 2000 S. 45-52, Wälder r + s 1990 S. 58, weitere Literaturnachweise bei Möller in Bd II zu § 61.

[H 48] bbb) Vorbemerkung § 61 ist von Möller in Bd II auch unter Berücksichtigung der Feuerv ausführlich kommentiert worden. Die folgenden Ausführungen sind lediglich Ergänzungen insJohannsen/Johannsen

557

Anm. H 48

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

besondere zu der Entwicklung seit 1978. Die Verfasser folgen der von Möller J R P V 1929 S. 325-329 ausführlich begründeten, in Bd II Anm 17-22 wiedergegebenen Auffassung, daß es sich bei § 61 um eine G e f a h r u m s t a n d s a u s s c h l u ß r e g e l u n g bzw. verkürzt ausgedrückt einen s u b j e k t i v e n R i s i k o a u s s c h l u ß handelt. Aus der Leistungspflicht des Vers werden subjektiv-vorsätzliche und subjektiv-grobfahrlässige Gefahrumstände herausgenommen, von denen potentielle Gefahrreihen zum Vsfall führen (aaO Anm 17). Wie Möller aaO erläutert hat, ist der vom Gesetz verwandte Begriff Leistungsfreiheit terminologisch nicht ganz einwandfrei, weil er sonst im Gesetz, ζ. B. in den §§ 6,12, 21, 25, 62 verwendet wird, wenn eine zunächst begründete Leistungspflicht nachträglich wieder entfällt, während in den Fällen des § 61 eine Leistungspflicht gar nicht erst begründet wird. Auch der Begriff Vsfall ist unpräzise verwandt, weil eigentlich ein Vsfall nur eintreten kann, wenn sich die vom Ver übernommene Gefahr verwirklicht. Zutreffend hat aber Möller aaO Anm. 31 darauf hingewiesen, daß dem Gesetzgeber eine verkürzende und dennoch klare Ausdrucksweise gestattet sei. Daß es sich bei § 61 um einen subjektiven Risikoausschluß handelt, wird heute von der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur angenommen (vgl. nur B G H 14. IV. 1976 VersR 1976 S. 649-651, 5. X . 1983 VersR 1984 S. 25-26; O G H 19.III. 1981 VersR 1984 S. 347-348; O L G Karlsruhe 15.X. 1981 VersR 1982 S. 1189-1190; O L G Hamburg 17. III. 1988 VersR 1988 S. 1147-1148; Pinckernelle S. 10-11; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 61; Langheid in Römer-Langheid R N 1 zu § 61; Schirmer ZVersWiss 1984 S. 553-591, 577; Beckmann in B K R N 8 zu § 61; Lorenz VersR 2000 S. 2-11). Zur Auseinandersetzung mit den Gegenmeinungen wird auf Möller aaO Anm 18 und Pinckernelle S. 6 - 1 0 verwiesen. Die dort widerlegte Ansicht, daß § 61 eine Schadenverhütungspflicht zugrunde liege, wird insbesondere von Martin 3 O I 62-66 vertreten, der annimmt, daß ohne eine solche Rechtspflicht eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 61 durch Unterlassen nicht begründet werden könne. Dazu, daß dies nicht der Fall ist, vgl. H 50. Für eine Verpflichtung des Vmers, den Eintritt des Vsfalles zu verhindern, ergibt sich aber aus § 61, der die Leistungspflicht bei nur leicht fahrlässigem Verhalten des Vers als selbstverständlich voraussetzt, kein Anhaltspunkt. Sie würde auch den wirtschaftlichen Wert des Vsschutzes unangemessen herabsetzen, weil sie konsequenterweise zur Anwendung des § 278 B G B führen müsse (vgl. dazu Beckmann aaO R N 8). Nach der gesetzgeberischen Konzeption (Begr. I S. 71) sollte § 61 aber gerade den Vsschutz erweitern. Es sollte der in der Feuerv bereits vorher geltende Grundsatz, daß dem Vmer das Recht auf Entschädigung nur versagt werden soll, wenn er den Brand vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit verursacht habe, auf die gesamte Sachv übertragen und die Anwendung des § 254 B G B ausgeschlossen werden. Durch § 61 soll in erster Linie das subjektive Risiko (vgl. hierzu Möller in Bd II Anm 3 zu § 61) vermindert werden. Derjenige Vmer, der sich in Bezug auf das verte Risiko völlig sorglos oder sogar unlauter verhält, soll keinen Vsschutz erhalten. § 61 liegen damit Grundsätze von Treu und Glauben ähnlich wie der Regelung des § 162 B G B zugrunde ( B G H 14. IV. 1976 VersR 1976 S. 649-651, 8. II. 1989 VersR 1989 S. 582-584). In der Feuerv ist hierbei insbesondere das Brandstiftungsrisiko von Bedeutung. Während der Vmer gegen Fremdbrandstiftungen durch die V geschützt sein muß, stellt die vorsätzliche Eigenbrandstiftung, die vom Vmer oder von anderen Personen in dessen Auftrag oder Interesse begangen wird, ein erhebliches Problem von ständig wachsender Bedeutung dar (vgl. dazu Langheid VersR 1992 S. 13-21), dem durch die Anwendung des § 61 begegnet werden soll. Die praktischen Probleme liegen aber hier bei den Beweisfragen (vgl. dazu H 73-76). Bei der grobfahrlässigen Herbeiführung des 558

Johannsen/Johannsen

Anm. H 49

I. Hauptpflichten des Feuervers

Vsfalles ist zu berücksichtigen, daß durch die immer größer werdende Technisierung auch die Gefahr der fahrlässigen Eigenschädigung zu einem verkehrsüblichen Risiko geworden ist, an dessen vsmäßiger Abdeckung ein legitimes wirtschaftliches Interesse besteht (Müller VersR 1985 S. 1101-1109, 1106). Die Probleme liegen deshalb in der Abgrenzung zwischen diesem verkehrsüblichen Risiko und dem so sorglosen Umgang des Vmers mit den Gefahren, gegen deren Verwirklichung die Feuerv schützen soll, daß die Inanspruchnahme der Vsleistung ähnlich wie bei § 162 BGB als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheint. Mit dieser Abgrenzung beschäftigt sich die Mehrzahl der zu § 61 im Bereich der Feuerv ergangenen gerichtlichen Entscheidungen (vgl. dazu H 59-68). Die Abgrenzung zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit des Vmers ist deshalb so besonders verantwortungsbewußt zu treffen, weil sie das dem § 61 zugrunde liegende A l l e s - o d e r - N i c h t s - P r i n z i p auslöst (dazu H 71). Während die Leistungsfreiheit des Vers bei vorsätzlichem Verhalten des Vmers fast allgemein akzeptiert wird, mehren sich in der Literatur Stimmen, die das Ergebnis, daß der Vmer bei leichter Fahrlässigkeit die volle Entschädigung, bei Uberschreiten der Grenze zur groben Fahrlässigkeit aber überhaupt nichts erhalten soll, kritisieren. Insbesondere für den Fall ruinöser Schadensfolgen durch vom Vmer grobfahrlässig verursachte Brände wird von Canaris JZ 1987 S. 993-1003 schon nach geltendem Recht aufgrund des verfassungsmäßigen Übermaß Verbotes eine Einschränkung der Rechtsfolgen des § 61 vertreten. Im übrigen ist die Einschränkung des Alles-oder-Nichts-Prinzips des § 61 Gegenstand von Reformüberlegungen (vgl. Bokelmann Grobe Fahrlässigkeit S. 102; Römer NVersZ 2000 S. 259-262, VersR 2000 S. 661-665; Schimikowski r + s 2000 S. 352-359; van Bühren Mitteilungsblatt der ArGe Vsrecht des Dtschen Anwaltvereins 2/1998 S. 11,1/1999 S. 5, siehe weiter dazu H 71). [H 49] ccc) Objektive Voraussetzungen o) Allgemeines zur Herbeiführung § 61 setzt voraus, daß der Vmer den Vsfall herbeiführt, womit im Gegensatz zum E i n t r i t t des Vsfalls in §§ 1, 6, 33, 38, 62 ein Handlungsgeschehen bezeichnet wird. Dieses kann in einem Tun oder Unterlassen bestehen (zu letzterem H 50). Es genügt dafür nicht, daß der Vmer irgendeine Ursache setzt, die den Vsfall auslöst, sondern es muß sich nach der im Zivilrecht herrschenden Adäquanztheorie (vgl. dazu Möller in Bd II Anm. 143 zu § 49) um eine Ursache handeln, die nach dem regelmäßigen Lauf der Dinge zum Eintritt des Vsfalles führen kann. Dazu ist erforderlich, daß der Vmer die zum Vsfall führenden Umstände kennt. Er muß zumindest die Umstände kennen, aus denen sich ergibt, daß der Eintritt des Vsfalles in den Bereich der praktisch unmittelbar in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten gelangt ist (BGH 14. VII. 1986 VersR 1986 S. 962-963; KG 25. IX. 1984 VersR 1985 S. 465-467, 25. V. 1985 VersR 1985 S. 1178-1179; OLG Hamburg 18. VIII. 1983 VersR 1983 S. 11511153; OLG Düsseldorf 27.1.1995 VersR 1997 S. 231-234). So führt ein Vmer, der durch das Betätigen eines Lichtschalters eine Explosion auslöst, weil die Gasleitung durch Straßenarbeiten beschädigt worden ist, den Vsfall auch objektiv nicht herbei, wenn er von der Beschädigung der Leitung keine Kenntnis hat. Eine Nichterkennung der wesentlichen Umstände zeigt auch beispielsweise der Sachverhalt der Entscheidung des OLG Hamm 2. V. 1984 VersR 1985 S. 488, in dem infolge Hitzestaus der Drosselspule einer vom Vmer eingeschalteten, von einer Fachfirma installierten Neonlampe eingelagertes Heu und Stroh in Brand geraten war. Das Gericht hat in Zweifel gezogen, daß der Vmer überhaupt Kenntnis von dieser MögJohannsen/Johannsen

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Anm. H 50

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

lichkeit der Brandentstehung hatte, und hat im Ergebnis zutreffend grobe Fahrlässigkeit verneint, weil Neonleuchten nach allgemeiner Kenntnis nur „kaltes Licht" abgeben und die Wärmeentwicklung der Drosselspule Laien unbekannt sei. Das Tatbestandsmerkmal Herbeiführen des Vsfalles ist aber streng von dem Verschulden abzugrenzen, so daß § 61 schon nicht anwendbar ist, wenn ersteres nicht verwirklicht ist ( B G H 14. IV. 1976 VersR 1976 S. 649-651, 14. VII. 1986 VersR 1986 S. 962-963, 8. II. 1989 VersR 1989 S. 582-584 = N J W 1989 S. 1354-1355 = r + s 1989 S. 209-210). N a c h den veröffentlichten Entscheidungen der Instanzgerichte werden diese unterschiedlichen Tatbestandsmerkmale gelegentlich miteinander vermengt. Häufig wird von einem F e h l v e r h a l t e n des Vmers gesprochen (z.B. K G 25. VI. 1985 VersR 1985 S. 1178-1179 mit Anm. von Martin S. 1179-1181; O L G Bamberg 23.111.1995 VersR 1996 S. 969-970). Das geht aber über den Normzweck des § 61 hinaus (Büsken EWiR 1989 S. 512; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 8 zu § 61). Denn hierbei handelt es sich in erster Linie um eine Eigenschädigung, die grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, weil der Eigentümer nach § 903 B G B mit seiner Sache nach Belieben verfahren darf. Eine Rechtswidrigkeit des Handelns des Vmers wird auch nach allgemeiner Auffassung für die Anwendung des § 61 nicht vorausgesetzt (Prölss aaO; Beckmann in B K R N 27 zu § 61; Langheid in Römer-Langheid R N 4 zu Der B G H hat zur Diebstahlsv entwickelt, daß das Herbeiführen des Vsfalles ein deutliches Unterschreiten eines als vertragsgemäß vorausgesetzten S t a n d a r d s an S i c h e r h e i t sei ( B G H 12.X. 1988 VersR 1989 S. 141-142 = r + s 1989 S. 62-63, 21.11.1996 VersR 1996 S. 576, 18. XII. 1996 VersR 1997 S. 613). Damit wird eine von Gesetzesverstößen und Vertragsverletzungen unabhängige Definition gegeben, die auch für die Feuerv zugrunde gelegt werden kann. Maßgebend ist, daß sich durch das Verhalten des Vmers das Risiko für den Ver vergrößert. Typische Fälle für das Unterschreiten eines derartigen Sicherheitsstandards sind Arbeiten mit einer Winkelschleifmaschine innerhalb einer Scheune oder eines Stalls angesichts vorhandener Heu- oder Strohhaufen. Dabei ist die Brandgefahr akut, weil wie jedermann weiß - bei solchen Arbeiten Funken nach verschiedenen Richtungen sprühen können. Das O L G Köln 21. IX. 1989 VersR 1990 S. 383-384 = r + s 1989 S. 366-367 hat deshalb zu Recht in einem derartigen Fall das Unterschreiten des als vertragsgemäß vorausgesetzten Standards an Sicherheit festgestellt (im Ergebnis ebenso O G H 7. X I . 1985 VersR 1987 S. 799, 30. IX. 1998 VersR 1999 S. 1263-1264; O L G H a m m 4. V. 1979 VersR 1979 S. 1045,23. XII. 1985 VersR 1987 S. 654; im letzteren Fall wurde aber grobe Fahrlässigkeit deshalb verneint, weil der Vmer den Winkelschleifer zur Rettung eines eingeklemmten Rindes benutzt hatte). [ H 50] ß) Unterlassen In Brand gesetzt wird eine Sache in der Regel durch positives Tun, gewisse Unterlassungen können dem Tun aber gleichgestellt werden (Möller Bd II Anm. 29 zu § 61). Hatte der B G H dies in seinem Urteil vom 21. IX. 1964 VersR 1964 S. 29-31 = B G H Z 42 S. 295-301 noch dahin stehen lassen, so hat er seit dem Urteil vom 14. IV. 1976 VersR 1976 S. 649-651 zur Fahrzeugv in diese Richtung klar entschieden. In einem späteren, die Feuerv betreffenden Urteil ( 5 . X . 1983 VersR 1984 S. 25-26 = r + s 1983 S. 260-261) wurde dann vom B G H bestätigt, daß bei dringender Gefahr die „möglichen, geeigneten und zumutbaren Maßnahmen zum Schutz des vten Gegenstandes" zu ergreifen seien. Es ging um Maßnahmen zur Sicherung eines leerstehenden Gebäudes gegen das Eindringen von Brandstiftern, die im konkreten Fall als ausreichend angesehen wurden. Beispielsweise kann eine im Rechtssinne erhebliche Unterlassung 560

Johannsen/Johannsen

Anm. H 51

I. Hauptpflichten des Feuervers

darin liegen, daß Ernteerzeugnisse, die zur Selbstentzündung neigen, z.B. eingelagertes Heu, nicht regelmäßig durch Temperaturmessungen oder Geruchskontrolle im Hinblick auf die Gefahr einer Heuselbstentzündung überprüft werden (vgl. zu der Problematik O L G Oldenburg 24.IV. 1985 VersR 1986 S. 1091-1092; 25.VI. 1997 VersR 1998 S. 490-491; 2. VI. 1999 VersR 2000 S. 968-969 = NVersZ 2000 S. 290-291). Daß der Vsfall im Sinne des § 61 auch durch Unterlassen herbeigeführt werden kann, wird heute allgemein angenommen (OLG Hamburg 18. VIII. 1983 VersR 1983 S. 1151-1153; O L G H a m m 18.XI.1988 VersR 1989 S. 1083-1084; O L G Stuttgart 13.XII.1990 VersR 1991 S. 1049-1050; O L G Düsseldorf 27.VI. 1995 VersR 1997 S. 231-234; Martin 3 O I 61; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 6 zu § 61; Langheid in Römer-Langheid R N 5 zu § 61; Beckmann in BK R N 21 zu § 61; für den früheren Streitstand, insbesondere die Auseinandersetzung mit Bruck 7 Anm 18 zu § 61, vgl. Möller in Bd II Anm 29 zu § 61). Unterschiedlich wird aber die Grundlage der Verpflichtung zum Handeln bewertet. Martin 3 O I 62-66 geht davon aus, das sich aus dem Vsvertrag eine Schadenverhütungspflicht des Vmers ergebe, gegen die durch die Herbeiführung des Vsfalles in jedem Falle zumindest objektiv verstoßen werde. Eine solche Schadensverhütungspflicht wird von der h . M . zu Recht abgelehnt (BGH 14. IV. 1976 VersR 1976 S. 649-651, 8. II. 1989 VersR 1989 S. 582-584; Möller aaO Anm. 18, 19, 29; Prölss aaO R N 2; Langheid aaO R N 1; Schirmer ZVersWiss 1984 S. 553-591, 577). Aus der vom Gesetz vorgesehenen Möglichkeit, besondere Obliegenheiten zur Verminderung der Gefahr zu vereinbaren, § 32, und der in § 62 an den Eintritt des Vsfalles geknüpften Schadensabwendungs- und -minderungsobliegenheit ergibt sich, daß eine allgemeine Schadenverhütungspflicht dem Gesetz nicht zugrunde liegt. Sie würde auch, wie Martin aaO R N 65 selbst einräumt, Schwierigkeiten bei der Einordnung der leicht fahrlässigen Verursachung des Vsfalles bereiten und in den Fällen, in denen der Vmer den Schadeneintritt auch bei gesteigerter Sorgfalt nicht hätte vermeiden können. Eine Schadenverhütungspflicht ist aber auch nicht erforderlich, um die Verwirklichung des § 61 durch Unterlassen zu begründen. Schuldhaftes Handeln ist nicht nur, wie Martin aaO R N 61 annimmt, denkgesetzlich möglich, wenn gegen Rechtspflichten verstoßen wird, wie sich ohne weiteres aus § 254 BGB ergibt (Schirmer aaO). Es ist dafür auch keine Garantenstellung nötig, wie Möller aaO Anm 29 sie aus der Gefahrengemeinschaft der Vmer herleitet. Vielmehr hat der B G H 8. II. 1989 aaO zutreffend darauf hingewiesen, daß § 61 in ähnlicher Weise wie § 162 BGB der Gedanke von Treu und Glauben zugrunde liege, daß der Vmer, der sich in bezug auf das verte Interesse völlig sorglos oder sogar unlauter verhalte, nicht die Vsleistung erhalten solle. Auch ohne besondere Vereinbarung einer Schadenverhütungspflicht liegt ein solches Verhalten vor, wenn der Vmer die Umstände kennt, wegen derer der Eintritt des Vsfalles droht, und er weiter über geeignete Mittel verfügt, den Eintritt zu verhindern, und er dennoch untätig bleibt (BGH aaO). [H 51] γ) Kausalität Für die Herbeiführung des Vsfalls in der Feuerv gelten die allgemeinen im Vsvertragsrecht angewendeten Kausalitätsgrundsätze. Über den Kausalnexus zwischen dem Verhalten des Vmers und dem Eintritt des Vsfalls ausführlich Möller Bd II Anm. 30 zu § 6 1 . Das Verhalten des Vmers braucht keinesfalls die alleinige Ursache des Vsfalls gewesen zu sein, vielmehr genügt es, daß irgendein Verhalten des Vmers mitursächlich war (BGH 14. VII. 1986 VersR 1986 S. 963, a. A. die Vorinstanz KG 25. IX. 1984 VersR 1985 S. 465-467). Es genügen z. B. Mittäterschaft, Anstiftung oder Beihilfe zur Brandstiftung. Auch die mangelnde Aufsicht des Vmers über seine Kinder kann einen kausalen Tatbeitrag begründen. An die Erfüllung der Aufsichtspflicht nach § 832 BGB stellt Johannsen/Johannsen

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Anm. H 52

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

die Rechtsprechung zu Recht strenge Anforderungen, weil durch Kinder nicht selten Brände mit erheblichen Schäden verursacht werden ( B G H 10.X.1995 N J W 1995 S. 3385-3386, 27. II. 1996 N J W 1996 S. 1404-1405). Gewissermaßen im Mittelfeld des Kausalnexus zwischen dem Verhalten des Vmers und der Herbeiführung des Vsfalls steht die Problematik der sogenannten „Brandreden", zu denen der B G H in seinem Urteil vom 14.11.1989 VersR 1990 S. 173-175 allerdings zu bedenken gegeben hat, daß es zweierlei sei, über die Möglichkeit einer Brandlegung und Durchführung zu sprechen und daran Interesse zu bekunden, als solche Gespräche auch tatsächlich zum Anlaß zu nehmen, einen Brand zu legen oder durch einen Dritten legen zu lassen. Wesentlich ist deshalb, ob die Urheberschaft des Vmers an der einer Brandrede nachfolgenden Brandstiftung tatsächlich feststellbar ist (bejaht von O L G Schleswig 27.11.1991 VersR 1992 S. 1258-1260). Die Möglichkeit einer Brandstiftung durch Dritte bei einschlägigen Äußerungen müßte der Vmer sich stets vergegenwärtigen und ihr sogar nach Kräften entgegenwirken (Martin 3 Ο I 114). Das O L G H a m m präzisiert deshalb in seinem Urteil vom 19.1.1994 VersR 1994 S. 1419-1420 den Begriff der Brandreden dahin, daß sie in der Regel nur dann vorliegen, wenn der Vmer ernsthaft andere zur Brandstiftung auffordert, weil dadurch die Feuergefahr deswegen erhöht wird, indem der Dritte meinen könnte, im Interesse und Willen des Vmers zu handeln, wenn er das Objekt anstecke (Lücke VersR 1996 S. 797). Mithin können Brandreden seitens des Vmers sowohl den Tatbestand der Anstiftung oder des Anstiftungsversuchs erfüllen als auch zum Ausdruck bringen, daß der Vmer sein Gebäude demnächst selbst anzünden würde, wodurch er wiederum bei einem anderen Brandstiftungsideen erweckt, was tatbestandsmäßig auf eine grob fahrlässige Herbeiführung des Vsfalls hinauslaufen würde (vgl. dazu ausführlich Sieg VersR 1995 S. 369-371 und G 34). Ursächlich für den Vsfall kann sowohl ein positives Tun wie gleichzeitig ein Unterlassen sein. Beide Arten der Herbeiführung lassen sich häufig nicht voneinander trennen (Martin 3 O I 13, VersR 1988 S. 209-218, 213). Als Beispiel ist anzuführen der Fall des O L G H a m m 7. XII. 1972 VersR 1973 S. 169-170: Ursache des in einer Scheune ausgebrochenen Feuers war der Funkenflug bei Arbeiten mit der Trennscheibe eines Handschleifgeräts; der Ausbruch des Brandes hätte aber verhindert werden können, wenn der Vmer die Arbeitsfläche vorher gereinigt und das umherliegende Heu beiseite geschafft hätte. [ H 5 2 ] Ô) Versicherungsfall Der Vmer muß den V s f a l l herbeiführen. Dieser ist die Verwirklichung der verten Gefahr, die damit aus einem latenten in ein akutes Stadium eintritt. Was als Vsfall anzusehen ist, bestimmt sich dabei weitgehend nach der Risikobeschreibung in den Vsbedingungen ( B G H 5. IV. 1989 VersR 1989 S. 840-841 = r + s 1989 S. 193-195). Ein auf Brandstiftung des Vmers beruhendes Feuer ist danach zwar rein dogmatisch gesehen keine verte Gefahr im Rahmen der Feuerv. Aber dem Gesetzgeber ist, wie Möller in Bd II Anm 31 zu § 61 es zutreffend ausgedrückt hat, eine verkürzende und dennoch klare Ausdrucksweise gestattet. Es handelt sich in § 61 um einen Vsfall, durch den keine Leistungspflicht begründet wird. Während § 61 vom Vsfall spricht, ist in den einschlägigen AVB durchweg von Herbeiführen des Schadens die Rede. Diese sprachliche Abweichung stellt in der Regel keine inhaltliche Abänderung des § 61 dar, sondern soll nur dem besseren Verständnis der Vorschrift dienen (Raiser 2 Vorbem. zu § 17; Wussow 2 Anm 9 zu § 61). Martin 3 O I 3 geht von einer Verbesserung der Rechtsstellung des Vmers aus, gibt aber keine Begründung hierfür. Aus seiner kritischen Bezugnahme auf B G H 5. IV. 1989 VersR 562

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Anm. H 53

I. Hauptpflichten des Feuervers

1989 S. 840-841 = r + s 1989 S. 193-195 kann geschlossen werden, daß er meint, der Ver sei für einen später entstandenen Schaden eintrittspflichtig, wenn der Vmer nur den ursprünglichen Brandausbruch im Sinne des § 61 herbeigeführt hat. Dem kann nicht gefolgt werden. Vielmehr ist, wie es der B G H aaO getan hat, danach zu differenzieren, ob ein einheitlicher oder zwei Vsfälle vorliegen. Wenn das erste Feuer nicht vollständig abgelöscht war oder noch weiter geglimmt hat, so daß es sich aus eigener Kraft wieder entfachen konnte, liegt ein einheitlicher Vsfall vor, für den keine Leistungspflicht besteht. Kommt aber für den zweiten, nach zwei Tagen im Dachstuhl ausgebrochenen Brand, eine andere Brandursache in Betracht, liegen zwei Vsfälle vor und der Ver muß, wenn die andere Ursache nicht ausgeschieden werden kann, den Schaden am Dachstuhl ersetzen (vgl. H 84 m.w.N.). Unterschiedliche Bedeutung kommt den Begriffen Schaden und Vsfall allerdings bei Vsfällen zu, die sich wie in der Betriebsunterbrechungsv in verschiedenen Stufen abspielen (vgl. dazu Möller in Bd II Anm 31 zu § 61). Eine Verbesserung des Vsschutzes gegenüber § 61 wird aber durch die Bedingungen auch hier nicht gewährt. Denn § 14 F B U B sieht Leistungsfreiheit nicht nur bei vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Herbeiführung des Unterbrechungsschadens sondern bereits des vorangehenden Sachschadens vor (siehe dazu Κ 3). Bei der manipulierten Vergrößerung eines ohne Zutun des Vmers entstandenen Brandes ist die Ursache der Gefahrverwirklichung nicht vom Vmer gesetzt, wohl aber kann der Brand von ihm beschleunigt werden, so daß ohnehin von diesem ergriffene Sachen rascher und sicherer zerstört werden. Es können auch nicht von der Feuergefahr bedrohte Sachen vom Vmer in den Brandherd geworfen werden, um sie zu beseitigen (z.B. Ladenhüter) und andererseits vom Feuer bedrohte Sachen gerettet und absichtlich zur Seite geschafft und als abhanden gekommen gemeldet werden. Der Schaden wäre dann jedenfalls vom Vmer schuldhaft in seiner Höhe beeinflußt. Dabei ist davon auszugehen, daß § 61 für die Vergrößerung des Schadens grundsätzlich anwendbar ist ( K G 25. IX. 1984 VersR 1985 S. 4 6 5 ^ 6 7 ; Beckmann in B K R N 30 zu § 61), zumindest ist aber in diesen Fällen die analoge Anwendung des § 61 geboten (Möller in Bd I Anm 31 zu § 61). [ H 53] ddd) Subjektive Voraussetzungen α) Schuldfähigkeit Der Schutzzweck der Feuerv und der Ausnahmecharakter des § 61 erfordern, daß der Vmer nur dann wegen der Herbeiführung des Vsfalls keinen Vsschutz hat, wenn er s c h u l d f ä h i g ist (Möller in Bd II Anm 41 zu § 61). Obwohl den Vmer keine Rechtspflicht zur Vermeidung des Vsfalls trifft und er im vsrechtlichen Sinne keine unerlaubte Handlung begeht, wenn er den Vsfall herbeiführt, sind die allgemeinen Vorschriften des Zivilrechts §§ 276, 827, 828 B G B - analog - heranzuziehen. Das entspricht im Grundsatz der h.M. ( B G H 23.1.1984 VersR 1985 S. 440-441, 20. VI. 1990 B G H Z 111 S. 372-375, 5. XII. 1990 VersR 1991 S. 289-291; O L G Hamm 25. VI. 1980 VersR 1981 S. 178-179; Möller aaO; Beckmann in B K R N 55 zu § 61; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 16 zu § 61, Langheid in Römer-Langheid R N 58 zu § 61). Streitig ist lediglich die Anwendung des § 827 II B G B bei vorübergehender Bewußtlosigkeit oder die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustandes krankhafter Störung der Geistestätigkeit infolge Alkohol- oder Rauschgiftkonsums. Von Knappmann NVersZ 1998 S. 13-17, VersR 2000 S. 11-16, 13 wird die Analogie abgelehnt, weil §§ 823ff B G B und 61 von unterschiedlichen Ansätzen ausgingen. Für unerlaubte Handlungen stehe die Eintrittspflicht des Schädigers im Vordergrund, die im Interesse des Verletzten möglichst Johannsen/Johannsen

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H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

nicht eingeschränkt werden solle, während bei § 61 als subjektivem Risikoausschluß die vertraglich begründete Einstandspflicht des Vers im Vordergrund stehe. Auch O L G Hamm 6. VII. 1984 VersR 1985 S. 1078-1079,10. VII. 1987 VersR 1988 S. 394-396 äußert Bedenken gegen die in den Entscheidungen aber offen gebliebene analoge Anwendung. Die Einwendungen gegen eine Analogie des § 827 II BGB sind nicht gerechtfertigt. Die grundsätzliche Leistungspflicht des Vers wird nicht dadurch unangemessen beeinträchtigt, daß bereits an den Alkohol- oder Rauschmittelkonsum angeknüpft wird und damit die selbstverschuldete Unzurechnungsfähigkeit zur Leistungsfreiheit führen kann. § 827 II, auf den § 276 I 3 verweist, ist Teil des zusammengehörigen Systems des BGB über das Verschulden, das insgesamt im Rahmen des § 61 anzuwenden ist. Das wird in Rechtsprechung und Literatur auch überwiegend angenommen (BGH 6. VII. 1967 VersR 1967 S. 944-945, 7. V. 1974 VersR 1974 S. 853-855, 23.1.1985 VersR 1985 S. 440—441; Wussow 2 Anm 7 zu § 16; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 16 zu § 61; Langheid in Römer-Langheid R N 58 zu § 61; Beckmann in BK R N 55 zu § 61). Die Anwendung des § 827 II BGB bedeutet aber nicht, daß der Vsschutz schon immer dann entfällt, wenn der Vmer vor der Herbeiführung des Vsfalls Alkohol oder andere Stoffe, die zu seiner vorübergehenden Unzurechnungsfähigkeit geführt haben, in grobfahrlässiger Weise zu sich genommen hat. Der B G H 23.1.1985 aaO weist zutreffend darauf hin, daß der Ver hierdurch nicht davon befreit werde, die subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit zu beweisen. Dafür sei die Würdigung aller Umstände nötig und eine etwa von vornherein bestehende erheblich verminderte Einsichts- und Hemmungsfähigkeit nicht außer Betracht zu lassen. Wenn aber ganz elementare Verhaltensregeln verletzt werden, deren Einhaltung auch im betrunkenen Zustand unbedingt erwartet werden müsse, sei das für die grobe Fahrlässigkeit erforderliche, erheblich gesteigerte subjektive Verschulden ohne weiteres zu bejahen (BGH 22.11.1989 VersR 1989 S. 469-470). Das hat der B G H aaO für Trunkenheitsfahrten angenommen. In der Feuerv ist an Fälle zu denken, daß der Vmer im betrunkenen Zustand Schweißarbeiten vornimmt oder im Bett raucht ( O L G Köln 16. IX. 1993 r + s 1994 S. 24). Von § 827 II BGB abzugrenzen sind die Fälle, in denen der Vmer im schuldfähigen Zustand die Herbeiführung des Vsfalles im schuldunfähigen Zustand bewußt plant (z. B. Selbstmord durch Brand oder Explosion) oder jedenfalls für möglich hält (z.B. wegen seiner Kenntnis von der Neigung zum Zündeln im betrunkenen Zustand), und sich dann in einen Zustand der vorübergehenden Unzurechnungsfähigkeit versetzt. Für diese Fälle sind die im Strafrecht entwickelten Grundsätze der actio libera in causa heranzuziehen mit der Folge, daß dem Vmer die Herbeiführung des Vsfalles unmittelbar zugerechnet wird (BGH 22. II. 1989 VersR 1989 S. 469-470; O L G Oldenburg 16. VIII. 1995 VersR 1996 S. 1270; LG Oldenburg 16.1.1985 VersR 1985 S. 934—935; Knappmann, Prölss, Beckmann aaO). Führt die Beeinträchtigung des Vmers durch den Genuß von Alkohol oder anderer Stoffe noch nicht zur Schuldunfähigkeit, ist aber die Einsichts- und Hemmungsfähigkeit gemindert, kann der Ver grundsätzlich nach § 61 leistungsfrei sein. Die v e r m i n d e r t e S c h u l d f ä h i g k e i t läßt den Vorsatz in aller Regel nicht entfallen. Sie ist aber insbesondere bei der groben Fahrlässigkeit zu berücksichtigen, weil diese in subjektiver Hinsicht ein gegenüber der einfachen Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden voraussetzt und es entscheidend auf den Grad des Verschuldens ankommt. Knappmann NVersZ 1998 S. 13-17, 16 meint, daß sich die Alkoholisierung des Vmers regelmäßig zu seinen Gunsten auswirke, weil mit steigendem Alkoholgenuß die Vorwerfbarkeit abnehme. Ahnlich schuldmindernd bewertet O L G Hamm 27. X. 1995 VersR 1996 S. 1272-1273 = r + s 1996 S . 112 den Alkoholeinfluß eines Vmers, der einen Aschenbecher mit brennenden Zigarettenresten in eine Plastiktüte mit benutzten 564

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Anm. H 54

I. Hauptpflichten des Feuervers

Papiertaschentüchern entleert hatte: Werde der Vmer im Zustand nicht unerheblicher Alkoholisierung mit einer Situation konfrontiert, die er wegen des Alkoholeinflusses objektiv grob fahrlässig nicht meistere, sei subjektiv grobe Fahrlässigkeit eher zu verneinen. Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Da Knappmann, B G H 22.11.1989 VersR 1989 S. 469-470 folgend, den Vorwurf grober Fahrlässigkeit dann für gerechtfertigt hält, wenn ganz elementare Verhaltensregeln mißachtet werden, kommt es letztlich darauf an, was hierunter zu verstehen ist. In der Feuerv verbieten aber derartige elementare Verhaltensregeln nicht nur den sorglosen Umfang mit Feuer in der Nähe leicht brennbarer Stoffe, sondern auch das Rauchen im Bett, das im alkoholisierten Zustand des Rauchers besonders gefährlich ist ( O L G Oldenburg 10. X. 1990 r + s 1992 S. 208-209; O L G Köln 16. IX. 1993 r + s 1994 S. 24; Werne Sachvsrecht S. 242-243; a. A. Knappmann aaO.), wie auch das Einfüllen brennender Z i g a r e t t e n r e s t e in einen Plastikbeutel. [ H 54] ß) Vorsatz Für den Begriff des Vorsatzes in der Sachv wird zunächst auf Möller in Bd II Anm 43 zu § 61 verwiesen. Er bestimmt sich grundsätzlich nach den im allgemeinen Zivilrecht entwickelten Voraussetzungen und enthält danach ein Wissens- und ein Willensmoment. Zu ersterem ist aber zu beachten, daß, weil eine allgemeine Schadensverhütungspflicht nicht besteht (vgl. dazu H 50), es auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Vmers grundsätzlich nicht ankommt und ein Bewußtsein der Rechtswidrigkeit für den Vorsatz deshalb nicht erforderlich ist. Der Vmer braucht weder vom Vsvertrag noch von der Vorschrift des § 61 Kenntnis zu haben (Möller aaO; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 8 zu § 61; Beckmann in B K R N 59 zu § 61; Martin 3 O I 15-21, 64, für den die Kenntnis des Vsvertrages auf der Grundlage der von ihm angenommenen Schadensverhütungspflicht erforderlich wäre, will sie einfach fingieren oder unterstellen). Es genügt, daß der Vmer Kenntnis von den tatsächlichen U m ständen hat, die den Vsfall herbeiführen. Hinsichtlich des Willenselements kommen alle Stufen des Vorsatzes, nämlich die zielgerichtete Absicht, das Wollen der Gefahrverwirklichung und der dolus eventualis in Betracht, bei dem die Gefahrverwirklichung billigend in Kauf genommen wird (Möller aaO). Die Kenntnis und die Billigung der einzelnen Schadensfolgen ist für den Vorsatz im Sinne von § 61 nach allgemeiner Auffassung nicht Voraussetzung. Bei dem in der Praxis der Feuerv wichtigsten Phänomen der vorsätzlichen Brandstiftung kommen zu diesen aufgezeigten Mindestanforderungen an den Vorsatz weitere Elemente hinzu, nämlich das Bewußtsein eines rechtswidrigen strafbaren Verhaltens und die Absicht, bestimmte Schadensfolgen herbeizuführen, um Vsleistungen zu erhalten ( B G H 4. V. 1988 B G H Z 104 S. 256-261 = VersR 1988 S. 683-684). Das Problem der vorsätzlichen Brandstiftung hat sich in den letzten Jahrzehnten ständig verstärkt. Schadenhäufigkeit und Schadenumfang haben erheblich zugenommen. Dafür gibt es - wie die Analysen von Brandstiftungsfällen zeigen - verschiedene Ursachen (vgl. z.B. die Untersuchung der Münchner RückV Brandstiftung - Anatomie eines Risikofaktors; Langheid VersR 1992 S. 13-21). Zu unterscheiden ist zwischen der Fremdbrandstiftung - gegen diese will der Vmer berechtigterweise durch die Feuerv geschützt sein - und der Eigenbrandstiftung, zu der nicht nur Handlungen des Vmers selbst, sondern auch solche der Mitverten, Repräsentanten oder im Zusammenwirken mit ihm Tätigen gehören. Der Nachweis der Eigenbrandstiftung bzw. der Versuch derselben ist häufig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen (vgl. dazu H 76). Johannsen/Johannsen

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Anm. H 56

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

Als Reaktion auf die angestiegenen Fälle vorsätzlicher Brandstiftung sind die strafrechtlichen Bestimmungen durch das 6. G zur Reform des Strafrechts vom 26.1.1998 (BGBl I S. 164) neu gefaßt worden. Insbesondere wurde der Begriff der Brandstiftung in § 306 StGB durch Einbeziehung weiterer geschützter Objekte, die Gegenstand der gewerblichen, industriellen und landwirtschaftlichen Feuerv sind, entscheidend erweitert. Ferner ist die Brandstiftung in betrügerischer Absicht, der klassische Fall des Vsbetruges nach § 265 StGB, der durch den Tatbestand des Vsmißbrauchs ersetzt worden ist, nunmehr in § 263 III StGB als besonders schwerer Fall des Betruges unter Strafe gestellt. [H 55] γ) Grobe Fahrlässigkeit αα) E i n f ü h r u n g Das zentrale Problem der Anwendung des § 61 liegt in der Grenzziehung zwischen der einfachen Fahrlässigkeit, für die Vsschutz gewährt wird, und der g r o b e n F a h r l ä s s i g k e i t , die die Leistungsfreiheit des Vers begründet. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit ist im Gesetz nicht definiert. Ausgehend von dem in § 276 12 B G B definierten allgemeinen Fahrlässigkeitsbegriff, wonach fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt, liegt ein grob fahrlässiges Verhalten vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders erheblichem Maße außer Acht gelassen wird. Während früher streitig war, ob zur Beurteilung des Schuldvorwurfs ein überwiegend objektiver oder überwiegend subjektiver Maßstab anzulegen ist (vgl. die Nachweise bei Möller Bd I Anm 46 zu § 61), hat sich inzwischen eine gemischt objektiv-subjektive Auffassung durchgesetzt, die insbesondere auch von der Rechtsprechung vertreten wird. Danach setzt die grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 61 in Ubereinstimmung mit den sonstigen diesen Begriff verwendenden Vorschriften des Zivilrechts einen objektiv schweren Verstoß gegen die im konkreten Fall gebotene Sorgfalt voraus, die vorliege, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und das nicht beachtet werde, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsse, sowie darüber hinaus auch ein auf subjektiver Seite unentschuldbares Fehlverhalten (so B G H 8. II. 1989 VersR 1989 S. 582-584, 5. IV. 1989 VersR 1989 S. 840-841, 8.X.1991 N J W 1992 S. 316-317, 29.IX.1992 N J W 1992 S. 32353237, 18. XII. 1996 VersR 1997 S. 351-351, 10.11.1999 VersR 1999 S. 1004-1006, ständige Rechtsprechung). Daß für § 61 neben dem objektiven auch ein schwerwiegender subjektiver Vorwurf gerechtfertigt sein muß, wird auch in der Literatur überwiegend angenommen (Prölss in Prölss-Martin 26 R N 11 und 12 zu § 61; Martin 3 O I 50; Langheid in Römer-Langheid R N 29 zu § 61; Beckmann in B K R N 60, 61 zu § 61; Römer VersR 1992 S. 1187-1191; Knappmann NVersZ 1998 S. 13-17; kritisch aber Müller VersR 1985 S. 1101-1109, der - zu Unrecht - meint, daß die Notwendigkeit eines schweren personalen Schuldvorwurfs als ein qualifizierendes Tatbestandsmerkmal der groben Fahrlässigkeit dogmatisch nicht zu begründen sei). Dazu, daß der Begriff Fehlverhalten für § 6 1 relativiert werden muß, weil ein Verstoß gegen konkrete Pflichten nicht vorliegt, vgl. Η 49. [Η 56] ßß) Objektiver Sorgfaltsmaßstab Welcher Sorgfaltsmaßstab in der Feuerv im Einzelfall anzusetzen ist, ergibt sich aus der objektiven Möglichkeit eines Schadeneintritts (Möller in Bd I Anm 46 zu § 61). Zunächst ist davon auszugehen, daß die einfache fahrlässige Eigenschädigung als verkehrsübliches Risiko anzusehen ist (Müller VersR 1985 S. 1107), oder wie es der B G H 566

Johannsen/Johannsen

Anm. H 56

I. Hauptpflichten des Feuervers

in seiner Entscheidung vom 2. III. 1977 VersR 1977 S. 466 ausdrückt, daß sie im „Rahmen des kalkulierten Nachlässigkeitsrisikos" liegt, was jedoch nicht jedem verbreiteten Schlendrian das Wort reden kann (Martin 3 Ο 1110). Seit jeher und überall gilt schlechthin als Verhaltensregel getreu dem alten Nachtwächterruf, daß das Feuer und das Licht zu bewahren ist; denn der „vorsichtige Umgang mit Feuer zählt bei allen Völkern zu den jedermann einleuchtenden Geboten des täglichen Lebens" ( L G Köln 27. VI. 1984 VersR 1985 S. 253 = r + s 1986 S. 212-213). Die modernen Heiz-und Beleuchtungsverhältnisse mögen sich zwar verändert haben, nicht aber die allgemeine menschliche Beziehung zu offenem Licht und Feuer. Deshalb wird allgemein der Betreuungsumfang von der Objektbeschaffenheit abhängen und somit eine hölzerne Strohdachkate im Hinblick auf die Feuergefahr intensiverer Obhut als ein massiv gebautes Haus bedürfen ( B G H 26. V. 1989 VersR 1989 S. 737-738 = r + s 1989 S. 262-264). Trotzdem kommt es weitgehend auf den Lebensbereich an, in welchem offenes Licht bzw. Feuer oder Glut gebraucht wird (Martin 3 O I 111). Auch wenn jeweils Vorsicht geboten ist, gehört beispielsweise das Anzünden von Tisch-, Advents- und Weihnachtskerzen oder das Hantieren mit heißgewordenen Küchengeräten zu den üblichen Arbeiten im Haushalt bzw. zu den alltäglichen Verrichtungen ( O L G Köln 17. X. 1985 VersR 1986 S. 780). Bestimmte Sorgfaltsanforderungen außer der verkehrsüblichen Vorsicht sind für diese alltäglichen Verrichtungen an sich nicht vorauszusetzen. Mit zunehmender Gefährlichkeit der Verrichtungen, wie z. B. beim Einsammeln von Zigarettenresten in einer Diskothek in eine mit Pappkarton ausgekleidete Holzkiste oder bei Inbetriebnahme eines holzgeheizten Ofens in unmittelbarer Nähe von Sägemehl und Holzspänen oder beim ungesicherten Erhitzen von Fritierfett in einem Topf auf der Herdplatte, steigern sich allerdings gleichermaßen die Sorgfaltsanforderungen ( O G H 17. X I . 1983 VersR 1985 S. 48-49; O L G H a m m 27. III. 1985 VersR 1986 S. 561; O L G Köln 2 5 . X . 1 9 9 5 VersR 1996 S. 1492). Danach besteht eine aufsteigende Skala vom privaten Haushalt bis zum industriellen Gewerbebetrieb, wobei bei Verträgen nach A F B 30 und A F B 87 ein besonders strenger Maßstab anzulegen ist, weil für diese Feuersicherheit oberstes Gebot sein muß (Martin 3 O l 110). Das bedeutet, Sicherheitsmaßnahmen sind zu ergreifen, wenn dies nach der konkreten Situation erforderlich ist ( O L G H a m m 26.111.1982 VersR 1982 S. 966-967, 26. X . 1990 N Z V 1991 S. 196). Demgemäß wird die „völlige Außerachtlassung allgemeingültiger, insbesondere veröffentlichter Sicherheitsregeln oder Sicherheitsvorschriften, die zur Verhütung typischer Gefahren aufgestellt sind" allemal ein objektives Außerachtlassen des erforderlichen Sorgfaltsmaßstabes darstellen ( B G H 2. III. 1977 VersR 1977 S. 464). Einen objektiven Sorgfaltsmaßstab bilden Sicherheitsvorschriften im Sinne des § 7 A F B 3 0 / A F B 87 bzw. § 14 V H B 84 bzw. § 9 V G B 62/§ 11 V G B 88. Martin 3 O I 9 hält sie sogar für den wichtigsten Maßstab in § 61. Wenn der Ver sie vereinbart, will er § 61 nicht beseitigen, sondern im Gegenteil die Vorschrift mit konkreten Verhaltensmaßnahmen ausfüllen, um Zweifel über deren Anwendungsbereich auszuräumen. Diese Sicherheitsvorschriften werden vom O L G Saarbrücken 29.1.1992 VersR 1992 S. 741 als Bestimmungen definiert, deren Haupt- oder zumindest erkennbarer Nebenzweck der Schutz gegen die jeweils vte Gefahr ist. Dies gilt jedenfalls für solche, die ausdrücklich - ungeachtet einer rechtlichen Bewertung als Obliegenheit - für den Vsvertrag vereinbart sind ( O L G Köln 14. VI. 1957 VersR 1957 S. 636; L G Münster 12. XII. 1975 VersR 1976 S. 921; L G Münster 13. XI. 1979 VersR 1981 S. 625; L G Zweibrücken 14. VII. 1983 VersR 1985 S. 932), wie beispielsweise folgende Besondere Vereinbarung für einen Gastronomiebetrieb: Johannsen/Johannsen

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Anm. H 57

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

„Abfall- und Aschenbehälter aus brennbarem Material (z.B. Kunststoff, Pappe) sind unverzüglich gegen solche aus unbrennbarem Material (Metall) auszutauschen", vgl. dazu G 83. [Η 57] γγ) Subjektive Komponente Bewertet wird menschliches Verhalten, das vom ungesteuerten Refleximpuls (ζ. B. Umstoßen einer Kerze bei Schreckreaktion durch Explosionsknall) und einfachem Versehen noch außerhalb der Sorgfaltsanforderung (so wird das Anzünden von Adventskerzen, auch wenn diese eine Art offenes Feuer darstellen, vom OLG Hamm 3. V. 1989 VersR 1989 S. 1295 = r + s 1989 S. 334-335 schlechthin nicht als fahrlässig beurteilt; vgl. auch OLG Hamburg 5. V. 1993 VersR 1994 S. 89-90 „allgemein gebräuchlich") über die leichte Fahrlässigkeit hinaus bis hin zur groben Fahrlässigkeit reicht. Es geht um eine gerechte und billige Interessenabwägung, die eine stufenweise Beweis- und Gedankenführung erheischt (Bd VI Anm J 89, F 154). Die Rechtsprechung hat sich demzufolge vorsichtig an diese Toleranzgrenze herangetastet und Formeln entwickelt, aus der die personale Komponente der groben Fahrlässigkeit mithin des „gesteigerten Verschuldens" hergeleitet wird. Eine kompakte Formel dafür entwickelt der OGH ausgehend von der ständigen Rechtsprechung in seiner Entscheidung vom 17. XI. 1983 VersR 1985 S. 48-49 (vgl. auch OGH 7.1.1985 VersR 1987 S. 790): „Der Begriff der groben Fahrlässigkeit, dessen Vorliegen bei der Herbeiführung des Vsfalls nach § 61 W G ... zur Leistungsfreiheit des Vers führt, ist ... dahin auszulegen, daß sich das Verhalten über das Maß der alltäglich vorkommenden Fahrlässigkeitshandlungen erheblich und ungewöhnlich heraushebt, so daß der Eintritt des Schadens nicht bloß als möglich, sondern als wahrscheinlich vorhersehbar ist; die Sorglosigkeit muß auffallend und außergewöhnlich sein, wie sie nur bei besonders nachlässigen und leichtsinnigen Menschen vorzukommen pflegt; dabei sind die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles zu berücksichtigen ...". In ähnlicher Weise bringt der BGH 8. II. 1989 VersR 1989 S. 582-584 = NJW 1989 S. 1354-1355 = r + s 1989 S. 209-210 ein Resümee seiner ständigen Rechtsprechung: „Den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit hat das Berufungsgericht richtig gesehen. Es versteht darunter ein gefahrenträchtiges Verhalten, Handeln oder Unterlassen, bei dem nach den gesamten Umständen die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt worden und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Dabei werde zwar in der Regel das Bewußtsein der Gefährlichkeit vorausgesetzt. Aber auch unbewußte Fahrlässigkeit könne grob sein. Für die Schwere des Vorwurfs mache es keinen Unterschied, ob eine Gefahr erkannt aber unterschätzt werde oder ob sie aus Gedankenlosigkeit gar nicht erkannt werde. Neben dem besonders schweren Verstoß gegen die objektiv erforderliche Sorgfalt trete der Vorwurf eines subjektiv nicht entschuldbaren Fehlverhaltens, das erheblich über das gewöhnliche Maß hinausgehe." Soweit in diesen Definitionen das Verhalten des Vmers als sorglos, leichtsinnig und gedankenlos bezeichnet oder durch ein „besonderes Maß an Unbesonnenheit, Leichtsinn oder Unbekümmertheit" charakterisiert wird (so BGH 2. IV. 1986 VersR 1986 S. 671-672) wird die subjektive Komponente des Handelns des Vmers im Rahmen des § 61 zutreffend gekennzeichnet. Die Bewertung als „subjektiv nicht entschuldbares Fehlverhalten" wird hingegen dem Gesetzeszweck des § 61 nicht ganz gerecht, weil es bei seiner Anwendung nicht wie im Haftungsrecht um eine Pflichtverletzung geht, die im Verhältnis zu dem Verletzten als unentschuldbar anzusehen ist, sondern um eine Vernachlässigung eigener Interessen, bei der ein moralischer Vorwurf gegen den Vmer nur deshalb gerechtfertigt ist, weil er trotz dieses Verhaltens die Vsentschädigung ver568

Johannsen/Johannsen

I. Hauptpflichten des Feuervers

A n m . H 58

langt. Macht man sich aber bewußt, daß es bei dem subjektiv nicht entschuldbaren Fehlverhalten nicht um die Verletzung einer Schadensminderungspflicht geht, sondern um einen Verstoß gegen Treu und Glauben im Sinne von § 162 BGB (vgl. dazu H 50), so kann die vom B G H für die Definition der groben Fahrlässigkeit im gesamten Zivilrecht verwendete Formulierung auch für § 61 verwandt werden. [H 58] δδ) Insbesondere das Augenblicksversagen Die Voraussetzung einer subjektiven Komponente der groben Fahrlässigkeit hat in der Rechtsprechung dazu geführt, daß bei objektiv grobfahrlässigen Verstößen ein sogenanntes A u g e n b l i c k s v e r s a g e n den Schuldvorwurf gemildert hat. In dem Ladekranfall (BGH 8. II. 1989 VersR 1989 S. 582-584 = r + s 1989 S. 209-210) hat der B G H ausgeführt, daß das Vergessen eines von verschiedenen Handgriffen in einem zur Routine gewordenen Handlungsablauf, das auch einem üblicherweise mit seinem verten Eigentum sorgfältig umgehenden Vmer passieren könne, der typische Fall eines Augenblicksversagens sei, das als „Ausrutscher" das Verdikt „grobe Fahrlässigkeit" nicht verdiene. Es ging darum, daß der Vmer nach Abschluß des Ladevorgangs den an seinem LKW angebrachten Ladekran unter Benutzung der dafür vorgesehenen hydraulischen Vorrichtung nicht vollständig wieder eingefahren hatte und deshalb mit einer Brücke kollidiert war. In einem Feuervsfall hat der B G H 5. IV. 1989 VersR 1989 S. 840-842 die Bewertung des Berufungsgerichts, daß die Vmerin, die vor dem Verlassen des Hauses die Herdplatte nicht abgeschaltet hatte, auch subjektiv grobfahrlässig gehandelt habe, beanstandet, weil nicht berücksichtigt worden sei, daß es sich bei dem Vergessen des Ausschaltens um ein Augenblicksversagen gehandelt habe. Zu berücksichtigen war aber in diesem Fall weiter, daß die Vmerin unter einer Hirnleistungsschwäche litt, die nach ihrer Behauptung zu Konzentrationsstörungen und Vergeßlichkeit geführt habe. Der vom B G H verwandte Begriff des Augenblicksversagens hat dazu geführt, daß die Instanzgerichte in der Folgezeit häufiger Leistungsfreiheit wegen grober Fahrlässigkeit versagt haben, wenn der Vmer nur für kurze Zeit unaufmerksam gewesen ist (vgl. z.B. O L G Hamm 20. VI. 1989 VersR 1989 S. 1256 zur kurzfristigen Unaufmerksamkeit beim Rauchen im Bett, 28. III. 1990 VersR 1990 S. 1230-1233 zum versehentlichen Ausleeren eines Aschenbechers in ein Plastikbehältnis anstatt in den bereitstehenden Metallbehälter, 31.1.1990 VersR 1991 S. 223-224 einmaliges Belassen eines Fensters in Kippstellung in der Hausratv; O L G Köln 2. III. 1990 VersR 1991 S. 1266-1267 Vergessen des Ausschaltens einer Friteuse nach Herausnahme von Hähnchenteilen aus dem siedenden Fett; O L G Frankfurt 19.11.1991 VersR 1992 S. 230 Rotlichtverstoß eines ortsunkundigen Fahrers in der Kfzv). Der B G H hat demgegenüber in der Entscheidung vom 8. VII. 1992 VersR 1992 S. 1085-1086 = r + s 1992 S. 292-294 zu einem Rotlichtverstoß in der Fahrzeugv klargestellt, daß der Umstand allein, daß der Handelnde die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nur für eine kurze Zeit außer Acht gelassen habe, nicht ausreiche, den objektiv begründeten Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit herabzustufen, sondern daß weitere, in der Person des Handelnden liegende besondere Umstände hinzukommen müßten, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen lassen. Welche das seien, müsse dem Einzelfall überlassen bleiben, jedoch spiele die Gefährlichkeit der Handlung dabei eine Rolle, weil die erforderliche Sorgfalt mit der Größe der Gefahr wachse. Im konkreten Fall hat der B G H solche Umstände verneint, weil das Uberfahren einer Kreuzung hohe Gefahren in sich berge und deshalb hohe Anforderungen an die Aufmerksamkeit gestellt werden müßten. Der so eingeschränkte Begriff des AugenJohannsen/Johannsen

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Anm. H 60

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

blicksversagens verdient Zustimmung. Er entspricht wegen der Berücksichtigung der Gefährlichkeit der einmaligen oder kurzfristigen Handlung dem Gesetzeszweck des § 61 (Römer VersR 1992 S. 1187-1192; anders aber Haberstroh VersR 1998 S. 943-947, der nur solches Handeln aus dem Vsschutz ausnehmen will, das Ausdruck einer „versicherungsfremden" Haltung leichtfertigen Umgangs mit dem verten Gut sei, das bei kurzfristigem Versagen meist nicht vorliege). Besonders gefährliche Handlungen können nicht nur deshalb milder beurteilt werden, weil sie nur einmalig oder kurzfristig erfolgt sind. Dazu gehört ζ. B. auch das in der Rechtsprechung häufig auftauchende Erhitzen von Fett auf der Herdplatte. Deshalb ist das Verhalten einer erfahrenen Hausfrau, die um diese Gefahren weiß, auch als subjektiv grobfahrlässig zu beurteilen, wenn sie kurzfristig das Haus verläßt und über einer unerwarteten Begegnung mit einer Nachbarin vergißt, daß der Herd angeschaltet ist (OGH 10. XII. 1992 VersR 1994 S. 248; ähnlich OLG Köln 25. X. 1995 VersR 1996 S. 1491-1492, das ein schuldmilderndes Augenblicksversagen verneint, wenn der Vmer sich, um das Schmelzen des Fetts abzuwarten, in das Wohnzimmer begibt und dort einschläft). Die Entscheidung des BGH vom 8. VII. 1992 VersR 1992 S. 1085-1086 = r + s 1992 S. 292-294 bedeutet aber nicht, daß die mildere Betrachtung des Augenblicksversagens auf Ausnahmefälle beschränkt werden soll. Die kurze Zeitdauer eines Fehlverhaltens kann nämlich schon für den objektiven Tatbestand erheblich sein, weil sie in aller Regel weniger gefährlich ist als ein länger dauerndes sorgloses Verhalten (Römer aaO S. 1188). Sie ist aber auch bei der notwendigen Gesamtbetrachtung des zum Vsfall führenden Geschehens zu berücksichtigen, bei der alle objektiven und subjektiven Umstände gegeneinander abzuwägen sind (BGH 5. IV. 1989 VersR 1989 S. 840-842). Die nach der Entscheidung vom 8. II. 1992 erforderlichen weiteren Umstände, die zu der kurzen Zeitdauer des Fehlverhaltens hinzutreten müssen, um ein leichteres Verschulden annehmen zu können, müssen zwar vom Vmer, in dessen Sphäre sie meistens liegen, vorgebracht und dargelegt werden. Das ändert aber nichts daran, daß der Ver auch für die subjektive Seite der groben Fahrlässigkeit die Beweislast trägt und diese Umstände deshalb ausräumen muß (Römer aaO S. 1191; vgl dazu H 75). [H 59] εε) Einzelfälle ααα) Vorbemerkung Die neue Judikatur (seit 1978 - für die Zeit davor vgl. Möller Bd II Anm 55 a zu § 61) zeigt Schwerpunkte, die nachstehend zu Fallgruppen zusammengefaßt werden. Sie läßt erkennen, daß gleiche Sachverhalte durchaus zu konträrer Bewertung führen können. Keineswegs wird durchgängig zwischen objektiven und subjektiven Voraussetzungen differenziert. Vielmehr wird der Lebensvorgang in einer Gesamtbetrachtung gewürdigt, was ein Herauskristallisieren allgemeiner Regeln zur Feststellung grober Fahrlässigkeit der Herbeiführung des Vsfalls erschwert (Römer VersR 1992 S. 1190-1191). [H 60] ßßß) Einfüllen von Asche oder Kohleresten in brennbare Behältnisse BGH 23.111.1988 VersR 1988 S. 506 (Vorinstanz OLG Hamm vom 27. VI. 1986 VersR 1988 S. 26-27): Wer Zigarettenreste unmittelbar nach Rauchende in Papierabfälle werfe, ohne sich zu vergewissern, wie weit sie abgekühlt seien, handele leichtfertig, sorglos und damit grob fahrlässig. Gegen diese in tatrichterlicher Verantwortung getroffene Abgrenzung sei aus Rechtsgründen nichts einzuwenden. Dagegen halte der Schluß des Tatrichters 570

Johannsen/Johannsen

I. Hauptpflichten des Feuervers

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der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, der Ehemann der Vmerin müsse die Zigarettenreste so kurz nach Rauchende in den Müllsack geworfen haben, daß die Erwartung, sie seien schon hinreichend weit abgekühlt, durch nichts gerechtfertigt sei. Diese Überlegungen seien keine tragfähige Grundlage für den vom Berufungsgericht gezogenen Schluß. Es bleibe unklar, welche Zeitspanne das Berufungsgericht dem für die Annahme grober Fahrlässigkeit selbst gesetzten Maßstab „unmittelbar nach Rauchende" noch zurechne und welchen Grad von Gewißheit es danach zur Bildung seiner Uberzeugung, der Ehemann der Vmerin habe die Zigarettenreste innerhalb dieser Zeitspanne in den Plastiksack gefüllt, für ausreichend halte. O G H 17. XI. 1983 VersR 1985 S. 4 8 ^ 9 : Für jedermann müsse es auch bei geringer Aufmerksamkeit klar sein, daß Zigarettenreste in einer mit Pappkarton ausgekleideten Kiste in jedem einzelnen Fall einer solchen Verbindung eine eminente Brandgefahr bildeten, weil es der allgemeinen Lebenserfahrung entspreche, daß Zigaretten häufig nicht vollständig „abgetötet" werden und auf diese Weise immer zu befürchtende Glutreste Papier entzünden könnten. U m so mehr müßte der Vmer diese Überlegungen anstellen, weil Brände in Diskotheken erfahrungsgemäß besonders gefährliche Situationen hervorrufen können, so daß nicht nur hohe Sachwerte, sondern sogar Menschenleben durch eine so leichtsinnige Vorgangsweise in hohem Maße gefährdet würden. O L G Hamm 14. III. 1979 VersR 1979 S. 997: Es sei jedenfalls dann grob fahrlässig, in einer Gaststätte Aschenbecher in einen Plastikeimer zu entleeren, wenn der Feuerv durch ein besonderes Merkblatt auf die Gefahren eines solchen Verhaltens hingewiesen habe und es vor dem Schadenfall schon einmal zu einem Schwelbrand gekommen sei. Wenn der Vmer unter diesen Umständen das brennbare Gefäß nicht gegen ein Metallbehältnis, das die Ausbreitung des Brandes verhinderte oder jedenfalls erschwerte, ausgetauscht habe, so habe er einfachste, sich jedermann aufdrängende Überlegungen außer Acht gelassen und in besonders schwerwiegender Weise gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen. O L G Hamm 20. II. 1980 VersR 1981 S. 947: Sicher leuchte jedem ein, daß Plastikeimer brennbar sein können und deshalb zur Aufbewahrung von Tabakresten, die erfahrungsgemäß glimmen können, nicht geeignet seien. Dagegen dränge es sich weniger auf, daß auch schon die Verwendung eines Plastikeimers hinter der Theke zur Aufnahme von Kronenkorken und Bierdeckeln gefährlich sei. Mehr vorwerfbar sei vielleicht, daß der Eimer nicht nach Betriebsschluß entleert worden sei. Bei Abwägung all dieser Umstände sei grobe Fahrlässigkeit zu verneinen. O L G Hamm 11.1.1982 VersR 1982 S. 1068: Daß allein das Aufstellen eines brennbaren Abfallbehälters aus Kunststoff hinter der Theke einer Gastwirtschaft stets den Vorwurf rechtfertige, der Vsfall sei grob fahrlässig herbeigeführt worden, treffe nicht zu. Gerade bei Routinetätigkeiten könne nur in Ausnahmefällen ein einmaliges Versehen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründen. O L G Hamm 20. IX. 1985 VersR 1986 S. 1177: Es sei nicht als allgemein bekannt anzusehen, daß Abfalleimer aus Plastik durch nicht völlig erkalteten Aschenbecherinhalt entzündet werden können; deshalb keine grob fahrlässige Herbeiführung des Vsfalls, wenn der Vmer derartigen Aschenbecherinhalt in einen Plastikeimer oder in einen Karton mit Papierresten entleert habe. O L G Hamm 27. VI. 1986 VersR 1988 S. 26-27 = r + s 1986 S. 261-262: Es stelle nicht ohne weiteres eine Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt dar, Zigarettenreste in einen Papierabfälle enthaltenden, zwischen den Regalen im Lager eines Einzelhandelsgeschäfts befindlichen Plastikmüllsack zu werfen. Vielmehr Johannsen/Johannsen

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Anm. H 60

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

müsse hinzukommen, daß die Zigarettenreste noch zündfähig seien und daß dies hätte bemerkt werden können und müssen. Wenn zwischen Rauchende und Wegwerfen des Zigarettenrestes eine so kurze Zeitspanne liege, daß es sich aufdrängen müsse, die Zigarettenreste könnten noch heiß sein, sei die Grenze zur groben Fahrlässigkeit überschritten. Wer daher Zigarettenreste unmittelbar nach Rauchende in Papierabfälle werfe, ohne sich zu vergewissern, wie weit sie abgekühlt seien, handele leichtfertig, sorglos und damit grob fahrlässig. O L G Hamm 27. X . 1995 VersR 1996 S. 1272-1273: Grobe Fahrlässigkeit sei nicht immer schon anzunehmen, wenn der Vmer einen Aschenbecher mit brennenden Zigarettenresten in eine mit gebrauchten Papiertaschentüchern gefüllte, am Knauf eines Holzregals hängende Plastiktüte entleere. Werde der Vmer im Zustande nicht unerheblicher Alkoholisierung (BÄK von mindestens 1,5 p.m.) mit einer Situation konfrontiert, die er - nicht zuletzt im Hinblick auf Alkoholeinfluß - objektiv grob fahrlässig nicht meistere, so sei subjektiv grobe Fahrlässigkeit eher zu verneinen. Zu dieser Entscheidung kritisch Wente Sachvsrecht S. 254—255 und H 53. O L G Hamm 17. X I I . 1999 VersR 2000 S. 1361-1363: Wenn der Vmer eine Zigarette auf einem Glasteller ausgedrückt und diesen in eine mit Papier gefüllte Plastiktüte entleert hat, sei grobe Fahrlässigkeit zu verneinen, wenn zwischen Ausdrücken und Entleeren eine Zeitspanne von 5 Minuten gelegen und ein Glutkegel nicht mehr erkennbar gewesen sei. O L G München 29. X I . 1985 r + s 1986 S. 42-43: Wenn der Vmer einen Aschenbecher mit (zumindest) einer glimmenden Zigarettenkippe in einen Abfalleimer aus Plastik unter der Küchenspüle entleert habe, habe er einen daraus entstehenden Brand grob fahrlässig herbeigeführt, und zwar auch, wenn er den Aschenbecher 10 Minuten nach dem Ausdrücken der Zigarette entleert und die Wohnung erst nach weiteren 10 Minuten verlassen habe. Es liege auf der Hand, daß ein brennbares Behältnis wie ein Plastikeimer nicht zur Aufnahme von Zigarettenkippen geeignet sei und es sei für jedermann ohne weiteres vorhersehbar, daß sich ein Plastikeimer durch glimmende Zigarettenreste entzünden könne. O L G München 23.1.1986 VersR 1986 S. 1065: Es sei grob fahrlässig, den Inhalt von Aschenbechern in Plastikabfalleimer zu entleeren. O L G Düsseldorf 22. IV. 1986 r + s 1988 S. 83-85 (der B G H hat die Annahme der Revision durch Beschluß vom 18. II. 1987 abgelehnt): Daß der Vmer einen Brand auch in subjektiver Hinsicht grobfahrlässig herbeigeführt habe, indem er die Aschenbecher der Gaststätte in einen Plastikbehälter entleert und diesen in der Gaststätte gelassen habe, sei nicht bewiesen, wenn der Vmer glaubhaft dargestellt habe, daß der Inhalt der Aschenbecher grundsätzlich in einen Metallbehälter geschüttet würde und daß die Aschenbecher nach jahrelanger Übung nur kurz vor der Schließung der Gaststätte in einen Plastikbehälter geleert werden, der unmittelbar danach in einen auf dem Hof stehenden Müllcontainer ausgeleert wird und wenn der Grund für ein Unterlassen der üblichen Entleerung nicht bekannt sei oder lediglich in einem Vergessen bestehe. O L G Zweibrücken 19. XII. 1986 r + s 1987 S. 107-108 (Berufungsentscheidung zum Urteil des L G Frankenthal vom 18.1.1985 r + s 1985 S. 90): Im Hinblick auf die Entstehung eines Brandes sei es grob fahrlässig, in einer Gaststätte nach Geschäftsschluß die Aschenbecher in ein hölzernes, mit einer Plastiktüte ausgelegtes Behältnis zu entleeren und kurze Zeit danach das Lokal für mehrere Stunden unbeaufsichtigt zu lassen. Das gelte auch, wenn das Behältnis mit einem nicht entflammbaren Schutzanstrich versehen sei, aber keinen fest verschließbaren Deckel 572

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I. Hauptpflichten des Feuervers

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habe. Damit sei gegen einfachste, sich jedermann aufdrängende Überlegungen verstoßen. L G Köln 27. VII. 1983 r + s 1984 S. 149-150: Wer einen Aschenbecher unmittelbar nach dem Ausdrücken der letzten Zigarette in einen Papierkorb aus Korbgeflecht entleere, müsse damit rechnen, daß sich unter den Kippen noch glimmende Teile befinden, die zu einer Entzündung des brennbaren Korbmaterials führen können. Er verstoße damit gegen einfachste, sich jedermann aufdrängende Überlegungen und mißachte in besonders schwerwiegender Weise seine Sorgfaltspflichten. L G Köln 27. VI. 1984 VersR 1985 S. 253 = r + s 1986 S. 212-213: Wer nach der Benutzung eines Holzkohlengrills die noch nicht gänzlich erkaltete Holzkohle lediglich mit Wasser übergieße und dann in eine Papptonne schütte, die in einer Dachgeschoßwohnung unbeaufsichtigt bleibe, führe einen daraus entstehenden Brand grob fahrlässig herbei. L G Dresden 20. I X . 1995 VersR 1996 S. 1275: Dulde der Betreiber eines Imbißladens, daß Mitarbeiter Aschenbecher in einen hinter der Theke befindlichen Plastikabfalleimer entleeren, so habe er einen daraus entstehenden Brandschaden grob fahrlässig herbeigeführt. L G Frankenthal 18.1.1985 r + s 1985 S. 90: Wenn in der Nacht glimmende Zigarettenreste einen Brandschaden verursachen, die der Vmer in seiner Gaststätte nach Geschäftsschluß in einen in einer Holztheke eingebauten Abfallbehälter aus Holz mit eingelegter Plastiktüte entleert habe, dann habe er den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt. [H 61] γγγ) Brennenlassen von Kerzen B G H 4. X I I . 1985 VersR 1986 S. 254-255: Das Berufungsgericht ( O L G Hamm 11. V. 1984 VersR 1984 S. 954) hatte in einem Fall, in dem ein Brand dadurch entstanden war, daß die Vmerin beim Auslöschen von Kerzen bevor sie ins Bett ging, eine im Weihnachtsgesteck auf einem mit Stoff überzogenen Styroporwürfel stehende Kerze zu löschen vergessen hatte, das Verhalten objektiv zwar als grob fehlerhaft angesehen, ein in subjektiver Hinsicht erheblich gesteigertes Verschulden aber verneint. Die Tatsache, daß die Vmerin die letzte Kerze vergessen habe, lasse den Vorwurf des unbekümmerten und leichtfertigen Handelns nicht als gerechtfertigt erscheinen. Der B G H hat die Entscheidung bestätigt unter Hinweis auf die beschränkten Überprüfungsmöglichkeiten in der Revisionsinstanz. Es bestehe kein Grund zur Annahme, daß das Berufungsgericht die Anforderungen an die Beweisführung des Vers überspannt und die Schwierigkeiten verkannt habe, die der Nachweis der subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit ihm bereiten könne. B G H 2. VI. 1986 VersR 1986 S. 671-672: Der Vmer hatte gegen 23 Uhr im hinteren Teil seines Wohnmobils 2 Kerzen entzündet. Diese befanden sich in Kerzenständern auf einem mit einer Decke und 2 Bastuntersetzern versehenen Tisch. Als der Vmer auf dem Fahrersitz Radiomusik hören wollte, schlief er dabei ein. Grobe Fahrlässigkeit wurde verneint. Brennende Kerzen seien so lange nicht „sich selbst überlassen" wie eine erwachsene Person im wachen Zustand sich im gleichen Raum aufhalte, in dem die brennenden Kerzen stehen. Diese Person lasse die nach den Umständen gebotene Sorgfalt auch nicht in besonders hohem ungewöhnlichen Maße außer Acht, wenn sie nicht ununterbrochen in unmittelbarer Reichweite der sachgemäß in Kerzenständern aufgestellten Kerzen bleibe und sie nicht ununterbrochen im Blick behalte. Zwar lasse sich das Verhalten nicht als das Johannsen/Johannsen

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H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

eines überlegt und sorgsam vorgehenden Menschen werten; es stelle aber noch kein ungewöhnliches Verhalten dar, d. h. noch kein Außerachtlassen dessen, was jedermann unter den gegebenen Umständen als geboten und einleuchtend erscheinen müsse. O L G Düsseldorf 31. V. 1985 VersR 1986 S. 780: Das Verhalten des Vmers, der den Adventskranz im Wohnzimmer hat brennen lassen, während er mit seinen Gästen in der Küche das Abendessen einnahm, sei als ein objektiv schwerer Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zu werten und stelle auch ein subjektiv unentschuldbares Fehlverhalten dar, durch das die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer Acht gelassen worden sei. O L G Düsseldorf 3. III. 1998 NVersZ 1998 S. 41-42 = r + s 1998 S. 424: Zwar liege es nahe, daß der Vmerin objektiv der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen sei, wenn sie das Haus verlasse, ohne die Kerzen am Adventsgesteck zu löschen. Ein auch subjektiv unentschuldhaftes Verhalten liege aber nicht vor, wenn sie dem Drängen ihres kranken Kindes nachgebe, „mal eben" vor die Tür zu gehen, um den neuen Puppenwagen auszuprobieren, zumal der Ehemann im Hause war. O L G Düsseldorf 21. IX. 1999 NVersZ 2000 S. 281-282 = r + s 2000 S. 160-161: Ein subjektiv schwerwiegender Schuldvorwurf wurde verneint, weil der Vmer, der am Weihnachtsmorgen das Frühstück vorbereitet und den Adventskranz angezündet und dann das Zimmer verlassen hatte, um seine in einem anderen Raum schlafende Lebensgefährtin zu wecken, von dieser durch ihre „körperlichen Reize" abgelenkt wurde und darüber die brennenden Kerzen vergaß. O L G H a m m 3. V. 1989 VersR 1989 S. 1295 = r + s 1989 S. 334-335: In diesem Schadenfall entzündete sich ein auf einem Holztisch im Wohnzimmer stehender Adventskranz, auf dem sich eine einzige dicke Stumpenkerze befand, während die sonst sich im Zimmer befindlichen Personen dieses für einige Zeit verlassen hatten. Das Verhalten wurde nicht als unverständlich oder leichtsinnig angesehen. Es entspreche altem Brauch, in der Adventszeit und zu Weihnachten Kerzen anzuzünden, die auch dann nicht ständig im Auge behalten werden könnten, wenn jemand im Zimmer bleibe. Diesem Brauch entsprechend zu handeln, sei in keiner Weise als fahrlässig zu beurteilen, auch wenn Kerzen eine Art offenes Feuer darstellen. Das Verlassen des Raumes sei zwar fahrlässig, stelle aber kein grobes Verschulden dar. O L G Hamburg 5. V. 1993 VersR 1994 S. 89-90 = r + s 1994 S. 184-185: Objektiv liege eine erhebliche Leichtfertigkeit darin, angesichts der von einer offenen Flamme ausgehenden Brandgefahr zwei brennende Adventskerzen während eines Zeitraums von 15 bis 20 Minuten - Besuch beim im Hause wohnenden Nachbarn sich selbst zu überlassen. Allerdings werde der Vorwurf grober Sorglosigkeit nicht schon stets dann zu erheben sein, wenn brennende Kerzen einmal kurzfristig unbeaufsichtigt blieben. Das sei aber dann anders, wenn bei einem Verlassen der Wohnung ohne jeden verständlichen Grund die gebotene unschwer auszuführende Vorsichtsmaßnahme des Kerzenauslöschens unterlassen werde. Die Mißachtung allgemein bekannter, sich aufdrängender Erfahrungssätze (dazu gehöre auch, daß man bei einer Unterhaltung die Zeit vergißt) führe dazu, das Verhalten des Vmers auch als subjektiv grob fahrlässig einzustufen. O L G Köln 27. IX. 1994 VersR 1995 S. 1480-1481 = r + s 1994 S. 428-429: Der Vmer führe einen Wohnungsbrand noch nicht dadurch grob fahrlässig herbei, daß er vor dem Verlassen der Wohnung die Kerzen eines Adventskranzes zwar ausblase, sich aber nicht vom vollständigen Verlöschen der noch glimmenden Dochte überzeuge. Sicherlich werde ein besonders sorgfältiger Vmer, wenn er Kerzen an seinem Adventskranz ausblase, sich darüber Gewißheit verschaffen, daß hierbei kein Funkenflug entstanden sei; er werde auch abwarten, bis alle glimmenden Dochte erloschen seien. Insofern treffe denjenigen, der dies nicht tue, durchaus der Vorwurf 574

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Anm. H 62

I. Hauptpflichten des Feuervers

(leicht) fahrlässigen Verhaltens, zumal dann, wenn der Adventskranz bereits mehrere Wochen alt und dementsprechend leicht entflammbar sei. Dieses Verhalten aber als grob fahrlässig zu bezeichnen, erscheine überzogen. Die Schadenwahrscheinlichkeit sei in solchen Fällen nicht offenkundig so groß, daß es jedermann einleuchten müsse, nach dem Ausblasen der Kerzen unbedingt noch bis zum Ausglühen der Dochte zu warten. O L G Oldenburg 29. IX. 1999 NVersZ 2000 S. 280-281 = r + s 2000 S. 425-426: Die Ehefrau des Vmers hatte das von ihr beabsichtigte Löschen der Adventskerzen vergessen, weil der zehnjährige sonst immer folgsame Sohn sich beim Verlassen der Wohnung plötzlich weigerte, an einem Familienausflug teilzunehmen. Unter Berücksichtigung der Schwierigkeit, den Sohn zum Mitkommen zu bewegen, und des Umstandes, daß die übrigen Familienmitglieder bereits im Auto saßen und der Vmer ungeduldig hupte, hat das Gericht die subjektive Komponente der groben Fahrlässigkeit verneint (und dahingestellt gelassen, ob es überhaupt auf das Verschulden der Ehefrau ankam). LG Baden-Baden 21. III. 1986 r + s 1986 S. 289-290: Wenn der Vmer bzw. seine Ehefrau einen Brand dadurch verursacht haben, indem sie die drei auf dem Adventskranz brennenden Kerzen nicht löschten, obwohl sie gemeinsam mit ihrem Sohn die nunmehr unbewachte Wohnung für die Dauer eines Spaziergangs verließen, haben sie den Brand in objektiver Hinsicht grob fahrlässig herbeigeführt. Es müsse ihnen bekannt sein, daß dann, wenn sich leicht brennbare Gegenstände, wie etwa der Adventskranz und die Tischdecke, in der Nähe der offenen Kerzenflammen befinden, ständige Beaufsichtigung erforderlich sei. Denn jedermann wisse, daß die üblichen Kerzenhalter keine hinreichende Gewähr dafür bieten, daß der Kranz nach dem Herunterbrennen der Kerzen nicht Feuer fange. Da sie ohne irgendwie abgelenkt oder in ihren Überlegungen gestört worden zu sein, die brennenden Kerzen vergessen haben, liege eine in Anbetracht der drohenden erheblichen Gefahr übermäßig leichtsinnige Handlung vor. L G Wuppertal 5. IV. 1990 VersR 1990 S. 1396: Das Brennenlassen von 6 Weihnachtsbaumkerzen auf einer im Wohnzimmer stehenden Holzpyramide während Einnahme des ca. 45minütigen Abendessens in der Küche sei zwar objektiv grob fahrlässig. Dies begründe aber nicht ohne weiteres den Vorwurf der subjektiven groben Fahrlässigkeit, wenn infolge einer Ablenkung (hier: Telefonanruf und Essensruf der Ehefrau) ein subjektives Verschulden in Form einer erheblichen Leichtfertigkeit fehle. AG Fürth 22. XI. 1984 VersR 1985 S. 773: Es sei grob fahrlässig, vor dem Verlassen der Wohnung die auf einem Adventskranz brennenden Kerzen nicht zu löschen. AG Hamburg 15. IX. 1994 VersR 1996 S. 56: Der Vmer führe den Vsfall grob fahrlässig herbei, wenn er eine brennende Kerze in einem künstlichen Tannengesteck für eine halbe Stunde unbeaufsichtigt lasse. AG St.Goar 13.XI. 1997 r + s 1998 S. 122: Das Gericht hat grobe Fahrlässigkeit bejaht, weil der Vmer zwei an einem Adventskranz befestigte Kerzen beim Verlassen des Zimmers für 10 Minuten nicht löschte. S. auch die Rechtsprechungsübersicht in r + s 2000 S. 509-513. [H 62] ôôô) Gebrauch von Elektroherdplatten und Friteusen B G H 5. IV. 1989 r + s 1989 S. 193-195 = VersR 1989 S. 840-842: Wenn die Vmerin zur Vorbereitung des Abendessens eine Friteuse mit noch steifem Fett auf die Herdplatte gestellt, den Elektroherd auf Stufe 3 eingeschaltet und danach Johannsen/Johannsen

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H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

das Haus verlassen habe, um ihren Hund auszuführen, könne es sich bei dem Vergessen, vorher die Herdplatte abzuschalten, um ein Augenblicksversagen handeln, das in der Regel nicht das harte Verdikt des auch subjektiv schlechthin Unentschuldbaren rechtfertige. Ein grobes Verschulden könne dann nur nach einer sorgfältigen Abwägung der Umstände bejaht und nicht allein damit begründet werden, die Vmerin hätte auch anders handeln können. Im Rahmen des subjektiven Schuldvorwurfes seien bei der groben Fahrlässigkeit auch besondere, in den seelischen und physischen Umständen der betreffenden Person liegende Umstände beachtlich, hier eine vorliegende Hirnleistungsschwäche. O G H 10. XII. 1992 VersR 1994 S. 248: Eine erfahrene Hausfrau, die die Gefährlichkeit von erhitztem Fett kenne, handele auch in subjektiver Hinsicht grob fahrlässig, wenn sie einen Topf mit Fett auf die angeschaltete Herdplatte stelle, dann aber kurzfristig das Haus verlasse und über einer unerwarteten Begegnung mit einer Nachbarin vergesse, daß der Herd angeschaltet sei. O L G Frankfurt/M. 6.1.1983 VersR 1983 S. 869-870: Ein dem Vmer zurechenbares grob fahrlässiges Verhalten liege nicht schon darin, daß die Ehefrau des Vmers als seine Repräsentantin beim Verlassen des Hauses keine Kenntnis davon nehme, daß der Elektroherd, auf dem eine Pfanne mit feuergefährlichem Fett stehe, auf Stufe 3 eingeschaltet sei. Auch wenn es keineswegs abwegig sein dürfte, beim Verlassen des Hauses eine Sicherheitskontrolle vorzunehmen, so sei es doch sehr fraglich, ob die Kontrolle im Bereich des Maßes an Einsicht und Sorgfalt liege, das „nach dem Urteil besonnener und gewissenhafter Angehöriger des betreffenden Verkehrskreises von den in seinem Rahmen Handelnden verlangt werden müsse". Zu diesen nahe liegenden Überlegungen gehöre es im vorliegenden Falle nicht, in Betracht zu ziehen, daß der Elektroherd eingeschaltet sein könnte. O L G Frankfurt/M. 10.11.1987 r + s 1988 S. 143-145: Ein Brandschaden, der dadurch verursacht worden ist, daß sich das Fett in der eingeschalteten und unbeaufsichtigten Friteuse in der Imbißstube entzündet habe, während die Vmerin bzw. ihr Repräsentant diese für die Dauer von mindestens 15 Minuten verlassen habe, um Lebensmittel einzukaufen, sei grob fahrlässig herbeigeführt worden, und zwar auch dann, wenn die Friteuse mit einem Thermostat ausgestattet war, der die Betriebstemperatur auf notwendige 180 °C begrenzt habe. O L G Saarbrücken 7 . X . 1987 r + s 1988 S. 18: Wenn der Vmer bei angestellter Herdplatte die Wohnung verlassen und unwiderlegt vorgebracht habe, er sei unmittelbar zuvor mit Hausarbeiten beschäftigt gewesen und es sei ihm beim Verlassen der Wohnung nicht bewußt gewesen, daß der Herd noch in Betrieb war, könne ein in subjektiver Hinsicht grober Sorgfaltsverstoß nicht ohne weiteres angenommen werden, da bloßes Vergessen zwar objektiv grob fahrlässig erscheinen, jedoch auch auf Ursachen beruhen könne, bei denen ein subjektives Verschulden in Form einer erheblichen Leichtfertigkeit fehle. O L G Köln 2. III. 1990 VersR 1991 S. 1266-1267: Es stelle nur ein Augenblicksversagen dar, das den Vorwurf eines subjektiv unentschuldbaren Fehlverhaltens, welches das gewöhnliche Maß erheblich übersteige, nicht rechtfertige, wenn es zu einem Brandschaden komme, in dem ein im Haushalt wenig erfahrener junger Mann vergesse, eine elektrisch betriebene Friteuse abzuschalten, nachdem er das Fritiergut dem Gerät entnommen habe. O L G Köln 2 5 . X . 1995 VersR 1996 S. 1491-1492: Wegen der hohen Brandgefahr beim ungesicherten Erhitzen von Fritierfett in einem Topf auf der Herdplatte seien an die Überwachung dieses Vorganges strenge Anforderungen zu stellen. Nach Auffassung des Senats stelle es bereits eine den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigende schwere Verletzung der allgemeinen Sorg576

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I. Hauptpflichten des Feuervers

faltspflicht dar, daß der Vmer während des Erhitzens des Fritierfettes die Küche verlassen habe, um die kurze Zeitspanne wartend auf der Wohnzimmercouch zu verbringen. Der Gesichtspunkt des sogenannten Augenblickversagens sei allein nicht geeignet, ein Einschlafen während dieses Vorganges zur einfachen Fahrlässigkeit herabzustufen. O L G Saarbrücken 28. IV. 1999 r + s 2000 S. 469 = VersR 2001 S. 455: Grobe Fahrlässigkeit liege vor, wenn der Vmer, nachdem er für seine Kinder Faschingskrapfen gebacken habe, das Haus verlasse, um an einer Faschingsveranstaltung teilzunehmen, ohne vorher die Herdplatte unter dem Fettopf auszuschalten. Die Voraussetzungen des § 61 wurden aber im konkreten Fall verneint, weil dem Vmer nicht widerlegt werden konnte, daß er die Platte ausgeschaltet habe, weil die von ihm aufgezeigte Möglichkeit, daß seine Kinder den Herd wieder eingeschaltet haben könnten, nicht ausgeräumt wurde. LG Mönchengladbach 9. XI. 1988 VersR 1989 S. 845: Gerade eine Hausfrau müsse wissen, daß erhitztes Fett über den Rand einer offenen Pfanne spritzen und in der Nähe des Herdes befindliche brennbare Teile entzünden könne. Eine offene Flamme mit erhitztem Fett dürfe nicht mehrere Minuten auf der Herdplatte auf höchster Schaltstufe völlig unbeaufsichtigt bleiben. Daß die Vmerin schon öfter offene Pfannen unbeaufsichtigt auf dem Herde habe stehen lassen, ohne daß ein Schaden eingetreten sei, vermöge sie nicht zu entlasten. Es mußte sich ihr aufdrängen, daß dieses leichtsinnige Verhalten nicht auf Dauer „gut gehen konnte". O L G Köln 8. V. 2001 NVersZ 2001 S. 521: Ein Gastwirt, gelernter Koch, der in einer offenen Pfanne auf einer Gasflamme Ol erhitzt und die Pfanne nicht ständig überwacht, sondern den Kühlraum aufsucht, verursacht den sich aus der Entzündung des Öls entstehenden Brand grob fahrlässig. Eine durch auf das Essen wartende Gäste verursachte Streßsituation fährt zu keiner milderen Beurteilung. [H 63] εεε) Unvorsichtiger Umgang mit Heizöfen, Herden und Kaminen O L G Hamm 26. III. 1982 VersR 1982 S. 966-967: Der Vmer benutzte zum Trocknen der Spachtelmasse an einer reparierten Stelle des Teppichbodens einen Heizstrahler, den er versehentlich umriß, wodurch der Teppichboden in Brand geriet. Grobe Fahrlässigkeit liege vor, wenn der Vmer in grober, geradezu unerhörter Weise gegen die im Verkehr erforderlichen Sorgfaltspflichten verstoßen habe. Die Sorgfaltspflichtverletzung müsse sich auf einen konkreten, vom Ver zu beweisenden Geschehensablauf beziehen. Die Feststellungen reichten nicht aus, um das Verhalten des Vmers als grobe Fahrlässigkeit zu charakterisieren. O L G Hamm 27. III. 1985 VersR 1986 S. 561: Ein Brand sei grob fahrlässig herbeigeführt, wenn die Inbetriebnahme eines holzbetriebenen Heizungsofens, in dessen unmittelbarer Nähe große Mengen Sägemehl und Holzreste lagern, nicht verhindert werde. O L G Hamm 24. X. 1990 VersR 1991 S. 923-924: Ein Vmer führe den Vsfall noch nicht dadurch grob fahrlässig herbei, daß er zur Entflammung eines Kaminfeuers mehrere Zündmaterialien übereinanderschichte oder -stapele und dann anzünde. Dies gelte jedenfalls dann, wenn dadurch noch kein „Turm" errichtet werde, bei dem von vornherein damit gerechnet werden müsse, daß dieser umstürze und dabei brennende Teile aus dem Kamin herausfallen. O L G Frankfurt/M 16.1.1985 r + s 1985 S. 280, 305: Der Vmer habe einen Explosionsschaden durch ausströmendes Gas grob fahrlässig herbeigeführt, wenn er einen Gasherd für die Dauer von 5 Tagen nach Lösen der Johannsen/Johannsen

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Anm. H 63

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

Anschlußverschraubungen von der Gasleitung abgetrennt habe, den Absperrflügelhahn im Keller zwar geschlossen, die Anschlußstelle aber nicht mit einem Stopfen, einer Kappe oder einem Blindflansch dicht verschlossen und den Haupthahn in dem auch Dritten zugänglichen Keller nicht durch Abnahme des aufsitzenden Vierkantschlüssels gegen Offnen durch Unbekannte gesichert habe und wenn er wußte, daß im Bereich der Auslaßstelle eine Tiefkühltruhe und ein Gewerbekühlschrank ständig in Betrieb blieben und daß der Keller Dritten zugänglich war. O L G Köln 24. IV. 1986 VersR 1987 S. 1026-1028: Nach Vertragsabschluß installierte der Vmer in einer Wohnzimmerecke einen Kaminofen, den er mittels eines Ofenrohres an den Rauchgasschornstein anschloß. Ofen und Abzugsrohr hatten einen Abstand von 15 cm zur Wand, die eine aus Spanplatten bestehende Verkleidung hatte. Es kam zum Brand, dessen Ausgangspunkt die am Kamineinlaß befindliche Wandverkleidung war, die sich selbst entzündet hatte. Der Vmer hatte keine Fachleute zu Rate gezogen und zudem gegen feuerpolizeiliche Vorschriften verstoßen. Dennoch sei die Grenze zur groben Fahrlässigkeit nicht überschritten. Es müsse sich um ein subjektiv unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das das gewöhnliche Maß erheblich übersteige. Außerdem sei weiter vorauszusetzen, daß der Vmer wußte oder wissen mußte, daß sein Verhalten geeignet war, den Eintritt des Vsfalls zu fördern. Die Voraussetzungen seien nicht gegeben, deshalb sei lediglich der Vorwurf der leichten Fahrlässigkeit berechtigt. O L G Saarbrücken 2 9 . 1 . 1 9 9 2 VersR 1992 S. 741-742: G r o b e Fahrlässigkeit sei nicht schon dann gegeben, wenn sich der Vmer bei der Anbringung einer Holzverkleidung, die bis zu 3 cm an die Rauchrohreinführung des Ölofens in die Wand heranführte, nur auf sein Sicherheitsgefühl verlassen und dabei den nach den feuerpolizeilichen Vorschriften erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten habe. L G Braunschweig 20. X . 1982 VersR 1983 S. 453: Der Vmer baute in seiner Wohnung einen Kamin mit einem unter der Bodenplatte liegenden Wasserbehälter ein, der an das Heizungssystem angeschlossen wurde. Wegen Explosionsgefahr durfte der Kamin nur nach Betätigung eines Sperrventils in Betrieb genommen werden. Die Ehefrau des Vmers verbrannte im Kamin Pappe, obwohl der Vmer sie darauf hingewiesen hatte, daß der Kamin bis zum Einbau des Sperrventils überhaupt nicht zu benutzen sei. Die Ehefrau habe den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt. In keinem Falle habe der Kamin vor endgültiger Fertigstellung, nämlich vor Einbau des Sperrventils, in Betrieb genommen werden dürfen. Die Ehefrau des Vmers ist als Repräsentantin des Vmers angesehen worden, da in der Regel das Eigentum am Hausrat beiden Ehegatten zustehe und die Leistungsfreiheit nicht vom Zufall abhängen dürfe, welcher Ehegatte Vmer sei und welchem das Fehlverhalten zur Last falle (bedenklich zur Frage der Repräsentanz, vgl. G 53 m. w. Ν). L G Koblenz 25.IV. 1994 VersR 1995 S. 700 = r + s 2000 S. 429^*30: Der Vmer führe den Vsfall grob fahrlässig herbei, wenn er eine teilweise gefüllte Propangasflasche im Kellergeschoß eines Wohnhauses in unmittelbarer Nähe der Heizungsanlage und unter eklatanter Überschreitung der TÜV-Überprüfungsfristen lagere. O L G Köln 11.IV.2000 r + s 2000 S. 2 9 6 - 2 9 7 = VersR 2001 S. 502 LS: G r o b e Fahrlässigkeit wurde sowohl in dem Anschluß einer für einen Gasofen wegen ihres zu hohen Gewichts nicht geeigneten Propangasflasche gesehen wie darin, daß der Vmer bei noch brennender Flamme den Verbindungsschlauch gelöst habe, um den Ofen abzustellen.

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I. Hauptpflichten des Feuervers

Anm. H 64

[ H 64] ζζζ) Schweiß-, Brenn- und Lötarbeiten O G H 30. IX. 1998 VersR 1999 S. 1263-1264: Der Vmer hatte einen durch Schweißarbeiten verursachten Glimmbrand in einer Lagerhalle, deren Boden mit einer bis zu 10 cm hohen Sägemehlschicht bedeckt war, mit Hilfe eines Feuerlöschers gelöscht und nach einiger Zeit die Lagerhalle verlassen. Das Gericht hat es als grob fahrlässig angesehen, daß er nicht nochmals den Erfolg seiner Löschaktion überprüft habe, seine Verantwortlichkeit für den wieder ausgebrochenen Brand aber nicht nach § 61, sondern nach § 62 beurteilt (s. dazu G 154). O L G Hamm 28.1.1987 VersR 1988 S. 508-509: Die Durchführung offenkundig feuergefährlicher Lötarbeiten an kupfernen Wasserleitungsrohren in unmittelbarer Nähe eines Schlitzes in der Erdgeschoßdecke, durch den die Wasserleitungsrohre in einen hölzernen Installationsschacht im Obergeschoß des Hauses geführt wurden, ohne ausreichende praktische Erfahrung und theoretische Kenntnisse in völliger Unkenntnis der einzuhaltenden Sicherheitsvorschriften ist als grob fahrlässig bewertet worden. O L G Celle 2. XII. 1987 VersR 1988 S. 617-618: Es sei grob fahrlässig, wenn der Vmer durch einen nur kurz instruierten Dritten innerhalb des Vsortes Schweißarbeiten an einem Kfz ausführen läßt, mit denen dieser weder durch seine Ausbildung noch berufliche Erfahrung vertraut ist. Durch die Schweißarbeiten gerieten zunächst die Sitzbezüge des Fahrzeugs, dann dieses selbst und schließlich das Inventar der Reparaturhalle in Brand. O L G Köln21.1.1988 r + s 1988 S. 142-143: Das Vorhandensein einiger Kanister mit Nitroverdünnung in einer Kfz-Werkstatt und die Tatsache, daß nach dem Brandbericht der Feuerwehr brennbare Stoffe unsachgemäß gelagert wurden, reiche für sich allein zur Feststellung der grob fahrlässigen Herbeiführung eines Brandes bei Schweißarbeiten an einem PKW nicht aus. Eine Verletzung der vereinbarten Sicherheitsvorschrift, nach der Schweißarbeiten nur von erfahrenen Arbeitskräften ausgeführt werden dürfen, die sich der damit verbundenen Gefahren voll bewußt seien, liege nicht schon deswegen vor, weil Schweißarbeiten in einer Kfz-Werkstatt einem Arbeiter ohne besondere Ausbildung als Elektroschweißer übertragen wurden, da nicht auszuschließen sei, daß sich der Arbeiter während seiner Tätigkeit in der Werkstatt des Vmers hinreichende Erfahrungen angeeignet habe, insbesondere wenn er 12 Jahre vorher einen Lehrgang für Gasschweißen absolviert hatte. L G Göttingen 8. IV. 1983 VersR 1984 S. 130: Der Vmer führte innerhalb seiner Garage in der Nähe des Kofferraumes seines Fahrzeugs, das noch 20 Liter Benzin im Tank hatte, Schweißarbeiten aus, wobei das Fahrzeug Feuer fing und ausbrannte. Außerdem wurden viele in der Garage befindliche Gegenstände, insbesondere Werkzeuge, zerstört. Der Vmer hatte sich weder zuvor überzeugt, ob der Tank leer war, noch ausreichende Vorkehrungen getroffen, einen plötzlich ausbrechenden Brand löschen zu können, obwohl die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme jedem einleuchten mußte. Der Vmer habe nach Würdigung der Gesamtumstände den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt. L G Zweibrücken 14. VII. 1983 VersR 1985 S. 932: Für das Abflammen von Altlack an einem Blechgebäude, das innen mit Styropor verkleidet war und in dem Kartonagen stapelweise gelagert wurden, ließ der Repräsentant des Vmers einen Bunsenbrenner benutzen, mit welchem die Außenwände erhitzt wurden, um die alte Farbe abzuziehen. Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen wurden dabei nicht getroffen. Das Verhalten wurde als grob fahrlässig eingestuft.

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Anm. H 65

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

[H 65] ηηη) Funkensprühende Winkelschleifgeräte O G H 7. X I . 1985 VersR 1987 S. 799: Die Vmerin stellte in einem an ihr Hauptgebäude angrenzenden Holzbau Kunststoffschilder her. Als ihr Geschäftsführer mit einer Trennscheibe Arbeiten in dem Holzbau durchführte, kam es zum Funkenflug und Entzündung des Gebäudes. Daß eine funkensprühende Schneidearbeit von vornherein die Gefahr des Entstehens eines Brandes in sich berge, sei jedermann einleuchtend. Für einen Menschen mit natürlicher Einsicht sei es gleichfalls leicht erkennbar, daß bei Vornahme solcher Arbeiten ein Abstand von nur 2 Metern zu brennbaren Gegenständen als Sicherheitsabstand zu gering sei. Geradezu ins Auge springen mußte die besondere Gefahrenträchtigkeit einer funkensprühenden Schneidearbeit aber dann, wenn sich unter den im Holzbau gelagerten Sachen solche mit extremer Brennbarkeit befinden, wie hier Lösungsmittel und Benzin. O L G Hamm 4. V. 1979 VersR 1979 S. 1045: Der Vmer schnitt unter dem hofseitigen Vordach seiner Remise mit dem Winkelschleifer (Schleifhexe) ein Blechstück für einen Mähdrescher zu. Dabei gerieten Ölflecke des Betonbodens in Brand. Der Vmer habe den Brand grob fahrlässig herbeigeführt. Er habe die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Grade außer Acht gelassen und nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jedem einleuchten mußte. Ihm war bekannt, daß beim Trennschleifen eines Eisenblechs ein starker Strahl glühender Stahl- und Schleifsteinteilchen entsteht. Der Vmer mußte, wenn er nicht gröblichst gegen seine Sorgfaltspflicht verstoßen wollte, einen deutlichen Sicherheitsabstand zu den Ölflecken einhalten, so daß deren Entzündung ausgeschlossen war. Auch wenn er annahm, die Funken würden die Ölflecken nicht erreichen, so sei es jedenfalls sehr leichtsinnig gewesen, dieser Annahme voll zu vertrauen. O L G Hamm 23. X I I . 1985 VersR 1987 S. 654: Keine grobe Fahrlässigkeit, wenn der Vmer in einer Notsituation (hier Befreiung eines im Freßgitter eingeklemmten Rindes) in einer Scheune einen Winkelschleifer benutzt habe und dabei nicht in gleicher Weise wie bei geplanten Arbeiten in der Lage gewesen sei, Vorkehrungen gegen das Entstehen eines Brandes durch Funkenflug zu treffen. Grobe Fahrlässigkeit könne aber darin liegen, daß der Vmer beim Verlassen des Arbeitsplatzes einen entstehenden Glimmbrand in den Strohballen in der Nähe des Freßgitters nicht bemerke. O L G Köln 21. IX. 1989 VersR 1989 S. 383-384 = r + s 1989 S. 366-367: Durch das Durchtrennen eines Eisengitters in der Durchfahrt der Scheune, in der Heu- und Strohhaufen lagen, werde erfahrungsgemäß die Brandgefahr deutlich erhöht. Ein ausreichender Brandschutz lasse sich in der Regel überhaupt nicht erreichen, so daß derartige Arbeiten dort im allgemeinen ganz zu unterlassen seien. Allein schon die Vornahme von Schneidarbeiten mittels einer Winkelschleifmaschine stelle deshalb in solchen Fällen bereits eine deutliche Unterschreitung des als vertragsmäßig vorausgesetzten Standards an Sicherheit dar, und zwar auch dann, wenn ein Feuerlöscher in der Nähe bereit gehalten werde. Diese Maßnahme reiche nicht aus, um die ungeheuer große Brandgefahr nennenswert zu verringern. Der Ausbruch eines Feuers in einem in der Scheune gelagerten Strohhaufen sei eine typische Folge von Arbeiten mit einer Winkelschleifmaschine. Schon das Ausmaß der Unterschreitung des Sicherheitsstandards begründe in objektiver Hinsicht einen groben Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt. Das Arbeiten mit einem Winkelschleifgerät in einer Scheune, in der erhebliche Mengen von Heu und Stroh lagerten, und bei dem aufgrund des Funkenfluges die erhebliche Brandgefahr für jedermann auf der Hand liege, könne nur als auffällige und ungewöhnliche Sorglosigkeit und Leichtfertigkeit bewertet werden, wie 580

Johannsen/Johannsen

Anm. H 68

I. Hauptpflichten des Feuervers

sie nur bei besonders nachlässigen oder leichtsinnigen Menschen vorzukommen pflegen. O L G Oldenburg 16. X I I . 1998 VersR 1999 S. 1489: Der Brand eines landwirtschaftlichen Gebäudes ist dadurch verursacht worden, daß der Vmer aus Bequemlichkeit statt auf dem Erdboden außerhalb des Gebäudes auf dessen teilweise geöffnetem Dach wenige Meter über einer großen Menge von darunter gelagertem Stroh mittels eines Winkelschleifers Schneidearbeiten an Trapezblechen vorgenommen hat. Dem erkennbaren Funkenflug von 30 cm hatte er lediglich durch Begießen der Schnittstellen mit Wasser aus einem Eimer vorgebeugt. Grobe Fahrlässigkeit wurde bejaht. [H 66]

Selbstentzündung von Heu und anderem Erntegut

O L G Oldenburg 25. VI. 1997 VersR 1998 S. 490-491: Nach den zum Vsvertrage vereinbarten Sicherheitsvorschriften sollte der Vmer das getrocknete Erntegut ordnungsgemäß einlagern und ständig auf Selbstentzündung überprüfen; bei Feststellung einer Temperatur von über 60 ° war sofort die Feuerwehr zu benachrichtigen. Der Vmer hatte das während einer trockenen Periode geschnittene Heu vor der Einlagerung besichtigt, es aber unterlassen, die Temperatur mit einer Heumeßsonde zu überprüfen. Das wurde vom Gericht nur als einfache Fahrlässigkeit bewertet, weil es sich dem Vmer nicht aufgedrängt habe, daß eine Temperaturmessung erforderlich war, sondern er meinte, sich auf Sicht- und Geruchsproben verlassen zu dürfen. Dazu, daß auch eine Verletzung der Sicherheitsvorschriften verneint wurde, vgl. G 83. O L G Oldenburg 2. VI. 1999 VersR 2000 S. 968-969 = NVersZ 2000 S. 290-291: Der Vmer hatte das in einer Scheune eingelagerte Heu an einen anderen Ort ausgelagert, als eine Selbstentzündung drohte, die dann nach der Auslagerung erfolgte. In dieser zur Rettungspflicht und zum Rettungskostenersatz ergangenen Entscheidung, vgl. G 152, ist wiederum ausgesprochen, das die Unterlassung des Einsatzes einer Heumeßsonde zur Uberprüfung der Temperatur keine grobe Fahrlässigkeit darstellt. [ H 67] m ) Verwahrlosungszustand von Gebäuden O L G Düsseldorf 27. VI. 1995 VersR 1997 S. 231-234: Während Gerichtsentscheidungen zu diesem Problemkreis sich in der Regel auf die G e f a h r e r h ö h u n g beziehen, vgl. dazu G 39 und 40, war in diesem Fall zu prüfen, ob der verwahrloste Zustand des Gebäudes deshalb als Herbeiführung des Vsfalles zu bewerten sei, weil der Vmer zusätzlich Äußerungen getan hatte, die als B r a n d r e d e n verstanden werden konnten (vgl. dazu G 34). Das O L G Düsseldorf hat grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich des Brandes insbesondere deshalb verneint, weil der Vmer das leerstehende verwahrloste Gebäude mit Sicherheitsschlössern versehen und die Fenster mit Brettern vernagelt hatte, so daß der Zugang für Unbefugte erschwert worden war. Der Verwahrlosungszustand eines leerstehenden Gebäudes allein erfüllt nicht die Voraussetzungen einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Vsfalles. [H 68] κκκ) Rauchen im Bett O L G Hamm 20. VI. 1989 VersR 1989 S. 1256 = r + s 1989 S. 333-334: Das Rauchen im Bett wird für sich allein nicht als grob fahrlässig angesehen. Hinzukommen müsse, daß der Vmer z . B . durch Übermüdung nicht in der Lage sei, die Johannsen/Johannsen

581

Anm. H 69

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

mit dem Rauchen verbundenen Gefahren zu beherrschen. Rauche er aber am Morgen kurz vor dem Aufstehen, sei ein solcher Schuldvorwurf nicht gerechtfertigt, auch wenn hierdurch eine Ursachenkette in Gang gesetzt werde, die zu einem Brand führe. O L G Köln 16. IX. 1993 r + s 1994 S. 24: Wenn der Vmer im Bett rauche, hierüber einschläft und durch die noch brennende Zigarette ein Brand ausgelöst wird, habe der Vmer „zweifellos" grob fahrlässig gehandelt. LG Köln 16. IV. 1980 VersR 1980 S. 1018: Rauchen auf der Schlafcouch im übermüdeten Zustand begründet den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. LG Duisburg 10.1.1985 VersR 1985 S. 827-828: Rauchen im Bett sei als grob fahrlässig einzustufen, da jedem verständigen Menschen sich der Gedanke aufdrängen müsse, daß Rauchen im Bett zu schlimmen Folgen führen könne. LG Osnabrück 8.X. 1993 VersR 1994 S. 1184: Wer bei einem Blutalkoholgehalt von 2,18p.m. mit offenem Feuer - wie etwa Streichhölzern, Feuerzeugen oder glühenden Tabakresten - im Bereich des Bettes hantiere, handelt schon deswegen grob fahrlässig, weil er vorhersehbar diese Dinge nicht in der Weise beherrschen könne, wie dies einem nicht alkoholisierten Raucher evtl. noch möglich wäre. Vgl. zu diesem Problem auch Knappmann NVersZ 1998 S. 13-17, der meint, daß durch Rauchen im Bett nicht gegen elementare Verhaltensvorschriften verstoßen werde. Sein Argument, daß das schließlich in Film und Belletristik ohne Unwerturteil geschildert werde, ist allerdings nicht überzeugend, da in den Unterhaltungsmedien auch andere gefährliche Tätigkeiten wie Umgang mit Schußwaffen, exzessiver Alkoholgenuß und ähnliches ohne Unwerturteil dargestellt werden, worauf Wente Sachvsrecht S. 243 zutreffend hinweist. Es sollten aber bei der Beurteilung des Rauchens im Bett sämtliche Umstände des Sachverhalts herangezogen werden. Während ein Vmer, der abends im Bett raucht, damit rechnen muß, daß er bald einschläft und deshalb die Zigarre oder Zigarette nicht mehr ausmachen kann, braucht er tagsüber, wenn nicht weitere Umstände, wie Alkoholgenuß, Krankheit und Übermüdung hinzu kommen, mit einer solchen Gefahr nicht zu rechnen. Das bedeutet, daß er im ersten Fall in aller Regel grob fahrlässig handelt, im zweiten nur bei Vorliegen weiterer Umstände. So hat auch das O L G Köln 22. VIII. 2000 r + s 2000 S. 427-428 grobe Fahrlässigkeit des Vmers, der im Bett geraucht, dann aber das Bett verlassen hat, verneint, weil auch nichts dafür ersichtlich war, daß er hätte bemerken müssen, daß Aschenreste auf das Kopfkissen gefallen waren (ebenso O L G Düsseldorf 18. V. 1999 NVersZ 2001 S. 87-88). [H 69] eee) Einstehen für Dritte α) Überblick Der subjektive Risikoausschluß des § 61 bezieht sich nach dem Gesetzeswortlaut ausschließlich auf den Vmer. Der Wortlaut bestimmt auch den Grundsatz, daß der Vmer nur für eigenes Handeln einzutreten hat (BGH 21. IV. 1993 BGHZ 122 S. 250-256 = VersR 1993 S. 830-832 = r + s 1993 S. 308-310). Da verte Sachen sich aber häufig im rechtlichen wie tatsächlichen Verantwortungsbereich anderer Personen als des Vmers befinden, sind wie für Obliegenheitsverletzungen auch für den Tatbestand der Herbeiführung des Vsfalles Ausnahmen geboten, bei denen der Vmer in Abweichung von dem Grundsatz für Dritte einzustehen hat (vgl. dazu zunächst Möller in Bd II Anm. 57-78 zu § 61). 582

Johannsen/Johannsen

Anm. H 69

I. Hauptpflichten des Feuervers

Zu berücksichtigen ist zunächst die gesetzliche Regelung des § 79 für die V f ü r f r e m d e R e c h n u n g nach der es bei Anwendung des § 61 auch auf das Verhalten des Vten ankommt, so daß der Ver leistungsfrei wird, wenn der Vte den Vsfall herbeiführt. D e r Ausschluß bezieht sich aber nur auf den eigenen Vsschutz des Vten. Sind mehrere Interessen in dem Vertrag vert, wie typischerweise in der Hausratv, bleibt der Vsschutz des Vmers oder anderer Vter bestehen (vgl. hierzu ausführlich Sieg in Bd II zu § 79; sowie zur Feuerv J 1 0 1 , 1 3 4 , 1 3 5 ) Bei der V j u r i s t i s c h e r P e r s o n e n hat der Vmer gemäß §§ 31, 89 B G B für das Handeln seiner Organe einzutreten ( O L G Karlsruhe 15. X . 1981 VersR 1982 S. 1189-1190; O L G Köln 7. V I . 1994 VersR 1995 S. 205; O G H 23. V. 1991 VersR 1992 S. 520; Möller aaO Anm 61). Bei der V von G e s a m t h a n d s g e m e i n s c h a f t e n , wie z . B . der BGB-Gesellschaft, dem nicht rechtsfähigen Verein, der O H G und K G ist Träger des vten Interesses die Gesamtheit der Beteiligten mit der Folge, daß, wenn einer der Beteiligten den Vsfall herbeiführt, der Ver insgesamt leistungsfrei wird, ohne daß es darauf ankommt, wer den Vsvertrag abgeschlossen hat ( R G 13. V. 1938 R G Z 157 S. 314-320; O L G H a m m 2 8 . 1 . 1 9 8 7 VersR 1988 S. 5 0 8 - 5 0 9 = r + s 1987 S. 167-168; Möller aaO Anm 62 mit weiteren Nachweisen). Bei der V von B r u c h t e i l s g e m e i n s c h a f t e n ist hingegen der einzelne Miteigentümer Träger des Interesses. E r kann seinen Anteil in einem selbständigen Vertrag vern. Dann ist sein Vsschutz unabhängig von der Herbeiführung des Vsfalles durch einen anderen Bruchteilseigentümer ( O L G Breslau 1. VII. 1931 J R P V 1931 S. 2 7 6 - 2 7 7 ; Möller aaO Anm 63). Wird der Vsvertrag von allen Miteigentümern geschlossen, so entfällt der Vsschutz, wenn einer von ihnen den Vsfall herbeiführt. Eine andere Beurteilung ist angesichts des einheitlichen Vertrages nach dem Gesetzeswortlaut nicht möglich ( B G H 30. IV. 1991 N J W R R 1991 S. 1372; Möller aaO; siehe auch J 135; a.A. aber O G H 19. IV. 1961 VersR 1962 S. 815-818). Tritt nur ein Miteigentümer als Vmer auf, schließt er aber den Vertrag auch für die übrigen, so ist zu unterscheiden: Führt er den Vsfall herbei, so tritt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auch im Verhältnis zu den übrigen Leistungsfreiheit ein. Hat aber ein anderer Miteigentümer den Vsfall herbeigeführt, steht der Gesetzeswortlaut dem Fortbestehen des Vsschutzes für die übrigen nicht entgegen. Die Unabhängigkeit der Interessen der übrigen von dem des schuldigen Miteigentümers spricht dafür, daß ihr Vsschutz bestehen bleibt (Möller aaO; Beckmann in B K R N 38 zu § 61). Eine besondere Regelung ist in § 25 Ziff 3 V G B 88 für Verträge mit einer „ G e m e i n s c h a f t v o n W o h n u n g s e i g e n t ü m e r n " vorgesehen, durch die das Sondereigentum der einzelnen Wohnungseigentümer und das gemeinschaftliche Eigentum in einem einheitlichen Vertrag vert wird (vgl. hierzu und zu den Vorgängerklauseln J 130-131). Auch bei der A b t r e t u n g , P f ä n d u n g und V e r p f ä n d u n g d e r V s f o r d e r u n g und der V e r ä u ß e r u n g d e r v e r t e n S a c h e kann das Problem auftreten, daß der Vmer für die Herbeiführung des Vsfalles durch einen Dritten einzustehen hat. Da diese Fälle keine Besonderheit in der Feuerv bieten, wird hierzu auf Möller aaO Anm 65 verwiesen. Von besonderer Bedeutung ist hier aber die Rechtsstellung des Grundpfandgläubigers, die gemäß § 102 erhalten bleibt, wenn der Vmer den Tatbestand des § 61 verwirklicht (vgl. dazu J 4 5 - 6 1 , 47), während der Ver leistungsfrei wird, wenn der Grundpfandgläubiger den Vsfall herbeiführt (vgl. dazu J 57). Einen weiteren Zurechnungsgrund stellt die g e s e t z l i c h e V e r t r e t u n g s m a c h t dar. Während die vertraglich begründete für § 61 grundsätzlich keine Rolle spielt, weil es nicht um die Abgabe von Willenserklärungen, sondern um faktisches Handeln geht, hat der Vmer für solches seiner gesetzlichen Vertreter einzustehen. So wird der Ver Johannsen/Johannsen

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Anm. H 70

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

leistungsfrei, wenn ein Minderjähriger Vmer ist und eines seiner Eltern das dem Kind gehörende Haus in Brand steckt. Parteien kraft Amtes wie Konkurs- und Zwangsverwalter, Testamentsvollstrecker und Nachlaßverwalter sind den gesetzlichen Vertretern weitgehend gleichgestellt ( B G H 10.11.1958 N J W 1958 S. 670-671). Der Vmer hat deshalb auch für ihr Verhalten gemäß § 61 einzustehen, wenn sich ihr Verwaltungs- und Vertretungsrecht auf den Bereich des verten Risikos erstreckt (Möller aaO Anm 66; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 61; Beckmann in B K R N 45 zu § 61). B G H 19.X. 1994 VersR 1994 S. 1465-1467 stellt beim Zwangsverwalter zwar auf die gesetzliche Rechtstellung ab, begründet die Zurechnung aber über seine Repräsentantenstellung. [ H 70] β) Repräsentantenhaftung Der Grundsatz, daß der Vmer im Rahmen des § 61 nur für eigenes Verschulden einzustehen hat, wird weiter durchbrochen durch die von der Rechtsprechung aus Billigkeitsgründen entwickelte R e p r ä s e n t a n t e n h a f t u n g , die verhindern soll, daß der Ver für Schäden einzutreten habe, die Dritte verursachen, denen der Vmer die Möglichkeit zur nachteiligen Einwirkung auf die verte Sache eingeräumt hat. Da eine Verpflichtung des Vmers zur Vermeidung des Eintritts des Vsfalles nicht besteht (siehe dazu H 50), kommt eine Zurechnung des Verhaltens Dritter als Erfüllungsgehilfen über § 278 B G B nicht in Betracht (vgl. dazu Möller aaO Anm 72). Das entspricht allgemeiner Auffassung. Auch Martin 3 O II 5, der eine Schadensverhütungspflicht bejaht, meint in Übereinstimmung mit B G H 25. XI. 1953 Β G H Z 11 S. 122-124 = N J W 1954 S. 148-149, daß die Anwendung des § 278 B G B den Vsschutz zu stark einengen würde. Weitgehende Einigkeit besteht aber auch darüber, daß die strikte Anwendung des Selbstverschuldensprinzips zu unbilligen Ergebnissen führt, weil sie den Vmer, der die Obhut über die verte Sache vollständig einem Dritten überläßt, besser stellen würde als denjenigen, der sie selbst ausübt. In Abweichung von der h. M. lehnt aber Prölss a.a.O. R N 4 zu § 61 eine Repräsentantenhaftung ab, weil sie weder durch den Gesetzeszweck noch besondere Interessen des Vers, der durch § 67 genügend geschützt sei, geboten sei. Auch die österreichische Rechtsprechung hat sie nicht übernommen und stellt für § 61 nur auf das eigene Verschulden des Vmers ab ( O G H 24. IV. 1963 VersR 1963 S. 1062-1063; 24. V. 1984 VersR 1986 S. 199-200,12. IX. 1985 VersR 1987 S. 395396, 20. II. 1997 VersR 1998 S. 391-392). Für die dogmatische Begründung der Repräsentantenhaftung und ihre Entwicklung bis 1978 wird auf die ausführliche Darstellung von Möller in Bd II Anm 70-78 zu § 6 1 verwiesen. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung ist unter G 48 dargestellt worden. Nach der grundlegenden Neufassung des Repräsentantenbegriffs durch den B G H in der Entscheidung vom 21. IV. 1993 B G H Z 122 S. 250-256 = VersR 1993 S. 828-830 = r + s 1993 S. 321-323 ist als Repräsentant anzusehen, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das verte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Vmers getreten ist. Die bloße Überlassung der Obhut über die verte Sache reicht hierbei nicht aus. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Vmer zu handeln. Die in der früheren Rechtsprechung neben dieser R i s i k o v e r w a l t u n g weiter vorausgesetzte V e r t r a g s v e r w a l t u n g , die vorliegt, wenn der Dritte auch Rechte und Pflichten aus dem Vsvertrag selbständig wahrzunehmen hat ( B G H 24.11.1986 VersR 1986 S. 696-697, 26. IV. 1989 B G H Z 107 S. 229-236 = VersR 1989 S. 737-738, beide mit zahlreichen Nachweisen dieser Rechtsprechung), ist ausdrücklich aufgegeben worden. Soweit der B G H sie in der Entscheidung vom 21. IV. 1993 584

Johannsen/Johannsen

Anm. H 71

I. Hauptpflichten des Feuervers

aaO zur möglichen selbständigen Grundlage einer Haftung erklärt hat, spielt dies für § 61, bei dem es nur auf ein tatsächliches Handeln ankommt, keine Rolle (vgl. hierzu die Stellungnahme zu der BGH-Rechtsprechung unter G 49 und Knappmann VersR 1997 S. 261-267,262). Bei der im Rahmen der Risikoverwaltung überlassenen Obhut muß es sich um die alleinige handeln, die Mitobhut genügt nicht (BGH 26. IV. 1989 aaO), auch nicht die nur kurzfristige vorübergehende Besitzüberlassung (BGH 16. VI. 1993 VersR 1994 S. 45-48 = r + s 1993 S. 346-348; 10.11.1999 r + s 1999 S. 205-207; Römer in RömerLangheid R N 116 zu § 6, anders aber Langheid aaO R N 11 zu § 61). Der wichtigste Fall der Begründung einer Repräsentantenstellung, bei dem das Einstehenmüssen des Vmers für den Dritten unmittelbar einleuchtet, ist die Übertragung der Leitung eines wirtschaftlichen Betriebes, in dem der Vmer weder die Obhut ausübt noch Entscheidungen trifft (BGH 4. VII. 1990 N J W RR S. 1305-1306 für einen landwirtschaftlichen Betrieb, 19. VI. 1991 r + s 1991 S. 275 = N J W R R 1991 S. 1307-1308 für eine Gaststätte; O L G Köln 21.11.1995 VersR 1996 S. 94-95 = r + s 1995 S. 308-310 für eine Holzhandlung). Behält sich der Vmer aber wichtige Entscheidungen vor, ist der Dritte trotz Einsetzung als Betriebsleiter nicht Repräsentant (BGH 25. III. 1992 VersR 1992 S. 864-865 = r + s 1992 S. 265-266). Bei der Auslegung des Sachverhalts ist immer zu berücksichtigen, daß es sich bei der Repräsentantenhaftung um eine jedenfalls über den Gesetzeswortlaut hinausgehende, für den Vmer nachteilige Ausnahmeregelung handelt, die schon aus diesem Grund sehr restriktiv anzuwenden ist. Das Schutzbedürfnis des Vmers darf bei einer objektiven Interessenabwägung nicht vernachlässigt werden. Für die Darstellung von der Rechtsprechung entschiedener Einzelfälle wird auf G 52-54 verwiesen.

fff) Rechtsfolgen [H 71] α) Leistungsfreiheit Die in § 61 normierte Rechtsfolge der Leistungsfreiheit ist terminologisch durchaus nicht exakt (Möller Bd II Anm. 17, 31 zu § 61); denn von einer Verpflichtung zur Leistung kann man nur freikommen, sofern solche überhaupt gegeben war. Der vom Vmer vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführte Vsfall verwirklicht aber nicht die übernommenen Gefahren und somit keine Leistungsverpflichtung des Vers. Wohl aber besteht Haftung des Vers bei leichter Fahrlässigkeit des Vmers. Daß es sich hierbei um einen subjektiven Risikoausschluß handelt, wird in den Feuervsbedingungen nur in §§ 9 Nr. 1 a) VHB 84 und 92 und 9 Nr. 1 a) VGB 88 klar zum Ausdruck gebracht. Denn dort heißt es eindeutig: Nicht vert sind ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden, die der Vmer vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt. Die übrigen Bedingungen lehnen sich mehr oder weniger an § 61 an, ohne - mit Ausnahme der unter H 77-79 erörterten - wesentliche inhaltliche Abweichungen zu enthalten. Die Ersetzung des Wortes Vsfall durch Schaden in den meisten Bedingungen stellt entgegen Martin 3 Ο I 3 keine sachliche Änderung dar, weil mit Schaden jeder durch die Handlung des Vmers adäquat verursachte Schaden erfaßt werden soll. Steckt der Vmer seine Scheune an und ergreift das Feuer entgegen seiner Absicht auch das nahe gelegene Wohnhaus, so besteht auch für diesen Schaden kein Vsschutz (Möller aaO Anm 79). Johannsen/Johannsen

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Anm. H 71

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

Soweit in den älteren Bedingungen verstärkend formuliert wurde, daß der Ver von j e d e r Entschädigungspflicht frei sei, §§ 16 A F B 30, 18 V G B 62, 16 V H B 74, sollte damit z u m A u s d r u c k gebracht werden, daß die Leistungsfreiheit nicht aus Billigkeitsgründen beschränkt werden kann (Martin 3 O I 3). Einer solchen Formulierung bedarf es aber nicht, weil sich diese Folge bereits unmittelbar aus § 61 ergibt, der A u s d r u c k des Alles-oder-Nichtsprinzips ist, wonach der Vmer bei leichter Fahrlässigkeit vollen Vsschutz hat, also alles erhält, bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit aber nichts. Ein richterlicher Ermessensspielraum besteht danach nicht. Die Anwendung des § 254 B G B ist ausgeschlossen (Möller a a O A n m 79 zu § 61). Wenn auch insbesondere wegen der fließenden Grenzen zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit diese starre Regelung in Einzelfällen als unbillig angesehen wird (so von R ö m e r N V e r s Z 2000 S. 259-262; Schimikowski r + s 2000 S. 353-359; Terbille r + s 2000 S. 45-52), ist die Geltung des Alles-oder-Nichts-Prinzips im Rahmen des § 61 - anders als im Obliegenheitsrecht - bisher von der Rechtsprechung nicht angetastet worden. In der Literatur wird entweder die geltende Regelung wegen ihrer notwendigen Präventivwirkung und im Interesse der sorgfältigen Mitglieder der Gefahrengemeinschaft verteidigt (Möller a a O A n m 3 zu § 61; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 18 zu § 61; Beckmann in B K R N 5 zu § 61; L o r e n z VersR 2000 S. 2 - 1 1 ) oder zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse eine Gesetzesänderung gefordert (so bereits Ehrenzweig S. 265; Pinckernelle S. 93-94; R ö m e r a a O ; Schimikowski a a O ; van Bühren Mitteilungsblatt der Arge Vsrecht des Dtschen Anwaltvereins 2/1989 S. 11, 1/1999 S. 5). Außer der Beschränkung des § 61 auf vorsätzliches Handeln (so Bokelmann G r o b e Fahrlässigkeit S. 114-116) wird überwiegend eine Q u o t i e r u n g der Leistungspflicht des Vers entsprechend dem Verschulden des Vmers vorgeschlagen, wie sie Art 14 II des Schweizerischen W G entspricht und auch im dänischen und norwegischen Recht ähnlich geregelt ist. Die letztere L ö s u n g ist vorzuziehen, weil die Beschränkung auf Vorsatz den Interessen der sorgfältigen Vmer, die die notwendigen Prämienerhöhungen mittragen müßten, widerspricht und wegen der Gefährlichkeit sorglosen Verhaltens auch aus allgemein wirtschaftlichen G r ü n d e n in der Feuerv an der Leistungsfreiheit für grob fahrlässiges Verhalten im Prinzip festgehalten werden sollte. Eine A b s t u f u n g der Leistungsverpflichtung nach dem G r a d des Verschuldens würde aber eine gerechtere L ö s u n g gegenüber der starren Regelung des § 61 darstellen und auch von der Rechtsprechung aufgrund ihrer aus der Anwendung von § 254 B G B und zur gefahrengeneigten Arbeit gewonnenen Praxis ohne weiteres bewältigt werden können. Für das geltende Recht hat Canaris J Z 1987 S. 993-1004 aus dem verfassungsrechtlichen Ubermaßverbot die Möglichkeit entnommen, in für den Vmer besonders ruinösen Fällen eine verfassungskonforme Einschränkung des § 61 vorzunehmen. Insbesondere für seinen Beispielsfall aus der Feuerv, dem vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Inbrandsetzen von H a u s und H o f oder Fabrik mit der Folge der Existenzvernichtung, soll die Berufung des Vers auf völlige Leistungsfreiheit gegen § 242 B G B verstoßen. Für vorsätzliches Handeln des Vmers ist eine teilweise Eintrittsverpflichtung des Vers aber schon deshalb abzulehnen, weil in solchen Fällen die Sanktion des § 61 weder unverhältnismäßig ist noch dem Ver der Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens gemacht werden kann, wenn er sich auf § 61 beruft (Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 18 zu § 61). Bei grober Fahrlässigkeit des Vmers käme zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse die Anwendung des Ubermaßverbotes, das v o m B G H 11.11.1987 VersR 1987 S. 477-479 auch schon zur Einschränkung der Rechtsfolgen des § 71 herangezogen worden ist, eher in Betracht (vgl. dazu R ö m e r a a O S. 261; Terbille a a O S. 4 5 - 4 6 ) . Zu bedenken ist jedoch, daß § 61 begrifflich einen subjektiven Risikoausschluß darstellt, so daß grob fahrlässiges Verhalten von vornherein nicht unter den Vsschutz fällt. Eine 586

Johannsen/Johannsen

Anm. H 72

I. Hauptpflichten des Feuervers

teilweise bestehende Leistungspflicht für Ausnahmefälle läßt sich deshalb dogmatisch nur schwer begründen. Auch die von der Rechtsprechung betonte Ausprägung des § 61 als Anwendungsfall des § 162 B G B steht dem entgegen, weil die Kriterien des § 162 B G B „wider Treu und Glauben" in § 61 durch die Verschuldensgrade Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit konkretisiert worden sind (Lorenz aaO S. 7-8). Die Rechtsfolge, daß der Ver nicht zu leisten braucht, tritt ohne weiteres ein. § 61 begründet nicht nur ein Leistungsverweigerungsrecht, auf das der Ver sich berufen muß (Möller aaO Anm 79 zu § 61; Bach VersR 1959 S. 246; Beckmann in BK R N 98 zu § 61; a.M. noch Johannsen in Bd VI J 83). Das folgt aus der Rechtsnatur des § 61 als subjektive Risikobegrenzung. Da bei dieser von vornherein kein Vsschutz besteht, ist die Frage anders zu beurteilen als für Obliegenheitsverletzungen, bei denen der an sich bestehende Vsschutz erst nachträglich wegfällt. Das dort bestehende G e l t u n g s m a c h u n g s e r f o r d e r n i s soll dazu dienen, daß der Ver prüft, ob die Verletzung so schwerwiegend ist, daß die Versagung des Vsschutzes unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist ( B G H 24. V. 1974 N J W 1974 S. 1241-1242 = VersR 1974 S. 689-700). Im Rechtsstreit kann deshalb grundsätzlich eine Klagabweisung auf § 61 gestützt werden, auch wenn der Ver sich hierauf nicht berufen, sondern z.B. O b liegenheitsverletzungen geltend gemacht hat. Ist die Ablehnung der Leistungspflicht aber auf einen ganz anderen Sachverhalt gestützt worden, wie z. B. auf Prämienverzug, kann ein V e r z i c h t des Vers auf die Leistungsfreiheit nach § 61 vorliegen, der vom Gericht zu beachten ist. Ein Verzicht auf Risikobeschränkungen ist zulässig ( O G H 26. IV. 1995 VersR 1996 S. 654-656; Möller aaO Anm 81 mit verschiedenen Konstruktionen zu seiner Begründung; Beckmann in B K R N 98 zu § 61). [H 72] ß) Kündigungsrecht Gemäß § 96 ist nach dem Eintritt des Vsfalls jeder Teil berechtigt, das VsVerhältnis zu kündigen. Diese Vorschrift findet sich modifiziert wieder in den einschlägigen AVB wie in § 18 Nr. 1 A F B 30 bzw. § 19 Nr. 2 A F B 87, § 26 Nr. 1 V H B 84, § 19 Nr. 2 V H B 66/74, § 24 Nr. 2 V G B 88. Aus der offenkundig mißverstandenen Aussage von Möller Bd II Anm 31 zu § 61, daß infolge der Haftungsfreiheit ein die akute Leistungspflicht des Vers auslösender „echter" Vsfall nicht herbeigeführt wird, ist von Ollick VA 1981 S. 44 geschlossen worden, daß mithin auch kein Kündigungsrecht entstehen könnte. Dieser Meinung sind ohne kritische Auseinandersetzung gefolgt Martin 3 L II 18 sowie Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 10 zu § 96. Übersehen wurde dabei, daß Möller aaO Anm 84 zu § 61 unter Bezugnahme auf Raiser 2 Anm 6 zu § 19 ausgeführt hat, daß bei Leistungsfreiheit wegen schuldhafter Herbeiführung des Vsfalls ein Kündigungsrecht nur dann entfalle, wenn die AVB ausdrücklich einen „entschädigungspflichtigen" Vsfall als Kündigungsvoraussetzung festgelegt haben. Solche Bestimmungen gibt es in den heutigen AVB nicht mehr. Mit Möller aaO Anm 48 ist davon auszugehen, daß auch für den Fall des § 61 ein Kündigungsrecht gegeben ist (ebenso Langheid in Römer-Langheid R N 63 zu § 61, R N 13 zu § 96; Dörner-Staudinger in B K R N 4, 5 zu § 96; Wente Sachvsrecht S. 285; Boldt 7 S. 112 Stichwort Kündigung im Schadensfall). Das ist sachgerecht; denn Wahrnehmungen bei der Schadenbeurteilung, die schon bei einem „echten" Vsfall eine Uberprüfung der Vertragsbeziehungen nach sich ziehen, sind im Hinblick auf die Vertrauensgrundlage ungleich gewichtiger, wenn die Redlichkeit des Vmers infrage gestellt worden ist und sogar die Kündigungsmöglichkeit eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund bestehen könnte. Denkbar ist allerdings, daß die Ausübung des Kündigungsrechts des Vmers im Einzelfall nach § 242 B G B ausgeschlossen sein kann, wenn dieser vorsätzlich einen Vsfall herbeigeführt hat, um aus dem Vertrag herauszukommen (vgl. Wente aaO). Zu § 96 vgl. auch E 9-13. Johannsen/Johannsen

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Anm. H 73

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

g g g ) Beweisfragen Die grundsätzlichen Ausführungen von Möller hierzu in Bd II Anm 32-39, 48-50 zu § 61 gelten insbesondere auch für die Feuerv. Verglichen mit der Massensparte Fahrzeugv, die wegen viel häufigerer Grenzsituationen beim wertenden Ubergang zur groben Fahrlässigkeit eine entsprechend umfangreiche Kasuistik hervorgerufen hat (dazu Bd VI Anm J 89-118), liegt das Schwergewicht der Rechtsprechung zur Feuerv seit 1978 ersichtlich bei Beweisfragen, die v o r s ä t z l i c h e B r a n d s t i f t u n g betreffen. [ H 73] α) Beweislast Den Eintritt des Vsfalls, also einen durch Brand oder Explosion entstandenen Schaden an den vten Sachen muß der Vmer beweisen. Die Tatsache eines Brandes wird meistens unstreitig sein, wenn sie sich aus den Ermittlungsakten ergibt. Nach Meinung von Langheid VersR 1992 S. 13-21, 14 beweist der Vsfall „Brand" sich insofern regelmäßig selbst; d.h. der Vmer hat im Hinblick auf das verwirklichte Risiko keinerlei Beweisschwierigkeiten. Unzutreffend ist allerdings die Auffassung des L G Köln 6.XI. 1989 r + s 1990 S. 56-58, daß der Vmer im Rahmen der Feuerv seiner Darlegungs- und Beweispflicht hinsichtlich des Vorliegens eines Vsfalls in der Regel bereits dadurch genügt, daß er einen Sachverhalt vorträgt, der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Eintritt eines Vsfalls schließen läßt (Römer in RömerLangheid R N 14 zu § 49; Wälder r + s 1990 S. 58). Steht der Eintritt des Vsfalles fest und beruft sich der Ver auf den Ausschlußtatbestand einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Herbeiführung gemäß § 61, trifft ihn die volle Darlegungs- und Beweislast (Möller Anm 33 zu § 61). Er hat demzufolge den Nachweis zu erbringen für die Herbeiführung des Vsfalls, für den Kausalzusammenhang zwischen Vsfall und Verhalten des Vmers, für den Vorsatz oder die grobe Fahrlässigkeit sowie ggf. für die Tatsachen, aus denen sich die Repräsentanteneigenschaft eines Dritten ergibt, sofern der Vsfall durch diesen herbeigeführt worden ist ( B G H 19. XII. 1979 VersR 1980 S. 180-181,19. XII. 1984 VersR 1985 S. 330-331, 8. XI. 1995 VersR 1996 S. 186-187 = r + s 1996 S. 291; Martin 3 O I 40; Hansen S. 183 f; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 21 zu § 61; Beckmann in B K R N 99 zu § 61, allgemeine Auffassung). Diese Beweislastverteilung entspricht dem Willen des Gesetzgebers; denn nach Begr. I S. 71 hat „der Ver an sich für jeden durch den Eintritt eines Vsfalls entstehenden Schaden einzutreten". In der Schadenregulierungspraxis der Feuerv zeigt sich, daß insbesondere der Nachweis einer Eigenbrandstiftung für den Ver schwierig und wegen der hohen Beweisanforderungen der Gerichte häufig kaum durchführbar ist. Aus diesem Grunde ist überlegt worden, ob dem Ver unter bestimmten Umständen Beweiserleichterungen eingeräumt werden sollten bzw. eine Beweislastumkehr eintreten müßte (z.B. von Langheid VersR 1992 S. 13-21). Dem ist der B G H wiederholt entgegengetreten, weil der Ver in der Feuerv nach der strengen Beweisregel des § 61 gemäß § 286 Z P O vollen Beweis zu erbringen habe ( B G H 9. XI. 1977 VersR 1978 S. 74-78; 8. XI. 1995 VersR 1996 S. 186-187 = r + s 1996 S. 291; vgl. auch O L G Stuttgart 9. V. 1996 VersR 1997 S. 824-825). Insbesondere in den BGH-Entscheidungen 25. IV. 1990 VersR 1990 S. 894 und 17. V. 1989 VersR 1989 S. 841-842 = r + s 1989 S. 297-298 wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß Beweiserleichterungen für den Nachweis eines unredlichen Verhaltens des Vmers nicht auf die Fälle ausgedehnt werden können, in denen die Herbeiführung des Vsfalles voll vom Ver zu beweisen ist. Sie sind in der Kraftfahrt- und Einbruchsdiebstahlv das Korrelat für dem Vmer dort eingeräumte Beweiserleichterungen und beschränken sich auf diese Fälle (vgl. auch O L G Hamm 13. II. 1990 VersR 1990 S. 1393-1394; O L G Oldenburg 20. XII. 1989 VersR 1990 S. 1388-1389). 588

Johannsen/Johannsen

Anm. H 73

I. Hauptpflichten des Feuervers

Beweiserleichterungen kommen dem Ver auch nicht beim Nachweis des gegenüber der einfachen Fahrlässigkeit gesteigerten Verschuldens des Vmers zugute; vielmehr obliegt ihm insoweit der volle Beweis für die Umstände, aus denen sich dieses ergibt (BGH 23.111.1988 VersR 1988 S. 506). Ergänzend wurde dazu vom BGH 8. II. 1989 NJW 1989 S. 1354-1355 = r + s 1989 S. 209-210 = VersR 1989 S. 582-584 (vgl. auch OLG Köln 21. XI. 1989 r + s 1989 S. 366-367 = VersR 1989 S. 383-384) allerdings ein wesentlicher Hinweis gegeben: „Allerdings hat der Tatrichter im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO sogar die Möglichkeit, vom äußeren Geschehensablauf oder vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit zu schließen". Damit kommt dem Tatrichter ein erheblicher Spielraum zu (Römer VersR 1992 S. 1191). Erheblich ist auch, daß der BGH 19.XII.1979 VersR 1980 S. 180-181 in dem entschiedenen Fall - es ging um die Unaufklärbarkeit des Kausalzusammenhangs eine Änderung der Beweislast zwar ablehnte, aber den Hinweis brachte: „Die Ver stünden einer solchen - unerwünschten - Entwicklung jedenfalls nicht schutzlos gegenüber. Sie könnten sich gegen solche Fälle durch eine entsprechende Vertragsgestaltung - z. B. durch eine Einschränkung der Beweislastregelung des (abdingbaren) § 61 oder durch Vereinbarung einer besonderen Obliegenheit (§ 32) - angemessen absichern." Vgl. wegen der Möglichkeit einer Verteilung der Beweislast in den Grenzen der Vertragsfreiheit bzw. im vom AGBG gesteckten Rahmen durch AVB Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 12 zu § 49, Römer in Römer-Langheid Anm 12 zu § 49 und H 78-79. Der Ver erfüllt seine Beweislast nicht, wenn er lediglich Verdachtsmomente für das Vorliegen des Ausschlußtatbestandes des § 61 bringt (BGH 31.X. 1984 r + s 1985 S. 1-3) oder wenn er den substantiierten Tatsachenvortrag des Vmers nur bestreitet, ohne eine gegenteilige Sachdarstellung zu geben und diese z.B. durch Antrag auf Parteivernehmung des Vmers unter Beweis zu stellen (so BGH 8. II. 1989 NJW 1989 S. 1354-1355 = VersR 1989 S. 582-584 = r + s 1989 S. 209-210). Beruft sich der Vmer auf Schuldunfähigkeit, so trägt er auch bei entsprechender Anwendung des § 827 S. 1 BGB im Rahmen des § 61 grundsätzlich die Beweislast dafür, daß seine Verantwortlichkeit durch Störung der Geistestätigkeit ausgeschlossen ist (BGH 23.1.1985 VersR 1985 S. 440-441; Beckmann in BK R N 101 zu § 61; Langheid in Römer-Langheid RN 58 zu § 61). Das ist rechtssystematisch begründet und interessegerecht, weil auch im Bereich des § 61 die Überlegung zu gelten hat, daß die fehlende Schuldfähigkeit die Ausnahme ist und infolge dessen vom Vmer bewiesen werden muß, zumal er dazu auch am ehesten in der Lage ist (OLG Hamm 10. VII. 1987 VersR 1988 S. 394-396). Anderer Auffassung ist Prölss in PrölssMartin 26 R N 25 zu § 61, wonach der Ver auch beweisen muß, daß der Vmer nicht unzurechnungsfähig war, weil die Lage eine andere sei als im Schadensersatzrecht; nach § 61 seien die Interessen des Vers ohne grobes Verschulden überhaupt nicht berührt. Strittig ist, wie die entsprechende Anwendung des § 827 S. 2 BGB sich auswirkt (auch hier obliegt dem Ver nach Prölss aaO der Beweis dafür, daß der Vmer sich nicht grob schuldhaft in diesen Zustand versetzt hat; für Beweislast des Vmers Beckmann in BK RN 101 zu § 61; Langheid in Römer-Langheid R N 58 zu § 61). Hier ist zu unterscheiden: Daß der Vmer sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel selbst in einen Zustand versetzt hat, der seine Zurechnungsfähigkeit ausschließt, hat der Ver nach der Fassung des § 827 S. 2 BGB zu beweisen (Möller in Bd II Anm 41 zu § 61). Er muß also z.B. die substantiierte Behauptung des Vmers entkräften, man habe ihm Rauschgift in sein Getränk geschüttet. Steht aber fest, daß der Vmer sich selbst durch Alkohol- oder Drogenkonsum in diesen Zustand versetzt hat, muß er sein mangelndes Johannsen/Johannsen

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Anm. H 75

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Verschulden hieran grundsätzlich beweisen. Das ergibt sich wiederum aus der Systematik des Gesetzes und ist auch interessengerecht, weil sich das zur Unzurechnungsfähigkeit führende Geschehen in seiner Sphäre abgespielt hat und Alkohol- und Rauschgiftkonsum eine typische Gefährdung für die verten Sachen darstellt. In Betracht kommen hier Fälle des Selbstmordes durch Brand oder Explosion oder der Ausführung gefährlicher Arbeiten, in denen der Vmer sich vorher betrinkt. Während in den Selbstmordfällen von Vorsatz im Sinne des § 61 auszugehen sein wird, kann auch grobe Fahrlässigkeit in Betracht kommen, wenn ζ. B. der Vmer beim Trinken nicht daran gedacht hat, daß er noch Schweißarbeiten ausführen müsse oder im betrunkenen Zustand zum Zündeln neigt. Nach der Rechtsprechung des B G H ist dann zu beachten, daß bei dem dem Ver obliegenden Nachweis eines gesteigerten Verschuldens bei der grob fahrlässigen Herbeiführung des Vsfalles eine erheblich verminderte Einsicht- und Hemmungsfähigkeit des Vmers nicht außer Betracht bleiben darf, d. h. der Ver hat demnach eine von diesem ernsthaft bestrittene ausreichende Einsichtsfähigkeit des Vmers nachzuweisen ( B G H 22.11.1989 VersR 1989 S. 469-470). Solcher Beweis läßt sich wohl in der Regel nur durch ein Sachverständigengutachten erbringen. Den minderjährigen Vmer trifft die Beweislast, wenn er sich auf mangelnde Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nach § 828 II B G B beruft ( O L G Hamm 25. VI. 1980 VersR 1981 S. 178-180; Möller in Bd II Anm 41 zu § 61; Beckmann in B K R N 101 zu § 61; Langheid in Römer-Langheid R N 58 zu § 61; a. A. Prölss in Prölss-Martin 26 R N 25 zu §61). Obwohl der Ver den Nachweis der Kausalität zwischen dem Verhalten des Vmers und dem Vsfall zu erbringen hat, obliegt dem Vmer als Ausnahmetatbestand der Nachweis der h y p o t h e t i s c h e n K a u s a l i t ä t , wenn er geltend macht, der Vsfall wäre auch ohne sein schuldhaftes Verhalten eingetreten ( B G H 14. VII. 1986 VersR 1986 S. 962-963; O L G Düsseldorf 29. X. 1996 VersR 1997 S. 304-306; Langheid in Römer-Langheid R N 56 zu § 61; Beckmann in B K R N 101 zu § 61). [H 74] β) Beweismaß αα) Vorbemerkung Nach dem für § 61 obwaltenden Prinzip des strengen Beweises stehen dem Ver grundsätzlich nur die gesetzlich normierten Beweismittel der Z P O zur Verfügung. Während die Tatsache Brandstiftung durchweg mittels Sachverständigengutachten nachgewiesen werden kann, gestaltet sich der Nachweis einer Eigenbrandstiftung in der Regel wesentlich schwieriger. Gerade deswegen darf das Instanzgericht insbesondere Beweisangebote auf Zeugenvernehmung wegen Tatsachen, die auf eine Eigenbrandstiftung deuten, nicht zurückweisen und sich nicht nur auf den vorliegenden Polizeibericht beschränken ( B G H 17. XII. 1986 VersR 1987 S. 277; O L G Oldenburg 25. V. 1983 r + s 1984 S. 196-198). Fehlen überhaupt Zeugenbeweise, so bleibt nur der A n z e i c h e n b e w e i s ( I n d i z i e n b e w e i s ) , der auch streng im Sinne des § 286 Abs. 1 Z P O zu führen ist ( O L G Stuttgart 9. V. 1996 VersR 1997 S. 824-825). Dabei ist der Tatrichter grundsätzlich frei darin, welche Beweiskraft er den Indizien im einzelnen oder in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimißt ( B G H 15. VI. 1994 VersR 1994 S. 1054-1055 = r + s 1994 S. 394). [H 75] ßß) Anscheinsbeweis Dem A n s c h e i n s b e w e i s (prima-facie-Beweis) kommt in der Feuerv für § 61 nur geringe Bedeutung zu. Im wesentlichen kommt er nur für den Beweis der objektiven 590

Johannsen/Johannsen

Anm. H 75

I. Hauptpflichten des Feuervers

Voraussetzungen des § 61 in Betracht (Möller in Bd II Anm 38 zu § 61; Beckmann in B K R N 104 zu § 61). Nach der Rechtsprechung des B G H kann der Anscheinsbeweis bei der Brandursache, selbst wenn Brandstiftung in Frage steht, angewendet werden ( B G H 9. X I . 1977 VersR 1978 S. 7 4 - 7 8 m. w. N.). Zunächst wurde darauf abgestellt, ob im Einzelfall ein typischer Geschehensablauf vorliegt, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und so sehr das Gepräge des Gewöhnlichen und Üblichen trägt, daß die besonderen individuellen Umstände in ihrer Bedeutung zurücktreten (vgl. auch B G H 18. III. 1987 VersR 1987 S. 5 0 3 - 5 0 4 = r + s 1989 S. 173; O L G München 2 3 . 1 . 1 9 8 6 VersR 1986 S. 1065; L G Köln 27. V I I . 1983 r + s 1984 S. 149-150). Später wurden die Grenzen für einen Anscheinsbeweis enger gezogen ( B G H 6 . I I I . 1991 VersR 1991 S. 4 6 0 - 4 6 2 m . w . N . ; B G H 12.V.1993 VersR 1993 S. 1351-1352 = r + s 1993 S. 348). Danach ist nur dann ein typischer Geschehensablauf gegeben, wenn ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der seinerseits nach allgemeiner Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist. Demzufolge ist erst ein allgemeiner Erfahrungssatz als eine aus allgemeinen Umständen gezogene Schlußfolgerung festzustellen, die alsdann auf den konkreten Sachverhalt angewendet werden kann. Damit bestehen zwar begriffliche Ansatzpunkte, die aber erst im Einzelfall ihre Ausgestaltung finden können. Eine Systematisierung entfällt eo ipso, mögen sich auch Grundkonstellationen wiederholen. Während in der früheren Rechtsprechung der prima-facie-Beweis auch zum Nachweis des Vorsatzes zugelassen wurde (siehe hierzu Möller in Bd II Anm. 4 9 - 5 0 und die Übersicht bei Hauke VersArch 1957 S. 359-362), ist das nach der neueren Rechtsprechung und überwiegenden Meinung in der Literatur nicht mehr statthaft ( B G H 4. V. 1988 B G H Z 104 S. 2 5 6 - 2 6 1 = VersR 1988 S. 6 8 3 - 6 8 4 = r + s 1988 S. 2 3 9 , 9 . IV. 1997 N J W R R 1997 S. 112f; O L G Stuttgart 9. V. 1996 VersR 1997 S. 824-825; Lücke VersR 1996 S. 7 8 5 - 8 0 5 , 790; Beckmann in B K R N 104 zu § 61; kritisch Langheid VersR 1992 5. 13-21). Abgelehnt wurde vom B G H 4. V. 1988 aaO eine Beweisführung mittels Anscheinsbeweis für vorsätzliche Brandstiftung, weil es keinen Anscheinsbeweis für individuelle Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Lebenslagen gäbe. Es fehle die Typizität im Verhalten der Personen, die einer vorsätzlichen Brandstiftung bezichtigt werden. O b dem einzelnen Vmer ein derartiges willensgesteuertes Verhalten, auf rechtswidrige Weise die Vsleistung zu erlangen, zuzutrauen sei, hänge so stark von seiner Persönlichkeit und seinen Wert- und Moralvorstellungen ab, daß eben die Typizität für solches Vorgehen ausscheide. Wegen dieser Unmöglichkeit der Präzisierung eines konkreten Erfahrungssatzes hält Knoche S. 138-139 die Auseinandersetzung über die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises beim Verdacht der Eigenbrandstiftung für „Spiegelfechterei" und geht davon aus, daß in den meisten Fällen sowohl äußere Indizien wie auch subjektive Beweisanzeichen in der Person des Vmers bei lebensnaher Betrachtungsweise im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 I Z P O ohne weiteres einen Schluß auf Eigenbrandstiftung nahe legen. Auch Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 23 zu § 61 macht keinen Unterschied zwischen Anscheinsbeweis und Indizienbeweis und stellt allein auf das erforderliche Beweismaß ab. Demgegenüber ist der Rechtsprechung des B G H zu folgen. Die Unterschiede zwischen dem Anscheinsbeweis, der einen Schluß von äußeren Tatsachen auf die innere Einstellung des Vmers zuläßt und dem Ver damit eine erhebliche Beweiserleichterung bietet, und dem Indizienbeweis, der dem Richter die zu beweisende innere Tatsache mit einem praktischen Maß an Gewißheit vermitteln muß, das Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen ( B G H 9. V. 1989 VersR 1989 S. 758-760), sind erheblich und sollten nicht verwischt werden (so auch Langheid in Römer-Langheid Johannsen/Johannsen

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Anm. H 76

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

R N 51 zu § 61). Die Gründe des B G H für eine Ablehnung der Beweiserleichterung für den Ver sind überzeugend. Die Instanzgerichte haben sich weitgehend angeschlossen (vgl. z. B. O L G Frankfurt 26.11.1981 VersR 1982 S. 992-993; O L G Stuttgart 9. V. 1996 VersR 1997 S. 8 2 4 825). Die Frage, ob die Grundsätze des Anscheinsbeweises für die Feststellung des subjektiven Elements der groben Fahrlässigkeit des Vmers angewendet werden können, ist in Literatur und Rechtsprechung früher unterschiedlich beurteilt worden (vgl. die Übersichten über den Meinungsstand bei Hauke VerWissArch 1957 S. 315-388, Möller in Bd II Anm 50 zu § 61 und Johannsen in Bd V 1 J 89). Der B G H hat, wie die ausführliche Darstellung seiner Rechtsprechung zu diesem Problem in Bd V 1 J 89 ergibt, in vielen Entscheidungen die Anwendung des prima-facie-Beweises im konkreten Falle verneint, aber jeweils die Möglichkeit offen gelassen, daß es Ausnahmesituationen mit typischer Fallgestaltung geben könnte, bei denen die Grundsätze des Anscheinsbeweises auch für die Feststellung der subjektiven Seite der groben Fahrlässigkeit herangezogen werden könnten. Ein solcher Ausnahmefall hat dem B G H aber offensichtlich im Laufe der jahrzehntelangen Rechtsprechung nicht vorgelegen. Die Tendenz seiner Rechtsprechung geht vielmehr dahin, daß der prima-facie-Beweis für die subjektive Seite der groben Fahrlässigkeit generell unzulässig ist. So wird z. B. in der Entscheidung vom 4. X I I . 1985 VersR 1986 S. 254-255 zur Feuerv (es ging um das Brennenlassen einer Kerze in einem Weihnachtsgesteck, in dem die übrigen Kerzen gelöscht waren) formuliert, es liege kein von der höchstrichterlichen Rechtsprechung „bislang nicht als s c h l e c h t h i n a u s g e s c h l o s s e n angesehener Ausnahmefall vor, in dem sich durch Anscheinsbeweis auch der subjektive Tatbestand der groben Fahrlässigkeit feststellen ließe". Der Ausschluß des prima-facie-Beweises für die subjektive Seite der groben Fahrlässigkeit entspricht auch der vom B G H zu den Vorsatzfällen gegebenen Begründung, daß es keinen Anscheinsbeweis für individuelle Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Lebenslagen gäbe und dieser nur möglich sei, wenn im Einzelfall ein typischer Geschehensablauf vorliege, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweise und so sehr das Gepräge des gewöhnlichen und üblichen trage, daß die besonderen individuellen Umstände in ihrer Bedeutung zurückträten ( B G H 7 . X . 1980 VersR 1981 S. 1153-1154, 18.III. 1987 VersR 1987 S. 5 0 3 - 5 0 4 , 4.V. 1988 VersR 1988 S. 6 8 3 - 6 8 4 ) . Auch für die subjektive Seite der groben Fahrlässigkeit ist die Feststellung zahlreicher individueller Elemente menschlichen Verhaltens erforderlich, die gegeneinander abzuwägen sind und die sich einer Typisierung entziehen. D a ß der Anscheinsbeweis für die Feststellung der subjektiven Seite der groben Fahrlässigkeit nicht in Betracht kommt, wird inzwischen in der Rechtsprechung der Instanzgerichte zu § 61 allgemein angenommen ( O L G Karlsruhe 5.1.1989 VersR 1991 S. 181-182; O L G H a m m 3 1 . 1 . 1 9 9 0 VersR 1991 S. 2 2 3 - 2 2 4 ; O L G Nürnberg 28.IV. 1994 VersR 1995 S. 331-332; O L G Braunschweig 1 0 . V I I . 1996 VersR 1997 S. 182; ebenso O G H 11.11.1982 VersR 1983 S. 356) und in der Literatur überwiegend vertreten (Hansen S. 4 1 - 4 2 ; Beckmann in B K R N 104 zu § 61; Knappmann NVersZ 1998 S. 13-17, 17; kritisch aber Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 23 zu § 61). [ H 76] γγγ) Anzeichenbeweis Die veröffentlichte Judikatur läßt erkennen, daß der Anzeichenbeweis (Indizienbeweis) bei der Eigenbrandstiftung dominiert (so schon Möller Bd II Anm 37 zu § 61). Kann auch die Tatsache einer Brandstiftung als solche durch das sogenannte „Eliminationsverfahren" nachgewiesen werden (dazu ausführlich Langheid VersR 1992 S. 16), 592

Johannsen/Johannsen

Anm. H 76

I. Hauptpflichten des Feuervers

so gestaltet sich der Nachweis einer Eigenbrandstiftung diffizil, wie überhaupt der kriminologische Aspekt der Brandstiftung seit jeher besondere Probleme aufwirft (dazu schon Loitz VW 1956 S. 432-433). Durch das 6. StrafrechtsreformG mit Geltung ab 1. IV. 1998 ist der Brandstiftungsbegriff erheblich erweitert worden mit der Folge, daß in der industriellen, gewerblichen und landwirtschaftlichen Feuerv in größerem Umfang polizeiliche Ermittlungen stattfinden müssen. Die Zahl der vorsätzlichen Brandstiftungen im Sinne der früheren engeren Fassung von § 306 S t G B hat in Deutschland nach der Statistik des Bundeskriminalamtes schon früher dramatisch zugenommen (vgl. Münchener Rück aaO S. 3). Dies betrifft allerdings nur zu einem geringen Teil Eigenbrandstiftungen und von diesen haben wiederum nur wenige Fälle zu einer vsrechtlichen Auseinandersetzung im Zivilverfahren geführt. Richtig ist, daß die Beweisanforderungen für den Ausschlußtatbestand hoch angesetzt sind. Für den Indizienbeweis existiert zwar keine verbindliche Begriffsbestimmung (dazu Zeller VersR 1990 S. 462), er ist aber hinreichend definitionsgleich umschrieben worden. Der B G H hat diese Umschreibung zunehmend präzisiert im Urteil 5. IV. 1989 VersR 1989 S. 840-841 = r + s 1989 S. 193: „Der Indizienbeweis ist dann rechtlich einwandfrei geführt, wenn eine Mehrzahl von einzelnen Umständen, von denen jeder einzelne für sich genommen nicht voll beweiskräftig ist, in ihrer Gesamtheit dem Tatrichter Überzeugung vom Vorliegen der unter Beweis gestellten Tatsachen mit hinreichender Sicherheit vermitteln. Dazu ist aber eine Bewertung der einzelnen Indizien nach ihrer Aussagekraft und eine zusammenfassende Gesamtbetrachtung erforderlich". Ergänzt wird diese Umschreibung durch Hinweise des B G H wie im Urteil 9. X I . 1977 VersR 1978 S. 74-78, 76: „Der Tatrichter muß beim Anzeichenbeweis alle Hilfstatsachen auf ihre Erheblichkeit für die zu beweisende Haupttatsache prüfen. Er muss ferner eine Gesamtschau und Gesamtwürdigung vornehmen; denn das Zusammentreffen mehrerer für sich unergiebiger Beweisanzeichen kann zu einer anderen Schlußfolgerung führen" (ähnlich in B G H 5. V. 1982 VersR 1982 S. 689, wo insbesondere die Gesamtschau und Gesamtwürdigung als „unverzichtbar" herausgestellt wird). Etwas modifziert heißt es in B G H 15. VI. 1994 VersR 1994 S. 1054-1055 = r + s 1994 S. 394: „Auch wenn einzelne Hilfstatsachen jeweils für sich genommen nicht ausreichen, den Schluß auf die von einer Partei behauptete Haupttatsache zu begründen, können doch mehrere von ihnen in ihrer Gesamtheit und gegebenenfalls in Verbindung mit dem übrigen Prozeßstoff eine tragfähige Grundlage für die Überzeugungsbildung des Tatrichters sein, die Haupttatsache sei gegeben" (vgl. dazu auch Römer r + s 2001 S. 45-50, 47). Für den Nachweis einer Eigenbrandstiftung des Vmers ist es notwendig, daß der Ver vorurteilsfrei konkrete Anzeichen und konkretisierbare Umstände untersucht und sammelt, die einen tragfähigen Indizienbeweis ermöglichen (sachliche Hinweise finden sich bei Lücke VersR 1996 S. 795; Langheid VersR 1992 S. 18; Knoche aaO S. 140-141). Einen allgemein gültigen Katalog wesentlicher Indizien für eine Eigenbrandstiftung wird es kaum geben, weil jeder einzelne Fall unterschiedlich gelagert ist. Trotzdem bieten die von der Münchener Rück aaO S. 33 nach Erfahrungen aus Schadenfällen kompilierten „Merkmale der Eigenbrandstiftung" zumindest eine hilfestellende Anregung: „Verhalten des Vmers vor dem Schadenereignis, jedoch in engem zeitlichen Zusammenhang damit: -

Erhöhung der Vssumme Umstellung von Zeitwert- auf Neuwertv Zahlung rückständiger Beiträge Johannsen/Johannsen

593

Anm. H 76 -

Information über Deckungsumfangs

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Deckungsumfang

des

Vsvertrages

oder

Bestätigung

des

Verhalten des Vmers nach dem Schadenereignis: - übermäßiges Drängen auf schnelle Schadenregulierung oder ungewöhnliche U n interessiertheit - außergewöhnliche Kenntnisse vstechnischer und -rechtlicher Einzelheiten - Bereitschaft, eine gegenüber den angegebenen Verlusten niedrigere Entschädigung zu akzeptieren, wenn auf Nachweise verzichtet wird - sonstiges auffälliges Verhalten Einzelheiten des Schadenhergangs: - Schadenursache bleibt unermittelt - gesamte Buchhaltung wurde angeblich vernichtet - Schadenausbruch zur Nachtzeit, an einem Wochenende oder Feiertag - Schaden ereignet sich entweder kurz nach Vertragsbeginn oder geänderter Policenlaufzeit - Vorräteschäden an Saisonware gegen Ende der Verkaufssaison - geltend gemachte Verluste lassen sich nicht mit Einkommen, Beruf, Wohnung des Vmers vereinbaren (entweder zu teuer oder zu billig) - Feuermelder oder Sprinkleranlage haben versagt Einzelheiten des Schadennachweises: - Schadenaufstellung enthält Einkäufe in größerem Umfang aus jüngster Zeit - Nachweis der Schadenaufstellung kann nicht geführt werden Allgemeine Merkmale: - Gebäude, Einrichtung, Vorräte standen zum Zeitpunkt des Schadens zum Verkauf - Gebäude oder Betrieb wurden kürzlich gekauft, Kaufpreis war wesentlich geringer als Vssumme und zu erwartende Entschädigung - Vorräteschaden betrifft unverkäufliche Waren (Ladenhüter) - Vmer befand sich in finanziellen Schwierigkeiten - Gebäude, Einrichtung, Vorräte waren erheblich übervert - Untersuchungen der Schadenstelle ergibt keine Uberreste nicht brennbarer wertvoller Gegenstände oder persönlicher Habe - Schwierigkeiten mit Arbeitnehmern in der letzten Zeit, unerfreuliches Betriebsklima" Diese objektive Zusammenstellung läßt zwar auch mögliche Motive des Vmers durchschimmern; auf diese kommt es im Grunde aber nicht an, denn sie bleiben mehr oder weniger nur Verdachtsansätze und keine Indiztatsachen (Knappmann VersR 1997 S. 263 Fußnote 25; r + s 1989 S. 160-161). Gemäß § 286 I Z P O hat das Instanzgericht nach freier Uberzeugung zu entscheiden, o b eine tatsächliche Behauptung - das bezieht sich auch auf Hilfstatsachen beim Indizienbeweis - „für wahr oder nicht wahr zu erachten sei". Auch hier ist Wahrheit nicht als absolut zu verstehen; denn nach B G H 18. III. 1987 B G H Z Bd 100 S. 214 = VersR 1987 S. 5 0 3 - 5 0 4 = r + s 1987 S. 17, B G H 9. V. 1989 VersR 1989 S. 7 5 8 - 7 6 0 führt dazu „keine unumstößliche Gewißheit, vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewißheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen". Langheid VersR 1992 S. 15 meint, dies sei eine „Leerformel", der nur ein geringes Maß an Praktikabilität beizumessen ist; auch Sieg VersR 1995 S. 369 hält die Anforderungen für überspannt. Diese Bedenken sind nicht gerechtfertigt. Zumeist lassen sich jegliche Restzweifel nicht ausschließen; sind die erwiesenen Fakten in ihrer Gesamtabwägung jedoch von nicht unerheblicher indizieller Bedeutung, so sind sie 594

Johannsen/Johannsen

Anm. H 77

I. Hauptpflichten des Feuervers

bei der Überzeugungsbildung des Tatrichters zu beachten (Lücke VersR 1996 S. 795; Knoche aaO S. 158; dazu auch BGH 8. XI. 1995 VersR 1996 S. 186-187). Die veröffentlichten Urteile der Instanzgerichte zeigen, wie die Gesamtabwägung der Indizien kritisch erfolgt. [H 77] δδό) Einzelfälle OLG Frankfurt a. M. 26. II. 1981 VersR 1982 S. 992-993: Obwohl die am Tatort polizeilich gesicherten Spuren mit Sicherheit vorsätzliche Brandstiftung ergaben, reichten die Verdachtsmomente gegen den Vmer, schlechte Vermögensverhältnisse, Einzahlung der Prämie kurz vor dem Brand, höchstwahrscheinliches Eindringen in das Gebäude mit einem Schlüssel, dem Gericht nicht aus, um Brandstiftung durch andere Personen ohne Mitwirkung des Vmers auszuschließen. OLG Hamm 25. III. 1981 VersR 1981 S. 1145-1146: „Wegen festgestellter Brandspuren auf dem Teppichboden, die von einer dort verspritzten brennbaren Flüssigkeit stammten, hat das Gericht Brandstiftung angenommen. Es hat den Vmer als Brandstifter angesehen. Es sei ausgeschlossen, daß ein Dritter in den Werkstattraum eingedrungen sei und den Brand gelegt habe. Dieser Geschehensablauf sei in Anbetracht dessen, daß der Kl. die ganze Zeit über im nebenan gelegenen Wohnzimmer vor dem Fernsehgerät gesessen habe, in einem solchen Maße unwahrscheinlich, daß der Senat mit hinreichender Gewißheit vom Gegenteil überzeugt s e i . . . Der Kl habe auch ein Motiv für die Brandlegung, weil er sich an seiner Ehefrau, die ihn nach einem heftigen Streit verlassen habe, habe rächen wollen. OLG Hamm 4. VII. 1984 VersR 1985 S. 437-438: Brand eines landwirtschaftlichen Anwesens, von dem nur ein Stall verschont blieb, in dem die Pferde untergebracht waren; seinen 13jährigen Sohn und seinen Jagdhund hatte der Vmer am Vortrag zu seinen Eltern gebracht. „Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, daß der Kl. (= Vmer) sein Anwesen vorsätzlich in Brand gesetzt hätte. Zwar mag es nicht auszuschließen sein, daß dem Kl. unter Berücksichtigung seiner Vorstrafen auch eine Brandstiftung nicht persönlichkeitsfremd ist. Es steht jedoch bereits nicht sicher fest, daß der Kl. sich in einer wirtschaftlichen Lage befand, die ein ernsthaftes Motiv für eine Brandstiftung abgeben könnte ... Auch eine Gesamtwürdigung aller Umstände läßt keinen zwingenden Schluß auf eine Täterschaft des Kl. zu. Sämtliche Umstände erhalten in ihrem Zusammentreffen nicht ein derartiges Gewicht, daß nur eine Brandstiftung durch den Kl. möglich erschiene ...". OLG Oldenburg 25. V. 1983 r + s 1984 S. 196-198: „Der Senat ist der Uberzeugung, daß der Kl. (= Vmer) den Brand vorsätzlich herbeigeführt h a t . . . Zwar besteht kein Erfahrungssatz dahin, daß im Falle einer vorsätzlichen Brandstiftung, die hier unstreitig vorliegt, der feuervte Vmer Täter oder Anstifter ist. Vielmehr kann es sich nur darum handeln, ob die im Wege des Urkundenbeweises aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft B. gewonnenen Anzeichen ausreichen, um eine Herbeiführung des Vsfalles in dem oben gekennzeichneten Sinn durch den Kl. als bewiesen anzusehen; die entsprechende Uberzeugung hat sich der Senat nach den Grundsätzen des § 286 ZPO verschafft ... Im vorliegenden Fall liegt eine Reihe von Indizien vor, die in ihrer Gesamtheit dem Senat die Uberzeugung verschafft haben, darunter die umfangreichen Brandvorbereitungen. Mag auch jedes Indiz für sich genommen eine andere Deutung zulassen, so konnte sich doch der Senat bei der gebotenen Gesamtschau aller Umstände nicht der Uberzeugung verschließen, daß der Kl. an der Herbeiführung des Brandes mitgewirkt hat. Johannsen/Johannsen

595

Anm. H 77

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

O L G Köln 20. IV. 1989 r + s 1989 S. 160-161: „Ohne Erfolg beruft sich die Bekl (= Ver) auf Leistungsfreiheit gemäß § 61 wegen grob fahrlässiger bzw. vorsätzlicher Herbeiführung des Vsfalls ... Die Bekl. ist auf Indizien angewiesen. Diese reichen jedoch weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit aus, um eine hinreichende sichere Uberzeugung von der Richtigkeit des Beklagtenvorbringens zu gewinnen. ... Geschäftsverluste sind zwar ein mögliches und nicht auszuschließendes Motiv für die Brandlegung, deuten aber nicht zwingend darauf hin, ... Alles in allem geht das Beklagtenvorbringen über Verdächtigungen nicht hinaus. Diese sind zum Beweis der vorsätzlichen Herbeiführung des Vsfalles durch den Kl. jedoch nicht geeignet...". O L G Celle 2. VI. 1989 r + s 1990 S. 9 3 - 9 4 : Bei unstreitiger Brandstiftung in einem seit einem halben Jahr leerstehenden Haus hat das Gericht die finanzielle Belastung des Vmers durch dieses Haus nicht als ausreichendes Indiz für eine Eigenbrandstiftung angesehen. O L G Schleswig 27.11.1991 VersR 1992 S. 1258-1260 (der B G H hat die Revision des Klägers durch Beschluß vom 26. II. 1992 nicht angenommen): Brand eines Restaurantgebäudes, das der Vmer mehrfach vergeblich zum Verkauf angeboten hatte. D e r Senat teilte die Uberzeugung der erstinstanzlichen Kammer, daß die finanzielle Lage des Vmers und die von ihm geführten Brandreden in Verbindung mit weiteren gewichtigen Indizien mit einer für eine vernünftige Beurteilung hinreichenden Gewißheit den Schluß darauf zuließe, daß der Kläger der Urheber der Brandstiftung sei, mag er diese auch nicht eigenhändig ausgeführt haben ... Der Kläger habe nach seiner wirtschaftlichen Situation nicht nur Anlaß gehabt, sich mit dem Gedanken eines Vsbetruges durch Brandstiftung auseinanderzusetzen. E r habe auch tatsächlich wiederholt über die Möglichkeit eines Abbrennens des Restaurants „ L " gesprochen und Geldzahlungen hierfür versprochen. Bei den Gesprächen habe der Kläger auch von Anfang an auf ein Inbrandsetzen mittels Wachskerzen hingewiesen; diese Methode, die keine Spuren hinterlasse, lasse sich auch mit der festgestellten Entstehung des Brandes in Einklang bringen. ... O L G Stuttgart 9. V. 1996 VersR 1997 S. 824-825: Brandschaden in einem vom Vmer angemieteten Lebensmittelladen, bei dem unstreitig war, daß der Täter mit einem passenden Schlüssel in den Laden gelangt und dort in der Toilette in Kanistern mit der Aufschrift Putzmittel aufbewahrtes Heizöl für die Inbrandsetzung verwendet worden war. Aufgrund der Indizien hatte der Senat keinen vernünftigen Zweifel an der Täterschaft des Vmers. ... Der Brand sei vorsätzlich gelegt worden und dabei unstreitig von einem Täter, der nicht nur über einen passenden Schlüssel für das Eindringen in die Ladenräume verfügte, sondern sich dort auch gut genug auskannte, um zu wissen, daß er für die Brandlegung nicht ein eigenes Brandmittel mitzubringen brauchte.... Die Erklärungen des Vmers, wie ein Dritter an den passenden Schlüssel hätte gelangen können, erschienen dem Senat wenig nachvollziehbar, in Teilen sogar widersprüchlich. ... Das Bild einer Eigenbrandstiftung werde schließlich abgerundet durch den Umstand, daß sich die Familie des Vmers in zumindest schwierigen finanziellen Verhältnissen befunden habe. O L G Düsseldorf 3. II. 1998 VersR 1999 S. 1013-1014: Das Hauptgebäude des Bauernhofs des Vmers, bestehend aus Wohngebäude und Stallungen, war während seiner Urlaubsabwesenheit vollständig abgebrannt. Das Gericht hatte aus dem festgestellten Einsatz von Brandbeschleunigern, der widersprüchlichen Aussage der am Brandort anwesenden Mutter des Vmers, die einen Kurzschluß wahrgenommen haben wollte und daraufhin panikartig das Haus verlassen habe, sowie aus vorangegangenen Brandfällen in Häusern des Vmers und seiner Familie geschlossen, daß eine unter Mitwirkung des Vmers erfolgte Brandstiftung vorliege. 596

Johannsen/Johannsen

Anm. H 78

I. Hauptpflichten des Feuervers

O L G Bremen 19.1.1999 VersR 2000 S. 7 5 9 - 7 6 0 = r + s 2000 S. 75-76: Eigenbrandstiftung wurde bejaht bei festgestellter Brandstiftung kurz vor vereinbarter Aufhebung des Vsvertrages, angespannten wirtschaftlichen Verhältnissen des Vmers und des Umstandes, daß der erheblich vorbestrafte Bruder des Vmers in der Brandnacht unter falschem Namen in einem nahe dem Brandgebäude liegenden Hotel abgestiegen war. O L G H a m m 16. IV. 1999 r + s 1999 S. 515-516: Eigenbrandstiftung wurde als nicht erwiesen angesehen. Der Umstand, daß die V einer Gartenlaube erst nach der fristlosen Kündigung des Kleingartenpachtvertrages erfolgt sei, reiche als erhebliches Indiz nicht aus, wenn der Vmer plausibel erklärt habe, das günstige Angebot des Vers angenommen zu haben, nachdem sein Rechtsanwalt ihm erklärt habe, daß die Kündigung vor Gericht keinen Bestand haben werde. In die Abwägung wurde auch einbezogen, daß nicht auszuschließen sei, daß der Brand ein Racheakt anderer mit dem Vmer verfeindeter Kleingärtner sei.

hhh) Von § 61 W G abweichende Vereinbarungen Wie § 68 a ergibt, ist § 61 grundsätzlich auch zum Nachteil des Vmers abdingbar ( R G 18.V. 1928 R G Z 121 S. 158-163; B G H 2 4 . X I . 1 9 7 1 VersR 1972 S. 8 5 - 8 6 , 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832; Möller in Bd II Anm. 87 zu § 61). Die Gültigkeit abweichender Vereinbarungen ist nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 138, 242 B G B , in AVB nach dem A G B G (jetzt §§ 3 0 5 - 3 1 0 B G B n.F.) zu beurteilen.

[H 78] α) Verschulden Problematisch ist, ob das V e r s c h u l d e n s m a ß wirksam herabgesetzt werden kann. Das haben B G H 24. X I . 1971 aaO und O L G Karlsruhe 15. X . 1981 VersR 1982 für die kombinierte Warenlager-Reise- und Transportv für Schmuckhändler bejaht zu einer Klausel, in der auf die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes dieses Geschäftszweiges abgestellt wurde. Der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung ist für den kaufmännischen Bereich zuzustimmen, zumal wenn wie in den entschiedenen Fällen wegen der kostbaren Objekte der V ein vstechnisches Bedürfnis nach strengeren Sorgfaltsanforderungen besteht (so auch Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 28 zu § 61 und Vorbem. I R N 65; Martin 3 O I 70). In der Industriefeuerv könnten entsprechende Vereinbarungen wohl ebenfalls wirksam getroffen werden, weil die O b h u t über die verten Sachen in der Regel von Arbeitnehmern ausgeübt wird, für deren Verhalten der Vmer nach § 61 nicht einzustehen hat, weil sie keine Repräsentanten sind. Deshalb würde der Vsschutz durch die Einbeziehung leicht fahrlässigen Verhaltens nicht erheblich beeinträchtigt, so daß ein Verstoß gegen § 9 A G B G nicht nahe liegt. Derartige Vereinbarungen kommen aber in der Praxis nicht vor (Martin 3 O I 72). In der privaten Wohngebäude- und Hausratsv, in der der Vmer in der Regel mit den verten Sachen persönlich umgeht, wäre der Vsschutz aber durch eine Erweiterung des § 61 auf leichte Fahrlässigkeit stark ausgehöhlt, weil bei dem üblichen Umgang mit den verten Sachen einem durchschnittlich sorgfältigen Vmer leicht ein Fehlverhalten unterlaufen kann, das zu erheblichen Schäden führt. Damit läge eine unangemessene Benachteiligung des Vmers im Sinne von § 9 A G B G vor (Prölss aaO; Martin 3 O 171). Für die Feuergefahr sehen die AVB auch keine Abweichung von dem Verschuldensmaß des § 61 vor. Hinsichtlich der Einbruchdiebstahlsgefahr sieht die sog. Schlüssel Johannsen/Johannsen

597

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

A n m . H 79

klausel (§ 3 Β Nr. 1 e) VHB 84) aber Leistungsfreiheit für ein nur leicht fahrlässiges Verhalten vor bei Ermöglichung des Diebstahls eines zum Eindringen benutzten Schlüssels. Diese Bestimmung hat das O L G Karlsruhe 19. IX. 1996 VersR 1997 S. 1230-1231 wegen der Abweichung vom Verschuldens- und Beweismaßstab des § 61 zutreffend für unwirksam erklärt (zustimmend Prölss aaO R N 28; für die Wirksamkeit aber O L G Frankfurt 21. XII. 1988 VersR 1989 S. 623-624; Martin3 O II 73). [H 79] ß) Repräsentantenhaftung Von größerer Bedeutung sind die Versuche, das Einstehenmüssen des Vmers für Dritte, die den Vsfall herbeiführen, in AVB festzuschreiben. Für die Zulässigkeit derartiger R e p r ä s e n t a n t e n k l a u s e l n , auch wenn sie inhaltlich von der Rechtsprechung des B G H zum Repräsentantenbegriff abweichen, ist insbesondere S c h i r mer eingetreten, der eine Verbindlichkeit dieser Rechtsprechung für die Vertragspartner verneint (ZVersWiss 1984 S. 553-591, 579; ebenso Sieg Β 35; Bach VersR 1990 S. 235-238, 237; dagegen wird die Wirksamkeit solcher Klauseln verneint von Bundschuh ZVersWiss 1993 S. 39-56, 47; Winter in Festschrift für Lorenz S. 723-742; Horn S. 97). Eine erhebliche Einschränkung des Vsschutzes war in § 9 VHB 84 vorgesehen, wonach Schäden nicht vert sind, die eine mit dem Vmer in häuslicher Gemeinschaft lebende volljährige Person vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht. Denn damit wird weder auf die Obhutsüberlassung noch auf ein selbständiges Umgehen mit den Sachen des Vmers abgestellt. B G H 21. IV. 1993 VersR 1993 S. 830-832 = r + s 1993 S. 308-310 hat diese Bestimmung wegen Verstoßes gegen § 9 A G B G für unwirksam erklärt. Er hat der Ausgestaltung des § 61 durch die Rechtsprechung, deren wesentlicher Grundgedanke sei, daß grundsätzlich nur der Vmer hafte und das Handeln eines Dritten ihm nur in den engen Grenzen der Repräsentantenhaftung zugerechnet werde, jedenfalls für die Hausratv Leitbildfunktion zugesprochen. Die Vorschrift ist in den V H B 92 dahin geändert worden, daß die mit dem Vmer in häuslicher Gemeinschaft lebende volljährige Person ersetzt worden ist durch den Repräsentanten. Entsprechendes gilt gemäß § 25 VGB 88 (Fassung 1994) für die Wohngebäudev. § 17 AFB 87 enthielt hingegen eine Definition des Repräsentantenbegriffs, die den Versuch darstellte, die Ergebnisse der BGH-Rechtsprechung zusammenzufassen (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 17 AFB 87). Dieser war aber deshalb nicht gelungen, weil die Vorschrift nur auf die Überlassung der Obhut, nicht aber die Risikoverwaltung abstellte und insbesondere die Überlassung der Obhut aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrages ausreichen ließ. Unter Hinweis auf die Entscheidung des B G H vom 26. IV. 1989 Β GHZ 107 S. 229-236 = VersR 1989 S. 737-738, nach der Mieter und Pächter grundsätzlich nicht als Repräsentanten anzusehen sind, hat das BAV die Änderung von § 17 AFB 87 verlangt (VA 1991 S. 352-353). Nach der Neufassung stehen bei der Herbeiführung des Vsfalles Repräsentanten dem Vmer gleich, so daß es auch für dieses Bedingungswerk allein auf den von der Rechtsprechung entwickelten Repräsentantenbegriff ankommt. Für Altverträge ist die Repräsentantenklausel wegen Verstoßes gegen § 9 A G B G unwirksam (Winter aaO S. 736; Horn S. 97). Für die Industriefeuerv ist es von wesentlicher Bedeutung, daß die Obhut unter Aufrechterhaltung des Vsschutzes auf Dritte übertragen werden kann, so daß eine Ausweitung der Repräsentantenstellung über die Grenzen der BGH-Rechtsprechung hinaus zu einer weitgehenden Entwertung des Vsschutzes führen würde. In Individualvereinbarungen könnte aber der Begriff des Repräsentanten auch abweichend von der Rechtsprechung des B G H wirksam festgelegt werden. 598

Johannsen/Johannsen

Anm. H 80

I. Hauptpflichten des Feuervers

[ H 80] γ) Beweis Streitig ist die Beurteilung von Klauseln, wonach die Voraussetzungen der Herbeiführung des Vsfalles als bewiesen gelten, wenn die Herbeiführung des Schadens durch ein rechtskräftiges Strafurteil wegen vorsätzlicher Brandstiftung festgestellt ist, § § 1 4 Nr. 1 S. 2 A F B 8 7 , 1 8 III V G B 6 2 , 9 Nr. 1 a) V H B 9 2 , 1 5 Nr. 3 AVB Waldbrandv. B G H 2 1 . X . 1981 VersR 1982 S. 8 1 - 8 2 hat eine entsprechende Bestimmung der AVB der Landwirtschaftlichen Brandkasse Hannover für unbedenklich erklärt. D a ß im Falle einer Verurteilung des Vmers wegen vorsätzlicher Brandstiftung Leistungsfreiheit vorgesehen sei, sei weder überraschend noch unangemessen. D e r durchschnittliche, juristische nicht vorgebildete Vmer erwarte nicht, daß er auch dann eine Entschädigung erhalte, wenn seine Schuld im Strafprozeß festgestellt sei. Es liege § 61 keineswegs die Auffassung zugrunde, daß es ein Gebot der Gerechtigkeit sei, daß der Vmer im Zivilprozeß eine erneute Uberprüfung des Vorwurfs verlangen könne (ebenso O L G Karlsruhe 16. IV. 1981 VersR 1983 S. 169-170; O L G H a m m 3 1 . 1 . 1 9 8 6 VersR 1986 S. 1177-1178; L G Köln 17. I X . 1986 r + s 1987 S. 232; L G Hamburg 15.1.1993 VersR 1994 S. 806-807; Möller Bd II Anm 39 zu § 61; Sieg VersR 1995 S. 3 6 9 - 3 7 1 , 370; Martin 3 X II 23; Prölss Beweislast R N 4 zu § 14 A F B ) . Als zusätzliche Argumente für die Angemessenheit der Regelung werden die im Strafverfahren vorhandenen größeren Möglichkeiten zur Sachaufklärung und die Verpflichtung der Ermittlungsbehörde und der Gerichte, von Amts wegen auch die zur Entlastung des Angeklagten führenden Umstände festzustellen und zu berücksichtigen, angeführt. Diesen Argumenten ist für die Beurteilung der Klausel nach § 9 A G B G , wie sie in der zitierten Rechtsprechung und Literatur vorgenommen worden ist, zuzustimmen. Sie ist jedoch nach § 11 Zif 15 A G B G (jetzt § 309 Ziff. 12 B G B n.F.) unwirksam (Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 14 A F B , Hansen Beweislast S. 57; im Ergebnis ebenso O G H 6. X I . 1980 VersR 1982 S. 988 LS). Eine nachteilige Änderung der Beweislast im Sinne dieser Bestimmung liegt nämlich vor, wenn der Vertragspartner mit bestimmten Beweismitteln, insbesondere Zeugenbeweis ausgeschlossen wird, oder wenn umgekehrt nur bestimmte Beweismittel, wie hier das Strafurteil zugelassen werden (Hensen in Ulmer-Brandner-Hensen A G B G 8 R N 11 zu § 11 Nr. 15). D a durch § 14 II E G Z P O die Vorschriften außer Kraft gesetzt worden sind, die die bindende Wirkung des strafgerichtlichen Urteils für den Zivilrichter regelten, gehört es zu den allgemeinen Regeln des Zivilprozesses, daß der Zivilrichter nicht an eine rechtskräftige Verurteilung im Strafverfahren gebunden ist ( B G H 22. I X . 1982 N J W 1983 S. 2 3 0 - 2 3 1 ) . Es gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, der in § 286 Z P O seinen Niederschlag gefunden hat. Auch von diesem, außer von § 61 würde zum Nachteil des Vmers abgewichen werden, wenn man ihm die Möglichkeit einer Beweisführung im Zivilprozeß abschneiden würde. Die Folgen der Unwirksamkeit der behandelten Beweisvereinbarungen sind nicht besonders gravierend, weil die im Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse insbesondere aus protokollierten Zeugenvernehmungen im Zivilprozeß im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden können ( B G H 12.11.1985 N J W 1985 S. 1470-1471), und sie häufig ausreichen werden, um den Zivilrichter davon zu überzeugen, daß der rechtskräftig verurteilte Vmer den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Reichen aber in Ausnahmefällen diese Erkenntnisse und das Ergebnis einer etwaigen weiteren Beweisaufnahme nicht zur Überzeugungsbildung des Richters aus, kann trotz einer rechtskräftigen Verurteilung des Vmers wegen vorsätzlicher Brandstiftung eine Leistungspflicht des Vers bestehen. Auch nach der vom B G H 21. X . 1981 aaO vertretenen Auffassung der Wirksamkeit der vereinbarten Bindung des Zivilrichters an das Strafurteil tritt diese nicht ein, wenn Johannsen/Johannsen

599

Anm. H 82

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

nicht der Vmer selbst, sondern sein Repräsentant verurteilt worden ist, weil es unbillig sei, wenn der Vmer, der keinen Einfluß auf das Strafverfahren gegen den Repräsentanten habe und insbesondere nicht verhindern könne, daß dieses durch Prozeßhandlungen negativ beeinflußt werde, dadurch in der Verfolgung seiner zivilrechtlichen Ansprüche präjudiziert würde (zustimmend Beckmann aaO). iii) Konkurrenzen Vgl. hierzu zunächst Möller in Bd II Anm 2 3 - 2 6 und die Ausführungen unter G 73. [H 81] α) Mit den Vorschriften über die Gefahrerhöhung Grundsätzlich kann der Vsfall zugleich durch die Vornahme einer Gefahrerhöhung herbeigeführt werden. Da die Gefahrerhöhung aber einen Dauerzustand voraussetzt (vgl. dazu G 32), werden beide Tatbestände nur in Ausnahmefällen nebeneinander verwirklicht sein. Als Beispielsfälle kommen in Betracht die länger andauernde unsachgemäße Einlagerung feuergefährlicher Sachen, die zu einem Brand führt (vgl. die unter G 35 aufgeführten Entscheidungen). Hierzu wird in Rechtsprechung und Literatur überwiegend angenommen, daß der Ver wählen dürfe, auf welche Vorschriften er sich zur Begründung seiner Leistungsfreiheit berufen wolle ( B G H 14. III. 1963 VersR 1963 S. 429-430; O L G Frankfurt 14. II. 1979 VersR 1979 S. 1021; Möller in Bd I Anm 11 zu § 23, Bd II Anm 23 zu § 61; Martin Ο I 10, 11; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 45 zu § 23; Langheid in Römer-Langheid Anm 48 zu §§ 23-25; Sieg VersR 1995 S. 369-371 Anm 24; Beckmann in B K R N 12 zu § 61). Demgegenüber neigt Schirmer ZVersWiss 1984 S. 553-591, 572-573 im Hinblick auf die fein ausgebildete Regelung bei Obliegenheitsverletzung und Gefahrerhöhung zu einem Vorrang dieser Regelungen gegenüber § 61. Seinem Ergebnis für einen Konfliktfall, daß der Ver sich auf § 61 jedenfalls dann nicht berufen dürfe, wenn er die Leistungsfreiheit mangels Kündigung nicht oder nicht mehr auf Gefahrerhöhung stützen könne, ist wegen der für den Vmer klarstellenden Bedeutung der Kündigung zuzustimmen. Auch Möller aaO Anm 23 zu § 61 hält es für unbillig, wenn der Ver trotz einer ihm bekannt gewordenen subjektiven Gefahrerhöhung seine Rechtsbehelfe auf Eis legt, weiter Prämien einzieht und nach Eintritt des Vsfalles sich auf Leistungsfreiheit beruft (a. A. aber Sieg, Beckmann aaO). Das hier vertretene Ergebnis kann auch darauf gestützt werden, daß der Ver durch das Unterlassen der Kündigung die Gefahrerhöhung genehmigt habe (so Prölss aaO R N 1 zu § 25). [ H 82] ß) Mit vor Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllenden Obliegenheiten Eine Konkurrenz zwischen § 61 und der Verletzung gemäß § 32 vereinbarter Obliegenheiten, die vornehmlich der Verminderung der Gefahr des Eintritts des Vsfalles dienen, kommt häufiger in Betracht. Da eine vorsätzliche Verletzung von Sicherheitsbestimmungen kaum jemals festgestellt wird (vgl. G 82), geht es hierbei vornehmlich um die grob fahrlässige Verletzung von gesetzlichen, behördlichen oder besonders vereinbarten Bestimmungen über den Brandschutz in Betrieben, insbesondere in Gaststätten, über den Umgang mit elektrischen Anlagen und feuergefährlichem Material, wenn diese zu einem Brand oder einer Explosion geführt haben (vgl. die Beispielsfälle unter G 83). Die überwiegende Meinung in der Literatur nimmt an, daß § 61 und Obliegenheitsverletzung gleichrangig nebeneinander stehen und der Ver in solchen Fällen wählen könne, worauf er seine Leistungsfreiheit stützt (Martin 3 O 14; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 134 zu § 6, 35 zu § 61; Langheid in Römer-Langheid 600

Johannsen/Johannsen

Anm. H 83

I. Hauptpflichten des Feuervers

R N 62 zu § 61; Beckmann in B K R N 13, 14 zu § 61; im Grundsatz auch Möller in Bd II Anm 18 zu § 32,24 zu § 61). Das Ergebnis einer solchen Wahl wäre in der Praxis überwiegend die Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung, weil der Ver für diese abweichend von der Regelung des § 61 nur den objektiven Verstoß zu beweisen hat und der Vmer sich im übrigen entlasten muß (grundsätzlich zu diesen Beweisunterschieden B G H 13. X I . 1996 VersR 1997 S. 4 8 5 ^ 8 6 , anders aber zu § 7 A F B 30, vgl. dazu G 86). Problematisch ist aber, ob in den selteneren Fällen, in denen neben der Obliegenheitsverletzung auch ihre Kausalität für den Eintritt des Vsfalles und das schwere Verschulden fest stehen, also § 61 verwirklicht ist, von dem Ver die Kündigungsobliegenheit des § 6 I 3 eingehalten werden muß. Mit Rücksicht auf diese hat B G H 21. IX. 1964 B G H Z 42 S. 295-301 = VersR 1965 S. 28-31 (mit kritischer Anm. von E. Prölss a a O S. 31-33) angenommen, daß nicht jede vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung einer Obliegenheit, die der Vmer zur Verminderung der Gefahr zu erfüllen habe, zugleich eine Herbeiführung des Vsfalles darstelle, weil sonst das Kündigungserfordernis außer Kraft gesetzt würde. Möller aaO Anm 24 zu § 61 nimmt deshalb trotz der bestehenden Konkurrenzlage an, daß der Ver sich dann nicht mehr auf § 61 berufen könne, wenn er die nach § 6 I 3 gebotene klarstellende Kündigung nicht rechtzeitig erklärt habe (im Ergebnis ebenso Schirmer ZVersWiss 1984 S. 553-591, 572-575). Dem ist zu folgen, wenn die Leistungsfreiheit nach § 61 auf den gleichen Lebenssachverhalt gestützt wird, der der Obliegenheitsverletzung zugrunde liegt, weil sonst das Kündigungserfordernis ausgehöhlt wird (a. A. Martin, Prölss, Beckmann aaO). In der Rechtsprechung tritt das Konkurrenzproblem nur selten auf. O L G Saarbrücken 20. IV. 1988 VersR 1989 S. 397-398, 29.1.1992 VersR 1992 S. 741-742 weist zwar ausdrücklich auf die Unabhängigkeit der beiden Rechtsinstitute voneinander hin. In der ersten Entscheidung wird das Kündigungserfordernis aber nur deshalb verneint, weil die Leistungsfreiheit aus § 61 nicht nur aus einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit bei der Leitungswasserv zur Absperrung und Entleerung von Wasserleitungen in nicht benutzten Gebäuden, § 9 Nr. 2 b V G B 62, sondern einem weiteren darüber hinaus erforderlichen Fehlverhalten folge; in der zweiten Entscheidung wird die Konkurrenzsituation aus tatsächlichen Gründen verneint. Das K G 26. III. 1996 r + s 1996 S. 277-278 hat jedoch in einem ebenfalls zur Leitungswasserv nach den V G B 88 entschiedenen Fall angenommen, daß auch dann, wenn Obliegenheitsverletzung und Herbeiführung des Vsfalls auf dem gleichen Sachverhalt beruhten, eine Kündigung nicht erforderlich sei. [ H 83] ß) Mit § 62 II W G Obwohl die Tatbestände der Herbeiführung des Vsfalles und der Rettungsobliegenheit grundsätzlich zeitlich aufeinanderfolgen, so daß bis zum Eintritt des Vsfalles § 61 gilt und danach § 62, können sie ausnahmsweise miteinander konkurrieren, weil die Rettungspflicht nach der Vorerstreckungstheorie (vgl. dazu G 152) bereits vor Eintritt des Vsfalles einsetzen kann. Die Frage, nach welcher Vorschrift die Rechtsfolgen einer Verletzung in dieser Situation zu beurteilen sind, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird § 61 für vorrangig erklärt (so grundsätzlich von Möller in Bd II Anm 25 zu § 61; Müller VersR 2000 S. 533-537, 533), teilweise angenommen, daß § 61 von § 62 verdrängt werde (Stange S. 14), oder es wird darauf abgestellt, worin der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit des Verhaltens des Vmers liege mit der Folge, daß im Falle aktiven Tuns § 61, des Unterlassens aber § 62 zur Anwendung gelange (Beckmann in B K R N 16 zu § 61). Auch Möller aaO hält es für zulässig, im Einzelfall den Rechtsgedanken der Rettungsobliegenheit in den Vordergrund zu stellen, ohne Johannsen/Johannsen

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Anm. H 84

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

daß er hierfür konkrete Anwendungsfälle nennt. Die Frage ist von erheblicher praktischer Relevanz. Zwar stimmt die materielle Rechtslage insoweit überein, als sowohl § 6 1 wie auch § 62 II für die Leistungsfreiheit des Vers Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraussetzen. Unterschiedlich ist aber die Beweislast geregelt; während bei § 61 der Ver auch für das Verschulden die Beweislast trägt, hat er bei § 62 II nur den objektiven Verstoß gegen die Rettungspflicht zu beweisen, während der Vmer sich von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit entlasten muß. Diese unterschiedliche Beweislastverteilung ist für Voit in Prölss-Martin 26 R N 6 zu § 62 der Hauptgrund, die Vorerstreckungstheorie abzulehnen. Auf jeden Fall plädiert er aber dafür, bei ihrer Anwendung Beweisnachteile für den Vmer zu vermeiden. Dem ist zuzustimmen, weil der Vmer, der Rettungsmaßnahmen zur Abwendung des drohenden Vsfalles unternommen und dabei fehlerhaft gehandelt hat, aus Gerechtigkeitsgründen nicht schlechter gestellt werden darf als derjenige, der den Vsfall herbeigeführt hat. Der B G H 14. IV. 1976 VersR 1976 S. 649-651 hat in einem Fall, in dem der Vmer seine unmittelbar am Ufer der Saar geparkten Fahrzeuge trotz sich ihm aufdrängender Überschwemmungsgefahr nicht aus dem gefährdeten Gebiet herausgeholt hat, § 61 angewandt und dahingestellt sein lassen, ob der Vmer auch wegen Verletzung der Rettungspflicht seinen Entschädigungsanspruch verloren hätte. Das ist nicht zu beanstanden, weil die Feststellungen des Berufungsgerichts grobe Fahrlässigkeit ergaben und es auf die Beweislast demnach nicht ankam. Hingegen hat der O G H 30. IX. 1998 VersR 1999 S. 1263-1264 bei einem unmittelbar bevorstehenden Vsfall § 61 gegenüber § 62 zurücktreten lassen und dem Vmer den Entlastungsbeweis auferlegt. Es ging darum, daß der Vmer in einer Halle, deren Boden mit einer bis zu 10 cm hohen Sägemehlschicht bedeckt war, Schweißarbeiten ausgeführt hatte, durch die ein Glimmbrand ausgelöst worden war. Der Vmer hatte diesen mit Hilfe eines Feuerlöschers gelöscht, aber hinterher nicht noch einmal den Löscherfolg kontrolliert. Die Halle brannte etwa 2 Stunden später vollständig ab. Das vom O G H gewonnene Ergebnis wäre dann gerechtfertigt, wenn es sich bei dem Glimmbrand bereits um den Vsfall gehandelt hätte, weil dann die Rettungshandlung nur nach § 62 zu beurteilen ist. Das hat der O G H aber nicht ausdrücklich festgestellt, sondern unter Bezug auf Möller in Bd II Anm 28 zu § 62 auf die dort vertretene Vorerstreckungstheorie hingewiesen. Stand der Vsfall aber im Zeitpunkt des Glimmbrandes nur drohend bevor, erscheint es angemessener, dem Ver die Beweislast dafür aufzuerlegen, daß die unterlassene Kontrolle der Löschaktion dem Vmer als grobe Fahrlässigkeit anzulasten ist. [ H 84] 3. Zeitliche Abgrenzung des Versicherungsschutzes Der Ver hat in der Feuerv - wie in allen anderen Sachvssparten auch - nur für solche V s f ä l l e einzutreten, die während der D a u e r des zugesagten materiellen Vsschutzes eintreten. Bei einem sich über mehrere Tage erstreckenden Brand können sich Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. Von Bedeutung ist dabei, was unter einem Vsfall im Sinne der Feuerv zu verstehen ist. Wie unter H 2 dargelegt, ist das streitig. Es gibt eine weitverbreitete Meinung, die dahin geht, daß bereits der Eintritt der vten Gefahr den Vsfall in der Feuerv darstelle, auch wenn an v t e n S a c h e n noch k e i n Schaden entstanden sei. Diese Auffassung ist unzutreffend. Nach dem unter H 2 begründeten Standpunkt ist vielmehr der Zeitpunkt maßgebend, in dem durch die v t e n G e f a h r e n v t e S a c h e n b e s c h ä d i g t oder z e r s t ö r t werden (vgl. dazu grundlegend M ö l l e r Bd II Anm. 32-34 vor §§ 49-80 m. w. N.; a. M. Sieg in diesem Bd Anm. C 3; w. N . in Anm. H 2). Läuft demgemäß ein Vsvertrag mit dem Ver A am 1.1. eines Jahres mittags um 12 Uhr ab und bricht ein Brand auf einem Grundstück, das dem Nachbarn des Vmers 602

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Anm. H 84

I. Hauptpflichten des Feuervers

gehört, um 11 Uhr aus, so ist der Ver A im vollen Umfang des Gesamtschadens im Risiko, wenn vor Ablauf der V auch nur eine Sache des Vmers durch den Brand geschädigt worden ist (so jetzt insbesondere auch B G H 6. III. 1991 VersR 1991 S. 460-462 = r + s 1991 S. 171-173; ebenso Dörner-Staudinger in B K Anm. 3 zu § 82; Martin 3 Β I V 3, Hannemann 1985 S. 107, Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 1 zu § 82). Ist das nicht der Fall, so ist der Schaden allein von dem Ver Β zu tragen, der ab dem 1.1. des betreffenden Jahres ab mittags um 12 Uhr das Risiko übernommen hat. Dabei genügt für die Eintrittsverpflichtung des Vers A, daß nur ein Bruchteil der aufgrund des mit ihm abgeschlossenen Vsvertrages vten Sachen durch die vte Gefahr Schaden erleidet. Daß die vten Sachen in verschiedenen P o s i t i o n e n eines einheitlichen Vsvertrages als vert aufgeführt werden und nur eine Sache aus einer dieser Positionen vor Ablauf der materiellen Laufzeit des Vsvertrages Schaden erlitten hat, ändert nichts daran, daß der Ver A für den gesamten Schaden im Risiko ist (a. M. Martin 3 Β IV 3). Hingegen ist Martin 3 a.a.O. darin beizupflichten, daß dann, wenn der Vmer mit dem Ver A mehrere rechtlich selbständige Feuervsverträge abgeschlossen hat, eine Eintrittspflicht des Vers A nur bezüglich desjenigen Vsvertrages gegeben ist, bei dem vte Sachen während der Laufzeit des Vsvertrages durch eine vte Gefahr beschädigt worden sind. Es liegt nahe, daß als logische Konsequenz dieser Abgrenzung der Eintrittspflicht des Vers A die Erkenntnis gewonnen wird, daß der Ver Β für solche Schadenfälle nicht einzutreten hat, für die der Ver A im Risiko ist. Die gedankliche Alternative zu dieser Auslegung wäre die, daß der Ver A für diejenigen Schäden haftet, die vor Ablauf des Vsvertrages eingetreten sind und der Ver Β für die Vergrößerung des Schadens, die innerhalb der Laufzeit seines Vertrages entstanden ist. Vor einer solchen Abgrenzung ist dagegen dringend zu warnen, da dann in jedem überlappenden Vsfall Beweisschwierigkeiten zu Lasten des Vmers entstehen würden. Hingegen hat die hier vertretene Auffassung den Vorteil, daß der Vmer nur zu beweisen braucht, daß eine der vten Sachen während der Dauer des mit dem Ver A abgeschlossenen Vsvertrages Schaden erlitten hat. Das kann allerdings in Ausnahmen auch zu Beweisschwierigkeiten führen. Das ergibt mit besonderer Deutlichkeit B G H 6. III. 1991 a.a.O. Dort hatte der Vmer bis zum 1.1.1981 um 12 Uhr bei dem Ver A und danach bei dem Ver Β einen Feuervsvertrag für ein Hotel-Restaurant abgeschlossen. A m 1.1.1981 gegen 2 Uhr morgens geriet die Decke über dem Saalbau des vten Hotels in Brand. Das Feuer wurde zunächst mit Handfeuerlöschern und sodann von der Feuerwehr gelöscht. Der Sachschaden war gering. A m selben Tag geriet die Decke gegen 20. 15 erneut in Brand. Der Saal wurde vollständig zerstört. Zwischen den beiden Vern war von Anfang an streitig, ob der zweite Brand eine Folge des ersten gewesen war. Die Ver vereinbarten zugunsten des Vmers - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - , daß sie den Schaden im Verhältnis zum Vmer je zur Hälfte tragen würden. Der Ver Β verlangte dann von dem Ver A, daß dieser ihm die an den Vmer erbrachte Leistung in Höhe von rund D M 1355 000,- erstatte. Der B G H führt dazu aus, daß dann, wenn der Brand sich am Abend des 1.1.1981 durch Wiederaufflackern eines noch vorhandenen Glimm- oder Schwelbrandes aus dem vorangegangenem Feuer am Morgen des 1.1.1981 entwickelt habe, der VerA vollen Umfangs im Risiko sei, da es sich dann um einen einheitlichen Vsfall gehandelt habe. In diesem Sinne war in den Tatsacheninstanzen zugunsten des Vers Β unter Anwendung der Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins entschieden worden. Dabei hatte sich das Berufungsgericht insbesondere auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen gestützt, daß erfahrungsgemäß alles dafür spreche, daß sich von dem ersten Brand ein Glimm- oder Schwelbrand erhalten, fortentwickelt und am Abend des 1.1.1981 zum Vollbrand geführt habe. Vom B G H wurde indessen beanstandet, daß das Berufungsgericht die Voraussetzungen des Anscheinsbeweises Johannsen/Johannsen

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Anm. H 84

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

auf den konkreten Fall nicht rechtsfehlerfrei angewandt habe (ebenso B G H 5. IV. 1989 VersR 1989 S. 840-841 in einem Fall, in dem zu entscheiden war, ob sich die grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 61 auch auf den zweiten Brand erstreckte, vgl. dazu auch Η 14). Soweit der Streit zwischen den beiden Vern in der Weise beigelegt wird, daß man sich ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage einigt, daß bei Unklarheiten jeder der beiden Ver die Hälfte trägt und im Innenverhältnis dann ausprozessiert wird, in wessen Haftungszeit der Brandschaden eingetreten ist, ist vom Standpunkt des Vmers aus dagegen nichts einzuwenden. Indessen ist zu bedenken, daß der Vmer keinen Anspruch darauf hat, daß die beiden Ver derart verfahren. Demgemäß können sich für ihn die gleichen Beweislastschwierigkeiten ergeben, die für den Ver Β dann im Rückgriffsprozeß überwunden werden sollten. Beweiserleichterungen kommen dem Vmer in einem solchen Fall nicht zu. Insbesondere wäre es verfehlt, hier § 830 I B G B entsprechend anzuwenden. Denn diese Vorschrift betrifft unerlaubte Handlungen; sie kann auf vertraglich aufeinanderfolgende Haftungen verschiedener Vertragspartner grundsätzlich nicht entsprechend angewendet werden (ebenso für das entsprechende Problem der sogenannten Langzeitschäden im Gewässerschadenhaftpflichtvsbereich L G Baden-Baden 29.1.1993 VersR 1994 S. 852-853, ferner Hannemann S. 150 m. w. N . und Johannsen, Haftpflichtvsschutz gegen Umweltschäden durch Verunreinigung des Erdbodens und der Gewässer, Hamburg 1987, S. 136-145 m. w. N.; a. M. Diederichsen VersPrax 1987 S. 93). Erwägenswert wäre es, die A F B durch eine Sonderregelung für solche überlappenden Schadenereignisse, in denen der Beweis der Eintrittsverpflichtung eines der beiden Ver nicht eindeutig geführt werden kann, zu ergänzen. Diese müßte so ausgestaltet werden, daß die Ver je zur Hälfte des Schadens einzutreten haben, ohne daß sich dabei die Vssummen verdoppeln. Das setzt aber voraus, daß eine solche Zusatzvereinbarung sowohl zum Vsvertrag A wie zu dem Vsvertrag Β getroffen worden ist. Bemerkenswert ist, daß die zeitliche Abgrenzung des Vsschutzes in der Feuerv in der Nachkriegszeit auch bei der Entscheidung über währungspolitische Umstellungsfragen eine besondere Rolle gespielt hat (vgl. B G H 14. X I . 1957 VersR 1957 S. 781-782, der bei einem Ausbruch eines Feuers vor dem Stichtag der Währungsreform im Jahre 1948 den gesamten Schaden - also auch bezüglich desjenigen Teils, der nach dem 20. VI. 1948 abgebrannt ist - einer Umstellung zu Lasten des Vmers im Verhältnis 10 zu 1 unterworfen hat; dagegen ist vom B G H 18. III. 1998 VersR 1998 S. 712-713 bei einem ganz vor derWiedervereinigung eingetretenen Schaden eine den Vmer begünstigende Umstellung im Verhältnis 1 zu 1 mit der Begründung vorgenommen worden, daß es sich um eine Schadenersatzforderung handle; dogmatisch ist das freilich nicht als zutreffend einzuordnen).

4. Versicherte Sachen Gliederung: Schrifttum Η 85 a) AFB-Regelung unter Berücksichtigung der Positionen-Erläuterung Η 86-107 aa) Vorbemerkung Η 86 bb) Text der Positionen-Erläuterung Η 87 cc) Gebäude- und Grundstücksbestandteile Η 88-92 aaa) Grundsätzliches Η 88 bbb) Einzelheiten Η 89

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ccc) Exkurs Η 90-92 α) Geschäftsgebäudev Η 90 β) Gebäudev Η 91 γ) Landwirtschaftliche V Η 92 dd) Bewegliche Sachen Η 93-108 aaa) V des Eigentümerinteresses und eigentümerähnlicher Interessen Η 93 bbb) V fremden Eigentums gemäß $ 2 Nr. 4 AFB 87 Η 94

Johannsen/Johannsen

Anm. H 86

I. Hauptpflichten des Feuervers ccc) Abgrenzung des vten Interesses in den Fällen der Mitv fremden Eigentums H 95 ddd) Sachgruppen H 96-106 α) Betriebseinrichtung Η 96-103 αα) Gemäß Positionen-Erläuterung 2.1-2.2. eingeschlossene Sachen Η 96 ßß) Ausnahmen Η 97-102 ααα) Bargeld Η 97 ßßß) Urkunden, ζ. B. Sparbücher und sonstige Wertpapiere Η 98 γγγ) Geschäftsunterlagen und sonstige Datenträger Η 99 δδό) Entwicklungsunterlagen und nicht mehr benötigte Fertigungsvorrichtungen Η 100 εεε) Zulassungspflichtige Kraftfahrzeuge, Kraftfahrzeuganhänger und Zugmaschinen Η 101 ζζζ) Automaten mit Geldeinwurf (einschließlich Geldwechsler) samt Inhalt sowie Geldautomaten Η 102 β) Vorräte Η 103 γ) Gebrauchsgegenstände der Betriebsangehörigen Η 104-106

αα) Gesetzliche Ausgangsregelung Η 104 ßß) § 2 Nr. 71 S. 1 AFB 87 Η 105 γγ) § 2 I 3 AFB 30 Η 106 ee) Vorsorgev Η 107 b) Regelung in der Hausratv H 108-119 aa) Grundsatz H 108 bb) Erweiterungen gemäß § 1 Nr. 2 VHB 92 aaa) Rundfunk- und Fernsehantennen sowie Markisen H 109 bbb) Vom Mieter in ein Gebäude eingefügte Sachen H 110 ccc) Motorgetriebene Krankenfahrstühle, Rasenmäher, Go-Karts und Spielfahrzeuge H i l l ddd) Kanus, Ruder, Fait- und Schlauchboote einschließlich ihrer Motoren sowie Surfgeräte und Flugdrachen H 112 eee) Berufliche Arbeitsgeräte und Einrichtungsgegenstände H 113 cc) Einschluß fremden Eigentums H 114 dd) Vom Vsschutz ausgeschlossene Sachgruppen H 115-119 aaa) Gebäudebestandteile H 115 bbb) Kraftfahrzeuge aller Art und deren Anhänger H 116 ccc) Teilweiser Ausschluß von Wasserfahrzeugen H 117 ddd) Sachen des Untermieters H 118 eee) Anderweitig vte Schmucksachen und Pelze H 119

[H 85] Schrifttum Berndt-Luttmer 2 Der Ersatzwert in der Feuerv Karlsruhe 1971, Engels VersPrax 1985 S. 120, Schaefer VersR 1976 S. 258, Wälder r + s 1974 S. 2-9.

[H 86] a) AFB-Regelung unter Berücksichtigung der Positionen-Erläuterung aa) Vorbemerkung Zum generellen Anwendungsbereich der AFB 87 ist zu bedenken, daß diese in erster Linie den Abschluß von Vsverträgen für i n d u s t r i e l l e u n d g e w e r b l i c h e R i s i k e n betreffen (einschließlich der Landwirtschaft). Hingegen finden die AFB 87 anders als die AFB 30 auf p r i v a t e R i s i k e n grundsätzlich keine Anwendung. Das hat sich wesentlich dadurch ergeben, daß es seit langem mit den immer wieder geänderten VHB und den VGB besondere Bedingungswerke gibt. In diesen Bedingungswerken sind nicht nur spezielle Regelungen zur Feuerv in diesem Bereich enthalten; vor allen Dingen sind auch noch weitergehende Risiken als die in der traditionellen Feuerv eingeschlossenen mit in den Vsschutz einbezogen worden. Entsprechend dieser Entwicklung erfassen die relativ ausführlichen Abgrenzungen in § 2 AFB 87 in den dort aufgeführten Standardformulierungen wesentlich den Bereich der Industrie, des Handels und der sonstigen gewerblichen Aktivitäten. Abweichende V e r e i n b a r u n gen sind nach den allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen ohne weiteres möglich. Sie haben, auch wenn das nicht ausdrücklich erwähnt wird, im R e g e l f a l l V o r r a n g vor den A b g r e n z u n g s b e s t i m m u n g e n gemäß § 2 AFB 87. In der Vergangenheit sind sogenannte B l o c k p o l i c e n vomBAAVA 1949 S. 106-107 beanstandet worden. In diesen durchweg von Vsmaklern entworfenen Verträgen Johannsen/Johannsen

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H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

wurde auf eine Aufzählung der einzelnen Risiken verzichtet und festgelegt, daß sämtliche dem Vmer gehörenden Sachen und solche, die sich in seinem Besitz befinden, vert seien. Nach der Auffassung des BAA war eine solche Vertragsgestaltung mit den Grundsätzen einer ordentlichen und sorgsamen Führung des Feuervsgeschäftes nicht zu vereinbaren. Das wurde damals nicht in Zweifel gezogen (vgl. dazu Berndt-Luttmer2 S. 82 m. w.N. in Anm. 52 und Bruck-Möller Bd I Anm. 10 zu § 3). Heute kann man aber ein solches Verbot mit Rücksicht auf die bewußte Eindämmung des Einflusses des BAA in Frage stellen. Denn die Ver, die solche Blockpolicen anbieten, würden damit rechtmäßig von der ihnen durch die Deregulierung des Aufsichtsrechts gewährten größeren Wettbewerbsfreiheit Gebrauch machen. Der Ver hat es in der Hand, durch zweckmäßige Gestaltung seiner Rückvsverträge ein die eigene Wirtschaftskraft wesentlich bedrohendes Kumulrisikio abzuwenden. In der Praxis haben sich aber in Bezug auf die Möglichkeit solcher Blockpolicen noch keine erheblichen Streitfragen ergeben. Im Bereich der industriellen und gewerblichen Feuerv (und für andere den industriellen Vsbedarf betreffende Ven) ist im Regelfall davon auszugehen, daß die zu vernden Sachen üblicherweise im Vsschein in diverse Gruppen (Positionen genannt) mit unterschiedlichen Vssummen und häufig unterschiedlichen Prämiensätzen für diese Positionen aufgeteilt werden. Eine derart ausgestaltete Police wird als eine „positionsweise V" bezeichnet. Der Ausdruck „Position " findet sich im Gesetz nicht, wohl aber in § 11 Nr. 3 AFB 87 (und § 3 IV AFB 30) bei der Behandlung der Unterv. Von besonderer Bedeutung sind die zu den P o s i t i o n e n gehörenden Erläuterungen, die in standardisierter Form zu einem entsprechend in Positionen aufgeteilten Vsantragsformular gehören. Dieses Vertragsformular und die Positionserläuterungen gehen zurück auf Vorarbeiten und unverbindliche Empfehlungen des Feuerfachausschusses des früheren Sachverbandes. Auf die darauf aufbauende Erläuterung wird durchweg im Vsschein Bezug genommen, und zwar häufig in der Weise, daß sie zusammen mit den AFB und dem Vsantrag dem Vsschein als für den Umfang des Vsschutzes wesentliche Unterlagen beigefügt werden. Während es sich bei der Bezeichnung der zu vernden Sachen im Antrag und im Vsschein durchweg um individuelle Abreden handelt, kommt dagegen der P o s i t i o n e n - E r l ä u t e r u n g der Charakter standardisierter Vertragsklauseln im Sinne des AGBG zu. Soweit zwischen den AFB und der Positionen-Erläuterung Widersprüche auftreten, ohne daß durch eine individuelle Sonderabrede Klarheit geschaffen ist, muß in dem Sinne entschieden werden, daß die jeweils für den Vmer günstigere Auslegungsmöglichkeit maßgebend ist. Das ist allerdings eine mehr oder minder theoretische Ausgangsüberlegung, da sich in der Regulierungspraxis, soweit sie sich aus den veröffentlichten Entscheidungen ablesen läßt, so gut wie keine derartige Diskrepanzen ergeben haben. Bedenken könnten sich in dieser Beziehung allerdings gegenüber der Vorbemerkung zur Positionen-Erläuterung ergeben. Es heißt dort, daß - soweit im Vsvertrag nichts anderes vereinbart ist - sämtliche auf dem Vsgrundstück befindlichen und zu den vten Positionen gehörenden Sachen als in die V eingeschlossen gelten. Das könnte in dem Sinne interpretiert werden, daß fremde bewegliche Sachen - abweichend von § 2 Nr. 3 b), c) und Nr. 4 AFB 87 in jedem Fall auch vert sind. Es dürfte sich daher zur Vermeidung von Mißverständnissen empfehlen, diese Vorbemerkung im Vertragstext wegzulassen oder einzufügen, daß die Regelung in § 2 Nr. 3 b), c) und Nr. 4 AFB unberührt bleibt. Zu beachten ist im übrigen, daß die Positionen-Erläuterung im Regelfall nur in der Industriefeuerv zur Vertragsgrundlage gemacht wird. Daneben gibt es allerdings zur Geschäftsgebäudev im üblichen Vsantrag Erläuterungen zum Vsumfang, die weitgehend der Pos. 1.1. der Positionen-Erläuterung bezüglich des Gebäude606

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Anm. H 87

I. Hauptpflichten des Feuervers

b e g r i f f s e n t s p r e c h e n (vgl. dazu H 90). Nicht üblich ist die Vereinbarung der Abgrenzungsregelungen gemäß der Positionen-Erläuterung im Bereich der G e s c h ä f t s v und in dem der l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n V. Es wäre vertragsrechtlich nicht zu begründen, die Regelung aus der Positionen-Erläuterung auf diese Vszweige „entsprechend" anzuwenden (Möller Bd II Anm. 19 zu § 54). [H 87] bb) Text der Positionen-Erläuterung Die vom Feuerfachausschuß des früheren Sachverbandes entwickelte PositionenErläuterung hat eine lange Tradition. Für die zunächst zu den AFB 30 herkömmlicherweise gebrauchte Positionen-Erläuterung wird auf den Abdruck bei Möller Bd II Anm. 18 zu § 54 verwiesen. Eine Neufassung erfolgte im Jahre 1985. Sie berücksichtigte kritische Bemerkungen von Wälder r + s 1974 S. 2-9. Zu beachten ist, daß es sich um für die Ver gänzlich unverbindliche frühere Verbandsempfehlungen handelt, die in der Praxis nicht selten Abwandlungen finden. Bei der Beurteilung von Schadenfällen ist demgemäß kritisch zu untersuchen, welche Positionen-Erläuterung von den Vertragsparteien zur Vertragsgrundlage gemacht worden ist. Nach der Darstellung von Wälder Feuerv I S. 43 ist das frühere Verbandsschema inzwischen von einer ganzen Reihe von Vera in unterschiedlicher Weise variiert worden. Da im Rahmen der AFB 87 aber überwiegend in der Vspraxis noch jene 1985 publizierte Positionen-Erläuterung zur Feuerv für Industrie und Gewerbe verwendet wird, erscheint es als sachgerecht, deren Text nachstehend im Zusammenhang wiederzugeben: Vorbemerkung Soweit im Versicherungsvertrag nichts anderes vereinbart ist, gelten sämtliche auf dem Versicherungsgrundstück befindlichen und zu den versicherten Positionen gehörenden Sachen in die Versicherung eingeschlossen. Pos. 1.1-1.2 Gebäude Als Gebäude gelten alle Bauwerke (auch Um-, An- und Neubauten) einschließlich Fundamente, Grund- und Kellermauern, die zur Aufnahme von Menschen, Tieren oder Sachen geeignet sind. Unter Fundamenten oder Grundmauern wird der gesamte allseitig vom Erdreich berührte Bauteil verstanden, der bei unterkellerten Gebäuden unter der Unterfläche Kellerboden liegt und bei nicht unterkellerten Gebäuden bis Unterfläche Erdgeschoßfußboden, höchstens jedoch bis zur Erdoberfläche, reicht. Unter Kellermauern sind die Umfassungswände zu verstehen, die zwischen der Unterfläche des Kellerbodens und der Unterfläche des oberirdischen Geschosses liegen. Zur Position Gebäude gehören auch: Baustoffe und Bauteile, die für den Bestand und die Herstellung eines Gebäudes eingefügt oder für den Einbau in ein Gebäude bestimmt sind Behälter, sofern in Mauerwerk oder Beton ausgeführt Brunnenanlagen einschließlich Abdeckungen Einfriedungen, Einrichtungen und Einbauten, die - nach ihrer baulichen Ausführung mit dem Gebäude bleibend verbunden und somit als dessen Bestandteil anzusehen sind und - dauernd der Benutzung des Gebäudes dienen und Johannsen/Johannsen

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Anm. H 87

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

- im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehen, z.B. - Aufzugschächte, einschließlich Türen - Blitzableiter - Einbauschränke - Fahnenstangen - Fußbodenkanäle, einschließlich Abdeckungen - Hauswasserversorgung, einschließlich der gesundheitlichen Anlagen sowie der dazugehörigen Warmwasserbereitungsanlagen, Pumpen und dgl. - Klimatisierung - Leitungen - elektrische - , unter Putz verlegt - Personenaufzüge - Raumbeleuchtungsanlagen ohne Lampen und Röhren ect. - Raumbelüftungsanlagen - Raumbeheizungen, z.B. Herde, Einzel- und Sammelheizungen, Brennstoffbehälter, Kessel, Pumpen und dgl. Anlagen - Sanitäranlagen, ζ. B. Ausgüsse, Waschbecken, Badewannen, W C - Silos - Speiseaufzüge Gehsteigbefestigungen Gruben, sofern in Mauerwerk oder Beton ausgeführt Hofbefestigungen Kaimauern Rampen Schornsteine Silos, sofern in Mauerwerk oder Beton ausgeführt Verbindungsbrücken Vordächer Wasserhochbehälter Nicht zur Position Gebäude gehören zu vorübergehenden Zwecken erstellte - Baubuden - Traglufthallen - Zelte und ähnliches; sie können unter besonderen Positionen versichert werden. Pos. 2.1-2.2 Betriebseinrichtung Betriebseinrichtungen sind Betriebsmittel (einschließlich der dazugehörigen Fundamente und Einmauerungen), soweit sie nicht unter die übrigen Positionen fallen. Solche Betriebseinrichtungen sind ζ. B. Absauganlagen, die Betriebszwecken dienen Antriebseinrichtungen, einschließlich Riemen, Seile und Ketten Apparaturen Baugerüste Bedienungsbühnen Behälter, soweit kein Verpackungsmaterial Beleuchtungsanlagen, die mit dem Gebäude nicht fest verbunden sind Brandbekämpfungseinrichtungen und -anlagen Brandmeldeanlagen Büchereien Büroeinrichtungen 608

Johannsen/Johannsen

Anm. H 87

I. Hauptpflichten des Feuervers

Büromaschinen Büromaterial Container Dampfkraftanlagen Datenträger - unbeschriebene Datenübertragungsanlagen Datenverarbeitungsanlagen Diapositive Drucksachen Druckplatten und -walzen, soweit für die laufende Produktion benötigt Drückwerkzeuge, soweit für die laufende Produktion benötigt Energieanlagen Ersatzteile Fahrzeuge, soweit nicht zulassungspflichtig; zulassungspflichtige können unter besonderer Position versichert werden Fernkopieranlagen Fernschreibanlagen Fernsehanlagen Fernsprechanlagen Fertigungsvorrichtungen, soweit für die laufende Produktion benötigt Feuerlöscher Filme Firmenschilder Förderanlagen Formen, soweit für die laufende Produktion benötigt Fuhrpark, soweit nicht zulassungspflichtig; zulassungspflichtiger kann unter besonderer Position versichert werden Gaserzeugungsanlagen Gefäße, soweit kein Verpackungsmaterial Gerätschaften Gleisanlagen Hubstapler, soweit nicht zulassungspflichtig; zulassungspflichtige können unter besonderer Position versichert werden Kabel Kälteanlagen Kantineneinrichtungen Kesselanlagen, die überwiegend der Kraft-, Wärme- oder Wasserversorgung von Betriebseinrichtungen dienen Klimaanlagen, die Betriebszwecken dienen Klischees, soweit für die laufende Produktion benötigt Kräne Lagereinrichtungen Lagerhilfen, soweit kein Verpackungsmaterial Lampen, einschließlich beweglicher Anschlußleitungen Lastenaufzüge Leitungen - elektrische - , soweit nicht unter Putz verlegt Lettern Lösch-Anlagen, -Ausrüstung, -Fahrzeuge Lüftungsanlagen, die Betriebszwecken dienen Luftschutzeinrichtungen Maschinen Johannsen/Johannsen

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Anm. H 87

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Matrizen, soweit für die laufende Produktion benötigt Modelle - formgebende - , soweit für die laufende Produktion benötigt Motore Ofenanlagen, zum Brennen, Glühen, Schmelzen, Backen und dgl. Prägewerkzeuge, soweit für die laufende Produktion benötigt Röhren, einschließlich beweglicher Anschlußleitungen Rohrleitungen, die Betriebszwecken dienen Rufanlagen Rundfunkanlagen Sanitätseinrichtungen Schablonen, soweit für die laufende Produktion benötigt Schienenfahrzeuge Schnitte, soweit für die laufende Produktion benötigt Setzkästen Sozialeinrichtungen Sporteinrichtungen Stanzen, soweit für die laufende Produktion benötigt Stehsätze, soweit für die laufende Produktion benötigt Stempel, soweit für die laufende Produktion benötigt Transformatoren Transporthilfen, soweit kein Verpackungsmaterial Trocknungsanlagen Uhrenanlagen Verschalungen Verteilungsanlagen, soweit überwiegend der Kraftstromversorgung dienend Wasserkraftanlagen Werbeanlagen Werbesachen Werkschutzeinrichtungen Werkzeuge Ziehwerkzeuge, soweit für die laufende Produktion benötigt Zwischenwände - versetzbare - , z. B. Funktionswände

Pos. 3.1-3.2 Vorräte Abfälle, verwertbare Betriebsstoffe, z . B . Brennstoffe, Lösungs-, Schmier- und Reinigungsmittel Erzeugnisse, unfertige und fertige Handelsware Hilfsstoffe Rohstoffe Sachen, in Bearbeitung oder Reparatur genommene Verpackungsmaterial, z . B . Dosen, Flaschen, Folien, Kartonagen, Kisten, KunststoffVerpackungen, Säcke, soweit keine Transporthilfen Waren für Sozialeinrichtungen, z. B. Kantinen-, Sanitäts- und Sporteinrichtungen Waren von Zulieferern

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Johannsen/Johannsen

I. Hauptpflichten des Feuervers

Anni. H 87

Pos. 4.1-4.2 Bargeld, Wertpapiere und sonstige Urkunden Bargeld, z . B . Banknoten und Münzen Wertpapiere, z.B. Aktien, Obligationen, Pfandbriefe sonstige Urkunden, z.B. Briefmarken, Papiere, die ein privates Recht verbriefen, Schecks, Sparbücher, Stempelmarken, Versicherungsmarken, Wechsel Pos. 4.3-4.4 Geschäftsunterlagen und sonstige Datenträger Geschäftsunterlagen, z.B. Akten, Geschäftsbücher, Karteien, Pläne, Zeichnungen sonstige Datenträger, z . B . beschriebene Web- und Jacquard-Karten, Lochkarten, Magnetbänder, Magnetplatten Pos. 4.5 Modelle, Muster Anschauungsmodelle, Ausstellungsstücke, Muster, Prototypen Fertigungsvorrichtungen, z. B. Druckplatten- und walzen, Drückwerkzeuge, Formen, Klischees, Matrizen, formgebende Modelle, Prägewerkzeuge, Schablonen, Schnitte, Stanzen, Stehsätze, Stempel, Ziehwerkzeuge, soweit für die laufende Produktion nicht mehr benötigt Pos. 4.6 Gebrauchsgegenstände der Betriebsangehörigen Gebrauchsgegenstände, die sich im Eigentum der Betriebsangehörigen befinden, z.B. Bekleidung, Fachliteratur, Fahrräder, Taschen, Werkzeuge Nicht hierzu gehören: Bargeld, Kraftfahrzeuge, Wertpapiere sowie der in Wohnungen befindliche Hausrat Pos. 4.7 Kraftfahrzeuge von Betriebsangehörigen und Besuchern Hierzu gehören Kraftfahrzeuge nur in ruhendem Zustand, auch auf den Parkplätzen, die dem Versicherungsnehmer zur Verfügung stehen und entsprechend gekennzeichnet sind Pos. 5.1-5.4 Vorsorgeversicherung Vorsorgeversicherung kann vereinbart werden, - für Wertsteigerungen und Bestandserhöhungen, z . B . Um-, An- und Neubauten und Neuanschaffungen - nur für Bestandserhöhungen nach Klausel 1705, in Verbindung mit der Klausel 1704 „Wertzuschlag ohne Einschluß von Bestandserhöhungen" Pos. 6.1 Selbständige Außen Versicherung Sachen, die sich nur außerhalb des Versicherungsgrundstückes befinden Pos. 6.2 Preisdifferenz-Versicherung Preisdifferenzen sind Mehrkosten für Preissteigerungen zwischen dem Eintritt des Versicherungsfalles und der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung Nicht hierzu gehören: Mehrkosten infolge von außergewöhnlichen Ereignissen, behördlichen Wiederaufbau- oder Betriebsbeschränkungen oder Kapitalmangel

Johannsen/Johannsen

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Anm. H 88

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Pos. 7.1 Aufräumungs-, Abbruch-, Feuerlösch-, Bewegungs- und Schutzkosten Aufräumungskosten sind Aufwendungen für Aufräumen der Schadenstätte und Abfuhr des Schutts zur nächsten Ablagerungsstätte Abbruchkosten sind Aufwendungen für einen im Schadenfall nötig werdenden Abbruch stehengebliebener Teile und deren Abführung bis zur nächsten Ablagerungsstätte Feuerlöschkosten sind Aufwendungen, die der Versicherungsnehmer zur Brandbekämpfung für geboten halten durfte, soweit sie nicht bereits als Schadenminderungsmaßnahmen nach den A F B entschädigt werden Bewegungs- und Schutzkosten sind Aufwendungen, die dadurch entstehen, daß Sachen zum Zweck der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung versicherter Sachen bewegt, verändert oder geschützt werden müssen, insbesondere Aufwendungen für: De- oder Remontage von Maschinen, für Durchbruch, Abriß oder Wiederaufbau von Gebäudeteilen oder für das Erweitern von Offnungen Pos. 7.2 Abbruch-, Aufräumungs-, Abfuhr- und Isolierungskosten für radioaktiv verseuchte Sachen Abbruch-, Aufräumungs-, Abfuhr- und Isolierungskosten für radioaktiv verseuchte Sachen sind Aufwendungen aufgrund gesetzlich gebotener Maßnahmen Pos. 7.3 Sachverständigenkosten Sachverständigenkosten sind Aufwendungen für den Sachverständigen und die des Obmanns, die der Versicherungsnehmer nach den A F B für das Sachverständigenverfahren zu tragen hat. [ H 88] cc) Gebäude und Grundstücksbestandteile aaa) Grundsätzliches Nach § 2 Nr. 1 a) A F B 87 sind die im Vsvertrag bezeichneten G e b ä u d e und sonstigen G r u n d s t ü c k s b e s t a n d t e i l e vert. Denkbar wäre es auch, im Vsvertrag eine Formulierung des Inhalts zu wählen, daß der g e s a m t e G r u n d b e s i t z des Vmers vert ist, ohne daß eine Einzelaufzählung erfolgt. Das mag bei einem besonders umfangreichen Grundeigentum des Vmers von Vorteil sein, führt aber bei einer solchen Formulierung sogleich zu der Zweifelsfrage, ob mit dem Ausdruck Grundbesitz der unmittelbare Besitz im Sinne des § 854 B G B gemeint ist, das heißt die Inhaberschaft der tatsächlichen Gewalt, oder nur das Eigentum (oder beides). Insofern ist das Aufzählungsprinzip besser, wenn zugleich in diesen Fällen vereinbart wird, daß die Liste jedes Jahr zu ergänzen ist und daß für die neu erworbenen oder (und) neu in Besitz genommenen Grundstücke ohne sofortige Einzelmeldung bereits mit dem Erwerb oder der Inbesitznahme eines Gebäudes Vsschutz besteht. Es ist dann allerdings im Vsvertrag eine jährliche Meldung der neuen (und der entfallenen) Risiken mit entsprechender Prämienanpassung nach oben oder unten zu vereinbaren. Zu beachten ist, daß in § 2 Nr. 1 a) A F B 87 bei den Gebäuden mit Bedacht nicht auf das E i g e n t u m des Vmers abgestellt wird (ebenso § 2 V G B 62 und § 1 Nr. 1 V G B 88, anders noch § 2 1 1 A F B 30; der allerdings dahin zu verstehen ist, daß er nur für s u m m a r i s c h e V e n gilt, also dann nicht eingreift, wenn das zu vernde Grundstück genau bezeichnet wird, vgl. dazu B G H 1 8 . I X . 1 9 9 1 VersR 1991 S. 1404-1406 = r + s 1991 S. 4 2 3 ^ 2 5 m.w. N.; so auch schon Raiser 2 Anm. 23 zu § 2 A F B , ferner Kollhosser in Prölss-Mar612

Johannsen/Johannsen

Anm. H 89

I. Hauptpflichten des Feuervers

tin 26 R N 3 zu § 2 A F B 30, Wälder r + s 1997 S. 75 [Anm. zu O L G Koblenz 20. I X . 1996 a.a.O. S. 73-75; Wussow 2 Anm. 2 zu § 2 AFB). Damit wird ohne weitere Formalitäten der Weg zur V fremder Gebäude durch Ven für fremde Rechnung eröffnet. Das bedeutet, daß auch nicht dem Vmer gehörende Gebäude vert werden, sofern sie vom Vmer dem Ver als zu verndes Objekt aufgegeben worden sind. So wird klar gestellt, daß es von den Vern in diesem Bereich als sachgerecht akzeptiert wird, daß für den Abschluß solcher Ven für fremde Rechnung im Regelfall ein wirtschaftliches Bedürfnis besteht. Einer näheren Darlegung, warum der Vmer im Einzelfall eine solche V für ein fremdes Gebäude abgeschlossen hat, bedarf es nach dieser Vertragsgestaltung nicht. Nur dann, wenn Anzeichen dafür gegeben sind, daß tatsächlich weder ein eigenes Vsinteresse des Vmers oder des Vten gegeben ist, könnte zu prüfen sein, ob ausnahmsweise ein Rechtsmißbrauch gegeben ist. Als ein solcher Rechtsmißbrauch wäre aber noch nicht der Fall zu qualifizieren, daß sowohl vom Vmer als Mieter eines Gebäudes wie vom Eigentümer für das nämliche Objekt je eine Feuerv abgeschlossen worden ist. Vielmehr ist das nahezu einer der Normalfälle einer Doppelv gemäß § 59 I mit Ausnahme dessen, daß hier eine V für eigene mit einer für fremde Rechnung zusammentrifft (vgl. zur Anwendung des § 59 I auf diesen Fall Möller Bd II Anm. 27 zu § 59 m. w. N.). Die gesetzliche Konsequenz ist lediglich, daß die gesamtschuldnerisch zu erbringenden Leistungen beider Ver nicht höher liegen als der effektiv nach den Vsbedingungen zu ersetzende Schaden (mit Einschluß des Neuwertteils). Demgemäß kann der Tatbestand des Rechtsmißbrauchs eigentlich nur dann gegeben sein, wenn eine betrügerische Doppelv im Sinne des § 59 II gegeben ist, die ohnedies schon zur Nichtigkeit des Vsvertrages führt. [H 89] bbb) Einzelheiten Der B e g r i f f des G e b ä u d e s ist in den A F B nicht näher erläutert. Hingegen findet sich eine Definition in der Positionen-Erläuterung unter 1.1-1.2. Dort heißt es, daß als Gebäude alle Bauwerke (auch U m - , An- und Neubauten), einschließlich Fundamente, Grund- und Kellermauern, gelten, die zur Aufnahme von Menschen, Tieren oder Sachen geeignet sind. Damit ist eine begriffliche Abgrenzung gewählt worden, die weitgehend der Umgangssprache und dem Vorstellungsbild eines durchschnittlich verständigen Vmers entspricht. Ohne eine solche vertragliche Definition ließe sich allerdings darüber streiten, ob auch die unter den Kellern eines Gebäudes liegenden Fundamente oder Grundmauern nach der Verkehrsanschauung noch vom Gebäudebegriff erfaßt werden. Unter Fundamenten oder Grundmauern wird gemäß Pos. 1.1.-1.2. der gesamte allseitig vom Erdreich berührte Bauteil verstanden, der bei unterkellerten G e b ä u d e n u n t e r der Unterfläche Kellerboden liegt u n d bei nicht unterkellerten Gebäuden bis Unterfläche Erdgeschoßfußboden, höchstens jedoch bis zur Erdoberfläche reicht. Zu solchen Fundamenten sind nach dieser Definition auch die Bestandteile sogenannter P f a h l g r ü n d u n g e n zu rechnen. Werden diese ausnahmsweise bei einem Brand beschädigt, so unterliegen sie nach der Positionen-Erläuterung auch der Ersatzpflicht des Vers. Sind sie unbeschädigt geblieben, aber deshalb neu zu erstellen, weil sie nach neuerem Baurecht den Anforderungen an eine sichere Bauweise nicht mehr entsprechen, so ist ein solcher Schaden nach § 11 Nr. 1 A F B 87 nicht zu ersetzen, da nach dem letzten Satz dieser Bestimmung „behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen" unberücksichtigt bleiben, sofern nicht die Geltung der Klausel 2302 bezüglich der V der Mehrkosten durch behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen vereinbart worden ist (streitig, vgl. H 167). Aus der Versicherungspraxis sei auf ein Urteil K G 31. X . 1931 J R P V 1932 S. 12-13 verwiesen. Dort war ein oberirdisches Schachtgebäude in Holzkonstruktion vert. Johannsen/Johannsen

613

Anm. H 89

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Nach einem Brand begehrte der Vmer Vsschutz auch für den darunter liegenden Schachtbau. Das Gericht verneinte für diesen Schachtbau den Vsschutz. Nach den besonderen Umständen des Falles war das durchaus zutreffend. Nach der Geltung der Positionen-Erläuterung würde es naheliegen, solch einen Schachtunterbau als mitvert anzusehen. Eine Klarstellung, daß das nicht beabsichtigt sei, wäre demgemäß als Einschränkung im Vsvertrag vorzunehmen. Die Regelung in § 2 Nr. l a ) A F B 87, nach der die im V s v e r t r a g b e z e i c h n e t e n G e b ä u d e und G r u n d s t ü c k s b e s t a n d t e i l e vert sind, wird in § 2 Nr. 2 A F B 87 dahin ergänzt, daß die G e b ä u d e mit ihren B e s t a n d t e i l e n vert sind, aber ohne Z u b e h ö r . An diese begriffliche Abgrenzung hält sich die Positionen-Erläuterung nicht. Vielmehr werden in bunter Folge Sachen als vert aufgeführt, die entweder Grundstücksbestandteile, Zubehör oder Gebäudebestandteile sind oder es gar erst werden sollen. Das Letztere trifft auf B a u s t o f f e oder B a u t e i l e zu, die sich auf dem Vsort befinden und für den E i n b a u in ein G e b ä u d e b e s t i m m t sind. Deren Einschluß in den Vsschutz würde man nicht ohne weiteres erwarten, wenn man nur von der Grundregelung in § 2 Nr. 1 a) und Nr. 2 A F B 87 ausgeht. Es erscheint diese Klarstellung aber als sachgerecht, wenn man bedenkt, daß solche Materialien nicht zu den Positionen B e t r i e b s e i n r i c h t u n g oder V o r r ä t e zu rechnen sind (a.M. Martin 3 H II 5, der - allerdings ohne Bezugnahme auf das gegenteilige Schema der PositionenErläuterung - Reservefliesen, die zum Einbau in das vte Gebäude bestimmt sind, als Teil der Betriebseinrichtung einordnet). Dabei ist davon auszugehen, daß es sich um Baustoffe oder Bauteile handelt, die der Vmer für den Einbau erworben hat. Soweit es sich um Materialien eines von dem Vmer beauftragten Unternehmens handelt, das eine solche bauliche Ergänzung vorzunehmen hat, läßt sich der Sonderregelung in der Positionen-Erläuterung nicht entnehmen, daß § 2 Nr. 3 a) A F B 87 abbedungen werden soll, nach dem bei der V b e w e g l i c h e r S a c h e n von dem Grundsatz auszugehen ist, daß diese nur dann vert sind, wenn sie im Eigentum des Vmers stehen (vgl. dazu und zu Ausnahmen H 93). Für eine Erweiterung des Vsschutzes auf fremde Sachen in dem hier angegebenen Beispielsfall ist nach den Bedürfnissen des Vmers im Regelfall auch kein einleuchtender Grund gegeben. Als überflüssig könnte im übrigen die Aussage in der PositionenErläuterung erscheinen, daß B a u s t o f f e und B a u t e i l e vert sind, die für den B e s t a n d und die H e r s t e l l u n g eines Gebäudes bereits e i n g e f ü g t sind. Denn damit unterfallen sie im Normalfall dem Gebäudebegriff. Es sind aber durchaus A u s n a h m e f ä l l e denkbar. So ist vom B G H 18. III. 1992 VersR 1992 S. 606-608 = r + s 1992 S. 168-170 für einen nach § 2 V G B 62 zu beurteilenden S t u r m s c h a d e n der Vsschutz für v o r ü b e r g e h e n d e i n g e f ü g t e S a c h e n bejaht worden. Es ging dabei um A b d e c k p l a t t e n , die v o r ü b e r g e h e n d während einer Reparatur nach der Entfernung eines Viertels der Dachhaut fachmännisch angebracht gewesen sein sollen und die vom Sturm weggerissen wurden. Vom B G H wird (unter Hinweis auf Martin2 H II 7 [zur Feuerv]) hervorgehoben, daß es dem Vsrecht grundsätzlich nicht fremd sei, B a u t e i l e als zum Gebäude gehörend anzusehen, auch wenn sie abweichend von § 95 B G B nur vorübergehend eingefügt bleiben sollen (zustimmend Kollhosser in PrölssMartin 26 R N 4 zu § 2 V G B 62; anders jedoch Martin 3 H I 6, der hier der Abgrenzung nach der Terminologie des Sachenrechts den Vorrang einräumt). In § 2 V G B 62 heißt es (wie in § 2 Nr. 2 A F B 87), daß, soweit nichts anderes vereinbart ist, die im Vsschein aufgeführten Gebäude mit ihren Bestandteilen vert sind, aber ohne Zubehör. Nach der Terminologie des Sachenrechts hätte demgemäß auch entgegengesetzt entschieden werden können. Der Entscheidung, die wesentlich auf den Sprachgebrauch des täglichen Lebens abstellt, ist aber im Ergebnis zu folgen (vgl. dazu und dafür, daß im Bereich des § 1 Nr. 4 S. 1 V G B 88 nach anderen Kriterien 614

Johannsen/Johannsen

I. Hauptpflichten des Feuervers

Anm. H 89

abzugrenzen ist, H 91). Im Rahmen der i n d u s t r i e l l e n F e u e r v ist aber die Ergänzung und Klarstellung durch die Positionen-Erläuterung zu beachten, soweit darin deutliche Hinweise gegeben werden, daß bestimmte B e s t a n d t e i l e eines Gebäudes dann nicht vert sind, wenn sie n i c h t im E i g e n t u m des V m e r s stehen. Ein solcher deutlicher Hinweis ist der Positionen-Erläuterung zu den E i n r i c h t u n g e n und E i n b a u t e n zu entnehmen. Dort wird nämlich nicht nur ein B e s t a n d t e i l mit b l e i b e n d e r V e r b i n d u n g und ein solcher, der der Benutzung des Gebäudes d a u e r n d dient, verlangt, sondern auch noch zur Voraussetzung der Eintrittspflicht des Vers gemacht, daß dieser Bestandteil im E i g e n t u m d e s G r u n d e i g e n t ü m e r s stehe. Das bedeutet, daß nach dieser Positionen-Erläuterung auf die d a u e r n d e V e r b i n d u n g und die E i g e n t u m s l a g e abgestellt wird. Es fehlt hier demgemäß an einem überzeugenden Anhaltspunkt in den vertraglichen Regelungen eines industriellen oder gewerblichen Feuervsvertrages für eine Ausdehnung auf andere Sachen als B a u s t o f f e und B a u t e i l e . Aus dem Gesagten folgt, daß nach der Positionen-Erläuterung in der Feuerv Einbauten von M i e t e r n oder P ä c h t e r n , die von diesen vertragsgemäß nach der Beendigung des Miet- oder Pachtverhältnisses zu entfernen sind, nicht vom Vsschutz erfaßt werden. Eine insoweit gleichlautende P o s i t i o n e n - E r l ä u t e r u n g befand sich auch schon in der älteren Fassung dieser Standardabgrenzungen (vgl. Möller Bd II Anm. 18 zu § 54), so daß im gleichen Sinne für unter der Geltung der A F B 30 abgeschlossene Verträge zu entscheiden ist. Indessen fehlt in dieser älteren Fassung eine Sonderregelung für Baustoffe und Bauteile. Zu Vertragsgestaltungen, bei denen die Interessen des Mieters an den von ihnen eingebrachten Einrichtungen gemäß § 547 a B G B a. F. (§ 539 II n. F.) im Wege einer V für fremde Rechnung mit vert sind, vgl. B G H 12. VI. 1991 N J W 1991 S. 3031-3033 = VersR 1994 S. 1101-1103,16. III. 1994 VersR 1994 S. 1103-1104 mit Anm. von Lorenz S. 1104-1106 und unter J 104 u n d j 122. Zu den erwähnten Einrichtungen, die mit dem Gebäude b l e i b e n d und d a u e r n d verbunden sind und im Regelfall im Eigentum des Grundeigentümers stehen, zählen V e r s o r g u n g s - und E n t s o r g u n g s l e i t u n g e n . Typischerweise verlaufen sie im Gebäude und danach im Grundstück bis zu dessen Grenze. Soweit der Vmer Eigentümer dieser Leitungen bis zur Grundstücksgrenze ist, hat er ein nachvollziehbares Interesse daran, daß sich der Vsschutz aus der Feuerv auch auf diese in seinem Grundstück laufenden Leitungen erstreckt. D a in der PositionenErläuterung auf einen bleibenden Verbund einer Einrichtung mit dem Gebäude abgestellt wird und darauf, daß diese Einrichtung dauernd der Benutzung des Gebäudes dienen müsse, darf der Schluß gezogen werden, daß der Vsschutz sich auch auf den außerhalb des eigentlichen Gebäudes befindlichen Teil der Leitungen bis zur Grundstücksgrenze erstreckt, soweit sie im Eigentum des Vmers stehen. Vom B G H 25. III. 1998 r + s 1998 S. 203-204 = VersR 1998 S. 758-759 ist allerdings von diesen Überlegungen abweichend für einen W a s s err o h rb r u c h s c h a d e n dahin entschieden worden, daß als zum vten Gebäude gehörend nur noch zusätzlich die Ableitungsrohre der Wasserversorgung, die u n t e r h a l b e i n e s K e l l e r b o d e n s z w i s c h e n den F u n d a m e n t e n v e r l a u f e n und solche, die sich in den F u n d a m e n t e n befinden, einzuordnen seien. Entscheidungsgrundlage war aber § 4 IIa) V G B 62. Danach sind Bruch- und Frostschäden an den Zu- und Ableitungsrohren der Wasserversorgung und an den Rohren der Warmwasser- oder Dampfheizanlage nur i n n e r h a l b d e s v t e n G e b ä u d e s eingeschlossen. Der Entscheidung ist für § 4 IIa) V G B 62 auch durchaus beizupflichten. In den A F B 30 und 87 fehlt es aber an solchen zusätzlichen Unterscheidungen zwischen Rohren innerhalb und außerhalb eines Gebäudes. Es entspricht einer angemessenen Abgrenzung, daß auch die Rohre und Leitungen, die mit dem Gebäude dauernd fest verbunden sind, bis zur Grundstücksgrenze vom Vsschutz Johannsen/Johannsen

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Anm. H 89

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

erfaßt werden. Das Gesagte gilt aber nicht für e l e k t r i s c h e L e i t u n g e n . Denn bei diesen wird in der Positionen-Erläuterung zur Voraussetzung gemacht, daß sie unter Putz verlegt sind. Auch erstreckt sich der Vsschutz nicht auf solche Leitungen, die nach den besonderen Umständen des Einzelfalls das Haus und Grundstück des Vmers lediglich durchlaufen, ohne mit den Versorgungs- oder Entsorgungsproblemen des Gebäudeeigentümers etwas zu tun zu haben. Bemerkenswert ist, daß B r u n n e n a n l a g e n (einschließlich Abdeckungen) mitvert sind. Denn dieser Einschluß gilt auch dann, wenn es sich, was nicht selten der Fall sein dürfte, nicht um mit dem Gebäude verbundene Einrichtungen handelt. Entsprechendes gilt für die auch aufgeführten G e h s t e i g - und H o f b e f e s t i g u n g e n sowie für K a i m a u e r n , R a m p e n und W a s s e r h o c h b e h ä l t e r , ferner für die in Mauerwerk oder Beton ausgeführten V e r b i n d u n g s b r ü c k e n sowie für isoliert stehende S c h o r n s t e i n e , S i l o s , V o r d ä c h e r und W a s s e r b e h ä l t e r . Die aufgeführten Sachen sind teils als G e b ä u d e , teils als G r u n d s t ü c k s b e s t a n d t e i l e im Sinne des § 2 Nr. la) AFB 87 zu qualifizieren. Sie wären unter der Geltung allein des § 2 Nr. 1 a) AFB 87 nur vert, wenn sie im V s v e r t r a g b e z e i c h n e t wären. Als eine solche Bezeichnung ist die Aufnahme in die Positionen-Erläuterung zu bewerten. Das bedeutet, daß der einschränkende Zusatz in § 2 Nr. 1 a) AFB 87 nur dann bedeutsam ist, wenn es sich um Grundstücksbestandteile oder Gebäude handelt, die nicht in der Positionen-Erläuterung als ohnedies mitvert aufgeführt sind. Als Beispiel sei dafür der seltene Fall benannt, daß sich auf dem als Vsort bezeichneten Grundstück ein mit dem Hauptgebäude nicht verbundenes Denkmal befindet. Martin 3 H II 9 vertritt die Auffassung, daß es u n k l a r sei, ob unter die PositionenErläuterung auch D a c h g ä r t e n und sonstige G e b ä u d e b e p f l a n z u n g e n oder das W a s s e r im H a u s s c h w i m m b e c k e n begrifflich zum vten Gebäude gehöre. Er bejaht den Vsschutz, und zwar nicht nur für die Behälter und Umrandungen sondern auch für den Humus und die Pflanzen selbst und auch für die „Befüllung" eines Schwimmbades. Diese Lösung ergibt sich aus dem Text der Positionen-Erläuterung nicht. Ihr ist bezüglich der Behälter und Umwandungen zuzustimmen, nach der V e r k e h r s a n s c h a u u n g aber nicht bezüglich der auf dem Dachboden befindlichen Erde, der Pflanzen und der Befüllung eines Hausschwimmbades. Martin a.a.O. meint, daß solche Pflanzen und die aufgebrachte Erde schließlich auch der I s o l i e r u n g des Gebäudes dienen könnten. Das dürfte jedoch im Regelfall nicht zutreffen; vielmehr treten durch solche Dachpflanzungen eher zusätzliche Isolierungsprobleme auf, z.B. in der Form von Durchwurzelungen der Dachhaut. Zutreffend ist zwar der Hinweis, daß die B e f ü l l u n g von Hausschwimmbädern anderweitig nicht verwertbar sei. Das hat aber nichts damit zu tun, daß dieses sowieso in regelmäßigen Abständen zu erneuernde Wasser ebensowenig wie der Inhalt einer gefüllten Badewanne nach der Verkehrsanschauung als Gebäudebestandteil eingeordnet wird. Am Schluß der Pos. 1.1-1.2. heißt es, daß nicht zur Position Gebäude zu v o r ü b e r g e h e n d e n Z w e c k e n erstellte B a u b u d e n , T r a g l u f t h a l l e n , Z e l t e und ä h n l i c h e s gehören. Dazu wird angemerkt, daß diese Sachen unter besonderen Positionen vert werden könnten. Möller Bd II Anm. 19 zu § 54 bemerkt dazu, daß damit eine Ubereinstimmung mit § 95 I 1 BGB herbeigeführt werde. Das ist insoweit richtig, als nach dieser Bestimmung solche Sachen nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Indessen ist zu beachten, daß es nach der Interessenlage durchaus geboten sein kann, auch nur vorübergehend mit dem Boden verbundene Gebäude unter Vsschutz zu nehmen. In diesem Sinne nehmen D ö r n e r - S t a u d i n g e r in BK R N 3 zu § 88 durchaus zu Recht an, daß auch B a r a c k e n , T r a g l u f t h a l l e n und Z i r k u s z e l t e als G e b ä u d e im Sinne der Feuerv zu qualifizieren seien, da eine dauerhafte 616

Johannsen/Johannsen

Anm. H 90

I. Hauptpflichten des Feuervers

Verbindung mit der Erde nicht erforderlich sei. Es ist diese Aussage aber keineswegs in dem Sinne zu verstehen, daß damit Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit der R e g e lung am Schluß der Pos. 1.1-1.2 erhoben werden sollen. Vielmehr wird der Gebäudebegriff a.a.O. ohne Einbeziehung vertraglicher Regelungen abgegrenzt. Es ist auch ohne weiteres einleuchtend, daß es sachgerecht ist, für die drei erwähnten Fälle von Baubuden, Traglufthallen und Zelten besondere Vereinbarungen bezüglich des E i n schlusses in einen Feuervsvertrag zu treffen. So waren im Falle O G H 19. IV. 1984 VersR 1985 S. 676 im R a h m e n einer S t u r m v zwei T r a g l u f t h a l l e n gegen S t u r m s c h ä d e n vert. Das Gericht bewertete diesen Einschluß als Einordnung unter den

Begriff „Gebäude

und deren Inhalt, die zu industriellen oder gewerblichen

Betrieben

oder zu einer Landwirtschaft gehören" mit der Folge, daß dafür bedingungsgemäß nur 50 % des Schadens zu ersetzen war. Was die von Dörner-Staudinger a.a.O. auch aufgeführten B a r a c k e n betrifft, so fallen diese G e b ä u d e unter die Pos. 1 . 1 - 1 . 2 der Positionen-Erläuterung und nicht unter deren Schlußzeile. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich bei den Baracken um B a u b u d e n handelt. Das ergibt sich zusätzlich daraus, daß solche Gebäude nicht vert sind, die im Verhältnis zu Baubuden, Traglufthallen und Zelten etwas „ähnliches " darstellen. M a r t i n 3 H II 7 stellt zur Abgrenzung dieses Ähnlichkeitsbegriffs auf die technische Vergleichbarkeit ab. E r nennt aber kein Beispiel dafür, aus dem sich ergibt, was damit konkret gemeint ist. Es läßt sich auch ein überzeugendes Beispiel nicht so ohne weiteres finden. D e m g e m ä ß ist es erwägenswert, diesen Ähnlichkeitszusatz im Interesse der Vertragsklarheit zu streichen. [ H 90] ccc) E x k u r s α) Geschäftsgebäudeversicherung F ü r die G e s c h ä f t s g e b ä u d e v (gemäß A F B 87, A W B 87 und A S t B 87) wird die unter Η 8 8 - 8 9 erörterte P o s i t i o n e n - E r l ä u t e r u n g für i n d u s t r i e l l e und g e w e r b l i c h e Risiken in der Vspraxis nicht unmittelbar als Vertragsbestandteil verwendet. E s finden sich jedoch im üblichen V s a n t r a g E r l ä u t e r u n g e n zum V s u m f a n g , die - als Bestandteil des Vsvertrages der Vertragsurkunde beigefügt - im Regelfall klärend verbindlichen Charakter haben. In der Pos. 1.1 dieser Erläuterungen zum Vsumfang sind nur zwei Abweichungen von der unter Η 87 abgedruckten Pos. 1.1 der Positionen-Erläuterung für die industrielle Feuerv festzustellen. D i e e r s t e A b w e i c h u n g ist die, daß im Abs. I nach der Gebäude-Definition im K l a m mertext als v o m Vsschutz erfaßt nur U m - und A n b a u t e n aufgeführt werden. Weggelassen worden sind die N e u b a u t e n . Das ist geschehen, damit der V m e r keinen Anhaltspunkt für die bei einer üblichen Vertragsgestaltung verfehlte Annahme hat, daß Neubauten ohne besonderes Zutun unter den Vsschutz eines bereits bestehenden Vsvertrages fallen. D e m entspricht es, daß zwar in Pos. 1.3 S. 1 der Erläuterung zur Geschäftsgebäudev festgelegt ist, daß eine V o r s o r g e v für W e r t s t e i g e r u n g und für B e s t a n d s e r h ö h u n g e n , z . B . U m - und A n b a u t e n , vereinbart werden kann, daß sich aber gemäß S. 2 eine solche Vorsorgev nicht auf Neubauten bezieht. Die zweite Abweichung ist die, daß in der Geschäftsgebäudev als zur Position Gebäude gehörend ausdrücklich auch K ü h l t ü r m e aufgeführt werden. Das ist in der Pos. 1 . 1 - 1 . 2 der Positionen-Erläuterung der industriellen und gewerblichen Feuerv nicht der Fall. Wenn der Vsvertrag allerdings so gestaltet ist, daß nach seinem Text sämtliche Gebäude auf einem bestimmten Grundstück v o m Vsschutz erfaßt werden, dann fallen darunter auch solche Kühltürme. Aus dem gesagten folgt, daß im übrigen die Ausführungen unter Η 8 8 - 8 9 bezüglich der Positionen-Erläuterung für industrielle und gewerbliche Feuerven entsprechend gelten. Johannsen/Johannsen

617

Anm. H 91

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

Die von einer Geschäftsgebäudev erfaßten Risiken einer industriellen und gewerblichen Nutzung stellen im Regelfall ein höheres Risiko dar als der schlichte Gebrauch eines Hauses zu Wohnzwecken, wie er von der Gebäudev erfaßt wird. In der Praxis ergeben sich Mischformen gewerblichen und privaten Gebrauchs. Vgl. z.B. den vom O L G Celle 2. III. 1995 VersR 1996 S. 748 entschiedenen Fall, in dem die Parteien in Kenntnis dieser gemischten Nutzung die Geltung der VGB 88 vereinbart haben (vgl. dazu H 91). Mit einem davon abweichenden einer bei Vertragsabschluß verschwiegenen gewerblichen Nutzung befaßt sich O L G Frankfurt 13.1.1999 NVersZ 2000 S. 429-431. Der Ver hatte unmittelbar nach dem Brand von dieser gewerblichen Nutzung erfahren, jedoch weder einen Rücktritt noch eine Anfechtung fristgerecht erklärt. Seine Auffassung, daß er dessen ungeachtet nicht hafte, wurde vom Gericht nicht geteilt. [H 91] β) Gebäudeversicherung In § 1 Nr. 1 VGB 88 heißt es, daß die in dem Vs v e r t r a g b e z e i c h n e t e n G e b ä u d e vert sind. Insoweit besteht Ubereinstimmung mit § 2 VGB 62 und § 2 AFB 87. Demgemäß kommt es allein auf die Dokumentation im Vsschein im Zusammenhang mit dem Vsantrag an. Bei einer M e h r z a h l v o n G e b ä u d e n auf einem Grundstück würde es sich daher anbieten, in den Vsschein aufnehmen zu lassen, daß alle auf dem Grundstück vorhandenen Gebäude vert seien (vgl. dazu auch H 88). Einen S o n d e r fall zur Gebäudev behandelt O L G C e l l e 2.III. 1995 VersR 1996 S. 748. Es war in einer Wohngebäudev ausdrücklich auch ein Fußbodenverlegebetrieb mit einem Flächenanteil von 15 % eingeschlossen. Der Vsschutz erstreckte sich prämienfrei auf „freistehende privatgenutzte Nebengebäude (ausgenommen Garagen/Carports), weiteres Zubehör und sonstige bauliche Grundstücksbestandteile." Strittig war, ob Vsschutz für eine freistehende Remise gegeben war. Der Vmer hatte in erster Instanz vorgetragen, daß diese als frei stehendes Nebengebäude zu qualifizierende R e m i s e überwiegend zur Lagerung für seinen Gewerbebetrieb genutzt wurde. Der in zweiter Instanz vorgetragenen Behauptung, daß diese Remise überwiegend zu privaten Zwecken genutzt worden sei, schenkte das Gericht keinen Glauben. Da sich in der Brandnacht auch noch ein Kfz in der Remise befunden hatte, war überdies von einer Nutzung als Garage auszugehen. Im Falle AG München 2. VI. 1986 VersR 1986 S. 1189 ist für einen an das Gebäude angebauten F r e i s i t z und im Falle AG Gemünden 4. II. 1986 VersR 1986 S. 1236-1237 für eine angebaute G a r a g e der Vsschutz verneint worden. M a r t i n 3 H II 2 läßt erkennen, daß er zur gegenteiligen Auffassung tendiert (bezüglich der angebauten Garage ebenso Boldt 7 S. 84 und Dörner-Staudinger in BK R N 3 zu § 88). Entscheidend ist, daß diese Anbauten schon zur Zeit des Abschlusses des Vsvertrages vorhanden waren. Demgemäß durfte der Vmer verständigerweise davon ausgehen, daß das Gebäude mit allen Anbauten vom Vsschutz erfaßt werde. Das Gesagte gilt um so mehr, als in den üblichen Antragsfragebögen nur nach „separaten" Garagen gefragt wird und nach Nebengebäuden (vgl. dazu auch O L G Köln 21. V. 1996 VersR 1997 S. 694 [nur LS], von dem zu Recht der Vsschutz für einen Carport, der mit dem daneben stehenden Haus nicht verbunden war, verneint worden ist). Hingegen ist ein solches Vertrauen nicht für n a c h t r ä g l i c h e A n b a u t e n zu bejahen. Hier ist es vielmehr Sache des Vmers, den Ver über das Zusatzrisiko zum Zwecke des Einschlusses in den Vsvertrag zu unterrichten. Anders wären die Fälle zu beurteilen, wenn im Vsvertrag eine V o r s o r g e v s r e g e l u n g enthalten wäre, die solche oder ähnlich gelagerte Fälle erfaßt. Das ist indessen in den VGB 88 (und VGB 62) nicht der Fall, auch in den dazu üblicherweise verwendeten Antragsformularen ist eine solche Vorsorgeregelung nicht erwähnt. 618

Johannsen/Johannsen

Anm. H 91

I. Hauptpflichten des Feuervers

Einen Sonderfall behandelt LG Bremen 1. III. 1983 r +s 1983 S. 194-195: Es befand sich auf dem Vsort ursprünglich ein Bauernhaus und eine damit durch einen gemauerten und überdachten Fundamentstreifen verbundene Holzscheune. In dem mit dem Erwerb des Grundstücks auf die Vmer übergegangenen Vsvertrag war festgehalten, daß die Scheune nicht vert sei. Nach Ablauf dieses Vertrages wurde ein neuer Vsvertrag ohne den Zusatz abgeschlossen, daß die Scheune nicht mit vom Vsschutz erfaßt werde. Sie brannte 4 Jahre später ab. Zu diesem Zeitpunkt war die Verbindung zwischen den beiden Gebäuden nicht mehr gegeben. Die Klage wurde abgewiesen. Daß bei den Vertragsverhandlungen darüber gesprochen worden sei, daß die Scheune mitvert werden sollte, konnten die Vmer nicht beweisen. Mit Rücksicht darauf, daß der Vsvertreter die Kenntnis des vorangegangenen Vertrages habe voraussetzen dürfen, verneinte das Gericht auch eine Hinweispflicht des Vers darauf, daß für die Scheune kein Vsschutz bestehe. In § 2 VGB 62 heißt es, daß die im Vsschein aufgeführten G e b ä u d e mit ihren B e s t a n d t e i l e n vert sind. Diese Bestimmung ist vom BGH 18.III. 1992 VersR 1992 S. 606-608 = r + s 1992 S. 168-170 im Falle eines S t u r m s c h a d e n s dahin ausgelegt worden, daß Vsschutz für v o r ü b e r g e h e n d von Dritten e i n g e f ü g t e S a c h e n besteht. Es ging dabei um Abdeckplatten, die vorübergehend während einer Reparatur nach der Entfernung eines Viertels der Dachhaut fachmännisch angebracht gewesen sein sollen und die vom Sturm weggerissen worden waren. Zur Begründung wurde vom BGH u. a. unter Hinweis auf Martin 2 H II 7 ausgeführt, daß es dem Vsrecht nicht grundsätzlich fremd sei, B a u t e i l e als zum Gebäude gehörend anzusehen, auch wenn sie abweichend von § 95 nur vorübergehend eingefügt bleiben sollen (zustimmend Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 4 zu § 2 VGB 62, anders Martin 3 H I 6). Nach der Terminologie des Sachenrechts wäre eigentlich entgegengesetzt zu entscheiden gewesen. Denn es heißt in § 95 II BGB, daß Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt worden sind, n i c h t zu den B e s t a n d t e i l e n eines G e b ä u d e s gehören. Indessen ist zu beachten, daß diese sachenrechtliche Abgrenzung n i c h t der U m g a n g s s p r a c h e entspricht, nach der vielmehr auch nur vorübergehend in ein Gebäude eingefügte Sachen als Gebäudebestandteil bezeichnet werden. Da dem Ver mit dem Ausdruck „ wesentliche Bestandteile " eine präzise sachenrechtliche Ausdrucksweise zur Verfügung gestanden hätte, ist der Auffassung des BGH für den entschiedenen Fall durchaus zu folgen, wenngleich der allerdings wohl nur obiter dictum gegebene Hinweise auf zu anderen Vsverträgen vereinbarte Fremdvsklauseln aus systematischer Sicht keine tragbare Auslegungsgrundlage geben könnte (vgl. dazu Möller Bd II Anm. 19 zu § 54). Zu Recht ist vom BGH a.a.O. in diesem Zusammenhang die vom OLG Köln 6. VI. 1974 VersR 1974 S. 990 m.Anm. von Martin a.a.O. S. 990-991 vertretene Auffassung abgelehnt worden, daß in einem solchen Falle Vsschutz nur bestehe, wenn die vorübergehende Abdeckung in ihrer Schutzwirkung einer normalen Dacheindeckung gleichstehe. In § 1 Nr. 4 S. 1 VGB 88 wird im Gegensatz zu § 2 VGB 62 der Sonderfall der v o r ü b e r g e h e n d in ein Gebäude e i n g e f ü g t e n S a c h e n ausdrücklich behandelt. Es heißt dort, daß in das Gebäude eingefügte Sachen, die ein M i e t e r auf seine Kosten b e s c h a f f t oder ü b e r n o m m e n hat, n i c h t v e r t sind. Ergänzend wird in § 1 Nr. 4 S. 2 klarstellend erwähnt, daß die V dieser Sachen vereinbart werden könne. Bedeutsam ist dieser Hinweis eigentlich nur im geschäftlichen Bereich; denn in der Hausratv ist dieses in der Vergangenheit immer wieder aufgetretenen Streitpunktes nunmehr ausdrücklich gedacht worden. Nach § 1 Nr. 2 b) VHB 92 sind auch in das Gebäude eingefügte Sachen vert, die der Vmer als Mieter auf seine Kosten beschafft oder übernommen hat und für die er die Gefahr trägt, insbesondere sanitäre Anlagen und leitungswasserführende Installationen mit deren Zu- und Ableitungsrohren (ebenso Johannsen/Johannsen

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Anm. H 91

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

§ 1 Nr. 2 b) V H B 84, während nach § 2 Nr. 1 a) V H B 66 und § 2 Nr. 1 a) V H B 74 nur Badewannen, Badeöfen, Waschbecken und sonstigen wasserführende Installationen mit den Zu- und Ableitungsrohren vert sind, die der Vmer als Mieter auf seine Kosten beschafft hat und für die er die Gefahr trägt; vgl. dazu H 110). Ein Fall der vom B G H 8. III. 1992 a.a.O. entschiedenen Art, in dem nicht ein Mieter, sondern ein sonstiger Dritter (oder der Vmer) Sachen vorübergehend in das Gebäude einfügt, ist in § 1 Nr. 4 S. 1 V G B 88 nicht erwähnt. Das darf ein Vmer fuglich so verstehen, daß insoweit Vsschutz besteht. Was unter einem G e b ä u d e genau zu verstehen ist, wird im übrigen weder in den V G B 62 noch in den V G B 88 gesagt und auch nicht in A F B 30 und 87. Im ü b l i c h e n A n t r a g auf Abschluß einer W o h n g e b ä u d e v findet sich aber eine w e s e n t l i c h e E r g ä n z u n g , die besser im Bedingungstext untergebracht wäre. Dort heißt es nämlich, daß die Gebäude mit Bestandteilen vert sind, außerdem Einfriedungen, H o f - und Gehsteigbefestigungen, elektrische Freileitungen einschließlich Ständer und Masten sowie die im fremden Eigentum stehenden Wasser-, Gas-, Elektrizitäts- und Wärmezähler (zum Umfang des vten Zubehörs vgl. die Ausführungen zum Schluß dieser Anm.). Soweit keine abweichende begriffliche Festlegung im Vsvertrag erfolgt ist, ist der Umfang des Vsschutzes in Bezug auf die vten Sachen in der Gebäudev im übrigen nach der Auffassung des täglichen Lebens zu bestimmen. Danach werden Wasserleitungsrohre, die zu einem Gebäude führen, ζ. B. erst dann als Gebäudebestandteil angesehen, wenn sie sich im Gebäude oder in seinen Umfassungsmauern befinden. Eine besondere Regelung für L e i t u n g s w a s s e r s c h ä d e n findet sich in § 4 I I b ) V G B 62. D o r t heißt es, daß Schäden durch Rohrbruch oder Frost auch a u ß e r h a l b d e s v t e n G e b ä u d e s an den Zuleitungsrohren der Wasserversorgung und an den Rohren der Warmwasser- oder Dampfheizung eingeschlossen sind, soweit diese Rohre der Versorgung des v t e n G e b ä u d e s d i e n e n und sich auf dem V s g r u n d s t ü c k befinden (ebenso § 7 Nr. 3 V G B 88). Diese Regelung gilt aber nur für das Leitungswasserrisiko und nicht für die anderen vten Gefahren, insbesondere nicht für das Feuerrisiko. Demgemäß erstreckt sich der Vsschutz dort nur auf i m G e b ä u d e befindliche Leitungen. In einer Entscheidung zu einem Leitungswasserschaden, der gemäß § 4 I I a ) V G B 62 nur für im Gebäude befindliche Leitungen gegeben war, ist vom B G H 25.111.1998 r + s 1998 S. 2 0 3 - 2 0 4 = VersR 1998 S. 7 5 8 - 7 5 9 ausgeführt worden, daß damit auch noch die Ableitungsrohre der Wasserversorgung unterhalb eines Kellerbodens zwischen den Fundamenten und in den Fundamenten erfaßt werden. Das ist eine Abgrenzung in lebensnaher Betrachtung, die für das Feuerrisiko im Rahmen der V G B 62 und 88 zu übernehmen ist. Dafür, daß die P o s i t i o n e n - E r l ä u t e r u n g zur b e t r i e b l i c h e n und g e w e r b l i c h e n F e u e r v weitergehend dahin auszulegen ist, daß Leitungen, die mit dem Gebäude fest verbunden sind, bis zur Grundstücksgrenze unter den Vsschutz fallen, vgl. H 89. In § 1 Nr. 2 V G B 88 heißt es, daß das Zubehör, das der I n s t a n d h a l t u n g eines v t e n G e b ä u d e s oder dessen N u t z u n g z u W o h n z w e c k e n dient, vert ist, soweit es sich in dem Gebäude befindet oder außen an d e m G e b ä u d e a n g e b r a c h t ist. Hingegen wird in § 2 V G B 62 nur kurz vermerkt, daß das Z u b e h ö r n i c h t vert ist. § 1 Nr. 2 V G B 88 stellt aber dennoch keine Verbesserung der Rechtsstellung des Vmers im Verhältnis zu auf der Basis der V G B 62 abgeschlossenen Verträge dar. Denn im ü b l i c h e n V e r t r a g s t e x t zu den auf der Basis der V G B 62 abgeschlossenen Verträgen heißt es in den E r l ä u t e r u n g e n zum Vsumfang schon, daß Zubehör vert ist, soweit es sich im Gebäude befindet und seiner Instandhaltung oder der gemeinschaftlichen Benutzung zu Wohnzwecken dient (ζ. B. Gemeinschaftswaschanlagen, Brennstoffvorräte für Sammelheizungen usw.). Das bedeutet, daß durch § 1 Nr. 2 V G B 88 nur die tatsächlich bestehende Vspraxis in das Bedingungswerk übernommen worden

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ist. Die so teilweise übernommene Aufspaltung der vertraglichen Grundlagen in der Gebäudev ist dagegen in der industriellen Feuerv beibehalten worden. Denn nach § 2 Nr. 2 A F B 87 ist Zubehör nicht vert, doch wird das dadurch korrigiert, daß durch die Positionen-Erläuterung ein wesentlicher Teil des Zubehörs vom Vsschutz erfaßt wird (vgl. dazu H 89). Die Grundsatzdefinition des Zubehörbegriffs in § 97 I 1 B G B besagt, daß es sich um bewegliche Sachen handelt, die, ohne Bestandteil der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen. Speziell für Gebäude legt § 98 Nr. 1 B G B fest, daß bei einem Gebäude, das für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet ist, insbesondere bei einer Mühle, einer Schmiede, einem Brauhaus oder einer Fabrik, die zu dem Betriebe bestimmten Maschinen und sonstigen Gerätschaften unter § 97 I 1 B G B fallen. An diese Formulierungen knüpft § 1 Nr. 2 V G B 88 an. Danach ist Zubehör, das der I n s t a n d h a l t u n g eines vten Gebäudes oder dessen N u t z u n g zu Wohnzwecken dient, mitvert, soweit es sich in dem Gebäude befindet oder außen an dem Gebäude angebracht ist. Bewegliche Sachen, die der Instandhaltung dienen, können z.B. L e i t e r n sein, die zu der Säuberung der Regenrinnen oder für kleinere Reparaturen durch den Hausmeister benutzt werden. Der Nutzung zu Wohnzwecken dient der für die Heizung erforderliche T r e i b s t o f f . Die Bestimmung ist im Prinzip nach ihrem Wortlaut auszulegen. Befindet sich die erwähnte Leiter im Keller des Gebäudes (oder in einem sonstigen Raum) so besteht Vsschutz; liegt sie dagegen im Hof neben dem Gebäude, so hat der Gebäudever gemäß § 1 II V G B 88 nicht einzustehen. Ist sie im Falle einer Regenrinnenreinigung an dieser Regenrinne angelehnt, besteht ebenfalls kein Vsschutz. Auch ein Uberhaken an der Regenrinne, durch die ein seitliches Abrutschen der Leiter verhindert werden soll, kann noch nicht als eine Befestigung angesehen werden. Maßgebend ist, wo sich das betreffende Zubehörstück im Zeitpunkt des A u s b r u c h e s des Brandes befindet. Wird es zur Rettung aus dem Gebäude heraus getragen und verbrennt anschließend, weil es nicht weit genug entfernt worden ist, so besteht Vsschutz. Der Nachteil der Regelung in § 1 Nr. 2 V G B 88 ist darin zu sehen, daß in denjenigen Fällen, in denen der Vmer ein Gebäude selbst bewohnt, für Zubehör im Regelfall auch Vsschutz in der Hausratv gegeben ist. In diesen Fällen kann es somit zu unerwünschten Doppelven kommen (so Martin 3 H I 15). Aufgabe eines qualifizierten Vermittlers wäre es, das bei Abschluß des Vsvertrages zu bedenken. Das könnte z. B. in der Weise erfolgen, daß die Regelung gemäß § 1 Nr. 2 V G B 88 kraft Sonderabrede in eine S u b s i d i ä r h a f t u n g umgewandelt wird. Zum Teil wird des Problems auch schon in den Antragsformularen einzelner Ver gedacht (vgl. Martin 3 H I 16). Zweifelhaft kann sein, ob Gebäudebestandteile, die aus dem Gebäude herausgelöst worden sind, aber nach einer geplanten Reparatur wieder eingefügt werden sollen, noch ihre Eigenschaft als Gebäudebestandteile behalten. Das dürfte im vsrechtlichen Sinne im Regelfall zu bejahen sein, sofern diese Sachen auf dem Vsort bleiben. Für die Gebäudev bedarf das zumeist keiner Entscheidung. Denn solche Gebäudebestandteile sind dann jedenfalls als Zubehör vert, sofern sie sich im vten Gebäude befinden (ebenso Martin 3 H II 4). Ergänzend heißt es schließlich in § 1 Nr. 3 V G B 88, daß w e i t e r e s Z u b e h ö r sowie s o n s t i g e G r u n d s t ü c k s b e s t a n d t e i l e nur aufgrund b e s o n d e r e r V e r e i n b a r u n g vert sind. Mit den Grundstücksbestandteilen, die auch nach § 2 Nr. l a ) A F B 87 grundsätzlich nur kraft besonderer Bezeichnung im Vsvertrag vert sind, sind nicht die Bestandteile eines Gebäudes gemeint. Vielmehr sind diese gesondert in § 1 Nr. 4 V G B 88 aufgeführt (entsprechend § 2 Nr. 2 A F B 87). Erfaßt werden vielmehr u. a. Bauwerke, die nach dem Sprachgebrauch nicht dem Sammelbegriff „ Gebäude " zuzuordnen sind. Johannsen/Johannsen

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Anm. H 93

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Zu beachten ist dabei, daß ein Teil dieser Grundstücksbestandteile schon in den Erläuterungen im üblichen Vsantrag zur Gebäudev als vert aufgeführt wird, nämlich Einfriedungen, Hof- und Gehwegbefestigungen sowie elektrische Freileitungen einschließlich Ständer und Masten. Für andere Grundstücksbestandteile bedarf es eines gesonderten Einschlusses. Gedacht sei ζ. B. an einen Brunnen oder ein Denkmal. Die Antragserläuterungen können allerdings von Ver zu Ver unterschiedlich ausfallen. So ist vom L G Köln 6. VIII. 1998 r + s 1999 S. 4 2 5 ^ 2 6 , 426 ohne Erwähnung des Inhalts von Antragserläuterungen zu einem nach den V G B 62 abgeschlossenen Vertrag entschieden worden, daß eine neben dem Wohngebäude liegende T e r r a s s e nicht zu den vten Sachen zähle. Nach den heute üblichen Antragserläuterungen wäre sie aber als H o f b e f e s t i g u n g dem Kreis der vten Sachen zuzuordnen. [H 92] γ) Landwirtschaftliche Versicherung Einen Fall, in dem in einer landwirtschaftlichen Feuerv - wie üblich - k e i n e Bezugnahme auf eine P o s i t i o n e n - E r l ä u t e r u n g erfolgte, behandelt O L G Düsseldorf 12. XI. 1996 VersR 1997 S. 1482-1483. In den AFB dieses Vers hieß es, daß sich die V eines Gebäudes auf alle im Vsschein nicht ausgeschlossenen Bestandteile erstrecke; Zubehörstücke und Maschinen jedoch nur eingeschlossen sind, wenn sie im Vsschein besonders aufgeführt seien. Das Gericht hat entschieden, daß eine Kranbahnanlage nicht vert sei. Das hat es daraus gefolgert, daß eine Kranbahnanlage als Maschine zu qualifizieren sei und deshalb besonders hätte eingeschlossen werden müssen, selbst wenn sie Bestandteil des Gebäudes sei. Auch hier ist wieder die Tendenz zu erkennen, den Umfang des Vsschutzes für Gebäude und deren Bestandteile nicht an strengen sachenrechtlichen Abgrenzungen zu orientieren (vgl. dazu auch H 91). [H 93] αα) Bewegliche Sachen aaa) Versicherung des Eigentümerinteresses und der eigentümerähnlicher Interessen § 2 Nr. 3a) A F B 87 geht bei der V b e w e g l i c h e r S a c h e n (anders als bei den Gebäuden, vgl. dazu Η 88) von dem G r u n d s a t z aus, daß diese nur dann vert sind, wenn sie im E i g e n t u m des V m e r s stehen. In zwei Fällen wird aber in § 2 Nr. 3b) und c) A F B 87 (ebenso auch § 2 I 2 A F B 30 in der seit 1933 geltenden Fassung; dazu VA 1933 S. 248) von diesem Grundsatz abgewichen, nämlich bezüglich der unter E i g e n t u m s v o r b e h a l t vom Vmer erworbenen Sachen und hinsichtlich der von ihm einem Dritten s i c h e r h e i t s h a l b e r übereigneten Sachen. Besonders einleuchtend ist, daß der Vmer, der eine Sache unter E i g e n t u m s v o r b e h a l t erworben hat, also bis zur restlosen Bezahlung des Kaufpreises nur Träger einer A n w a r t s c h a f t ist, vsrechtlich dem Volleigentümer gleichgestellt wird. Das ist insbesondere deshalb sachgerecht, weil der Käufer nach § 446 I B G B (jetzt § 446 S. 1 B G B n.F.) nach Ubergabe der Sache an ihn die G e f a h r des z u f ä l l i g e n U n t e r gangs und der z u f ä l l i g e n V e r s c h l e c h t e r u n g trägt. Der Wortlaut des § 2 Nr. 3b) A F B 87 weicht von dem des §2 12 A F B 30 insoweit ab, als in der letztgenannten Vorschrift auch die U b e r g a b e der Sache an den Vmer zur Voraussetzung für diese Erweiterung des Vsschutzes gemacht wird. Daraus ist aber nicht zu folgern, daß für das Eingreifen des § 2 Nr. 3 b) A F B 87 eine Ubergabe der verkauften Sache nicht erforderlich sei. Vielmehr ist zu bedenken, daß der E r w e r b eines A n w a r t s c h a f t s r e c h tes durch den Vorbehaltskäufer begrifflich die U b e r g a b e der gekauften Sache v o r a u s s e t z t (vgl. dazu nur B G H 2. II. 1984 N J W 1984 S. 1184-1186 mit umfangreichen Nachweisen). Demgemäß erschien es den Bedingungsverfassern der A F B 87 zu Recht 622

Johannsen/Johannsen

Anm. H 93

I. Hauptpflichten des Feuervers

als überflüssig, den im Begriff des Erwerbs schon enthaltenen Übergabetatbestand zusätzlich aufzuführen. Keinen Vsschutz genießt nach dieser Konzeption der Vmer, der im Wege des V e r s e n d u n g s k a u f e s gekauft und demgemäß für die Reise gemäß § 447 BGB schon vor der Ubergabe die G e f a h r d e s z u f ä l l i g e n U n t e r g a n g s oder der z u f ä l l i g e n B e s c h ä d i g u n g der gekauften Sache trägt. Da es sich dabei um ein typisches T r a n s p o r t v s r i s i k o handelt, ist es sachgerecht, dem Vmer die Absicherung dieses Risikos durch den Abschluß einer T r a n s p o r t v zu überlassen. In der kaufmännischen Praxis wird im übrigen vielfach kraft Vereinbarung zwischen den Kaufvertragsparteien abweichend von § 447 BGB die Gefahr der Reise vom Verkäufer getragen. Dann hat der Verkäufer die Kosten für den dafür zu seiner Absicherung erforderlichen Vsschutz in den Warenpreis genauso einkalkuliert wie auch die Transportkosten. Eine von § 2 Nr. 3 b) AFB 87 abweichende Klausel im Feuervsvertrag würde zudem von der Grundregel des § 4 Nr. 1 AFB 87 abweichen, nach der für bewegliche Sachen nur innerhalb des V s o r t e s Vsschutz besteht (vgl. dazu H 120). R a i s e r 2 Anm. 6 zu § 2 AFB 30 ordnet die Regelung in § 2 I 2 AFB 30 als V für fremde Rechnung ein. Dagegen weist Wussow 2 Anm. 1 zu § 2 AFB 30 in Übereinstimmung mit B G H 28. X. 1953 B G H Z 10 S. 376-385 = VersR 1953 S. 448-450 darauf hin, daß sowohl eine V f ü r f r e m d e R e c h n u n g wie auch die V e i g e n e n I n t e r e s s e s des Käufers unter Vorbehalt an e i n e r f r e m d e n S a c h e gegeben sein könne. In § 2 Nr. 5 AFB 87 heißt es dementsprechend, daß in den Fällen des § 2 Nr. 3 b), 3 c) und Nr. 4 die V als für Rechnung des Eigentümers und des Vmers genommen gelte (vgl. dazu und zur Problematik des Vsschutzes für die Beschädigung oder Zerstörung fremder Sachen J 102-115 m . w . N . ) . In § 2 Nr. 3 c) AFB 87 heißt es weiter, daß fremde Sachen vert sind, die der Vmer s i c h e r u n g s h a l b e r ü b e r e i g n e t hat und soweit für sie gemäß § 71 I 2 dem Erwerber ein Entschädigungsanspruch nicht zusteht. Diese Ausnahme war zusammen mit der bezüglich des Erwerbs durch den Käufer unter Eigentumsvorbehalt 1933 insbesondere deshalb in § 2 I 2 AFB 30 eingeführt worden, weil die Leistungsfreiheit des Vers wegen Nichtanzeige der Veräußerung in der Öffentlichkeit auf wenig Verständnis gestoßen ist (so Raiser 2 Anm. 7 zu § 2 AFB 30). Ausgangspunkt der Interpretation ist, daß der Eigentumsübergang auch im Fall einer Sicherungsübereignung dazu führt, daß der Vsvertrag auf den Sicherungsnehmer ganz oder teilweise übergehen kann. Die Bedingungsverfasser folgen damit der BGH-Rechtsprechung, daß es auf den f o r m a l e n A k t der E i g e n t u m s ü b e r t r a g u n g ankommt und nicht auf den sogenannten w i r t s c h a f t l i c h e n E i g e n t u m s b e g r i f f (vgl. dazu nur BGH 8. II. 1965 VA 1967 S. 11-16 [13] m.w.N., 15.IV. 1987 VersR 1987 S. 704-705; für die Gegenmeinung vgl. Möller Bd II Anm. 53, 55, 61 und 66 zu § 55 m. w. N. und Sieg a.a.O. Anm. 20-23 zu § 69; ferner Dörner in BK R N 24 zu § 69 m.w.N. in R N 21-23). Sie gehen aber davon aus, daß diese Anzeigepflicht für den Fall einer Sicherungsübereignung nicht allgemein bekannt ist, so daß die Leistungsfreiheit des Vers mit Rücksicht auf die äußerlich unveränderten Risikoverhältnisse als eine zu harte Sanktion erscheint. Deshalb wurde 1933 für den Fall, daß nur wegen einer Verletzung der Anzeigepflicht dem Erwerber kein Entschädigungsanspruch zusteht, eine Leistungspflicht des Vers im Verhältnis zum Sicherungsgeber geschaffen. Raiser 2 Anm. 7 zu § 2 AFB 30 ordnet diese vertragliche Verbesserung als eine V f ü r f r e m d e R e c h n u n g ein. Er mißt ihr s u b s i d i ä r e n C h a r a k t e r bei, so daß sie dann nicht gelte, wenn die Sachen für den Eigentümer bei einem anderen Ver versichert seien und ihm hieraus ein Entschädigungsanspruch zustehe. Eine solche Subsidiarität ist indessen in § 2 Nr. 3 c) AFB 87 ebensowenig wie in § 2 I 2 AFB 30 verankert, so daß bei einer solchen atypischen Ausdehnung des Vsschutzes in der Vspolice des Erwerbers der Fall der D o p p e l v gegeben ist. Vom BGH 28.X.1953 BGHZ 10 Johannsen/Johannsen

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Antn. H 94

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

S. 376-385 = VersR 1953 S. 448-450 ist der durch § 2 I 2 AFB 30 im Verhältnis zum ursprünglich ausgesprochenen Verzicht auf die Leistungsfreiheit wegen Nichterfüllung der Anzeigepflicht mit Raiser a.a.O. ebenfalls dem Rechtsinstitut der V für fremde Rechnung zugeordnet worden. Das Gericht hat dabei die Konstruktion ihrem Sinne nach so ergänzt, daß nach der Umwandlung der Eigenv des Veräußerers in eine Fremdv zugunsten des Erwerbers der Veräußerer zwar die Vsleistung verlangen könne, sie aber an den Erwerber weiterleiten müsse (zustimmend Sieg Bd II Anm. 88 zu § 68, ablehnend Bischoff ZVerswiss 1963 S. 193-206, 201). Ist für den Vten allerdings vom Ver ein Sicherungsschein ausgestellt worden, in dem vom Vmer die Verfügungsbefugnis auf den Vten übertragen worden ist, so ist dieser aktiv legitimiert (OLG Düsseldorf 5. XII. 2000 NVersZ 2001 S. 171-178). - Sieg Bd II Anm. 24 zu § 71 bewertet § 2 I 2 AFB 30 dahin, daß zugunsten des Erwerbers die §§ 69-71 stets ausgeschlossen seien. Der Veräußerer bleibe demgemäß Vmer. Andernfalls hänge die Fremdv davon ab, daß der Erwerber schuldhaft die Anzeige nicht oder zu spät erstattet habe, so daß demgemäß bis zum Schadenfall offenstünde, ob der Veräußerer Vmer geblieben oder der Erwerber Vmer geworden sei. Eine solche Unklarheit könne nicht gewollt sein. Im Anschluß an diese Überlegungen wurde die klarstellende Sonderregelung gemäß § 2 Nr. 5 AFB 87 geschaffen. Nach dieser Bestimmung gilt in den Fällen des § 2 Nr. 3 b) und c) sowie in dem des § 2 Nr. 4 AFB 87 die V für Rechnung des Eigentümers und des Vmers genommen. Angesichts dieser Sonderregelung kann von dem Erwerber die Anzeige eines solchen Eigentumsübergangs nicht erwartet werden. Der Ver würde demgemäß bei einem Versuch, eine Leistungsfreiheit im Verhältnis zum Erwerber wegen der durch diesen nicht erstatteten Anzeige durchzusetzen, im Zweifel schon daran scheitern, daß dieser der Vertragskonstruktion nicht hinreichend deutlich entnehmen kann, daß ihn eine solche Anzeigepflicht treffen soll (dafür, daß § 711 2 ohnedies im Einzelfall wegen der vielfach zu harten Sanktion gänzlicher Leistungsfreiheit des Vers einschränkend auszulegen ist, vgl. B G H 11.11.1987 BGHZ 100 S. 6 0 - 6 7 und G 96 m. w. Ν.). So gesehen kommt dem Hinweis in § 2 Nr. 3 c) AFB 87 auf die Leistungsfreiheit im Verhältnis zum Erwerber gemäß § 711 2 eigentlich nur die Bedeutung zu, daß der dogmatische Ansatz für ein Schutzbedürfnis des Vmers hervorgehoben wird, dem schon in § 2 Nr. 4 AFB 87 Rechnung getragen worden ist. [H 94] bbb) Versicherung fremden Eigentums gemäß § 2 Nr. 4 AFB 87 Darüber hinaus erstreckt sich der Vsschutz nach § 2 Nr. 4 AFB 87 auch auf fremde bewegliche Sachen, die dem Vmer zur B e a r b e i t u n g , B e n u t z u n g oder V e r w a h r u n g oder zum V e r k a u f in O b h u t gegeben wurden (vgl. dazu auch J 124 m.w.N.). Die vier aufgeführten Möglichkeiten für eine solche Obhut decken im Grunde genommen fast alle denkbaren Übergabemöglichkeiten beweglicher Sachen an den Vmer ab. Insbesondere sind dabei die Begriffe „Bearbeitung" und „Verarbeitung" gleichzusetzen (so O L G Hamm 18.1.1995 VersR 1996 S. 93-94 in einem Fall, in dem dem Vmer Spulenwickelmaschinen zum Einbau der elektrischen Steuerung und Verkabelung übergeben worden waren). Ausgeschieden sind danach in erster Linie solche im Besitz des Vmers befindlichen fremden Sachen, die ihm nicht übergeben worden sind. Gedacht sei dabei an den Fall, daß der Vmer im Wege unerlaubter Eigenaktivität Waren vom Lager des Eigentümers abfahren läßt, um Sicherheit für ihm zustehende Forderungen zu erlangen. Erklärt der einem solchen unerlaubten Zugriff ausgesetzte Eigentümer allerdings später sein Einverständnis mit diesem unerlaubten Vorgehen in der Weise, daß diese Sachen bis zum Ausgleich der Forderungen des Vmer in dessen Besitz bleiben, so beginnt der Vsschutz mit dem Zugang dieser Einverständniserklärung (also nicht rückwirkend). 624

Johannsen/Johannsen

Anm. H 94

I. Hauptpflichten des Feuervers

Fügt sich der Eigentümer einer solchen Unrechtshandlung nur stillschweigend und zähneknirschend, weil er keinen Rechtsstreit führen will, so darf aus einem solchen Stillschweigen in aller Regel nicht auf ein nachträgliches Einverständnis geschlossen werden, das einer Ubergabe zur O b h u t gleichgesetzt werden könnte. Im Rahmen von Werk- und Werklieferungsverträgen kommt es nicht selten vor, daß die zu liefernden Sachen schon vor ihrer formellen Abnahme sich am Vsort des Bestellers befinden. Einen solchen Fall behandelt O L G Frankfurt 19. III. 1997 VersR 1998 S. 1 4 1 3 - 1 4 1 1 = r + s 1998 S. 3 3 8 - 3 3 9 mit Anm. von Wälder aaO S. 339. Der Unternehmer hatte sich hier dazu verpflichtet, dem Vmer einen Durchlaufnetzbandofen zu liefern und auf dessen Fabrikgebäude zu montieren. Während eines Probelaufs, acht Tage vor der vorgesehenen Abnahme des Objekts, kam es zu einer Explosion des Ofens, durch die dieser und die Halle beschädigt wurden. Der Maschinenver nahm zur vollen H ö h e des am Ofen entstandenen Schadens gemäß § 67 gegen den Feuerv aus dem Gesichtspunkt der „subsidiären Doppelv" (vgl. dazu B G H 2 3 . X I . 1 9 8 8 VersR 1989 S. 2 5 0 - 2 5 1 = M D R 1989 S. 5 2 5 - 5 2 6 ) Regress. Die Klage wurde zu Recht mit der Begründung abgewiesen, daß der Vmer noch nicht Eigentümer geworden sei und auch kein Fall des § 2 Nr. 4 A F B 87 gegeben sei. Die Revision wurde vom B G H nicht angenommen. Von diesen Grundsätzen geht auch Martin 3 H III 21 aus. Für den Fall aber, daß vor einer vorgesehenen Abnahme bereits nennenswerte Mengen von Produkten mit der neu installierten Anlage produziert worden seien, bejaht er den Vsschutz. Erfolgt diese Produktion durch Arbeitnehmer des Vmers ohne Anleitung durch Leute des Werkunternehmers, aber mit dessen Einverständnis, so ist dieser Auffassung beizupflichten. Der Vsschutz gemäß § 2 Nr. 4 A F B 87 für in O b h u t genommene fremde Sachen besteht nicht in allen Fällen. Vielmehr wird dieser Grundsatz eingeschränkt durch den

Zusatz „ und soweit nicht der Vmer nachweislich, insbesondere mit dem Eigentümer, vereinbart hat, daß die fremden Sachen durch den Vmer nicht vert zu werden brauchen. " Diese Formulierung ist bemerkenswert umständlich. Gemeint ist, daß kein Vsschutz für in die O b h u t des Vmers gegebenen Sachen besteht, wenn dieser mit dem Eigentümer oder dem sonstigen Vertragspartner vereinbart hatte, daß der Vmer für einen solchen Vsschutz nicht zu sorgen brauchte. Festzuhalten ist, daß dem Vmer für seine Behauptung, daß ihm die fremden Sachen zu den in der Bedingung genannten Zwecken in die Obhut gegeben seien, die Darlegungs- und Beweislast trifft. Unklar ist, ob der Ver zu beweisen hat, daß er deshalb nicht im Risiko sei, weil der Vmer mit seinem Vertragspartner oder dem Eigentümer vereinbart hatte, daß er nicht für den Vsschutz zu sorgen habe. Das wäre allerdings als übliche Verteilung der Darlegungsund Beweislast im Sinne von Regel und Ausnahme anzunehmen. Wen nach dem umständlich formulieren Zusatz die Beweislast dafür treffen soll, daß eine Vereinbarung darüber getroffen worden ist, daß eine Vsnahme nicht erfolgen solle, ergibt indessen die Interessenlage. Das Interesse des Vers geht dahin, daß er im Sinne der Vertragsklarheit bei der Regulierung von dem Grundsatz ausgehen kann, daß für die in § 2 Nr. 4 A F B 87 aufgeführten Sachen im Regelfall Vsschutz besteht. Demgemäß will er den Einwand des Vmers, daß zwischen diesem und den Eigentümern vereinbart sei, daß keine Vsnahme zu erfolgen habe, nur berücksichtigen, wenn ein entsprechender Nachweis geführt wird. Diese Grundüberlegung stimmt überein mit dem häufig anzutreffenden Interesse des Vmers, daß für Schäden an diesen fremden Sachen Vsschutz besteht. Denn dann entfällt das Risiko, für den Schaden bei eigenem Verschulden aus eigener Tasche Ersatz leisten zu müssen. Insbesondere kann der Vmer sich die Diskussion mit dem Vertragspartner darüber ersparen, ob ein einen Anspruch begründendes Verschulden überhaupt gegeben ist. Ein solches Interesse des Vmers daran, daß die fremden Sachen mit vom Vsschutz erfaßt werden, ist allerdings nicht immer gegeben. Johannsen/Johannsen

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Anm. H 94

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Das gilt z . B . dann, wenn ihn am Ausbruch des Feuers kein Verschulden trifft, so daß er dem Dritten nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen keinen Schadenersatz zu leisten hat. Ist das der Fall, so könnte der Vmer insbesondere deshalb an dem Nichtbestehen von Vsschutz hinsichtlich des Schadens an fremden Sachen ein Interesse haben, wenn andernfalls durch die zusätzliche V fremden Eigentums bei der Entschädigungsberechnung die Untervsregelung mit entsprechender Kürzung der Entschädigungsleistung des Vers zum Tragen kommen würde (so z . B . im Fall O L G H a m m 18.1.1995 VersR 1996 S. 9 3 - 9 4 ) . Betrachtet man aus dieser Sicht der Dinge die umständliche Bedingungsformulierung, so leuchtet ein, daß durch den zunächst schwerfällig erscheinenden Bedingungssatz dem Vmer die Beweislast dafür auferlegt wird, daß von ihm mit seinem Vertragspartner vereinbart worden ist, daß sich seine V nicht auf fremdes Eigentum im Sinne des § 2 Nr. 4 A F B 87 erstrecken soll. Gegen diese Beweislastverteilung bestehen deshalb keine Bedenken, weil es sich um Umstände handelt, die sich allein in der Sphäre des Vmers zugetragen haben. Die Bestimmung bezieht sich nur auf Vereinbarungen, die vor Eintritt des Vsfalles getroffen worden sind. Vereinbarungen, die nach Eintritt des Vsfalles getroffen worden sind, haben nur für künftige Vsfälle Bedeutung. Eine entgegengesetzte Auslegung würde zu dem sinnwidrigen Ergebnis führen, daß der Vmer sich rückwirkend für die ihm im Einzelfall günstigste Lösung nach Eintritt des Vsfalles entscheiden könnte. In § 2 Nr. 4 A F B 87 heißt es ergänzend, daß die aufgeführte V fremden Eigentums von in die O b h u t genommenen Sachen nur dann eingreife, wenn es sich um solche Sachen handelt, die i h r e r A r t nach zu den vten Sachen gehören. Es kommt danach darauf an, ob die fremden Sachen unter die Beschreibung der überhaupt der Gattung nach vten Sachen fallen. N u r dann, wenn eine Interpretation der Vertragsunterlagen ergibt, daß für gleichartige Sachen des Vmers Vsschutz besteht, findet die Erweiterungsregelung gemäß § 2 Nr. 4 A F B 87 Anwendung. Die Abgrenzung ist anhand aller Vertragsunterlagen vorzunehmen. Dabei kann unter Umständen auch die Regelung in § 6 Nr. 4 A F B 87 über den Vsschutz für die Aufnahme oder Veränderung eines Betriebes, gleich welcher Art oder welchen Umfangs, zum Tragen kommen (vgl. dazu G 33). An einer § 2 Nr. 4 A F B 87 entsprechenden Regelung fehlt es in den A F B 30. D o c h ist auch unter der Geltung dieses Bedingungswerkes häufig nicht nur für unter Eigentumsvorbehalt gekaufte oder einem Dritten sicherungshalber übereignete Sachen ein schutzwürdiges Interesse des Vmers gegeben sondern auch für weitere fremde Sachen, namentlich in bezug auf die in § 2 Nr. 4 À F B 87 aufgeführten Sachverhalte. In der älteren Fassung der Positionen-Erläuterung (vgl. dazu Möller Bd II Anm. 18 zu § 54) ist daher unter der Pos. 2 a. F. der Hinweis gegeben worden, daß für fremdes Eigentum die Mitv nach den F r e m d v s k l a u s e l n zu regeln sei. Solche Standardklauseln finden sich heute im sog. K l a u s e l h e f t , u.a. unter Nr. 1203 für A u s s t e l l u n g s w a r e , 1204 für P f a n d l e i h e n und 1205 für Bauunternehmer - Arbeitsgemeinschaften. Bemerkenswert ist die Klausel 1201, durch die der Ausschluß der gemäß § 2 Nr. 4 A F B 87 an sich generell vom Vsschutz erfaßten Sachen vereinbart werden kann. Das Motiv für eine solche Vertragsgestaltung ist dabei nicht selten, daß sich andernfalls im Schadenfall aus dem Einschluß fremden Eigentums eine Unterv ergeben könnte. Dagegen stellt die Klausel 1202 eine Erweiterung von § 2 Nr. 4 A F B 87 dar. Es wird in Ergänzung der enumerativen Aufzählung in § 2 Nr. 4 A F B 87 der Sammeltatbestand der Begründung einer O b h u t durch den Vmer z u s o n s t i g e n Z w e c k e n eingeführt. Dadurch werden Abgrenzungsschwierigkeiten vermieden. Im übrigen ist zu beachten, daß nach § 2 I 1 A F B 30 grundsätzlich nur die dem Vmer gehörenden Sachen vert sind. Diese Bestimmung ist allerdings einschränkend auszulegen, daß § 2 11 A F B nur bei einer s u m m a r i s c h e n V eingreift. Ist dagegen eine b e s t i m m t e S a c h e als vert bezeichnet, so wird im Regelfall anzunehmen sein, daß Vsschutz in der F o r m einer V für fremde

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I. Hauptpflichten des Feuervers

A n m . H 95

Rechnung auch dann eingreift, wenn die V von einem Nichteigentümer abgeschlossen worden ist (so BGH 18. IX. 1991 VersR 1991 S. 1404-1406 = r + s 1991 S. 423-425, OLG Köln 30.XI.1933 HansRGZ A 1934 Sp. 174, OLG Celle 15.VII. 1953 VersR 1953 S. 387-389; so grundlegend schon Raiser 2 Anm. 2,3 zu § 2 AFB; vgl. ferner Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 2 AFB 30, Wälder r + s 1997 S. 75, Wussow 2 Anm. 2 zu § 2 AFB). OLG Koblenz 20. IX. 1996 r + s 1997 S. 73-75 m. kritischer Anm. von Wälder a.a.O. S. 75 vertritt darüber hinaus den Standpunkt, daß aus der vertraglich vereinbarten Erstreckung des Vsschutzes auf die t e c h n i s c h e und k a u f m ä n n i s c h e Betriebseinrichtung k o n k l u d e n t folge, daß insoweit fremdes Eigentum mitvert sei. Dem ist nicht beizupflichten. Denn § 2 I 1 AFB 30 kommt gerade bei einer summarischen V zur Anwendung. Zur Begründung verweist das Gericht lediglich auf die Regelung in § 2 Nr. 4 AFB 87. Es ist dem Sachverhalt aber kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß die Geltung jener Regelung oder eine sonstige Fremdvsklausel (z.B. gemäß den Klauseln 1201-1203) vereinbart worden wäre. Zu Recht wird daher die Entscheidung von Wälder a.a.O. in diesem Punkt als unzutreffend eingeordnet (kritisch auch Kollhosser in Prölss-Martin a.a.O.). D a r l e g u n g s - und beweispflichtig dafür, daß die Voraussetzungen des § 2 Nr. 4 AFB 87 oder einer sonstigen Fremdklausel eingreifen, ist der Vmer (so BGH 21. X. 1998 r + s 1999 S. 31-32 für die Behauptung des Vmers, daß er die beschädigten Sachen unter Eigentumsvorbehalt erworben hat). Ist dabei streitig, ob eine vorgelegte P r i v a t u r k u n d e r ü c k d a t i e r t ist, so darf das Gericht die Richtigkeit des in dieser Urkunde angegebenen Datums nicht als zutreffend für die Entscheidung unterstellen (BGH 21.X. 1998 a.a.O.). [H 95] ccc) Abgrenzung der versicherten Interessen in den Fällen der Mitversicherung fremden Eigentums In § 2 Nr. 5 AFB 87 ist für die V fremden Eigentums gemäß § 2 Nr. 3 b) und c) sowie Nr. 4 AFB 87 festgelegt, daß die V für Rechnung des Eigentümers und des Vmers genommen gelte. Damit wird für den Erwerb unter Eigentumsvorbehalt und für die Sicherungsübereignung klargestellt, daß in jedem Fall bis zur Grenze des vollen vten Sachwertes (je nach Vereinbarung entweder Neuwert oder Zeitwert) zu entschädigen ist. Dabei handelt es sich begrifflich um zwei vte Interessenbereiche, nämlich um Ven für eigene und fremde Rechnung. Zur Geltendmachung der Ansprüche ist dabei nach der Grundstruktur dieser Vertragsgestaltung allein der Vmer berechtigt, soweit keine abweichenden Vereinbarungen getroffen worden sind (vgl. dazu H 94 und J 123, J 124). Das Gesagte bedeutet, daß der Ver durch eine ohne Einverständnis des Vmers erfolgte Zahlung an den Vten im Regelfall nicht die geschuldete Leistung erbringt, so daß er in Grenzfällen zur zusätzlichen Zahlung an den Vmer gezwungen werden könnte. Das ist z. B. dann der Fall, wenn der Sicherungseigentümer (Vter) wegen seiner Forderung gegen den Vmer zur Zeit der Zahlung durch den Ver schon befriedigt war, die Leistung des Vers aber vor dem alsbald erfolgenden finanziellen Zusammenbruch zur Begleichung sonstiger Schulden verwendet hat. In dieser Situation kommt allerdings auch ein Schadenersatzanspruch des Vers gegen den Vmer in Betracht, wenn dieser es in Kenntnis der Anmeldung der Ansprüche des Vten bei dem Ver unterlassen hat, den letzteren darauf hinzuweisen, daß dem Vten keine Rechte aus dem der Sicherungsübereignung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis mehr zustehen, da er die Schuld gegenüber dem Vten bereits getilgt habe. Mit Rücksicht darauf, daß sowohl das Interesse des Vmers wie das des Eigentümers vert ist, hat der Ver demgemäß in den Fällen des § 2 Nr. 3 b) und c) AFB 87 immer den vollen Sachwert zu erbringen (je nach Vereinbarung den Neu- oder den Zeitwert). Die Aufteilung im Innenverhältnis ist Johannsen/Johannsen

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Anm. H 96

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

dabei im Regelfall Sache des Vmers. Es kommt insbesondere ζ. B. nicht darauf an, ob der Käufer unter Eigentumsvorbehalt nach den Vertragsbedingungen abweichend von § 446 B G B nicht die Gefahr des zufälligen Unterganges getragen hat. Ebenso ist dem Ver in diesen Fällen der aus der Sicht des Vmers systemwidrige Einwand versagt, daß es nur auf das Interesse des Eigentümers ankomme, dem der Vmer nur noch 20 % des Kaufpreises der betreffenden Sache schulde. Entsprechendes gilt für die Sicherungsübereignung. Zu diesem Ergebnis müßte man allerdings auch dann kommen, wenn es die Regelung in § 5 A F B 87 nicht geben würde. Diese Bestimmung verdeutlicht aber auch für den nicht rechtskundigen Vmer die Rechtslage. In § 2 Nr. 5 S. 2 A F B 87 wird ergänzend für die Fälle der Nr. 4 bestimmt, daß für die Höhe des Vswertes, soweit nicht etwas anders vereinbart ist, nur das I n t e r e s s e des E i g e n t ü m e r s m a ß g e b e n d ist. Es ist zu bezweifeln, daß dieser Bestimmung in allen Obhutsfällen eine Bedeutung zukommt. Für die Fälle der Benutzung oder Verwahrung ist das ohne weiteres einleuchtend. Denn dadurch kann sich keine Wertsteigerung ergeben. Entsprechendes gilt für die dem Vmer zum Verkauf übergebenen Sachen. Maßgebend ist für deren Bewertung, ob gemäß § 5 Nr. 3 a) und d) A F B 87 auf den W i e d e r b e s c h a f f u n g s - oder W i e d e r h e r s t e l l u n g s a u f w a n d abgestellt wird oder ob es eine davon abweichende Vereinbarung einer V e r k a u f s p r e i s k l a u s e l gibt (vgl. dazu H 155-156). Im letzteren Fall könnte § 2 Nr. 5 S. 2 A F B 87 dahin interpretiert werden, daß bei der Bemessung des Vswertes ein Betrag in Höhe der durch den Vmer nicht verdienten Kommission nicht unter die Entschädigungspflicht des Vers fällt. Indessen ist das ein unzutreffender Ansatzpunkt, da es auf den Verkaufspreis im Regelfall mangels besonderer Vereinbarung nicht ankommt. Für den Fall einer bereits erfolgten Bearbeitung der Sache ließe sich die Auffassung vertreten, daß ein Interesse des Eigentümers an der Bezahlung des durch die Bearbeitung entstandenen Mehrwertes nur dann anzunehmen sei, wenn er abweichend von § 644 B G B nach den Vertragsbedingungen des betreffenden Werkvertrages trotz des Untergangs der Sache (oder der Beschädigung) den Werklohn zu entrichten hat. Eine solche Interpretation entspricht aber nicht dem Sinn der Klausel, die schlicht auf den Wiederherstellungsaufwand abstellt. Vor allem ist hier ein achtenswertes Vsinteresse auf Seiten des Vmers gegeben. Ist der Schaden durch den Vmer nicht verschuldet worden, so kann sich im übrigen eine Zahlungspflicht des Eigentümers bei Vereinbarung einer § 7 V O B / B entsprechenden Regelung ergeben. Solche Differenzierungen sind aber nach dem Sinn der Bestimmung unerheblich, da der Wert der erbrachten Leistungen des Vmers ebenfalls zum Wiederherstellungsaufwand gehört. [ H 96] ddd) Sachgruppen α) Betriebseinrichtung αα) Gemäß Positionen-Erläuterung eingeschlossene Sachen Nach § 2 Nr. 2 A F B 87 sind Gebäude o h n e Z u b e h ö r vert, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist. Die A F B 30 äußerten sich zu dieser Frage nicht. Im Interesse der Klarheit ist ein Hinweis wie der in § 2 Nr. 2 A F B 87 aber vorzuziehen, da dadurch unter Umständen Rechtsstreitigkeiten vermieden werden können. Begrüßenswert ist, daß von den Bedingungsverfassern exakt auf einen Begriff des bürgerlichen Rechts abgestellt wird. Die Grundsatzdefinition des Zubehörbegriffs in § 97 I 1 B G B besagt, daß es sich um b e w e g l i c h e S a c h e n handelt, die o h n e B e s t a n d t e i l d e r H a u p t s a c h e zu s e i n , dem w i r t s c h a f t l i c h e n Z w e c k e d e r H a u p t s a c h e zu d i e n e n b e s t i m m t sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung e n t s p r e c h e n d e n r ä u m l i c h e n V e r h ä l t n i s stehen. Speziell für Gebäude legt § 98 Nr. 1 B G B fest, daß bei 628

Johannsen/Johannsen

Anm. H 97

I. Hauptpflichten des Feuervers

einem Gebäude, das für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet ist, insbesondere bei einer Mühle, einer Schmiede, einem Brauhaus oder einer Fabrik, die zu dem Betriebe bestimmten Maschinen und sonstigen Gerätschaften unter § 97 I 1 BGB fallen. Im Rahmen der auf der Basis der Positionen-Erläuterung zur industriellen und gewerblichen Feuerv abgeschlossenen Vsverträge bedarf es eines näheren Eingehens auf den bürgerlichrechtlichen Begriff des Zubehörs nicht. Denn unter der Position „Betriebseinrichtung" findet sich unter Pos. 2.2-2.2 (vgl. dazu H 87) eine derart umfassende Aufzählung mitvter beweglicher Sachen, daß so gut wie alle dem Rechtsbegriff des Zubehörs zuzuordnenden beweglichen Sachen vom Vsschutz erfaßt werden (vgl. dazu auch H 91). Das gilt im übrigen auch für auf der Basis der AFB 30 in diesem Bereich abgeschlossene Verträge. Nur ist dort - je nach den Umständen des Einzelfalls - zu beachten, daß im Regelfall eine ältere Fassung der Positionen-Erläuterung zu Tragen kommt (vgl. dazu den Abdruck bei Möller Bd II Anm. 18 zu § 54). Eine kritische Durchsicht der unter H 87 abgedruckten Liste ergibt, daß sie so umfassend ist, daß es dazu kaum Streitfälle geben dürfte. Hat der Vmer sein Grundstück allerdings verpachtet, so kommt es in der Praxis nicht selten vor, daß er, wenn das Zubehör vom Pächter gestellt wird, die Betriebseinrichtung nicht mitvert. Dann dürfte im Regelfall aber der Pächter eine solche Position in seiner eigenen Feuerv eingeschlossen haben. Vom O L G Koblenz 20. IX. 1996 r + s 1997 S. 73-75 (m. kritischer Anm. von Wälder aaO S. 75) ist die Auffassung vertreten worden, daß daraus, daß im Vsschein die technische und kaufmännische Betriebseinrichtung als vert bezeichnet sei, k o n k l u d e n t f o l g e , daß f r e m d e s E i g e n t u m vom Vsschutz erfaßt werde. Dem ist jedoch für den Regelfall nicht zu folgen. Es kommt vielmehr darauf an, ob § 2 Nr. 4 AFB 87 oder sonst eine Fremdvsklausel eingreift. Anders ist es nur dann, wenn keine summarische V vorliegt, sondern die vten Sachen individuell aufgeführt werden (vgl. dazu H 94 m.w.N.). [H 97] ßß) Ausnahmen ααα) Bargeld Nicht zur Betriebseinrichtung gehört nach § 2 Nr. 6a) AFB 87 B a r g e l d (ebenso § 2 II 1 AFB 30). Darunter fällt i n - und a u s l ä n d i s c h e s Geld. Nicht dagegen ist darunter das nicht mehr in Kraft befindliche Geld einzuordnen, das als Münzen oder Geldscheine für Sammler gehandelt wird. Dabei handelt es sich ohnedies nicht um einen Bestandteil der Betriebseinrichtung sondern um die W a r e n des Münzhändlers. Soweit Münzen oder Geldscheine zwar im Handel wegen Außerkrafttretens als Zahlungsmittel nicht mehr angenommen werden, aber noch rechtmäßig bei den dafür zuständigen öffentlich-rechtlichen Institutionen in neue Zahlungsmittel umgetauscht werden können, fallen sie unter § 2 Nr. 6a) AFB 87. Das ist z.B. für die Umstellung von DM auf Euro erheblich. Es leuchtet ein, daß ein Vmer durchaus daran interessiert sein kann, abweichend von § 2 Nr. 6 a) AFB 87 Vsschutz auch für Bargeld zu erlangen. Dafür bedarf es einer besonderen Dokumentation im Vsvertrag. A u f g a b e des Versvermittlers ist es, auf diese Zusammenhänge bei dem Abschluß des Vsvertrages hinzuweisen. Die Abklärung, welche V s b e d ü r f n i s s e bei dem Vmer bestehen, gehört zu den wesentlichen Aufgaben eines Vsvermittlers; insbesondere gilt das für Vsmakler. Das gilt um so mehr, wenn in der Positionen-Erläuterung der Einschluß dieses Risikos vorgesehen ist. Insoweit ist auf Pos. 4.1-4.2 der Positionen-Erläuterung zu verweisen. Daß in den Feuervspolicen für Banken regelmäßig Sonderregelungen für Bargeld zu finden sind, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Den Sonderfall des Johannsen/Johannsen

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A n m . H 98

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Einschlusses von B a r g e l d regelt generell § 4 Nr. 3a AFB 87. Danach besteht Vsschutz für Bargeld nur, wenn es sich in v e r s c h l o s s e n e n R ä u m e n oder B e h ä l t nissen der im Vsvertrag bezeichneten Art befindet. Diese Bestimmung ist als R i s i k o a u s s c h l u ß und nicht als „verhüllte" O b l i e g e n h e i t einzuordnen. Denn es handelt sich um eine e x a k t e B e s t i m m u n g des Vs o r t es, aus der klar ersichtlich ist, daß nur eine a u s s c h n i t t s weise D e c k u n g gewährt werden soll (vgl. für die Bewertung ähnlich gefaßter Klauseln nur B G H 26. IV. 1972 VersR 1972 S. 575-577 [zu § 2 Nr. 3 AEB], 16. III. 1983 VersR 1983 S. 573-574 = r + s 1983 S. 102-103 [zu § 1 Nr. 4 AVBR 80]; w. N. bei Römer in Römer-Langheid R N 6 - 9 zu § 6; zur grundsätzlichen Abgrenzung vgl. vor allem Möller Bd I Anm. 12-15 m.w. N., ferner Bischoff VersR 1972 S. 799-808 m.w.N., Hübner VersR 1978 S. 981-988 m.w.N., Klingmüller Festschrift für Reimer Schmidt, Karlsruhe 1976, S. 753-768 m.w.N., Prölss in PrölssMartin 26 R N 7-29 zu § 6 m.w.N., Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 241 m.w.N., Schwintowski in BK R N 26 zu § 6 mw.N., Sieg BB 1970 S. 106-110). In dem Fall, daß bei dem Vmer L ö h n e und G e h ä l t e r bar ausgezahlt werden, sieht die Klausel 3201 eine Abänderung von § 4 Nr. 3 a) AFB 87 vor. Für die zur Bereitstellung und Auszahlung erforderliche Zeit besteht innerhalb des Vsortes auch außerhalb der Behältnisse gemäß § 4 Nr. 3 a AFB 87 Vsschutz. Diese Klausel gilt nur dann, wenn sie zusätzlich vereinbart worden ist. Da solche Bargeldzahlungen an Lohn- und Gehaltszahlungstagen gänzlich ungewöhnlich geworden sind, liegt regelmäßig kein Verschulden eines Vsvermittlers vor, der auf die Möglichkeit einer solchen Vsschutzerweiterung gegen eine Zusatzprämie nicht hingewiesen hat. Etwas anderes ist nur dann anzunehmen, wenn ihm diese altväterliche Auszahlungspraxis des Vmers bekannt war. Soweit eine solche Barauszahlung darauf beruht, daß ausländische Arbeitskräfte weit unter den Tariflöhnen bezahlt werden und diese Zahlungen unter g e s e t z e s w i d r i g e r „ E r s p a r n i s " von Steuern und Sozialabgaben s c h w a r z erfolgen, ist der Vmer überdies nicht schutzwürdig. In § 2 II AFB 30 sind über § 2 Nr. 6a) AFB 87 hinaus G o l d und S i l b e r b a r r e n , u n g e f a ß t e E d e l s t e i n e sowie u n g e f a ß t e echte P e r l e n als nur dann vert bezeichnet, wenn es besonders vereinbart ist. Dennoch darf § 2 Nr. 6 a) AFB 87 insoweit nicht als Verbesserung des Vsschutzes im Verhältnis zu den AFB 30 aufgefaßt werden. Es ist vielmehr zu bedenken, daß die zusätzlich in § 2 II AFB 30 aufgeführten Sachen, nämlich Gold und Silberbarren sowie die ungefaßten Edelsteine oder ungefaßten echten Perlen im Regelfall ohnedies nicht zur Betriebseinrichtung gehören. Handelt der Vmer aber mit solchen Sachen oder verarbeitet er sie, so sind sie entweder Waren oder Rohstoffe oder Fabrikate (unter Umständen auch Halbfabrikate). Es ergibt demgemäß die auf dem Vsantrag beruhende Beschreibung des Betriebs des Vmers und der vten Sachen in der Vspolice, ob für solche wertvollen Objekte Vsschutz geboten wird oder nicht. [H 98] ßßß) Urkunden, ζ. B. Sparbücher und sonstige Wertpapiere Nach § 2 Nr. 6b) AFB 87 fallen U r k u n d e n , wie z.B. S p a r b ü c h e r und s o n s t i g e W e r t p a p i e r e nicht unter den Begriff der B e t r i e b s e i n r i c h t u n g . Die unter H 87 wiedergegebene Positionen-Erläuterung geht demgemäß in 4.1-4.2 davon aus, daß es für die V dieses Risikos eines besonderen Einschlusses bedarf. Gemeint sind in § 2 Nr. 6 b) AFB 87 nicht Urkunden aller Art im Sinne der strafrechtlichen Begriffsdefinition, daß Urkunden verkörperte Gedankenerklärungen sind. Vielmehr sollten nur solche Urkunden vom Vsschutz ausgeschlossen werden, die G e l d e s w e r t haben, weil sie Zahlungsansprüche verbriefen. Das ergibt sich nicht nur aus dem Beispielpaar „Sparbücher und sonstige Wertpapiere", sondern vielmehr auch dar630

Johannsen/Johannsen

Anm. H 98

I. Hauptpflichten des Feuervers

aus, daß durch § 2 Nr. 6c) AFB 87 ausdrücklich u.a. A k t e n , P l ä n e , G e s c h ä f t s b ü c h e r und K a r t e i e n aus dem Vsschutz für Betriebseinrichtungen herausgenommen werden. Denn das wäre nicht erforderlich, wenn in § 2 Nr. 6 b) AFB ein umfassender Urkundenbegriff gemeint gewesen wäre. Der Ausschluß von Sparbüchern ist für den Vmer im Regelfall ohne Bedeutung. Denn die Forderungen aus diesen Sparbüchern bestehen trotz des Verbrennens fort. Da der durchschnittliche Vmer weiß, bei welcher Sparkasse seine Sparbücher geführt werden, kann er unschwer den Bestand seiner Forderung über die Buchungsunterlagen der Kasse feststellen lassen. Bei guten Geschäftsbeziehungen dürfte in der der Sparkasse bekannten Ausnahmesituation der angesparte Betrag auch vor Durchführung des A u f g e b o t v e r f a h r e n s zur Verfügung gestellt werden. Ähnlich liegt die Situation bei einem Verbrennen von Aktienurkunden, Schuldverschreibungen oder sonstigen Wertpapieren, die sich überdies üblicherweise in Bankdepots befinden. Zu den ausgeschlossenen Wertpapieren zählen ζ. B. Pfandbriefe und Obligationen, ferner Wechsel, Schecks sowie Hypotheken-, Grundschuldund Rentenbriefe. In der Positionen-Erläuterung 4.1-4.2 werden außerdem zu Recht unter dem Oberbegriff Papiere, die ein p r i v a t e s R e c h t verbriefen, auch Briefmarken, Stempel- und Vsmarken aufgeführt. Auch für diese Geldeswert verkörpernden Urkunden, zu denen auch Kuxe und kaufmännische Anweisungen gehören, ist durch spezielle Vereinbarungen eine Ausdehnung des Vsschutzes gewiß möglich. Im Klauselheft ist ein standardisierter Text allerdings nicht enthalten. Die Formulierung anhand der Positionen-Erläuterung 4.1-4.2 bietet aber keine Schwierigkeiten. Sind daher Papiere, die ein privates Recht verkörpern, generell in besonderer Position als vert aufgeführt, so gehören dazu auch T e l e f o n k a r t e n . Dabei sind zusätzlich zu dem wegen der werblichen Ausgestaltung nicht selten erheblichen Herstellungswert auch der Wert der durch die Karten verbrieften Gesprächseinheiten zu ersetzen (vgl. für einen solchen Fall aus dem Bereich der Einbruchdiebstahlsv bei abweichender Positionen-Gestaltung OLG Karlsruhe 20. III. 1997 r + s 1998 S. 207-208). In dem vom OLG Karlsruhe a.a.O. entschiedenen Fall war für die in § 2 Nr. 6 c) AFB 87 aufgeführten Sachen eine Summenbegrenzung von DM 10000,- vorgesehen. Das Gericht übernahm zu Recht die Auffassung von Martin 3 H III 28, daß es sich nicht um einen sonstigen Datenträger handle. Darüber hinaus verneinte es auch die Eigenschaft der Telefonkarten als Wertmarke im Sinne der dort verwendeten Deklaration und sprach volle Entschädigung im Rahmen der für die technische und kaufmännische Betriebseinrichtung vereinbarten Vssumme zu (dabei hatte aber der Vmer seine Klage nicht auf den „Gesprächswert" dieser mit einem Kostenwert von DM 15,- pro Stück erstellten Telefonkarten erstreckt). Dem ist für einen Feuervsvertrag nicht ohne weiteres zu folgen. Es kommt vielmehr darauf an, ob - abweichend von § 2 Nr. 6 b), AFB 87 - dem Vsvertrag gemäß Nr. 4.1-4.2 der Positionen-Erläuterung eine besondere Position zugrunde gelegt worden ist, nach der summenmäßig begrenzt für Urkunden, die ein p r i v a t e s R e c h t verkörpern, Vsschutz gewährt wird oder ob der Vmer bei Abschluß des Vsvertrages ein Bedürfnis für die V dieses Risikos verneint hat. Von dem Einschluß durch gesonderte Positionen geht auch § 4 Nr. 3 b AFB 87 aus, in dem bestimmt wird, daß ebenso wie für Bargeld auch für diese Wertpapiere nur in v e r s c h l o s s e n e n R ä u m e n oder B e h ä l t n i s s e n der im Vsvertrag bezeichneten Art Vsschutz besteht. Bei einem derartigen Einschluß ist im übrigen zu bedenken, daß bei vielen Wertpapieren im Sinne des überkommenen engen Wertpapierbegriffs im Regelfall zu Lasten des Vers nur die Auf g e b o t s k o s t e n gehen. Das setzt allerdings voraus, daß nach einer Durchführung des Aufgebotsverfahrens der Schuldner noch z a h l u n g s f ä h i g ist. Ist er das nicht, war er das aber zum Zeitpunkt des Brandes, so geht die mangelnde Zahlungsfähigkeit zu Lasten des Vers. Johannsen/Johannsen

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A n m . H 100

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Gemäß § 2 II AFB 30 sind Wertpapiere und Urkunden nur dann vert, wenn das besonders vereinbart ist. Es wird der Urkundenbegriff also nicht wie in § 2 Nr. 6 b) AFB 87 auf die Zahlungsansprüche verbriefenden Wertpapiere eingegrenzt. Demgemäß bedarf es dort eines ausdrücklichen Einschlusses auch für nicht Zahlungsansprüche verkörpernde Urkunden. Nach Raiser 2 Anm 13 zu § 2 AFB gehören zu den Wertpapieren und Urkunden insbesondere Effekten, Wechsel, Schecks, Sparkassenbücher, Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenbriefe und nicht entwertete Briefund Stempelmarken (ebenso Wussow 2 Anm. 10 zu § 2 AFB 30). Das alles sind aber auch Sachen, die unter den eingeschränkten Urkundenbegriff im Sinne von § 2 Nr. 6 b) AFB 87 fallen. [H 99] γγγ) Geschäftsunterlagen und sonstige Datenträger Gemäß § 2 Nr. 6c) AFB 87 fallen A k t e n , P l ä n e , G e s c h ä f t s b ü c h e r , K a r t e i e n , Z e i c h n u n g e n , L o c h k a r t e n , M a g n e t b ä n d e r , M a g n e t p l a t t e n und s o n s t i g e D a t e n t r ä g e r n i c h t unter den V s s c h u t z für B e t r i e b s e i n r i c h t u n g e n . Es bedarf auch hier einer besonderen Vereinbarung. Daß es wichtig sein kann, diese Sachen mit in den Vsschutz einzubeziehen, steht außer Frage. Die Ver gewähren solchen Vsschutz im Regelfall auch gemäß Positionen 4.3-4.4 der Positionen-Erläuterung. Es soll aber die Aufführung in einer besonderen Position das Problembewußtsein des Vmers für die Notwendigkeit der V auch solcher Sachen wecken und für angemessene Vssummen mit Rücksicht auf den oft unterschätzten erheblichen Wiederherstellungsaufwand sorgen. Unter den aufgeführten „sonstigen Datenträgern" sind nur solche zu verstehen, die den Lochkarten, Magnetbändern und -platten in dem Sinne ähnlich sind, daß sie Daten über den Betrieb des Vmers enthalten (so Martin3 Η III 28; O L G Karlsruhe 20. III. 1997 r + s 1998 S. 207-208). [H 100] ôôô) Entwicklungsunterlagen und nicht mehr benötigte Fertigungsvorrichtungen Durch § 2 Nr. 6d) AFB sind als B e t r i e b s e i n r i c h t u n g e n ferner M u s t e r , A n s c h a u u n g s m o d e l l e , P r o t o t y p e n und A u s s t e l l u n g s s t ü c k e vom Vsschutz ausgeschlossen. Das gleiche gilt für t y p e n g e b u n d e n e , für die laufende P r o d u k t i o n n i c h t m e h r b e n ö t i g t e F e r t i g u n g s v o r r i c h t u n g e n . Es handelt sich wie bei den in § 2 Nr. 6 c) AFB 87 aufgeführten Sachen um solche, bei denen der Vswert häufig schwer zu bestimmen ist. Für diese Risiken bedarf es eines besonderen Einschlusses, wie das in Pos. 4.5 der Positionen-Erläuterung vorgesehen ist. Die ersten vier Sachgruppen können für einen Betrieb durchaus von großem Wert sein. Es ist aber zweckmäßig, wenn hier konkrete Wertangaben als Höchstgrenzen für die Entschädigungsbemessung bei entsprechender Aufteilung der Vssummen in der Vspolice festgelegt werden. Dann steht, sofern nicht ein Summenausgleich eingreift (vgl. dazu Η 186), jedenfalls die höchstmögliche Leistungsverpflichtung des Vers im Schadenfalle fest. Dennoch kann über die Höhe der Reproduktionskosten solcher „ Unikate" trefflich gestritten werden. Als Beispiel für Fertigungsvorrichtungen, die - je nach der Entwicklung des Betriebes des Vmers - für die laufende Produktion nicht mehr benötigt werden, sind unter der Positionen-Erläuterung folgende Sachen aufgeführt: Druckplatten und -walzen, Druckwerkzeuge, Formen, Klischees, Matrizen, formgebende Modelle, Prägewerkzeuge, Schablonen, Schnitte, Stanzen, Stehsätze, Stempel und Ziehwerkzeuge. Es ist 632

Johannsen/Johannsen

Anm. H 102

I. Hauptpflichten des Feuervers

einleuchtend, daß diese Aufzählung nicht erschöpfend ist. Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse z u m Z e i t p u n k t des S c h a d e n e i n t r i t t s . Daß Fertigungsvorrichtungen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vsvertrages noch vollen Umfangs genutzt wurden, ändert an dieser Einordnung nichts. Es ist im übrigen einleuchtend, daß zumeist für die typengebundenen, für die laufende Produktion nicht mehr benötigten Fertigungsvorrichtungen kein wirtschaftliches Interesse zur Wiederherstellung einer solchen Anlage gegeben ist. Es gibt allerdings manchmal Ausnahmesituationen, die dazu führen, daß mit an sich veralteten Typen wieder produziert wird. Das gilt insbesondere dann, wenn z.B. ein neu entwickelter Maschinentyp erst lange nach der Erprobung und dem Verkaufsbeginn eklatante Fehler aufweist, so daß nach entsprechenden Rückrufen notgedrungen und unter Verlusten die Kundschaft auf das alte Produkt aus der ursprünglich schon stillgelegten Fertigungsvorrichtung verwiesen werden muß. Aus diesen Gründen kann es dem Vmer im Sinne einer vorsichtig negativen Einschätzung des neuen Entwicklungsstandes als zweckmäßig erscheinen, solche stillgelegten Anlagen zu vern. Erfolgt der Einschluß dieses Risikos entgegen § 2 Nr. 6d) AFB 87, so ist der Ver, auch wenn ein spezielles wirtschaftliches Interesse des Vmers sich nicht akut realisiert hat, voll im Risiko. Das bedeutet, daß er auch die gegebenenfalls vereinbarte Entschädigung auf N e u w e r t b a s i s zu entrichten hat. Nur dann, wenn im Rahmen der Entschädigungsregelung eine W i e d e r a u f b a u k l a u s e l vereinbart worden ist, ist die Leistungspflicht des Vers zunächst auf den Zeitwert beschränkt (vgl. dazu H 170). [H 101] εεε) Zulassungspflichtige Kraftfahrzeuge, Kraftfahrzeuganhänger und Zugmaschinen Nach § 2 Nr. 6e) AFB 87 sind z u l a s s u n g s p f l i c h t i g e K r a f t f a h r z e u g e , deren A n h ä n g e r und Z u g m a s c h i n e n vom Vsschutz ausgeschlossen. Üblicherweise werden solche Risiken im Rahmen der Fahrzeugv vert. Das hat zu der vernünftigen Einschränkung geführt, daß die Feuerver grundsätzlich nur die zulassungsfreien Fahrzeuge vern. Es bestehen aber keinerlei Bedenken rechtlicher Art, den Vsschutz gegen das Feuerrisiko auch auf zulassungspflichtige Fahrzeuge auszudehnen. Dabei müßten dann allerdings entsprechende Erweiterungen der Regelung über die A u ß e n ν vorgenommen werden. In der Vspraxis ist eine Abweichung von § 2 Nr. 6 e AFB 87 nur in Ausnahmefällen zu beobachten. In der Positionen-Erläuterung heißt es klarstellend unter 2.1-2.2, daß nicht zulassungspflichtige Fahrzeuge unter die vten Sachen fallen und daß zulassungspflichtige unter besonderer Position vert werden können. In der Pos. 4.7 wird noch eines besonderen Falles gedacht, daß nämlich Kraftfahrzeuge von Betriebsangehörigen und Besuchern in ruhendem Zustand auf entsprechend gekennzeichneten Parkplätzen vert werden können. Von dieser Möglichkeit wird in der Vspraxis im übrigen nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht. [H 102] ζζζ) Automaten mit Geldeinwurf (einschließlich Geldwechsler) samt Inhalt sowie Geldautomaten Ausgeschlossen sind nach § 2 Nr. 6f) AFB 87 die in der Uberschrift aufgeführten Automaten. Der Hinweis auf den Inhalt ist dabei überflüssig, da das B a r g e l d schon unter § 2 Nr. 6 a) AFB 87 fällt. Soweit eine Feuervspolice für einen Hersteller oder Händler von den in § 2 Nr. 6f) AFB 87 aufgeführten Geldautomaten ausgestellt wird, in der die Fabrikate in den Vsschutz einbezogen sind, kommt § 2 Nr. 6f) AFB 87 nicht zur Anwendung. Das ergibt sich schon daraus, daß zum Verkauf bestimmte Fabrikate und Waren nicht unter den Begriff der B e t r i e b s e i n r i c h t u n g eingeordnet werden Johannsen/Johannsen

633

Anm. H 104

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

können. Soweit allerdings Automaten auch im Betrieb des Vmers, ζ. B. in der Werkskantine, verwendet werden, greift § 2 Nr. 6f) A F B 87 wiederum ein. Der Grund für den Ausschluß gemäß § 2 Nr. 6f) A F B 87 ist letzten Endes darin zu sehen, daß am Vsmarkt spezielle Automatenven angeboten werden. Diese schließen neben dem Brandrisiko in großem Umfang weitere Risiken ein, z . B . Schäden durch N a t u r e r e i g n i s s e a l l e r A r t (vgl. § 3 I Automaten AVB, VA 1965 S. 229-232). Deshalb werden diese Automaten in der Positionen-Erläuterung auch nicht besonders aufgeführt. [ H 103] β) Vorräte Unter der Uberschrift „ Vorräte" werden in der Positionen-Erläuterung unter 3.1-3.2 eine V i e l z a h l von S a c h g r u p p e n erfaßt. Durch die generalisierende Umschreibung wird dabei erreicht, daß für einen Fabrikations- oder Handelsbetrieb ein nahezu vollständiger Vsschutz in bezug auf die üblicherweise dort anzutreffenden Sachgruppen gewährt wird. Der Begriff „Vorräte" wird dabei in einem sehr weiten Sinne ausgelegt, nämlich in dem, ob bestimmte Sachen am Vsort v o r h a n d e n (vorrätig) sind. Es werden sogar als wohl unwichtigste Gruppe die A b f ä l l e aufgeführt, die allerdings nur dann vom Vsschutz erfaßt werden, wenn sie v e r w e r t b a r sind. Von besonderer Bedeutung ist für die vten E r z e u g n i s s e des Vmers, ob nur der H e r s t e l l u n g s a u f w a n d vert ist oder der unter normalen Umständen erzielbare V e r k a u f s p r e i s (vgl. dazu H 155-156). Entsprechendes gilt für die Waren eines Handelsunternehmen, bezüglich derer es darauf ankommt, ob der E i n k a u f s - oder der V e r k a u f s p r e i s als V s w e r t vereinbart worden ist. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, daß Sachen, die unter E i g e n t u m s v o r b e h a l t gekauft worden sind, abweichend von dem in § 2 Nr. 3 a) A F B 87 festgelegten Grundsatz, daß fremde bewegliche Sachen nicht vom Vsschutz erfaßt werden, gemäß § 2 Nr. 3 b) A F B 87 mitvert sind (ebenso auch die einem Dritten sicherungshalber übereigneten Sachen, vgl. H 93). Eine solche Abweichung von § 2 Nr. 3 a) A F B 87 gilt im übrigen gemäß § 2 Nr. 4 A F B 87 für die ebenfalls in der Positionen-Erläuterung unter 3.1-3.2 aufgeführten Sachen, die dem Vmer zur B e a r b e i t u n g , B e n u t z u n g oder V e r w a h r u n g oder zum V e r k a u f in O b h u t gegeben werden. Bei der Vertragsgestaltung ist allerdings zu beachten, daß es zur Vermeidung einer dadurch unter Umständen entstehenden Unterv durchaus im Interesse des Vmers liegen kann, derartige Sachen nicht vom Vsschutz erfaßt zu sehen (vgl. dazu die Klausel 1201 und H 94). Bei dem nach der Betrachtungsweise eines durchschnittlich verständigen Vmers abzugrenzenden Begriffs der Vorräte hat es im übrigen bisher, soweit ersichtlich, keine Rechtsstreitigkeiten gegeben. Jedenfalls fehlt es bisher an veröffentlichten Entscheidungen in bezug auf etwaige Abgrenzungsschwierigkeiten. [ H 104] γ) Gebrauchsgegenstände der Betriebsangehörigen αα) Gesetzliche Ausgangsregelung In § 85 S. 1 ist nicht nur als Regelfall der Einschluß des Hausrats der im Haushalt des Vmers lebenden Familienangehörigen (und des der Bediensteten) vorgesehen (vgl. dazu Η 106). Vielmehr wird dort auch von der Erstreckung des Vsschutzes bei einer auf den Inbegriff von Sachen abstellenden betrieblichen Feuerv auf die Sachen solcher Personen ausgegangen, die am Vsort ihren Beruf ausüben. Gemeint ist damit das den Arbeitnehmern des Vmers gehörende Arbeitsgerät. Nach § 85 S. 2 gilt die V insoweit als für fremde Rechnung genommen (vgl. dazu J 125). Bei § 85 S. 1 handelt es sich um dispositives Recht. Gegen eine vertragliche Abänderung durch Allgemeine Vsbe634

Johannsen/Johannsen

Anm. H 105

I. Hauptpflichten des Feuervers

dingungen bestehen (anders als bei einer Hausratv, vgl. dazu H 108) keine Bedenken. Denn in der heutigen Zeit stellt (mit Ausnahme der Arbeitskleidung) zumeist ohnedies der Arbeitgeber das Arbeitsgerät. Demgemäß verstößt eine Abweichung von § 85 S. 1 im hier erörterten Arbeitsbereich nicht gegen §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F.. Im Geschäftsverkehr wird ein solcher zusätzlicher Vsschutz für von Arbeitnehmern in den Geschäftsbetrieb mitgebrachten Arbeitsgeräten im Regelfall nicht erwartet. Bezüglich der Arbeitskleidung ist im übrigen zu bedenken, daß im Regelfall in der Hausratv des Arbeitnehmers durch die A u ß e n ν Vsschutz besteht.

[H 105] ßß) § 2 Nr. 71 S. 1 AFB 87 Ausgehend von der Grundregelung des § 85 findet sich in Firmenpolicen nicht selten eine Position, nach der auch die G e b r a u c h s g e g e n s t ä n d e der B e t r i e b s a n g e h ö r i g e n vom Vsschutz umfaßt werden. Dem trägt die Positionen-Erläuterung unter 4.6 Rechnung. Dort heißt es, daß darunter Gebrauchsgegenstände fallen, die sich im Eigentum eines Betriebsangehörigen befinden, z . B . Bekleidung, Fachliteratur, Fahrräder, Werkzeuge. Als nicht darunter fallend werden B a r g e l d , K r a f t f a h r z e u g e und in W o h n u n g e n b e f i n d l i c h e r H a u s r a t aufgeführt. Daß in Ubereinstimmung mit Pos. Nr. 4.6 Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen in deren Wohnungen nicht vert sind, ist im übrigen zusätzlich in § 4 Nr. 2 II A F B 87 festgelegt. Ergänzend ist in § 2 Nr. 7 I S. 1 A F B 87 bestimmt, daß nur solche Sachen vert sind, die sich üblicherweise oder auf V e r l a n g e n d e s A r b e i t g e b e r s i n n e r h a l b d e s V s o r t e s befinden. Was die Üblichkeit anbetrifft, so ist auf die tatsächlichen Verhältnisse in dem vten Unternehmen abzustellen. Soweit sich Sachen außerhalb einer solchen Handhabung im Betrieb des Vmers dort befinden, muß von diesem nachgewiesen werden, daß dieses auf sein Verlangen geschehen ist. Ein nachträglich erklärtes Einverständnis des Vmers genügt nicht, kann aber von individueller Bedeutung sein. In Ubereinstimmung mit der Regelung in § 2 Nr. 6 a), b) und e) A F B 87 wird klargestellt, daß sich der so zusätzlich geschaffene Vsschutz für fremdes Eigentum nicht auf B a r g e l d , W e r t p a p i e r e und K r a f t f a h r z e u g e erstreckt. Es wäre auch eigenartig, wenn der Vsschutz für fremde Rechnung über den für eigene Rechnung substantiell hinausgehen würde. Der Grund für den zusätzlichen Einschluß der Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen dürfte darin zu sehen sein, daß damit unter Umständen Auseinandersetzungen zwischen dem Arbeitgeber (Vmer) und dem Arbeitnehmer darüber vermieden werden können, ob der Vmer zum Schadenersatz wegen Fahrlässigkeit verpflichtet ist oder ob ihn gar eine aus den speziellen Grundstrukturen des Arbeitsrechts abzuleitende H a f t u n g o h n e V e r s c h u l d e n trifft, wie das z . B . für die Beschädigung von Arbeitskleidung aus Anlaß von dienstlichen Verrichtungen angenommen wird (vgl. dazu B A G 10. X I . 1961,2. II. 1962 A P Nr. 2 und 3 zu § 611 B G B [Gefährdungshaftung], 23. X I . 1962 A P Nr. 27 zu § 611 B G B [Haftung des Arbeitnehmers]; w. N . bei Schaub Arbeitsrechtshandbuch 9 , München 2000, R N 6-13 zu § 85). Dieses besonderen Schutzes (in der Form der V von Gebrauchsgegenständen durch den Arbeitgeber) bedarf der Arbeitnehmer des Vmers nicht, soweit er selbst für Vsschutz gesorgt hat. In Konsequenz dieser Überlegung ist in § 2 Nr. 7 II 1 A F B 87 verankert (vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung), daß Entschädigung nur geleistet wird, soweit nicht aus einem anderen Vsvertrag Entschädigung beansprucht werden kann. Es handelt sich hierbei um eine durchaus sinnvolle S u b s i d i a r i t ä t s k l a u s e l , gegen die keine rechtlichen Bedenken bestehen (vgl. generell zu Subsidaritätsklauseln Möller Bd II Anm. 48-54 zu § 59 m . w . N . , ferner H 119 und 161 m.w. N.). Gemeint ist dabei in erster Linie eine Sachv des Arbeitnehmers. Unter die Klausel fällt aber gewiß auch der Vsschutz durch einen weiteren Vsvertrag des ArbeitJohannsen/Johannsen

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Anm. H 105

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

gebers (Vmers). Ein durch den Arbeitnehmer herbeigeführter anderweitiger Vsschutz könnte z.B. durch eine H a u s r a t v zu gewähren sein, in der im Regelfall auch immer in begrenztem Umfang eine A u ß e n v s r e g e l u n g enthalten ist (vgl. dazu § 12 VHB 92, ferner § 12 VHB 84 und § 6 VHB 74 und 66). Verknüpft ist diese Subsidiaritätsregelung mit einer in § 2 Nr. 7 II 2 AFB 87 festgelegten v o r l ä u f i g e n Zahlungspflicht des Vers. Diese greift dann ein, wenn aus dem vorgehenden anderweitigen Vsvertrag die Entschädigung oder eine Abschlagszahlung gemäß § 16 Nr. 1 AFB 87 (oder z.B. gemäß § 24 Nr. 2 VHB 92) nur deshalb noch nicht fällig ist, weil ohne Verschulden des Vmers oder des vten Betriebsangehörigen die Entschädigungspflicht aus dem anderen Vsverhältnis ganz oder teilweise noch nicht geklärt ist. Der Ver erbringt hier unter V o r b e h a l t d e r R ü c k f o r d e r u n g eine v o r l ä u f i g e Z a h l u n g . Dieser Vorbehalt bezieht sich darauf, daß dieser vorläufige Zahlungsbetrag zurückzuerstatten ist, wenn die Leistung aus der anderweitigen V an den Vmer oder Vten erbracht worden ist. Die vorläufige Leistung ist dann sogar mit den vom Ver bedingungsgemäß geleisteten Zinsen zu erstatten, und zwar in Höhe von 1 % unter dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank mindestens jedoch 4 % und höchstens 6 % p.a.. M ö l l e r Bd II Anm. 13 zu § 49 erörtert eine ähnlich lautende V o r l e i s t u n g s k l a u s e l aus der F e u e r v f ü r S p e d i t e u r e , in der davon ausgegangen wird, daß der Transportver zu Unrecht eine Entschädigung verweigert. Auch dort ist die Leistung des Vers nur eine vorläufige. Der Vmer ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Klausel verpflichtet, im eigenen Namen den Transportver in Anspruch zu nehmen und das Erlangte an den Ver auszukehren. Möller ordnet diesen Fall in der Weise ein, daß der Ver hier ausnahmsweise nicht zu einer Geldleistung als Schadenausgleich verpflichtet sei sondern zu einer D a r l e h e n s g e w ä h r u n g (darüber läßt sich streiten, vgl. dazu H 161). Entscheidend ist, daß eindeutig zum Ausdruck gebracht wird, daß der S u b s i d i a r i t ä t s c h a r a k t e r b e i b e h a l t e n wird. Demgemäß ist der Feuerver im Falle des § 2 Nr. 7 II 2 AFB 87 genauso zu behandeln wie ein Ver, der nur subsidiär haftet, aber in Unkenntnis der uneingeschränkten Leistungspflicht eines anderen Vers an den Vmer geleistet hat. Hier hilft BGH 23. XI. 1988 VersR 1989 S. 250-251 = r + s 1989 S. 36-37 zu Recht in der Weise, daß er § 67 I 1 entsprechend anwendet. Das bedeutet, daß der Anspruch des Vmers gegen den nicht nur subsidiär haftenden Ver auf den vorleistenden Ver übergeht. § 2 Nr. 7 II 2 AFB 87 ist seinem Sinne nach dahin zu ergänzen, daß den Vmer (oder den Vten) die O b l i e g e n h e i t trifft, diesen Vsanspruch im eigenen Namen zugunsten des vorleistenden Vers geltend zu machen und das Erlangte auszukehren. Die Regelung in § 2 Nr. 7 II 2 AFB 87 enthält somit auch die stillschweigende E r m ä c h t i g u n g zur Geltendmachung eines f r e m d e n R e c h t s im e i g e n e n N a m e n . Weigert sich der Vmer, so kann sich eine für ihn nachteilige Sanktion aus entsprechender Anwendung des § 13 Nr. l c ) AFB 87 ergeben. Für eine Leistungsfreiheit des Vers muß hier allerdings eine besonders e i n d r i n g l i c h e B e l e h r u n g des Vmers durch den Ver erfolgen. Denn dem durchschnittlichen Vmer werden die dargestellten Zusammenhänge nicht klar sein. Keinesfalls darf der Ver dem Vmer ansinnen, daß er im Rechtsstreit die vorschußweise erhaltene Leistung zu verschweigen oder sie gar zu leugnen habe. Denn dann würde der Vmer zu einem prozeßordnungswidrigen unvollständigen Vortrag oder zur Unwahrheit angehalten werden. Darüber hinaus fragt sich, ob nicht dem Ver, der sich auf eine solche Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Rettungspflicht gemäß § 13 Nr. 1 c) AFB beruft, entgegen gehalten werden kann, daß er den Rechtsstreit ohne weiteres im eigenen Namen hätte führen können, sofern ihn der Vmer (oder Vte) über die Einzelheiten seines Vsverhältnisses zu dem zweiten Ver vollständig unterrichtet hat. Auf jeden Fall ist der Ver verpflichtet, das P r o z e ß k o s t e n r i s i k o zu tragen. Das ist von dem Ver gegenüber dem Vmer bei dem Verlangen, den Anspruch gerichtlich durchzusetzen, unmißverständlich klarzustellen. 636

Johannsen/Johannsen

Anm. H 106

I. Hauptpflichten des Feuervers

Auch muß der Ver den R e c h t s a n w a l t s t e l l e n und die P r o z e ß a r b e i t leisten. Aufgabe des Vmers ist es lediglich, dem vom Ver bestellten Rechtsanwalt auf Verlangen eine Prozeßvollmacht auszustellen und die ihm zur Verfügung stehenden Informationen ordnungsgemäß weiterzugeben und Anfragen des Vers oder des von diesem bestellten Rechtsanwalts w a h r h e i t s g e m ä ß und z e i t g e r e c h t zu beantworten. Soweit im Rechtsstreit ein Erfolg erzielt worden ist, muß der Erlös von dem Vmer an den Ver ausgekehrt werden. Der Anspruch des Vers ist allerdings begrenzt durch die von dem Ver erbrachte Leistung. Soweit die Zahlung von Zinsen durchgesetzt werden kann, müssen auch diese an den Ver weitergeleitet werden, allerdings für den Zeitraum bis zur Leistung des Vers nur in der Höhe, in der der Ver seinerseits Zinsen an den Vmer gezahlt hat. Nach dem Wortlaut der Pos. 4.6 besteht Vsschutz nur für im E i g e n t u m des Betriebsangehörigen stehende Sachen. Martin 3 H III 23 vertritt dagegen die Auffassung, daß Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen o h n e R ü c k s i c h t auf die E i g e n t u m s v e r h ä l t n i s s e vert seien. In der Tat ist aus der Interessenlage nicht einzusehen, warum der Vsschutz nicht eingreifen soll, wenn die Arbeitskleidung (oder sonstige Gebrauchsgegenstände) eines Betriebsangehörigen, die er z. B. gemietet oder sich geliehen hat, am Vsort in Brand geraten. Mit Martin 3 H III 85 ist die sachgerechte Auslegungslösung durch entsprechende Anwendung des § 2 Nr. 4 AFB 87 auf den Betriebsangehörigen zu finden. Es entspricht dem im Regelfall geltenden Auslegungsgrundsatz, daß Gesetzes- und AVB-Regelungen, die ihrem Wortlaut nach den Vmer betreffen, in der V für fremde Rechnung auf den Vten anzuwenden sind (vgl. nur B G H 15. XII. 1970 NJW 1971 S. 459 = VersR 1971 S.240, 20.1.1971 B G H Z 55 S. 287, Sieg Bd II Anm. 153 zu § 67; w . N . in Bd VI unter Β 66 und G 85). [H 106] ßß) § 2 13 AFB 30 In § 2 I 3 AFB 30 ist bestimmt, daß die V von H a u s r a t und von A r b e i t s g e r ä t sich auch auf die S a c h e n solcher F a m i l i e n a n g e h ö r i g e r und A r b e i t n e h m e r des Vmers erstreckt, die in h ä u s l i c h e r Gemeinschaft mit dem Vmer leben oder an dem Orte, für den die V gilt, i h r e n B e r u f ausüben. Die Bedingungsverfasser aus dem Jahr 1930 gingen demgemäß noch davon aus, daß durch eine betriebliche Feuerv zugleich auch der H a u s r a t des Vmers vert werden könne. Abgestellt wurde demnach noch auf den Regelfall des Vmers als Einzelunternehmer. Heute wird dagegen in der üblichen Vertragspraxis im Betriebsfeuervsverträgen kein Hausratvsschutz für Betriebsinhaber oder Organe einer juristischen Person gewährt. Vielmehr werden hier fast ausnahmslos gesonderte Policen für den betrieblichen Bereich gemäß den AFB 87 und für den Hausrat gemäß den VHB ausgestellt. Soweit aber noch Schadenfälle nach derartigen Altpolicen zu beurteilen sind, die auch den Hausratvsschaden des Betriebsinhabers umfassen, ist die Erstreckung des Vsschutzes auf den Hausrat von Familienangehörigen und Arbeitnehmern zu beachten, die mit dem Vmer in häuslicher Gemeinschaft leben. Bemerkenswert ist im übrigen, daß heute gemäß § 1 Nr. 3 VHB 92 f r e m d e r Hausrat s c h l e c h t h i n vom Vsschutz erfaßt wird, also nicht beschränkt auf Sachen von im Haushalt des Vmers lebenden Familienangehörigen oder Arbeitnehmer (ebenso schon §§ 2 Nr. 2 VHB 66 und 74 sowie § 1 Nr. 3 VHB 84). Von einem qualifizierten Vsvermittler, der auf solche Altverträge stößt, wird man demgemäß erwarten können, daß er auf die Vorteile einer Umstellung auf die heute geltenden Standardgrundsätze der Hausratv bezüglich des Einschlusses fremder Sachen verweist. Bezüglich des A r b e i t s g e r ä t s , das von Arbeitnehmern benutzt wird, aber nicht dem Vmer gehört, entspricht § 2 I 3 AFB 30 der Regelung in § 2 Nr. 7 S. 1 AFB 87. Dort wird allerdings der w e i t e r g e h e n d e Ausdruck „ G e b r a u c h s g e g e n s t ä n d e " Johannsen/Johannsen

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Anm. H 108

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

benutzt, der jedoch eingeschränkt wird durch den Zusatz, daß es sich um solche Sachen handeln müsse, die sich üblicherweise oder auf Verlangen des Vmers auf dem Vsort befinden (vgl. dazu H 105). [H 107] ee) Vorsorgeversicherung In den AFB 87 und 30 ist eine V o r s o r g e v s r e g e l u n g nicht enthalten. Dagegen wird in der Positionen-Erläuterung unter 5.1-5.4 des Einschlusses eines solchen Risikos gedacht. Es heißt dort, daß eine Vorsorgev für W e r t s t e i g e r u n g e n und B e s t a n d s e r h ö h u n g e n , z.B. U m - , A n - und N e u b a u t e n und N e u a n s c h a f f u n g e n , vereinbart werden kann, aber auch nur für Bestandserhöhungen nach der Klausel 1705 oder auch nach der Klausel 1704 „Wertzuschlag ohne Einschluß von Bestandserhöhungen". Es ist eine Frage der individuellen Bedürfnisse und der entsprechenden Beratung des Vmers durch den Vsvermittler oder den Ver, für welche Vorsorgevsart er sich entscheidet. Wesentlich ist dabei, daß neue Risiken sofort unter den Vsschutz kommen und daß dabei vom Vmer ausreichend hohe Vssummen gewählt worden sind, für deren richtige Bemessung er die Verantwortung grundsätzlich allein trägt (vgl. dazu H 179). Dafür, daß sich nach 1.3 S. 2 der Positionen-Erläuterung zum Vsantrag in der Geschäftsgebäudev der Vsschutz in einer Vorsorgev grundsätzlich nicht auf Neubauten bezieht, vgl. H 90. [H 108] b) Regelung in der Hausratversicherung aa) Grundsatz Nach § 1 Nr. 1 S.l V H B 92 ist der gesamte H a u s r a t vert. Der Hausrat wird dabei in § 1 Nr. 1 S. 2 V H B 92 dahin definiert, daß dazu alle Sachen gehören, die einem H a u s h a l t zur E i n r i c h t u n g oder zum G e b r a u c h oder zum V e r b r a u c h dienen. Zur Klarstellung wird in § 1 Nr. 1 S. 2 a. E. ausdrücklich erwähnt, daß dazu auch das B a r g e l d gehört. In diesem Zusammenhang wird aber schon in § 1 Nr. 1 S. 3 VHB 92 darauf hingewiesen, daß für B a r g e l d und W e r t s a c h e n nach § 19 V H B 92 E n t s c h ä d i g u n g s g r e n z e n gelten. Das war auch schon in § 2 Nr. 3 V H B 66 und § 2 Nr. 3 und 8 VHB 74 vorgesehen. Zu den in diesen Bestimmungen aufgeführten G o l d sachen sind auch U h r e n zu rechnen, bei denen nur das G e h ä u s e aus G o l d besteht (BGH 16. III. 1983 VersR 1983 S. 573-574). Entscheidend ist, ob der Wert der betreffenden Sachen, die nicht ausschließlich aus Gold bestehen, wesentlich vom Materialwert des Goldes bestimmt wird; nur vergoldete Sachen fallen nicht unter die Sonderregelung (BGH 16. III. 1983 a.a.O.). Die Begriffsbestimmung in § 1 Nr. 1 S. 2 V H B ist so umfassend, daß es als kaum noch möglich erscheint, irgendeine in einem Hauhalt befindliche Sache nicht dem Begriff des Hausrats zuzuordnen. Das Gesagte gilt um so mehr, als in § 1 Nr. 2 VHB 92 fünf Sachgruppen aufgeführt werden, die deshalb dem Hausratsbegriff ausdrücklich zugeordnet worden sind, weil sich ohne eine solche Klarstellung doch noch darüber streiten ließe, ob ihre Einordnung unter den Oberbegriff Hausrat mit dem überkommenen Sprachgebrauch übereinstimmt. Zum Hausrat zählen auch vom Vmer geschaffene H o b b y b i l d e r und R a h m e n , von denen der Vmer noch nie etwas verkauft hat, das gilt auch dann, wenn der Vmer mit diesen Bildern eine Verkaufsausstellung geplant hat ( O L G Hamm 19.1.2000 r + s 2000 S. 293-294 = N J W 2000 S. 1729-1730). Ein einzelner Verkaufserfolg ändert daran nichts. Solange sich das Schaffen und das Verwerten solcher Bilder und Rahmen nicht zu einem erheblichen Nebenerwerb entwickelt, sind diese Sachen dem Hausrat zu638

Johannsen/Johannsen

Anm. H 109

I. Hauptpflichten des Feuervers

zurechnen und nicht einem Beruf oder Gewerbe. Vom AG Köln 25.1.1989 r + s 1989 S. 161-162 ist ein aus der chemischen Industrie stammendes Spezialgefäß mit An- und Ablaufstutzen, das von dem Vmer in seiner Wohnung als Aquarium benutzt wurde, als nicht vert im Rahmen einer G las ν eingeordnet worden. Es ging dabei um einen Glasbruchschaden, der bei einer Reinigung entstanden war. Bei einem Feuerschaden in der Hausratv wäre eine solche Einordnung verfehlt. Die Erstreckung des Vsschutzes auch auf den Hausrat der mit dem Vmer in häusl i c h e r G e m e i n s c h a f t lebenden F a m i l i e n a n g e h ö r i g e n und des D i e n s t p e r s o nals gemäß § 85 wird im Bedingungswerk nicht ausdrücklich aufgeführt, aber als selbstverständlich vorausgesetzt. Überdies heißt es in § 1 Nr. 3 V H B 92, daß die in § 1 Nr. 1-2 VHB 92 aufgeführten Sachen auch dann vert sind, wenn sie in f r e m d e m E i g e n t u m stehen (vgl. dazu H 114). Im übrigen ist zu beachten, daß § 85 einen w e s e n t l i c h e n G r u n d s a t z des Sachvsrechts zum Ausdruck bringt. Ungeachtet dessen, daß es sich bei der dort verankerten Regelung um eine solche des dispositiven Rechts handelt, würde ein Ausschluß des Vsschutzes für den gesetzlich aufgeführten Personenkreis durch AVB gegen §§ 9 AGBG, 307 B G B n.F. verstoßen. [H 109] bb) Erweiterungen gemäß § 1 Nr. 2 VHB 92 Im einzelnen werden in § 1 Nr. 2 VHB 92 folgende Sachgruppen ausdrücklich als unter den Begriff des vten Hausrats fallend aufgeführt: aaa) Rundfunk- und Fernsehantennenanlagen sowie Markisen Vert sind nach § 1 Nr. 2a ) VHB 92 R u n d f u n k - und F e r n s e h a n t e n n e n a n l a gen sowie M a r k i s e n , soweit diese Sachen nicht m e h r e r e n W o h n u n g e n oder g e w e r b l i c h e n Z w e c k e n dienen. Da sich Rundfunk- und Fernsehantennenanlagen im Regelfall überwiegend außerhalb der Wohnung des Vmers befinden, hätte man ohne eine solche Klarstellung allerdings daran zweifeln müssen, ob derjenige Teil der Rundfunk- und Fernsehanlagen, der sich außerhalb der Wohnung befindet, unter den Vsschutz fällt. Diese Zweifelsfragen sind durch § 1 Nr. 2 a) in Verbindung mit § 10 Nr. 2 IV V H B gelöst. Denn durch die letztgenannte Bestimmung ist zur Vermeidung jedes MißVerständnisses die Erweiterung des Begriffs des V s o r t e s für die in § 1 Nr. 2a) V H B 92 aufgeführten Sachen auf das gesamte Grundstück, auf dem die Wohnung liegt, ausdrücklich verankert worden. Die Erfassung der Anlagen im ganzen erscheint gewiß als sachgerecht. Verständlich ist aber auch, daß die Ver über die Hausratv nicht solche Rundfunk- und Fernsehantennenanlagen vern wollen, die m e h r e r e n W o h nungen dienen. Solche Sammelanlagen sind im Regelfall dem Gefahrenbereich des Hauseigentümers im Rahmen der G e b ä u d e v zuzuordnen. Verfehlt wäre es daher, in einem solchen Falle den Vsschutz im Rahmen der Hausratv für denjenigen Teil der Antennenanlagen zu bejahen, der sich in der Wohnung befindet. Denn § 1 Nr. 2 a) VHB 92 strebt erkennbar eine abschließende Regelung an. Nicht erwähnt ist eine V e r k a b e l u n g s a n l a g e . Es fällt aber nicht schwer, sie nach dem Sinn der Regelung den Rundfunk- und Fernsehantennenanlagen gleichzustellen. Daß M a r k i s e n m e h r e r e n W o h n u n g e n dienen, dürfte selten vorkommen. Es wäre das auch eine neue Variante als Auslöser für beklagenswerte Nachbarschaftsstreitigkeiten. Immerhin muß es solche Streitfälle auch im Vsbereich schon gegeben haben. Andernfalls wäre es nicht zu einer Behandlung eines solchen untypischen Sachverhalts im Bedingungswerk gekommen. Kein Vsschutz besteht für Rundfunk- und Fernsehantennenanlagen sowie Markisen, soweit diese g e w e r b l i c h e n Z w e c k e n dienen. Diese Regelung ist im ZusammenJohannsen/Johannsen

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Anm. H 110

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

hang mit § 10 Nr. 3 VHB 92 zu sehen. Danach gehören solche Räume nicht zur Wohnung, die a u s s c h l i e ß l i c h beruflich oder gewerblich genutzt werden. Es leuchtet ein, daß die zu solchen Räumen gehörenden Antennenanlagen und Markisen auch nicht vom Vsschutz in der Hausratv erfaßt werden sollen. Liegt dagegen eine „gemischte Nutzung" eines häuslichen Arbeitszimmers vor, so besteht auch für die Antennenanlagen und Markisen Vsschutz. [H 110] bbb) vom Mieter in ein Gebäude eingefügte Sachen Nach §§ 1 Nr. 2b) VHB 92 und 84 sind in ein G e b ä u d e e i n g e f ü g t e S a c h e n vert, die der Mieter auf s e i n e K o s t e n b e s c h a f f t oder ü b e r n o m m e n hat und für die er die G e f a h r trägt, insbesondere s a n i t ä r e A n l a g e n und l e i t u n g s w a s s e r f ü h r e n d e I n s t a l l a t i o n e n mit deren Z u - und A b l e i t u n g s r o h r e n . In §§ 2 Nr. 1 a) VHB 74 und 66 ist schon eine ähnliche Regelung enthalten. Danach sind mitvert Badewannen, Badeöfen, Waschbecken und sonstige wasserführende Installationen mit den Zu- und Ableitungsrohren, die der Vmer als Mieter auf seine Kosten beschafft hat und für die er die Gefahr trägt. Nicht ausdrücklich aufgeführt ist dabei der Fall, daß der Vmer diese Einrichtungen von einem früheren Mieter durch eine entsprechende Abstandszahlung übernommen hatte. Der deswegen mögliche Zweifelsfall, der bei interessegemäßer Betrachtung zu Gunsten des Vmers zu entscheiden war, tritt demgemäß in der Neufassung nicht mehr auf. Vor allem wird durch diese Neuregelung erreicht, daß es nicht zu der zu den VHB 74 und 66 strittigen Frage kommt, ob ein auf die Bedürfnisse des jeweiligen Raumes auf Veranlassung und Kosten des Mieters zugeschnittener (und regelmäßig verklebter) B o d e n b e l a g zum vten Hausrat gehört oder nicht ( d a f ü r LG Hamburg 19.XII.1978 VersR 1979 S. 151-153 m.abl.Anm. von Zagel VersR 1979 S. 539, LG Oldenburg 22.1.1988 VersR 1988 S. 1285-1286; d a g e g e n AG Karlsruhe 15.III. 1978 N J W 1978 S. 2602-2603, LG Frankenthal 20. IX. 1978 VersR 1978 S. 1106-1107, LG Köln 15. VI. 1979 N J W 1979 S. 1608-1609, AG Nördlingen 15. IX. 1982 VersR 1983 S. 720, AG Köln 24.11.1983 r + s 1983 S. 241). In diesen Urteilen wurde dabei wesentlich darauf abgestellt, ob dieser Bodenbelag durch die feste Verbindung mit dem Gebäude gemäß §§ 93,94 II BGB in das Eigentum des Grundeigentümers übergegangen war. Die N e u f a s s u n g der Bedingungen ist wesentlich vom OLG Hamm 16. VI. 1982 VersR 1983 S. 285-286 beeinflußt worden, das abweichend von s a c h e n r e c h t l i c h e n G r u n d s ä t z e n die Rechtslage nur danach beurteilen wollte, ob eine Sache vom Eigentümer oder Mieter eingebaut worden war (kritisch dazu Martin 3 H I 1 1 , H II 1). Für §§ 1 Nr. 2b) VHB 92 und 84 kommt es jedenfalls nicht darauf an, ob diese Sachen durch die Einfügung in das Gebäude in das E i g e n t u m d e s V e r m i e t e r s (in der Regel also des Grundeigentümers) übergegangen sind. Denn nach § 1 Nr. 3 VHB 92 sind alle in § 1 Nr. 1 und 2 VHB aufgeführten Sachen auch dann vert, soweit sie fremdes Eigentum sind. Entscheidend ist vielmehr, ob der Vmer diese Sachen auf s e i n e K o s t e n beschafft oder (vom Vormieter) ü b e r n o m m e n h a t und die G e f a h r der zufälligen Verschlechterung oder des zufälligen Untergangs trägt. Soweit der Vermieter durch eine individuell wirksam getroffene Vereinbarung im Mietvertrag die Gefahr für solche sanitäre Anlagen übertragen hat, die er, der Vermieter, in dieses Gebäude hat einfügen lassen, greift § 1 Nr. 2 b) VHB 92 nicht ein. Es soll durch diese Bestimmung vielmehr nur dem t y p i s c h e n S a c h v e r h a l t Rechnung getragen werden, daß der Mieter die Mietwohnung oder das gemietete Haus auf seine Kosten und seine Gefahr verbessert hat, um den Wohnkomfort nach seinen Geschmack zu gestalten. Für einen solchen Sonderfall könnte demgemäß nur durch Vereinbarung einer speziellen Klausel für Vsschutz gesorgt werden. 640

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I. Hauptpflichten des Feuervers

A n m . H 111

Einerlei ist für die Anwendung des § 1 Nr. 2 b) VHB 92 im Grundsatz, ob es sich um eine vom Vermieter erlaubte oder nicht erlaubte Einfügung in das Gebäude gehandelt hat oder nicht. Denn im Regelfall hat ein Vermieter nichts gegen Verbesserungen des Wohnkomforts in seinen Häusern einzuwenden, wenn er sie nicht zu bezahlen hat und ihm bei einer Beendigung des Mietverhältnisses gegenüber den Verwendungsersatzforderungen des Mieters das Druckmittel gegeben ist, die Wiederherstellung des alten Zustandes verlangen zu können, wenn der neue Mieter dem alten die Kosten für die in das Gebäude eingefügten Installationen nicht ersetzen will. Eine Besonderheit liegt allerdings dann vor, wenn der Vermieter bereits ein rechtskräftiges Urteil erwirkt hat, durch das dem Vmer geboten wird, die in das Gebäude eingefügten Sachen zu entfernen und den alten Zustand wiederherzustellen. In einem solchen Fall, in dem möglicherweise auch schon das Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet worden ist, erscheint es als sachgerecht, für die Entschädigungsberechnung gemäß § 18 Nr. 2 VHB 92 nicht auf den N e u w e r t abzustellen, sondern auf den Veräußerungserlös der auszubauenden Sachen. Eine Handhabe dafür gibt § 18 Nr. 2 II VHB 92. Danach wird für die Entschädigungsberechnung dann auf den für den Vmer erzielbaren Verkaufspreis (gemeiner Wert) abgestellt, wenn Sachen für ihren Zweck im Haushalt des Vmers nicht mehr zu verwenden sind. Damit soll sichergestellt werden, daß nach ihrem körperlichem Zustand so gut wie wertlose Sachen, die zumeist als sogenanntes K e l l e r g e r ü m p e l auch nicht mehr benutzt werden, nicht zum Neuwert entschädigt werden. Das ist im Schadenfall sehr schwer zu ermitteln (vgl. dazu H 159). Eine auf den Sinn der Regelung abstellende Interpretation gebietet die Anwendung des § 18 Nr. 2 II VHB 92 auch für den Fall, in dem der zwangsweise Ausbau solcher eingebauter Sachen bereits gerichtlich eingeleitet war, so daß sie im Haushalt des Vmers binnen Kürze nicht mehr hätten genützt werden können und vor allem im Rechtssinne wegen der rechtskräftig festgelegten Entfernungsverpflichtung auch nicht mehr benutzt werden durften. Anders ist der Fall dann zu beurteilen, wenn der Vmer glaubhaft darlegt, daß er ohnedies ausziehen wollte und die eingebauten Sachen nach dem Ausbau in seiner neuen Wohnung wieder eingebaut hätte. Zu den in ein Gebäude durch den Vmer eingefügten Sachen im Sinne der §§ 1 Nr. 2 b) VHB 92 und 84 sind auch die durch den Vmer angebrachten Tapeten und der Farbanstrich zu rechnen, sofern der Vmer als Mieter gemäß den Bestimmungen des Mietvertrages die Gefahr der zufälligen Vernichtung oder Beschädigung trägt. Hat der Vermieter allerdings den Schaden verschuldet, so ist streng genommen eine Eintrittspflicht des Vers nicht gegeben, wenn man von dem kaum vorstellbaren Fall absieht, daß der Vmer sich auch für diesen Fall gegenüber dem Vermieter zur Wiederherstellung verpflichtet hat. Das Gesagte gilt um so mehr, als der Vermieter im Regelfall ohnedies im Rahmen seiner Gebäudev Vsschutz beanspruchen kann. [ H i l l ] ccc) Motorgetriebene Krankenfahrstühle, Rasenmäher, Go-Karts und Spielfahrzeuge Durch § 1 Nr. 2 c) VHB 92 wird klargestellt, daß die dort aufgeführten Geräte auch dann vert sind, wenn sie dem Begriff des Kraftfahrzeugs zugeordnet werden können, weil sie mit M o t o r k r a f t b e t r i e b e n werden und auch der Personenbeförderung dienen. Diese Klarstellung ist unerläßlich, da durch § 1 Nr. 4 b) VHB 92 Kraftfahrzeuge aller Art und deren Anhänger vom Vsschutz ausgeschlossen sind. Zu beachten ist dabei besonders, daß Vsschutz nur dann besteht, wenn sich diese fahrbaren Gerätschaften innerhalb des V s o r t e s im Sinne des § 10 VHB 92 befinden. Vsort ist nach §10 Nr. 2 VHB 92 grundsätzlich nur die W o h n u n g des Vmers. Dazu gehören auch Räume in N e b e n g e b ä u d e n auf d e m s e l b e n G r u n d s t ü c k . In einer G a r a g e Johannsen/Johannsen

641

Anm.H 113

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

besteht nach § 10 Nr. 2 II V H B 92 darüber hinaus Vsschutz, wenn sie sich in der N ä h e des V s o r t e s befindet und ausschließlich vom Vmer oder einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person zu privaten Zwecken genutzt wird (zu weiteren Einzelheiten vgl. H 127). Das bedeutet, daß für Schäden bei Fahrten mit den genannten Sachen außerhalb des Vsortes kein Vsschutz besteht. Als vtes Beispiel sei ein Schaden aufgeführt, der sich an einem Rasenmäher bei dem Mähen des Rasens auf dem Grundstück des Vmers ergibt. [H 112] ddd) Kanus, Ruder-, Fait- und Schlauchboote einschließlich ihrer Motoren sowie Surfgeräte und Flugdrachen Durch § 1 Nr. 2d) V H B 92 werden eine Reihe von Wasserfahrzeugen sowie Flugdrachen dem Begriff des Hausrats zugeordnet. Die Bestimmung wird angesichts des gestiegenen Wohlstands verständlich. Spielzeug der Kinder ist von jeher dem Hausratbegriff zugeordnet worden. Es erschien daher als sachgerecht, auch die zum gehobenen Lebensstandard gehörenden Wasserfahrzeuge sowie die Surfgerätschaften und Flugdrachen mit einzuschließen. Nicht erfaßt wird aber ein Segelboot oder ein Motorboot (vgl. § 1 Nr. 4c) VHB 92. Üblicherweise werden insoweit überdies besondere Ven abgeschlossen, die auch das s t a t i o n ä r e R i s i k o mit umfassen. Hier besteht daher im Regelfall kein Bedürfnis für eine Zusatzabsicherung durch die Hausratv. Zu beachten ist hinsichtlich des Einschlusses gemäß § 1 Nr. 2d) V H B 92, daß genauso wie bei den in § 1 Nr. 2 c) V H B 92 aufgeführten landgebundenen Fortbewegungsmitteln nur innerhalb des V s o r t e s im Sinne des § 10 Nr. 2 VHB 92 Vsschutz besteht. In § 1 Nr. 2c) VHB 84 waren die in § 1 Nr. 2d) VHB 92 aufgeführten Wasserfahrzeuge auch schon versichert, aber ohne Einschluß der Motoren. In den VHB 66 und V H B 74 gibt es in § 2 Nr. 1 S. 1 den Einschluß von Fait-, Schlauch-, Kunststoffbooten und Kanus. [H 113] eee) Berufliche Arbeitsgeräte und Einrichtungsgegenstände Nach § 1 Nr. 2e) VHB 92 werden A r b e i t s g e r ä t e und E i n r i c h t u n g s g e g e n s t ä n d e , die dem B e r u f oder dem G e w e r b e des V m e r s oder einer mit ihm in h ä u s l i c h e r G e m e i n s c h a f t lebenden Person dienen, vom Vsschutz erfaßt. Zu dem aus § 67 II übernommenen Begriff der h ä u s l i c h e n G e m e i n s c h a f t vgl. B G H 15.1.1980 VersR 1980 S. 644-645,12. XI. 1985 VersR 1986 S. 333-335 = NJW-RR1986 S. 385-387, ferner Sieg Bd II Anm. 106 zu § 67 m.w. N. Maßgebend ist, ob die häusliche Gemeinschaft bei dem Eintritt des Vsfalles bestanden hat (zur zeitlichen Abgrenzung des Vsschutzes vgl. H 84). Die in § 1 Nr. 2e) VHB 92 aufgeführten Sachen werden nach dem üblichen Sprachgebrauch nicht ohne weiteres dem Hausrat zugeordnet. Da es aber eine weitverbreitete Übung darstellt, daß solche Sachen vom Vmer oder seinen mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen regelmäßig mit nach Hause genommen werden, um damit oder daran auch in der „Freizeit " zu arbeiten, haben die Ver frühzeitig die Notwendigkeit erkannt, dafür im Rahmen der Hausratv Vsschutz zu gewähren. Demgemäß heißt es schon in § 2 I 3 AFB 30, daß sich die V von Hausrat und Arbeitsgerät auch auf die Sachen solcher Familienangehörigen und Angehörigen des Vmers erstreckt, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Vmer leben oder an dem Orte, für den die V gilt, ihren Beruf ausüben. In § 2 Nr. 1 b) V H B 66 heißt es dagegen, daß Arbeitsgeräte und Einrichtungsgegenstände, die dem Beruf oder dem Gewerbe des Vmers dienen, mitvert sind (ebenso § 2 Nr. 1 b) V H B 74). Dagegen stimmt § 1 Nr. 2d) 642

Johannsen/Johannsen

Anm. H 114

I. Hauptpflichten des Feuervers

VHB 84 wörtlich mit § 1 Nr. 2e) V H B 92 überein. Die Formulierung in § 1 Nr. 2e) VHB 92 (und in § 1 Nr. 2 d) VHB 84) ist deshalb gegenüber den genannten beiden älteren Fassungen vorzuziehen, weil damit klargestellt wird, daß diese Regelung sich auch auf die Vten des Vertrages erstreckt, nämlich auf die Personen, die mit dem Vmer in häuslicher Gemeinschaft leben. Besonders hingewiesen wird in § 1 Nr. 2e) S. 2 VHB 92 darauf, daß die E i n s c h r ä n k u n g gemäß § 10 Nr. 3 V H B 92 unberührt bleibt (ebenso der Sache nach § 1 Nr. 2d S. 2 V H B 84 unter Hinweis auf § 10 Nr. 2 S. 2 VHB 84). Nach dieser Bestimmung gehören R ä u m e , die a u s s c h l i e ß l i c h b e r u f l i c h oder g e w e r b l i c h genutzt werden, nicht zur Wohnung. Liegt eine solche eindeutige Trennung zwischen p r i v a t e r und b e r u f l i c h e r Nutzung vor, so ist es einzusehen, daß insoweit der Hausratver nicht im Risiko ist. Vielmehr muß hier eine besondere B e t r i e b s v abgeschlossen werden. D a r l e g u n g s - und b e w e i s p f l i c h t i g dafür, daß eine solche ausschließlich berufliche oder gewerbliche Nutzung gegeben ist, ist der Ver, soweit er die Zahlung einer Entschädigung wegen einer Zerstörung oder Beschädigung derartiger an sich dem Berufsbild des Vmers zuzurechnender Sachen verweigert. Es kann sich - je nach den Umständen des Falles - auch ein Interesse des Vmers daran ergeben, daß solche Sachen nicht vert waren. Das kann z.B. der Fall sein, wenn kein U n t e r v s v e r z i c h t vereinbart worden ist (vgl. dazu H 193) und es nur wegen des Einschlusses der in § 1 Nr. 2 e) V H B 92 aufgeführten Sachen zum Eingreifen der Untervsregelung kommen würde. Dabei ist gedanklich zu ergänzen, daß die in § 1 Nr. 2 e) V H B 92 aufgeführten Sachen nicht beschädigt sein mögen. In einem solchen Falle trifft nicht den Ver sondern den Vmer die Darlegungs- und Beweislast. Das ist auch nicht unbillig. Denn es handelt sich um Tatbestände, die allein in der Kenntnis- und Verantwortungssphäre des Vmers liegen. [H 114] cc) Einschluß fremden Eigentums In § 1 Nr. 3 V H B 92 ist bestimmt, daß die in § 1 Nr. 1 und 2 genannten Sachen auch vert sind, soweit sie f r e m d e s E i g e n t u m sind (ebenso schon § 2 Nr. 2 V H B 66, § 2 Nr. 2 V H B 74 und § 1 Nr. 3 VHB 84). Ausgenommen ist allerdings nach § 1 Nr. 4d) VHB 92 (ebenso § 1 Nr. 4d) V H B 84) der H a u s r a t von U n t e r m i e t e r n , soweit er diesen nicht durch den Vmer überlassen worden ist. Hingegen wird in §§ 2 Nr. 2 V H B 66 und 74 das Eigentum von Untermietern schlechthin als ausgeschlossen aufgeführt. Das hat zur Folge, daß solcher Hausrat von Untermietern als vert angesehen werden könnte, der einer dritten Person gehört. Soweit es sich dabei um das Eigentum des Vmers handelt, ist das durchaus sachgerecht. Denn insoweit liegt das Interesse des Vmers, für Vsschutz bezüglich der dem Untermieter überlassenen Sachen zu sorgen, auf der Hand. Keinen Sinn ergibt aber die Auslegung, daß Sachen, die von dritter Hand dem Untermieter leih- oder mietweise überlassen worden waren, unter den Vsschutz der Hausratv des Vermieters zu nehmen. Um einer solchen Fehlinterpretation entgegen zu treten, ist die Formulierung gewählt worden, daß der Hausrat von Untermietern ausgeschlossen ist, soweit er diesen nicht durch den Vmer überlassen worden ist. Dabei ist der juristisch untechnische Ausdruck „überlassen " gewählt worden, um damit alle Sachen, die der Vmer dem Untermieter zur Benutzung, zum Gebrauch oder zur Verwahrung übergeben hat, zu erfassen. Zur näheren Abgrenzung vgl. H 118. Nach § 1 Nr. 3 VHB 92 kommt es - von der Untervermietungsproblematik abgesehen demgemäß bei der Behandlung von Schadenfällen grundsätzlich auf die Eigentumsfrage nicht an. Der Ver kann daher die Zahlung im Regelfall nicht erfolgreich mit der Begründung verweigern, daß der Vmer nicht der Eigentümer der zerstörten oder beschädigten Sache sei. Konstruktiv ist § 1 Nr. 3 V H B 92 so zu bewerten, daß im Johannsen/Johannsen

643

Anm.H 116

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Rahmen der Hausratv institutionell stets gemäß dem gesetzlichen Vorbild in § 85 mit der V für eigene Rechnung des Vmers eine V für fremde Rechnung gekoppelt ist (vgl. dazu J 134-135). Verfügungsberechtigt über die Rechte des Vten ist nach § 17 Nr. 1 S. 2 V H B 92 der Vmer. Der Ver hat aber nach § 17 Nr. 1 S. 3 V H B 92 die Möglichkeit, vor der Auszahlung der Entschädigung den Nachweis zu verlangen, daß der Vte seine Zustimmung zu der Auszahlung der Entschädigung erteilt hat. [ H 115] dd) Vom Versicherungsschutz ausgeschlossene Sachgruppen aaa) Gebäudebestandteile In § 1 Nr. 4 a V H B ist festgelegt, daß Gebäudebestandteile, die nicht unter § 1 Nr. 2 a) oder 2 b) V H B 92 fallen, nicht vom Vsschutz erfaßt werden. Gebäudebestandteile gehören normalerweise ohnedies nicht zum Hausrat. Es stellt schon eine wesentliche Verbesserung des Vsschutzes dar, daß die in § 1 Nr. 2 a) und b) aufgeführten Sachen mitvert werden (vgl. dazu H 110). Damit aus diesem Entgegenkommen der Ver keine falschen Schlüsse gezogen werden, ist ausdrücklich in § 1 Nr. 4 a) V H B 92 festgelegt, daß für weitere Gebäudebestandteile kein Vsschutz besteht (so auch schon § 1 Nr. 4 a) V H B 84). Hingegen heißt es in § 2 Nr. 1 S. 2 V H B 66 und gleichlautend in § 2 Nr. 1 S. 2 V H B 74 nur kurz, daß Gebäudebestandteile nicht mit vert sind. Eines Hinweises auf Ausnahmen bedurfte es dort nicht, da solche im Bedingungstext nicht verankert waren. Es entspann sich allerdings jeweils Streit darüber, ob nicht solche vom Vmer in ein Gebäude eingefügten Sachen, für die er die Gefahr trägt, eigentlich zum Hausrat zu rechnen seien (vgl. dazu H 110). [ H 116] bbb) Kraftfahrzeuge aller A r t und deren Anhänger Gemäß § 1 Nr. 4 b ) V H B 92 sind K r a f t f a h r z e u g e a l l e r A r t und deren A n h ä n g e r n i c h t vert, es sei denn, daß sie in § 1 Nr. 2 c ) V H B 92 aufgeführt worden sind. Die Bedingungsverfasser haben damit einer darüber hinausgehenden erweiternden Interpretation des § 1 Nr. 2 c) V H B 92 vorbeugen wollen, daß die in dieser Bestimmung aufgeführten Kraftfahrzeuge unter den Versicherungsschutz fallen. Ausgangspunkt bei dieser Vertragsgestaltung war die Überlegung, daß nach herrschender Meinung ein Kraftfahrzeug an sich zum Hausrat gehört (vgl. B G H 17. IV. 1996 VersR 1996 S. 747 m.w.N.). Daraus folgt, daß es einer Ausschlußklausel bedarf, wenn solche Kraftfahrzeuge nicht mit vom Vsschutz erfaßt werden sollen. In § 1 Nr. 4 b) V H B 84 hieß es deshalb, daß Kraftfahrzeuge aller Art und deren Anhänger nicht vert seien (ebenso § 2 Nr. 1 S. 2 V H B 66 und § 2 Nr. 1 S. 2 V H B 74). Es fehlt dagegen in den V H B 84 (abweichend von § 1 Nr. 2 c) V H B 92) ein ausdrücklicher Einschluß der dort aufgeführten motorisierten Sachen. Demgemäß kann man zu den V H B 84 darüber streiten, ob dort die heute in § 1 Nr. 2 V H B 92 ausdrücklich als vert aufgeführten Sachen vom Vsschutz erfaßt wurden. Eine auf den Sinn einer solchen Regelung abstellenden Interpretation müßte das jedenfalls bezüglich motorisierter Krankenfahrstühle, Rasenmäher und Spielfahrzeuge bejahen, während bei Go-Garts ohne ausdrückliche Festlegung wie die in § 1 Nr. 2 c) V H B 92 die Annahme gerechtfertigt war, daß solche Fahrzeuge im Sinne der zitierten Ausschlußklausel zu qualifizieren sind. Vom B G H 17. IV. 1996 a.a.O. ist zu § 1 Nr. 4 V H B 84 entschieden worden, daß sich der Risikoausschluß für Kraftfahrzeuge nicht auf a u s g e b a u t e F a h r z e u g t e i l e erstrecke. Der Vmer hatte dazu im Prozeß vorgetragen, daß er die betreffenden Teile für die Dauer des Winters ausgebaut hatte, um sie zu reinigen und zu überholen. Der B G H geht bei seiner Interpretation davon aus, daß der durchschnittliche Vmer § 1 Nr. 4 b) 644

Johannsen/Johannsen

Anm. H 117

I. Hauptpflichten des Feuervers

V H B 84 nur entnehmen könne, daß Kraftfahrzeuge lediglich als Ganzes vom Vsschutz ausgeschlossen seien, nicht jedoch nicht am Fahrzeug befestigte Teile. Aus dieser Überlegung ist zu folgern, daß es nach der Auffassung des B G H in Ubereinstimmung mit der von dem Berufungsrichter vertretenen Meinung nicht darauf ankommt, ob es sich bei den Motorradteilen um für die Dauer des Winters ausgebaute Teile oder um neue Teile gehandelt hatte, die zu einem späteren Zeitpunkt eingebaut werden sollten. Wichtig für die Interpretation des Bedingungswerkes ist die vom B G H in diesem Zusammenhang auch geäußerte Auffassung, daß privat genutzte Kraftfahrzeuge zum Hausrat gehören und daß sie ohne eine entsprechende Ausschlußklausel am Versicherungsort unter den bedingungsgemäßen Vsschutz der Hausratv fallen würden. Bemerkenswert ist, daß nach § 2 Nr. 1 S. 1 V H B 66 (ebenso § 2 Nr. 1 S. 1 V H B 74) in der Wohnung befindliches Kraftfahrzeugzubehör als ausdrücklich vert eingeordnet worden ist. Nach der zitierten BGH-Entscheidung wird man davon ausgehen können, daß das gleiche von ausgebauten Kraftfahrzeugteilen aller Art aus dem privaten Bereich zu gelten habe (so auch schon A G Köln 20.1.1980 r + s 1984 S. 106 mit der Begründung, daß ein ausgebautes Teil eines Kraftfahrzeuges nicht mehr als Bestandteil, sondern als Zubehör zu bewerten sei). [H 117] ccc) Teilweiser Ausschluß von Wasserfahrzeugen Genauso wie p r i v a t g e n u t z t e K r a f t f a h r z e u g e unter den Hausratsbegriff fallen (so B G H 17.IV. 1996 VersR 1996 S. 747), ist das für privat genutzte W a s s e r f a h r z e u g e anzunehmen. Das bedeutet, daß derartige Wasserfahrzeuge, soweit sich das stationäre Risiko gemäß § 10 V H B 92 verwirklicht, samt und sonders in den Vsschutzbereich der Hausratv fallen würden, wenn es keine Sonderregelung geben würde. In den V H B 92 ist das Problem wie bei den Kraftfahrzeugen in der Weise geregelt, daß zunächst gesagt wird, daß bestimmte Fahrzeuge vert sind (vgl. § 1 Nr. 2d) V H B und dazu H 112) und dann in § 1 Nr. 4 c) V H B 92 festgelegt wird, daß andere als in § 1 Nr. 2d) V H B 92 aufgeführte Wasserfahrzeuge nicht vom Vsschutz erfaßt werden. Daraus folgt, daß insbesondere Segel- und Motorboote nicht mitvert sind. Zu beachten ist aber, daß durch § 1 Nr. 4 c) V H B nur die Wasserfahrzeuge im ganzen vom Vsschutz ausgeschlossen sind. Soweit sich dagegen ausgebaute Teile eines Motorbootes auf dem Vsort befinden, besteht ebenso wie bei Kraftfahrzeugen (vgl. dazu B G H 17. IV. 1996 a.a.O.) Vsschutz. Das wird man allerdings dann nicht anzunehmen haben, wenn es sich darum handelt, daß das Motorboot sich am Vsort (z.B. im geräumigen Keller) befindet und ein Teil während der Reparatur ausgebaut worden ist, der neben dem ausgebauten Fahrzeug liegt und alsdann einen Feuerschaden erleidet. Als Besonderheit bezüglich der Beweislast ist zu konstatieren, daß der Vmer darlegen und beweisen muß, daß ein Wasserfahrzeug der in § 1 Nr. 2d) V H B 92 aufgeführten Art Schaden erlitten hat. Insofern ist rechtstechnisch davon auszugehen, daß damit der allgemeine Hausratsbegriff in der Weise abgeändert worden ist, daß dazu nur Wasserfahrzeuge bestimmter Art gerechnet werden. Dem Vmer kann daher nicht mit der Überlegung geholfen werden, daß es mit Rücksicht darauf, daß ein privat genutztes Boot dem allgemeinen Hausratsbegriff unterfalle, genüge, wenn er beweise, daß überhaupt ein Wasserfahrzeug beschädigt worden sei. Es ist deshalb nicht Sache des Vers, im einzelnen darzulegen und zu beweisen, daß es sich nicht um ein Fahrzeug im Sinne des § 1 Nr. 2d) V H B 92 gehandelt habe. Vielmehr ergibt die Bedingungsfassung eine volle Darlegungs- und Beweislast des Vmers für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Nr. 2d) V H B 92. Das ist auch durchaus sachgerecht; denn es handelt sich um Tatumstände, die sich allein in der Verantwortungs- und Risikosphäre des Vmers verwirklichen. Im übrigen entspricht es allgemeinen vsrechtlichen GrundJohannsen/Johannsen

645

Anm. H 118

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

sätzen, daß der Vmer für das Vorlegen der primären Risikoverwirklichung darlegungsund beweispflichtig ist. Für die rechtliche Einordnung des § 1 Nr. 4 c) V H B 92 ergibt sich aus diesen Überlegungen, daß der Vorschrift nur eine deklaratorische Bedeutung zukommt. Daraus folgt, daß der Ver nicht darzulegen und zu beweisen braucht, daß die negativen Voraussetzungen der genannten Bestimmung vorliegen. Vielmehr hat § 1 Nr. 4c) 92 nur die Funktion einer sicherstellenden Klarstellung des mit § 1 Nr. 2d) V H B 92 verfolgten Ziels, nur bestimmte Wasserfahrzeuge unter den Vsschutz der Hausratv zu bringen. Letztendlich soll dem Einwand vorgebeugt werden, daß ohne einen ergänzenden Hinweis wie dem durch § 1 Nr. 4c) V H B 92 eine U n k l a r h e i t gegeben sein könnte. In § 1 Nr. 4 c) V H B 84 findet sich eine § 1 Nr. 4 c) V H B 92 entsprechende Regelung. Das zur Auslegung des § 1 Nr. 4 c) V H B 92 Ausgeführte gilt daher im gleichen Maße für den Hausratvsschutz gemäß den V H B 84. Als Unterschied ist lediglich zu konstatieren, daß gemäß § 1 Nr. 2 d) V H B 92 auch die Motoren von Kanus, Ruder- Fait- und Schlauchbooten mitvert sind, während das bei § 1 Nr. 2 c) V H B 84 nicht der Fall ist. Ausgebaute Motoren der in § 1 Nr. 2 c) V H B 84 aufgeführten Wasserfahrzeuge fallen also auch nach einem Ausbau nicht mit unter den Begriff des Hausrats im Sinne der V H B 84. Nach §§ 2 Nr. 1 V H B 74 und 66 sind Fait-, Schlauch-, Kunststoffboote und Kanus mitvert. Zu den Motoren wird nichts Besonderes gesagt. Daraus folgert, daß sie mit unter den Vsschutz fallen. Es wird lediglich ergänzend in § 2 Nr. 1 S. 2 V H B 66 und 74 festgelegt, daß sonstige Wasserfahrzeuge nicht mitvert sind. Insofern entspricht die Regelung in § 1 Nr. 2d) in Verbindung mit § 1 Nr. 4c) V H B im Grunde genommen wieder dem, was auch bei Vereinbarung der V H B 66 und 74 gilt. [H 118] ddd) Sachen des Untermieters In § 1 Nr. 4d) V H B 92 heißt es, daß der H a u s r a t von U n t e r m i e t e r n , soweit er diesen nicht durch den V m e r ü b e r l a s s e n worden ist, nicht mitvert ist. Es handelt sich hierbei um eine Ausnahmeregelung zu dem in § 1 Nr. 3 V H B 92 aufgestellten Grundsatz, daß auch fremdes Eigentum im Rahmen der Hausratversicherung mit unter den Vsschutz fällt. Die dem Untermieter vom Vmer überlassenen Sachen werden im Regelfall im E i g e n t u m des V m e r s stehen. Im Rechtssinne ist das aber nicht erforderlich. Vielmehr fallen auch solche Sachen unter den Vsschutz, die im Eigentum dritter Personen stehen. Es liegt keine Begrenzung auf das Eigentum des Vmers oder das mitvter Personen vor. Entscheidend ist die Überlassung der Sachen an den Untermieter durch den Vmer. Gleichzusetzen ist allerdings eine Überlassung durch die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Vmer lebenden Personen, die ebenfalls unter den Vsschutz der Police fallen (vgl. dazu H 108). Es gilt das aber nicht für die Überlassung von Sachen eines Untermieters an einen anderen Untermieter, es sei denn, daß dieser ihm vom Vmer überlassene Sachen weitergibt in der im Regelfall zutreffenden Annahme, daß der Vmer damit einverstanden sei. Eine Überlassung durch den Vmer im Sinne des § 1 Nr. 4d) V H B 92 ist dann nicht gegeben, wenn der Vmer dem Untermieter Sachen verkauft und übereignet hat. Denn dann ist ein Interesse des Vmers in dem Sinne, daß er die überlassenen Sachen wohlbehalten zurückerhalten möge, nicht gegeben. Der Begriff Untermieter ist nicht im engen rechtstechnischen Sinne zu verstehen. Entscheidend ist, daß aus der Wohnung des Vmers ein einzelner Raum (oder einzelne Räume) an einen Dritten zur vertraglichen Nutzung überlassen werden. Dagegen ist nicht Voraussetzung, daß der Vmer selber Mieter ist. Vielmehr kann auch die Vermietung einzelner Räume aus einem Haus, in dem der Vmer als Eigentümer lebt, unter 646

Johannsen/Johannsen

Anm. H 119

I. Hauptpflichten des Feuervers

den Untermietbegriff des Bedingungsrechts fallen. Werden aber wie im Fall O L G Düsseldorf 8. III. 1975 VersR 1976 S. 533 aus einem solchen dem Vmer gehörenden Haus selbstständige Wohneinheiten im Dachgeschoß möbliert vermietet, so erstreckt sich der Vsschutz nicht auf diese Sachen (erst recht nicht auf die im 1. Stock ebenfalls vermietete Wohnung). Anders wäre es dann, wenn die Zimmer im Dachgeschoß mit teilweisem Mitbenutzungsrecht der Räume im Erdgeschoß (z.B. hinsichtlich der Küche) vermietet waren. Dann hat man wieder den typischen räumlichen Verbund, der zum Untermietverhältnis in dem vom Bedingungsrecht gemeinten Sinne gehört. Wenn ein Familienangehöriger mit im Haus lebt und auf Verlangen seiner Eltern einen Beitrag von seiner Ausbildungsvergütung mit in die Haushaltskasse gibt, so handelt es sich nicht um eine Untervermietung im Rechtssinne. Nach dem Aufbau der Bedingungsbestimmung muß der Vmer d a r l e g e n und b e w e i s e n , daß die zum Hausrat der Untermieters gehörenden Sachen diesem von ihm, dem Vmer, ü b e r l a s s e n worden sind. Bleibt aber ungeklärt, ob es sich bei einer in der Wohnung des Vmers befindlichen Sache überhaupt um eine aus dem Hausrat des Untermieters handelt, so geht das zu Lasten des Vers. Der Ausschluß des Hausrats von Untermietern gemäß § 1 Nr. 4d) V H B 92 stimmt wörtlich überein mit der Regelung in § 1 Nr. 4d) V H B 84. Hingegen ist bezüglich solcher Vsverträge, die den V H B 66 und 74 unterliegen, zu beachten, daß in §§ 2 Nr. 2 V H B 66 und 74 die Formulierung gebraucht wird, daß das Eigentum der Untermieter ausgenommen ist. [ H 119] eee) Anderweitig versicherte Schmucksachen und Pelze S c h m u c k s a c h e n und P e l z e gehören zum überkommenen Bild des Hausrats. Vielfach werden aber für diese Sachen gesonderte Schmuckven abgeschlossen. Dem tragen §§ 1 Nr. 4e) V H B 92 und 84 Rechnung. Es wird dort bestimmt, daß Sachen, die durch einen Vsvertrag für Schmucksachen und Pelze im Privatbesitz vert sind, vom Vsschutz ausgeschlossen sind. Es wird damit im Rahmen der Hausratv für derartige Sachen eine nur subsidiäre Haftung des Hausratvers geschaffen. Dieser ist nur dann im Risiko, wenn keine derartige anderweitige Schmuckv abgeschlossen worden ist. Soweit durch eine Schmuckv nur eine teilweise Absicherung des Risikos gegeben ist, greift die Ausschlußklausel gemäß § 1 Nr. 4 e) V H B 92 nicht ein. Eine Eintrittspflicht des Hausratvers kann insbesondere dann gegeben sein, wenn im Rahmen einer Schmuckv eine Untervsregelung eingreift. Dann besteht eine subsidiäre Haftung des Hausratvers bezüglich des durch die Schmuckv nicht abgedeckten Teils des Schadens im Rahmen der im Hausratvsvertrag im einzelnen vorgesehenen Vssummen für derartige besondere Risiken wie Schmucksachen und Pelze. Nach dem Wortlaut des § 1 Nr. 4e) V H B 92 kommt es für das Eingreifen der Subsidiantätsregelung nur auf den A b s c h l u ß einer anderweitigen privaten Schmuckund Pelzv an. Indessen ist nach dem Sinn der Regelung darauf abzustellen, ob eine L e i s t u n g s p f l i c h t des Schmuckvers zum Zeitpunkt des E i n t r i t t s des V s f a l l e s gegeben war. Ist der Schmuckver z. B. deshalb nicht im Risiko, weil der Vmer seiner P r ä m i e n z a h l u n g s p f l i c h t nicht nachgekommen ist, so kann sich der Hausratver nicht auf § 1 Nr. 4e) V H B 92 berufen. Das gleiche gilt für eine L e i s t u n g s f r e i h e i t des Schmuckvers, die auf einer Verletzung einer v o r E i n t r i t t des V s f a l l e s zur erfüllenden O b l i e g e n h e i t beruht. Dagegen greift der Ausschluß nach § 1 Nr. 4e) V H B 92 ein, wenn der Schmuckver wegen Verletzung einer n a c h E i n t r i t t d e s V s f a l l e s zu erfüllenden Obliegenheit leistungsfrei wird (ebenso Fenyves Subsidiaritätsklauseln S. 9; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 27 zu § 59; Martin 3 V I 19, Schauer in B K R N 50 zu § 59 m. w. N.; abweichend Winter VersR 1991 S. 530 m. w. N., Johannsen/Johannsen

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Anm. H 121

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

der [zu Unrecht] eine Subsidiaritätsklausel wie die in § 1 Nr. 4 a) VHB 92 als bedenklich im Sinne des § 9 II A G B G [§ 307 B G B n. F.] einordnet; vgl. ergänzend H 161 m. w. Ν.). Wie bei allen anderen Ausschlußbestimmungen ist der Ver auch bei § 1 Nr. 4e) VHB 92 d a r l e g u n g s - und b e w e i s p f l i c h t i g . In diesem Bereich wird es allerdings kaum zu Beweislastschwierigkeiten kommen; denn normalerweise erfährt der Hausratver von dem Bestehen einer solchen gesonderten Schmuckv gerade durch den Vmer. Dieser muß sich hüten, eine Frage nach dem Bestehen einer solchen Schmuckv falsch zu beantworten. Denn dann besteht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit die Möglichkeit einer daraus folgenden Leistungsfreiheit des Vers gemäß § 21 Nr. 3 V H B 92. Soweit Fälle noch nach den VHB 66 und 74 zu beurteilen sind, ist zu beachten, daß es dort an einer Subsidiaritätsklausel im Hinblick auf eine anderweitige V für Schmucksachen und Pelze fehlt. 5. Versicherungsort Gliederung: Schrifttum Η 120 a) Erfordernis einer vertraglichen Festlegung Η 121 b) Ausnahmeregelung in § 4 Nr. 1 II A F B 87 Η 122 c) Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen (§ 4 Nr. 2 II A F B 87) Η 123 d) Verschlußregelungen (§ 4 Nr. 3 A F B 87) Η 124 e) Besonderheiten der Hausratv Η 125-131 aa) Wohnungsbegriff Η 125 bb) Räume in Nebengebäuden auf demselben Grundstück Η 126 cc) Garagen in der Nähe des Vsortes Η 127 dd) Teilweise Erweiterung des Vsschutzes auf Gemeinschaftsräume Η 128 ee) Besonderheiten für Rundfunk- und Fernsehantennen sowie für Markisen Η 129 ff) Ausschließlich beruflich oder gewerblich genutzte Räume Η 130 gg) Vsschutz für vom Vsort wegen eines Schadenfalls entfernte Sachen Η 131 hh) Wohnungswechsel Η 132-136

Schrifttum Η 132 aaa) Regelung gemäß § § 1 1 Nr. 1 V H B 92, V H B 84 Η 133 bbb) Sonderregelung für die Trennung von Eheleuten Η 134 ccc) Abweichende Regelung in §§ 6 Nr. 1 V H B 74 und 66 Η 135 ddd) Anzeigepflicht Η 136 ii) Außenv Η 137-141 aaa) Vorbemerkung Η 137 bbb) Vorübergehend außerhalb des Vsortes befindliche Sachen Η 1 3 8 - H 140 α) Grundsätzliches Η 138 β) Einzelfälle Η 139 γ) Ausbildung sowie Wehr- und Zivildienst Η 140 ccc) Sachliche Einschränkungen Η 141

[Η 120] Schrifttum Vgl. dazu Möller Bd II Anm. 2 4 , 2 7 und 28 zu § 54, Anm. 30 und 39 zu § 56, Anm. 19 zu § 58 und Anm. 27 zu § 68 m.w. N.; ferner aus älterer Zeit Domizlaff ZVersWiss 1909 S. 61 ff. und Uhlemann WuRdV Bd 10 S. 1 ff; siehe auch Η 132 (zum Wohnungswechsel).

[H 121] a) Erfordernis einer vertraglichen Festlegung Der V s o r t wird in den gesetzlichen Bestimmungen über die Feuerv nicht erwähnt. Es findet sich aber in § 4 Nr. 2 I AFB 87 eine Aufzählung über die Möglichkeiten der näheren Beschreibung der Vsörtlichkeit. Dort heißt es, daß der Vsort die in dem V s v e r t r a g b e z e i c h n e t e n G e b ä u d e oder Räume von Gebäuden oder die als V s o r t b e z e i c h n e t e n G r u n d s t ü c k e seien. An einer solchen allgemeinen Umschreibung des Vsortes fehlt es in den AFB 30. Raiser 2 Anm. 2 zu § 4 AFB 30 führt 648

Johannsen/Johannsen

Anm. H 122

I. Hauptpflichten des Feuervers

dazu aus, daß sich in der P r a x i s ebensowohl e n g e (ein bestimmtes Grundstück oder Gebäude oder ein bestimmter Gebäudeteil) wie w e i t e Bestimmungen (Deutschland, Europa, die ganze Welt) finden. Daß es im Regelfall im Vsvertrag zu einer entsprechenden örtlichen Festlegung des Risikobereichs des Vers kommen wird, ist ohne weiteres einleuchtend. Davon geht auch § 4 Nr. 1 I A F B 87 aus, wenn dort für b e w e g l i c h e S a c h e n ausdrücklich festgelegt ist, daß Vsschutz nur innerhalb des Vsortes besteht. Im gleichen Sinne auszulegen ist die Umschreibung in § 4 1 1 A F B 30, daß b e w e g l i c h e S a c h e n nur in den Räumen vert sind, die in der Vsurkunde bezeichnet sind. Raiser 2 Anm. 1 zu § 4 A F B 30 bemerkt zur V beweglicher Sachen, daß bei Fehlen einer Bestimmung über den Vsort, die V n i c h t ü b e r a l l gelte, sondern n i r g e n d s , weil sie nicht wirksam zustande gekommen sei. E r begründet das mit der Überlegung, daß die V ihrer Idee nach nicht freizügig sei und daß der Vsort in der Feuerv keine Beschränkung des vten Interesses sei sondern ein s e l b s t ä n d i g e s B e s t i m m u n g s m e r k m a l des Vertragsverhältnisses, wie die Gefahr, das Interesse, die Dauer (ebenso Wussow 2 Anm. 2 zu § 4 A F B ; ähnlich auch Bruck S. 369). D e m ist nicht beizupflichten. Vielmehr handelt es sich nur darum, daß die Risikobeschreibung unvollständig ist. Diese Vertragslücke ist durch Auslegung zu schließen (vgl. dazu Domizlaff ZVersWiss 1909 S. 61, Ehrenzweig S. 295 F N 1, Martin 3 G I 2, Sieg C 4, Uhlemann W u R d V Bd 10 S. 1). Zumeist wird man aus der Gesamtheit der Vertragsumstände hinreichende Hinweise für eine sachgerechte Lösung finden (so Martin a.a.O.). Ist ζ. B. Vsschutz für einen bestimmten im Vsantrag bezeichneten Gebäudekomplex beantragt und im Vsschein die Spalte Vsort ersichtlich versehentlich überhaupt nicht ausgefüllt worden, so liegt es nahe, hier auf den im Vsantrag angegebenen Vsort abzustellen. Hat der Vmer im Falle einer solchen unvollständigen Dokumentation eine Verlegung seines Betriebssitzes angezeigt und der Ver hierauf nicht reagiert, so darf man in einen solchen Sonderfall von einer stillschweigenden Ergänzung und Abänderung des ohnehin unvollständig dokumentierten Vsvertrages ausgehen. Ist den Umständen des Falles hingegen gar nichts über eine von den Parteien des Vsvertrages beabsichtigte örtliche Beschränkung des Vsschutzes zu entnehmen, so kann die Auslegung durchaus zu dem Ergebnis kommen, daß dann entgegen der Auffassung von Raiser a.a.O. überall (weltweit) Vsschutz besteht. O L G Köln 9. V. 1985 r + s 1986 S. 1 3 - 1 4 betrifft einen Abgrenzungsfall aus dem Bereich der Wohngebäudev. In der Deklaration wurde das vte Gebäude als „Wohnhaus nebst Anbau und Garagen auf dem Vsgrundstück A ... Straße" bezeichnet. Nicht erwähnt wurde ein seit langem leerstehendes Fabrikgebäude, das an den Anbau und die Garagen direkt anschloß und zum großen Teil auf dem Grundstück Β ... Straße lag. Zu Recht hat das Gericht unter sorgfältiger Abwägung aller Antragsangaben angenommen, daß der Ver nicht habe erkennen können, daß das Fabrikgebäude mitvert werden sollte.

[H 122] b) Ausnahmeregelung gemäß § 4 Nr. 1 II 1 AFB 87 Als Ausnahme, für die die Beschränkung auf den Vsort nicht gilt, wird in § 4 Nr. 1 II 1 A F B 87 der Fall aufgeführt, daß Sachen, infolge eines e i n g e t r e t e n e n oder u n m i t t e l b a r b e v o r s t e h e n d e n V s f a l l e s aus dem V s o r t entfernt und in z e i t l i c h e m und ö r t l i c h e m Z u s a m m e n h a n g mit diesem Vorgang beschädigt werden (ebenso §§ 10 Nr. 1 II V H B 92 und V H B 84). Das ist aber weitgehend nur eine Klarstellung. Denn es gilt dieser Grundsatz ohnedies gemäß § 83 I 2. Danach hat der Ver auch den Schaden zu ersetzen, der bei dem Brand durch L ö s c h e n , N i e d e r r e i ß e n oder A u s r ä u m e n verursacht wird; auch gilt das gleiche von einem Schaden, der dadurch entsteht, daß vte Sachen bei dem Brand a b h a n d e n k o m m e n (vgl. dazu Johannsen/Johannsen

649

Anm. H 122

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

H 30). In diesem Zusammenhang wird ferner in § 4 Nr. 1 II 2 AHB 87 darauf hingewiesen, daß § 14 Nr. 1 AFB 87 unberührt bleibe. In dieser Bestimmung heißt es, daß der Ver von der Entschädigungspflicht frei werde, wenn der Vmer den S c h a d e n v o r s ä t z l i c h oder g r o b f a h r l ä s s i g herbeigeführt habe. Der Unterschied zu der in §61 gebrauchten F o r m u l i e r u n g liegt nur darin, daß dort auf die H e r b e i f ü h r u n g des V s f a l l es und nicht auf die des S c h a d e n s abgestellt wird. Daraus könnte geschlossen werden, daß die Ver nicht auf die Selbstverständlichkeit hinweisen wollten, daß dann, wenn der Vsfall vom Vmer vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden ist, keine Eintrittspflicht für die Schäden an den aus dem Vsort entfernten Sachen bestehe, sondern der Sonderfall ins Auge gefaßt wird, daß die Rettungsmaßnahmen verfehlt waren und der dadurch entstandene Schaden wegen Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit des Vmers in bezug auf diesen Teil des Vsschadens nicht ersetzt werden solle. Indessen setzt eine solche Argumentation im Grunde genommen voraus, daß § 14 Nr. 1 AFB 87 überhaupt § 61 abändern wollte. Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr stellt § 14 Nr. 1 AFB 87 nur eine verkürzte Fassung des § 61 dar (vgl. Wussow 2 Anm. 2 zu § 16 AFB 30). Was mit der Verweisung auf § 14 Nr. 1 AFB 87 eigentlich bezweckt sein dürfte, ist eine entsprechende Anwendung des § 61 auch auf den auf § 83 I gestützten Entschädigungsanspruch des Vmers. Dabei ist zu bedenken, daß in Anspruchskonkurenz zu dem auf § 83 I gestützten Anspruch des Vmers ein solcher im Prinzip deckungsgleicher auf Rettungskostenersatz gemäß § 63 I besteht. Die Besonderheit des § 83 I wird zum Teil darin gesehen, daß der Ver die dort aufgeführten Schäden als H a u p t l e i s t u n g schuldet, auf die begrifflich die einschränkenden Bestimmungen des § 62 II (kein Ersatz für Rettungskosten, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der Rettungspflicht beruhen) keine Anwendung finden könnten (streitig, so vor allem Möller Bd II Anm. 28,43 vor §§ 49-80,152 zu § 49 und 4 zu § 63; vgl. im übrigen H 30 m. w. Ν.). Folgt man Möller in dieser Auffassung, so fragt sich, ob bei einem Brand, der von dem Vmer nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden ist, die Vergrößerung des Brandschadens unter § 61 subsumiert werden kann. Eine solche entsprechende Anwendung wird von Möller a.a.O. verneint, aber bei einem vorsätzlichen Verstoß des Vmers der Vsschutz im Umfang der Vergrößerung des Schadens aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben versagt. Aus dieser nur auf dem Hintergrund dieses Auslegungstreits verständlichen Sicht der Dinge ist die Verweisung in § 4 Nr. 1 II 2 auf § 14 Nr. 1 AFB 87 durchaus nachzuvollziehen. Der Ausschluß auch grob fahrlässiger durch den Vmer herbeigeführter Vergrößerungen des Schadens entspricht durchaus den Grundprinzipien des Sachvsrechts. Dabei ist zu begrüßen, daß die Ver auf diese besondere Fallkonstellation sachgerecht die Regelung des § 61 übertragen haben und nicht die für den Vmer beweislastmäßig ungünstigere des § 62 II zur Anwendung bringen wollen. Damit ist eine angemessene Regelung gefunden worden. Was speziell die Tatbestandvariante der „groben Fahrlässigkeit" anbetrifft, so ist allerdings zu bedenken, daß die Rettungsaktionen im Sinne des § 83 zumeist in aller Eile durchgeführt werden. An derartige Handlungen dürfen nicht die Maßstäbe angelegt werden, die für die Verhaltensweisen gelten, vor denen der Vmer genügend Zeit zur gründlichen Überlegung hatte. Die Ausnahmeregelung in § 4 Nr. 1 II 1 AFB 87 ist im engen z e i t l i c h e n und ö r t l i c h e n Zusammenhang mit dem bereits eingetretenen (oder unmittelbar bevorstehenden) Vsfall zu sehen. Darunter können auch noch Schäden eingeordnet werden, die auf einem überhasteten Abtransport der vten Sachen zu einem neuen Vsort beruhen. Wenn dann aber in den in einem Lager untergebrachten Sachen ohne Zusammenhang mit der ursprünglichen Verwirklichung der vten Gefahr ein Brand ausbricht, greift § 4 1 II 1 AFB nicht mehr ein. Es kommt dann darauf an, ob für ein solches Lager Vsschutz durch eine Änderung des Vertrages in Bezug auf den ursprünglichen Vsort 650

Johannsen/Johannsen

Anm. H 124

I. Hauptpflichten des Feuervers

begründet worden ist. Aufgabe eines qualifizierten Vsvermittlers ist es, in solchen Fällen für eine Ergänzung des Vertrages durch entsprechende Empfehlungen an den Vmer zu sorgen, wenn sich aus dem Text der Vertragsurkunde ein solcher erweiterter Versicherungsschutz nicht ohnedies ergibt. In dieser Beziehung kommt allerdings auch eine Anzeige nach § 6 Nr. 4 A F B 87 in Betracht. Zwar hat der Ver durch die Schadenanzeige von dem Brand Kenntnis; ihm muß aber - je nach der Beschreibung des Vsortes in der Vertragsurkunde - angezeigt werden, wo sich die zum Betrieb gehörige ausgelagerte Sache befindet. Es kann aber auch eine Ersatzpflicht des Vers nach § 63 in Betracht kommen, wenn es an dem von § 4 Nr. 1 II 1 A F B 87 vorausgesetzten engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Vsfall fehlt. Werden z. B. Heuballen vom Vsort entfernt, weil sie durch Selbstentzündung in Brand zu geraten drohen, und werden sie außerhalb des Vsortes gelagert, so hat der Ver ihre Zerstörung durch einen später ausbrechenden Brand als Rettungskosten zu ersetzen ( O L G Oldenburg 2. VI. 1999 VersR 2000 S. 968-969). Eine § 4 Nr. 1 II 1 A F B 87 (und §§ 10 Nr. 1 I 1 V H B 84, 92) entsprechende Regelung gibt es in den A F B 30 und in den V H B 66 und V H B 74 nicht. Demgemäß besteht dort nur nach Maßgabe des § 83 Vsschutz (vgl. dazu H 30). Abgesehen von der im Grunde genommen nur theoretisch bedeutsamen Verweisung auf § 14 Nr. 1 A F B 87 (bzw. §§ 9 Nr. l a ) V H B 84 und 92) sind wesentliche Abweichungen nicht festzustellen. [H 123] c) Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen In § 4 Nr. 2 II A F B 87 heißt es, daß G e b r a u c h s g e g e n s t ä n d e v o n B e t r i e b s a n g e h ö r i g e n in d e r e n W o h n u n g e n n i c h t v e r t sind. Vorausgesetzt wird dabei, daß derartige Gebrauchsgegenstände nach der primären Risikobeschreibung überhaupt vom Vsschutz erfaßt werden. Das ist in Standardpolicen zumeist der Fall, wenngleich regelmäßig nur in der Form einer s u b s i d i ä r e n H a f t u n g des Vers der betrieblichen Feuerv (vgl. dazu § 2 Nr. 7 I 1 und II A F B 87 und H 104-106). Der Grund für die örtliche Beschränkung des subsidiären Vsschutzes ist der, daß üblicherweise in den Hausratvsbedingungen für derartige Schäden an Gebrauchsgegenständen Vsschutz gewährt wird (vgl. dazu nur § 1 Nr. 2e) V H B 92 und § 1 Nr. 2d) V H B 84 sowie §§ 2 Nr. l b ) V H B 74 und 66 und H 113). Der örtliche Ausschluß dient demgemäß der Vereinfachung, da andernfalls regelmäßig Doppelven entstehen würden. Zu einer subsidiären Haftung hat man sich deshalb zu Recht nicht entschließen können, weil im Regelfall der Abschluß oder Nichtabschluß solcher privater Hausratven nicht im Interesse des Arbeitgebers liegt, da dieser insbesondere nicht für derartige Schäden im Verhältnis zum Betriebsangehörigen nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen einzustehen hat. Außerdem kann es jedem Bürger auch angesonnen werden, für privaten Hausratvsschutz zu sorgen. [H 124] d) Verschlußregelungen Für eine Reihe von Sachen sieht § 4 Nr. 3 I a)-f) A F B 87 vor, daß diese nur in v e r s c h l o s s e n e n R ä u m e n oder B e h ä l t n i s s e n der im V s v e r t r a g b e z e i c h n e t e n A r t vert sind. Dabei handelt es sich nach der in der Bestimmung vorgenommenen Aufzählung um B a r g e l d , U r k u n d e n , z.B. S p a r b ü c h e r und sonstige W e r t p a p i e r e , B r i e f m a r k e n , M ü n z e n und M e d a i l l e n , u n b e a r b e i t e t e E d e l m e t a l l e sowie S a c h e n aus E d e l m e t a l l (ausgenommen Sachen, die dem R a u m s c h m u c k dienen), S c h m u c k s a c h e n , P e r l e n und E d e l s t e i n e . Ferner heißt es Johannsen/Johannsen

651

Anm. H 124

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

ergänzend (und überflüssig) in § 4 Nr. 3 Ig) A F B 87, daß eine derartige Regelung auch für solche Sachen gelte, für die das besonders vereinbart sei. D a ß es sachgerecht ist, derartige Wertsachen in verschlossenen Räumen oder Behältnissen aufzubewahren, ist ohne weiteres einleuchtend. In diesem Zusammenhang wird auch auf § 2 Nr. 6 A F B 87 verwiesen, wo klargestellt worden ist, daß Bargeld und Urkunden, wie ζ. B. Sparbücher und sonstige Wertpapiere, nicht unter den Begriff der Betriebseinrichtung fallen. Vielmehr ist es üblich, für diese Sachen im Vsvertrag eine besondere Position zu bilden (vgl. die Positionen-Erläuterungen in H 87, dort Pos. 4.1-4.2). Die Regelung in § 4 Nr. 3 I A F B 87 stellt eine ö r t l i c h e B e g r e n z u n g der Haftung des Vers im Sinne eines Risikoausschlusses dar. Es handelt sich nicht um eine v e r h ü l l t e O b l i e g e n h e i t ; das bedeutet, daß es allein darauf ankommt, ob die objektiven Voraussetzungen des Verschlusses der Räume oder der Behältnisse vorgelegen haben oder nicht (vgl. B G H 26. V I I . 1970 VersR 1972 S. 5 7 5 - 5 7 7 [zu § 2 Nr. 3 A E B ] und B G H 16. III. 1983 VersR 1983 S. 5 7 3 - 5 7 4 = r + s 1983 S. 102-103 [zu § 2 Nr. 8 II V H B 74]; w. N . bei Römer in Römer-Langheid R N 6 - 9 zu § 6, vgl. ferner H 97). Vom B G H 16. III. 1983 a.a.O. wird zu Recht darauf abgestellt, daß sich das Erfordernis der Verschlußverwahrung nicht mehr darauf stützt, ob sich die Goldsache außer Gebrauch befindet. Maßgebend ist vielmehr nur noch der Vsort oder der Vszustand, nämlich die Verschlußverwahrung. Damit ist für diese problematischen Einordnungsfälle eine hinreichend klare und praktikable Abgrenzung gefunden. - Zuzustimmen ist B G H 16. III. 1983 auch darin, daß unter Goldsachen auch solche Schmucksachen fallen, die nicht ausschließlich aus Gold bestehen, sondern mit anderem Material gemischt sind. Im gleichen Sinne ist § 4 Nr. 3 e) A F B 87 auszulegen, wonach Sachen aus Edelmetall nur in verschlossenen Räumen oder Behältnissen der im Vsvertrag bezeichneten Art vert sind. - Unter M ü n z e n sind außer Kraft getretene bare Zahlungsmittel zu verstehen. M e d a i l l e n sind Prägungen aus Metall, die keinen Anspruch erheben, Bargeld zu sein. Ihre Herstellung erfolgt durch den Staat oder Privatpersonen, um besondere Anlässe durch entsprechende Symbole ins Gedächtnis zu rufen oder Personen zu ehren. Für J u w e l i e r - , U h r m a c h e r - und B i j o u t e r i e g e s c h ä f t e wird eine Ausnahme gemacht. Es heißt nämlich in § 4 Nr. 3 II A F B 87, daß für diese Geschäfte die Regelung in bezug auf S c h m u c k s a c h e n und Sachen aus E d e l m e t a l l e n nicht gelte. Es ist einleuchtend, daß Juweliere auch dann vert sein wollen, wenn die Ladentür geöffnet ist und dem Kunden Schmuckstücke zur Besichtigung vorgelegt werden. Bricht dann ein Brand aus, so wird vom Vmer Vsschutz erwartet. Will der Ver davon abweichend nur örtlich eingeschränkt Vsschutz gewähren, so bedarf es einer ergänzenden vertraglichen Regelung. Bemerkenswert ist, daß nach § 4 Nr. 4 A F B 87 R e g i s t r i e r k a s s e n , R ü c k g e l d g e b e r und A u t o m a t e n m i t G e l d e i n w u r f (einschließlich Geldwechsler) nicht als Behältnisse im Sinne von § 4 Nr. 3 A F B 87 gelten. Das bedeutet, daß das Geld, das sich in diesen Behältnissen befindet, nicht mitvert ist. Durchbrochen wird diese Regelung allerdings durch § 4 Nr. 4 II A F B 87, wo es heißt, daß Bargeld in Registrierkassen doch versichert sei. Es folgt dann im Bedingungstext ein unvollständiger Satz, in dem je nach den Vereinbarungen der Parteien des Vsvertrages einzufügen ist, auf wieviel die Haftung des Vers pro Registrierkasse und pro Vsfall begrenzt ist. Damit wird verdeutlicht, daß die Regelung in § 4 Nr. 3 A F B 87 durch Vereinbarungen der Parteien bei Abschluß des Vsvertrages ergänzt werden muß. Auf die Möglichkeit einer A b weichung davon, daß die in § 4 Nr. 3 I A F B 87 aufgeführten Sachen nur unter Vsschutz stehen, wenn sie unter Verschluß verwahrt werden, wird ferner deutlich in § 4 Nr. 5 A F B 87 verwiesen. D o r t heißt es, daß bis zu der v e r e i n b a r t e n b e 652

Johannsen/Johannsen

Anni. H 125

I. Hauptpflichten des Feuervers

s o n d e r e n V s s u m m e oder e i n e r v e r e i n b a r t e n E n t s c h ä d i g u n g s g r e n z e B a r g e l d w ä h r e n d d e r G e s c h ä f t s z e i t oder w ä h r e n d v e r e i n b a r t e r s o n s t i g e r Z e i t r ä u m e auch ohne Verschluß gemäß Nr. 3 vert sei. Auch insoweit ist die Annahme gerechtfertigt, daß es sich nicht um eine verhüllte Obliegenheit handelt sondern um eine rechtlich zu respektierende sachgemäße örtliche und zeitliche Risikobegrenzung. [ H 125] e) Besonderheiten der Hausratversicherungsregelungen aa) Wohnungsbegriff Wie man es von einer Hausratv kaum anders erwarten kann, bestimmt § 10 Nr. 2 1 1 V H B 92, daß der Vsort die im Vsvertrag bezeichnete W o h n u n g des Vmers ist (ebenso § 10 Nr. 2 S. 1 V H B 84; sinngemäß auch §§ 6 Nr. 1 V H B 74 und 66). Dabei zählen zur Wohnung auch B o d e n - und K e l l e r r ä u m e , die ausschließlich zur Wohnung des Vmers gehören. Dazu gehört auch ein mit Brettern und Latten abgetrennter Kellerverschlag, der allein dem Vmer überlassen worden ist, auch wenn der ausgedehnte Kellerbereich selbst einem größeren Personenkreis zugänglich ist ( L G Düsseldorf 12. VI. 1981 r + s 1984 S. 252). Zur Wohnung zählen auch Balkons, dagegen nicht offene Terrassen, wohl aber Dachterrassen. Dem Vsort kann auch ein Hofraum zuzurechnen sein, wenn dieser durch eine 2 m hohe Wand mit einer verschließbaren Tür von der Außenwelt abgeschlossen ist (anders L G Nürnberg-Fürth 24. II. 1988 r + s 1988 S. 145-146 in einem AEB-Fall mit ablehnender Anm. von Wälder a.a.O.) Hat der Vmer ein ganzes Haus gemietet, so gehören grundsätzlich alle in diesem Haus befindlichen Räume zur Wohnung des Vmers. Das gleiche gilt dann, wenn der Vmer ein ihm gehörendes Haus allein (oder zusammen mit seinen Angehörigen) bewohnt. Bewohnt der Vmer als Eigentümer eines Hauses das Erdgeschoß, während die darüber liegende Wohnung im 1. Stock vermietet und je zwei Räume im Dachgeschoß als selbständige Wohneinheiten m ö b l i e r t an zwei Mieter vermietet sind, so erstreckt sich die Wohnung des Vmers nicht auf diese beiden Wohneinheiten im Dachgeschoß ( O L G Düsseldorf 8. III. 1975 VersR 1976 S. 533). Erfährt der Vsvermittler, daß sich dergestalt dauernd Sachen des Vmers außerhalb seiner Wohnung befinden, so ist von ihm ein Hinweis zu erwarten, daß insoweit ohne besondere Vereinbarung kein Vsschutz besteht (dafür, daß bei Vermietung von je zwei Zimmern im Dachgeschoß mit teilweisem Mitbenutzungsrecht der Räume im Erdgeschoß (z. B. Küchenbenutzung) dagegen der Fall der Untervermietung im Sinne der §§ 1 Nr. 4d) V H B 92, V H B 84 gegeben sein kann, vgl. H 118). - Hat der Vmer zunächst in seinem Haus nur die 1. Etage bewohnt, wird dann aber die Erdgeschoßwohnung frei, in die der Vmer von ihm geschaffene Bilderrahmen einlagert (Hobby-Arbeiten), so erstreckt sich der Vsschutz auch auf die Räume im Erdgeschoß ( O L G Hamm 19.1.2000 r + s 2000 S. 293-294 = N J W 2000 S. 1729-1730). Zur Wohnung zählen auch die G a r a g e n in einem Haus, das der Vmer als eigenes oder als gemietetes bewohnt. Soweit es sich aber um eine G e m e i n s c h a f t s g a r a g e der Mieter oder Wohnungseigentümer eines Mehrfamilienhauses handelt, läßt sich darauf der Wohnungsbegriff nicht erstrecken. Entsprechendes gilt für ein gemeinschaftliches Schwimmbad innerhalb eines Miethauses oder einer Wohnungseigentumsanlage (vgl. dazu L G Augsburg 7. X I . 1975 VersR 1976 S. 258 m. Anm. von Schaefer a.a.O.; in jenem Fall ging es allerdings nicht um einen Feuerschaden sondern um den Diebstahl einer zum Schwimmbad gehörenden Wasserpumpe aus einer Garage; war das eine Gemeinschaftsgarage, so wurde der Vsschutz auf jeden Fall zu Recht verneint). Dafür, daß in gewissen Fällen für Gemeinschaftsräume kraft entsprechender ausdrücklicher Bedingungsregelung im eingeschränkten Umfang Vsschutz gewährt Johannsen/Johannsen

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Anm. H 126

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

wird, vgl. H 128. Zur Erstreckung des Vsschutzes auf R ä u m e und G a r a g e n in N e b e n g e b ä u d e n auf d e m s e l b e n G r u n d s t ü c k vgl. H 126 und auf Garagen in der Nähe der Wohnung des Vmers Anm. H 127. [ H 126] bb) R ä u m e in Nebengebäuden auf demselben Grundstück Die schlichte Angabe in § 10 Nr. 2 I 1 V H B 92, daß der Vsort die Wohnung des Vmers sei, ist durch weitere Bedingungsbestimmungen ergänzt worden. Diese Ergänzungen stellen zum Teil Klarstellungen, zum Teil aber auch bedarfsgerechte Verbesserungen des Vsschutzes dar. So heißt es in § 10 Nr. 2 I S. 2 V H B 92, daß Vsschutz auch in Räumen in N e b e n g e b ä u d e n auf d e m s e l b e n G r u n d s t ü c k besteht (ebenso § 10 Nr. 2 S. 2 V H B 84). Dabei wird vorausgesetzt, daß diese Räume a l l e i n zur Wohnung des Vmers gehören. Gedacht sei z.B. an ein G a r t e n h ä u s c h e n , in dem sich üblicherweise Rasenmäher und ähnliche Gerätschaften befinden, aber auch Fahrräder und Gartenmöbel oder sonstige Hausratsachen. Es kommen aber auch Nebenräume in einem zweiten Haus in Betracht, das an sich von einer anderen Familie bewohnt wird. Vorausgesetzt wird dabei, daß sich dieses Haus auf d e m s e l b e n G r u n d s t ü c k befindet und daß diese Räume im Alleinbesitz des Vmers stehen (gegebenenfalls im Besitz zusammen mit den in häuslicher Gemeinschaft mit ihm lebenden Personen). Soweit sich Räume auf anderen Grundstücken befinden, besteht grundsätzlich kein Vsschutz. Das gilt insbesondere für W o c h e n e n d h ä u s e r oder K l e i n g a r t e n l a u b e n . Erfährt ein Vsvermittler, daß der Vmer über solche zusätzlichen Räumlichkeiten verfügt, so ist von ihm regelmäßig ein Hinweis des Inhalts zu erwarten, daß für solche Risiken nur kraft besonderer Vereinbarung Vsschutz besteht. Maßgebend für die Bestimmung des Begriffs „desselben Grundstücks" ist nicht die grundbuchamtliche Bezeichnung sondern die Darstellung des Grundstücks nach außen als Einheit, die sich insbesondere aus einer gemeinsamen Einfriedung des Grundstücks ergeben kann (so Martin 3 G IV 27). In §§ 6 V H B 74, 66 fehlt es an einer § 10 Nr. 2 I S. 2 V H B 92 entsprechenden ausdrücklichen Regelung. Für ein Gartenhaus, das 20 m vom Wohnhaus entfernt lag, ist die Zuordnung zur Wohnung des Vmers vom L G Münster 25. III. 1982 ZfS 1982 S. 184 mit der Begründung verneint worden, daß bei einer solchen Entfernung die Gefahr eines Diebstahls beträchtlich erhöht sei. Mit der schon 1980 von dem erfahrenen Vskenner Boldt Feuerv 2 S. 201 zu den V H B 74 vertretenen gegenteiligen Auffassung, daß der Begriff der Wohnung auch die auf dem Vsgrundstück vorhandenen S c h u p p e n , S t ä l l e , G a r a g e n und G a r t e n h ä u s c h e n umfaßt, setzt sich das Gericht dabei nicht auseinander. Daraus resultierte dann die Klarstellung gemäß § § 1 0 1 Nr. 2 I S. 2 V H B 92 und 10 Nr. 2 S. 2 V H B 84. Diese sollte aber auch für heute noch nach den V H B 74 und 66 zu beurteilende Fälle als sachgerechte Interpretation des Wohnungsbegriffs berücksichtigt werden. Als zutreffend ist dagegen die vom O L G Frankfurt 8. II. 1984 ZfS 1984 S. 90 vertretene Auffassung einzuordnen, daß ein auf einem Campingplatz abgestellter Wohnwagen (mit abmontierten Rädern) nicht zur Wohnung des Vmers gehöre. Anders wäre es aber gewiß dann, wenn der atypische Fall vorliegt, daß der Vmer stets auf diesem Campingplatz in der genannten „Behausung" wohnt und das auf seinem Vsschein vermerkt ist. Stünde dieser Wohnwagen (ohne Räder) auf dem Grundstück, das zur Wohnung des Vmers gehört, so wäre dieses laubenartige Gebilde entgegen der Auffassung des Gerichts nach der Interessenlage einer Laube oder einem Schuppen gleichzustellen und der Vsschutz zu bejahen. Entsprechendes gilt, wenn der Vmer anstelle einer Laube im Garten einen alten Eisenbahnwagen (ohne Räder oder jedenfalls ohne Bewegungsmöglichkeit) aufgebaut hat.

654

Johannsen/Johannsen

Anm. H 127

I. Hauptpflichten des Feuervers

[H 127] cc) Garagen in der Nähe des Versicherungsortes Durch § 10 Nr. 2 II VHB 92 wird der Vsschutz auch auf G a r a g e n r ä u m e erstreckt, die sich in der N ä h e des Vsortes befinden. Das gilt allerdings nur, soweit sie a u s s c h l i e ß l i c h vom Vmer oder einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person zu privaten Z w e c k e n genutzt werden. Ohne Bedeutung ist diese örtliche Erweiterung des Vsschutzes für ein K r a f t f a h r z e u g des Vmers, da dieses Risiko nach § 1 Nr. 4 b) V H B 92 ohnedies vom Vsschutz ausgenommen ist. Vielmehr wird von den Vern dem Lebensumstand Rechnung getragen, daß sich üblicherweise diverse S a c h e n , die zum Haurat zu rechnen sind, in diesen Garagen befinden. Dabei kommt es nicht selten vor, daß sich in einer Garage a u s g e b a u t e oder n o c h n i c h t e i n g e b a u t e K r a f t f a h r z e u g t e i l e befinden. Insoweit besteht Vsschutz. Denn diese gehören zum Hausrat und werden von dem für Kraftfahrzeuge geltenden Ausschluß gemäß § 1 Nr. 4 b) VHB 92 nicht erfaßt (vgl. B G H 17. IV. 1996 VersR 1996 S. 747 und H 116). Relativ unbestimmt ist der Ausdruck, daß sich die Garagenräume „ in der Nähe " des Vsorts befinden müssen. Hier ist eine weite Auslegung am Platze, nach der Entfernungen bis zu 10-15 Fußminuten noch eingeschlossen sind. Dabei ist zu bedenken, daß ein Vmer unter Umständen längere Wege zu seinem Fahrzeug in Kauf nimmt, wenn ihm ζ. B. von einem Verwandten eine Garage kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Benutzt jemand anderes als die in § 10 Nr. 2 II V H B 92 genannten Personen auch die Garage, weil sie ζ. B. für zwei Fahrzeuge Platz bietet, so entfällt diese örtliche Erweiterung des Vsschutzes. Der Vsschutz entfällt auch dann, wenn eine weitere Person, die nicht mit dem Vmer in häuslicher Gemeinschaft lebt, die Garage zur Lagerung von sonstigen Sachen aufgrund eigenen Schlüsselrechts benutzt. Ist der Sachverhalt allerdings so gestaltet, daß dem gewerblichen Garagenvermieter für alle von ihm vermieteten Garagen für Notfälle je ein Schlüssel überlassen worden ist, so stellt diese Eingriffsmöglichkeit für Notfälle (ζ. B. Feuer) keine Mitbenutzung des Garagenraumes dar. Denn damit ist klargestellt, daß der Vermieter hier nur treuhändisch für Notfälle den Schlüssel aufbewahrt. Der Fall ist genauso zu behandeln, als wenn etwa bei der Polizei oder einem Notar ein solcher Schlüssel deponiert wird. Ohne Bedeutung ist die Regelung in § 10 Nr. 2 II VHB 92 für den Eigentümer oder Mieter eines Einzelhauses, in dem sich im Keller eine Garage befindet. Denn diese Garage gehört ohnedies zum Vsort. Gestattet der Vmer in einem solchen Fall einer Doppelgarage einem Nachbarn die Mitbenutzung, so hat zwar der Hauseigentümer oder Mieter im Rahmen seiner Hausratv Vsschutz, nicht aber der Nachbar in seiner eigenen Hausratv. Der Nachbar genießt über die Hausratv des Hauseigentümers (oder Mieters des Einzelhauses) im Rahmen der institutionell vorgesehenen V für fremde Rechnung Vsschutz. Einleuchtend ist, daß in der Nähe befindliche Garagen nur dann in den Vsschutz einbezogen werden, wenn sie zu p r i v a t e n Z w e c k e n genutzt werden. Das ist z.B. dann nicht der Fall, wenn sich dort eine Werkstatt des Vmers zur Kraftfahrzeugreparatur befindet, für die dieser Garagenraum auch benutzt wird. Dann ist das Risiko im ganzen dem betrieblichen Bereich zuzurechnen und wird vom Vsschutz der Hausratv nicht erfaßt. In den V H B 84, 74 und 66 werden G a r a g e n entgegen der Regelung in § 10 Nr. 2 II VHB 92 nicht ausdrücklich aufgeführt. Es ergibt sich aber ihre grundsätzliche Qualifikation als zur Wohnung gehörig, und zwar auch dann, wenn sie sich nicht im Hause befinden, in dem die Wohnung liegt, für die V H B 84 aus dem mit § 10 Nr. 2.1 2 V H B 92 übereinstimmenden § 10 Nr. 2. S. 2 VHB 84. Denn danach gehören zur Wohnung auch Räume in Nebengebäuden auf demselben Grundstück (vgl. dazu H 126). Johannsen/Johannsen

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Anm. H 128

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Martin 3 G IV 27 geht von dieser Erkenntnis aus, will den Vsschutz aber entgegen seiner in der 1. Aufl. vertretenen Auffassung (G IV 21) auch für Garagen in Nebengebäuden auf demselben Grundstück für Verträge bejahen, in denen es wie bei den V H B 74 an einer § 10 Nr. 2 II V H B 74 entsprechenden Regelung fehlt. Davon geht auch L G Hachingen 17. V I I I . 1988 VersR 1989 S. 511 in einem den V H B 66 unterliegenden Garagenfall aus. Der Vsschutz wurde allerdings verneint, weil die Garage so weit von dem Wohnungsgrundstück entfernt lag, daß man nicht mehr von demselben Grundstück ausgehen könne. Zum Sachverhalt wurde dazu mitgeteilt, daß die Garage zwischen den Gebäuden der K-Straße 12, in dem sich die Wohnung des Vmers befand, und der M-Straße lag. Zur Garage gab es dabei keinen unmittelbaren Zugang von der K-Straße 12 aus. - Ebenso ist der Vsschutz in Fällen verneint worden, in denen die Garage sich innerhalb zweier selbständiger Garagenzeilen befand, die hinter einem größeren Komplex von Miethäusern errichtet waren und zwischen der Wohnung und der Garage eine ständig offenstehende Zufahrt bestand (so L G Köln 17. X I . 1983 r + s 1984 S. 19-20; ähnlich L G Essen 15. X I I . 1987 ZfS 1988 S. 89 für einen Fall, in dem sich nach den Lageplänen mehrere andere Grundstücke zwischen dem vom Vmer bewohnten Gebäude und der Garagenanlage befanden; zustimmend Martin 3 G IV 17). Entgegengesetzt ist für einen ähnlich gelagerten Fall vom A G Charlottenburg 31. VII. 1987 N J W R R 1988 S. 2 1 4 - 2 1 5 bei einer 150 Meter von der Wohnung entfernten Garage mit der Begründung entschieden worden, daß Kraftfahrzeugzubehörteile ohnehin nicht in Wohnräumen aufbewahrt werden würden und daß andernfalls der ausdrückliche Einschluß von Kraftfahrzeugzubehör in § 2 Nr. 1 V H B 74 in den meisten Fällen ohne Bedeutung sei. Dem ist so nicht zu folgen. Die klarstellende Regelung in § 10 Nr. 2 II V H B 92 ist allerdings gewiß vorzuziehen. [H 128] dd) Teilweise Erweiterung des Versicherungsschutzes auf Gemeinschaftsräume Gemeinschaftsräume, die allen Mietern eines Miethauses oder allen Mitgliedern einer Eigentümergemeinschaft offenstehen, sind nicht der Wohnung des Vmers zuzurechnen. Gedacht sei dabei z . B . an S c h w i m m b ä d e r und S a m m e l g a r a g e n , an W a s c h k ü c h e n oder Trockenböden. Zu diesem Bereich gibt es gemäß § 10 Nr. 2 III V H B 92 eine ergänzende Regelung. Danach sind d e m V m e r g e h ö r e n d e W a s c h m a s c h i n e n und W ä s c h e t r o c k n e r auch in Räumen vert, die der Vmer gemeinsam mit anderen Hausbewohnern nutzt. Diese Formulierung ist so zu verstehen, daß hier auf das E i g e n t u m des Vmers abgestellt wird. Das verwundert deshalb, weil nach § 1 Nr. 3 V H B 92 die zum Hausrat gehörenden Sachen auch dann vert sind, wenn sie f r e m d e s E i g e n t u m sind. Hat der Vmer daher ein solches Gerät gemietet, so besteht kein Vsschutz, wenn es sich in derartigen Gemeinschaftsräumen befindet, die der Vmer gemeinsam mit anderen Hausbewohnern nutzt. Hat der Vmer eine solche Maschine unter E i g e n t u m s v o r b e h a l t gekauft (und übergeben erhalten) so ist nach dem Sinn der Regelung (entsprechend den § 2 Nr. 3 b) A F B 87 zugrunde liegenden Überlegungen) der Vsschutz zu bejahen. Der Vmer als Anwartsschaftsinhaber trägt hier das gleiche Risiko wie der Vmer, der sogleich voll bezahlt hat. Da im Bedingungstext nicht die sehr viel eindeutigere Fassung gewählt worden ist, daß ausdrücklich auf das Eigentum des Vmers abgestellt wird, ist die Gleichstellung des Besitzes unter Eigentumsvorbehalt mit dem Eigentum zu verantworten. Nach dem Bedingungswortlaut wird ein A l l e i n e i g e n t u m des Vmers nicht verlangt. Ist der Vmer nur M i t e i g e n t ü m e r , so bezeichnet man das im Sprachgebrauch immer noch derart, daß dem Vmer eine solche Maschine zusammen mit einer anderen Person oder mehreren anderen Personen g e h ö r t . Demgemäß ist hier der Vsschutz zu bejahen. Unter dem 656

Johannsen/Johannsen

Anm. H 130

I. Hauptpflichten des Feuervers

Vmer gehörende Waschmaschinen und Wäschetrockner sind auch solche zu verstehen, deren Eigentümer nicht der Vmer ist, sondern eine der mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen (ζ. B. die Ehefrau des Vmers). An einer entsprechenden Regelung fehlt es in den V H B 84, 74 und 66. Demgemäß unterliegen dort Waschmaschinen und Trockner des Vmers, die sich in Gemeinschaftsräumen befinden, nicht dem Vsschutz. [ H 129] ee) Besonderheiten für Rundfunk- und Fernsehantennenanlagen sowie für Markisen In § 10 Nr. 2 III V H B 92 ist festgelegt, daß für R u n d f u n k - und F e r n s e h a n t e n n e n a n l a g e n sowie für M a r k i s e n als Vsort das g e s a m t e G r u n d s t ü c k gilt, auf dem die vte Wohnung liegt (ebenso schon § 10 Nr. 2 S. 3 V H B 84). Das ist sachgerecht, da dadurch unerfreuliche Streitigkeiten vermieden werden. Zu beachten ist allerdings, daß solche Anlagen nach § 1 Nr. 2 a) V H B 92 nicht unter den Vsschutz fallen, soweit sie mehreren Wohnungen oder gewerblichen Zwecken dienen. In §§ 6 V H B 74, 66 werden nur Antennenanlagen und nicht die in § 10 Nr. 2 III V H B 92 aufgeführten M a r k i s e n als eingeschlossen erwähnt. Es liegt dennoch nahe, für diese Markisen auch ohne eine solche ausdrückliche Regelung im Rahmen der Hausratv eines Mieters den Vsschutz zu bejahen. [H 130] ff) Ausschließlich beruflich oder gewerblich genutzte Räume Nur klarstellende Bedeutung hat § 10 Nr. 3 V H B 92, in dem festgelegt ist, daß zur Wohnung solche Räume nicht gehören, die a u s s c h l i e ß l i c h b e r u f l i c h oder g e w e r b l i c h genutzt werden. Das häusliche Arbeitszimmer eines Rechtsanwalts wird dazu in der Regel dann nicht zu rechnen sein, wenn sich die Kanzlei an einem anderen O r t befindet. Denn dann ist mit der Lebenserfahrung von einer gemischten Nutzung auszugehen, ungeachtet dessen, daß das vom Finanzamt gelegentlich verkannt wird. Es bedeutet diese Regelung, daß Räume, die innerhalb der Wohnung des Vmers gemischt zu privaten oder beruflichen oder gewerblichen Zwecken genutzt werden, grundsätzlich dem Begriff des Versicherungsortes zuzuordnen sind. Martin 3 G IV 39 ist der Auffassung, daß dieser Wortlaut unklar lasse, ob die Ausschließlichkeit auch deshalb fehlen könne, weil in absehbarer Zukunft und vielleicht im häufigen zeitlichen Wechsel die Räume auch privat genutzt werden. Als Beispiel wird auf Räume verwiesen, die ein Landwirt als Vmer während der Saison an Feriengäste vermietet. Bei diesem Beispielfall wird man von einer Ausschließlichkeit nicht ausgehen können. Es besteht demgemäß für Sachen des Vmers in diesen Räumen Vsschutz. Soweit ein Vmer den festen Plan hat, privat genutzte Räume in Zukunft ausschließlich beruflich zu nutzen (also nicht nur saisonbedingt), ändert sich für den Zeitraum der privaten Nutzung nichts am Bestehen des Vsschutzes. Zu Recht geht im übrigen Martin 3 G IV 40 davon aus, daß sich an der ausschließlich beruflichen oder gewerblichen Nutzung nichts ändere, wenn dem gewerblichen Nutzer die Inanspruchnahme der Toilette der Wohnung gestattet werde. In den V H B 74 und 66 fehlt es an einer solchen Spezialregelung. Indessen können dort auftretende Zweifelsfälle durchaus nach den Grundsätzen entschieden werden, die in § 10 Nr. 3 V H B 92 zum Ausdruck kommen. Denn im Grunde genommen handelt es sich um eine sich aufdrängende Problemlösung, die dort klarstellend erfolgt ist.

Johannsen/Johannsen

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Anm. H 133

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

[H 131] gg) Versicherungsschutz für wegen eines Schadenfalles vom Versicherungsort entfernte Sachen Nach § 10 Nr. 1 II 1 V H B 92 (ebenso § 10 Nr. 1 II 1 VHB 84) gilt die Beschränkung auf den V s o r t nicht für Sachen, die infolge eines e i n g e t r e t e n e n oder u n m i t t e l bar b e v o r s t e h e n d e n V s f a l l e s aus dem V s o r t entfernt und im z e i t l i c h e n oder ö r t l i c h e n Z u s a m m e n h a n g mit diesem Vorgang beschädigt oder zerstört werden oder abhanden kommen. Diese Regelung entspricht der in § 4 Nr. 1 II 1 AFB 87. Zur Interpretation vgl. H 122. In den V H B 66 und 74 fehlt es dagegen an einer derartigen Regelung, so daß wie auch bei Vereinbarung der AFB 30 eine Lösung der dabei auftretenden Probleme über die Sonderregelung gemäß § 83 zu erfolgen hat (vgl. dazu H 30). hh) Wohnungswechsel [H 132] Schrifttum Boldt VersR 1980 S. 666, Brünjes Der Veräußerungsbegriff des § 69 W G , Diss. Münster, Karlsruhe 1995 (zit. Brünjes Veräußerungsbegriff), Martin VersR 1986 S. 562-564, derselbe r + s 1990 S. 181, Schütz VersR 1985 S. 913-917.

[H 133] aaa) Regelung gemäß §§ 11 Nr. 1 1 1 VHB 92, VHB 84 Gemäß §§ 11 Nr. 1 I 1 V H B 92, V H B 84 geht im Falle des W e c h s e l s der in § 10 Nr. 2 genannten W o h n u n g des Vmers der Vsschutz auf die neue Wohnung über. Das gilt aber nach §§ 11 Nr. 1 III 1 V H B 92, V H B 84 nur dann, wenn die neue W o h n u n g i n n e r h a l b der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d liegt. Ist das nicht der Fall, so endet der V s v e r t r a g gemäß der Regelung in § 11 Nr. 1 II 2 VHB 92, V H B 84. Hier ist eine gewisse Scheu vor der V im Ausland belegener Risiken zu erkennen, aber auch eine Rücksichtnahme auf die früher sehr viel stringenter die Tätigkeit im Ausland beschränkenden aufsichtsrechtlichen Prinzipien. Heutzutage ist eine Erweiterung des Vsschutzes auf einen Umzug im E U - B e r e i c h wünschenswert und aufsichtsrechtlich ohne Bedenken. Die Regelung in § 11 Nr. 1 III 2 V H B 92, VHB 84 ist aber gewiß rechtswirksam. Insbesondere liegt kein Fall einer Ausländerdiskriminierung vor. Denn die Bestimmung gilt für alle Vmer, gleichgültig, ob es sich um deutsche oder ausländische Staatsbürger handelt. Hat der Ver allerdings den in einer Wohnung im Ausland befindlichen Hausrat des Vmers vert, so sind f§ 11 Nr. 1 III VHB 92, V H B 84 dahin zu interpretieren, daß der Vsschutz auf eine im selben Staat befindliche neue Wohnung übergeht und gleichermaßen auf eine solche in der Bundesrepublik Deutschland. In SS 11 Nr. 1 I 2 VHB 92, V H B 84 heißt es weiter, daß für den Fall, daß der Vmer die alte Wohnung b e i b e h ä l t , ein Wohnungswechsel nur dann vorliegt, wenn er die neue Wohnung in d e r s e l b e n Weise wie die b i s h e r i g e benutzt. Der Sinn dieser Bestimmung erschließt sich nicht schon bei einem ersten Lesen. Boldt 5 S. 212 interpretiert sie dahin, daß der Vmer die bisherige ständige Wohnung als Zweitwohnung beibehalte, aber die neue Wohnung in derselben Weise wie die bisherige nutze (ebenso Martin3 G IV 73). Die sachgerechte Lösung wäre wohl eigentlich die, daß sich die V auf den Hausrat in zwei Wohnungen erstreckt. Das ist aber im Bedingungstext nicht vorgesehen, so daß dem Vmer bei entsprechendem Studium der Bestimmung klar werden kann, daß er jetzt wohl für den Hausrat in der neuen, aber nicht für den in der alten Wohnung Vsschutz hat. Mit Gewißheit läßt sich das aber nicht voraussagen. Denn von Erst- oder Zweitwohnung ist im Bedingungstext nicht die Rede. Es ist 658

Johannsen/Johannsen

I. Hauptpflichten des Feuervers

Anm. H 133

daher unerläßlich, daß der Ver auf diese Auslegung hinweist, wenn er von dem nur teilweise erfolgten Umzug erfährt. Entsprechendes gilt, wenn der Vmer anzeigt, daß er nunmehr eine Zweitwohnung bezogen habe. Denn dann besteht für diese Zweitwohnung kein Vsschutz. Martin 3 G IV 73 führt weiter aus, daß § 11 Nr. 1 I 2 VHB 84 ausdrücklich den Fall regele, daß der Vmer die bisherige Wohnung nach V e r l e g u n g seines L e b e n s m i t t e l p u n k t e s beibehalte. Indessen wird der Ausdruck„ Verlegung seines Lebensmittelpunktes" in § 11 Nr. 1 12 VHB 92, VHB 84 nicht gebraucht, so daß offen ist und unklar bleibt, was in den Fällen des teilweisen Wechsels gilt. Den Hinweis auf eine „ veränderte " Nutzung kann der unbefangene Vmer auch so verstehen, daß er für eine neue Wohnung nur dann keinen Vsschutz genieße, wenn er diese nicht mehr ausschließlich „privat" nutzt, sondern teilweise beruflich. Daß das den Vsschutz im Zweifel überhaupt nicht beeinträchtigt (vgl. § 10 Nr. 3 VHB 94 und Anm. H 130), weiß der Ver, aber im Regelfall nicht der Vmer. Jedenfalls eröffnet diese Bedingungsfassung immer noch Tür und Tor für Mißverständnisse. Eindeutige Verhältnisse bestehen nur dann, wenn die alte Wohnung aufgegeben worden ist. War die alte Wohnung als Zweitwohnung vert und ist auch die neue eine solche, so stellen sich keine Probleme, wenn die alte Zweitwohnung aufgegeben wird. Wenn sie dagegen als gleichwertige Zweitwohnung (mit halbiertem Mobiliar) beibehalten wird, so kann die Abgrenzung nicht aus dem Gesichtspunkt der „Verlegung des Lebensmittelpunktes" gewonnen werden. Es fehlt hier aber vor allem auch an einem Wohnungswechsel. Vielmehr ist eine zusätzliche Wohngelegenheit geschaffen worden, die nicht automatisch sondern nur durch einen neuen Vertragsabschluß unter den Vsschutz fällt. Ein Sonderfall ist bei einer M e h r h e i t von Vmern gegeben. Gedacht sei zunächst an ein unverheiratetes zusammenlebendes Paar. Zieht hier nach einem die Beziehung zerstörenden Streit einer der beiden mit seinem Hausrat in eine neue Wohnung, so sind aus einem Wohnungsmittelpunkt derer zwei geworden. Der Fall ist in §§ 11 Nr. 1 I 2 VHB 92, VHB 84 nicht geregelt. Die Bestimmung ist aber erweiternd dahin auszulegen, daß hier f ü r b e i d e Vsorte Vsschutz besteht (ebenso für den gleich gelagerten Fall, daß Eheleute gemeinsam als Vmer kontrahiert haben, Brünjes Veräußerungsbegriff S. 174, Knappmann in Prölss-Martin 26 Anm. 15 zu § 69, AG Essen 29. V. 1989 r + s 1989 S. 363-364 a.M. Schütz VersR 1985 S. 913, der nur dem in der Wohnung verbleibenden Vmer Vsschutz zukommen lassen will). Denn das ist die sachgerechte Lösung, worauf sich typischerweise die Vertragspartner in Kenntnis dieser Vertragslücke bei Abschluß des Vsvertrages geeinigt hätten. Der weitere denkbare Fall ist der, daß beide Vmer ausziehen und getrennte Wohnungen wählen. Die sachgerechte Lösung ist auch hier, daß sich die V nach den dargestellten Überlegungen jetzt an zwei Vsorten fortsetzt. A. M. ist Schütz a.a.O. mit dem formalen Argument, daß hier ein Interessewegfall vorliege. Das läßt sich aber angesichts des ausdrücklichen Einschlusses eines neuen Vsortes bei einem Wohnungswechsel mit dem Sinn und Zweck dieser den Vsschutz erweiternden Regelung nicht vereinbaren. Entsprechendes gilt für eine T r e n n u n g v o n E h e l e u t e n , die g e m e i n s a m V m e r eines solchen Hausratvsvertrages sind (vgl. dazu H 134). In SS 11 Nr. 1 II VHB 92, VHB 84 ist geregelt, daß während des W o h n u n g s w e c h s e l s in b e i d e n W o h n u n g e n V s s c h u t z besteht. Der Vsschutz erlischt in der bisherigen Wohnung jedoch spätestens z w e i M o n a t e nach dem Umzugsbeginn. Verständlicherweise will der Ver hier diesen Schwebezustand mit fester Frist beendet wissen. Dabei ist zu bedenken, daß in dieser Umzugszeit im Regelfall nur in einer der beiden Wohnungen sich die Schlafstätte des Vmers befindet, so daß die andere letzten Endes nur als Aufbewahrungsort für den schon transportierten (oder den noch zu transportierenden) Hausratteil dient. Läßt der Vmer nach dem Umzug Sachen in der Johannsen/Johannsen

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Anm. H 134

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

alten Wohnung, die er nicht mehr in die neue Wohnung mitnehmen will, weil er sie entweder verkaufen oder verschenken will, so benutzt er die alte Wohnung gewissermaßen nur noch als Lager. Daraus wird von Martin 3 G I V 50 geschlossen, daß in einem solchen Fall, in dem die alte Wohnung nur noch als Lagerstätte diene, der Umzug mit dem Abtransport des letzten Hausratteils, der für die neue Wohnung bestimmt sei, abgeschlossen sei, so daß ein danach an den zurückgebliebenen Sachen entstandener Schaden, auch wenn er noch in die Zweimonatsfrist des § 11 Nr. 1 II 2 V H B 92 falle, nicht vert sei. Dem ist indessen nicht zu folgen. Der Vmer darf vielmehr darauf vertrauen, daß er für den in der alten Wohnung gelassenen Hausrat bis zum Ende der Zweimonatsfrist Vsschutz genießt (ebenso wohl Boldt 5 S. 212). Unter der Geltung der §§ 6 Nr. 1 S. 1 V H B 74 und 66 liegt das anders, da es dort an einer zeitlichen Grenze im Sinne einer festen Frist von zwei Monaten fehlte, so daß dort allein die Begriffe Umzug und Wohnungswechsel für die Abgrenzung des Vsschutzes interpretiert werden konnten. Im Einzelfall können im übrigen die Bestimmungen über die A u ß e n v eingreifen (vgl. dazu H 137-139). Zum U m z u g s b e g i n n bemerkt Martin 3 G IV 50, daß die Zweimonatsfrist zu laufen beginne, sobald der Vsschutz in der neuen Wohnung einsetze. Das trifft nicht zu. Denn der Umzug beginnt im Sinne landläufiger Definition mit dem Heraustragen der zum Hausrat gehörenden Sachen aus der alten Wohnung. Werden diese an einem Freitag, den 16. Oktober in Hamburg auf den Umzugswagen geladen und treffen sie dann am Montag, den 19. Oktober in München ein, so läuft die Zweimonatsfrist schon mit dem 16. Dezember ab und nicht erst am 19. Dezember des betreffenden Jahres. Der Vsschutz in der neuen Wohnung beginnt dann allerdings erst mit dem Einbringen der Sachen in diese neue Wohnung, also am 19. Oktober. Das gilt auch dann, wenn zunächst nur ein kleinerer Teil dieser Hausratsachen in die neue Wohnung gebracht wird. Denn auch das Verbringen kleinerer Hausratteile in die neue Wohnung ist dem mit zwei Monaten weitläufig gesetzten Umzugsbegriff zuzurechnen (a. M. Martin 3 G IV 54). Nur in dem Fall, in dem der Umzug damit eingeleitet wird, daß eine Wohnzimmermöbelgarnitur als erstes direkt vom Verkäufer in die neue Wohnung geliefert wird, dürfen §§ 11 Nr. 1 II 2 V H B 92, V H B 84 mit Martin 3 G IV 50 in dem Sinne interpretiert werden, daß der Beginn des Umzuges hier mit der Anlieferung in die neue Wohnung gleichzusetzen sei. Das entspricht zwar nicht dem Wortlaut der Bedingungsbestimmung, ist aber dem Sinn und Zweck der Regelung zu entnehmen. [H 134] bbb) Sonderregelung für die Trennung von Eheleuten Gesondert wird in § 11 Nr. 5 V H B 92 der Fall einer T r e n n u n g v o n E h e l e u t e n behandelt. Es handelt sich um eine Neuregelung ohne Vorbild in den genehmigten Hausratvsbedingungen früherer Zeiten. Sie geht zurück auf die veröffentlichte geschäftsplanmäßige Erklärung (VA 1990 S. 179) gleichen Inhalts (abgesehen von sprachlichen Verbesserungen in § 11 Nr. 5 V H B 92). Erfaßt wird in dieser Bestimmung allerdings nur der A u s z u g des Vmers aus der E h e w o h n u n g , in der der andere Ehepartner zurückbleibt. Als Vsort gelten dann gemäß § 11 Nr. 5 S. 1 V H B 92 die neue W o h n u n g des V m e r s und die b i s h e r i g e E h e w o h n u n g . Diese Rechtswohltat gilt zwar nur zeitlich beschränkt, liegt aber doch deutlich über der nur das Provisorium des Umzugs zwei Monate lang erfassenden Regelung in §§ 11 Nr. 1 II V H B 92, V H B 84 (vgl. dazu H 133). Dazu bestimmt § 11 Nr. 5 S. 2 V H B 92, daß diese Verdoppelung des Vsorts nur bis zu einer Ä n d e r u n g des Vsvertrages gilt, längstens bis zum A b l a u f v o n drei M o n a t e n n a c h der n ä c h s t e n , auf den A u s z u g des Vmers folgenden P r ä m i e n f ä l l i g k e i t . Das ist eine angemessen lange Frist. Erstreckt sich der Auszug auf mehrere Tage, so beginnt der Vsschutz in der neuen Wohnung mit 660

Johannsen/Johannsen

Anm. H 134

I. Hauptpflichten des Feuervers

dem Verbringen der ersten Hausratsgegenstände in diese. Für den Beginn der Frist des § 1 1 Nr. 5 S. 2 V H B 92 ist aber der letzte Auszugstag maßgebend. Das ist nur von Bedeutung, wenn die Prämienfälligkeit gerade während dieser Auszugstage eintritt. Dann kann sich die Frist auf fast 15 Monate erstrecken. - Einen Sonderfall aus der Geltung der geschäftsplanmäßigen Erklärung VA 1990 S. 179 behandelt O L G Düsseldorf 5 . I X . 2 0 0 0 r + s 2001 S. 160-161. Der Vmer hatte dem Ver zusammen mit seiner Frau mitgeteilt, daß mit dem U m z u g der Ehefrau in eine neue Wohnung der Vsschutz auf diese übergehen solle. Vom Gericht wurde daraus gefolgert, daß sich der Vsschutz bis zum U m z u g der Ehefrau nicht nur auf die bisherige Wohnung erstrecke, sondern auch auf die neue Wohnung des Vmers bis zum Umzugstermin der Ehefrau. D a r l e g u n g s - und b e w e i s p f l i c h t i g dafür, w a n n er die n e u e W o h n u n g b e z o g e n hat, ist der V m e r . Er muß die Voraussetzungen für den Eintritt des Vsfalles am Vsort nachweisen. Dazu gehört auch das Eingreifen der zeitlich befristeten Verdoppelung des Vsortes. Daß eine ausdrückliche vertragliche Änderung vorgeht, bedurfte - rechtssystematisch gesehen - gewiß keiner besonderen Hervorhebung, beruht aber letzten Endes auf dem gleichen europarechtlich vorgeprägten Gedankengut, nach dem dem Vmer in den AVB stets verdeutlicht werden soll, daß eine Abänderung dieser Bedingungen durch entsprechende Vereinbarungen zwischen Ver und Vmer ohne weiteres möglich ist. Für den in der früheren Ehewohnung verbleibenden Ehepartner wird durch § 11 Nr. 5 S. 2 V H B 92 kein vertragliches Recht in dem Sinne geschaffen, daß eine Verkürzung der Frist für das Bestehen zweier Vsorte seiner Zustimmung bedarf. Vielmehr verbleibt es bei den Grundprinzipien des Vertragsrechts, daß über den Bestand und die Änderung des Vsvertrages rechtswirksame Vereinbarungen nur zwischen den Vertragsparteien (also zwischen dem Vmer und dem Ver) getroffen werden können. Nicht von der Neuregelung erfaßt wird der Fall, daß beide E h e l e u t e V m e r sind. Hier gilt das in H 133 Gesagte entsprechend. Es tritt eine A u f s p a l t u n g d e s V s v e r t r a g e s auf zwei Vsorte ein. Das ist das Ergebnis einer Lückenschließung, die nach den Grundsätzen der Ermittlung des hypothetischen Willens der Vertragsparteien erfolgt, was diese nämlich vereinbart hätten, wenn sie Kenntnis von dieser Vertragslücke gehabt hätten. Diese Interpretation hat für den Ver im übrigen den Vorteil, daß die Vertragspartner für die Prämie bezüglich des Gesamtrisikos bis zu einer Vertragsänderung als Gesamtschuldner haften. Einer entsprechenden Anwendung auf die Trennung von ohne ehelichem Band zusammenlebenden Parteien ist die Bestimmung des § 11 Nr. 5 S. 2 V H B 92 nicht zugänglich. Die Ver haben diese Bestimmung in Kenntnis des zunehmenden Zusammenlebens ohne eheliche Bindung geschaffen. Sie haben aber einen eindeutig nachweisbaren Lebenstatbestand in der Form einer verbrieften Eheschließung zum Anknüpfungspunkt für diese Sonderregelung gewählt. Diesem Streben nach ohne Schwierigkeiten überprüfbarer Klarheit im Einzelfall würde entgegen gearbeitet werden, wenn diese allein für die Ehe gedachte Regelung auf das Zusammenleben nicht ehelicher Partner ausgedehnt werden würde. Das bedeutet auch, daß ein gleiches für homosexuelle Paare gilt, auch wenn diese ihr Zusammenleben mit staatlicher Hilfe registrieren lassen. Solchen Paaren bleibt nur die Möglichkeit, einen gemeinsamen Vsvertrag abzuschließen oder zwei getrennte. Außerdem kann gewiß durch eine Zusatzabrede vereinbart werden, daß für den Vsvertrag derartiger Personen die Regelung in § 11 Nr. 5 S. 2 V H B 92 entsprechend anzuwenden ist.

Johannsen/Johannsen

661

Anm. H 135

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

[H 135] ccc) Abweichende Regelung in §§ 6 Nr. 1 VHB 74 und 66 In §§ 6 Nr. 1 S. 1 VHB 74 und 66 heißt es, daß die V in der im V s s c h e i n b e z e i c h n e t e n W o h n u n g bei einem W o h n u n g s w e c h s e l innerhalb der Bundesrepublik Deutschland auch w ä h r e n d des U m z u g e s und in der neuen W o h n u n g gelte. Es fehlt hier der ausdrückliche Hinweis, wie er in §§ 11 Nr. 1 II 2 V H B 84, 92 enthalten ist, daß der Vsschutz in der bisherigen Wohnung erlischt. Auch ist in jenen älteren Bedingungswerken nicht die Bestimmung gemäß § § 1 1 Nr. 1 1 2 V H B 84, 92 enthalten, daß bei Beibehaltung der alten Wohnung ein Wohnungswechsel nur vorliege, wenn der Vmer die neue Wohnung in der selben Weise wie die bisherige nutze. Außerdem fehlt es in den V H B 74 und 66 wie auch in den V H B 84 an der in § 11 Nr. 5 V H B 92 verankerten Sonderregelung für die T r e n n u n g von E h e l e u t e n (vgl. dazu H 134 und die dort aufgeführte geschäftsplanmäßige Erklärung). Zwar gibt es die Institution der geschäftsplanmäßigen Erklärung seit der Bedingungsfreigabe zum 28. VII. 1994 (BGBl. 1994 I S. 1639) nicht mehr; für vorher abgeschlossene Vsverträge bleiben derartige Erklärungen, die auf eine Verbesserung der vertraglichen Situation des Vmers abzielen und deshalb mit Wissen und Wollen des Vers veröffentlicht worden sind, aber als vertragliche Rechte des Vmers erhalten (vgl. dazu Anmerkung zu A 21). Auf der Basis allein der Regelung in §§ 6 Nr. 1 Satz 1 V H B 74 und 66 hat sich das O L G Hamm zunächst in zwei T r e n n u n g s f ä l l e n um tunlichst gerechte Einzelfallentscheidungen bemüht, die letzten Endes zu den erwähnten Bedingungsänderungen geführt haben. In der Entscheidung 19. III. 1980 VersR 1980 S. 665-666 = VersR 1981 S. 722 m. abl. Anm. von Boldt a.a.O. S. 666 war der Vmer (Ehemann) am 26. VI. 1978 ausgezogen. Das gesamte Mobiliar hatte er zurückgelassen und zunächst ein möbliertes Zimmer gemietet, ab 1. XII. 1978 eine Einzimmerwohnung. Die Vsprämie für die alte Wohnung wurde von ihm weiter entrichtet. Ein Wohnungswechsel wurde nicht angezeigt. Im Januar 1979 wurde ein notariell beurkundeter Vertrag aufgesetzt, nach dem der gesamte eheliche Hausrat mit Ausnahme der persönlichen Sachen des Vmers von der Ehefrau übernommen werden solle. Außerdem verpflichtete sich der Vmer, an die Ehefrau seinen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück, in dem sich die Wohnung der Eheleute befand, auf die Ehefrau zurückzuübertragen. Am \ \J\2. II. 1979 brach ein Brand in der vormals ehelichen Wohnung aus. Das Gericht führte zur Begründung seiner Auffassung, daß für diesen Brandschaden Vsschutz bestehe, aus, daß es dem erkennbaren Willen des Vmers entsprochen habe, die V für die bisherige eheliche Wohnung beizubehalten. Das ergebe sich auch daraus, daß er der Beklagten von seinem Auszug aus der Wohnung keine Mitteilung gemacht und insbesondere auch die Vsprämie für die Zeit nach seinem Auszug entrichtet habe, obwohl der Hausrat in dem möblierten Zimmer und auch in der Einzimmerwohnung im Zweifel wesentlich weniger wert war als der eheliche Hausrat in der bisherigen gemeinsamen Wohnung. Es sei dahin gestellt, ob trotz dieses Willens des Vmers der eheliche Hausrat nicht mehr vert gewesen wäre, wenn es sich bei der Wohnung nicht mehr um die Wohnung des Vmers gehandelt hätte; denn der Vmer habe die Wohnung nach wie vor als die seine im Sinne von § 6 V H B betrachtet. ... Der Vmer habe trotz seines Auszugs nicht die Absicht gehabt, sich vor einer abschließenden Regelung im Scheidungsverfahren endgültig seiner Rechte an Wohnung und Hausrat zu begeben. ... Eine endgültige Regelung sei vielmehr erst in dem gerichtlichen Vergleich vom 26. IV. 1979 getroffen worden, und bis zu diesem Zeitpunkt sei die eheliche Wohnung in dem Hause G noch die des Vmers gewesen. Eine derartige Bedingungsauslegung ist vom O L G Hamm 6. V. 1987 VersR 1988 S. 151-153 = r + s 1987 S. 289-290 in einem ähnlich gelagerten Fall der Trennung von Eheleuten bekräftigt worden. Der Vmer hatte wegen Eheschwierigkeiten im Herbst

662

Johannsen/Johannsen

I. Hauptpflichten des Feuervers

Anm. H 135

1985 eine eigene Wohnung eingerichtet und diese mit neuen Möbeln ausgestattet. Dafür hatte der Vmer seit dem 16. IX. 1985 eine besondere Hausratv abgeschlossen. Die Ehefrau des Klägers und die Kinder bewohnten das Einfamilienhaus weiterhin. Die Ausstattung und Einrichtung blieb so gut wie unverändert. Der Vmer behielt einen Hausschlüssel und suchte seine Familie ein- bis zweimal pro Woche auf, um mit seiner Ehefrau notwendige Dinge zu besprechen. Das Gericht vertrat wiederum den Standpunkt, daß für die Auslegung des Begriffs W o h n u n g s w e c h s e l auf den e r k e n n b a r e n W i l l e n des Vmers abzustellen sei, die Hausratv für die bisherige eheliche Wohnung beizubehalten. Maßgebend sei nicht die Verlegung des Lebensmittelpunktes im Sinne einer von Martin 2 G IV 35, 42 gewählten Definition. Das vte Risiko werde im Rahmen der Vssumme vom Vmer bestimmt. Er entscheide durch Anschaffung und Veräußerung darüber, ob ein Gegenstand zu seinem Hausrat gehöre oder nicht. Es sei deshalb nur konsequent, ihn auch darüber entscheiden zu lassen, welches der vte Hausrat sei, wenn er eine neue Wohnung beziehe und die bisherige Wohnung in geänderter Funktion beibehalte. In diesem Sinne sei die Hausratv in der Tat personenbezogen. Ein „ "Wohnungswechsel" liege danach vor, wenn nach dem Willen des Vmers eine Verlagerung des vten Risikos in die neue Wohnung gegeben sei. Als Indizien für den Willen des Vmers, trotz Verlegung des Lebensmittelpunktes keinen „ Wohnungswechsel" im Sinne des § 6 I 1 VHB 74 vorzunehmen, sondern die Hausratv für die bisherige Wohnung beizubehalten, komme insbesondere die unveränderte Zahlung der Vsprämie ohne Mitteilung der Anschrift der neuen Wohnung und der Abschluß einer neuen Hausratv für den Hausrat in der neuen Wohnung in Betracht. Von wesentlicher Bedeutung könne insoweit außerdem das Belassen eines erheblichen Teils des Hausrats in der bisherigen Wohnung sein, die deutliche Höherwertigkeit dieses Hausrats gegenüber dem der neuen Wohnung, sowie die reale Möglichkeit der Rückkehr des Vmers in die bisherige Wohnung oder ein sonstiges wirtschaftliches Interesse des Vmers an der Erhaltung des Hausrats der bisherigen Wohnung. Die dargestellten Grundsätze sind vom O L G Hamm in zwei weiteren Entscheidungen bekräftigt worden. Unter dem 3. VII. 1987 r + s 1988 S. 54-55 = VersR 1988 S. 239 (nur LS) sind als Indizien für den Ubergang des vten Risikos auf die neue Wohnung wiederum folgende Umstände genannt worden: Verlagerung des gesamten oder doch eines ganz erheblichen Teils des Hausrats in die neue Wohnung, Verlegung des Lebensmittelpunktes dorthin ohne Absicht der Rückkehr in die alte Wohnung, Mitteilung der neuen Anschrift an den Ver, Ummeldung beim Einwohnermeldeamt, sowie insbesondere der Abschluß einer n e u e n H a u s r a t v für den H a u s r a t in der a l t e n W o h n u n g . Diese Grundsätze sind vom O L G Hamm auch in einer weiteren Entscheidung vom 16. X. 1987 VersR 1988 S. 1014-1016 = r + s 1988 S. 54-55 zum Ausdruck gebracht worden. Allerdings wurde jener Fall zu Lasten des Vmers entschieden, weil das Gericht eine eindeutige Absicht zum Wohnungswechsel festgestellt hatte. Bemerkenswert ist ferner aus der Rechtsprechung O L G Hamm 19. IV. 1985 VersR 1986 S. 1092-1093. Dort wurde der Vsschutz in einem Trennungsfall verneint, in dem beide Eheleute ausgezogen waren und neue Wohnungen bezogen hatten. Es war ein Brandschaden in der neuen Wohnung der Ehefrau eingetreten, die nicht Vmerin war. Das Gericht führte dazu sinngemäß aus, daß eine derartige Aufspaltung des Vsvertrages durch den Wortlaut des § 6 I VHB 74 nicht gedeckt sei. Die dargestellte Rechtsprechung des O L G Hamm, nach der es darauf ankommt, ob bei einer Aufspaltung des Hausrats, bei dem der wesentliche Teil des Hausrats in der alten Wohnung zurückbleibe, der Vmer diesen vert haben wolle oder den Vsschutz in der neuen Wohnung bevorzuge, hat Kritik gefunden. Sie ist insbesondere abgelehnt worden von Boldt VersR 1980 S. 666, Brünjes Veräußerungsbegriff S. 169-171, Martin 3 G IV 63-75, Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 13, 14 zu § 69, Langheid in Johannsen/Johannsen

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Anm. H 136

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Römer-Langheid R N 9 zu § 69, Schütz VersR 1985 S. 813, ferner in der Rechtsprechung durch L G Hamburg 30. X I I . 1982 VersR 1984 S. 628-629, O L G Hamburg 2 5 . X . 1983 VersR 1984 S. 431-432, O L G Koblenz 30. X I . 1983 VersR 1984 S. 128-129, O L G Frankfurt 1. III. 1995 r + s 1995 S. 228-230. Dessen ungeachtet hat das O L G Hamm 27. VIII. 1997 VersR 1998 S. 1277-1278 seine bisherige Rechtsprechung beibehalten. Dem ist jedenfalls dann beizupflichten, wenn der Vmer für die neue Wohnung einen neuen Vsvertrag abgeschlossen hat und die Prämie für den alten Vsvertrag weiter bezahlt. Denn hier besteht nur eine rechtlich als untergeordnet anzusehende Gefahr, daß der alte Ver wegen Schäden in der neuen Wohnung in Anspruch genommen wird. Im übrigen ist zu beachten, daß die problematischen Fälle durchweg diejenigen waren, in denen es sich um die Trennung von Eheleuten handelte und in denen die Bedingungen das Schutzbedürfnis der Vmer nicht richtig erkannten. Wie erwähnt, gab es darüber hinaus seit 1990 eine entsprechende geschäftsplanmäßige Erklärung (VA 1990 S. 179), die die Ver zu einem moderaten Verhalten in solchen Ehetrennungsfällen anhielt. Ohne das Vorliegen der erst später abgegebenen geschäftsplanmäßigen Erklärung berücksichtigen zu können, hat das O L G Hamm einen verständigen Interessenausgleich vorgenommen, der den Bedürfnissen der Vertragsparteien gerecht wird und den Erwartungen des Vmers entspricht, ohne für den Ver wesentliche rechtliche Nachteile zu bringen. Es ist zu beachten, daß es sich letzten Endes nur um relativ seltene Grenzfälle handelt. Ist der Sachverhalt so gestaltet, daß die vten Sachen an Ort und Stelle und in der Obhut der Familie des Vmers bleiben, dieser sich aber in ein möbliertes Zimmer einquartiert, ist ohne weiteres einleuchtend, daß es im Interesse des Vmers liegt, den Vsort nicht zu wechseln. Ebenso ist die Gefahr einer Inanspruchnahme des Vers aus Schadenfällen an beiden Vsorten weitgehend gebannt, wenn der Vmer für die neue Wohnung eine neue V abgeschlossen hat und die Prämie für die alte Wohnung weiter zahlt, ohne den Ortswechsel anzuzeigen. In solchen Fällen ist in der Tat ein wirtschaftlich nachvollziehbares Interesse des Vers nicht zu erkennen, daß er von der Existenz einer neuen Wohnung erfahren möge. Es spricht demgemäß viel dafür, diese Rechtsprechung für die alten Bedingungswerke beizubehalten. Hingegen kann diese Rechtsprechung nicht auf die V H B 84 und 92 übertragen werden, denn dort ist das Beibehalten der alten Wohnung nunmehr ausdrücklich geregelt worden (für diese Fälle ist vom O L G Hamm 12.11.1991 VersR 1992 S. 740, 27. VIII. 1997 VersR 1998 S. 1277-1278 die hier dargestellte Rechtsprechung auch ausdrücklich aufgegeben worden). Dort ist demgemäß im Regelfall von der Auswechslung des Vsortes bei Begründung eines neuen Wohnsitzes auszugehen. [H 136] ddd) Anzeigepflicht Nach §§11 Nr. 2 V H B 92, 84 ist dem Ver ein W o h n u n g s w e c h s e l spätestens bei dem U m z u g s b e g i n n unter Angabe der neuen Wohnfläche in Quadratmetern s c h r i f t l i c h a n z u z e i g e n . Dagegen sehen §§ 6 Nr. 1 S. 4 V H B 74, 66 vor, daß ein Wohnungswechsel innerhalb z w e i e r W o c h e n nach B e e n d i g u n g des U m z u g e s schriftlich anzuzeigen ist. Das ist sachgerechter als die Anknüpfung an den Beginn des Umzugs. Denn der durchschnittliche Vmer wird im Regelfall an die Mitteilung seiner geänderten Anschrift erst nach vollzogenem Umzug denken. Systematisch ist diese Anzeigepflicht als O b l i e g e n h e i t einzuordnen. Eine ausdrückliche Sanktion in der Form des Eintritts einer Leistungsfreiheit für den Fall der Nichterfüllung der Anzeigepflicht ist in allen vier Bedingungswerken nicht vorgesehen. Es heißt aber in §§ 6 Nr. 1 S. 5 V H B 74, 66, daß dann, wenn mit dem W o h n u n g s w e c h s e l eine G e f a h r e r h ö h u n g verbunden ist, die Vorschriften der 664

Johannsen/Johannsen

Anm. H 136

I. Hauptpflichten des Feuervers

§§ 27-30 e n t s p r e c h e n d e A n w e n d u n g finden. D a s kann L e i s t u n g s f r e i h e i t zur Folge haben, wenn auch nur in ausgesprochenen A u s n a h m e f ä l l e n . In §§ 11 Nr. 3, 4 V H B 92, 84 fehlt es an einer derartigen Verweisung auf die Bestimmungen über die Gefahrerhöhung. Es wird vielmehr in § 11 Nr. 3 V H B 92 nur bestimmt, daß dann, wenn nach einem U m z u g die neue Wohnung in einem Ort liegt, für den der T a r i f d e s V e r s einen a n d e r e n P r ä m i e n s a t z vorsieht, sich die P r ä m i e ab U m z u g s t e r m i n entsprechend diesem Tarif ändert. Daraus könnte ein flüchtiger Leser den Eindruck gewinnen, daß bezüglich eines Wohnungswechsels die Regelungen über die Gefahrerhöhung zugunsten des Vmers abbedungen sind, dem dafür aber unter Umständen eine höhere Prämie abgefordert werden darf. Indessen ergibt sich aus §§ 13 Nr. 2 und 3 V H B 92, 84 das Gegenteil. Es heißt nämlich nicht nur in § 13 Nr. 2 V H B 92, 84, daß eine Gefahrerhöhung dem Ver unverzüglich schriftlich anzuzeigen sei und daß der Ver aufgrund der §§ 23-30 zur Kündigung berechtigt und auch leistungsfrei sein könne. Vielmehr wird in §§ 13 Nr. 3 a) V H B 92, 84 der Wohnungswechsel ausdrücklich als möglicher Fall einer Gefahrerhöhung aufgeführt, sofern sich dabei ein Umstand ändert, nach dem im Antrag gefragt worden ist. Ferner wird in §§ 13 Nr. 3 c) S. 1 V H B 92, 84 des Falles gedacht, daß bei der Antragstellung vorhandene oder zusätzlich vereinbarte Sicherungen beseitigt oder vermindert werden. Dabei wird in § 13 Nr. 3 c) S. 2 V H B 92, 84 die Geltung dieser Regelung ausdrücklich auch für den Fall eines Wohnungswechsels hervorgehoben. Die in §§ 11 Nr. 3, 4 V H B 92, 84 vorgesehene Prämienänderung kann sich für den Vmer als günstig erweisen, wenn sich die Tarifprämie für den neuen Wohnort als niedriger erweist. Nachteilig ist die Regelung für den Vmer dann, wenn er nach dem Tarif eine h ö h e r e P r ä m i e zu entrichten hat. Für diesen Fall sehen § § 1 1 Nr. 4 I V H B 92, 84 ein K ü n d i g u n g s r e c h t des Vmers vor. Danach muß die Kündigung schriftlich spätestens einen Monat nach Zugang der Mitteilung über die erhöhte Prämie erfolgen. Nach dem Wortlaut der § § 1 1 Nr. 4 V H B 92, 84 wird die Kündigung e i n e n M o n a t nach ihrem Zugang wirksam. Diese Regelung weicht von der seit dem 28. VII. 1994 (BGBL 1994 I S. 1639) in § 31 festgelegten ab, nach der vom Vmer bei Prämienerhöhungen aufgrund einer Anpassungsklausel innerhalb eines Monats mit s o f o r t i g e r W i r k u n g gekündigt werden kann, frühestens jedoch zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Erhöhung. Allerdings gilt diese Regelung in § 31 nur für eine Prämienanpassung, der keine Ä n d e r u n g des U m f a n g d e s V s s c h u t z e s zugrunde liegt. Das ist aber für P r ä m i e n a n p a s s u n g e n infolge einer G e f a h r e r h ö h u n g anzunehmen (streitig, so aber Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 1 zu § 31; anders in der Vorauflage a.a.O.; a. M wohl auch Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 31 a. F.). § 31 gehört gemäß § 34 a) zu den halbzwingenden Bestimmungen des W G . Das bedeutet, daß der Vmer sich demgemäß auf die gesetzliche Regelung berufen und mit sofortiger Wirkung kündigen kann (vgl. auch F 8). Dem auf den Bedingungswortlaut vertrauenden Vmer darf der Ver aber nach Treu und Glauben ungeachtet der Unwirksamkeit der Klausel wegen Verstoßes gegen die genannte halbzwingende Vorschrift des § 31 auch eine Kündigung mit Monatsfrist nicht versagen. Soweit dem Vmer durch die in §§ 11 Nr. 4 1 3 V H B 92, 84 vorgesehene längere Kündigungsfrist ein Schaden entsteht, was nur in Ausnahmefällen denkbar ist, ist dem Grunde nach eine Schadenersatzpflicht des Vers zu bejahen. Das ergibt sich daraus, daß die Verwendung von Vertragsklauseln, die gegen halbzwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen, als schuldhafte Vertragsverletzung einzuordnen ist. Entsprechendes gilt für Verträge, die in der Zeit vom 1.1.1991 bis zum 28. VII. 1994 abgeschlossen worden sind, in der § 31 a.F. gegolten hat (eingefügt durch Gesetz vom 17. X I I . 1990 B G B l 1990 I S. 2864). Denn nach jener Regelung konnte bis und zum Zeitpunkt der Änderung gekündigt werden. Hingegen findet § 31 (gleich in welcher Fassung) keine Anwendung auf Johannsen/Johannsen

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Anm. H 136

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Vsverträge, die vor dem 1.1.1991 abgeschlossen worden sind (Art. 4 des G vom 17. XII. 1990). Kündigt der Vmer gemäß §§ 11 Nr. 4 I VHB 92, 84, so steht dem Ver nach §§ 11 Nr. 4 II 1 VHB 92, 84 die Prämie nur zeitanteilig bis zur Wirksamkeit der Kündigung zu. Als Besonderheit wird in §§ 11 Nr. 4 II 2 VHB 92, 84 für den Kündigungsfall durch den Vmer bestimmt, daß von demjenigen Vmer, der die Anzeige des Wohnungswechsels vorgenommen hat, die Prämie nur in der für die bisherige Wohnung maßgebenden Höhe geschuldet wird. Der vertragsgetreue Vmer wird damit besser gestellt als derjenige, der den Wohnungswechsel überhaupt nicht angezeigt hat. Die Bestimmung ist dabei in dem Sinne zu interpretieren, daß dieser Vorteil demjenigen Vmer zukommen soll, der die Anzeige unverzüglich erstattet hat. Dabei ist nicht auf den Beginn des Umzugs abzustellen. Zwar sehen §§11 Nr. 2 VHB 92, 84 vor, daß dem Ver der Wohnungswechsel spätestens bei Umzugsbeginn schriftlich anzuzeigen sei. Das stellt aber eine Regelung an der Grenze zur Unangemessenheit dar, denn vor Beginn des Umzugs ist keine Anzeige zu erwarten. Demgemäß ist der Ausdruck „spätestens" verfehlt. Nicht die Absicht eines Wohnungswechsels ist von vsrechtlicher Bedeutung sondern deren praktische Umsetzung. Da ein Umzug normalerweise in kurzer Zeit erfolgt, ist sachgemäß auf das Ende dieses Umzugs abzustellen und mit der Regelung in §§ 6 Nr. 1 S. 4 VHB 74, 66 eine Frist von dann noch 2 Wochen zuzubilligen. Zu prüfen ist im übrigen, ob die in §§ 11 Nr. 3, 4 VHB 92 getroffenen Regelungen mit den halbzwingenden Vorschriften über die Gefahrerhöhung vereinbar sind. Denn nach § 34 a) darf auch von den Vorschriften der §§ 16-29a) nicht zum Nachteil des Vmers abgewichen werden. Dabei ist zu beachten, daß die Tatsache, daß der Vmer einen Wohnungswechsel vornimmt, schon vom Ansatz her nicht als Gefahrerhöhung qualifiziert werden kann. Der Vmer bedarf für einen solchen Ortswechsel nicht der Einwilligung des Vers. Der Wohnungswechsel ist daher in keinem Fall unter § 23 I zu subsumieren. Aus dem Wohnungswechsel allein kann daher eine Leistungsfreiheit des Vers nicht hergeleitet werden. Anzeigepflichtig sind daher nur die Tatumstände am neuen Vsort, die nach Maßgabe der Fragen im Antragsformular für den ursprünglichen Vsabschluß von weittragender Bedeutung sind und besonders erfragt wurden oder bezüglich derer es zu entsprechenden Obliegenheitsvereinbarungen gekommen ist (vgl. für die Rechtsfolgen G 59-62). Die Regelung in §§ 11 Nr. 2-4 VHB 92, 84 in Verbindung mit §§ 13 Nr. 2 und 3 VHB 92, 84 bedeutet, daß der Ver sich im Regelfall mit der Gefahrenänderung abfindet und dafür nur eine angemessene zusätzliche Prämie haben will. Das ist im Gesetz nicht vorgesehen. Eigentlich müßte er kündigen, um eine solche Prämie zu erreichen. Wird dem Ver aber ein solcher Wohnungswechsel angezeigt und ist seine Reaktion die, daß er eine Prämienrechnung übersendet, die den geänderten Verhältnissen Rechnung trägt, so liegt darin zugleich ein Verzicht auf eine etwa durch die Gefahrerhöhung gegebene Leistungsfreiheit aus dem Gesichtspunkt der Gefahrerhöhung und auch ein Verzicht auf das Kündigungsrecht. Das ist für den Vmer vorteilhaft. Demgemäß kann die kleine Variante im Tatbestand außer Betracht bleiben, daß der Ver hier dem Vmer die Kündigungslast aufbürdet. Denn dieser hat geschützt durch die Regelung in § 31 die Möglichkeit, sich auch bei der geringsten Prämienerhöhung vom Vertrage zu lösen. So erweist sich die Regelung im ganzen als dem Sinn und Schutzzweck der Vorschriften über die Gefahrerhöhung nicht widersprechend (a. M. Knappmann in Prölss-Martin26 RN 5 zu § 11 VHB 84, Martin3 Ν IV 104).

666

Johannsen/Johannsen

Anm. H 138

I. Hauptpflichten des Feuervers

[H 137] ii) Außen Versicherung aaa) Vorbemerkung In der Hausratv wird seit langem im b e g r e n z t e n U m f a n g Vsschutz im Rahmen einer u n s e l b s t ä n d i g e n A u ß e n v für Sachen gewährt, die sich vorübergehend a u ß e r h a l b des Vsortes befinden. Die Ver tragen damit einem erkennbaren Vsschutzbedürfnis Rechnung, das in fast allen Familien von Zeit zu Zeit auftritt. Diese zusätzliche Vsschutzgewährung hat sich im Bewußtsein der Vmer derart verfestigt, daß ein Ver, der davon abweichen will, bei Abschluß eines Vsvertrages in besonderem Maße verpflichtet ist, auf diese Verschlechterung des Vsschutzes gegenüber den marktüblichen Konditionen hinzuweisen. Denn eine solche seit Jahrzehnten bestehende übliche Ausgestaltung des Vsschutzes kann als eine wesentliche Pflicht des Vers im Sinne der §§ 9 II Nr. 2 A G B G , 307 II Nr. 2 B G B n. F. eingeordnet werden. Wird ein solcher deutlicher Hinweis in Verbindung mit einer individuell getroffenen Vereinbarung darüber, daß vom Vmer das Fehlen einer Außenv akzeptiert werde, nicht vorgenommen, so liegt es nahe, eine solche Abweichung vom üblichen Deckungsumfang als eine unangemessene Benachteiligung des Vmers im Sinne der §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. einzuordnen. Zu beachten ist allerdings, daß das nicht für jede Änderung der Außenvsregelungen gilt. In §§ 6 Nr. 2 S. 3 V H B 74, 66 ist z. B. festgelegt, daß während des Umzuges ein verschlossener Möbelwagen einem Gebäude im Sinne des Einbruchdiebstahlrisikos gleichgestellt sei (vgl. für einen Grenzfall zu dieser Regelung B G H 20. VI. 1990 VersR 1990 S. 1271-1272). Zu Recht ist diese atypische Ausdehnung des Vsschutzes in den V H B 92, 84 nicht mehr enthalten. Entsprechendes gilt für den in §§ 3 Β Nr. 5 V H B 74, 66 erfolgten Einschluß der Wegnahme von Sachen nach dem Erbrechen eines verschlossenen Kraftfahrzeuges. Zu beachten ist, daß der Vsschutz in der Außenv grundsätzlich nicht voraussetzt, daß sich die vten Sachen in einer anderen Wohnung oder in einem umschlossenen Raum außerhalb des im Vsvertrag bezeichneten Vsortes befinden. Das wird zwar in der Regel der Fall sein, ist aber nach allen Vsbedingungswerken für die Mehrzahl der von der Hausratv erfaßten Risiken nicht Voraussetzung für die Eintrittspflicht des Vers im Rahmen der Außenv. Die Eintrittspflicht wird vielmehr zugesagt für den Fall, daß sich die vten Sachen v o r ü b e r g e h e n d a u ß e r h a l b der W o h n u n g befinden (vgl. §§ 12, Nr. 1 S. 1 V H B 92, 84 und §§ 6 Nr. 2 S. 1 V H B 74, 66). Das bedeutet, daß der Vsschutz bezüglich der Feuer-, Explosions-, Blitz- und Raubschadenrisiken auch dann eingreifen kann, wenn sich diese Sachen im F r e i e n oder in einem ö f f e n t l i c h z u g ä n g l i c h e n R a u m befinden. Das gleiche gilt im Prinzip auch für Leitungswasserschäden, wenngleich diese noch sehr viel seltener sind als die Feuerschäden, die der Vmer ζ. B. als Straßenpassant erleiden könnte. Vsschutz besteht im Rahmen der Außenv insbesondere während eines U m z u g s von der alten in die neue Wohnung. Das wird in den V H B 92, 84 - anders als in § 6 Nr. 1 S. 1 V H B 74, 66 - nicht besonders erwähnt, da es sich schon aus der Regelung in § 12 Nr. 1 S. 1 V H B 92, 84 ergibt ( O L G Koblenz 7. V. 1999 VersR 2000 S. 885-886).

[H 138] bbb) Vorübergehend außerhalb des Versicherungsortes befindliche Sachen α) Grundsätzliches Gemäß §§ 12 V H B 92, 84 besteht in e i n g e s c h r ä n k t e m U m f a n g Vsschutz auch für solche Sachen, die sich nicht in der Wohnung des Vmers befinden. Voraussetzung ist dabei, daß sich derartige Sachen nur v o r ü b e r g e h e n d außerhalb des eigentlichen Vsortes befinden. Über die Auslegung des Begriffs „vorübergehend" läßt sich dabei Johannsen/Johannsen

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Anm. H 139

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

im Einzelfall trefflich streiten. Deshalb ist in §§ 12 Nr. 1 S. 2 VHB 92, 84 festgelegt, daß Zeiträume von mehr als 3 M o n a t e n n i c h t mehr als v o r ü b e r g e h e n d gelten. In §§ 6 Nr. 2 S. 1 V H B 74, 66 fehlt es an einer derartigen Festlegung, so daß in vielen Fällen darüber gestritten werden mußte, ob Sachen, die sich innerhalb eines solchen Zeitraums nicht am Vsort befanden, vorübergehend entfernt waren oder nicht. Vgl. dazu L G Münster 25. III. 1982 ZfS 1982 S. 184. In jenem Fall waren ein Fernsehgerät, eine Gartenjacke und eine Alkoholflasche aus einem 20 Meter vom Wohnhaus entfernten Gartenhäuschen gestohlen worden. Das Gericht sah den Zustand einer v o r ü b e r gehenden E n t f e r n u n g aus der Wohnung als nicht nachgewiesen an, obwohl bezüglich des Fernsehgeräts festgestellt war, daß es erst drei Tage vor dem Einbruchdiebstahl in das Gartenhäuschen gebracht worden war (dafür, daß ein solches Gartenhäuschen auf dem selben Grundstück zu den N e b e n g e b ä u d e n im Sinne der §§ 10 Nr. 2 I 2 VHB 92,10 Nr. 2 2 VHB 84 zählt und daß eine solche Auslegung auch schon ohne eine ausdrückliche Verankerung einer solchen Regelung im Bedingungswerk hätte angenommen werden können, vgl. H 126). Unter der Geltung der Drei-Monats-Regelung tritt dieses Problem im Regelfall nicht mehr auf. In der Vspraxis wird im Schadenfall zumeist nur nachgefragt, seit wann die betreffende Sache sich außerhalb der Wohnung des Vmers befindet. Die Frist von 3 Monaten ist aber nicht in dem Sinne zu verstehen, daß Sachen, die nicht länger als 3 Monate vom Vsort entfernt worden sind, stets unter den Vsschutz fallen. Vielmehr ist auch in diesen Fällen darauf abzustellen, ob die Entfernung der vten Sachen vom Vsort nach den Intentionen des Vmers (oder der mitvten Personen) länger als drei Monate dauern sollte oder nicht. Wird eine längere Abwesenheitsdauer als drei Monate als beabsichtigt festgestellt, so besteht auch innerhalb der Drei-Monats-Frist kein Vsschutz. Im übrigen ermöglicht die in der Bedingungsbestimmung genannte Frist von drei Monaten aber auch eine großzügige Regulierung und stellt zugleich verbindlich fest, daß über 3 Monate hinaus von einer Vorläufigkeit keine Rede sein kann. Darlegungsund beweispflichtig dafür, daß es sich im Sinne des Bedingungsrechts um eine vorübergehende Entfernung vter Sachen vom Vsort handelt, ist der Vmer ( O L G Koblenz 7. V. 1999 VersR 2000 S. 885-886). Das entspricht den allgemeinen Beweisgrundsätzen des Vsrechts (vgl. H 14 m. w. Ν.). Dabei können sich wechselnde Angaben des Vmers zu dem zeitlichen Geschehensablauf zu seinen Lasten auswirken ( O L G Koblenz a.a.O.). [H 139] ß) Einzelfälle Vom AG Recklinghausen 2. XII. 1986 ZfS 1987 S. 60 (bestätigt durch L G Bochum 24. III. 1987 ZfS 1987 S. 156 [nur LS.]) ist zu § 6 Nr. 2 und 3 VHB 74 der Vsschutz in einem Fall verneint worden, in dem sich ein Vmer vorübergehend auf Weisung seines Arbeitgebers zur Montage in Berlin befand. Dort hatte er einen Wohnwagen angemietet und diverse zum Gebrauch vorgesehene Sachen mitgenommen. Nachdem sich der Vmer etwa 6 Wochen lang in Berlin aufgehalten hatte, brannte der Wohnwagen am 13.1.1986 aus. Das Gericht verneinte den Vsschutz u.a. mit der Begründung, daß es sich nicht mehr um eine „vorübergehende" Abwesenheit gehandelt habe. Nach der heute gemäß §§ 12 Nr. 1 S. 2 V H B 92, 84 üblichen Regelung würde mit Rücksicht auf die Drei-Monats-Frist der Vsschutz zu bejahen sein. Eine Einordnung als eine nur vorübergehende Abwesenheit wäre auch damals durchaus vertretbar gewesen. Denn eine Abwesenheit von 6 Wochen kommt mit Rücksicht auf die heute üblichen Jahresurlaubszeiten von 5 bis 6 Wochen nicht so selten vor. Die zusätzlich vom Gericht angeführte Begründung, daß mit Rücksicht auf den betrieblichen Grund der Anwesenheit eine großzügige Auslegung nicht geboten sei, vermag nicht zu überzeugen. 668

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Anm. H 139

I. Hauptpflichten des Feuervers

Steht allerdings fest, daß von Anfang an eine Abwesenheit von mehr als 3 Monaten durch eine entsprechende Anweisung des Arbeitgebers vorgesehen war, so hätte der Vmer auch unter der heute üblichen Regelung gemäß §§ 12 Nr. 1 S. 2 V H B 8 4 , 9 2 keinen Vsschutz. Es fragt sich, ob der Fall anders zu beurteilen ist, wenn der Vmer bei einer solchen Abwesenheit wegen einer Arbeit auf einer auswärtigen Baustelle jeweils im Laufe des Freitags nach Hause fährt und dort so lange bleibt, daß er des Montags gerade noch rechtzeitig zum Arbeitsbeginn wieder erscheint. Dann ist er eigentlich in jeder Woche nur 4 - 5 Tage nicht am Vsort. Dennoch kann man bei einer derart über längere Zeit währenden kontinuierlichen Abwesenheit nicht mehr von einem „vorübergehenden" Zustand sprechen. Entscheidend ist dabei, daß die vten Sachen sich über die ganze Zeit nicht am Vsort befinden. Ist es aber so, daß der Vmer einen Teil der vten Sachen mit nach Hause nimmt und sie (ζ. B. nach entsprechender Reinigung) erst am nächsten Wochenende wieder zum Montageort bringt, so beginnt für solche Sachen eine neue Frist. Es kann sich demgemäß ergeben, daß bezüglich eines Teiles der Sachen, die sich außerhalb des Vsortes befinden, Vsschutz besteht und bezüglich eines anderen Teiles nicht. Ist ein Radio oder ein Fernsehgerät ζ. B. in einem solchen Wohnwagen länger als 3 Monate, so besteht für diese Sachen kein Vsschutz; anders ist es aber bezüglich der Wäsche, die von Woche zu Woche ausgewechselt wird. Wechselt der Vmer die Kassetten in seinem Kraftfahrzeug innerhalb der Drei-Monats-Frist aus, so ist es ohne Bedeutung, daß sich stets Kassetten im Fahrzeug befinden. Bei einem Feuerschaden an diesen Kassetten ist der Ver demgemäß im Risiko (a. M. A G Erkelenz 2 5 . X . 1985 r + s 1986 S. 188-189 [nur L . S . ] mit kritischer Anmerkung der Schriftleitung). O L G Zweibrücken 3. III. 1989 r + s 1990 S. 4 2 2 - 4 2 3 = N J W R R 1990 S. 3 2 9 - 3 3 0 betrifft einen Fall, in dem sich die vten Sachen zum Teil nie am Vsort befunden haben. Der Vmer hatte am 19. III. 1983 D M 15 0 0 0 , - von seinem Konto bei der Kreissparkasse Κ abgehoben, um in einem am selben Tage stattfindenden Termin in einer Zwangsversteigerungssache die ihm als Meistbieter obliegende Zahlung erbringen zu können. In der Tiefgarage der Sparkasse wurde der Vmer überfallen und des gesamten mitgeführten Bargeldes in H ö h e von ca. D M 1 8 0 0 0 , - beraubt. Der Ver wandte ein, daß das abgehobene Geld sich zum Teil nie im Haushalt des Vmers befunden habe. Dieser Argumentation war die erste Instanz gefolgt ( L G Kaiserslautern 22. VI. 1988 ZfS 1989 S. 391-392). Das Berufungsgericht wies dieses Argument aber unter Hinweis darauf zurück, daß Großzügigkeit bei der Außenv am Platze sei, um diese nicht gänzlich zu entwerten. Insbesondere bei Bargeld sei zu berücksichtigen, daß dieses, auch wenn es für private Zwecke gebraucht werde, ζ. B. zur Anschaffung von Haushaltsgegenständen, sehr oft gar nicht in die Wohnung gelange, sondern nach dem Abholen bei der Bank sofort in einem Geschäft wieder ausgegeben werde. Auch in einem solchen Fall sei Bargeld, welches dem privaten Lebensbereich des Vmers zuzurechnen sei, wie andere Gegenstände der Hausratv geschützt. Das gleiche gelte, wenn das Bargeld nicht durch einen Gegenstand ersetzt werde, der danach in die Wohnung gelange, sondern mit diesem Bargeld eine Schuld beglichen werde, welche dem privaten Lebensbereich des Vmers zugehöre. D e r Entscheidung ist beizupflichten (ebenso Martin 3 G V 29, ferner L G Köln 26. VI. 1991 r + s 1992 S. 6 3 - 6 4 ; a . M . Knappmann in Prölss-Martin 2 6 R N 7 zu § 13 V H B 84). Aus ihr ist konsequent abzuleiten, daß es nicht nur für Bargeld, sondern für alle dem Hausratsbegriff unterliegenden Sachen im Rahmen der Außenversicherung nicht erforderlich ist, daß diese aus der Wohnung des Vmers kommen (ebenso Martin a.a.O.). Vielmehr genügt es auch, daß sie vom Vmer unterwegs gekauft und von ihm zur Wohnung transportiert werden sollten. Auch auf dem Wege dahin besteht Vsschutz. Das ist nach dem Sinn der Regelung dahin zu ergänzen, daß der Vmer, der unterwegs ein wertvolles Buch gekauft hat und es direkt zu der Wohnung Johannsen/Johannsen

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Anm. H 141

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

seiner Tochter bringen will, um es ihr zum Geburtstag zu schenken, auf dem Wege dorthin bis zur Ubereignung bezüglich dieser Sache unter Vsschutz steht, so daß z . B . ein etwaiger Feuer- oder Explosionsschaden von dem Ver zu ersetzen ist. Das gleiche gilt für Geschenke, die dem Vmer anläßlich einer Geburtstagsfeier oder eines Jubiläums außerhalb des Vsortes gemacht werden. [H 140] γ) Ausbildung sowie Militär- und Zivildienst Eine Ausnahme von der Drei-Monats-Frist der §§ 12 Nr. 1 S. 2 V H B 92, 84 ist in Nr. 2 festgelegt (ebenso in §§ 6 Nr. 2 S. 3 V H B 74, 66). Danach gilt ein Aufenthalt außerhalb der im Vsvertrag als Vsort bezeichneten Wohnung zur A u s b i l d u n g oder zur E r f ü l l u n g der W e h r p f l i c h t oder des Z i v i l d i e n s t e s solange als v o r ü b e r g e h e n d , wie der Vmer oder die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebende Person nicht einen e i g e n e n H a u s h a l t gegründet hat. Es handelt sich dabei um eine vertragliche Regelung, die den sozialen Gegebenheiten des Lebens Rechnung tragen soll. Insbesondere ist in Betracht gezogen worden, daß ein durchschnittlicher Vmer nicht damit rechnet, daß bei solchen Aufenthalten seiner Kinder an einem anderen Ort kein Vsschutz gegeben sein könnte. Da die Kinder des Vmers während der Schul- oder Studentenzeit oder während der Erfüllung der Wehrpflicht oder des Zivildienstes im Regelfall noch finanziell von den Eltern abhängig sind, wird mit dieser vertraglichen Regelung eine verständige Problemlösung gefunden. Der Abschluß zusätzlicher Verträge mit zumeist niedrigen Vssummen wird dadurch vermieden. Schwierigkeiten kann in tatsächlicher Beziehung im Einzelfall die Ermittlung der Frage bereiten, ob der Vmer oder die sonst mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen einen e i g e n e n H a u s h a l t gegründet haben. Das wird bei möbliert gemieteten Studentenzimmern in der Regel nicht der Fall sein (ebenso nicht bei Schülern, die auswärts ein Gymnasium besuchen, vgl. O L G Karlsruhe 16. IV. 1987 VersR 1988 S. 483). Bewohnt aber die sonst mit dem Vmer in häuslicher Gemeinschaft lebende Person eine ihr selbst gehörende Eigentumswohnung am Studienort, so ist das zumeist auch als Begründung eines eigenen Haushalts zu verstehen. Wird eine eigene Familie begründet, so liegt regelmäßig auch ein eigener Haushalt vor. Es bedarf der Würdigung aller Umstände des Einzelfalles. Wird das Zusammenleben durch eine Eheschließung nach außen verstärkt dokumentiert, so ist stets von einem eigenen Hausstand auszugehen. Entsprechendes ist aber auch bei einer nicht gesetzlich legitimierten Dauerbeziehung anzunehmen. Martin 3 G V 34 meint, daß lockere Wohngemeinschaften, insbesondere in häufig wechselnder Zusammensetzung, eher gegen einen eigenen Haushalt sprechen. Indessen können aus einem derartigen Verhalten im Einzelfall auch entgegengesetzte Schlüsse gezogen werden. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht, weil ein eigener Haushalt begründet worden ist, obliegt nach der Bedingungsfassung dem Ver ( O L G Karlsruhe 16. IV. 1987 a.a.O., Martin 3 G V 34). [ H 141] ccc) Sachliche Einschränkungen Die in §§ 1 Nr. 1 und 2 V H B 92, 84 aufgeführten Hausratssachen sind nach Nr. 3 auch dann vert, wenn sie nicht im Eigentum des Vmers stehen. Davon abweichend werden nach § § 1 2 Nr. 1 V H B 92, 84 nur solche Sachen vom Vsschutz in der Außenv erfaßt, die im Eigentum des Vmers oder einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person stehen oder die deren Gebrauch dienen. Sinngemäß wird der Vsschutz ebenso in §§ 6 Nr. 2 S. 1 V H B 74, 66 umschrieben, wenngleich dort nicht 670

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Anm. H 141

I. Hauptpflichten des Feuervers

vom Eigentum sondern davon die Rede ist, daß die betreffenden Sachen den genannten Personen gehören. Denn damit wird sachlich ebenso auf das Eigentum abgestellt. Eine weitere Abweichung liegt darin, daß in der älteren Fassung von „persönlichem" Gebrauch die Rede ist. Eine nachvollziehbare abweichende Bedeutung kommt dieser Einschränkung auf den persönlichen Gebrauch aber nicht zu. Im Prinzip wird damit jede Sache erfaßt, die dem Gebrauch durch den Vmer oder durch die mit ihm normalerweise in häuslicher Gemeinschaft lebenden Personen dient. Als Besonderheit ist in § 12 Nr. 1 S. 1 VHB 92 verankert, daß der Außenvsschutz w e l t w e i t gilt. Hingegen ist in § 12 Nr. 1 VHB 84 Außenvsschutz nur innerhalb E u r o p a s im geographischen Sinne gegeben, während in §§ 6 Nr. 2 VHB 74, 66 auf Europa ohne den Zusatz verwiesen wird, daß das im geographischen Sinne zu verstehen sei. Insoweit dient die Formulierung in § 12 Nr. 1 VHB 84 nur der Klarstellung des schon früher geltenden Grundsatzes (BGH 20. VI. 1963 B G H Z 40 S. 22-31 [24], 4. VII. 1989 BGHZ 108 S. 200-210 [204]). Vom B G H 4. VII. 1989 wird der Vsschutz für Schadenfälle, die sich auf Zypern ereignen, verneint, obwohl diese Insel kulturhistorisch zu Europa gehört. Hingegen zählt Malta traditionell zu Europa. Das gilt auch für die Azoren (vgl. Bd VII Anm. G 42). Hingegen werden die zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln nicht zu Europa gerechnet (AG Hamburg 14. X. 1985 VersR 1986 S. 1179, AG Bremen 19.XII.1985 ZfS 1986 S. 123, O L G Hamburg 2. XI. 1987 ZfS 1987 S. 123). In § 12 Nr. 5 VHB 84 ist vorgesehen, daß die Außenversicherung insgesamt auf 10 % der Vssumme, höchstens DM 15000,-, begrenzt ist. Hingegen fehlt es in § 12 Nr. 6 VHB 92 an einer solchen vorgeschriebenen Prozentzahl. Es soll dort im Einzelfall ein bestimmter Prozentsatz und eine Höchstsumme eingetragen werden. In den VHB 74, 66 ist dagegen in § 6 Nr. 2 noch eine Begrenzung auf 10 % der Vssumme, höchstens auf DM 10000,-, festgelegt. 6. Feststellung des Versicherungswertes Gliederung: a) Schrifttum H 142 b) Vorbemerkung H 143 c) Verneinung eines Bereicherungsverbotes H 144 d) Bestimmung des Vswertes durch Vereinbarung von Taxen H 145 e) Maßgebender Zeitpunkt H 146 f) Vswert von Gebäuden H 147-150 aa) Neuwert H 147-148 aaa) Bewertungsprinzipien H 147 bbb) Entwertungsgrenzen gemäß § 5 Nr. l b ) AFB 8 7 H 148 bb) Zeitwert H 149 cc) Gemeiner Wert gemäß § 5 Nr. 1 c) AFB 87 H 150 g) Vswert beweglicher Sachen H 151-159 aa) Technische und kaufmännische Betriebseinrichtung und Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen H 151-153

bb)

cc) dd)

ee)

aaa) Neuwert H 151 bbb) Zeitwert H 152 ccc) Gemeiner Wert H 153 Waren, Rohstoffe und Naturerzeugnisse H 154-156 aaa) Vom Vmer hergestellte Waren H 154-155 α) Ersatz des Herstellungsaufwands Η 154 β) Verkaufswert Η 155 bbb) Waren, mit denen der Vmer handelt, Rohstoffe und Naturerzeugnisse Η 156 Wertpapiere Η 157 Grundstücksbestandteile, die nicht Gebäude sind, und andere Sonderfälle Η 158 Hausrat Η 159

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Anm. H 144

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

[H 142] a) Schrifttum Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachv, Berlin 1994, Armbrust Subsidiaritätsabreden in Vsverträgen, Frankfurt a. M. 1991, Asmus ZVersWiss 1964 S. 369—435, Bartholomäus Das vsrechtliche Bereicherungsverbot, Diss. Münster, München 1997, BerndtLuttmer Der Ersatzwert in der Feuerv, 2. Aufl., Karlsruhe 1971, zit. Berndt-Luttmer 2 , Braun VersR 1985 S. 8 1 6 - 8 1 8 , Engels VersPrax 1990 S. 2 2 4 - 2 2 8 , Fenyves Aktuelle Probleme der Subsidiaritätsklausel, Karlsruhe 1989, Fick Einige Grundbegriffe der Schadensv, Zürich 1918 (zit. Fick Grundbegriffe), Gärtner Das Bereicherungsverbot - Eine Grundfrage des Vsrechts, Berlin 1970, v. Jordan VersR 1973 S. 3 9 6 - 3 9 7 , J o s t e n - H o r n Die Feuer-Industrie-V, Hinweise zur VswertErmittlung und Bestimmung von Vssummen - Ein Handbuch für den Praktiker, Karlsruhe 1999 (zit. Josten-Horn), Kollhosser VersR 1997 S. 5 2 1 - 5 2 6 ) , Looks VersR 1991 S. 7 3 2 - 7 3 5 ; Martin VersR 1973 S. 6 9 1 - 6 9 9 , 806, Matzen Die moderne Neuwertv im Inland und Ausland, Karlsruhe 1970 (zit. Matzen), Römer Z N o t P 1998 S. 2 1 3 - 2 1 8 , Schirmer r + s 1993 S. 8 1 - 8 8 , Sieg Festschrift für Lorenz, Karlsruhe 1994, S. 6 4 6 - 6 5 3 , Vogel ZVersWiss 1973 S. 5 6 3 - 5 7 9 , Vollmer VersR 1987 S. 7 3 5 - 7 3 9 , Wälder ZfV 1978 S. 3 8 3 - 3 8 7 , Wiedemann Wiederherstellungsklauseln bei N e u wertvers unter besonderer Berücksichtigung des § 69 W G , 2. Aufl., 1999, Winter Konkrete und abstrakte Bedarfsdeckung in der Sachv, Göttingen 1962, derselbe VersR 1991 S. 5 2 7 - 5 3 3 .

[H 143] b) Vorbemerkung Der Vswert ist einer der zentralen Begriffe des Schadenvsrechts. M ö l l e r Bd II Anm. 1-56 zu § 52 hat die sich hier ergebenen Probleme in allen Verästelungen im Ausschluß an Asmus ZVersWiss 1964 S. 369-435 dargestellt. Darauf wird hier vollen Umfangs verwiesen. Nur in einem wesentlichen Punkt kann Möller a.a.O. angesichts der neueren Rechtsentwicklung nicht mehr gefolgt werden. Das bezieht sich auf die Frage, ob es ein ungeschriebenes gesetzliches Bereicherungsverbot in dem Sinne gibt, daß nicht mehr als der effektive Schaden zu ersetzen ist. Zwar heißt es in § 55, daß der Ver, auch wenn die Vssumme höher ist als der Vswert zur Zeit des Eintritts des Vsfalles, nicht verpflichtet ist, dem Vmer mehr als den Betrag des Schadens zu ersetzen. Daraus ist auch in der Vergangenheit vielfach geschlossen worden, daß es ein solches ungeschriebenes gesetzliches Bereichungsverbot gebe (vgl. dazu Möller a.a.O. Anm. 50 vor §§ 49-80 und Anm. 56 zu § 52 m.w. N.). Dieser Auffassung, die in diametralem Gegensatz zur allseits als rechtswirksam akzeptierten Neuwertv stand, ist jedoch nicht zu folgen. Vielmehr ist es dem Ver unbenommen, eine Vereinbarung über den Vswert mit dem Vmer zu treffen, an die er auch dann gebunden ist, wenn der Vswert dem wirklichen Wert der Sache nicht entspricht (vergi dazu B G H 17. XII. 1997 B G H Z 137 S. 318-326 = VersR 1998 S. 305-308; 4. IV. 2001 VersR 2001 S. 749-751 = r + s 2001 S. 252-254 und die w. N. aus Rechtsprechung und Schrifttum in H 144. Im übrigen sind aber die nachstehenden Erläuterungen zum Vswert ebenso wie die zur Unterv und deren Vermeidung (vgl. H 178-192) als Ergänzung zu den grundlegenden Ausführungen von Möller in der Kommentierung zu §§ 55, 56 zu verstehen. [H 144] c) Verneinung eines Bereicherungsverbots Für die Berechnung der Entschädigungsleistung des Vers ist von wesentlicher Bedeutung, ob nach den zwischen den Parteien des Feuervsvertrages getroffenen Vereinbarungen vom Ver eine Leistung auf Z e i t w e r t - oder auf N e u w e r t b a s i s geschuldet wird. Ist keine derartige Vereinbarung getroffen, so greift § 52 ein. Danach ist, soweit sich nicht aus den Umständen ein anderes ergibt, der Wert der Sache der Vswert. Das bedeutet, daß dann nach Z e i t w e r t g r u n d s ä t z e n zu entschädigen ist. 672

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Anni. H 144

I. Hauptpflichten des Feuervers

Dieser Grundsatz wird gesetzlich noch durch § 55 verstärkt. Dort heißt es, daß auch dann, wenn die Vssumme höher ist als der Vswert zur Zeit des Eintritts des Vsfalls, der Ver nicht verpflichtet ist, dem Vmer mehr als den Betrag des Schadens zu ersetzen. Aus dieser Bestimmung ist im Schrifttum und in der Rechtsprechung in der Vergangenheit ein v s r e c h t l i c h e s B e r e i c h e r u n g s v e r b o t abgeleitet worden (vgl. dazu die zusammenfassende Darstellung bei Möller Bd II Anm. 45-50 vor §§ 49-80, Anm. 26, 28 zu § 52). Ungeachtet dieses theoretischen Ausgangspunktes ist aber die Rechtsbeständigkeit einer Vereinbarung über den Ersatz von N e u w e r t e n t s c h ä d i g u n g e n seit langem nicht mehr in Frage gestellt worden (vgl. Möller a.a.O. und Sieg C 9 sowie in der Festschrift für Lorenz, Karlsruhe 1994 S. 646-653 m.w. N.). Von diesem inneren Widerspruch ausgehend, der in der theoretischen Bejahung eines vsrechtlichen Bereicherungsverbotes liegt, das aber nicht eingreift, wenn eine Entschädigung auf N e u wertbasis vereinbart wird, lag es nahe, das Bestehen eines vsrechtlichen Bereicherungsverbots überhaupt in Zweifel zu ziehen. Dieser Schluß ist treffend schon in den Arbeiten von W i n t e r , Konkrete und abstrakte Bedarfsdeckung in der Sachv, Göttingen 1962, S. 114 und G ä r t n e r , Das Bereicherungsverbot - Eine Grundlage des Vsrechts, Berlin 1970, S. 33-84, 135-140 gezogen worden (ebenso Kollhosser VersR 1997 S. 521-525, Bartholomäus, Das vsrechtliche Bereichungsverbot, Diss. Münster, München 1997). In diese Richtung hat sich auch die neuere Rechtsprechung des B G H konsequent entwickelt. B G H 4. IV. 1967 B G H Z 47 S. 311-312 geht allerdings noch von dem Bestehen eines Bereicherungsverbots aus. Denn es wird obiter dictum bei der Behandlung eines Abgrenzungsproblems zu § 67 bemerkt, daß die Anwendung des Quotenvorrechts ebensowenig zu einer unstatthaften Bereichung des Vmers führe, wie die zugrunde liegende, einer Neuwertv nahekommende Schadenberechnung nach § 1 3 A K B a. F.; das Sachinteresse des Eigentümers eines fast neuen Fahrzeuges gehe über dessen rasch absinkenden Marktwert hinaus und sei deshalb verbar; in der hohen Vsleistung liege ein angemessener Ausgleich dafür, daß der Vmer trotz gleicher Prämien für den Verlust eines alten Wagens nur mit dessen geringerem Zeitwert entschädigt werde. Eine generelle Tendenz des B G H zur Verneinung eines gesetzlich verankerten Bereicherungsverbots ist deutlich B G H 8. XI. 1995 VersR 1996 S. 91-92 = N J W 1996 S. 256-257 zu entnehmen. In dieser Entscheidung ging es um einen Fall aus der Autokaskov. Der Sachverhalt war durch die Besonderheit gekennzeichnet, daß die Reparaturkosten auf D M 44896,08 und der Zeitwert auf D M 56000,- und der Restwert des Fahrzeugs auf D M 25000,- geschätzt waren. Der Vmer veräußerte das Fahrzeug unrepariert für D M 25000,- und verlangte die Reparaturkosten ungekürzt. Der Ver stellt sich dagegen auf den Standpunkt, daß dem Vmer nicht mehr als insgesamt D M 56000,00 zustehen könnten. Er zog deshalb von diesem Betrag den Erlös ab und eine Selbstbeteilung von D M 650,- und zahlte D M 30350,- aus. Der Differenzklage des Vmers auf Zahlung von D M 14546,08 wurde dagegen vom B G H (in Ubereinstimmung mit den Vorinstanzen) entsprochen. Dabei hat der B G H zwar das Bereicherungsverbot noch nicht allgemein mangels fehlender gesetzlicher Grundlage als nicht existierend bezeichnet. Er hat vielmehr seine Entscheidung auf eine Interpretation des § 13 X A K B a. F. gestützt, der im konkreten Fall nicht eingreife; auf weiteres komme es hier nicht an; denn durch die Ersatzleistung des Vers nach § 13 V A K B werde eine (vsrechtliche) Bereicherung nicht bewirkt. Mit dieser Ersatzleistung, die sich nach den Reparaturkosten zur Wiederherstellung des Fahrzeugs bestimme, erhalte der Vmer nicht mehr als den Ausgleich des durch die Beschädigung eingetretenen Schadens. Diese Entscheidung war zwar sehr stark begrifflich orientiert, ist aber der Übergang zur Verneinung der Lehre von einem ungeschriebenen Bereicherungsverbot im Bereich der Sachv schlechthin. Denn es leuchtet ohne weiteres ein, daß bei dieser Johannsen/Johannsen

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Anm. H 144

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Abrechnungsweise der Vmer begünstigt war. Man hätte die Vsbedingungen nach Sinn und Zweck der Vsart auch entgegengesetzt auslegen können. Dem B G H kam es aber ersichtlich darauf an, sich exakt an der Bedingungsformulierung auszurichten. Rechnerisch war es so, daß dem Vmer bei einem Zeitwert von DM 56000,- zu dem Veräußerungserlös von DM 25 000,- eine Vsleistung von DM 44 826,08 zugesprochen wurde. Der Vmer erlangte somit gegenüber einer Vermögenslage vor Eintritt des Vsfalls einen Zuwachs von rund D M 13 800,-. Demgemäß liegt dieser Entscheidung schon eine stillschweigende Verneinung eines gesetzlich verbindlichen ΒereicherungsVerbots zugrunde. In Konsequenz dieser Überlegungen wurde dann vom B G H 24. IV. 1996 VersR 1996 S. 844-845 in einer Sache, in der sich aus den Vertragsurkunden nicht entnehmen ließ, ob eine Zeit- oder Neuwertv abgeschlossen worden war, offen in Zweifel gezogen, ob sich überhaupt aus § 55 ein Bereicherungsverbot herleiten lasse. Demgemäß stellte es keine Überraschung dar, daß vom B G H 17.XII. 1997 Β G H Z 137 S. 318-326 = VersR 1998 S. 305-308 konsequent das Vorhandensein eines ungeschriebenen allgemeinen Bereicherungsverbots im Sinne eines zwingenden, die Neuwertv einschränkenden Rechtssatzes verneint worden ist. Zu Recht hat der B G H a.a.O. in diesem Zusammenhang auch unter Bezugnahme auf K o l l h o s s e r VersR 1997 S. 521-522 das Vorliegen g e w o h n h e i t s r e c h t l i c h e r B e s c h r ä n k u n g e n der N e u w e r t v in der Gestalt von E n t w e r t u n g s g r e n z e n und W i e d e r h e r s t e l l u n g s g e b o t e n verneint (anders noch Möller Bd. II Anm. 50 vor §§ 49-80 und Anm. 28 und 56 zu § 52) und dem Ver als seine Aufgabe zugewiesen, im eigenen Interesse im Rahmen der Vertragsfreiheit solche Entwertungsgrenzen und Wiederherstellungsgebote in den Vsbedingungen zu verankern (zustimmend auch Schauer in BK R N 33-34 m.w. N.). Diese Rechtsprechung ist vom B G H 4. IV. 2001 VersR 2001 S. 749-751 = r + s 2001 S. 252-254 in einer Entscheidung aus dem Bereich einer Tierseuchenbetriebsunterbrechungsv bekräftigt worden. Nach den Entscheidungen des B G H 17. XII. 1997 a.a.O. und 4. IV. 2001 a.a.O. kann der Streit darüber, ob es ein ungeschriebenes Bereicherungsverbot im Sinne eines zwingenden, die Neuwertv einschränkenden Rechtssatzes gibt, nur noch als rechtshistorisch bedeutsam eingeordnet werden. Diskutiert werden könnte nur, ob es bei der W G - R e f o r m wünschenswert wäre, eine solche N o r m zwingend im Gesetz zu verankern. Das ist zu verneinen. Für den Vmer würde das keinen Vorteil bringen. Die Ver bedürfen eines solchen Schutzes nicht. Denn als geschäftserfahrene Partner haben sie es in der Hand, es zu keinen Auswüchsen kommen zu lassen. So war es vernünftig, im Rahmen der Kfz-Kaskov die Neuwertvergünstigung nach § 13 X AKB a. F. seit dem 1.1.1993 entfallen zu lassen. Der Anstieg der angeblichen Diebstähle zum Ende des zweiten Benutzungsjahres derartiger Fahrzeuge zeigte mit aller Deutlichkeit, daß hier durch das Versprechen einer Neuwertentschädigung zum Mißbrauch angelockt wurde. Zudem war es so, daß ein achtenswertes wirtschaftliches Interesse für eine Neuwertv in diesem Bereich ohnedies nicht gegeben war, da ein umfangreicher Gebrauchtwagenmarkt die Möglichkeit gab und gibt, Fahrzeuge in gleichem Wert wie das gestohlene (oder total vernichtete) zu erwerben. Demgemäß war anders als zumeist bei dem Wiederaufbau von Gebäuden auch kein zusätzlicher Aufwand für den Vmer geboten. Es ist demgemäß Sache des einzelnen Vers zu entscheiden, in welchem Umfang und in welchen Sachvssparten er eine Neuwertentschädigung versprechen will. Im Rahmen dieses Versprechens ist der Ver im Risiko, ohne daß er noch die Möglichkeit hätte, sich auf ungeschriebene, aber dennoch zwingende entgegengesetzte gesetzliche Regelungen im Sinne eines den WG-Vorschriften zugrunde liegenden Prinzips berufen zu können. Demgemäß kann ein Ver sich auch ohne weiteres in seinen Bedingungen dazu verpflichten, bei der Zerstörung eines Gebäudes oder 674

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Anm. H 145

I. Hauptpflichten des Feuervers

einer vten beweglichen Sache den Neuwert auch ohne den Nachweis eines Neuaufbaus oder einer Neuanschaffung zu ersetzen. Das ist ζ. B. in der Hausratv gemäß §§ 18 V H B 84, 92 der Fall (anders noch §§ 5 Nr. 3 a) V H B 66, 74). Wenn Bartholomäus Bereicherungsverbot S. 210 in diesem Zusammenhang ausführt, daß unter Umständen das BAV dagegen vorgehen könnte, so ist dem entgegenzutreten mit Rücksicht auf die heute grundsätzlich bestehende Bedingungsfreiheit. Fehlt es demgemäß an einer solchen Klausel, so kann der Ver sich nicht darauf berufen, daß es sich dabei um ein ungeschriebenes Prinzip der Neuwertv handle. Zwar sind die Vsaufsichtsbehörden bei den früher erforderlichen Bedingungsgenehmigungen davon ausgegangen, daß ohne solche Klauseln eine Neuwertv nicht betrieben werden dürfe. Das ist heute aber als eine überholte Interpretation einzuordnen, nachdem sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß es ein derartiges allgemeines Bereicherungsverbot nicht gibt. Es darf aus diesen Überlegungen aber nicht gefolgert werden, daß eine vertragliche Regelung des Inhalts, daß der die Zeitwertentschädigung übersteigende Neuwertteil des Schadens nur nach Maßgabe einer Wiederaufbau- oder Wiederanschaffungsklausel zu ersetzen sei, unwirksam wäre. Das ist gewiß nicht der Fall. Denn solche Vereinbarungen stehen ebenso wie das Gegenteil besagende vertragliche Regelungen zur freien Disposition der Vertragsparteien. Beide Versionen sind im Rahmen der Vertragsfreiheit der Parteien des Vsvertrages zu akzeptieren. Demgemäß bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit solcher Klauseln (vgl. dazu H 170). [H 145] d) Bestimmung des Versicherungswertes durch Vereinbarung von Taxen Nach § 57 S. 1 kann der Vswert durch Vereinbarung eines bestimmten Betrages (genannt Taxe) festgesetzt werden. Diese Taxe gilt nach S. 2 auch als der Wert, den das vte Interesse zur Zeit des Eintritts des Vsfalls hat; es sei denn, daß sie den wirklichen Vswert in diesem Zeitpunkt erheblich übersteigt. Eine solche Erheblichkeit wird im Schrifttum im Regelfall dann angenommen, wenn die Taxe höher als 10 % über dem tatsächlichen Wert zum Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalls liegt (so Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 57, Looks VersR 1991 S. 732, 735; Möller Bd II Anm. 36 zu § 57 m.w. N.; Schauer in B K R N 14 zu § 57 m.w. N.; Sieg Festschrift für Lorenz S. 648 (der aber in VersR 1997 S. 652 für eine Erhöhung auf 20 % für Seevsfälle plädiert). An die 10 %-Grenze hat man dabei ursprünglich angeknüpft, weil das so in § 2170 A L R II, 8 ausdrücklich festgelegt war (vgl. dazu nur Gerhard-Hagen Anm. 4 zu § 57). Eine flexible Regelung wie die in § 57 S. 1 ist dagegen vorzuziehen, da sie einen besseren Ansatz für eine dem Einzelfall entsprechende gerechte Lösung gibt. Demgemäß ist vom B G H 4. IV. 2001 VersR 2001 S. 749-751 = r + s 2001 S. 252-254 in einem Fall aus dem Bereich der Tierseuchenbetriebsunterbrechungsv in Ubereinstimmung mit Römer in Römer-Langheid R N 2 zu § 57 ausgeführt worden, daß bei der Beurteilung der Frage, ob eine vereinbarte Taxe den wirklichen Wert erheblich übersteigt, keine feste Grenze gegeben sei, entscheidend seien vielmehr Art und Zweck der V und der Grund, aus dem die Parteien im jeweiligen Fall eine Taxe vereinbart haben. Diesen Überlegungen ist im Prinzip durchaus beizupflichten. Im konkreten Fall lag eine Abweichung von rund 12,2% vor (Taxe 1085000,-, Vswert 969114,- DM). Das ist eine tolerable Abweichung, die durchaus Vorbilder in der Rechtsprechung hat. So ist vom O L G Hamburg 6. X. 1977 VersR 1978 S. 635-636 eine Abweichung bis zu 1 0 % , höchstens bis zu 1 5 % als akzeptabel bezeichnet worden (im konkreten Fall ging es um eine Differenz von 3 0 % ) . Vor allem ist aber vom O L G Karlsruhe 5. VI. 1997 VersR 1998 S. 977-979 eine Abweichung von D M 100000,- bis D M 200000,- bei einer Taxe von D M 1600000,- als nicht erheblich bewertet worden. Das entspricht bei der Johannsen/Johannsen

675

Anm. H 145

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

höchsten unterstellten Abweichung um D M 2 0 0 0 0 0 , - immerhin einer Überschreitung um 1 4 , 3 % . § 57 S. 2 ist in der Vergangenheit überwiegend als eine unabdingbare Vorschrift eingeordnet worden (vgl. dazu Möller Bd II Anm. 48 zu § 57 m. w. N.). Diese Auffassung wird auch heute noch vertreten, nämlich von Kollhosser a.a.O. R N 6 zu § 57 und Schauer in B K R N 2 2 - 2 3 m. w. N . Indessen fehlt es an einer gesetzlichen Bestimmung, die eine solche Unabdingbarkeit anordnet. Gibt man mit der heute herrschenden Auffassung die These auf, daß dem W G ein ungeschriebenes gesetzliches Bereicherungsverbot zugrunde liegt (vgl. dazu H 144), so fehlt es an einem überzeugenden Grund dafür, § 57 S. 2 als unabdingbar einzuordnen. Durch eine Entschädigung auf Neuwertbasis entsteht bei gebrauchten Sachen allerdings im Regelfall eine Verbesserung der Vermögensposition des Vmers. D a ß eine solche Verbesserung nicht aufgrund einer zusätzlich zur Neuwertv vereinbarten Taxe erheblich überschritten werden sollte, erscheint als rechtspolitisch durchaus einleuchtend. Es ist daher gewiß nichts dagegen einzuwenden, daß auch Neuwerttaxen im Sinne des § 57 S. 2 darauf überprüft werden, o b eine erhebliche Überschreitung vorliegt oder nicht. Das ändert aber nichts daran, daß § 57 S. 2 nicht gesetzlich als unabdingbar ausgestaltet ist. Demgemäß ist eine Abbedingung der Bestimmung des § 57 S. 2 im Regelfall wirksam. Zu beachten ist, daß nach § 87 S. 2 für die F e u e r v b e w e g l i c h e r S a c h e n eine Sonderregelung gilt. Danach ist eine Vereinbarung nichtig, nach welcher die Taxe als der Wert gelten solle, den das vte Interesse z u r Z e i t d e s E i n t r i t t s des Vsfalls hat. Diese Regelung erscheint angesichts dessen, daß die Neuwertv heute generell als zulässig eingeordnet wird, als überholt, so daß sie bei einer Reform des V V G als entbehrlich entfallen könnte. Sie ist aber als geltendes Recht zu respektieren, wenn ausnahmsweise für bewegliche Sachen eine solche Taxe vereinbart wird. Es wäre aber verfehlt, diese Ausnahmeregelung auf andere Sachvszweige als die Feuerv entsprechend anzuwenden. Das gilt ebenso bei gebündelten Vsverträgen für solche Gefahren, die nicht unter § 82 fallen (ebenso Dörner-Staudinger in B K R N 2 zu § 87; a. M. Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 87). Einen Sonderfall einer Taxe für bewegliche Sachen behandelt L G Köln 14. VI. 1978 VersR 1979 S. 125. Es war dort eine Taxe für die V eines mit Intarsienarbeiten verzierten Nußbaumschrankes mit D M 2 6 0 0 0 , - vereinbart. Ein sachverständiger Zeuge hatte den Wiederbeschaffungswert eines solchen Schrankes, der nicht aus der Barockzeit stammte, mit D M 5 0 0 0 , - ermittelt. Das Gericht wies die über D M 5 0 0 0 , - hinausgehende Entschädigungsforderung ab. Es ging dabei davon aus, daß § 55 als Ausdruck eines gesetzlichen Bereicherungsverbots zu verstehen sei (vgl dazu H 144). D a es sich um einen Diebstahlsfall handelte, wurde zu Recht § 87 nicht zur Grundlage der Entscheidung gemacht. Es wäre aber sachgerecht gewesen, die Entscheidung auf die zu § 57 von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze zu stützen. Ein T a x v e r b o t mit z w i n g e n d e r W i r k u n g ist für die Feuerv ferner in § 89 verankert. § 89 I bestimmt nämlich, daß bei der V des durch den Vsfall e n t g e h e n d e n G e w i n n s eine Taxe nicht vereinbart werden kann. Das wird in § 89 II 1 allerdings dahin eingeschränkt, daß mit Genehmigung des BAV Bestimmungen über die Berechnung des entgehenden Gewinns in den Vsbedingungen getroffen werden können. Mit Rücksicht auf den Wegfall der Bedingungsgenehmigung durch das BAV per 1. VI. 1994 gemäß Art. 29 III der 3. E G Schadensrichtlinie vom 18. V I . 1992 hätte § 89 II demgemäß geändert werden müssen (so Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 1 zu § 89). § 89 II 1 ist daher wegen des Wegfalls der Genehmigungsbefugnis des BAV in dem Sinne auszulegen, daß es nunmehr Aufgabe des Vers ist, eigenverantwortlich solche Berechnungsbestimmungen im Bedingungswerk zu verankern. Soweit im Bedingungswerk auf den Verkaufswert der vten Sachen abgestellt wird (so z . B . in den Klauseln 1501 676

Johannsen/Johannsen

Anm. H 146

I. Hauptpflichten des Feuervers

und 1502, vgl dazu H 155), besteht volle Übereinstimmung mit den von § 89 II 2 aufgestellten Grundsätzen. Wenn die Klauseln 1501 und 1502 dahin erweitert würden, daß der Abzug der durch die Nichtlieferung ersparten Kosten nicht vorgenommen wird, würde das zwar gegen den Wortlaut des § 89 II 2 verstoßen, aber noch zu tolerieren sein. Hingegen würde ein zusätzlicher fiktiver Gewinnzuschlag auch nur von 1 0 % dem Unwirksamkeitsverdikt des § 89 unterfallen. Im übrigen erscheint § 89 ebenfalls als eine antiquierte Vorschrift, die bei einer Reform des VVG entfallen könnte. Auch bei der V entgangenen Gewinns genügt es, wenn eine dispositive Vorschrift wie § 57 den Interessen beider Vertragspartner gerecht wird. Verfehlt wäre es (ebenso wie bei § 87), die ohnedies als antiquiert einzuordnende Vorschrift des § 89 auf andere als in § 82 aufgeführte Gefahren oder gar auf andere Sachvszweige entsprechend anzuwenden (so Dörner-Staudinger in B K R N 2 zu § 89; a.M. Kollhosser in Prölss-Martin R N 2 zu § 89). Auch B G H 4. IV. 2001 VersR 2001 S. 749-751 = r + s 2001 S. 252-254 geht in einem Tierseuchenbetriebsunterbrechungsvsfall allein von den zu § 57 entwickelten Auslegungsgrundsätzen aus, ohne dabei die Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung des § 89 überhaupt in Erwägung zu ziehen. [H 146] e) Maßgebender Zeitpunkt Als maßgebender Zeitpunkt für den Umfang der Leistungspflicht des Vers ist in § 11 Nr. l a ) und b) A F B 87 sowohl für T o t a l - wie auch für T e i l s c h ä d e n der V s w e r t u n m i t t e l b a r v o r E i n t r i t t d e s V s f a l l s bestimmt (ebenso § 15 Nr. l a ) und b) V G B 88). Hingegen wird in § 3 II 3 A F B 30 auf den E i n t r i t t d e s V s f a l l s abgestellt (ebenso § 7 I V G B 62 und § 18 Nr. 1 V H B 84). Ein w e s e n t l i c h e r U n t e r s c h i e d ergibt sich im Regelfall aus diesen voneinander abweichenden Formulierungen nicht, da zwischen dem Zeitpunkt unmittelbar vor dem Eintritt des Vsfalls und dem des Eintritts gedanklich nur eine S e k u n d e liegt. Es ist die neuere Formulierung aber unter Umständen in den Fällen von Bedeutung, in denen der Vsfall sich über einen längeren Zeitraum erstreckt (z.B. bei einem Großbrand über 10 Tage). Hier wird durch die Fassung in § 11 Nr. l a ) und b) A F B 87 k l a r g e s t e l l t , daß es auf eine Wertveränderung während der Brandzeit nicht ankommt. Damit stimmen beide Anknüpfungszeitpunkte mit der gesetzlichen Regelung in § 56 überein, nach der der Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalls maßgebend ist (ebenso Möller in Bd II Anm. 10 zu § 51 und Anm. 27 zu § 52; Schauer in B K R N 15 zu § 52). Ungeachtet dieser vertraglichen und gesetzlichen Festlegung des maßgeblichen Entschädigungszeitpunkts wird von M a r t i n 3 Q I 60-69 die Auffassung vertreten, daß für die Kosten der Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung (insbesondere in Neuwertvsfällen) auf den Zeitpunkt der Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung abzustellen sei, sofern der Vmer bei der Wiederbeschaffung oder der Wiederherstellung unverzüglich gehandelt habe (ebenso Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 62 zu § 55, R N 14-16 zu § 86 und R N 3 zu § 88, Wälder r + s 1997 S. 379-381 [Anm. zu B G H 4. VI. 1997 r + s 1997 S. 378-379 = VersR 1997 S. 1231-1233], ferner Matzen S. 63-68). Begründet wird das letzten Endes nur damit, daß es Treu und Glauben entsprechen würde, wenn das I n f l a t i o n s r i s i k o vom Ver getragen werde. Das ist aber angesichts der eindeutig das Gegenteil besagenden Bedingungsbestimmungen, die mit der gesetzlichen Regelung übereinstimmen, kein tragfähiges Argument. Demgemäß ist, soweit nicht ausdrücklich etwas Gegenteiliges vereinbart worden ist, der Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalls maßgebend (ebenso Sieg C 18 m.w. N., derselbe Festschrift für Lorenz S. 645, ferner Schauer in B K R N 15 zu § 52 m.w. N., Berndt-Luttmer 2 S. 46-47, Raiser 2 Anm. 22,31 zu § 3 A F B , Wussow 2 , Anm. 44 zu § 3 A F B ; vgl auch B G H 4. VI. 1997 VersR 1997 Johannsen/Johannsen

677

Anm. H 146

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

S. 1231-1233 (allerdings nicht für eine nachträgliche Erhöhung des Schadens, sondern für den Fall, daß gestohlene Sachen wieder aufgefunden worden waren, der Vmer jedoch die Rücknahme verweigerte und auf Geldzahlung des Vers gegen Übertragung des Eigentums an den gestohlenen Sachen bestand). Verweigert der Ver allerdings den Vsschutz zu Unrecht oder verzögert er schuldhaft seine Zahlungen, so kann er aus dem Gesichtspunkt des V e r z u g e s zur ganzen oder teilweisen Zahlung eines sog. N a c h s c h a d e n s verpflichtet sein (vgl dazu O L G H a m m 28.1.1981 VersR 1981 S. 947-948). Im übrigen ist der Ver nur dann bezüglich einer solchen Schadenerhöhung im Risiko, wenn darüber eine Z u s a t z v e r e i n b a r u n g nach dem Muster der K l a u s e l 1 3 0 1 getroffen worden ist. Des weiteren ist zu bedenken, daß es eine solche generell von § 11 Nr. 1 a) und b) A F B 87 abweichende Regelung in der Wohngebäudev gibt, die allerdings in der Fassung der V G B aus dem Jahre 1999 n i c h t m e h r e n t h a l t e n ist. Es wird nämlich in § 15 Nr. 2 I V G B 88 ausdrücklich bestimmt, daß auch die notwendigen M e h r k o s t e n infolge von P r e i s s t e i g e r u n g e n zwischen dem Eintritt des Vsfalls und der Wiederherstellung ersetzt werden. Das wird allerdings in § 15 Nr. 2 II V G B 88 dahin eingeschränkt, daß dann, wenn der Vmer die Wiederherstellung nicht unverzüglich veranlaßt, die M e h r k o s t e n nur in dem Umfang ersetzt werden, in dem sie auch bei u n v e r z ü g l i c h e r Wiederherstellung entstanden wären. Darüber hinaus heißt es in § 15 Nr. 2 III V G B 88, daß Mehrkosten infolge von außergewöhnlichen E r e i g n i s s e n , B e t r i e b s b e s c h r ä n k u n g e n oder K a p i t a l m a n g e l nicht ersetzt werden. Einleuchtend ist dabei, daß sich der Ver auf eine verzögerte Wiederherstellung dann nicht berufen darf, wenn der Grund für die Verzögerung in einer verspäteten Regulierung durch den Ver beruhte, der zunächst zu Unrecht seine Leistungspflicht verneinte. Dagegen bereitet der Begriff „ a u ß e r g e w ö h n l i c h e E r e i g n i s s e " Auslegungsschwierigkeiten. Eine ähnlich lautende Klausel findet sich aber in § 3 Nr. 2 a) F B U B , der eine Freizeichnung des Vers für eine erhebliche Vergrößerung des Schadens durch außergewöhnliche, während der Unterbrechung eintretende Ereignisse vorsieht. Diese Bestimmung ist vom B G H 21.1.1976 N J W 1976 S. 1316-1317 = VersR 1976 S. 379-381 dahin interpretiert worden, daß es sich um solche Ereignisse handeln müsse, die nicht adäquat kausal auf den als Haftungsgrund in § 2 F B U B aufgeführten Sachschaden zurückzuführen sind und deshalb von einem für den Sachschaden haftenden Schädiger nicht zu ersetzen wären (vgl dazu Κ 27 m.w.N.). Mit einer solchen einschränkenden Interpretation darf von einer Wirksamkeit dieses Teils der Klausel ausgegangen werden. - Die in § 15 Nr. 2 III V G B 88 weiter aufgeführten Betriebsbeschränkungen sind im Bedingungswerk nicht weiter definiert. Es dürfte nahe liegen, diesen Begriff gleichzusetzen mit den in § 15 Nr. 3 V G B 88 aufgeführten behördlichen Auflagen und Wiederherstellungsbeschränkungen. Ungeachtet dessen, daß dadurch entstehende zusätzliche Sachkosten teilweise übernommen werden (vgl dazu Η 167), soll die durch die Beachtung dieser Auflagen und Wiederherstellungsbeschränkungen evtl. entstehende inflationäre Preisdifferenz nicht ersetzt werden. Das gleiche gilt für diejenigen Fälle, in denen ein K a p i t a l m a n g e l des Vmers zur Verzögerung der Wiederherstellung geführt hat. Dabei kann sich der Ver auf einen solchen Kapitalmangel dann nicht berufen, wenn er ihn durch eine unberechtigte Vsschutzverweigerung herbeigeführt hat. Im übrigen wirken sich die aufgeführten Grundsätze in Zeiten relativer Preisstabilität kaum aus. Es wird vielmehr zumeist auf der Basis zeitnah vorgelegter Rechnungen, Kostenvoranschläge oder Sachverständigengutachten reguliert. Insbesondere erstellen die Gutachter im Regelfall, wenn nämlich keine besonderen Hinweise vom Ver bezüglich des maßgebenden Zeitpunkts gegeben werden, die Gutachten in der Weise, daß auf die zur Zeit der Erstattung des Gutachtens maßgebenden Preise abgestellt wird. 678

Johannsen/Johannsen

Anm. H 147

I. Hauptpflichten des Feuervers

Soweit W e r t p a p i e r e mit a m t l i c h e n K u r s zum W i e d e r b e s c h a f f u n g s w e r t vert sind, wird das in § 11 Nr. 1 a) und b) A F B 87 niedergelegte Prinzip durch § 5 Nr. 4 a) A F B 87 nicht abgeändert. Dort heißt es zwar, daß auf den mittleren Einheitskurs am Tage der letzten Notierung abgestellt wird. Es wird aber nichts über den maßgebenden Zeitpunkt gesagt. Vielmehr liegt die Besonderheit dieser Regelung letztlich darin, daß der mittlere Einheitskurs maßgebend ist. Für die Entschädigungspflicht des Vers bezüglich abhanden gekommener oder zerstörter Wertpapiere gilt dann aber gemäß § 11 Nr. 1 a) A F B 87 der Grundsatz, daß der Betrag als Vswert vor dem Eintritt des Vsfalls für einen Neukauf aufzuwenden ist. Das bedeutet, daß dem Vmer dieser Betrag zusteht einerlei, ob der Kurs nach dem Eintritt des Vsfalls steigt oder fällt (streitig, vgl. dazu H 157 m.w.N.)

[ H 147] f) Versicherungswert von Gebäuden aa) Neuwert aaa) Bewertungsprinzipien Nach § 5 Nr. l a ) A F B 87 ist der N e u w e r t von Gebäuden der o r t s ü b l i c h e N e u b a u w e r t einschließlich A r c h i t e k t e n g e b ü h r e n sowie s o n s t i g e r K o n s t r u k t i o n s - u n d P l a n u n g s k o s t e n (ebenso § 14 Nr. l a ) V G B 88). Das ist eine Abgrenzung, die sachlich einleuchtend ist und ohne weiteres nachzuvollziehen. Allerdings ist zu bedenken, daß die Angebotspreise bei den vielfältig wechselnden Marktverhältnissen in der Bauindustrie einer von Fall zu Fall zu beachtenden Schwankungsbreite unterliegen. Die Regelung in §§ 5 Nr. 1 a) A F B 8 7 , 1 4 Nr. 1 a) V G B 88 weicht zu Gunsten des Vmers von § 88 ab. Denn dort wird der Vswert von Gebäuden dahin definiert, daß bei Gebäuden der ortsübliche Bauwert gelte, von dem ein Abzug gemacht werde gemäß dem Zustand des Gebäudes, insbesondere eines dem Alter und der Abnutzung entsprechenden Betrages. Das ist eine gesetzliche Definition, die nur maßgebend ist, wenn keine Neuwertv abgeschlossen ist, sondern gemäß der gesetzgeberischen Ausgangslage auf eine Entschädigung nach Zeitwertgrundsätzen abgestellt wird (vgl. dazu H 149). Ist der N e u w e r t bei Beginn der V zutreffend ermittelt, so könnte der Vmer meinen, daß er im Schadenfall optimal gesichert sei. Das ist indessen nicht der Fall. Es droht vielmehr ständig das Auftreten einer Unterv. Das beruht in erster Linie auf einer sogenannten schleichenden G e l d e n t w e r t u n g , die zur Folge hat, daß der Vswert ständig steigt. Das wird nur in Ausnahmefällen dadurch kompensiert, daß die Baupreise dessen ungeachtet fallen oder infolge eines Uberangebots konstant bleiben. Jedenfalls ist unverkennbar, daß unter diesen Umständen ein Bedürfnis nach einer g l e i t e n d e n N e u w e r t v besteht, die abstellt auf die von Jahr zu Jahr sich ändernden Preisverhältnisse auf dem Gebiet des Bauwesens. In den Sonderbedingungen zur gleitenden Neuwertv ( S G I N 88) für Gebäude und in § 13 V G B 88 wird diesem Bedürfnis Rechnung getragen. Es wird nämlich vom Ver zugesagt, daß die Neuwertentschädigung voll geleistet wird, wenn die bei Vertragsbeginn zugrunde gelegte Vssumme dem Vswert zu jenem Zeitpunkt entsprach. Dafür erhält der Ver als Gegenleistung in § 3 S G I N 88 und in § 13 Nr. 5 V G B eine von Jahr zu Jahr erfolgende Prämienanpassung, die zu 80 % auf dem vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Baupreisindex für Wohngebäude und zu 2 0 % auf dem Tariflohnindex für das Baugewerbe beruht (für Einzelheiten zu dieser Prämienanpassung vgl. F 7). Für einen durchschnittlichen Vmer gänzlich unverständlich ist die in der Vspraxis übliche Dokumentation der V s s u m m e auf der P r e i s b a s i s des Jahres 1 9 1 4 . Dazu Johannsen/Johannsen

679

Anm. H 147

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

heißt es in § 1 S G I N 88, daß die als Vssumme des Vertrages festgelegte V s s u m m e 1 9 1 4 in den P r e i s e n d e s J a h r e s 1 9 1 4 dem Neubauwert des Gebäudes in seiner jeweiligen Größe und seinem jeweiligen Ausbau entsprechen solle (Vswert 1914). Entsprechendes ist in § 13 Nr. 1-3 V G B 88 festgelegt. Die Umrechnung der Vssumme auf das Jahr 1914 und das damit verbundene Abstellen auf den Vswert 1914 versperrt dem Vmer im Regelfall die Möglichkeit, mit „gesundem Menschenverstand" zu überprüfen, ob er ausreichend vert ist oder nicht. Die Ermittlung des zutreffenden Gebäudewertes erfordert ohnedies spezielle Kenntnisse der Preisverhältnisse im Bauwesen abgesehen davon, daß bei der V von N e u b a u t e n als zumeist zutreffender Ausgangspunkt der tatsächlich entstandene Bauaufwand zugrunde gelegt werden kann. Es ist deshalb im Regelfall die Ermittlung des Gebäudewertes und die Umrechnung auf das Jahr 1914 (oder auf einen anderen Zeitpunkt in der Vergangenheit) als den Vmer regelmäßig überfordernde schwierige Aufgabe einzuordnen. Ungeachtet dessen, daß der gedankliche Ausgangspunkt im Regelfall der ist, daß der Vmer die Verantwortung für die Ermittlung des Vswertes trägt, gilt das für den Gebäudewert auf der Basis des Jahres 1914 nur eingeschränkt. Angesichts der allein im Verantwortungsbereich des Vers liegenden für den Vmer regelmäßig unverständlichen Verweisung für die Bestimmung des Neuwertes auf das Jahr 1914 hat der Ver dem Vmer vielmehr bei der Ermittlung des zutreffenden Vswerts im Regelfall beratend zur Seite zu stehen. D e m kann der Ver sich allerdings dadurch entziehen, daß er den Vmer darauf hinweist, daß die Ermittlung des zutreffenden Gebäudewertes ä u ß e r s t s c h w i e r i g sei, weshalb dem Vmer d r i n g e n d a n g e r a t e n werde, sich der Hilfe eines Bausachverständigen zu bedienen. Erfolgt ein solcher u n m i ß v e r s t ä n d l i c h e r H i n w e i s , und zwar tunlichst unter Hervorhebung des Umstandes, daß der eingeschaltete Vsvertreter zu einer sachkundigen Beratung bei der Ermittlung des Vswertes außerstande sei, so verbleibt es im Regelfall bei der Alleinverantwortung des Vmers für die zutreffende Bemessung des Vswertes. Unterbleibt aber ein solcher präziser Hinweis, so ist der Ver zur umfassenden Beratung in bezug auf die zutreffende Ermittlung des Gebäudevswertes verpflichtet. Unterläßt er das oder berät er unzutreffend, so haftet er dem Vmer aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsabschluß oder aus positiver Vertragsverletzung auf Schadenersatz (vgl. dazu B G H 7. XII. 1988 VersR 1989 S. 472-473 = r + s 1989 S. 58-59 m. Anm. von Wälder a.a.O.; ferner H 243 m. w. Ν.). An dieser Beurteilung hat sich auch durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nichts geändert (vgl. §§ 241, 311 B G B n.F.) Hervorzuheben ist auch an dieser Stelle das Verdienst von W ä l d e r ZfV 1978 S. 383-387 m.w. N., das darin liegt, daß er nachdrücklich auf die permanente U b e r f o r d e r u n g des Vmers durch eine derartige Vertragsgestaltung hingewiesen hat. In derartigen Fällen ist, wie die unter Η 180 und 243 wiedergegebene Rechtsprechung zeigt, auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Dabei kann durchaus auch ein Mitverschulden des Vmers bejaht werden. Einleuchtend ist im übrigen, daß grundsätzlich gegenüber einem Vmer, der über besondere technische Kenntnisse verfügt, eine solche Beratungspflicht nur in Ausnahmefällen gegeben ist. D e m entspricht es, daß der Ver dann keine besondere Beratungsleistung zu erbringen hat, wenn der Vmer von einem nach der Kenntnis des Vers besonders qualifizierten Vsmakler betreut wird. Im übrigen handelt es sich bei der Ermittlung des genauen Vswertes um eine Materie, die sich einer spezifisch juristischen Darstellung entzieht. Es geht dabei vielmehr um die Ermittlung einer Lebenstatsache. Im Streitfall muß der Ver oder später das Gericht qualifizierte Sachverständige hinzuziehen, um zur genauen Feststellung des Neubauwertes eines Gebäudes zu kommen. Dabei ist zumeist für eine sachgerechte Schätzung eine Wertangabe für vergleichbare Objekte geboten. N u r so ist in vielen Fällen eine Überprüfung solcher gutachterlicher Äußerungen möglich, wenn nämlich vom Sach680

Johannsen/Johannsen

Anm. H 148

I. Hauptpflichten des Feuervers

verständigen genau die Tatsachen angegeben werden, die die Grundlage für seine Schätzung bilden. Eine Besonderheit kann sich ergeben, wenn der Vswert denkmalgeschützter Gebäude zu ermitteln ist. Vgl. dazu eindringlich A r m b r ü s t e r Das Grundeigentum 1997 S. 286-295 unter Berücksichtigung der Berliner landesrechtlichen Besonderheiten für denkmalgeschützte Gebäude. Soweit Armbrüster a.a.O. S. 293-294 die Auffassung vertritt, daß der Ver bei einem Vertragsabschluß von sich aus die Frage stellen müsse, ob das zu vernde Gebäude unter den Denkmalschutz falle, ist ihm nicht zu folgen. Vielmehr ist es Sache des Vmers, von sich aus diesen Ausnahmesachverhalt dem Ver zu unterbreiten. Erst wenn das geschehen ist oder der Ver im Rahmen der Vertragsverhandlungen (oder später) Kenntnis von dieser Besonderheit erlangt, ist der Ver verpflichtet, den Vmer über die notwendige Erhöhung der Vssumme zur Vermeidung einer Unterv zu belehren. In diesem Zusammenhang ist auch eine Klarstellung am Platz, daß abweichend von § 11 Nr. 1 III AFB 87 Mehraufwendungen infolge behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen vom Vsschutz erfaßt werden (vgl. zum Auslegungsstreit zu § 11 Nr. 1 III AFB 87 H 167 m.w.N.). Wertvolle rechtstatsächliche Hinweise für die Praxis der Vswert-Ermittlung in bezug auf Gebäude sind dem Handbuch von Josten-Horn S. 91-149 zu entnehmen. Diese Hinweise können für die Beurteilung eines Sachverständigengutachtens im Einzelfall von entscheidender Bedeutung sein. [H 148] bbb) Entwertungsgrenzen gemäß § 5 Nr. 1 b) AFB 87 Abweichend von § 4 Nr. 1 a) heißt es in § 5 Nr. 1 b) AFB 87, daß für den Vswert vom Z e i t w e r t auszugehen ist, falls dieser w e n i g e r als 4 0 % des N e u w e r t e s beträgt. Bei landwirtschaftlichen Gebäuden liegt diese Grenze bei 5 0 % . In der Fassung des Jahres 1994 sind diese festen Werte nicht mehr enthalten. Es befinden sich dort vielmehr Freiräume. Damit soll verdeutlicht werden, daß es nicht Aufgabe einer unverbindlichen Verbandsempfehlung ist, dem einzelnen Ver vorzugeben, bis zu welcher Entwertungsgrenze es für ihn wirtschaftlich sinnvoll sein könne, Neuwertven abzuschließen. Soweit von Vern die neue Fassung verwendet wird, ohne eigene Prozentangaben einzusetzen, was in der Praxis durchaus beobachtet werden kann, entfällt die ursprünglich in § 5 1 b) AFB 87 vorgesehene Eingrenzung des Anwendungsbereichs der Neuwertv. Wird dagegen ein fester Entwertungssatz für den Wegfall der Neuwertvergünstigung im Bedingungswerk aufgeführt, so ist das in dem Sinne zu verstehen, daß dabei maßgebend auf den Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalls abgestellt wird. Für den Vmer wäre es allerdings günstiger, wenn auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in dem Sinne abgestellt werden würde, daß zusätzlich klargestellt wird, daß durch eine nach Vertragsabschluß eintretende Altersentwertung das Privileg der Neuwertvergünstigung nicht entfällt. Auch eine solche Vertragsgestaltung würde allerdings nicht verhindern, daß einem Vmer, dem im Schadenfalls eine anfängliche Entwertung im Sinne des § 5 Nr. 1 b) AFB 87 entgegengehalten wird, sich ungerecht behandelt fühlt, wenn er 20 Jahre lang eine auf Neuwertbasis kalkulierte Prämie gezahlt hat. Solche Fälle dürften aber überaus selten sein und ließen sich nur vermeiden, wenn vom Vmer bei Abschluß des Vsvertrages nicht nur die Angabe des Vswertes 1914 verlangt werden würde, sondern auch die des aktuellen Zeitwerts. Zu beachten ist allerdings, daß in der Vspraxis bei dem Abschluß einer V auf Neuwertbasis durchweg auf zusätzliche Bedingungen Bezug genommen wird, so daß Fälle, in denen über die Zubilligung einer Neuwertentschädigung allein auf der Basis des § 5 Nr. 1 a) AFB 87 zu entscheiden wäre, im Regelfall nicht auftreten können. In diesem Zusammenhang ist auf O L G Düsseldorf 18.V. 1982 ZfV 1985 S. 467 = r + s 1985 S. 251 (nur L.S.)) mit zust. anonymer Johannsen/Johannsen

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Anm. H 149

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Anm. r + s 1985 S. 252-254 zu verweisen. Dort war über den Fall zu entscheiden, daß eine Neuwertv für ein Gebäude abgeschlossen worden war, das sich erkennbar in einem so kritischen Zustand befand, daß es weit unter dem Satz von 50 % des Neuwertes lag. Das Gericht ist hier von dem Abschluß einer individuell vereinbarten Neuwertv (ohne Kürzungsregelung oder Vereinbarung eines Wegfalls der Neuwertleistung bei einem Entwertunggrad von über 50 % ausgegangen und hat seine Entscheidung hilfsweise auf den „gewohnheitsrechtlichen Rechtssatz" gestützt, daß der Ver für die Zusagen seines Vsvertreters einzustehen habe, der hinreichend sachkundig gewesen sei, um den für eine Neuwertv kritischen Zustand des Gebäudes zu erkennen (vgl. dazu auch H 243). In § 1 II NwSoBedlG wird im übrigen in Ubereinstimmung mit § 5 Nr. 1 b) AFB 87 von dem Z e i t w e r t als Vswert ausgegangen, wenn sich im Schadenfall eine Entwertung des betreffenden landwirtschaftlichen Gebäudes unter 50 % des Neuwertes herausstellt. Für Gebäude mit einem Zeitwert zwischen 50 und 8 0 % ist in § 2 II NwSoBedlG ferner keine volle Neuwertv vorgesehen; vielmehr ist ein relativ geringer Staffelabzug festgelegt. Dieser Staffelabzug kommt aber dann nicht zum Tragen, wenn im Vsvertrag als Bedingungsgrundlage neben den NwSoBedlG auch die SGIN 79 a aufgeführt worden sind; denn ein solcher Abzug ist in den SGIN 79 a nicht vorgesehen (so O L G Hamm 20. III. 1985 VersR 1986 S. 670-671 = r + s 1985 S. 251-252 (nur L.S.) m. zust. anonymer Anm.; O L G Oldenburg 11.XII.1991 VersR 1992 S. 956-957; LG Flensburg 13. XII. 1990 VersR 1991 S. 1050; ferner Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 1 SGIN 79 a). Das ist in § 2 Nr. 2 SGIN 88 jetzt auch ausdrücklich festgelegt. Bemerkenswert ist, daß in §§ 13,14 VGB 88 eine solche Entwertungsgrenze bei einem Zeitwert von weniger als 40 oder 50 % des Neuwerts nicht vorgesehen ist, ohne daß es zu Berichten über sich daraus ergebende Mißstände gekommen wäre. [H 149] bb) Zeitwert Vom Abschluß einer Zeitwertv ging § 5 Nr. 1 b) AFB 87 in seiner ursprünglichen Fassung als Regelfall aus, wenn der Zeitwert weniger als 4 0 % , bei landwirtschaftlichen Gebäuden weniger als 50 % beträgt (vgl dazu H 148). Daneben wird in § 5 Nr. 1 b) AFB 87 verdeutlicht, daß es dem Vmer freisteht, auch dann auf Zeitwertbasis zu kontrahieren, wenn die aufgeführten Entwertungsgrenzen nicht erreicht werden. Dabei ist zu bedenken, daß für eine Neuwertv eine höhere Prämie zu entrichten wäre. Es kommt z. B. nicht selten vor, daß ein Vmer, der ein Gebäude veräußern will, sich nur gegen den effektiven Vermögensverlust, der im Schadenfall droht, bis zur Verwirklichung seiner Veräußerungsabsicht schützen will. In der Praxis ist es im übrigen bei flüchtiger Antragstellung und entsprechender Dokumentation gelegentlich schwierig festzustellen, ob eine Neuwertv oder eine Zeitwertv abgeschlossen werden sollte (vgl. als Beispielsfälle B G H 24. VI. 1996 VersR 1996 S. 844-845 und O L G Köln 12. XI. 1996 VersR 1997 S. 1530-1531). Nach der Z e i t w e r t d e f i n i t i o n in § 5 Nr. l b ) AFB ist von dem Neuwert des Gebäudes durch einen A b z u g entsprechend seinem insbesondere durch den Abnutzungsgrad bestimmten Zustand auszugehen. Die Bestimmung weicht insofern von § 88 ab, als das A l t e r des Gebäudes nicht ausdrücklich bei der Bewertung aufgeführt wird. Das ist indessen auch nicht erforderlich. Denn der Abnutzungsgrad ist der entscheidende Faktor. Das Alter wirkt sich normalerweise dabei mit aus. Liegt aber eine besonders gute Instandhaltung vor, so kann eine schematische Berechnung allein anhand des Alters keinen zutreffenden Wert ergeben. Deshalb ist es sachgerecht, dem Alter als solchem keine besondere Rolle bei der Ermittlung des Zeitwerts zuzuerkennen. Nicht erwähnt wird in § 5 Nr. l b ) AFB 87 der in § 5 Nr. la) aufgeführte 682

Johannsen/Johannsen

Anm. H 150

I. Hauptpflichten des Feuervers

Umstand, daß bei der Bestimmung des Neuwerts auch die Architektengebühren sowie Konstruktions- und Planungskosten mit einzubeziehen sind. Der Zusammenhang zwischen den Regelungen in § 5 Nr. l a ) und b) A F B 87 ergibt jedoch, daß diese Kosten wie auch alle anderen Herstellungskosten als Teil des Endproduktes im Sinne des Neuwerts bei der Zeitwertermittlung zu berücksichtigen sind. Schwierige A b g r e n z u n g s f r a g e n stellen sich, wenn zwischen den Parteien des Vertrages streitig ist, ob noch nach Zeitwertgrundsätzen nach § 5 Nr. 1 c) A F B 87 zu entschädigen ist, weil das Gebäude z u m A b b r u c h b e s t i m m t oder sonst d a u e r n d e n t w e r t e t i s t (vgl. dazu H 150 m . w . Ν . )

[Η 150] cc) Gemeiner Wert gemäß § 5 Nr. 1 c) AFB 87 In von der gängigen bürgerlichrechtlichen Begriffsbildung abweichender Terminologie ist in § 5 Nr. 1 c) A F B 87 als unterste Kategorie der Ersatzleistung des Vers der Begriff des „ g e m e i n e n W e r t e s " eingefügt worden. Dieser Begriff wird dahin erläutert, daß er dann eingreift, wenn ein Gebäude zum A b b r u c h b e s t i m m t oder sonst d a u e r n d e n t w e r t e t ist. Durch diese Klarstellung wird vermieden, daß der Bedingungsleser zu der irrigen Auffassung kommen könnte, daß der Ausdruck im Sinne der überkommenen h a n d e l s - u n d s t e u e r r e c h t l i c h e n B e d e u t u n g a l s d e m V e r äußerungswert in der jeweiligen Handelsstufe entsprechend zu verstehen sei (mit Ausnahme solcher Sachen, die sich in der Hand des Endverbrauchers befinden; vgl. dazu Möller Bd II Anm. 10 zu § 52 m.w. N . und B G H 22. II. 1984 VersR 1984 S. 480-482). Es ist dennoch bedauerlich, wenn ohne N o t festgefügte Begriffe der Rechtssprache aus dem Gebiet des Handels- und Steuerrechts in Spezialgebieten wie dem des Vsrechts mit gänzlich anderer Bedeutung verwendet werden, die überdies auch noch dem üblichen Sprachgebrauch zuwiderläuft (vgl. zur juristischen Abgrenzung des Begriffs des „gemeinen Wertes" im Sinne der überkommenen Bedeutung in den genannten Rechtsgebieten ergänzend Asmus ZVersWiss 1964 S. 373, 388-391 m.w.N.). Eine d a u e r n d e E n t w e r t u n g liegt nach dem Bedingungswortlaut insbesondere dann vor, wenn das Gebäude für s e i n e n Z w e c k a l l g e m e i n oder im B e t r i e b d e s V m e r s nicht mehr zu verwenden ist. Als gemeiner Wert wird dann im letzten Teil des § 5 Nr. 1 c) A F B 87 eine Definition dahin gegeben, daß es der für den Vmer erzielbare V e r k a u f s p r e i s für das G e b ä u d e oder für das A l t m a t e r i a l sei. In § 3 IIa) A F B 30 heißt es, daß dann, wenn sich bei Gebäuden ein geringerer Wert aus dem Umstand ergebe, daß sie vor Eintritt des Schadenfalles schon dauernd entwertet waren, der geringere Wert als Ersatzwert gelte. In diesem Zusammenhang ist eine Entscheidung des B G H vom 6. VI. 1984 VersR 1984 S. 843-844 von Bedeutung. Hier war für ein Gebäude eine A b b r u c h g e n e h m i g u n g beantragt und auch bewilligt worden. Sie war auf drei Monate befristet worden und galt zum Zeitpunkt des Brandes nicht mehr. Das Gebäude stand aber leer, und die Vmer hatten auf dem Gelände und dem Nachbargrundstück einen Neubau errichtet. Dennoch hat der B G H den Plänen der Vmer, das Gebäude abreißen zu lassen, keine entscheidende Bedeutung beigemessen, und zwar deshalb, weil die Abbruchabsicht nach Ansicht des Gerichts bis zum Brand nicht endgültig und unwiderruflich gewesen sei. Das Land- und Oberlandesgericht hatten der Klage in Höhe der brandbedingten Reparaturkosten auf Neuwertbasis in H ö h e von D M 40135,- entsprochen. Der B G H sprach demgegenüber lediglich den Zeitwert zu, weil die Voraussetzungen der W i e d e r h e r s t e l l u n g s k l a u s e l nicht erfüllt seien (vgl. dazu Η 172); bemerkenswert ist im übrigen, daß vom B G H a.a.O. die A u f r ä u m - und A b b r u c h k o s t e n , für die entsprechend § 1 Ile) V G B 62 ein Entschädigungssatz von 1 % der Vssumme vereinbart war, darüber hinaus mit der Begründung zugesprochen worden sind, daß die T r ü m m e r b e s e i t i g u n g bei dem vorliegenden Johannsen/Johannsen

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Anm. H 150

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

G e b ä u d e t e i l s c h a d e n auch zu den notwendigen Reparaturmaßnahmen gehöre, so daß sie im Sinne einer Doppelv unter 2 Positionen des Vsvertrages einzuordnen sei (vgl. dazu H 200). Einen Sonderfall einer dauernden Entwertung im Sinne des § 3 IIa) AFB 30 behandelt B G H 31. III. 1976 VersR 1976 S. 577-579. Hier ging es nicht darum, daß der Vmer eine Abbruchgenehmigung bei der Behörde beantragt und bewilligt bekommen hatte. Vielmehr war die Abbruchverpflichtung in einem notariellen Kaufvertrag festgelegt worden. Der Käufer hatte von dem 2500qm großen Grundstück des Vmers 2000qm erworben, um darauf ein Sparkassengebäude zu erstellen. Der Zeitpunkt dieser Erstellung war noch ungewiß. Es befand sich auf dem Grundstück ein Wirtschaftsgebäude, das sich sowohl auf den veräußerten Teil von 2000 qm als auch auf den verbliebenen Grundstücksteil von 500 qm erstreckte. In welchem Verhältnis das Wirtschaftsgebäude auf dem einen oder anderen Teil dieses früheren Gesamtgrundstücks lag, war in der Tatsacheninstanz nicht geklärt worden. Das Berufungsgericht war von einem Miteigentum des Vmers ausgegangen. Vom BGH wurde demgegenüber darauf hingewiesen, daß dann, wenn der größere Teil des Gebäudes auf der Teilfläche von 2000 qm liege, dieses Gebäude insgesamt in das Eigentum des Erwerbers der Grundstücksfläche von 2000qm übergegangen sei (entsprechend den sachenrechtlichen Grundsätzen der Entscheidung B G H 20. VI. 1975 B G H Z 64 S. 333-339). Das Berufungsurteil wurde deshalb aufgehoben, da für den Fall, daß das Gesamtgebäude im Eigentum des Erwerbers stehe, dem Vmer überhaupt kein Entschädigungsanspruch mehr zustehen könne. Das Gebäude war dem Vmer im übrigen von dem Erwerber des größeren Grundstücksanteils zur Nutzung überlassen, bis der Erwerber den Abbruch verlange. Der Vmer war zur Duldung des Abbruchs verpflichtet und auch verpflichtet, seinerseits den auf ihm verbliebenen Grundstück stehenden Gebäudeteil abzureißen, sobald die Kreissparkasse als Erwerber des Grundstücks den Abbruch verlange. In diesem Zusammenhang führt der B G H a.a.O. S. 578 u. a. folgendes aus: „Falls der Kläger überhaupt noch Eigentümer des Gebäudes war, muß davon ausgegangen werden, daß der Verkehrswert des Gebäudes wegen der Abrißkosten der Kreissparkasse und der in diesem Zusammenhang von dem Kläger eingegangenen Verpflichtungen wesentlich gemindert war. Es handelte sich nicht mehr um einen Gebäudeteil, mit dem der jeweilige Eigentümer nach Belieben verfahren und sein Nutzungsrecht bis zum Ende des durch die Bauart und den Erhaltungszustandes des Gebäudes bedingten voraussichtlichen Zeitraums ausnutzen konnte. Vielmehr handelte es sich um ein Gebäude, bei dem der Eigentümer damit rechnen mußte, es auf Verlangen der Kreissparkasse räumen und abreißen zu müssen. Ob unter diesen Umständen dem Gebäude überhaupt noch ein Verkehrswert beigemessen werden kann, erscheint zweifelhaft. Die Entscheidung dieser Frage hängt in erster Linie davon ab, von welcher voraussichtlichen Nutzungsdauer angesichts des Standes der Planungen der Kreissparkasse bei Eintritt des Brandschadens auszugehen war, wer die Abrißkosten für den auf dem Grundstück des Klägers stehenden Gebäudeteil zu tragen hatte und in welchem Verhältnis diese zum Materialwert des abzureißenden Gebäudes standen. Wenn die voraussichtliche Nutzungsmöglichkeit nur noch gering zu veranschlagen war, der Kläger selbst die Abrißkosten für den auf seinem Grundstück stehenden Gebäudeteil zu tragen hatte und diese höher waren als der Materialwert des Gebäudes, war dieses als Aktivposten aus dem Vermögen des Klägers ausgeschieden und stellte nur noch einen Passivposten dar. Anders verhält es sich jedoch, wenn der Kläger damit rechnen konnte, das Gebäude noch längere Zeit nutzen 684

Johannsen/Johannsen

Anm. H 150

I. Hauptpflichten des Feuervers

zu können, der Materialwert des Gebäudes höher war als die Abrißkosten für den auf dem Grundstück stehenden Gebäudeteil oder gar diese Kosten nicht vom Kläger sondern von der Kreissparkasse zu tragen waren. In diesem Fall stellte das Gebäude für den Kläger noch einen aktiven Vermögensposten dar, für dessen Verlust ihm die Beklagte nach § 3 IIa) S. 2 AFB Entschädigung zu leisten hat." Wie der Fall später entschieden worden ist, bleibt unklar. Angesichts dessen, daß die Kreissparkasse das Grundstück erworben hatte, um dort ein neues Gebäude zu errichten, mußte die Entscheidung eigentlich dahin gehen, daß abweichend von den drei Definitionen Neuwert, Zeitwert und gemeiner Wert ein vierter Begriff zur gerechten Abgrenzung geschaffen werden mußte, der den restlichen Nutzungswert betrifft und keineswegs den vollen Zeitwert des Gebäudes oder des Gebäudeanteils erfassen dürfte. Was den Wert der A b b r u c h m a t e r i a l i e n anbetrifft, so haben sich die Zeiten völlig geändert. Heutzutage werden solche Abbruchmaterialien nicht mehr gehandelt. Sie gelten als wertlos. Im allgemeinen kann demgemäß davon ausgegangen werden, daß nur ausnahmsweise ein Materialwert bei einem Abbruch entsteht. Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn entsprechende Auflagen durch die Behörde gemacht werden, daß z.B. ein wertvoller Toreingang als Erinnerung an das Gebäude wieder übernommen werden soll. Dadurch entstehen aber nur zusätzliche Kosten und es ergibt sich in keiner Weise ein Verwertungserlös. Einen weiteren Fall, in dem streitig war, ob ein Gebäude dadurch dauernd e n t w e r t e t war, daß sein A b b r u c h bevorstand, behandelt B G H 19. V. 1976 VersR 1976 S. 845-847. Hier hatten die Vmer ihr Hausgrundstück für DM 350000,- verkauft. Die Erwerber beabsichtigten, das Haus abzureißen und auf dem Grundstück einen größeren Neubau mit Geschäftsräumen im Erdgeschoß zu errichten. An dem im Kaufvertrag vorgesehenen Tag der Ubergabe brannte das Haus aus. Etwa vier Monate später wurde es abgerissen und ein Baugesuch gestellt, genehmigt und ein Neubau begonnen. Der B G H ging davon aus, daß eine dauernde Entwertung auch durch einen vorgesehenen Abbruch eintreten könne. Das sei dann der Fall, wenn der Entschluß endgültig und unwiderruflich äußerlich in Erscheinung getreten sei. Es stehe außer Frage, daß die Erwerber diese Absicht gehabt hätten. Es ging um eine Feststellungsklage, so daß nicht gesagt werden kann, welcher Betrag letzten Endes im Erledigungsweg vom Ver gezahlt worden ist. Jedenfalls ist der B G H davon ausgegangen, daß eine dauernde Entwertung gemäß § 3 IIa) S. 2 AFB 30 vorgelegen habe, obwohl die Substanz des Gebäudes noch nicht angegriffen war. Das vte Interesse wurde auf den Wert der Gegenstände beschränkt angesehen, an deren Erhaltung dem Vmer mit Rücksicht auf das im Kaufvertrag vorgesehene Wegnahmerecht noch gelegen war. Das im vorausgegangenen Absatz Gesagte über den Wert der Altmaterialien ist auch hier zu beachten. Der B G H brachte aber a.a.O. S. 846 ergänzend zum Ausdruck, daß unter Umständen ein zusätzlicher Betrag zu ersetzen gewesen wäre, wenn bewiesen worden wäre, daß der Vmer das an sich leer stehende Haus noch an einen Dritten bis zum Abriß hätte vermieten wollen und können. Auch in einem solchen Fall wird man nicht etwa den Zeitwert ohne Berücksichtigung der verfestigten Abbruchabsicht als ersatzpflichtig einzuordnen haben. Vielmehr ist der Weg zu wählen, daß maximal der N e t t o e r t r a g der g e p l a n t e n V e r m i e t u n g bis zum Abbruchbeginn als abschätzbarer Betrag zu ersetzen ist. Dabei kommt der voraussichtlichen Länge der Mietzeit eine entscheidende Rolle zu. Für eine tatsächliche Vermietungsabsicht hat sich allerdings im konkreten Fall nach den tatsächlichen Feststellungen im Gerichtsweg nichts ergeben. Im übrigen ist daneben ein unter Umständen gegebener Erlöswert der A l t Johannsen/Johannsen

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A n m . H 151

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

m a t e r i a l i e n zu ersetzen, der sich ohne den Eintritt des Feuerschadens hätte ergeben können. Dabei ist aber zu bedenken, daß bei den heutigen B a u f e r t i g u n g s m e t h o den Altmaterialien regelmäßig nicht verwertet werden. Die Rechtsprechung, daß bei einem zum Abbruch bestimmten Gebäude eine gewisse Endgültigkeit vorliegen müsse, geht zurück auf R G 6. IV. 1902 SeuffA Bd 59 S. 402-403. Es werden in dieser Entscheidung keine besonderen vertraglichen Regelungen für die Wertbestimmung aufgeführt. Von einer behördlichen Abbruchgenehmigung ist nicht die Rede. Wahrscheinlich war sie damals auch nicht erforderlich. Es wurde nur bewertet, daß von der Vmerin mit einem Maurermeister bereits ein Vertrag wegen des Abbruchs des alten und der Ausführung eines neuen Gebäudes geschlossen worden war. Das R G bemerkte dazu, daß dieser rein obligatorische Vertrag das Gebäude dem Vermögen der Vmerin noch nicht entzogen habe. Wie die Sache zu beurteilen wäre, wenn der Abbruch der Gebäude bereits zu einem wesentlichen Teil erfolgt wäre, könne dahin gestellt bleiben. Der Berufungsrichter habe ausgeführt, daß das Gebäude als solches unversehrt gewesen sei. Allerdings waren Türen, Fenster und Ofen bereits herausgenommen. Uber die Höhe der Entschädigung ergibt sich aus dieser Entscheidung nichts. Es wird nur am Schluss bemerkt, daß der Gebäudewert abzuschätzen sei unter Berücksichtigung der herausgenommenen Sachen. Es dürfte dann später eine Zeitwertentschädigung im Sinne unserer heutigen Zeitwertdefinition zugesprochen worden sein. [H 151] g) Versicherungswert beweglicher Sachen aa) Technische und kaufmännische Betriebseinrichtung und Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen aaa) Neuwert Für die technische und kaufmännische Betriebseinrichtung und die Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen (vgl. zu deren Einschluß H 104) wird in § 5 Nr. 2 a) A F B 87 als N e u w e r t von dem Betrag ausgegangen, der aufzuwenden ist, um S a c h e n g l e i c h e r A r t und G ü t e in n e u w e r t i g e m Z u s t a n d w i e d e r z u b e s c h a f f e n oder neu h e r z u s t e l l e n . Differieren die Preise zwischen den beiden genannten Möglichkeiten, so ist der niedrigere Betrag maßgebend. Der Wiederbeschaffungswert wird daher zumeist durch Einholung von Angeboten entsprechender Fachfirmen belegt. Dabei wird sich ein Kaufmann im Regelfall für das Angebot mit dem niedrigsten Preis entscheiden. Wenn der Ver daher gegenüber dem Vmer den Standpunkt vertritt, daß er nur bis zur Höhe eines solchen Angebots leisten wolle, so ist das bei gleichwertigen Fabrikaten vom Vmer zu akzeptieren. Das Gesagte gilt aber dann nicht, wenn das preislich günstigere Angebot mit dem Nachteil verbunden ist, daß z.B. Maschinen, die für den ungestörten Lauf des Betriebes des Vmers von wesentlicher Bedeutung sind, erst in drei Monaten geliefert werden können. Dann hat der Vmer einen Ersatzanspruch gegen den Ver in Höhe des Angebots einer sofort lieferbaren Maschine. Bei ganz geringen Lieferzeitdifferenzen und einer hohen Preisdifferenz kann aber eine entgegengesetzte Entscheidung gerechtfertigt sein. Das gilt insbesondere dann, wenn der Ver bereit ist, dem Vmer den durch die kurzfristig spätere Lieferung der Maschine entstehenden Schaden zu ersetzen. Soweit ohnedies eine Betriebsunterbrechungsv abgeschlossen ist, werden solche Schadenberechnungsprobleme häufig dadurch gelöst, daß der zusätzliche Aufwand für die sofort lieferbaren Maschinen vom Betriebsunterbrechungsver als Schadenminderungskosten übernommen werden, wie z.B. auch die Kosten für einen E i l t r a n s p o r t solcher Maschinen (vgl. dazu Κ 44-45). 686

Johannsen/Johannsen

Anm. H 152

I. Hauptpflichten des Feuervers

Abzustellen ist gemäß § 11 Nr. 1 a) und b) A F B 87 auf den Neuwert der Maschine unmittelbar vor dem Eintritt des Vsfalls. Sind die Preise seit der Anschaffung durch den Vmer gestiegen, so ist der höhere Preis maßgebend. Liegen sie aufgrund einer technischen Weiterentwicklung oder aus sonstigen Gründen niedriger, so ist der niedrigere Betrag maßgebend. Ist die Entwicklung in technischer Beziehung so weit vorangeschritten, daß es Gerätschaften in der Art der zerstörten Sachen neu am Markt nicht mehr gibt, sondern nur eine höherwertige Fassung, die zusätzliche Ausstattungsmerkmale aufweist, so sind solche Sachen im Regelfall als gleichwertig zu betrachten. Es kommt dabei ganz auf die Umstände des Einzelfalles an. Wurden vor dem Schadeneintritt zwei Geräte eingesetzt, die je einen bestimmten Arbeitsgang zu erfüllen hatten, so ist es einleuchtend, daß dann, wenn ein neues Modell beide Tätigkeiten erfaßt, der Ver nur dessen Kosten zu ersetzen hat, wenn beide Geräte im Schadenfall zerstört waren. Das setzt allerdings voraus, daß keine zeitliche Verzögerung durch die doppelte Nutzungsmöglichkeit in dem Sinne entsteht, daß sich die Produktherstellung verzögert. War nur eines der beiden Geräte zerstört, so ist ebenfalls ein neues Gerät zu ersetzen, wenn ein solches der vom Vmer benutzten Art nicht mehr neu am Markt erworben werden kann. Eine Anrechnung des sich dadurch für den Vmer ergebenden materiellen Vorteils in der Form der Herabsetzung der Entschädigungsleistung des Vers ist in § 11 A F B 87 nicht vorgesehen (vgl. dazu H 165). Anders ist dann zu entscheiden, wenn das zerstörte Gerät so veraltet ist, daß es unterhalb der Grenze zur Zeitwertentschädigung im Sinne des § 5 Nr. 2 b) A F B 87 einzuordnen ist (vgl. dazu H 152). [H 152] bbb) Zeitwert Eine Entschädigung nach Zeitwertgrundsätzen ist in § 5 Nr. 2 b) A F B 87 für diejenigen Fälle vorgesehen, in denen der Vswert weniger als 4 0 % des N e u w e r t s beträgt oder falls eine V nur z u m Z e i t w e r t v e r e i n b a r t worden ist. In der Fassung des Jahres 1994 ist diese feste Grenze für den Wegfall der Neuwertentschädigung nicht mehr enthalten. Es bleibt daher zu Recht dem einzelnen Ver überlassen, welche Grenzwerte er allgemein oder in speziellen Fällen der Vertragsgestaltung zugrundelegen will (vgl. zu diesen Überlegungen auch H 147). Die Zeitwertdefinition geht dahin, daß sie sich aus dem Neuwert der Sache durch einen Abzug entsprechend ihrem insbesondere durch den Abnutzungsgrad bestimmten Zweck ergibt. Diese Definition weicht von der gesetzlichen Vorgabe in § 86 ab, nach der bei Haushalts- und sonstigen Gebrauchsgegenständen, bei Arbeitsgerätschaften und Maschinen derjenige Betrag als Vswert gilt, der erforderlich ist, um Sachen gleicher Art anzuschaffen, unter billiger Berücksichtigung des aus dem Unterschied zwischen alt und neu sich ergebenden Minderwerts. Diese Abweichung ist aber nur dem Wortlaut nach gegeben, nicht in der Sache. Beiden Definitionen liegt trotz unterschiedlichen Wortlauts die Abgrenzungsüberlegung zugrunde, daß von dem effektiven Wert der zerstörten oder abhanden gekommenen Sache auszugehen ist. Verfehlt wäre es daher, auf den Verkaufswert dieser gebrauchten Sachen abzustellen. Denn eine solche Absicht ist bei den Endverbrauchern regelmäßig nicht gegeben. Entscheidend ist vielmehr, für einen wie langen Zeitraum die betreffende Sache unter normalen Umständen noch hätte genutzt werden können. Auf die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten kommt es dabei nicht an. Denn auch eine steuerlich voll abgeschriebene Sache kann noch einen beachtlichen Nutzwert haben. Gibt es einen Markt für bestimmte gebrauchte Sachen, so kann der dadurch unter Umständen ermittelte Wiederverkaufswert einen wertvollen Hinweis geben (vgl. dazu auch B G H 22.11.1984 VersR 1984 S. 4 8 0 - 4 8 2 [zur Fahrzeugv]). Maßgebend ist im Normalfall die Frage, wie lang die regelmäßige Nutzdauer der betreffenden Sache ist und wieviel von dieser Regelnutzdauer verstrichen ist und ob aufJohannsen/Johannsen

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Anm. H 154

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

grund des guten Erhaltungszustandes eine längere Restnutzungsdauer als die durchschnittliche angenommen werden muß oder ob angesichts eines schlechten Erhaltungszustandes von einem kürzeren Restzeitraum auszugehen ist. Letzten Endes sind das Abgrenzungsprobleme, die auch bei jedem Schadenersatzprozeß auftreten können, bei dem es um die Beschädigung gebrauchter Sachen geht. Kann der Richter solche Fragen nicht aus eigener Lebenserfahrung beurteilen, so muß er sich vor einer entsprechenden Schadenschätzung der Hilfe kompetenter Sachverständiger bedienen. [H 153] ccc) Gemeiner Wert Wie bei der Bemessung des Wertes von Gebäuden in § 5 Nr. 1 c) A F B 87 wird auch für die Bewertung der in § 5 Nr. 2 A F B 87 aufgeführten beweglichen Sachen unter c) der Begriff des „gemeinen Wertes" verwendet. Dieser Begriff wird abweichend von der bisher üblichen juristischen Terminologie bestimmt (vgl. dazu H 150). Es heißt dazu, daß es sich dabei um den Wert von Sachen handelt, die für ihren Zweck allgemein oder im Betrieb des Vmers nicht mehr zu verwenden sind. Weiter wird ausgeführt, daß der für den Vmer erzielbare Verkaufspreis für die Sache oder für das Altmaterial maßgebend sei. Zu der ersten Begriffsbestimmung, daß es sich nämlich um Sachen handeln müsse, die für ihren Zweck allgemein nicht mehr zu verwenden seien, läßt sich wohl am besten zur Verdeutlichung der Ausdruck „Gerümpel" verwenden. Danach ist von Sachen auszugehen, die letzten Endes nur noch zum Wegwerfen bestimmt waren. Insbesondere sind darunter nicht mehr funktionsfähige Maschinen zu verstehen, die entweder überhaupt nicht mehr repariert werden können oder nur zu einem Betrag, der über dem Wert einer Neuanschaffung liegt. Daß dann für solche Sachen noch ein Verkaufserlös bei einem Altmaterialhändler erzielt wird, dürfte ein Ausnahmefall sein. Zumeist wird nur erreicht, daß die Entrümpelung für den Vmer kostenfrei durchgeführt wird. § 5 Nr. 2 c) A F B 87 will aber in der zweiten Alternative ersichtlich auch solche Sachen erfassen, die durchaus noch funktionsfähig sind, aber im Betrieb des Vmers nicht mehr verwendet werden. Dann werden sie in der Tat in vielen Fällen dem „Gerümpel" gleichzustellen sein. Das gilt aber dann nicht, wenn nach der Anschaffung einer modernen Herstellungsmaschine ihre Vorgängerin sorgsam „eingemottet" wird, um bei einem Ausfall der neuen Maschine eingesetzt werden zu können. In solchen Sonderfällen ist auf den tatsächlichen Erhaltungszustand abzustellen und nach Zeitwertgrundsätzen zu entschädigen. Dabei spricht ergänzend eine wesentliche Rolle, für welchen Zeitraum der Altmaschine noch eine solche Reserverolle zugedacht war. [H 154] bb) Waren, Rohstoffe und Naturerzeugnisse aaa) Vom Versicherungsnehmer hergestellte Waren α) Ersatz des Herstellungsaufwands Für vom Vmer h e r g e s t e l l t e W a r e n oder noch im Herstellungsprozeß befindliche Waren (auch als Zwischenfabrikate bezeichnet) wird gemäß § 5 Nr. 3 a) A F B 87 nur der H e r s t e l l u n g s a u f w a n d ersetzt. Von dieser Berechnungsart wird nach der Bedingungsregelung nur dann abgewichen, wenn solche Waren oder Zwischenfabrikate von einem Dritten zu einem unter dem Herstellungsaufwand des Vmers liegenden Preis erworben werden könnten. Das ist eine kaum vorstellbare Ausnahme. Sie würde bedeuten, daß der Vmer mit einem überdurchschnittlich hohen Aufwand produziert 688

Johannsen/Johannsen

Anm. H 155

I. Hauptpflichten des Feuervers

hätte. Dabei ist zu bedenken, daß bei diesem Erwerb von dritter Seite im Regelfall im Kaufpreis ein Gewinnanteil enthalten ist. Sieht man von diesem Ausnahmefall eines niedrigeren Preises eines Konkurrenten ab, so ist der Herstellungsaufwand des Vmers zu ermitteln. Entsprechendes gilt für Verträge, die auf der Basis der AFB 30 abgeschlossen worden sind (vgl. dazu § 3 II b) AFB 30, der nur im Wortlaut, aber nicht im Inhalt von § 5 Nr. 3 a) AFB 87 abweicht). Das bedeutet, daß von dem vom Vmer für den Vertrieb vorgegebenen K a u f p r e i s der k a l k u l i e r t e G e w i n n abzuziehen ist. Der Ver wird sich aber zumeist nicht mit den Angaben des Vmers über die tatsächlichen oder kalkulierten Herstellungskosten begnügen. Er wird vielmehr, sofern es sich nicht um einen der Höhe nach relativ geringen Schaden handelt, von einem betriebswirtschaftlich kundigen Sachverständigen oder einem besonders qualifizierten eigenen Sachbearbeiter anhand der Kalkulationsgrundlagen und des betrieblichen Rechnungswesens feststellen lassen, in welcher Höhe ein Herstellungsaufwand tatsächlich angefallen ist. Dabei ist zunächst der konkrete Aufwand im engeren Sinne zu ermitteln, also z. B. die Kosten der eingesetzten Arbeitskräfte, ferner die der verwendeten Materialien (auch die einer vorgesehenen Verpackung), die der Maschinennutzung (einschließlich des Energieverbrauchs) und die der Raumnutzung. Dazu kommen in unter Umständen erheblichem Umfang die a n t e i l i g e n a l l g e m e i n e n B e t r i e b s k o s t e n des Vmers, wie z.B. die der Verwaltung des Unternehmens. Dazu zählen sowohl Personalkosten wie auch Sach- und Kapitalkosten; überhaupt alle im Betrieb anfallenden Kosten, soweit sie nicht konkret einem anderen Herstellungsprozeß zuzuordnen sind. Für Einzelheiten dieser nach anerkannten sachbezogenen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vorzunehmenden Uberprüfung der Gesamtkosten vgl. Berndt-Luttmer Ersatzwert S. 165-175 m.w. N. Nicht selten ist es, daß bei durch den Brand betroffenen Erzeugnissen nicht sämtliche Kosten des Herstellers von der Anschaffung des Rohmaterials bis zur Auslieferung an den Käufer entstanden sind. Dann ist dieser Teil der Kosten nicht zu ersetzen. Vor allem können solche Einsparungen im Bereich der V e r t r i e b s k o s t e n anfallen. Raiser 2 Anm. 18 zu § 3 AFB vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, daß solche Kosten stets nicht zu ersetzen seien, weil ihre Aufwendung durch den Schadenfall erspart werde und sie auch nicht in die Herstellungskosten eingerechnet werden dürften (ebenso Fick Grundbegriffe S. 174, Wussow 2 Anm. 24 zu § 3 AFB). Das ist zutreffend, soweit es sich um T r a n s p o r t k o s t e n handelt. Zu den Vertriebskosten im weiteren Sinne gehören aber auch die der Produktwerbung. Solche vor dem Eintritt des Schadenfalls entstandenen Kosten können je nach den Umständen des Einzelfalls den Herstellungskosten zuzuordnen sein. [H 155] ß) Verkaufswert Bei der Regulierung auf der Basis des § 5 Nr. 3 a) AFB 87 kann den Vmer wegen der Nichtberücksichtigung des „Gewinnanteils" ein unter Umständen recht hoher u n v t e r S c h a d e n t e i l treffen. Einen solchen Verlust kann der Vmer vermeiden, wenn vereinbart wird, daß abweichend von § 5 Nr. 3a) AFB 87 der V e r k a u f s w e r t maßgebend ist. Dafür gibt es auch zwei spezielle Klauseln. Davon betrifft die K l a u s e l 1501 den Verkaufspreis für v e r k a u f t e lieferungsfertige eigene Erzeugnisse und die K l a u s e l 1502 den für lieferungsfertige eigene Erzeugnisse, die noch n i c h t v e r k a u f t worden sind. Liegt die Klausel 1501 dem Vsvertrag zugrunde, so ist gemäß Nr. 1 S. 1 der vereinbarte Kaufpreis a b z ü g l i c h der durch die Nichtlieferung e r s p a r t e n K o s t e n zu ersetzen. Unter diese ersparten Kosten fallen in erster Linie die Transportkosten, sofern sie nach den Bestimmungen des Kaufvertrages vom Vmer zu tragen waren. Weitere ersparte Kosten entstehen in der Regel nicht. Johannsen/Johannsen

689

Anm. H 155

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

In Nr. 1 S. 2 heißt es, daß S. 1 nicht gelte, soweit der Käufer die Abnahme verweigern kann. Das dürfte sich auf Fehler beziehen, die den Erzeugnissen anhafteten. Solche Mängel wird der Ver nach Eintritt des Vsfalls an den beschädigten oder gänzlich zerstörten Sachen nur ausnahmsweise feststellen können. Anders ist es aber, wenn von dem Käufer schon vor dem Eintritt des Vsfalls zu Recht die Abnahme gelieferter Erzeugnisse derselben Art wegen des Vorliegens von Mängeln abgelehnt worden ist und solche Mängel aufgrund eines Systemfehlers auch den vom Vsfall betroffenen Sachen anhafteten. Für einen solchen Fall liegt eine durchaus berechtigte Einschränkung vor. Dagegen greift S. 2 dann nicht ein, wenn es sich bei den Mängeln aus vorangegangenen Lieferungen nur um das sog. „Ausreißer-Problem" in dem Sinne handelt, daß nämlich trotz perfekter Planung in einer Fertigung aufgrund menschlichen Versagens immer einmal kleinere oder größere Mängel auftreten. In Nr. 2 der Klausel 1501 wird des Falles gedacht, daß es dem Vmer trotz des Vsfalls möglich ist, den Käufer in Erfüllung des Kaufvertrages zum vereinbarten Preis zu beliefern. Dazu heißt es, daß für den Vswert die dem Vmer entstehenden K o s t e n der N e u h e r s t e l l u n g oder bei dem A n k a u f am M a r k t der M e h r p r e i s zugrunde gelegt werden, beides berechnet auf den Z e i t p u n k t des E i n t r i t t s d e s V s f a l l s . Gleichzeitig wird vermerkt, daß für den Vswert aber m i n d e s t e n s vom V e r k a u f s p r e i s gemäß Nr. 1 auszugehen ist. Aus diesem Zusatz ergibt sich, daß eine ausnahmsweise gegebene Kostensenkung für die Neuherstellung dem Ver nicht zu Gute kommt und ebenso wenig ein besonders günstiger Kauf von dritter Seite. Daran ändert auch nichts der Hinweis in Nr. 4, daß das Bereicherungsverbot unberührt bleibe. Denn das Bestehen eines u n g e s c h r i e b e n e n g e s e t z l i c h e n B e r e i c h e r u n g s v e r b o t s ist nach der modernen Rechtsentwicklung zu verneinen und demgemäß ein nicht konkretisierter Hinweis auf ein solches Bereicherungsverbot bedeutungslos (vgl. H 144 m.w. Ν.). Der Fassung der Klausel ist ferner zu entnehmen, daß in gewissen Fällen die Begrenzung des Vswertes auf den Verkaufspreis überschritten werden könne. Das ist möglich, wenn für die Neuproduktion trotz des Abstellens auf den Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalls höhere Kosten anfallen als für die zerstörten Erzeugnisse und deshalb bei einem neuen Kontrakt ein höherer Verkaufspreis verlangt worden wäre und hätte durchgesetzt werden können (z.B. bei einem Steigen des Marktpreises). Dabei ist zu bedenken, daß der Käufer bei einer G a t t u n g s s c h u l d , wenn dem Vertrag allein die gesetzlichen Bestimmungen zugrunde liegen, im Regelfall auch bei einem vom Vmer nicht zu vertretenden Schadenfall die Erfüllung des Vertrages gemäß dem vereinbarten Preis erzwingen kann. In Nr. 3 der Klausel 1501 wird des Sonderfalls gedacht, daß die verbrannten Erzeugnisse einer bestimmten Gattung nur zum Teil verkauft waren. Dann wird die Berechnung des Vswerts nur für den verkauften Teil der Gesamtmenge nach Nr. 1 und 2 vorgenommen. Dabei werden die Schäden anteilig dem verkauften und dem nicht verkauften Teil der Gesamtmenge zugerechnet. Das ist eine durchaus sachgerechte Abgrenzung, durch die ein möglicher Auslegungsstreit vermieden wird. Diese Verhältnisrechnung findet keine Anwendung, wenn die verkauften Erzeugnisse bereits ausgesondert waren, also getrennt von dem nicht verkauften Teil der Erzeugnisse aufbewahrt wurden (anders Nr. 2 der Klausel 1505 betreffend Biervorräte von Brauereien). Günstiger ist im übrigen für den Vmer die zusätzliche Vereinbarung der K l a u s e l 1502. Nach Nr. 1 dieser Klausel wird dem Vswert der erzielbare Verkaufspreis auch für ganz oder teilweise selbst hergestellte, lieferungsfertige, aber noch n i c h t v e r k a u f t e E r z e u g n i s s e (abzüglich ersparter Kosten) zugrunde gelegt. Das gilt jedoch nur, soweit es sich um Erzeugnisse handelt, die ihrer Art nach bereits eingeführt und voll marktgängig sind. Dabei ist der Ausdruck „eingeführt" nicht etwa im Sinne 690

Johannsen/Johannsen

I. Hauptpflichten des Feuervers

A n m . H 157

eines Imports zu verstehen, sondern bezieht sich auf den Käufermarkt. Eine bemerkenswerte A u s n a h m e befindet sich in Nr. 2. Dort heißt es, daß U b e r p r e i s e , die nur aufgrund b e s o n d e r e r V e r b u n d e n h e i t von Unternehmen erzielbar sind, nicht berücksichtigt werden. Um Streitigkeiten über diese in mehrfacher Hinsicht unbestimmte Einschränkung zu vermeiden, wäre es diskutabel, daß eine Zusatzvereinbarung des Inhalts getroffen wird, daß abweichend von Nr. 2 der Klausel 1502 zum Zeitpunkt des Schadeneintritts konzernübliche Verrechnungspreise als Vswert zugrunde gelegt werden. [H 156] bbb) Waren, mit denen der Versicherungsnehmer handelt, Rohstoffe und Naturerzeugnisse Für diese zusätzlich in § 5 Nr. 3a) AFB 87 und § 3 Ile AFB 30 aufgeführten Sachen gelten die Ausführungen in H 153 entsprechend mit der Abweichung, daß nicht auf die Herstellungskosten sondern auf die Einkaufspreise abzustellen ist. Empfehlenswert ist auch hier die zusätzliche Vereinbarung der Klauseln 1501 und 1502 (vgl. dazu H 155). Abweichende Vswertbestimmungen enthalten die Klauseln 1503 (Großhandelsbetriebe), 1504 (Tabak) und 1507 (Handelsmälzereien). [H 157] cc) Wertpapiere Nach § 5 Nr. 4a) AFB 87 ist bei W e r t p a p i e r e n m i t a m t l i c h e m K u r s für den Vswert der m i t t l e r e E i n h e i t s k u r s am Tage der letzten Notierung aller amtlichen Börsen der Bundesrepublik Deutschland maßgebend. Das ist gemäß § 11 Nr. 1 a) AFB 87 dahin zu ergänzen, daß es auf den Vswert unmittelbar vor Eintritt des Vsfalls ankommt. Veränderungen des Kurses nach dem Eintritt des Vsfalls sind dagegen unbeachtlich. Demgemäß darf der mittlere Einheitskurs nur aus den vor dem Eintritt des Vsfalls festgestellten Werten berechnet werden. Tritt der Vsfall so früh am Tage ein, so daß noch keine amtliche Notierung für den Tag des Brandausbruchs gegeben ist, so ist der Einheitskurs des vorangegangen Tages maßgebend. Einen Unterschied zwischen Neu- und Zeitwert gibt es dabei begrifflich nicht (Martin 3 Q II 30). Dem Kurswert sind die Kosten für die Wiederbeschaffung (Provision und Courtage) hinzuzurechnen (Martin a.a.O.). In den AFB 30 fehlt es an einer entsprechenden Regelung. Doch kommt man durch eine Auslegung nach sachgerechten Bewertungsgrundsätzen zu einem entsprechenden Ergebnis. Der Grundsatz, daß der Preis nach dem mittleren Einheitskurs maßgebend ist, der für einen Neukauf unmittelbar vor dem Eintritt des Vsfalls aufzuwenden gewesen wäre, bedeutet, daß dem Vmer dieser Betrag zusteht, einerlei, ob der Kurs nach dem Eintritt des Vsfalls steigt oder fällt (a.M. Boldt 7 S. 18-19; ferner vor allem Martin 3 Q II 31; vgl. ergänzend H 146). Die Gegenmeinung läßt sich letzten Endes nur mit der überholten Auffassung rechtfertigen, daß es entgegen der neueren BGH-Rechtsprechung (vgl. dazu H 144) ein ungeschriebenes gesetzliches vsrechtliches Bereicherungsverbot gebe. Auch hier gilt demgemäß der schon von Wussow 2 Anm. 44 zu § 3 AFB hervorgehobene Grundsatz, daß eine feste Bindung an den Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalls gegeben ist. Der Ver, der den steigenden Wert der Wertpapiere nach dem Eintritt des Vsfalls nicht ersetzt, wird nicht ungerecht behandelt, wenn er von dem Kursverfall nicht profitiert. Dabei ist zusätzlich zu bedenken, daß vernünftigerweise ohnedies gemäß der Klausel 2301 nur die A u f g e b o t s - und Wiederherstellungskosten und ein e t w a i g e r Z i n s v e r l u s t vert werden sollte. Daß in § 5 Nr. 4 AFB 87 für S p a r b ü c h e r auf den Betrag des Guthabens abgestellt wird, ist einleuchtend und bedurfte eigentlich keiner besonderen Regelung im BeJohannsen/Johannsen

691

Anm. H 159

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

dingungstext. Bei s o n s t i g e n W e r t p a p i e r e n (vgl. dazu H 98) wird in § 5 Nr. 4c AFB auf den M a r k t p r e i s abgestellt. Hier können sich erhebliche Schwierigkeiten in der Ermittlung eines solchen Wertes ergeben, die gegebenenfalls durch Einschaltung von Sachverständigen behoben werden müssen. In den AFB 30 fehlt es wiederum an einer § 5 Nr. 4c) AFB 87 entsprechenden Regelung. Wenn es aber gemäß § 2 II AFB 30 kraft besonderer Vereinbarung zu einer V solcher Wertpapiere kommt, so führt eine Auslegung nach allgemeinen Bewertungsgrundsätzen zum gleichen Ergebnis. Dafür, daß die in § 5 Nr. 4 aufgeführten Wertpapiere gemäß § 4 Nr. 3 AFB 87 nur in verschlossenen Räumen oder Behältnissen der im Vsvertrag bezeichneten Art vert sind, vgl. ergänzend H 124. [H 158] dd) Grundstücksbestandteile, die nicht Gebäude sind, und andere Sonderfälle Für die in § 5 Nr. 5 I AFB 87 aufgeführten Grundstücksbestandteile ist im Regelfalls nur der Z e i t w e r t maßgebend, bei d a u e r n d e r E n t w e r t u n g der „ g e m e i n e W e r t " im Sinne des § 5 Nr. 2c AFB 87 (vgl. dazu H 153). Dafür, daß in der PositionenErläuterung eine Reihe solcher Grundstücksbestandteile aufgeführt sind, vgl. H 87-88. Entsprechendes gilt nach § 5 Nr. 5 II AFB 87 für die Vswertbestimmung bezüglich der in § 2 Nr. 6d) AFB 87 aufgeführten Sachen (ζ. B. Muster und typengebundene, für die Produktion nicht mehr benötigte Fertigungsvorrichtungen), sowie für alle in § 5 Nr. 2-4 AFB 87 nicht aufgeführten beweglichen Sachen. Dafür, daß nicht mehr gebrauchte Fertigungsvorrichtungen nicht ohne weiteres als wertlos eingeordnet werden können, vgl. H 153 a. E. [H 159] ee) Hausrat In der Hausratv in der modernen Ausprägung ist gemäß §§18 Nr. 2 I VHB 84 und 92 der N e u w e r t der maßgebende Faktor für die Vswertbestimmung. Dieser wird in Ubereinstimmung mit § 5 Nr. 2 a) AFB 87 dahin definiert, daß es sich um den Wiederbeschaffungspreis von Sachen gleicher Art und Güte in neuwertigem Zustand handle. Eine Entschädigung nach Z e i t w e r t g r u n d s ä t z e n ist in den VHB 84 und 92 n i c h t mehr v o r g e s e h e n . Das bedeutet, daß auch für Sachen, die z.B. bei ihrer Zerstörung nur noch mit 30 % oder weniger zu bewerten sind, der Neuwert für die Entschädigungsleistung maßgebend ist (anders §§ 4 Nr. 1 VHB 74, 62, nach denen nur der Zeitwert maßgebend ist, wenn eine Entwertung um mehr als 50 % vorliegt). Angesichts dessen, daß es ein ungeschriebenes gesetzliches Bereicherungsverbot nicht gibt (vgl. H 144), ist an der Rechtsbeständigkeit der Regelung in § 18 Nr. 2 I VHB 84 nicht zu zweifeln. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß es in den VHB 84 und 92 nicht mehr ein W i e d e r b e s c h a f f u n g s - oder W i e d e r h e r s t e l l u n g s g e b o t gibt (anders §§ 5 Nr. 3 a VHB 74, 62). Als Grenze für eine Entschädigung auf Neuwertbasis wird in Übereinstimmung mit § 5 Nr. 2 c) AFB 87 auf den vsrechtlichen Begriff des „gemeinen Werts" abgestellt (vgl. dazu auch H 149). Dieser wird in § 18 Nr. 1 II VHB 84 und 92 dahin definiert, daß es sich um Sachen handelt, die für ihren Zweck im Haushalt des Vmers nicht mehr zu verwenden sind. Vswert ist dann der für den Vmer erzielbare V e r k a u f s p r e i s . Dabei ist zu beachten, daß der Z e i t p u n k t u n m i t t e l b a r v o r E i n t r i t t des V s f a l l s maßgebend ist (vgl dazu H 146). Ein solcher Verkaufspreis wird zumeist nicht mehr zu erzielen sein, da es sich überwiegend um sog. K e l l e r g e r ü m p e l handeln wird, das eigentlich als Sperrmüll entsorgt werden müßte. Es ist ganz auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Hat sich der Vmer vor Eintritt des Vsfalls 692

Johannsen/Johannsen

Anm. H 161

I. Hauptpflichten des Feuervers

sehr abgenutzter Hausratsachen bedient, für die er keinen Verkaufserlös hätte erzielen können, so steht ihm dessen ungeachtet eine Entschädigung auf Neuwertbasis zu. 7. Entschädigungsberechnung Gliederung: a) Schrifttum H 160 b) Geldleistung H 161 c) Ersatz des Sachschadens H 162-175 aa) Abgrenzung zwischen Total- und Teilschäden H 162 bb) Ersatz notwendiger Reparaturkosten H 163 cc) Wertminderung H 164 dd) Abzug einer Wertsteigerung H 165 ee) Anrechnung von Restwerten H 166 ff) Behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen H 167-168 aaa) Ausschlußregelung gemäß § 11 Nr. 1 III A F B 87 H 167 bbb) Einschluß gemäß § 15 Nr. 3 V G B 88 H 168 gg) Wiederaufbau- und Wiederbeschaffungsklauseln H 169-175 aaa) Einfache Wiederherstellungsklauseln H 169

bbb) Strenge Wiederherstellungs- und Wiederbeschaffungsklauseln H 170-175 α) Zur Rechtswirksamkeit der Befristung Η 170 β) Sicherstellung der Wiederherstellung Η 171 γ) Zur Gleichartigkeit des neuen Gebäudes Η 172 δ) Zur Abschwächung des ortsgebundenen Wiederaufbauprinzips Η 173 ε) Veräußerung des Grundstücks vor Sicherstellung der Wiederherstellung Η 174 ζ) Überschreitung der Sicherstellungsfrist Η 175

[ Η 160] a) Schrifttum A r m b r ü s t e r D e r Schutz v o n Haftpflichtinteressen in der Sachv, Berlin 1994, A r m b r u s t Subsidiaritätabreden in Vsverträgen, Frankfurt a . M . 1991, B r a u n VersR 1 9 8 5 S. 8 1 6 - 8 1 8 , Fenyves Aktuelle Probleme der Subsidiaritätsklausel, Karlsruhe 1989, derselbe VsRdschau 1992 S. 117ff, v. J o r d a n VersR 1973 S. 3 9 6 - 3 9 7 , J o s t e n - H o r n Die Feuer-Industrie-V, Hinweise zur VswertErmittlung und Bestimmung v o n Vssummen - Ein H a n d b u c h für den Praktiker, Karlsruhe 1999, Martin VersR 1973 S. 6 9 1 - 6 9 9 , Möller M D R 1950 S. 3 9 3 - 3 9 7 , Pfennigstorf VersR 1964 S. 3 6 0 - 3 6 3 , R ö m e r Z N o t P 1998 S. 2 1 3 — 2 1 8 , Schirmer r + s 1993 S. 8 1 - 8 8 , Reimer Schmidt Die Obliegenheiten, Studien auf dem Gebiete des Rechtszwanges im Zivilrecht unter besonderer Berücksichtigung des Privatvsrechts, Karlsruhe 1953, Vogel ZVersWiss 1973 S. 5 7 3 - 5 7 8 , Vollmar VersR 1 9 8 7 S. 7 3 7 - 7 3 9 , Winter VersR 1991 S. 5 3 0 - 5 3 2 .

[H 161] b) Geldleistung Aufgabe der Feuerver ist es, den durch eine v t e G e f a h r entstandenen S a c h s c h a d e n durch G e l d z a h l u n g e n auszugleichen. Das entspricht dem im Vsrecht gemäß § 49 geltenden Grundsatz, daß der Ver den S c h a d e n e r s a t z in G e l d zu leisten hat. Dabei handelt es sich aber nicht um eine zwingende Vorschrift, so daß abweichende vertragliche Gestaltungen (im Sinne einer Naturalersatzleistung gemäß § 249 B G B ) möglich sind (vgl. dazu Möller Bd II Anm. 5, 6 und 12-21 zu § 49). Das ist z. B. in der Glasv der Fall; dort hat der Ver gemäß § 9 I 1 A G I B bei einem ersatzpflichtigen Schaden die Wahl, den früheren Zustand wieder herzustellen (Naturalersatz) oder Barzahlung zu erbringen. In der Feuerv wird jedoch üblicherweise vom Ver in Übereinstimmung mit § 49 Geldersatz geschuldet. M ö l l e r a.a.O. Anm. 13 zu § 49 führt als Beispiel für eine Abweichung von diesem Grundsatz die früher gebräuchliche Klausel 402 (heute mit Abänderungen Klausel 2702) aus der Feuerv für Spediteure an. Nach dieser besteht kein Vsschutz für Sachen, für deren Beschädigung Johannsen/Johannsen

693

Anm. H 161

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

ein anderer Ver einzutreten hat, z.B. im Rahmen einer Transportv. Verweigert jedoch der Transportver eine Entschädigung zu Unrecht, so zahlen die Feuerver aus, soweit eine Leistung nach den AFB begründet ist. Der Vmer ist aber verpflichtet, im eigenen Namen den Transportver in Anspruch zu nehmen und das Erlangte auszuschütten. Diesen Vorgang wertet Möller als eine D a r l e h n s g e w ä h r u n g ; er bemerkt dazu, daß damit das Vorliegen einer Doppelv vermieden werde, bei der sonst § 59 II zur Anwendung komme. Tatsächlich handelt es sich um eine besonders gestaltete S u b s i d i a r i t ä t s k l a u s e l , die rechtlich zu respektieren ist (vgl. dazu BGH 23. XI. 1988 VersR 1989 S. 250-251 = r + s 1989 S. 36-37 für den Fall, daß ein nur subsidiär haftender Ver irrtümlich die Vsleistung erbracht hat; hier hilft der BGH dadurch, daß er in entsprechender Anwendung des § 67 I 1 den Anspruch des Vmers auf Zahlung gegen den zweiten Ver auf den Subsidiärver übergehen läßt). Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn sich auch in dem Transportvsvertrag eine solche Subsidiaritätsklausel befindet. Dann ist angeachtet der Konstruktion der Verträge i m R e g e l f a l l von der Anwendung der Bestimmungen über die D o p p e l v auszugehen (streitig, so aber die überwiegende Auffassung, vgl. dazu Möller Bd II Anm. 54 zu § 59 m. w. N.; Schauer in BK R N 52 zu § 59 m.w. N.; Winter VersR 1991 S. 530-532 m.w. N. in Anm. 14; ferner Armbrüster; Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachv, Berlin 1994, S. 196 und vor allem Armbrust, Subsidiaritätsabreden in Vsverträgen, Frankfurt a. M. 1991, S. 178-182 und LG Hamburg 6. III. 1942 HansRGZ 1942 Β Sp. 201-207, 11.1.1978 VersR 1978 S. 933-935). Anders kann das zu beurteilen sein, wenn eine einfache Subsidiaritätsklausel mit einer verstärkt die Eintrittspflicht des Vers verneinenden Klausel zusammentrifft (vgl. dazu und zu weiteren Abgrenzungszweifeln ergänzend Fenyves, Aktuelle Probleme der Subsidiaritätsklausel, Karlsruhe 1989, v. Jordan VersR 1973 S. 396-397; Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 6 zu § 59, Martin VersR 1973 S. 691-699, 806, Vogel ZVersWiss 1973 S. 573-578, Vollmar VersR 1987 S. 737-739, Winter VersR 1991 S. 527-533). Abzulehnen ist mit Möller a.a.O. die zuletzt von Vogel a.a.O. vertretene Auffassung, daß bei einem Zusammentreffen gleichrangiger Subsidiaritätsabreden beide Ver nur anteilig haften, ebenso die von Martin a.a.O. und Kollhosser a.a.O. vertretene Meinung, daß bei gleichwertigen Subsidiaritätsklauseln nur der Ver hafte, dessen Vertrag als erster abgeschlossen worden ist. Auch bestehen aus dem Gesichtspunkt der schutzwürdigen Interessen des Vmers durchschlagende Bedenken gegen die von Kollhosser a.a.O. und Schauer a.a.O. im Anschluß an Martin a.a.O. vertretene Auffassung, daß bei dem Zusammentreffen zweier qualifizierter Subsidiaritätsklauseln beide Ver nicht haften (ablehnend dazu neben Möller Bd II Anm. 54 zu § 59 auch Winter a.a.O. S. 530-532 und Armbrust a.a.O.). Letzten Endes handelt es sich bei dem von Möller a.a.O. Anm. 13 zu § 49 angeführten Beispielfall aber nicht um eine Abweichung von dem Grundsatz der Leistung des Vers in Geld. Vielmehr liegt eine Geldleistung des Vers vor, verknüpft mit der Verpflichtung des Vmers (unter entsprechender Ermächtigung durch den Ver), den Vsanspruch gegen den anderen Ver im Interesse des Vers im eigenen Namen durchzusetzen. Dabei darf der Vmer im Prozeß gegen den Transportver nicht verschweigen, daß aufgrund der eigenartigen Subsidiaritätsklausel „darlehensweise" vorgeleistet worden ist und daß er letzten Endes den Anspruch im Auftrage seines nur subsidiär haftenden Vers geltend macht. Daß es sich nicht um eine Naturalleistung oder ein echtes Darlehen handelt, ergibt sich auch daraus, daß nach Sinn und Zweck der Regelung dem Ver im Regelfall kein Rückforderungsrecht zusteht, wenn der Prozeß gegen den Transportver verloren geht, weil dieser die Leistung nicht zu Unrecht verweigert hat. Entsprechendes gilt - trotz abweichenden Wortlauts - für die heute gebräuchliche Klausel 2702.

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Johannsen/Johannsen

Anm. H 163

I. Hauptpflichten des Feuervers

[H 162] c) Ersatz des Sachschadens aa) Abgrenzung zwischen Total- und Teilschäden Nach § 11 Nr. l a ) A F B 87 ist vom Ver bei z e r s t ö r t e n oder infolge eines Vsfalls a b h a n d e n g e k o m m e n e n Sachen der Vswert unmittelbar vor Eintritt des Vsfalls zu ersetzen (zur Bedeutung für die Schadenregulierung bezüglich des so gewählten Zeitpunkts vgl. H 146 m.w.Ν.). Unter der Zerstörung einer Sache ist dabei ein T o t a l s c h a d e n zu verstehen. Ein solcher liegt dann vor, wenn die Reparaturkosten den Vswert erreichen oder überschreiten. In diesen Fällen ist vom Ver - je nach dem Zustand der vten Sache unmittelbar vor Eintritt des Vsfalls - gemäß § 5 A F B 87 (oder § 14 Nr. 1 V G B 88) der N e u w e r t oder der Z e i t w e r t oder in Ausnahmefällen nur der gemeine Wert zu ersetzen. Vgl. dazu Η 147-158 und dafür, daß es in der modernen Fassung der Hausratv gemäß § 18 Nr. 2 I V H B 84, 92 eine Entschädigung auf Zeitwertbasis nicht mehr gibt, Η 159. [Η 163] bb) Ersatz notwendiger Reparaturkosten In § 11 Nr. l b ) A F B 87 heißt es, daß bei beschädigten Sachen die n o t w e n d i g e n R e p a r a t u r k o s t e n zuzüglich einer durch den Vsfall etwa e n t s t a n d e n e n und durch die Reparatur nicht auszugleichenden W e r t m i n d e r u n g ersetzt werden, höchstens jedoch der Vswert (ebenso § 18 Nr. 1 b) V H B 84 und § 15 Nr. 1 b) V G B 88). In §§ 5 Nr. 1 V H B 66, 74 wird dagegen für den Ersatz der Reparaturkosten nicht hervorgehoben, daß diese Reparaturkosten „notwendig" sein müssen (ebenso § 7 Nr. 6 b) V H B 62). Dieser Zusatz besagt aber auch nichts Besonderes. Denn eine interessengemäße Auslegung ergibt, daß vom Ver auch ohne diesen Zusatz nur notwendige Reparaturkosten zu ersetzen sind. Für die Reparaturarbeiten ist nicht nur die volle Wiederherstellung der äußeren Gestalt zu verlangen. Es muß vielmehr auch die Funktionsfähigkeit der beschädigten Sache nach der Reparatur im vollen Umfang der einer unbeschädigten entsprechen. Ist aus fachmännischer Sicht zu erwarten, daß bei einer bestimmten Art und Weise der Reparatur die verbleibende Nutzdauer einer beschädigten Maschine unter der einer unbeschädigten liegt, die aber bei einer aufwendigeren Art zu erreichen wäre, so schuldet der Ver die Kosten der höheren Reparatur. O b tatsächlich eine Verkürzung der Nutzungsdauer einer reparierten Maschine trotz fachgerechter Reparatur entsteht, läßt sich häufig erst nach der Durchführung der Reparatur abschließend entscheiden. Stellt sich das nachträglich heraus, so kann der Vmer, der sich auf das Verlangen des Vers auf eine solche Reparaturlösung eingelassen hat, nicht mehr eine eigentlich von Anfang an sachgerecht gewesene Abrechnung auf Totalschadenbasis verlangen (oder eine erneute Reparatur, wenn die Gesamtkosten dann den Vswert übersteigen). Vielmehr ist ihm dann zusätzlich zu den Reparaturkosten eine angemessene Wertminderung zuzubilligen (vgl. dazu Η 164). Zu den Reparaturkosten zählt auch die M e h r w e r t s t e u e r . Das gilt aber dann nicht, wenn der Vmer zum V o r s t e u e r a b z u g berechtigt ist. Denn dann handelt es sich für den Vmer nur um einen durchlaufenden Posten, der seine vermögensrechtliche Position im Ergebnis nicht verändert. Läßt der Vmer im Ausland reparieren und unterfällt eine solche Reparatur nicht der Mehrwertsteuer, so ist eine solche gewiß nicht zu ersetzen ( B G H 8. VII. 1991 VersR 1991 S. 1129-1131). Führt der Vmer die Reparatur selbst aus, so sind ihm die ortsüblichen Preise zu ersetzen. Dazu zählt bis zum 31. VII. 2002 auch die Mehrwertsteuer. Für ab dem 1. VIII. 2002 eintretende Schadenfälle ist gemäß § 249 II B G B n. F. Mehrwertsteuer nur zu ersetzen, wenn sie tatsächlich anfällt. Johannsen/Johannsen

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Anm. H 164

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Zu beachten ist, daß die Ersatzpflicht des Vers hinsichtlich von Reparaturkosten grundsätzlich nicht an die Durchführung der Reparatur gebunden ist. Vielmehr hat der Ver auch ohne Durchführung einer solchen Reparatur die Zahlung der Reparaturkosten zu erbringen. Das Gesagte gilt nur insoweit nicht, als in Neuwertvsregelungen die Fälligkeit des N e u w e r t a n t e i l s von dem Nachweis der Sicherstellung der Reparaturkostenleistung abhängig gemacht wird (vgl. dazu H 170). Das ist sehr häufig bei der Beschädigung von Gebäuden der Fall, ist dagegen die Ausnahme bei beweglichen Sachen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß der Vmer bei der Reparatur einer beweglichen Sache (z. B. einer Maschine) nicht etwa darauf verwiesen werden darf, daß er sich deshalb mit dem Einbau gebrauchter Ersatzteile begnügen müsse, weil die beschädigte Sache ebenfalls gebraucht gewesen sei. Vielmehr steht dem Vmer auch bei einer Regulierung auf Zeitwertbasis ein Anspruch darauf zu, daß in seine beschädigten Sachen neuwertige Ersatzteile eingebaut werden. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Vmer mit gebrauchten Sachen nicht nur handelt, sondern diese zuvor repariert und dabei üblicherweise selbst in diese gebrauchten Sachen gebrauchte Ersatzteile einbaut. Zu dem Anspruch des Vmers auf Ersatz des Sachschadens treten sowohl im Totalschadenfall wie auch bei Teilschäden häufig noch zusätzliche K o s t e n e r s t a t t u n g s a n s p r ü c h e . Dabei handelt es sich insbesondere um A u f r ä u m u n g s - und B e w e g u n g s k o s t e n (vgl. dazu H 200-203). Diese werden üblicherweise als besondere Positionen im Vsvertrag mit einer Begrenzung der Ersatzpflicht des Vers auf einen bestimmten Prozentsatz der Vssumme ausgewiesen (zwischen 1 und 10%). Im T o t a l s c h a d e n f a l l ist diese Begrenzung des Kostenersatzes auf einen b e s t i m m t e n P r o z e n t s a t z der Vssumme als a b s c h l i e ß e n d e R e g e l u n g der Ersatzpflicht des Vers für derartige Kosten einzuordnen. Bei R e p a r a t u r s c h ä d e n ist hingegen zu bedenken, daß es sich bei den A u f r ä u m - und B e w e g u n g s k o s t e n zumeist auch um n o t w e n d i g e R e p a r a t u r k o s t e n handelt. Wenn daher die besondere Position „Aufräumungskosten" ausgeschöpft ist, muß der verbleibende Differenzbetrag aus der jeweiligen Hauptposition des Vsvertrages ersetzt werden; insoweit besteht eine „interne" D o p p e l v (so B G H 6. VI. 1984 VersR 1984 S. 843-844, vgl. H 200 m. w. Ν . [Η 164] cc) Wertminderung Zu dem Ersatz notwendiger Reparaturkosten ist vom Ver eine trotz ordnungsgemäßer Reparatur verbleibende W e r t m i n d e r u n g auzugleichen (§ 11 Nr. l b ) A F B 87, § 18 Nr. 1 b) V H B 84 und § 15 Nr. 1 b) V G B 88). Ein solcher Hinweis fehlt in § 7 I b V G B 62. Er ist aber insbesondere bei Teilschäden an G e b ä u d e n auch entbehrlich, da bei diesen im Regelfall nach ordnungsgemäßer Reparatur keine Wertminderung verbleibt. Soweit ein solcher Fall bei beweglichen Sachen gegeben ist, für die die Geltung der V G B 62 vereinbart ist, wird man auch ohne ausdrückliche Festlegung eines solchen Anspruchs auf Ersatz eines Minderwertes von der Ersatzpflicht des Vers auszugehen haben, da den eingangs zitierten Bedingungsbestimmungen nur eine klarstellende Bedeutung beizumessen ist. Ungeachtet einer vollen Wiederherstellung der äußeren Gestalt einer beschädigten Sache und ihrer vollen Funktionsfähigkeit kann nach der Verkehrsanschauung der Wert einer reparierten Sache geringer sein als der einer unbeschädigten. Das gilt z.B. für ein „echtes" Möbelstück aus dem 18. Jahrhundert. Wird ein hochwertiger Schrank aus dieser Zeit fachmännisch mit neuen Materialien restauriert, so liegt sein Wert unter Umständen wesentlich niedriger als der eines Schranks, der nur aus Originalteilen besteht. Ein solcher Minderwert ist (vorbehaltlich abweichender Sondervereinbarungen) zu ersetzen. Durch den Hinweis, daß eine verbleibende Wertminderung auszugleichen 696

Johannsen/Johannsen

Anm. H 164

I. Hauptpflichten des Feuervers

sei, wird im übrigen verdeutlicht, daß eine Reparaturlösung nicht allein deshalb unzumutbar ist, weil nach der Verkehrsauffassung eine unbeschädigte Sache wertvoller ist als eine solche, die beschädigt war, aber repariert worden ist. Im Schadenersatzrecht (vornehmlich bei Kraftfahrzeugschäden) wird zwischen einem technischen und einem merkantilen Minderwert unterschieden. Ein merkantiler Minderwert wird darin gesehen, daß bei dem Verkauf eines nach einem Unfall einwandfrei reparierten Kraftfahrzeugs in der Regel wegen dieses Vorschadens ein geringerer Kaufpreis erzielt wird als für ein Fahrzeug ohne einen solchen Vorschaden. Gemäß § 13 IV AKB ist die Eintrittspflicht des Fahrzeugvers für eine „Minderung an Wert" ausgeschlossen. Damit ist ein solcher merkantiler Minderwert gemeint und nicht etwa ein verbleibender technischer Minderwert; denn der Vmer hat in der Fahrzeugv einen Anspruch darauf, daß die Wiederherstellungskosten bis zur Höhe einer technisch einwandfreien Reparatur ersetzt werden (vgl. dazu Bd V I Anm. J 147). In den hier behandelten Bedingungswerken fehlt es an einer § 13 IV AKB entsprechenden Ausschlußklausel. Es wird vielmehr ausdrücklich die Ersatzpflicht des Vers für einen verbleibenden Minderwert hervorgehoben. Das bedeutet, daß auch ein merkantiler Minderwert zu ersetzen ist. Dabei ist allerdings zu bedenken, daß ein solcher merkantiler Minderwert im Regelfall nur dann entsteht, wenn es sich um die Reparatur solcher Sachen handelt, die üblicherweise nach einer bestimmten Gebrauchszeit wieder verkauft werden. Handelt es sich dagegen um Sachen, die im Regelfall bis zum Ende ihrer Gebrauchsfähigkeit von dem Vmer genutzt werden, so ist ein merkantiler Minderwert nicht gegeben. Ergibt sich erst nach der Reparatur einer beschädigten Maschine, daß diese zwar einwandfrei ihre Funktion erfüllen kann, daß aber mit Sicherheit mit einer kürzeren Betriebsdauer als der üblichen für eine unbeschädigte Sache zu rechnen ist, so ist vom Ver der sich daraus für den Vmer ergebende Nachteil als Minderwert zu ersetzen. Dabei ist es schwierig, einen solchen Minderwert zutreffend abzuschätzen. Es sollte eine gewisse Großzügigkeit walten. Denn in solchen Fällen einer verminderten Gebrauchszeit hätten Ver und Vmer unter Umständen besser daran getan, von Anfang an auf einer Regulierung auf Totalschadenbasis zu bestehen. Bei der Abschätzung ist als Grenze zu beachten, daß insgesamt nicht mehr als bei einem Totalschadenfall zu leisten ist (vgl. § 11 Nr. 1 b) AFB 87). Im privaten Bereich führen Schäden an A u s l e g e w a r e oder T e p p i c h b ö d e n gelegentlich zu Auseinandersetzungen. Den Vmer trifft es hart, wenn ein neuer Teppichboden durch einen kleinen Brand beschädigt wird. Er verlangt daher nicht selten, daß der Teppichboden im ganzen ersetzt wird. Bei großen Teppichböden wird man dem Vmer im Regelfall aber eine möglichst unauffällige Ausbesserung zumuten können, bei der tunlichst ein etwas größerer Auswechselbezirk gewählt werden sollte als der eigentliche Brandbereich. Eine solche Regulierungsentscheidung zu akzeptieren, wird dem Vmer zumeist dadurch erleichtert, daß zusätzlich zu den Kosten für eine Teilausbesserung gemäß § 18 Nr. 1 b) VHB 84 ein Betrag für die durch die Reparatur nicht auszugleichende Wertminderung geleistet wird. Das für Auslegeware Gesagte kann aber nicht ohne weiteres auf Schäden an echten Orientteppichen übertragen werden. Hier ist dem Vmer im Regelfall eine Reparatur nicht zuzumuten. Er darf daher eine Entschädigung auf Totalschadenbasis erwarten. Angesichts der schwankenden Preise auf dem Teppichmarkt bedarf es dann zur Feststellung des Wertes des Teppichs vor Eintritt des Vsfalls und des in Abzug zu bringenden Restwerts (vgl. dazu H 166) zumeist der Einschaltung von Experten. Die Einkaufspreise des Vmers können dabei nicht ohne weiteres zugrunde gelegt werden. Das hängt damit zusammen, daß viele Vmer keine Kenntnis von den schwankenden Preisen im Teppichhandel haben und deshalb häufig überteuert kaufen.

Johannsen/Johannsen

697

Anm. H 166

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

[H 165] dd) Abzug einer Wertsteigerung In § 11 Nr. 1 b) AFB 87 heißt es im 2. Halbsatz, daß die Reparaturkosten g e k ü r z t werden, soweit durch die Reparatur der V s w e r t der Sache gegenüber dem V s w e r t u n m i t t e l b a r vor dem Eintritt des Vsfalls erhöht wird (ebenso § 15 Nr. 1 b) VGB 88 und §§ 5 Nr. 2 VHB 74, 66; anders jedoch §§ 18 Nr. 1 b) VHB 84 und 92 [und auch die VGB in der Fassung des Jahres 1999]). Eine solche Erhöhung des Vswertes dürfte durch eine Reparatur nur ausnahmsweise eintreten. Als Beispiel wird von Martin 3 R III 4 bei beweglichen Sachen der Einbau von Ersatzteilen genannt, welche die Kapazität einer Maschine verbessern. Für die Reparatur von Gebäuden erwähnt Martin a.a.O. den Fall, daß bau- oder gewerberechtlich Änderungen erzwungen werden. Davon abgesehen wird bei einem Gebäude im Regelfall durch eine Reparatur keine Erhöhung des Vswertes eintreten (vgl. dazu Dietz 2 S. 398-399). Kein Unterschied wird in § 11 Nr. 1 b) AFB 87 zwischen einer Neuwert- oder Zeitwertv gemacht. Daraus könnte bei einer nur auf den Wortlaut abstellenden Interpretation gefolgert werden, daß ein solcher Abzug auch bei einer R e g u l i e r u n g eines N e u w e r t s c h a d e n s im Reparaturbereich durchgesetzt werden könnte (so Martin 3 R III 4). Indessen ist zu bedenken, daß der Vmer sich bei einem T o t a l s c h a d e n nach dem Erwerb einer n e u e n M a s c h i n e keinen Abzug wegen der Verbesserung seiner Vermögenssituation gefallen zu lassen braucht. Daraus ist zu folgern, daß das erst recht für Reparaturschäden im Bereich der Neuwertv gilt. Es steht deshalb der von Martin a.a.O. vertretenen Auffassung der Rechtsgedanke einer Abgrenzung des Begriffs der Neuwertv aus dem Blickwinkel eines durchschnittlich verständigen Vmers entgegen. Damit übereinstimmend wird in der Regulierungspraxis zumeist gar nicht erst versucht, den Abzug eines solchen Vorteils durchzusetzen. Auch gibt es, soweit ersichtlich, keine veröffentlichten Entscheidungen zu diesem Bereich. Im übrigen wird in § 11 Nr. 5 II AFB 87 die Regelung des § 11 Nr. 1 b) AFB 87 für Zeitwertschäden wiederholt. Aus dieser systematisch nicht erforderlichen Wiederholung darf aus der Sicht eines durchschnittlich verständigen Vmers ebenfalls geschlossen werden, daß demgemäß eine Abzugsmöglichkeit für derartige Vorteile im Neuwertbereich entfällt. [H 166] ee) Anrechnung von Restwerten In § 11 Nr. 1 II AFB 87 heißt es, daß bei der Entschädigungsberechnung R e s t w e r t e angerechnet werden (ebenso § 3 I S. 2 AFB 30, § 15 Nr. 1 II VGB 88 und §§ 18 Nr. 1 II VHB 84 und 92). Diese Regelung gilt nach ihrer Stellung in den Bedingungsw e r k e n sowohl f ü r T e i l - wie f ü r T o t a l S c h ä d e n . Ihr Hauptanwendungsbereich

liegt aber im Bereich des Totalschadens, wenngleich es theoretisch möglich ist, daß auch bei Reparaturen defekte Restteile noch als Altmaterialien verkauft werden können. In den Bedingungen ist nicht festgelegt, wer eine solche Veräußerung vorzunehmen hat. Demgemäß steht allein dem Vmer als Eigentümer eine solche Veräußerungsbefugnis zu. Er kann sich deshalb nicht mit Erfolg gegen den Abzug des Restwertes mit der Begründung wehren, daß es dem Ver obliegt, eine solche Veräußerung vorzunehmen. Angerechnet wird nur der Nettoerlös. Die vom Vmer für die Veräußerung gemachten Aufwendungen (z. B. Zeitungsanzeigen oder Maklercourtagen) sind abzuziehen. Dagegen kann der Vmer für seine eigenen Bemühungen kein Entgelt in Rechnung stellen. Anders ist es dann, wenn der Vmer für die Veräußerung auf Grund spezieller Kenntnisse im Rahmen seines Berufes tätig wird. Dann darf das übliche Entgelt in Abzug gebracht werden, das für die Arbeitsleistung eines Berufskollegen auch zu zahlen gewesen wäre. Ist strittig, ob die zerstörte Sache überhaupt noch einen Wert hatte oder ob der Wert erheblich geringer sei, als vom Ver angenommen, so ist der Ver 698

Johannsen/Johannsen

Anm. H 167

I. Hauptpflichten des Feuervers

dafür d a r l e g u n g s - und b e w e i s p f l i c h t i g , daß der von ihm angegebene Restwert zutreffend ist. Das ergibt sich aus dem Aufbau des Bedingungswerks. Der Vmer kann allerdings dann im Prozeß in Schwierigkeiten geraten, wenn er die Restwerte vernichtet hat. Denn dann hat er dem Ver die Beweisführung erschwert oder gar unmöglich gemacht. Kann der Vmer allerdings nachweisen, daß er für die „ E n t s o r g u n g " der zerstörten Sachen sogar noch einen Werklohn zahlen mußte, so kann das bei der Würdigung der Gesamtumstände eines solchen Falles bedeutsam sein. Jedenfalls scheidet dann die theoretische Möglichkeit aus, daß der Vmer einen tatsächlich erzielten Veräußerungserlös verschweigen wollte. In der Regulierungspraxis werden solche Auseinandersetzungen zumeist dadurch vermieden, daß der vom Ver beauftragte Sachverständige sich nach Veräußerungsmöglichkeiten erkundigt und dem Vmer konkrete Kaufangebote von dritter Seite übermittelt. Einen Grenzfall behandelt B G H 8. XI. 1995 VersR 1996 S. 91-92 = NJW 1996 S. 256-257 zur Fahrzeugv. Es war wie in den oben genannten Bedingungswerken festgelegt, daß Rest- und Altteile dem Vmer verbleiben und zum Veräußerungserlös auf die Ersatzleistung angerechnet werden. Im konkreten Fall waren die Reparaturkosten auf DM 44896,08, der Zeitwert auf DM 56000,- und der Restwert auf DM 25000,geschätzt worden. Der Vmer verkaufte das Fahrzeug unrepariert und verlangte vom Ver die Zahlung der Reparaturkosten (abzüglich einer Selbstbeteiligung). Der Ver zahlte jedoch nur die Differenz zwischen Zeitwert und Restwert und berief sich darauf, daß die Zahlung des Mehrbetrages gegen das v s r e c h t l i c h e B e r e i c h e r u n g s v e r b o t verstoße. Vom B G H wurde ein solcher Verstoß verneint. Dem ist zu folgen. Das gilt umso mehr, als mit der neueren Rechtsprechung des B G H überhaupt die Existenz eines u n g e s c h r i e b e n e n g e s e t z l i c h e n B e r e i c h e r u n g s v e r b o t s zu verneinen ist (vgl. dazu H 144 m.w. Ν.). Demgemäß kam es nur darauf an, ob dem Bedingungswerk zu entnehmen war, daß der von der Durchführung einer Reparatur nicht abhängige Anspruch des Vmers auf Ersatz der Reparaturkosten teilweise gekürzt werden dürfe, wenn nämlich der Verkaufserlös zusammen mit dem Reparaturkostenanspruch den Wiederbeschaffungswert übersteige. Das ist nicht der Fall. Insbesondere wird es zu Recht abgelehnt, eine an sich reparaturwürdige Sache, die unrepariert veräußert wird, als Restwert im Sinne des § 13 Nr. 3 AKB einzuordnen (vgl. dazu außer B G H a.a.O., O L G Hamm 1. II. 1996 NJW R R 1996 S. 1177, O L G Köln 19.XII.1995 VersR 1997 S. 102-103, O L G Braunschweig 24.11.1997 NJW R R 1997 S. 729-730; ebenso Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 15 zu § 13 AKB; ferner Kollhosser a.a.O. R N 46 zu § 55). Da den eingangs aufgeführten Bedingungen keine von § 1 3 Nr. 3 AKB abweichende Regelung zu entnehmen ist, ist auch für den Feuerbereich von der dargestellten Rechtsprechung auszugehen, daß der Erlös aus dem Verkauf einer beschädigten unreparierten Sache auf den Reparaturkostenersatzanspruch nicht anzurechnen ist. [H 167] ff) Behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen aaa) Ausschlußregelung gemäß § 11 Nr. 1 III AFB 87 Änderungen des materiellen Baurechts in der Zeit zwischen der Errichtung eines Gebäudes und seiner Zerstörung durch ein von der Feuerv erfaßtes Ereignis können dazu führen, daß für den Vmer bei dem Wiederaufbau zusätzliche Kosten entstehen. Es leuchtet ein, daß ohne ausdrückliche vertragliche Regelung im Sinne einer Eintrittspflicht des Feuervers für solche Zusatzkosten (oder im Sinne einer Verneinung eines derartigen Anspruchs) mit guten Gründen für und wider beide Standpunkte gestritten werden kann. Der Ausgangsfall in der Geschichte der Feuerv war dabei der, daß dem Johannsen/Johannsen

699

A n m . H 167

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Vmer zwar nach dem zur Zeit des Wiederaufbaus geltenden Baurecht gestattet war, ein dem zerstörten Gebäude entsprechendes Bauwerk zu errichten, daß dieses aber nicht an derselben Stelle erlaubt war. Das hatte zur Folge, daß die nach einem Brand zumeist erhaltenen und w i e d e r v e r w e n d b a r e n G r u n d m a u e r n bei einem Aufbau an anderer Stelle nicht mehr verwendet werden konnten. Daraus entstand zwischen dem Vmer und dem Ver Streit darüber, ob der Ver auch diesen auf öffentlichrechtlichen Vorgaben beruhenden Teil des Schadens zu ersetzen hatte oder nicht. Mit einem derartigen Fall befaßte sich RG 18.1.1918 RGZ 92 S. 60-64. Das Gericht hat in dieser Entscheidung den Standpunkt eingenommen, daß diese vom Vmer nicht zu vertretende Erhöhung des Schadens zu Lasten des Vers gehe, der Vmer müsse sich allerdings den Verkaufswert des Materials der stehengebliebenen Grundmauern anrechnen lassen (abzüglich der Abbruchkosten). Wörtlich führte das Gericht dazu u. a. folgendes aus: „Nach $ 1 AVB hat der Ver im Falle eines Brandes den durch die Zerstörung oder Beschädigung der vten Sachen entstehenden Schaden zu ersetzen, soweit der Schaden die vte Sache betrifft, und zwar nicht nur den unmittelbar durch das Feuer seihst entstandenen Schaden, sondern auch den Schaden, der eine unvermeidliche Folge des Brandes ist. Einen weiteren, insbesondere einen weiteren mittelbaren Schaden, soll die V nur im Falle besonderer Vereinbarung umfassen. Der § 14 AVB bestimmt sodann, daß die Höhe des an der Sache entstandenen Schadens in der Weise ermittelt werden soll, daß der Vswert der Sache sowohl zur Zeit des Eintritts des Vsfalls als auch zur Zeit nach dem Vsfall festzustellen ist, und zwar bezüglich der übrig gebliebenen Teile und Materialien unter Berücksichtigung ihrer Verwendbarkeit für die Wiederherstellung. In Bezug auf gleichlautende Vsbedingungen hat der erkennende Senat bereits ausgesprochen, daß diese Bestimmung zugunsten der Vmer dahin auszulegen ist, daß eine Verwendbarkeit der Restteile der vten Sache zur Wiederherstellung nur dann als gegeben anzusehen ist, wenn die Wiederherstellung für die Vten tatsächlich ausführbar ist, daß deshalb die nach der Beschaffenheit der Restteile an sich wohl gegebene Möglichkeit der Verwendung zu einer Wiederherstellung dann bei deren Bewertung nicht zu berücksichtigen ist, wenn eine Wiederherstellung infolge eines baupolizeilichen Verbots ausgeschlossen ist. ... Es ist deshalb ... als in den §§ 1 und 4 AVB niedergelegte Vertragsbestimmung anzunehmen, daß die Bewertung der Restteile dann lediglich nach ihrem Altmaterialwert zu erfolgen hat, wenn die Wiederherstellung der abgebrannten Gebäude dem Vten infolge Versagung der zum Wiederaufbau erforderlichen baupolizeilichen Genehmigung nicht möglich ist. " Für weitere Beispielfälle aus der RG-Rechtsprechung, die aus einer Zeit herrührt, als die Neuwertv noch nicht praktiziert wurde, vgl. die Nachweise bei M ö l l e r Bd II Anm. 31 zu § 55. Die Ver empfanden diese Entscheidungen als systemwidrig, da diese Erhöhung der Baukosten nicht auf normale Schadenberechnungsumstände zurückzuführen waren (vgl. dazu nur Raiser2 Anm. 39 zu § 3 AFB). Deshalb legten sie in § 3 I 2, 3 AFB 30 folgendes fest. „Maßgebend für die Entschädigung ist der Vswert zur Zeit des Eintritts des Schadenfalls (Ersatzwert) und zwar bei beschädigten Sachen der Unterschied zwischen diesen Wert und den Wert der Reste, bei dessen Ermittlung die Verwendbarkeit der Reste für die Wiederherstellung zu berücksichtigen ist. Auf die Bewertung von Gebäuderesten bleiben behördliche Wiederaufbaubeschränkungen ohne Einfluß, soweit nicht anderes vereinbart ist. " 700

Johannsen/Johannsen

Anm. H 167

I. Hauptpflichten des Feuervers

D a m i t war klargestellt, daß die Ver vertragsgemäß berechtigt waren, bei der Schadenberechnung von der n o r m a l e n V e r w e r t b a r k e i t von R e s t w e r t e n auszugehen. D e m g e m ä ß lag das Risiko von behördlichen Wiederaufbaubeschränkungen bei dem Vmer. N u r dann, wenn dieser Sonderfall in einer speziellen Vereinbarung der Parteien abweichend von § 3 I 3 A F B zugunsten des Vmers geregelt war, mußte der Ver auch den nach den besonderen Umständen des Falles u n v e r w e r t b a r e n R e s t w e r t mit ersetzen. D e r von R a i s e r 3 A n m . 39 zu § 3 A F B wiedergegebene Text einer solchen Zusatzvereinbarung lautete wie folgt: „Behördliche Wiederaufbaubeschränkungen werden, wenn das zerstörte oder beschädigte Gebäude innerhalb von zwei Jahren nach dem Schadenfall neu errichtet wird, insoweit berücksichtigt, als die tatsächlichen Kosten der Neuherstellung die nach § 3 AFB (und den Sonderbedingungen für die Neuwertv) zu berechnende Entschädigung übersteigen. Die Gesamtentschädigung darf jedoch nicht mehr betragen, als sich bedingungsgemäß ergeben würde, wenn das Gebäude gänzlich zerstört worden wäre. Auf die Entschädigung für die Gebäudereste ist in jedem Fall deren Materialwert abzüglich angemessener Abbruchund Abfuhrkosten in Anwendung zu bringen. " Diese Klausel entspricht zwar bezüglich der R e s t w e r t e den Grundsätzen der R G - E n t s c h e i d u n g v o m 1 8 . 1 . 1 9 1 8 a.a.O. Sie regelt aber die Entschädigungspflicht des Vers bezüglich a n d e r e r M e h r k o s t e n , die aus einer b e h ö r d l i c h e n W i e d e r a u f b a u b e s c h r ä n k u n g folgen, zugunsten des Vmers. In die Kategorie der K o m p l i kationen durch öffentlichrechtliche Wiederaufbaubeschränkungen fallen z . B . Vorschriften des Baurechtes, nach denen v o m V m e r eine aufwendigere Bauausführung verlangt wird als die, die vor dem Schadeneintritt vorhanden gewesen war. Diese Situation kann im übrigen auch eintreten, wenn es ohnedies wegen eines Totalschadens ausnahmsweise überhaupt keine anrechenbaren Restwerte gibt. Als Beispiel für eine solche aufwendigere Bauausführung aufgrund neuerer Baurechtsvorschriften seien z u s ä t z l i c h e B r a n d m a u e r n oder stärkere G i e b e l a b s t ü t z u n g e n genannt. O h n e präzise Regelung dieser baurechtlichen Komplikationsmöglichkeiten im Bedingungsrecht könnte unschwer bei der Beurteilung solcher Fälle an die oben angeführte Rechtsprechung des R G 1 8 . 1 . 1 9 1 8 angeknüpft und dem Ver - im R a h m e n der vereinbarten Vssummen - demgemäß diese Zusatzkosten auferlegt werden. U m dieser M ö g lichkeit entgegenzutreten, haben die Ver in § 11 Nr. 1 II, III A F B 87 folgendes festgelegt: „Restwerte werden angerechnet. bleiben unberücksichtigt. "

Behördliche

Wiederherstellungsbeschränkungen

Dadurch, daß die Regelung über die Nichtberücksichtigung behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen in dem die Berechnung der Entschädigungsleistung betreffenden § 11 A F B 87 in einem besonderen Absatz steht, wird deutlich, daß dieser Grundsatz für alle Schadenfälle gilt, denen die A F B 87 zugrunde liegen. Das bedeutet, daß M e h r k o s t e n aufgrund behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen gleich welcher A r t v o m Vsschutz ausgeschlossen sind. Das bezieht sich nicht nur auf eine aufwendigere öffentlichrechtlich vorgesehene Bauweise und die stets in der Weise anrechenbaren Restwerte, als wenn an O r t und Stelle aufgebaut werden dürfte, sondern auch auf aus einer Ortsverschiedenheit sich ergebende sonstigen Mehrkosten. Eine entsprechende Regelung findet sich auch in § 7 I 3 V G B 62. Martin 3 I V 3 3 - 3 8 hält die Regelung in § 11 Nr. 1 I I I A F B 87 für eine u n w i r k s a m e E i n s c h r ä n k u n g des in § 5 Nr. 1 a) A F B 87 festgelegten Begriffs des Neuwerts (ebenJohannsen/Johannsen

701

Anm. H 168

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

so Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 5 AFB 87; im Ergebnis auch Josten-Horn S. 34). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Zwar wird in § 5 Nr. 1 a) AFB 87 der Neuwert dahin definiert, daß das der o r t s ü b l i c h e N e u b a u w e r t einschließlich der Architektengebühren sowie sonstiger Konstruktions- und Planungskosten sei. Aus dieser Ausgangsdefinition ist aber nicht zwingend abzuleiten, daß in den Entschädigungsregelungen keine klarstellenden und einschränkenden Abgrenzungen vorgenommen werden dürfen (so auch Boldt 7 S. 157). Vielmehr entspricht dieser Bedingungsaufbau dem normalen Aufbauschema vsrechtlicher Regelungen, daß nämlich im Anschluß an die Beschreibung des primären Deckungsumfangs davon abweichende einschränkende Ausschlußbestimmungen aufgeführt werden. Es kann deshalb eine solche Regelung auch nicht als so u n g e w ö h n l i c h eingeordnet werden, daß der Vertragspartner im Sinne des § 5 A G B G oder des § 305c) I B G B η. E nicht damit zu rechnen braucht. Vielmehr erwartet ein durchschnittlich verständiger Vmer gerade nicht, daß ohne besondere Abreden im Bereich der Neuwertv auch Mehrkosten durch behördliche Baubeschränkungen eingeschlossen sind. Auch kann unter diesen Umständen nicht von einer Unklarheit oder Unverständlichkeit im Sinne des § 3071 2 B G B n. F. die Rede sein. Es wird im übrigen der teilweise Einschluß dieses Risikos durch Vereinbarung der Geltung der Klauseln 2302 und 2303 ermöglicht. Diese Klauseln entsprechend weitgehend der Regelung in § 15 Nr. 3 VGB 88 (vgl. dazu H 168 und Dietz 2 2.5.1-3). [H 168] bbb) Einschluß gemäß § 15 Nr. 3 VGB 88 In § 15 Nr. 3 I S. 1 VGB 88 heißt es im Gegensatz zu § 11 Nr. 1 III AFB 87 (und zu § 7 1 3 VGB 62), daß auch die notwendigen M e h r k o s t e n infolge b e h ö r d l i c h e r A u f l a g e n auf der Grundlage bereits vor E i n t r i t t des V s f a l l s e r l a s s e n e r G e s e t z e und V e r o r d n u n g e n ersetzt werden. Darunter fallen behördliche Baubeschränkungen aller Art, die einen Wiederaufbau verteuern und erschweren. Die schwierigste ist dabei zumeist die, daß nicht am Vsort wieder aufgebaut werden darf, weil am Vsort Neubauten der vten Art aufgrund der geltenden Bauordnung überhaupt nicht mehr zulässig sind. Für diesen wichtigen Fall heißt es allerdings in § 15 Nr. 3 III VGB, daß dann die Mehrkosten nur in dem Umfang ersetzt werden, in dem sie auch bei der Wiederherstellung an der bisherigen Stelle entstanden wären. Es werden also solche zusätzlich aus der Ortsverschiedenheit resultierenden Mehrkosten nicht ersetzt. Es werden aber sonstige Mehrkosten aufgrund behördlicher Auflagen im Gegensatz zu der Regelung nach § 11 Nr. 1 III AFB 87 vom Ver getragen. Als Beispiel sei der Fall genannt, daß durch das entsprechende Baurecht für Bauten der in Frage stehenden Art der Einbau von F e u e r s c h u t z t ü r e n verlangt wird. Entsprechendes gilt, wenn für die Abstützung bestimmter Räume z u s ä t z l i c h e P f e i l e r oder z u s ä t z l i c h e M a u e r n verlangt werden. Ferner ist an solche Fälle zu denken, in denen die zuständige Baubehörde im Schadenfall die Auswechslung sämtlicher intakt gebliebener Pfähle bei einer sogenannten Pfahlgründung verlangt, weil bei einer Neubebauung v e r s t ä r k t e P f a h l f u n d a m e n t e nach neueren Bauausführungsvorschriften vorgeschrieben sind. Solche Kosten sind wohl nach § 15 Nr. 3 I VGB 88 vert, nicht aber nach § 11 Nr. 1 III AFB 87 (und § 7 I 3 VGB 62). Dabei können die Verhältnisse in tatsächlicher Beziehung so gestaltet sein, daß die Auswechslung der intakt gebliebenen Pfähle aufgrund der geänderten baurechtlichen Genehmigungspraxis zur Folge hat, daß der ebenfalls ganz oder teilweise intakt gebliebene Kellerfußboden auszuwechseln ist. Auch derartige Mehrkosten sind gemäß § 15 Nr. 3 VGB 88 zu ersetzen. Hingegen sind gemäß § 11 Nr. 1 III AFB 87 (und § 7 I 3 V G B 62) vom Ver nur die 702

Johannsen/Johannsen

Anm. H 168

I. Hauptpflichten des Feuervers

Kosten für den beschädigten Teil des Kellerfußbodens zu tragen. Dabei steht dann dem Ver der Einwand nicht zu, daß diese Kosten auch ohne die Beschädigung mit Rücksicht auf die behördlich vorgeschriebene Pfahlauswechslung angefallen wären. Denn der Ver kann sich bezüglich seiner vertraglich geschuldeten Zahlungsverpflichtung nicht auf den aus dem Schadenersatz geläufigen Rechtsgedanken berufen, daß der Schaden ohnedies durch die nachfolgende hypothetische Schadenursache (Reserveursache) eingetreten wäre. Dagegen sprechen vielmehr Sinn und Zweck der vertraglichen Leistungspflicht des Vers (vgl. dazu BGH 15. VI. 1951 BGHZ 2 S. 336-339 [zum Seekaskorecht]; Möller MDR 1950 S. 393-397; Pfennigstorf VersR 1964 S. 360363; ferner Bd V 1 J 122-125 m. w. N.). In § 15 Nr. 3 I S. 2 VGB 88 heißt es ferner einschränkend, daß dann, wenn b e h ö r d l i c h e A u f l a g e n mit F r i s t s e t z u n g schon vor Eintritt des Vsfalls erteilt wurden, die dadurch entstehenden Mehrkosten nicht vert sind. Als Beispiel sei dafür der Erlaß eines Verwaltungsaktes des Inhalts genannt, daß innerhalb einer bestimmten Frist F e u e r s c h u t z t ü r e n einzubauen seien. War dieser Verwaltungsakt bereits rechtsbeständig, so fallen die Mehrkosten für solche Feuerschutztüren nicht unter den Vsschutz. War ein derartiger Verwaltungsakt vom Vmer angefochten, so kommt es darauf an, ob der Vmer nach dem materiellen Baurecht mit seiner Anfechtungsklage Erfolg gehabt hätte oder nicht. Denkbar ist es auch, daß eine r e c h t s b e s t ä n d i g e A b b r u c h v e r f ü g u n g vorlag. Dann geht es aber nicht um den Ersatz von Mehrkosten. Vielmehr ist zu ermitteln, was für ein Betrag als g e m e i n e r W e r t für ein solches zum Abbruch bestimmtes Gebäude zu ersetzen ist (vgl. dazu H 150). Anders verhält es sich dann, wenn zwar eine rechtsbeständige Abbruchverfügung besteht, dem Vmer aber behördlich ein dauerndes Nutzungsrecht zugestanden worden ist, weil er das Gebäude ohne Kenntnis der baurechtlichen Verstöße seines Rechtsvorgängers erworben und es auch schon langjährig bewohnt hatte. Ausgeschlossen sind nach § 15 Nr. 3 II VGB 88 auch Mehrkosten, die dadurch entstehen, daß an sich wieder verwertbare Reste der vten und vom Schaden betroffenen Sachen infolge behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen nicht mehr verwertet werden dürfen. Darunter fallen aber nicht die oben erwähnten alten Pfähle einer Pfahlgründung, da es insoweit an einer Wiederverwendbarkeit nach objektiven Abgrenzungskriterien überhaupt fehlt. Zu bedenken ist im übrigen, daß die Verwertbarkeit von Resten in der Vspraxis kaum noch eine die Leistungspflicht des Vers wesentlich beeinflussende Rolle spielt (abgesehen vom Gebrauchtwagenmarkt). Zumeist finden sich z.B. für B r a n d r e s t e in der heutigen „Wegwerfgesellschaft" keine Käufer. Häufig ergibt sich vielmehr sogar, daß der Ver für die Beseitigung solcher Reste zusätzlich im Rahmen des Vsschutzes für Aufräumungskosten einzutreten hat (vgl. ergänzend H 200-201).

Nach § 15 Nr. 3 IV VGB 88 gilt für den Einschluß notwendiger Mehrkosten infolge behördlicher Auflagen eine Entschädigungsgrenze von 5 % . Ist allerdings durch eine individuelle Vereinbarung abweichend von § 17 Nr. 1 VGB 88 eine höhere Entschädigungsgrenze für Aufräumungs-, Bewegungs- und Schutzkosten gemäß § 2 Nr. 1 a) und b) VGB 88 vereinbart worden, so wird im Regelfall daraus zu schließen sein, daß das auch für Mehrkosten gemäß § 15 Nr. 3 VGB 88 gelten soll. Eine Verbesserung der Rechtsstellung des Vmers für Mehrkosten infolge behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen bezüglich Restwerte stellt die K l a u s e l 7360 dar. Nach Nr. 1 dieser Klausel sind abweichend von § 15 Nr. 3 II VGB 88 bei der Anrechnung des Wertes wiederverwertbarer Reste vter und vom Schaden betroffener Sachen behördliche Wiederherstellungsbeschränkungen zu berücksichtigen. Der Vmer wird damit also nicht mehr zu seinem Nachteil so behandelt, als wären diese Sachen entgegen behördlichem Verbot wieder verwertbar. Das wird allerdings gemäß Johannsen/Johannsen

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Anm.H 170

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Nr. 2 S. 1 der Klausel dahin eingeschränkt, daß es nur für solche Wiederherstellungsbeschränkungen gilt, die auf der Grundlage von vor Eintritt des Vsfalls erlassener Gesetze und Verordnungen beruhen. Diese Verbesserung des Vsschutzes greift aber nach Nr. 2 S. 2 der Klausel dann nicht ein, wenn es schon vor Eintritt des Vsfalls zu behördlichen Auflagen mit entsprechenden Fristsetzungen gekommen war. [H 169] gg) Wiederaufbau- und Wiederbeschaffungsklauseln aaa) Einfache Wiederherstellungsklauseln In der Regulierungspraxis der Feuerv ist bei G e b ä u d e s c h ä d e n zu beachten, daß sich die G r u n d p f a n d r e c h t e gemäß § 1127 B G B auch auf die Vsforderung erstrecken. Vergewissert sich der Ver nicht des Einverständnisses des Grundpfandgläubigers mit der Auszahlung des dem Zeitwert entsprechenden Teils der Vsforderung an den Vmer, so kann er unter Umständen Gefahr laufen, daß seine Leistung vom Grundpfandgläubiger nicht akzeptiert wird und im Verhältnis zu diesem noch einmal zu erbringen ist (für Einzelheiten zu dieser komplizierten gesetzlichen Regelung vgl. die zusammenfassende Darstellung in J 1-99). Zur Erinnerung daran, daß dergestalt die Interessen des Grundpfandgläubigers bei der Schadenregulierung zu berücksichtigen sind, werden in älteren Vsbedingungen sog. e i n f a c h e W i e d e r h e r s t e l l u n g s k l a u s e l n eingefügt. So heißt es z.B. in § 17 III 1 A F B 30, daß für Gebäude, die zur Zeit des Schadenfalles mit Hypotheken, Reallasten, Grund- oder Rentenschulden belastet sind, die Entschädigung nur gezahlt wird, soweit ihre Verwendung zur Wiederherstellung gesichert ist. Das wird in § 17 III 2 A F B 30 dahin ergänzt, daß die Zahlung vorbehaltlos geleistet wird, soweit die am Schadentag eingetragenen Realgläubiger sich schriftlich einverstanden erklären oder selbst zur Empfangnahme der Entschädigung berechtigt sind. Eine entsprechende Regelung findet sich in § 19 III V G B 62. Ungeachtet dessen, daß sich solche einfachen Wiederherstellungsklauseln in den A F B 87 und den V G B 88 nicht finden, ist diese besondere Verknüpfung der Auszahlung des den Zeitwert betreffenden Teils der Vsentschädigung mit der Rechtsposition des Grundpfandgläubigers stets zu beachten. Das gilt aber nicht für den den N e u w e r t betreffenden Teil der Vsforderung bezüglich der Gebäudeschäden. Denn dieser ist an die Grundpfandgläubiger nicht auszuzahlen, (vgl. dazu J 23 und 54). [H 170] bbb) Strenge Wiederherstellungs- und Wiederbeschaffungsklauseln α) Zur Rechtswirksamkeit der Befristung Für den Bereich der Neuwertv haben die Ver sog. s t r e n g e W i e d e r a u f b a u - und W i e d e r b e s c h a f f u n g s k l a u s e l n geschaffen. In ihnen ist festgelegt, daß die Ver die Neuwertentschädigung nur dann zahlen müssen, wenn s i c h e r g e s t e l l t ist, daß es zum W i e d e r a u f b a u oder zur W i e d e r b e s c h a f f u n g kommt. In diesem Sinne heißt es in § 11 Nr. 5a) A F B 87 (und § 15 Nr. 4 I V G B 88), daß der Vmer auf den Teil der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt, einen A n s p r u c h nur erwirbt, soweit und sobald er i n n e r h a l b v o n drei J a h r e n nach dem Eintritt des Vsfalles s i c h e r g e s t e l l t hat, daß er die Entschädigung verwenden wird, um ein G e b ä u d e in gleicher Art und Zweckbestimmung an der b i s h e r i g e n S t e l l e w i e d e r h e r z u s t e l l e n . Das Letztere wird allerdings im zweiten Satzteil dahin aufgelockert, daß die Fixierung auf den Wiederaufbau am Vsort dann entfällt, wenn dieser an der bisherigen Stelle r e c h t l i c h n i c h t m ö g l i c h oder w i r t s c h a f t l i c h n i c h t zu v e r t r e t e n ist. Dann genügt es, wenn das Gebäude an anderer Stelle in der B u n d e s r e p u b l i k 704

Johannsen/Johannsen

Anm. H 170

I. Hauptpflichten des Feuervers

D e u t s c h l a n d wieder hergestellt wird (vgl. dazu und zu weiteren örtlichen Begrenzungen H 173 m. w. Ν.). Entsprechende Fristen sind in § 11 Nr. 5 b) und c) AFB 87 für die Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung von b e w e g l i c h e n S a c h e n oder G r u n d s t ü c k s b e s t a n d t e i l e n verankert. Gegen die Rechtswirksamkeit solcher Wiederaufbau-, Wiederherstellungs- und Wiederbeschaffungsklauseln bestehen im Grundsatz keine Bedenken (vgl. nur BGH 9.X. 1974 VersR 1975 S. 31-32, 6.VI. 1984 VersR 1984 S. 843-844 [844], 8.VI. 1988 VersR 1988 S. 925-926; 13. XII. 2000 VersR 2001 S. 326-327 = NVersZ 2001 S. 179-180 [mit unzutreffendem L. S. Nr. 1]; ferner Möller Bd II Anm. 24, 27 zu § 49 m. w. N. und Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 25 zu § 17 AFB 30). Denn der Ver gewährt dem Vmer mit der Zusage einer Entschädigung auf der Basis des Neuwerts mehr als in der dispositiven gesetzlichen Regelung des § 88 vorgesehen ist, die in modifizierter Form vom Zeitwert als Entschädigungsprinzip ausgeht. Demgemäß ist es im Rahmen der V e r t r a g s f r e i h e i t grundsätzlich als angemessen zu bewerten, daß der Ver die Auszahlung der Differenz zwischen dem Zeit- und dem Neuwert von der S i c h e r s t e l l u n g d e r W i e d e r h e r s t e l l u n g eines Gebäudes abhängig macht. Das gesagte gilt um so mehr, als § 97 sogar von der Rechtswirksamkeit solcher Wiederaufbauklauseln bei einer Entschädigung auf Zeitwertbasis ausgeht. Dabei ist im übrigen zu beachten, daß der Vmer den auf den Ersatz des Zeitwerts gerichteten Vsanspruch in Höhe der dinglichen Belastungen unter Umständen nur gemeinsam mit dem Grundpfandgläubiger durchsetzen kann (vgl. dazu BGH 13. XII. 2000 a.a.O. und J 14 m. w. N.). Für die Ersatzpflicht bezüglich beweglicher Sachen fehlt es an einer § 97 entsprechenden Vorschrift. Es ist aber zu bedenken, daß nach § 55 mangels abweichender vertraglicher Bestimmungen vom Ver nur der Wert der beschädigten oder zerstörten Sachen zum Zeitpunkt des Schadeneintritts zu ersetzen ist. Geht der Ver in seinem Leistungsversprechen über die gesetzlich vorgesehene Entschädigungshöhe zugunsten des Vmers hinaus, so steht es ihm frei, diese zusätzliche Leistung an sachlich einleuchtende Bedingungen wie den Nachweis einer Sicherstellung der Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung zu knüpfen. Zu betonen ist, daß solche strengen Wiederaufbau- und Wiederbeschaffungsklauseln im Rahmen der Vertragsfreiheit - ungeachtet dessen, daß nach heute h.M. das Bestehen eines ungeschriebenen gesetzlichen Bereicherungsverbots zu verneinen ist (vgl. dazu Η 144 m.w.Ν.) - u n e i n g e s c h r ä n k t w e i t e r h i n w i r k s a m sind. Zwar sind die Ver in der Bedingungsgestaltung in dem Sinne frei, daß sie sich vertraglich verpflichten können, den Neuwertanteil auch ohne einen Nachweis der Sicherstellung des Wiederaufbaus oder der Wiederbeschaffung auszuzahlen (wie das z.B. in den VHB 84 geschehen ist). Genauso steht es den Vern aber auch frei, solche strengen Wiederaufbau- oder Wiederbeschaffungsklauseln beizubehalten. Es ist allein eine geschäftspolitische Entscheidung, ob solche Klauseln beibehalten werden oder nicht. Dem Ver bleibt es ferner - vorbehaltlich der Rechte der Realgläubiger - u n b e n o m m e n , den N e u w e r t a n t e i l auch dann s c h o n a u s z u z a h l e n , wenn die Sicherstellung der Wiederherstellung oder der Wiederbeschaffung vom Vmer noch nicht nachgewiesen worden ist. Bleibt bei einer solchen vorgezogenen Auszahlung streitig, ob gewisse Schadenpositionen zu ersetzen sind, so kann der Ver unter Umständen gegen Treu u n d G l a u b e n verstoßen, wenn er im Prozeß bezüglich dieses Schadenanteils einwendet, daß eine Sicherstellung nicht nachgewiesen worden sei. Ein solcher Verstoß ist aber dann zu verneinen, wenn der Ver im Zusammenhang mit seiner „Abschlußzahlung" erklärt, daß er sich bis zum Ablauf weiterer 18 Monate bezüglich des strittigen Teils auf eine Verfristung nicht berufen werde. Denn dann muß der Vmer damit rechnen, daß sich diese Erklärung nicht nur auf die Verjährung sondern auch auf die damit angemessen verlängerte Frist zum Nachweis einer SicherJohannsen/Johannsen

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Anm. H 170

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Stellung eines Wiederaufbaus, einer Wiederherstellung oder einer Wiederbeschaffung bezieht. Fraglich ist, welche Rechtsnatur den Wiederaufbauklauseln zukommt. Vom R G 19. VI. 1931 R G Z 133 S. 117-124 ist in einem Schadenfall aus dem Jahre 1926 eine W i e d e r h e r s t e l l u n g s k l a u s e l folgenden Inhalts als O b l i e g e n h e i t eingeordnet worden: „Im Schadenfalle wird die Entschädigung für die vten Betriebsgebäude und die Maschinen nur zu Wiederherstellung d. h. zum Wiederaufbau gleichartiger, denselben Zwecken dienender Gebäude und Maschinen an derselben Stelle gezahlt. Kann die Wiederherstellung aus zwingenden Gründen überhaupt nicht erfolgen, und ist die Sozietät bereit, in Anerkennung dieser Gründe von der Wiederherstellung abzusehen, so verliert der Vmer den Anspruch auf ein Drittel der für die nicht wiederhergestellten Gebäude und Maschinen berechneten Entschädigung. " Das R G folgte damit der Auffassung von Bruck Lehrbuch S. 468-469. In der Folgezeit ist in Ubereinstimmung mit dem RG eine Reihe von Entscheidungen ergangen, in denen entsprechende Klauseln als Obliegenheiten eingeordnet worden sind (vgl. die Nachweise bei Möller Bd II Amn. 27 zu § 49). In der deutschen Nachkriegsrechtsprechung ist dagegen mit den oben aufgeführten BGH-Entscheidungen für die heute verwendeten strengen Wiederaufbauklauseln stets davon ausgegangen worden, daß es sich nicht um Obliegenheiten handelt, sondern um nach objektiven Kriterien zu beurteilende Eingrenzungen des materiellen Leistungsversprechens des Vers. Dem ist beizupflichten (ebenso Boldt 7 S. 230, Dörner-Staudinger in BK R N 14 zu § 97, Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 97, Langheid in Römer-Langheid R N 11 zu § 97, Martin3 R IV 18-24, Wussow2 Anm. 13 zu § 17 AFB, ferner O G H 23. II. 1999 VersR 2000 S. 659-600 m.w.N., abweichend Fenyves VsRdsch 1992 S. 117ff; auch Möller Bd II Anm. 24, 27 zu § 49 favorisiert die Obliegenheitslösung). Es ist danach die Zahlungsverpflichtung des Vers bezüglich des Neuwertanteils daran geknüpft, ob fristgemäß eine Sicherstellung des Wiederaufbaus gegeben ist oder nicht. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, erstarkt das bis dahin bestehende A n w a r t s c h a f t s r e c h t des Vmers zu einem V o l l r e c h t . Gelingt es dem Vmer nicht, innerhalb der A u s s c h l u ß f r i s t die Sicherstellung zu erreichen, so e r l i s c h t grundsätzlich das A n w a r t s c h a f t s r e c h t des Vmers. Davon gibt es nur seltene Ausnahmen, die auf Treu und Glauben beruhen (vgl. dazu H 175). Zum Verständnis der in der rechtlichen Einordnung der Wiederaufbauklauseln abweichenden Judikatur des R G ist zu bemerken, daß von dem Gericht k e i n e N e u w e r t e n t s c h ä d i g u n g s f ä l l e zu beurteilen waren. Es ging vielmehr um Klauseln, nach denen die Z e i t w e r t e n t s c h ä d i g u n g nur t e i l w e i s e auszuzahlen war, wenn kein Wiederaufbau innerhalb der in den Klauseln vorgesehenen Fristen sichergestellt worden war. Es ist daher verständlich, daß das Gericht bei einer solchen kaum nachvollziehbaren Klauselgestaltung Überlegungen anstellte, ob dem Vmer durch die Anwendung obliegenheitsrechtlicher Grundsätze geholfen werden könne. In den heute einschlägigen Standardbedingungswerken sind solche Klauseln nicht mehr zu finden. Eine Ausnahme bildet die Klausel 1716, wenn man sie mit Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 97 dahin interpretiert, daß sie sich auch auf die Zeitwertentschädigung beziehe. In der Tat wird nach dem Wortlaut dieser Klausel bestimmt, daß die Entschädigungsleistung für im Vsvertrag besonders bestimmte Sachen nur zu zwei Drittel auszuzahlen ist. Das letzte Drittel wird nur ausgezahlt, wenn binnen drei Jahren nach Eintritt des Vsfalls vom Vmer sichergestellt worden ist, 706

Johannsen/Johannsen

Anm. H 171

I. Hauptpflichten des Feuervers

daß Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung errichtet werden. Da die Neuwertleistung nach § 11 Nr. 5 a) A F B ohnedies nur nach einer solchen Sicherstellung zu entrichten ist, scheidet eine Anwendung der Klausel 1716 im Neuwertbereich gedanklich aus. Entgegen der Auffassung von Kollhosser a.a.O., der sich für seine Meinung auf ein unveröffentlichtes Urteil des O L G Hamburg vom 26. II. 1982 stützt, bestehen gegen eine solche Kürzung der Zeitwertentschädigung rechtliche Bedenken nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze des Sachvsrechts. Zwar geht § 97 von der Wirksamkeit solcher Klauseln aus. Indessen ist die tatsächliche Rechtsentwicklung gegenläufig. Es entspricht heute dem Verständnis eines durchschnittlichen Vmers, daß ihm im Schadenfall der tatsächliche Wert (Zeitwert) der zerstörten oder beschädigten Sachen ersetzt wird. Es wird von ihm auch durchaus akzeptiert, daß er den Differenzbetrag zwischen dem Zeit- und dem Neuwert nur erhält, wenn insoweit der Wiederaufbau oder die Wiederherstellung sichergestellt ist. Es ist aber nicht einzusehen, warum in solchen Fällen des Nichtwiederaufbaus die Zeitwertentschädigung gekürzt wird. Dabei ist zu bedenken, daß der Zeitwert eines Gebäudes zwar in § 5 Nr. 1 b) A F B 87 dahin definiert wird, daß er sich aus dem Neuwert des Gebäudes abzüglich seines insbesondere durch seinen Abnutzungsgrad bestimmten Zustandes ergibt, daß er aber im Regelfall dem Verkaufspreis (unter Abzug des Bodenwerts) entspricht, wenn ein solcher Verkauf unmittelbar vor dem Eintritt des Vsfalls vorgenommen worden wäre. Eine Kürzung der nach § 5 Nr. 1 b) A F B 87 zu erbringenden Entschädigungsleistung um ein Drittel durch eine schlicht dem Vertragswerk als Ergänzung beigefügte Klausel ist daher zu beanstanden. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn eine solche Klausel individuell ausgehandelt worden ist. Das Bedenkliche ergibt sich daraus, daß es in der modernen Vertragsgestaltung als a l l g e m e i n e r G r u n d s a t z des V s r e c h t s und der V s p r a x i s anzusehen ist, daß die F ä l l i g k e i t der Z e i t w e r t e n t s c h ä d i g u n g nicht mehr an einen Wiederaufbau oder an eine Wiederherstellung geknüpft wird. Davon unberührt bleibt allerdings, daß der Ver sich mit Rücksicht auf die sich nach § 1127 B G B erstreckenden Rechte des Grundpfandgläubigers an der Vsforderung vor einer Auszahlung des Zeitwertes des Einverständnisses des Grundpfandgläubigers vergewissern muß und gegen dessen Willen nur mit für den letzteren verbindlicher Wirkung auszahlen kann, wenn er sich davon überzeugt hat, daß die Wiederherstellung des Gebäudes sichergestellt ist (vgl. dazu H 169).

[ H 171] β) Sicherstellung der Wiederherstellung In SS 11 Nr. 5 a) A F B 87 und 15 Nr. 4 V G B 88 ist festgelegt, daß der Vmer den Anspruch auf den Teil des Schadens, der den Zeitwert übersteigt, nur erwirbt, soweit und sobald er innerhalb von d r e i J a h r e n nach Eintritt des Vsfalls s i c h e r g e s t e l l t hat, daß er die Entschädigung verwenden wird, um vte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung w i e d e r h e r z u s t e l l e n oder w i e d e r z u b e s c h a f f e n . Das bedeutet nicht, daß der Akt der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung innerhalb der genannten Frist vollzogen sein muß. Auch braucht der Vmer mit dem Wiederaufbau noch nicht begonnen zu haben. Er muß aber solche Maßnahmen getroffen haben, aus denen sich ergibt, daß er ernsthaft den Wiederbeschaffungs- oder Wiederaufbauwillen umsetzen will. Wann das der Fall ist, muß ganz nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Bei b e w e g l i c h e n S a c h e n ist das relativ einfach. Dem Ver genügt die Vorlage eines schriftlichen Kauf- oder Werkvertrages. Das gilt auch dann, wenn in diesen Verträgen dem Vmer ein Rücktrittsrecht für den Fall eingeräumt ist, daß der Ver die Auszahlung der Vssumme verweigert. Ist der Vertrag nur mündlich zustande gekommen, so ist eine schriftliche Bestätigung des Vertragspartners gewiß auch ausreichend. Bei Gebäuden ist in erster Linie eine Dokumentation eines Johannsen/Johannsen

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Anm. H 171

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

ernsthaften Wiederaufbauwillens in dem Abschluß eines B a u v e r t r a g e s über die Wiederherstellung oder Neuerrichtung eines B a u w e r k s g l e i c h e r A r t und Z w e c k b e s t i m m u n g zu sehen. Das gilt allerdings dann nicht, wenn in dem Bauvertrag ein begründungsloses generelles Rücktrittsrecht des Vmers vorgesehen ist ( O L G Hamm 6. V. 1983 VersR 1984 S. 175-176). Hingegen schadet dem Vmer auch hier ein nur für den Fall einer Deckungsverweigerung eingeräumtes Rücktrittsrecht nicht. Gleichzusetzen ist dem Abschluß eines Bauvertrages der Kauf eines Fertighauses ( O L G Hamm a.a.O.). Nicht genügend ist die Erteilung einer Baugenehmigung. Denn damit ist nicht die Sicherheit gegeben, daß tatsächlich gebaut wird. Der Abschluß eines Bauvertrages genügt im übrigen dann nicht, wenn er sich auf den Bau eines Objektes bezieht, das so sehr von den örtlichen Bauvorschriften abweicht, daß mit einer Genehmigung nicht zu rechnen ist. In solchen Fällen wird es im übrigen nicht selten an dem Erfordernis der Errichtung eines Gebäudes gleicher Art und Zweckbestimmung fehlen (vgl. dazu die Beispielsfälle in H 172). Kann der Vmer keinen Werkvertrag über den Gebäudebau vorlegen, weil er den Wiederaufbau im Eigenbau vornehmen will, so kann unter Umständen der K a u f v o n B a u m a t e r i a l i e n in großem Umfang in Verbindung mit einer t e i l w e i s e n A b t r e t u n g der Vsforderungen an den Lieferanten gemäß § 98 als Sicherstellung bewertet werden (so DörnerStaudinger in B K R N 16 zu § 97). Das gilt insbesondere dann, wenn der Vmer aufgrund erteilter Baugenehmigung mit der Bauausführung auch schon begonnen hat, mag diese auch wegen anderweitiger Berufstätigkeit des Vmers nur am Wochenende erfolgen. N i c h t a u s r e i c h e n d ist es, wenn von dem Vmer lediglich ein Auszug aus dem Bauvertrag vorgelegt wird. Das gleiche gilt, wenn dem Ver nur ein nicht von beiden Vertragsteilen unterzeichneter Vertrag übermittelt wird. Denn dann kann der Ver nicht sicher sein, ob es sich nicht in Wirklichkeit nur um einen im Rechtssinne unverbindlichen Entwurf handelt. Verlangt der Ver deshalb die Vorlage eines von beiden Vertragspartnern unterzeichneten Exemplars, so ist das sachgerecht. Der Ver hat daher durch ein solches Verlangen keine Veranlassung zu einer Klage des Vmers gegeben. Erhält der Ver daher erst mit der Klagschrift ein mit allen Unterschriften versehenes Exemplar, so sind bei sofortigem Anerkenntnis des Vers nach § 93 Z P O die Kosten des Rechtsstreits vom Vmer zu tragen. Hat der Vmer den Ver durch Vorlage nicht e r n s t h a f t g e m e i n t e r oder f i n g i e r t e r U n t e r l a g e n zur Auszahlung bewogen, so kann der Ver die auf den Neuwertanteil geleistete Zahlung nach § 812 B G B aus u n g e r e c h t f e r t i g t e r B e r e i c h e r u n g zurückfordern ( B G H 12. IV. 2001 VersR 2001 S. 1020-1022=ΝVersZ 2001 S. 519-521). Fraglich ist, ob der Ver eine Rückzahlung auch dann verlangen kann, wenn der Vmer nach Sicherstellung des Wiederaufbaus oder der Wiederherstellung seine entsprechende Absicht aufgibt und das Geld für andere Zwecke verwendet. Von Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 14 zu § 97 wird ein solcher Anspruch verneint (ebenso Martin 3 R IV 39). Dem ist zuzustimmen. Daß die Zahlung gegenüber den Grundpfandgläubigern wirksam ist, ergibt sich aus §§ 97, 99 (vgl. dazu J 28). Sie stellt aber auch im Verhältnis zu dem Vmer eine abschließende und endgültige Regelung des Anspruchs dar, weil nach den Bedingungen nicht der Wiederaufbau oder die Wiederherstellung sondern nur deren Sicherstellung Anspruchsvoraussetzung ist (so B G H 28. V. 1986 VersR 1986 S. 756-758 zu der früheren Neuwertregelung in § 13 AKB, auch B G H 13. VI. 2001 a.a.O. zu § 11 A F B 87 hält eine Rückforderung nur für zulässig, wenn die Sicherstellung durch fingierte Unterlagen vorgetäuscht worden ist). Eine sorgfältige Prüfung des Vers, ob die bestimmungsgemäße Verwendung des Geldes gesichert ist, ist deshalb geboten. Daß in Ausnahmefällen dennoch keine Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung erfolgt, muß hingenommen werden. Dabei ist auch zu bedenken, daß die Änderung des Entschlusses des Vmers, den ver708

Johannsen/Johannsen

Anm. H 172

I. Hauptpflichten des Feuervers

traglichen Bestimmungen entsprechend wieder aufzubauen, auf verständlichen Motiven beruhen kann. Das gilt insbesondere, wenn nur die örtliche Begrenzung von § 11 Nr. 5 a A F B 87 nicht eingehalten wird. Als Beispiel sei des Falls gedacht, daß ein landwirtschaftlicher Nutzbau weder auf dem Vsgrundstück noch in den benachbarten Gemeinden (trotz gebotener weiter Auslegung dieses Begriffs) errichtet wird, sondern auf einem 300 km entfernt liegenden landwirtschaftlichen Grundstück, das der Schwiegervater dem Vmer überläßt, um so im Wege der vorgenommenen Erbfolge eine Hofübergabe an die Tochter und den Schwiegersohn einzuleiten. [ H 172] γ) Zur Gleichartigkeit des neuen Gebäudes In § 11 Nr. 5 a) A F B 87 wird zur Voraussetzung für die Entschädigungspflicht des Vers bezüglich des Neuwertanteils gemacht, daß Gebäude in g l e i c h e r A r t und Z w e c k b e s t i m m u n g wiederhergestellt werden (ebenso § 15 Nr. 4 V G B 88 und § 7 Nr. 1 a) N w i G 80). Hingegen wird in § 7 I l l a ) V G B 62 nur die Wiederherstellung des Gebäudes als Voraussetzung genannt (sachlich entsprechen dem §§ 3 I S. 1 NwSoBedluG und 3 I S. 1 NwSoBedlG). Die letztgenannten älteren Bedingungsbestimmungen sind vorzuziehen, da es dabei nur auf die Errichtung von Gebäuden ankommt und kein Streit darüber entstehen kann, ob es sich um Gebäude gleicher Art und Zweckbestimmung handelt. Was diese Voraussetzung in § 11 Nr. 5 a) A F B 87 anbetrifft, so ist ein einleuchtendes sachliches Interesse des Vers an einer solchen Einschränkung nur insoweit nachvollziehbar, als der Ver n i c h t für z u s ä t z l i c h e K o s t e n aufkommen will, die durch die Errichtung von Gebäuden in a n d e r e r A r t und Z w e c k b e s t i m m u n g entstehen können. Es wäre demgemäß eine solche Bedingungsänderung erwägenswert. Das ändert aber nichts daran, daß die aufgeführten Bedingungsregelungen zu respektieren sind, da es dem Ver im Rahmen der Vertragsfreiheit offen steht, ob er überhaupt auf Neuwertbasis abschließen will und in welchem Umfang. Immerhin mag der Hinweis auf das hinter dem Sinn der Bedingungsregelung eigentlich stehende materielle Interesse des Vers zum Anlaß dafür genommen werden, keine kleinliche Abgrenzung des Begriffs „Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung" vorzunehmen. Das bedeutet, daß nicht vom strikten Wortlaut im Sinne einer „Gleichheit" auszugehen ist, sondern die Regelung in dem Sinne zu verstehen ist, daß eine dem zerstörten Gebäude ä h n l i c h e Gebäudeart und Zweckbestimmung genügt. Zu beachten ist allerdings, daß die Rechtsprechung auch ohne ausdrücklichen Hinweis in den Bedingungsbestimmungen darauf, daß Gebäude in gleicher Art und mit gleicher Zweckbestimmung wiederhergestellt werden müßten, zu einer Einschränkung der Eintrittspflicht des Vers gekommen ist, die sie letzten Endes dem damals so empfundenen Ausnahmecharakter der Neuwertv und der Bindung an den Wiederaufbau an O r t und Stelle (vgl. dazu Η 173) entnommen hat. So war im Falle B G H 9 . X . 1974 VersR 1975 S. 31-32 in der Wiederherstellungsklausel festgelegt, daß der Vmer den Anspruch auf Zahlung des den Zeitwert übersteigenden Teils der Entschädigung nur insoweit erwirbt, als dieser Teil zusammen mit der Zeitwertentschädigung den Wiederherstellungsaufwand nicht übersteige und in dem Umfang, in dem er die Verwendung der Entschädigung zur Wiederherstellung an der bisherigen Stelle gesichert habe. Ausgehend von dieser Klausel hat der B G H die auf Zahlung des Neuwertentschädigungsteil gerichtete Klage des Vmers abgewiesen, der an Stelle eines abgebrannten S t a l l g e b ä u d e s ein W o h n h a u s errichtet hatte. Der B G H führte dazu aus, daß insoweit kein aus dem Wirtschaftsbetrieb des Vmers folgendes dringendes Wohnbedürfnis gegeben sei. Von einem „Bereicherungsverbot" ist im übrigen in dieser Entscheidung nicht mehr die Rede. Es wird lediglich hervorgehoben, daß in der Neuwertv der Schaden ausgeglichen werde, der dem Vmer dadurch entstehe, daß er Johannsen/Johannsen

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Anm. H 173

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

einen höheren Betrag als den Zeitwert aufwenden müsse, um die vte Sache wiederherzustellen (ähnlich auch schon B G H 1. IV. 1953 B G H Z 9 S. 195-208). Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 8 zu § 97 faßt diese Rechtsprechung dahin zusammen, daß der Vmer keine Neuwertentschädigung verlangen könne, wenn er anstelle der zerstörten Gebäude ein völlig anders geartetes oder völlig anderen Zwecken dienendes Gebäude errichtet oder errichten will. Mit dieser Begründung ist vom B G H 6. VI. 1984 VersR 1984 S. 843-844 m.Anm. von Braun VersR 1985 S. 816-818 die Eintrittspflicht des Vers in einem Fall verneint worden, in dem ein großes Miethaus anstelle eines einfachen Wohnhauses errichtet worden ist (ebenso O L G Celle 21. VI. 1978 VersR 1979 S. 317-318 für die Errichtung einer Fremdenpension anstelle eines landwirtschaftlichen Gebäudes). Näher hätte es gelegen, eine Neuwertentschädigung in dem Umfang zuzusprechen, der entstanden wäre, wenn wieder ein einfaches Wohnhaus oder ein landwirtschaftliches Gebäude errichtet worden wäre. Zutreffend B G H 21.11.1990 VersR 1990 S. 486-487, der die Eintrittspflicht des Vers für den Bau einer eingeschossigen landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle mit getrenntem Wohnhaus anstelle eines zweigeschossigen Wohn- und Wirtschaftsgebäudes bejaht. In diesem Sinne ist zu Recht auch der Vsschutz für die Errichtung m e h r e r e r Flachgebäude anstelle eines m e h r s t ö c k i g e n Gebäudes bejaht worden ( O L G Schleswig 30. I X . 1987 N J W - R R 1989 S. 280-284). Dabei dienten diese Flachgebäude allerdings auch den gleichen Zwecken wie das mehrstöckige Gebäude. Vom O L G Hamm 15. X I I . 1980 VersR 1981 S. 270 ist ferner der Vsschutz für den Bau einer Eierlagerhalle anstelle eines Hühnerstalles bejaht worden. Das wird man entgegen der von Kollhosser a.a.O. R N 8 zu § 97 vertretenen Auffassung dann nicht als Grenzfall einzuordnen haben, wenn beachtet wird, daß die Grenze für die Leistungspflicht des Vers bei den Kosten für einen neuen Hühnerstall liegt. Bedenken bestehen dagegen hinsichtlich O L G Hamm 6. X I . 1991 ZfS 1992 S. 94-95, das den Vsschutz verneint hat in einem Fall, in dem ein Mietwohnhaus anstelle einer Gaststätte mit einer Einliegerwohnung gebaut worden ist. Errichtet der Vmer anstelle eines fünfstöckigen Geschäfts- und Wohnhauses ein solches Gebäude mit 11 Stockwerken, so ist der Ver ebenfalls im Risiko, begrenzt allerdings mit dem Kostenanteil für einen Neubau mit nur 5 Stockwerken. [H 173] 6) Zur Abschwächung des ortsgebundenen Wiederaufbauprinzips Nach § 11 Nr. 5a) A F B 87 (und § 15 Nr. 4 V G B 88) steht dem Vmer ein Anspruch auf den Teil der Entschädigung, der den Zeitwert übersteigt, nur zu, soweit er innerhalb von drei Jahren nach dem Eintritt des Vsfalls sichergestellt hat, daß die Entschädigung verwendet wird, um ein Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung an der b i s h e r i g e n S t e l l e wiederherzustellen. Diese Ortsgebundenheit wird im zweiten Satzteil dahin aufgelockert, daß die Sicherstellung der Errichtung eines Gebäudes an e i n e m a n d e r e n O r t in der B u n d e s r e p u b l i k Deutschland genügt, wenn ein Wiederaufbau an der bisherigen Stelle r e c h t l i c h n i c h t m ö g l i c h oder w i r t s c h a f t l i c h n i c h t zu v e r t r e t e n ist. Die erstgenannte Aufhebung der örtlichen Beschränkung ist ohne weiteres einleuchtend. Würde sie in der Bedingung nicht aufgeführt werden, so wäre es Aufgabe einer fortschrittlichen Rechtsprechung, eine solche Ausnahme zugunsten des Vmers nach dem Sinn und Zweck der Neuwertregelung herauszuarbeiten. Die zweite Ausnahme könnte bei wörtlicher Interpretation zu schwierigen Abgrenzungsstreitigkeiten führen. Das ergibt sich schon aus der unklaren Ausdrucksweise, daß ein solcher Bau „wirtschaftlich nicht zu vertreten" sei. In der Praxis wird diese Bedingungsregelung daher in der Weise verstanden, daß es genüge, wenn der Vmer diese Ansicht vertritt. Allerdings wird dabei von den Vern zur Bedingung für ein solches Zugeständnis gemacht, daß nicht mehr als für einen Aufbau an 710

Johannsen/Johannsen

Anm. H 173

I. Hauptpflichten des Feuervers

dem ursprünglichen Standort zu leisten sei und daß dem Ver ersparte Kosten auf Grund eines Wiederaufbaus an anderer Stelle zugute kommen. Beide Regulierungsmaximen entsprechen dem wohlverstandenen Sinn einer Neuwertregelung und sollten deshalb anstelle des leicht zu Mißverständnissen führenden Ausdrucks eines wirtschaftlich nicht vertretbaren Wiederaufbaus an O r t und Stelle in das Bedingungswerk eingefügt werden. Befindet sich das vte Gebäude im Ausland, so ist eine Bedingungsergänzung in der Weise geboten, daß es dem Vmer freigestellt wird, im gesamten E G - B e r e i c h wiederaufzubauen mit entsprechender Leistungspflicht des Vers für den Neuwertanteil. Dabei müßte allerdings wiederum klargestellt werden, daß zusätzliche Kosten, die durch einen solchen Wiederaufbau im Ausland entstehen, nicht zu ersetzen sind und daß der Ver, wenn die Kosten des Wiederaufbaus in einem anderen EG-Staat geringer sind als in dem EG-Staat des Vsortes, nur bis H ö h e der Kosten an dem neuen Vsort im Risiko ist. Fehlt es im übrigen an einer solchen Sonderregelung, so ergibt auch schon eine ergänzende Vertragsauslegung, daß es dem Vmer jedenfalls gestattet ist, von der Neuwertvergünstigung in der Weise Gebrauch zu machen, daß er entweder in dem betreffenden ausländischen Staat oder aber im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wiederaufbauen darf. - Es fragt sich im übrigen überhaupt, ob es nicht dem Sinn des durch das E G - R e c h t gewährten Anspruchs auf Freizügigkeit und freie Ausübung der beruflichen Tätigkeit im E G - B e r e i c h widerspricht, daß z. B. ein Franzose, der in der Bundesrepublik Deutschland arbeitet und dort im eigenen Haus wohnt, deshalb nicht in den Genuß der Neuwertentschädigung kommen soll, weil er nach dem Brand eine neue Stelle in Frankreich annimmt und dort wiederaufbaut. Freilich kann er diese Schwierigkeiten vermeiden, wenn er die Rechtsprechung kennt, daß bei einem nicht sichergestellten Wiederaufbau der Anspruch auf Zahlung der Neuwertentschädigung auf den Erwerber übergeht (vgl. dazu H 174 und J 30 m.w. N.) Denn dann kann er gegenüber dem Vertragspartner eine entsprechende Erhöhung des Kaufpreises durchsetzen. Läßt sich der Vertragspartner aber darauf nicht ein, so verbleiben dem Vmer nur die Möglichkeiten, entweder selbst an O r t und Stelle wiederaufzubauen und erst dann zu verkaufen oder aber einen Bauvertrag zur Sicherstellung abzuschließen. Im letztgenannten Fall kann es allerdings unter Umständen zu Rückforderungen des Vers kommen, wenn dieser nämlich erfährt, daß der Vmer tatsächlich niemals die Absicht hatte, an O r t und Stelle wiederaufzubauen (vgl. dazu H 171). § 7 Nr. l a ) N w i G 80 weicht von § 15 Nr. 5a) A F B 87 (und § 15 Nr. 4 V G B 88) dadurch ab, daß bei einer Wiederherstellung an einem anderen O r t k e i n e B e s c h r ä n k u n g auf das Gebiet der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d vorgesehen ist (so auch schon § 3 I der früher verwendeten Sonderbedingungen für die Neuwertv von Industrie und Gewerbe). Das stellt eine wesentliche V e r b e s s e r u n g zugunsten des Vmers dar. Mit ihr wird dem Verlangen der Industrie entsprochen, unter U m ständen einen Wiederaufbau außerhalb der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen. D e r Grund dafür ist zumeist der, daß in einem anderen Staat mit geringeren Lohnkosten produziert werden kann. Dagegen ist in § 3 I N w S o B e d l G eine für den Vmer ungünstige Regelung enthalten. Ausgegangen wird auch hier von dem Grundsatz, daß das Gebäude an O r t und Stelle wiederherzustellen ist. D o c h darf der Vmer davon ebenfalls abweichen, wenn die Wiederherstellung am bisherigen Vsort behördlich verboten oder wirtschaftlich nicht zu vertreten ist. Als Ausweichorte sind aber nur solche vorgesehen, die innerhalb d e r s e l b e n oder einer a n g r e n z e n d e n G e m e i n d e liegen. D e m kann teilweise durch eine möglichst w e i t e A u s l e g u n g des Begriffs der angrenzenden Gemeinde abgeholfen werden (vgl. dazu auch H 171 a. E.). Es ist aber dringend geboten, eine generelle Änderung im landwirtschaftlichen Bereich vorzunehmen. Es entspricht Johannsen/Johannsen

711

Anm. H 175

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

nicht mehr den heutigen Lebensverhältnissen, wenn ein Ver seine Bedingungen so gestaltet, als wäre es seine Aufgabe, einer „Landflucht" zu wehren. Wenn daher ein bäuerlicher Vmer seine Tätigkeit in ein anderes Land der Bundesrepublik Deutschland verlegen will, so gibt es keinen sachlich einzuleuchtenden Grund, ihm das nach einem Brandschaden durch Vsbedingungen der hier vorliegenden Art zu erschweren. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß in § 7 Illa) V G B 62 eine ähnlich einschneidende Regelung enthalten ist, nach der nämlich auf die Wiederherstellung innerhalb derselben oder einer angrenzenden Stadt oder Gemeinde abgestellt wird. Dieser Grundsatz ist aber zu Recht für das Neugeschäft durch § 15 Nr. 4 V G B 88 aufgegeben worden. [ H 1 7 4 ] ε) Veräußerung des Grundstücks vor Sicherstellung der Wiederherstellung Nach der Rechtsprechung des B G H geht bei einer G r u n d s t ü c k s v e r ä u ß e r u n g v o r e i n e r S i c h e r s t e l l u n g d e r W i e d e r h e r s t e l l u n g der Anspruch auf die N e u w e r t e n t s c h ä d i g u n g (genauer: das entsprechende Anwartschaftsrecht) auf den E r w e r b e r über (so B G H 8. VI. 1988 r + s 1988 S. 275-276 = VersR 1988 S. 926-927, 8. VIII. 1992 r + s 1992 S. 381-382 = VersR 1992 S. 1222-1223; kritisch dazu Schirmer r + s 1993 S. 81-88 und Dörner-Staudinger in B K 27 zu § 97; zustimmend Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 26 zu § 69, vgl. ferner ergänzend Römer ZNotP 1998 S. 213-218 und Langheid in Römer-Langheid R N 19 zu § 97). Dieser Rechtsprechung ist aus den i n j 30 und 117 m . w . N . dargestellten Gründen zu folgen. [ H 175] ζ) Überschreitung der Sicherstellungsfrist Gelingt dem Vmer die S i c h e r s t e l l u n g der Wiederherstellung oder der Wiederbeschaffung i n n e r h a l b d e r v e r t r a g l i c h e n A u s s c h l u ß f r i s t n i c h t , so geht das Anwartschaftsrecht auf die Zahlung der Neuwertdifferenz unter. Wie bei Versäumung der Ausschlußfrist nach § 12 III kann sich der Ver aber auf den Fristablauf dann nicht mit Erfolg berufen, wenn den Vmer k e i n V e r s c h u l d e n an der Fristwahrung trifft (a. M. Dörner-Staudinger in B K R N 29 zu § 97 unter Bezugnahme auf Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 7 zu § 97, der aber a.a.O. nur zum Ausdruck bringt, daß die Verschuldensgrundsätze des Obliegenheitsrechts nicht anzuwenden sind, vgl. auch Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 123). Da dem Vmer auch leichtes Verschulden bei der Versäumung der vertraglichen Ausschlußfrist schadet, sind solche Fälle einer schuldlosen Fristversäumnis sehr selten. Dabei ist zu bedenken, daß es nicht darauf ankommt, daß dem Ver die Mitteilung über die Sicherstellung während der Frist zugeht. Vielmehr ist entscheidend, daß die Sicherstellung während der Ausschlußfrist vorgenommen wird. Verunglückt der Vmer also am letzten Tag der Sicherstellungsfrist auf der Fahrt zum Ver, dem er den unterzeichneten Bauvertrag überbringen will, so hat das mit einem Ablauf der Sicherstellungsfrist nichts zu tun. Anders wäre der Fall zu beurteilen, daß der Vmer sich auf dem Wege zum Werkunternehmer befand, um dessen befristetes Angebot auf Abschluß des Bauvertrages am letzten Tag der Frist zu akzeptieren. Wacht der Vmer dann erst nach einer Woche im Krankenhaus wieder auf, so liegt eine unverschuldete Versäumung der Sicherstellungsfrist vor. Ein zeitgemäßes Beispiel wäre wohl dieses, daß der Vmer sich für einen Zweiwochenurlaub in ein amerikanisches oder asiatisches Ferienparadies begibt, dort entführt wird und erst nach 2 Monaten gegen eine Lösegeldzahlung freigelassen wird. Es wäre unbillig, wenn der Ver aus solchen unverschuldeten Fristversäumnissen Rechtsvorteile erlangen würde. Der Vmer ist aber gewiß gehalten, die versäumte Handlung o h n e S ä u m e n nach Wegfall des Umstandes, der die Wahrung der Frist verhinderte, nachzuholen. 712

Johannsen/Johannsen

Anm. H 175

I. Hauptpflichten des Feuervers

Hat der Ver zu Unrecht die Zahlung j e d e r E n t s c h ä d i g u n g verweigert, so verstößt ohnedies das Berufen des Vers auf die Versäumung der Ausschlußfrist durch den Vmer gegen T r e u u n d G l a u b e n ( B G H 6 . X I I . 1978 VersR 1979 S. 173-175; O L G H a m m 16.XII.1988 VersR 1989 S. 1082-1083 = r + s 1989 S. 195-196; O L G Celle 21. VI. 1989 r + s 1990 S. 93-95; zustimmend Dörner-Staudinger in B K R N 29 zu § 97; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 7 zu § 97; Langheid in Römer-Langheid R N 13 zu § 97, Martin 3 R IV 26). Dabei kommt es auf ein Verschulden des Vers nicht an. Dieses ist vielmehr nur dann von Bedeutung, wenn der Vmer den Ersatz eines über die reguläre Entschädigungsleistung hinausgehenden Verzugsschadens verlangt (vgl. dazu H 217). Entscheidend ist vielmehr, daß die Entschädigungsverweigerung nach dem Prozeßergebnis unbegründet war. Würde man gegenteilig entscheiden, so würde das bedeuten, daß der Ver aus einer unbegründeten Vsschutzablehnung einen Vorteil erlangt. Lehnt der Ver jedwede Entschädigungsleistung ab, so wird der Vmer im Regelfall auf Zahlung der Zeitwertentschädigung klagen. Dabei ist aber zu bedenken, daß in denjenigen Fällen, in denen das Grundstück mit Grundpfandrechten belastet ist, vom Vmer bezüglich des Zeitwerts Leistungen nur an den Grundpfandgläubiger und sich selbst gemeinsam verlangen kann (so B G H 13. XII. 2000 VersR 2001 S. 326-327 = NVersZ 2001 S. 179-180, vgl. ergänzend J 14 m.w.N.). Daneben kann bezüglich der Neuwertentschädigung nur dann auf Zahlung geklagt werden, wenn die Wiederherstellung sichergestellt ist ( B G H 13. XII. 2000 a.a.O.). Ist das nicht der Fall, so kann der Vmer lediglich auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung der Neuwertentschädigung nach erfolgter Sicherstellung der Wiederherstellung klagen. Wird ein solcher Feststellungsantrag nicht in den Prozeß eingeführt, so erwächst daraus für den Vmer der Nachteil, daß im Folgeprozeß k e i n e R e c h t s k r a f t s b i n d u n g bezüglich des Neuwertanspruchs gegeben ist. Das kann insbesondere dann von Bedeutung sein, wenn der Ver neue Beweismittel gefunden hat, die für seinen den Vsschutz ablehnenden Standpunkt sprechen könnten. Überdies wird damit auch dem Einwand des Vers begegnet, daß der Anspruch auf die Neuwertentschädigung verjährt sei. Zwar heißt es in § 12 1 2 , daß die Verjährung mit dem Schluß des Jahres beginnt, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Es läßt sich daher unschwer so argumentieren, daß die Verjährung erst mit dem Ende des Jahres beginnt, in dem die Sicherstellung vorgenommen worden ist. Es ist aber dennoch nicht ausgeschlossen, daß im Rechtsstreit dahin entschieden wird, daß bei einer Gesamtablehnung auch der eigentlich noch nicht fällige Anspruch auf die Neuwertzahlung unter die Fälligkeitsvoraussetzung im Sinne des § 12 I 2 zu subsumieren sei. Deshalb ist es der sicherste Weg, immer auch bezüglich des noch nicht sichergestellten Anspruchs auf Zahlung der Neuwertentschädigung einen Feststellungsanspruch in den Prozeß einzuführen. In allen drei oben aufgeführten Urteilen waren die Vmer sich dessen bewußt gewesen und hatten deshalb neben dem Antrag auf Zahlung der Zeitwertentschädigung einen Feststellungsantrag bezüglich der Verpflichtung des Vers zur Entschädigung nach Neuwertgrundsätzen gestellt. Im Falle B G H 6. X I I . 1978 a.a.O. hatte das Berufungsgericht auf Antrag des Vmers die Verpflichtung des Vers zur Zahlung der Neuwertentschädigung mit der Maßgabe im Feststellungsteil ausgesprochen, daß die Wiederbeschaffung innerhalb von drei Jahren nach der Rechtskraft des Urteils sichergestellt sei. D e m B G H erschien diese Frist jedoch als zu lang. Er führte aus, daß den Interessen des Vmers ausreichend Genüge getan sei, wenn ihm e i n e i n h a l b J a h r e als R e c h t s k r a f t des Feststellungsurteils zugebilligt werden (ebenso O L G H a m m 16. X I I . 1988 a.a.O. und O L G Celle 2. VI. 1989 a.a.O.).

Johannsen/Johannsen

713

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

A n m . H 177

8. Summenmäßige Leistungsbegrenzung Gliederung: aaa)

Schrifttum H 176 a) Vorbemerkung H 1 7 7 - 1 8 0 aa) Z u m Prinzip der summenmäßigen Begrenzung der Haftung des Vers H 177 bb) Untervsgrundsätze H 178 cc) Verantwortung für die Bildung ausreichender Vssummen H 1 7 9 - 1 8 0 aaa) Grundsätzliche Eigenverantwortung des Vmers H 179 b b b ) Belehrungspflicht des Vers H 180 b) Abreden zur Vermeidung einer Unterv H 181-195 aa) Interessenkonflikt H 181 bb) Anknüpfung an vergangenheitsbezogene Vswerte, insbesondere des Neuwertes 1914 H 182 cc) Neuwertregelung gemäß § 3 N w I G H 183 dd) WertzuschlagvH 184 ee) Vorsorgev für Bestandserhöhungen H 185 ff) Summenausgleich (Klausel 1704) H 186 gg) Stichtagsv H 1 8 7 - 1 9 2

Vorräte H 187-191 α) Vorbemerkung Η 187 β) Einzelheiten Η 1 8 8 - 1 9 1 αα) Rechtliche Einordnung der Stichtagsmeldung Η 188 ßß) Wirkung der Stichtagsmeldung Η 189 γγ) Versehensklausel Η 190 δό) Antrag auf Erhöhung der für Vorräte vereinbarten Vssumme Η 191 b b b ) Speditionsgüter Η 192 hh) Summenanpassung für die V beweglicher Sachen Η 1 9 3 - 1 9 4 aaa) Hausratv Η 193 bbb) Klausel 1701 Η 194 jj) V auf „erstes R i s i k o " Η 195 c) Wiederauffüllung der Vssumme im Anschluß an einen Vsfall Η 1 9 6 - 1 9 7 aa) Besserstellung des Vmers gegenüber der gesetzlichen Regelung Η 196 bb) Auswirkungen auf die Prämienzahlungspflicht Η 197 d) Selbstbehalt Η 198

[Η 176] Schrifttum Grundlegend Möller Bd II Anm. 1-73 zu § 56 m. w. N. in Anm. 2 zu § 56; vgl. ferner Armbrüster VersR 1997 S. 931-938, Kuhn V W 1980 S. 700-704, Kutschera NVersZ 2000 S. 458-463, Ollick VA 1982 S. 36-56, 125-133, 171-190, 236-244, 432-443, 532-534, Risthaus Die Unterv § 56 W G , Diss. Münster, Karlsruhe 1999 (zit. Risthaus Unterv), Röhl VersR 1977 S. 293-295, Voigt VersR 1985 S. 876-877, Wälder ZfV 1978 S. 383-391, derselbe r + s 1998 S. 31-32.

[H 177] a) Vorbemerkung aa) Zum Prinzip der summenmäßigen Begrenzung der Haftung des Versicherers Die summenmäßige Begrenzung der Haftung des Vers ist für alle Vszweige zuletzt von Möller in Bd II Anm. 1-73 im Jahre 1972 erschöpfend kommentiert worden. Seine eindringliche Darstellung hat in den verflossenen 30 Jahren nichts von ihrer alle Facetten des Vsrechts erfassenden Bedeutung und Aktualität verloren. Auf sie kann vollen Umfangs verwiesen werden. Angesichts der vielfältigen Schwierigkeiten, die sich aus unzureichenden Vssummen in der Schadenregulierungspraxis ergeben können, drängt sich die Frage auf, ob es nicht ratsam sein könnte, von dem System fester Vssummen abzugehen und in den Vsverträgen nur auf den Vswert der vten Sachen abzustellen. Es entspricht allerdings t r a d i t i o n e l l e r V s p r a x i s , daß die H a f t u n g des F e u e r v e r s nach oben durch die vereinbarten Vssummen fest begrenzt ist. B e g r i f f l i c h ist das für das Bestehen eines w i r k s a m e n F e u e r v s v e r t r a g e s aber n i c h t erforderlich. So fehlt es z.B. in der F a h r z e u g v seit 1929 an der Festlegung von Vssummen, so daß es dort nicht zu einer U n t e r v kommen kann (vgl. dazu Möller Bd II Anm. 10 zu § 56 und Johannsen Bd V 1 714

Johannsen/Johannsen

Anm. H 178

I. Hauptpflichten des Feuervers

Anm. J 7). In der bis heute am deutschen Feuervsmarkt üblichen Dokumentationspraxis wird indessen als Regelfall von der Vereinbarung fester Vssummen als Leistungsgrenze für die Eintrittspflicht des Vers ausgegangen. Zur Verbesserung der Rechtsstellung des Vmers gegenüber der Gefahr einer U n t e r v gibt es aber eine ganze Reihe von vertraglichen Sonderregelungen (vgl. dazu H 181-195). Angesichts der generellen Marktöffnung für andere europäische Ver aus dem EU-Bereich ist es aber nicht auszuschließen, daß in Zukunft als unter Umständen werbewirksame Variante Feuervsverträge abgeschlossen werden, die ohne summenmäßige Begrenzungen nach oben bestimmte Objekte allein nach dem im Schadenfall zu ermittelnden Vswert erfassen. Gegen solche Vereinbarungen bestehen zivilrechtlich keine Bedenken. [H 178] bb) Unterversicherungsgrundsätze In § 56 ist bestimmt, daß eine Kürzung der Vsentschädigung dann vorzunehmen ist, wenn der Vswert (Wert der vten Sachen) zum Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalles unter der Vssumme liegt. Dann wird die Ersatzleistung des Vers in dem Verhältnis gekürzt, in dem die Vssumme zum Vswert steht. Um Streitigkeiten über die Anwendung dieser von den Vmern häufig als unerfreulich empfundenen Regelung zu vermeiden, gibt es eine ganze Reihe von Vsbedingungen, durch die die Rechtsstellung des Vmers in der Weise verbessert wird, daß er ganz oder teilweise vor einer Kürzung der Vsentschädigung im Sinne einer Verhältnisrechnung nach § 56 bewahrt wird (vgl. dazu H 181-195). Seltener sind dagegen Vertragsbedingungen, durch die die Rechtsposition des Vmers ungünstiger ausgestaltet wird als in § 56 vorgesehen. Gegen solche Regelungen bestehen nach AGBG-Grundsätzen Bedenken. Zwar gehört § 56 zu den nicht zwingenden Vorschriften des W G . In individuell ausgehandelten Vsverträgen kann daher zu Lasten des Vmers von § 56 abgewichen werden. Sind aber allgemeine Vsbedingungen zu beurteilen, so ist im Regelfall eine Verschlechterung der Rechtsposition des Vmers in bezug auf die Unterv als unangemessene Benachteilung im Sinne der §§ 9 AGBG, 307 BGB n. F. zu bewerten. Doch bedarf es einer sorgsam abwägenden Betrachtung der unterschiedlichen Abänderungsregelungen. Eine solche rechtswirksame Abänderung ist z.B. der Stichtagsklausel 1705 Nr. 4 zu entnehmen (vgl. dazu H 189). Es wird dort nämlich für die Ermittlung einer Unterv nicht darauf abgestellt, ob die zuletzt gemeldete Stichtagssumme dem tatsächlich zum Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalles gegebenen Vswert entspricht. Vielmehr ist maßgebend, ob die Vssumme zum Zeitpunkt der Abgabe der letzten Stichtagsmeldung dem damaligen Vswert entsprach. Ist das der Fall, so kann der Ver sich nicht erfolgreich darauf berufen, daß er gemäß § 56 zur anteiligen Kürzung der Vsentschädigung berechtigt sei, da zum Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalles der Vswert die Vssumme überschritten habe. Das bedeutet, daß dann, wenn bei einer korrekten dem damaligen Vswert entsprechenden Stichtagsmeldung über Euro 1 000 000,- dem Vmer ein Schaden über Euro 750 000,vollen Umfangs zu ersetzen ist, auch wenn zum Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalles der Vswert sich auf Euro 2 000000,- stellt. Umgekehrt schlägt die Regelung zum Nachteil des Vmers aus, wenn bei der letzten Stichtagsmeldung ein Betrag von Euro 1 000 000,- gemeldet war, der Vswert sich aber tatsächlich auf Euro 2 000 000,- stellte. Beträgt dann der Schaden Euro 750000,-, so ist davon nur die Hälfte zu ersetzen. Angesichts dessen, daß hier die Chancen für beide Vertragsparteien gleich hoch sind und die Regelung gewissermaßen eine Belohnung für den vertragsgetreuen Vmer darstellt, ist eine solche Problemlösung im Rahmen der besonderen Schwierigkeiten einer Stichtagsregelung als angemessen zu akzeptieren. Hingegen ist eine solche Abweichung von § 56 dann zu beanstanden, wenn zusätzlich zu einer solchen zeitlichen Verschiebung bezüglich der Verhältnisrechnung im Johannsen/Johannsen

715

Anm. H 178

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Sinne des § 56 eine erhebliche weitere Kürzung der Entschädigungsleistung als zivilrechtliche Strafsanktion vorgenommen wird (streitig, vgl. für die Beurteilung derartiger Klauseln aus dem Bereich der Betriebsunterbrechungsv Κ 14-15). § 56 findet auch dann Anwendung, wenn der Vswert nur mit einem r e l a t i v g e r i n gen P r o z e n t s a t z die Vssumme übersteigt. Eine gegenteilige Interpretation ist mit M ö l l e r Bd I Anm. 38 zu § 56 abzulehnen, weil in § 56 - anders als in §§ 51 I, 57 S. 2, 64 I I - nicht auf eine erhebliche Abweichung abgestellt wird. Unzutreffend: L G Lübeck 15.11.1991 N J W - R R 1991 S. 1379-1381 = VersR 1991 S. 1285 (nur LS), das in einem Reisegepäckvsfall eine Unterv in Höhe von 9 % als unbeachtlich eingeordnet hat (dagegen auch Risthaus Unterv S. 2 4 - 2 5 , Schauer in B K R N 8 zu § 56). Eine andere Frage ist es, ob es als angemessen angesehen werden könnte, die g e s e t z l i c h e Regelung dahin zu ä n d e r n , daß eine D i f f e r e n z b i s zu 3 % nicht als leistungsmindernd zu berücksichtigen ist (entsprechend den vertraglichen Regelungen in § 2 Nr. 5 S G I N 88 und in §§ 2 II S G I N 6 8 , 2 Nr. 4 S G I N 79 a), 7 II c) V G B 62; zur Berechnung der Vsentschädigung in den Fällen, in denen die Unterv 3 % überschreitet, vgl. Η 148). Im Bereich der N e u w e r t v ist für die Berechnung der Entschädigungsleistung des Vers im Sinne des § 56 grundsätzlich auf das Verhältnis zwischen der Vssumme und dem Vswert nach Neuwertgrundsätzen abzustellen (ebenso Risthaus Unterv S. 3 2 - 3 4 und Schauer in B K R N 7 zu § 56 m.w. N.; im Prinzip auch Möller Bd II Anm. 36 zu § 56 m. w. N.). Das gilt aber nur dann, wenn vertraglich nicht etwas anderes vereinbart worden ist. Möller a.a.O. verweist als Beispiel hierfür auf § 2 I, III einer früher verwendeten Fassung der Sonderbedingungen für die Neuwertv industrieller Anlagen. D o r t heißt es:

„ Ist die Vssumme einer Gruppe (Position) niedriger als der Ersatzwert der zu ihr gehörigen Sachen, aber mindestens gleich ihrem Zeitwert, so wird der Teil des Schadens, der bei bloßer Zweitwertv zu ersetzen wäre (Zeitwertentschädigung) voll vergütet, der Rest aber nur im Verhältnis der den Zeitwert übersteigenden Vssumme zu dem den Zeitwert übersteigenden Ersatzwert. " „ Ist die Vssumme niedriger als der Zeitwert, so finden die Sonderbedingungen für die Neuwertv industrieller Anlagen keine Anwendung. " Indessen findet sich eine solche dem Vmer günstige Regelung in den heute üblicherweise verwendeten Sonderbedingungen für die Neuwertv von Industrie und Gewerbe ( N w I G 80) nicht mehr. Ohne eine solche ausdrückliche Sonderregelung ist daher davon auszugehen, daß für die Entschädigungsberechnung allein die Neuwertvssumme maßgebend ist. Allerdings erscheint diese Lösung in denjenigen Fällen als nicht optimal, in denen der Vmer bei dem Vorliegen einer Neuwertv mit sog. strenger Wiederaufbauklausel (vgl. dazu Η 1 7 0 - 1 7 5 ) tatsächlich aus finanzieller Schwäche nicht in der Lage ist, den Neuaufbau zu realisieren. Der dadurch dem Vmer drohende Nachteil wird allerdings für einen die Rechtslage zutreffend erfassenden Vmer dadurch vermieden, daß er nach der Rechtsprechung des B G H die Möglichkeit hat, durch den Mitverkauf des Neuwertanteils des Vsanspruchs bei der Veräußerung des Vsobjekts eine angemessene Erhöhung des Kaufpreises zu erhalten (vgl. dazu B G H 8. VI. 1988 VersR 1988 S. 9 2 5 - 9 2 6 = r + s 1988 S. 2 7 5 - 2 7 6 und Η 174 sowie J 30 m . w . N . ) . Allerdings hilft diese Überlegung nicht in denjenigen Fällen, in denen der Neuwertanteil aus tatsächlichen Gründen nicht realisiert werden kann. Unterstellt, der Schaden liege beispielsweise nach Neuwertgrundsätzen bei einer Vssumme von Euro 1 000 0 0 0 , - bei Euro 2 000 000,-, der Zeitwertschaden dagegen nur bei Euro 750 000,-, so würde der Vmer einen Anspruch auf Zahlung von Euro 750 0 0 0 , - haben, wenn er nur eine Zeitwertv abgeschlossen gehabt hätte. Die normalerweise eine Besserstellung des Vmers darstellende Neuwertv gereicht dem Vmer somit in dieser K o n 716

Johannsen/Johannsen

Anm. H 178

I. Hauptpflichten des Feuervers

stellation zum Nachteil; denn wenn insgesamt von der Neuwertvssumme ausgegangen wird, so ist nur ein Betrag von Euro 375 0 0 0 , - vom Ver zu entrichten. Zu überlegen wäre, ob die mit unterschiedlichen Vssummen arbeitende Regelung aus § 2 I, III der älteren Fassung der Sonderbedingungen für die Neuwertv industrieller Anlagen Eingang in das Gesetz bei einer R e f o r m d e s V V G finden sollte. Allerdings wäre das in denjenigen Fällen nicht sachgerecht, in denen Neuwertvsverträge ohne strenge Wiederaufbau- oder Wiederbeschaffungsklauseln abgeschlossen werden (vgl. dazu § 18 V H B 92). Denn dann besteht im Regelfall sogleich ein Anspruch auf vollen Ersatz des Gesamtschadens, so daß die ansonsten bei Neuwertvsverträgen gegebene Alternative entfällt, daß der Ver unter Umständen nur nach Zeitwertgrundsätzen zu entschädigen habe, weil die Voraussetzungen der Wiederaufbauklausel vom Vmer nicht erfüllt werden. Im Rahmen einer A u ß e n v vom Vsschutz erfaßte Sachen sind bei der Verhältnisrechnung im Sinne des § 56 mitzuberücksichtigen. Dabei ist zwischen einer selbständigen und einer abhängigen Außenv zu unterscheiden. Vgl. dazu Möller Bd II Anm. 39 zu § 56. Danach ergeben sich für die selbständige Außenv keine besonderen Probleme; denn für sie wird eine besondere Vssumme gebildet. Hingegen deckt bei der abhängigen Außenv die Vssumme sowohl die am Vsort befindlichen Sachen wie auch solche außerhalb des Vsortes befindliche Sachen in bestimmten Grenzen. Möller a.a.O. führt dazu als Beispiel § 4 III 1 A F B 30 an. Danach erfaßt die V von Hausrat und Arbeitsgerät auch Sachen, die sich vorübergehend außerhalb des Vsortes in Europa befinden. Weiter heißt es bei Möller a.a.O. Anm. 30 zu § 56, daß dann, wenn ein Vsort bedeutsam ist, prinzipiell nur die am Vsort befindlichen Sachen bei der Ermittlung des Vswertes zu berücksichtigen seien. Anschließend bemerkt Möller a.a.O. m. w. N., daß vorübergehend entfernte Sachen auch dann bei der Berechnung des Vswertes zwecks Ermittlung einer Unterv mitzurechnen seien, falls sie außerhalb des Vsortes nicht vert bleiben. D e m ist jedoch mit Raiser 2 Anm. 50 zu § 2 A F B , sofern kein Außenvsschutz besteht, nicht zu folgen. Ist im Rahmen einer A u ß e n v eine E n t s c h ä d i g u n g s g r e n z e vereinbart, so soll nach vielfach vertretener Auffassung bei der Untervsberechnung dennoch der volle Wert dieser sich außerhalb des Vsortes befindlichen Sachen berücksichtigt werden (so Möller a.a.O. m . w . N . ; Raiser a.a.O.; Risthaus Unterv S. 36; Wälder r + s 1974 S. 37, ferner [mit leichten Zweifeln] Martin 2 S II 48). Das ist aber nach der Interessenlage nicht zu akzeptieren und mit dem § 56 zugrunde liegenden Prinzip nicht zu vereinbaren, daß eine Verhältnisrechnung zwischen dem Vswert der effektiv vten Sachen und der Vssumme vorzunehmen ist. Dieses Prinzip ist jetzt auch in § 18 Nr. 6 S. 1 V H B 92 verankert. Bei der Untervsberechnung ist zu beachten, daß die Vssummen der Feuervsverträge im Regelfall auf v e r s c h i e d e n e P o s i t i o n e n aufgeteilt sind. Jede dieser Positionen stellt in sich eine s u m m a r i s c h e V dar, bezüglich derer eine gesonderte Untervsberechnung zu erfolgen hat (so ausdrücklich z. B. § 3 IV 2 A F B 30, § 11 Nr. 3 III A F B 87 und die Klausel 832 zu § 1 Nr. 1 V H B 84, vgl. ergänzend Möller Bd II Anm. 12 zu § 56 m. w. N.). Auch dann, wenn die Vssummen in der Police am Schluß zu einer Gesamtsumme addiert werden, wird diese gesonderte Berechnungsart nicht aufgehoben. Es darf demgemäß dann, wenn die Vssumme einer vom Schaden betroffenen Position dem Vswert entspricht, nicht etwa deshalb eine Kürzung im Sinne des § 56 vorgenommen werden, weil bei einer nicht vom Schadenfall betroffenen Position eine Unterv festgestellt wird (so zu Recht O L G Köln 17. I X . 1992 VersR 1993 S. 1 1 0 1 1102). Dagegen ist im Rahmen der S u m m e n a u s g l e i c h s k l a u s e l 1704 eine teilweise Berücksichtigung zu hoher Vssummen in anderen Positionen zugunsten des Vmers vorgesehen (vgl. dazu H 194). Johannsen/Johannsen

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Anm. H 180

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer Unterv ist der Ver. Das ist nicht selten mit großen tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden. Der Vmer ist zwar zur Erstellung einer Aufstellung des ihn getroffenen Schadens verpflichtet, nicht aber dazu, daß er über alle unter den Vsvertrag fallenden Sachen eine Gesamtaufstellung anfertigt und die dazu maßgebenden Vswerte angibt. Es gehört auch nicht zu den normalen Aufgaben eines Sachverständigenverfahrens, das Verhältnis zwischen Vssumme und Ersatzwert festzustellen (vgl. dazu und zur Berücksichtigung der Unterv im Prozeß Möller Bd II Anm. 54 zu § 56 m. w. N.). [H 179] cc) Verantwortung für die Bildung ausreichender Versicherungssummen aaa) Grundsätzliche Eigenverantwortung des Versicherungsnehmers Im Schadenfall wird nicht selten das Vorliegen einer U n t e r v festgestellt. Das hat für den Vmer, wenn keine Sonderregelungen getroffen worden sind, nach denen der Ver auf den Einwand der Unterv verzichtet (vgl. zu solchen Klauseln H 181-195), zur Folge, daß die Entschädigungsleistung des Vers nach Maßgabe des § 56 anteilsmäßig gekürzt wird (vgl. dazu Möller Bd II Anm. 5 zu § 56 m. w. N.). Es stellt sich dann die Frage, wer die Verantwortung dafür trägt, daß die Vssumme zu niedrig gewählt worden ist. Wenn man vom Bild des mündigen und orientierten Rechtsbürgers ausgeht, so kommt man ohne Schwierigkeiten zu dem Ergebnis, daß der Vmer dafür verantwortlich ist, daß er in seinem Vsantrag für die zu vernden Objekte zutreffende Vssummen gewählt hat. Denn der Vmer müßte es schließlich am besten wissen, welchen Wert seine Sachen haben, für die er Vsschutz begehrt. Dieses grundsätzliche Bekenntnis zur Eigenverantwortung des Vmers, das in einer Vielzahl von Entscheidungen zu finden ist (vgl. dazu nur B G H 28. X. 1963 VersR 1964 S. 36-38 [S. 38], 7. XI. 1966 VersR 1967, S. 25-27 [26], O L G Hamm 4. V. 1984 VersR 1984 S. 880; 14. VI. 1991 VersR 1992 S. 49-50 = r + s 1991 S. 312-314; 18.1.1995 VersR 1996 S. 93-94,14.VII.1995 r + s 1995 S. 389-390), unterliegt allerdings einer Reihe von sachbezogenen Einschränkungen, insbesondere für die Vssummenbestimmung in der Gebäudev, vgl. dazu H 182 m. w. Ν.). Indessen ist eine Beratungspflicht des Vers auch in anderen Fällen der schwierigen Wertberechnung angenommen worden, vgl. für einen Beratungsfehler in Bezug auf die Vermeidung einer Unterv bei beweglichen Sachen B G H 28. X. 1963 a.a.O., 7. XI. 1966 a.a.O. (2. Revisionsurteil). Im 1. Revisionsurteil hat der B G H einen Teil der Klagforderung sogar aus dem Gesichtspunkt der g e w o h n h e i t s r e c h t lichen H a f t u n g des Vers für zusagende Erklärungen des Vsvertreters über den Umfang des Vsschutzes angenommen. Dabei wurde vom B G H als besondere Schwierigkeit die Abgrenzung der Haftung des Monopol-Gebäudevers von der des Mobilarvers angesehen. Tatsächlich entsprach allerdings der im 1. Revisionsurteil zugesprochene Betrag genau dem Ergebnis, das sich aus der objektiven Würdigung der Vertragsunterlagen ergab und den der Ver vorprozessual angeboten hatte, aber wegen der Verweigerung eines Verzichts auf weitergehende Ansprüche nicht gezahlt hatte. Wie nach der zweimaligen Aufhebung des OLG-Urteils in Bezug auf die angeblich fehlerhafte Beratung durch den Vsvertreter im dritten Durchgang bei dem O L G entschieden worden ist, läßt sich nicht feststellen. [H 180] bbb) Belehrungspflicht des Versicherers Eine Besonderheit der G e b ä u d e f e u e r v ist darin zu sehen, daß seit zehnten der V s w e r t in der G l e i t e n d e n N e u w e r t v auf der B a s i s 1914 ermittelt wird. Das hat sich bis heute nicht geändert, obwohl man eines solchen Berechnungssystems einem durchschnittlichen Vmer nicht 718

Johannsen/Johannsen

vielen Jahrdes J a h r e s die Vorteile klarmachen

Anm. H 180

I. Hauptpflichten des Feuervers

kann. Diese eigenartige Anknüpfung an einen lange Zeit zurückliegenden Gebäudewert hat zu vielen Streitigkeiten geführt, wenn nämlich der Vmer im Vsantrag unzutreffende Angaben über den Vswert nach Maßgabe einer Umrechnung auf das Jahr 1914 gemacht hat. Die Schwierigkeiten werden auch nicht dadurch überwunden, daß diese Prinzipien in den Vsbedingungen verankert werden, wie das ζ. B. in § 13 V G B 94 geschehen ist. Das verwundert um so mehr, als in § 3 Nr. 1 der Sonderbedingungen für die Neuwertv von Industrie und Gewerbe (NWIG 80) der systemgerechte Weg gewählt worden ist, indem nämlich der Neuwert von Gebäuden dahin definiert worden ist, daß es sich um den ortsüblichen Neubauwert einschließlich Architektengebühren sowie sonstiger Konstruktions- und Planungskosten handelt (vgl. dafür, daß bei solcher Bedingungsfassung im Regelfall kein besonderer Bedarf des Vmers zur Erläuterung dieser Begriffe besteht, H 183). Es ist für die sonstige Gebäudev das Verdienst von W ä l d e r ZfV 1978 S. 383-387 m. w.N., nachdrücklich darauf hingewiesen zu haben, wie schwierig diese Wertbemessung für das Jahr 1914 ist. Im Anschluß an diese an die Verantwortung der Ver appellierenden Ausführungen von Wälder a.a.O. ist abweichend von dem unter H 179 aufgestellten Grundsatz der Verantwortlichkeit des Vmers für die Vereinbarung angemessener Vssummen daher für die Ermittlung der zutreffenden Vswerte und Vssummen auf der Basis des Jahres 1914 im Regelfall eine V e r a n t w o r t u n g des Vers im Rahmen einer B e r a t u n g s p f l i c h t anzunehmen (vgl. dazu vor allem B G H 7. XII. 1988 VersR 1989 S. 472-473 = r + s 1989 S. 58-59 m. Anm. von Wälder a.a.O.; ferner O L G Celle 3. III. 1994 VersR 1995 S. 333-334, O L G Saarbrücken 4.II.1998 r + s 1998 S. 384-385, O L G Koblenz 14.1.2000 VersR 2001 S. 51-53). Die besonders eindringlichen Passagen aus der genannten Entscheidung des B G H 7. XII. 1988 a.a.O. seien nachstehend wegen ihrer klaren Herausstellung der Interessenlage wörtlich wiedergegeben: „In der Praxis hat sich herausgestellt, daß die richtige Bestimmung des Vswertes 1914 ungewöhnlich schwierige Bewertungsfragen aufwirft. Zu der für einen bautechnischen Laien schon schwierigen Bewertung von Bauleistungen kommt hinzu, daß örtliche, heute kaum mehr feststellbare Preisunterschiede aus einer lange zurückliegenden Zeit zu berücksichtigen sind, da die fortschreitende Bautechnik zunehmend zu Bau-Methoden und Baustoffen geführt hat, die mit den 1914 gängigen schwer zu vergleichen sind und daß die DIN-Normen über die Berechnung des umbauten Raumes seither verschiedentlich geändert worden sind. Die richtige Bestimmung des Wertes gilt deshalb als selbst für Bausachverständige äußerst schwierig (vgl. Wälder ZfV 78, 383, 386f; Karlson VW 68, 529; Pietà VW 69, 223; Röhl VersR 79, 26; Prölss-Martin22, § 52 Anm. 2 m. w. N.) Verwendet aber ein Ver Vsbedingungen, nach denen die Bestimmung des richtigen Vswertes, ohne daß dies offen zu Tage liegt, so schwierig ist, daß sie selbst ein Fachmann nur mit Mühe treffen kann, überläßt er aber diese Bestimmung des Vswertes dem Vmer, so ergeben sich daraus gesteigerte Hinweis- und Beratungspflichten des Vers bei Abschluß des Vertrages. Das Vsvertragsverhältnis unterliegt nach gefestigter Rechtsprechung im besonderen Maße den Geboten von Treu und Glauben. Damit ist es nicht zu vereinbaren, daß ein Ver die solchermaßen problematische Bestimmung des Vswertes dem Vmer überläßt, ohne ihn deutlich darauf hinzuweisen, welche Gefahren er mit einer vorschnellen Bestimmung des Vswertes läuft und wie er dem begegnen kann. Es kann vorausgesetzt werden, daß ein Vmer im allgemeinen ein Interesse daran hat, den richtigen Vswert zu ermitteln. Bei diesem Bestreben darf der Ver den Vmer nicht allein lassen. Er muß in geeigneter Form sowohl auf die Schwierigkeit der richtigen Johannsen/Johannsen

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Anm. H 180

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Festsetzung des Vswertes wie auf die Gefahr einer falschen Feststellung aufmerksam machen. Zu einer ordnungsgemäßen Belehrung gehört auch der Hinweis, daß ein im Bauwesen nicht sachverständiger Vmer mit der Bestimmung des richtigen Vswertes 1914 in aller Regel überfordert sein wird und daß es sich deshalb empfehlen kann, einen Sachverständigen zuzuziehen, wie das im Bereich der öffentlichen Brandkassen stets geschieht. Seiner Hinweispflicht kann der Ver auch dadurch genügen, daß er dem Vmer eine eigene fachkundige Beratung anbietet. Verletzt der Ver schuldhaft seine Aufklärungspflicht, so ist er dem Vmer nach den Regeln über das Verschulden bei Vertragsabschluß zum Schadenersatz verpflichtet. Er hat den Vmer im Schadenfall so zu stellen, wie wenn er ordnungsgemäß beraten hätte. Dabei kann nach der Erfahrung des Lebens dann bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgegangen werden, daß ein Vmer einem entsprechenden Hinweis gefolgt und die Vssumme dementsprechend festgesetzt worden wäre. Das kann im Ergebnis darauf hinauslaufen, daß der Ver daran gehindert ist, sich auf die Unterv zu berufen. Allerdings muß sich der Vmer infolge der unterlassenen Belehrung etwa ersparte Vorteile (z.B. ersparte höhere Prämie) anrechnen lassen. " In diesem vom B G H zutreffend entschiedenen Fall war die Klage des Vmers in den Tatsacheninstanzen in Verkennung der Beratungspflicht des Vers bezüglich der schwierigen Ermittlung des Bauwertes auf der Basis des Jahres 1914 abgewiesen worden. D e r entmutigte Vmer hatte Revision nur wegen der Hälfte des aus dem Gesichtspunkt der Unterv gekürzten Betrages eingelegt. Das mag erfolgt sein, weil sein Anwalt von der Möglichkeit ausgegangen ist, daß ein Mitverschulden des Vmers mit R ü c k sicht auf den unter normalen Anknüpfungspunkten geltenden Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit des Vmers für die Bildung angemessener Vssummen (vgl. dazu H 1 7 8 ) angenommen werden könnte. Es sei jedoch betont, daß etwas derartiges im Regelfall mit Rücksicht auf die vom Ver geschaffene Schwierigkeit durch das Abstellen auf das Jahr 1914 nicht gerechtfertigt ist (ebenso O L G Celle 3. III. 1994 VersR 1995 S. 3 3 3 - 3 3 4 [334]; stillschweigend auch O L G Saarbrücken 4. II. 1998 r + s 1998 S. 3 8 4 385). Es versteht sich, daß ein jeder solcher Fall, in dem dem Vsvertrag nicht den Werten des Jahres 1914 entsprechende Werte zugrunde gelegt worden sind, gesonderter Betrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des tatsächlichen Verlaufs der Vertragsverhandlungen bedarf. Weist der Ver ζ. Β. nach, daß er den Vmer im Rahmen dieser Vertragsverhandlungen auf die Schwierigkeiten aufmerksam gemacht habe und auch darauf, daß er dem Vmer diese Arbeit nicht abnehmen wolle und daß es geboten sei, daß der Vmer die Dienste eines Sachverständigen in Anspruch nehme, so wäre es verfehlt, die Beratungspflicht des Vers dahin ergänzend auszudehnen, daß ihn darüber hinaus eine Rechtspflicht zur Ermittlung der zutreffenden Vssummen treffe. Ü b e r nimmt der Ver es allerdings, für den Vmer die zutreffenden Werte zu ermitteln, wie das früher im Bereich der Monopolver weitgehend üblich war, so haftet er für Fehler gleichermaßen, als wenn er überhaupt nicht beraten hätte. Beruht in einem solchen Fall allerdings das fehlerhafte Ergebnis ganz oder teilweise auf unzutreffenden Informationen des Vmers, so trifft insoweit diesen die Verantwortung. Das kann dann dazu führen, daß die Haftung des Vers nach den Umständen des Einzelfalles ganz oder teilweise entfällt. Einen Weg zur zutreffenden Belehrung des Vmers über die schwierige Ermittlung einer zutreffenden Vssumme weist die Klausel 866 auf. Nach Abs. I dieser Klausel verzichtet der Ver auf einen Abzug wegen einer Unterv, wenn die Vssumme 1914 nach den dem Vsvertrag beigefügten Wertermittlungsrichtlinien des Vers ermittelt wurde. Ein solcher Fall war vom O L G Saarbrücken 4. II. 1998 r+s 1998 S. 3 8 4 - 3 8 5 zu beurtei720

Johannsen/Johannsen

Anm. H 180

I. Hauptpflichten des Feuervers

len. Der Vsvertreter hatte bei den Vertragsverhandlungen den Fragebogen nicht vorgelegt. Das Gericht nahm deshalb eine volle Haftung für das darin liegende Beratungsverschulden des Vers an. Ein Mitverschulden des Vmers kam nicht in Betracht, da er von dieser Klausel und der dazu gehörenden Wertberechnungslinie erst durch den Zugang des Vsscheins Kenntnis erhielt. Zu diesem Zeitpunkt war der Vsfall aber bereits eingetreten. Es ging dabei um die Abänderung eines bestehenden Vertrages durch Erhöhung der Vssummen für außen an das Gebäude angebrachte Sachen. Den Einwand des Vers, daß schon die ursprüngliche Vssumme für das Jahr 1914 unzutreffend ermittelt worden sei, wies das Gericht mit dem Bemerken zurück, daß es gerade der Beratungspflicht des Vers entspreche, eine fehlerhaft zu niedrige Vssumme zu vermeiden. Vom O L G Koblenz 25. X . 1996 r + s 1997 S. 9 3 - 9 5 = VersR 1997 S. 1 2 2 6 - 1 2 2 8 war ein Fall zu beurteilen, in dem 1991 ein Vsantrag auf einem vom Ver entworfenen F o r mular gestellt wurde, in dem die Ausdrücke „Neuwert/Wert 1970" gebraucht wurden. Es ging dabei um eine Neuwertv für bewegliche Sachen. Das Gericht nahm einen Belehrungsfehler des Vsvertreters an. Dieser hatte sich die Sache insofern einfach gemacht, als er von der alten Vssumme des vom Vater des Vmers im Jahre 1981 abgeschlossenen Vertrages ausging und nach den Kosten der danach erfolgten Anschaffungen gefragt hat. Das Gericht vermißte einen Hinweis des Vsvertreters darauf, daß der Wert der Einrichtungsgegenstände nebst Vorräten mit dem Betrag angegeben werden müsse, der aufzuwenden sei, wenn diese Gegenstände nach dem Eintritt eines Vsfalles neu zu beschaffen sind. Wenn das auch im Grundsatz richtig ist, so hätte der Ausdruck „Neuwertv" und die Frage nach den Anschaffungskosten dem Vmer doch Anlaß zum Nachdenken geben müssen, ob die Vssumme zur Wiederbeschaffung verbrannter Sachen ausreiche oder nicht. Ersichtlich lag die Schwierigkeit nicht in der Umrechnung auf das Jahr 1970. Demgemäß wäre es sachgerechter gewesen, hier ein Mitverschulden des Vmers anzunehmen, wenn man es ernst mit dem Grundsatz nimmt, daß eigentlich von einer Verantwortung des Vmers für die richtige Bemessung der Vssummen auszugehen ist. Dagegen ist die Annahme einer Hauptverantwortung des Vers dann gerechtfertigt, wenn der Vsvertreter d o m i n a n t die S u m m e n e r m i t t l u n g durch gezielte Fragen und eigene Berechnungen durchführt. Keine besondere Belehrungspflicht des Vers ist dann gegeben, wenn er im Vsvertrag und in den Bedingungen nicht an die Werte und Vssummen von 1914 anknüpft sondern an den N e u w e r t in d e r G e g e n w a r t , wie das in § 3 Nr. 1 N w I G (VA 1982 S. 6 2 - 6 3 ) vorgesehen ist. Dort ist festgelegt, daß der Neuwert von Gebäuden der o r t s ü b l i c h e N e u b a u w e r t einschließlich Architektengebühren sowie sonstiger Konstruktions- und Planungskosten ist. Das ist eine Abgrenzung, die auch von dem nicht fachkundigen Vmer unschwer nachvollzogen werden kann. Ausnahmsweise kann es aber auch hier trotz klarer Bedingungslage zu Fehlern kommen. Im Regelfall gehen sie dann aber zu Lasten des Vmers, dessen Sache es ist, den Neubauwert seiner Gebäude richtig zu ermitteln und anzugeben, damit eine Unterv vermieden wird. Mit einem solchen Fall hatte sich O L G H a m m 14. VI. 1991 VersR 1992 S. 4 9 - 5 0 zu befassen (vgl. dazu auch Armbrüster VersR 1997 S. 936). Es hatte zu Recht die Klage eines Vmers abgewiesen, der ein Hotelgrundstück erworben hatte. D e r Ver hatte ihm, nachdem er von dem Eigentumsübergang Kenntnis erhalten hatte, mitgeteilt, daß das Gebäude zu einer Vssumme von D M 1 8 8 3 0 0 , - heutiger Wert mit einer Jahresprämie von D M 966,40 vert sei. Die Vssumme entsprach dabei nicht dem Neuwert, der später mit D M 764 0 4 0 , - ermittelt wurde. Der Vmer hatte das O b j e k t aber auch nur für D M 80 0 0 0 , - erworben. D a der Vmer sich beruflich mit der Vermittlung und der Verwaltung von Immobilien befaßte, war das Gericht zu Recht zu der Auffassung gekommen, daß für den Vmer ganz klar gewesen sei, daß eine Unterv bestand, wenn auf den Johannsen/Johannsen

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Anm. H 180

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

tatsächlichen Neubauwert abgestellt werden würde. Unter diesen Umständen war der Vmer dann mit dem vom Ver gezahlten Betrag von D M 194220,- gewiß angemessen entschädigt. Einen Grenzfall behandelt O L G Köln 12. X I . 1996 VersR 1997 S. 1530-1531. Der Vmer hatte einen Gebäudekomplex für D M 1 000 000,- erworben. Der Voreigentümer hatte die Gebäude mit einer Vssumme von D M 900 000,- vert. Es kam unter Einschaltung eines Vsvertreters zu einem Neuabschluß auf der Basis einer Vssumme von wiederum D M 900 000,- unter Vereinbarung einer Wertzuschlagklausel. Im Vsschein war vermerkt, daß die Gebäude zum Neuwert vert seien. Aus Anlaß eines Schadenfalles ermittelten die Sachverständigen einen Neuwertschaden in Höhe von D M 200 550,und einen Neuwert der Gebäude von D M 2 660 000,-. Der Ver zahlte nur nach der Verhältnisrechnung des § 56. Der Klage auf Zahlung der Differenz zum Neuwertschaden gab das Gericht wegen mangelhafter Beratung durch den Ver zur Hälfte statt; den Abzug der Hälfte des Schadens rechtfertigte das Gericht aus dem Gesichtspunkt des M i t v e r s c h u l d e n s damit, daß sich dem Vmer die Überlegung hätte aufdrängen müssen, daß die Gebäude niemals zu einem Betrag von D M 900 000,- bei einem Totalschaden hätten aufgebaut werden können. Als Besonderheit führte das Gericht aus, daß sich aus dem Vsantrag nicht ergeben habe, ob eine Zeitwert- oder Neuwertv beantragt werden sollte. Der Ver habe aber dann im Vsvertrag eine Neuwertv dokumentiert. Im Rechtssinne konnte es unter diesen Umständen darauf ankommen, wie der Vsantrag nach objektiven Auslegungsgrundsätzen zu bewerten war. Ergab die Auslegung, daß eine Zeitwertv beantragt werden sollte, so lag in der Dokumentation des Vers eine Abweichung vom Vsantrag vor, die an § 5 zu messen war. Fehlte es an einem entsprechenden Hinweis des Vers über die Abweichung vom Antrag, so wäre der Vertrag auf Zeitwertbasis zum Abschluß gekommen. In einem solchen Fall wäre in bezug auf den dann vten Zeitwertschaden eine Kürzung des Vsanspruchs aus dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens des Vmers begrifflich nicht in Betracht gekommen. Für einen weiteren Fall eines Beratungsverschuldens vgl. O L G Köln 3. VI. 1993 VersR 1994 S. 342-343. Dort war nachträglich eine Unterv in einer die beweglichen Sachen einer Gastwirtschaft umfassenden V dadurch entstanden, daß der Erwerber des Grundstücks die Gebäudev gekündigt hatte. Das hatte zur Folge, daß sich der Vsschutz in der V des Gastwirts gemäß § 2 Nr. 4 A F B 87 auf die Kegelbahnen, die vorher in der V des Hauseigentümers eingeschlossen waren, erstreckte (vgl. dazu H 94). Das Gericht sah den Ver, bei dem beide Ven abgeschlossen waren, als verpflichtet an, den Vmer auf die Gefahr einer sich daraus ergebenden Unterv hinzuweisen (zustimmend Armbrüster VersR 1997 S. 937). Es nahm allerdings auch hier ein Mitverschulden des Vmers an, das es mit einem Drittel bewertete. Daran ließ sich jedoch angesichts der besonderen Umstände des Falles zweifeln, da der Vmer von der Kündigung des Vsvertrages durch den Erwerber nicht unterrichtet war. G e g e n z u r e c h n e n gegenüber dem dem Vmer durch die unterlassene oder fehlerhafte Belehrung entstandenen Schaden ist in erster Linie der ihm dadurch entstandene P r ä m i e n v o r t e i l (so B G H 7 . X I I . 1988 VersR 1989 S. 472-473 = r + s 1989 S. 58-59 m. Anm. von Wälder a.a.O.). Dabei kann es sich unter Umständen um die Prämie für einen sehr langen Zeitraum handeln. Vgl. dazu z . B . O L G Koblenz 14.1.2000 r + s 2000 S. 515-516 = VersR 2001 S. 51-52, das die geschätzte Prämiendifferenz für 23 Jahre von dem zuerkannten Schadenersatzanspruch in A b z u g gebracht hat. Unterläuft dem Ver ein solcher Beratungsfehler zweimal, nämlich einmal bei dem Abschluß des ursprünglichen Vertrages und danach (Jahrzehnte später) bei einer Anpassung des Vertrages wegen erfolgter Anbauten, so entspricht es Treu und Glauben, wenn die ersparte Prämie für die gesamte Zeit gegengerechnet wird. Ein Verjährungseinwand kommt nicht in Betracht, da dem Ver auf eine solche Prämienzahlung kein Anspruch 722

Johannsen/Johannsen

Anm. H 181

I. Hauptpflichten des Feuervers

zusteht. Es geht vielmehr um die Abgrenzung des Schadens gegenüber den aus der schädigenden Handlung gleichermaßen erwachsenen Vorteilen des Vmers. Diese Vorteile sind ihm auch schon für die Zeit erwachsen, in der ihm vor der Wiederholung des Fehlers noch kein Schaden entstanden war. Außer dieser Prämiendifferenz kommt auch in Betracht, daß der Vmer die Kosten für einen S a c h v e r s t ä n d i g e n erspart hat, der für ihn den Vswert hätte ermitteln müssen, sofern der Ver auf die Einschaltung eines vom Vmer zu entlohnenden Sachverständigen bestanden hätte. In allen diesen Fällen wird von den Gerichten als selbstverständlich davon ausgegangen, daß der Ver für das V e r s a g e n seiner V s v e r t r e t e r , die als seine E r f ü l l u n g s g e h i l f e n handeln, gemäß § 278 B G B einzutreten hat. Das entspricht den überkommenen Grundsätzen des Vertragsrechts. Eine f o r m u l a r m ä ß i g e F r e i z e i c h n u n g des Vers von dieser Verantwortung für das Handeln seiner Vsvertreter würde als Verstoß gegen §§ 9 II Nr. 2 A G B G , 307 B G B n. F. zu qualifizieren sein, da dadurch die bedeutsame Belehrungspflicht des Vers auf unwesentliche Fälle reduziert werden würde, in denen der Ver sich ausnahmsweise nicht des Handelns seiner Vsvertreter bei dem Abschluß von Vsverträgen bedient. Hat ein V s m a k l e r die Wertermittlung vorgenommen und die entsprechenden Vssummen fehlerhaft als sachgerecht empfohlen, so geht das im Regelfall n i c h t zu L a s t e n d e s V e r s . Ein Vsmakler handelt - abweichend von sonstigen Zivil- und Handelsmaklern - typischerweise nur als B u n d e s g e n o s s e des Vmers. Es ist gerade seine Aufgabe, den Vmer gegenüber dem ihm an Fachwissen weit überlegenen Ver zu beraten. Er handelt damit als Erfüllungsgehilfe des Vmers und nicht des Vers. Ein Schadenersatzanspruch wegen unrichtiger Beratung durch den Vsmakler richtet sich demgemäß gegen den Vsmakler und nicht gegen den Ver (vgl. zur Haftung des Vsmaklers B G H 22. V. 1985 B G H Z 94 S. 356-365, 25. III. 1987 VersR 1987 S. 663-665; grundlegend Möller Bd I Anm. 52-68 vor §§ 43-48 m.w.N.; vgl. ferner Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 9 zum Anh. zu §§ 43-48, Langheid in Römer-Langheid R N 3 zu § 43, sowie Gruber in B K R N 5 zu Vorbem. zu §§ 43-48 m.w.N.). [ H 181] b) Abreden zur Vermeidung einer Unterversicherung aa) Interessenkonflikt Erhebt der Ver im Schadenfall die Einrede, daß eine Unterv bestehe, so stößt er dabei zumeist auf negative Reaktionen des Vmers. Dadurch wird nicht selten eine einvernehmliche Schadenregulierung gestört. Es ist deshalb seit langem des Bestreben der Ver, durch entsprechend ausgestaltete Bedingungswerke das Auftreten von Unterven zu verhindern. Dabei ist zu bedenken, daß ein vertraglicher Verzicht auf die gesetzlich verankerte Unterv nur dann wirtschaftlich gerechtfertigt ist, wenn dem eine angemessene Prämienzahlung entspricht. Das wird besonders deutlich, wenn man den Fall einer nachträglich auftretenden Unterv durch die Geldentwertung betrachtet. Es leuchtet ein, daß für solche Fälle der Ver nur dann eine volle Entschädigung durch eine dem steigenden Vswert entsprechende gleitende Vssumme zusagen kann, wenn mit dieser Zusage zugleich verankert ist, daß die Vsprämie sich im gleichen Verhältnis erhöht (vgl. zur Problematik solcher Prämienangleichungsklauseln F 6, 7). N u r dann, wenn in einer Bedingungsregelung vorgesehen wäre, daß die Prämiensteigerung aufgrund solcher gleitender Vssummen überproportional ausfällt, wäre das zu beanstanden. Solche Prämiensteigerungsregelungen sind in den am Vsmarkt gebräuchlichen Standardbedingungswerken nicht enthalten. Würden sie in Allgemeinen Vsbedingungen verwendet werden, wäre das im Prinzip als eine unangemessene Benachteiligung des Vmers im Sinne der §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. zu bewerten. Das darf aber nicht Johannsen/Johannsen

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Anm. H 182

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

zu der interessenwidrigen Auslegung führen, daß damit auch der für den Vmer angestrebte Vorteil einer Vssummenerhöhung entfällt. Vielmehr ergibt eine angemessene Abwägung nach Treu und Glauben, daß die Zusage bestehen bleibt und dem Ver die Prämie für die erhöhte Vssumme nur prozentual nach Maßgabe der im Vertrag verankerten Grundprämie zusteht. [H 182] bb) Anknüpfung an vergangenheitsbezogene Versicherungswerte, insbesondere des Neuwertes 1914 In § 1 Nr. 1 SGIN a.F. heißt es, daß die als Vssumme des Vertrages festgelegte „ Vssumme 1914" in Preisen des Jahres 1914 dem Neubauwert des Gebäudes in seiner jeweiligen Größe und seinem jeweiligen Ausbau entsprechen soll (Vswert 1914). Dem entsprechen § 1 Nr. 1 SGIN 88 (VA 1989 S. 189) und § 1 Nr. 1 SGIN n.F. (VA 1994 S. 59 und S. 194). Die Bedingungen besagen aber nichts darüber, daß der Ver die Verantwortung für die Richtigkeit der Ermittlung des Vswertes 1914 übernimmt. Vielmehr legen sie in § 2 Nr. 2 Satz 1 SGIN 79 a für eine volle Leistungspflicht des Vers lediglich fest, daß die „ Vssumme 1914" mindestens dem „Vswert 1914" entspricht. Ist das nicht der Fall, so wird nach § 2 Nr. 2 S. 2 nur derjenige Teil des Schadens ersetzt, der sich zu dem ganzen Schaden verhält wie die „Vssumme 1914" zu dem „Vswert 1914". Damit stimmen §§ 2 Nr. 2 SGIN 88, 93 überein. Das bedeutet, daß nach diesen Bedingungsfassungen an dem Grundsatz festgehalten wird, daß es in der Verantwortung des Vmers liegt, die den Vswert 1914 entsprechende Vssumme 1914 zutreffend zu ermitteln. Indessen wird dieses Prinzip dadurch wesentlich gelockert, daß den Ver nach der Rechtsprechung eine B e l e h r u n g s p f l i c h t über die zutreffende Ermittlung des Vswertes 1914 und der Vssumme 1914 trifft (vgl. dazu H 179-180). Als alternative Möglichkeit zur Bestimmung der Vssumme 1914 sieht § 1 Nr. 2 SGIN 79 a vor, daß der Vmer im Vsantrag nicht die Vssumme 1914 angibt, sondern den Neubauwert in den Preisen eines anderen Jahres (z.B. des Jahres des Vertragsbeginns). Dann übernimmt es der Ver, diesen Betrag auf seine Verantwortung aufgrund des vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Bauindexes für Wohngebäude umzurechnen. Diese Verantwortung bezieht sich aber nur auf den U m r e c h n u n g s v o r g a n g , nicht aber auf die Ermittlung des Neubauwertes in den Preisen des vom Vmer gewählten Bezugsjahres. Soweit für mitvtes Zubehör keine besondere Position im Vsvertrag vorgesehen ist, muß der Vmer im übrigen dieses Zubehör gemäß § 1 Nr. 3 SGIN 79 a bei der Ermittlung des Neubauwertes als einen die Vssumme erhöhenden Faktor berücksichtigen. Für die Entschädigungsberechnung bestimmt § 2 Nr. 1 SGIN 79 a, daß der Schaden auf der Grundlage der ortsüblichen Preise zur Zeit des Eintritts des Vsfalles ermittelt wird. Die so errechnete Neuwertentschädigung wird nach § 2 Nr. 2 S. 1 SGIN 79 a voll geleistet, wenn die „Vssumme 1914" mindestens dem „ Vswert 1914" entspricht. Ist das nicht der Fall, so kommt nach § 2 Nr. 2 S. 2 SGIN 79 a die Untervsregelung in der Weise zum Tragen, daß nur derjenige Teil des Schadens ersetzt wird, der sich zu dem ganzen Schaden verhält, wie die „Vssumme 1914" zu dem „Vswert 1914". Entsprechendes gilt nach § 2 Nr. 3 SGIN 79 a, wenn der Vmer gemäß § 1 Nr. 2 den Neubauwert eines anderen Jahres als Umrechnungsgrundlage angegeben hat. Dann wird eine Untervsberechnung nur vorgenommen, wenn der angegebene Neubauwert vom tatsächlichen Neubauwert jenes Jahres abweicht. Ferner gilt das für den Fall, daß der Neubauwert durch wertsteigernde Um-, An- oder Ausbauten erhöht worden ist. Das ist nur in § 2 Nr. 2 SGIN 79 a vermerkt. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, daß solche wertsteigernden Um-, An- oder Ausbauten nicht bei einer Neuwertberechnung nach § 2 Nr. 2 SGIN 79 a zu berücksichtigen sind. Vielmehr wird im letzten Teil 724

Johannsen/Johannsen

Anm. H 182

I. Hauptpflichten des Feuervers

des § 2 Nr. 3 S. 2 SGIN 79 a nur eine Selbstverständlichkeit hervorgehoben. Zur Vermeidung von Mißverständnissen hätte das aber besser so in das Bedingungswerk eingefügt werden müssen, daß unmißverständlich klar ist, daß dieser Vorbehalt für beide Bauwertangaben und Berechnungen gilt. Ergibt sich im Schadenfall, daß systemwidrig doch eine Unterv vorliegt, so ist § 2 Nr. 4 SGIN 79 zu beachten. Dort heißt es, daß eine Unterv nur berücksichtigt wird, soweit sie 3 % der Vssumme 1914 der betroffenen Position des Vsvertrages übersteigt. In der Praxis wird dann so abgerechnet, als wäre die Vssumme 3 % höher. Beträgt der Vswert Euro 1 000 000,-, die Vssumme 500 000,- und der Schaden 250 000,-, so würde der Vmer ohne diese Sonderregelung gemäß § 56 als Entschädigung Euro 125 000,erhalten. Erhöht man die Vssumme um 3 %, so ergibt das einen Entschädigungsbetrag von Euro 128 775,-. K u t s c h e ra NVersZ 2000 S. 459-463 hält dagegen die aufgeführten Klauseln für unklar und befürwortet eine Auslegung, bei der der Vswert um 3 % gekürzt wird. So dürften auch die Ausführungen bei Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 8 zu § 2 SGIN 79 a und Martin 3 S II 118-122 zu verstehen sein, daß die festgestellte Unterv um 3 Prozentpunkte zu kürzen sei. Bei dem oben aufgeführten Beispielsfall würde das zu einer Leistung des Vers von Euro 128 866 führen. Indessen ist eine Unklarheit nicht gegeben. Denn entscheidend für das Bestehen einer Unterv ist das Fehlen einer ausreichenden Vssumme. Es entspricht daher einer abgewogenen Betrachtungsweise, daß die Vssummen um den angegebenen Prozentsatz erhöht und nicht etwa der Vswert herabgesetzt wird (im Ergebnis ebenso O L G Koblenz 14.1.2000 VersR 2001 S. 52 = r + s 2000 S. 515). Ebenso wäre es verfehlt, den nach Maßgabe des § 56 ermittelten Betrag um 3 % zu erhöhen, was bei dem gewählten Beispiel zu einer Leistung des Vers von Euro 128 750,- führen würde. Eine Änderung gegenüber den in den vorangegangenen Absätzen aufgeführten vertraglichen Regelungen ergibt sich aus § 16 Nr. 3 VGB 88. Dort heißt es nämlich, daß die Vssumme 1914 als richtig ermittelt gilt, a) wenn sie aufgrund einer vom Ver anerkannten Schätzung eines Bausachverständigen festgesetzt wird, b) der Vmer im Antrag den Neubauwert in Preisen eines anderen Jahres zutreffend angibt und der Ver diesen Betrag auf seine Verantwortung umrechnet, c) der Vmer Antragsfragen nach Größe, Ausbau und Ausstattung des Gebäudes zutreffend beantwortet und der Ver hiernach die Vssumme auf seine Verantwortung berechnet. Auf den ersten Blick könnte diese Bedingungsgestaltung als eine wesentliche Verbesserung der Situation des Vmers erscheinen. Indessen ergibt eine genaue Überprüfung der einzelnen Alternativen, daß das nicht der Fall ist. Zwar ist von dem Grundsatz auszugehen, daß der Vmer für die Vereinbarung von dem Wert der Sachen entsprechenden Vssummen verantwortlich ist (vgl. dazu H 179). Ungeachtet dessen spricht sehr viel dafür, daß sich ohnedies in allen drei aufgeführten Fällen der Standpunkt des Vers, daß er sich trotz seiner eigenen Fehler bei der Berechnung des Vswertes auf das Vorliegen einer Unterv berufen könne, nach Treu und Glauben nicht durchgesetzt werden könnte. Das gilt um so mehr, als die Verknüpfung mit dem Neubauwert 1914 für einen durchschnittlichen Vmer kaum verständlich ist, weshalb in der Rechtsprechung eine besondere Belehrungspflicht des Vers über die Bedeutung dieser Sonderregelung, speziell über die Methoden der Umrechnung eines solchen in der Vergangenheit liegenden Betrages entwickelt worden ist (vgl. dazu H 180 m. w. Ν.). Davon abgesehen ist es aber zu bergrüßen, daß die von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze in dieser klaren Form in das Bedingungswerk eingearbeitet worden sind. Johannsen/Johannsen

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Anm. H 183

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Im übrigen ist als Verschlechterung der Rechtsposition des Vmers zu konstatieren, daß entgegen § 7 II c) VGB 62 ein Untervsverzicht bis zu 3 % in § 16 VGB 88 nicht enthalten ist. Hier kann es Aufgabe des Vsmaklers sein, bei einer Umstellung auf neuere Bedingungen darauf zu achten, daß durch eine spezielle Klausel vereinbart wird, daß der Einwand der Unterv bis zu 3 % nicht erhoben werden darf. Als Besonderheit ist im übrigen festzuhalten, daß nach § 16 Nr. 5 VGB 88 der Untervsverzicht gemäß Nr. 4 dann nicht gilt, wenn sich im Schadenfall ergibt, daß die Beschreibung des Gebäudes und seiner Ausstattung gemäß Nr. 3 c) von den tatsächlichen Verhältnissen abweicht und dadurch die Vssumme zu niedrig bemessen ist, soweit die Abweichung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht. Damit werden unrichtige Angaben des Vmers, die dieser bei Abschluß des Vsvertrages gemacht hat, einer speziellen Sanktion zugeordnet, die in der gesetzlichen Regelung nicht vorgesehen ist. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, daß die Bestimmungen über die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigelast zu Lasten des Vmers nach § 34 a) nicht abdingbar sind. Eine wertende Betrachtung ergibt indessen, daß ein derartiger Sonderfall bei der Mitteilung unzutreffender Beschaffenheitsangaben bezüglich des zu vernden Gebäudes, die lediglich für die Bildung der Vssumme von Bedeutung ist, nicht von dem Sinngehalt der Bestimmung des § 16 erfaßt wird. Dabei ist zu bedenken, daß es im Prinzip Aufgabe des Vmers ist, die Vssumme zutreffend zu ermitteln. Wenn ihm der Ver die Umrechnungslast abnimmt, sich aber ein Fehler aufgrund falscher Angaben des Vmers ergibt, so ist es nur recht und billig, daß der Vmer die Folgen dieses Fehlers in der Weise zu tragen hat, daß die gesetzliche Regelung einer Unterv gemäß § 56 zum Tragen kommt. Eine die Interessen beider Vertragsparteien angemessene Interpretation des Vertragswerkes müßte auch ohne die Regelung in § 16 VGB 88 zu einer solchen Leistungskürzung nach Maßgabe der Untervsregelung kommen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, daß der Ver diese Kürzungsfolge infolge unrichtiger Angaben zur Ermittlung der Vssumme im Bedingungswerk ausdrücklich festgehalten hat. Das gesagte gilt um so mehr, als dem Vmer Nachteile nur in denjenigen Fällen erwachsen, in denen er die entsprechenden falschen Angaben v o r s ä t z l i c h oder g r o b f a h r l ä s s i g gemacht hat, wobei dem Ver nach der Bedingungsfassung auch die Beweislast für das Vorliegen dieser Schuldformen auferlegt worden ist (BGH 13. XII. 2000 VersR 2001 S. 327=NVersZ 2001 S. 180). Anstelle des Vswertes 1914 kann theoretisch auch ein anderer Zeitpunkt in der Vergangenheit gewählt werden. Zu begrüßen ist das nicht, da dadurch ebenfalls Verständnis· und Beratungsschwierigkeiten auftreten können. Viel besser ist die Anknüpfung an die Gegenwart, wie sie in § 3 N w I G 80 vorgenommen wird (vgl. dazu H 183). Andernfalls schafft der Ver unnütz neuen Erklärungsbedarf. Vgl. für einen Fall, in dem für die V beweglicher Sachen im Vsantrag der „Neuwert 1970" angegeben worden ist, O L G Koblenz 25. X. 1996 r + s 1997 S. 93-95= VersR 1997 S. 1226-1228, das nach den besonderen Umständen des Falles das Vorliegen eines Beratungsfehlers bejahte (dazu H 180). [H 183] cc) Neuwertregelung gemäß § 3 NwIG 80 Die unter H 182 dargestellte gleitende Neuwertv für Gebäude - basierend auf dem Bauwert 1914 - mit der laufenden Anpassung aufgrund des Baukostenindexes gilt nicht für die industrielle und gewerbliche Gebäudev. Vielmehr wird in § 3 Nr. 1 N w I G 80 auf den Neuwert von Gebäuden im Sinne des o r t s ü b l i c h e n N e u b a u w e r t e s einschließlich der Architektengebühren sowie der sonstigen Konstruktions- und Planungskosten abgestellt. Das ist eine für den Vmer ohne weiteres nachvollziehbare Abgrenzung. Es darf daher im Regelfall davon ausgegangen werden, daß der Vmer 726

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Anm. H 184

I. Hauptpflichten des Feuervers

allein die V e r a n t w o r t u n g für eine anfängliche Unterv trägt. Optimal wird der Vsschutz nur gestaltet, wenn bei Abschluß auf dieser Basis auch der Fall bedacht wird, daß im Regelfall durch die fortlaufenden Preissteigerungen eine Wertsteigerung eintritt, die durch eine W e r t a n p a s s u n g s k l a u s e l beziehungsweise Wertzuschlagsklausel (vgl. dazu H 184) erfaßt werden könnte. Entsprechendes gilt für die Regelung in § 1 1 der Sonderbedingungen für die Neuwertv landwirtschaftlicher Gebäude, in der ebenfalls auf den ortsüblichen Neubauwert abgestellt wird. D a ß dabei die Architektengebühren und die Konstruktions- und Planungskosten nicht gesondert erwähnt werden, ist unerheblich, da eine interessengemäße Bewertung ohnedies zu dem Ergebnis kommt, daß diese Kosten als Teil des Neubauwertes anzusehen sind. Trotz richtiger anfänglicher Ermittlung des Vswertes und diesem entsprechender Vssumme und laufender Anpassung an die Preisentwicklung kann es zum Eintritt einer Unterv durch U m - oder A n b a u t e n kommen (so im Fall O L G Saarbrücken 7. V I I . 1999 VersR 2000 S. 358-359). Hier muß der Vmer für den Abschluß einer Nachv sorgen. E r kann sich aber auch durch spezielle Vereinbarungen nach der Art der Klauseln 1707 Nr. 4 oder 1709 schützen (vgl. dazu H 184-185). In der Untervsberechnung ist vom O L G Saarbrücken a.a.O. auch der Vswert mit dem Hauptgebäude nicht zusammenhängender Garagen, die erst acht Jahre nach dem Abschluß des Vsvertrages errichtet worden sind, berücksichtig worden. Darüber läßt sich ungeachtet dessen, daß die Mitv von Garagen im Vsschein schon damals dokumentiert worden ist, streiten.

[ H 184] dd) Wertzuschlagversicherung Während bei der V von Wohn- und Geschäftshäusern eine Vsnahme auf der Basis einer gleitenden Neuwertv unter Berücksichtigung des Bauwertes 1914 und des Baukostenindexes eine präzise Zusage des Vers erfolgt, auf den Einwand der Unterv zu verzichten, wird dieses System bei der V von industriellen und gewerblichen Gebäuden nicht angewendet. Das gleiche gilt für die V von Gebäuden aus dem landwirtschaftlichen Bereich und für die V von beweglichen Sachen in den genannten Bereichen. Es ist zwar auch dort eine genaue Neuwerterfassung zur Vermeidung einer anfänglichen Unterv der Regelfall, die den Wert der vten Sachen zu den Preisen eines Basisjahres angibt ( z . B . 1938, 1970 oder 1980). Darüber hinaus müssen aber durch entsprechende Klauseln Wertzuschläge zugunsten des Vmers vertraglich verankert werden, durch die jährlich Anpassungen an die Preisänderungen vorgenommen werden. Auch müssen die Schwankungen im Bestand der als Sachgesamtheit vten Sachen zeitnah erfaßt werden. Besondere Bedeutung kommt der Klausel 1707 zu. Diese hat folgenden Wortlaut: „1707 Wertzuschlag mit Einschluß von Bestandserhöhungen 1. Die Versicherungssummen für Positionen, zu denen dies besonders vereinbart ist, werden gebildet aus den Werten der versicherten Sachen auf der Preisbasis des Jahres 1970 (Grundsumme) und den Wertzuschlägen für Preissteigerungen. 2. Der Versicherungsnehmer überprüft zu Beginn jedes Versicherungsjahres die Wertzuschläge. Veränderungen gelten rückwirkend vom Beginn des Versicherungsjahres an, wenn sie innerhalb der ersten drei Monate des Versicherungsjahres beantragt wurden. Solange kein Antrag gemäß Abs. 1 Satz 2 gestellt ist, gilt hilfsweise folgende Regelung: Die Wertzuschläge verändern sich ab Beginn jedes Versicherungsjahres um die Prozentpunkte, um die sich der Preisindex für gewerbliche Betriebsgebäude aus Johannsen/Johannsen

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Anm. H 184

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

der Fachserie 17, Reihe 4, und der Index für gewerbliche Arbeitsmaschinen aus der Fachserie 17, Reihe 2, gegenüber dem Vorjahr verändert haben. 3. Soweit sie angewendet werden, sind für Nr. 2 die vom Statistischen Bundesamt vor Beginn des Versicherungsjahres zuletzt veröffentlichten Preisindizes maßgebend. 4. Nachversicherungen von Bestandserhöhungen gelten rückwirkend, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wurden. Der Versicherer haftet bis zur Grundsumme zuzüglich doppeltem Wertzuschlag, sofern der Gesamtbetrag aus Grundsumme und Wertzuschlag bei Beginn des Versicherungsjahres ausreichend war und Bestandserhöhungen rechtzeitig ausreichend nachversichert worden sind. Grundsumme und Wertzuschlag gelten als richtig bemessen, wenn sie durch eine dem Versicherer eingereichte Schätzung eines Sachverständigen festgesetzt worden sind. Falls diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, haftet der Versicherer für den Schaden nur im Verhältnis der Versicherungssumme im Zeitpunkt ihrer gemäß Nr. 2 und Nr. 4 letztmalig erforderlichen Festsetzung zum Versicherungswert am gleichen Tag. 6. Die Vertragsparteien können die vorstehenden Vereinbarungen durch Kündigung mit sechswöchiger Frist außer Kraft setzen. " In Nr. 1 dieser Klausel ist danach vorgesehen, daß die Vssumme für Positionen, zu denen dieses besonders vereinbart ist, auf der Preisbasis des Jahres 1970 und den Wertzuschlägen für Preissteigerungen aus den Folgejahren ermittelt wird. Diese Wertzuschläge hat der Vmer nach Nr. 2 I zu Beginn jedes Vsjahres zu überprüfen. Sie erhöhen die Vssumme rückwirkend vom Beginn des betreffenden Vsjahres an, wenn sie innerhalb der ersten drei Monate des Vsjahres beantragt werden. Hier ist ein Schwachpunkt in der praktischen Handhabung gegeben, wenn eine solche Fristenregelung vereinbart worden ist. Denn in der Praxis kommt es immer wieder vor, daß solche Fristen nicht eingehalten werden. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, daß für den Fall einer Unterlassung der Meldung in Nr. 2 II vorgesehen ist, daß dann eine Veränderung der Vssummen auf der Basis der Preisindizes für gewerbliche Betriebsgebäude und für gewerbliche Arbeitsmaschinen festgelegt ist und daß nach Nr. 3 die vom statistischen Bundesamt vor Beginn des Vsjahres zuletzt veröffentlichten Preisindizes maßgebend sind. Eine Sonderregelung findet sich in Nr. 4 für die Nachv von B e s t a n d s e r h ö h u n gen. Sie gilt rückwirkend, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird. Dabei wird in Nr. 4 nicht auf eine Meldung zum Jahresende abgestellt. Es wird vielmehr kein bestimmter Zeitpunkt genannt. Daraus ist zu schließen, daß auf den Zeitpunkt der Bestandserhöhung abgestellt wird. Der Vmer muß also hier besondere Sorgfalt walten lassen. Zeigt der Vmer die Veränderungen später als 3 Monate an, so greift die Rückwirkung für Bestandserhöhungen überhaupt nicht ein. Der Vsschutz ist in dieser Beziehung nicht so günstig ausgestaltet wie bei den Wertzuschlägen. Bei denen gilt bis zum Zugang der verspäteten Anzeige nur die Veränderungsregelung gemäß Nr. 2 I und danach die Veränderungen gemäß der Meldung des Vmers. Hingegen gibt es eine solche Ersatzregelung für Bestandsveränderungen in der Klausel nicht. Der Vmer könnte sich hier nur durch Vereinbarung einer besonderen Vorsorgevsklausel zusätzlich schützen (vgl. H 185). Die Regelung in Nr. 2 und 4 der Klausel ist im übrigen so zu verstehen, daß der Ver grundsätzlich seine Annahmebereitschaft mit der Vereinbarung dieser Klauseln bekundet hat. Er kann die Anträge demgemäß nicht ablehnen. Das ist auch für verspätete Meldungen zu konstatieren. Der Ver wird dadurch geschützt, daß eine Rück728

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Anm. H 184

I. Hauptpflichten des Feuervers

wirkung nur eintritt, wenn die in den genannten Nummern aufgeführten Fristen eingehalten worden sind. Der besondere Schutz für den Vmer liegt in der Regelung gemäß Nr. 5. Dort befindet sich ein Untervsverzicht, der dann eingreift, wenn der Gesamtbetrag aus der Grundsumme und dem Wertzuschlag bei Beginn des Vsjahres ausreichend war und Bestandserhöhungen rechtzeitig ausreichend nachvert waren. Die Haftung des Vers für solche Wertzuwächse ist allerdings begrenzt auf die Grundsumme zuzüglich doppelten Wertzuschlags. Dabei bezieht sich der Zusatz „bei Beginn des Vsjahres" nur auf den Wertzuschlag. Denn die Grundsumme wächst durch die ordnungsgemäße Meldung der Bestandserhöhung zur Nachv ohnedies entsprechend an. Die Berechtigung des Vers nachzuprüfen, ob die Grundsumme und der Wertzuschlag ausreichend bemessen waren, entfällt, wenn die Grundsumme und der Wertzuschlag durch eine dem Ver eingereichte Schätzung eines Sachverständigen festgesetzt worden sind. Zum selben Ergebnis kommt man, wenn der Ver die Schätzung hat vornehmen lassen oder eine zu geringe Bemessung der Vssumme auf einem dem Ver zuzurechnenden Fehler seines Vsvertreters zurückzuführen ist (dazu H 179-180 m. w.N.). Für einen Fall einer derartigen anfänglichen Unterv vgl. O L G Köln 17. X. 2000 r + s 2000 S. 513-515. Der Vmer konnte nicht beweisen, daß er ein im Prozeß vorgelegtes Gutachten über einen Vswert von D M 4500000,- dem Ver übermittelt hatte. Die Vssumme war von ursprünglich D M 5 000000,- auf DM 4500 000,- herabgesetzt worden. Nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen stellte sich der Vswert auf DM 7171215,-. Einen Beratungsfehler bei der ursprünglichen Festlegung der Vssumme auf D M 5 000000,- verneinte das Gericht mit Rücksicht darauf, daß der Vmer die Fläche des umbauten Raumes mit 10000 qm zu gering angegeben hatte. Dabei wurde ergänzend berücksichtigt, daß der Vmer Architekt war. Er war demgemäß über die Wertsteigerung, die das von ihm erworbene Objekt durch den Umbau von einer früher städtischen Schwimmhalle zu einem Sporthotel erfahren hatte, unterrichtet, so daß er sich insbesondere auch nicht darauf verlassen durfte, daß dieses Schwimmbad früher mit D M 500 000,- vert gewesen war. Wenn die Uberprüfung ergibt, daß die Grundsumme und der Wertzuschlag bei Beginn des Vsjahres nicht ausreichend waren und dieser Fehler nicht durch den Ver zu verantworten ist, so haftet er nach Nr. 5 II für den Schaden nur im Verhältnis der Vssumme im Zeitpunkt ihrer gemäß Nr. 2 und 4 letztmalig erforderlichen Festsetzung zum Vswert am gleichen Tag. Das bedeutet, daß nicht auf den Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalles abgestellt wird, sondern auf den für die letzte Meldung erforderlichen Zeitpunkt. Diese Abweichung von § 56 ist als systemgerecht zu akzeptieren. Sie kann sich im übrigen zum Vor- oder zum Nachteil des Vmers auswirken (vgl. zur entsprechenden Regelung bei der Stichtagsklausel H 189). Ereignet sich ein Vsfall innerhalb der Fristen zur Meldung von Wertzuwächsen oder Bestandserhöhungen, ohne daß bis zum Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalles eine solche Meldung erfolgt ist, so ist überlegen, ob der Vmer noch von der Rechtswohltat der Meldungen mit rückwirkender Kraft Gebrauch machen kann. Das ist zu bejahen. Denn ein durchschnittlich verständiger Vmer darf angesichts der eindeutig die Rückwirkung betonenden Regelung darauf vertrauen, daß er sich ohne Nachteil mit der Meldung drei Monate Zeit lassen kann. Das bedeutet, daß die rückwirkende Erhöhung bei der Regulierung des vorher eingetretenen Schadens zu berücksichtigen ist (streitig, so aber B G H 27. III. 1991 r + s 1991 S. 206-208 =VersR 1991 S. 921-923 zu dem entsprechenden Problem bei der Stichtagsklausel Nr. 1705; vgl. H 189 m. w.N.). Entsprechende Auslegungsgrundsätze gelten für die Klausel 1708, die sich von der Klausel 1707 nur dadurch unterscheidet, daß sie keinen institutionellen Einschluß von Bestandserhöhungen vorsieht. Bemerkenswert ist, daß in Nr. 6 der Klausel 1707 (und Johannsen/Johannsen

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Anm. H 186

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Nr. 5 der Klausel 1709) bestimmt ist, daß die in den Klauseln festgelegten Vereinbarungen jederzeit mit sechswöchiger Frist außer Kraft gesetzt werden können. Das bezieht sich nur auf künftige Erhöhungen der Vssummen. Erfolgt eine solche Aufkündigung, so unterliegen alle während der Kündigungszeit noch eintretenden Vsfälle der Klauselregelung. Das gilt auch dann, wenn eine fristgemäße Nachmeldung erst nach Ablauf des Kündigungszeitraums erfolgt. [ H 185] ee) Vorsorgeversicherung für Bestandserhöhungen Mit der Klausel 1709 werden Bestandserhöhungen abweichend vom System der Klausel 1707 erfaßt. Es greifen hierfür nach Nr. 1 die vereinbarten Vorsorge-Positionen des Vsvertrages ohne eine besondere Anzeige des Vmers ein. Das ist ein großer Vorteil dieser Regelung im Vergleich zu der in Nr. 4 der Klausel 1707. Darüber hinaus ist in Nr. 2 vorgesehen, daß sich die Vssummen für Positionen, zu denen dieses besonders vereinbart ist, ohne besonderen Antrag jeweils mit Beginn des nächsten Vsjahres vorübergehend um den entsprechenden Betrag der Vorsorgevssummen erhöhen. Dabei ist in Nr. 3 noch zusätzlich eine Umrechnung dieser Vorsorgevssummen auf den Wert 1970 vorzunehmen. Daneben bleiben nach Nr. 4 für das neue Vsjahr die Vorsorgevssummen in der bisherigen Höhe bestehen und gelten jeweils für die Bestandszugänge des nächsten Jahres. Nach Nr. 2 S. 2 sind die Erhöhungen sobald als möglich durch die festgestellten endgültigen Summen zu ersetzen. Eine Bestandserhöhung liegt nur dann vor, wenn die Bestandszugänge die Abgänge übertreffen (so Kuhn V W 1980 S. 704, Ollick VA 1982 S. 43, Risthaus Unterv S. 201, a. M. Martin 3 S V 45). Dem Vmer wird nach dieser Regelung nur angesonnen, bei Bestandserhöhungen zu prüfen, ob die Vorsorgevssummen ausreichen. Ist das nicht der Fall, so muß er einen ergänzenden Vsantrag stellen. Zur Prämienbemessung für die Vorsorgev vgl. Nr. 5. [ H 186] ff) Summenausgleich (Klausel 1704) Die Vssumme eines Feuervsvertrages wird in der industriellen Feuerv im Regelfall nicht einheitlich für alle vten Güter ausgewiesen. Vielmehr wird sie auf unterschiedliche Positionen aufgeteilt (vgl. dazu die übliche Positionen-Erläuterung in H 87). Für diese einzelnen Positionen wird dabei häufig ein unterschiedlicher Prämiensatz gewählt, dessen Höhe abhängig ist von der aus der Erfahrung gewonnenen Kenntnis des Vers über die Feueranfälligkeit der den einzelnen Positionen zugeteilten Sachen. Im Brandfall stellt sich bei dieser Vertragsgestaltung nicht selten heraus, daß die Vssumme zwar im ganzen zur Vermeidung einer Unterv ausreichen würde, daß aber die Vssummen für einzelne Positionen zu niedrig bemessen sind, sodaß dort die Untervsregelung gemäß § 56 zur Anwendung kommen müßte. Ein solches Ergebnis wird vom Vmer zumeist als unbillig empfunden. Das gilt insbesondere dann, wenn dieses nicht eingetreten wäre, wenn die von verschiedenen Positionen erfaßten Sachen zum selben Prämiensatz vert sind. Deshalb haben die Ver hier seit langem Klauseln über einen Summenausgleich für solche Fälle geschaffen. Von diesen Klauseln werden erst recht Positionen, die einen niedrigeren Prämiensatz für bestimmte Sachgruppen ausweisen, erfaßt, sofern durch die Übertragung von durch den betreffenden Vswert nicht ausgefüllten Summenteilen aus Positionen mit höherem Prämiensatz eine Unterv in der Position mit niedrigerem Prämiensatz beseitigt oder vermindert werden kann. Der Text der heute üblicherweise verwendeten Summenausgleichsklausel 1704 lautet wie folgt: 730

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Anm. H 186

I. Hauptpflichten des Feuervers

1704 Summenausgleich 1. Soweit die Versicherungssummen der einzelnen Positionen die dazugehörenden Versicherungswerte übersteigen, werden die überschießenden Summenanteile auf diejenigen Positionen aufgeteilt, bei denen nach Aufteilung einer Vorsorgeversicherungssumme Unterversicherung besteht oder bei denen die Versicherungssummen wegen entstandener Aufwendungen für Abwendung oder Minderung des Schadens nicht ausreicht. Die Aufteilung findet nur zugunsten von Positionen statt, für die gleich hohe oder niedrigere Prämiensätze vereinbart sind. 2. Für die Aufteilung ist das Verhältnis der Beträge maßgebend, um die die Versicherungswerte der einzelnen Positionen die Versicherungssummen übersteigen, und zwar ohne Rücksicht darauf, welche Positionen durch den Versicherungsfall betroffen sind. 3. Bei Positionen, zu denen eine Wertzuschlagsklausel vereinbart ist, gilt als Versicherungssumme die Grundsumme zuzüglich des einfachen Wertzuschlags. 4. Vom Summenausgleich ausgenommen sind a) Vorräte, für die Stichtagsversicherung vereinbart ist; b) Versicherungssummen gemäß der Vereinbarung „Vorsorgeversicherung für Bestandserhöhungen"; c) Versicherungssummen auf Erstes Risiko (Erste Gefahr). 5. Sind für mehrere Grundstücke gesonderte Versicherungssummen vereinbart, so erfolgt der Summenausgleich nur zwischen den Positionen der einzelnen Grundstücke. Für eine abweichende ältere Fassung einer solchen Summenausgleichsklausel vgl. Möller Bd II Anm. 14 zu § 56. Hingegen war die Klausel gemäß § 28 ZFgA 81, die direkte Vorläuferin der Klausel 1704, mit dieser inhaltlich identisch. Maßgebender Ausgangspunkt für den in der Klausel 1704 vorgesehenen Summenausgleich ist die Feststellung der V s w e r t e für die einzelnen Positionen im V s f a l l . Wird ermittelt, daß in einzelnen Positionen Uberv besteht, so steht dieser Uberschuß an Vssumme grundsätzlich für den Summenausgleich zur Verfügung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Position, für die Überv besteht, vom Schaden betroffen ist (BGH 8. VI. 1983 VersR 1983 S. 1123). Es wird in der Klausel also nicht etwa darauf abgestellt, ob die Sachen aus einzelnen Positionen überhaupt nicht oder nur teilweise vom Schaden betroffen sind, und dann die Vssumme aus diesen Positionen ganz oder teilweise auf andere Positionen verteilt. Das wäre zwar theoretisch auch denkbar, würde aber vsrechtlichen Prinzipien widersprechen, insbesondere nicht beachten, daß der Ver für die in diesen Positionen festgestellten Vswerte das Risiko voll getragen hat. Der Gedanke, der der Summenausgleichsklausel zugrunde liegt, ist vielmehr der, daß im Idealfall ein Ver, der vollen Umfangs die zum Vertrage vereinbarte Prämie erhalten hat, die Vssummen zwischen den einzelnen Positionen ausgleichen will, wenn im Vsfall festgestellt wird, daß die insgesamt ermittelten Vswerte der insgesamt vereinbarten Vssumme entsprechen. In der Praxis wird allerdings über eine solche Summenausgleichsklausel im Regelfall nur ein teilweiser Summenausgleich erfolgen. Das ergibt sich schon aus den unterschiedlichen Prämiensätzen. Diese werden in der Klausel gemäß Nr. 1 Satz 2 in der Weise berücksichtigt, daß ein Summenausgleich nur zugunsten von solchen Positionen erfolgt, für die eine gleich hohe oder eine niedrigere Prämie vereinbart worden ist. Theoretisch wäre freilich eine Übertragung von Vssummenanteilen aus niedrigeren Prämienpositionen auf höhere auch denkbar. Auch insoweit liegt (stabile Wertverhältnisse vorausgesetzt) im Ergebnis zugunsten des Vers eine insgesamt zu hohe Prämie vor, nämlich in der niedrigeren Prämienposition. Ein Johannsen/Johannsen

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Anm. H 186

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

solcher Summenausgleich wäre dann aber gedanklich mit der zusätzlichen Schwierigkeit belastet, daß dann kein voller Ausgleich der überschießenden Vssumme auf diese mit höheren Prämien belasteten Positionen erfolgen dürfte, da der Ver für diese Positionen im Umfang des Ausgleichs nur teilweise ein „Entgelt" erhalten hätte. Das würde bedeuten, daß für jede Übertragung auf eine prämienmäßig höher eingestufte Position eine gesonderte Verhältnisrechnung anhand der unterschiedlichen Prämiensätze in der Klausel hätte verankert werden müssen. Das erschien den Vern aber als zu umständlich und nicht praktikabel. Dem wird man ohne weiteres folgen können. Der durch die Klausel 1704 zugesagte Summenausgleich ist demgemäß als angemessen zu bewerten. Das Gesagte gilt um so mehr, als es nach der gesetzlichen Grundkonzeption im Ausgangspunkt Sache des Vmers ist, anhand eigener Erkenntnisse für angemessene Vssummen zu sorgen (vgl. dazu H 179-180). Eine Aufteilung erfolgt nach Nr. 1 S. 1 nur auf diejenigen Positionen, bei denen Unterv besteht oder bei denen die Vssumme wegen Aufwendungen zur Abwendung oder Minderung des Schadens nicht ausreicht. Vorab ist eine vereinbarte V o r s o r g e vssumme aufzuteilen (mit Ausname der Vorsorgevssumme für Bestandserhöhungen gemäß Klausel 1709). Soweit Positionen betroffen sind, bei denen eine W e r t z u s c h l a g k l a u s e l vereinbart worden ist (vgl. dazu H 184), gilt nach Nr. 3 als Vssumme die Grundsumme zuzüglich des einfachen Wertzuschlags. Bei der Ermittlung der Vswerte zu den einzelnen Positionen kann sich ergeben, daß es Sachen zu einer der aufgeführten Positionen überhaupt nicht mehr gibt, sodaß hier insoweit ein vtes Interesse schon gänzlich entfallen ist, sodaß der Vmer insoweit gemäß § 68 eine Herabsetzung der Vssumme hätte verlangen können. Vom B G H 8. VI. 1983 VersR 1983 S. 1122-1123 ist für eine solche Fallgestaltung entschieden worden, daß die Vssumme dieser Position vollen Umfangs zum Summenausgleich heranzuziehen sei (zustimmend Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 56, Risthaus Unterv S. 115 und Römer-Langheid R N 3 zu § 56; zweifelnd Martin 3 S 129). Der Entscheidung ist insbesondere deshalb beizupflichten, weil der Vmer die Herabsetzung der Vssumme mit entsprechender Prämienersparnis gemäß § 68 II nur für die Zukunft verlangen kann. Ist das aber im konkreten Vsvertrag entgegengesetzt geregelt, daß nämlich rückwirkend eine Prämienherabsetzung verlangt werden kann, so würde ein Summenausgleich aus einer solchen Position nicht zu rechtfertigen sein. Vom Summenausgleich ausgeschlossen sind nach Nr. 4 a) Vorräte, für die die Stichtagsv vereinbart worden ist (vgl. dazu H 187-192). Das leuchtet ein, da die Prämie gemäß den Klauseln 1705 Nr. 8 und 1706 Nr. 8 nicht nach der Vssumme berechnet wird, sondern nach dem Durchschnitt der gemeldeten Stichtagssummen. Aus dem gleichen Grund fallen nach Nr. 4b) Vssummen gemäß der Klausel 1709 „Vorsorgev für Bestandserhöhungen" nicht unter den Summenausgleich. In Nr. 5 S. 2 der Klausel 1709 ist nämlich vorgesehen, daß die Vsprämie nur aus dem im abgelaufenen Jahr in Anspruch genommenen Teil der Vorsorgevssumme zu entrichten ist. Ferner findet der Summenausgleich nach Nr. 4 c) keine Anwendung bei Vssummen auf Erstes Risiko (Erste Gefahr). Das gilt sowohl für eine Erhöhung dieser durch den Untervsverzicht charakterisierten Positionen wie auch für die Übertragung von Vssummen an Teilen auf andere Positionen, die nicht durch die Besonderheit einer V für „ Erstes Risiko " gekennzeichnet sind. Das ist einleuchtend, da eine V auf Erstes Risiko eine höhere Vsqualität ausweist. Der Ausschluß nach Nr. 4 c) kommt aber auch dann zur Anwendung, wenn es im Vsvertrag zwei (oder mehrere) Positionen gibt, für die gleichermaßen ein Untervsverzicht vereinbart ist. Hier wäre eine von Nr. 4 c) abweichende Vereinbarung durchaus als eine einleuchtende Lösung anzusehen. Es ist aber verständlich, daß solche Sonderlösungen nicht in die den Regelfall betreffende Klausel 1704 aufgenommen worden sind. 732

Johannsen/Johannsen

Anm. H 186

I. Hauptpflichten des Feuervers

Schließlich heißt es in Nr. 5 der Klausel, daß dann, wenn für m e h r e r e G r u n d s t ü c k e g e s o n d e r t e V s s u m m e n vereinbart worden sind, der Summenausgleich nur zwischen den P o s i t i o n e n d e r e i n z e l n e n G r u n d s t ü c k e erfolgt. Martin 3 S I 30 bemerkt dazu, daß ein Summenausgleich deshalb nicht zwischen den Vssummen für verschiedene Betriebsgrundstücke erfolge, weil sonst eine risikosteigernde Konzentration aller Werte auf einem von mehreren Betriebsgrundstücken ermöglicht werde. Das ist nicht ohne weiteres nachzuvollziehen, wenn man vom Normalfall ausgeht, daß nämlich der Vmer bestrebt ist, für die mit gesonderten Vssummen in besonderen Positionen ausgewiesenen Grundstücke angemessen zutreffende Vssummen zu bilden. Daß Zweifel an der wirtschaftlich vernünftigen Regelung in Nr. 5 angebracht sein können, ergibt sich im übrigen aus den Ausführungen von Martin 3 S I 8. Dort heißt es u. a., daß dann, wenn zwischen mehreren Vsorten Freizügigkeit vereinbart worden sei, die mehreren Teilsummen keine rechtliche Bedeutung haben, sondern ebensogut durch den Gesamtbetrag der Teilsummen als einheitliche Vssumme ersetzt werden können. Unter diesen Umständen wäre es erwägenswert, auf die Regelung in Nr. 5 zu verzichten und nur dann eine entsprechende Bestimmung in den Vsvertrag aufzunehmen, wenn der Ver ζ. Β. ein bestimmtes im Ausland befindliches Risiko auf keinen Fall in einem höheren Maße übernehmen will als durch die für dieses Risiko insgesamt festgelegte Vssumme. In §§ 11 Nr. 3 II, III, 12 Nr. 2 A F B 87 ein Summenausgleich nicht vorgesehen (ebensowenig in § 3 IV 2 A F B 30). Wird daher die Geltendmachung der Summenausgleichsklausel Nr. 1704 (oder einer ähnlich gefaßten Bestimmung) in einem Feuerindustrievsvertrag nicht vereinbart, so ist eine vertragliche Grundlage für einen derartigen Summenausgleich nicht gegeben ( B G H 8. II. 1984 VersR 1984 S. 453-455 [455], O L G H a m m 4. V. 1984 VersR 1984 S. 880). Das gilt ungeachtet dessen, daß aus der Sicht des Vers gegen einen solchen Summenausgleich aus wirtschaftlichen Gründen nichts einzuwenden wäre, soweit er sich nicht auf eine Übertragung von Vssummenanteilen auf vte Sachen bezieht, für die ein höherer Prämiensatz vereinbart ist (Martin 3 S I 26). Auch ein Schadenersatzanspruch des Vmers gegen den Ver wegen fehlenden Hinweises auf die Möglichkeit, eine solche Summenausgleichsklausel zu vereinbaren, ist im Regelfall zu verneinen (vgl. dazu O L G H a m m 4. V. 1984 a.a.O.). Letzten Endes ist und bleibt es im Grundsatz Sache des Vmers, daß er seinem Risiko angemessene Vssummen für die von den einzelnen Positionen des Vsvertrages erfaßten Sachen vorgibt. Soweit der Vmer allerdings von einem Vsmakler betreut wird, kann er erwarten, daß ihm dieser die zusätzliche Vereinbarung einer solchen Klausel empfiehlt. Unterläßt der Vsmakler einen solchen Hinweis, so kann er sich schadenersatzpflichtig machen. Das gilt nicht nur, wenn der Ver keine Zusatzprämie für die Vereinbarung der Geltung einer solchen Summenausschlußklausel verlangt, sondern auch dann, wenn davon abweichend ein Prämienzuschlag gefordert wird (zu den hohen Anforderungen an die Beratungspflicht des Maklers vgl. B G H 22. V. 1985 B G H Z 94 S. 356-365; w. N . in H 180 a. E.). In der Klausel 3701 ist für die l a n d w i r t s c h a f t l i c h e F e u e r v ebenfalls ein Summenausgleich vorgesehen. Das gilt allerdings nach Nr. 1 der Klausel nur für im Vsvertrag b e s o n d e r s b e z e i c h n e t e n Positionen. Das bedeutet, daß ein Summenausgleich nur bezüglich solcher Positionen stattfindet, für die das im Vsvertrag ausdrücklich vermerkt ist. Diese Bezeichnung kann in einer besonderen Klausel erfolgen, in der eine Aufzählung der unter den Summenausgleich fallenden Positionen vorgenommen wird. Denkbar ist aber auch eine Vertragsgestaltung, bei der bei jeder Position angemerkt wird, ob sie unter den Summenausgleich fällt oder nicht. Die Klausel 3701 ist wesentlich kürzer gefaßt als die Klausel 1704. Es fehlen insbesondere Hinweise auf die Behandlung der Vorsorgev, der Stichtagsv und des WertJohannsen/Johannsen

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Anm. H 187

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Zuschlages. Das hängt damit zusammen, daß derartige Klauseln im Bereich der landwirtschaftlichen V üblicherweise nicht vereinbart werden. Wenn doch ausnahmsweise eine Vorsorgevsvereinbarung getroffen worden ist, ist die entsprechende Vssumme anteilig nach Verhältnisrechnungsgrundsätzen auf die unter den Summenausgleich fallenden Positionen aufzuteilen. [H 187] gg) Stichtagsversicherung aaa) Vorräte α) Vorbemerkung In Produktions- und Handelsbetrieben schwankt die Anzahl der unter die Position „Vorräte" fallenden Sachen einleuchtender Weise von Tag zu Tag. Wenn daher ein Vmer gebeten wird, eine Vssumme für die in seinem Betrieb jeweils vorhandenen Vorräte vorzuschlagen, so wird er im Regelfall erklären, daß er den Vsbedarf nur schätzen könne. Es liegt deshalb für den Vmer eigentlich nahe, als Vssumme den höchsten in Betracht kommenden Umfang solcher Vorräte zu wählen. Es wäre aber unbillig, wenn der Ver auch für diejenigen Zeiträume Prämien in voller Höhe erhält, in denen der Wert der Vorräte weit unter dieser so hoch angesetzten Vssumme liegt. Um hier einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des Vers und denen des Vmers zu finden, sind von den Vern seit langem Stichtagsklauseln entwickelt worden. Diese setzen voraus, daß vom Vmer eine bestimmte Vssumme als Obergrenze angegeben worden ist. Durch die gemäß der Klausel Nr. 1705 im Regelfall vorgesehene monatliche Meldung der Vorräte wird dann von Monat zu Monat der Umfang des Vsschutzes in summenmäßiger Beziehung bestimmt. Der Ver bekommt dabei eine Jahresprämie, die nach dem Durchschnittswert der Stichtagsmeldungen berechnet wird. Das Muster einer solchen Stichtagsklausel aus dem Klauselheft wird nachstehend wiedergegeben: „1705 Stichtagsversicherung für Vorräte 1. Entschädigungsgrenze für die versicherten Vorräte ist die vereinbarte Versicherungssumme. 2. Der Versicherungswert, den die versicherten Vorräte an dem vereinbarten Stichtag eines jeden Monats haben (Stichtagswert) ist dem Versicherer jeweils innerhalb von 10 Tagen oder von einer vereinbarten anderen Frist nach diesem Stichtag zu melden (Stichtagssumme). Solange für einen Stichtag trotz Fristablaufs keine Meldung erfolgt ist, gilt auch für diesen Stichtag die zuletzt gemeldete Stichtagssumme. Geht bereits die erste Stichtagsmeldung dem Versicherer nicht rechtzeitig zu, so sind die Vorräte ab Fristablauf bis zum Eingang der Meldung nur mit der Hälfte der Versicherungssumme versichert. 3. Der Versicherungsnehmer hat eine infolge Schreib-, Rechen- oder Hörfehlers versehentlich falsch erstattete Meldung unverzüglich zu berichtigen. Ist inzwischen ein Versicherungsfall eingetreten, so hat er das Versehen nachzuweisen. 4. Ist die letzte vor Eintritt des Versicherungsfalls gemeldete Stichtagssumme niedriger als der Stichtagswert, für den die Stichtagssumme gemeldet wurde oder gemäß Nr. 2 Abs. 2 Satz 1 als gemeldet gilt, so wird nur der Betrag ersetzt, der sich zu dem ganzen Schaden verhält wie die gemeldete Stichtagssumme zum Stichtagswert. 5. Der Stichtagswert ist auch dann in voller Höhe zu melden, wenn er die Versicherungssumme übersteigt. Die Meldung gilt, wenn der Versicherungsnehmer 7 34

Johannsen/Johannsen

I. Hauptpflichten des Feuervers

Anm. H 188

nicht etwas anderes bestimmt hat, als Antrag auf Erhöhung der Versicherungssumme auf den gemeldeten Betrag ab Zugang der Meldung. Der Versicherungsnehmer ist an den Antrag zwei Wochen gebunden. Lehnt der Versicherer den Antrag nicht innerhalb dieser Frist ab, so gilt er als angenommen. 6. Soweit in den Fällen von Nr. 5 der Versicherungsnehmer erklärt, eine höhere Versicherungssumme werde nicht beantragt, oder soweit der Versicherer den Antrag abgelehnt hat, wird bei Versicherungsfällen bis zur nächsten Stichtagsmeldung nur der Betrag ersetzt, der sich zu dem ganzen Schaden verhält wie die Versicherungssumme zum Stichtagswert. 7. Neben Nr. 4 und Nr. 6 sind § 56 VVG und die Bestimmungen über Unterversicherung in den dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen nicht anzuwenden. 8. Auf die Prämie ist eine Vorauszahlung aus der Hälfte der Versicherungssumme für das ganze Versich erungsjahr zu leisten. Die endgültige Prämie wird zum Ende des Versicherungsjahres aus dem Durchschnitt der gemeldeten Stichtagssummen und dem diesem Durchschnitt entsprechenden Prämiensatz berechnet; eine tarifliche Mindestprämie ist zu berücksichtigen. Soweit bei den Fällen von Nr. 5 der Versicherungsnehmer erklärt, eine höhere Versicherungssumme werde nicht beantragt oder soweit der Versicherer den Antrag ablehnt, bleibt der die Versicherungssumme übersteigende Teil der gemeldeten Stichtagssummen für die Prämie unberücksichtigt. Ergibt sich während des Versicherungsjahres, daß die Vorauszahlung verbraucht ist, so kann der Versicherer eine weitere angemessene Vorauszahlung verlangen, jedoch nicht mehr als die Hälfte der ersten Vorauszahlung. " Für eine früher verwendete Fassung einer solchen Stichtagsklausel für Vorräte (damals als Klausel Nr. 501 bezeichnet) vgl. den Abdruck bei Möller Bd II Anm. 18 zu § 56. Eine noch ältere Fassung findet sich bei Raiser2 Anm. 53 zu § 3 AFB. [H 188] ß) Einzelheiten αα) Rechtliche Einordnung der Stichtagsmeldung Bei der Anwendung der Stichtagsklausel 1705 können Schwierigkeiten auftreten, wenn der Vmer Stichtagsmeldungen nicht oder verspätet abgibt. Es stellt sich daher die Frage, ob der Ver die Erstattung von Stichtagsmeldungen erzwingen kann. Von Möller Bd II Anm. 31 zu § 54 wird das mit der Begründung verneint, daß die Verpflichtung zur Abgabe von Stichtagsmeldungen - anders als die Deklarationspflicht bei der laufenden V - keine echte Rechtspflicht darstelle (ebenso Martin 3 S VI 3, vgl. auch Ollick VA 1982 S. 40 Anm. 54, der zwischen den Meldungen nach Nr. 2 und 5 der Klausel unterscheiden will; zur Deklarationspflicht vgl. im übrigen ergänzend Reimer Schmidt, Die Obliegenheiten, Karlsruhe 1953, S. 248-249). Angesicht dessen, daß der Vmer gemäß Nr. 2 II 1 nur im Rahmen der letzten Stichtagsmeldung Anspruch auf Vsschutz hat und dem Ver auch nur in diesem Rahmen ein Anspruch auf Prämienzahlung zusteht, ist der Auffassung von Möller zu folgen, daß wegen dieser abschließenden Regelung der Rechtsfolgen eine echte Rechtspflicht des Vmers zur Meldung der laufenden Vorräte nicht gegeben ist. Das bedeutet, daß dem Ver nach dieser Vertragsgestaltung nicht die Möglichkeit gegeben ist, derartige Meldungen durch den Vmer im Klagewege zu erzwingen. Schließlich gefährdet letzterer damit nur seinen Vsschutz in dem Sinne, daß die gesetzliche Regelung über die Unterv zur Anwendung kommt. Dadurch wird zugleich sichergestellt, daß der Ver nicht Leistungen ohne eine entsprechende Prämienzahlung zu erbringen hat. Johannsen/Johannsen

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Anm. H 188

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Vom O L G Frankfurt a.M. 5. X I . 1997 r + s 1998 S. 28-31 m. Anm. von Wälder a.a.O. S. 31-32 ist anhand eines solchen Stichtagfalles ausgeführt worden, daß es zweifelhaft sei, ob eine Rechtspflicht des Vmers zur richtigen Meldung bestehe oder ob er bewußt eine Unterv in Kauf nehmen könne. Weiter heißt es, daß die Stichtagsmeldungen jedenfalls keine Obliegenheiten darstellen, ein besonderes Schutzbedürfnis sei nicht gegeben; es sei auch nicht ersichtlich, weshalb der Vmer einem Irrtum unterlegen sei und der Ver diesen erkannt haben solle. Aus dogmatischer Sicht ist dazu zu bemerken, daß die vom Gericht hervorgehobenen Gesichtspunkte gerade für das Vorliegen einer Obliegenheit im allgemeinen bürgerlichem Sinne sprechen. Indessen ist nicht jede derartige Obliegenheit zugleich eine Obliegenheit im Sinne des § 6 I. Denn es wird keine Leistungsfreiheit des Vers für den Fall einer Unterlassung der Meldung vereinbart. Vielmehr ist nach objektiven Grundsätzen die Leistungspflicht des Vers im Falle der Unterlassung der ersten Stichtagsmeldung gemäß Nr. 2 II 2 der Klausel auf die Hälfte der für Vorräte vereinbarten Höchstsumme festgelegt und bei Nichterstattung einer Folgemeldung nach Nr. 2 II 1 die letzte vorangegangene Meldung maßgebend. Derartige Vereinbarungen über schwankende Vssummen unterliegen nach ihrem Sinn und Zweck nicht § 6 I. Dabei ist zu bedenken, daß die Ver mit solchen Klauseln den Vmer im Vergleich zur gesetzlichen Regelung in § 56 besser stellen. Deshalb ist es Sache des Vmers gegenüber dem Angebot des Vers auf vollen Vsschutz (im Rahmen der Höchstvssummen) im Sinne der für die einzelnen Perioden wechselnden Vssummen durch Erstattung von Stichtagsmeldungen eine Vertragsannahme zu erklären. Bezüglich der Unterlassung jeder Anzeige im Sinne der Nr. 2 II ist die juristische Konstruktion allerdings etwas anders zu bewerten. Hier besteht nach S. 1 bis zum Ablauf der Frist für die erste Meldung Vsschutz bis zum Höchstbetrag für Vorräte. Das entspricht üblichen vertragsrechtlichen Prinzipien. Nach Ablauf der Frist wird dagegen vom Ver nur die Hälfte der Vssumme zur Verfügung gestellt. Das ist eine zulässige Bedingung im Sinne des § 158 II B G B . Sie stellt für den Vmer auch keine Überraschung dar, wenn er - wie es sich im kaufmännischen Leben geziemt - vom vereinbarten Rechtsinstitut der Stichtagsmeldungen gebührend Kenntnis nimmt. Das Gesagte gilt um so mehr, als ab dem Zugang der ersten Stichtagsmeldung die Höchstvssumme für Vorräte im Rahmen der einzelnen Meldungen wieder ausgeschöpft werden kann. Ergänzend ist anzumerken, daß es sich bei diesen Anzeigen nicht nur um nicht einklagbare Lasten handelt, sondern daß aus deren Verletzung dem Ver im Regelfall auch kein Schadenersatzanspruch erwächst (vgl. zur grundsätzlichen Abgrenzung des Obliegenheitsrechts im Zivilrecht unter Berücksichtigung des Privatvsrechts Reimer Schmidt „Die Obliegenheiten" a.a.O. S. 1-321; ferner die umfassenden Hinweise aus Rechtsprechung und Schrifttum bei Möller Bd I Anm. 3-15 zu § 6 m. w. N.; abweichend in bezug auf eine Schadenersatzpflicht Prölss in Prölss-Martin 26 R N 30 zu § 6, ferner auch Winter in Bd V/2 Anm. F 2 - 5 m. w. Ν.). Entsprechend ist auch die Anzeige gemäß Nr. 5 einzuordnen, die diejenigen Fälle betrifft, in denen die Meldung eine Vorratshöhe ausweist, die den Höchstbetrag für Vorratsschäden übersteigt. Allerdings ist zu beachten, daß einer solchen Meldung in rechtlicher Beziehung ein Doppelcharakter beizumessen ist. Zum einen handelt es sich um die Erfüllung der Meldelast bezüglich des Vswertes zum maßgebenden Stichtag. Zum anderen liegt in dieser Meldung aber auch der Antrag an den Ver, den Vsvertrag dahin abzuändern, daß die bisher als Höchstgrenze vorgesehene Vssumme für Vorräte einverständlich heraufgesetzt werde. Dafür, daß der Ver nicht verpflichtet ist, den in einer solchen Anzeige zusätzlich liegenden Antrag auf Erweiterung des Vsschutzes zu akzeptieren, seine Antragsannahme aber unwiderleglich vermutet wird, wenn er nicht innerhalb der in Nr. 5 vorgesehenen Frist von zwei Wochen ablehnt, vgl. Η 191. 736

Johannsen/Johannsen

Anm. H 189

I. Hauptpflichten des Feuervers

[ H 189] ßß) Wirkung der Stichtagsmeldung Gemäß Nr. 2 I der Klausel 1705 ist der Vswert, den die vten Vorräte an dem vereinbarten Stichtag eines jeden Monats haben (Stichtagswert), dem Ver jeweils innerhalb von 10 Tagen oder innerhalb einer vereinbarten anderen Frist nach diesem Stichtag zu melden (Stichtagssumme). Erfolgt diese Meldung trotz F r i s t a b l a u f s nicht, so gilt nach Nr. 2 I 1 bis zu einer etwa noch nachfolgenden Meldung für diesen Stichtag die zuletzt gemeldete Stichtagssumme. In Nr. 4 heißt es, daß dann, wenn die letzte v o r E i n t r i t t d e s V s f a l l e s gemeldete S t i c h t a g s s u m m e niedriger sei als der S t i c h t a g s w e r t , für den die Stichtagssumme gemeldet wurde oder gemäß Nr. 2 II 1 als gemeldet gelte, nur der Betrag ersetzt werde, der sich zu dem g a n z e n S c h a d e n verhalte wie die gemeldete S t i c h t a g s s u m m e zum S t i c h t a g s w e r t . Der Wirkungsmechanismus der Klausel setzt demgemäß gedanklich voraus, daß vom Vmer laufend derartige Meldungen erstattet werden. Je nach der Gestaltung des Vsvertrages ist zu entscheiden, wann die e r s t e S t i c h t a g s m e l d u n g zu erfolgen hat. Beginnt der Vsvertrag am 1.1. eines Jahres und ist im Vsvertrag vorgesehen, daß am 1. eines jeden Monats die Stichtagsmeldungen zu erfolgen haben, so fallen der Vsbeginn und die Meldelast zeitlich zusammen; dem Vmer steht aber ergänzend die üblicherweise eingeräumte Nachfrist von 10 Tagen zur Verfügung. Tritt in diesem Beispielsfall am 7.1. ein Schadenfall ein, so fragt sich, nach welchen Grundsätzen die Entschädigungsberechnung zu erfolgen hat. Dabei ist zu beachten, daß nach Nr. 7 der Klausel n e b e n N r . 4 u n d 6 die Bestimmungen über die U n t e r v in den dem Vertrag zugrunde liegenden AVB n i c h t a n z u w e n d e n sind. Ollick VA 1982 S. 39 Anm. 43 schließt daraus, daß hier eine E r s t r i s i k o v in Höhe der vollen oder gemäß Nr. 2 II 1 der halben Vssumme vorliege. Dem tritt Martin 3 S VI 2 entgegen. Nach seiner Meinung ist für Schäden v o r A b l a u f der Frist für die erste Meldung (aber vor Eingang dieser ersten Meldung) die allgemeine Proportionalitätsregel anzuwenden, sodaß das Verhältnis zwischen dem Vswert am Schadentag und der Vssumme maßgebend ist. Dem ist beizupflichten. Der Vmer darf nicht besser gestellt werden, als wenn er die erste Meldung erstattet hätte. Die Ermittlung des Vswertes durch den Ver ersetzt hier die Stichtagsmeldung. Ergibt diese, daß der Vswert am Schadentag höher ist als die Vssumme, so besteht keine Veranlassung, hier nicht eine Verhältnisrechnung im Sinne des § 56 vorzunehmen. Das wäre insbesondere auch unter Berücksichtigung der subtilen Regelung in Nr. 5 verfehlt. Anders wäre der Fall nur zu beurteilen, wenn der Vmer nach Eintritt des Vsfalles, aber innerhalb der eingeräumten Meldefrist eine Stichtagsmeldung mit einem derartigen höheren Vswert vornimmt. Denn dieser Meldung kommt nach B G H 27. III.1991 r + s 1991 S. 206-208 =VersR 1991 S. 921-923 rückwirkende Bedeutung zu (streitig, zustimmend Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 7 zu § 50; Schauer B K R N 21 zu § 56; dagegen Martin 3 S VI 9, Risthaus Unterv S. 211-212 und vor allem Wälder r + s 1998 S. 31-32 [Anm. zu O L G Frankfurt a.M. 5. XI. 1997 a.a.O. S. 28-31], vgl. ergänzend die Ausführungen im übernächsten Absatz dieser Anm.). In diesem Fall müßte der Ver dann in der Zwei-Wochenfrist der Nr. 5 entscheiden, ob er diesen Erhöhungsantrag des Vmers ablehnt oder nicht (vgl. dazu H 191). Für den Normalfall der Regulierungspraxis im Stichtagsbereich wird vom Ver gemäß Nr. 4 überprüft, ob die letzte dem Vsfall vorangegangene Stichtagsmeldung korrekt den Vswert am Stichtag wiedergegeben hat. Ist das der Fall, so kommt es nach Nr. 5 nicht darauf an, ob der Vswert zum Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalles höher war als in der letzten Stichtagsmeldung. § 56 findet auf eine solche Diskrepanz keine Anwendung. Es liegt eine vertragliche Abänderung zugunsten des Vmers vor. Auch wenn der Ver anhand der Buchhaltungsunterlagen des Vmers feststellt, daß der Vswert am Schadentag die im Vsvertrag verankerte Höchstvssumme überschreitet, findet § 56 Johannsen/Johannsen

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Anm. H 189

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

keine Anwendung (ebenso Martin 3 S VI 2, vgl. auch Römer in Römer-Langheid R N 3 zu § 56). Die Grenze für die Leistung des Vers ist dann allerdings die erwähnte Höchstvssumme. In der Klausel 501 fehlte es an einer derartigen eindeutigen Regelung wie der in Nr. 5 der Klausel 1704. Deshalb war für diese Klausel streitig, ob bei einer Überschreitung des Vswertes am Schadentag die Unterv zur Anwendung kommt oder nicht (vgl. dazu die Nachweise bei Möller Bd II Anm. 18 und 47 zu § 56). Es war das aber ersichtlich schon damals die Auffassung der Bedingungsverfasser (vgl. dazu auch die Stellungnahme des Feuerfachausschusses in VW 1953 S. 110). An diese relativ komplizierte Regelung knüpft sich die Frage, welche Konsequenzen es hat, wenn die Stichtagsmeldung bei E i n t r i t t eines V s f a l l e s zwar noch n i c h t e r s t a t t e t ist, aber i n n e r h a l b der im Vsvertrag vorgesehenen N a c h m e l d e f r i s t nach Eintritt des Schadenfalles erfolgt. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob der vertraglichen Einräumung einer solchen Nachmeldung rückwirkende Bedeutung in dem Sinne zukommt, daß die Richtigkeit dieser Nachmeldung zu überprüfen ist und nicht gemäß Nr. 4 der Klausel die vorangegangene Meldung, die vor Eintritt des Vsfalles erstattet worden ist. Mit einem solchen Fall, in dem eine Meldefrist von 30 Tagen eingeräumt worden war, befaßt sich B G H 27. III. 1991 aaO. Der Vmer hatte dort zuletzt am 19. VII. 1985 eine Stichtagsmeldung zum 30. VI. 1985 für einen Produktionsbetrieb in Sri Lanka mit D M 1000 000,- Warenbestand erstattet. Zum 31. VII. 1985 wurde keine Stichtagsmeldung abgegeben. Am 21. IX. 1985 brach ein Brand aus, durch den an den Warenvorräten ein Schaden in Höhe von D M 4 962 742, entstand. Eine auf den 20. I X . 1985 datierte Stichtagsmeldung zur Höhe eines Betrages von D M 5 585 000,- ging beim Ver erst nach dem Brand, aber vor dem 30. I X . 1985 ein. Vom O L G Braunschweig 11.1.1990 r + s 1991 S. 206-207 ist in dieser Situation der Vsschutz nur im Rahmen der Stichtagsmeldung vom 30. VI. 1985 über DM 1000000,bejaht worden. Vom B G H 27. III. 1991 aaO ist dagegen der Frist gemäß Nr. 2 der Klausel entscheidende Bedeutung beigemessen worden. Den Sinn dieser Frist versteht der B G H dahin, daß durch die Erhöhungsanzeige rückwirkend der Vsschutz auch für in der Zwischenzeit bereits eingetretene Vsfälle auf die angezeigte Vssumme erhöht werde. Eine entgegengesetzte Auslegung wäre nach Auffassung des B G H sowohl als überraschend wie auch als gegen § 9 A G B G verstoßend zu qualifizieren. Das Urteil wird von Wälder r + s 1998 S. 31-32 (Anm. zu O L G Frankfurt 5. X I . 1997 aaO S. 28-31) kritisiert. Er führt dazu aus, daß es nach Nr. 4 der Klausel bei der Schadenregulierung auf die letzte vor dem Eintritt des Vsfalles gemeldete Stichtagssumme ankomme. Bei vollständiger Betrachtung der Nr. 4 ergebe sich, daß die vor dem Vsfall zuletzt gemeldete Stichtagssumme an dem Stichtagswert zu messen sei, für den sie gemeldet wurde oder wegen Fristablaufs gemäß Nr. 2 II 1 als gemeldet gelte. Im konkreten Fall sei die für den 30. VI. 1985 gemeldete Stichtagssumme demnach mit dem Stichtagswert des 31. VII. 1985 zu vergleichen. Das sei weder überraschend noch ungewöhnlich. Zum 31. VII. 1985 habe der Vmer den Stichtagswert melden sollen und können und diese Meldung trotz einer Meldefrist von 30 Tagen unterlassen. Dieser Kritik hat sich Risthaus Unterv S. 211-212 angeschlossen (vgl. auch Martin 3 S VI 9, der - allerdings ohne die abweichende Auffassung des B G H a.a.O. zu erwähnen einen von dieser abweichenden Standpunkt einnimmt). Der Auffassung des B G H ist jedoch beizupflichten (zustimmend auch Boldt 7 S. 185, Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 7 zu § 50, Schauer in BK R N 21 zu § 56). Wälder übersieht, daß nach Sinn und Zweck der Regelung eine fingierte Meldung per 31. VII. 1985 einer tatsächlich erfolgten gleichzusetzen ist. Wenn der Ver das nicht wollte, hätte er das unmißverständlich in dem Bedingungstext zum Ausdruck bringen müssen, indem er für solche Fälle die Nachmeldefrist von 30 Tagen nicht gewährt. Darüber hinaus ist nach überkommenen Auslegungsgrundsatzen eine Fristverlängerung 738

Johannsen/Johannsen

Anm. H 189

I. Hauptpflichten des Feuervers

für eine Stichtagsmeldung so zu bewerten, daß eine Meldung innerhalb dieser Frist rechtlich die gleiche Wirkung hat, als wenn die Meldung an dem vorgesehenen Stichtag vorgenommen worden wäre. Die dem B G H entgegengesetzte Auffassung läßt die Nachmeldefrist als gänzlich unerheblich erscheinen, während ein durchschnittlich verständiger Vmer eine solche Frist dahin auffaßt, daß eine Meldung in der genannten Frist ihn genauso stellt, als wenn er am Stichtag selbst gemeldet hätte. Zu überlegen wäre im konkreten Fall gewesen, ob der Ver den Nachweis verlangen konnte, daß die Wertsteigerung nach der zum 31. VII. 1985 zu erstattenden Anzeige eingetreten war, also in einer Zeit, für die die Meldung per 31. VIII. 1995, die mit einer Frist von 30 Tagen zu erstatten war, maßgebend war. Wenn der Ver nachweisen kann, daß die Erhöhung schon in der vorangegangenen Meldeperiode entstanden war und daß diese Meldung zur Prämienersparnis nicht erstattet worden war, so könnte dann dem Begehren des Vmers nach einer Erhöhung der Vsentschädigung unter Umständen der Gedanke der V e r w i r k u n g im Sinne eines Verstoßes gegen Treu und Glauben entgegenstehen. Für einen solchen Sachverhalt ist aber im Prozeß nichts vorgetragen worden. Dabei ist zu beachten, daß für den Vmer dann, wenn der Umfang der Vorräte gleich hoch geblieben ist, keine Veranlassung zur Anzeige besteht; denn er darf dann auf die Geltung der Regelung in Nr. 2 II 1 vertrauen, daß die zuletzt gemeldete Stichtagssumme gelte. Der Fehler in der Vertragsgestaltung des Vers lag im konkreten Fall letzten Endes darin, daß er eine zu lange Meldefrist eingeräumt hat. Davor hat schon M a r t i n 3 S VI 9 zu Recht gewarnt. Die Entscheidung des B G H vom 27. III. 1991 a.a.O. darf aber nicht in dem Sinne mißverstanden werden, daß den in der Klausel Nr. 1705 vorgesehenen Stichtagsmeldungen eine generelle Rückwirkung beizumessen sei. Vielmehr greift die Rückwirkung nur für den Zeitraum zwischen dem Stichtag und der eingeräumten Meldefrist ein. Nach dem Ablauf der Meldefrist gibt es eine Rückwirkung nicht. Vielmehr tritt die Erhöhung erst mit dem Zugang der verspäteten Meldung ein. Es kommt also anders als bei der Schadenanzeige gemäß § 92 I 2 - nicht auf die Absendung sondern auf den Zugang bei dem Ver an (ebenso Martin 3 S VI 7). Wäre im übrigen im Falle des B G H nach einer tatsächlich erfolgten Stichtagsmeldung über DM 1 000 000,- zum 30. VI. 1985 am 5. VII. 1985 ein Schaden in Höhe von D M 4962 7 4 2 - entstanden, so wäre es zur Anwendung der Untervsregelung in dem Sinne gekommen, daß zu ermitteln wäre, ob die Stichtagsmeldung dem Stichtagswert am Stichtag entsprach. Denn in Nr. 4 der Klausel 1704 heißt es, daß die letzte Meldung vor Eintritt des Vsfalles die Höhe der Vssumme bestimmt. Mit einem weiteren Grenzfall befaßt sich O L G Frankfurt 5. X I . 1997 r + s 1998 S. 28-31. In jenem Fall war der Vsvertrag am 23. XII. 1992 abgeschlossen worden. Im Vsschein war für Vorräte eine Vssumme von DM 5 000 000,- ausgewiesen und die Geltung der Stichtagsklausel 1705 mit der Abweichung vereinbart worden, daß die Meldefrist 30 Tage betrage. Am 21.11.1994 kam es zu einem Vorratschaden in Höhe von DM 2 565 248,-. Der Vswert wurde zum Schadentag mit D M 5 200 000,- ermittelt. Eine schriftliche Stichtagsmeldung war nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien nicht erstattet worden. Die Behauptung des Vmers, daß per 20.1.1993 mündlich eine Stichtagsmeldung mit D M 5 0 0 0 0 0 0 , - vorgenommen worden sei, sah das Gericht als nicht erwiesen an. Es lehnte auch zu Recht als dem Sinn der Stichtagsregelung widersprechend ab, die Angabe eines Höchstbetrages für Vorräte im Vsvertrag als erste Stichtagsmeldung einzuordnen. Das Gericht billigte die Auffassung des Vers, daß unter diesen Umständen Nr. 2 II 2 der Klausel 1705 zur Anwendung komme, daß nämlich bei Fehlen bereits der ersten Stichtagsmeldung die Vorräte ab Fristablauf bis zum Eingang der Meldung nur zur Hälfte der Vssumme vert seien. Das hatte zur Folge, daß die Berechnung gemäß § 56 dazu führte, daß dem Vmer nur DM 1 145 200,Johannsen/Johannsen

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Anm. H 190

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

als Vsentschädigung zustanden. Eine Verpflichtung des Vers, den Vmer an die Abgabe der Stichtagsmeldungen zu erinnern, wurde zu Recht verneint. Wenn der Schriftwechsel wie üblich über den Makler lief, hätte dieser allerdings gut daran getan, den Vmer auf die sich aus dem Unterlassen jeder Stichtagsmeldung ergebende Konsequenz hinzuweisen. [ H 190] γγ) Versehensklausel Mit der n a c h t r ä g l i c h e n K o r r e k t u r einer Stichtagsmeldung nach Eintritt eines Vsfalles befaßt sich B G H 11. II. 1976 VersR 1976 S. 4 2 5 - 4 2 7 = M D R 1976 S. 563. D e m Fall lag die frühere Klausel 5.01 zugrunde (vgl. deren Text bei Möller Bd II Anm. 18 zu § 56), die in diesem Punkt mit der Versehensregelung gemäß Nr. 3 der Klausel 1705 übereinstimmt. Danach hat der Vmer eine infolge Schreib-, Rechen- oder Hörfehlers versehentlich falsche Meldung unverzüglich zu berichtigen; ist bereits ein Vsfall eingetreten, so hat der Vmer das Versehen nachzuweisen. D e r Vmer hatte hier einen Warenwert für den Stichtag per 1. I X . 1972 mit D M 3 4 1 0 0 0 , - angegeben. A m 12. I X . 1972 verbrannten Warenvorräte in H ö h e von D M 163 370,-. D e r tatsächliche Wert der Vorräte betrug nach der Feststellung der von den Parteien eingesetzten Sachverständigen für den 1. I X . 1972 D M 5 2 1 0 0 0 , - . D e r Ver leistete deshalb nur in dem Verhältnis, in dem die angegebene Stichtagssumme zu dem ermittelten Warenwert stand. Die Unrichtigkeit in der Stichtagsmeldung erklärte der Vmer damit, daß zwei im Juli 1972 eingetroffene Warenposten nicht berücksichtigt worden waren. Die erste Meldung über den Zugang von 1100 Fellen war nach dem Vortrag des Vmers von dem Wareneingangsbüro der für die Stichtagsmeldung zuständigen Mitarbeiterin telefonisch mitgeteilt worden, die das aber überhört hatte. Die zweite Meldung über den Zugang von 1287 Fellen war dieser Mitarbeiterin in einem Formular übermittelt worden. Sie hatte jedoch vergessen, eine Eintragung im Wareneingangsbuch vorzunehmen. Das Berufungsgericht hatte die Auffassung vertreten, daß jedes Versehen zugunsten des Vmers zu berücksichtigen sei. Der B G H vertrat demgegenüber die Auffassung, daß eine solche Ausnahmeregelung nicht extensiv ausgelegt werden dürfe. Das Vorliegen eines Hörfehlers verneinte das Gericht mit der Begründung, daß ein Hörfehler durch eine Ubermittlungsstörung gekennzeichnet sei, die infolge unrichtiger akustischer Aufnahme durch den Empfänger entstehe. Es setze ein Hörfehler grundsätzlich voraus, daß die Erklärung überhaupt aufgenommen werde. Dem ist beizupflichten. Der Vortrag des Vmers war insofern auch nicht recht nachvollziehbar. Es dürfte im übrigen nach der Sachverhaltsschilderung der Lebenswahrscheinlichkeit mehr entsprechen, daß die entsprechende Mitteilung zwar gemacht worden ist, die Sachbearbeiterin sie auch verstanden, aber vergessen hatte, einen entsprechenden schriftlichen Vermerk zu machen. Dann liegt es wie bei einer vergessenen Eintragung in das Wareneingangsbuch, die nach der zutreffenden Auffassung des Gerichts weder als Schreib- noch als Hörfehler qualifiziert werden kann. Vom B G H wird im übrigen zum Überhören ein Beispiel gebildet, für das etwas anderes zu gelten habe, wenn nämlich der betreffenden Angestellten des Vmers mehrere Positionen telefonisch durchgegeben worden seien, sie aber an einer bestimmten Stelle nicht mehr mitgekommen sei. O b dem zu folgen ist, erscheint jedoch als zweifelhaft. Denn bei einer interessengerechten Abgrenzung ist ein teilweises Uberhören nicht anders zu behandeln als ein gänzliches. Der typische H ö r fehler ist dagegen der, daß dem Empfänger eine Zahl richtig angegeben wird, er aber eine andere versteht, also ζ. B. anstelle eines tatsächlich durchgegebenen Betrages von D M 500 0 0 0 , - einen solchen von D M 400 0 0 0 , - aufnimmt.

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Johannsen/Johannsen

Anm. H 191

I. Hauptpflichten des Feuervers

[H 191] δδ) Antrag auf Erhöhung der für Vorräte vereinbarten Versicherungssumme In Nr. 5 I der Klausel 1705 ist festgelegt, daß der Stichtagswert auch dann in voller Höhe zu melden ist, wenn er die Vssumme übersteigt. Folgt der Vmer dieser Anregung, so gilt eine solche Meldung nach Nr. 5 12, sofern der Vmer nicht etwas anderes bestimmt hat, als Antrag auf Erhöhung der Vssumme auf den gemeldeten Betrag ab Z u g a n g d e r M e l d u n g . An diesen Antrag ist der Vmer nach Nr. 5 II 1 zwei Wochen lang gebunden. Lehnt der Ver den Antrag nicht innerhalb dieser Frist ab, so gilt er nach Nr. 5 II als angenommen. Das ist eine sachgerechte Regelung, die in der früher geltenden Klausel 501 noch nicht enthalten war (vgl. dazu Möller Bd II Anm. 18 zu § 56). Bemerkenswert ist dabei, daß die Bedingungsverfasser mit zwei unwiderlegbaren Vermutungen arbeiten. Diese Bedingungsgestaltung hat zur Folge, daß der Vmer sich nicht darauf berufen kann, daß er einen Erweiterungsantrag gar nicht habe stellen wollen, und daß der Ver nicht damit gehört wird, daß er aus Versehen den Antrag nicht abgelehnt habe. Das letztere gilt freilich dann nicht, wenn der Ver nachweisen könnte, daß infolge eines Hörfehlers einer Schreibkraft innerhalb der ZweiWochen-Frist versehentlich anstelle einer diktierten Ablehnung eine ausdrückliche Annahme erklärt worden ist. Ein solcher an sich zur Anfechtung nach § 119 BGB berechtigender Schreibfehler müßte aber binnen der genannten Frist gegenüber dem Vmer klargestellt und gleichzeitig die Ablehnung erklärt werden. Die Zwei-WochenFrist beginnt für den Ver mit dem Ablauf des Tages, an dem ihm die Meldung des Vmers zugegangen ist. Maßgebend für die Fristberechnung ist der Zugang des Ablehnungsschreibens bei dem Vmer. Wann es abgesandt worden ist, spielt für die Fristberechnung keine Rolle. Für die Ablehnung ist im übrigen keine bestimmte Form vorgeschrieben, sodaß sie gegenüber dem Vmer auch mündlich erfolgen kann. Darlegungs- und beweispflichtig dafür, daß die Ablehnung fristgemäß erfolgt ist, ist der Ver. Das setzt allerdings voraus, daß der Zugang einer solchen Erhöhungsmeldung bei dem Ver unstreitig ist. Ist das nicht der Fall, so trifft den Vmer die Beweislast dafür, daß er eine solche Meldung gemacht hat. Lehnt der Ver nicht ab, so wird nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist ab Z u g a n g der Meldung, also rückwirkend, m a t e r i e l l e r V s s c h u t z gewährt. Das gilt auch dann, wenn während des Laufs der Zwei-Wochen-Frist dem Vmer der Eintritt eines Vsfalles bekannt wird. § 2 II 2 ist dann stillschweigend abbedungen im Sinne der neueren Rechtsprechung über den Beginn des Vsschutzes mit dem dafür im Vsantrag genannten Datum (vgl. dazu nur B G H 16. VI. 1982 BGHZ 84 S. 268-280 [Einbruchdiebstahlv], 21. III. 1990 BGHZ 111 S. 29-35 [zur Fahrzeugv], 21.111.1990 B G H Z 111 S. 40 - [BUZ-V]; weitere Nachweise bei Römer in Römer-Langheid Anm. 3-5 zu § 2; der von Sieg D 42 m. w.N. geäußerten Kritik an dieser Rechtsprechung wird nicht gefolgt; der früher entgegengesetzten Rechtsprechung, zuletzt B G H 30. V. 1979 VersR 1979 S. 709-711 [zur Feuerv], kommt heute keine Bedeutung mehr zu). Tritt allerdings während des Laufs der Zwei-Wochen-Frist ein Vsfall ein, so ist der Vmer bezüglich des Erhöhungsantrages zur Anzeige gemäß § 16 und wegen des bestehenden Grundvsvertrages zur unverzüglichen Anzeige gemäß § 13 Nr. 1 a) AFB 87 verpflichtet. Es gilt die zuletzt genannte Anzeige aber nach dem § 92 I entsprechenden Bedingungswortlaut noch als unverzüglich, wenn sie innerhalb von drei Tagen nach dem Eintritt des Vsfalls abgesandt wird. Demgemäß ist eine Anzeige vom dritten Tage nach dem Tage des Brandeintritts immer als unverzüglich zu bewerten. Es liegt nahe, daß das auch für die Anzeige gemäß § 16 zu gelten hat. Tritt der Vsfall demgemäß gegen Ende der Zwei-Wochen-Frist ein, so ist es dem Vmer nicht zu verdenken, wenn er eine solche Schadenanzeige erst am letzten der drei Tage absendet. Zwar heißt es in § 13 Johannsen/Johannsen

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Anm. H 192

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Nr. 1 a) AFB 87, daß Schäden ab einer bestimmten Größenordnung dem Ver gegenüber fernmündlich, fernschriftlich oder telegrafisch angezeigt werden sollen. Aus dieser Bestimmung kann der Ver aber mit Rücksicht auf die gemäß § 92 II zugunsten des Vmers zwingende Regelung in § 92 I keine Rechte herleiten. § 13 Nr. 1 a AFB 87 ist vielmehr als nach AGB-Grundsätzen bedenklich zu bewerten, weil der Vmer zur irrigen Ansicht kommen könnte, daß ihm Rechtsnachteile drohen würden, wenn er der Anregung zur fernmündlichen, fernschriftlichen oder telegrafischen Anzeige nicht folgt, vgl. G 100). Der Ausdruck „soll" bedeutet in der Rechtssprache im Regelfall ohnedies nur eine unverbindliche Anregung (also keineswegs ein „gebieterisches Soll"). Ungeachtet dieser für den geschulten Juristen einleuchtenden Überlegungen ist aber zu bedenken, daß derartige Besonderheiten einem durchschnittlich verständigen Vmer im Regelfall nicht geläufig sind. Von einem Vsmakler wird man dagegen die Kenntnis der Bestimmungen des Vsvertrages und auch der gesetzlichen Regelungen über die Anzeigepflicht im Schadenfall erwarten dürfen. Meldet ihm daher der Vmer am letzten Tage der ZweiWochen-Frist den Eintritt eines soeben eingetretenen hohen Vsschadens telefonisch, so handelt der Vsmakler den Interessen des Vmers zuwider, wenn er diese Meldung sogleich telefonisch an den Ver weiterleitet. Der Vsmakler wird dann den hohen Anforderungen seiner Stellung als „ Bundesgenosse" des Vmers nicht gerecht (vgl. dazu die Nachweise unter H 180 a. E.). Führt das dazu, daß der Ver ungesäumt telegrafisch das Erhöhungsangebot des Vmers diesem gegenüber ablehnt, so könnte der Makler dem Vmer auf Schadenersatz haften, es sei denn, daß er nachweist, daß der Ver ohnedies den Antrag noch in der Frist von zwei Wochen abgelehnt hätte. Eine Schadenersatzpflicht kann aber auch dann gegeben sein. Denn der Vsmakler hätte schon bei Weiterleitung des Erhöhungsantrages mit Rücksicht auf die Gefahr des Eintritts eines Vsfalls auf die sofortige Annahme des Antrages durch den Ver oder auf Gewährung sofortigen „ v o r l ä u f i g e n V s s c h u t z e s " drängen müssen. Hingegen wird man es dem Ver von seinem Standpunkt aus nicht verargen dürfen, daß er sich erst am Ende der Zwei-Wochen-Frist über die Annahme oder Ablehnung des Antrages des Vmers entscheidet. Denn das ist eine Zeitspanne, die einer normalen Bearbeitungszeit entspricht. Ein Nichttätigwerden vor Ablauf dieser Frist darf daher im Regelfall nicht als schuldhaftes Verhalten bewertet werden. Für einen Vmer kann im übrigen ein Bedürfnis auf eine Erhöhung der Vshöchstsumme für Vorräte auch dann schon gegeben sein, wenn die gegenwärtige Vorratshöhe noch innerhalb der vertraglich festgelegten Höchstvssumme liegt. Stellt er daher ausdrücklich mit einer Stichtagsmeldung, die noch in dieser Höchstvssumme liegt, einen Erhöhungsantrag, so ist eine entsprechende Anwendung der Regelung aus Nr. 5 II 2 der Klausel geboten. [H 192] bbb) Speditionsgüter Die Stichtagsklausel 1706 für Speditionsgüter entspricht inhaltlich exakt der Klausel 1705 für die V von Vorräten. Es gelten demgemäß die in H 187-191 dargestellten Grundsätze. Insbesondere ist B G H 27.III. 1991 r + s 1991 S. 206-208=VersR 1991 S. 921-923 zu beachten. Danach ist eine Nachfristgewährung gemäß Nr. 2 in dem Sinne zu verstehen, daß eine innerhalb der Nachfrist erfolgte Meldung zur Folge hat, daß damit sogar r ü c k w i r k e n d die nach dem Klauselsystem flexible Vssumme für innerhalb der Nachfrist bereits e i n g e t r e t e n e V s f ä l l e erhöht werden kann (streitig, vgl. dazu H 189 m. w.N.). Will der Ver das vermeiden, so muß er Nr. 2 der Klausel in dem Sinne umformen, daß überhaupt keine Nachfrist gewährt wird. Ferner wäre in diesem Zusammenhang ausdrücklich festzulegen, daß in jedem Fall eine nach dem 742

Johannsen/Johannsen

I. Hauptpflichten des Feuervers

Anm. H 193

Eintritt des Vsfalles bei dem Ver eingetroffene Stichtagsmeldung nichts daran ändert, daß maßgebend auf das Verhältnis des Betrages aus der Stichtagsmeldung zum Stichtagswert aus der letzten v o r E i n t r i t t d e s V s f a l l e s bei dem Ver eingetroffenen (oder fingierten) Meldung abgestellt wird. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß es in den gemeinsamen Klauseln für die Feuer-, Leitungswasser- und Sturmv unter der Nr. 2702 eine von Nr. 1706 abweichende Klausel für die V von Spediteurgut gibt, die nicht auf dem Stichtagsprinzip aufbaut. Vielmehr handelt es sich nach Nr. 1 der Klausel 2702, soweit nicht etwas anderes vereinbart worden ist, um eine V auf e r s t e s R i s i k o (vgl. H 195). Zur rechtlichen Einordnung der Speditionsv vgl. im übrigen S i e g C 41-43. Die von ihm erörterte Klausel 361 entspricht der heute durchweg verwendeten Klausel Nr. 2702. [ H 193] hh) Summenanpassung f ü r die Versicherung beweglicher Sachen aaa) Hausratversicherung Eine Regelung zur Vermeidung einer n a c h t r ä g l i c h e n U n t e r v ist in der Klausel 825 zu den V H B 74 und in §§ 16 Nr. 1 a) V H B 84, V H B 92 enthalten. Danach erhöht oder vermindert sich die Vssumme mit dem Beginn eines jeden Vsjahres entsprechend dem Prozentsatz, um den sich der Preisindex für andere Verbrauchs- und Gebrauchsgüter ohne Nahrungsmittel und ohne normalerweise nicht in der Wohnung gelagerte Güter aus dem Preisindex der Lebenshaltungskosten aller Privathaushalte im vergangenen Kalenderjahr verändert hat. Das ist eine zu begrüßende S u m m e n ä n d e r u n g s k l a u s e l , die zugleich für den Ver den Vorteil hat, daß die Prämie mit der Summenerhöhung angehoben wird. Darüber hinaus erhöht sich nach § 16 Nr. 1 b) V H B 84 die vereinbarte oder angepaßte Vssumme um einen V o r s o r g e b e t r a g von 1 0 % , während in § 16 Nr. 1 b) V H B 92 lediglich auf die Möglichkeit hingewiesen wird, daß sich der Vmer zusätzlich durch die Vereinbarung eines Vorsorgebetrages schützen kann. Zur Vermeidung einer a n f ä n g l i c h e n Unterv ist ferner gemäß Nr. 1 der Klausel 834 die Vereinbarung eines Untervsverzichts des Vers vorgesehen. Dieser wird in der Vspraxis dann gewährt, wenn die Prämie und die Vssumme sich an der Quadratmeterzahl der Wohnung ausrichten. Für den Fall, daß der Vmer bei Vertragsbeginn die Q u a dratmeterzahl unrichtig angibt, ist in der Klausel 834 eine Sanktion nicht vorgesehen. Ein Rücktritt wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigelast kommt dabei nicht in Betracht, da es sich bei dem Umfang der Wohnfläche nicht um Gefahrumstände im Sinne des § 16 I handelt (ebenso Boldt 7 S. 198). Es kann aber je nach den Umständen des Falles eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 B G B möglich sein ( O L G Köln 14. XI. 2000 NVersZ 2001 S. 233 [im Ergebnis verneint]). Einleuchtend ist, daß dieses Pauschalsystem nicht geeignet ist in bezug auf Wertsachen einschließlich Bargeld, für die daher nach §§ 19 Nr. 2, 3 V H B 84, 92 E n t s c h ä d i g u n g s g r e n z e n vorgesehen sind. In Nr. 2 der Klausel 834 heißt es, daß der Untervsverzicht nach Nr. 1 nur gelte, solange nicht ein weiterer Hausratvsvertrag desselben Vmers für denselben Vsort ohne Vereinbarung gemäß Nr. 1 bestehe. Der Grund für diese Regelung dürfte der sein, daß der Ver, der den Untervsverzicht zugestanden hat, sich bei der Durchsetzung seines Ausgleichsanspruchs nach § 59 II benachteiligt fühlen könnte. Boldt 7 S. 198 führt dazu aus, daß diese Regelung im Einzelfall große Nachteile für den Vmer habe, weil er nicht damit rechnet und wohl auch nicht damit rechnen müsse, wenn er z. B. eine Nachversicherung mit Untervsverzicht zu einem anderweitig geschlossenen Vertrag ohne Untervsverzicht tätige; Nr. 2 könne deshalb sowohl wegen § 3 (überraschende Klausel) wie auch nach § 9 II Nr. 2 A G B G (Nichterreichen des Vertragszweckes) nicht Johannsen/Johannsen

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Anm. H 195

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

immer durchsetzbar sein. Für den gebildeten Fall, daß der Untervsverzicht im zeitlich zweitem Vsvertrag verankert ist, ist dieser Auffassung durchaus zuzustimmen. Denn der Ver weiß von dem Bestehen des anderen Vsvertrages und darf deshalb bei dem Vmer nicht durch die Vereinbarung der Klausel 834 den Eindruck erwecken, daß er einen Untervsverzicht ausspreche, obwohl dieser tatsächlich in keinem Falle zum Zuge kommen würde. Anders ist die Situation bei dem Hausratver, der zunächst den Vsvertrag unter der Geltung der Klausel 834 abgeschlossen hat. Dieser kann eigentlich erwarten, daß auch ein Nachvsvertrag über ihn abgeschlossen wird. Hat allerdings der Vmer den Abschluß eines weiteren Hausratvsvertrages bei dem ersten Ver angezeigt, so hat dieser nach Nr. 3 der Klausel die Möglichkeit, die Vereinbarung über den Untervsverzicht mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des laufenden Vsjahres zu kündigen. Wenn er davon keinen Gebrauch macht, so ist es unbillig, daß er sich an den Untervsverzicht nicht halten will. [H 194] bbb) Klausel 1701 Eine § § 1 6 Nr. 1 a) V H B 84, 92 entsprechende Regelung findet sich in der Klausel 1701. Sie schützt im Rahmen der in Nr. 1-3 vorgesehenen S u m m e n a n p a s s u n g gegen eine während der Vszeit eintretende n a c h t r ä g l i c h e U n t e r v . Diese Summenanpassung beruht auf dem Index der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte im vergangenen Jahr, die verglichen werden mit den Preisen des davor liegenden Kalenderjahres. Darüber hinaus wird der Vmer durch die in Nr. 4 vorgesehene Regelung geschützt, durch die eine Vorsorgev in Höhe von 5 % festgelegt wird. Der Ausgleich für den Ver für diese Anpassung ist auch hier dadurch gewährleistet, daß sich die Prämie nach Nr. 2 entsprechend erhöht, wobei nach Nr. 4 die erhöhte Prämie die im Zeitpunkt der Erhöhung geltende Tarifprämie nicht übersteigen darf. Das ist nur von Bedeutung, wenn sich die Tarifprämie während der Vszeit ermäßigt hatte oder (kaum vorstellbar) bei Vsbeginn oberhalb der Tarifprämie abgeschlossen worden ist. Das Berufen des Vers auf das Vorliegen einer a n f ä n g l i c h e n U n t e r v wird durch diese Regelung nicht ausgeschlossen. Vielmehr bleiben § 56 und die Bestimmung über die Unterv nach Nr. 6 ausdrücklich unberührt. Der Vmer ist nur dann besser geschützt, wenn zusätzlich eine Vereinbarung nach der Art der Klausel 834 getroffen wird. [H 195] jj) Versicherung auf erstes Risiko Gänzlich verzichtet der Ver auf den Einwand der Unterv bei dem Abschluß einer V auf e r s t e s R i s i k o . Nach § 11 Nr. 4 A F B 87 besteht eine solche V auf e r s t e s R i s i k o immer für die in § 3 Nr. 3 als vert aufgeführten Kosten. Darunter fallen A u f r ä u m u n g s k o s t e n , A u f g e b o t s k o s t e n , F e u e r l ö s c h k o s t e n und sogenannte B e w e g u n g s - und S c h u t z k o s t e n (vgl. dazu H 203). Außerdem wird in § 11 Nr. 4 A F B 87 erwähnt, daß es möglich ist, eine solche V auf e r s t e s R i s i k o zu sonstigen Vssummen besonders zu vereinbaren. Als Beispiel sei auf Nr. 1 der S p e d i t e u r k l a u s e l 2702 verwiesen (vgl. dazu H 192). Zur Einordnung der V auf e r s t e s R i s i k o vgl. ergänzend Möller Bd II Anm. 5 6 - 6 0 m. w.N.

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Johannsen/Johannsen

Anm. H 196

I. Hauptpflichten des Feuervers

[H 196] c) Wiederauffüllung der Versicherungssumme im Anschluß an einen Versicherungsfall aa) Besserstellung des Versicherungsnehmers gegenüber der gesetzlichen Regelung Gemäß § 95 S. 1 haftet der Ver nach Eintritt eines Feuervsfalls für den durch einen späteren Vsfall verursachten Schaden nur bis zur Höhe des Restbetrages der Vssumme; dafür gebührt dem Ver nach S. 2 für die künftigen Vsperioden nur ein verhältnismäßiger Teil der Prämie. Eine wörtlich damit übereinstimmende Regelung findet sich in § 1 1 9 für die Tierv und in § 112 für die Hagelv (unter verständlicher Weglassung der Prämienreduzierung für das nächste Vsjahr). Durch diese gesetzliche Regelung kann für den Vmer in der Feuerv eine Unterv entstehen, insbesondere wenn die beschädigten, zerstörten oder entzogenen Sachen ausgebessert oder ersetzt werden (so Möller Bd II Anm. 21 zu § 56). Das wird durch § 19 Nr. 1 AFB 87 vermieden, der bestimmt, daß sich die Vssummen nicht dadurch vermindern, daß eine Entschädigung geleistet wird (ebenso § 24 Nr. 1 VGB 88 und §§ 27 V H B 84, 92). Hingegen wurde die gesetzliche Regelung in § 18 I AFB 30 in der Weise modifiziert, daß sich die Vssummen für den Rest der Vsperiode um den Betrag der Entschädigung verminderten, daß aber für spätere Vsperioden wieder die ursprünglichen Vssummen und Prämien gelten, wenn sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt (ebenso § 20 I VGB 62 und § § 1 9 Nr. 1 V H B 66, 74). Auch damals wurde daneben die Möglichkeit geboten, die Geltung standardisierter Klauseln zu vereinbaren, nach denen überhaupt keine Verminderung der Vssummen eintrat (Möller a.a.O.). Die Regelung in § 19 Nr. 1 AFB 87 (und in § 24 Nr. 1 VGB 88 sowie in §§ 27 V H B 84, 92) stellt eine begrüßenswerte Verbesserung der Rechtsstellung des Vmers dar. Denn dadurch wird vermieden, daß bei einem Vsfall in der laufenden Vsperiode, der zu einem Zeitpunkt eintritt, zu dem sich der Vswert durch Neuanschaffungen oder die Reparatur beschädigter Sachen wieder erhöht hat, eine Unterv besteht. Die Abweichung von der gesetzlichen Regelung dürfte auf die in den beiden ersten Instanzen wechselnde Beurteilung eines Schadenfalles aus dem Jahre 1980 zurückzuführen sein, der dann abschließend vom B G H 14. XI. 1984 VersR 1985 S. 130-131 mit kritischer Anmerkung von Voigt VersR 1985 S. 876-877 zu Lasten des Vers entschieden worden ist. In dieser im gewissen Sinne widersprüchlichen Entscheidung wird zunächst § 19 I V H B 74 als eine überraschende Klausel im Sinne des § 3 AGBG für den Fall der V mehrerer Risiken in einem gebündelten Vsvertrag eingeordnet. Anschließend wird vom Gericht aber hervorgehoben, daß den §§ 95, 112 und 115 ein einheitliches gesetzgeberisches Prinzip zugrunde liege, nach dem sich in der laufenden Vsperiode die Vssummen durch eine Entschädigungsleistung mindern. Diese Überlegung wird zutreffend dahin ergänzt, daß eine analoge Anwendung dieses Grundsatzes auf andere Zweige der Sachv geboten sei. Ungeachtet dieser Erkenntnis, daß § 19 I V H B 74 auf einem gesetzlich verankerten Grundsatz beruht, ist vom B G H das die Klage abweisende Urteil des O L G nicht bestätigt, sondern verlangt worden, daß der Vmer nach Eintritt eines Vsfalles in einer gebündelten V über diese gesetzliche Regelung belehrt werde, andernfalls sei eine Verletzung der Beratungspflicht des Vers gegeben. Indessen ist das Urteil im Grunde genommen nur dann als zutreffend einzuordnen, wenn eine solche Belehrungspflicht auch dann bejaht wird, wenn es sich nicht um einen gebündelten Vertrag handelt. Denn das Problem der Absenkung der Vssumme infolge des durch einen Schadenfall sinkenden Vswertes und der Überlegung, daß eine Nachv bei einer nach dem Vsfall eintretenden Erhöhung des Vswertes geboten ist, stellt sich dort im gleichen Maße. Unterläßt der Ver eine solche Belehrung, so kann er sich schadenersatzpflichtig machen (so auch Dörner-Staudinger in BK R N 4 und 7 zu § 95, Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 4 zu § 95). Johannsen/Johannsen

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A n m . H 198

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Soweit keine vertragliche Regelung in dem Sinne besteht, daß entgegen § 95 S. 1 eine Entschädigungspflicht des Vers zu einer Herabsetzung der Vssumme führt, ist im übrigen umstritten, ob neben der Leistungsverpflichtung zum Ausgleich des Vsschadens im engeren Sinne (Ausgleich der Substanzschäden und deren Folgen im vten Umfang) auch eine Leistung des Vers für R e t t u n g s k o s t e n zu einer Herabsetzung der Vssumme führt (dafür Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 95; dagegen Dörner-Staudinger in B K R N 5 zu § 95). Der letztgenannten Auffassung ist zuzustimmen, da es aus der Sicht des Vmers auf den Wert der verbleibenden Sachen ankommt. Das Gesagte wird ganz besonders deutlich für den Fall, daß die Leistung des Vers nur in dem Ersatz von Rettungskosten besteht, weil z.B. durch das tatkräftige Handeln des Vmers der unmittelbar bevorstehende Eintritt des Vsfalles verhindert werden konnte. Der Hinweis von Dörner-Staudinger a.a.O. auf § 63 I 2 gibt eine zusätzliche Begründung für diejenigen Fälle, in denen Rettungskosten auf Weisung des Vers aufgewendet worden sind. [H 197] bb) Auswirkungen auf die Prämienzahlungspflicht Ungelöst lassen §§ 19 Nr. 1 A F B 87, 24 Nr. 1 V G B 88 und 27 V H B 84, 92, ob dem Ver für die laufende Vsperiode, in der der Vsfall eingetreten war, wegen der Wiederauffüllung der Vssumme eine zusätzliche Prämie zusteht. Eine gesetzliche Vorgabe dafür gibt es nicht. Es ist in § 95 S. 2 lediglich vorgesehen, daß die Prämienzahlung nach Maßgabe einer geminderten Vssumme erst mit der neuen Vsperiode wieder einsetzt. Sachlich gerechtfertigt wäre eine solche zusätzliche Zahlungsverpflichtung nur in denjenigen Fällen, in denen sich seit dem Eintritt des Vsfalles der Vswert wieder erhöht hat. Angesichts dieser Schwierigkeiten in der Abgrenzung haben die Ver ersichtlich davon abgesehen, eine zusätzliche Prämienzahlungsverpflichtung ausdrücklich festzulegen. Demgemäß darf der Vmer darauf vertrauen, daß eine solche Verpflichtung für die laufende Vsperiode trotz der Erhöhung des Vswertes nach Eintritt des Schadenfalles nicht gegeben ist. Unliebsame Konsequenzen kann der Ver im übrigen durch eine Schadenkündigung abwenden. Für den Vmer hat die Regelung allerdings den Nachteil, daß er dem Ver nach dem Bedingungswortlaut ab dem Beginn der nächsten Vsperiode die Vsprämie voll zu entrichten hat. Ihm steht jedoch das Recht zu, nach § 5 1 1 eine Herabsetzung der Vssumme zu verlangen. Macht er das erst im Laufe des nächsten Vsjahres nach Erhalt der Prämienrechnung, so kann der Ver für die Zeit vom Beginn der neuen Vsperiode bis zum Zugang des Herabsetzungsverlangens, eine Prämienzahlung nur dann durchsetzen, wenn er den Vmer über die vom Gesetz abweichende Regelung zuvor eindringlich b e l e h r t hatte. [H 198] c) Selbstbehalt Die Vereinbarung von Selbstbeteiligung ist in der Feuerv vielfach üblich (so Boldt 7 S. 177). Die übliche Berechnungsweise ist der Klausel 1714 zu entnehmen. Dort heißt es, daß der bedingungsgemäß als Entschädigungspflicht errechnete Betrag einschließlich Aufwendungsersatzes gemäß § 63 und des Ersatzes für sonstige vte Kosten je Vsfall um den vereinbarten Selbstbehalt gekürzt wird. Hingegen sieht die Klausel 1713 Nr. 1 vor, daß die Vssumme der im Vsvertrag besonders gekennzeichneten Positionen um den vereinbarten Selbstbehalt zu kürzen ist. Es heißt dann in Nr. 2, daß bei der Berechnung einer Unterv die ungekürzte Vssumme zugrunde zu legen ist. Nr. 3 der Klausel sieht dann eine Berechnung vor, die der der Klausel 1714 entspricht. Würde die Regelung nach der Nummer 3 auch für die Fälle der Nummer 1 gelten, so würde das bedeuten, daß der Selbstbehalt zweimal berücksichtigt wird, nämlich einmal 746

Johannsen/Johannsen

I. Hauptpflichten des Feuervers

A n m . H 200

durch Abzug des Selbstbeteiligungsbetrages von der Vssumme und dann noch einmal von der danach errechneten Entschädigungssumme. Eine solche Regelung wäre nicht nachvollziehbar. Demgemäß ergibt eine auf den Sinn der Klausel abstellende Auslegung, daß die Regelung in Nr. 3 nicht für den Fall der Anwendung der Nr. 1 gilt, sondern die zutreffende Regelung für diejenigen Fälle darstellt, in denen nach Nr. 2 der Berechnung einer Unterv die ungekürzte Vssumme zugrunde gelegt worden ist. In § 9 II S. 1 AFB 30 wird für den Fall der Vereinbarung eines Selbstbehalts bestimmt, daß der Vmer für diesen Teil des Schadens keine andere V nehmen dürfe. Andernfalls wird nach S. 2 die Entschädigung so ermäßigt, daß der Vmer den vereinbarten Teil des Schadens selbst trägt. Gegen diese Regelung bestehen grundsätzlich keine Bedenken (vgl. dazu auch Möller Bd II Anm. 71 zu § 56). Das gilt aber nicht für den Sonderfall, daß der Vmer dem Ver den Abschluß dieser zusätzlichen V angezeigt und der Ver auf diese für einen durchschnittlichen Vmer unerwartete Konsequenz nicht nachdrücklich hingewiesen hat. Umgekehrt besteht allerdings auch eine Belehrungspflicht des zweiten Vers darüber, daß der Abschluß einer solchen zusätzlichen V zur Abdeckung des Selbstbehalts mit Rücksicht auf das Kürzungsrecht des ersten Vers als nicht sinnvoll einzuordnen ist. Entsprechendes gilt für die Auslegung von § 9 Nr. 2 AFB 87. 9. Kostenersatz Gliederung: a) Schrifttum H 199 b) Aufräumungs- und Abbruchkosten

bb) Klausel 3301 H 201 c) Rettungskosten H 202 d) Bewegungs- und Schutzkosten H 203

H 200-201

aa) Abgrenzungssprobleme H 200

[H 199] a) Schrifttum Dietz Wohngebäudev 2 S. 9 0 - 1 0 5 , Engels VersPrax 1990 S. 2 2 4 - 2 2 8 , Martin Sachvsrecht 3 W I I - V I I I , Wälder FeuerV I S. 3 4 - 3 8 .

[H 200] b) Aufräumungs- und Abbruchkosten aa) Abgrenzungsprobleme In der Vspraxis ist es seit langem üblich, daß neben dem Ersatz des Sachschadens im engeren Sinne auch durch den Vsfall entstehende A u f r ä u m u n g s - und A b b r u c h k o s t e n mitvert werden. Dafür werden unterschiedliche Klauseln verwendet. So heißt es in § 3 Nr. 3 a) AFB 87, daß es sich um n o t w e n d i g e Aufwendungen handeln müsse, die infolge eines Vsfalls für das A u f r ä u m e n der S c h a d e n s t ä t t e einschließlich des A b b r u c h s stehen g e b l i e b e n e r T e i l e , für das Abfahren von Schutt und s o n s t i g e n R e s t e n zum nächsten A b l a g e r u n g s p l a t z , für das A b l a gern oder V e r n i c h t e n entstehen. In den AFB 30 ist eine solche Regelung nicht enthalten. Doch war es auch schon vor der Neufassung der AFB üblich, solche Kosten durch besondere Vereinbarung unter einer besonderen Vertragsposition zu vern. So findet sich eine § 3 Nr. 3 a) AFB 87 entsprechende Definition solcher Kosten in § 6 Nr. 2 ZfgA 81 b) mit der Abweichung, daß dort nicht von der N o t w e n d i g k e i t solcher Aufwendungen die Rede ist. Indessen bedeutet diese Textabweichung nicht, daß nach § 6 Nr. 2 ZfgA 81b) nicht notwendige Aufwendungen zu ersetzen wären. Vielmehr ist eine sachgerechte Auslegung des Inhalts geboten, daß auch unter der Geltung Johannsen/Johannsen

747

Anm. H 200

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

des § 6 Nr. 2 ZfgA 81b) nur nach der gegebenen Sachlage notwendige Aufwendungen zu ersetzen sind. Entsprechendes gilt für § 2 Nr. 1 a) VHB 84. Eine im Wortlaut wesentlich von § 3 Nr. 3 a) AFB 87 abweichende Regelung findet sich aber in § 2 Nr. 1 a) VGB 88. Denn dort heißt es, daß nur die notwendigen Kosten für das Aufräumen und den Abbruch von Sachen, die durch den v o r l i e g e n d e n V e r t r a g vert sind, für das Abfahren von Schutt und s o n s t i g e n R e s t e n d i e s e r S a c h e n zum nächsten Ablagerungsplatz und für das Ablagern oder Vernichten (Aufräumungsoder Abbruchkosten) zu ersetzen sind. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß zu den Aufräumkosten auch solche Aufwendungen gehören, die bei der Beseitigung von V e r g i f t u n g e n des E r d b o d e n s durch das aufgrund eines Vsfalls erfolgte Auslaufen von gewässerschädlichen Stoffen anfallen, insbesondere im Zusammenhang mit Löschwasser (ebenso Engels VersPrax 1990 S. 224; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 3 AFB 87; Martin 3 W V 26; Wälder FeuerV I S. 38; a. M. Boldt 7 S. 19; Dietz 2 S. 95). Boldt a.a.O. begründet seine gegenteilige Auffassung damit, daß die Chemikalien als Sache nicht mehr existieren, da sie Bestandteil des Erdbodens geworden seien. Das läuft auf die nicht nachvollziehbare Argumentation hinaus, daß einer winzig kleinen Sache die Sacheigenschaft abgesprochen wird (vgl. dazu Martin 3 W V 17). Dietz a.a.O. führt aus, daß der Ver deshalb nicht eintrittspflichtig ist, weil weder der Boden noch das verseuchte Wasser zu den vten Sachen gehörten. Zu bedenken ist jedoch, daß der Boden durch verflüssigte Gebäudebestandteile vergiftet worden sein kann. Dann ist auch für den Gebäudever, der nach Maßgabe des § 2 Nr. 1 a) VGB 88 haftet, eine Eintrittspflicht für solche Kontaminationsschäden gegeben. Hingegen läßt sich das nicht ohne weiteres für die Kontaminationsschäden vertreten, die durch nicht vte Sachen angerichtet werden. Hier ist in erster Linie der Inhaltsver im Risiko. Ist die Kontamination auf Verflüssigen und Verbrennen vter und nicht vter Sachen zurückzuführen, so ist der Gebäudever jedenfalls dann im Rahmen des § 2 Nr. 1 a) VGB 88 (in Verbindung mit § 17 Nr. 1 VGB 88) voll im Risiko, wenn eine Trennung der Schäden nicht möglich ist. Martin 3 W V 24 führt aus, daß dann, wenn n i c h t v t e S a c h e n durch einen Vsfall, der v t e S a c h e n betroffen hat, einen Folgeschaden erleiden, die R e p a r a t u r dieser nicht vten Sachen nicht aus der Aufräumungskostenposition desjenigen Vertrages zu entschädigen sei, in dem diese Sachen nicht eingeschlossen seien. Das leuchtet ein. Es folgt dann die Bemerkung, daß das auch für nicht vte Gebäude und bewegliche Sachen gelte, deren Entseuchung begründe keine Aufräumungskosten, selbst wenn die Giftstoffe von vten Sachen herrühren. Dem wäre nicht zu folgen, wenn es nicht anschließend heißen würde, daß es anders sei, wenn die E n t s e u c h u n g sich nicht lohne und es sich um die E n t s o r g u n g verseuchter Reste und unbrauchbarer Reste nicht vter Sachen oder Sachteile handle. In § 3 Nr. 3 a) AFB 87 ist vom Aufräumen der S c h a d e n s t ä t t e die Rede (ebenso in § 1 II c) VGB 62). Dagegen wird der Ausdruck „Schadenstätte" in § 2 Nr. 1 a) VGB 88 und in § 2 Nr. 1 a) VHB 84 nicht gebraucht. Vielmehr wird nur der Ersatz der Aufwendungen für Aufräumungs- und Abbruchkosten zugesagt. Es leuchtet aber ein, daß damit nicht nur die Aufräumungskosten für den im Vsvertrag angegebenen Vsort gemeint sind, sondern auch die Randzonen des Schadensgeschehens. Das umfaßt z. B. die Entfernung von Mauerresten eines brennenden Hauses, die auf ein Nachbargrundstück gestürzt sind. Bedenken bestehen jedoch dagegen, das auch für eine Kontamination des Erdbodens benachbarter Grundstücke anzunehmen. Das gilt (ungeachtet der von Martin 3 W V 24 aufgeführten Einschränkungen) auch dann, wenn für den Wiederaufbau des Gebäudes oder dessen Reparatur zur Bedingung einer behördlichen Bauerlaubnis gemacht wird, daß auch die Verseuchung des Nachbargrundstücks zu beseitigen sei. In diesem Fall hat der Vmer auch unter der zusätzlichen Vereinbarung der Klausel 3301 keinen Vsschutz für die Kontamination des Nachbargrundstücks (vgl. dazu H 2 01 ). 748

Johannsen/Johannsen

Anm. H 201

I. Hauptpflichten des Feuervers

Schließlich stellt Martin 3 W V 27 in Zweifel, daß eine Entschädigungspflicht im Sinne des Aufräumungskostenersatzes nach einer Dekontamination des Bodens durch Abtragen oder Aushub auch das Wiederauffüllen mit einwandfreiem Erdreich umfaßt. Insoweit verweist er auf die Möglichkeit einer Absicherung des Vmers durch Vereinbarung der Klausel 3301 (vgl. H 201). Indessen darf nicht außer Acht gelassen werden, daß die Bodenarbeiten bei einem Gebäudeschaden zu den notwendigen Reparatur- oder Wiederaufbaukosten gehören, so daß ein Teil dieser Wiederauffüllungsarbeiten ohnedies nach einer Aushebung der Baugrube und dem anschließenden Verfüllen des Bodens neben den Grundmauern angefallen wäre und somit zum Leistungsbereich des Vers gehört. In diesem Zusammenhang sei auch auf Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 Anm. 57 zu § 55 verwiesen, der die Ersatzpflicht für einen Fall bejaht, in dem im Rahmen einer Reparatur zunächst ein Hohlraum verfüllt und später wieder ausgeräumt wird. Zu beachten ist, daß die V von Aufräumungs- und Abbruchkosten als eine zusätzliche Leistung des Vers anzusehen ist. Sie ist insbesondere in den Fällen von Bedeutung, in denen die Hauptvssumme durch einen Totalschaden erschöpft wird. Hingegen ist bei einem R e p a r a t u r s c h a d e n f a l l davon auszugehen, daß Aufräumungsund Abbruchkosten unter zwei Positionen des betreffenden Vsvertrages fallen (so B G H 6. VI. 1984 VersR 1984 S. 8 4 3 - 8 4 4 , Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 57 zu § 55, Martin 3 W V 19, 20). Vom B G H a.a.O. S. 844 wird dazu wörtlich ausgeführt:

„Bei dem vorliegenden Gebäudeteilschaden gehört die Trümmerbeseitigung aber auch zu den notwendigen Reparaturmaßnahmen. Die Aufräumungskosten werden daher auch von der Position Gebäude schaden (§ 1 Abs. la VGB erfaßt; insoweit liegt eine Doppelv vor (Martin a.a. O. W V 29). " D e m ist mit der Einschränkung beizupflichten, daß es sich um eine atypische interne Doppelv handelt, so daß von allen gesetzlichen Bestimmungen über die D o p pelv nur die zu beachten ist, daß der Ver insgesamt nicht mehr schuldet als die Reparaturkosten einschließlich Aufräumungs- und Abbruchkosten. Die H ö h e der Eintrittspflicht des Vers für Aufräumungs- und Abbruchkosten ist in den Feuervsverträgen unterschiedlich festgelegt. Bei Abschlüssen auf der Basis der A F B 87 wird zumeist ein Satz von 3 % der Vssumme angegeben. D a sich bei brandbedingten Kontaminationsschäden oft höhere Kosten ergeben, wird von Boldt 7 S. 1 empfohlen, eine Erhöhung auf 1 0 % anzustreben. In §§ 2 Nr. 2, 17 Nr. 1 V G B 88 ist eine Begrenzung der Entschädigungsleistung für derartige Kosten auf 5 % und in § 11 c) V G B 62 auf 1 % der Vssumme vorgesehen. Dagegen sieht § 18 Nr. 6 II 1 V H B 84 einen Ersatz von vten Kosten bis zu 10 % der Vssumme vor. Diese werden sogar bis zu 10 % über die Vssumme hinaus ersetzt. Das ist allerdings nur eine s u b s i d i ä r e H a f t u n g . Sie greift nach § 18 Nr. 6 II 2 V H B 84 dann nicht ein, wenn für den Vmer oder eine andere Person, die von ihm Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen kann, Vsschutz aus einem anderen Vsverhältnis besteht (andere Hausratsverträge ausgenommen). Hingegen fehlt es in den V G B 88 an einer solchen Verpflichtung zur Leistung über die Vssumme hinaus. Denn in § 15 Nr. 5 V G B 88 heißt es, daß die Gesamtentschädigung für vte Sachen, vte Kosten und vten Mietausfall je Vsfall auf die Vssumme begrenzt ist (abgesehen von den Schadenabwendungs- und Schadenminderungskosten, soweit diese auf Weisung des Vers entstanden sind; vgl. dazu G 163). [ H 201] bb) Klausel 3301 Zu den D e k o n t a m i n a t i o n s k o s t e n ist ergänzend auf die Möglichkeit zu verweisen, durch Vereinbarung der K l a u s e l 3301 z u s ä t z l i c h e n V s s c h u t z zu erlangen. Als Mangel dieser Klausel wird von Engels VersPrax 1990 S. 226 hervorgehoben, Johannsen/Johannsen

749

Anm. H 201

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

daß sich diese Erweiterung nach Nr. 1 nur auf die Dekontamination des V s g r u n d s t ü c k s bezieht. Dieser Einwand wird verständlich, wenn man von der hier vertretenen Auffassung ausgeht, daß die Dekontamination des Vsgrundstiicks ohnedies schon weitgehend unter die vom Ver zu ersetzenden Aufräumungskosten fällt (vgl. dazu H 200), wenn auch der Höhe nach deutlich begrenzt. Andererseits ist einleuchtend, das die Ver bestrebt sind, Dekontaminationsschäden nicht räumlich unbegrenzt zu ersetzen. Aus dem Wortlaut der Klausel, in der es unter lit. a) heißt, daß Erdreich von e i g e nen oder g e p a c h t e t e n Vsgrundstücken zu dekontaminieren oder auszutauschen sei, folgert Engels a.a.O. weiter, daß für Betriebe auf g e m i e t e t e n Grundstücken kein Vsschutz geboten werde. Indessen ist nach der Interessenlage die Kontamination eines gemieteten Grundstücks der eines gepachteten gleichzusetzen. Entsprechendes gilt entgegen der Auffassung von Engels a.a.O., wenn nur Teile eines Gebäudes gemietet worden sind, aber durch einen Brand in diesen Räumen eine Kontamination des Erdbodens auf dem betreffenden Gebäudegrundstück entsteht. Nach dem Eingangswortlaut Nr. 1 der Klausel 3301 ist eine Eintrittspflicht des Vers nur dann gegeben, wenn eine behördliche Anordnung zur Beseitigung der Kontamination ergangen ist. In der Behördenpraxis ist es nicht selten, daß ein Vertreter der Umweltbehörde nach der Besichtigung der Brandstätte zum Ausdruck bringt, daß der Vmer im Umfang eines von ihm einzuholenden Gutachtens die gewässerschädliche Verunreinigung beseitige und die Behörde von dem Inhalt des Gutachtens unterrichte, sowie den Arbeitsbeginn zur Kontrollmöglichkeit mitteile. Wird der Ver von diesem Verfahren unterrichtet und erhebt er dagegen keine Einwände, so kann er sich nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, daß kein Verwaltungsakt im formellen Sinne ergangen sei. Erhebt der Ver gegen eine derartige Schadenabwicklung Bedenken, so bleibt dem Vmer nur der Weg, die Beseitigung abzulehnen und den Erlaß eines rechtsmittelfähigen Bescheides zu verlangen. Als Verletzung der Obliegenheit zur Schadenminderung kann ein solches Vorgehen des Vmers angesichts der eigenartigen Bedingungsgestaltung nicht gewertet werden. Der Einschränkung in Nr. 2 a) der Klausel, daß die Aufwendungen nur zu ersetzen sind, wenn sie auf Grund von Gesetzen oder Verordnungen ergangen sind, die vor Eintritt des Vsfalls erlassen wurden, kommt keine praktische Bedeutung zu. Das ergibt sich daraus, daß die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zum Gewässerschutz in ihrer Stringenz kaum übertroffen werden können. Überflüssig ist ferner der Hinweis in Nr. 2 b), daß die Aufwendungen gemäß Nr. 1 nur ersetzt werden, wenn die Kontamination n a c h w e i s l i c h i n f o l g e „ d i e s e s " V s f a l l s entstanden ist. Denn durch den Vorspruch in Nr. 1 ist schon deutlich klargestellt, daß die Eintrittspflicht des Vers an den Eintritt eines Vsfalls im Sinne der Grunddeckung gebunden ist. Im übrigen ist der Vmer bei Schadensvsverträgen stets für den Eintritt des Vsfalls und die Höhe des Schadens beweispflichtig. Dem Vmer können dabei allerdings ungeachtet der Formulierung in Nr. 2 b) Beweiserleichterungen zugute kommen, wenn typischerweise durch das Verbrennen bestimmter Sachen in Verbindung mit dem Löschwasser (aber auch ohne eine solche Verbindung) gewässerschädliche Stoffe in den Erdboden dringen. In Nr. 2 c) der Klausel heißt es schließlich, daß die Aufwendungen nach Nr. 1 nur ersetzt werden, wenn die behördlichen Anordnungen innerhalb von n e u n M o n a t e n seit Eintritt des Vsfalls ergangen sind und dem Ver ohne Rücksicht auf Rechtsmittelfristen innerhalb von drei Monaten seit Kenntniserhalt gemeldet wurden. Legt man die Bestimmung allein nach ihrem Wortlaut aus, so könnte man zu dem Schluß kommen, daß ohne Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalls der Ver nicht mehr im Risiko ist, wenn die behördlichen Anordnungen nicht binnen neun Monaten ergehen. Das würde bedeuten, daß dem Vmer systemwidrig das Verhalten eines Dritten, 750

Johannsen/Johannsen

Anm. H 202

I. Hauptpflichten des Feuervers

der nicht sein Repräsentant ist, zugerechnet wird. Dieses Ergebnis kann nicht akzeptiert werden. Im Falle einer Säumnis der Behörde tritt bei einer nach Treu und Glauben vorzunehmenden Interpretation der Verlust des Vsschutzes dann nicht ein, wenn der Vmer den Schaden innerhalb der weiteren Frist von drei Monaten meldet. In Nr. 3 der Klausel wird der Fall behandelt, daß durch einen Vsfall eine bereits bestehende Kontamination erhöht wird. Dann sind nur die Aufwendungen zu ersetzen, die den für eine Beseitigung der bestehenden Kontamination erforderlichen Betrag übersteigen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob und wann dieser Betrag ohne den Vsfall aufgewendet worden wäre. Das ist eine einleuchtende Abgrenzung, die auch ohne ausdrückliche Festlegung im Bedingungstext so vorzunehmen wäre. Sie greift aber nur dann ein, wenn die vorhandene Kontamination so hoch war, daß sie nach der auf der gesetzlichen Grundlage beruhenden Praxis der Unweitbehörde zu einer behördlichen Anordnung geführt hätte. Darlegungs- und beweispflichtig dafür, daß in diesem Sinne eine erhebliche Vorkontamination gegeben war, ist der Ver. In einer neueren Fassung der Klausel 3301 ist diese um 5 Zusätze erweitert worden, die durchweg die Haftung des Vers einschränken. In Nr. 4 heißt es, daß Aufwendungen aufgrund sonstiger behördlicher Anordnungen oder aufgrund sonstiger Verpflichtungen des Vmers einschließlich der sogenannten „Einliefererhaftung" nicht ersetzt werden. Das stellt letzten Endes nur eine Wiederholung der Regelung in Nr. 3 dar, wenn man von dem ungewöhnlichen Begriff „Einliefererhaftung" absieht. Es dürfte damit eine Einleiterhaftung im Sinne des § 22 I W H G gemeint sein. - In Nr. 5 wird eine S u b s i d i a r i t ä t verankert. Das könnte sich auch auf eine bestehende Gewässerschadenhaftpflichtv beziehen, in der aus dem Gesichtspunkt des sog. „vorgezogenen Rettungskostenersatzes" bei Fehlen eines geschädigten Dritten in der Tat nach Sachvsgrundsätzen reguliert wird. - Schließlich wird in Nr. 6 für V s f ä l l e , die innerhalb eines Jahres eintreten, eine Entschädigungsgrenze auf die Vssumme als Jahreshöchstgrenze festgelegt. Damit wird die einleitende Zusage gemäß Nr. 1, nach der die für Dekontaminationen vereinbarte Vssumme für einen Vsfall zur Verfügung stehe, zum Nachteil des Vmers abgeändert. - In Nr. 7 wird des Falls gedacht, daß ein Selbstbehalt vereinbart worden ist. Ist ein solcher für zusätzliche Dekontaminationskosten vereinbart, so ist dieser gewiß abzuziehen. Ist dagegen nur im Grundvertrag eine Selbstbeteiligung vorgesehen, so sind die Leistungen des Vers aus der Grunddeckung und der Zusatzvereinbarung als Einheit anzusehen. Wenn daher als Selbstbehalt ein fester Betrag vereinbart worden ist, der bereits bei der Grunddeckung abgezogen ist, so darf er nicht noch einmal bei den Dekontaminierungskosten in Abzug gebracht werden. Anders liegt es bei einem in Prozentsätzen des Schadens vereinbarten Selbstbehalt (vgl. auch G 164). - Abschließend heißt es unter Nr. 8, daß Kosten gemäß Nr. 1 nicht als Aufräumungskosten gemäß § 3 Nr. 3 a) A F B 87 gelten. O h n e eine solche Einschränkung könnten solche Kosten sowohl als Dekontaminationskosten als auch in dem in H 200 dargestellten Umfang als Aufräumkosten reklamiert werden.

[H 202] c) Rettungskosten Zur Leistungspflicht des Vers gehören auch die R e t t u n g s k o s t e n , nämlich die Aufwendungen, auch erfolglose, die der Vmer zur Abwendung oder Minderung des Schadens für geboten halten durfte, vgl. §§ 14 A F B 30, 3 Nr. 1 A F B 8 7 , 2 Nr. 1 c) V G B 88 (auch in der Neufassung 1999), 2 Nr. 1 c V H B 84, 2 Nr. 1 d) V H B 92. Der vom Feuerver zu leistende Rettungskostenersatz, der wie B G H 21.111.1977 VersR 1977 S. 7 0 9 - 7 1 1 es ausgedrückt hat, d i e u n e n t b e h r l i c h e K e h r s e i t e der dem Vmer im Interesse des Vers auferlegten Obliegenheit, bei Eintritt des Vsfalls den Schaden nach Möglichkeit abzuwenden oder zu mindern, darstellt, wird im ZusamJohannsen/Johannsen

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Anm. H 203

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

menhang mit dieser Obliegenheit unter G 158-165 behandelt. Hierauf sowie auf die umfangreiche Kommentierung des § 63 von Möller in Bd II wird verwiesen. Rettungskostenersatz wird grundsätzlich nur im Rahmen der Vssummen geschuldet, wie sich aus § 63 I 2 ergibt, der nur für Aufwendungen, die auf Weisungen des Vers beruhen, als Ausnahme anordnet, daß sie auch zu ersetzen sind, wenn sie zusammen mit der übrigen Entschädigung die Vssumme übersteigen. Diese gesetzliche Regelung ist auch in die meisten Bedingungen übernommen worden. Zu Ausnahmen vgl. G 163. Auch die Streitfrage, ob die Begrenzung durch Unterv nach § 63 II sich auch auf weisungsgemäß erfolgte Aufwendungen bezieht, vgl. dazu G 164, ist in den Bedingungen zu Lasten des Vmers entschieden worden. Dem Bedürfnis, dadurch entstehende Lücken im Vsschutz zu schließen, trägt § 3 Nr. 3 A F B 87 Rechnung, wonach Rettungskosten durch besondere Vereinbarung vert werden können. Zu den A F B 30 waren hierfür besondere Klauseln vorgesehen (vgl. dazu Sieg C 15-17; Martin 3 W II 1). Die V erfolgt nach § 11 Nr. 4 A F B 87 auf Erstes Risiko, so daß ein Untervseinwand nicht in Betracht kommt. Wegen des in § 3 Nr. 1 A F B 87 vorgesehenen Ausschlußes von Aufwendungen für Leistungen der Feuerwehren ist in der Industrie-Feuerv auch die besondere V von Feuerlöschkosten nach § 3 Nr. 3 b geboten, die auch die Aufwendungen für den Einsatz von Werksfeuerwehren umfaßt (Martin 3 W III 2). In der Wohngebäude- und Hausratv, in der Feuerlöschkosten ebenfalls nicht ersetzt werden, sind solche Vereinbarungen nicht erforderlich, weil die Feuerwehren ihre Leistungen grundsätzlich unentgeltlich erbringen (vgl. hierzu G 165). [H 203] d) Bewegungs- und Schutzkosten Unter Bewegungs- und Schutzkosten sind nach der in den modernen Feuervsbedingungen weitgehend gleichlautenden Definition die notwendigen Kosten bzw. Aufwendungen zu verstehen, die dadurch entstehen, daß zum Zwecke der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung verter Sachen andere Sachen bewegt, verändert oder geschützt werden müssen, so z. B. §§ 3 Nr. 3 c) A F B 87,2 Nr. 1 b) V G B 88 (auch in der Neufassung 1999), 2 Nr. 1 b) V H B 84 und 92. In den A F B 87 wird diese Definition ergänzt durch den Zusatz „Bewegungs- und Schutzkosten sind insbesondere Aufwendungen für De- oder Remontage von Maschinen, für Durchbruch, Abriß oder Wiederaufbau von Gebäudeteilen oder für das Erweitern von Offnungen", womit deutlich gemacht wird, daß es sich nicht nur um gewöhnliche Nebenarbeiten zu Reparaturen, wie z.B. das Ausräumen oder Abdecken von Möbeln bei Malerarbeiten in brandgeschädigten Räumen sondern auch um Zerstörung und Wiederaufbau handeln kann (Martin 3 W IV 8; Boldt 7 S. 39). So werden Fälle erfaßt, in denen wegen Erneuerung einer Zwischendecke eines Gebäudes darauf stehende maschinelle Anlagen demontiert und später wieder aufgebaut werden müssen (Wälder Feuerv I S. 35), beschädigte Gebäudeteile abgerissen (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 58 zu § 55) oder wegen reparaturbedingter Entfernung einer maschinellen Anlage Maueröffnungen geschaffen werden müssen (Boldt a.a.O). Es muß sich aber immer um durch Bewegung, Veränderung oder Schutz der Sachen entstandene Aufwendungen handeln. Das Einlagern der Sachen fällt nicht darunter (Boldt a.a.O.), kann aber u. U. aus dem Gesichtspunkt der Rettungskosten zu erstatten sein (vgl. unter G 161). Die Definition erfaßt auch nicht den durch die Beschädigung der bewegten, veränderten oder geschützten Sachen entstandenen Aufwand (AG Münster 19. X. 1995 r + s 1997 S. 77-78; Dietz Wohngebäudev 2 S. 97; Kollhosser a.a.O.). In dem vom A G Münster entschiedenen Fall waren wegen einer umfangreichen Gebäudereparatur nach einem Leitungswasserschaden Türen ausgehängt und eine Schrankwand aus752

Johannsen/Johannsen

Anm. H 203

I. Hauptpflichten des Feuervers

gebaut und diese Sachen dabei beschädigt worden. Das Gericht hat nur die Kosten des Ausbaus nicht aber den entstandenen Sachschaden als Aufwendungen im Sinne von § 2 Nr. 1) V G B 88 angesehen. E r wäre aber wohl als unvermeidbare Folge der Reparatur ohne Rücksicht auf die besondere Kostenklausel zu erstatten gewesen. O b und in welcher H ö h e Bewegungs- und Schutzkosten vert sind, ist in den einzelnen Bedingungswerken unterschiedlich geregelt. In der Wohngebäudev sind diese Kosten durch § 2 Nr. 1 b V G B 88 (auch in der Neufassung 1999) ausdrücklich in den normalen Vsumfang einbezogen, aber gemäß § 17 Nr. 1 a) und b) auf 5 % der Vssumme bzw. in der gleitenden Neuwertv der mit dem Neuwertfaktor multiplizierten Summe der H ö h e nach beschränkt. In den V G B 62 waren die Bewegungs- und Schutzkosten nicht besonders erwähnt. In der Praxis wurden sie aber insbesondere bei Teilschäden zusammen mit den Reparaturkosten ausgewiesen und entschädigt (Dietz a.a.O. S. 97). Das entspricht dem Grundsatz, daß bei Beschädigungen der Reparaturaufwand bis zur H ö h e des Vswerts ersetzt wird ( B G H 6. V I . 1984 VersR 1984 S. 843-844; in der Entscheidung ging es allerdings nicht um Bewegungs- und Schutzkosten, sondern um Aufräumungs- und Abbruchkosten, die bis zu 1 % der Vssumme vert waren, aber darüber hinaus als Gebäudeschaden zugesprochen wurden). An dieser Praxis hat sich auch durch die besondere Erwähnung der Bewegungs- und Schutzkosten in den Bedingungen nichts Entscheidendes geändert. Soweit die Vssumme für den Sachschaden nicht erschöpft ist, werden sie erstattet, auch wenn sie höher als die in § 17 genannten 5 % sind (Dietz a.a.O.). In der Hausratv sind Bewegungs- und Schutzkosten ebenfalls unter den ohne weiteres verten Kosten aufgeführt, §§ 2 Nr. 1 b) V H B 84 und 92. Sie werden aber nach § 18 Nr. 7 V H B 92 bis zu 10 % auch über die Vssumme hinaus ersetzt, während nach § 18 Nr. 6 V H B 84 diese Erweiterung nur eingreift, wenn nicht für den Vmer oder eine andere Person, die von ihm Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen kann, Vsschutz aus einem anderen Vsverhältnis mit Ausnahme einer anderen Hausratv besteht, also ζ. B. einer Gebäudev, so daß die Erhöhung dieser gegenüber subsidiär ist. In der industriellen Feuerv nach den A F B 87 ist hingehen vorgesehen, daß Bewegungs-und Schutzkosten b e s o n d e r s v e r e i n b a r t werden müssen, § 3 Nr. 3 c). Diese Bestimmung wird ergänzt durch § 11 Nr. 2 A F B 87, worin es bei der Berechnung der Entschädigung heißt, „für Kosten gemäß § 3 Nr. 3 leistet der Ver Entschädigung nur, soweit dies besonders vereinbart ist". Aus dieser Formulierung könnte geschlossen werden, daß ohne besondere Vereinbarung eine Entschädigung für Bewegungs- und Schutzkosten in keinem Fall geschuldet wird. Das trifft aber nicht zu. Soweit es sich bei diesen um Kosten für typische Nebenarbeiten für Reparaturen handelt, wie z. B. das Ausräumen oder Abdecken von durch Reparaturarbeiten gefährdeten Sachen, sind sie als notwendige Reparaturkosten im Sinne von § 11 Nr. 1 b) A F B 87 zu ersetzen. Diese Auslegung ist gemäß § 5 A G B G (§ 305 c B G B n. F.) geboten, da ein durchschnittlicher Vmer ohne vsrechtliche Spezialkenntnisse nicht davon ausgehen kann, daß der ausdrücklich auf Reparaturkosten erstreckte Leistungsumfang durch den Ausschluß bestimmter durch Reparaturen entstandener Aufwendungen wieder eingeschränkt wird (Martin 3 W I V 12, 14; auch Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 58 zu § 55 geht von einer teilweisen Uberschneidung mit dem Hauptschaden aus; ebenso Boldt 7 S. 39). N u r auf Grund einer besonderen Vereinbarung besteht aber Vsschutz, wenn die Bewegungs- und Schutzkosten den Umfang üblicher Nebenarbeiten zu Reparaturen übersteigen, wenn es sich also um die in § 3 Nr. 3 c) A F B 87 unter „insbesondere" aufgeführten Aufwendungen handelt, die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht mehr ohne weiteres den Reparaturkosten zugerechnet zu werden pflegen. Erforderlich ist die besondere Vereinbarung auch bei der separaten V von Maschinen, weil die Sachvssumme nicht ausreicht, zusätzliche Bewegungs- und Johannsen/Johannsen

753

Anm. H 204

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Schutzkosten abzudecken (Boldt a.a.O.). Die V erfolgt gemäß § 11 Nr. 4 a) A F B 87 auf Erstes Risiko und wird zumeist in einer Position mit den Aufräumungs- und Abbruchkosten, gelegentlich auch mit den Feuerlöschkosten vorgenommen (Wälder FeuerV I S. 35; Boldt a.a.O.). In den A F B 30 sind Bewegungs- und Schutzkosten nicht besonders erwähnt. Sie konnten durch § 7a ZFgA, später ersetzt durch § 8 ZFg A 81b, und Klausel 222 besonders vert werden. Während die Definition der Bewegungs- und Schutzkosten in den erörterten Bedingungen die Kosten der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung v e r t e r S a c h e n betrifft, gewährt die Klausel 1303 eine Erweiterungsmöglichkeit für die Kosten, die der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung von Sachen dienen, welche durch einen a n d e r e n V e r t r a g gegen d i e s e l b e G e f a h r v e r t sind. Zu denken ist dabei z.B. daran, daß eine durch eine Maschinenv verte Maschine durch ein Feuer beschädigt wird und zu ihrer Wiederherstellung Veränderungen an dem in der Feuerv verten Gebäude vorgenommen werden müssen, z.B. für ihre Wiederaufstellung ein besonderer Mauerdurchbruch geschaffen werden muß. Die Aufwendungen hierfür werden nach der Klausel 1303 von dem Feuerver erstattet. [H 204] 10. Mietausfallschaden Der Schaden, der dem Vmer dadurch entsteht, daß durch einen Vsfall zerstörte oder beschädigte Gebäude ganz oder teilweise nicht mehr benutzt werden können, ist in der Wohngebäudev mitgedeckt. Für andere Gebäude als Wohngebäude kann eine besondere Mietverlustv, z. B. nach den A B M oder ABM 89 abgeschlossen werden. In den A F B 30 und 87 sind Bestimmungen über den Einschluß eines Mietausfalls nicht enthalten. Ersetzt wird in der W o h n g e b ä u d e v gemäß §§ 1 Nr. 3 V G B 62, 3 V G B 88 bei vermieteten Räumen der Mietausfall, bei vom Vmer selbst bewohnten Räumen der ortsübliche Mietwert. Die Vorschriften beziehen sich nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut auf W o h n r ä u m e . In § 3 Nr. 2 V G B 88 (auch der Neufassung 1999) ist darüber hinaus der Hinweis aufgenommen, daß die V des Mietausfalls oder des ortsüblichen Mietwertes für gewerblich genutzte Räume besonderer Vereinbarung bedarf. In § 1 Nr. 3 V G B 62 fehlt ein solcher eindeutiger Hinweis. Dadurch ist es gelegentlich zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über den Vsumfang gekommen, wenn ganz oder teilweise gewerblich genutzte Gebäude in der Wohngebäudev vert worden sind, wie es den damaligen aufsichtsrechtlichen Vorgaben entsprach (vgl. dazu Martin 3 A III 30). Uberwiegend ist von den Gerichten angenommen worden, daß bei einer gemischten Nutzung Entschädigung für Gewerberäume nicht zu gewähren ist ( O L G Celle 10. X. 1986 VersR 1987 S. 373 = r + s 1993 S. 264-265 zu einem Wohnhaus mit Gaststättentrakt; O L G Hamm 30. X . 1992 VersR 1993 S. 962-963 = r + s 1993 S. 107-108 zu einem in einem Gebäude mit 19 Wohn- und 3 Gewerbeeinheiten betriebenen Bistro; 2. II. 1996 r + s 1996 S. 321 = VersR 1997 S. 612 LS zu einer in einem Wohngebäude im Rahmen einer Massagepraxis genutzten Schwimmhalle). Hingegen hat das O L G Köln 7 . X . 1989 r + s 1990 S. 60 = VersR 1991 S. 70 Entschädigung auch für den Mietausfall gewerblich genutzter Flächen zugesprochen, wenn die private Nutzung überwiege und das Gebäude zu einem einheitlichen Mietzins ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen Nutzung der Räume vermietet sei. Seine Begründung, daß es dem Vmer nicht zum Nachteil gereichen dürfe, wenn er entsprechend dem aufsichtsrechtlichen Zwang eine V nach den V G B abgeschlossen und nicht eine gesonderte Mietverlustv, rechtfertigt aber das Ergebnis nicht. Denn auch bei der V des Gebäudes nach anderen Bedingungswerken wäre ein automatischer Einschluß des Mietausfallschadens für 754

Johannsen/Johannsen

Anm. H 204

I. Hauptpflichten des Feuervers

gewerbliche Räume nicht erfolgt. Eine Haftung des Vers kommt aber unter Umständen aus dem Gesichtspunkt eines Beratungsverschuldens in Betracht. Insbesondere bei der V eines vollständig gewerblich genutzten Gebäudes, bei der der Einschluß des Mietausfallschadens dem Vmer wegen des Fehlens von Wohnräumen überhaupt keinen wirtschaftlichen Vorteil bringen würde, ist seine Aufklärung hierüber und die Notwendigkeit, einen besonderen Vertrag über die V des Mietausfalls zu schließen, geboten (offen gelassen von OLG Hamm 30. X. 1992 a.a.O.; Martin 3 W VIII 3 nimmt für diesen Fall entgegen dem Wortlaut eine automatische V des Mietausfalls für Gewerberäume an). Voraussetzung der Entschädigung des Mietausfalls ist, daß der Mieter infolge eines Vsfalls b e r e c h t i g t ist, die Mietzahlung ganz oder teilweise zu verweigern. Das richtet sich nach den Vereinbarungen im Mietvertrag und den mietrechtlichen Bestimmungen, insbesondere § 537 BGB in der bis zum 30. VIII. 2001 geltenden Fassung und § 536 in der Neufassung durch das G zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (MietrechtsreformG) vom 19. VI. 2001 (BGBl I S. 1149), die die Voraussetzungen für die Mietminderung bei Sachmängeln im einzelnen regeln. Danach ist der Mieter, wenn die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben ist, von der Entrichtung des Mietzinses befreit und bei Minderung der Tauglichkeit nur zur Zahlung einer angemessen herabgesetzten Miete verpflichtet. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht. Hat der Mieter den Eintritt des Vsfalls verursacht, ist er zur Zahlungsverweigerung auch dann nicht berechtigt, wenn er nur leicht fahrlässig gehandelt hat und dem Vmer auf Grund einer Beteiligung an der Vsprämie oder wegen eines vereinbarten Regreßverzichts den Substanzschaden an dem Gebäude nicht zu ersetzen hat (vgl. dazu unter J 107-112, J 128). Ein Mietausfall entsteht in diesem Fall nicht, so daß eine Eintrittspflicht des Vers nicht gegeben ist (Martin 3 W VIII13; Dietz a.a.O. S. 107). Die Eintrittspflicht des Vers setzt weiter voraus, daß der Mieter auch von seinen Rechten Gebrauch macht, denn vert ist nur der tatsächliche Ausfall (Dietz a.a.O.). Deshalb kommt eine Entschädigungspflicht auch nicht in Betracht für im Zeitpunkt des Vsfalls nicht vermietete Wohnräume. Die Entschädigung umfaßt nach § 3 Nr. 1 a VGB 88 auch die fortlaufenden Mietnebenkosten. Diese sind in § 1 Nr. 3 a VGB 62 nicht besonders erwähnt, jedoch sind sie bei interessengemäßer Auslegung der Bestimmung ebenfalls eingeschlossen (Martin 3 W VIII 8; Dietz a.a.O. S. 108; a.A. Boldt 7 S 129). Für den Ersatz des ortsüblichen Mietwerts für die von dem Vmer selbst genutzten Wohnräume ist nach §§ 1 Nr. 3 VGB 62, 3 Nr. 1 b VGB 88 erforderlich, daß diese infolge eines Vsfalls u n b e n u t z b a r geworden sind, falls dem Vmer die Beschränkung auf einen etwa benutzbar gebliebenen Teil der Wohnung nicht zugemutet werden kann. Danach gelten strengere Voraussetzungen als für die Entschädigung des Mietausfalls. Es genügt nicht die Beeinträchtigung der Benutzbarkeit, sondern es muß zumindest ein Teil der zur Wohnung gehörigen Räume völlig unbenutzbar geworden sein. Hinzukommen muß, daß dem Vmer die Beschränkung auf einen benutzbar gebliebenen Teil der Wohnräume unzumutbar ist, wofür auf seine gesamten Lebensumstände abzustellen ist. So wird man es z.B. für eine Einzelperson oder ein Ehepaar als zumutbar ansehen können, sich auf das Erdgeschoß seines Hauses zu beschränken, wenn das Obergeschoß infolge eines Brandes unbenutzbar geworden ist, nicht aber für einen Vmer mit großer Familie, die mit ihm zusammen in dem Haus gewohnt hat. Eine Teilentschädigung kommt nicht in Betracht. Bis zur Zumutbarkeitsgrenze wird Entschädigung überhaupt nicht geschuldet, darüber hinaus aber die volle Entschädigung, auch wenn einzelne Räume benutzbar geblieben sind (Dietz a.a.O. S. 109). Der ortsübliche Mietwert ist durch Vergleiche mit nach Ausstattung und Lage ähnJohannsen/Johannsen

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Anm. H 204

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

lichen Objekten zu ermitteln, ζ. Β. anhand eines Mietspiegels gemäß § 558 c BGB n. F. oder einer Mietdatenbank gemäß § 558 e BGB n. F. Regeln für die unentgeltliche Nutzung von Wohnräumen durch Dritte fehlen in den VGB. Von Dietz a.a.O. S. 110 wird vorgeschlagen, § 3 Nr. 3 b) ABM 89, der Nutzungsausfall auch für von dem Vmer an Dritte unentgeltlich zur Verfügung gestellte Räume gewährt, analog anzuwenden. Eine derartige Ausweitung des ohnehin im Rahmen der Gebäudev untypischen Vsschutzes ist aber nicht geboten. Wenn allerdings Räume an Arbeitspersonal wie Hausmeister oder Hausangestellte ohne Bezahlung überlassen werden, liegt eine Unentgeltlichkeit nicht vor, weil die Gegenleistung in der geschuldeten Arbeit besteht. Da aber ein Mietvertrag nicht besteht und somit ein Mietausfall nicht in Betracht kommt, ist es in diesen Fällen gerechtfertigt, die Entschädigung nach dem ortsüblichen Mietwert zu bestimmen (Dietz a.a.O.). Mietausfall und ortsüblicher Mietwert unterliegen nach den VGB 62 und 88 keiner betragsmäßigen Beschränkung, wohl aber einer zeitlichen. Sie werden grundsätzlich bis zu dem Zeitpunkt (§ 3 Nr. 3 VGB 88) bzw. bis zum Schluß des Monats (§ 1 Nr. 3 b) VGB 62) geleistet, in dem die Wohnung wieder benutzbar ist, höchstens jedoch 6 Monate (nach VGB 62) bzw. 12 Monate (nach VGB 88). Eine weitere Beschränkung ergibt sich aus §§ 1 Nr. 3 II VGB 62, 3 Nr. 3 VGB 88 dadurch, daß Entschädigung nur geleistet wird, soweit der Vmer die Möglichkeit der Wiederbenutzung nicht schuldhaft verzögert. Um einen Fall der Verletzung der Schadensminderungspflicht nach § 62 handelt es sich hierbei nicht, wohl aber der allgemeinen nach § 254 II BGB. Es endet nicht, wie Martin 3 W VIII 5 annimmt, die Leistungspflicht des Vers endgültig, wenn der Vmer die Wiederherstellung verzögert, sondern es wird, wie mit dem Wort „soweit" zum Ausdruck gebracht ist, nur die Zeit der Verzögerung für die Ersatzpflicht nicht mit berücksichtigt (OLG Köln 7. XII. 1989 VersR 1991 S. 70; Boldt 7 S. 128). Deshalb ist es auch gerechtfertigt, daß die Leistungsbeschränkung nicht wie bei einer Obliegenheit nach § 6 III nur bei schwerem sondern bei jedem Verschulden des Vmers eingreift (so im Ergebnis auch Martin a.a.O.). Eine schuldhafte Verzögerung liegt aber noch nicht darin, wenn der Vmer vor der Auszahlung der Vsentschädigung wegen Geldmangels mit dem Wiederaufbau seines Hauses nicht zügig beginnt (OLG Hamm 15. VII. 1987 VersR 1988 S. 795), wohl aber dann, wenn er die verspätete Auszahlung der Entschädigung durch falsche Angaben, die zu einem Ermittlungsverfahren gegen ihn geführt haben, verursacht hat. Eine schuldhafte Verzögerung kann auch in der verspäteten Anzeige des Vsfalls oder der grundlosen Untätigkeit in bezug auf notwendige Reparaturmaßnahmen liegen (OLG Köln 7. XII. 1989 VersR 1991 S. 70). Die Beweislast für die schuldhafte Verzögerung der Möglichkeit der Wiederbenutzung der Räume obliegt dem Ver (Martin a.a.O.). Ob die Entschädigung durch eine Vssumme begrenzt wird, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Martin 3 W VIII 2 und Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 19 zu § 50 gehen davon aus, daß für die Mietausfallv eine gesonderte Position ohne feste Vssumme gebildet werde, während Dietz Wohngebäudev 2 S. 117 grundsätzlich von der Begrenzung der Leistung durch die Vssumme ausgeht. Es ist für die einzelnen Bedingungswerke zu unterscheiden: In den VGB 62 ist keine Begrenzung der Leistungen für den Mietverlust und den ortsüblichen Mietwert vorgesehen. § 16 Nr. 1, der ausspricht, daß der Ersatz von Aufwendungen und die Entschädigung zusammen die Vssumme nicht übersteigen dürfen, bezieht sich ersichtlich nicht auf die Leistungen des Vers nach § 1 Nr. 3. Das ist auch sachgerecht, weil diese Leistungen ihre wirtschaftliche Bedeutung für den Vmer gerade beim Totalschaden haben und in diesem Fall wegen der Erschöpfung der Vssumme bei anderer Auslegung sonst häufig nicht erbracht zu werden brauchen (Martin a.a.O.). 756

Johannsen/Johannsen

Anm. H 206

I. Hauptpflichten des Feuervers

In § 15 Nr. 5 VGB 88 und § 14 Nr. 4 der Neufassung 1999 ist aber bei der Begrenzung der Entschädigung auf die Vssumme der verte Mietausfall ausdrücklich erwähnt. Die Begrenzung bezieht sich allerdings nicht auf die gleitende Neuwertv, für die deshalb der Mietausfall neben der Hauptentschädigung auch bei Totalschaden zu ersetzen ist (Dietz a.a.O.). Zusätzlich zu § 1 Nr. 3 VGB 62 können durch eine besondere Klausel auch Hotelkosten vert werden (VA 1989 S. 304). Auch in der H a u s r a t v können Hotelkosten durch die Klausel 7310 zu den VHB 84 eingeschlossen werden. In die VHB 92 sind Hotelkosten gemäß § 2 Nr. 1 h) in die Grunddeckung eingeschlossen worden. Für g e w e r b l i c h e Räume sieht § 3 Nr. 2 VGB 88 die Möglichkeit des V des Mietausfalls oder des ortsüblichen Mietwerts durch besondere Vereinbarung vor. Wegen der schwer kalkulierbaren Risiken findet aber ein solcher Einschluß in die VGB 88 in der Praxis kaum statt (vgl. dazu Dietz Wohngebäudev 2 S. 113). Sie erfolgt vielmehr durch besonderen Vertrag nach den Bedingungen für die V gegen Mietverlust infolge von Brand, Blitzschlag oder Explosion (ABM) in Verbindung mit den AFB 30 oder nach den Allgemeinen Bedingungen für die Mietverlustv (ABM 89), die durch Klauseln 8811 und folgende ergänzt werden. Vswert ist eine Jahresmiete einschließlich der für diese Zeit fortlaufenden Nebenkosten. Nach Klausel 8851 kann die V auf einen Zeitraum von 2 Jahren erstreckt werden. 11. Zahlung der Versicherungsentschädigung Gliederung: a) Schrifttum H 205 b) Vorbemerkung H 206 c) Fälligkeit H 207-213 aa) Umfang und Dauer der Erhebungen H 207 bb) Einfluß behördlicher oder gerichtlicher Verfahren H 208 cc) Zahlungsaufschub H 209 dd) Auszahlungsfrist H 210

ee) Abschlagszahlungen H 211 ff) Zinsen H 212 gg) Österreichisches Recht H 213 d) Verzug H 214-217 aa) Allgemeine Voraussetzungen H 214 bb) Verschulden H 215 cc) Zahlungen unter Vorbehalt H 216 dd) Rechtsfolgen des Verzuges H 217

[H 205] a) Schrifttum Asmus NVersZ 2000 S. 361-365, Bitter WM 2000 S. 1282-1287, Engels VersPrax 1988 S. 112-113, Fenyves VersRdschau 1994 S. 33-58, Gaul NVersZ 1999 S. 458-460, Hansen VersR 1988 S. 1110-1118, Hasse NVersZ 2000 S. 497-502, Hertel ZAP 2000 S. 653-666, Horn Die Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen (AFB) und das AGB-Gesetz, Hamburg 1984, zitiert Horn AFB, Huber JZ 2000 S. 743-755 und 957-967, Krejci VersRdschau 1995 S. 28-36, Looschelders-Danga VersR 2000 S. 1049- 1057, Magnussen MDR 1994 S. 1160-1162, Martin VersR 1977 S. 658-659,1978 S. 392-396, Medicus D N o t Z 2000 S. 256-260, Ollick VA 1979 S. 419,1981 S. 43-44, Präve Versicherungsbedingungen und AGB-Gesetz, München 1998, zitiert Praeve AGBG, Risse BB 2000 S. 1050-1054, Risthaus Die Unterv § 56 W G , Karlsruhe 1999, Schimmel-Buhlmann MDR 2000 S. 737-741, Wieser VersRdschau 1994 S. 293-314.

[H 206] b) Vorbemerkung Die F ä l l i g k e i t der Geldleistung des Vers aus dem Feuervsvertrag richtet sich nach der Grundnorm des § 11, tritt also ein mit Beendigung der zur Feststellung des Vsfalls und des Umfangs der Leistung des Vers nötigen Erhebungen (dazu H 207). Johannsen/Johannsen

757

Anm. H 207

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

In den Feuervsbedingungen ist die Fälligkeit häufig besonders geregelt. Von erheblicher Bedeutung sind dabei Klauseln, die den Ver berechtigen, die Zahlung bis zum Abschluß eines aus Anlaß des Vsfalls eingeleiteten behördlichen oder strafgerichtlichen Verfahrens gegen den Vmer aufzuschieben (dazu H 208), sowie diejenigen, die die A u s z a h l u n g der Vsentschädigung abweichend von § 11 regeln (dazu unter H 210). Für die Feuerv von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung sind die ursprünglich in § 94 II geregelten, durch die V O vom 19. XII. 1939 (RGBl I S. 2443) in § 11 II übernommenen und gemäß § 15a halbzwingend ausgestalteten A b s c h l a g s z a h l u n g e n (dazu H 211) und die weiterhin in § 94 geregelte Z i n s p f l i c h t des Vers (dazu H 212). Für den Eintritt des V e r z u g e s ist die durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. III. 2000 (BGBl I S. 330) erfolgte Änderung des § 284 BGB von aktueller Bedeutung sowie das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. XI. 2001 (BGBl I S. 3138) (dazu unter H 214). Auch die Verzugsfolgen sind durch die Anhebung der gesetzlichen Zinsen geändert und verschärft worden (dazu unter H 217). Besonderheiten, die sich für die Zahlung der Vsentschädigung bei Belastung des Grundstücks mit Hypotheken, Grundschulden und ähnlichen Rechten ergeben, werden unter J 1-99 behandelt. Für die Voraussetzungen der Einziehung der Vsentschädigung durch den Hypothekengläubiger vgl. insbesondere J 14. Für die Regelung in §§ 17 Nr. 3 AFB 30,19 Nr. 3 VGB 62, wonach die Entschädigung nur ausgezahlt wird, wenn entweder ihre Verwendung zur Wiederherstellung gesichert ist oder alle Realgläubiger sich schriftlich mit der Auszahlung an den Vmer einverstanden erklärt haben, wird auf J 22 verwiesen. In den neueren Bedingungen, z. B. §§ 16 Nr. 6 AFB 87, 23 Nr. 6 VGB 88, gibt es keine besonderen Regelungen für die Zahlungen, sondern wird nur auf die Geltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz des Realkredites hingewiesen. [H 207] c) Fälligkeit aa) Umfang und Dauer der Erhebungen Mit dem Vsfall konkretisiert sich zwar die Gefahrtragungsleistung zur Geldleistung (Möller Bd I Anm. 4 zu § 11), d.h. der Entschädigungsanspruch entsteht sofort mit dem schädigenden Ereignis, das den Vsfall herbeiführt (OLG Köln 22. XII. 1953 VersR 1954 S. 92-93). Mit dem den § 271 I BGB zugunsten des Vers ergänzenden § 11 I wird aber eine Eigentümlichkeit des Vsrechts geregelt, daß die Geldleistungen des Vers eben nicht schon mit der Entstehung des Entschädigungsanspruchs, sondern erst dann fällig werden, wenn die zur Feststellung des Vsfalles und des Umfangs der Leistung des Vers nötigen Erhebungen abgeschlossen sind (BGH 23.VI. 1954 VersR 1954 S. 388-389). Diese Erhebungen sind zeitlich nicht befristet. Angesichts zeitlich recht unterschiedlich zu bewältigender Schadenkomplexe wäre eine Befristung von der Sache her unangebracht, denn bei einem zweifelhaften Vsfall kann sich die Prüfung der Leistungspflicht über mehrere Monate erstrecken (OLG Schleswig 29. XII. 1994 VersR 1996 S. 93). Aus veröffentlichten Entscheidungen wird deutlich, daß sich die Erhebungen tatsächlich gelegentlich sogar über mehrere Jahre hinziehen (z.B. BGH 9.1.1991 VersR 1991 S. 331-333). Die Feststellung umfaßt gleichermaßen die Deckungspflicht des Vers wie die Höhe der Entschädigung (OLG Hamm 28. XI. 1990 VersR 1991 S. 1369-1370). Auch in §§ 64-66 (vgl. dazu unter H 223-226) erscheint dieser Begriff, und „Festsetzung des Schadens" in § 94 II bringt gleiches zum Ausdruck. Trotz des wesentlichen Rechtsgehalts der Feststellung ist der Begriffsinhalt nicht definiert. Mit der abgeschlossenen 758

Johannsen/Johannsen

Anm. H 207

I. Hauptpflichten des Feuervers

Feststellung wird nichts zwischen den Vertragsparteien gestaltet, sondern es treten lediglich die vorgegebenen Folgen der Fälligkeit ein (Möller Bd I Anm. 13 zu § 11; Asmus NVersZ 2000 S. 361-365, 362). Eine besondere Form ist für die Feststellung weder im Gesetz noch in den Bedingungen vorgesehen. Sie kann demnach schriftlich wie mündlich geschehen; es genügt ein konkludentes Verhalten des Vers, in dem er beispielsweise dem Vmer die Höhe der Entschädigungsleistung mitteilt. Erforderlich ist aber, daß die Feststellung den innerbetrieblichen Bereich des Vers verlassen hat und in irgendeiner Weise verlautbart worden ist. Einer Zustimmung des Vmers gegenüber dem Ver bedarf es andererseits nicht (BGH 21. IV. 1955 VersR 1955 S. 305-306). Letztlich kann die Feststellung auch durch ein Gerichtsurteil getroffen werden (OLG Köln 22. XII. 1953 VersR 1954 S. 92-93), wobei dies allerdings eine Ausnahme darstellt. Im Begriff E r h e b u n g e n sind Elemente des Nachforschens, Recherchierens wie auch von Prüfungsmaßnahmen enthalten, was bei einer objektiven Tatsachenermittlung im Hinblick auf Eintritt des Vsfalls und Umfang der Leistung des Vers nahe liegt. Schon in der Begründung vom 19. XII. 1939 RGBl I S. 2443 heißt es jedoch, daß dem Ver Zeit zur Prüfung gelassen werden muß, ob und in welcher Höhe er zur Leistung verpflichtet ist. Das überschreitet die reine Tatsachenprüfung und bezieht sich bereits auf Rechtsfragen (Möller Bd I Anm 6 zu § 11); denn der Ver muß sich Tatsachenkenntnis und Beweismittel für Rechtsgründe verschaffen, die den Entschädigungsanspruch des Vmers, insbesondere wegen Herbeiführung des Vsfalles oder Obliegenheitsverletzungen, ausschließen würden (Martin 3 Y I 2; vgl. dazu BGH 1. IX. 1991 VersR 1991 S. 331-333; OLG Hamm 23. VI. 1993 VersR 1994 S. 717-718; LG München 20.1.1993 r +s 1993 S. 202-203). Auch wenn es nicht unmittelbar aus dem Gesetzestext zu entnehmen ist, kann aus § 11 I i.V.m. § 11 III abgeleitet werden, daß Initiator der Erhebungen der Ver sein soll (Möller Bd I Anm. 7 zu § 11). Jedoch muß der Vmer mitwirken. Er muß seine Aufklärungsobliegenheit erfüllen und dem Ver im Rahmen des Zumutbaren jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschädigungspflicht gestatten (siehe dazu G 123). Dabei ist zu beachten, daß eine schuldhafte Nichtmitwirkung des Vmers einerseits zu einem bloßen Hinausschieben der Fälligkeit führt (vgl. auch § 11 III), andererseits eine Obliegenheitsverletzung mit entsprechender Konsequenz darstellen kann (OLG Hamm 21. XII. 1983 VersR 1984 S. 673; OLG Oldenburg 15. VI. 1994 VersR 1995 S. 90). Der Ver ist nicht darauf beschränkt, nur die Tatsachenbehauptungen des Vmers und dessen ergänzende Auskünfte sowie Belege entgegenzunehmen und zu prüfen, er darf vielmehr in den Grenzen des Zumutbaren Beweismittel verlangen, Untersuchungen an Ort und Stelle durchführen, bei Dritten, Behörden, Gerichten rückfragen und vor allem polizeiliche bzw. staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten einsehen (dazu Martin 3 Y I 15-16), um sich Anhaltspunkte für die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Angaben des Vmers zu verschaffen. Er darf sich auch sachverständiger Hilfe bedienen (Römer in Römer-Langheid R N 6 zu § 11). Soweit der Ver die Erhebungen nicht mit angestellten Mitarbeitern durchführt, kann er - speziell bei Großschäden - auch selbständige Sachverständige beauftragen. Dies trifft besonders zu, wenn technische Kenntnisse oder buchhalterisches Wissen erforderlich sind. Für Auswahl und Beauftragung dieser Sachverständigen ist der Ver verantwortlich. Martin 3 Y I 4 - 6 steht diesem von ihm zur Abgrenzung vom Sachverständigenverfahren nach § 64 (siehe dazu H 218-239) sogenannten „Beraterverfahren" aus seiner praktischen Erfahrung heraus positiv gegenüber. Der Erhebungsumfang ergibt sich primär aus der Natur der Sache und aus dem Vsvertrag, ist insoweit also objektiv bestimmbar. Beispielsweise weisen die §§ 1-5 Johannsen/Johannsen

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Anm. H 207

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

AFB 87 auf eine Fülle klärungsbedürftiger Fakten. Der Erhebungsumfang kann von den Vertragsparteien auch durch Vereinbarung fixiert werden (Gruber in BK RN 9 zu § 11). Nicht zu vernachlässigen ist, daß immer Beweisbarkeitsprobleme mitschwingen können, bei unabgeschlossenen Erhebungen u.U. sogar ein selbständiges Beweisverfahren nach § 485 ZPO angebracht sein kann. Als Erhebungsbeispiel wird in der Begründung vom 19. XII. 1939 RGBl I S. 2243 ausdrücklich die innerbetriebliche Prüfung der Mitven herausgestellt, hingegen das Verhältnis zum Rückver als unmaßgeblich angesehen. Insofern ist BGH 1. II. 1974 VersR 1974 S. 639-642 in dieser Hinsicht konsequent geblieben, daß durch Zahlung des Rückvers an den Ver nicht die Fälligkeit nach § 11 I entsprechend vorverlegt wird. Mit dem Attribut „nötig" soll zwar eine objektive Grenze gezogen und einem subjektiven Ubermaß bei den Erhebungen entgegengewirkt werden. Es zeigt sich aber, daß eine griffige, pragmatische Formel schwer zu finden ist. Wer „nötig" durch „erforderlich", „unerläßlich" oder „sachdienlich" ersetzt, akzentuiert nur anders. Auch die von der Rechtsprechung verwendete Interpretationshilfe, daß nötige Erhebungen diejenigen seien, die ein durchschnittlich sorgfältiger Ver des entsprechenden Vszweiges anstellen muß, um seine Leistungspflicht und den Umfang der von ihm zu erbringenden Leistung zu prüfen und abschließend festzustellen (vgl. BGH 1. II. 1974 VersR 1974 S. 639-642; OLG Hamm 8. VI. 1977 VersR 1977 S. 954-955; OLG Karlsruhe 15.11.1979 VersR 1979 S. 564-565, 3.XII.1992 r + s 1993 S. 443; AG Nürnberg 24. VII. 1984 ZfS 1985 S. 334), ist letzten Endes bei der Prüfung des Einzelfalles ausfüllungsbedürftig. Hilfreich ist die Version von Kollhosser (Prölss-Martin 26 R N 3 zu AFB 30), daß der Feuerver alle Erhebungen anstellen darf, „die nach der Sachlage aus der Sicht eines verantwortungsbewußt handelnden Vers vernünftigerweise geboten" sind. Damit würden auch die Belange der Vten im Sinne von § 81 VAG gewahrt werden, denn letztlich würde es sich bei solchen Erhebungen um unentbehrliche sachliche Voraussetzungen für eine Entscheidung des Vers handeln. Will ein Vmer das nicht gelten lassen, so muß er darlegen und beweisen, daß die länger dauernden Erhebungen vermeidbar und nicht nötig waren (OGH 10.1.1968 VersR 1968 S. 684), d.h. er muß Beweis dafür antreten, daß sie nicht dem ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb bzw. Arbeitsablauf eines größeren Feuervers entsprochen haben. Der Vmer muß die nötigen Erhebungen zügig durchführen. Das entspricht dem aus § 242 BGB folgenden Gebot der Rücksichtnahme auf den Vertragspartner, weil Gebäudefeuerschäden, insbesondere Großschäden, die wirtschaftliche Lage des Vmers erheblich berühren und bloße Verzögerungen der Entschädigungszahlung zu weiteren Schäden und zur Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz des Vmers führen können (BGH 2. X. 1985 BGHZ 96 S. 88-98 = NJW 1986 S. 1100-1103 = VersR 1986 S. 77-80; OLG Hamm 6.XII.1985 VersR 1987 S. 602-603 = r + s 1986 S. 132-133; 23. VI. 1993 r + s 1994 S. 23-24). Eine Beschleunigungspflicht des Vers bei den Erhebungen nach § 11 wird von der Rechtsprechung aber auch für andere Vszweige angenommen (OLG München 13. XI. 1964 VersR 1965 S. 173-174; OLG Frankfurt 25. IV. 1986 VersR 1986 S. 1009-1010; OLG Saarbrücken 20. IX. 1995 VersR 1996 S. 1494-1495). Trotz der gebotenen Beschleunigung ist der Ver aber nicht verpflichtet, auf ihm zugegangene Erkenntnisse sofort zu reagieren. Ihm ist vielmehr eine angemessene Prüfungs- oder Uberlegungsfrist zuzubilligen (Gruber in BK R N 9 zu § 11; Römer in Römer-Langheid RN 5 zu § 11). Das gilt insbesondere für die Prüfung des Ergebnisses eines Ermittlungsverfahrens, das Einfluß auf die Leistungspflicht des Vers haben kann. Der Ver muß sich zwar darum bemühen, schnell Akteneinsicht zu bekommen (OLG Hamm 6. XII. 1985 aaO), darf aber dann eine Zeitlang überlegen, ob er das Ergebnis, z.B. eine Einstellung des Verfahrens, akzeptiert oder weitere Erhebungen 760

Johannsen/Johannsen

Anm. H 207

I. Hauptpflichten des Feuervers

für erforderlich hält ( B G H 17.11.1993 r + s 1993 S. 188-190; ebenso Vorinstanz O L G Oldenburg 11. X I I . 1991 r + s 1992 S. 3 4 8 - 3 5 0 ; eine mehr als 1 Monat nach Kenntniserlangung erfolgte Zahlung wurde als rechtzeitig bewertet; O L G Karlsruhe 3. X I I . 1992 r + s 1993 S. 443, 6 Tage jedenfalls nicht zu lang). Verletzt der Ver seine Beschleunigungspflicht, so wird durch weitere Erhebungen die Fälligkeit nicht hinausgeschoben. Sie tritt vielmehr ein, wenn der Abschluß der Ermittlungen nach objektiven Gesichtspunkten geboten gewesen wäre (Möller in Bd I Anm. 5 zu § 11; Wussow 2 Anm. 3 zu § 17; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 6 zu § 11; Römer in Römer-Langheid R N 11 zu § 11; Gruber in B K R N 15 zu § 11; Kollhosser in Prölss-Martin R N 4 zu § 17 A F B 30). Dieses Ergebnis wird auch von der Rechtsprechung angenommen und teilweise auf § 162 B G B , teilweise auf einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Beschleunigungsverpflichtung gestützt ( O L G München 1 3 . X I . 1 9 6 4 VersR 1965 S. 173-174; O L G Hamburg 6 . V I I I . 1981 VersR 1982 S. 543; O L G Köln 21.1.1982 VersR 1983 S. 922-923; O L G H a m m 6. X I I . 1985 VersR 1987 S. 6 0 2 - 6 0 3 , 23. V I . 1993 r + s 1994 S. 23; O L G Saarbrücken 2 0 . I X . 1 9 9 5 VersR 1996 S. 1494-1495). Das gleiche gilt für Fälle, in denen der Ver überhaupt keine oder unnötige Erhebungen anstellt. Der Zeitpunkt der Fälligkeit muß von den Gerichten nach den Umständen des Schadens und der Schwierigkeit der zu überprüfenden Probleme bestimmt werden. Von einer Beendigung der Erhebungen ist auch dann auszugehen, wenn der Ver dem Vmer gegenüber seine Leistungspflicht ablehnt. Denn mit der Leistungsablehnung stellt der Ver klar, daß keine weiteren Feststellungen zur Entschließung über den erhobenen Anspruch erforderlich sind. Deshalb tritt nach ständiger Rechtsprechung des B G H , der sich die Instanzgerichte angeschlossen haben, mit dem Zugang der Erklärung des Vers über die endgültige Leistungsablehnung die Fälligkeit des Anspruchs auf die Vsleistung ein ( B G H 2 3 . V I . 1954 VersR 1954 S. 3 8 8 - 3 8 9 , 21. IV. 1955 VersR 1955 S. 3 0 5 - 3 0 6 , 10.11.1971 VersR 1971 S. 4 3 3 ^ 3 5 , 19. I X . 1984 VersR 1984 S. 1137-1140; 27. I X . 1989 VersR 1990 S. 153-154, 22. III. 2000 VersR 2000 S. 753-754; O L G H a m m 23. IV. 1982 VersR 1982 S. 1091-1092, 26. IV. 1989 VersR 1990 S. 8 2 - 8 4 , 19.1.1994 VersR 1994 S. 1419-1420; O L G Düsseldorf 21. IV. 1994 VersR 1994 S. 1460-1462; O L G Köln 26. X . 1989 VersR 1990 S. 3 7 3 - 3 7 4 , 27. VI. 2000 r + s 2000 S. 4 6 8 - 4 6 9 ) . Das entspricht auch der h . M . in der Literatur (vgl. nur Möller Bd I Anm 9 zu § 11; Prölss in Prölss-Martin 2 6 Anm 1 zu § 11; Römer in Römer-Langheid R N 12 zu § 11). Kontrovers wird lediglich die Frage diskutiert, welchen Einfluß die Deckungsablehnung auf Obliegenheiten des Vmers hat, vgl. dazu G 127 und 128. Die Fälligkeit kann auch eintreten, wenn es in der Sphäre des Vmers liegt, daß die vom Ver für nötig erachteten Erhebungen nicht abgeschlossen werden. Kann z. B. ein Vmer die von dem Ver angeforderten Belege nicht beibringen, weil er diese nicht besitzt und ihm auch billigerweise nicht zugemutet werden kann, sie sich zu beschaffen, dann haben die Erhebungen als abgeschlossen zu gelten, so daß dem Eintritt der Fälligkeit nichts mehr im Wege steht ( O G H 23. X I . 1978 VersR 1979 S. 170-172). Es ist dann keine Frage der Fälligkeit, sondern der materiellen Berechtigung des Entschädigungsanspruchs, ob die Beibringung der Belege erforderlich ist. Problematisch ist aber der Fall, daß der Vmer die Beendigung der Erhebungen schuldhaft hinauszögert, indem er Auskünfte verweigert oder vorhandene Belege nicht beibringt. Erheblich kann dies bei einer Auseinandersetzung um den Beginn der Verjährung nach § 12 sein, der von der Fälligkeit abhängig ist und durch das Verhalten des Vmers hinausgeschoben worden sein könnte. Zu diesem Problem wird vertreten, daß in analoger Anwendung von § 11 III die Verjährung mit dem Schluß des Jahres beginnt, in welchem o h n e V e r s c h u l d e n d e s V m e r s die Leistung hätte verlangt werden können (Möller in Bd I Anm. 13 zu § 12; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 11 zu Johannsen/Johannsen

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Anm. H 208

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

§ 12; OLG Hamm 24. X. 1990 VersR 1991 S. 869-870; OLG Karlsruhe 23.1.1987 VersR 1988 S. 351-352). BGH 4. XI. 1987 VersR 1987 S. 1235-1236 hat dieser Auffassung entgegengehalten, daß das Gesetz für den Beginn der Verjährung weder im BGB noch im W G auf ein Verschulden des Gläubigers abstelle und damit ein dem Gesetz in diesem Zusammenhang fremdes Merkmal eingeführt werde, das zudem nicht verläßlich genug die Feststellung des maßgeblichen Zeitpunkts gestatte (ebenso BGH 19.1.1994 VersR 1994 S. 337-339). Dem ist zuzustimmen, weil durch die Einführung des Verschuldensmoments der Eintritt des Verjährungsbeginns zu Lasten des Vmers unbillig vorverlegt würde. Zu Unrecht wird von Prölss aaÖ beanstandet, daß der BGH keine andere Lösungsmöglichkeit aufgezeigt habe. Er hat nämlich in beiden Entscheidungen betont, daß es auch kein Verschulden darstelle, „wenn der Gläubiger mit der Geltendmachung seines Anspruchs zuwarte, ohne dadurch gegen Vertragsbestimmungen zu verstoßen", und damit auf die mögliche Sanktion von Obliegenheitsverletzungen hingewiesen. Diese hält auch Römer in Römer-Langheid R N 11 zu § 12 im Regelfall für ausreichend (kritisch hierzu aber Prölss aaO und Gruber in BK RN 18 zu § 12). Zuzustimmen ist Römer aaO auch darin, daß in Anlehnung an die vom BGH zu § 852 I BGB entwickelte Rechtsprechung (BGH 6. II. 1990 VersR 1990 S. 539-540,10. IV. 1990 VersR 1990 S. 795-796) eine Fingierung des Zeitpunkts der Fälligkeit und des Verjährungsbeginns nur dann in Betracht kommt, wenn der Vmer Mitwirkungshandlungen wider Treu und Glauben r e c h t s m i ß b r ä u c h l i c h unterlassen hat. [H 208] bb) Einfluß behördlicher oder gerichtlicher Verfahren Schadenfälle in der Feuerv lösen häufig behördliche Ermittlungsverfahren aus. Nach einem Brand wird üblicherweise die Kriminalpolizei tätig, um mögliche strafrechtlich relevante Ursachen aufzuklären. Wegen der Erweiterung des Brandstiftungsbegriffs durch das 6. StrafrechtsreformG vom 26.1.1998 (BGBl I S. 3322) auf andere Objekte als Gebäude wird das im Bereich der gewerblichen, industriellen und landwirtschaftlichen Feuerv in Zukunft in noch stärkerem Maße der Fall sein. Die staatlichen Ermittlungsverfahren stellen zwar keine Erhebungen i. S. v. § 11 I dar, weil sie nicht vom Ver betrieben werden (a. M. Prölss in Prölss-Martin 26 RN 3 zu §11), sind aber wichtige Erkenntnisquellen für diesen. Auch wenn diese nicht gegen den Vmer, sondern andere Personen oder gegen Unbekannt geführt werden, hat der Ver in aller Regel ein erhebliches Interesse am Inhalt der Ermittlungsakten und wird diese einsehen, um sich ein Bild vom Geschehensablauf und der Beweislage zu verschaffen. Bevor er das nicht getan hat, kann er im allgemeinen seine Erhebungen nicht abschließen (BGH 1. II. 1974 VersR 1974 S. 639-642; vgl. H 207). Andererseits ist er aber auch nicht gehindert, seine eigenen Ermittlungen trotz Einstellung eines behördlichen Verfahrens fortzusetzen, sofern dazu ausreichender Anlaß besteht (BGH 21.X. 1998 VersR 1999 S. 227 = r + s 1999 S. 32-33). Unabhängig von dieser allgemeinen Bedeutung von Ermittlungsverfahren für die Fälligkeit des Entschädigungsanspruchs stehen die Bedingungsklauseln, nach denen der Ver die Zahlung aufschieben kann, wenn eine polizeiliche oder strafgerichtliche Untersuchung aus Anlaß des Schadens gegen den Vmer eingeleitet ist, bis zum Abschluß dieser Untersuchung (§§ 17 Nr. 2 b AFB 30, 19 Nr. 2 b VGB 62, 24 Nr. 4 b VHB 84, 15 Nr. 3 b FBUB; §§ 16 Nr. 5 b AFB 87, 23 Nr. 5 b VGB 88 verwenden die Formulierung „rechtskräftiger Abschluß"). Der Zweck dieser Klauseln, die auf landesgesetzliche Vorschriften zurückgehen, wonach die Auszahlung der Feuervsentschädigung nur nach Vorlage einer amtlichen Unbedenklichkeitserklärung erfolgen durfte (vgl. dazu OLG Köln 9. XI. 1953 VersR 1954 S. 897-898), besteht darin zu verhindern, daß der Ver Leistungen erbringen muß auf die Gefahr hin, daß sich später 762

Johannsen/Johannsen

Anm. H 208

I. Hauptpflichten des Feuervers

durch ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren Leistungsfreiheit nach § 61 oder wegen eines betrügerischen Verhaltens des Vmers herausstellt ( B G H 9.1.1991 VersR 1991 S. 331-333 = r + s 1991 S. 100-102, 21. X . 1998 VersR 1999 S. 227 = r + s 1999 S. 32-33). Die rechtliche Bedeutung des Zahlungsaufschubs wird unterschiedlich beurteilt. Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 15 zu § 17 A F B 30 spricht von einem „peremptorischen Leistungsverweigerungsrecht" und nimmt zugleich an, daß sein Inhalt nicht über § 11 hinausgehe (aaO R N 18; ebenso Martin 3 Y 1 1 7 , VersR 1978 S. 392-396,395). Vom L G Frankfurt 7. II. 1985 VersR 1985 S. 977 wird die Klausel als „pactum de non petendo" eingeordnet. Die Klauseln stellen jedoch Fälligkeitsvereinbarungen dar, die die Fälligkeit jedenfalls nach ihrem Wortlaut abweichend von § 11 regeln ( B G H 2 1 . X . 1998 aaO; O L G Oldenburg 15.X.1997 VersR 1998 S. 1502-1504; Magnussen M D R 1994 S. 1160-1162). Denn ein Ver, der ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren lediglich abwartet, stellt keine Erhebungen i. S. v. § 11 an. Solche liegen nur vor, wenn er Einsicht in die Akten nimmt, um seine Erkenntnisse zu ergänzen. D a s kann er aber auch schon vor Abschluß des Verfahrens, insbesondere seines rechtskräftigen Abschlusses tun. Wenn ein Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft vorläufig eingestellt worden ist, was aus den unterschiedlichsten Gründen erfolgen kann, z . B . mangels ausreichenden Tatverdachts, wegen Abwesenheit des Beschuldigten, mit Rücksicht auf ein anderes Verfahren, kann der Ver nach dem Wortlaut der auf die Rechtskraft abstellenden oder einer in Rechtsprechung und Literatur weit verbreiteten Auslegung der übrigen Bedingungen ( L G Hamburg 8.1.1985 VersR 1988 S. 509; L G Bonn 26. I X . 1989 VersR 1990 S. 303; Knappmann in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 24 V H B 84) u . U . jahrelang abwarten, ehe die Fälligkeit des Anspruchs eintritt. Wegen dieser Abweichung von § 11, der schon eine Besserstellung des Vers gegenüber dem Grundsatz der sofortigen Fälligkeit bei Entstehung des Anspruchs nach §271 B G B enthält, stellt sich die Frage der Wirksamkeit der Bedingungen nach § § 1 0 Nr. 1 A G B G , 308 Nr. 1 B G B n. F. Vorbehalt unangemessen langer Frist für die Leistung, und 9 A G B G , 307 B G B n. F. Die Rechtsprechung des B G H und der Instanzgerichte ist bisher ohne Problematisierung von der Wirksamkeit der entsprechenden Klauseln ausgegangen (lediglich L G Frankfurt 7. II. 1985 VersR 1985 S. 977 hat § 17 II A E B deshalb als pactum de non petendo ausgelegt, weil die Bestimmung als Fälligkeitsregelung nach seiner Auffassung A G B G - w i d r i g wäre). In der Literatur wird überwiegend vertreten, daß die Regelungen unbedenklich seien (Martin 3 Y 1 1 4 ; Prölss in Prölss-Martin R N 3 zu § 11; Kollhosser ebenda R N 18 zu § 17 A F B 30; Präve A G B G R N 572; Gruber in B K R N 11 zu § 11), aber von Magnussen M D R 1994 S. 1160-1162 mit ausführlicher Begründung ihre AGBG-Widrigkeit angenommen. Dem ist zu folgen. In der Rechtsprechung des B G H ist wiederholt die besondere Belastung des Vmers durch die erörterten Klauseln angesprochen worden: In der Entscheidung vom 9.1.1991 VersR 1991 S. 331-333 = r + s 1991 S. 100-102 ist betont worden, daß nicht die Anhängigkeit irgendeines Ermittlungsverfahrens genüge, um einen Zahlungsaufschub zu rechtfertigen. D a s Verfahren müsse sich vielmehr gegen den Vmer (oder seinen Repräsentanten, Bevollmächtigten, Wissensvertreter) richten und sein Ergebnis in irgendeiner Weise Einfluß auf die Zahlungspflicht des Vers haben (dort verneint bei bestehender Zahlungsverpflichtung gegenüber den Hypothekengläubigern nach § 102, siehe dazu J 53). In der Entscheidung vom 17. II. 1993 r + s 1993 S. 188-190 ist für die notwendige und zulässige Uberprüfung der Ergebnisse eines Ermittlungsverfahrens darauf hingewiesen worden, daß sie zur Wahrung der Interessen des Vmers nicht verzögert werden dürfe. Von besonderer Bedeutung ist aber die Entscheidung vom 21. X . 1998 VersR 1999 S. 227 = r + s 1999 S. 32-33, in der der B G H ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 24 Johannsen/Johannsen

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A n m . H 208

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Nr. 4 b VHB 84 verneint hat, wenn das Ermittlungsverfahren vorläufig eingestellt ist. Es ging um die Auslegung des Klauselteils „solange ... aus Anlaß des Vsfalls ein behördliches oder strafgerichtliches Verfahren läuft", die der BGH schon nach dem Wortsinn „was steht oder ruht, läuft nicht" dahin vorgenommen hat, daß ein eingestelltes Verfahren nicht darunter falle, weil ein durchschnittlicher Vmer hierin kein laufendes Verfahren mehr sehen werde. Der BGH hat aber über diese Wortlautauslegung hinaus eine Interessenabwägung vorgenommen, die für sämtliche der hier behandelten Klauseln Gültigkeit hat. Er hat auf die berechtigten Interessen des Vers hingewiesen, ein Verfahren abzuwarten, aus dem sich ein betrügerisches Verhalten des Vmers ergeben könnte. Dieses Interesse müsse der Vmer ebenso akzeptieren, wie das Interesse des Vers, trotz vorläufiger Einstellung des Verfahrens seine eigenen Ermittlungen fortzusetzen, wie es § 11 gestatte, sofern dafür hinreichender Anlaß bestehe. An einem erkennbaren Interesse des Vers fehle es aber, wenn das Verfahren - wenn auch nur vorläufig - eingestellt sei und der Ver auch keine eigenen Ermittlungen mehr anstelle (zustimmend Gaul NVersZ 1999 S. 458-460). Die vom BGH zu § 24 Nr. 4 b VHB 84 vorgenommene Auslegung kann übernommen werden zu § 17 IIb AFB 30, worin es heißt ... „bis zur Erledigung der Untersuchung ...", weil ein durchschnittlicher Vmer annehmen kann, daß die Untersuchung mit der vorläufigen Einstellung „erledigt" ist. Das trifft ebenso zu für § 15 Nr. 3 b FBUB, der auf den A b s c h l u ß der Untersuchung abstellt. Die Auslegung versagt aber gegenüber dem eindeutigen Wortlaut in §§ 16 Nr. 2 b AFB 87, 23 Nr. 5 b VGB 88 „bis zum rechtskräftigen Abschluß dieses Verfahrens". Legt man aber die vom BGH aaO zutreffend vorgenommene Interessenabwägung auch für die nach § 10 Nr. 1 AGBG vorzunehmende Abgrenzung zugrunde, so ergibt sich, daß die Klauseln einen Vorbehalt u n a n g e m e s s e n l a n g e r F r i s t e n für die Leistung des Vers enthalten und deshalb unwirksam sind. Die unangemessene Belastung für den Vmer ergibt sich bereits aus der unter Umständen jahrelangen Verzögerung der für ihn häufig die wirtschaftliche Existenz sichernden Vsleistung. Diese wird durch die in § 94 und den AVB-Regelungen vorgesehene Zinsverpflichtung des Vers nicht ausgeglichen, weil diese mit ihrer beschränkten Höhe nicht ausreicht, notwendige Darlehensaufnahmen abzugleichen (Magnussen aaO S. 1162, Gaul aaO). Die Interessen des Vers sind dadurch hinreichend gewahrt, daß er bei Bestehen erheblicher Verdachtsgründe seine eigenen Ermittlungen fortsetzen kann. Ist er aber der Auffassung, daß sich nur aus der Fortsetzung des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens Beweise für seine Leistungsfreiheit ergeben können, so kann er - allerdings auf die Gefahr hin, in Verzug zu geraten - die Leistung verweigern und im Prozeß die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 149 ZPO beantragen, eine Ermessensentscheidung des Gerichts, bei der die Interessen beider Parteien zu berücksichtigen sind (OLG Hamm 19.1.1994 VersR 1994 S. 1419-1420). Wird aber im Ergebnis der Verdacht des Vers hinsichtlich eines unredlichen Verhaltens des Vmers nicht bestätigt, ist es auch nicht unangemessen, daß der Ver Verzugsfolgen zu tragen hat. Die Unangemessenheit von §§ 16 Nr. 5 b AFB 87, 23 Nr. 5 b VGB 88 besteht nach § 9 AGBG (§ 307 BGB n. F.) auch bei Vsverträgen mit Unternehmen, weil für diese wegen der hohen Schadensummen die Zumutbarkeitserwägungen in gleicher Weise zutreffen (Magnussen aaO S. 1162). Die AGBG-Widrigkeit der Bestimmungen, die die Fälligkeit bis zur rechtskräftigen Erledigung des behördlichen oder strafgerichtlichen Verfahrens hinausschieben, hat gemäß § 6 II AGBG (§ 306 II BGB n. F.) zur Folge, daß die Fälligkeit sich nach der gesetzlichen Regelung des § 11 bestimmt, weil eine geltungserhaltende Reduktion der insoweit nicht teilbaren Bestimmungen nicht in Betracht kommt (BGH 17. V. 1982 NJW 1982 S. 2309-2310, 17.1.1989 NJW 1989 S. 582-583, 10. X. 1996 NJW 1997 S. 394-395, st. Rspr). 764

Johannsen/Johannsen

Anm. H 209

I. Hauptpflichten des Feuervers

Die älteren Bestimmungen, die nicht auf die Rechtskraft der Ermittlungsverfahren abstellen, sind entsprechend den vom B G H 21. X. 1998 VersR 1999 S. 227 = r + s 1992 S. 32-33 entwickelten Grundsätzen im Sinne von § 11 auszulegen. Das bedeutet z.B., daß der Ver sich nicht auf den noch nicht erfolgten Abschluß eines Verfahrens berufen darf, wenn es nach Lage der Dinge nichts mehr zu ermitteln gibt (LG Münster 8.X. 1984 r + s 1984 S. 278-279; Asmus aaO S. 365). Bedeutungslos ist auch das Berufen auf Verfahren gegen den Vmer wegen anderer Vsfälle (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 17 zu § 17 AFB 30). Es kommt nicht auf die Ermittlung von Indiztatsachen für oder gegen die Glaubwürdigkeit des Vmers an, wie Martin 3 Y 1 1 3 annimmt, sondern nur von Umständen, die unmittelbar Einfluß auf die Zahlungspflicht des Vers haben (BGH 9.1.1991 VersR 1991 S. 331-333 = r + s 1991 S. 100-102). Ist die Fälligkeit nach diesen Grundsätzen gemäß § 11 eingetreten, so ändert sich hieran auch nichts dadurch, daß ein Ermittlungsverfahren wieder aufgenommen oder neu eingeleitet wird (Möller in Bd I Anm. 7 zu § 11; Asmus aaO S. 365; O L G Hamm 19.1.1994 VersR 1994 S. 1419-1420). Es wird hierzu vertreten, daß von vornherein keine Fälligkeit habe eintreten können, weil sich nachträglich herausgestellt habe, daß die notwendigen Erhebungen nicht beendet gewesen seien (so Martin 3 Y I 21 und VersR 1978 S. 392-396, 395), sowie, daß die eingetretene Fälligkeit nur als auflösend bedingt zu behandeln sei (so Prölss in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 11; Gruber in BK R N 13 zu § 11). Der Zeitpunkt der Fälligkeit, von dem Verzug und Verjährung abhängen, muß aber aus Gründen der Rechtsklarheit eindeutig feststehen. Eine hiervon unabhängig zu beurteilende Frage ist, ob durch die Wiederaufnahme der Ermittlungen die Verzugsfolgen entfallen (nämlich für die Zukunft, dazu O L G Hamm 12. X. 1988 VersR 1989 S. 584-585, siehe ferner unter H 217). [H 209] cc) Zahlungsaufschub In den meisten Feuervsbedingungen ist vorgesehen, daß der Ver berechtigt ist, die Zahlung aufzuschieben, solange Zweifel an der Berechtigung des Vmers bestehen, §§17 IIa AFB 30, 16 Nr. 5a) AFB 87, 23 Nr. 5b) VGB 88, 24 Nr. 4a VHB 92, 15 Nr.3a FBUB. Erfaßt werden davon Fälle, in denen mehrere Forderungsprätendenten in Betracht kommen, wie bei einer Mehrheit von Vmern, bei der V für fremde Rechnung, der Veräußerung der verten Sache, bei Erbfällen und anderen Universalsukzessionen, bei Abtretungen, Verpfändungen und Pfändungen. Unklarheiten können auch über die Berechtigung von Realgläubigern auftreten, für die allerdings in § 17 III AFB 30 eine Sonderregelung getroffen worden ist (siehe dazu J 22 und 34). Die genannten Bedingungen regeln die Fälligkeit nicht abweichend von § 11 (Martin 3 Y I 24). Sie begründen auch kein besonderes peremptorisches Leistungsverweigerungsrecht des Vers, wie Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 15 zu § 17 AFB 30 annimmt. Die Empfangsberechtigung des Vmers gehört nämlich zur materiellen Begründung seines Entschädigungsanspruchs, so daß der Ver auch ohne eine entsprechende Vereinbarung zur Leistung nicht verpflichtet ist, solange der Vmer diese nicht dargelegt und bewiesen hat. Vor Klärung der Empfangsberechtigung wird der Anspruch des Vmers in aller Regel noch gar nicht fällig sein, weil diese zu den nötigen Erhebungen gehört. Hierbei ist der Ver nach Treu und Glauben verpflichtet, den Vmer darüber zu belehren, welche Nachweise für die Empfangsberechtigung erforderlich sind (Wussow 2 Anm 8 zu § 17; Kollhosser aaO). Dazu gehört z. B. beim Tode des Vmers die Beibringung des Erbscheins, die Voraussetzung für die Fälligkeit des Anspruchs ist (OLG Karlsruhe 15. II. 1979 VersR 1979 S. 564-565). Das gilt auch bei anderen verlangten Nachweisen wie Abtretungserklärungen und Pfändungsbeschlüssen. Johannsen/Johannsen

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Anm. H 210

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Treten Zweifel an der Empfangsberechtigung erst nach Feststellung des Anspruchs auf, ζ. B. infolge von Abtretungen und Pfändungen, muß der Ver diese mit verkehrsüblicher Sorgfalt prüfen ( B G H 19.IX.1984 VersR 1984 S. 1137-1140, 1138). Wenn ihm nach verständigem Ermessen nicht zugemutet werden kann, auf seine Gefahr zu entscheiden, wem der Anspruch zusteht, kann er die Vsentschädigung auch gemäß § 372 B G B hinterlegen, wozu er aber nicht verpflichtet ist. Da die erörterten Bestimmungen nach Treu und Glauben dahin auszulegen sind, daß nicht jeder Zweifel, sondern nur nach sorgfältiger Prüfung verbleibende b e r e c h t i g t e Zweifel zum Aufschub der Leistung berechtigen ( O L G Hamm 12.X. 1988 VersR 1989 S. 584-585; Wussow, Kollhosser aaO), kann auch Verzug eintreten, wenn der Ver unter Berufung auf Zweifel an der Empfangsberechtigung nicht leistet. Das bestimmt sich nach den allgemeinen Voraussetzungen der §§ 284 ff B G B , von denen die Bestimmungen nicht abweichen (so auch Kollhosser aaO). [H 210] dd) Auszahlungsfrist In den Feuervsbedingungen ist fast wörtlich übereinstimmend geregelt, daß die Auszahlung der Entschädigung binnen 2 Wochen zu erfolgen hat, wenn die Leistungspflicht des Vers nach Grund und Höhe festgestellt worden ist, § § 1 7 1 A F B 30,16 Nr. 1 A F B 87, 23 Nr. 1 V G B 88,24 Nr. 1 V H B 84 und 92,15 F B U B . Die rechtliche Bedeutung dieser Vereinbarungen ist umstritten. Es wird vertreten, daß sie die F ä l l i g k e i t der Entschädigung bestimmen (Möller in Bd I Anm. 11 zu § 11; Prölss in HdV Gebäudev S. 217; Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 24 V H B 84; Hansen VersR 1988 S. 1110-1118, 1116; Gruber in B K R N 1 zu § 11; O L G Hamm 6. VI. 1983 VersR 1984 S. 175-176, 14.11.1992 VersR 1992 S. 737-739), lediglich den A u s z a h l u n g s z e i t r a u m für die schon fällige Leistung regelten (Martin 3 Y II 1-10; Kollhosser in PrölssMartin 26 R N 2 zu § 17 A F B 30) oder den Eintritt des V e r z u g e s festlegten (Römer in Römer-Langheid R N 22 zu § 11; Dietz Wohngebäudev 2 S. 501). Die Regelungen sind hervorgegangen aus den früheren Fassungen von § § 1 8 AFB, 17 A F B 30, die ausdrücklich den Begriff Fälligkeit verwendeten. Die Hinausschiebung des Fälligkeitstermins ist in der Literatur gelegentlich als AGBG-widrig beanstandet worden (Martin VersR 1984 S. 1107-1119, 1109; Horn A F B S. 13; Ollick VA 1979 S. 419), und die Bedingungen sind 1984 im Rahmen der Reform der Sachvsbedingungen unter Berücksichtigung des A G B G geändert worden (vgl. dazu Kollhosser in Prölss-Martin 25 Anm. 1 a) zu § 17 AFB). Es ist aber zweifelhaft, daß durch Auswechslung des Wortes Fälligkeit in Auszahlung der Sinn der Bestimmungen so entscheidend geändert worden ist, daß nunmehr die Fälligkeit mit der Feststellung eintritt mit der Wirkung, daß der Vmer die Entschädigung sofort verlangen, den Ver also auch bereits vor Ablauf der 2-Wochenfrist verklagen kann. Denn Sinn der Regelung ist nach wie vor, dem Ver Zeit für die Zahlung der Entschädigung zu gewähren, ihn insbesondere davor zu bewahren, daß er durch eine kurzfristige Mahnung in Verzug gerät (so auch Martin 3 Y II 4). Die Bestimmung der Leistungszeit in den erörterten neugefaßten Bedingungen bedeutet vielmehr, daß der Vmer die Entschädigung nicht vor dem Ablauf von 2 Wochen nach der Feststellung des Anspruchs verlangen kann, der Ver aber entgegen der Auslegungsregel des § 271 II B G B die Leistung nicht nur bewirken darf, sondern verpflichtet ist, sie bis zum Ablauf der Frist zu bewirken. Der Auffassung von Römer in Römer-Langheid R N 22 zu § 11, daß der Ver 2 Wochen nach Feststellung der Leistungspflicht in Verzug gerate, kann nicht gefolgt werden. Daß die bis zur Abänderung des § 284 durch das G zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. III. 2000 (BGBl I S. 330), vgl. dazu unter H 214, grundsätzlich für den Eintritt des Verzuges erforderliche Mahnung abbedungen sein soll, kommt in 766

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Anm. H 211

I. Hauptpflichten des Feuervers

den Bestimmungen nicht zum Ausdruck. Wegen der Abhängigkeit der 2-Wochenfrist von der Feststellung fehlt es auch an einer Leistungsberechnung nach dem Kalender gemäß § 284 II B G B . Es ist auch nicht einleuchtend, worin eigentlich der Unterschied zu anderen Bedingungen, die ebenfalls für die Zahlung eine Frist von 2 Wochen nach Feststellung vorsehen und die auch Römer aaO R N 25,28 als Fälligkeitsregeln einordnet, z.B. §§ 15 A K B und 11 A U B 88, bestehen soll. Die von Martin, Horn und Ollick aaO geäußerten Bedenken gegen die Wirksamkeit der alten Bestimmungen, die zu ihrer sprachlichen Neufassung geführt haben, sind aber durch die Auswechslung des Wortes Fälligkeit durch Auszahlung nicht entfallen, sondern bestehen weiterhin. Die Bedingungen weichen zum Nachteil des Vmers von § 11 ab, da der Ver ohne sie verpflichtet wäre, s o f o r t nach Feststellung des Anspruchs zu zahlen. Die Bevorzugung des Vers gegenüber anderen Schuldnern ist auch nicht durch besondere vstechnische Bedürfnisse gerechtfertigt (Horn aaO S. 94). Die Verhältnisse des modernen Zahlungsverkehrs erlauben es, daß Zahlungen spätestens innerhalb von 3 Arbeitstagen ausgeführt werden. Die unter ganz anderen bürotechnischen Voraussetzungen eingeführte Zahlungsfrist von 2 Wochen ist nach heutiger Beurteilung unangemessen lang. N u n führt zwar, wie Horn aaO zutreffend anmerkt, nicht jede Abweichung vom Gesetz zum Nachteil des Vmers zum Verdikt des § 9 I A G B G , § 307 B G B n. F. (auch Praeve A G B G R N 572 hält die Abweichung für unerheblich, weil er meint, der Vmer könne „redlicherweise" keine schnellere Zahlung verlangen). Es ist aber zu berücksichtigen, daß dem Ver bereits durch das Gesetz eine erhebliche Besserstellung gegenüber anderen Schuldnern eingeräumt worden ist, die sich erheblich zum Nachteil der Vmer auswirken kann (vgl. H 207. Die durch die Interessen der Ver in keiner Weise gerechtfertigte weitere Ausdehnung der Zahlungsfrist von höchstens drei auf 14 Tage übersteigt damit die Gesamtbelastung des Vmers so erheblich, daß insgesamt gesehen von einem unangemessen langen Vorbehalt der Leistung i.S.v. § 10 Nr. 1 A G B G (§ 308 Nr. 1 B G B n. F.) oder einer Treu und Glauben widersprechenden unangemessenen Benachteiligung i. S. v. § 9 I A G B G (§ 307 B G B n. F.) auszugehen ist. Das gilt auch dann, wenn „Auszahlung" der Entschädigung in den erörterten Bedingungen bedeutet, daß innerhalb der zweiwöchigen Frist bereits der Leistungserfolg eingetreten, also der Vmer die Vsentschädigung bereits als Gutschrift auf seinem Konto erhalten haben muß (so Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 6 zu § 17 A F B 30, Römer in Römer-Langheid R N 2 2 zu § 11). Näher liegt allerdings die Auslegung, daß der Ver innerhalb dieser Frist nur alles tun muß, um den Leistungserfolg zu bewirken (so O L G Hamm 6. V. 1983 VersR 1984 S. 175-176), weil nicht erkennbar ist, daß mit Auszahlung etwas anderes gemeint ist als Zahlung, und rechtzeitige Zahlung, nach allgemeinen Grundsätzen vorliegt, wenn der Schuldner innerhalb der für die Leistung bestimmten Frist alles getan hat, um den Leistungserfolg zu bewirken, wozu ausreicht, daß er einen Uberweisungsauftrag an seine Bank gibt und diese als seine Erfüllungsgehilfin ihn rechtzeitig durch Abbuchung des Betrages von seinem Konto ausführt ( B G H 5. XII. 1963 N J W 1964 S. 499-500; Palandt-Heinrich 61 R N 7 zu § 270). [ H 2 1 1 ] ee) Abschlagszahlungen Nach der gemäß § 15a halbzwingend ausgestalteten Vorschrift des § 11 II kann der Vmer A b s c h l a g s z a h l u n g e n verlangen, wenn die Erhebungen bis zum Ablauf eines Monats seit der Anzeige des Vsfalls nicht beendet sind. Diese vor Fälligkeit des Entschädigungsanspruchs vom Ver zu erbringende Leistung dient dem Ausgleich des Nachteils, der sich für den Vmer aus § 11 I bei langwierigen Schadenermittlungen ergibt, wie sie die Feststellung der Entschädigung bei umfangreichen Schadenfällen, Johannsen/Johannsen

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H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

insbesondere Großbränden erfordert (RG 26.1. 1917 R G Z 89 S. 351-354; Raiser 2 R N 8 zu § 18 AFB). Die Höhe der Abschlagszahlungen ist festgelegt auf den Betrag, „den der Ver nach Lage der Sache mindestens zu zahlen hat". Aus dieser Formulierung ergibt sich, daß Abschlagszahlungen sich rechtlich nicht von der endgültigen Entschädigung unterscheiden. Einen nach Lage der Sache sich ergebenden Mindestbetrag hat der Ver nämlich nur zu leisten, wenn er dem Grunde nach eintrittspflichtig ist und die Entschädigung auch der Höhe nach teilweise fest steht (BGH 2. X. 1985 B G H Z 96 S. 88-98 = VersR 1986 S. 77-80). Das entspricht der h. M. in Literatur und Rechtsprechung (Möller in Bd I Anm 34 zu § 11; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 11 zu § 11; Kollhosser ebenda R N 8 zu § 17 AFB 30; Raiser aaO; Martin 3 Y III 3; Römer in RömerLangheid R N 15 zu § 11; Gruber in BK R N 24 zu § 11; Dietz Wohngebäudev 2 S. 501 [a. A. nur Ehrenzweig S. 167]; R G 10. IV. 1923 RGZ 108 S. 201-203; O L G Hamm 17.X. 1986 VersR 1987 S.1008 = r + s 1987 S. 107 LS, 28. XI. 1990 VersR 1991 S. 13691370, 23.VI. 1993 VersR 1994 S. 717-718; O L G Oldenburg 15. X. 1997 VersR 1998 S. 1502-1504; O G H 8. VI. 1994 VersR 1995 S. 607-608). Das bedeutet vor allem, daß der Vmer keine Abschlagszahlungen verlangen kann, wenn der Ver sich auf ein wegen des Schadenfalles laufendes behördliches oder gerichtliches Verfahren ( O L G Hamm 23. VI. 1993 aaO; O L G Köln 12. V.1995 r + s 1995 S. 265-267; siehe dazu unter H 208) oder Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung beruft. Zweifel dürfen nur bestehen hinsichtlich der Höhe der endgültigen Entschädigung. Anlaß für eine Abschlagszahlung besteht insbesondere, wenn ein abgrenzbarer Teil des Schadens feststeht. Wenn z.B. der vom Ver eingesetzte Sachverständige anhand von Karteikarten und Rechnungen die vor dem Brand vorhandenen Vorräte mengenmäßig ermittelt hat, muß eine Zahlung erfolgen, auch wenn noch Unklarheiten über die Verkaufspreise bestehen (OLG Hamm 23. VI. 1993 r + s 1994 S. 23-24). Bei Gebäudeschäden, bei denen der Vswert nach § 5 AFB 87 vom gemeinen Wert über den Zeitwert bis zum Neuwert gestaffelt ist, wird vor Feststellung der Voraussetzungen für den höchsten Wert häufig Veranlassung bestehen, auf niedrigerem Niveau einen Mindestbetrag zu ermitteln und auszuzahlen. Auch wenn der Ver sich auf Unterv beruft, darf er nicht deren endgültige Ermittlung abwarten. Er muß vielmehr prüfen, in welcher Höhe er den Einwand als im Lauf der weiteren Ermittlungen für beweisbar hält und ist in diesem Rahmen zu einem pauschalen Abzug berechtigt, während im übrigen eine Auszahlung erfolgen muß (Martin 3 Y III 26; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 56; Risthaus Unterv S. 91). Bei Abschlagszahlungen sind Pauschalabzüge wegen vermuteter Unterv, die das BAV VA 1980 S. 65 bei der endgültigen Feststellung der Entschädigung als unzulässig beanstandet hat, durchaus angebracht, weil es sich nur um eine vorläufige Beurteilung handelt, bis die Entschädigungshöhe unter Berücksichtigung der nach Erfahrungssätzen zu ermittelnden Vswerte endgültig festgestellt ist. Der Ver muß aber vermeiden, bei einer mit einem Pauschalabzug begründeten Abschlagszahlung den Eindruck der Endgültigkeit des vorgenommenen Abzugs zu erwecken (Martin aaO). Die Höhe der Abschlagszahlung ist nicht vom Ver nach freiem Ermessen zu bestimmen (so aber Ehrenzweig aaO), sondern muß nach objektiven Kriterien ermittelt werden ( O L G Köln 9. II. 1989 r + s 1989 S. 142-144; O G H 23. XI. 1978 VersR 1979 S. 170-172). Es sollen nicht Vorschüsse unter dem Vorbehalt einer Schlußabrechnung geleistet werden, sondern der Anspruch ist der Höhe nach nur auf das gerichtet, das dem Vmer mit Sicherheit auch endgültig zusteht (BGH 2. X. 1985 B G H Z 96 S. 88-98 = VersR 1986 S. 77-80). Durch die Abschlagszahlung wird die Entschädigungsforderung des Vmers teilweise erfüllt, wobei sie auf die bis dahin aufgelaufenen Zinsen (dazu H 212) gemäß § 367 BGB anzurechnen ist (BGH 13. II. 1985 VersR 1985 S. 461). 768

Johannsen/Johannsen

Anm. H 211

I. Hauptpflichten des Feuervers

Die Erfüllungswirkung bleibt auch bestehen, wenn der Vmer sich nach dem Empfang einer vorbehaltslos erfolgten Abschlagszahlung einer arglistigen Täuschung gegenüber dem Ver schuldig macht (vgl. hierzu G 136-146). Er verwirkt dann zwar, z. B. nach §§ 14 Nr. 2 AFB 87,16 AFB 30, den noch offen stehenden Anspruch auf die Vsleistung, nicht aber die Abschlagszahlung (BGH 2. X. 1985 B G H Z 96 S. 88-98 = VersR 1986 S. 77-80, 13. VI. 2001 VersR 2001 S. 1020-1022; G 139), für die „die arglistige Täuschung den rechtlichen Grund nicht entfallen zu lassen vermag", weil die Verwirkungsvorschriften auf dem Gesichtspunkt beruhen, daß dem Ver nach seiner Täuschung eine Leistung n i c h t m e h r zugemutet werden kann, dieser aber auf die frühere Abschlagszahlung nicht durchgreift. Im übrigen unterliegen Abschlagszahlungen wie endgültig festgestellte Entschädigungsleistungen der Rückforderung unter den Voraussetzungen der §§ 812 ff BGB, wobei dem Ver der volle Beweis dafür obliegt, daß die Entschädigung ohne rechtlichen Grund geleistet worden ist (BGH 14. VII. 1993 VersR 1993 S. 1007-1009). Eine Ausnahme kommt aber in Betracht, wenn der Ver vor Fälligkeit des Anspruchs „vorbehaltlich der Einsicht in die Ermittlungsakten" zahlt und sich aus diesen erhebliche Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der Anspruch nicht besteht. In diesem Fall liegt rechtlich keine Abschlagszahlung vor, weil der Grund des Anspruchs noch offen ist. Weil die Erfüllungswirkung davon abhängig ist, daß die Forderung besteht, braucht der Ver im Rückforderungsprozeß nur den Vorbehalt zu beweisen, während der Beweis dafür, daß die Schuld zu Recht bestand, dem Vmer zufällt (OLG Düsseldorf 14. III. 1995 VersR 1996 S. 89-90; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 14 zu § 11; vgl. auch H 216). In § 11 II wird vorausgesetzt, daß der Vmer die Abschlagszahlung v e r l a n g t . Das Verlangen stellt eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar (Möller in Bd I Anm. 32 zu § 11), die keinen Formvorschriften unterliegt. Es genügt, daß in irgendeiner Weise ein Zahlungsbegehren geäußert wird (OLG Köln 9.11.1989 r + s 1989 S. 142-144). Das kann z.B. durch die Ubersendung eines Sachverständigengutachtens geschehen, aus dem sich ein bestimmter Schadensbetrag ergibt (LG Essen 1. IX. 1972 VersR 1973 S. 558-560 zur Kaskov; Martin 3 Y III 17; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 9 zu § 11). Nicht erforderlich ist, daß der Vmer deutlich macht, daß er noch nicht den gesamten ihm zustehenden Betrag, sondern nur eine der Höhe nach darunter liegende vorläufige Zahlung begehrt (so aber O G H 8. IV. 1994 VersR 1995 S. 607-608). Es ist auch unschädlich, wenn der Vmer sein Verlangen auf Abschlagszahlung bereits vor der in § 11 II bestimmten Monatsfrist äußert. Der Anspruch entsteht aber dann erst mit Ablauf der Frist und wird damit zugleich fällig (Prölss in Prölss-Martin 26 R N 9 zu §11; Gruber in BK R N 22 zu § 11). Die in den Bedingungen für die Zahlung der Entschädigung vorgesehene 2-Wochenfrist (vgl. dazu H 210) findet auf Abschlagszahlungen schon nach ihrem Wortlaut keine Anwendung (Martin 3 Y III 20). Eine solche Vereinbarung könnte auch nach § 15a nicht wirksam zu Lasten des Vmers getroffen werden, weil sie die Frist des § 11 II verlängern würde. Eine Verkürzung ist hingegen zulässig und in der Klausel 1901 (VA 1987 S. 378) auf drei Wochen nach Anzeige des Vsfalls vorgesehen. Während in den älteren Bedingungen in Ubereinstimmung mit § 11 II formuliert war, daß eine Teilzahlung „verlangt" werden kann, §§ 17 I S. 2 AFB 30, 19 Nr. 1 VGB 62, heißt es in §§ 16 Nr. 1 S. 2 AFB 87, 23 Nr. 1 VGB 88, 24 Nr. 1 S. 2 VHB 92 „... als Abschlagszahlung kann b e a n s p r u c h t werden". Aus dieser Textänderung wird von einigen Autoren hergeleitet, daß der Ver nunmehr von sich aus bei Eintritt der Voraussetzungen auch ohne Verlangen des Vmers Abschlagszahlungen leisten müsse (so Martin 3 Y III 18; Ollick VA 1981 S. 44; Engels VersPrax 1988 S. 112). Andere gehen davon aus, daß die Neufassung sich inhaltlich mit der bisherigen decke (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 16 AFB; Knappmann ebenda R N 8 zu dem im Wortlaut Johannsen/Johannsen

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H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

übereinstimmenden § 12 AVBR 92 meint, daß weiterhin ein Verlangen erforderlich ist, ebenso Dietz Wohngebäudev 2 S. 501). Es mag zwar zutreffen, daß b e a n s p r u c h e n für die Rechtsstellung des Vmers ein stärkerer Ausdruck ist als v e r l a n g e n (so Martin aaO) und deutlich macht, daß dem Vmer der Anspruch ohne weiteres zustehen soll. Das hat aber nur Auswirkungen auf die Fälligkeit des Anspruchs und verpflichtet den Ver nicht, von sich aus eine Leistung zu erbringen, die der Vmer möglicherweise zu diesem Zeitpunkt gar nicht haben will. Denn Abschlagszahlungen können sich auch nachteilig für den Vmer auswirken, z.B. weil sie das Kostenrisiko für die Auseinandersetzung über die Restzahlung erhöhen und verhindern, daß der Vmer den Rechtsstreit durch mehrere Instanzen führen kann (zur Berücksichtigung der Abschlagszahlung bei der Berechnung der Beschwer vgl. B G H 13. II. 1985 VersR 1985 S. 461). Ohne Zahlungsverlangen kann der Ver auch nach den neugefaßten Bedingungen nicht in Verzug geraten, weil hierfür auch nach dem durch das G. zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. III. 2000 (BGBl I S. 330) geänderten § 284 III BGB der Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufforderung Voraussetzung ist, vgl. hierzu H 214. Hat der Vmer aber einmal die Zahlung einer Abschlagszahlung verlangt, muß der Ver im weiteren Verlauf der Erhebungen von sich aus prüfen, ob nach Lage der Sache weitere Mindestbeträge feststellbar sind und muß diese leisten (Möller in Bd I Anm 36 zu § 11; Römer in Römer-Langheid R N 16 zu § 11; Gruber in BK R N 25 zu § 11). Eines neuen Verlangens bedarf es dafür nicht, wie sich schon aus der Verwendung des Plurals in § 11 II entnehmen läßt (Möller aaO) und im übrigen deshalb sachgerecht ist, weil bereits aus dem ersten Verlangen des Vmers für den Ver erkennbar ist, daß der Vmer nicht auf die endgültige Feststellung der Entschädigung warten will. In der Feuer-Betriebsunterbrechungsv sind Abschlagszahlungen monatlich zu leisten, wenn es möglich ist, den Betrag festzustellen, den der Ver für die verflossene Zeit der Unterbrechung mindestens zu vergüten hat, § 15 Nr. 2 FBUB. Nach § 11 III ist der Lauf der in § 11 II genannten Monatsfrist gehemmt, solange die Beendigung der Erhebungen infolge eines Verschuldens des Vmers gehindert ist. Als solches kommt in Betracht eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheiten oder des nach § 93 bestehenden Veränderungsverbots sowie unterlassene Mitwirkung beim Sachverständigenverfahren. Möller in Bd I Anm. 32 zu § 11 faßt diese Fälle zusammen als Obliegenheit des Vmers, die Ermittlungen zu fördern, deren Sanktion darin bestehe, daß der Anspruch auf Abschlagszahlung erst später entstehe. Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 11 zu § 17 AFB 30 spricht der Bestimmung des § 11 III einen selbständigen Regelungsgehalt ab, weil er meint, daß, solange infolge eines Verschuldens des Vmers die Auszahlung der festgestellten Entschädigung nicht erfolgen könne, auch die Auszahlung eines Abschlags nicht in Betracht käme. Er verkennt dabei aber, daß es durchaus möglich ist, daß ein Teil der Entschädigung nach Grund und Höhe feststeht, während das Verschulden des Vmers sich lediglich auf den noch nicht geklärten Restbetrag bezieht, weil er hierfür noch fehlende Belege nicht vorlegt oder den Sachverständigenvorschuß nicht zahlt. Da § 11 III eine Ausnahmevorschrift darstellt, hat der Ver ihre Vorausetzungen darzulegen und zu beweisen (Römer in Römer-Langheid R N 18 zu § 11). Prölss Beweislast R N 3 zu § 11 und Gruber in BK R N 21 zu § 11 nehmen an, daß der Vmer sich nach § 6 III vom Verschulden entlasten müsse. Erfolgt das schuldhafte Verhalten des Vmers erst nach Ablauf der Monatsfrist, so ist es nach § 11 III ohne Bedeutung, weil eine bereits abgelaufene Frist nicht mehr gehemmt werden kann (BGH 19. IX. 1984 VersR 1984 S. 1137-1140 zur Zinspflicht nach § 17 I S. 3 AFB 30; Römer in Römer-Langheid R N 17 zu § 11; Gruber aaO). Das 770

Johannsen/Johannsen

Anm. H 212

I. Hauptpflichten des Feuervers

Recht auf Abschlagszahlung kann aber durch ein solches späteres Verhalten des Vmers dennoch beeinträchtigt werden, wenn es so schwerwiegend ist, daß es zur Leistungsfreiheit führt. Dann braucht der Ver auch die bis dahin entstandenen Ansprüche auf Abschlagszahlungen nicht mehr zu erfüllen (Martin 3 Y III 14). Während die meisten Bedingungen die gesetzliche Regelung des § 11 III weitgehend wörtlich übernommen haben, ist in §§ 24 Nr. 3 V H B 84 und 92 abweichend wie folgt formuliert worden: „Die Entstehung des Anspruchs auf Abschlagszahlung und der Beginn der Verzinsung verschieben sich um den Zeitraum, um den die Feststellung der Leistungspflicht des Vers dem Grunde oder der Höhe nach durch Verschulden des Vmers verzögert wurde". Die Vorschrift stellt wohl einen Versuch dar, die Wirkungen der Hemmung nach § 205 B G B allgemeinverständlich zu formulieren. Sie geht aber in ihrer Wirkung über § 11 III hinaus, weil sie auch ein nach Ablauf der Monatsfrist erfolgtes schuldhaftes Verhalten als für die Entstehung des Anspruchs auf Abschlagszahlung schädlich erklärt und damit das Recht auf Abschlagszahlungen unangemessen einschränkt. Da hierfür ein berechtigtes Bedürfnis nicht erkennbar ist, ist die Vorschrift gemäß §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. unwirksam (Martin 3 Y III 15). [ H 212] ff) Zinsen Die Regelungen des § 11 über Fälligkeit und Abschlagszahlungen werden in der Feuerv ergänzt durch § 94, wonach die Vsentschädigung nach dem Ablauf eines Monats seit der Anzeige des Vsfalls zu verzinsen ist. Wie die Abschlagszahlung dient auch die häufig lange vor Fälligkeit beginnende Zinspflicht dem Ausgleich der Nachteile des Vmers durch länger dauernde Erhebungen, auf die er nur wenig Einfluß hat. Die Verzinsung stellt einen wirtschaftlichen Ausgleich dafür dar, daß der Ver, wie B G H 19. X. 1984 VersR 1984 S. 1137-1140 = r + s 1984 S. 273-276 es formuliert hat, „die Entschädigungssumme bis zur Auszahlung behält, obwohl sie an sich schon dem Vmer zusteht". Dem Ver entsteht durch die Zinspflicht keine zusätzliche Belastung, da er mit der Schadenmeldung die voraussichtliche Summe der Entschädigungsleistung reserviert und verzinslich anlegt (Langheid in Römer-Langheid R N 1 zu §94). Zur Rückstellung ist er gemäß § 341 g I H G B verpflichtet, und die verzinsliche Anlage wird vom BÀV im Rahmen der Finanzaufsicht gemäß § 81 VAG überwacht. § 94 trägt dem Umstand Rechnung, daß gerade die Schadenfälle der Feuerv häufig umfangreiche und lang andauernde Erhebungen erfordern. Die unter dem Titel Feuerv aufgeführte Vorschrift findet deshalb nicht, wie Martin 3 Y IV 4 annimmt, auf alle Sachvszweige Anwendung, wohl aber auf die kombinierten, wie die Gebäude- und Hausratsv hinsichtlich des Feuerrisikos (Dörner/Staudinger in Β Κ R N 2 zu § 94; nach Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 94 auch für die übrigen Schadenfälle) sowie für die Feuer-Betriebsunterbrechungsv (Kollhosser, Dörner-Staudinger aaO; Langheid in Römer-Langheid R N 6 zu § 94). Die Zinspflicht nach § 94 ist unabhängig von der Fälligkeit der Entschädigung, von einer Mahnung oder dem Verzug des Vers ( B G H aaO). Sie wird nicht durch ein von den Parteien vereinbartes Sachverständigenverfahren beeinträchtigt ( O L G Koblenz 20.IX.1996 VersR 1997 S. 964-965 = r + s 1997 S. 73-75). Die einmal begonnene Verzinsung läuft ununterbrochen weiter bis zum Tage der Zahlung der Entschädigungssumme (Raiser 2 R N 12 zu § 18 A F B ; Kollhosser aaO R N 9 zu § 17 A F B 30). Abgesehen von dem in § 94 II geregelten Sachverhalt braucht der Ver Zinsen nur dann nicht zu zahlen, wenn der Vmer sich im Annahmeverzug befindet, und zwar gemäß § 301 B G B für die Dauer des Verzuges (Bmck 7 Anm 7 zu § 94; Wussow 2 Anm 12 zu § 17). Die Zinspflicht durchbricht nach dem Willen des Gesetzgebers letztlich § 50; denn Johannsen/Johannsen

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Anm. H 212

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Zinsen sind auch dann zu entrichten, wenn ihr Betrag zusammen mit der Entschädigungssumme die Vssumme überschreitet (Begr. I S. 98). Geknüpft ist die Zinspflicht ausschließlich an die drei in § 94 aufgeführten Tatbestandsmerkmale: eingetretener Vsfall, erstattete Schadenanzeige, abgelaufene Monatsfrist. Zu den Voraussetzungen der Anzeige des Vsfalls nach §§ 33, 92 wird auf G 97-114 verwiesen. Ihr Zugang bei dem Ver oder Agenten bestimmt den Beginn der Monatsfrist (Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 94). Dörner-Staudinger in BK R N 3 zu § 94 nehmen an, daß es auf den Zeitpunkt der Absendung bei schriftlichen Anzeigen ankomme. Jedoch bezieht sich die fristwahrende Wirkung der Absendung der Anzeige nach § 92 I S. 2 ersichtlich nur auf die Frist nach § 92 I und hat keine darüber hinausreichende Bedeutung. Die Monatsfrist ist nach §§ 187 I, 188 II, III, 193 BGB zu berechnen. Sie gibt dem Ver die Möglichkeit, kleinere Schadenfälle zu erledigen, ohne Zinsen berechnen und zahlen zu müssen. Der beschleunigten Regelung klarer Schadensfälle dient auch die von § 94 zugunsten des Vmers abweichende Regelung in den neueren Bedingungen, wonach die Entschädigung bereits seit Anzeige des Schadens verzinst wird, die Verzinsung jedoch entfällt, soweit die Entschädigung innerhalb eines Monats gezahlt wird, §§ 16 Nr. 2 AFB 87, 23 Nr. 2 VGB 88,24 Nr. 2 V H B 84, 92. Für die Abwicklung von Großschäden, insbesondere in der industriellen Feuerv, wird die Monatsfrist allerdings nur selten ausreichen. Dem Vmer entsteht aber in diesen Fällen kein Nachteil durch die vertragliche Regelung, weil sie insoweit der gesetzlichen entspricht. § 94 erfaßt seinem Wortlaut nach auch die N e u w e r t e n t s c h ä d i g u n g , weil er nicht hinsichtlich einzelner Entschädigungsteile differenziert. Hinsichtlich der strengen Neuwertklauseln, bei denen der Anspruch auf die Neuwertspitze der Entschädigung erst mit der Wiederherstellung bzw. deren Sicherstellung entsteht (vgl. J 22, 26-28 und H 170), könnte die Anwendbarkeit der Vorschrift zweifelhaft sein, weil der Zweck der Verzinsung als Ausgleich dafür, daß der Ver Geld behalte, das eigentlich dem Vmer zustehe, vor Entstehung des Anspruchs nicht zutrifft (so LG Münster 15.11.1989 VersR 1989 S. 844-845). Diese Überlegung reicht aber angesichts des klaren Wortlauts des § 94 nicht aus, die Vorschrift einschränkend auszulegen. Entsprechend wird von der h. M. angenommen, daß auch eine Verzinsung der Neuwertspitze nach § 94 zu erfolgen hat (Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 4 zu § 94; Raiser 2 R N 13 zu § 18 AFB; Langheid in Römer-Langheid R N 4 zu § 94; Dörner-Staudinger in BK R N 8 zu § 94; Dietz Wohngebäudev 2 S. 504). Eine andere Frage ist die Wirksamkeit abweichender Regelungen in AVB, wie sie z.B. in § 17 I S. 5 AFB 30 getroffen ist. Die Formulierung der Klausel „Soweit der Anspruch auf die Entschädigung erst bei Wiederherstellung der Sache entsteht, ermäßigt sich der Mindestzinssatz auf 3 v. H., jedoch nicht vor dem Zeitpunkt der vollständigen Feststellung der Entschädigung" ist so mißverständlich, daß sie zu völlig unterschiedlichen Auslegungen geführt hat. Wussow 2 Anm 12 zu § 17 nimmt an, daß zunächst die Verzinsung in der vereinbarten Höhe zwischen 4 und 6 % erfolge, diese dann nach Feststellung des Anspruchs auf 3 % sinke. Martin 3 Y V 6 geht davon aus, daß die Verzinsung erst „etwas später als zwei Wochen nach Eintritt der objektiven Tatsache der Sicherstellung" beginne, während Kollhosser aaO R N 13 zu § 17 AFB 30 die „mißglückte" Bestimmung dahin korrigiert, daß die Verzinsung regelmäßig mit der Sicherstellung i. S. v. § 97 beginne, ausnahmsweise erst mit der vollständigen Feststellung der Entschädigung. Während die Auslegung von Wussow keinen nachvollziehbaren Sinn ergibt, kommen die anderen genannten Zeitpunkte nach der Interessenlage der Ver in Betracht, wenn sie auch dem Wortlaut nicht eindeutig zu entnehmen sind. Der Auffassung von Martin und Kollhosser, daß die Vorschrift AGBG-gemäß ist, kann aber nicht gefolgt 772

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Anm. H 212

I. Hauptpflichten des Feuervers

werden. Es besteht zwar ein berechtigtes Interesse der Ver, die Verzinsung des Anspruchs auf die Neuwertentschädigung zeitlich hinauszuschieben. Die Vmer wären auch nicht unangemessen benachteiligt, wenn die Verzinsung erst mit der Entstehung des Anspruchs beginne. § 17 I S. 5 AFB 30 knüpft aber an den Zeitpunkt der „vollständigen Feststellung der Entschädigung" an, der nicht auf die Entstehung des Anspruchs, sondern auf die Fälligkeit nach § 11 verweist und durch das Wort vollständig deutlich macht, daß auch keine Unklarheiten mehr über die Höhe des Anspruchs bestehen dürfen. An einer solchen Hinausschiebung der Zinspflicht besteht aber kein berechtigtes Interesse der Ver, weil nach Entstehung des Anspruchs die Interessenlage der § 94 zugrunde liegenden entspricht, einen Ausgleich dafür zu schaffen, daß der Ver das Geld behält, das eigentlich dem Vmer zusteht (BGH 19.X.1984 VersR 1984 S. 1137-1140 = r + s 1984 S. 273-276). Dieser Grundgedanke des § 94 ist aber trotz seines dispositiven Charakters als Maßstab inhaltlicher Angemessenheit bei vertraglichen Abweichungen anzusehen (Horn AFB S. 195). Wegen der Hinausschiebung des Zinsbeginns und der Herabsetzung der Zinshöhe, für die nach Entstehung des Anspruchs ebenfalls kein gerechtfertigtes Interesse ersichtlich ist, ist die Regelung wegen unangemessener Benachteiligung der Vmer gemäß § 9 I AGBG, § 307 BGB n. F. unwirksam (so auch Dörner-Staudinger in BK R N 8 zu § 94; Langheid in Römer-Langheid R N 7 zu § 94) Diese Bedenken bestehen nicht gegenüber der Regelung in § 19 I S. 5 VGB 62 und § 18 Nr. 4 der Neufassung 1999 der VGB 88, in der die Zinspflicht auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs hinausgeschoben und die Zinshöhe nicht gegenüber der gesetzlichen herabgesetzt wird (vgl. dazu OLG Hamm 6. V. 1983 VersR 1984 S. 175-176; Dietz Wohngebäudev 2 S. 504 hält die Regelung für unangemessen). Mit § 16 Nr. 4 AFB 87 war nach Martin 3 Y V 9 nach den Absichten der Verfasser ebenfalls eine Abweichung von § 94 vorgesehen. Sie hat aber im Wortlaut keinen Ausdruck gefunden. Die in § 16 Nr. 2 AFB 87 generell für die Entschädigungssumme bestimmte Zinspflicht seit Anzeige des Schadens wird nicht durch die in Nr. 4 getroffene Regelung über die Zahlung der Neuwertentschädigung geändert (Martin aaO; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 5 zu § 16 AFB 87; Langheid aaO R N 4; Engels VersPrax 1988 S. 112). Das gleiche gilt für § 23 Nr. 4 VGB 88. Der Regelzinssatz ist in § 94 mit 4 vom Hundert für das Jahr festgesetzt und entspricht damit der allgemeinen Regelung in § 246 BGB. Er gilt „soweit nicht aus besonderen Gründen eine weitergehende Zinspflicht besteht". Hier kommen anderweitige gesetzliche Regelungen wie § 352 H G B bei beiderseitigen Handelsgeschäften (a. M. Martin 3 Y IV 3, der § 94 als lex specialis gegenüber § 352 HGB ansieht), vertragliche Vereinbarungen und Verzug in Betracht. Bei einem Zusammentreffen unterschiedlicher Zinsnormen findet selbstverständlich keine Kumulation statt, sondern es kommt nur der höhere Zinssatz zur Anwendung (OLG Hamburg 23. II. 1989 N J W RR 1989 S. 681). In den Feuervsbedingungen ist ein variabler Zinssatz zwischen 4 und 6 % vereinbart. In § 17 AFB 30 war er auf 1 % unter dem Diskontsatz derjenigen Zentralnotenbank, in deren Währung zu leisten war, festgelegt. Damit sollte den vielen Fremdwährungsven nach dem ersten Weltkrieg Rechnung getragen werden (Raiser 2 R N 12 zu § 18 AFB). Nach § 16 Nr. 2 AFB 87 beträgt der Zinssatz 1 % unter dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank, mindestens jedoch 4 % und höchstens 6 % pro Jahr. Hinsichtlich des Diskontsatzes war § 1 I Diskontsatz.-ÜberleitungsG vom 9. VI. 1998 (BGBl I S. 1242) maßgebend, wonach bis zum 31.11.2001 an seine Stelle der jeweilige Basiszinssatz trat, den die Deutsche Bundesbank im Bundesanzeiger bekannt gibt. Seit dem 1.1.2002 gilt § 247 BGB n. F. Im Falle des Verzuges können höhere Zinsen nunmehr nicht nur bei Nachweis eines durch den Verzug entstandenen Schadens, insbesondere durch Inanspruchnahme Johannsen/Johannsen

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Anm. H 212

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

von Bankkredit, verlangt werden. Vielmehr ist für seit dem I.V. 2000 fällig gewordene Geldschulden in der Neufassung von § 288 I B G B durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 3. III. 2000 (BGBl I S. 330) geregelt, daß sie während des Verzuges mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen sind. Vgl. zur erneuten Änderung von § 288 B G B durch das Schuldrechtsreformgesetz vom 26. X I . 2001 unter H 214. Eine besondere Regelung über die Fälligkeit des Zinsanspruchs enthalten weder § 94 noch die allgemeinen Vorschriften des B G B über die Zinspflicht. Ohne vertragliche Regelung ist davon auszugehen, daß die Fälligkeit erst eintritt, wenn auch die Entschädigung fällig ist, von deren Feststellung der Höhe nach die Zinsen abhängen (Raiser 2 R N 13 zu § 18 AFB; Wussow 2 Anm 12 zu § 17). Bei Leistung von Abschlagszahlungen sind auch diese zu verzinsen (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 94). In den Feuervsbedingungen ist ausdrücklich geregelt, daß die Zinsen erst fällig sind, wenn die Entschädigungssumme selbst fällig ist, §§ 171 S. 6 A F B 30,16 Nr. 2 S. 3 A F B 87, 23 Nr. 2 S. 3 V G B 88. Damit ist zum Ausdruck gebracht, daß Abschlagszahlungen noch nicht zu verzinsen sind. Das bedeutet zwar einen Nachteil für den Vmer, ist aber nicht als AGBG-widrig zu beanstanden. Für die Neuwertv ist in §§ 16 Nr. 4 A F B 87, 23 Nr. 4 V G B 88 vorgesehen, daß die Zinsen auf die Neuwertspanne erst fällig werden, wenn die Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs vorliegen. Darin liegt keine für den Vmer nachteilige Abweichung von § 94. Nach § 94 II ist der Lauf der Monatsfrist gehemmt, solange infolge eines Verschuldens des Vmers die Festsetzung des Schadens nicht erfolgen kann. Diese Bestimmung entspricht trotz des teilweise abweichenden Wortlauts § 11 III, so daß weitgehend auf die Ausführungen dazu unter H 211 verwiesen werden kann. Auch für die Zinspflicht hat ein nach Ablauf der Monatsfrist eintretendes Verschulden keine Bedeutung mehr ( B G H 19. X I . 1984 VersR 1984 S. 1137-1140 = r + s 1984 S. 273-276,18. VI. 1986 NJWR R 1986 S. 1470-1471). Die Bedingungen sehen teilweise den Vmer stärker belastende Regelungen vor. So wird in § 17 Nr. 1 S. 4 AFB 30 die gesetzliche Regelung nicht nur wiederholt, sondern ergänzt um den Fall, daß die Z a h l u n g der Entschädigung infolge eines Verschuldens des Vmers nicht erfolgen kann. Auf Auszahlungshindernisse, die die Feststellung des Entschädigungsanspruchs nicht berühren, kommt es aber nach § 94 II nicht an. Es ist auch kein berechtigtes Interesse des Vers für eine Aussetzung der Zinspflicht aus diesem Grund ersichtlich. Die Vorschrift ist deshalb wegen unangemessener Benachteiligung des Vmers nach § 9 I A G B G , § 307 B G B n. F. insoweit unwirksam (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 12 zu § 17 A F B 30). Das gleiche gilt für §§ 16 Nr. 3 A F B 87 und 23 Nr. 3 V G B 88. Es findet also nur § 94 II Anwendung. Zu § 24 Nr. 3 V H B 92 wird auf H 211 a. E. verwiesen. Die Vorschrift ist schon deshalb AGBG-widrig, weil sie die Verzinsung ihrem Wortlaut nach generell hinausschiebt und nicht berücksichtigt, daß es auf ein Verschulden nach Ablauf der Monatsfrist nicht mehr ankommt (vgl. dazu Martin 3 Y IV 14,15). AGBG-widrig war auch § 15 Nr. 4 F B U B a. F., der die Verzinsung für die Feuerbetriebsunterbrechnungsv ausschloß (vgl. dazu Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 94 u. Martin 3 Y I V 5). Die Neuregelung läßt zwar die Zinspflicht später entstehen als in § 94 vorgesehen, ist aber mit Rücksicht auf die monatlichen Abschlagszahlungen angemessen.

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Anm. H 214

I. Hauptpflichten des Feuervers

[ H 213] gg) Österreichisches Recht Der früher im wesentlichen mit § 11 W G übereinstimmende § 11 Ö W G ist durch die Novelle von 1994 mit Wirkung vom 1.1.1995 durch die Einfügung eines zweiten Satzes in § 11 I abgeändert worden. Darin heißt es „Die Fälligkeit tritt jedoch unabhängig davon ein, wenn ein Versicherungsnehmer nach Ablauf zweier Monate seit dem Begehren nach einer Geldleistung eine Erklärung des Vers verlangt, aus welchen Gründen die Erhebungen noch nicht beendet werden konnten, und der Versicherer diesem Verlangen nicht binnen eines Monats entspricht". Entsprechend dem Zweck der Novelle, einen besseren Kundenschutz herbeizuführen (Fenyves VersRdschau 1994 S. 33-58; Krejci VersRdschau 1995 S. 28-35), wird die Rechtsstellung des Vmers damit durch die Einführung einer besonderen Informationspflicht des Vers verbessert, die er auf Verlangen des Vmers erfüllen muß. Daß die Erhebungen des Vers insbesondere bei Großschäden länger dauern können als die im Gesetz genannten 2 Monate, läßt sich zwar nicht vermeiden. Es ist aber begrüßenswert, daß der Ver verpflichtet wird, den Grund der längeren Dauer mitzuteilen, wodurch dem Vmer u. U . auch die Möglichkeit eingeräumt wird, an einer zukünftigen Beschleunigung mitzuwirken. Wird die Auskunft nicht erteilt, wird der Entschädigungsanspruch binnen 1 Monats nach dem Auskunftsverlangen fällig. Konsequenzen hieraus, nämlich die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen und Leistung von Schadensersatz, ergeben sich aber nur, wenn sich später nach Abschluß der Erhebungen herausstellt, daß der Anspruch begründet ist, die Verletzung der Informationspflicht führt nicht etwa zur Anerkennung des Anspruchs (Fenyves aaO; Wiese VersRdschau 1994 S. 293-314). Von Krejci aaO S. 35 wird die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen, die nach § 1333 A G B G verschuldensunabhängig eintritt, als nicht sachgerecht beanstandet und die Regelung insgesamt als mißglückt bezeichnet, weil die Ausnahmefälle, in denen ein Schadensersatzanspruch gerechtfertigt sein könnte, auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung durch vernünftige Anwendung privatrechtlicher Grundsätze gelöst werden könnten (kritisch auch Prölss in Prölss-Martin 26 R N 28 zu § 11). Dem kann nicht zugestimmt werden. Gegenüber dem Bemühen, einen Fälligkeitszeitpunkt nach Treu und Glauben zu fingieren, wie es die deutsche Rechtsprechung bei Verzögerung der Erhebungen vornimmt (vgl. dazu H 207), hat eine ausdrückliche gesetzliche Fristenregelung große Vorzüge. [H 214] d) Verzug aa) Allgemeine Voraussetzungen Es wird zunächst auf die Ausführungen von Möller in Bd I Anm. 14-29, die auch die Besonderheiten der Feuerv berücksichtigen, verwiesen. Von aktueller Bedeutung ist, daß die bisher erheblichen Voraussetzungen für den Eintritt des Verzuges nach §§ 284,285 B G B , nämlich Fälligkeit, zu vertretende Nichtleistung und Mahnung, zunächst durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. III. 2000 (BGBl I S. 330) entscheidend abgeändert worden sind. In die Vorschrift eingefügt worden ist folgender Absatz III: „Abweichend von den Absätzen 1 und 2 kommt der Schuldner einer Geldforderung 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung in Verzug. Bei Schuldverhältnissen, die wiederkehrende Geldleistungen zum Gegenstand haben, bleibt Absatz 2 unberührt". Diese Regelung bedeutet, daß bei Geldforderungen der Verzug des Schuldners, der eine Rechnung erhalten hat, automatisch 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang eintritt, ohne daß eine Mahnung erforderlich wäre. Wird keine Rechnung übersandt, kommt es auf den Zugang einer „gleichwertigen ZahlungsaufJohannsen/Johannsen

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Anm. H 214

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

forderung" an, die nicht näher definiert ist, aber wegen der Gleichwertigkeit wohl wie die frühere Mahnung gewissen Anforderungen an die Bestimmtheit der Forderung genügen muß (Palandt-Heinrich 60 R N 29 zu § 284; Hasse NVersZ 2000 S. 497-502, 501). Auch sie löst den Verzug erst nach 30 Tagen aus, wobei streitig ist, ob sie nur wirksam ist, wenn sie bei oder nach Fälligkeit zugeht (so Palandt-Heinrich aaO R N 27) oder ob sie bei früherer Erklärung 30 Tage nach Eintritt der Fälligkeit den Verzug auslöst (so Huber JZ 2000 S. 743-755, 744; Hasse aaO S. 501). Verzug durch Mahnung wird für Geldforderungen nach § 284 BGB überhaupt nicht mehr begründet und durch Nichtleistung in der nach dem Kalender bestimmten Zeit nur für wiederkehrende Leistungen. Diese Neuregelung, die für die meisten Geldforderungen die Anwendung des § 284 I und II ausschließt und dem Schuldner entgegen der Aussage des Namens des Gesetzes einen Zahlungsaufschub von 30 Tagen nach Fälligkeit gewährt, hat in der Literatur Verblüffung und Kritik ausgelöst (Huber aaO; Bitter WM 2000 S. 1282-1287; Medicus D N o t Z 2000 S. 256-260; Weishaupt NJW 2000 S. 1704; Hertel ZAP 2000 S. 653-666; Schimmel-Buhlmann MDR 2000 S. 737-741; Hasse aaO; Risse BB 2000 S. 1050-1054; Looschelders-Danger VersR 2000 S. 10491057). Die Abänderung des § 284 BGB war in dem Gesetzesentwurf, der mit dem Ziel, die Liquiditätslage und Zahlungsmoral in der Bauwirtschaft zu verbessern, eingebracht worden war, noch nicht enthalten und ist erst im Rechtsausschuß unter Berücksichtigung des Entwurfs der späteren europäischen Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (Richtlinie 2000/35/EG vom 29. VI. 2000 AbLGBl I 200/35) eingefügt worden. Es sollte kleineren Betrieben die gesonderte Mahnung erspart und durch die Einräumung einer Frist zur Überprüfung von Rechnungen der Verbraucherschutz verbessert werden (Huber aaO S. 746). Mit der genannten europäischen Richtlinie stimmt § 284 n. F. BGB aber nicht überein, weil sie von den Mitgliedstaaten nur die Sicherstellung einer Regelung über den Eintritt der Zinspflicht für die Fälle fordert, in denen ein bestimmter Zahlungstermin nicht festgelegt ist (vgl. Huber JZ 2000 S. 957-967, 959, der § 284 n. F. BGB für richtlinienwidrig hält und deshalb eine gesetzliche Abänderung fordert). § 284 n. F. BGB gilt nach dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen ab I.V. 2000. Nach Art 229 EGBGB gilt die Vorschrift darüber hinaus auch für Geldforderungen, die vor diesem Zeitpunkt entstanden sind. Jedoch lösen vor diesem Zeitpunkt zugegangene Rechnungen die Wirkung des § 284 III BGB nicht aus. Inzwischen hat der Gesetzgeber w i e d e r u m eine Änderung der Verzugsvoraussetzungen vorgenommen, die nunmehr in § 286 BGB in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. XI. 2001 (BGBl I S. 3138) zusammengefaßt sind. Die Vorschrift lautet wie folgt: (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich. (2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn 1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, 2. der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, daß sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen läßt, 3. der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, 4. aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist. 776

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Anm. H 214

I. Hauptpflichten des Feuervers

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug. (4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Damit wird der Mahnung wiederum wieder ihre alte Bedeutung beigelegt und sie wird ergänzt durch die Möglichkeit, den Verzug auch durch eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung herbeizuführen. Die Wirkung des Verzuges tritt aber 30 Tage nach deren Zugang nur ein, wenn der Schuldner, wenn er Verbraucher ist, auf diese Rechtsfolge besonders hingewiesen worden ist. Die Vorschrift ist am 1.1.2002 in Kraft getreten. In der Neufassung des Artikel 229 EGBGB § 5 ist aber bestimmt, daß auf Schuldverhältnisse, die vor dem 1.1.2002 entstanden sind, das BGB in der an diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden ist. Für Dauerschuldverhältnisse, zu denen die Vsverträge gehören, gilt dies mit der Maßgabe, daß vom 1.1.2003 die neuen Vorschriften anzuwenden sind. Diese können nunmehr als eine gelungene Lösung der Transformation der europäischen Richtlinie in das BGB angesehen werden, die für die Praxis keine besonderen Probleme aufwirft. Für die Zwischenzeit muß untersucht werden, welche Auswirkung § 284 BGB in der Fassung 2000 auf den Eintritt des Verzuges der Vsentschädigung, der vorher regelmäßig durch Mahnung nach Feststellung gemäß § 11 eintrat, hat. Angesichts dessen, daß § 11 I die Fälligkeit schon zum Nachteil des Vmers gegenüber § 271 BGB hinausschiebt, stellt diese Neuregelung des Verzugseintritts eine weitere Verschlechterung der Rechtsstellung des Vmers dar. In der Literatur sind Versuche unternommen worden, eine teleologische Reduktion von § 284 III BGB auf diejenigen Fälle vorzunehmen, in denen die Ausstellung einer Rechnung vorgeschrieben oder jedenfalls allgemein üblich ist (Bitter WM 2000 S. 1282-1287; Hertel aaO S. 655; Looschelders-Danga VersR 2000 S. 1049-1057). Damit würde die Vsentschädigung, für die das nicht der Fall ist, nicht in den Anwendungsbereich fallen. Dem steht aber der eindeutige Wortlaut entgegen, wonach für diese Fälle an die Stelle der Rechnung die gleichwertige Zahlungsaufforderung tritt. Auch der Auffassung von Huber aaO S. 754, der § 284 III BGB nicht eingreifen lassen will, wenn von § 271 BGB abweichende gesetzliche Fälligkeitsregeln bestehen, kann nicht gefolgt werden. Sein Argument, daß der erforderliche Prüfungszeitraum in die Fälligkeitsregel des § 11 bereits einbezogen sei und es deshalb mit der ratio legis unvereinbar und widersinnig sei, eine zweite Prüfungsfrist von 30 Tagen zuzugeben, ist zwar bestechend, trifft aber auch für andere Tatbestände zu, z.B. vertragliche kalendermäßig bestimmte Festlegungen der Leistungszeit, für die § 284 III BGB Fassung 2000 grundsätzlich Anwendung findet. Sein Ergebnis, daß Verzug von Vsentschädigungen nunmehr sofort mit Ablauf der in § 11 bestimmten Frist einträte, weil eine Mahnung nach der Neufassung des § 284 BGB nicht mehr vorgesehen sei, dürfte weder mit dem Wortlaut noch dem Sinn der Regelung vereinbar sein. Es ist vielmehr für die Übergangszeit davon auszugehen, daß der Ver mit der Zahlung der Vsentschädigung, für die die Erteilung einer Rechnung nicht üblich ist, 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Zahlungsaufforderung in Verzug gerät. Als Zahlungsaufforderung gemäß § 284 III BGB kann dabei die Schadenanzeige nicht angesehen werden, weil sie im Regelfall den geforderten Betrag nicht enthält, weil er Johannsen/Johannsen

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H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

noch nicht bestimmt werden kann (Hasse aaO S. 501). Dieser wird sich regelmäßig erst während des weiteren Verlaufs der Erhebungen bestimmen lassen, ohne daß dafür die Feststellung durch den Ver bereits erfolgt sein müßte. Geht die Zahlungsaufforderung dem Ver aber bereits vor Fälligkeit zu, tritt der Verzug 30 Tage nach Fälligkeit, also nach Abschluß der Erhebungen ein. Anhaltspunkte dafür, daß eine Zahlungsaufforderung vor Fälligkeit unwirksam sei, wie z. B. von Palandt-Heinrich 61 R N 27 zu § 284 angenommen wird, ergeben sich aus dem Gesetz nicht (Huber aaO S. 744). Wegen der Verwendung des Begriffes „gleichwertig" für die Zahlungsaufforderung ist vielmehr davon auszugehen, daß diese auch in ihrer Wirkung der Rechnung gleichsteht, für die allgemein angenommen wird, daß sie auch bei Zugang vor Fälligkeit die Wirkung hat, daß sie Verzug 30 Tage nach Fälligkeit auslöst. Für die in den Bedingungen geregelte Auszahlungsfrist von 14 Tagen wird auf H 210 verwiesen. Die dort angenommene A G B G-Widrigkeit ist unter der Geltung des §284 B G B in der Fassung des G. v. 30. III. 2000 in noch stärkerem Maße begründet. Wollte man das anders sehen, müßte jedenfalls durch ergänzende Vertragsauslegung eine Möglichkeit gefunden werden, die vertragliche Frist von 14 Tagen auf die gesetzliche von 30 Tagen für die Begründung des Verzuges anzurechnen. Für die Abschlagszahlung besteht keine Besonderheit. Die bisher überwiegend vertretene Auffassung, daß Verzug wegen der besonderen Funktion der Abschlagszahlung sofort bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen ohne Mahnung eintrete (Möller Bd I Anm 36 zu § 11; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 12 zu § 11; Gruber in B K R N 23 zu §11; O G H 8. VI. 1994 VersR 1995 S. 607-608; L G Essen 1. IX. 1972 VersR 1973 S. 558-560), läßt sich auf der Grundlage von § 284 B G B in der Fassung 2000 nicht aufrechterhalten. Auch bei Abschlagszahlungen löst die Zahlungsaufforderung die 30-Tage-Frist aus, die frühestens 1 Monat nach Anzeige des Vsfalls zu laufen beginnt (Hasse aaO S. 501, der dies allerdings als absurdes Ergebnis der Gesetzgebung bezeichnet). Von erheblicher Bedeutung für den Eintritt des Verzuges mit der Vsentschädigung waren bisher die Fälle der endgültigen ungerechtfertigten Leistungsablehnung. Nach der ständigen Rechtsprechung des B G H tritt durch den Zugang des Ablehnungsschreibens bei dem Vmer nicht nur die Fälligkeit der Entschädigung (vgl. dazu die Nachweise unter H 207), sondern aus dem Gesichtspunkt des § 242 B G B zugleich der Verzug des Vers ein, weil dem Vmer nach der endgültigen Ablehnung der Leistung nicht zugemutet werden könne, diese noch einmal anzumahnen ( B G H 27. IX. 1989 VersR 1990 S. 153-154; 16. V.1990 r + s 1990 S. 243-244, ständige Rspr; vgl. auch O L G Hamm 23.IX.1992 r + s 1993 S. 67, 27.V.1994 r + s 1994 S. 307-308). Gegen die Weitergeltung dieser Rechtsprechung wird eingewandt, daß es, nachdem der Gesetzgeber Abschied von der Mahnung genommen habe, keine Grundlage mehr für eine Bedeutung des Verzichts auf die Mahnung oder ihre Entbehrlichkeit gäbe (Hasse aaO S. 499). Dem ist aber entgegenzuhalten, daß Grundlage der angeführten Rechtsprechung die Grundsätze von Treu und Glauben sind, aus denen der Verzugseintritt unabhängig von den Voraussetzungen des § 284 a. F. B G B entwickelt worden ist (Palandt-Heinrich 61 R N 35 zu § 284). Diese verbieten aber auch unter der Geltung des § 284 B G B n. F., daß der Ver, der seine Leistungspflicht unberechtigt endgültig abgelehnt hat, sich auf eine weitere 30tägige Prüfungsfrist für seine Leistung berufen darf (Looschelders-Danga aaO S. 1053, 1057). Diese Überlegung ist in § 286 B G B in der Fassung des Schuldrechtsmodernifizierungsgesetzes ausdrücklich aufgenommen worden.

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Anm. H 216

I. Hauptpflichten des Feuervers

[H 215] bb) Verschulden Gemäß dem zunächst unverändert gebliebenen § 285 B G B (zukünftig § 286 IV B G B n. F.) kommt der Ver nicht in Verzug, wenn er die Nichtleistung nicht zu vertreten hat. Ein entsprechender Einwand wird von den Vera insbesondere dann häufig erhoben, wenn sie aufgrund der von ihnen vorgenommenen Erhebungen oder eines Ermittlungsverfahrens begründeten Anlaß für die Annahme ihrer Leistungsfreiheit nach § 61 hatten, sich aber letztlich herausgestellt hat, daß das Beweisergebnis hierfür nicht ausreichte. Die Ablehnung der Leistungspflicht und die Führung eines Deckungsprozesses sind häufig für den Ver die einzige Möglichkeit, eine Klärung der dafür erheblichen, meist in der Einflußsphäre des Vmers liegenden Umstände zu erreichen (Raiser 2 R N 21 zu § 18 AFB; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 19 zu § 11). Er handelt hierbei jedoch auf eigene Gefahr ( B G H 20. X I . 1990 r + s 1991 S. 37-38). Der B G H stellt hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Vers. Es reiche nicht aus, daß er sich seine eigene Rechtsauffassung nach sorgfältiger Prüfung und sachgemäßer Beratung gebildet habe. Unverschuldet sei ein dabei entstandener Irrtum nur dann, wenn er mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht habe zu rechnen brauchen ( B G H 27. IX. 1989 VersR 1990 S. 153-154 = r + s 1990 S. 58-59, 16. V. 1990 r + s 1990 S. 2 4 3 244). Ein solcher Ausnahmefall wird angenommen, wenn die Beurteilung der Leistungspflicht von der Beantwortung äußerst schwieriger und umstrittener Rechtsfragen abhänge. Das gilt insbesondere für solche, bei denen sich noch keine einheitliche Rechtsprechung gebildet habe ( B G H 19.IX. 1984 VersR 1984 S. 1137-1140). Das wurde beispielsweise verneint für die Auslegung des Repräsentantenbegriffs, weil dieser seit langem in der Rechtsprechung weitgehend geklärt sei ( B G H 27. IX. 1989 aaO), und kommt auch nicht in Betracht für die Auslegung von AVB (Wussow 2 Anm 6 zu § 17), deren Unklarheiten der Ver als Verwender zu vertreten hat. Der Ver darf sich auch nicht mit der Prüfung im Zeitpunkt der Leistungsablehnung begnügen, sondern muß in jeder Lage des Rechtsstreits überprüfen, ob seine Leistungsverweigerung weiterhin gerechtfertigt ist. So muß er z. B. auf das Ergebnis der Beweisaufnahme oder ein im Instanzenzug ergangenes Urteil reagieren ( B G H 19. IX. 1984 aaO, 20. X I . 1990 r + s 1991 S. 37-38). Dabei muß er seine Leistungspflicht selbständig prüfen und darf sich nicht darauf verlassen, daß die Gerichte sie verneint haben; das gilt jedenfalls dann, wenn erkennbar ist, daß die Entscheidungen durch Rechtsirrtum beeinflußt worden sind ( B G H 9.1.1991 VersR 1991 S. 331-333 = r + s 1991 S. 100-102; O L G Hamm 23. II. 1992 r + s 1993 S. 67). Die Auffassung von Prölss in Prölss-Martin 26 R N 20 zu § 11, daß der Ver „unter allen Umständen" den Ausgang eines Strafverfahrens abwarten dürfe, ist mit den strengen Anforderungen, die der B G H zu Recht an den Verschuldensausschluß stellt, nicht zu vereinbaren. Wenn der Entschädigungsanspruch trotz des Strafverfahrens fällig geworden ist (vgl. dazu unter H 208), muß der Ver in Betracht ziehen, daß dieses keine ausreichenden Beweise für seine Leistungsfreiheit ergeben wird und ist nur dann entschuldigt, wenn er aufgrund einer Prüfung des Ermittlungsergebnisses konkrete Anhaltspunkte dafür hat, daß mit einer Verurteilung des Vmers wegen Brandstiftung oder einer vergleichbaren zur Leistungsfreiheit führenden Straftat zu rechnen ist. [ H 2 1 6 ] cc) Zahlungen unter Vorbehalt Keine ordnungsgemäße Erfüllung liegt vor, wenn der Ver die Vsentschädigung zwar gezahlt, aber bei der Leistung einen Vorbehalt erklärt hat, durch den die Erfüllungswirkung der Zahlung beeinträchtigt wird. Ein Vorbehalt kann nach der Rechtsprechung des B G H (8. II. 1984 N J W 1984 S. 2826-2828, 9.1.1991 VersR 1991 S. 331Johannsen/Johannsen

779

Anm. H 217

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

333 = r + s 1991 S. 100-102, 9. VI. 1992 VersR 1993 S. 1028-1030 = r + s 1993 S. 333335) unterschiedliche Bedeutung haben: Regelmäßig wolle der Schuldner damit nur dem Verständnis seiner Leistung als Anerkenntnis entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen, um sich einen Rückforderungsanspruch nach § 812 BGB offen zu halten. Ein solcher Vorbehalt stelle die Ordnungsmäßigkeit der Erfüllung nicht infrage. Von einem solchen Fall ist ζ. B. auszugehen, wenn der Ver bei der Zahlung lediglich formuliert „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" (BGH 9. VI. 1992 aaO; Römer in Römer-Langheid R N 19 zu § 11). Anders sei es aber, wenn der Gläubiger durch den Vorbehalt zum Ausdruck bringe, daß die Schuldtilgung in der Schwebe bleiben und dem Leistungsempfänger für einen späteren Rückforderungsstreit die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs auferlegt werden soll. Einen solchen Ausnahmefall hat der BGH 9.1.1991 aaO z.B. angenommen, wenn nicht nur ein einseitiger Vorbehalt erklärt wird, sondern der Ver den Abschluß einer Rückzahlungsvereinbarung verlangt hat für den Fall, daß er von einem Dritten noch einmal erfolgreich in Anspruch genommen werde. Es ging um die streitige Berechtigung mehrerer Hypothekengläubiger. Die Erfüllungswirkung kann auch fehlen, wenn der Ver einen Vorbehalt hinsichtlich eines ihm noch unbekannten Ermittlungsergebnisses über Eigenbrandstiftung des Vmers gemacht hat (OLG Düsseldorf 14. III. 1995 VersR 1996 S. 89-90). Es kommt allerdings sehr auf die Formulierung des Vorbehalts und darauf an, wie der Vmer ihn nach Treu und Glauben unter den besonderen Umständen der Entschädigungsverhandlung verstehen konnte. So wurde vom OLG Köln 12. V. 1995 r + s 1995 S. 265-267 Erfüllungswirkung bejaht bei einem Vorbehalt, bei dem durch die Worte „höchstvorsorglich" und „wider alles Erwarten" ausgedrückt worden war, daß die Parteien davon ausgingen, daß der Inhalt der Ermittlungsakte der Leistungspflicht des Vers nicht entgegenstehen werde. [H 217] dd) Rechtsfolgen des Verzugs Regelmäßige Rechtsfolge des Verzugs ist die Verpflichtung des Vers zur Zahlung von Verzugszinsen. Daneben kommen Schadensersatzansprüche nach §§ 286, 288 II BGB in Betracht, bzw. nach §§ 280, 281 BGB in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes. Die Verpflichtung des Vers zur Zahlung von Verzugszinsen ist gemäß § 11 II zwingend. Durch Vereinbarung kann sie nicht ausgeschlossen (OLG Köln 14.11.1962 VersR 1962 S. 1074-1075) oder inhaltlich nach Dauer und Höhe beschränkt werden (Prölss in Prölss-Martin 26 R N 22 zu § 11; Römer in Römer-Langheid R N 20 zu § 11; Gruber in BK R N 39 zu § 11). Für die Höhe gilt der gesetzliche Zinssatz des § 288 I BGB, der bis zum 30. IV. 2000 4 % betrug, ab 1. V. 2000 aber durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. III. 2000 (BGBl I S. 330) auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-UberleitungsGesetzes vom 9. VI. 1998 (BGBl I S. 1242) erhöht worden ist. Es handelt sich um einen variablen Zinssatz; der Basiszinssatz wurde jeweils zum 1.1., I.V. und 1.X. eines Jahres festgesetzt (am l . X . 2 0 0 0 z.B. auf 4,26%). Dieser Zinssatz gilt auch für beiderseitige Handelsgeschäfte, wie aus der Neufassung von § 352 HGB „mit Ausnahme der Verzugszinsen" folgt. Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz ist der Zinssatz gemäß § 288 II BGB n. F. bei Rechtsgeschäften, an denen Verbraucher nicht beteiligt sind, auf 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz festgelegt worden. Dieser beträgt gemäß § 247 BGB n. F. 3,62% und verändert sich jährlich zweimal um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist, wobei Bezugsgröße der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzie780

Johannsen/Johannsen

Anm. H 218

I. Hauptpflichten des Feuervers

rungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahres ist. Wegen der gegenüber der bisher geltenden erheblich gestiegenen Höhe des Zinssatzes wird § 288 I S. 2 BGB, § 288 III n. F., wonach höhere Zinsen aus einem anderen Rechtsgrund weiter zu entrichten sind, für Vsentschädigungen keine Rolle mehr spielen. Denn die in den Bedingungen vereinbarten Zinsen liegen deutlich darunter. In Betracht kommt aber, daß höhere Zinsen wegen eines von dem Vmer wegen des Verzugs des Vers in Anspruch genommenen Bankkredits als Verzugsschadensersatz verlangt werden können. Auf diesen muß sich aber der Vmer die aufgrund desselben Schadenfalles gemäß § 94 oder den entsprechenden AVB-Bestimmungen erhaltenen Zinsen anrechnen lassen, weil es in deren Höhe an einem erlittenen Schaden fehlt (BGH 19.X. 1984 VersR 1984 S. 1137-1140 a.E. = r + s 1984 S. 273-274; O L G Celle 2. V. 1989 r + s 1990 S. 93-95; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 23 zu § 11; Römer in Römer-Langheid R N 21 zu § 11; Gruber in BK R N 40 zu § 11; a.A. Martin 3 Y IV 18). Im übrigen können Schadensersatzansprüche auf entgangenen Gewinn, Nutzungsund Mietausfall gerichtet sein, wenn der Verzug des Vers den Wiederaufbau brandgeschädigter Gebäude verzögert. Wenn deshalb nötige Reparaturen nicht ausgeführt werden und das Gebäude dadurch an Wert verliert, kann auch der Ersatz dieses Schadens in Betracht kommen (OLG Oldenburg 11.XII.1991 r + s 1992 S. 348-350). Zum Verzugsschaden gehören auch die durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten, jedoch nicht diejenigen, die für dessen Tätigkeit entstehen, durch die erst der Verzug begründet wird (durch anwaltliches Mahnschreiben O L G Köln 21.1.1982 VersR 1983 S. 922-923).

12. Sachverständigenverfahren Gliederung: Schrifttum H 218 a) Rechtsquellen H 219 b) Rechtsnatur H 220 c) Vereinbarung des Sachverständigenverfahrens H 221-226 aa) Zeitpunkt H 221 bb) Parteien H 222 cc) Inhalt H 223-226 aaa) H ö h e des Schadens H 223 bbb) Umfang des Schadens H 224 ccc) Vertragliche Erweiterung H 225 ddd) Besonderheiten bei der Betriebsunterbrechungsv H 226 dd) Form H 227 d) Der Sachverständige H 228-230 aa) Benennung H 228

bb) cc) e) Das aa) bb) cc)

Qualifikation H 229 Neutralität H 230 Feststellungsverfahren H 231-234 Verfahrensfreiheit H 231 Mitwirkung der Parteien H 232 Vernehmung von Parteien und Zeugen H 233 dd) Gutachten Dritter H 234 0 Die Feststellung H 235-237 aa) Gemeinsames Gutachten H 235 bb) Obmannsentscheidung H 236 cc) Form H 237 g) Verbindlichkeit/Unverbindlichkeit der Feststellung H 238 h) Kosten des Verfahrens H 239

[H 218] Schrifttum Döbereiner VersR 1983 S. 712-715, Engels VersPrax 1980 S. 6-7, 1984 S. 102-103, Gehrlein VersR 1994 S. 1009-1012, Habscheid in Festschrift für Heinrich Lehmann S. 789-811, Berlin 1956, Heinrich Das Sachverständigenverfahren im Privatversicherungsrecht, Frankfurt a.M. 1996, Horn Die Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen (AFB) und das AGB-Gesetz, 1984 (zitiert Horn AFB), Klocke ZfV 1977 S. 677-678, 1983 S. 93-95, 1984 S. 508-511, 1986 S. 47-48, Kuhn VersR 1983 S. 316-318, Martin r + s 1989 S. 239-242, Schneider Die FeuerBetriebs-Unterbrechungs-Versicherung, Frankfurt a. M. 1997, Sieg VersR 1965 S. 629-635, NJW Johannsen/Johannsen

781

A n m . H 219

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

1992 S. 2 9 9 2 - 2 9 9 6 , Stein-Jonas Kommentar zur Z P O , 21. Auflage, Tübingen 1994, (zitiert Verfasser in Stein-Jonas 2 1 ), Vollmer B B 1984 S. 1 0 1 0 - 1 0 1 4 , Volze VersR 1985 S. 2 3 2 - 2 3 3 , 1992 S. 6 7 5 - 6 7 7 , Zöller Kommentar zur Z P O , 22. Auflage, Köln 2001, (zitiert Verfasser in Zöller 2 2 ), vgl. im übrigen die Literaturnachweise zu § 64 in Bd II Anm 2.

[H 219] a) Rechtsquellen Das Sachverständigenverfahren in der Feuerv hat eine in das 19. Jahrhundert reichende Tradition (vgl. Domizlaff, Der jetzige und demnächstige Feuerversicherungsvertrag, S. 67ff.). Der Terminologie vorausgehender Bedingungswerke und Satzungen folgend, nennt die Begründung zum W G es auch Abschätzungsverfahren (Begr. I S. 73). Dennoch wurde es in § 64 W G nicht obligatorisch geregelt. Vielmehr finden sich in dieser Vorschrift nur wenige Rahmenrechtssätze für bestimmte Folgewirkungen. Damit ist zwar die Möglichkeit eines Sachverständigenverfahrens gesetzlich gewährleistet, zugleich werden aber Schranken gesetzt. Die Ausgestaltung des Sachverständigenverfahrens unterliegt der Parteidisposition. Sie findet als antizipierte Blankettbedingung für eine entsprechende Vereinbarung ihren Niederschlag in den Bedingungswerken der Feuerv, vgl. §§ 15 A F B 30 und 87, 12 und 13 F B U B , 23 V H B 92, 22 V G B 88. Der in Bd II Anm. 6 zu § 64 abgedruckte Wortlaut des § 15 A F B 30 wurde zunächst 1984 geändert (VA 1984 S. 392-393), nachdem das BAV die AVB- und Klauselregelungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem A G B G , vor allem § 9 A G B G , überprüft hatte (VA 1984 S. 380). Im Zuge der bereits im Jahre 1980 begonnenen Arbeiten zur Harmonisierung der Allgemeinen Vsbedingungen, Zusatzbedingungen und Klauseln in der Sachv unter Berücksichtigung der Erfordernisse des A G B G und der höchstrichterlichen Rechtsprechung wurden § 15 A F B und die entsprechenden Vorschriften über das Sachverständigenverfahren nochmals revidiert (VA 1987 S. 330, 337-338). Angestoßen wurde die Überprüfung und Änderung des § 15 A F B im Hinblick auf § 9 A G B G durch das Urteil des B G H vom 3. III. 1982 ( B G H Z 83 S. 169-180 = VersR 1982 S. 482-485). Dieses betraf die Kostenregelung nach § 15 V H B 66, nach der jede Partei die Kosten ihres Sachverständigen und die Hälfte der Kosten des Obmanns zu tragen hat. Diese Regelung hat der B G H für unwirksam erklärt und in einem weiteren Urteil vom 4. V. 1988 VersR 1988 S. 662-663 dieselbe Rechtsfolge für die Nachfolgeregelung des § 15 V H B 74 und § 15 AFB 30 ausgesprochen. Der B G H hob in seinen Entscheidungsgründen hervor, das W G gehe erkennbar davon aus, daß dem Vmer Kosten für Ermittlung und Feststellung des ihm entstandenen Schadens nur bei Vorliegen besonderer Umstände entstehen. Wenn nach den AVB hingegen auf Verlangen des Vers ein Sachverständigenverfahren eingeleitet werden könne - was nach Martin 3 Y I 26 in der Praxis weit häufiger war als das Verlangen des Vmers - und der Vmer alsdann vertraglich verpflichtet sei, seinen Sachverständigen beizuziehen, wenn er nicht die Vsleistung aufs Spiel setzen wolle, seien damit die Gründe entfallen, die einer Übernahme der normalerweise unnötigen Sachverständigen-Kosten durch den Vers entgegenstehen; und § 66 werde wirksam. Die entsprechende AVB-Bestimmung, die es also ins Belieben des Vers stellte, ob er das Sachverständigenverfahren verlangen und damit den Vmer zu den Aufwendungen zwingen will, weiche ohne einen durch die Besonderheit der Vertragsart gebotenen sachlichen Grund in unbilliger Weise zu Lasten des Vmers von der gesetzlichen Regelung ab. Schon die Möglichkeit eines derartigen Verhaltens des Vers ergebe die Unangemessenheit dieser Vsbedingung. Kuhn VersR 1983 S. 317 meinte dazu treffend, daß man der Entscheidung des B G H kaum mit juristischen Argumenten überzeugend entgegentreten könnte (zustimmend auch 782

Johannsen/Johannsen

Anm. H 220

I. Hauptpflichten des Feuervers

Horn AFB S. 92; Prave VsBedingungen und A G B G Nr. 527; Voit in Prölss-Martin 26 R N 22 zu § 66). Bei der 1987 erfolgten Neufassung der Bedingungen ist zwar die vom B G H beanstandete Kostenregelung nicht geändert, aber das einseitige Verlangen des Vers nach dem Sachverständigenverfahren, bei dem sich die Unangemessenheit der Regelung auswirkte, beseitigt worden. Grundsätzlich kommt jetzt das Sachverständigenverfahren nur aufgrund einer Vereinbarung zwischen Ver und Vmer zustande. Nur der Vmer hat darüber hinaus das Recht, einseitig seine Durchführung zu verlangen. Über fortbestehende Bedenken gegen die Kostenregelung vgl. H 239. Auch abgesehen von der Kostenregelung hält die früher in § 15 AFB 30 vorgesehene Möglichkeit, daß der Ver einseitig die Durchführung des Sachverständigenverfahrens verlangen konnte, der Inhaltskontrolle nach § 9 A G B G nicht Stand, weil obligatorische Schiedsgutachterklauseln wegen der Verkürzung des Rechtsschutzes zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vmers führen (BGH 10. X. 1991 NJW 1992 S. 433-435 zu Verträgen über die Lieferung von Fertighäusern; Brandner in Ulmer-Brandner-Hensen A G B 8 Anhang zu §§ 9-11 R N 621). [H 220] b) Rechtsnatur Das Sachverständigenverfahren nach § 15 AFB 87 und den entsprechenden Bestimmungen in den anderen Bedingungswerken der Feuerv (im folgenden wird auf diese nur dann besonders hingewiesen, wenn sie inhaltlich abweichen) wird nach herrschender Auffassung zutreffend als S c h i e d s g u t a c h t e r v e r f a h r e n qualifiziert (BGH 11. VI. 1976 VersR 1976 S. 821-825, 30.X.1977 VersR 1978 S. 121-124; Raiser 2 R N 4 zu § 16; Wussow2 Anm 3 zu § 15; Möller in Bd II Anm 7-12 zu § 64; Asmus ZVersWiss 1962 S. 197-253, 238; Habscheid in Festschrift für Lehmann S. 789-811, 803; Voit in Prölss-Martin 26 R N 8 zu § 64; Römer in Römer-Langheid R N 1 zu § 64; Beckmann in BK RN 5 zu § 64). Für die Abgrenzung zum Schiedsgerichtsverfahren ist maßgeblich, daß nicht über die gesamte Auseinandersetzung der Vertragsparteien entschieden, sondern mit der H ö h e des Schadens nur einzelne tatsächliche Elemente der Auseinandersetzung bindend festgestellt werden sollen. Außerdem ist für die Abgrenzung zum Schiedsgerichtsverfahren darauf abzustellen, ob die Entscheidung endgültig sein soll oder eine Uberprüfung in Betracht kommt, wie es für Schiedsgutachterentscheidungen typisch ist (BGH 4. VI. 1981 NJW 1981 S. 882-884). In § 15 Nr. 6 AFB 87 ist aber in Übereinstimmung mit der zwingenden Regelung in § 64 I ausdrücklich vorgesehen, daß die Feststellungen der Sachverständigen nicht verbindlich sind, wenn nachgewiesen wird, daß sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. Wegen dieser vereinbarten Überprüfungsmöglichkeit ist das Sachverständigenverfahren auch dann als Schiedsgutachter- und nicht als Schiedsgerichtsverfahren anzusehen, wenn ihm aus tatsächlichen Gründen, weil ζ. Β nur die Höhe des im übrigen unstreitigen Anspruchs auf die Vsentschädigung streitig ist, oder wegen einer vereinbarten Ausdehnung des Sachverständigenverfahrens nach § 15 Nr. 1 AFB 87 (dazu Η 225) im Ergebnis die gesamte Entscheidung über die Auseinandersetzung übertragen worden ist. Das Sachverständigenverfahren hat m a t e r i e l l - r e c h t l i c h e B e d e u t u n g , aber auch p r o z e ß r e c h t l i c h e A u s w i r k u n g e n (Möller in Bd II Anm 16-18 zu § 64). Materiellrechtlich soll durch seine Vereinbarung die Entschädigungsforderung der Höhe nach konkretisiert werden. Die Vereinbarung regelt auch deren Fälligkeit, die bis zum Abschluß des Verfahrens hinausgeschoben wird. Der Ver hat bis dahin ein Leistungsverweigerungsrecht, woraus gemäß § 202 B G B eine Hemmung der Verjährung zugunsten des Vmers folgt ( O L G Hamm 23. IV. 1982 VersR 1982 S. 10911092; Möller aaO Anm 17; Voit in Prölss-Martin 26 R N 11 zu § 64). Johannsen/Johannsen

783

Anm. H 220

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Die prozeßrechtlichen Auswirkungen bestehen darin, daß wegen der von den Parteien getroffenen Vereinbarung das Gericht in einem späteren Verfahren weitgehend an die Feststellungen der Sachverständigen gebunden ist; Beweiserhebung und Beweiswürdigung sind ihm - von dem Ausnahmefall der offensichtlichen Unrichtigkeit abgesehen - entzogen. Damit umfaßt die Vereinbarung auch einen prozeßualrechtlichen Beweisvertrag, der teilweise als Beweismittelvertrag (Habscheid in Festschrift für Lehmann S. 789-811, 803), teilweise als Kombination von Beweiserhebungs- und Beweiswürdigungsvertrag (Schlosser in Stein-Jonas 2 1 Vorbem. 22 vor § 1025) bzw. Beweisergebnisvertrag (Heinrich S. 71) qualifiziert wird. Während die Rechtsprechung weitgehend nur auf die materiell-rechtliche Bedeutung des Schiedsgutachtervertrages abstellt und bei Fehlen entsprechender Vereinbarungen § § 3 1 7 - 3 1 9 BGB analog zur Lückenfüllung heranzieht (BGH 25. VI. 1952 B G H Z 6 S. 335-341 (nicht vsrechtliche Entscheidung), 31.1.1957 VersR 1957 S. 122123, 30. XI. 1977 VersR 1978 S. 121-124; O L G Hamm 31. V. 1978 VersR 1979 S. 150151; OLG Frankfurt a . M . 12. V. 1981 VersR 1982 S. 759-760), nimmt eine auf Habscheid aaO zurückgehende Auffassung in der Literatur an, daß die prozessuale Wirkung von auf Tatsachenfeststellung gerichteten Schiedsgutachtervereinbarungen gegenüber der materiellrechtlichen überwiege, so daß eine analoge Anwendung der Vorschriften der ZPO über das Schiedsgerichtsverfahren geboten sei (Sieg VersR 1965 S. 629-635, N J W 1992 S. 2992-2996; Schlosser aaO; Geimer in Zöller 22 R N 5 zu §1022; Heinrich S. 60-71 mit ausführlicher Darstellung des Meinungsstandes). Zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen die beiden Auffassungen insbesondere bei der Beurteilung der Anforderungen an die Neutralität der Sachverständigen und die Behandlung ihrer Befangenheit (dazu H 230) sowie bei der Frage der Gewährung rechtlichen Gehörs (dazu H 232), während auch bei den Vertretern der prozessualen Theorie weitgehend Einigkeit darüber besteht, daß die Vorschriften über die Form der Schiedsgerichtsvereinbarung (jetzt § 1031 ZPO in der Neufassung durch das SchiedsverfahrensG vom 22. XII. 1997 BGBl I S. 3224), die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs, § 1060 ZPO, und das Aufhebungsverfahren, § 1059 ZPO, nicht analog angewendet werden sollen (Schlosser aaO mit Nachweisen). Da das Sachverständigenverfahren nach § 15 AFB 87 keine in sich geschlossene vollständige Regelung darstellt und die ergänzend heranzuziehende Vorschrift des § 64 nur Teilbereiche des vsrechtlichen Sachverständigenverfahrens regelt, ist ein Bedürfnis für die analoge Anwendung anderer Vorschriften zur Lückenfüllung gegeben. Dafür kommen §§ 317-319 BGB wegen der Regelung eines ähnlichen Sachverhalts in Betracht, sind aber nur eingeschränkt brauchbar, weil § § 1 5 AFB 87, 64 die in §§ 318 I, 319 vorgesehenen Rechtsfolgen bereits geregelt haben. Es verbleibt nur § 318 II BGB über die Anfechtung der Leistungsbestimmung. Der Auffassung von Sieg VersR 1965 S. 635, daß diese Bestimmung bei einem feststellenden Gutachten nicht anzuwenden sei, kann nicht gefolgt werden. Sie wird allerdings nur in Ausnahmefällen relevant werden, wie z.B. in dem vom O L G H a m m 31.V. 1978 VersR 1979 S. 149-151 entschiedenen Fall, in dem der gemäß § 15 AFB 30 bestellte Sachverständige erklärt hatte, daß der Zeitwert 35 % des Neuwertes betrage, aber in Wirklichkeit eine Aussage über den Zeitwert gar nicht hatte machen wollen, sondern über den auszuzahlenden Betrag; es lag damit kein Bewertungsirrtum vor, der allerdings nur nach § 64 I hätte überprüft werden können, sondern ein Erklärungsirrtum, der die Parteien zur Anfechtung berechtigte. Allgemeine zivilrechtliche Regelungen sind im übrigen für die Beurteilung der Wirksamkeit der Vereinbarung heranzuziehen. Wegen des prozessualen Inhalts der Vereinbarung ist auch die Anwendung prozeßrechtlicher Vorschriften grundsätzlich möglich. Die analoge Anwendung der Vorschriften des sehr förmlich ausgestalteten 784

Johannsen/Johannsen

Anm. H 220

I. Hauptpflichten des Feuervers

Schiedsgerichtsverfahrens nach den §§ 1025-1066 ZPO, das auch durch die vorgesehene Mitwirkung staatlicher Gerichte geprägt wird, ist jedoch für das Sachverständigenverfahren im Feuervsrecht nicht geeignet. Es wird seinem Zweck, unter Einsetzung der besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten von Fachleuten schnell und unförmlich tatsächliche Feststellungen zu treffen, nicht gerecht. Hierdurch würde auch der Unterschied zwischen dem Schiedsgerichtsverfahren, das mit einem die Auseinandersetzung zwischen den Parteien insgesamt entscheidenden vollstreckbaren Schiedsspruch endet, und dem Schiedsgutachterverfahren, das nur tatsächliche Feststellungen ergreift, die grundsätzlich gerichtlich überprüfbar sind, nahezu aufgehoben werden. Die Heranziehung der speziellen Vorschriften der §§ 1036,1037 ZPO über die Ablehnung von Schiedsrichtern ist auch nicht erforderlich, um zu gewährleisten, daß das Sachverständigenverfahren rechtsstaatlichen Anforderungen genügt. Daß auch Schiedsgutachter ihre Aufgabe u n a b h ä n g i g und u n p a r t e i i s c h zu erfüllen haben, ist selbstverständlich und beruht auf allgemeinen Grundsätzen (BGH 6. VI. 1994 NJW RR 1994 S. 1314). Für ein in AGB geregeltes Verfahren wie das Sachverständigenverfahren nach § 15 AFB 87 wird das durch die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, § 307 BGB n. F. gewährleistet. Ein Ausschluß des Ablehnungsrechts, der aber in § 15 AFB 87 nicht vorgesehen ist (vgl. dazu im einzelnen H 230), würde eine unangemessene Benachteiligung des Vmers darstellen, weil ihm eine Unterwerfung unter das Gutachten eines dem Ver interessenmäßig nahestehenden oder aus sonstigen Gründen parteiischen Gutachters nicht zugemutet werden kann (Brandner in Ulmer-BrandnerHensen 8 RN 620 Anhang zu §§ 9-11; Wolf in Wolf-Horn-Lindacher 4 S. 19,25 zu § 9; Horn AFB S. 89). Als Norm, von der abgewichen würde und die für § 15 AFB 87 ergänzend herangezogen werden kann, kommt dabei eher als § 1036 ZPO über die Ablehnung von Schiedsrichtern § 406 ZPO in Betracht, der die Neutralität von Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren regelt und ihre Ablehnung zuläßt. Wenn diese Sachverständigen unparteilich sein müssen, obwohl ihre Gutachten das Gericht nicht binden und von diesem selbständig gewürdigt werden, ist die Unparteilichkeit um so mehr für Sachverständige geboten, deren Gutachten bindend und nur beschränkt überprüfbar sind. Abzulehnen ist auch eine Anwendung der Vorschriften des Schiedsgerichtsverfahrens, die zur Unzulässigkeit der Klage vor dem ordentlichen Gericht vor Erledigung des Sachverständigenverfahrens führen würden (so z.B. Sieg VersR 1965 S. 629-635, der eine prozeßhindernde Einwendung nach § 274 II 3 ZPÖ angenommen hat, jetzt ausdrücklich in § 1032 ZPO geregelt). Diese Konsequenz wird auch von den Vertretern der rein prozessualen Einordnung des Schiedsgutachterverfahrens überwiegend nicht gezogen (Schlosser in Stein-Jonas 21 Vorbemerkung 32 zu § 1025; Heinrich S. 181-184 mit Übersicht über den Meinungsstand). Vielmehr ist die Klage mangels Fälligkeit der Vsentschädigung als zur Zeit nicht begründet abzuweisen (BGH 8. VI. 1988 NJW RR 1988 S. 1405; OGH 10. XI. 1965 VersR 1966 S. 576; Martin 3 Y I 31; Voit in Prölss-Martin 26 RN 12 zu § 64; Römer in Römer-Langheid Anm 27 zu § 64; Beckmann in BK RN 12 zu § 64; Gehrlein VersR 1994 S. 1009-1013, 1013). Das Gericht hat auch die Möglichkeit, den Parteien eine Frist zur Beibringung der Gutachten gemäß § 356 ZPO zu setzen (BGH, Gehrlein aaO). Der Ver kann auf die mögliche Einrede des noch nicht durchgeführten Sachverständigenverfahrens verzichten, und zwar auch durch schlüssiges Verhalten und mit der Rechtsfolge der sofortigen Leistungsfälligkeit (OGH 19. IV. 1979 r + s 1980 S. 24, 20.X. 1988 VersR 1989 S. 940). An die Annahme eines derartigen konkludenten Verzichts ist jedoch ein strenger Maßstab anzulegen (OGH 8. VI. 1994 VersR 1995 S. 607). Johannsen/Johannsen

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Antn. H 222

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage seitens des Vmers ist nicht ausgeschlossen (Möller Bd II Anm 39 zu § 64), denn mit Rücksicht auf die M ö g l i c h k e i t eines Sachverständigenverfahrens ist ein weiterer Prozeß zur Höhe der zu leistenden Entschädigung gerade nicht die typische Folge eines Feststellungsurteils trotz des unentschieden gelassenen Streits über die Höhe der versicherten Schäden ( B G H 16. IV. 1986 VersR 1986 S. 675 = r + s 1986 S. 185-186, O L G Hamm 17. VII. 1981 VersR 1982 S. 642). Deshalb darf der Vmer auch weder auf eine Leistungsklage verwiesen werden noch besteht für ihn eine Verpflichtung, sich während des laufenden Feststellungsrechtsstreits zu erklären, ob das Sachverständigenverfahren beantragt werde. Für die Durchführung eines selbständigen Beweissicherungsverfahrens nach § 485 ZPO, das - wenn ein Sachverständigengutachten eingeholt werden soll - ähnlichen Zwecken wie das Sachverständigenverfahren dient, fehlt es am Rechtsschutzinteresse, wenn die Parteien das Sachverständigenverfahren bereits gewählt haben ( O L G Hamm 15.X. 1997 r + s 1998 S. 102) oder es wie der Vmer nach § 15 A F B 87 jederzeit verlangen können. [ H 2 2 1 ] c) Vereinbarung des Sachverständigen Verfahrens aa) Zeitpunkt Erst nach Eintritt des bedingungsmäßigen Vsfalles können die Vertragsparteien das Sachverständigenverfahren vereinbaren bzw. der Vmer ein solches durch einseitige Erklärung gegenüber dem Ver verlangen. Aus dem selbständigen Absatz unter § 15 Nr. 1 A F B 87, der ausdrücklich auf den Vsfall abstellt, läßt sich allerdings nicht unmittelbar entnehmen, daß das vom Vmer gegenüber dem Ver zum Ausdruck gebrachte Verlangen den Eintritt des Vsfalles voraussetzen muß. Man könnte die einseitige Erklärung des Vmers gegenüber dem Ver durchaus auch als zugebilligtes und ausgeübtes Optionsrecht auf ein zu vereinbarendes Sachverständigenverfahren nach Eintritt des Vsfalles auffassen, d. h. die Erklärung könnte also vom Vmer schon vorher abgegeben werden. Ein daraufhin bzw. später in Gang gesetztes Sachverständigenverfahren kann sich dann allerdings grundsätzlich nur auf den Minimalumfang („das" Sachverständigenverfahren gemäß § 15 Nr. 1 S. 2 A F B 87) beziehen, daß nämlich nur die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt wird (vgl. Martin 3 Y I 61). [ H 222] bb) Parteien Ver und Vmer sind nach § 15 A F B 87 die Parteien der Vereinbarung des Sachverständigenverfahrens. Für die Rechtsnachfolger des Vmers (und die des Vers) besteht Bindungswirkung. Insbesondere bindet die Abrede im Vsvertrag im Falle der Veräußerung der vten Sache auch den Erwerber nach § 69 I, ferner den Gesamtrechtsnachfolger des Vmers (z.B. Erbe) und im Falle der Abtretung den Zessionar. Soweit der Vte im Falle der V für fremde Rechnung aktivlegitimiert ist, kann er durch eine vorangegangene Erklärung des Vmers bezüglich der Durchführung eines Sachverständigenverfahrens ebenfalls gebunden sein. Wegen seiner in §§ 99-107 c, 1127 B G B (und §§ 1128-1130 B G B ) privilegierten Sonderstellung will Raiser 2 Anm 3,18 zu § 16 A F B (vgl. auch Voit in Prölss-Martin 26 R N 19 zu § 64) dem Hypothekengläubiger ein Recht auf Mitwirkung am Sachverständigenverfahren einräumen. Demgegenüber hat das R G 14. XII. 1939 R G Z Bd 162 S.273 in einem Falle der Zwangsversteigerung dem Erwerber (Hypothekengläubiger), der auch Gläubiger der Vsforderung geworden ist, das Recht zur Bestellung des Sachverständigen versagt und es dem ursprünglichen Vmer zugebilligt. Die Auffassung von Raiser ist aber vorzuziehen. Es entspricht einer verständigen Abgrenzung des Rechtsinstituts, daß derjenige, dem die Rechte 786

Johannsen/Johannsen

Anm. H 223

I. Hauptpflichten des Feuervers

aus dem Vsvertrag zustehen, auch die für die Durchführung des Verfahrens zur Durchsetzung dieser Rechte bindende Erklärung abgeben kann. Dazu, daß der Hypothekengläubiger aufgrund seiner selbständigen Rechtsstellung nach § 102 sogar die Durchführung eines neuen Sachverständigenverfahrens verlangen kann, weil er an die Ergebnisse des ohne seine Mitwirkung zustande gekommenen nicht gebunden ist, vsLJ55· Erst recht ist ein selbständiges Recht auf Durchführung eines Sachverständigenverfahrens und die Benennung des Sachverständigen denjenigen Hypothekengläubigern zuzubilligen, die unter den Voraussetzungen des § 105 vor Eintritt des Vsfalles anstelle des Vmers dessen V fortsetzen und denen keine die Vssumme übersteigende Belastung vorgeht (vgl. dazu J 80). Ein generelles Benennungsrecht für den Hypothekengläubiger läßt sich aus den ihn begünstigenden Schutzvorschriften allerdings nicht herleiten. Es ist nur dann gerechtfertigt, wenn er berechtigt ist, anstelle des Vmers die Vsforderung geltend zu machen. [H 223] cc) Inhalt aaa) Höhe des Schadens Nach § 15 Nr. 1 S. 1 AFB 87 ist primäre Aufgabe der Sachverständigen, auf die das einseitige Verlangen des Vmers bzw. die Vereinbarung der Parteien gerichtet ist, die Feststellungen der „Höhe des Schadens", was der zweitgenannten Alternative in § 6 4 1 1 entspricht. Diese Aufgabenstellung umschreibt zugleich die von den Parteien gewollte Zuständigkeit der Sachverständigen. Die Bezeichnung „Höhe des Schadens" deutet auf § 287 ZPO (vgl. Martin r + s 1989 S. 239 und Möller Bd II Anm. 36 zu § 55). Dem entspricht es, daß die Begründung zum W G von einem Abschätzungsverfahren spricht (Begr. I S. 73). Das Sachverständigenverfahren kann als eine „verselbständigte Beweisaufnahme" charakterisiert werden (vgl. Heinrich S. 180), die letztlich eine Schadenschätzung wie die eines Richters nach § 287 ZPO einschließen sollte. Demgemäß dürfen die Schätzungen der Sachverständigen nicht willkürlich sein und sich nicht so weit von den für § 287 ZPO entwickelten Rechtskautelen entfernen, daß in einem hypothetischen Prozeß ein völlig anderes Ergebnis zu erwarten wäre (vgl. Heinrich S. 215; Martin 3 Y I 42). Wenn nach § 83 im Falle eines Brandes der entstandene Schaden zu ersetzen ist, dann bedeutet dies, daß eine in Geld schätzbare, auf rein tatsächlichen Grundlagen beruhende Wertbestimmung getroffen werden muß, denn Schaden ist zunächst ein wirtschaftlich determinierter Rechtsbegriff, der sich vstechnisch als Negation des Interesses darstellt (Möller Bd II Anm 11 vor §§ 49-80). Die Schadenhöhe muß demzufolge bezogen werden auf den Vswert zum Eintritt des Vsfalles (sog. Ersatzwert), wobei dieser zugleich den Höchstschadenwert, den Schadengrenzwert angibt (Möller Bd II Anm 19 zu § 55). Demzufolge ist die Annahme sachgerecht, daß die Feststellungen der Sachverständigen nach § 15 Nr. 3 AFB 87 außer den Tatsachenermittlungen auch und vor allem die Wertbestimmungen enthalten können und müssen. Das bedeutet, daß sich das Sachverständigenverfahren auf konkretisierbare Bewertungsgrundlagen erstrecken kann (Möller Bd II Anm 15 zu § 64), d. h. daß aus den aus Sachkunde ermittelten Tatsachen wirtschaftliche Schlußfolgerungen gezogen werden. Mithin betrifft dies ein Grenzgebiet, wo die Tatsachenanalyse sich zu einem Werturteil wandelt (vgl. BGH 18. X. 1977 VersR 1978 S. 229-230), ohne daß sich allerdings dadurch der Rechtscharakter der Sachverständigenfeststellung vom Schiedsgutachten zum Schiedsspruch verändert. Die von den Sachverständigen zu treffenden Wertbestimmungen gemäß § 15 Nr. 3 AFB 87 sind umfassend und komplex. Während nach § 15 Nr. 2b) AFB 30 die Feststellungen der beiden Sachverständigen lediglich den „Vswert der Sachen unmittelbar Johannsen/Johannsen

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Anm. H 224

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

vor und nach dem Schaden" enthalten mußte, bezieht sich die Wertermittlung der vom Schaden betroffenen Sachen durch den Sachverständigen nach § 15 A F B 87 auf folgendes: (1) Der Vswert zum Zeitpunkt des Vsfalles; dieser Vswert (Neuwert, Zeitwert gemeiner Wert) wird dabei ausführlich definiert nach § 5 AFB 87 (vgl. dazu H 142-158). (2) bei zerstörten oder infolge eines Vsfalles abhanden gekommenen Sachen ist nach § 11 Nr. 1 a) A F B 87 der Zeitpunkt der Wertbestimmung „unmittelbar vor Eintritt des Vsfalles" maßgebend und (3) bei beschädigten Sachen nach § 15 Nr. 3 b) A F B 87 in Verbindung mit § 11 Nr. 1 b) sind außer diesem Vswert die notwendigen Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Vsfalles zuzüglich einer durch die Reparatur nicht auszugleichenden Wertminderung zu berücksichtigen, höchstens jedoch der Vswert unmittelbar vor Eintritt des Vsfalles; (4) in den Fällen des § 11 Nr. 5 A F B 87, bei denen der Neuwert nach § 5 Nr. 1 a) und Nr. 2 a) Vswert ist, muß gemäß § 15 Nr. 3 a) auch der Zeitwert (Definition in § 5 Nr. 1 b) und in Nr. 2 b) festgestellt werden und (5) für Muster, Anschauungsmodelle, Prototypen, Ausstellungsstücke etc., die für nach § 11 Nr. 6 A F B 87 der gemeine Wert (§ 5 Nr. 2 c) A F B 87) maßgebend ist, ist dieser neben dem Vswert zum Zeitpunkt des Vsfalles anzugeben; (6) zu den sonstigen in § 15 Nr. 3 c) A F B 87 gemäß § 11 Nr. 1 aufgeführten maßgebenden Tatsachen dürften außer den ausdrücklich erwähnten Restwerten die durch die Reparatur nicht auszugleichende Wertminderung sowie die durch eine Reparatur eingetretene Werterhöhung gehören (vgl. dazu H 164-165), (7) ferner gehören zu den Feststellungen gemäß § 15 Nr. 3d) A F B 87, die dem Vmer entstandenen und gemäß § 3 A F B 87 vten Kosten; (8) außerdem zählen zu allen Positionen die jeweiligen Kosten nach §§ 62, 63 (Rettungskosten) als wirtschaftlich unverzichtbarer Teil des Hauptschadens (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 15 A F B 30). (9) Nach der Neufassung 1999 der V G B 88 ist gemäß § 17 Nr. 3d) auch der nach §3 verte Mietausfall in die Feststellungen aufzunehmen. Da in der Wohngebäudev Sachverständige zur Feststellung der Höhe des Gebäudeschadens eingesetzt zu werden pflegen, die in der Regel keine betriebswirtschaftlichen, insbesondere mietwirtschaftlichen Kenntnisse haben, ist zweifelhaft, ob sich diese Neuregelung bewähren wird (vgl. dazu Dietz Wohngebäudev 2 S. 493). [H 224] bbb) Umfang des Schadens Nach § 15 Nr. 3 a) A F B 87 „müssen" die Feststellungen der Sachverständigen „ein Verzeichnis der zerstörten, beschädigten oder abhanden gekommenen Sachen" enthalten, auf die sich die vorerwähnte Wertermittlung erstreckt. Auf den ersten Blick könnte dies darauf hindeuten, daß die Sachverständigen verbindlich festzustellen haben, ob die vten Sachen, die sie bewerten sollen, wirklich vorhanden gewesen sind. Damit wären die Sachverständigen aber überfordert. So weit geht ihre Kompetenz nicht (vgl B G H 11.1.1989 VersR 1989 S. 395-397 = r + s 1989 S. 261-262 und Möller Bd II Anm. 15 zu § 64). Vom B G H 11.1.1989 wird in diesem Zusammenhang treffend ausgeführt, daß dann, wenn die Höhe des Schadens durch Sachverständige festzustellen sei, dies vernünftigerweise nur für solche Fragen gelten könne, die einer Beurteilung durch Sachverständige zugänglich seien; ob bestimmte Sachen vor dem Einbruchsdiebstahl vorhanden gewesen seien und danach vermißt würden, lasse sich in 788

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Anm. H 224

I. Hauptpflichten des Feuervers

der Regel nur durch andere Beweismittel als Sachverständigengutachten, insbesondere durch Zeugenvernehmung, u . U . auch durch eine Parteivernehmung nach § 287 I 3 Z P O klären. Dieser Entscheidung, die sich auf eine mit § 15 Nr. 3 a) A F B 87 übereinstimmende Formulierung in den A E R B über das „Verzeichnis" der vom Schaden betroffenen Sachen bezieht, ist uneingeschränkt zuzustimmen. Was das von den Sachverständigen verlangte Verzeichnis angeht, so ist mit Martin r + s 1989 S. 240 anzunehmen, daß es lediglich die Funktion hat, die Sachverständigen zu zwingen, in nachvollziehbarer F o r m und nicht pauschal die H ö h e des Schadens darzulegen, was nur möglich ist, wenn jeder einzelnen Sache ein Teilbetrag des Vswertes und des Schadengesamtbetrages zugeordnet wird. Die Notwendigkeit einer Liste der betroffenen Sachen setzt nicht zwingend eine Entscheidungskompetenz der Sachverständigen über die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Liste voraus; vielmehr hat der Sachverständige von den unstreitigen oder jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht in Zweifel gezogenen Angaben des Vmers auszugehen (a. M. Heinrich S. 218). Differenzierend nimmt hingegen Voit in Prölss-Martin 2 6 R N 24 zu § 64 an, daß zur H ö h e des Schadens auch die Art und Zahl der zerstörten oder abhanden gekommenen Sachen zählen, wenn es für die Feststellung einer besonderen Sachkunde bedürfe. Das hat B G H 8. II. 1984 VersR 1984 S. 4 2 9 - 4 3 1 für möglich gehalten bei Lager- und Warenbeständen, B G H 2 6 . X . 1967 VersR 1967 S. 1141-1142 für zulässig erklärt bei einem Tatbestand, der aus Zuchtbüchern zu ermitteln war. Bezogen und eingegrenzt ist diese befürwortete Ermittlung der Sachverständigen aber auf Recherchen über den Umfang eines Verlustes auf der Basis von Geschäftsbüchern und sonstigen Unterlagen (so auch Römer in Römer-Langheid R N 6 zu § 64). Zu beachten ist dabei, daß eine solche Feststellung sich letzten Endes nur auf eine Wahrscheinlichkeitsüberlegung des Inhalts bezieht, daß nach den schriftlichen Geschäftsunterlagen solche Sachen vor Eintritt des Vsfalles tatsächlich vorhanden gewesen sein müßten. Beizupflichten ist Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 15 A F B 30, daß zur Feststellung der H ö h e des Schadens auch die technische Abgrenzung des Schadens, d.h. die Unterscheidung zwischen betroffenen und nicht betroffenen Sachen oder Gebäudebestandteilen gehöre (ebenso Dietz Wohngebäudev 2 S. 487 zum Gebäudeschaden). Da die Parteien nach § 15 Nr. 1 S. 2 A F B 87 das Sachverständigenverfahren durch Vereinbarung auf sonstige tatsächliche Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs erweitern können, läßt sich die Feststellung der Sachverständigen ohnehin auf den Umfang des Schadens ausdehnen. Zweifelhaft ist, ob bei einseitigem Verlangen des Vmers nach einem Sachverständigenverfahren über die H ö h e des Schadens mit dem nach § 15 Nr. 3 a) A F B 87 obligatorischen Verzeichnis zugleich die Feststellungsausdehnung auf den tatsächlichen Umfang des bestrittenen Teils des Schadens getroffen werden soll. Wollte man die Vorschrift so auslegen, könnte dabei der Gedanke einer überraschenden Klausel nach §§ 3 A G B G , 305 c B G B n.F. auftauchen (vgl. dazu Heinrich S. 156; Martin 3 Y I 61), weil dem Vmer mit seinem Verlangen nicht bewußt ist, daß er auf einen Teil der für den Schadenumfang nötigen Beweismittel (ζ. B. Zeugenvernehmung) verzichtet. U m das zu verhindern, muß vom Ver darauf gedrungen werden, daß ohne Mißverständnisse klargestellt wird, ob vereinbart werden soll, daß die Sachverständigen auch darüber zu befinden haben, ob gewissermaßen nach Wahrscheinlichkeitsgrundsätzen darüber verbindliche Feststellungen zu treffen seien, ob angeblich verbrannte oder abhanden gekommene Sachen vor dem Brand sich tatsächlich am Vsort befunden haben oder nicht. Unterbleibt eine solche Klarstellung, so kommt den diesbezüglichen Feststellungen der Sachverständigen keine Verbindlichkeit zu.

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Anm. H 226

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

[H 225] ccc) Vertragliche Erweiterung Das Sachverständigenverfahren kann durch Vereinbarung gemäß § 15 Nr. 1 S. 2 AFB 87 auf sonstige tatsächliche Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs sowie der Höhe der Entschädigung ausgedehnt werden. Zu den tatsächlichen Voraussetzungen kann die Entstehungsursache eines Schadens gehören. Möglich ist allerdings nur die Feststellung einer conditio sine qua non, denn der auch im Vsrecht geltende Grundsatz der adäquaten Kausalität ist eine auf Erfahrung aufbauende rechtliche Wertungsfrage und bleibt einer Sachverständigen-Feststellung verschlossen. Eine Ursachenfeststellung kann beispielsweise notwendig werden, wenn bei einem Schadenereignis nicht klar ist, ob die auslösende Ursache ein Brand ist, für den der Feuerver einzutreten hat, oder eine Explosion, für die u. U. ein Maschinenver haften bzw. mithaften würde. Vom B G H 14.XI.1990 r + s 1991 S. 173-175 ist allerdings verneint worden, daß die dort zu beurteilenden AVB derartige Feststellungen von Schadenursachen vorsehen. Dem ist jedoch für § 15 Nr. 1 S. 2 AFB 87 nicht zu folgen, wenn eine solche Erstreckung der Sachverständigen-Feststellungen ausdrücklich nach Eintritt des Vsfalles zwischen den Parteien des Vsvertrages ausgehandelt wird. Gegen die Meinung des B G H wendet sich mit zutreffender Auslegung der Bedingungen Wälder r + s 1991 S. 175. Eine derartige Ursachenfeststellung durch Sachverständige dürfte allerdings nur ausnahmsweise sinnvoll sein (vgl. Martin 3 Y I 54). Da sie mit Mehrkosten verbunden ist und dem Vmer wohl weniger als dem Ver dient, muß der Vmer vor der Vereinbarung vom Ver zutreffend beraten und auch über die Kostenfolge aufgeklärt werden. Als weitere Möglichkeit zur Feststellung von Tatsachen für den Grund des Anspruchs werden ausgeschlossene Betriebsschäden oder Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften genannt (so Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 15 AFB 30). Bei der weiter aufgeführten groben Fahrlässigkeit handelt es sich aber insbesondere wegen ihrer subjektiven Komponente um die Beurteilung von Rechtsfragen, die dem Sachverständigenverfahren nicht zu überlassen sind. Auch für die Feststellung einer Unterv ist vom O L G Hamm 12. X. 1988 VersR 1989 S. 584-585 = r + s 1989 S. 25 die Zuständigkeit der Sachverständigen verneint worden, weil es sich dabei um reine Rechtsfragen handele. Es kann jedoch dem Sachverständigenverfahren durch besondere Vereinbarung die Prüfung und Bewertung der eine Unterv begründenden Tatsachen überlassen werden (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 15 AFB 30). Eine solche Regelung war in § 17 Nr. 2c V G B 62 enthalten, wonach auch der Vswert und der Zeitwert der vom Vsfall n i c h t b e t r o f f e n e n S a c h e n von den Sachverständigen zu ermitteln war. Eine solche Regelung hatte der B G H 3. III. 1982 B G H Z 83 S. 169-180 = VersR 1982 S. 482-483 (vgl. dazu H 219) wegen der dadurch entstehenden Kosten und des einseitigen Interesses des beweisbelasteten Vers an diesen Feststellungen für unbillig gehalten. [H 226] ddd) Besonderheiten bei der Betriebsunterbrechungsversicherung Für die Betriebsunterbrechungsv ist das Sachverständigenverfahren zur Feststellung der Höhe des Unterbrechungsschadens zunächst in § 12 F B U B weitgehend wörtlich übereinstimmend mit § 15 AFB 87 geregelt. Für den Umfang der Feststellungen der Sachverständigen wird die Regelung in § 15 Nr. 3 AFB 87 ersetzt durch § 13 FBUB, der detaillierte Anforderungen an die Sachverständigen stellt. Nach § 13 Nr.la) müssen Gewinn- und Verlustrechnungen für das laufende Geschäftsjahr bis zum Beginn der Betriebsunterbrechung und für das vorausgegangene Geschäftsjahr aufgestellt werden. Außer der eigentlichen Schätzung, nämlich der Darstellung in einer Gewinn- und Verlustrechnung, wie sich das Geschäft während des Bewertungs790

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Anm. H 227

I. Hauptpflichten des Feuervers

Zeitraums o h n e U n t e r b r e c h n u n g des Betriebs gestaltet h ä t t e , § 13 Nr. l b ) , ist die tatsächliche Entwicklung i n f o l g e d e r U n t e r b r e c h n u n g darzustellen, § 13 Nr. 1 d). Zu erwähnen ist auch nach § 13 Nr. 1 d), ob und in welcher Weise Umstände, welche die Entschädigungspflicht des Vers beeinflussen, berücksichtigt worden sind. Dabei kann es sich um außergewöhnliche Gewinn- oder Verlustentwicklungen innerhalb des Geschäftszweiges, zu dem der Betrieb des Vers gehört (vgl. dazu B G H 21.1.1976 VersR 1976 S. 3 7 9 - 3 8 1 = N J W 1976 S. 1316-1317), handeln oder um allgemein wirtschaftliche wie Anstieg der Olpreise oder Generalstreik. § 13 Nr. 2 F B U B enthält genaue Anweisungen für die Aufstellung der Gewinn-und Verlustrechnungen durch Verweisung auf § 4 und die Forderung nach gesonderter Ausweisung der Kosten. Die Berechnung des Unterbrechungsschadens kann von den Sachverständigen abstrakt oder konkret vorgenommen werden, es dürfen aber nicht beide Berechnungsmethoden miteinander vermengt werden ( O L G Schleswig 16. VI. 1987 VersR 1987 S. 1001-1002). Zulässig ist auch die Bezugnahme auf die Verhältnisse eines mit dem des Vmers ähnlichen Betriebes, insbesondere dann, wenn der Vmer sich hiermit einverstanden erklärt hat ( O L G Schleswig aaO). Die Sachverständigen haben bei ihrer Schätzung die Vsbedingungen zu beachten. Unter Berücksichtigung der vereinbarten Haftzeiten müssen sie ihren Berechnungen die tatsächliche Dauer der Betriebsunterbrechung zugrunde legen und dürfen nicht vor Fertigstellung des Wiederaufbaus eines Betriebsgeländes die Wiederaufbauzeit schätzen und diese Zeit als Unterbrechungsdauer annehmen. Ein solches Gutachten ist offensichtlich unrichtig im Sinne von § 64 ( O L G Oldenburg 15. V I . 1994 VersR 1994 S. 1464). Haben die Parteien eines Betriebsunterbrechungsvsvertrages als Vsleistung eine feste Taxe gemäß § 57 vereinbart, ist ein Sachverständigenverfahren eigentlich überflüssig. Wird es dennoch nach Eintritt des Vsfalles vereinbart, ist der Vmer durch sein Ergebnis nicht daran gehindert, die vereinbarte - höhere - Taxe zu verlangen. Das Sachverständigengutachten kann aber zur Beurteilung dafür herangezogen werden, ob die vereinbarte Taxe den wirklichen Vswert im Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalles erheblich übersteigt ( B G H 4. IV. 2001 VersR 2001 S. 749-751). Vgl. im übrigen zur Abschätzungsproblematik Κ 19

[Η 227] dd) Form Die Vereinbarung des Sachverständigenverfahrens wird durchweg formularmäßig getroffen (Muster einer Sachverständigen-Ernennung in Bd II Anm. 21 zu § 64). Rechtsgrundlage für die Zuständigkeit der Sachverständigen sind dann nicht mehr unmittelbar der AFB-Wortlaut und dessen Auslegung, sondern Wortlaut und Auslegung dieser formularmäßigen Vereinbarung (Martin r + s 1989 S. 241). Wird in diesem Formular gleichzeitig die Sachverständigenbenennung vollzogen, bedarf es nach § 15 Nr. 2 A F B 87 jedenfalls dafür der Schriftlichkeit. Solches Formular ist auch in Wiederholungsabsicht und für andere Fälle geschaffen; demzufolge hat dessen Wortlaut A G B - C h a r a k t e r und ist also der Inhaltskontrolle nach §§ 3, 5, 9, 10, 11 A G B G , 3 0 7 - 3 1 0 B G B n.F. unterworfen (Martin 3 Y I 28). Für die Schriftform gelten seit dem 1 . V I I I . 2 0 0 1 §§ 126, 126a, 127 B G B n.F. Sie kann danach durch die elektronische Form ersetzt werden.

Johannsen/Johannsen

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Anm. H 228

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

[ H 228] d) Der Sachverständige aa) Benennung Während in § 15 A F B 30 von E r n e n n u n g der Sachverständigen durch die Parteien die Rede war, hat nach § 15 Nr. 3 a) A F B 87 jede Partei schriftlich einen Sachverständigen zu „ b e n e n n e n " und kann dann an die andere Partei die schriftliche Aufforderung richten, den zweiten Sachverständigen zu benennen. Die mehrfach in § 15 Nr. 2 A F B erwähnte Schriftlichkeit deutet darauf hin, daß die gewillkürte Schriftform des § 127 B G B gemeint ist; es genügt demnach auch die telegrafische sowie jede telekommunikative Übermittlung, § 127 n. F. B G B . Im Grunde sind die Begriffe Ernennung und Benennung gleichermaßen rechtlich schwer zu fassen. In einigen AVB steht Ernennung für Wahl, Berufung, Bestellung und in anderen AVB ist Benennung gleichbedeutend mit Bekanntgabe, Namhaftmachen. Diese schriftliche Benennung ist mehr als ein bloßer Vorschlag. Sie ist als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung einzuordnen, die den Regeln über die Geschäftsfähigkeit unterliegt (Voit in Prölss-Martin 2 6 R N 19 zu § 64; Beckmann in B K R N 13 zu § 64) und die bindende Wirkung hat (Römer in Römer-Langheid R N 4 zu § 64; O L G Hamm 22. VI. 1993 r + s 1994 S. 184). Der Auffassung des O L G Nürnberg 28. VII. 1994 VersR 1995 S. 4 1 2 - 4 1 3 , daß die Benennung ohne weiteres abgeändert werden könnte, solange das Gutachten nicht vorliege, ist nicht zu folgen. Eine Abänderung kommt nur in Betracht, wenn die andere Partei zustimmt oder das Festhalten an der Benennung nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist (Römer, O L G Hamm aaO). Fraglich ist, ob die Benennung des Sachverständigen gegenüber der anderen Partei bei dieser ihrerseits eine Rechtspflicht zur Benennung ihres Sachverständigen auslöst (Möller Bd II Anm. 21 zu § 64). Da die erstbenennende Partei die andere Partei in ihrer Aufforderung darauf hinzuweisen hat ( § 1 5 Nr. 2 a) A F B 87), daß eine Ernennung des zweiten Sachverständigen durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht (§ 64 Abs. 2) erfolgt, sofern die Benennung nicht durch sie binnen zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung geschehen ist, und das Amtsgericht solche Ernennung auch ausspricht, liegt es allerdings näher, die Benennung als Obliegenheit anzusehen (Möller aaO; Sieg VersR 1965 S. 629-635, 632). Die dem Amtsgericht übertragene Ernennungsbefugnis ist nur subsidiär; es handelt sich dabei um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Möller Bd II Anm. 23 zu § 64). Die vom Amtsgericht ausgesprochene Ernennung ist gleichbedeutend mit der Benennung (Vollmer B B 1984 S. 1013). In § 15 A F B 30 wurde insgesamt nur von Ernennung gesprochen. Wenn hier der Gesetzeswortlaut verwendet wird, ist eigentlich das gleiche gemeint, nämlich Nominierung des Sachverständigen als Vorstufe für den mit dem Sachverständigen zu schließenden Vertrag (Möller Bd II Anm. 26 zu § 64). Beide Sachverständige haben vor Beginn des Feststellungsverfahrens, also vor der Möglichkeit des Auftretens von Meinungsverschiedenheiten, schriftlich einen dritten Sachverständigen als Obmann zu benennen. Dies kann ohne vorherige Anhörung der Parteien erfolgen, wobei die Sachverständigen dann als Gesamtvertreter beider Parteien handeln, so daß der die Benennung akzeptierende Obmann unmittelbar beiden Parteien gegenüber berechtigt und verpflichtet ist. Einigen sich die Sachverständigen nicht auf einen Obmann, so wird dieser „auf Antrag einer Partei" durch das für den Schadenort zuständige Amtsgericht ernannt, was allerdings nur vor Beginn des Feststellungsverfahrens möglich ist. Wenn in § 15 Nr. 2 a) S. 5 A F B 30 von „wählen" die Rede war, so ist dies gleichbedeutend mit „übereinstimmend benennen". Eine übereinstimmende Benennung des 792

Johannsen/Johannsen

Anm. H 230

I. Hauptpflichten des Feuervers

Obmanns durch beide Sachverständige liegt dann nicht vor, wenn es dem Büro des Sachverständigen des Vers überlassen wird, eigenmächtig in das von beiden Sachverständigen blanko unterschriebene Formular den Obmann und dessen Vertreter einzusetzen ( B G H 21. VI. 1989 VersR 1989 S. 910 = r + s 1989 S. 296). [H 229] bb) Qualifikation § 15 A F B 87 fordert für den Sachverständigen zwar keine besondere Sachkunde, sie zu leugnen hieße aber, das Wort Sachverstand sprachlich zu vergewaltigen. Vielmehr ist davon auszugehen, daß spezielle Kenntnisse und Erfahrungen von überdurchschnittlicher Sachkunde erheischt werden, die der jeweils konkrete Schadenfall bzw. die zu begutachtende Materie objektiv erfordern. Je komplizierter der Fall, desto höhere Anforderungen sind im Grunde an die Qualifikation des Sachverständigen zu stellen. Die richtige Auswahl liegt im eigenen Interesse der Parteien. Schon der Katalog des obligatorischen Feststellungsinhalts in § 15 Nr. 3 A F B 87 weist auf notwendige praktische wie theoretische Fähigkeiten und Erfahrungen sowie Kenntnisse des rechtlichen Umfeldes hin, speziell der A F B sowie im einzelnen über Begriffe und Bestimmungen des Vswertes. Für die Betriebsunterbrechungsv ergibt sich aus § 13 F B U B die Notwendigkeit besonderer Kenntnisse in der Aufstellung von Gewinn- und Verlustrechnungen. Nicht selten benötigt der Sachverständige außerdem eine umfangreiche technische Ausrüstung und Meßinstrumente. Dem tragen auch die verschiedenen Sachverständigenordnungen von Bestellungsbehörden, die Berufsregeln z . B . vom Bund Technischer Experten ( B T E ) und die Merkblätter der Industrie- und Handelskammern Rechnung (Klocke ZfV 1986 S. 184-187). [ H 230] cc) Neutralität Daß die Sachverständigen unparteilich sein müssen und nicht von Weisungen der Vertragsparteien abhängig sein dürfen, wird in den Stellungnahmen zum Sachverständigenverfahren allgemein angenommen. Umstritten ist aber, welche Anforderungen an ihre Neutralität zu stellen sind, ob sie abgelehnt werden können und ob ihre Befangenheit zur Unverbindlichkeit ihrer Feststellungen führt. In § 15 A F B 87 ist nur ein Teilbereich dieses Problems ausdrücklich geregelt. Daraus, daß jede Partei einen Sachverständigen zu benennen hat, folgt zunächst, daß ein gewisses Näheverhältnis zwischen Partei und dem von ihr benannten Sachverständigen als selbstverständlich angesehen wird und nicht zur Befangenheit führt (Raiser 2 R N 22 zu § 16; Wussow 2 Anm 9 zu § 15; Sieg VersR 1965 S. 629-635, 632; Römer in Römer-Langheid R N 22 zu § 64). Denn es werden sowohl Ver wie Vmer nur Personen vorschlagen, zu denen sie besonderes Vertrauen haben und von denen sie annehmen, daß sie ihre Interessen wahrnehmen werden. Für den Ver ist aber das Bestimmungsrecht dahin eingeschränkt, daß er keine Personen benennen darf, die Mitbewerber des Vmers sind oder mit diesem in Geschäftsverbindung stehen, ferner keine Personen, die bei Mitbewerbern oder Geschäftspartnern angestellt sind oder mit ihnen in einem ähnlichen Verhältnis stehen. Eine entsprechende Beschränkung gilt für die Benennung des Obmannes durch die Sachverständigen. Für das Benennungsrecht des Vmers fehlt diese Beschränkung, weil der Ver des darin liegenden Schutzes nicht bedarf. Er kann damit rechnen, daß auch seine Wettbewerber, wenn sie vom Vmer als Sachverständige benannt sind, schon aus dem Geschäftsinteresse der Branche die Schadenhöhe nach objektiven Kriterien und nicht einseitig zugunsten des Vmers bewerten werden. Wenn auch § 15 Nr. 2 c A F B 87 nur diesen einen Aspekt der Neutralität regelt, stellt dieser einen Anhaltspunkt für den Parteiwillen dar, daß die Schiedsgutachter nicht nur Johannsen/Johannsen

793

Anm. H 230

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

in dem ausdrücklich geregelten Fall, sondern grundsätzlich unabhängig und unparteilich sein müssen. Der Auffassung von Horn AFB S. 89, daß § 15 AFB (in der insoweit gleichlautenden Fassung des Entwurfs von 1982) § 9 AGBG nicht genüge, weil er keine Mindestvorschriften über die Neutralität enthalte, ist nicht zu folgen. Vielmehr ergibt die Auslegung der Vorschrift nach Treu und Glauben, daß die Parteien nur dann bereit sind, sich einer bindenden Feststellung durch die Sachverständigen zu unterwerfen, wenn deren Unabhängigkeit gewährleistet ist (Raiser 2 RN 22 zu § 16; Beckmann in BK R N 29 zu § 64). Eine interessengerechte Auslegung von § 15 AFB 87 ergibt auch, daß den Parteien ein A b l e h n u n g s r e c h t gegenüber unparteilichen Sachverständigen zusteht. Es wäre unzweckmäßig, einen Sachverständigen, der nach §15 Nr. 2 c AFB 87 nicht benannt werden darf oder einen aus anderen Gründen parteiischen Sachverständigen erst sein Gutachten erstatten zu lassen und den Einwand der Befangenheit erst bei der Überprüfung der Feststellungen zu berücksichtigen (Volze VersR 1985 S. 223-224; Voit in Prölss-Martin 26 R N 49 zu § 64). In der Literatur wird die Zulässigkeit der Ablehnung überwiegend analog § 1032 ZPO (jetzt §§ 1036,1037 ZPO) bejaht (vgl. dazu H 220 sowie Asmus Sachverständigenverfahren S. 69; Römer in Römer-Langheid RN 20 zu § 64; von Möller in Bd II Anm 25 zu § 64 und Sieg VersR 1965 S. 629-635 aber auf die Person des Obmannes beschränkt; völlig verneint von Wussow 2 Anm 9 zu § 15). Der BGH hat in früheren Entscheidungen ein besonderes Ablehnungsrecht für das Sachverständigenverfahren verneint, weil den Parteien die Möglichkeit einer gerichtlichen Uberprüfung der Feststellungen im Rahmen des § 64 I vorbehalten sei (31.1.1957 VersR 1957 S. 122-123; 30. XI. 1977 VersR 1978 S. 121-124). Er hat aber auch die Frage, ob die Befangenheit eines Sachverständigen zur Unverbindlichkeit der getroffenen Feststellung gemäß § 64 I führe, nicht entschieden, sondern nur offen gehalten (30.XI.1977 aaO; 1.IV.1987 VersR 1987 S. 601-602). In nicht vsrechtlichen Entscheidungen zum Schiedsgutachtervertrag hat der BGH aber bei Zweifeln an der Neutralität des Gutachters eine Kündigung der Vereinbarung aus wichtigem Grund zugelassen und das Gutachten eines parteiischen Sachverständigen für unverbindlich erklärt (5.XII.1979 DB 1980 S. 967-969; 6.VI.1994 NJW RR 1994 S. 1314-1315). Von dieser Rechtsfolge ist auch für das Sachverständigenverfahren auszugehen, wenn die Gegenpartei und der Sachverständige die Ablehnung nicht akzeptieren, sie sich aber im gerichtlichen Verfahren über die Verbindlichkeit der Feststellungen als berechtigt erweist. Es ist dann nicht erforderlich, daß zusätzlich eine erhebliche Abweichung von der wirklichen Sachlage offenbar vorliegt, sondern es genügt der Verstoß eines Sachverständigen oder des Obmannes gegen die Neutralität, um die Unverbindlichkeit anzunehmen (Raiser 2 RN 22 zu § 16; Asmus ZVersWiss 1962 S. 197-253, 246; Römer aaO Anm 20 zu § 64; Voit in Prölss-Martin 26 R N 49 zu § 64; Beckmann in BK RN 29 zu § 64; a.A. Möller aaO mit weiteren Nachweisen aus der früheren Rspr). Die Ablehnung eines Sachverständigen kann durch die formlose Erklärung gegenüber der Gegenpartei erfolgen (Voit in Prölss-Martin 26 R N 53 zu § 64). Die in § 1032 ZPO a. F. zwingend vorgesehene Mitwirkung des staatlichen Gerichts, an das ein förmlicher Antrag unter Glaubhaftmachung der Gründe zu richten war, paßt für das Sachverständigenverfahren, das schnell und unkompliziert geschehen soll, nicht. Das gilt auch für das reformierte Verfahren nach § 1037 ZPO, das zwar grundsätzlich dem Schiedsgericht die Entscheidung zuweist, aber auch die Anrufung des staatlichen Gerichts vorsieht, denn auch dies ist ein sehr förmlich ausgestaltetes Verfahren. Im Sachverständigenverfahren wird in aller Regel eine Verständigung dahin erzielt werden können, daß anstelle des abgelehnten ein anderer Sachverständiger oder Obmann benannt wird. Für die verbleibenden Ausnahmefälle muß es hingenommen werden, daß die Klärung erst im gerichtlichen Verfahren über die Verbindlichkeit der Feststellung erfolgt. 794

Johannsen/Johannsen

Anm. H 231

I. Hauptpflichten des Feuervers

Die Ablehnung hat dem Zweck des Verfahrens entsprechend zügig zu erfolgen. Sie darf nach Kenntnis der Ablehnungsgründe nicht bis zum Vorliegen des Gutachtens hinausgezögert werden (Volze VersR 1985 S. 223-224, VersR 1992 S. 675-677). Der B G H 30. X I . 1977 VersR 1978 S. 121-124 hat für das - von ihm nur unterstellte Ablehnungsrecht § 406 II Z P O analog herangezogen (zustimmend Voit in PrölssMartin 26 R N 54 zu § 64; Römer in Römer-Langheid R N 21 zu § 64). Wenn sich der Ablehnungsgrund erst aus dem Gutachten ergibt, muß er unverzüglich nach Kenntniserlangung geltend gemacht werden (Voit aaO). Während an die Unabhängigkeit des Obmannes strenge Maßstäbe anzulegen sind, so daß seine Ablehnung aus den gleichen Gründen wie bei einem Richter nach § 42 Z P O oder einem gerichtlichen Sachverständigen nach § 406 ZPO erfolgen kann, wenn ein Grund vorliegt, Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, ist die Ablehnung der Sachverständigen nur bei schwerer wiegenden Umständen begründet, weil Tatbestände wie z.B. Freundschaft, frühere Tätigkeit für eine Partei, auch Beschäftigung mit demselben Schadenfall nach dem § 15 AFB 87 zugrunde liegenden Parteiwillen nicht als hinderlich anzusehen sind (Römer aaO R N 22). Beispielsfälle aus der Rechtsprechung: K G 12. X I . 1932 J R P V 1933 S. 76 Versuch eines Sachverständigen, eine Angestellte des Vmers durch Geldzahlung zu falschen Angaben zu veranlassen. B G H 30. X I . 1977 VersR 1978 S. 121-124 Äußerung des Sachverständigen, daß er den Vmer fertig machen wolle (vom B G H nicht berücksichtigt, weil erst nach Vorliegen des Gutachtens geltend gemacht). B G H l.IV. 1987 VersR 1987 S. 601-602 Bezeichnung des Vmers als Brandstifter (vom B G H offen gelassen, weil das Gutachten des Sachverständigen aus anderen Gründen offenbar unrichtig war). Die Ablehnung ist auch gerechtfertigt, wenn der Sachverständige gegenüber der Partei, die ihn benannt hat, weisungsgebunden ist (Sieg VersR 1965 S. 629-635; Römer aaO). [ H 2 3 1 ] e) Das Feststellungsverfahren aa) Verfahrensfreiheit Weder § 64 noch § 15 A F B 87 noch die Verfahrensordnungen in den anderen Bedingungen schreiben vor, wie das Verfahren durchzuführen ist (Möller Bd II Anm. 42 zu § 64). Demnach unterliegt es dem pflichtgemäßen Ermessen der Sachverständigen, auf welche Art und Weise sie es im Rahmen der mit den Parteien vereinbarten Aufgabenstellung gestalten (Raiser 2 Anm. 25 zu § 16 AFB; Volze VersR 1992 S. 675). Da die Verzögerung einer Sachverständigenfeststellung nach § 64 I 3 ausdrücklich die Entscheidungsbefugnis des Gerichts wiederherstellt, gehört eine sinn- und zweckmäßige zeitliche Disposition für den Ablauf des Feststellungsverfahrens bis zur Fertigung bzw. Übermittlung des Gutachtens sicherlich zum professionellen Verhalten der Sachverständigen. Üblich ist, daß der von dem geschädigten Vmer benannte Sachverständige die benötigten Unterlagen des alten Zustandes wie Zeichnungen, Beschreibungen, Vorratslisten etc. beschafft. Die Feststellungen der Vswerte und Schadenbeträge erfolgt dann in der Regel gemeinsam oder in gegenseitiger Abstimmung (Klocke ZfV 1977 S. 678). Eine solche Abstimmung ist insbesondere bei größeren Schäden und solchen mit einer Vielzahl von Einzelobjekten notwendig; denn die Bewertung von Gegenständen und die Kalkulation von Leistungen enthält immer auch eine subjektive Beurteilung im Hinblick auf unterschiedliche Ansichten über Qualitätsstandard und Schwierigkeiten bei der Herstellung und Wiederbeschaffung (Klocke ZfV 1984 S. 509). Johannsen/Johannsen

795

Anm. H 233

H . Rechtspflichten des Feuerversicherers

[ H 232] bb) Mitwirkung der Parteien Die Parteien haben die Pflicht, die Tätigkeit der Sachverständigen zu unterstützen ( B G H 11. VI. 1976 VersR 1976 S. 821-825). Ohne eine Mitwirkung der Parteien könnte ein Sachverständigenverfahren überhaupt nicht durchgeführt werden. Diese Mitwirkungs- und Förderungspflicht beinhaltet insbesondere, den Sachverständigen die notwendigen Angaben zu machen, die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und die Inaugenscheinnahme des Feststellungsobjektes zu ermöglichen (Döbereiner VersR 1983 S. 71; Vollmer B B 1984 S. 1014; Volze VersR 1992 S. 676). Streitig ist, ob den Parteien von den Sachverständigen r e c h t l i c h e s G e h ö r zu gewähren ist. Der B G H hat das für das Schiedsgutachterverfahren in nicht vsrechtlichen Entscheidungen unter Hinweis auf die gerichtliche Überprüfbarkeit der Feststellungen verneint ( B G H 25. IV. 1952 B G H Z 6 S. 335-341, 18.11.1955 N J W 1955 S.665; ebenso O G H 13. VII. 1966 VersR 1967 S. 592) und auch zu § 15 A F B darauf verwiesen, daß nach der zutreffenden herrschenden Lehre rechtliches Gehör grundsätzlich nicht zu gewähren sei (6. XII. 1978 VersR 1979 S. 173-175, offen gelassen nur für den Fall, daß die Gutachter eine Anhörung der Parteien zugesagt haben). Auch in der Literatur wird die Notwendigkeit der Einhaltung der Grundsätze rechtlichen Gehörs zum Teil verneint (Möller in Bd II Anm 46 zu § 64; Voit in Prölss-Martin 26 R N 56 zu § 64; Römer in Römer-Langheid R N 22 zu § 64; Vollmer BB 1984 S. 10101014; Gehrlein VersR 1994 S. 1010-1013), während die Vertreter der prozessualen Theorie zum Schiedsgutachtervertrag § 1034 Z P O a. F. (jetzt § 1042 Z P O ) analog anwenden (Sieg VersR 1965 S. 629-635; Schlosser in Stein-Jonas 21 Vorbem. 22 vor § 1025; Geimer in Zöller 2 2 R N 5 zu § 1022; Heinrich S. 197; nicht in der Begründung aber im Ergebnis ebenso Raiser 2 R N 26 zu § 16; Asmus ZVersWiss 1962 S. 197-253, 205 ff; Beckmann in B K Anm 26 zu § 64). Auch zu diesem Problem bedarf es der analogen Anwendung von speziellen Vorschriften des Schiedsgerichtsverfahrens nicht. Es gehört zu den selbstverständlichen Grundsätzen eines fairen Verfahrens, daß die davon Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. So ist es ζ. Β für das privatrechtlich ausgestaltete Vereinsstraf- und -ausschließungsverfahren anerkannt, daß dem Beschuldigten rechtliches Gehör zu gewähren ist, weil dies auf Gerechtigkeitsgrundsätzen beruht ( B G H 26.11.1959 B G H Z 29 S. 352-363, 355 = N J W 1959 S. 982-984; 3. III. 1971 B G H Z 55 S. 381-392, 390-391 = N J W 1971 S. 879-883). Auch die Parteien des Sachverständigenverfahrens nach § 15 A F B 87 können billigerweise erwarten, daß ihre Stellungnahmen zu dem Schadenfall angehört werden. Es sind dabei aber nicht die strengen Grundsätze, die für das rechtliche Gehör nach § 103 G G im gerichtlichen Verfahren gelten, anzuwenden, sondern es bestimmt der Zweck des Verfahrens die Art und den Umfang der Gewährung rechtlichen Gehörs. So brauchen ζ. B. die Parteien nicht zu jeder Besichtigung herangezogen und von jeder einzelnen Maßnahme der Sachverständigen unterrichtet zu werden. Geboten ist aber eine Gleichbehandlung der Parteien. So dürfen die Sachverständigen nicht mit einer Partei „hinter dem Rücken der anderen" verhandeln ( B G H 11. VI. 1976 VersR 1976 S. 821825). Zu bejahen ist auch die vom B G H 6. XII. 1978 aaO offen gelassene Frage, ob Sachverständige den Parteien gemachte Zusagen auf Anhörung einhalten müssen (so auch Voit in Prölss-Martin R N 56 zu § 64; Römer in Römer-Langheid R N 22 zu § 64 trotz des grundsätzlich gegenteiligen Standpunkts). [H 233] cc) Vernehmung von Parteien und Zeugen Klare Grenzen sind den Sachverständigen im Hinblick auf eine Parteivernehmung gesetzt (Möller Bd II Anm. 46 zu § 64). Eine Erörterung mit den Parteien ist nur im vereinbarten Einvernehmen mit diesen möglich, da keine prozessualen Zwangsmittel 796

Johannsen/Johannsen

Anm. H 234

I. Hauptpflichten des Feuervers

bestehen ( B G H 8. II. 1984 VersR 1984 S. 429-431; 11.1.1989 r + s 1989 S. 262 = VersR 1989 S. 395-397). Das gleiche prozessuale Hindernis besteht auch gegenüber Zeugen bzw. in nicht rechtstechnischer Version „Auskunftspersonen" ( O L G Hamm 23. XI. 1977 VersR 1978 S. 812). Dessen ungeachtet haben die Sachverständigen deren Wissen als vorhandene Erkenntnisquelle auszuschöpfen ( O L G Schleswig 16. IV. 1987 VersR 1987 S. 1001-1002). Dies ist allerdings nur auf freiwilliger Basis möglich. Eine Amtshilfe durch das staatliche Gericht, wie sie Heinrich S. 193 befürwortet, kommt nicht in Betracht. Obwohl die Parteien verpflichtet sind, die Tätigkeit der Sachverständigen zu unterstützen und alles zu unterlassen, was die Ermittlungen stören könnte ( B G H 11. VI. 1976 VersR 1976 S. 821-825), führt ein Verstoß gegen diese Förderungspflicht nicht zum Verlust des Entschädigungsanspruchs ( B G H aaO). Vielmehr bleiben die Obliegenheiten des Vmers gemäß § 13 Nr. 1 A F B 87 unberührt vom Sachverständigenverfahren. § 15 Nr. 7 A F B 87 stellt das nur klar und folgt damit der seit jeher bestehenden Formulierung in den A F B (vgl. Raiser 2 Anm. 38 zu § 16 AFB). Auskunfts-, Aufklärungs-und Belegbeibringungsobliegenheiten bleiben jedenfalls im von § 13 Nr. 1 A F B 87 gesteckten Rahmen bestehen (Möller Bd II Anm. 46 zu § 64; B G H 30. XI. 1977 VersR 1978 S. 123, 26. XI. 1984 VersR 1984 S. 1162). Dazu gehört auch die Aufstellung eines Schadenverzeichnisses (oder jedenfalls die Mitwirkung daran), die in der Feststellung der Sachverständigen gemäß § 15 Nr. 3 a) A F B 87 als obligatorische Grundlage verlangt wird. [H 234] dd) Gutachten Dritter Das Sachverständigenverfahren kommt in der Regel dort in Betracht, wo besondere Sachkunde erforderlich ist ( B G H 8. II. 1984 VersR 1984 S. 431). Das persönliche Element seines Wissens und Könnens steht deshalb bei der Benennung eines Sachverständigen im Vordergrund. Eine Substitution seiner Aufgaben auf einen dritten Sachverständigen (nicht Obmann) würde deshalb schon nach Treu und Glauben dem Parteiwillen widersprechen. Trotzdem ist bei der Schadenfeststellung die Assistenz von Personen keineswegs entbehrlich; es muß dem Sachverständigen unbenommen bleiben, zur technischen, nicht wertenden Ermittlung einzelner Schadentatsachen sich unselbständiger Hilfskräfte zu bedienen. Diese wären alsdann Erfüllungsgehilfen des Sachverständigen gemäß § 278 B G B . Möglich ist auch, daß wegen der Komplexität und Ausdehnung des Schadens das Sachverständigenverfahren sich von vornherein nur auf einen bestimmten Teil desselben beschränkt und für differenzierbare Teile des Schadens, die verschiedenartige Sachkunde erfordern, mehrere parallele Sachverständigenverfahren durchgeführt werden (Raiser 2 Anm. 5 zu § 16 A F B ; Volze VersR 1992 S. 676). Relativ selten werden Sachverständige ihrerseits einen Experten herbeiziehen müssen, weil sie selbst an den Rand ihres Sachverstandes gelangt sind (Möller Bd II Anm. 46, 54 zu § 64). Sie dürfen die Verantwortung für ihre Aufgaben nur nicht auf diesen übertragen und dessen Einschätzung als eigene übernehmen ( L G Bremen 17. XI. 1983 r + s 1984 S. 64), vielmehr müssen sie den Parteien die Einschaltung des Experten anzeigen und es ihnen überlassen, ob und wie dieser Schadenteil festgestellt werden soll (Klocke ZfV 1977 S. 678). In der Regel wird die Stellungnahme eines dritten Sachverständigen zu einem Spezialgebiet auch nicht als gesondertes Gutachten, sondern nur als unselbständiger Aspekt zur Meinungsbildung der Sachverständigen zu betrachten sein (Engels VersPrax 1984 S. 104). Zweckmäßiger ist sicherlich eine Absprache zwischen den Parteien und Sachverständigen bezüglich der Hinzuziehung von Experten für eine Einzelfrage, wie ζ. B. für die Feststellung von Chloridschäden bei einem Brand (Klocke ZfV 1984 S. 511). Johannsen/Johannsen

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H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

A n m . H 236

[H 235] f) Die Feststellung aa) Gemeinsames Gutachten Ziel des Sachverständigenverfahrens ist eine Feststellung der nach § 15 Nr. 1 A F B 87 zwischen den Parteien mit den Sachverständigen vereinbarten Aufgaben in Gestalt eines Gutachtens (Möller Bd II Anm. 49, 51 zu § 64). Eine Frist für die Feststellung ist bedingungsgemäß nicht vorgegeben. Sie läßt sich zwar vereinbaren, letztlich wird aber der Zeitaufwand vom Schadenkomplex abhängig sein. Wesentlich ist, daß die Sachverständigen „ihre Feststellungen" beiden Parteien gleichzeitig „übermitteln". Damit soll vermieden werden, daß eine Partei vor der anderen einen Informationsvorsprung hat. Bei Vorliegen der Feststellungen erwächst allerdings dem Ver die Rechtspflicht, bei voneinander abweichenden Feststellungen der Sachverständigen diese „unverzüglich" (also ohne schuldhaftes Zögern, § 121 B G B ) dem Obmann zu übergeben. Es ist Sache des Vers, eine erforderliche Obmannsentscheidung in die Wege zu leiten. Der Vmer kann sowohl auf Übergabe der Feststellungen klagen, als auch den Ver auf Schadenersatz verklagen, wenn dieser mit der Ubergabe in Verzug geraten ist (Raiser 2 Anm. 30 zu 16 AFB). Es bleibt ihm aber auch unbenommen, seinerseits die schriftlichen Feststellungen dem Obmann mit der Bitte um Entscheidung zu übersenden. Unterläßt er das, so kann er sich bei einer Schadenersatzklage unter Umständen dem Einwand eines Mitverschuldens aussetzen. Anders liegt es, wenn der Ver ein solcherart durch den Vmer eingeleitetes Obmannsverfahren boykottiert. Der Bedingungstext geht von g e s o n d e r t e n F e s t s t e l l u n g e n der beiden Sachverständigen aus. Das schließt aber nicht aus, daß die Sachverständigen ihre Ermittlungs- und Bewertungsergebnisse in einem gemeinsamen Gutachten absetzen, was allerdings vom Parteiwillen getragen sein muß (Voit in Prölss-Martin 26 R N 26 zu § 64). Dieser kann durchaus auch stillschweigend im voraus oder nachträglich erklärt werden, z.B. wenn eine gemeinsame Besichtigung des Objektes und insbesondere eine gemeinsame Schlußbesprechung durch den Vmer und die beiden Sachverständigen stattgefunden hat ( B G H 26.IX.1984 VersR 1984 S. 1161-1162; 1. IV. 1987 VersR 1987 S. 602; O L G Hamm 23. IX. 1987 VersR 1988 S. 509; O L G Köln 22. XII. 1988 r + s 1989 S. 60; a.A. L G Bremen 17. X I . 1983 r + s 1984 S. 63; vgl. dazu Klocke ZfV 1977 S.678 und ZfV 1984 S. 510-511; Engels VersPrax 1984 S. 104; Volze VersR 1992 S. 676). Ist andererseits ein solches gemeinsames Gutachten von den Sachverständigen den Parteien übermittelt worden und möchte einer der Sachverständigen nachträglich seine Unterschrift wegen Irrtums zurückziehen, so ist dies rechtlich unerheblich, weil außerhalb der Dispositionsfreiheit des Sachverständigen liegend. Die Verbindlichkeit der Feststellungen ist dadurch nicht infrage gestellt, es sei denn, es wird bei Gericht erfolgreich geltend gemacht, es liege eine von der wirklichen Sachlage offenbar erhebliche Abweichung vor ( O L G Köln 25. VII. 1991 VersR 1992 S. 693-694). [H 236] bb) Obmannsentscheidung Im übrigen ist das Sachverständigenverfahren seinem Wesen nach nicht darauf angelegt, daß die Sachverständigen zu konträren, gewissermaßen nur den Interessen einer der Parteien dienenden Ergebnissen kommen müssen. Vielmehr ist eine objektive, am Wahrhaftigkeitsprinzip orientierte Feststellung geboten. Demgemäß sollte die Entscheidung des Obmanns über „streitig gebliebene Punkte" die Ausnahme sein (Engels VersPrax 1984 S. 104). Das bedeutet, daß die Sachverständigen ohne Überzeugungsopfer insbesondere bei der Tatsachenermittlung wie bei der Schätzung in der Regel zu einem Ausgleich zuvor evtl. divergierender Ansichten gelangen sollten. Dieser Ausgleich kann sich allerdings nur auf die fachliche Meinung und Abschätzung 798

Johannsen/Johannsen

Anm. H 238

I. Hauptpflichten des Feuervers

beziehen. Denn es kann nicht Aufgabe der Sachverständigen sein, ein gemeinsames Ergebnis vergleichsweise auf dem Verhandlungswege auszuhandeln. Der Obmann tritt nach dem Vertragszweck mithin nur subsidiär auf. Er trifft seine Entscheidung „innerhalb der durch die Feststellungen der Sachverständigen gezogenen Grenzen". Folglich darf er nur entscheiden, ob die eine oder andere Feststellung zutreffend ist oder die Wahrheit dazwischen liegt. Eine von ihm getroffene Feststellung, daß der Schaden niedriger sei als von beiden Sachverständigen angenommen, führt zur Unwirksamkeit seiner Entscheidung ( B G H 26. X . 1967 VersR 1967 S. 1141- 1142). Allerdings ist er nicht gehindert, in diesem Differenzbereich weitere Ermittlungen und Untersuchungen anzustellen oder anstellen zu lassen (Voit in Prölss-Martin 26 R N 29 zu § 64 O L G Düsseldorf 13. II. 1990 VersR 1991 S. 657-658), dazu kann auch eine Befragung der Sachverständigen geboten sein (Raiser 2 Anm. 32 zu § 16 AFB). [H 237] cc) Form Nach § 64 ist eine bestimmte Form für die Sachverständigenfeststellung nicht vorgesehen. § 15 A F B 87 enthält ebenso keine besondere Formvorschrift und schreibt auch keine Begründung der Feststellung vor. Letzteres kann von den Parteien durchaus bei der formularmäßigen Sachverständigen-Ernennung verlangt oder je nach Komplexität der Aufgabenstellung von den Parteien nachträglich gefordert werden; denn anderenfalls würde sich eine unbegründete Feststellung unter Umständen jeglicher Nachprüfung ihrer Richtigkeit entziehen und so gut wie unanfechtbar sein (Raiser 2 Anm. 38 zu § 16 AFB). Die von den beiden Sachverständigen zu erbringende Leistung (die Sachverständigenfeststellungen bzw. das Gutachten) muß jedenfalls nach § 1 5 Nr. 3 AFB 87 ein „Verzeichnis" der zerstörten, beschädigten und abhanden gekommenen Sachen sowie „deren Vswert etc." enthalten. Diese Feststellungen sind nach § 15 Nr. 4 A F B 87 den Parteien zu „übermitteln". Daraus könnte man nach §§ 133, 157 B G B die Abrede einer Schriftform herleiten; zwingend ist dieser Schluß jedoch nicht. Denn es gibt heutzutage auch eine Vielfalt anderer Medien (ζ. B. Tonband, Diskette), mit denen Verzeichnisse übermittelt werden können. Da jedoch nach § 1 5 Nr. 6 A F B 87 die Möglichkeit gegeben sein muß, die Unverbindlichkeit einer Feststellung nachzuweisen, muß das Beweismittel auch vom Gericht entsprechend akzeptiert und bewertet werden können. Das spricht für die Schriftform (Heinrich S. 206) oder eine ähnliche Form, die diesem Zweck entspricht, z.B. Computerausdruck. [H 238] g) Verbindlichkeit/UnVerbindlichkeit der Sachverständigenfeststellung In § 15 Nr. 1 AFB 30 hieß es ausdrücklich, daß die Feststellung, die die Sachverständigen im R a h m e n i h r e r Z u s t ä n d i g k e i t t r e f f e n , verbindlich ist. Eine entsprechende Regelung fehlt in § 15 A F B 87. Die Vorschrift ist aber genau so auszulegen. Die Verbindlichkeitswirkung der Feststellungen beruht nämlich auf der vom Parteiwillen getragenen Aufgabenstellung an die Sachverständigen. Eine Überschreitung dieses Rahmens führt insoweit zur Unverbindlichkeit der Feststellung (Möller Bd II Anm. 54 zu § 64; B G H 14.XI.1990 r + s 1991 S. 173-175 zu § 29 ZFgA; 28.VII.1993 VersR 1994 S. 91-92 zu § 64 entsprechenden Bedingungen der ADS), es sei denn, die Parteien willigen nachträglich in die Aufgabenüberschreitung ein, und der sie betreffende Teil der Feststellung weicht auch nicht von der wirklichen Sachlage ab. Solche erweiternde Vereinbarung ist im Rahmen des § 15 Nr. 1 S. 2 A F B 87 (dazu unter H 225) auch nachträglich zulässig (Voit in Prölss-Martin 26 R N 25 zu § 64). Johannsen/Johannsen

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H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

§ 15 Nr. 6 AFB 87 geht von dem dem Parteiwillen entsprechenden Regelfall aus, daß die Feststellungen des Sachverständigen oder des Obmanns verbindlich sind, wenn nicht nachgewiesen wird, daß sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. § 64 I 1 stellt demgegenüber den Ausnahmefall der Unverbindlichkeit in den Vordergrund (Möller Bd II Anm. 53 zu § 64). Als Ausgangspunkt der Überlegungen ist demgemäß von einer grundsätzlich für die Parteien und das Gericht bestehenden Bindungswirkung auszugehen. Das entspricht dem Zweck des Verfahrens, eine endgültige Bereinigung der Rechtsbeziehungen der Parteien bezüglich des konkreten Schadenfalles herbeizuführen. Daraus ergibt sich die Konsequenz, daß einem Schiedsgutachten die Anerkennung nur dann zu versagen ist, wenn es mit grundlegenden Fehlern behaftet ist (Gehrlein VersR 1994 S. 1011). Daraus folgt, daß der Schwellenwert der zur Unverbindlichkeit führenden Wirksamkeitsmängel nicht zu niedrig angesetzt werden darf. Es leuchtet ein, daß bei gutachterlichen Wertermittlungen und Schätzungen ein gewisser „Spielraum" bzw. ein „Streubereich" besteht, ohne daß schon von einer im Rechtssinne erheblichen Abweichung gesprochen werden kann (BGH 22. IV. 1965 BGHZ 43 S. 377; 1.IV. 1987 VersR 1987 S. 602 = r + s 1987 S. 205; OLG Köln 22. XII. 1988 r + s 1989 S. 60; LG Berlin 17. X. 1978 VersR 1979 S. 365). Je komplizierter und umfangreicher der Schaden ist, desto leichter können Bewertungsdivergenzen auftreten. Widersinnig wäre es deshalb, eine sich verständlicherweise immer nur der wirklichen Sachlage annähernde Sachverständigenfeststellung durch bloße Äußerung von Verdachtsmomenten gegen deren Richtigkeit beseitigen zu lassen. Entsprechendes gilt von unsubstantiierten abweichenden Gegenmeinungen oder Gegengutachten. Sonst könnte jede „Feststellung" auf ein bestimmtes Ergebnis beispielsweise im Hinblick auf den Beschädigungsgrad einer vom Schaden betroffenen Sache bzw. deren ermittelter Vswert, schlechthin zur „Infragestellung" dieses Ergebnisses führen. Das ist gewiß nicht Sinn und Zweck eines Sachverständigenverfahrens. Grundsätzlich hat diejenige Partei, welche ein offenbar erhebliches Abweichen von der wirklichen Sachlage behauptet, es nicht nur plausibel in allen Tatbestandsvoraussetzungen darzulegen, sie trägt auch die volle Beweislast (BGH 21.IX.1983 NJW 1984 S. 45; OLG Köln 22.VII.1985 r + s 1985 S. 276; OGH 14. IV. 1988 S. 426). Die Fülle der Kasuistik ergibt, daß zwar immer wieder versucht wird, eine Unverbindlichkeit von Sachverständigenfeststellungen geltend zu machen. Sie zeigt aber auch deutlich, daß die Rechtsprechung im Laufe der Zeit zunehmend strengere Prüfungsmaßstäbe entwickelt hat. Von den Sachverständigen werden keine voluntativen Festsetzungen, sondern kognitive Feststellungen verlangt (Gehrlein VersR 1994 S. 1010), sie schaffen damit die Grundlagen zur Bezifferung eines der Höhe nach noch unbestimmten Anspruchs (Raiser 2 Anm. 4 zu § 16 AFB). Erst aufgrund der verbindlichen Feststellungen der Sachverständigen berechnet der Ver gemäß § 15 Nr. 6 S. 2 AFB 87 nach §§ 11, 12 AFB 87 die Entschädigung; die nötigen Erhebungen im Sinne des § 11 I W G sind alsdann beendet und die Leistung des Vers ist fällig. Das Abweichen einer Sachverständigenfeststellung von der wirklichen Sachlage kann sowohl eine Diskrepanz zwischen sinnlicher Wahrnehmung sowie geschilderter Wiedergabe einer Tatsache sein als auch in der Bewertung derselben liegen. Aufgabe des Gutachters ist es oft, kraft seiner Sachkunde zu bestimmten Tatsachen Stellung zu nehmen; dann hat er einmal Auskunft über Sätze der Wissenschaft, Erfahrungssätze und dergl. zu geben, wendet diese Sätze aber gleichzeitig auf den konkreten Fall an und gelangt so zu Schlußfolgerungen über das Vorliegen konkreter Tatsachen. Das muß nicht unbedingt schon zu einer Unrichtigkeit der Feststellung führen, wohl aber dann, wenn der Sachverständige falsche Berechnungs- oder Schätzungsgrundlagen 800

Johannsen/Johannsen

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I. Hauptpflichten des Feuervers

oder unrichtige Bewertungsmaßstäbe angewendet oder vorhandene Erkenntnisquellen wie z . B . Geschäftsbücher oder sonstige Buchungsunterlagen nicht benutzt oder ungenügend ausgeschöpft hat (Möller Bd II Anm. 56 zu § 64; B G H 30. X I . 1977 VersR 1978 S. 124; O L G Oldenburg 15. VI. 1994 VersR 1994 S. 1464). Es darf auch nicht eine tatsächliche Übung im Baugewerbe, die im Widerspruch zu einschlägigen Sicherheitsvorschriften steht, von dem zur Beurteilung von Bauleistungen und Sanierungsmaßnahmen bestellten Sachverständigen als maßgebliche wirkliche Sachlage übernommen werden ( B G H 26.11.1986 VersR 1986 S. 482-483 = r + s 1986 S.135). Es kommt mithin immer darauf an, wie ein fachkundiger Dritter sachgerecht ein vorliegendes Sachverständigengutachten überprüfen kann. Dazu gehört auch, daß die Ausführungen des Sachverständigen insbesondere im Hinblick auf die Beurteilung erforderlicher Vergleichsmaßstäbe nicht lückenhaft sind ( B G H 16. X I . 1987 N J W - R R 1988 S. 507, 24. IX. 1990 N J W - R R 1991 S. 228). Diese Art von Lückenhaftigkeit ist allerdings nicht zu verwechseln mit der Situation, daß die Sachverständigen einen Punkt nicht klären können, weil der Vmer nicht die hierzu erforderlichen und erforderten Nachweise liefert. In diesem Fall müssen die Sachverständigen zu Lasten des Vmers entscheiden (Möller Bd II Anm. 45 a. E. zu §64; B G H 11. VI. 1976 VersR 1976 S. 823; O L G Koblenz 20. IX. 1996 VersR 1997 S. 963-965). Dies führt jedoch keineswegs zur Rechtsfolge nach § 64 I 1, selbst wenn der Vmer in einem nachfolgenden Deckungsprozeß gegen den Ver diesen Nachweis nachholen will; denn mit seinem Vorverhalten hat der Vmer im Ergebnis auf das Beweismittel verzichtet und sich der Bindungswirkung der Sachverständigenfeststellung unterworfen (Römer in Römer-Langheid R N 11 zu § 64). Ein Sachverständiger kann sich nur auf Tatsachen stützen. Sind ihm die für die Beurteilung maßgeblichen Umstände nicht bekannt, muß er sie erfragen und im Bereich des Möglichen ermitteln. Er darf sich jedoch keineswegs auf Mutmaßungen und Unterstellungen stützen ( B G H 2. X I . 1983 VersR 1984 S. 86; O L G Koblenz 20. IX. 1996 VersR 1997 S. 965). Bei Abweichungen von der wirklichen Sachlage wird nach allgemeiner Auffassung auf das Gesamtergebnis und nicht auf die Abweichung von Einzelpositionen abgestellt (Möller Bd II Anm. 56 zu § 64; Voit in Prölss-Martin 2 6 R N 37 zu § 64; Römer in Römer-Langheid R N 10 und 16 zu § 64). Eine Divergenz bei der einen oder anderen Einzelposition kann im Ergebnis wieder aufgewogen werden, wobei es letztlich darauf ankommt, daß das Gesamtergebnis erheblich von der wirklichen Sachlage abweicht ( B G H l.IV. 1987 VersR 1987 S. 601 = r + s 1987 S. 205; O L G Köln 25. VII. 1991 VersR 1992 S. 694; L G Berlin 17. X . 1978 VersR 1979 S. 365). Das Gesamtergebnis der getroffenen Feststellung soll dabei allerdings nicht nur per Saldo „zufällig richtig" sein, sondern die Unrichtigkeit eines Einzelpostens kann das Gesamtergebnis durchaus auch schon erheblich unrichtig machen (Voit in Prölss-Martin 2 6 R N 37 zu § 64). Maßgebend für die Beurteilung der Unrichtigkeit einer Sachverständigenfeststellung sind nach allgemeiner Meinung nur der Sachstand und die Erkenntnismittel zur Zeit der Abgabe des Gutachtens (Möller Bd II Anm. 56 zu § 64; Voit aaO R N 44 zu §64; Beckmann in B K R N 42 zu § 64; B G H 9. VI. 1983 N J W 1983 S. 2245; O L G Koblenz 20. IX. 1996 VersR 1997 S. 964; O L G Düsseldorf 27. II. 1996 r + s 1996 S. 477478; L G Bückeburg 18. V. 1979 VersR 1980 S. 155). D a es keinen gesetzlich festgeschriebenen rechnerischen Wert gibt, ab wann eine Abweichung von der wirklichen Sachlage die Sachverständigenfeststellung unverbindlich macht, gehen die Ansichten der Gerichte über den maßgeblichen Prozentsatz, bei dem die Unerheblichkeit zur Erheblichkeit umschlägt, relativ stark auseinander. Hierbei handelt es sich um eine nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheidende Tatfrage ( B G H l.IV. 1987 VersR 1987 S. 601 = r + s 1987 S. 205). Die „Richtschnur" von Johannsen/Johannsen

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H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

mehr als 1 0 % Abweichung (so Möller Bd II Anm. 57 zu § 64) wird ersichtlich nur vom L G Berlin als Toleranzschwelle akzeptiert (LG Berlin 17. X. 1978 VersR 1979 S. 365); die anderen Gerichte gehen von Schwellenwerten für Fehlerquoten von über 1 5 % ( B G H 1. IV. 1987 VersR 1987 S. 601; O L G Köln 22. VIII. 1985 r + s 1985 S. 276; O L G Hamm 23. IX. 1987 VersR 1988 S. 509; 22. VI. 1993 VersR 1994 S. 342 = r + s 1993 S. 184), von über 16,66% ( O L G Köln 22.XII.1988 r + s 1988 S. 60) und sogar von über 20 % als Zumutbarkeitsgrenze für ein Festhalten am Gutachten aus ( O L G Braunschweig 17. IV. 1975 VersR 1976 S. 328-329; O L G Schleswig 16. VI. 1987 VersR 1987 S. 1002). Es ergibt sich damit eine Rechtsprechungstendenz dahin, eine vom Parteiwillen getragene Sachverständigenfeststellung nicht wegen einer geringen Fehlerquote für unverbindlich zu erklären. Das Maß der Abweichung muß vielmehr eine erhebliche Bedeutung erlangen (Heinrich S. 237). Dies zeigt sich auch in dem weiteren Kriterum der „offenbaren" Erheblichkeit (Möller Bd II Anm. 58 zu § 64), zu dem die jüngere Rechtsprechung eigentlich nichts Neues bringt. Seit dem BGH-Urteil vom 30. X I . 1977 VersR 1978 S. 123 wird herausgestellt, daß sich der Fehler bzw. die Unrichtigkeit einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter, wenn auch möglicherweise - und das hängt wohl vom Schwierigkeitsgrad und der Komplexität der von der Sachverständigenfeststellung erfaßten Materie ab - nach eingehender Prüfung „aufdrängt" ( B G H 9.VI. 1983 N J W 1983 S.2245, 21.IX.1983 N J W 1984 S. 45, 16.XI.1987 NJW-RR 1988 S. 506; O L G Köln 22.VIII. 1985 r + s 1985 S. 276, 22.XII. 1988 r + s 1989 S. 60; O G H 14.IV. 1988 VersR 1989 S. 426). Die Rechtsprechung kommt mithin nur zu einer eingeschränkten Ergebniskontrolle durch § 64 11 und läßt eine Verbindlichkeit der Sachverständigenfeststellung nur dann entfallen, wenn sie in nicht mehr tolerierbarer Weise von der wirklichen Sachlage abweicht. Demgemäß ändert die sachimmanente Unvermeidlichkeit von Bewertungsdifferenzen nichts an der grundsätzlichen Verbindlichkeit einer Sachverständigenfeststellung (Klocke ZfV 1984 S. 510; Heinrich S. 242). Auf Bewertungsdifferenzen kommt es allerdings nicht an, wenn das Sachverständigenverfahren durch s c h w e r e V e r f a h r e n s m ä n g e l beeinflußt ist. Es ist dann ohne weiteres unverbindlich (Voit in Prölss-Martin 26 R N 48, 49 zu § 64; Römer in RömerLangheid R N 25 zu § 64; Beckmann in B K R N 26 zu § 64). Solche liegen z.B. vor, wenn die Sachverständigen ihre Zuständigkeit überschritten haben ( B G H 14.1.1990 r + s 1991 S. 173-175, vgl. H 224), bei fehlerhafter Wahl eines Sachverständigen oder des Obmannes ( B G H 21. VI. 1989 VersR 1989 S. 910, vgl. H 228), bei Mitwirkung eines parteiischen Sachverständigen ( B G H 6. VI. 1994 N J W R R 1994 S. 1314-1315, vgl. H 230) oder bei einer groben Verletzung der Grundsätze über die Gewährung rechtlichen Gehörs wie in dem Fall B G H 6. XII. 1978 VersR 1979 S. 173-175, in dem die zugesagte Anhörung der Parteien vor Fertigstellung des Gutachtens nicht eingehalten worden war (vgl. unter H 232). Für alle Fälle, in denen die getroffene Feststellung unverbindlich ist, ordnet § 64 I 2 an, daß die Feststellung durch Urteil erfolgt. Das Gericht hat also - meist mit Hilfe von Sachverständigen - eigene Feststellungen zu treffen. § 64 I 3 erweitert diese Rechtsfolge auf den Fall, daß die Sachverständigen die Feststellung nicht treffen k ö n nen oder wollen oder sie v e r z ö g e r n . Eine entsprechende Vereinbarung ist in § 15 A F B 87 und den anderen Regelungen über das Sachverständigenverfahren in der Feuerv nicht enthalten. Ausdrücklich übernommen durch wörtliche Wiedergabe ist jeweils nur die zwingende Vorschrift des § 64 I 1. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß die - allerdings abdingbare Vorschrift des § 64 I 3 (Möller in Bd II Anm. 61 zu § 64; Beckmann in B K R N 51 zu § 64) - für das Sachverständigenverfahren in der Feuerv keine Anwendung finden sollte. O L G Düsseldorf 13.11.1990 VersR 1991 S. 657-658 = r + s 1991 S. 173-175 hat zutreffend angenommen, daß der Umstand, 802

Johannsen/Johannsen

Anm. H 239

I. Hauptpflichten des Feuervers

daß nur S. 1 von § 64 I in den Bedingungen wiederholt und S. 3 nicht erwähnt sei, nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit eine Abbedingung der dispositiven gesetzlichen Regelung ergebe. Vielmehr wird § 15 AFB 87 durch diese ergänzt (so auch zu den AFB 30 Raiser 2 Anm. 33 zu § 16; Wussow 2 Anm. 16 zu § 15). Daß der Sachverständige eine Feststellung nicht treffen kann, kommt beispielsweise in Betracht, wenn wesentliche Auskünfte von dritten Personen einzuholen sind und diese ihre Mitwirkung verweigern. Sie müssen dann vom Gericht als Zeugen vernommen werden. Der Hinderungsgrund kann aber auch in der Sphäre einer Partei liegen. Wenn ζ. B. der Ver sich weigert, die Gutachten dem Obmann zur Klärung der streitigen Punkte zu übergeben, kann dieser nicht tätig werden. Dem Vmer ist es dann nicht zuzumuten, den Ver auf Mitwirkung im Sachverständigenverfahren gerichtlich in Anspruch zu nehmen, sondern er kann gleich auf Leistung der Vsentschädigung klagen (BGH 17. III. 1971 VersR 1971 S. 536-538). Ein Nichtwollen des Sachverständigen liegt vor, wenn er die Erfüllung einer im Rahmen seiner Zuständigkeit liegenden Aufgabe ablehnt ( O L G Düsseldorf aaO; B G H 14. XI. 1990 r + s 1991 S. 173-175 mit kritischer Anm. von Wälder hat die Unverbindlichkeit in diesem Fall allerdings darauf gestützt, daß die Aufgabe nicht im Zuständigkeitsbereich des Sachverständigen lag). Ein Nichtwollen liegt auch vor, wenn der Sachverständige eine Begründung seiner Feststellungen verweigert. Von einer Verzögerung wird man nur bei einer erheblichen Überschreitung des von den Sachverständigen für das Verfahren vorgesehenen oder angemessenen Zeitraums ausgehen können. Eine absolute Grenze läßt sich schwer bestimmen, weil es auf die Größe des Schadens, Art und Umfang der erforderlichen Ermittlungen ankommt. Der vom L G Berlin 24.11.1965 VersR 1965 S. 649-650 für das einfachere Verfahren nach §14 AKB angenommene Zeitraum von äußerst einem Jahr kann nicht auf das in der Regel umfangreichere und kompliziertere Verfahren nach § 15 AFB 87 übertragen werden. Erforderlich ist auch, daß die Erstattung des Gutachtens bei den Sachverständigen angemahnt (Beckmann in B K R N 49 zu § 64) und ihnen Gelegenheit gegeben wird, in angemessener Frist noch tätig zu werden, ehe das Verfahren vor dem Gericht eingeleitet werden kann. [H 239] h) Kosten des Verfahrens Für die Bemessung der Sachverständigenvergütung gibt es keine besondere Honorarordnung. Maßgebend ist in erster Linie die Vereinbarung der Parteien (Möller Bd II Anm 33 zu § 64). Fehlt solche ausdrückliche Abrede, wird die übliche Vergütung geschuldet (Raiser2 Anm. 35 zu § 16 AFB). In welcher Art diese zu bestimmen ist, richtet sich nach dem Schwierigkeitsgrad und der Komplexität der Feststellungen bzw. der Kapazität der Sachverständigen. In diesem Rahmen kann der Sachverständige mangels abweichender Vereinbarungen sein Honorar nach billigem Ermessen gemäß §§ 315, 316 B G B selbst bestimmen (Heinrich S. 134). Aber auch für die Angemessenheit der vom Sachverständigen bestimmten Honorare muß es letztlich gewisse konkrete Anhaltspunkte geben (Klocke ZfV 1984 S. 201 f), die der Sachverständige aufzeigen muß. Wird ein geschuldeter V o r s c h u ß , von dem das Tätigwerden der Sachverständigen abhängt, vom Vmer nicht an diese gezahlt, ist das ohne besondere Vereinbarung keine Obliegenheitsverletzung (BGH 26. IX. 1984 VersR 1984 S. 1161-1162). Es kann sich aber um eine zum Schadensersatz führende positive Vertragsverletzung handeln, wenn der Ver nicht zahlt, denn eine Verzögerung des Sachverständigenverfahrens schiebt auch die Fälligkeit der Entschädigung zu Lasten des Vmers hinaus (Martin 3 Y I 80). Johannsen/Johannsen

803

Anm. H 239

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Die Kosten des Sachverständigenverfahrens werden nach § 15 Nr. 5 AFB 87 so aufgeteilt, daß jede Partei die Kosten ihres Sachverständigen trägt und die Kosten des Obmanns beide Parteien je zur Hälfte tragen, und zwar unabhängig davon, wie das Ergebnis des Sachverständigenverfahrens zugunsten oder zu Lasten der einen oder anderen Partei ausgefallen ist (Martin 3 Y I 62). Diese Formulierung deckt sich mit der Regelung in § 15 Nr. 2c) AFB 30 (dazu Möller Bd II Anm. 6 zu § 64). Das ist bedenklich, da nach der auf § 9 A G B G gestützten BGH-Entscheidung vom 3. III. 1982 (BGHZ 83 S. 169-170 = VersR 1982 S. 482-485) jene Regelung über die Kostentragung als unbillig und daher unwirksam qualifiziert wurde. Zu bedenken ist allerdings, daß das Sachverständigenverfahren nach der Neuregelung nur noch einvernehmlich oder durch Verlangen des Vmers in Gang gesetzt werden kann (Martin 3 Y I 64; Heinrich S. 132). Der früher gegebene Tatbestand, daß das Sachverständigenverfahren einseitig vom Ver mit der Folge eingeleitet werden konnte, daß dem Vmer die Kosten seines Sachverständigen auch dann aufgebürdet wurden, wenn er das Sachverständigenverfahren selbst gar nicht wünschte, existiert nicht mehr. Es sind also geänderte materielle Voraussetzungen gegeben. Auch die jetzige bedingungsgemäße Kostenregelung weicht jedoch von § 66 I, II ab, da der Vmer die Kosten seines Sachverständigen auch dann zu tragen hat, wenn seine Auffassung vollen Umfangs durch die Feststellungen der Sachverständigen bestätigt wurde. Das ist objektiv nicht als unangemessen im Sinne von §§ 9 II Nr. 1 AGBG, 307 BGB n. F. anzusehen, weil nur derjenige Vmer belastet wird, der sich freiwillig in den Anwendungsbereich der Bestimmung begibt (Martin 3 Y I 67). Indessen kann nicht ohne weiteres von einer Kenntnis des Vmers von diesen Zusammenhängen ausgegangen werden. Demgemäß ist eine gesonderte Belehrungspflicht des Vers anzunehmen. Unterläßt er diese Belehrung, so entfaltet § 15 Nr. 5 AFB 87 zu Lasten des Vmers keine Wirkungen. Es gilt vielmehr die dispositive Regelung gemäß §§ 66 I, II. Unterliegt der Vmer, so kann er sich aber auf die ihm dann günstigere Regelung gemäß § 15 Nr. 5 AFB 87 berufen. Entsprechendes gilt, wenn ursprünglich die AFB 30 dem Vertrage zugrunde lagen, die erst nach 1984 wirksam geändert wurden (Martin 3 Y I 68). Der B G H hat dazu ausgeführt, daß der Ver besser als der Vmer über die höchstrichterliche Rechtsprechung informiert sei; angesichts dieser überlegenen Kenntnis des Vers von der wirklichen Rechtslage stelle es einen groben Verstoß gegen Treu und Glauben dar, wenn der Ver im Rahmen eines bestehenden, auf der Grundlage der AFB 30 oder der VHB 74 abgeschlossenen Vsverhältnisses eine Vereinbarung über ein Sachverständigenverfahren mit Kostenteilung herbeiführt, ohne den Vmer darüber zu belehren, daß dieser nicht verpflichtet sei, einem Sachverständigenverfahren mit Kostenteilung zuzustimmen; er könne sich daher auf eine Vereinbarung über die Kostenteilung nur nach vorangegangener entsprechender Aufklärung des Vmers berufen (BGH 4. V.1988 VersR 1988 S. 683 = r + s 1988 S. 206 sowie vorinstanzliche Entscheidungen LG Wiesbaden 3.V.1985 r + s 1986 S. 432 und O L G Frankfurt 30. X. 1986 r + s 1987 S. 106). Da eine vom Ver dem Vmer vorgeschlagene Einigung auf ein Sachverständigenverfahren regelmäßig schon wegen § 66 II durchweg im Interesse des Vers liegt, ist demgemäß eine spezielle Belehrungsbzw. Aufklärungspflicht des Vers aus Treu und Glauben gegeben (Römer in RömerLangheid R N 17 zu § 66; Voit in Prölss-Martin 26 R N 22-25 zu § 66; Beckmann in BK R N 18 zu § 66), also nicht nur, wenn Anhaltspunkte für einen Irrtum des Vmers erkennbar sind (so aber Martin 3 Y I 68, 74). Das gilt auch dann, wenn es um Wertermittlungen geht, die nach § 15 Nr. 3 AFB obligatorischer Bestandteil der zu treffenden Feststellung sind. Eine Besonderheit ist dann gegeben, wenn dem Vertrage die P o s i t i o n e n - E r l ä u t e r u n g zugrunde liegt und gemäß Pos. 7.3 die vom Vmer nach dem Wortlaut des § 15 Nr. 5 AFB zu tragenden S a c h v e r s t ä n d i g e n k o s t e n m i t v e r t sind. Dann tritt der 804

Johannsen/Johannsen

Anm. H 241

II. Nebenpflichten des Feuerversicherers

erörterte Konflikt zur H ö h e der für solche Fälle gewählten Vssumme nicht auf. In einer derartigen Vertragslage dürfte in der Regel ein besonderer Hinweis des Vers darauf nicht erforderlich sein, daß der Vmer hinsichtlich etwaiger verbleibender Differenzkosten selbst im Risiko sei.

II. Nebenpflichten des Feuerversicherers Gliederung: Schrifttum H 240 1. Vorbemerkung H 241

2. Gesetzlich geregelte Nebenpflichten H 242 3. Übergesetzliche Nebenpflichten H 243

[H 240] Schrifttum A r m b r ü s t e r VersR 1 9 9 7 S. 9 3 1 - 9 3 8 , B a c h in R e c h t und Ö k o n o m i e der V, Festschrift für E g o n L o r e n z , Karlsruhe 1994 S. 4 5 - 7 2 , B u k o w in Ausblick und Rückblick, Festschrift für E r i c h Prölss, M ü n c h e n 1967 S. 1 3 7 - 1 5 1 , D ö r n e r - H o f f m a n n N J W 1996 S. 1 5 3 - 1 6 0 , Fenyves VersR 1 9 8 5 S. 7 9 7 - 8 0 6 , H o h l o c h VersR 1980 S. 1 0 7 - 1 1 8 , Kieninger VersR 1998 S. 5 - 1 2 , Kollhosser r + s 2 0 0 1 S. 8 9 - 9 7 , L o r e n z ZVersWiss 1995 S. 1 0 3 - 1 2 8 ( z . T . übereinstimmend mit VersR 1 9 9 5 S. 6 1 6 - 6 2 6 ) , Messerschmidt, Hinweis- und Belehrungspflichten des Vers, Frankfurt 1986, M ö l ler in Festschrift für Ernst Klingmüller, Karlsruhe 1974 S. 3 0 1 - 3 1 6 , Reichert-Facilides VersR 1977 S. 2 0 8 - 2 1 3 , Renger VersR 1994 S. 7 5 3 - 7 5 9 , R ö m e r VersR 1998 S. 1 3 1 3 - 1 3 2 2 , Schimikowski r + s 1996 S. 1 - 7 , Schirmer VersR 1996 S. 1 0 4 5 - 1 0 5 6 , Werber ZVersWiss 1994 S. 3 2 1 - 3 4 8 .

[H 241] 1. Vorbemerkung Außer der Hauptpflicht zur Gefahrtragung und Zahlung der Entschädigung ergeben sich aus dem Feuervsvertrag bzw. aus den vorangehenden Verhandlungen über seinen Abschluß eine Reihe von Nebenverpflichtungen des Vers, die auf Information, Beratung und Belehrung des Vmers gerichtet sind. Zum Teil sind diese gesetzlich geregelt (vgl. dazu H 242), ζ. T. sind sie in Anlehnung an solche gesetzlichen Regelungen oder aus dem den Vsvertrag in besonderem Maße beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. dazu R G 2 3 . V I I I . 1935 R G Z 148 S. 2 9 8 - 3 0 2 , 31.1.1936 R G Z 150 S. 147-152; B G H 28. X I . 1963 B G H Z 40 S. 3 8 7 - 3 9 2 = VersR 1964 S. 1 5 4 156, 8. V I I . 1991 VersR 1991 S. 1129-1132) von der Rechtsprechung entwickelt worden (vgl. dazu unter H 243). Allen diesen Nebenpflichten liegt die Überlegung zugrunde, daß der Ver dem Vmer in der Regel geschäftlich insbesondere hinsichtlich der Kenntnis des Vsrechts und der Vstechnik überlegen ist und daher auf dessen Belange immer dort so weit wie möglich Rücksicht nehmen muß, wo der Vmer Gefahr läuft, wegen seiner mangelnden Vertrautheit mit den Besonderheiten des Vswesens den häufig für ihn existenzwichtigen Vsschutz einzubüßen ( B G H 5. II. 1981 VersR 1981 S. 621-624). Sie sind zu unterscheiden nach g e n e r e l l e n , unabhängig von der jeweiligen Einzelkonstellation zu erfüllenden Pflichten und i n d i v i d u e l l e n , die aus den besonderen Umständen des Vsverhältnisses entstehen (für diese Einteilung vgl. Bukow in Festschrift für Prölss S. 1 3 7 - 1 5 1 , 1 3 7 ; Messerschmidt S. 5 - 6 ) . Bei den auf dem Gesetz beruhenden Belehrungspflichten handelt es sich ausschließlich um generelle. Die Nebenpflichten sind auch nach ihren Rechtsfolgen zu unterscheiden (dazu unter H 242). Einige der hier der Einfachheit halber unter dem Begriff Nebenpflichten zusammengefaßten Hinweis- und Belehrungspflichten sind nämlich so ausgestaltet, daß der Johannsen/Johannsen

805

Anm. H 242

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Vmer ihre Erfüllung nicht verlangen kann, der Ver aber durch ihre Verletzung Rechtsnachteile erleidet, z.B. durch die Unwirksamkeit der Fristbestimmung nach § 39, das Fortbestehen des Widerrufsrechts nach § 8 IV. Sie dienen der Wahrung eigener Rechte des Vers und stellen deshalb eigentlich Obliegenheiten dar (Möller in Bd I Anm. 12 zu § 5; so auch B G H 2. XI. 1994 VersR 1995 S. 80-82 zu der von ihm entwickelten Risikoprüfungsobliegenheit, vgl. dazu G 7; kritisch zur Verwendung des Begriffes Obliegenheit für die Verseile Werber ZVersWiss 1994 S. 331-348, 331). Bei anderen handelt es sich um echte Rechtspflichten, deren Verletzung nach allgemeinem Vertragsrecht zu beurteilen ist. Eine Sonderstellung nimmt die Verpflichtung zur Erteilung einer Verbraucherinformation nach §§ 5 a in Verbindung mit 1 0 a VAG ein, deren Verletzung sowohl Rechtsfolgen nach § 5 a II wie Schadensersatzansprüche auslösen kann (vgl. dazu unter H 242). Für weitere Nebenpflichten des Vers auf Ausstellung des Vsscheins gemäß § 3 und Erstattung der Ermittlungskosten nach § 66 wird auf die Ausführungen von Möller in Bd I zu § 3 und Bd II zu § 66 verwiesen. [H 242] 2. Gesetzlich geregelte Nebenpflichten Für die Feuerv ist wegen der im Massengeschäft üblichen längeren Laufzeit der Verträge insbesondere § 8 IV von Bedeutung, der dem Ver eine Belehrungspflicht über das Widerrufsrecht des Vmers bei Verträgen mit einer längeren Laufzeit als einem Jahr auferlegt. Vgl. dazu im einzelnen unter E 8 und zu der früheren Fassung von § 8 unter E 6. Praktisch erheblich ist auch die von § 39 geforderte Belehrung über die Rechtsfolgen der Nichtzahlung von Folgeprämien, die unter F 12 behandelt wird. Für die von der Rechtsprechung des B G H in Anlehnung an § 39 entwickelte Verpflichtung des Vers, den Vmer, dem er vorläufige Deckung gewährt hat, auf die Gefahr des rückwirkenden Wegfalls des Vsschutzes durch Nichtzahlung der Erstprämie hinzuweisen, wird auf F 11 verwiesen. Weitere gesetzliche Nebenpflichten ergeben sich aus § 5 II, nämlich der vom Ver geschuldete Hinweis, daß Abweichungen des Vsscheins vom Antrag oder den getroffenen Vereinbarungen als genehmigt gelten, wenn der Vmer nicht innerhalb eines Monats schriftlich widerspricht (vgl. dazu Möller in Bd I Anm. 10-12 zu § 5) und aus § 12 III, nämlich die Belehrung über die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit, wenn der vom Ver schriftlich abgelehnte Entschädigungsanspruch nicht innerhalb von 6 Monaten gerichtlich geltend gemacht wird (dazu Möller in Bd I Anm. 30 zu § 12). Die genannten Vorschriften begründen keinen Anspruch des Vers auf Belehrung, lösen aber die in ihnen genannten Nachteile für den Ver aus, sodaß sie keine Rechtspflichten sondern Obliegenheiten darstellen (vgl. dazu Möller aaO). Zweifelhaft ist die rechtliche Einordnung der in § 10 a I VAG geregelten Verpflichtung des Vers zur Erteilung einer Verbraucherinformation, auf die § 5 a verweist und für ihre Unterlassung Rechtsfolgen anordnet (zur Regelung des § 5 a vgl. Anmerkungen zu D 20). Die im Zusammenhang mit der Aufhebung der Bedingungsgenehmigung durch das 3. DurchführungsG/EWG zum VAG vom 21. VII. 1994 eingeführte Verbraucherinformation soll dem Vmer, wenn er eine natürliche Person ist, über die für das Vsverhältnis maßgeblichen Tatsachen und Rechte vor Abschluß und während der Laufzeit des Vertrages nach Maßgabe der Anlage Teil D unterrichten (zum Inhalt der Anlage D siehe Anmerkung 1 D 20 und Reimer Schmidt in Prölss V A G 1 1 R N 7-31 zu § 11 a). Die Informationspflicht des Vers ist in erster Linie eine gewerberechtliche Verpflichtung, deren Erfüllung verwaltungsrechtlich durchzusetzen ist (Renger VersR 1994 S. 753-759; Werber ZVersWiss 1994 S. 321-348, 340; Bach in Festschrift für Egon 806

Johannsen/Johannsen

II. Nebenpflichten des Feuerversicherers

Anm. H 243

Lorenz S. 45-72). Sie hat aber darüber hinaus auch zivilrechtliche Auswirkungen. Durch die Einbeziehung der Verbraucherinformation in die zivilrechtlich den Vertragsschluß regelnde Vorschrift des § 5 a wird die Doppelnatur der Informationspflicht deutlich. Daß die auf § 10 a I VAG beruhende Informationspflicht auch zivilrechtliche Bedeutung hat, wird inzwischen in der Literatur überwiegend angenommen (a.A. aber Renger aaO S. 757; Bach aaO). Die Auffassungen unterscheiden sich aber darin, ob sie unmittelbar gegenüber dem Vertragspartner geschuldet wird (so Dörner-Hoffmann N J W 1996 S. 153-160, 154; Schwintowski in BK R N 9 zu § 5; Kieninger VersR 1998 S. 5-12) oder ob § 10 a VAG nur in der Weise auf das Vertragsrecht ausstrahlt, daß er über die bereits bestehenden vertraglichen Nebenpflichten hinaus die Begründung schuldrechtlicher Aufklärungspflichten in Zukunft erleichtert (so Werber aaO; Lorenz VersR 1995 S. 616-626, ZVersWiss 1995 S. 103-128; Römer VersR 1998 S. 1313-1322). Man wird zunächst nach dem Gewicht der einzelnen in der Anlage D genannten Informationen differenzieren müssen. So sind die dort genannten Angaben über Namen, Anschrift und Sitz des Vers nicht erheblich genug, um den Gegenstand zivilrechtlicher Ansprüche auf Auskunft oder Schadensersatz zu bilden. Wohl kommt das aber in Betracht für Angaben über Art, Umfang und Fälligkeit der Leistung sowie Laufzeit des Vertrages und Prämienhöhe (Römer aaO). Die weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs, wie ζ. B. die Kausalität zwischen Verletzung der Informationspflicht und Schaden sind selbständig zu prüfen und werden durch § 10 a VAG nicht berührt (Lorenz VersR 1995 S. 616-626, 617). Schadensersatzansprüche kommen aber nur in Betracht, wenn § 5 a, der bestimmte Rechtsfolgen für die Unterlassung der Informationspflicht vorsieht, keine abschließende Regelung darstellt. Daß § 5 a Schadensersatzansprüche generell ausschließt, wird ζ. B. vom OLG Düsseldorf 5. XII. 2000 VersR 2001 S. 837-839 = r + s 2001 S. 269-271 angenommen. Dem kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden, weil § 5 a eine Vorschrift ist, die die Rechtsstellung des Vmers verbessern, nicht aber sie einschränken soll (Dörner-Hoffmann N J W 1996 S. 153-160; Kieninger VersR 1998 S. 5-12). Ein Teilaspekt der Verletzung der Informationspflicht ist allerdings in § 5 a II 4 abschließend geregelt. Wird die Ubergabe der Verbraucherinformation vollständig unterlassen und das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der Erstprämie nicht ausgeübt, so kann der Vmer nicht mittels eines Schadensersatzanspruchs aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen die Aufhebung des Vertrages verlangen (so aber Dörner-Hoffmann aaO). Denn das in § 5 a II 4 geregelte Erlöschen des Widerspruchsrechts ist als eine der Rechtssicherheit dienende Ausnahmeregelung anzusehen, die nicht über einen aus demselben Sachverhalt hergeleiteten Schadensersatzanspruch wieder beseitigt werden kann (OLG Düsseldorf aaO; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 73 zu § 5 a; Schirmer VersR 1996 S. 1045-1056). Eine Ausschlußwirkung kommt § 5a aber nicht zu für die Fälle unvollständiger oder fehlerhafter Information (Prölss, Schirmer aaO; Reimer Schmidt aaO R N 39 zu § 10a VAG; Schimikowski r + s 1996 S. 1-7, 2). So kommen Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Informationspflicht in Betracht, wenn der Vmer bei vollständiger und zutreffender Information ζ. B. über Risikoausschlüsse den Vertrag nicht geschlossen, sondern das Angebot eines anderen Vers angenommen hätte. [H 243] 3. Übergesetzliche Nebenpflichten Zu den generellen gegenüber allen Vmern zu erfüllenden Nebenpflichten des Vers gehören die bereits unter H 242 erwähnte von der Rechtsprechung des BGH entwickelte Pflicht zur Belehrung des Vmers, dem vorläufige Deckung gewährt worden ist, über die Gefahr des rückwirkenden Wegfalls des Vsschutzes durch Nichtzahlung Johannsen/Johannsen

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Anm. H 243

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

der Erstprämie (siehe dazu unter F 11), sowie die zur Relevanzrechtsprechung gehörende Belehrungspflicht des Vers über den Verlust des Vsschutzes bei folgenlosen vorsätzlichen Obliegenheitsverletzungen (vgl. dazu G 108 und 134). Zu den individuellen, sich aus der besonderen Situation des konkreten Vsverhältnisses ergebenden Nebenpflichten gehört die vom B G H entwickelte Risikoprüfungsoder Nachfrageobliegenheit, nach der der Ver gehalten ist, bei unklaren Angaben des Vmers Nachfrage zu halten und den Sachverhalt aufzuklären, andernfalls er die Rechte aus den §§ 16-22 nicht ausüben darf (vgl. dazu G 7). Individuelle Nebenpflichten spielen in der Feuerv wegen der Schwierigkeit der Materie, insbesondere bei der Ermittlung des für den Vmer geeigneten Vsschutzes in der Gebäude- und Industriev, eine große Rolle. Aus dem vorvertraglichen Rechtsverhältnis zwischen Ver und Vmer bei der Anbahnung des Feuervsvertrages ergibt sich zwar keine generelle Verpflichtung des Vers, den Vmer umfassend über seinen Vsbedarf, nämlich die sinnvollerweise abzudeckenden Risiken und die richtige Vertragsgestaltung aufzuklären. Insbesondere ist der Ver nicht verpflichtet, von sich aus umfangreiche Befragungen anzustellen, um herauszubekommen, welche Vsart für den Vmer am günstigsten ist (BGH 5.1.1981 VersR 1981 S. 621-624: keine Verpflichtung des Vers, auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Lagerv zu niedrigeren Prämien hinzweisen, wenn der Kunde einen Antrag auf eine Betriebsfeuerv gestellt hat). Von dem Grundsatz, daß der Vmer sich in eigener Verantwortung um den von ihm benötigten Vsschutz zu kümmern habe (so ausdrücklich B G H 28.X.1963 VersR 1964 S. 36-38; O L G Köln 19. IX. 1995 VersR 1996 S. 1265), werden aber von der Rechtsprechung Ausnahmen gemacht für bestimmte Fallgruppen, bei denen nach Treu und Glauben eine Aufklärung und Beratung des Vmers geboten ist. Zu diesen gehören erkennbare Fehlvorstellungen des Vmers, sein Wunsch nach umfassendem Vsschutz und die Kompliziertheit der Materie (vgl. für diese Einteilung und zahlreiche Nachweise aus der Rechtsprechung für alle Vszweige Kieninger VersR 1998 S. 5-12, 8). Letztere hat in der Feuerv die größte Bedeutung (BGH 28. X. 1963 aaO, 7. XII. 1988 VersR 1989 S. 472-473; O L G Hamm 14. VI. 1991 VersR 1992 S. 49-50, 14. VII. 1995 r + s 1995 S. 389-390 [Hausratv]; O L G Celle 3. III. 1994 VersR 1995 S. 333-334; O L G Köln 3. VI. 1993 VersR 1994 S. 342-343, 19. IX. 1995 VersR 1996 S. 1265, 12. XI. 1996 VersR 1997 S. 1530-1531). Kompliziert ist die Materie vor allem dann, wenn es um die richtige Bestimmung des Vswertes bei der gleitenden Neuwertv geht. Die Berechnung auf der Basis 1914 gilt allgemein als eine der schwierigsten Fragen der Summen- und Ersatzwertberechnung (Armbrüster VersR 1997 S. 931-938), die nach der Auffassung des B G H 7. XII. 1988 aaO selbst ein Fachmann nur mit großer Mühe richtig treffen könne. Deshalb sei der Ver nach Treu und Glauben verpflichtet, den Vmer auf die Schwierigkeiten der richtigen Festsetzung des Vswertes und die Gefahren einer falschen Festsetzung hinzuweisen. Dazu gehöre die Empfehlung, einen Sachverständigen hinzuzuziehen oder das Angebot eigener sachkundiger Beratung (vgl. dazu im einzelnen unter H 180). Schwierige Fragen können auch sonst auftauchen, wenn es um die Vermeidung der Unterv geht (vgl. dazu O L G Köln 12. XI. 1996 r + s 1997 S. 30-32; O L G Hamm 20.XII.2000 r + s 2001 S. 295 und unter H 191-192). Auch in der Hausratv ist die Bestimmung der richtigen Vssumme äußerst schwierig zu treffen. Neben der Schwierigkeit, alle Gegenstände zu erfassen und den richtigen Neuwert zugrunde zu legen, ergeben sich Unsicherheitsfaktoren durch spätere Neuanschaffungen und Preissteigerungen. Deshalb ist auch hier eine besondere Beratungspflicht anzunehmen ( O L G Hamm 14. VII. 1995 r + s 1995 S. 389-390). Ein Beratungsbedarf des Vmers wegen Schwierigkeit der Materie kann sich auch noch nach dem Abschluß des Vertrages ergeben, wenn sich durch eine Veränderung 808

Johannsen/Johannsen

II. Nebenpflichten des Feuerversicherers

Anm. H 243

der Verhältnisse für den Vmer nicht leicht übersehbare neue Umstände ergeben. So hat das O L G Köln 3. VI. 1993 VersR 1994 S. 342-343 angenommen, daß der Ver dem Vmer gegenüber, mit dem er einen Gebäude- und Inventarvsvertrag abgeschlossen hat, darüber aufklärungspflichtig ist, daß hinsichtlich von ursprünglich in dem Gebäudevsvertrag mitvten Kegelbahnen nach Kündigung des Vertrages durch den Erwerber des Grundstücks sich eine Unterv ergab, weil diese nunmehr automatisch in die Inventarv einbezogen wurde. Dem Vmer wurde ein Schadensersatzanspruch zugebilligt, der nur insoweit wegen Mitverschuldens des Vmers gemindert wurde, weil dieser sich nicht von sich aus nach Verkauf des Gebäudes um eine umfassende Klärung der Vsverhältnisse bemüht habe. Auch bei Verhandlungen über Prämienermäßigungen nach § 41 a muß der Ver aufgrund seines überlegenen Wissens über die verschiedenen Tarife und ihre tatsächlichen Voraussetzungen den Vmer beraten (BGH 5. XII. 1981 VersR 1981 S. 621-624). Wenn es darum geht, daß der Betriebsaufnahme durch den Vmer Hindernisse entgegenstehen, muß der Ver den Vmer u . U . auch darauf hinweisen, daß er in erheblichem Umfang Prämien dadurch einsparen kann, daß er auf Probeläufe seiner Maschinen verzichtet. Beispiele für e r k e n n b a r e F e h l v o r s t e l l u n g e n des Vmers, die ebenfalls Beratungspflichten auslösen, bieten Fälle, in denen der Vmer eine Betriebsverlegung ankündigt, ohne einen Antrag auf Änderung des Vsschutzes zu stellen. Der Ver muß ihn unverzüglich auf das Erlöschen des Vsschutzes nach §§ 4 Nr. 1 AFB 30, 87 hinweisen (BGH 5. XI. 1986 VersR 1987 S. 147-148; O L G Hamm 22. IX. 1993 S. 718719). U m f a s s e n d e r V s s c h u t z wird von den Vmern insbesondere bei der Feuerv von Betrieben gewünscht. Hier verschafft sich der Ver den notwendigen Überblick üblicherweise durch eine Betriebsbesichtigung, durch die er Einblick in den Bedarf des Vmers gewinnt. Trotz der grundsätzlichen Eigenverantwortung des Vmers für die Gestaltung seines Vsschutzes wird man von dem Ver verlangen müssen, daß er die dabei gewonnenen Erkenntnisse zu einer umfassenden Beratung des Vmers nutzt (so zur Betriebshaftpflichtv B G H 9. X. 1974 VersR 1975 S. 77-78; O L G Hamm 23. XI. 1983 VersR 1984 S. 853-854; O L G Köln 14.1.1993 VersR 1993 S. 1385-1386). Während bei Verletzung der generellen, allen Vmern gegenüber zu erfüllenden übergesetzlichen Nebenpflichten der Ver nur eigene Nachteile erleidet, aber keinen Schadensersatz schuldet, bestehen für die individuellen auf Beratung und Aufklärung gerichteten Nebenpflichten (mit Ausnahme der Risikoprüfungsobliegenheit, dazu unter G 7) keine vsrechtlichen Besonderheiten. Bei ihrer Verletzung durch Unterlassen der Aufklärung und Beratung entstehen Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß oder aus positiver Vertragsverletzung. Diese Rechtsinstitute sind durch das Schuldrechtsreformgesetz vom 26. XI. 2001 mit Wirkung vom 1.1.2002 gemäß §§ 280, 311 BGB n. F. durch Schadensersatz wegen Pflichtverletzung ersetzt worden. Dabei hat der Ver für das Verschulden der für ihn handelnden Angestellten und Agenten nach § 278 BGB einzustehen. Ein etwaiges Mitverschulden des Vmers ist gemäß § 254 BGB zu berücksichtigen. Besonderheiten sind von der Rechtsprechung allerdings für den Fall entwickelt worden, daß Vsvermittler nicht die Beratung oder Aufklärung des Vmers unterlassen, sondern ihm Auskünfte über den Umfang des Vsschutzes erteilt haben, die im Widerspruch zum Inhalt der AVB stehen. Eine Haftung des Vers wurde von der Rechtsprechung des RG bejaht auf der Grundlage einer g e w o h n h e i t s r e c h t l i c h e n E r f ü l l u n g s h a f t u n g (RG 19.1.1915 RGZ 86 S. 128-135 sog. Sturmflutfall, der Agent hatte Deckung gegen die Sturmflutgefahr, die in Deutschland überhaupt nicht angeboten wurde, zugesagt). Diese Rechtsprechung, die im Kern besagt, daß der Ver für die Angaben der von ihm als „Vertrauensmänner" eingesetzten Vermittler nach Treu und Johannsen/Johannsen

809

Anm. H 243

H. Rechtspflichten des Feuerversicherers

Glauben haften müsse, wenn nicht den Ver ein erhebliches Eigenverschulden träfe, ist vom BGH 9. V. 1951 BGHZ 2 S. 87-93 bestätigt und fortgesetzt worden, z.B. 15.III. 1978 VersR 1978 S. 457-458 (vgl. dazu im einzelnen Möller in Bd I Anm. 54 zu § 44 und Reichert-Facilides VersR 1977 S. 208-213). An dieser Rechtsprechung ist von der Literatur aus dogmatischen Gründen heftige Kritik geübt worden (vgl. z. B. Hohloch VersR 1980 S. 107-118 mit zahlreichen Nachweisen; Kollhosser r + s 2001 S. 89-97). Vor allem wird geltend gemacht, daß es an den Voraussetzungen für die Bildung von Gewohnheitsrecht fehlt. Das Rechtsinstitut der gewohnheitsrechtlichen Erfüllungshaftung ist auch, wie Kollhosser unter eingehender Untersuchung der einzelnen Fallgruppen nachgewiesen hat, nicht erforderlich, um angemessene Ergebnis zu erzielen. In vielen Fällen läßt sich gemäß § 5 III und den Grundsätzen der Auge- und OhrRechtsprechung des BGH (vgl. dazu G 13) ein Vertragsschluß mit dem Inhalt der Erklärungen des Vermittlers begründen, während die Restfälle mit Hilfe eines Anspruchs aus Verschulden bei Vertragsschluß wegen Verletzung einer Beratungsoder Aufklärungspflicht gelöst werden können. Auf diese beiden Möglichkeiten hat auch der BGH 24. IV. 1996 VersR 1996 S. 845-846 in einem Fall hingewiesen, in dem das Berufungsgericht einen Anspruch aus gewohnheitsrechtlicher Erfüllungshaftung verneint hatte. In dem Antrag auf Feuerv eines Mähdreschers war auf das Angebot eines anderen Vers hingewiesen und angefragt worden, ob die V wie bei diesem zum Neuwert erfolgen könne. Der Antrag wurde angenommen, ohne daß im Vsschein ein Hinweis darauf, ob Neuwert oder Zeitwert vert sei, aufgenommen war; die AFB sahen aber nur Zeitwertv vor. Der Vermittler hatte nach dem Klagvortrag auf Anfrage bestätigt, daß der Mähdrescher genau so wie von dem anderen Ver angeboten vert sei. Der BGH hat zwar einen Vertragsschluß gemäß § 5 III verneint, aber für möglich gehalten, daß der Vmer den Vsschein im Zusammenhang mit der Erklärung des Vermittlers als Angebot zum Abschluß einer Neuwertv zu den Bedingungen des anderen Vers verstehen durfte. Die Grundlage für einen etwaigen Schadensersatzanspruch hat er darin gesehen, daß der Ver auf die Anfrage nicht unmißverständlich geantwortet habe, daß er nicht zum Abschluß einer Neuwertv bereit sei. Der Vmer müsse so gestellt werden, als wenn er einen Vertrag mit dem anderen Ver abgeschlossen habe. Ein solcher Schadensersatzanspruch ist allerdings gegenüber dem Erfüllungsanspruch subsidiär (Kollhosser aaO S. 15). Ein Beispiel für einen Vertragsschluß gemäß § 5 III bietet der Fall des OLG Hamm 20. XII. 2000 r + s 2001 S. 295, in dem der Vermittler die Antragsposition „Vorsorge zum Ausgleich einer etwaigen Unterv" dem Bedingungsinhalt zuwider damit erklärt hat, daß ein Untervsverzicht angeboten worden sei. Da diese Erklärung Inhalt des Antrags und dem Ver nach den Grundsätzen der Auge- und Ohr-Rechtsprechung zugegangen sei, hätte dieser dem Antrag widersprechen müssen (so auch Schwintowski in BK R N 8 zu § 5; Römer in Römer-Langheid R N 16 zu § 5). Das OLG Hamm aaO hat das Ergebnis der vertraglichen Haftung des Vers alternativ mit der vsrechtlichen Vertrauenshaftung begründet. Dafür besteht aber keine Notwendigkeit mehr.

810

Johannsen/Johannsen

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag I. Der Schutz der Realgläubiger II. Versicherung für fremde Rechnung III. Der Regreßverzicht der Feuerversicherer

I. D e r S c h u t z der R e a l g l ä u b i g e r Gliederung: Schrifttum J 1 1. Überblick J 2-4 a) Gesetzliche Grundlagen J 2 b) Geschützte Rechte J 3 c) Österreichisches Recht J 4 2. Der Schutz des Realgläubigers durch BGBVorschriften J 5-23 a) §1127 B G B J 5-10 weitere Untergliederung vor J 5 b) §1128 B G B J 11-17 weitere Untergliederung vor J 11 c) §1129 B G B J 18-20 weitere Untergliederung vor J 18 d) §1130 B G B J 21-23 weitere Untergliederung vor J 21 3. Der Schutz des Realgläubigers durch W G VorschriftenJ 24-99 Schrifttum J 24 a) Geltungsbereich J 25 b) § 97 J 26-28 weitere Untergliederung vor J 26 c) § 98 J 29-31 weitere Untergliederung vor J 29

[J1]

d) § 99 J 32-35 weitere Untergliederung e) § 100J36-37 weitere Untergliederung f) § 101 J 38-44 weitere Untergliederung g) § 102 J 45-61 weitere Untergliederung h) § 103 J 62-68 weitere Untergliederung i) § 104 J 69-75 weitere Untergliederung j) § 105 J 76-82 weitere Untergliederung k) § 106J83-89 weitere Untergliederung 1) § 107 J 90-92 weitere Untergliederung m) § 107aJ93-95 weitere Untergliederung n) § 107b J 96-97 weitere Untergliederung ο) § 107 c j 98-99 weitere Untergliederung

vor J 32 vor J 36 vor J 38 vor J 46 vor J 62 vor J 70 vor J 77 vor J 83 vor J 90 vor J 93 vor J 96 vor J 98

Schrifttum

Baur-Stürner Lehrbuch des Sachenrechts 19. Aufl. München 1992, Brisken D e r Schutz des Hypothekengläubigers bei G e b ä u d e v Diss. Karlsruhe 1964, Essert D i e Fortentwicklung der N e u w e r t v H a m b u r g 1983 zit. Essert Neuwertv, Fenyves V s R u n d s c h a u 1994 S. 33-58, Z. f. B a n k und Börsenwesen 1991 S. 13-27, Grassl-Palten V s R u n d s c h a u 1989 S. 6 5 - 7 8 , 1992 S. 129-140, Gürtler D i e Rechtsstellung der Realgläubiger in der Feuerv Diss. K ö l n 1937, Kollhosser VersR 1997 S. 521-525, Luttmer D i e N e u w e r t v von Wohn-, Geschäfts- und landwirtschaftlichen G e b ä u d e n Berlin 1972, Münchener K o m . z u m B G B B d 6 3. Aufl. München 1997, Ollik V A 1982 S. 3 0 - 5 8 , Palandt Bürgerliches G e s e t z b u c h 61. Aufl. München 2002 zit. PalandtBearbeiter, Petersen D e r Schutz der Realberechtigten in der Immobiliarieuerv Diss. H a m b u r g 1964, R ö m e r Johannsen/Johannsen

811

Anm. J 2

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Z N o t P 1998 S. 213-218, Schirmer r + s 1993 S. 81-88, Schmidt Rainer Die rechtliche Stellung des Realgläubigers gegenüber dem Ver-Nach den §§ 1127-1130 BGB und den §§ 97- 107c W G Diss. 1982 Aachen zit. Rainer Schmidt, Schneider AcP 90 S. 440-472, Schorling Z H R 112 S. 12-50, Schütz VersR 1987 S. 134-138, Sieg in Recht und Ökonomie der V Festschrift für Egon Lorenz S. 643-655 Karlsruhe 1994, Soergel Kom. zum BGB Bd 6 12. Aufl. Stuttgart 1989 zit. Soergel-Bearbeiter, Staudinger Kom. zum BGB 3. Bd 13 Aufl. Berlin 1996 zit. Staudinger-Wolfsteiner, Voss VersR 1961 S. 961-964, derselbe VersR 1964 S. 105-106, Wiesinger Die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers im privaten Feuervsrecht Diss. Hamburg 1940, Wünschmann JW 1928 S. 3157-3160.

[J 2]

1. Überblick a) Gesetzliche Grundlagen

Wichtigste Dritte, deren Rechtsstellung durch die Vorschriften über die Feuerv berührt werden, sind die Grundpfandgläubiger. Wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung des Realkredits gewährt der Gesetzgeber ihnen einen umfassenden Schutz. Grundlage der nicht sehr übersichtlichen, teilweise im BGB, teilweise im W G enthaltenen Schutzvorschriften ist die von § 1127 I BGB angeordnete Erstreckung der Hypothek auf die Forderung gegen den Ver, wenn Gegenstände, die der Hypothek unterliegen, für den Eigentümer oder den Eigenbesitzer des Grundstücks unter Versicherung gebracht sind. Hierdurch wird dem Hypothekengläubiger für den Fall der Zerstörung, Beschädigung oder des Abhandenkommens von Gegenständen bereits ein gewisser Schutz zugebilligt (siehe dazu im einzelnen unter J 5-10). Die Vorschrift gilt für alle Schadenven, seien es Immobilar- oder Mobilarven, denn der Hypothekenhaftung unterliegen nicht nur das mit der Hypothek belastete Grundstück sondern gemäß § 1120 BGB auch getrennte Erzeugnisse und sonstige Bestandteile sowie das Zubehör. Für die Mobilarv ordnet § 1129 BGB die Anwendung der Vorschriften der §§1123 II S. 1 und 1124 I, III BGB an, die für Miet- und Pachtzinsforderungen gelten (dazu unter J 18-20). Für die Gebäudev wird die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers gegenüber § 1127 BGB verstärkt durch § 1128 BGB, der ihm die Stellung eines Pfandgläubigers gewährt. Diese Vorschrift, die im übrigen Zahlungsbestimmungen enthält, gilt für die V von Gebäuden gegen Gefahren aller Art, z.B. Feuer, Wasser, Sturm und Hagel (vgl. im einzelnen unter J 11-17). Noch stärkeren Schutz gewähren dem Hypothekengläubiger die im W G enthaltenen Vorschriften der §§ 97-107 c über die Feuerv. §§ 97-100 beziehen sich auf in den AVB vereinbarte Wiederaufbauklauseln und sichern im Interesse des Hypothekengläubigers die bestimmungsgemäße Verwendung der Vsentschädigung. Sie sind im Zusammenhang mit der allgemeinen Vorschrift des § 1130 BGB zu sehen, nach der es für die Wirksamkeit der Zahlung genügt, daß der Ver „zur Wiederherstellung des versicherten Gegenstandes" zahlt, während eine Zahlung der F eu er vsentschädigung nach § 99 grundsätzlich nur wirksam ist, wenn ihre Verwendung für die Wiederherstellung g e s i c h e r t ist. Vor der Gefahr einer Doppelzahlung kann sich der Ver nur durch entsprechende vorherige Mitteilungen an den Hypothekengläubiger schützen. Im Falle der A n m e l d u n g der Hypothek ist eine Zahlung der Vsentschädigung ohne Sicherung der bestimmungsgemäßen Verwendung nur wirksam bei schriftlicher Zustimmung des Hypothekengläubigers, § 100. Zusätzlich wird die Wiederherstellung gesichert durch das in § 98 geregelte Abtretungsverbot, das die Abtretung der Entschädigungsforderung nur an den Erwerber des Grundstücks oder an solche Gläubiger zuläßt, die Arbeiten oder Lieferungen zur Wiederherstellung des Gebäudes bewirkt oder Darlehen zu diesem Zweck gegeben haben (zu den §§ 1130 BGB und 97-100 siehe J 21-23 und 26-37). 812

Johannsen/Johannsen

Anm. J 2

I. Der Schutz der Realgläubiger

Dem Schutz des Hypothekengläubigers dienen auch dem Ver auferlegte besondere Auskunfts- und Mitteilungspflichten. Nach § 107 hat er dem Gläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, die Anmeldung zu bestätigen und auf Verlangen Auskunft über das Bestehen von Vsschutz sowie über die Höhe der Vssumme zu erteilen. Nach § 101 hat er ihm davon unverzüglich schriftlich Mitteilung zu machen, wenn dem Vmer eine Frist für die Zahlung der Folgeprämie bestimmt oder wegen unterbliebener Prämienzahlung das Vsverhältnis gekündigt wird. Der Ver hat ferner nach § 101 II binnen einer Woche nach Kenntnis den Eintritt des Vsfalles schriftlich mitzuteilen, wenn nicht der Schaden unbedeutend ist (dazu J 42). Von besonderer Bedeutung für den Schutz des Hypothekengläubigers sind die Vorschriften der §§ 102 und 103, für die es in den BGB-Bestimmungen keine Entsprechung gibt. Hiernach ist nämlich der Ver dem Hypothekengläubiger gegenüber auch dann zur Leistung verpflichtet, wenn er im Verhältnis zum Vmer leistungsfrei geworden ist, weil dieser z. B. Obliegenheiten verletzt oder den Vsfall vorsätzlich oder grobfahrlässig herbeigeführt hat. Das gleiche gilt für den Fall des Rücktritts oder der Anfechtung des Vsvertrages durch den Ver nach dem Eintritt des Vsfalles. Der Schutz des Hypothekengläubigers erstreckt sich aber nicht auf den Fall der Leistungsfreiheit wegen Nichtzahlung der Prämie. Lediglich hinsichtlich der Nichtzahlung von Folgeprämien hat der Gläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, einen mit der Mitteilungspflicht des Vers nach § 101 korrespondierenden zeitlich begrenzten Schutz (zu der hinsichtlich ihrer dogmatischen Einordnung und des Schutzumfanges heftig umstrittenen Vorschrift vgl. J 45-61). Uber § 102 hinaus erweitert § 103 für den Hypothekengläubiger, der sein dingliches Recht dem Ver angemeldet hat, den Schutz dahin, daß dieser nicht nur aus einem „kranken", sondern sogar aus einem nicht mehr bestehenden Vertrag Rechte herleiten kann. Kündigung, Rücktritt, Fristablauf oder sonstige Tatsachen, welche die Beendigung des Vsverhältnisses zur Folge haben, wirken ihm gegenüber erst mit Ablauf von 3 Monaten, nachdem die Beendigung bzw. der Zeitpunkt der noch bevorstehenden Beendigung ihm durch den Ver mitgeteilt worden ist oder in anderer Weise zu seiner Kenntnis gelangt ist. (Zu den Einzelheiten dieser Vorschrift, die auch über dem Hypothekengläubiger nachteilige Vereinbarungen zwischen Ver und Vmer und die Nichtigkeit des Vsvertrages besondere Regelungen trifft, vgl. J 62-68). Vor einer Kündigung des Vsvertrages durch den Vmer ist der Hypothekengläubiger, der sein Recht angemeldet hat, durch § 106 geschützt (dazu unter J 83-89). Zusätzlich wird der Hypothekengläubiger für die Fälle des Nichtbestehens oder der Beendigung des Vsvertrages dadurch geschützt, daß der Ver nach § 105 verpflichtet ist, mit ihm bis zur anderweitigen V des Gebäudes einen Vsvertrag abzuschließen oder den bisherigen fortzusetzen, wenn der Hypothekengläubiger dies bis zum Ablauf der in §§ 102, 103 genannten Fristen schriftlich beantragt (zur sogenannten Hypothekeninteressev vgl. J 76-82). Nicht dem Schutz des Hypothekengläubigers sondern dem Interesse des Vers an einer Sicherung eines eventuellen Ersatzanspruches gegen den Vmer dient die Regelung des § 104 S. 1, wonach die Hypothek auf ihn übergeht, soweit er nach §§ 102,103 den Hypothekengläubiger befriedigt. Dem Schutz der Realgläubiger trägt aber S. 2 der Vorschrift Rechnung, wonach dieser Übergang nicht zum Nachteil eines gleich- oder nachstehenden Hypothekengläubigers geltend gemacht werden kann, dem gegenüber die Verpflichtung des Vers zur Leistung bestehen geblieben ist (siehe hierzu J 69-75).

Johannsen/Johannsen

813

Anm. J 3 [J 3]

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

b) Geschützte Rechte

In den genannten gesetzlichen Bestimmungen ist ausdrücklich immer nur von dem Hypothekengläubiger die Rede. Für die Schutzbestimmungen des W G , §§ 99-107 a, ist in 107b ausdrücklich angeordnet, daß sie entsprechend anzuwenden sind, wenn das Grundstück mit einer Reallast, Grundschuld oder Rentenschuld belastet ist. Damit wird diesen Realgläubigern grundsätzlich der gleiche Schutz gewährt wie den Hypothekengläubigern. Es muß aber bei jeder Vorschrift geprüft werden, ob die Unterschiede zwischen den genannten Rechten und der Hypothek, insbesondere der Umstand, daß Grund- und Rentenschuld eine Forderung nicht voraussetzen, §§ 1191, 1192, 1199,1200 BGB, die Anwendung rechtfertigen (siehe dazu unter J 97). Für die BGB-Vorschriften der §§ 1127-1130 ergibt sich die entsprechende Anwendung auf die Grundschuld aus § 1192 BGB, für die Rentenschuld aus § 1200 BGB. Für die Reallast ist gemäß § 1107 BGB nur hinsichtlich der einzelnen aus dem Grundstück zu entrichtenden Leistungen die entsprechende Anwendung der für die Zinsen einer Hypothekenforderung geltenden Vorschriften angeordnet. Für das Hauptrecht, also die Reallast selbst gilt das Hypothekenrecht nicht (Soergel-Stürner 12 RN 1 zu § 1107; Voss VersR 1961 S. 961-964, 963). Sie erstreckt sich deshalb auch nicht gemäß § 1127 I auf die Vsforderung (Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 2 zu § 107 b; a. M. Rainer Schmidt S. 3; unklar Schütz VersR 1987 S. 134-138, 135, der generell die Anwendbarkeit der Schutzvorschriften für die Reallast bejaht, dafür aber auf § 1118 BGB verweist, der die Haftung für die Zinsen betrifft). In § 17 III AFB 30 ist die Reallast ausdrücklich in die Liste der zu schützenden Realgläubiger aufgenommen worden. Soweit für die geschützten Grundpfandrechte eine Vormerkung nach § 883 BGB eingetragen ist, erstreckt sich deren Wirkung auch auf die Vsforderung. Die Vormerkung ist zwar noch kein dingliches Recht, das den Schutz der §§ 1127-1130 BGB, 99-107 a gewährleistet, der Vormerkungsberechtigte ist aber dann dem Hypothekengläubiger vom Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung gleichgestellt, wenn das gesicherte Recht nachträglich eingetragen wird (RG 26. VI. 1936 RGZ 151 S. 389-395; Kollhosser a.a.O. R N 4 zu § 103). Ist nicht ein Grundstück sondern ein an diesem bestelltes Erbbaurecht mit Hypotheken, Grund- oder Rentenschulden belastet, ist der Realgläubiger ebenfalls geschützt, wie sich aus der von § 11 ErbbauVO angeordneten entsprechenden Anwendung der sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften, zu denen § 1127 I BGB unmittelbar gehört, ergibt (Voss VersR 1961 S. 961-964). Zutreffend hat das OLG Hamburg 4. VI. 1996 VersR 1996 S. 1141-1142 = r + s 1996 S. 363-365 angenommen, daß die entsprechende Anwendung sich auch auf die Schutzvorschriften des W G erstreckt, die sich ebenfalls auf Grundstücke beziehen und die Erstreckung der Hypothek auf die Vsforderung voraussetzen (zustimmend Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 107 b; Langheid in Römer-Langheid R N 4 zu § 102). Vom durch die §§ 101-107 b begründeten Schutz ausdrücklich ausgenommen sind gemäß § 107 c die dinglichen Rechte, die dem Vmer zustehen. Dieser soll nicht als Grundpfandgläubiger in den Genuß von Vorteilen gelangen, die er als Vmer verwirkt hat (siehe zur Bedeutung dieser Vorschrift und ihrer Auswirkung auf die Rechtsstellung des Vten unter J 98-99). Das N i e ß b r a u c h r e c h t nach § 1030 BGB ist weder in den Schutzbereich der §§ 1127-1130 BGB noch der §§ 99-107a W G einbezogen (Kollhosser a.a.O. R N 3 zu § 107b; Schütz VersR 1987 S. 134-138, 135; Dörner-Staudinger in BK R N 6 zu § 107b). Es gelten ausschließlich die besonderen BGB-Vorschriften, nach denen der Nießbraucher zum Abschluß einer Feuerv verpflichtet ist, wenn die V einer ordnungs814

Johannsen/Johannsen

Anm. J 4

I. Der Schutz der Realgläubiger

gemäßen Wirtschaft entspricht, § 1045 BGB, und der Nießbrauch sich auf die Forderung gegen den Ver erstreckt, § 1046 BGB. Im Gegensatz zu der historischen Entwicklung, die geprägt ist von den den Realgläubiger immer stärker schützenden Bedingungen und Satzungen der öffentlichrechtlichen Feuervsanstalten, beruht der Schutz heute fast ausschließlich auf dem Gesetz. Die modernen AVB verzichten weitgehend auf eine eigene Regelung, sondern verweisen lediglich auf die gesetzlichen Vorschriften, so §§ 16 Nr. 6 AFB 87, 23 Nr. 6 VGB 88, § 18 Nr. 6 in der Fassung 1999. Eine eigene Regelung enthält noch § 17 III AFB 30. Sie betrifft vornehmlich die Auszahlung der Entschädigung und stimmt teilweise mit den gesetzlichen Bestimmungen überein, weicht aber auch in Nuancen von ihnen ab. Die Regelung, die den Schutz des Gläubigers einer Reallast ausdrücklich einbezieht, wird im Zusammenhang mit den Vorschriften über die Wiederherstellung des Gebäudes unter J 22 erläutert. Für das Wohnungseigentum ist eine besondere Klausel entwickelt worden, die in § 25 Nr. 3 VGB aufgenommen worden ist. Sie wird unter J 72 und J 130-131 erläutert. [J 4]

c) Österreichisches Recht

In der G e b ä u d e f e u e r v wird der Schutz des Hypothekengläubigers durch die Vorschriften der §§ 97-108 Ö W G weitgehend wie im deutschen Recht gewährleistet. Die entscheidende Grundlage ist § 100 Ö W G , der anordnet, daß sich das Pfandrecht an einem verten Gebäude auch auf die Entschädigungsforderung gegen den Ver erstreckt, und in dem die Regelungen der §§ 1127 und 1128 BGB zusammengefaßt sind. Die übrigen Vorschriften entsprechen - von sprachlichen Abweichungen abgesehen - weitgehend den ziffernmäßig übereinstimmenden deutschen WG-Vorschriften (vgl. den Uberblick bei Grassl-Palten VsRdschau 1989 S. 65-78). Zu beachten ist aber, daß dem österreichischen Recht Grund- und Rentenschulden unbekannt sind. Die in § 107 b) Ö W G angeordnete entsprechende Anwendung der für die Hypothek geltenden Vorschriften auf andere Rechte bezieht sich auf Reallasten, auf nach der Exekutionsordnung erworbene Befriedigungsrechte und - unter Ausschluß der Anwendung des § 104 Ö W G über den Ubergang der Hypothek - auf das dem deutschen Nießbrauch entsprechende Fruchtnießungsrecht. Die genannten Vorschriften gelten entsprechend ihrer Stellung im Gesetz nur für die Gebäudefeuerv. Bei anderen Zweigen der Schadenv, etwa der Leitungswasser-, Sturmschaden- oder Hagelv findet eine Pfandrechtserstreckung nicht statt. Vielmehr erlischt das Pfandrecht nach § 467 ABGB, wenn die verpfändete Sache zerstört wird (Grassl-Palten a.a.O. S. 67). Das hat insbesondere Auswirkungen für die Mobilarv, die den Hypothekengläubiger nicht schützt (OGH 20. XI. 1996 VersR 1998 S. 347-348). Eine analoge Anwendung der §§ 100,102 Ö W G auf die V beweglicher Sachen hat der O G H unter Hinweis auf die Entwicklungsgeschichte und den Ausnahmecharakter der Vorschriften auch für den Fall verneint, daß es sich hierbei um Zubehör des verten Grundstücks handele (OGH a.a.O.). Der Ausnahmecharakter der Vorschriften spricht auch gegen eine in der Literatur teilweise befürwortete analoge Anwendung der Vorschriften auf andere Zweige der Sachv von Gebäuden, sofern das verte Risiko ähnlich „schadensträchtig" sei wie das Feuerrisiko (so Grassl-Palten VsRdschau 1992 S. 129-140 unter Darstellung des Streitstandes). Insgesamt gesehen ist also der Schutz des Hypothekengläubigers durch V im österreichischen Recht schwächer ausgestaltet als im deutschen.

Johannsen/Johannsen

815

Anm. J 5

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

2. Der Schutz des Realgläubigers durch BGB-Vorschriften a ) § 1127 BGB Gliederung: aa) Bedeutung der Vorschrift J 5 bb) Voraussetzungen der Haftungserstreckung nach § 1127 B G B ] 6 cc) Beginn der Haftung J 7

[J 5]

dd) Umfang der Haftung J 8 ee) Beendigung der Haftung J 9 ff) § 1127 BGB als zwingende und Ausnahmeregelung J 10

aa) Bedeutung der Vorschrift

Nach der Ausgangsvorschrift des § 11271 BGB erstreckt sich die Hypothek auf die Forderung gegen den Ver, wenn Gegenstände, die der Hypothek unterliegen, für den Eigentümer oder Eigenbesitzer des Grundstücks unter V gebracht sind. Welche Gegenstände das sind, ergibt sich aus § 1120 BGB, nämlich außer dem Grundstück selbst und den nicht besonders genannten nicht getrennten wesentlichen und unwesentlichen Bestandteilen, von deren Haftung für die Hypothek das Gesetz als selbstverständlich ausgeht (Soergel-Konzen 12 R N 2 zu § 1120), die vom Grundstück getrennten Erzeugnisse und sonstigen Bestandteile, soweit sie nicht mit der Trennung in das Eigentum eines anderen als des Eigentümers oder des Eigenbesitzers des Grundstück gelangt sind, sowie das im Eigentum des Grundstückseigentümers stehende Zubehör. Hat der Grundstückseigentümer das Zubehör unter Eigentumsvorbehalt erworben, so erstreckt sich die Hypothek auch auf sein Anwartschaftsrecht auf Erwerb des Eigentums der Zubehörstücke (BGH 10. IV. 1961 B G H Z 35 S. 85-95 = NJW 1961 S. 1349-1352; Soergel-Konzen 12 R N 7 zu § 1120; Eickmann in Münchener Kom 3 R N 38 zu § 1120). Für den Fall, daß die genannten Gegenstände zerstört oder beschädigt werden, hat der Gesetzgeber, obwohl dem BGB ein allgemeines Surrogationsprinzip nicht zu Grunde liegt, im Interesse des Realkredits wegen eines „schwerwiegenden praktischen Bedürfnisses" angeordnet, daß dem Hypothekengläubiger auch die Ersatzforderung gegen den Ver haften soll (Motive III S. 651, 659). Dem wirtschaftlichen Sinn dieser Regelung entspricht es, daß die Haftung der Forderung gegen den Ver nach § 1127 II BGB erlischt, wenn der verte Gegenstand wiederhergestellt oder Ersatz für ihn beschafft ist, denn dann ist der ursprüngliche Haftungsumfang wieder vorhanden. Die Erstreckung der Haftung auf die Vsforderung hat die Wirkung, daß dem Hypothekengläubiger auch hinsichtlich dieser Forderung wie für die übrigen in den Haftungsverband einbezogenen Gegenstände ein V e r w e r t u n g s r e c h t eingeräumt wird, das er im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, also insbesondere durch Zwangsversteigerung und/oder Zwangsverwaltung ausüben darf (Stürner in Baur-Stürner 16 S. 407; Soergel-Konzen 12 R N 12 zu § 1120; Eickmann in Münchener Kom. 3 R N 13 zu § 1127). Aus § 1127 BGB kann nicht ein g e s e t z l i c h e s P f a n d r e c h t des Hypothekengläubigers an der Vsforderung hergeleitet werden (so aber Wussow 2 Anm. 2 zu § 1127, 3 zu § 1129; ebenso Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 1 zu § 99, anders aber Anm. 1 Anhang zu §§ 97-107c). Dem widerspricht, daß § 1127 sowohl für die Gebäudev wie für die V beweglicher Sachen gilt. Für die Mobilarv ordnet aber § 1129 BGB an, daß sich die Haftung der Forderung gegen den Ver nach den Vorschriften des § 1123 II 1 und des § 1124 II, III BGB bestimmt. Damit wird auf die für Miet- und Pachtzinsen geltende Haftung der Hypothek verwiesen, die dem Hypothekengläubiger ausdrücklich nur ein Verwertungsrecht hinsichtlich der der Haftung unterliegenden Forderun816

Johannsen/Johannsen

Anm. J 6

I. Der Schutz der Realgläubiger

gen einräumen, dem Forderungsinhaber aber vor der Beschlagnahme das freie Verfügungsrecht über die Forderung belassen (Soergel-Konzen 1 2 R N 1 zu § 1129; Eickmann in Münchener Kom. 3 R N 4 - 6 zu § 1129; Stürner in Baur-Stürner 1 6 S. 408). Bis zur Beschlagnahme oder, falls diese später als ein Jahr nach der Fälligkeit der Forderung erfolgt ist, auch danach, kann also auch der Vmer über die Vsforderung verfügen ( O L G H a m m 14.1.1977 VersR 1977 S. 9 4 9 - 9 5 1 ; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 Anhang zu §§ 9 7 - 1 0 7 c Anm. 1; Rainer Schmidt S. 67). Diese kann auch ohne Beschränkung von anderen Gläubigern gepfändet werden (Eickmann a.a.O.). Mit dieser Regelung ist das Bestehen eines Pfandrechts an der Vsforderung auch für den Bereich der Mobilarv nicht vereinbar (ausführlich Rainer Schmidt S. 51-53). Soweit Wussow a.a.O. sich für seine Auffassung auf Entscheidungen des R G (nämlich 5. V I I . 1921 R G Z 102 S. 3 5 0 - 3 5 4 , 1 6 . IV. 1929 R G Z 124 S. 9 1 - 9 5 , 2 6 . VI. 1936 R G Z 151 S. 3 8 9 - 3 9 5 ) bezieht, betreffen diese ausschließlich die Gebäudev. Für diese ist allerdings von einem Pfandrecht an der Vsforderung auszugehen, das aber nicht auf § 1127 B G B beruht, sondern nur aus § 1128 B G B hergeleitet werden kann (vgl. dazu unter J 1 1 ). Aus § 1 1 2 7 1 B G B folgt für den Hypothekengläubiger lediglich das Recht, daß er die Zwangsvollstreckung in die Vsforderung nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen vornehmen darf. Das gilt nach § 49 InsolvenzO auch für den Fall des Konkurses (vgl. dazu Rainer Schmidt S. 49, 6 7 - 6 8 ) .

Q 6]

bb) Voraussetzungen der Haftungserstreckung nach § 1127 BGB

Es muß ein Vsvertrag abgeschlossen worden sein, der sich auf eine Sachv jeder Art, sei es z. B. eine Gebäudev mit oder ohne Einschluß der Feuergefahr, eine Feuerv oder eine Mobiliarv, wie die Hausrats- oder Maschinenv beziehen kann. Die V muß der Hypothekenhaftung nach § 1120 B G B unterliegende Gegenstände betreffen. So kann in Ausnahmefällen auch eine Kfz-Kaskov in Betracht kommen, wenn Fahrzeuge Zubehör eines Grundstücks sind ( B G H 2. X I . 1982 B G H Z 85 S. 2 3 4 - 2 4 0 = N J W 1983 S. 7 4 6 - 7 4 8 , im konkreten Fall verneint; Soergel-Konzen 1 2 R N 3 zu § 1127; Eickmann in Münchener Kom. 3 R N 2 zu § 1127). Die V braucht nicht vom Eigentümer oder Eigenbesitzer abgeschlossen worden zu sein. Es kann sich auch um eine V für fremde Rechnung handeln, bei der der Eigentümer Vter ist, z . B . wenn ein Nießbraucher gemäß seiner Verpflichtung aus § 1045 B G B oder ein Pächter das Eigentümerinteresse vert. Die V anderer Interessen als der des Eigentümers unterfällt § 1127 B G B nicht, insbesondere nicht die in § 105 geregelte Hypothekeninteressev (Wussow 2 Anm. 3 zu §1127). Zum Abschluß von Ven ist der Eigentümer dem Hypothekengläubiger grundsätzlich gesetzlich nicht verpflichtet, kann es aber auf Grund des Vertrages sein. Der Abschluß einer Feuerv gehört zur ordnungsgemäßen Verwaltung von bebauten Grundstücken. Eine Verpflichtung zum Abschluß bzw. der Aufrechterhaltung einer bestehenden Feuerv gegenüber dem Hypothekengläubiger kann sich deshalb aus § 1192 in Verbindung mit §§ 1133, 1134 B G B ergeben, wenn bei einer Zerstörung des Gebäudes durch Feuer der Grundstückswert nicht mehr ausreichen würde, die H y p o thek vollständig zu decken ( B G H 29. I X . 1988 B G H Z 105 S. 2 3 0 - 2 4 3 = N J W 1989 S. 1034-1037; Staudinger-Wolf Steiner 13 R N 16 zu § 1127). Die Beleihungsbedingungen der Realkreditinstitute verpflichten den Darlehensnehmer regelmäßig zum Abschluß einer Feuerv und sehen die Verletzung dieser Pflicht als Kündigungsgrund an. Die Hypothek, bzw. die demselben Schutz unterliegenden anderen Grundpfandrechte müssen nach §§ 1113, 1115, 1191, 1192, 1200 B G B wirksam entstanden sein. Auf den Rechtsgrund ihrer Entstehung kommt es nicht an. Außer der vertraglich begründeten Hypothek unterfallen auch die Zwangshypothek gemäß §§ 866, 867 Johannsen/Johannsen

817

Anm.

J

7

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Z P O und die Arresthypothek nach § 932 Z P O der Geltung des § 1127 B G B . Eine Vormerkung nach § 883 B G B steht der Hypothek gleich, wenn das durch sie gesicherte Recht nachträglich eingetragen wird ( R G 26. VI. 1936 R G Z 151 S. 389-395).

[J 7]

cc) Beginn der Haftung

Für die Bestimmung des Zeitpunktes, von dem an sich die Hypothek auf die Forderung gegen den Ver erstreckt, ergibt der Wortlaut des § 1127 B G B keine brauchbare Handhabe. Es kommt sowohl in Betracht, daß die Vorschrift sich auf die Entschädigungsforderung aus einem bestimmten Vsfall bezieht als auch auf den generellen Anspruch des Vmers gegen den Ver auf Gefahrtragung, der sich erst im Vsfall in einen Geldleistungsanspruch umwandelt (vgl. dazu Möller Bd I Anm. 43 zu § 1, Bd II Anm. 2 zu § 49). Im ersteren Fall dürfte die Haftung erst mit dem Vsfall eintreten, im zweiten Fall müßte sie schon vor Eintritt des Vsfalles bestanden haben. Die herrschende Meinung in der Literatur läßt die Haftung vor Eintritt des Vsfalles beginnen (Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 292; Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 24 zu § 1127; Soergel-Konzen 1 2 R N 5 zu § 1127; Eickmann in Münchener Kom. 3 R N 9-12 zu § 1127; Rainer Schmidt S. 70). Das gilt auch für diejenigen Autoren, die ausdrücklich erklären, daß § 1127 B G B nur die Entschädigungsforderung betrifft (so Brisken S. 14-16; Mattern in R G R Kom 1 2 R N 8 und 9 zu § 1127). Konsequent wird aber vom L G Darmstadt 5. VIII. 1976 VersR 1979 S. 418-419 unter Hinweis darauf, daß § 1127 die Entschädigungsforderung betreffe, eine Haftung vor Eintritt des Vsfalles verneint. D a sich aus § 1127 B G B allein keine weiteren Rechtsfolgen ergeben, als daß dem Hypothekengläubiger bestimmte Verwertungsmöglichkeiten eröffnet werden, und eine Verwertung der Forderung gegen den Ver erst nach dem Eintritt des Vsfalles in Betracht kommt, spricht viel für eine Auslegung der Vorschrift dahin, daß nur die konkrete Entschädigungsforderung betroffen ist mit der Folge, daß die Haftung erst mit dem Eintritt des Vsfalles beginnt. Betrachtet man aber die Bestimmung nicht isoliert sondern in ihrem Zusammenhang mit der gesetzlichen Regelung über den Schutz der Realgläubiger, ist doch eine Auslegung dahin geboten, daß die Hypothek sich schon vor Eintritt des Vsfalles auf die Forderung aus dem Vsvertrag erstreckt. Insbesondere ergibt sich aus § 1128 II B G B über den besonderen Schutz des H y p o thekengläubigers, der seine Hypothek dem Ver angemeldet hat, daß der Gesetzgeber die Zeit vor Entstehen des Vsfalles berücksichtigen wollte. Das ist besonders ausgeprägt in den vsrechtlichen Bestimmungen der §§ 101 I und 103, die rechtliche Beziehungen zwischen dem Hypothekengläubiger und Ver regeln, die auch ohne den Eintritt eines Vsfalles Bedeutung haben (vgl. dazu J 38-41 und J 62-65). D a § 1127 B G B die Ausgangsvorschrift für diese weiteren Schutzvorschriften darstellt, ist es konsequent, davon auszugehen, daß die Grundlage für diesen Schutz in der Erstreckung der Hypothek auf die Forderung gegen den Ver besteht (so auch R G 5. VII. 1921 R G Z 102 S. 350-354, 6. VI. 1936 R G Z 151 S. 389-395). Zu verweisen für diese Überlegung ist auch auf die Rechtsprechung des B G H (10. IV. 1961 B G H Z 35 S. 85-95 = N J W 1961 S. 1349-1352) zur Erstreckung der Hypothek auf das Anwartschaftsrecht des Grundstückseigentümers auf Erwerb des Eigentums an unter Vorbehalt erworbenen Zubehörstücken. Auch in diesem Fall beginnt die Haftung bevor ein zur Verwertung geeignetes Objekt zur Verfügung steht. Die Erstreckung der Haftung auf die Vsforderung hat allerdings noch geringere Auswirkungen, weil der Eintritt des Vsfalles völlig ungewiß ist. Die Haftung ist deshalb als eine potentielle oder latente anzusehen. Zum Beginn dieser Haftung genügt demnach, daß die Hypothek bestellt u n d der Vsvertrag abgeschlossen worden ist, wobei die zeitliche Reihenfolge unerheblich ist 818

Johannsen/Johannsen

Anm. J 8

I. Der Schutz der Realgläubiger

(Rainer Schmidt S. 71; Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 24 zu § 1127; Eickmann in Münchener Kom. 3 R N 10 und 12 zu § 1127). Zweifelhaft ist nur der Fall, in dem im Zeitpunkt der Bestellung der Hypothek nicht nur der Vsvertrag abgeschlossen sondern auch bereits der Vsfall eingetreten war. Hier erfordert der Schutz des Hypothekengläubigers keine Erstreckung auf die konkrete bereits vorher als Geldforderung entstandene Forderung aus dem Vsvertrag. Denn die Haftung soll nur die Nachteile ausgleichen, die durch die Zerstörung oder Beschädigung der bei Bestellung der Hypothek unversehrt vorhandenen Vermögensgegenstände entstanden sind ( K G 13.1.1934 J R P V 1934 S. 104-105; Brisken S. 25; Rainer Schmidt S. 72; Sorgel-Konzen 1 2 R N 5 zu § 1127; Eickmann in Münchener Kom. 3 R N 11 zu § 1127; Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 24 zu § 1127). Die Haftung tritt aber ein, wenn im Zeitpunkt des Vsfalles die später bestellte Hypothek bereits durch eine Vormerkung gesichert war (Sieg C 29; Brisken a.a.O.).

[J 8]

dd) Umfang der Haftung

Für den Umfang der Haftung ist bei der Hypothek auf die Höhe der ihr zu Grunde liegenden Forderung abzustellen. Gemäß § 1118 B G B sind hinzuzurechnen die gesetzlichen Zinsen sowie die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung. D a die Haftung sich erst im Vsfall konkret auswirkt, kommt es auf die Valutierung der Hypothek in diesem Zeitpunkt an. O b die Hypothekenforderung vorher oder nachher höher oder niedriger war, ist unerheblich (Soergel-Konzen 1 2 R N 6 zu § 1127; Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 2 zu § 1127; Brisken S. 41). Für die Grundschuld, die von einer Forderung unabhängig ist, kommt es auf die Valutierung nicht an. Es wird vielmehr die Haftung in der vollen sich aus der Eintragung ergebenden Höhe begründet, auch wenn die Valutierung erst nach dem Vsfall erfolgt ( R G 16. IV. 1929 R G Z 124 S. 91-95; Mattern in R G R Kom. 1 2 R N 8 zu §1127). Das gleiche gilt, wenn die schuldrechtliche Forderung getilgt wird, weil das Grundpfandrecht bestehen bleibt und sich nicht gemäß dem nur für die H y p o thek geltenden § 1163 in eine Eigentümergrundschuld umwandelt ( O L G H a m m 15. VII. 1987 N J W R R 1988 S. 217). Es unterliegt die gesamte Vsforderung der Haftung der Hypothek und der sonstigen Realrechte. Das gilt auch für die Neuwertv (Bruck 7 Vorbem. 3 vor §§ 99-107, Lehrbuch S. 744; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 Anm. 1 zu § 99; Rainer Schmidt S. 108-114; Dörner-Staudinger in B K R N 20 zu § 97), für die von einigen Autoren die Auffassung vertreten wird, daß die Vsforderung den Realgläubigern nur in Höhe des Zeitwertanteils hafte, weil sie im übrigen gar keine Sachv darstelle (Möller ZVW 1937 S. 136, Bd II Anm. 50 vor §§ 49-80, Brisken S. 41-43, Essert Neuwertv S. 205-236, 236). Dem kann auf der Grundlage eines modernen Verständnisses von der Neuwertv, für die ein starkes praktisches Bedürfnis besteht, nicht gefolgt werden (hierfür wird auf H 144 verwiesen). Die Hypothekenhaftung erstreckt sich auch auf die Forderung gegen den Staat, wenn die Vsentschädigung bei einem Prätendentenstreit unter Verzicht auf die Rücknahme hinterlegt und infolge ihres Überganges in das Vermögen des Staates durch eine Forderung gegen diesen ersetzt worden ist ( R G 6. VII. 1910 R G Z 74 S. 106-110; Eickmann in Münchener Kom. 3 R N 5 zu § 1127; Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 18 zu §1127; Soergel-Konzen 1 2 R N 6 zu § 1127). Durch die Hinterlegung ändert sich der Rechtsgrund der Forderung nicht, sodaß sich die Haftung unmittelbar aus § 1127 B G B ergibt. Ebenso ergreift die hypothekarische Haftung das Surrogat, wenn der Ver an das Vollstreckungsgericht gezahlt und dieses das Geld bei der Hinterlegungsstelle hinterlegt hat ( B G H 9. X I . 1966 Β G H Z 46 S. 221-230 = N J W 1967 S. 568-570). Johannsen/Johannsen

819

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

A n m . J 10

Q 9]

ee) Beendigung der Haftung

Da Voraussetzung der Haftung nach § 1127 B G B das Bestehen von Hypothek und Versicherungsvertrag ist, ist die Haftung nach allgemeinen Grundsätzen beendet mit dem Erlöschen der Hypothek oder der Forderung gegen den Ver. Daneben regelt §1127 II B G B einen besonderen Beendigungsgrund: die Haftung der Forderung erlischt, wenn die verte Sache wiederhergestellt oder Ersatz für sie beschafft worden ist. Das ist deshalb gerechtfertigt, weil die wiederbeschafften bzw. wiederhergestellten Gegenstände in den Haftungsverband nach §§ 1120-1131 eintreten und den Flypothekengläubiger ausreichend schützen. Das Erlöschen bezieht sich aber nur auf die konkrete Forderung aus dem bereits eingetretenen Vsfall. Entsprechend dem unter J 7 ausgeführten haftet auch hinsichtlich der neu beschafften und wiederhergestellten Gegenstände die durch den Eintritt künftiger Vsfälle bedingte Forderung gegen den Ver (dazu Staudinger-Wolfsteiner13 R N 19 zu § 1127; Brisken S. 23). Ist die Wiederherstellung beschädigter Gegenstände nur teilweise erfolgt und erhält der Hypothekengläubiger deshalb keine volle Sicherheit, so erlischt die Hypothekenhaftung nur in Höhe der bewirkten teilweisen Sicherung und bleibt im übrigen auch an der Forderung auf die Vsentschädigung bestehen (Raiser 2 R N 40 zu § 18 AFB; Rainer Schmidt S. 150-151). Wenn der Vsvertrag eine Wiederherstellungsklausel enthält, endet die Haftung ferner auf Grund einer nach § 1130 B G B dem Hypothekengläubiger gegenüber wirksamen Zahlung der Vsentschädigung an den Vmer (Raiser2 R N 32 zu § 18 AFB; Rainer Schmidt a.a.O.; Brisken S. 54 und unter J 23). Schließlich kann die Haftung auch durch Befriedigung gemäß § 1181 B G B enden. [J 10]

ff) § 112 BGB als zwingende und Ausnahmeregelung

Die Erstreckung der Hypothek auf die Forderung gegen den Ver kann nicht durch Vereinbarungen zwischen dem Vmer und dem Ver verhindert oder in ihren Auswirkungen beschränkt werden, vielmehr hat § 1127 BGB zwingenden Charakter (Staudinger-Wolfsteiner13 R N 2 zu § 1127; Wussow 2 Anm. 2 zu § 1127). Die Vorschrift stellt eine Ausnahmeregelung dar, die eine analoge Anwendung auf ähnliche Tatbestände nicht zuläßt. Unter Berufung auf die historische Gesetzesbegründung, die die Erstreckung der Hypothek auf die Vsforderung als „nicht in der Rechtskonsequenz" liegend bezeichnet hat (Motive III S. 659), hat der B G H 11. V. 1989 B G H Z 107 S. 2 5 5 257 = NJW 1989 S. 2123-2124 eine entsprechende Anwendung von § 1127 abgelehnt. Die Hypothek erstrecke sich nicht auf Schadensersatzansprüche des Eigentümers wegen der Beschädigung des Grundstücks. Der Ausnahmecharakter der Vorschrift wird auch in der Literatur betont (Staudinger-Wolfsteiner13 R N 18 zu § 1127; PalandtBassenge61 Anm. 1 zu § 1127). b) §1128 BGB Gliederung: aa) Regelungsgehalt J 11 bb) Voraussetzungen der Anwendung J 12 cc) Rechtsfolgen J 1 3 - 1 7 aaa) Anzuwendende Vorschriften J 13

820

bbb) ccc) ddd) eee)

Johannsen/Johannsen

Einziehung der Vsentschädigung J 14 Einwendungen des Vers J 15 Erlöschen der Hypothek J 16 Rangverhältnis J 17

Anm. J 11

I. Der Schutz der Realgläubiger

[J 11]

aa) Regelungsgehalt

Gegenüber der bloßen Haftungsanordnung des § 1127 B G B wird in der Gebäudev der Schutz des Hypothekengläubigers entscheidend dadurch verstärkt, daß ihm durch § 1128 BGB, der in Absatz III auf die für eine verpfändete Forderung geltenden Vorschriften verweist, die Rechtsstellung eines P f a n d g l ä u b i g e r s eingeräumt wird. Hiervon geht die Rechtsprechung ohne nähere rechtsdogmatische Begründung aus ( B G H 6. V. 1965 Β G H Z 44 S. 1-13 = NJW 1965 S. 1585-1589, l . X . 1980 VersR 1981 S. 49-50, 19.11.1981 VersR 1981 S. 521-523 = NJW 1981 S. 1671-1672, 30.1.1987 B G H Z 99 S. 385-390 = NJW 1987 S. 1631-1632, 9.1.1991 VersR 1991 S. 331-333 = r + s 1991 S. 100-102, 4.VII. 1996 VersR 1997 S. 570-571 = r + s 1997 S. 119-120; O L G Hamm 14. II. 1992 VersR 1992 S. 737-739,28.1.1994 VersR 1994 S. 1106-1107). In der Literatur ist hingegen über die Rechtsnatur des Schutzes des Hypothekengläubigers in der Gebäudev umfangreich diskutiert worden, wofür auf die ausführlichen Darstellungen von Brisken S. 16-22 und Rainer Schmidt S. 54-69 verwiesen wird. Die heute weit überwiegende Auffassung geht davon aus, daß der Hypothekengläubiger die Rechtsstellung eines Forderungspfandgläubigers habe (Sieg C 28; Raiser 2 Anm. 31 zu § 18 AFB; Wussow 2 Anm. 2 zu § 1127; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 99, Langheid in Römer-Langheid R N 9 vor §§ 97ff.; Schütz VersR 1987 S. 134-138; Rainer Schmidt S. 69; Soergel-Konzen 12 R N 3 zu § 1128; StaudingerWolfsteiner13 R N 8 zu § 1128; Münchener Kom. 3 Eickmann R N 17 zu § 1128) oder jedenfalls eine ihr ähnliche (so Stürner in Baur-Stürner 16 S. 417; a.A. aber Brisken S. 20-22, der die Rechtsstellung als ein hypothekarisches Recht qualifiziert). Der h. M. ist zuzustimmen. Der Gesetzgeber hat zwar in § 1128 B G B die Pfandrechtsvorschriften nicht ausnahmslos Anwendung finden lassen. Die Absätze I und II, die regeln, unter welchen Voraussetzungen der Ver die Vsentschädigung an den Vmer (oder den Vten) mit Wirksamkeit gegen den Hypothekengläubiger zahlen darf, weichen von § 1281 B G B ab, wonach der Schuldner nur an den Pfandgläubiger und den Gläubiger gemeinschaftlich leisten darf. Abs. I enthält eine Schutzbestimmung zu Gunsten des Vers, der an den Vmer leisten darf, wenn er oder der Vmer dem Hypothekengläubiger den Eintritt des Schadens angezeigt und dieser binnen eines Monats nach Empfang der Anzeige der Zahlung nicht widersprochen hat. Abs. II schützt den Hypothekengläubiger, der seine Hypothek dem Ver angemeldet hat, dadurch besonders, daß die Zahlung ihm gegenüber nur wirksam ist, wenn er ihr s c h r i f t l i c h zugestimmt hat. Abgesehen von diesen besonders geregelten Zahlungsbestimmungen finden aber die Pfandrechtsvorschriften Anwendung. Die in Abs. III verwandte Formulierung „im übrigen" will nur dies besagen und nicht, wie Schneider AcP 90 S. 440-472, 455 annimmt, daß die Pfandrechtsvorschriften nur eingreifen, wenn der Hypothekengläubiger der Auszahlung der Vsentschädigung widersprochen habe. Diese schon durch den Wortlaut nicht gerechtfertigte Auslegung wird dem Zweck der Vorschrift, dem Hypothekengläubiger in der Gebäudev einen über § 1127 B G B hinausgehenden Schutz zu gewähren, nicht gerecht (Rainer Schmidt S. 66-69). Ein solcher wird nur gewährleistet, wenn ein Pfandrecht nicht erst durch den Widerspruch gegen die Zahlung, sondern bereits mit dem Entstehen der Forderung gegen den Ver begründet wird. Die Absätze I und II des § 1128 BGB, die nur die Zahlung abweichend von § 1281 B G B regeln, setzen ein gesetzlichen Forderungspfandrecht bereits voraus, aus ihnen ergibt sich nämlich deutlich, daß ohne Einhaltung der besonderen Voraussetzungen die Zahlung gegenüber dem Hypothekengläubiger unwirksam ist ( B G H 19.IX.1984 VersR 1984 S. 1137-1140). Diese Rechtslage kann nicht durch die hypothekarische Haftung allein erklärt werden. In der Literatur wird zum Teil angenommen, daß das Pfandrecht bereits vor dem Vsfall, nämlich mit dem Beginn der hypothekarischen Haftung entstehe (StaudingerJohannsen/Johannsen

821

Anm. J 12

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Wolfsteiner13 RN 8 zu § 1128; Eickmann in Münchener Kom.3 RN 17 zu § 1128, sowie diejenigen Autoren, die das Pfandrecht aus § 1127 herleiten wie Wussow2 Anm. 2 zu §1127; Kollhosser in Prölss-Martin26 RN 1 zu § 99; ebenso OLG Hamm 14.11.1992 VersR 1992 S. 737-739). Dem steht aber entgegen, daß ein Forderungspfandrecht begrifflich die Existenz einer Forderung voraussetzt (Soergel-Mühl12 RN 1 zu § 1273; Damrau in Münchener Kom.3 RN 4 zu § 1273; Rainer Schmidt S. 76), eine konkrete Entschädigungsforderung aber vor Eintritt des Vsfalles nicht besteht. Bei der Verpfändung einer künftigen Forderung kommt das Pfandrecht erst mit ihrer Entstehung zustande (Soergel-Mühl12 RN 3 zu § 1273), wobei allerdings sein Rang sich gemäß § 1209 BGB nach dem Zeitpunkt seiner Bestellung richtet. Aus dieser Vorschrift läßt sich auch ohne die Annahme eines bereits vor dem Vsfall entstandenen Pfandrechts der in der Literatur allgemein befürwortete Schutz des Hypothekengläubigers ab Entstehung der hypothekarischen Haftung, den Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 292 aus dem Pfandrecht an einer Anwartschaft, Brisken S. 31 aus dem besonderen hypothekarischen Recht und Rainer Schmidt S. 76-77 aus einer interessengerechten Auslegung des § 1128 III BGB herleiten, rechtfertigen. Da die hypothekarische Haftung die Grundlage des Pfandrechts ist, bestimmt ihr Beginn den Zeitpunkt der Bestellung des Pfandrechts an der künftigen Entschädigungsforderung, das zwar erst mit dem Vsfall entsteht, aber wegen seines früheren Ranges dem Hypothekengläubiger ausreichend Schutz gewährt. [J 12]

bb) Voraussetzungen der Anwendung des § 1128 BGB

Die Vorschrift bezieht sich auf die V „eines Gebäudes" ohne Begrenzung auf ein bestimmtes Risiko. Es kommt jede Sachv in Betracht, neben der Feuerv z.B. die Sturm-, Leitungswasser- und Hagelv (allerdings nicht die in §§ 108-115a geregelte, die nur den Schaden an Bodenerzeugnissen betrifft) oder kombinierte Ven, wie die Wohngebäudev. Unter einem Gebäude ist ein mit der Erde verbundenes Bauwerk zu verstehen, in das der Eintritt von Menschen möglich ist oder das jedenfalls zur Aufnahme von Sachen bestimmt ist (Getreidesilo), (vgl. hierzu im einzelnen H 89). § 1128 bezieht sich nur auf solche Gebäude, auf die sich die Hypothek erstreckt, §§ 1127, 1120 BGB. Das ist nicht der Fall bei Gebäuden, die z. B. von Mietern oder Pächtern nur zu einem vorübergehenden Zweck auf fremden Grund errichtet werden und damit Scheinbestandteile des Grundstücks im Sinne des § 95 BGB darstellen (Staudinger-Wolfsteiner13 RN 4 zu § 1128; Eickmann in Münchener Kom3 RN 5 zu § 1128; Rainer Schmidt S. 54). In diesem Fall bietet die Hypothek keinen Schutz, und der Gläubiger muß sich auf andere Weise, z. B. durch Abtretung der Vsforderung sichern. Werden isoliert nur Bestandteile eines Gebäudes vert wie in der Glasv, so liegt keine Gebäudev vor und findet § 1128 keine Anwendung (Staudinger-Wolfsteiner13 RN 2 zu § 1128; Rainer Schmidt S. 55). § 1128 BGB kann sich auch auf die V beweglicher Sachen beziehen, wenn diese Bestandteile oder Zubehör von Gebäuden sind und der Hypothekenhaftung unterliegen. Abgrenzungsprobleme ergeben sich dabei insbesondere, wenn in einem Vsvertrag sowohl Gebäude wie auch Maschinen und sonstiges Inventar vert sind, wie es in der Industriefeuerv weitgehend üblich ist (BGH 6. V. 1965 BGHZ 44 S. 1-13 = NJW 1965 S. 1585-1589; Raiser3 Anm. 29 zu § 18 AFB). In diesen Fällen muß durch Auslegung des Vertrages ermittelt werden, ob die Maschinen und das sonstige Inventar als bewegliche Sachen vert oder in die Gebäudev einbezogen sind (RGZ 13. V. 1938 RGZ 157 S. 314-320; Raiser a.a.O.: Kollhosser in Prölss-Martin26 RN 1 zu § 97; Sieg C 28; Rainer Schmidt S. 54; Staudinger-Wolfsteiner13 RN 3 zu § 1128). Abzustellen ist dabei auf die konkrete Ausgestaltung des Vertrages. Das RG a.a.O. hat angenommen, daß 822

Johannsen/Johannsen

Anm. J 14

I. Der Schutz der Realgläubiger

§ 1128 B G B anwendbar sei, wenn die vten Gebäude und ihr Inhalt ohne besondere Trennung im Vsschein aufgeführt seien. Der Ver müsse es durch die Formulierung des Vsvertrages deutlich machen, wenn er Sachen, auf die sich die Hypothekenhaftung erstrecke, nur als bewegliche Sachen vern wolle. Dem ist zuzustimmen. Sind die Maschinen und das sonstige Inventar in von den Gebäuden getrennten Positionen aufgeführt oder in einem besonderen Vertrag vert, findet nicht § 1128 sondern § 1129 B G B Anwendung. [J 13]

cc) Rechtsfolgen aaa) Anzuwendende Vorschriften

§ 1128 III B G B verweist auf die für eine verpfändete Forderung geltenden Vorschriften. Das sind in erster Linie gemäß § 1279 B G B die §§ 1280-1290 BGB, sodann §§ 1273-1278 BGB, wonach auch auf die Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen, §§ 1204-1258 BGB, zurückgegriffen werden kann (Soergel-Mühl 12 R N 1 zu § 1279; Kregel in R G R Kom 12 R N 1 zu § 1279). Von besonderer Bedeutung für den Schutz des Hypothekengläubigers ist § 1276 BGB, wonach ein verpfändetes Recht durch Rechtsgeschäft nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers aufgehoben oder, wenn das Pfandrecht hierdurch beeinträchtigt wird, geändert werden kann. Danach bedarf der Verzicht des Vmers auf die Vsentschädigung, die Aufrechnung mit ihr gegen Forderungen des Vers, die Stundung der Forderung sowie jede den Ver begünstigende Änderung der Zahlungsbedingungen der Zustimmung des Hypothekengläubigers (Soergel-Konzen 12 R N 7 zu § 1128; SoergelMühl 12 R N 1 zu § 1276; Staudinger-Wolfsteiner13 R N 19 zu § 1128; Eickmann in Münchener Kom. 3 R N 18 zu § 1128; Brisken S. 31; Rainer Schmidt S. 98, 99). Die fehlende Zustimmung bewirkt aber keine absolute Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts sondern nur eine relative, der Ver kann sich dem Hypothekengläubiger gegenüber nicht auf das Rechtsgeschäft berufen und muß gegebenenfalls dennoch an den Hypothekengläubiger leisten (BGH 26. X. 1966 NJW 1967 S. 200-202; 19. IX. 1984 VersR 1984 S. 1137-1140; Staudinger-Wolfsteiner13 R N 17 zu § 1128; Brisken S. 34-36; Rainer Schmidt S. 104). Die Abtretung der Vsentschädigung wie auch ihre Verpfändung unterfällt § 1276 B G B nicht, da sie ein neutrales Rechtsgeschäft darstellt, das die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers nicht beeinträchtigt (BGH 10. X. 1984 NJW 1985 S. 376-379, 379; Soergel-Konzen 12 R N 7 zu § 1128; Eickmann in Münchener Kom 3 R N 20 zu §1128; Brisken S. 32; Rainer Schmidt S. 100). Sein Pfandrecht bleibt trotz Abtretung bestehen oder entsteht nach der Abtretung mit dem Rang nach § 1209 BGB. Für die Feuerv ist aber das Abtretungsverbot des § 98 zu berücksichtigen (siehe J 32-35). Von § 1276 B G B wird nach Wortlaut und Gesetzeszweck ebenfalls nicht erfaßt die Ausübung von Gestaltungsrechten wie Kündigung, Rücktritt oder Anfechtung, die zur Aufhebung des Vertrages insgesamt führt (h. M., Soergel-Konzen 12 R N 8 zu § 1128; Eickmann in MünchenerKom 3 R N 19 zu § 1128; früher heftig umstritten, vgl. zum Meinungsstand Brisken S. 32-33 und Rainer Schmidt S. 100-104). Für die Feuerv gilt aber § 103, der den Hypothekengläubiger auch in diesen Fällen, wenn auch zeitlich begrenzt, schützt (vgl. J 62-68). [J 14]

bbb) Einziehung der Versicherungsentschädigung

Für die E i n z i e h u n g der Entschädigungsforderung durch den Hypothekengläubiger sind neben § 1128 I und II §§1281 und 1282 B G B maßgeblich. Danach kann der Hypothekengläubiger, wenn die Hypothek noch nicht fällig ist, vom Ver die Zahlung Johannsen/Johannsen

823

Anm.J 14

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

der Entschädigungssumme an sich und an den Vmer gemeinschaftlich verlangen. Auch der Vmer kann nur Zahlung an sich und den Hypothekengläubiger gemeinsam verlangen (BGH 13. XII.2000 VersR 2001 S. 326-327). Nach der Pfandreife kann der H y p o thekengläubiger Zahlung an sich allein verlangen, soweit die Einziehung der Forderung zu seiner Befriedigung notwendig ist. Es bedarf also keiner besonderen Beschlagnahme zur Geltendmachung seiner Rechte wie bei der Mobiliarv (RG 13.X. 1928 RGZ 122 S. 131-134; Soergel-Konzen 12 R N 3 zu § 1128; Rainer Schmidt S. 81). Der Vmer bleibt zwar weiterhin Inhaber der Forderung, kann aber nur Zahlung an den Hypothekengläubiger verlangen (BGH 9.XI.1966 B G H Z 46 S. 221-230; 9.1.1991 VersR 1991 S. 331-333 = r + s 1991 S. 100-102; O L G Hamm 28.1.1994 VersR 1994 S. 1106-1107). Diese Regelung wird hinsichtlich der Wirksamkeit der vom Ver geleisteten Zahlung abgeändert von § 1228 I und II. § 1128 I läßt eine an den Vmer geleistete Zahlung als Erfüllung gelten, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: 1. Der Ver oder der Vmer müssen dem Hypothekengläubiger den Eintritt des Schadens angezeigt haben. Die formlos zulässige Benachrichtigung muß sämtlichen aus dem Grundbuch ersichtlichen Realgläubigern gegenüber erfolgen. § 1128 III BGB, der dem Ver die Berufung darauf, daß er aus dem Grundbuch ersichtliche Hypotheken nicht gekannt habe, untersagt, gilt auch im Rahmen des § 1128 I (BGH 1.X.1980 VersR 1981 S. 49-50; Rainer Schmidt S. 83). Streitig ist, ob der Ver sich mit der Einsicht des Grundbuches begnügen darf (so Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 2 7 zu § 1128; Mattern in RGR Kom. 12 R N 6 zu § 1128; Wussow 2 Anm. 5 zu §1128) oder weitere Nachforschungen insbesondere nach Rechtsnachfolgern anstellen muß (so Eickmann in Münchener Kom. 3 R N 8 zu § 1128; Rainer Schmidt S. 83). Der B G H l . X . 1980 a.a.O. hat für den Fall, daß aus dem Grundbuch für eine eingetragene Grundschuld ersichtlich war, daß die Erteilung eines Briefes nicht ausgeschlossen war, zur Anzeige nach § 99 angenommen, daß der Ver ermitteln müsse, ob Grundschuldbriefe erteilt und abgetreten worden seien. Dem ist auch für § 1128 I BGB zu folgen. Dem mit Grundstücksgeschäften vertrauten Ver ist zuzumuten, sich vor der Auszahlung der Entschädigung die Grundschuldbriefe vorlegen zu lassen. Der Ver muß ferner den Hypothekengläubiger benachrichtigen, der nicht aus dem Grundbuch ersichtlich, ihm aber anderweitig bekannt ist (Wussow 2 Anm. 5 zu § 1128). Die Benachrichtigung des Realgläubigers kann unterbleiben, wenn sie untunlich ist. Das kann in Betracht kommen, wenn der Aufenthaltsort eines im Grundbuch eingetragenen Gläubigers nicht zu ermitteln ist (Soergel-Konzen 12 R N 5 zu § 1128; Mattern in R G R Kom. 12 R N 6 zu § 1129; Rainer Schmidt S. 84). In diesem Fall beginnt die Monatsfrist des § 1128 I BGB mit der Fälligkeit der Vsentschädigung, die sich nach den vertraglichen Vereinbarungen oder § 11 bestimmt (siehe dazu H 207-213. 2. Setzt die befreiende Leistung an den Vmer voraus, daß die mit dem Zugang der Anzeige beginnende Monatsfrist abgelaufen ist. 3. Darf der Hypothekengläubiger keinen fristgerechten Widerspruch gegen die Auszahlung erhoben haben. Der Widerspruch ist an keine Form gebunden und kann auch bereits vor der Anzeige erfolgen, wenn der Hypothekengläubiger auf andere Weise Kenntnis von dem Vsfall erlangt hat (Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 28 zu § 1128, Mattern in RGR Kom. 12 R N 6 zu § 1128; Rainer Schmidt S. 85). Er muß von jedem Realgläubiger erhoben werden. Durch den Widerspruch eines Gläubigers werden nicht die Rechte der übrigen gewahrt (Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 23 zu § 1128; Schneider AcP 90 S. 440; Brisken S. 40; 824

Johannsen/Johannsen

Anm. J 14

I. Der Schutz der Realgläubiger

Rainer Schmidt S. 85). Erfolgt kein fristgerechter Widerspruch, so ist das Verhalten des Hypothekengläubigers als die stillschweigend erklärte Zustimmung zur Auszahlung der Vsentschädigung an den Vmer anzusehen (StaudingerWolfsteiner 1 3 R N 29 zu § 1128; Wussow 2 Anm. 5 zu § 1128; Brisken S. 3 9 - 4 0 ; Rainer Schmidt S. 8 6 - 8 7 ) . Daraus folgt zunächst, daß der Ver mit befreiender Wirkung gegenüber dem Hypothekengläubiger die Vsentschädigung auszahlen darf. Dementsprechend erlischt gemäß § 362 B G B die Vsforderung und damit auch das an ihr bestehende Pfandrecht. Der in der Literatur zum Teil vertretenen Ansicht, daß der Hypothekengläubiger gemäß § 1287 B G B ein Pfandrecht an dem ausgezahlten Entschädigungsbetrag erwerbe (Staudinger-Wolfsteiner 1 3 R N 31 zu § 1128; Raiser 3 Anm. 38 zu § 18 A F B ) , ist nicht zu folgen. § 1287 B G B setzt eine Leistung „ in Gemäßheit der §§ 1281,1282 " voraus, die bei einer Zahlung nach § 1128 I nicht vorliegt. Einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift steht entgegen, daß § 1128 I B G B gerade eine Ausnahmeregelung gegenüber §§ 1281 und 1282 B G B darstellt und wegen der vermuteten Zustimmung mit der Auszahlung ein weiterer Schutz des Hypothekengläubigers nicht erforderlich ist (Brisken S. 39; Rainer Schmidt S. 88). Vor der Auszahlung der Vsentschädigung ist der Hypothekengläubiger aber trotz unterbliebenen Widerspruchs nicht rechtlos. E r kann, da sein Forderungspfandrecht bis zur Auszahlung bestehen bleibt, auf Grund eines Titels gegen den Grundstückseigentümer die Beschlagnahme der Vsforderung erwirken und so die Auszahlung an den Vmer verhindern (Mattern in R G R Kom. 1 3 R N 6 zu § 1128; Wussow 2 Anm. 5 zu § 1128; Brisken S. 38; Rainer Schmidt S. 88, 89). Der Hypothekengläubiger kann sich auch an den Ver zur Erwirkung einer freiwilligen Zahlung wenden. Denn dieser ist nicht verpflichtet, an den Vmer zu leisten, sondern darf die Leistung auch gemäß §§1281, 1282 B G B an den Hypothekengläubiger oder an diesen und den Vmer gemeinsam bewirken, weil § 1128 I B G B nur eine Schutzvorschrift zu Gunsten des Hypothekengläubigers darstellt (Brisken S. 38; Rainer Schmidt S. 89). Im übrigen wird der Hypothekengläubiger, der die Erhebung eines Widerspruchs unterlassen hat, bis zur Auszahlung durch § 1276 B G B geschützt mit der Wirkung, daß von dieser Vorschrift erfaßte Verfügungen ihm gegenüber unwirksam sind. § 1128 II B G B trifft für den Fall, daß der Hypothekengläubiger seine Hypothek dem Ver angemeldet hat, zum Schutze des ersteren die Regelung, daß ihm gegenüber die Zahlung der Entschädigungssumme an den Vmer nur wirksam ist, wenn der Hypothekengläubiger ihr s c h r i f t l i c h zugestimmt hat. Die Anmeldung der H y p o thek ist formlos zulässig, wird aber in aller Regel schriftlich erfolgen. Sie ist an keine Frist gebunden. Auch wenn die Anmeldung erst nach Eintritt des Vsfalles erfolgt, ist der Ver bei der Auszahlung durch § 1128 II B G B beschränkt (Wussow 2 Anm. 6 zu §1128). Eine ohne schriftliche Zustimmung des Hypothekengläubigers erfolgte Auszahlung der Entschädigungssumme ist entsprechend § 135 B G B diesem gegenüber unwirksam ( B G H 19. I X . 1984 VersR 1984 S. 1137-1140). In der Praxis stellt die Anmeldung der Hypothek den Regelfall dar, weil die Mehrzahl der Grundpfandgläubiger Kreditinstitute oder Ver sind, die die Anmeldung sofort nach der Bestellung formularmäßig vornehmen. Bei der Feuerv entstehen für den Ver durch die Anmeldung der Hypothek über § 1128 II B G B hinausgehende Verpflichtungen (siehe dazu J 36 und J 6 2 - 6 8 ) . Die praktische Bedeutung von §§ 1128 I und II B G B ist gering, weil diese Vorschriften nicht eingreifen, wenn vertraglich eine Wiederherstellungsklausel vereinbart ist (Soergel-Konzen 1 2 R N 1 zu § 1128; Stürner in Baur-Stürner 1 6 S. 417; StaudingerWolfsteiner 1 3 R N 1 zu § 1130; O L G Düsseldorf 2 8 . X I I . 1 9 9 4 r + s 1995 S. 401). An Johannsen/Johannsen

825

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Anm. J 16

ihre Stelle treten § 1130 BGB und §§ 97-100, die besondere Regelungen über die Wirksamkeit der Zahlung gegenüber dem Hypothekengläubiger treffen, die auf die Sicherung der Wiederherstellung des Gebäudes abstellen (siehe dazu J 21-23 und J 26-37). Wiederherstellungsklauseln sind aber nicht nur in der Feuerv gemäß § § 1 7 III AFB 30, 16 Nr. 4 AFB 87, sondern auch in der kombinierten Gebäudev, vgl. nur § 15 Nr. 4 VGB 88, allgemein üblich. U 15]

ccc) Einwendungen des Versicherers

Macht der Hypothekengläubiger seinen Anspruch auf die Entschädigungsforderung gemäß §§ 1128 III i.V. m. 1282 II BGB geltend, kann der Ver ihm gemäß §§ 1275 i.V. m. 404 alle E i n w e n d u n g e n aus der Person des Vmers entgegensetzen (Staudinger-WolfSteiner13 R N 14 zu § 1128; Soergel-Konzen 12 R N 6 zu § 1128; Rainer Schmidt S. 104-107). Er kann z.B. geltend machen, daß das Realrecht nicht entstanden oder wieder untergegangen sei. Soweit nicht die besonderen Schutzvorschriften der §§ 102, 103 für die Feuerv eingreifen, kann er sich auf alle Umstände berufen, aus denen sich nach dem Vsvertrag und den Bestimmungen des W G Leistungsfreiheit ergeben. Auch die Verjährung der Vsforderung muß der Hypothekengläubiger gegen sich gelten lassen (RG 13. X. 1933 RGZ 142 S. 66-69; OLG Hamm 14.11.1992 VersR 1992 S. 737- 739; 28.1.1994 VersR 1994 S. 1106-1107 = r + s 1994 S. 241-242; OLG Düsseldorf 28. XII. 1994 r + s 1995 S. 401). Aus §§ 1275 i. V. m. 406 BGB folgt, daß der Ver mit Forderungen gegen den Vmer, z.B. rückständigen Prämienforderungen, gegen die Entschädigungsforderung aufrechnen darf, wenn diese vor dem Entschädigungsanspruch entstanden und fällig geworden sind (LG Darmstadt 5. VIII. 1976 VersR 1979 S. 418-419). In der Literatur diskutiert wird ferner die Zulässigkeit der Einwendung, der Hypothekengläubiger habe den Vsfall herbeigeführt (Bruck Lehrbuch S. 749; Brisken S. 4849; Rainer Schmidt S. 106). Da Realkredite überwiegend von Kreditinstituten gewährt werden, wird ein solcher Fall äußerst selten sein, kann aber vorkommen, wenn Verwandte oder sonstige in räumlicher Nähe zu dem Vmer lebende Personen diesem einen Realkredit gewährt haben. Da § 61 auf den außerhalb des Vsvertrages stehenden Hypothekengläubiger nicht anwendbar ist, entsteht gegen diesen bereits bei einfach fahrlässiger Herbeiführung des Vsfalles ein Schadenersatzanspruch des Vmers aus § 823 I BGB, der gemäß § 67 nach Leistung des Vers an den Vmer auf den Ver übergeht. Auch schon vor einer solchen Leistung kann der Ver dem Hypothekengläubiger unter Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben (dolo petit qui petit quod statim redditurus est) die Zahlung der Vsentschädigung verweigern (Sieg Β 40, Brisken, Rainer Schmidt a.a.O.). Der Vsanspruch des Vmers wird hierdurch grundsätzlich nicht beeinträchtigt, falls nicht der Hypothekengläubiger nach den besonderen Umständen des Falles als sein Repräsentant anzusehen ist. [J 16]

ddd) Erlöschen der Hypothek

Wenn der Hypothekengläubiger die Vsentschädigung gemäß §§ 1128 i.V.m. 1282 BGB eingezogen hat, so gilt seine Forderung gemäß § 1288 II BGB als befriedigt. Streitig ist, ob auch die Hypothek gemäß § 1181 I BGB erlischt (so Thumm in RGR Kom.12 RN 8 zu § 1181; Eickmann in Münchener Kom.3 RN 11 zu § 1181; SoergelKonzen 12 RN 4 zu § 1181; Rainer Schmidt S. 91-95). Demgegenüber hatte das RGZ 20.1.1904 RGZ 56 S. 322-327 angenommen, daß die Hypothek auf den Eigentümer übergehe, weil § 1181 nur bei einer Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung 826

Johannsen/Johannsen

Anm. J 17

I. Der Schutz der Realgläubiger

anwendbar sei (ebenso Mattern in RGR Kom.12 RN 13 zu § 1127,4 zu § 1130). Diese Auffassung widerspricht aber dem durch § 1128 III BGB begründeten Schutz der Grundpfandgläubiger, deren Interesse es erfordert, daß nicht der Eigentümer einen Vorteil durch eine erstrangige Eigentümergrundschuld erhält, sondern daß die nachrangigen Hypothekengläubiger im Rang aufrücken, wenn die Vsentschädigung an den erstrangigen Gläubiger ausgezahlt wird. Die entsprechende Anwendung des § 1181 I und III BGB wird auch nicht durch den Grundsatz ausgeschlossen, daß § 1181 nur für die Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung gelte (Eickmann a.a.O. R N 2 zu §1181; Thumm a.a.O. Anm. 1 zu § 181; Soergel-Konzen 12 RN 1 zu § 1181). Denn dieser beruht auf § 1147 BGB, der anordnet, daß die Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundstück und den Gegenständen, auf die sich die Hypothek erstreckt, im Wege der Zwangsvollstreckung erfolge, während §§ 1128 i.V.m. 1282 BGB gerade die Einziehung der Vsentschädigung ohne Zwangsvollstreckung ermöglicht (vgl. zur Entwicklungsgeschichte der Vorschriften Rainer Schmidt S. 93-95). Für die Feuerv ist die Regelung des § 104 zu beachten, wonach die Hypothek auf den Ver übergeht, wenn er unter den besonderen Voraussetzungen der §§ 102,103 den Hypothekengläubiger befriedigt, der Ubergang aber nicht zum Nachteil der gleichoder nachstehenden Hypothekengläubiger geltend gemacht werden darf, denen gegenüber die Leistungspflicht des Vers bestehen geblieben ist (siehe dazu unter J 70-75). [J 17]

eee) Rangverhältnis

Sind mehrere Grundpfandgläubiger vorhanden, ist gemäß § 1290 BGB nur derjenige zur Einziehung berechtigt, dessen Recht dem der anderen vorgeht. Das R a n g v e r h ä l t n i s wird durch den Grundbuchrang der Grundpfandrechte bestimmt (RG 26. VI. 1936 RGZ 151 S. 389-395; BGH 19.11.1981 VersR 1981 S. 521-523 = NJW 1981 S. 1671-1672; Staudinger-Wolfsteiner 13 RN 22 zu § 1128; Brisken S. 44; Rainer Schmidt S. 95). Der Einwand Briskens a.a.O., daß diese Regelung bei Annahme eines Pfandrechts an der Forderung auf die Vsentschädigung inkonsequent sei, weil dieses erst mit dem Vsfall entstehe, sodaß alle Pfandrechte gleichrangig sein müßten, berücksichtigt nicht, daß gemäß der nach §§ 1128 III, 1273 BGB anwendbaren Vorschrift des § 1209 BGB durchaus unterschiedliche Zeitpunkte in Betracht kommen, wenn man die Entschädigungsforderung vor dem Eintritt des Vsfalles als künftige Forderung betrachtet. Denn danach richtet sich der Rang des Pfandrechts nach seiner Bestellung, also dem Beginn der hypothekarischen Haftung. Das Abstellen auf den Grundbuchrang ist für den Schutz der Realgläubiger auch allein interessengemäß. Durch Zahlung der Vsentschädigung an einen nachrangigen Hypothekengläubiger wird der Ver nicht befreit (OLG Hamm 14.11.1992 VersR 1992 S. 737-739). Eine Änderung der Rangverhältnisse ist möglich. Der vorrangige Realgläubiger kann auf seinen besseren Rang verzichten mit der Folge, daß ein nachrangiger Hypothekengläubiger zur Einziehung der Vsentschädigung berechtigt ist (BGH 19.11.1981 VersR 1981 S. 521-523 = NJW 1981 S. 1671-1672). c) §1129 BGB Gliederung: aa) Regelungsgehalt J 18 bb) Beschlagnahme J 19

cc) Abweichende Vereinbarungen J 20

Johannsen/Johannsen

827

Anm.J 19

[J 18]

J . Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

aa) Regelungsgehalt

§ 1129 BGB greift ein, wenn „ ein anderer Gegenstand als ein Gebäude vert" ist. Es geht hierbei um zum Haftungsverband der Hypothek gehörende Gegenstände, die nicht unter die Gebäudev fallen, also entweder in Gebäudevsverträgen gesondert als bewegliche Sachen oder durch besondere Vsverträge als bewegliche Sachen vert sind. Betroffen sind Maschinen und sonstiges Inventar, Hausrat, als Zubehör dienende Kraftfahrzeuge sowie landwirtschaftliche Erzeugnisse. Als Vsart kommen außer der Feuerv und den kombinierten Ven wie Hausrat- und Wohngebäudev die Glasv, Kaskov sowie die auf landwirtschaftliche Erzeugnisse bezogenen Vsarten wie die Hagel-, Schädlingsbefall- und Viehv in Betracht. Die Hypothekenhaftung erstreckt sich gemäß § 1127 BGB auf die Forderung aus den genannten Vsverträgen, gewährt dem Realgläubiger aber einen wesentlich geringeren Schutz als bei der Gebäudev. Die von § 1129 BGB angeordnete Bestimmung der Haftung nach den für Miet- und Pachtzinsen geltenden §§ 1123 II 1 und 1124 I, III BGB bedeutet nämlich, daß der Hypothekengläubiger ein Verwertungsrecht erst auf Grund einer Beschlagnahme der Forderung erwirbt, die innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung erfolgen muß. Vor der Beschlagnahme kann der Vmer ohne jede Beschränkung frei über die Vsentschädigung verfügen (RG 4. VII. 1906 RGZ 64 S. 28-33; Eickmann in Münchener Kom.3 RN 5 zu § 1129; Mattern in RGR Kom12 RN 1 zu § 1129; Staudinger-Wolfsteiner13 RN 2 zu § 1129; Soergel-Konzen12 RN 1 zu § 1129; Kollhosser in Prölss-Martin26 RN 1 Anhang zu §§ 97-107 c; Langheid in Römer-Langheid RN 8 vor §§ 97 ff.). Er kann sie also einziehen, durch Aufrechnung tilgen oder durch Verzicht zum Erlöschen bringen. Durch Abtretung an einen Dritten erlischt die Hypothekenhaftung (Mattern a.a.O.); bei einer Belastung z. B. durch Verpfändung geht das Recht des Dritten der Hypothek im Rang vor, § 1124 12 BGB. Der Vmer kann auch die Haftung dadurch zum Erlöschen bringen, daß er die der Hypothek unterliegenden Gegenstände veräußert und vom Grundstück entfernt oder ohne Veräußerung dauerhaft entfernt, sodaß sie von der Haftung für die Hypothek gemäß §§ 1121,1122 BGB frei werden. Ein Schutz des Hypothekengläubigers besteht in diesen Fällen nur nach §§ 1134, 1135 BGB, wenn diese Maßnahmen gegen die Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft verstoßen; der Hypothekengläubiger kann dann auf Unterlassung klagen oder verlangen, daß das Gericht geeignete Maßnahmen zur Abwendung der Gefährdung anordnet (Soergel-Konzen12 RN 2 zu § 1135). [J 19]

bb) Beschlagnahme

Die Beschlagnahme erfolgt auf Grund eines von dem Hypothekengläubiger erwirkten Titels nach den Vorschriften des ZVG durch Anordnung der Zwangsversteigerung, § 20 ZVG, oder Zwangsverwaltung, § 146 ZVG. Soweit die V sich auf land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse bezieht, ist zu beachten, daß die Beschlagnahme zur Zwangsversteigerung diese Forderung nur umfaßt, soweit die Erzeugnisse noch mit dem Boden verbunden oder soweit sie Zubehör des Grundstücks sind, § 2 1 1 ZVG. Diese Einschränkung gilt aber nicht für die Zwangsverwaltung. Solange eine Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen nicht erfolgt ist, hat der Hypothekengläubiger nach §§ 865 II 2, 829, 830, 835 ZPO die Möglichkeit, die Beschlagnahme dadurch herbeizuführen, daß er die Entschädigungsforderung pfändet und sich zur Einziehung überweisen läßt. Nach der Beschlagnahme steht der Hypothekengläubiger bei der Mobilarv demjenigen gleich, dessen Grundpfandrecht sich auf den Entschädigungsanspruch aus 828

Johannsen/Johannsen

Anm. J 20

I. Der Schutz der Realgläubiger

einer Gebäudev erstreckt (Sieg C 28; Langheid in Römer-Langheid R N 8 vor §§ 97ff: Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 4 zu § 1129). Bei der Zwangsverwaltung ist aber das Recht auf Einziehung der Forderung dem Zwangsverwalter vorbehalten (Wussow 2 Anm. 8 zu § 1128). Für das Rangverhältnis gilt nicht wie bei § 1128 B G B der Grundbuchrang sondern die zeitliche Reihenfolge der erfolgten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (Wussow 2 Anm. 2 zu § 1129; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu §§ 97107 c). Wird das haftende Grundstück versteigert, erfolgt die Befriedigung des Hypothekengläubigers aus dem Versteigerungserlös gemäß den §§ 105-145 Z V G (Mattern in R G R Kom. 1 2 R N 1 zu § 1129). Die Forderung auf die Vsentschädigung erwirbt der Ersteher gemäß § 90 II ZVG. Das Pfandrecht des Hypothekengläubigers erlischt durch den Zuschlag, wenn nichts anderes in den Versteigerungsbedingungen festgesetzt ist, sodaß die Forderung lastenfrei auf den Erwerber übergeht ( B G H 9. XI. 1966 B G H Z 46 S. 221-230; 1.X.1980 VersR 1981 S. 49-50; 19.11.1981 VersR 1981 S. 521-523 = N J W 1981 S. 1671-1672; Wussow 2 Anm. 13 zu § 1127). Der Hypothekengläubiger kann sich aber auch nach dem Zuschlag aus der Vsentschädigung befriedigen, wenn sie in den Versteigerungsbedingungen vom Zuschlag ausgenommen worden ist (Raiser 2 R N 39 zu § 18 À F B ) oder wenn der Ersteher sie z.B. im Rahmen eines Bietabkommens an ihn abgetreten hat ( B G H l . X . 1980 a.a.O.). Ohne Beschlagnahme endet die Hypothekenhaftung durch a) Ausscheiden der vten Gegenstände aus dem Haftungsverband, §§ 1121-1122 BGB, b) wirksame Verfügungen über die Vsforderung, § 1124 I, c) Veräußerung des Grundstücks ohne die Forderung auf die Vsentschädigung, §1124 III B G B , d) nach Ablauf eines Jahres nach Fälligkeit der Forderung, § 1123 II 1 B G B . [J 20]

cc) Abweichende Vereinbarungen

Der nicht sehr wirksame Schutz der Hypothekengläubiger in der Mobilarv nach § 1129 B G B wird in der Praxis häufig verstärkt durch vertragliche Vereinbarungen zwischen Hypothekengläubigern und Vern in der Form von H y p o t h e k e n v s s c h e i n e n , die insbesondere für die V von Maschinen und sonstigen Einrichtungsgegenständen, landwirtschaftlichen Inventaríen und Gebäuden, die nicht wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind, oft abgeschlossen werden (Boldt 7 S. 162; Martin 3 J IV 20). Die Hypothekenvsscheine, die vor Inkrafttreten der besonderen Schutzvorschriften des V V G allgemein üblich waren und die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers bestimmten (vgl. dazu Rainer Schmidt S. 22-23) stellen den Hypothekengläubiger bei der Mobilarv demjenigen bei der Gebäudev gleich und gewähren ihm darüber hinaus den besonderen Schutz wie nach den §§ 101-104 (Raiser 2 R N 54 zu § 18 A F B , Texte R N 28; Martin 3 J IV 22, Texte 52, 53 S. 368-373; Boldt a.a.O.; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu §§ 97-107c). Soweit die Sachv sich auf bewegliche Sachen bezieht, die der Hypothek nicht unterliegen, findet § 1129 B G B keine Anwendung. Der Hypothekengläubiger wird durch die Vsverträge gesetzlich nicht geschützt. Er hat nur die Möglichkeit, einen vertraglichen Schutz mit dem Ver zu vereinbaren. Das erfolgt in der Praxis ebenfalls durch Hypothekenvsscheine oder andere Gestaltungen von Sicherungsscheinen und Sicherungsbestätigungen, wie sie auch für andere Kreditformen, z.B. Sicherungsübereignung in Gebrauch sind (Boldt, Martin a.a.O.).

Johannsen/Johannsen

829

Anm. J 22

J . Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

d) § 1 1 3 0 B G B Gliederung: aa) Regelungsgehalt J 21 bb) Arten von Wiederherstellungsklauseln J 22

Q 21]

cc) Rechtsfolgen J 23

aa) Regelungsgehalt

Die Vorschrift betrifft den Fall, daß der Ver nach den Vsbestimmungen nur verpflichtet ist, die Vssumme zur W i e d e r h e r s t e l l u n g des vten Gegenstandes zu zahlen. Eine diesen Vertragsbestimmungen entsprechende Zahlung an den Versicherten, mit dem hier wie in den übrigen Β GB-Vorschriften in erster Linie der Vmer gemeint ist, ist dem Hypothekengläubiger gegenüber wirksam. Das Gesetz geht damit davon aus, daß die Interessen des Hypothekengläubigers durch die Vereinbarung einer Wiederherstellungsklausel hinreichend geschützt sind, weil diese dazu dient, die Wiederherstellung des vor dem Schadenfall bestehenden Zustandes und damit die Aufrechterhaltung des Haftungsverbandes für die Hypothek zu gewährleisten (Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 1 zu § 1130; Soergel-Konzen 1 2 R N 2 zu § 1130; Schütz VersR 1987 S. 134-138). Der Schutz ist davon abhängig, inwieweit durch die vereinbarten Vsbedingungen die Verwendung der Zahlung sichergestellt ist. Ein stärkerer nämlich unmittelbar auf dem Gesetz beruhender Schutz wird dem Hypothekengläubiger in der Feuerv gewährt, bei der der Vmer die Zahlung der Entschädigungssumme nach § 97 erst verlangen kann, wenn die bestimmungsgemäße Verwendung des Geldes g e s i c h e r t ist (vgl. dazu J 26-28). Die Wirksamkeit der Zahlung an den Vmer gemäß § 1130 B G B bedeutet, daß der Hypothekengläubiger im Normalfall keine Einziehungsbefugnis nach §§ 1281, 1282 B G B hat. Die Sondervorschrift des § 1130 B G B , die für die Gebäude- und die Mobilarv gilt, geht den §§ 1128 und 1129 B G B vor (Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 1 zu § 1130; Soergel-Konzen 1 2 R N 2 zu § 1130; Mattern in R G R Kom. 1 2 Anm. 1 zu § 1130). [J 22]

bb) Arten von Wiederherstellungsklauseln

Wiederherstellungsklauseln sind in der Sachv weitgehend üblich. Für die Feuerv sei auf § § 1 7 III A F B 30, 11 Nr. 5 und 6 A F B 87 verwiesen, für die Wohngebäudev auf §§ 19 Nr. 3 V G B 62 und 15 Nr. 4 V G B 88 sowie 14 Nr. 2 der Neufassung 1999. In der Hausratv enthielten die früheren Bedingungen zuletzt in § 5 Nr. 3 V H B 74 Wiederherstellungklauseln, in der Neufassung der V H B 84 ist hierauf verzichtet worden. Eine einschlägige Klausel stellte auch § 13 Ziff. 10 A K B in den früheren Fassungen dar, die aber in den A K B 95 nicht mehr enthalten ist. Zu unterscheiden ist zwischen e i n f a c h e n und s t r e n g e n Wiederherstellungsklauseln. Erstere dienen ausschließlich dem Schutz der Realgläubiger (Möller Bd I Anm. 26 zu § 49; Rainer Schmidt S. 116; Martin 3 R I V 4; Langheid in Römer-Langheid R N 7 zu § 97). Sie sind nicht erheblich für die Entstehung des Anspruchs auf die Vsentschädigung, bewirken aber, daß seine Fälligkeit bis zur Sicherstellung der Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung der durch den Schaden betroffenen Gegenstände hinausgeschoben wird (Möller Bd 1 Anm. 11 zu § 11; Rainer Schmidt S. 125; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 97; Langheid a.a.O.; Dörner-Staudinger in B K R N 6 zu § 97). Solche Klauseln waren vor allem in den Satzungen der öffentlichrechtlichen Feuervsanstalten enthalten. Eine einfache Wiederherstellungsklausel stellt auch § 17 III A F B 30 dar, wonach für Gebäude, die zur Zeit des Schadenfalles mit Hypotheken, Reallasten, Grund- und Rentenschulden belastet sind, die Entschädi830

Johannsen/Johannsen

Anm. J 23

I. Der Schutz der Realgläubiger

gung nur gezahlt wird, „soweit ihre Verwendung zur Wiederherstellung gesichert ist" (BGH 1.X.1980 VersR 1981 S. 49-50; Möller Bd I Anm. 11 zu § 11; Rainer Schmidt S. 116; Martin 3 R I V 4; Langheid a.a.O.). Der abweichenden Ansicht des O L G Hamm 14.11.1992 VersR 1992 S. 737-739 und 6. III. 1992 r + s 1993 S. 227 (ebenso Wussow 2 Anm. 13 zu § 17 AFB und Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 20 zu § 17 AFB 30) ist nicht zu folgen. Es trifft zwar zu, daß aus § 17 III AFB 30 keine V e r p f l i c h t u n g des Vmers zum Wiederaufbau des Gebäudes folgt, weil hierfür, wie S. 3 der Vorschrift regelt, eine besondere Vereinbarung zwischen Ver und Vmer getroffen worden sein müßte. Aber die allerdings etwas unklar formulierte Vorschrift bestimmt die Fälligkeit der Entschädigungsforderung (Möller, Rainer Schmidt a.a.O.). Vor Auszahlung derselben soll der Ver prüfen, ob die Verwendung zur Wiederherstellung gesichert ist, oder gemäß S. 2 das schriftliche Einverständnis der Realgläubiger einholen. Diese Voraussetzungen treten zu den sonstigen Fälligkeitsvoraussetzungen nach § 17 I AFB 30 hinzu. Bei anderer Auslegung würde die Bestimmung, die auch nach der Gegenmeinung ( O L G Hamm, Kollhosser a.a.O.) dem Schutz der Realgläubiger dient, überhaupt keine Bedeutung zukommen. Bei der s t r e n g e n Wiederherstellungsklausel entsteht der Anspruch auf die Entschädigung mit dem Vsfall nur teilweise, z. B. auf 2/3 der Entschädigung in der Zeitwertv oder den Zeitwert in der Neuwertv. Die Entstehung des diese Werte übersteigenden Anspruchs ist davon abhängig daß eine bestimmte Verwendung des Entschädigungsbetrages gesichert ist (BGH 8. VI. 1988 VersR 1988 S. 925-926 zu § 7 Nr. 3 VGB 62, 13. XII. 2000 VersR 2001 S. 326-328 zu § 15 Nr. 4 VGB 88 Fassung 1994; O G H 23.11.1999 VersR 2000 S. 659-660; Rainer Schmidt S. 133; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 97; Langheid in Römer-Langheid R N 8 zu § 97). Weitere Beispiele sind die Regelungen in § 11 Nr. 5 und 6 AFB 87 für Gebäude und bewegliche Sachen bei der Neuwertv und die Feuerklausel 1716 (Martin3 Texte 34 S. 250) für die Zeitwertv (vgl hierzu im einzelnen unter H 169-170, dort auch zu bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit von Klauseln, durch die die Auszahlung des Zeitwertes beschränkt wird). Die strengen Wiederherstellungsklauseln gelten auch, wenn keine dingliche Belastung des Grundstücks vorliegt. Sie werden nämlich vornehmlich im Interesse des Vers zur Verminderung des moralischen Risikos vereinbart. Sie haben aber ebenfalls Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Realgläubiger. [J 23]

cc) Rechtsfolgen

Der Ver wird nach § 1130 den Realgläubigern gegenüber nur dann von seiner Leistungspflicht befreit, wenn die von ihm an den Vmer geleistete Zahlung den Bestimmungen über die Wiederherstellung entspricht. Das ist durch Auslegung der einzelnen Bestimmungen zu ermitteln. Wenn es darin wie häufig heißt, daß die Wiederherstellung „gesichert" sein müsse, bedeutet das nicht, daß deren Durchführung zu 100% gewiß sein muß. Es genügt eine Prognoseentscheidung. Der Ver darf auszahlen, wenn angesichts der getroffenen Vorkehrungen keine vernünftigen Zweifel an der Vornahme der Wiederherstellung bestehen ( O L G Düsseldorf 28. XII. 1994 r + s 1995 S. 401). Er bleibt befreit, auch wenn die Wiederherstellung tatsächlich nicht erfolgt. Ist den Bestimmungen aber nicht Genüge geleistet worden, hat der Ver ζ. Β. ausgezahlt, ohne die Einhaltung der Wiederherstellungsklausel zu prüfen, so ist die Zahlung dem Hypothekengläubiger gegenüber nicht wirksam. Dieser kann nochmalige Zahlung, aber nur zum Zweck der Wiederherstellung verlangen (BGH l . X . 1980 VersR 1981 S. 49-50; Soergel-Konzen 12 R N 3 zu § 1130; Staudinger-Wolfsteiner13 R N 9 zu § 1130; vgl. im übrigen zu den Voraussetzungen der Wiederherstellung nach den einzelnen Klauseln Η 171-175. Johannsen/Johannsen

831

Anm. J 23

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Wird die Entschädigungssumme ganz oder teilweise deshalb nicht ausgezahlt, weil der Vmer eine Wiederherstellung nicht vornimmt, hat der Hypothekengläubiger die Möglichkeit, nach §§ 1133,1134 BGB vorzugehen, um eine Gefährdung seines Rechts abzuwenden (Rainer Schmidt S. 126; Soergel-Konzen 12 R N 3 zu § 1130; StaudingerWolfsteiner 13 R N 12 zu § 1130; Dörner-Staudinger in BK R N 12 zu § 97). Eine solche Gefährdung liegt vor, wenn der Grundstückswert einschließlich der nach dem Schadenfall vorhandenen Restwerte die Hypothek nicht mehr deckt. Als vom Gericht zu treffende Maßnahme kommt in Betracht, daß ein Sequester bestellt wird, der die Entschädigungsforderung beim Ver einzieht und zur Wiederherstellung verwendet. Ob der Hypothekengläubiger bei Verweigerung der Wiederherstellung auch selbst die Vsforderung einziehen kann, ist für die Mobilarv und die Gebäudev unterschiedlich zu beurteilen. Da dem Hypothekengläubiger in der Mobilarv kein Pfandrecht an der Forderung auf die Vsentschädigung zusteht, kann er sie nicht nach § 1282 BGB einziehen, sondern muß zunächst einen Titel erwirken, um eine Beschlagnahme der Forderung zu erreichen (siehe dazu unter J 5). Eine Pfändung der Entschädigungsforderung ist zwar wegen ihrer Zweckgebundenheit grundsätzlich unzulässig (Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 10 zu § 1130; Soergel-Konzen 12 RN 8 zu § 1130; PalandtBassenge 61 R N 5 zu § 1130, zu den gesetzlichen Ausnahmen vgl. aber zu § 98 unter J31). Bei der einfachen Wiederherstellungsklausel, die ausschließlich dem Schutz des Hypothekengläubigers dient, ist aber eine Pfändung durch ihn zulässig, weil die Klausei sonst sinnwidrig zu seiner Benachteiligung führen würde (Rainer Schmidt S. 131, 132; Staudinger-Wolfsteiner, Soergel-Konzen, Palandt-Bassenge a.a.O.). Bei der strengen Wiederherstellungsklausel, die vornehmlich den Interessen des Vers dient, würde aber eine Pfändungsmöglichkeit des Hypothekengläubigers ihren Zweck vereiteln (Rainer Schmidt S. 139; Palandt-Bassenge a.a.O.; von Staudinger-Wolfsteiner, SoergelKonzen a.a.O. wird diese Unterscheidung nicht gemacht und die Pfändung bei Weigerung der Wiederherstellung durch den Vmer generell für zulässig erklärt). Bei der Gebäudev steht dem Hypothekengläubiger hingegen ein Pfandrecht zu, das ihn nach §§ 1128 III, 1282 BGB zur Einziehung berechtigt, wenn § 1130 BGB wegen der Verweigerung der Wiederherstellung durch den Vmer nicht eingreift. Die Zweckbestimmung der Forderung steht bei der einfachen Wiederherstellungsklausel, weil sie ausschließlich seinem Schutz dient, nicht entgegen (Rainer Schmidt S. 132, 133; Palandt-Bassenge a.a.O.). Bei der strengen Wiederherstellungsklausel würde hingegen die Zweckbestimmung vereitelt, wenn man dem Hypothekengläubiger das alleinige Einziehungsrecht zubilligen würde. Dem Vmer, der sich nachträglich doch zur Wiederherstellung entschließt, wäre die Möglichkeit dazu genommen (Rainer Schmidt S. 136-138; Palandt-Bassenge a.a.O.) Hinsichtlich des letzten Drittels bei der Zeitwertv und des Neuwertanteils bei der Neuwertv kommt ein Einziehungsrecht des Hypothekengläubigers nicht in Betracht, weil die Entstehung dieses Teilanspruchs von der Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung abhängig ist (vgl. dazu J 22). Ist die Wiederherstellung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich, so hat die Wiederherstellungsklausel nachträglich ihren Sinn verloren. Deshalb kann der Hypothekengläubiger sowohl bei einfacher wie bei strenger Wiederherstellungsklausel sein Recht durch Pfändung bei der Mobilarv oder durch Einziehung bei der Gebäudev durchsetzen (Rainer Schmidt S. 134,138; Soergel-Konzen 12 R N 3 zu § 1120; Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 10 zu § 1130). Die Wiederherstellungsklauseln wirken sich auch aus, wenn der Hypothekengläubiger Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen verlangt. Der Ver ist nämlich auch dann nur verpflichtet, zur Wiederherstellung des vten Gegenstandes zu leisten (Soergel-Konzen 12 R N 5 zu § 1130; Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 7 zu § 1130). Bei Beschlagnahme zur Zwangsverwaltung hat der Zwangsver832

Johannsen/Johannsen

I. Der Schutz der Realgläubiger

Anm. J 25

waiter die Entschädigungsforderung einzuziehen und für die Wiederherstellung zu sorgen (Staudinger-Wolfsteiner a.a.O.; Soergel-Konzen 1 2 R N 6 zu § 1130). Auch bei der Zwangsversteigerung erlangt der Hypothekengläubiger keinen Anspruch auf A u s zahlung der Vsentschädigung. D i e Forderung wird vielmehr mit versteigert und geht nach § 90 Z V G auf den Ersteher über ( B G H 19. II. 1981 VersR 1981 S. 5 2 1 - 5 2 3 = N J W 1981 S. 1 6 7 1 - 1 6 7 2 , 4 . X I I . 1996 VersR 1997 S. 5 7 0 - 5 7 1 = r + s 1997 S. 1 1 9 - 1 2 0 ) , an den der Ver zum Z w e c k e der Wiederherstellung zu leisten hat (Staudinger-Wolfsteiner 1 2 R N 11 zu § 1 1 3 0 ) .

3. Der Schutz des Realgläubigers durch WG-Vorschriften [J 24]

Schrifttum

Baur-Stürner Lehrbuch des Sachenrechts 16. Aufl. München 1992, Blomeyer in Festschrift für Ernst Hirsch S. 25-46 Berlin 1968, Brisken Der Schutz des Hypothekengläubigers bei Gebäudev Diss. Karlsruhe 1964, Fenyves ZfBank u. Börsenwesen 1991 S. 13-27, Gürtler Die Rechtsstellung der Realgläubiger in der Feuerv Diss. Köln 1937, Kisch WuR 1918 S. 1-46, Kollhosser VersR 1997 S. 521-525, Möller VersR 1950 S. 1-4, derselbe in Festschrift für Karl Sieg Karlsruhe 1976 S. 407-420, Münchener Kommentar zum B G B Bd 6 3. Aufl. 1997, Oertmann WuR 1916 S. 424-468, Palandt Bürgerliches Gesetzbuch 61. Aufl. München 2002 zit. Palandt Bearbeiter, Petersen Der Schutz der Realberechtigten in der Immobiliarfeuerv Diss. Hamburg 1964, E.Prölss J R P V 1933 S. 67-71 und 311-313, Raiser JRPV 1930 S. 269-270, Römer ZNotP 1998 S. 213-218, Schirmer r + s 1993 S. 81-88, Schmidt Reiner Die rechtliche Stellung des Realgläubigers gegen über dem Ver - Nach den §§ 127-1130 B G B und den §§ 97-107c W G Diss. 1982 Aachen 1996 zit. Rainer Schmidt, Schneider AcP 90 S. 440-472, Schorling ZHR 112 S. 12-50, Schütz VersR 1987 S. 134-138, Sieg in Recht und Ökonomie der V Festschrift für Egon Lorenz S. 643-655 Karlsruhe 1994, Soergel Kom. zum B G B Bd 6 12. Aufl. Stuttgart 1989 zit. Soergel - Bearbeiter, Staudinger Kom. zum B G B 3. Bd 13 Aufl. Berlin 1996 zit. Staudinger-Wolfsteiner, Voss VersR 1961 S. 961-964, derselbe VersR 1964 S. 105-106, Wiesinger Die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers im privaten Feuervsrecht Diss. Hamburg 1940, Wünschmann J W 1928 S. 3157-3160.

[J 25]

a) Geltungsbereich

Zweifelhaft ist der A n w e n d u n g s b e r e i c h der §§ 9 7 - 1 0 7 c , die den Schutz des Hypothekengläubigers betreffen. D i e gesetzliche Regelung ist nur insoweit eindeutig, als die Anwendung der Vorschriften auf die G e b ä u d e v beschränkt ist, die in den meisten Bestimmungen, nämlich §§ 9 7 , 1 0 1 - 1 0 3 , 1 0 5 und 106 ausdrücklich genannt ist und auf die sich die übrigen Vorschriften durch Verweisung beziehen. F ü r die V beweglicher Sachen k o m m t die Anwendung der §§ 9 7 - 1 0 7 c also grundsätzlich nicht in Betracht sondern ausnahmsweise nur dann, wenn sie im R a h m e n einer Gebäudev vert sind (vgl. J 12). D a ß es sich bei der Gebäudev um eine G e b ä u d e f e u e r v handeln müsse, kann aus der Uberschrift „ F e u e r v " des die §§ 8 1 - 1 0 7 c umfassenden zweiten Titels geschlossen werden. Hiergegen wird jedoch in der Literatur eingewandt, daß es sich bei der Regelung der Feuerv im W G um eine „historische Zufälligkeit" handele, die darauf beruhe, daß im Zeitpunkt der Entstehung des W G nur die Feuerv, die Hagelv und die Viehv im nennenswerten U m f a n g betrieben worden seien (Sieg A 34; Martin 3 A I V 43; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 Vorbemerkung vor § 81 R N 1; Rainer Schmidt S. 1 5 2 - 1 5 3 ; O l l i c k V A 1982 S. 3 0 - 5 8 , 43). D e r Gesichtspunkt, daß für die übrigen Sachvszweige, wenn damals schon das Bedürfnis nach einer gesetzlichen Regelung bestanden hätte, den §§ 8 1 - 1 0 7 c ähnliche Regelungen entwickelt worden wären, kann durchaus für eine analoge Anwendung einzelner Vorschriften herangezogen werden, wie sie von den genannten Autoren befürwortet wird (grundsätzlich Johannsen/Johannsen

833

Anm. J 25

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

abgelehnt wird die analoge Anwendung hingegen von Dörner-Staudinger in BK Vorbem. zu §§ 81-107c R N 3; Langheid in Römer-Langheid Vorbem. vor § 81 RN 3-5 und 10; Brisken S. 1 und 88, der sie nur de lege ferenda befürwortet). So wird ζ. B. die analoge Anwendung des § 95, dem nach der Auffassung des BGH 14.XI. 1984 VersR 1985 S. 129-131, wie der Vergleich mit §§ 112 und 119 ergebe, ein einheitliches gesetzgeberisches Prinzip zu Grunde liege, das eine analoge Anwendung zulasse, auf andere Sachvszweige überwiegend für zulässig erachtet (Kollhosser a.a.O. RN 3; Martin 3 L I 3; Dörner-Staudinger a.a.O. R N 7, die allerdings nur von „ einer scheinbaren Ausnahme" sprechen, weil sich das Prinzip bereits aus § 50 ergebe) und kommt sie auch für § 96 in Betracht (dazu unter E 10). Für § 102 hat der BGH 21. VI. 1989 BGHZ 108 S. 82-89 = NJW 1989 S. 2621 = VersR 1989 S. 912-913 aber eine analoge Anwendung auf andere Gebäudeven außerhalb der Gebäudefeuerv (es ging um eine kombinierte Feuer-, Leitungswasser-, Sturmv, bei der ein Leitungswasserschaden eingetreten war) abgelehnt. Sie sei unter Berücksichtigung des Schutzzweckes der Norm nicht geboten, weil es sich bei der Vorschrift um eine nach ihrem unmittelbaren Regelungsgehalt ausschließlich für den Fall der Gebäudefeuerv getroffene Ergänzung der §§ 1127-1130 BGB handele, durch die die Realgläubiger in dem „praktisch wichtigsten Fall" der Gebäudev auch dann vor dem Verlust der Vssumme geschützt werden sollten, wenn der Ver wegen des Verhaltens des Vmers diesem gegenüber leistungsfrei sei. Darin liege kein auf andere Sachvsarten übertragbares allgemeines Prinzip. Der BGH hat in der Begründung weiter darauf verwiesen, daß die Feuergefahr die schwerwiegendste Sachgefahr sei, weshalb Realgläubiger auch im allgemeinen nur den Abschluß einer Feuerv, nicht aber anderer Sachven forderten. Einer Analogie stehe schließlich auch entgegen, daß man nicht abgrenzen könne, für welche Sachvszweige ein erweiterter Gläubigerschutz notwendig sei, weil in einigen Ven für den Hypothekengläubiger unerhebliche Schäden in Betracht kämen. Der Entscheidung ist zuzustimmen. Die vom BGH angeführten Gründe haben nicht nur für § 102 und den vergleichbar gelagerten § 103 Bedeutung, sondern verbieten die analoge Anwendung sämtlicher über den Schutzbereich der §§ 1127-1130 BGB hinausgehenden Schutzbestimmungen des W G für Hypothekengläubiger auf andere Sachvszweige. Die Argumentation von Rainer Schmidt S. 152-154, daß der Schutz der Realgläubiger eine Einbeziehung aller kombinierten Verträge erfordere, vermag nicht zu überzeugen. Die in Betracht kommenden Gefahren, nämlich Sturm, Hagelschlag, Leitungswasserschaden, Schwamm, Hausbock oder Glasbruch sind sämtlich bei weitem nicht so erheblich für das Schutzbedürfnis des Hypothekengläubigers wie die Feuergefahr, die durch die vollständige Zerstörung des vten Gebäudes zur Entwertung seines Rechts führen kann. Dieser Interessenlage entspricht auch der vom BGH a.a.O. hervorgehobene Umstand, daß die Hypothekengläubiger von den Grundstückseigentümern nur den Abschluß einer Feuerv, nicht aber anderer Sachven verlangten. In der Literatur wird die analoge Anwendung der §§ 97-107 c auf andere Gebäudevsarten auch von Autoren, die sonst eine Analogie von Feuervsvorschriften befürworten, weitgehend abgelehnt (Raiser 2 R N 27 zu § 18 AFB; Kollhosser a.a.O. R N 6 jedenfalls für §§ 99-107 c; Martin 3 A IV 43 ausdrücklich nur für § 102; Soergel-Konzen 12 RN 1 und 2 zu § 1127; Eickmann in Münchener Kom3 R N 9 zu § 1130; Dörner-Staudinger a.a.O.; Langheid in Römer-Langheid Vorbemerkung vor § 97 R N 1; unklar Schütz VersR 1987 S. 134-138, 137). Die §§ 97-107 c gelten allerdings insofern für alle kombinierten SachvsVerträge, als sie eingreifen, wenn es um ein in der Feuerv gedecktes, nicht aber um ein anderes vtes Risiko geht. Rainer Schmidt S. 153-154 will den Schutz des Hypothekengläubigers durch die WG-Vorschriften auch für den Fall eingreifen lassen, daß der Ver bei einem Vertrag, 834

Johannsen/Johannsen

Anm. J 27

I. Der Schutz der Realgläubiger

der das Feuerrisiko nicht einschließt, dem Hypothekengläubiger freiwillig eine Bestätigung über das Bestehen von Vsschutz nach § 107 erteilt habe (so auch Kollhosser in Prölss-Martin26 RN 3 zu § 107). Dem kann nur für den Ausnahmefall gefolgt werden, daß die Bestätigung unrichtig dahin erteilt ist, daß Feuervsschutz bestehe, oder jedenfalls vom Hypothekengläubiger so verstanden werden kann (BGH 15. XI. 1978 VersR 1979 S. 176-178 zu einer mißverständlichen Kfz-Vsbestätigung). Wird aber korrekt bestätigt, daß Vsschutz in einer anderen Sparte, ζ. B. Sturm- oder Leitungswasser besteht, wird kein Vertrauen des Hypothekengläubigers erweckt, daß er z.B. auch für den Fall, daß der Vmer Obliegenheiten verletzt, geschützt sei. Seine Interessenlage fordert nicht die Anwendung der §§ 97-107 c (zur Bestätigung vgl. im übrigen unter J 91). b) §97 W G Gliederung: aa) Vorbemerkung J 26 bb) Bedeutung und Anwendungsbereich J 27

J 26]

cc) Sicherung des Wiederaufbaus J 28

aa) Vorbemerkung

Die Vorschrift des § 1130 BGB wird für die Gebäudefeuerv ergänzt durch §§ 97100, die eingreifen, wenn im Vsvertrag vereinbart ist, daß der Vmer verpflichtet ist, „die Entschädigungssumme zur Wiederherstellung des vten Gebäudes zu zahlen " (zu §1130 BGB siehe J 21-23, zur inhaltlichen Ausgestaltung der Wiederherstellungsklauseln, insbesondere in der Neuwertv H 171-175. Die Vorschriften gelten für jede Art von vereinbarter Wiederherstellungsklausel. Der Auffassung von Dörner-Staudinger in BK RN 20 zu § 97, daß sie auf die Vereinbarung strenger Wiederherstellungsklauseln keine Anwendung finden, ist nicht zu folgen. Wenn solche auch bei Schaffung der Vorschriften noch nicht geläufig waren, spricht kein sachlicher Gesichtspunkt dagegen, sie nunmehr auf die heute üblichen Vsverträge, insbesondere die Neuwertv, anzuwenden (Schirmer r + s 1993 S. 81-88, 85). Der BGH 8. VI. 1988 VersR 1988 S. 925-926,11. XI. 1993 VersR 1994 S. 170-172 = r + s 1994 S. 144-145, 13. XII. 2000 VersR 2001 S. 326-327, wendet die Vorschriften ausdrücklich aber ohne Problematisierung auch auf strenge Wiederaufbauklauseln an. [J 27]

bb) Bedeutung und Anwendungsbereich

§ 97 verstärkt den Schutz des Hypothekengläubigers gegenüber § 1130 BGB insofern, als die Auszahlung der Vsentschädigung ihm gegenüber nicht bereits wirksam ist, wenn sie den Vsbedingungen entspricht, sondern erst dann, „ wenn die bestimmungsgemäße Verwendung des Geldes gesichert ist. " Der Vmer muß also, wenn er vor der erfolgten Wiederherstellung des Gebäudes Zahlung erhalten will, dem Ver gegenüber konkrete Maßnahmen nachweisen, die er zur Sicherstellung der vertragsgemäßen Verwendung der Entschädigung getroffen hat, und der Ver muß diese überprüfen, um die Gefahr einer eventuellen Doppelzahlung zu vermeiden. Die Bedeutung der Vorschrift ist nicht besonders groß, weil die üblichen modernen Bedingungen selbst vorsehen, daß der Vmer, um die volle Entschädigung zu erhalten, ihre Verwendung zur Wiederherstellung von Gebäuden oder Wiederbeschaffung beweglicher Sachen innerhalb einer Frist sicherstellen und die Voraussetzungen hierfür nachweisen muß, vgl. z.B. §§ 16 Nr. 4 in Verbindung mit 11 Nr. 5 AFB 87, 23 Nr. 4 i.V. mit 15 Nr. 4 VGB 88,14 Johannsen/Johannsen

835

Anm. J 28

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Nr. 2 in Verbindung mit 18 Nr. 4 der Fassung 1999 (siehe weiter unter H 171). Die Vorschrift ist aber nicht nur, wie Martin 3 R IV 1 meint, als eine dispositive Auslegungsregel für unklar formulierte Wiederherstellungsklauseln anzusehen, in denen lediglich gesagt wird, daß der Ver nur zur Wiederherstellung zu leisten brauche. Vielmehr hat § 97 durchaus die Bedeutung, den Hypothekengläubiger zu schützen, wenn die Vereinbarung für die Auszahlung keine Sicherstellung verlangt, sondern z. B. die bloße Absicht zur Wiederherstellung genügen läßt. Eine solche Vereinbarung ist im Verhältnis der Parteien des Vsvertrages wirksam. In diesem Sinne kann die Vorschrift als dispositive Regelung angesehen werden (RG 19. VI. 1931 RGZ 133 S. 117-124; Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 17 zu § 97; Dörner-Staudinger in BK R N 34 zu § 97). Im Verhältnis zu dem Hypothekengläubiger ist aber eine Zahlung, die möglicherweise vertragsgerecht, aber ohne die Sicherung der bestimmungsgemäßen Verwendung des Geldes geleistet worden ist, unwirksam, es sei denn der Ver habe dem Hypothekengläubiger die Zahlung gemäß § 99 vorher angezeigt oder gemäß § 100 seine Einwilligung eingeholt (BGH l . X . 1980 VersR 1981 S. 49-50). § 97 findet nur Anwendung, wenn der Vsvertrag eine Vereinbarung über die Wiederherstellung des vten Gebäudes enthält. Der früher überwiegend vertretenen Auffassung, daß bei Fehlen einer ausdrücklichen Wiederherstellungsklausel bei einer Neuwertv im Wege ergänzender Vertragsauslegung von einer entsprechenden Vereinbarung auszugehen sei, weil dem Vmer der Differenzbetrag zwischen Zeitwert und Neuwert gemäß dem Grundgedanken des § 55 nur dann gezahlt werden dürfe, wenn er ihn zur Wiederherstellung oder Neubeschaffung der zerstörten Sache verwende (BGH 8. II. 1988 B G H Z 103 S. 228-235 = VersR 1988 VersR 1988 S. 463-464 zur Yachtkaskov; O L G Hamm 10. III. 1993 VersR 1993 S. 1352-1353 = r + s 1993 S. 225227; Möller Bd. II Anm. 50 vor §§ 49-80, Anm. 33 zu § 55; Martin 3 A III 9; Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 97), ist auf der Grundlage einer im Vordringen befindlichen modernen Auffassung vom versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbot nicht zu folgen (BGH 17. XII. 1997 B G H Z 137 S. 318-329 = NJW1998 S. 1072-1075 = VersR 1998 S. 305-307, 4. IV. 2001 VersR 2001 S. 749-751; Kollhosser VersR 1997 S. 521-525, 524; Römer in Römer-Langheid R N 2-11 zu § 55; Dörner-Staudinger in B K R N 10 zu § 97; vgl. dazu im einzelnen unter H 144). Bei Fehlen einer Wiederherstellungsklausel im Vsvertrag regeln sich die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten nach § 1128 B G B (siehe dazu unter J 11-17). § 97 gilt nur für Gebäude. Sind bewegliche Sachen im Rahmen einer Gebäudev mitvert (siehe dazu unter J 12) und ist eine Wiederherstellungsklausel vereinbart, wie z. B. die Feuerklausel 1716 (Martin 3 Texte 34 S. 250), findet nicht § 97 sondern § 1130 B G B Anwendung. [J 28]

cc) Sicherung der Wiederherstellung

Für die Ermittlung der Voraussetzungen, unter denen die bestimmungsgemäße Verwendung der Entschädigungssumme „gesichert" ist, ist auf die Interessenlage der Beteiligten abzustellen. Durch Vertragsbestimmungen, die dem Vmer einen Anspruch bereits vor Vollendung der Wiederherstellung des Gebäudes zubilligen, soll es ihm ermöglicht werden, das zerstörte oder beschädigte Gebäude wiederaufzubauen, ohne Kredit in Anspruch nehmen zu müssen. Sein Interesse ist gegen das des Vers und des Hypothekengläubigers abzuwägen. Es ist daher aufgrund einer vorausschauenden wertenden Betrachtungsweise zu ermitteln, ob hinreichend sicher angenommen werden kann, daß die Verwendung der Entschädigung bestimmungsgemäß erfolgen werde (BGH 28. V. 1986 VersR 1986 S. 756-758 zu § 13 AKB unter Hinweis auf die ähnliche Problematik in der Feuerv; O L G Düsseldorf 28. XII. 1994 r + s 1995 836

Johannsen/Johannsen

Anm. J 29

I. D e r Schutz der Realgläubiger

S. 4 0 1 ^ 0 2 = VersR 1996 S. 6 2 3 - 6 2 4 ; O G H 23. V I . 1999 VersR 2001 S. 4 8 7 - 4 8 8 ) . D e r Ver darf und muß die Entschädigungssumme auszahlen, wenn angesichts der getroffenen Vorkehrungen keine vernünftigen Zweifel an der Durchführung der Wiederherstellung bestehen ( O L G Düsseldorf, O G H a.a.O.). Davon ist z. B. auszugehen, wenn der Vmer einen bindenden Kaufvertrag über ein Fertighaus abgeschlossen hat und nach der positiv entschiedenen Bauanfrage mit der Erteilung der Baugenehmigung zu rechnen war ( O L G H a m m 6. V. 1983 VersR 1984 S. 175-176). D a ß ein Antrag auf Baugenehmigung gestellt wird, genügt aber noch nicht ( O L G Koblenz 25. VI. 1993 r + s 1993 S. 4 2 7 - 4 2 8 ) ; ebensowenig reicht die bloße Vornahme einer Bauplanung aus ( O L G Düsseldorf 18. V. 1982 r + s 1985 S. 224). Auch die Vorlage von Handwerkerangeboten genügt nicht, wenn aus ihnen nicht ersichtlich ist, ob sie angenommen worden sind ( O L G H a m m 29. II. 1984 VersR 1984 S. 833-834). Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Planung der Wiederherstellung, die sich auf ein dem zerstörten Gebäude in etwa nach Lage, Größe und Gebrauchszweck vergleichbares Gebäude beziehen muß, vgl. im einzelnen H 172). Ist die Verwendung der Entschädigung nach den genannten Kriterien gesichert, muß der Hypothekengläubiger die erfolgte Auszahlung der Vsentschädigung gegen sich gelten lassen, auch wenn die Prognose sich als falsch herausgestellt und der Vmer den Wiederaufbau des Gebäudes nicht durchgeführt hat (Staudinger-Wolfsteiner 1 3 R N 2 zu § 1130; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 14 zu § 97, Brisken S. 57). Auch der Ver kann die Leistung nicht nach § 812 B G B zurückfordern. Denn es handelt sich nicht um eine Vorschußleistung, die er erbracht hat, sondern um eine abschließende und endgültige Regelung des Anspruchs ( B G H 28. V. 1986 VersR 1986 S. 7 5 6 - 758; Kollhosser a.a.O.).

c) §98 W G Gliederung: aa) Bedeutung und Anwendungsbereich J 29 bb) Zulässige Abtretungen J 30

Q 29]

cc) Rechtsfolgen J 31

aa) Bedeutung und Anwendungsbereich

Die Vorschrift ergänzt die §§ 1130 B G B , 97 um ein Abtretungsverbot. Im Falle des § 97, nämlich bei Vereinbarung einer Wiederherstellungsklausel kann die Entschädigungsforderung v o r d e r W i e d e r h e r s t e l l u n g des Gebäudes nur an den Erwerber des Grundstücks und solche Gläubiger übertragen werden, welche Arbeiten oder Lieferungen zur Wiederherstellung des Gebäudes übernommen oder bewirkt haben. Die Regelung dient außer dem Schutz der privilegierten Abtretungsempfänger dem Interesse des Hypothekengläubigers an der Durchführung des Wiederaufbaus des Gebäudes zur Wiederherstellung der vollständigen Haftungsgrundlage der Hypothek. Die Vorschrift gilt sowohl für die Vereinbarung der einfachen ( B G H 11. X I . 1993 VersR 1994 S. 1 7 0 - 1 7 2 = r + s 1994 S. 144) wie der strengen Wiederherstellungsklausel ( B G H 8. V I . 1988 VersR 1988 S. 9 2 5 - 9 2 6 ) . Der Auffassung von Dörner-Staudinger in B K R N 4 zu § 98, daß bei Vereinbarung einer strengen Wiederherstellungsklausel § 98 nur für den Zeitraum zwischen Sicherstellung der Wiederherstellung und ihrer Vollendung eingreife, ist nicht zu folgen. Der Anspruch auf die Neuwertspanne bzw. das letzte Drittel bei der Zeitwertentschädigung entsteht zwar nach den üblichen vertraglichen Gestaltungen erst mit der Sicherstellung der Wiederherstellung. Der durch § 98 geschützte Hypothekengläubiger erwirbt aber bereits mit dem Vsfall ein Pfandrecht Johannsen/Johannsen

837

Anm. J 30

J . Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

an der Entschädigungsforderung, das sich auf die gesamte Forderung, also auch auf erst später entstehende Teile erstreckt (Rainer Schmidt S. 114; Kollhosser in PrölssMartin 26 R N 1 zu § 99, siehe dazu unter J 8.). Seine Interessenlage gebietet, daß er auch gegenüber der Abtretung erst künftig entstehender Forderungsteile durch § 98 geschützt wird. Im übrigen ergibt sich aus der Vorschrift auch kein Anhaltspunkt dafür, daß der Schutz der privilegierten Gläubiger auf die Zeit ab Sicherstellung der Entschädigung für den Wiederaufbau beschränkt sein sollte. Es würde dem Normzweck der Vorschrift, den Wiederaufbau des Gebäudes zu sichern, widersprechen, wenn der Vmer ab Eintritt des Vsfalles bis zur Sicherstellung im Sinne von § 97 den künftigen Anspruch auf die Neuwertentschädigung an beliebige Personen, die mit dem Wiederaufbau nichts zu tun haben, abtreten könnte. U 30]

bb) Zulässige Abtretungen

Die Abtretung der Forderung ist zulässig an den E r w e r b e r des G r u n d s t ü c k s , wenn dieser nicht ohnehin gemäß § 69 durch den Eintritt in den Vsvertrag die Entschädigungsforderung erwirbt. Davon ist nach der Rechtsprechung des B G H 8. VI. 1988 VersR 1988 S. 925-926, 8.VII.1992 VersR 1992 S. 1221-1222 = r + s 1992 5. 381-382 für den Neuwertanteil der Entschädigung bei einer strengen Wiederherstellungsklausel auszugehen, wenn der Erwerber das verte Gebäude nach dem Eigentumsübergang wiederherstellt und die Verwendung der Entschädigung zur Wiederherstellung vor dem Eigentumsübergang noch nicht sichergestellt war (so auch O L G Hamm 6. III. 1992 r + s 1993 S. 227; O L G Köln 30. VI. 2000 r + s 2000 S. 465-467; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 26 zu § 69; Langheid in Römer-Langheid R N 3 zu § 98). Nach anderer Auffassung entsteht der Anspruch in der Person des Veräußerers, der ihn an den Erwerber abtreten kann (früher O L G Hamm 23. XII. 1985 VersR 1987 S. 661-662; O L G Schleswig 30. IX. 1987 N J W R R 1989 S. 280-284; Martin 3 R I V 51; Dörner-Staudinger in B K R N 19 zu § 97) oder überhaupt nicht ( O L G Celle 5. VI. 1991 r + s 1991 S. 381-382). Letzterer Auffassung kann sicher nicht gefolgt werden, weil die Veräußerung keinen Tatbestand darstellt, der die Leistungsfreiheit des Vers begründet (so auch Schirmer r + s 1993 S. 81-88, 85). Vielmehr ist der Auffassung des B G H zuzustimmen (vgl. dazu ausführlich J 117 und H 174. Aus § 98 kann jedenfalls nicht entnommen werden, daß der Erwerber des Grundstücks Ansprüche auf die Entschädigung ausschließlich auf Grund einer Abtretung erhalten kann, wie es die Vertreter der Gegenmeinung annehmen. Allerdings ist für jeden Einzelfall genau zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 69 erfüllt sind (auf die differenzierten Darstellungen der einzelnen Fallkonstellationen durch Schirmer a.a.O. und Römer ZNotP 1998 S. 213-218 wird verwiesen). Die Vornahme einer nach § 98 zulässigen Abtretung ist insbesondere geboten, wenn die Verwendung der Entschädigung zum Wiederaufbau bereits vor dem Eigentumsübergang gesichert war, aber erst der Erwerber diesen ausführt. Zu den privilegierten Gläubigern, an die eine Abtretung ebenfalls erfolgen darf, gehören Bauunternehmer, Bauhandwerker und Bauarbeiter sowie Lieferanten von Baustoffen. Als Personen, welche Arbeiten zur Wiederherstellung des Gebäudes übernommen oder bewirkt haben, sind auch Architekten und Statiker anzusehen, die die geistige Leistung für den Wiederaufbau erbringen, die ebenso wie die körperliche Leistung berücksichtigt werden muß (Voss VersR 1964 S. 105-106). Nach § 98 II kann die Übertragung ferner wirksam erfolgen an solche Gläubiger des Vmers, die bare Vorschüsse zur Wiederherstellung gegeben haben, wenn die Verwendung zur Wiederherstellung erfolgt. Ob eine Abtretung an den Hypothekengläubiger nach § 98 zulässig ist, hat der B G H 8. VI. 1988 VersR 1988 S. 925-926 offengelassen, weil die zu beurteilende Abtretungserklärung nach der vom B G H gebilligten Auslegung durch das Be838

Johannsen/Johannsen

I. Der Schutz der Realgläubiger

A n m . J 31

rufungsgericht nicht hinreichend deutlich ergab, daß ein k ü n f t i g e r Anspruch auf die Neuwertentschädigung erfaßt werden sollte. Die Frage ist nach Wortlaut und Normzweck der Vorschrift zu verneinen. Der Hypothekengläubiger soll zwar gegen Verfügungen geschützt werden, die geeignet sind, den Wiederaufbau des Gebäudes zu gefährden. Er soll aber keine Vorzugsstellung erhalten, die dieser Zweckbestimmung entgegensteht. Dementsprechend ist auch eine Pfändung des den §§ 1130 BGB, 97, 98 unterfallenden Entschädigungsanspruches durch den Hypothekengläubiger von Ausnahmefällen abgesehen, die in Betracht kommen, wenn die Zweckbindung wegen Unmöglichkeit der Wiederherstellung entfällt (vgl. dazu unter J 23), unzulässig (Staudinger-Wolfsteiner13 R N 10 zu § 1130; Soergel-Konzen 12 R N 8 zu § 1130, DörnerStaudinger in BK R N 11 zu § 98). Q 31]

cc) Rechtsfolgen

Für die Beurteilung der Rechtsfolgen der Abtretung ist zu unterscheiden, ob der Anspruch im Abtretungszeitpunkt bereits entstanden ist, wie z.B. bei Vereinbarung einer einfachen Wiederherstellungsklausel nach dem Eintritt des Vsfalles oder bei der strengen Wiederherstellungsklausel nach der Sicherung des Wiederaufbaus, oder noch nicht, z.B. bei der strengen Wiederherstellungsklausel vor der Sicherstellung des Wiederaufbaus. Denn im letzteren Fall der Abtretung einer künftigen Forderung treten deren Wirkungen erst mit Entstehung der Forderung ein (BGH 16. III. 1995 NJW 1995 S. 1668-1671). Für die Abtretung eines bereits bestehenden Anspruchs auf die Vsentschädigung an andere als die in § 98 genannten Personen gilt, daß die Abtretung diesen und dem Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam, im übrigen aber wirksam ist. Eine solche im Sinne von § 135 B G B relative Unwirksamkeit wird von der herrschenden Meinung zutreffend angenommen, weil das Abtretungsverbot nur den Interessen einzelner Personen dient (RG 25. III. 1919 RGZ 95 S. 207-209; B G H 11. XI. 1993 VersR 1994 S. 170-172 = r + s 1994 S. 144-145; O L G Schleswig 30. IX. 1987 NJW RR 1989 S. 280-284; Raiser2 R N 86 zu § 18 AFB; Wussow 2 Anm. 1 zu § 98; Voss VersR 1964 S. 105-106; Rainer Schmidt S. 156; Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 3 zu § 98; Staudinger-Wolfsteiner13 R N 6 zu § 1130; Eickmann in Münchener Korn3 R N 14 zu § 1130; Soergel-Konzen 12 R N 4 zu § 1130; a.A. Blomeyer in Festschrift für Hirsch S. 25-46 und Dörner-Staudinger in BK R N 7 und 8 zu § 98, die von einer von Anfang an bestehenden Einschränkung der Abtretbarkeit der Forderung ausgehen). Die Abtretung künftiger Ansprüche an einen durch § 98 nicht Privilegierten ist zunächst schwebend unwirksam und wird wirksam, wenn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 98; a.A. Dörner-Staudinger in BK Anm. 9 zu § 98, die konsequent absolute Unwirksamkeit annehmen, aber die Umdeutung einer unwirksamen Zession in eine durch die Entstehung des Anspruchs bedingte zulassen wollen). Schwebende Unwirksamkeit ist auch anzunehmen, wenn die Abtretung an einen Erwerber des Grundstücks erfolgt, bevor der Erwerbsvorgang durch Eintragung in das Grundbuch, vollständig abgeschlossen worden ist ( O L G Schleswig 30. IX. 1987 N J W RR 1989 S. 280-284; Kollhosser a.a.O.). Erfolgt die Abtretung erst nach Wiederherstellung des Gebäudes, hat § 98 keine Wirkung. Das Abtretungsverbot verliert den geschützten Gläubigern gegenüber seine Wirksamkeit, weil mit der Wiederherstellung des Gebäudes sein Zweck erreicht ist (RG 25. III. 1919 RGZ 95 S. 207-209; B G H 11.XI.1993 VersR 1994 S. 170-172 = r + s 1994 S. 144-145). Für den Hypothekengläubiger folgt dies schon aus der Grundregel des § 1127 II BGB, wonach die hypothekarische Haftung mit der Wiederherstellung des verten Gegenstandes erlischt (RG 26. VI. 1936 RGZ 151 S. 389-395). Johannsen/Johannsen

839

Anm. J 32

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Eine § 98 entsprechende Abtretung ist im übrigen dem Hypothekengläubiger gegenüber stets wirksam, ohne daß es seiner Zustimmung bedarf (Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 4 zu § 98; Rainer Schmidt S. 157; Langheid in Römer-Langheid RN 1 zu § 98). Seine rechtliche und wirtschaftliche Position wird durch eine solche Abtretung, die dem Wiederaufbau des Gebäudes dient, nicht berührt. Deshalb scheidet durch eine nach § 98 zulässige Abtretung die Forderung endgültig aus dem Haftungsverband aus (Soergel-Konzen 12 RN 4 zu § 1130; Kollhosser a.a.O. Rainer Schmidt S. 157). Da § 98 nur die Wirkungen eines relativen Veräußerungsverbots hat, kann die Entschädigungsforderung auch von anderen als in der Vorschrift genannten Gläubigern gepfändet werden. Es gilt § 772 ZPO, wonach die Forderung nicht überwiesen werden soll und den Begünstigten das Recht zur Erhebung einer Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO zusteht (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 98). Der Hypothekengläubiger wird durch eine Pfändung der privilegierten Gläubiger ebensowenig beeinträchtigt wie durch die Abtretung, weil auch sie der Wiederherstellung der ursprünglichen Haftungssubstanz dient (Soergel-Konzen 12 R N 8 zu § 1130). Er kann ihr deshalb auch nicht widersprechen. Auch einer Pfändung der Forderung durch den Hypothekengläubiger steht ihre Zweckbindung entgegen (Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 10 zu § 1130; Soergel-Konzen a.a.O.; Dörner-Staudinger in BK RN 11 zu § 98). Sie ist nur möglich, wenn die Zweckbindung entfällt, etwa wegen Unmöglichkeit der Wiederherstellung (vgl. dazu unter H 173-174). Da § 98 eine Schutzvorschrift zugunsten des Hypothekengläubigers darstellt, kann sie nicht in AVB oder Individualvereinbarungen, an denen er nicht beteiligt ist, zu seinem Nachteil abgeändert werden (Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 6 zu § 98; Dörner-Staudinger in Β Κ R N 19 zu § 98). Das Abtretungsverbot kann auch nicht wirksam durch die Erteilung einer Einziehungsermächtigung durch den Vmer an einen mit dem Wiederaufbau nicht befaßten Gläubiger umgangen werden. Dieser vom RG (27.IV. 1910 RGZ 73 S. 306-309, 18.XI.1918 RGZ 94 S. 137, 22.IX. 1933 RGZ 141 S. 410-420; kritisch aber BGH 10.XI.1951 Β GHZ 4 S. 153-156 = NJW 1951 S. 337-340) für zulässig erklärte Weg widerspricht der Zweckbestimmung der Vorschrift, den Wiederaufbau des vten Gebäudes zu sichern und ist deshalb nicht gangbar (Rainer Schmidt S. 158; Wussow 2 Anm. 4 zu § 98; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 13 zu § 15; Soergel-Konzen 12 RN 4 zu § 1130; Dörner-Staudinger in BK RN 10 zu § 98). d) § 99 W G Gliederung: aa) Regelungsgehalt J 32 bb) Rechtsfolgen J 33

[J 32]

cc) Abweichende Vereinbarungen J 34 dd) Beweislast J 35

Regelungsgehalt

Durch die Vorschrift wird die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers in der Gebäudefeuerv für den Fall einer Wiederherstellungsvereinbarung gegenüber § 1130 BGB noch weiter verstärkt, indem die Wirksamkeit der Auszahlung der Entschädigungssumme an den Vmer von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig gemacht wird. § 99 I betrifft den Fall, daß die Zahlung ohne S i c h e r u n g der bestimmungsgemäßen Verwendung des Geldes geleistet wird, § 99 II eine Zahlung, die nicht zu einer den Vsbedingungen entsprechenden Wiederherstellung verwendet werden 840

Johannsen/Johannsen

Anm. J 32

I. Der Schutz der Realgläubiger

soll, also entweder überhaupt nicht zum Wiederaufbau oder zu einem den vertraglichen Vereinbarungen nicht entsprechenden, z.B. dem Bau eines von dem Bestimmungszweck, der Lage und der Größe des vten Gebäudes stark abweichenden neuen Gebäudes. Derartige den Vsbedingungen widersprechenden Auszahlungen werden häufig berechtigten wirtschaftlichen Interessen vom Vmern entsprechen und von marktstarken Vmern, insbesondere in der Industriefeuerv gegenüber dem Ver in den Regulierungsverhandlungen durchgesetzt werden können. Dem Hypothekengläubiger gegenüber sind aber auf derartigen Vereinbarungen beruhende Zahlungen nur dann wirksam, wenn der Ver oder der Vmer vorher angezeigt haben, daß ohne Sicherheit geleistet, § 99 I, bzw. von der bestimmungsgemäßen Verwendung der Entschädigung abgewichen werden soll, § 99 II, und seit dem Empfang der Anzeige ein Monat verstrichen ist, ohne daß der Hypothekengläubiger der Zahlung widersprochen hätte, § 99 III. Die Anzeige muß inhaltlich den Voraussetzungen des § 99 I und II entsprechen und allen Realgläubigern, deren Rechte im Zeitpunkt des Vsfalles bestehen oder durch Vormerkung gesichert sind, zugehen. Eine Mitteilung von dem Eintritt des Schadens, wie in § 1128 I B G B vorgesehen, genügt nicht ( B G H 1.X.1980 VersR 1981 S. 49-50). Die Anzeige kann formlos erfolgen (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 7 zu § 98; Rainer Schmidt S. 160). Sie wird aber nicht dadurch ersetzt, daß der Hypothekengläubiger auf andere Weise von den Absichten des Vers erfährt. Da ihr Zweck darin liegt, es dem Hypothekengläubiger zu ermöglichen, von seinem in § 99 III geregelten Widerspruchsrecht gegen die Zahlung Gebrauch zu machen, ist es erforderlich, daß gerade der Ver oder der Vmer die entsprechenden Mitteilungen machen (Kollhosser a.a.O.; Wussow 2 Anm. 2 zu § 99; Dörner-Staudinger in B K R N 14 zu § 99). Aus dem Zweck der Vorschrift, das Widerspruchsrecht des Hypothekengläubigers zu sichern, folgt auch, daß der Ver sich zur Ermittlung der Realgläubiger nicht mit der Einsicht in das Grundbuch begnügen, sondern weitere Nachforschungen, insbesondere nach Rechtsnachfolgern der eingetragenen Gläubiger anstellen muß (Rainer Schmidt S. 160, 83; Eickmann in Münchener Kom 3 R N 8 zu § 1128; a.A. Wussow 2 Anm. 5 zu § 1128; Staudinger-Wolfsteiner 13 R N 27 zu § 1128; Mattern in R G K Kom 1 2 R N 6 zu § 1128). B G H l . X . 1980 VersR 1981 S. 49-50 hat zutreffend angenommen, daß der Ver sich nicht auf die Angabe des Vmers, daß er Inhaber der aus dem Grundbuch ersichtlichen Grundschulden sei, verlassen dürfe, sondern die zur Aufklärung geeignete und naheliegende Vorlage der Grundschuldbriefe verlangen müsse. Wenn sich aus dem Grundbuch ergebe, daß die Erteilung von Grundschuldbriefen nicht ausgeschlossen sei, müsse der mit den Besonderheiten von Briefgrundschulden vertraute Ver mit einer Abtretung der Grundschulden rechnen und dürfe vor Ermittlung der Berechtigten keine von den Vsbedingungen abweichende Auszahlung vornehmen (zustimmend Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 99; Dörner-Staudinger in B K R N 8 zu § 99). Die Anzeige darf nach § 99 III 2 unterbleiben, wenn sie untunlich ist. Diese Regelung entspricht § 1128 I 3 B G B (vgl. zu dieser Vorschrift unter J 14). Untunlichkeit kann in Betracht kommen, wenn der Aufenthaltsort eines im Grundbuch eingetragenen Gläubigers nicht zu ermitteln ist (Rainer Schmidt S. 160, 84; Soergel-Konzen 12 R N 5 zu § 1128; Mattern in R G R Kom 1 2 R N 6 zu § 1128). In diesem Fall beginnt die Widerspruchsfrist von einem Monat mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Entschädigungsforderung. Dieser ist nach den Vsbestimmungen zu ermitteln, wird allerdings, da es nach § 99 I und II um hiervon abweichende Zahlungen geht, häufig erst durch den Inhalt der Regulierungsvereinbarung neu bestimmt werden. Der Widerspruch des Hypothekengläubigers ist wie die Anzeige formlos zulässig. Er ist bei mehreren Vern jedem von ihnen gegenüber zu erklären, bei Vereinbarung einer Führungsklausel gegenüber dem Führenden. Johannsen/Johannsen

841

Anm. J 34

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Der Widerspruch wirkt nur für den konkret Widersprechenden. Jeder Realgläubiger muß sein Recht selbständig wahren (Rainer Schmidt S. 160, 85). [J 33]

bb) Rechtsfolgen

Zahlt der Ver die Entschädigungssumme ohne Einhaltung der Voraussetzungen des § 99 an den Vmer aus, so ist die Zahlung dem Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam, und der Ver muß den Vereinbarungen des Vertrages entsprechend nochmals zahlen (BGH 1.X.1980 VersR 1981 S. 49-50; Rainer Schmidt S. 160; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 99; Langheid in Römer-Langheid R N 6 zu § 99). Das gilt allerdings nicht, wenn der Vmer trotz fehlender Sicherstellung der Entschädigung für den Wiederaufbau oder Verzicht auf einen solchen das durch den Brand zerstörte oder beschädigte Gebäude tatsächlich wieder aufgebaut hat. Denn in diesem Fall erlischt das Pfandrecht des Hypothekengläubigers gemäß § 1127 II BGB. Seine Rechtsstellung wird durch die vertragswidrige Zahlung nicht berührt. Widerspricht der Hypothekengläubiger trotz einer dem § 99 entsprechenden Anzeige der Zahlung nicht, so wird vermutet, daß er in die angekündigte vertragswidrige Auszahlung der Entschädigung an den Vmer einwilligt (Rainer Schmidt S. 160). Sein Pfandrecht erlischt aber nicht sofort mit Fristablauf sondern erst im Zeitpunkt der vollständigen Zahlung. Wie im Falle des § 1128 II B G B (siehe J 14) hat der Hypothekengläubiger, der die Frist des § 99 III versäumt hat, noch die Möglichkeit, sein Recht durch Beschlagnahme der Entschädigungsforderung durchzusetzen (Wussow 2 Anm. 2 zu § 99; Rainer Schmidt a.a.O.; Brisken S. 38). § 99 entspricht hinsichtlich der für die Wirksamkeit der Zahlung einzuhaltenden Voraussetzungen seinem Wortlaut nach weitgehend § 1128 I BGB. Die Vorschrift stellt aber wie §§ 97 und 98 eine Sonderregelung gegenüber § 1130 B G B dar, regelt also die Rechtsfolgen der Wiederherstellungsklausel bei der Gebäudefeuerv. Es kann deshalb nicht, wie Wussow 2 Anm. 1 zu § 99 annimmt, in diesen Fällen zusätzlich § 1128 I B G B herangezogen werden (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 8 zu § 99; offengelassen von B G H 1.X.1980 VersR 1981 S. 49-50). Insbesondere ist nicht neben den Mitteilungen nach § 99 I und II zusätzlich dem Hypothekengläubiger der Eintritt des Schadens anzuzeigen (so aber Wussow a.a.O.). Diese Anzeige des § 1128 I BGB dient allein dem Recht des Vers, a u s n a h m s w e i s e mit befreiender Wirkung gegenüber dem nach § 1128 III B G B einziehungsberechtigten Hypothekengläubiger zu leisten, während der Ver bei Vereinbarung einer Wiederherstellungsklausel g u n d s ä t z l i c h an den Vmer zahlen darf. Insoweit wird § 1128 B G B durch § 1130 B G B verdrängt (vgl. dazu unter Η 21). [J 34]

cc) Abweichende Vereinbarungen

§ 99 kann als Schutzvorschrift für den Hypothekengläubiger nicht zu seinem Nachteil vertraglich abgeändert werden (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 7 zu § 99; Dörner-Staudinger in BK R N 21 zu § 99). Eine vom Gesetz zu seinen Gunsten abweichende und deshalb zulässige Regelung stellt § 17 III AFB 30 dar, wonach für die Auszahlung der Vsentschädigung die schriftliche Zustimmung aller am Schadentage eingetragener Realgläubiger erforderlich ist (vgl. hierzu B G H l . X . 1980 VersR 1981 S. 49-50).

842

Johannsen/Johannsen

Anm. J 36

I. Der Schutz der Realgläubiger

[J 35]

dd) Beweislast

Von dem Hypothekengläubiger, der sich auf § 99 beruft, kann nicht verlangt werden, daß er sämtliche Voraussetzungen für die Unwirksamkeit der Zahlung darlegt und beweist. Es ist angemessener, dem Ver den Nachweis der Absendung der Anzeige und ihres Zugangs aufzubürden, sowie die Voraussetzungen dafür, daß eine Anzeige ausnahmsweise nach § 99 III 1 nicht zu erstatten war (Prölss Beweislast R N 1 zu § 99). Da auch die Zahlung in seiner Sphäre erfolgt, muß er ferner beweisen, daß diese nach Ablauf der Monatsfrist bewirkt worden ist. Hingegen trägt der Hypothekengläubiger die Beweislast für den rechtzeitigen Widerspruch. e) § 100 W G Gliederung: aa) Regelungsgehalt J 36

[J 36]

bb) Abweichende Vereinbarungen J 37

aa) Regelungsgehalt

Den stärksten Schutz bei einer Gebäudefeuerv mit Wiederherstellungsklausel genießt derjenige Hypothekengläubiger, der seine Hypothek dem Ver angemeldet hat. Ihm gegenüber ist eine Zahlung, welche ohne Sicherung der bestimmungsgemäßen Verwendung des Geldes geleistet wird, nach § 100 nur wirksam, wenn er ihr schriftlich zugestimmt hat. Die Vorschrift tritt für ihn an die Stelle von § 99 und ersetzt den unterlassenen Widerspruch durch die schriftliche Mitteilung. Der Hypothekengläubiger läuft damit nicht Gefahr, durch Versäumung der Widerspruchsfrist nach § 99 Rechtsnachteile zu erleiden. Die Vorschriften §§ 100-107c sind auf Grund der V O vom 28. XII. 1942 (RGBl I S. 740), die einen einheitlichen Mindestumfang für den Schutz des Hypothekengläubigers festlegen und dadurch den früher üblichen Hypothekensicherungsschein entbehrlich machen sollte, ab 1.1.1943 an die Stelle der früheren §§ 100-107 getreten. Die Vorschrift des § 100 entspricht in ihrem Wortlaut weitgehend dem ebenfalls 1942 neu gefaßten § 1128 II BGB, der aber für die Gebäudev mit Wiederaufbauklausel nicht gilt, sondern durch § 1130 B G B verdrängt wird, sodaß das Erfordernis schriftlicher Zustimmung erst durch § 100 aufgestellt wird (Schütz VersR 1987 S. 134-138; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 100; Dörner-Staudinger in BK R N 1 zu § 100; unklar Langheid in Römer-Langheid R N 1 zu § 100). Die Anmeldung der Hypothek bei dem Ver ist formlos möglich, wird aber in aller Regel schriftlich erfolgen. Sie ist bei mehreren Vern jedem von ihnen gegenüber vorzunehmen, bei Vereinbarung einer Führungsklausel gegenüber dem Führenden. Ein Antrag auf Erteilung eines Hypothekensicherungsscheins gilt nach § 3 der V O vom 28. XII. 1942 als Anmeldung. Es genügt aber nicht, daß der Ver von anderer Seite, insbesondere durch den Vmer, Kenntnis von dem Bestehen der Hypothek erlangt. Der Sinn der Anmeldung, die über § 100 hinaus Bedeutung für den Ver hat und für ihn besondere Rechtspflichten begründet (vgl. dazu unter J 38), verlangt eine eigene Willensbekundung des Hypothekengläubigers, durch die er sein Interesse an der Vsforderung als Haftungsobjekt deutlich macht (Brisken S. 58; Rainer Schmidt S. 162, Raiser 3 R N 48 zu § 18 AFB; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 103; Dörner-Staudinger in BK R N 4 zu § 100). Daß die Hypothek von dem Hypothekengläubiger angemeldet wird, stellt heute den Regelfall dar. Von den gewerblichen Realgläubigern, wie Hypothekenbanken, Sparkassen und Vern erfolgt die Anmeldung formularmäßig sofort mit der Bestellung. Johannsen/Johannsen

843

Anm. J 38

J . Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Die Anmeldung ist zeitlich unbeschränkt zulässig. Sie muß vom Ver auch berücksichtigt werden, wenn sie erst nach Eintritt des Vsfalles erfolgt. Die Zustimmung des Hypothekengläubigers zur Auszahlung der Entschädigung muß s c h r i f t l i c h erfolgen. Eine mündlich erteilte Zustimmung hat keine Bedeutung. Sind mehrere Realgläubiger vorhanden, muß jeder von ihnen zustimmen. Das sieht § 17 III A F B 30 ausdrücklich vor, der im übrigen auch diejenigen Realgläubiger einbezieht, die ihr Recht nicht angemeldet haben. Ohne schriftliche Zustimmung des Hypothekengläubigers ist die von dem Ver geleistete Zahlung ihm gegenüber unwirksam, und der Ver muß, wenn nicht trotz der unterlassenen Sicherstellung der Wiederaufbau erfolgt, auf Verlangen des Hypothekengläubigers nochmals leisten (Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 100, 4 zu § 9 9 ; Rainer Schmidt S. 161; Langheid in Römer-Langheid R N 3 zu § 100; DörnerStaudinger in B K R N 4 zu § 100). Sind mehrere Realgläubiger vorhanden und haben nicht alle der Auszahlung zugestimmt, darf der Ver nicht die Entschädigungssumme anteilig auszahlen und für die Hypothekengläubiger, die nicht zugestimmt haben, ihrem Rang entsprechende anteilige Beträge hinterlegen (so aber Langheid a.a.O. unter Hinweis auf § 1281 B G B , der aber bei Vereinbarung einer Wiederherstellungsklausel keine Anwendung findet, vgl. J 21). Dem widerspricht die Zweckbestimmung der Wiederherstellungsvereinbarung. Die Entschädigungssumme darf nicht aufgeteilt werden. Sie soll vollen Umfangs für den Wiederaufbau verwendet werden (Kollhosser a.a.O.). Das gilt jedenfalls solange, wie eine den Vsbedingungen entsprechende Wiederherstellung des Gebäudes möglich ist. [J 37]

bb) Abweichende Vereinbarungen

§ 100 ist als Schutzvorschrift für den Hypothekengläubiger nicht zu seinem Nachteil abdingbar. § 17 III A F B 30 weicht zu seinen Gunsten von § 100 ab, weil er auch diejenigen Realgläubiger, die ihr Recht nicht bei dem Ver angemeldet haben, in den Schutz einbezieht. f) § 101 W G Gliederung: aa) bb) cc) dd)

Vorbemerkung J 38 Mitteilung nach § 101 I 1 J 39 Mitteilung nach § 101 I 2 J 40 Nichtzahlung der Erstprämie J 41

[J 38]

ee) Mitteilung nach § 101 II J 42 ff) Rechtsfolgen J 43 gg) Abweichende Vereinbarungen J 44

aa) Vorbemerkung

§ 101 bezieht sich wie die nachfolgenden Vorschriften des Abschnitts über die Feuerv, §§ 102-107c, auf sämtliche Gebäudeven ohne Rücksicht darauf, ob die Wiederherstellung des Gebäudes nach den vereinbarten Bedingungen, wie für §§ 97-100, für die Auszahlung der Entschädigung erheblich ist. § 101 betrifft Verpflichtungen des Vers gegenüber dem Hypothekengläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat. Durch die Anmeldung wird nämlich ein g e s e t z l i c h e s S c h u l d v e r h ä l t n i s zwischen dem Hypothekengläubiger und dem Ver begründet, aus dem sich echte Rechtspflichten des Vers ergeben (Wussow 2 Anm. 1 zu § 101; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 107; Brisken S. 58; Dörner-Staudinger in B K R N 3 zu § 101). Solche sind außer in § 101 in § 107 geregelt, wonach der Ver verpflichtet ist, die Anmeldung zu bestätigen und auf Verlangen Auskunft über das Beste844

Johannsen/Johannsen

Anm. J 39

I. Der Schutz der Realgläubiger

hen und den Umfang des Versicherungsschutzes zu erteilen (siehe dazu unter J 90-92). Für den Hypothekengläubiger begründet das Legalschuldverhältnis hingegen keine Verpflichtungen. Ihn trifft lediglich die sich aus § 107 a ergebende Obliegenheit, Wohnungsänderungen mitzuteilen (Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 251, vgl. dazu unter J 92-95). Die Mitteilungspflichten des Vers nach § 101 beziehen sich auf die Prämienzahlung, Abs. I, und auf den Eintritt des Vsfalles, Abs. II. Q 39]

bb) Mitteilung nach § 10111 W G

Der Ver muß dem Hypothekengläubiger unverzüglich schriftlich Mitteilung machen, wenn dem Vmer für die Zahlung einer F o l g e p r ä m i e eine Frist bestimmt wird, und er muß ihn davon unterrichten, wenn der Vsvertrag nach Fristablauf wegen unterbliebener Prämienzahlung gekündigt worden ist. Nach dem Wortlaut von § 101 I 1 würde für den Inhalt der ersten Mitteilung die Tatsache der Fristsetzung ausreichen. Da der Zweck der Vorschrift darin liegt, dem Hypothekengläubiger Gelegenheit zu geben, selbst für die Erhaltung des Vsschutzes zu sorgen, wird der Mitteilungspflicht aber nur genügt, wenn die Höhe der gesamten Rückstände einschließlich Zinsen und Kosten sowie der Endtermin der gemäß § 39 gesetzten Frist angegeben werden (Raiser2 R N 51 zu § 18; Rainer Schmidt S. 162-163; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 101; Dörner-Staudinger in BK R N 4 zu § 101; a.A. Langheid in Römer-Langheid R N 4 zu § 101, der aber eine entsprechende Mitteilung für „tunlich" hält). Es bedarf allerdings dem Hypothekengläubiger gegenüber nicht der gegenüber dem Vmer durch § 39 I 2 vorgeschriebenen Belehrung über die Rechtsfolgen (zu deren Umfang siehe B G H 6. III. 1985 VersR 1985 S. 533-534, 9. III. 1988 VersR 1988 S. 484-485), weil diese ihren Rechtsgrund im Vsvertrag hat. Der Hypothekengläubiger ist ausreichend dadurch geschützt, daß eine dem Vmer gegenüber unzureichende Belehrung die Fristbestimmung nach § 39 I 3 unwirksam macht mit der Folge, daß auch ihre Wirkungen nicht eintreten. Die Mitteilung muß u n v e r z ü g l i c h im Sinne des § 121 I 1 BGB also alsbald nach der Absendung des Mahnschreibens nach § 39 an den Vmer erfolgen (zu streng Wussow 2 Anm. 7 zu § 101, der verlangt, daß die Absendung g l e i c h z e i t i g mit dieser erfolgt). Sie wird nicht ersetzt durch eine Mitteilung seitens des Vmers oder des in dessen Konkursverfahren eingesetzten Masseverwalters ( O G H 9.11.1999 VersR 2000 S. 614-616) oder anderweitige Kenntniserlangung des Hypothekengläubigers (Wussow 2 Anm. 1 zu § 101; Dörner-Staudinger in BK R N 8 zu § 101; a.A. Langheid in Römer-Langheid R N 6 zu § 101). Jedoch kann sich der Hypothekengläubiger auf eine Verletzung der Mitteilungspflicht durch den Ver nicht mit Erfolg berufen, wenn er von anderer Seite sichere Kenntnis über die Fristsetzung erlangt hat, z. B. durch die Vorlage des Mahnschreibens durch den Vmer. Die § 101 I entsprechende Mitteilung versetzt den Hypothekengläubiger nicht nur in die Lage, den Vmer zur Zahlung der rückständigen Beträge anzuhalten, sondern er erlangt auch die Möglichkeit, den Vsschutz dadurch zu erhalten, daß er selbst den Rückstand ausgleicht. Seine Befugnis hierzu ergibt sich aus § 35 a, wonach der Ver die Zahlung fälliger Prämien vom Pfandgläubiger auch dann annehmen muß, wenn er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Zahlung zurückweisen könnte, nämlich bei einem Widerspruch des Vmers nach § 267 II BGB. Die Zahlung durch den Pfandgläubiger erfolgt mit befreiender Wirkung für die Prämienschuld des Vmers (BGH 12.111.1964 VersR 1964 S. 497-500). § 267 II BGB wird durch § 35 a abgeändert (Möller in Bd I Anm. 3 zu § 35 a; Brisken S. 58; unzutreffend wird das Befriedigungsrecht des Hypothekengläubigers verneint von Wussow 2 Anm. 6 zu § 101 und Rainer Schmidt S. 163). Johannsen/Johannsen

845

Anm. J 42

• 40]

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

cc) Mitteilung nach § 10112 W G

Die von § 101 I 2 weiter vorgeschriebene Mitteilung der erfolgten Kündigung wegen unterbliebener Prämienzahlung soll dem Hypothekengläubiger ermöglichen, durch Veranlassung des Vmers zur Zahlung oder durch eigene Zahlung die Wirkung der Kündigung gemäß § 39 III 3 fortfallen zu lassen oder für anderweitigen Vsschutz Sorge zu tragen. Obwohl nach dem Wortlaut der Vorschrift die schlichte Angabe der erfolgten Kündigung zur Erfüllung der Mitteilungspflicht ausreicht, ist der Ver darüber hinaus nach Treu und Glauben verpflichtet, den Hypothekengläubiger auf § 39 III 3 hinzuweisen, weil es sich bei der Möglichkeit, die Wirkungen einer bereits erfolgten Kündigung durch nachträgliche Zahlung zu beseitigen, um eine außergewöhnliche Regelung handelt, deren Kenntnis nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann (Dörner-Staudinger in B K R N 5 zu § 101; a.A. Langheid in Römer-Langheid R N 5 zu § 101, der die Belehrung aber für sinnvoll hält). Darüber, daß die Leistungspflicht des Vers dem Hypothekengläubiger gegenüber nach der Kündigung gemäß § 102 II befristet fortbesteht, siehe unter J 49.

[J 41]

dd) Nichtzahlung der Erstprämie

Die Mitteilungspflichten des § 101 I beziehen sich nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nur auf F o l g e p r ä m i e n . Sie sind nach allgemeiner Meinung nicht auf die Nichtzahlung der E r s t p r ä m i e auszudehnen (vgl. nur Kollhosser in PrölssMartin 2 6 R N 2 zu § 101; Langheid in Römer-Langheid Anm. 3 zu § 101, Rainer Schmidt S. 163). Das ist auch nicht erforderlich, weil dem Hypothekengläubiger zugemutet werden kann, bei der Bestellung des Grundpfandrechts zu prüfen, ob Vsschutz durch Einzahlung der Erstprämie begründet worden ist (Raiser 3 R N 51 zu § 18; Rainer Schmidt a.a.O.).

Q 42]

ee) Mitteilung nach § 101 II W G

Nach § 101 II ist der Ver verpflichtet, dem Hypothekengläubiger binnen einer Woche nach Kenntnis schriftlich von dem Vsfall Mitteilung zu machen, es sei denn, daß der Schaden unbedeutend ist. Die Mitteilung soll dem Hypothekengläubiger Gelegenheit geben, seine Rechte umfassend zu wahren. Er soll in die Lage versetzt werden, sein Pfandrecht bei Fälligkeit der Hypothek zu verwerten, die Einhaltung vereinbarter Wiederaufbauklauseln zu überwachen und für den Fall einer Kündigung nach § 96 rechtzeitig Vorsorge für anderweitigen Vsschutz zu treffen. Inhaltlich muß die Mitteilung der des Vmers nach § 33 entsprechen (vgl. dazu unter G 101). Genaue Angaben über die Höhe des Schadens sind nicht erforderlich (Kollhosser in PrölssMartin 2 6 R N 3 zu § 101; Dörner-Staudinger in B K R N 6 zu § 101). Ein unbedeutender Schaden, der nicht mitgeteilt zu werden braucht, ist anzunehmen, wenn er für die Rechtsstellung des Hypothekengläubiger unerheblich ist (Wussow 2 Anm. 8 zu § 101; Dörner-Staudinger in B K R N 6 zu § 101). Dafür kann aber nicht ausschließlich darauf abgestellt werden, ob die Sicherheit der Hypothek auch ohne die Haftung der Vsforderung noch gewährleistet ist (so Rainer Schmidt S. 164; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 4 zu § 101; Langheid in Römer-Langheid R N 7 zu § 101), sondern ist auch auf die objektive Bedeutung des Vsschadens abzustellen. Abgesehen davon, daß sich im Zeitpunkt der Mitteilungspflicht in aller Regel noch nicht übersehen läßt, ob die Sicherheit der Hypothek gewährleistet ist, erfordern die Interessen des Hypothekengläubigers, daß er bei größeren Schadenereignissen informiert wird, auch wenn ausnahmsweise feststeht, daß das Grundpfandrecht durch den Restwert des Grundstücks ohne die Vsforderang gedeckt ist. 846

Johannsen/Johannsen

Anm, J 44

I. Der Schutz der Realgläubiger

Wie bei § 101 I ersetzt die Mitteilung durch den Vmer oder die anderweitige Kenntniserlangung des Hypothekengläubigers von dem Vsfall die schriftlich und fristgemäß zu erfüllende Verpflichtung des Vers nicht (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 101; Dörner-Staudinger in B K R N 8 zu § 101; a.A. Langheid in RömerLangheid R N 6 zu § 101), jedoch kann sich auch hier ein von anderer Seite zuverlässig unterrichteter Hypothekengläubiger nicht auf eine Pflichtverletzung des Vers berufen und einen Schadenersatzanspruch daraus herleiten. [J 43]

ff) Rechtsfolgen

Da es sich bei den Mitteilungspflichten des § 101 um echte Rechtspflichten des Vers handelt, der bei ihrer Verletzung für seine Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 B G B einzutreten hat, kommen Schadenersatzansprüche wegen Pflichtverletzung nach § 280 B G B n. F., früher aus positiver Forderungsverletzung, in Betracht. Ein Schaden wird aber wegen des umfassenden Schutzes des Hypothekengläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, nur in Ausnahmefällen eintreten (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 101; Langheid in Römer-Langheid 6 zu § 101). Während früher bei einer Verletzung der Verpflichtung aus § 101 I 2 der Schaden in der vom Ver nach dem Vertrag zu zahlenden Entschädigungssumme bestehen konnte, wenn der Vsfall nach der Kündigung eingetreten war und der Hypothekengläubiger nachweisen konnte, daß er die Rückstände bezahlt oder für anderweitigen Vsschutz gesorgt hätte (vgl. Raiser 2 R N 51 zu § 18; Brisken S. 58), bleibt nach der Neufassung des § 102 II die Haftung des Vers bis einen Monat nach der Mitteilung von der Kündigung bestehen, sodaß der Hypothekengläubiger Gelegenheit hat, für ausreichenden Vsschutz zu sorgen. In Betracht kommen allenfalls Schäden in Form höherer Aufwendungen infolge verspäteter Mitteilungen. Gegen Nachteile infolge einer versäumten Mitteilung des Schadenfalles ist der Hypothekengläubiger durch §§ 1128 B G B , 97-100 weitgehend geschützt. U 44]

gg) Abweichende Vereinbarungen

§ 101 darf nicht zum Nachteil des Hypothekengläubiger abgeändert werden (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 101; Dörner-Staudinger in B K R N 11 zu § 101). Soweit ersichtlich, kommen abweichende Regelungen in AVB nicht vor.

g) § 102 W G Gliederung: Schrifttum J 45 aa) Regelungsgehalt und Anwendungsbereich aaa) Einleitung J 46 bbb) Fälle des § 102 I 1 J 47 ccc) Fälle des § 102 I 2 J 48 ddd) Regelung des § 102 II J 49 eee) Anwendungsbereich J 50 bb) Dogmatische Begründung J 51-52 aaa) Wiedergabe des Meinungsstandes J 51 bbb) Stellungnahme J 52 cc) Ausgestaltung des Rechts aus § 102 im einzelnen

aaa) bbb) ccc) ddd)

Entstehung und Fälligkeit J 53 Umfang J 54 Durchsetzung des Anspruchs J 55 Obliegenheiten des Hypothekengläubigers J 56 eee) Herbeiführung des Vsfalles J 57 fff) Verjährung und Fristsetzung J 58 ggg) Erlöschen des Anspruchs J 59 hhh) Doppelv J 60 iii) Beweislast J 61

Johannsen/Johannsen

847

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Anm. J 47 u 45]

Schrifttum

Blomeyer in Festschrift für Hirsch S. 25-46 1968, Brisken Der Schutz des Hypothekengläubiger bei Gebäudev Diss. Karlsruhe 1964, Gürtler Die Rechtsstellung der Realgläubiger in der Feuerv Diss. Köln 1937, K. Johannsen NVersZ 2000 S. 410-415, Kisch WuR 1918 S. I^t6, Möller VersR 1950 S. 1-4, Oertmann WuR 1916 S. 424-468, Petersen Der Schutz der Realberechtigten in der Immobiliarfeuerv Diss. Hamburg 1964, E. Prölss JRPV 1933 S. 311-313, Schmidt Rainer Die rechtliche Stellung des Realgläubigers gegenüber dem Ver - Nach den §§ 1127-1130 B G B und den §§97-107c W G Diss. 1982 Aachen 1996 zit. Rainer Schmidt, Schneider AcP 90 S. 440-472, Schorling ZHR 112 S. 12-50, Voit Anm. zu B G H LM Nr. 4 zu § 102 W G , Wiesinger Die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers im privaten Feuervsrecht Diss. Hamburg 1940, Wünschmann J W 1928 S. 3157-3160. aa) Regelungsgehalt u n d A n w e n d u n g s b e r e i c h [J 46]

aaa) Einleitung

Zusammen mit § 103 gewährt die Vorschrift den Realgläubigern einen umfassenden Schutz für Fälle, in denen der Ver dem V m e r gegenüber nicht zur Leistung verpflichtet ist. Diese außergewöhnlichen Regelungen, durch die die Rechtsbeziehungen zwischen dem Hypothekengläubiger und dem Ver weitgehend v o m Bestand der Entschädigungsforderung und sogar des Vsvertrages losgelöst sind, haben ihr Vorbild in den vor Inkrafttreten des W G weitgehend verwendeten Hypothekenbescheinigungen ( G e r h a r d - H a g e n Vorbemerkung zu §§ 9 9 - 1 0 7 , A b d r u c k der Texte a.a.O.), deren Regelungen in die ursprünglichen §§ 100 und 101 teilweise wörtlich ü b e r n o m m e n worden sind. D e r durch die Einbeziehung des Falles der Anfechtung des Vsvertrages gegenüber dem Gesetz verstärkte Schutz durch weiterhin übliche H y p o t h e k e n s i c h e rungsscheine (abgedruckt bei Raiser 2 R N 55 zu § 18) wurde durch die V O v o m 28. X I I . 1942 ( R G B l I S. 740), durch die §§ 102 und 103 ihre jetzige Fassung erhielten, in das Gesetz aufgenommen. [J 47]

bbb) Fälle des § 102 1 1 V V G

N a c h § 102 I 1 bleibt die Verpflichtung des Vers gegenüber dem Hypothekengläubiger bestehen, wenn er wegen eines Verhaltens des Vmers leistungsfrei geworden ist. In Betracht k o m m e n hier alle Fälle, in denen das G e s e t z oder die A V B Leistungsfreiheit anordnen, insbesondere also wegen Verletzung von gemäß § 6 vereinbarter oder gesetzlicher Obliegenheiten wie Verletzung der Anzeigepflicht gemäß §§ 16, 33, Vornahme von Gefahrerhöhungen gemäß §§ 23 ff. oder Verletzung der Rettungspflicht gemäß § 62. § 102 I 1 gilt weiter für den A b s c h l u ß des Vsvertrages in Kenntnis des Vsfalles gemäß § 2 II 2 und für den in der Praxis bedeutsamsten Fall der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Herbeiführung des Vsfalles gemäß § 61. A u c h die in § 12 I I I angeordnete Leistungsfreiheit des Vers wegen Versäumung der Klagfrist beruht auf einem Verhalten des Vmers, dessen Folgen den Hypothekengläubiger nach § 102 I 1 nicht treffen sollen ( R G 13. X . 1933 R G Z 142 S. 6 6 - 6 9 ; Möller B d I A n m . 48 zu § 12; Raiser 2 R N 43 zu § 18 A F B ; W u s s o w 2 A n m . 3 zu § 102; Kollhosser in P r ö l s s - M a r t i n 2 6 R N 2 zu § 102). D i e Gegenansicht (Langheid in R ö m e r - L a n g h e i d R N 6 zu § 102; D ö r ner-Staudinger in B K R N 7 zu § 102) liefert keine nachvollziehbare Erklärung dafür, daß der Ver in diesem Fall entgegen dem Wortlaut von §§ 102 II 1 und 12 I I I dem Hypothekengläubiger gegenüber leistungsfrei sein soll. D e r Hinweis darauf, daß die Fristversäumung wie die Verjährung unabhängig von der materiellen Rechtslage Rechtssicherheit herbeiführen soll (so Langheid a.a.O.), überzeugt nicht. D e n n gegen das Verjährenlassen der Forderung durch den Vmer, das allerdings nach allgemeiner 848

Johannsen/Johannsen

Anm. J 47

I. Der Schutz der Realgläubiger

Meinung (vgl. außer den zu § 12 III Zitierten Brisken S. 60; Rainer Schmidt S. 167) keinen Fall des § 102 darstellt, weil es keine Leistungsfreiheit bewirkt, sondern dem Ver nur die Einrede mit den schwächeren Rechtsfolgen nach § 222 B G B gewährt, kann der Hypothekengläubiger sich schützen, indem er selbst gemäß §§ 1128 III, 1281, 1282 I B G B Zahlung verlangt ( R G 13. X . 1933 a.a.O.). Wenn er seine Hypothek dem Ver angemeldet hat, muß ihm dieser die dafür nötige Kenntnis von dem Vsfall verschaffen (vgl. J 42). Hingegen erfährt der Hypothekengläubiger von der Setzung einer Klagfrist in aller Regel nichts und bedarf deshalb des besonderen gesetzlichen Schutzes des § 10211. Keinen Fall der Leistungsfreiheit im Sinne von § 102 I 1 stellt die A u f r e c h n u n g des Vers mit Gegenforderungen dar (Brisken S. 60; Rainer Schmidt S. 167; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 102; Langheid in Römer-Langheid R N 7 zu § 102). So wird der Hypothekengläubiger nicht dagegen geschützt, daß der Entschädigungsanspruch durch die Aufrechnung mit rückständigen Prämien zum Erlöschen gebracht worden ist. Stehen jedoch die geltend gemachten Gegenforderungen in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Umstand, der zur Leistungsfreiheit geführt hat, gebietet der Zweck des § 102, dieser Aufrechnung die Wirkung gegenüber dem Hypothekengläubiger zu versagen. So kann der Ver, der dem Vmer gegenüber gemäß § 61 leistungsfrei geworden ist, nicht gegenüber dem Hypothekengläubiger einwenden, er habe Regreßansprüche aus unerlaubter Handlung gegen den Vmer, mit denen er aufrechne ( L G Köln 2. VII. 1986 r + s 1986 S. 290-292; Kollhosser, Rainer Schmidt a.a.O.; a.A. Brisken S. 60). Denn gegen das Verhalten des Vmers, das zur Leistungsfreiheit führt, soll der Hypothekengläubiger gerade geschützt werden und zwar auch dann, wenn es so schwerwiegend ist, daß es ausnahmsweise einen Schadenersatzanspruch des Vers gegen den Vmer begründet. Keinen Fall von Leistungsfreiheit im Sinne von § 102 I 1 stellt es dar, wenn der Vmer entgegen einer vereinbarten Wiederherstellungsklausel den W i e d e r a u f b a u des Gebäudes nicht durchführt (Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 240; StaudingerWolfsteiner 13 R N 12 zu § 1130; Raiser 2 R N 43 zu § 18 A F B ; Wussow 2 Anm. 2 zu § 102; Rainer Schmidt S. 168; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 102; Langheid in Römer-Langheid R N 7 zu § 102; Dörner-Staudinger in B K R N 9 zu § 102). N u r in Ausnahmefällen, in denen die Wiederherstellungsklausel, wie heute nicht mehr üblich als Obliegenheit ausgestaltet ist, kommt bei ihrer Verletzung die Anwendung von § 102 I 1 in Betracht (Wussow a.a.O.). Der Schutz des Hypothekengläubigers ist für den Fall der Verweigerung des Wiederaufbaus durch §§ 1133ff B G B ausreichend gewahrt (vgl. J 23). Auch ohne ausdrückliche Erwähnung in der Vorschrift greift § 102 I 1 auch ein, wenn die Leistungsfreiheit nicht auf einem Verhalten des Vmers sondern des Vten beruht, § 79 ( R G 13. V. 1938 R G Z 157 S. 314-320; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 102; Dörner-Staudinger in B K R N 4 zu § 102). § 102 I gilt auch für die t e i l w e i s e L e i s t u n g s f r e i h e i t , die insbesondere bei der Verletzung der Obliegenheit nach §§ 16 A F B 30, 14 Nr. 2 A F B 87 (vgl. dazu G 139-141) in Betracht kommt (Wussow 2 Anm. 6 zu § 102; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 102). Soweit die Leistungspflicht dem Vmer gegenüber fortbesteht, gelten dann die allgemeinen Vorschriften der §§ 1127-1130 B G B , 97-101, während auf denjenigen Teil der Entschädigungsforderung, für den Leistungsfreiheit besteht, § 102 11 anzuwenden ist.

Johannsen/Johannsen

849

Anm. J 50 [J 48]

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

ccc) Fälle des § 102 12 W G

§ 102 I 2 erstreckt das Bestehenbleiben der Verpflichtung des Vers gegenüber dem Hypothekengläubiger auf die Fälle des Rücktritts des Vers nach dem Eintritt des Vsfalles und der Anfechtung (für den Rücktritt vor dem Eintritt des Vsfalles greift §103 ein, vgl. J 63). Als Rücktrittsgrund kommt insbesondere die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht in Betracht. Es wird aber auch jeder andere Rücktrittsgrund, der von den Parteien des Vsvertrages vereinbart ist, von der Vorschrift erfaßt (Wussow2 R N 4 zu § 102; Rainer Schmidt S. 168, 169). Bei der Anfechtung geht es vornehmlich um die Fälle der arglistigen Täuschung nach §§ 22 in Verbindung mit 123 BGB, die erst durch die Gesetzesänderung von 1942 in den Hypothekengläubigerschutz aufgenommen worden sind, nachdem das R G 28. IV. 1933 R G Z 141 S. 82-89 eine die Anfechtung einbeziehende Auslegung des früheren § 101 verworfen hatte. [J 49]

ddd) Regelung des § 102 II W G

§ 102 II 1 stellt klar, daß das Bestehenbleiben der Leistungspflicht des Vers gegenüber dem Hypothekengläubiger nicht gelten soll bei Leistungsfreiheit wegen Nichtzahlung der Prämie. Hat der Hypothekengläubiger jedoch, wie es überwiegend der Fall ist, seine Hypothek dem Ver angemeldet, so bleibt im Falle der nicht rechtzeitigen Zahlung einer F o l g e p r ä m i e die Verpflichtung des Vers gegenüber dem Hypothekengläubiger nach § 102 II 2 befristet bestehen, nämlich bis zum Ablauf eines Monats von dem Zeitpunkt an, in welchem dem Hypothekengläubiger die Bestimmung der Zahlungsfrist oder, wenn diese Mitteilung unterblieben ist, die Kündigung mitgeteilt worden ist. Die Vorschrift knüpft damit an die Mitteilungspflichten des § 101 an. Werden diese überhaupt nicht erfüllt, so haftet der Ver dem Hypothekengläubiger, der ihm sein Realrecht angemeldet hat, unbefristet weiter (Wussow2 Anm. 5 zu § 102; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 11 zu § 102; Rainer Schmidt S. 169). Für den Fall, daß der Vmer die E r s t p r ä m i e bis zum Eintritt des Vsfalles nicht gezahlt hat, ist der Hypothekengläubiger nicht geschützt. Die Leistungsfreiheit nach § 38 II beruht nicht auf der Ausübung eines Rücktrittsrechts sondern auf der Nichtzahlung der Prämie, sodaß § 102 II Anwendung findet (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 102; Rainer Schmidt S. 169). [J 50]

eee) Anwendungsbereich

§ 102 gilt nur für die Gebäudefeuerv. Auf andere Gebäudeven ist die Vorschrift weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (BGH 21. VI. 1989 B G H Z 108 S. 82-89 = VersR 1989 S. 912-913 = NJW 1989 S. 2621-2622, siehe dazu im einzelnen unter J 25). Eine entsprechende Regelung zum Schutz der Realgläubiger kann allerdings in AVB auch für andere Vszweige vereinbart werden (Dörner-Staudinger in BK R N 3 zu § 102). Entgegen der Auffassung von Martin3 A IV 43, R IV 5 stellt aber die Regelung in §§ 16 Nr. 6 AWB und AStB „Die gesetzlichen Vorschriften über die Sicherung des Realkredits bleiben unberührt", keine Vereinbarung der Anwendung des §102 für die Leitungswasser- und Sturmv dar, sondern nur einen Hinweis auf die gesetzliche Regelung, die gerade nicht abgeändert werden soll. Diese besteht aber aus den Regelungen des BGB, §§ 1127-1130 und schließt § 102 nicht ein (BGH a.a.O.). Auf am Erbbaurecht bestellte Grundschulden ist § 102 gemäß § 11 I ErbbauVO entsprechend anwendbar, weil die Vorschrift §§ 1127,1128 B G B ergänzt und damit zu den Vorschriften gehört, die sich auf Grundstücke beziehen ( O L G Hamburg 850

Johannsen/Johannsen

Anm. J 51

I. Der Schutz der Realgläubiger

4. VI. 1996 VersR 1996 S. 1141-1142 = r + s 1996 S. 363-365). Als besondere Schutzvorschrift zu Gunsten des Hypothekengläubiger ist § 102 nicht zum Nachteil der Realgläubiger abdingbar. Darauf ist bereits 1906 in der amtlichen Begründung zu den damaligen §§ 99,100 (S. 103) hingewiesen worden. bb) Dogmatische Begründung [J 51]

aaa) Wiedergabe des Meinungsstandes

Die ungewöhnliche gesetzgeberische Konzeption des § 102, nach der die Verpflichtung des Vers gegenüber dem Hypothekengläubiger bestehen bleibt, obwohl der Ver dem Vmer gegenüber vertraglich nicht verpflichtet ist, Abs. I, oder sogar der Vsvertrag nicht mehr besteht, Abs. II, hat zu umfangreichen Deutungsversuchen der rechtlichen Begründung in der Literatur geführt. Da die rechtliche Konstruktion Auswirkungen auf die Lösung in der Praxis auftretender Probleme hat, sollen die wichtigsten Auffassungen hier kurz wiedergegeben werden (ausführliche Uberblicke über den Meinungsstand enthalten die Arbeiten von Brisken S. 63-71 und Rainer Schmidt S. 173203). Einigkeit besteht bei allen Autoren darüber, daß die rechtliche Begründung für §§ 102 und 103 trotz des unterschiedlichen Wortlauts, mit dem die Fortdauer der Haftung angeordnet wird, und die Einbeziehung des nichtigen Vsvertrages nach § 103 III in den Hypothekengläubigerschutz, die besondere dogmatische Probleme aufwirft, einheitlich zu beurteilen ist (Brisken S. 64; Rainer Schmidt S. 174 jeweils mit Nachweisen). In der älteren Literatur wurde von einigen Autoren (Oertmann WuR 1916 5. 424-468,456; Wünschmann J W 1928 S. 3157-3160) angenommen, daß durch §§ 102, 103 keine neuen Ansprüche des Hypothekengläubigers begründet, sondern der Fortbestand des Pfandrechts angeordnet werde. Zur Überwindung des Grundsatzes, daß es ein Pfandrecht an nicht bestehenden Forderungen nicht gibt, wurden verschiedene rechtliche Konstruktionen wie relative oder zeitlich begrenzte Unwirksamkeit herangezogen, die von Schorling ZHR 112 S. 12-50,23 zu Recht als „gekünstelt" bezeichnet worden sind. Entscheidend spricht aber gegen diese Pfandrechtstheorie, das sie dem Hypothekengläubiger keinen ausreichenden Schutz in der Zwangsversteigerung zu gewähren vermag, weil die Hypothek durch den Zuschlag gemäß § 91 ZVG untergeht und dem Hypothekengläubiger deshalb die Befriedigungsmöglichkeit genommen wäre, wenn seine Rechtsstellung aus §§ 102, 103 von dem auf ihr beruhenden Pfandrecht abhängig wäre. Gerade in diesen wirtschaftlich prekären Situationen des Vmers bedarf der Hypothekengläubiger aber des besonderen gesetzlichen Schutzes (Petersen S. 73; Rainer Schmidt S. 176). Auch Brisken S. 70-71 verneint einen aus §§ 102, 103 folgenden selbständigen Anspruch des Hypothekengläubigers und sieht die Vorschriften nur als Hilfsmittel an, die Tatbestandsmerkmale, welche für die Entstehung und den Fortbestand des hypothekarischen Rechts nach § 1127 B G B erforderlich seien, im bestimmten Umfang zu schaffen. Er geht von relativer Unwirksamkeit aus und zieht in Anlehnung an die Regelung des § 158c den Rechtsgedanken der Fiktion heran. Seine Auffassung hat ebenfalls die mit dem Schutzzweck der Normen nicht zu vereinbarende Konsequenz, daß der Hypothekengläubiger sein Recht zur Befriedigung aus der Vsforderung durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung verliert. Die überwiegende Meinung in der Literatur nimmt ausgehend von der Rechtsprechung des RG (5.VII. 1921 R G Z 102 S. 350-354, 16.IV. 1929 RGZ 124 S. 91-95, 19. VI. 1931 R G Z 133 S. 117-124; 26. VI. 1936 RGZ 151 S. 389-395), der sich auch der B G H angeschlossen hat (19. II. 1981 VersR 1981 S. 521-523 = NJW 1981 S. 1671-1672, Johannsen/Johannsen

851

Anm. J 52

J . Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

21. VI. 1989 B G H Z 108 S. 82-89 = VersR 1989 S. 912-913 = N J W 1989 S. 2621-2622; 4.XII. 1996 VersR 1997 S. 570-571 = r + s 1997 S. 119-120), an, daß dem Hypothekengläubiger in den Fällen der §§ 102, 103 ein unmittelbarer selbständiger Anspruch gegen den Ver zustehe. Die Auffassungen unterscheiden sich aber darin, wie dieser Anspruch zu charakterisieren ist. Es wird vertreten, daß er sich herleitet aus einem vertraglichen Vsverhältnis, wen es angeht (Wiesinger S. 50-53), aus einem gesetzlichen Vsverhältnis für fremde Rechnung (Ehrenzweig S. 314; Gerhard-Hagen Zusatz zu den §§ 100 und 101; Schorling Z H R 112 S. 12-50, 26; E. Prölss J R P V 1933 S. 311-313, Gürtler S. 51; Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 292; Rainer Schmidt S. 203; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 103) oder aus einem eigenständigen gesetzlichen Schuldverhältnis (Kisch Privatrecht Bd I S. 49, WuR 1918 S. 1-46, 12, 33; Raiser 2 R N 42 zu § 18 A F B ; Wussow 2 Anm. 1 zu § 102; Petersen S. 76; Dörner-Staudinger in B K R N 10 zu § 102). [J 52]

bbb) Stellungnahme

Davon, daß dem Hypothekengläubiger in den Fällen der §§ 102, 103 ein eigener unmittelbarer selbständiger Anspruch gegen den Ver zusteht, ist nach der Entwicklungsgeschichte des Gesetzes auszugehen. Der Gesetzgeber hat nämlich mit der Schaffung der früheren §§ 100 und 101 „mit Rücksicht auf die Hebung des Grundkredites" den bereits auf Grund von landesgesetzlichen Vorschriften, Satzungen von öffentlichrechtlichen Vsunternehmen oder Vsbedingungen weitgehend üblichen Rechtszustand, daß der Ver dem Hypothekengläubiger gegenüber einzutreten habe, wenn er gegenüber dem Vmer leistungsfrei sei, in das Gesetz übernommen (amtliche Begründung zu §§ 99, 100 S. 102). Für die genannten Regelungen war aber allgemein anerkannt, daß ein selbständiger Rechtsanspruch der Realgläubiger bestand (E. Prölss J R P V 1933 5. 311-313, 312 vgl. auch die eingehende Darstellung der Entwicklungsgeschichte bei Rainer Schmidt S. 3-24). Hinter diesen Rechtszustand wollte weder der Gesetzgeber von 1906 noch der von 1942, durch den die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers nochmals verbessert wurde, zurückgehen. Der selbständige Anspruch entspricht auch allein dem Schutzbedürfnis des Hypothekengläubigers. Aus ihm folgt insbesondere, daß der Anspruch des Hypothekengläubigers auf die Vsentschädigung nicht nach §§ 20, 35, 90 Z V G in der Zwangsversteigerung auf den Erwerber übergeht, sondern von ihr unberührt bleibt ( B G H 19.11.1981 VersR 1981 S. 521-523 = N J W 1981 S. 1671-1672, 4.XII.1996 VersR 1997 S. 570-571 = r + s 1997 S. 119-120). Der Anspruch des Hypothekengläubigers aus §§ 102,103 ist nicht als vsrechtlicher zu charakterisieren. Der Auffassung von Wiesinger (S. 30-35, 58), daß im Gebäudevsvertrag von Anfang an neben dem Eigentümerinteresse das Interesse eines möglichen Hypothekengläubigers einbezogen und beider Interessen nebeneinander im Wege der V wen es angeht vert sei, steht entgegen, daß die Vertragsschließenden eine solche Vorstellung von der Ausgestaltung des Vsvertrages gar nicht haben. Auch vermag diese Theorie einen Anspruch im Falle der Nichtigkeit des Vertrages nicht zu erklären (vgl. die ausführliche Widerlegung durch Petersen S. 77-105). Aber auch die Ansicht, daß §§ 102, 103 dem Hypothekengläubiger einen selbständigen Anspruch aus einem gesetzlichen Vsverhältnis für sein Interesse gewähren, vermag nicht zu überzeugen. Aus dem Wortlaut der Vorschriften ergeben sich für diese Konstruktion keine hinreichenden Anhaltspunkte. Sie ist ebenfalls schwierig zu erklären für die Fälle, in denen der Vsvertrag von Anfang an nichtig war oder angefochten worden ist. Denn in diesen Fällen gibt es keinen Vmer, der nach der Begriffsbestimmung des § 74 für die V für fremde Rechnung erforderlich ist. Es würde sich auch um ein Vsverhältnis ohne Prämienzahlungsverpflichtung handeln, da § 40 nicht eingreift. Die Annahme eines gesetzlichen 852

Johannsen/Johannsen

I. Der Schutz der Realgläubiger

A n m . J 52

Vsverhältnisses führt auch zu Problemen mit der Anwendung des § 105, der dem Hypothekengläubiger die Möglichkeit gibt, den Vsvertrag fortzusetzen oder einen besonderen Vertrag zur V seines Interesses abzuschließen. Das kann zu Über- und Doppelven führen. Die Annahme einer vsrechtlichen Natur des Anspruchs aus §§ 102, 103 entspricht vor allem nicht dem gesetzgeberischen Zweck der Vorschriften. Aus der Konstruktion einer V für fremde Rechnung würde sich zwingend die Rechtsfolge ergeben, daß den Hypothekengläubiger alle vsrechtlichen Obliegenheiten treffen und er im Falle ihrer Verletzung seinen Anspruch verlieren würde. Das ist aber durch die Interessenlage nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat §§ 102, 103 als reine Schutzvorschriften zu Gunsten des Hypothekengläubigers geschaffen. Anhaltspunkte dafür, daß er gegenüber seiner Rechtsstellung bei ungestörtem Vsverhältnis besonders belastet werden sollte, ergeben sich aus dem Gesetz nicht. In der ebenfalls dem Gläubigerschutz dienenden Vorschrift des § 158 c, der allerdings, weil sie einen unmittelbaren Anspruch des Gläubigers nicht gewährt, eine andere Konzeption zu Grunde liegt (Möller VersR 50 S. 1 - 4 , 4; Petersen S. 115; Rainer Schmidt S. 189), werden Obliegenheiten des Gläubigers ausdrücklich im Gesetz aufgeführt, §§ 158 d und e. In der amtlichen Begründung (zu § 100, S. 104) findet sich zu diesem Problem nur der Hinweis „übrigens hat der Hypothekengläubiger, wenn ihm selbst ein arglistiges Verhalten zur Last fällt, von vornherein keinen Anspruch gegen den Versicherer". Damit wird aber nicht auf vsrechtliche Vorschriften verwiesen sondern auf allgemeine Rechtsgrundsätze, wie die Arglisteinrede, die zur Versagung des Anspruchs führen können. Zu Unrecht verweist Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 103 als Beleg dafür, daß die Konstruktion eines selbständigen Rechts des Hypothekengläubigers aus einem gesetzlichen Vsverhältnis für sein Interesse der h. M. entspreche, auf die Rechtsprechung des R G und des B G H . Diese Rechtsfigur wird in keiner Entscheidung erwähnt. Der B G H hat in der Entscheidung vom 19. II. 1981 VersR 1981 S. 5 2 1 - 5 2 3 = N J W 1981 S. 1671-1672 vielmehr ausgesprochen, daß den Grundpfandgläubiger im gestörten Vsverhältnis Obliegenheiten, es ging um die Rettungsobliegenheit, nicht treffen und sich damit gegen die vsrechtliche Natur des Anspruchs ausgesprochen. Der B G H hat zur Erläuterung des von ihm angenommenen selbständigen unmittelbaren Rechts des Grundpfandgläubigers, das an die Stelle der pfandweisen Haftung der Brandentschädigung getreten sei ( B G H a.a.O., 4. X I I . 1996 VersR 1997 S. 5 7 0 - 5 7 1 = r + s 1997 S. 1 1 9 - 1 2 0 ) zusätzlich darauf verwiesen, daß es sich bei ihm um eine „Ergänzung zu j j 1127-1130" handle (21. V I . 1989 B G H Z 108 S. 8 2 - 8 9 = VersR 1989 S. 9 1 2 - 913 = N J W 1989 S. 2621-2622), und damit die hypothekenrechtliche Grundlage betont. Die Annahme eines b e s o n d e r e n durch §§ 102, 103 begründeten g e s e t z l i c h e n S c h u l d v e r h ä l t n i s s e s zwischen Hypothekengläubiger und Ver, das seine Grundlage in dem Realrecht des Hypothekengläubigers hat, sowie rechtliche Beziehungen zu dem Vsvertrag aufweist, der zwischen dem Ver und dem Vmer abgeschlossen worden ist oder jedenfalls nach den Vorstellungen der Vertragsschließenden abgeschlossen werden sollte, ist am besten geeignet, zu Lösungen zu führen, die dem Gesetzeszweck, dem Hypothekengläubiger den gleichen Schutz wie im ungestörten Vsverhältnis zu gewähren, entsprechen. Aus der gesetzlichen Formulierung des § 102 I 1 „so bleibt

gleichwohl seine Verpflichtung gegenüber einem Hypothekengläubiger

bestehen", ist

kein Hinweis auf den Rechtsgrund des Anspruchs als eines vsrechtlichen wohl aber darauf zu entnehmen, daß für den Umfang und die inhaltliche Ausgestaltung des Anspruchs der Vsvertrag maßgeblich ist, also die Entschädigung so zu bemessen ist, wie sie dem Vmer zugestanden hätte. Insoweit sind also durchaus vsrechtliche Vorschriften und Grundsätze heranzuziehen (vgl. die folgenden Einzelprobleme). D a Johannsen/Johannsen

853

Anm. J 53

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

neben kann wegen der hypothekenrechtlichen Grundlage des Anspruchs die entsprechende Anwendung von hypothekenrechtlichen Vorschriften geboten sein (vgl. dazu unter J 54). Die unmittelbare Beziehung zwischen Ver und Hypothekengläubiger wird bei Annahme eines besonderen gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen ihnen außer durch den Gesetzeszweck der §§ 102, 103 von Treu und Glauben bestimmt, sodaß es bei Störungen in diesem Verhältnis auch ohne Heranziehung des Obliegenheitsrechts über § 242 BGB möglich ist, angemessene Lösungen zu erzielen (vgl. dazu unter J 56-57). cc) Ausgestaltung des Rechts aus § 102 W G im einzelnen [J 53]

aaa) Entstehung und Fälligkeit

Der unmittelbare selbständige Anspruch des Hypothekengläubigers aus § 102 entsteht, wenn der Umstand, der zur Leistungsfreiheit führt, vor dem Vsfall liegt oder mit diesem zusammenfällt, mit diesem (BGH 4. XII. 1996 VersR 1997 S. 570-571 =r +s 1997 S. 119-120), sonst mit dem späteren Eintritt der Leistungsfreiheit (Raiser 2 RN 45 zu § 18 AFB, Wussow 2 Anm. 2 zu § 102; Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 5 zu § 102; Rainer Schmidt S. 204; Dörner-Staudinger in BK RN 10 zu § 102; a.A. Brisken S. 72, der annimmt, daß der Hypothekengläubiger erst ab Fälligkeit der hypothekarisch gesicherten Forderung Zahlung verlangen kann). Dieser Zeitpunkt kann, wenn die Leistungsfreiheit z.B. auf dem Ablauf der vom Ver dem Vmer nach § 12 III gesetzten Klagfrist beruht, lange nach dem Eintritt des Vsfalles liegen. Die F ä l l i g k e i t des Anspruchs richtet sich nach § 11, der Leistungen des Vers betrifft, gleichgültig ob der Vmer oder eine andere Person anspruchsberechtigt ist (Möller Bd I Anm. 3 zu § 11). Danach ist auf die zur Feststellung des Vsfalles und des Umfangs der Leistung des Vers nötigen Erhebungen abzustellen (vgl. dazu Möller a.a.O. Anm. 5-9). In der älteren Rechtsprechung (OLG Hamm 13. XII. 1932 JRPV 1933 S. 257-258; OLG Kiel 22. IV. 1933 JRPV 1933 S. 286-288 mit zustimmender Anm. von E. Prölss) und Literatur (Raiser 2 RN 48 zu § 18 AFB) ist demgegenüber die Auffassung vertreten worden, daß die Fälligkeit erst eintritt, wenn auf Grund eines rechtskräftigen Urteils oder verbindlichen Vergleichs feststeht, daß Leistungsfreiheit besteht. Diese Feststellung ist aber für den Anspruch aus § 102 völlig unerheblich (BGH 9.1.1991 VersR 1991 S. 331-333 = r + s 1991 S. 100-102; 4. XII. 1996 VersR 1997 S. 570-571 = r + s 1997 S. 119-120; OLG Düsseldorf 11. III. 1986 r + s 1988 S. 21-21; Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 5 zu § 102). Eine andere Frage stellte es dar, ob die Fälligkeit durch eine polizeiliche oder strafgerichtliche Untersuchung aus Anlaß des Schadens gemäß §§ 17 Nr. 2b AFB 30, 16 Nr. 5b AFB 87 hinausgeschoben wird (so E. Prölss JRPV 1933 S. 311-313; Rainer Schmidt S. 205). Ein solches Ermittlungsverfahren hat aber nur Bedeutung, wenn seine Feststellungen sich in irgendeiner Weise auf die Leistungsverpflichtung des Vers auswirken können (BGH 9.1.1991 a.a.O.; Wussow 2 Anm. 19 zu § 17 AFB; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 17 zu § 30 AFB). Das ist nicht der Fall, wenn der Ver ohnehin verpflichtet ist, an den Hypothekengläubiger zu zahlen, und zwar entweder auf Grund der §§ 1127, 1128,1282 BGB oder auf Grund von § 102. Es ist dann unerheblich, ob er gegenüber dem Vmer leistungsfrei geworden ist, und er kann sich auf das eingeleitete Ermittlungsverfahren gegenüber dem Hypothekengläubiger nicht berufen (BGH 9.1.1991 a.a.O.; LG Köln 2. VII. 1986 r + s 1986 S. 290-292; Kollhosser a.a.O. R N 19; Langheid in Römer-Langheid R N 10 zu § 102; Dörner-Staudinger in BK RN 18 zu § 102). Anders kann es aber liegen, wenn dem Hypothekengläubiger bei bestehender Leistungspflicht des Vers kein eigener Anspruch zustehen würde, weil eine Wiederaufbauklausel im Sinne von §§ 1130 BGB, 854

Johannsen/Johannsen

Anm. J 54

I. Der Schutz der Realgläubiger

96 vereinbart ist. Dann kann es für die Leistungspflicht des Vers gegenüber dem Hypothekengläubiger auf das Ermittlungsverfahren ankommen und muß ihm zugebilligt werden, sein Ergebnis abzuwarten. Der Hypothekengläubiger kann aber auch in diesem Fall sofort aus § 102 gegen den Ver vorgehen. Das ist aber nur dann erfolgversprechend, wenn er die Voraussetzungen der Leistungsfreiheit des Vers, also z.B. die Brandstiftung durch den Vmer beweisen kann (E. Prölss JRPV 1933 S. 311-313, 313). Q 54]

bbb) Umfang des Anspruchs

Entsprechend dem gesetzgeberischen Zweck, daß der Hypothekengläubiger durch §102 möglichst genau so gestellt werden soll wie beim ungestörten Vsverhältnis wird der Umfang des Anspruchs bestimmt durch den Betrag des Realrechts nebst Zinsen und Kosten und begrenzt durch die Höhe des vertragsgemäß zu ersetzenden Schadens nebst Zinsen (BGH 4.XII.1996 VersR 1997 S. 570-571 = r + s 1997 S. 119-120; Voit LM Anm. zu Nr. 4 zu § 102; Raiser2 R N 47 zu § 18 AFB; Rainer Schmidt S. 205; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 6 zu § 102). Problematisch ist dabei insbesondere die Behandlung von zwei Einwendungen des Vers, nämlich ob er sich darauf berufen kann, daß die hypothekarisch gesicherte Forderung ohne Berücksichtigung der Entschädigungsforderung durch das Grundstück und andere mithaftende Gegenstände auch nach dem Vsfall noch gedeckt ist, und ob er im gegenteiligen Fall einwenden darf, daß das Grundpfandrecht bereits vor dem Eintritt der Leistungsfreiheit nicht mehr werthaltig gewesen sei. Die erste Frage hat der B G H in seiner Entscheidung vom 19.11.1981 VersR 1981 S. 521-523 = NJW 1981 S. 1671-1672 erörtert, aber unentschieden gelassen, weil sich im Zwangsversteigerungsverfahren gezeigt habe, daß das Realrecht des Klägers nicht mehr gedeckt gewesen sei. Der insbesondere von Kisch Privatvsrecht Bd 3 S. 103 f. entwickelten Ansicht, daß der Ver nur für den A u s f a l l des dinglichen Rechts einzutreten habe (ebenso Raiser 2 R N 47 zu § 18 AFB; Schorling ZHR 112 S. 12-50, 27; Rainer Schmidt S. 205; Petersen S. 58; Kollhosser in Prölss-Martin bis zur 25. Auflage R N 5 zu § 102) ist nicht zu folgen. Von der Gegenmeinung, die den Einwand nicht zuläßt (LG Köln 2. VII. 1986 r + s 1986 S. 290-292; Brisken S. 74f.; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 7 zu § 102; Dörner-Staudinger in BK R N 19 zu § 102; Boldt 7 S. 99), wird zur Begründung zu Recht auf Wortlaut und Schutzzweck des § 102 verwiesen Der Hypothekengläubiger soll nicht gezwungen werden, zunächst eine andere Befriedigung zu versuchen, oder in einen Streit darüber verwickelt werden, ob das Grundstück ohne die Vsforderung zur Befriedigung ausreicht. Dieses Risiko soll ihm vielmehr gerade vom Ver abgenommen werden, auf den auch gemäß § 104 zum Ausgleich die Hypothek übergeht (Kollhosser a.a.O.). Zutreffend hat Brisken a.a.O. darauf verwiesen, daß die Anordnung des Übergangs gemäß § 104 mittelbar gegen die Berechtigung des behandelten Einwandes spreche. Er wäre nämlich entbehrlich, weil wirtschaftlich sinnlos, wenn der Ver nur bei einem Ausfall des Hypothekengläubiger nach § 102 zu leisten hätte. Der zweite diskutierte Einwand, daß das Realrecht im Zeitpunkt des Eintritts der Leistungspflicht nicht mehr werthaltig gewesen sei, muß etwas differenzierter betrachtet werden. In der Literatur wird eine Differenzierung allerdings überwiegend nicht vorgenommen, sondern generell die Aussage gemacht, daß der Einwand begründet (so Raiser 2 R N 47 zu § 18 AFB; Brisken S. 76; Petersen S. 58; Langheid-MüllerFrank NJW 1997 S. 3134-3142, 3139) oder unbegründet sei (so Kollhosser in PrölssMartin 26 R N 8 zu § 102 - allerdings mit dem Hinweis, daß die in der Fragestellung vorausgesetzte Sachlage nur schwer vorstellbar sei; Dörner-Staudinger in BK R N 20 zu §102). Johannsen/Johannsen

855

Anm. J 54

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Der B G H 4.XII.1996 VersR 1997 S. 570-571 = r + s 1997 S. 119-120 hat einem bei einer Zwangsversteigerung des Grundstücks, bei der keiner der Beteiligten wußte, daß der Vmer kurz vorher das Gebäude in Brand gesetzt hatte, teilweise ausgefallenen Hypothekengläubiger den Anspruch aus § 102 zugebilligt. Er hat ausgeführt, daß der Umstand, daß sich bei einer dem Vsfall nachfolgenden Zwangsversteigerung die mangelnde Werthaltigkeit des Grundpfandrechts ergeben habe, den mit dem Vsfall bereits entstandenem Anspruch nicht berühren, ihn insbesondere nicht entfallen lassen könne. Zu einer einschränkenden Auslegung des § 102, wie sie die Vorinstanz ( O L G Saarbrücken 22.111.1995 VersR 1996 S. 971-972 = r + s 1995 S. 227-228) angenommen hatte, fehle es in der gesetzlichen Regelung an jedem Anhaltspunkt. Der Entscheidung, die in der Literatur teilweise heftig kritisiert worden ist (Voit Anm. zu L M Nr. 4 zu § 102 W G ; Langheid-Müller-Frank a.a.O.; Langheid in Römer-Langheid R N 14 und 15 zu § 102; zustimmend aber Kollhosser, Dörner-Staudinger a.a.O.) ist beizupflichten. Es ist in der Tat nicht einsehbar, weshalb der dem Vsfall nachfolgende Ausfall des Hypothekengläubigers in der Zwangsversteigerung die Entstehung des Anspruchs aus § 102 verhindern sollte, zumal der Versteigerungserlös trotz der Schutzvorschriften des Z V G in den meisten Fällen dem wahren Wert des Grundstücks nicht entspricht. Daß die Werthaltigkeit des Grundpfandrechts für den Anspruch aus § 102 dennoch von Bedeutung ist, hat der B G H aber entgegen der Meinung seiner Kritiker durchaus berücksichtigt, indem er den Rechtsstreit zur Klärung der H ö h e des Anspruchs an das Berufungsgericht zurückverwiesen hat mit dem Hinweis, daß die mangelnde Werthaltigkeit des Grundpfandrechts in der Höhe des Anspruchs ihren Niederschlag finde, weil der Ver auch im Rahmen des § 102 I grundsätzlich nicht über den durch den Vsfall eingetretenen Schaden hinaus hafte. Eine Begrenzung des Anspruchs des Hypothekengläubigers kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das verte Gebäude vor dem Vsfall endgültig zum Abbruch bestimmt oder sonst dauerhaft entwertet ist und die nach §§ 3 Nr. 2 a Á F B 30, 5 Nr. 1 c A F B 87 in diesen Fällen geschuldeten niedrigen Ersatzleistungen zur Befriedigung des Hypothekengläubigers nicht ausreichen (vgl. dazu H 150). Ganz entfallen kann der Anspruch des Hypothekengläubigers, wenn ihm andere Rechte vorgehen und der Wert des Grundstücks und die Vsentschädigung nur diese abdecken. In diesem Fall darf der Ver sich auf die fehlende Werthaltigkeit des Grundpfandrechts berufen. Er ist nämlich auch im gestörten Vsverhältnis zur Befriedigung der Realgläubiger nach ihrem G r u n d b u c h r a n g verpflichtet, weil nur dieses Rangverhältnis der hypothekenrechtlichen Grundlage des Anspruchs entspricht und die Gleichbehandlung der Realgläubiger im ungestörten und gestörten Vsverhältnis gewährleistet ( R G 5. VII. 1921 R G Z 102 S. 350-354; 26. VI. 1936 R G Z 151 S. 389-395; B G H 19.11.1981 VersR 1981 S. 521-522 = N J W 1981 S. 1671-1672; Raiser 2 R N 44 zu § 18 A F B ; Wussow 2 Anm. 7 zu § 102; Brisken S. 75; Rainer Schmidt S. 206; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 9 zu § 102, Langheid in Römer-Langheid R N 17 zu § 102; Dörner-Staudinger in B K R N 15 zu § 102). Daraus folgt, daß der Ver die Vsentschädigung an den erstrangigen Grundpfandgläubiger bis zur vollständigen Befriedigung von dessen Anspruch auszahlen darf und damit auch gegenüber dem nachrangigen H y p o thekengläubiger frei wird. Nach dem Grundsatz, daß der Anspruch des Hypothekengläubigers begrenzt wird durch die Höhe der vertragsgemäß zu zahlenden Entschädigung, richtet sich auch der Umfang der Verpflichtung des Vers, wenn W i e d e r h e r s t e l l u n g s k l a u s e l n vereinbart worden sind. Bei der einfachen Wiederherstellungsklausel, die im ungestörten Vsverhältnis nur die Fälligkeit des Anspruchs regelt (siehe dazu unter J 22), hat der Ver gemäß § 102 die volle Entschädigungsleistung an den Hypothekengläubiger zu zahlen, weil diese Klausel, wie z. B. § 17 III A F B 30, gerade dessen Schutz dient und ihm nicht 856

Johannsen/Johannsen

Anm. J 55

I. Der Schutz der Realgläubiger

entgegen gehalten werden darf, wenn wegen der Leistungsfreiheit des Vers gegenüber dem Vmer dieser den Wiederaufbau nicht durchführen kann (Raiser 2 R N 46 zu § 18 AFB; Dörner-Staudinger in BK R N 12 zu § 102; Essert Neuwertv S. 230; Brisken S. 77; Rainer Schmidt S. 213, die beiden Letzteren mit Ubersicht über den früheren streitigen Meinungsstand). Bei der strengen Wiederherstellungsklausel, bei der der Anspruch des Vmers im ungestörten Vsverhältnis erst mit der Wiederherstellung oder deren Sicherstellung entsteht (vgl. dazu H 170-175 und J 22), erwirbt auch der Hypothekengläubiger nach § 102, wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, nur den Anspruch auf die Grundentschädigung, also in der Neuwertv in Höhe des Zeitwert, in der Zeitwertv in Höhe von 2/3 des Zeitwerts ( O L G Hamburg 4. VI. 1996 VersR 1996 S. 1141-1143; Raiser, Brisken, Rainer Schmidt a.a.O.: Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 6 zu § 102). Eine Veranlassung für eine Besserstellung des Hypothekengläubigers gegenüber seiner Rechtsstellung im ungestörten Vsverhältnis besteht nicht. [J 55]

ccc) Durchsetzung des Anspruchs

Der Anspruch aus § 102 kann nur von dem Hypothekengläubiger selbst geltend gemacht werden, nicht aber von dem Vmer. Dieser kann auch nicht auf Zahlung an den Hypothekengläubiger klagen ( O L G Hamburg 14.111.1933 JRPV 1933 S. 141; Petersen S. 61; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 10 zu § 102; Langheid in RömerLangheid R N 16 zu § 102; Dörner-Staudinger in BK R N 15 zu § 102; a.A. O L G Düsseldorf 11. III. 1986 r + s 1988 S. 21-22, das Prozeßstandschaft für zulässig hält). Der Hypothekengläubiger kann seinen Anspruch unabhängig von einem auf Betreiben anderer Gläubiger durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahren geltend machen. Während beim ungestörten Vsverhältnis die Forderung des Eigentümers/ Vmers auf die Vsentschädigung nach § 20 ZVG von der Beschlagnahme erfaßt wird, die Versteigerung sich nach § 55 I ZVG auf sie erstreckt und der Erwerber sie mit dem Zuschlag nach § 90 II ZVG erwirbt (BGH 9. XI. 1966 B G H Z 46 S. 221-230 = NJW 1967 S. 568-570), bleibt das Recht des Hypothekengläubigers aus § 102 von der Zwangsversteigerung unberührt. Da es sich bei diesem Anspruch nicht um ein von dem Grundstückseigentümer abgeleitetes, sondern um ein selbständiges Recht des Grundpfandgläubigers handelt, das an die Stelle der pfandweisen Haftung der Brandentschädigung getreten ist, kann es nicht nach §§ 20, 55 I, 90 II ZVG auf den Erwerber übergehen (RG 5. VII. 1921 RGZ 102 S. 350-354; B G H 19.11.1981 VersR 1981 S. 521523 = NJW 1981 S. 1671-1673; 4. XII. 1996 VersR 1997 S. 570-571 = r + s 1997 S. 119120; Raiser 2 R N 42 zu § 18 AFB; Wussow 2 Anm. 7 zu § 102; Rainer Schmidt S. 192; Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 5 zu § 102; Dörner-Staudinger in BK R N 14 zu § 102). Auch im Falle der Zwangsverwaltung des Grundstücks kann nicht der Zwangsverwalter sondern nur der Hypothekengläubiger selbst den Anspruch geltend machen (KG 28. IX. 1932 JRPV 1933 S. 7-8; Wussow2 Anm. 7 zu § 102). Der Hypothekengläubiger hat Anspruch auf Teilnahme an der Schadensregulierung (E. Prölss JRPV 1933 S. 311-313, 313; Gürtler S. 53; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 102). Streitig ist, ob eine vor seiner Teilnahme an den Verhandlungen getroffene Feststellung über die Höhe der Entschädigung ihm gegenüber verbindlich ist (so Ehrenzweig S. 320; Raiser2 R N 46 zu § 18 AFB) oder er ein neues Sachverständigenverfahren nach § 64 verlangen kann (so E. Prölss, Kollhosser a.a.O.; Langheid in Römer-Langheid R N 16 zu § 102). Letzterer Ansicht ist mit Rücksicht auf die Selbständigkeit seines Anspruchs zuzustimmen. Der Hypothekengläubiger kann seinen Anspruch aus § 102 auch dann noch geltend machen, wenn er zunächst den von ihm gepfändeten und ihm überwiesenen Anspruch des Vmers verfolgt hat und mit diesem Johannsen/Johannsen

857

Anm. J 56

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

rechtskräftig abgewiesen worden ist (KG 28. IX. 1932 J R P V 1933 S. 7-8; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 102; Langheid in Römer-Langheid R N 9 zu § 102; DörnerStaudinger in B K R N 14 zu § 102; a.M. Brisken S. 81-84). Die Rechtskraft steht nicht entgegen, weil im zweiten Prozeß nicht der gleiche, sondern ein andersartiger selbständiger Anspruch geltend gemacht wird. Möglich ist auch, daß sowohl der Vmer wie der Hypothekengläubiger klageweise gegen den Ver vorgehen. In diesem Fall kann der Ver nicht gegenüber dem Anspruch aus § 102 einwenden, daß zunächst im Prozeß des Vmers über die Leistungsfreiheit entschieden werden müsse ( O L G Düsseldorf 11. III. 1986 r + s 1988 S. 21-22; Kollhosser, Langheid a.a.O.). Wegen der rechtlichen Beziehung des Anspruchs aus § 102 zu dem gestörten Vsverhältnis kann der Hypothekengläubiger seinen Anspruch im Gerichtsstand des § 4 8 klageweise geltend machen (Möller Bd I Anm. 13 und 21 zu § 48; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 48 und 5 zu § 102). |J 56]

ddd) Obliegenheiten des Hypothekengläubigers

Die Frage, ob der Hypothekengläubiger dem Ver gegenüber Obliegenheiten zu erfüllen hat, wird in der Literatur meist entsprechend dem zur Rechtsnatur des Anspruchs aus § 102 entwickelten Standpunkt entschieden. Die Vertreter der Ansicht, daß das Rechtsverhältnis zwischen Ver und Hypothekengläubiger als gesetzliches Vsverhältnis für sein Interesse zu qualifizieren ist, nehmen konsequent seine Belastung mit sämtlichen sonst für den Vmer geltenden Obliegenheiten an (E. Prölss JPRV 1933 S. 311-313, 312; Reimer Schmidt Obliegenheiten S. 281; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 102; eingeschränkt auf einzelne Obliegenheiten: Möller Bd II Anm. 25 zu § 62; Rainer Schmidt S. 215-217; Dörner-Staudinger in B K R N 11 zu § 102). Hingegen wird die Belastung des Hypothekengläubigers mit Obliegenheiten verneint von Brisken S. 77, der §§ 102, 103 als hypothekarische Rechte qualifiziert, inkonsequenter Weise von Wiesinger S. 53 trotz seiner vsrechtlichen Einordnung und von den Vertretern der Auffassung, daß §§ 102, 103 ein besonderes gesetzliches Schuldverhältnis begründen (Kisch WuR 1918 S. 1-46,33; Bruck 7 R N 11 zu § 100; Raiser 2 R N 42,46 zu § 18 AFB; Wussow 2 Anm. 1 zu § 102; Petersen S. 76). Der B G H hat bisher ausdrücklich nur zur Rettungsobliegenheit entschieden, daß diese den Grundpfandgläubiger, der sein Recht aus § 102 geltend macht, nicht treffe (19. II. 1981 VersR 1981 S. 521-523 = N J W 1981 S. 1671-1672). Dem Gesetz lassen sich Anhaltspunkte für eine Belastung des Hypothekengläubigers mit Obliegenheiten nicht entnehmen. Daraus, daß eine Regelung fehlt, wie sie für den ähnlichen Schutz des geschädigten Dritten nach § 158c in §§ 158d und e getroffen worden ist, kann geschlossen werden, daß eine derartige Belastung bei §§ 102, 103 nicht gelten sollte. Vor allem aber widerspricht sie der Schutzfunktion der Regelung, die es verbietet, den Hypothekengläubiger im Rahmen von §§ 102, 103 schlechter zu stellen als im ungestörten Vsverhältnis, in dem ihn Obliegenheiten nicht treffen. Der Streitfrage kommt keine große praktische Bedeutung zu, weil der Hypothekengläubiger schon mangels räumlicher Nähe meist keine tatsächliche Möglichkeit hat, auf das vte Gebäude einzuwirken. Hat er diese aber in Ausnahmefällen dennoch und verletzt er die Interessen des Vers schwerwiegend, ζ. B. durch Vornahme von Veränderungen im Sinne von § 93 vor Feststellung des Schadens, so kann er sich dem Ver gegenüber wegen Verletzung von auf § 242 B G B beruhenden Obhutspflichten aus dem besonderen Schuldverhältnis schadenersatzpflichtig machen mit der Folge, daß sein Anspruch aus § 102 ganz oder teilweise durch Aufrechnung erlischt. Auch kann ein unredliches Verhalten des Hypothekengläubigers bei der Schadenregulierung treu858

Johannsen/Johannsen

Anm.J 58

I. Der Schutz der Realgläubiger

widrig sein und zu Schadenersatzansprüchen des Vers gegen ihn führen (Raiser2 R N 4 6 zu § 18 AFB). Er ist aber nicht verpflichtet, von sich aus Rettungsmaßnahmen zu ergreifen und Weisungen des Vers einzuholen und/oder zu befolgen. Andererseits kann er nicht nach § 63 Ersatz von dem Ver verlangen, wenn er Aufwendungen zur Abwendung und Minderung des Schadens macht, sondern er muß auf den Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgreifen (Brisken S. 78). [J 57]

eee) Herbeiführung des Vsfalles durch den Hypothekengläubiger

Gegenüber dem Anspruch aus § 102 kann der Ver einwenden, daß der Hypothekengläubiger selbst den Vsfall schuldhaft herbeigeführt habe (Brisken S. 79; Rainer Schmidt S. 217f.; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 102; Dörner-Staudinger in BK R N 11 zu § 102). Diese Rechtsfolge ergibt sich nicht aus § 61 (so aber Rainer Schmidt, Dörner-Staudinger a.a.O.), weil das Verhalten des Hypothekengläubigers nicht wie das eines Vmers zu beurteilen ist. Sie folgt auch nicht wie beim ungestörten Vsverhältnis daraus, daß der Anspruch des Vmers gegen den Hypothekengläubiger aus § 823 I B G B gemäß § 67 auf den Ver übergeht (vgl. unter J 15), weil eine Leistung an den Vmer im gestörten Vsverhältnis nicht erfolgt. Der Einwand des Vers beruht vielmehr auf § 242 BGB. Der Hypothekengläubiger handelt rechtsmißbräuchlich, wenn er bei Leistungsfreiheit des Vers gegenüber dem Vmer aus dem besonderen gesetzlichen Schuldverhältnis Leistungen beansprucht, obwohl er selbst den Vsfall schuldhaft herbeigeführt hat (so schon die amtliche Begründung zu §§ 99, 100 a.F. S. 102; Bruck Lehrbuch S. 749). Auch für den Verschuldensgrad ist nicht auf § 61 abzustellen (so aber Dörner-Staudinger a.a.O.). Es kann vielmehr wie im ungestörten Vsverhältnis leichte Fahrlässigkeit genügen, um den Anspruch des Hypothekengläubigers aus § 102 entfallen zu lassen (Brisken, Rainer Schmidt a.a.O.). [J 58]

fff) Verjährung und Fristsetzung

Es entspricht allgemeiner Auffassung, daß die V e r j ä h r u n g des Anspruchs aus § 102 sich nach § 12 I richtet, also zwei Jahre beträgt und mit dem Schluß des Jahres beginnt, in welchem die Leistung verlangt werden kann ( O L G Hamm 13. XII. 1931 JRPV 1933 S. 257-258; 14.11.1992 VersR 1992 S. 737-739; 28.1.1994 VersR 1994 S. 1106-1107; Möller Bd I Anm. 10 zu § 12; Raiser 2 R N 46 zu § 18 AFB; Rainer Schmidt S. 207; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 102; Dörner-Staudinger in BK R N 21 zu § 102). Das wird zum Teil mit der vsrechtlichen Natur des Anspruchs begründet, ist aber auch durch den Grundsatz gerechtfertigt, daß dem Hypothekengläubiger durch § 102 keine stärkere Rechtstellung im gestörten Vsverhältnis eingeräumt werden soll als im ungestörten, für das § 12 I gilt ( O L G Düsseldorf 28. XII. 1994 VersR 1996 S. 623-624). Gesichtspunkte dafür, daß für den Schutz des Hypothekengläubigers eine längere Verjährungsfrist als die zweijährige des § 12 I erforderlich sein könnte, ergeben sich aus §§ 102,103 nicht. Teilweise wird angenommen, daß der Ver berechtigt sei, dem aus § 102 anspruchsberechtigten Hypothekengläubiger gemäß § 12 III eine K l a g e a u s s c h l u ß f r i s t zu setzen und nach Ablauf von 6 Monaten die Leistung zu verweigern (Rainer Schmidt S.207; Dörner-Staudinger in BK R N 21 zu § 102). Dem kann nicht zugestimmt werden. § 12 III stellt ein besonderes Privileg des Vers dar, das andere Schuldner nicht haben (BGH 18. XII. 1980 VersR 1981 S. 323-325). Diese Sonderregelung im Verhältnis zwischen den Parteien des Vsvertrages kann nicht auf Ansprüche Dritter übertragen werden (BGH 4. XII. 1974 VersR 1975 S. 438-440). Deshalb hat der B G H a.a.O. es dem Ver verwehrt, dem geschädigten Dritten im Sinne von § 158 c unter Androhung Johannsen/Johannsen

859

Anm. J 60

J. Beteiligung Dritter ara Feuerversicherungsvertrag

des Anspruchsverlustes zur baldigen gerichtlichen Geltendmachung seines Anspruchs zu zwingen und damit im Ergebnis eine Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist zu seinen Gunsten zu erreichen. Diese Überlegung gilt auch für die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers nach § 102. Sie darf nicht durch eine Fristsetzung nach § 12 III beeinträchtigt werden. [J 59]

ggg) Erlöschen des Anspruchs

Da die Grundlage des Anspruchs des Hypothekengläubigers aus § 102 in seinem Grundpfandrecht besteht, erlischt er nach allgemeinen Grundsätzen mit dessen Untergang. Mit unterschiedlicher Begründung wird angenommen, daß er auch erlischt, wenn das vte Gebäude wiederhergestellt worden ist. Eine direkte Anwendung von § 1127 II B G B , der diese Rechtsfolge für die Haftung der Forderung gegen den Ver vorsieht (so Brisken S. 79; Wussow 3 Anm. 1 zu § 102), scheidet aus, weil die Vorschrift das Bestehen einer Forderung gegen den Ver voraussetzt. Zutreffend hat aber das R G 5. VII. 1921 R G Z 102 S. 350-354; 26. VI. 1936 R G Z 151 S. 389-395 eine entsprechende Anwendung der Vorschrift vorgenommen, weil der gesetzgeberische Grund, den Anspruch entfallen zu lassen, wenn eine ausreichende Sicherheit des Hypothekengläubigers wiederhergestellt worden ist, auch auf den Anspruch aus § 102 (damals § 101) zutreffe, der Hypothekengläubiger andernfalls ungerechtfertigt bereichert würde (so auch O L G Saarbrücken 22. IV. 1995 VersR 1996 S. 971-972; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 7 zu § 102; Dörner-Staudinger in B K R N 22 zu § 102). Andere (Gürtler S. 56; Rainer Schmidt S. 208) stützen das Ergebnis auf das Fehlen eines für den vsrechtlichen Anspruch vorausgesetzten Schadens. Nach allen Auffassungen steht dem Hypothekengläubiger kein Anspruch aus § 102 mehr zu, wenn das verte Gebäude vollständig wiederaufgebaut worden ist, sei es unter Inanspruchnahme der trotz Leistungsfreiheit an den Vmer ausgezahlten Vsentschädigung oder sonstiger Mittel. Bei teilweiser Wiederherstellung entfällt der Anspruch entsprechend, soweit die Sicherheit des Hypothekengläubigers wieder hergestellt worden ist. Wussow 2 Anm. 1 zu § 102 will dem Ver darüber hinaus das Recht einräumen, sich gegenüber dem Anspruch aus § 102 auf die Wirksamkeit aller im Rahmen gesetzlicher Bestimmungen zur Wiederherstellung des Gebäudes geleisteter Zahlungen zu berufen. Dem kann nicht gefolgt werden, weil der Schutz des Hypothekengläubigers nicht gewährleistet wäre, wenn er solche Leistungen, soweit sie tatsächlich nicht zum Wiederaufbau verwendet worden sind, gegen sich gelten lassen müsse (so im Ergebnis auch Kollhosser a.a.O.). [J 60]

hhh) Doppelversicherung

Eine Doppelv kann in Betracht kommen, wenn z.B. sowohl der Eigentümer wie der Mieter (vgl. dazu B G H 20.1.1988 r + s 1988 S. 86-87 = N J W R R 1988 S. 727-728) oder bei einem Verkauf des Grundstücks sowohl der Verkäufer wie der Käufer (vgl. dazu K G 15.11.1936 J R P V 1936 S. 141-143) durch selbständige Verträge das Feuerrisiko abgedeckt haben. Ist einer der Ver seinem Vmer gegenüber von der Verpflichtung zur Leistung frei, so kann der durch die Ven geschützte Hypothekengläubiger sowohl diesen aus § 102 in Anspruch nehmen wie auch den anderen leistungspflichtigen Ver auf Grund seines an der Vsforderung bestehenden Pfandrechts. Eine Subsidiarität in dem Sinne, daß er sich zuerst an den seinem Vmer gegenüber leistungspflichtigen Ver halten müsse, besteht nicht (Wussow 2 Anm. 8 zu § 102; Langheid in Römer-Langheid R N 18 zu § 102, Dörner-Staudinger in B K R N 16 zu § 102; ab860

Johannsen/Johannsen

Anm. J 62

I. Der Schutz der Realgläubiger

weichend wohl Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 10 zu § 102 unter Hinweis auf die zitierte Entscheidung des K G , die aber nur das Innenverhältnis zwischen den beiden Vern betrifft). Vielmehr haften beide Ver dem Hypothekengläubiger als Gesamtschuldner nach § 421 B G B , für dessen Anwendung nicht Voraussetzung ist, daß die beiden Forderungen auf demselben Rechtsgrund beruhen ( B G H 29. VI. 1972 B G H Z 59 S. 97-102 = N J W 1972 S. 1802-1804). Im Innenverhältnis kann der leistende Ver Ausgleich nach § 59 II verlangen ( B G H 20.1.1988 r + s 1988 S. 8 6 - 8 7 = N J W R R 1988 S. 727-728, Langheid, Dörner-Staudinger a.a.O.). Daß im Innenverhältnis der dem Vmer gegenüber leistungspflichtige Ver allein haftet, hat K G 15.11.1936 J R P V 1936 S. 141-143 in einem Ausnahmefall angenommen, in dem der Hypothekengläubiger den Anspruch aus § 102 (damals 101) nicht geltend gemacht hatte, weil er von dem Vmer bereits entschädigt worden war. O b dem zuzustimmen ist, erscheint schon für diesen besonderen Fall als zweifelhaft, keinesfalls kann aber generell angenommen werden, daß der nach § 102 verpflichtete Ver keinen Ausgleich verlangen kann (so aber Wussow a.a.O.). [J 61]

iii) Beweislast

Der Hypothekengläubiger muß die Voraussetzungen seines unmittelbaren selbständigen Anspruchs aus § 102 gegen den Ver darlegen und beweisen. Dazu gehören die Umstände, die zur Leistungsfreiheit des Vers geführt haben, beispielsweise die Brandstiftung durch den Vmer (E. Prölss JRPV 1933 S. 311-313, 313). Auf die Klärung dieser meist streitigen Umstände kommt es aber dann nicht an, wenn der Ver auf jeden Fall an den Hypothekengläubiger leisten muß, nämlich bei vorliegender Pfandreife entweder gemäß §§ 1128 III, 1282 B G B oder nach § 102 ( B G H 9.1.1991 VersR 1991 S. 331-333 = r + s 1991 S. 100-102). Die Beweislast spielt aber in den Fällen eine Rolle, in denen der Hypothekengläubiger im ungestörten Vsverhältnis Zahlung nicht verlangen könnte, weil noch keine Pfandreife eingetreten oder eine Wiederherstellungsklausel vereinbart worden ist. In dem Ausnahmefall des § 102 II 2, in dem der Ver auch bei Leistungsfreiheit infolge Verzugs mit der Zahlung von Folgeprämien dem Hypothekengläubiger verpflichtet bleibt, hat dieser die Anmeldung seiner Hypothek bei dem Ver zu beweisen. Ist hingegen streitig, ob der Vsfall nach Ablauf der Haftungsfrist des § 102 II 2 eingetreten ist, so geht die Unaufklärbarkeit zu Lasten des Vers (Prölss Beweislast Anm. 1 zu §§ 101-103). h) § 103 V V G Gliederung: aa) bb) cc) dd)

Überblick J 62 Die Fälle des § 103 I J 63 Die Fälle des § 103 II J 64 Der Fall des §103 III J 65

Q 62]

ee) Weitere Fälle J 66 ff) Beweislast J 67 gg) Zwingende Natur der Vorschrift J 68

aa) Überblick

Die Vorschrift erweitert den Schutz des Hypothekengläubigers, der seine Hypothek dem Ver angemeldet hat (vgl. dazu J 11 und 36), über § 102 hinaus. § 103 I ordnet eine Forthaftung des Vers bei B e e n d i g u n g des Vertrages aus verschiedenen Gründen an, § 103 II schützt den Hypothekengläubiger gegen nachträglich getroffene, ihm Johannsen/Johannsen

861

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Anm. J 63

nachteilige V e r ä n d e r u n g e n des Vsvertrages, und § 103 III läßt ihm gegenüber keine Berufung auf die N i c h t i g k e i t des Vertrages zu. [J 63]

bb) Die Fälle des § 103 I W G

Als Beendigungsgründe für das Vertragsverhältnis, die von § 103 I erfaßt werden, kommen in Betracht: 1. Die K ü n d i g u n g ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Ver oder vom Vmer erklärt worden ist (dazu, daß letztere durch § 106 erschwert wird, vgl. unter J 83-89), und auf welchen Gründen sie beruht. Nicht erfaßt von § 103 I sind aber die Kündigung des Vers wegen Nichtzahlung einer Folgeprämie nach § 39 III, weil dieser Fall bereits durch § 102 II 2 ausdrücklich geregelt ist, und die mit Zustimmung des Hypothekengläubigers erfolgte Kündigung des Vmers, die in § 106 geregelt ist, § 103 I 2 2. Fall. 2. Der R ü c k t r i t t Überwiegend wird angenommen, daß § 103, der den Rücktritt beider Vertragsparteien regelt, den des Vers nur erfaßt, wenn er v o r dem V s f a l l erklärt worden ist, weil der Rücktritt des Vers n a c h dem V s f a l l bereits durch § 102 I 2 geregelt sei (Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 1 zu § 103; Dörner-Staudinger in BK RN 4 zu § 103; Rainer Schmidt S. 170; nur Langheid in Römer-Langheid RN 5 zu § 103 wendet beide Vorschriften nebeneinander an). Richtig ist, daß der Hypothekengläubiger durch § 102 I 2 bereits insoweit geschützt wird, als ihm gegenüber Leistungsfreiheit nicht eintritt. Der Schutz des § 103 I für den Hypothekengläubiger, der sein Recht dem Ver angemeldet hat, geht aber weiter, weil die Vorschrift den Vertrag zu seinen Gunsten noch 3 Monate nach Mitteilung des Rücktritts oder Kenntnis von diesem fortbestehen läßt und ihm dadurch Gelegenheit gibt, in angemessener Zeit von seinen Rechten nach § 105 Gebrauch zu machen. Deshalb darf die Vorschrift nicht einschränkend ausgelegt werden. Sie gilt nach ihrem Schutzzweck auch für den Fall des Rücktritts nach dem Eintritt des Vsfalles. Von § 103 I ausdrücklich nicht erfaßt wird der Rücktritt des Vers wegen unterbliebener Prämienzahlung, § 103 I 2 1. Fall. Das bedeutet, daß der Hypothekengläubiger keinen Schutz genießt, wenn der Vmer die Erstprämie nicht zahlt und der Ver gemäß § 38 III den Rücktritt erklärt. 3. Der F r i s t a b l a u f , der z.B. zur Beendigung des Vsverhältnisses führen kann, wenn der Vertrag für eine bestimmte Zeit abgeschlossen und keine Verlängerungsklausel im Sinne von § 8 vereinbart worden ist. 4. S o n s t i g e T a t s a c h e n . Solche sind z.B. die einvernehmliche Aufhebung des Vsvertrages, der Interessewegfall gemäß § 68, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vers gemäß § 13 (Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 1 zu § 103; Dörner-Staudinger in BK RN 5 zu § 103; Rainer Schmidt S. 171; zum Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vmers siehe unter J 66). Da die die unterbliebene Prämienzahlung betreffende Ausnahmevorschrift des § 103 I 2 1. Fall sich ausdrücklich nur auf die Beendigung des Vertrages durch Rücktritt oder Kündigung bezieht, greift die von § 103 I angeordnete Forthaftung des Vers gegenüber dem Hypothekengläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, ein, wenn Ver und Vmer sich wegen unterbliebener Prämienzahlung auf die Aufhebung des Vertrages verständigen (Wussow 2 Anm. 1 zu § 103). Die genannten Beendigungsgründe wirken dem Hypothekengläubiger gegenüber erst mit dem Ablauf von 3 Monaten, nachdem die Beendigung und, sofern diese noch 862

Johannsen/Johannsen

Anm. J 64

I. Der Schutz der Realgläubiger

nicht eingetreten war, der Zeitpunkt der Beendigung ihm durch den Ver mitgeteilt oder in anderer Weise zu seiner Kenntnis gelangt ist. Während dieser Zeit besteht das besondere gesetzliche Schuldverhältnis, das dem Hypothekengläubiger einen selbständigen unmittelbaren Anspruch gegen den Ver gewährt. Für seine Ausgestaltung im einzelnen wird auf die Ausführungen zu § 102 unter J 53-61 verwiesen. Unterläßt der Ver die Mitteilung, so haftet er dem Hypothekengläubiger gegenüber zeitlich unbegrenzt weiter, es sei denn, dieser habe auf andere Weise von der Beendigung des Vertrages Kenntnis erhalten (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 103; Dörner-Staudinger in BK R N 15 zu § 103; Langheid in Römer-Langheid R N 15 zu Die Haftung des Vers endet in keinem Fall vor der Beendigung des Vertrages mit dem Vmer, auch wenn der Hypothekengläubiger früher als 3 Monate davor hiervon Kenntnis erhalten hat (Wussow 2 Anm. 1 zu § 103; Kollhosser a.a.O.). Sie kann aber mit diesem gleichzeitig enden, wenn der Ver z.B. den Vsvertrag mit 3-Monatsfrist kündigt und gleichzeitig dem Hypothekengläubiger die Kündigung mitteilt oder wenn er ihm das Datum des Ablaufs eines befristeten Vertrages 3 Monate vor dessen Ablauf mitteilt. Bei einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vers haftet dieser dem Hypothekengläubiger insgesamt 4 Monate nach Eröffnung des Verfahrens, da das Vsverhältnis nach § 13 mit dem Ablauf eines Monats seit der Eröffnung endet und sich die 3-Monatsfrist des § 103 hieran anschließt (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 103; Dörner-Staudinger in BK R N 5 zu § 103). (J 64]

cc) Die Fälle des § 103 II W G

§ 103 II 1. Fall regelt die sinngemäße Anwendung der Fortdauer der Haftung des Vers nach § 103 I für die Wirksamkeit von Vereinbarungen zwischen Ver und Vmer, durch welche die Vssumme oder der Umfang der vten Gefahr gemindert wird. Das betrifft nicht Vereinbarungen, bei denen die Vssummen von vornherein variabel sind und jeweils an die tatsächlichen Verhältnisse angepaßt werden, wie in Stichtagsklauseln (vgl. hierzu unter H 187-192), weil hierin eine nachträgliche, den Hypothekengläubiger benachteiligende Vertragsänderung nicht zu sehen ist. Auch an die gesetzlich angeordnete Verminderung der Vssumme nach Eintritt eines Vsfalles gemäß § 95 ist der Hypothekengläubiger gebunden (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 6 zu §103). Er wird aber geschützt gegen die n a c h t r ä g l i c h e Verminderung der gemäß § 50 vereinbarten Vssumme sowie gegen Vereinbarungen, durch die einzelne Risiken aus dem Deckungsbereich herausgenommen, der vertraglich festgelegte Selbstbehalt erhöht oder sonstige den Vsschutz beeinträchtigende Abreden getroffen werden. Streitig ist, ob § 103 II eingreift, wenn die Vssumme herabgesetzt wird, um eine Uberv zu beseitigen (bejahend Dörner-Staudinger in BK R N 6 zu § 103; Langheid in Römer-Langheid R N 11 zu § 103; verneinend Wussow 2 Anm. 3 zu § 103; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 6 zu § 103; Petersen S. 66). Davon ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auszugehen, der eine solche Einschränkung nicht zuläßt. Zutreffend weist Langheid a.a.O. auch darauf hin, daß das Gesetz die Forthaftung sogar für die Nichtigkeit des Vertrages aus jedem Grund, also auch dem der betrügerischen Uberv nach § 51 III angeordnet habe, sodaß es systemgerecht erscheint, daß der Ver auch dann für 3 Monate in dem bisherigen Umfang forthaftet, wenn durch die Vereinbarung nur eine einfache Uberv beseitigt worden ist. Der zweite Fall des § 103 II betrifft die nachträgliche Vereinbarung einer W i e d e r a u f b a u k l a u s e l . Auch diese soll dem Hypothekengläubiger gegenüber erst nach Ablauf von 3 Monaten nach Zugang der Mitteilung oder sonstiger Kenntnis WirksamJohannsen/Johannsen

863

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

A n m . J 66

keit erlangen. Die Bestimmung bezieht sich auf jede Art von Wiederaufbauklausel (Wussow 2 Anm. 5 zu § 103; Dörner-Staudinger in BK R N 7 zu § 103), nicht nur auf die „strenge", wie Kollhosser a.a.O. annimmt. Auch wenn die „einfache" Wiederherstellungsklausel in der Regel nur dem Schutz des Hypothekengläubigers dient, beeinträchtigt sie seine Rechtsstellung erheblich, weil die Anwendung der für ihn günstigeren Vorschriften der §§1128 III, 1182 B G B durch § 1130 B G B ausgeschlossen wird (vgl. dazu J 21). Nach Ablauf der 3-Monatsfrist ist der Hypothekengläubiger aber an die Wiederaufbauklausel gebunden mit der Folge, daß ihm kein eigenes Forderungsrecht mehr zusteht. ü 65]

dd) Der Fall des § 103 III W G

§ 103 III ordnet an, daß gegenüber dem Hypothekengläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, die Nichtigkeit des Vsvertrages nicht geltend gemacht werden kann. Es werden alle Nichtigkeitsfälle erfaßt, also sowohl diejenigen, die im W G geregelt sind, wie §§51 III, 59 III, als auch solche, die sich aus der Geltung allgemeiner zivilrechtlicher Vorschriften wie z.B. §§ 105,117,118, 134,138 B G B ergeben. Für den Fall, daß die Nichtigkeit auf einer erfolgten Anfechtung beruht, unterscheidet die überwiegende Meinung in der Literatur wie zum Rücktritt, ob die Anfechtung vor oder nach Eintritt des Vsfalles erfolgt ist und nimmt für den letzteren Fall an, daß § 103 III durch § 102 I 2 verdrängt werde (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 7 zu § 103; Rainer Schmidt S. 173; Dörner-Staudinger in BK R N 8 zu § 103; unklar Langheid in Römer-Langheid R N 8 zu § 103). Dem ist nicht zu folgen, weil das Gesetz in § 103 dem Hypothekengläubiger, der sein Recht dem Ver angemeldet hat, einen stärkeren, über § 102 I 2 hinausgehenden Schutz gewähren will. Das bedeutet, daß der Ver, der den Vertrag wegen einer erst bei der Schadenregulierung entdeckten arglistigen Täuschung des Vmers angefochten hat, sowohl dem Hypothekengläubiger für diesen Vsfall eintrittspflichtig bleibt, als auch die Nichtigkeit des Vsvertrages nicht geltend machen kann, sodaß er dem Hypothekengläubiger gegenüber verpflichtet bleibt, wenn binnen der 3-Monatsfrist des § 103 III 2 ein weiterer Vsfall eintritt (a.A. ausdrücklich Langheid a.a.O.). Für die Anwendung von § 103 III ist auf den Zeitpunkt der Feststellung der Nichtigkeit abzustellen. Es genügt, wenn die Hypothek bestellt und angemeldet worden ist, bevor die Nichtigkeit festgestellt worden ist (Wussow 2 Anm. 6 zu § 103; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 103; Brisken S. 62). [J 66]

ee) Weitere Fälle

Nicht ausdrücklich von der Regelung des § 103 erfaßt ist der Konkurs des Vmers, durch den der Vsvertrag nicht wie beim Konkurs des Vers gemäß § 13 beendet, sondern in ein Abwicklungsverhältnis umgestaltet wird (BGH 4. III. 1993 VersR 1993 S. 689-690). Es besteht hier eine Lücke im Schutz des Hypothekengläubigers, wenn der Insolvenzverwalter nicht gemäß § 103 InsolvenzO die Erfüllung des Vsvertrages wählt. Die mit den Fällen der Beendigung des Vsverhältnisses gleich liegende Interessenlage gebietet aber die entsprechende Anwendung des § 103 I (Prölss in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 14; Schütz VersR 1987 S. 134-138, 138). Brisken S. 61-62 will die Anwendung des § 103 auch auf die Aufrechnung des Vers mit Forderungen gegen den Grundstückseigentümer erstrecken. Dem ist mit Rücksicht auf die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers als Forderungspfandgläubiger nicht zu folgen. Aus ihr ergibt sich, daß die Aufrechnung des Vers gegen den Anspruch auf die Entschädigungsforderung dann zulässig ist, wenn seine Gegenforde864

Johannsen/Johannsen

Anm. J 70

I. Der Schutz der Realgläubiger

rung vor dem Entschädigungsanspruch entstanden und fällig geworden ist, §§ 1128 III, 1275, 406 B G B (Soergel-Konzen 12 R N 7 zu § 1128; L G Darmstadt 5. VIII. 1976 VersR 1979 S. 418-419). [J 67]

ff) Beweislast

Der Hypothekengläubiger muß die allgemeinen Voraussetzungen der Anwendung des § 103 beweisen, insbesondere also daß und wann sein Recht wirksam bestellt (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 103) und bei dem Ver angemeldet worden ist (Prölss Beweislast Anm. 1 zu §§ 101-103). Dem Ver obliegt die Beweislast dafür, daß er dem Hypothekengläubiger die Beendigung, Abänderung oder Nichtigkeit des Vertrages mitgeteilt oder daß dieser auf andere Weise zuverlässige Kenntnis hiervon erlangt hat (Wussow 2 Anm. 2 zu § 103; Prölss a.a.O.; Rainer Schmidt S. 171; Dörner-Staudinger in BK R N 16 zu § 103). Wenn streitig ist, ob der Vsfall innerhalb der Forthaftungszeit von 3 Monaten eingetreten ist, geht die Unaufklärbarkeit ebenfalls zu Lasten des Vers (Prölss a.a.O.). U 68]

gg) Zwingende Natur der Vorschrift

Als Schutzvorschrift zu Gunsten des Hypothekengläubigers kann § 103 ebenso wie § 102 nicht zu seinem Nachteil durch Vereinbarung zwischen Ver und Vmer abgeändert werden (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 9 zu § 103; Dörner-Staudinger in BK R N 17 zu §103).

Schrifttum J 69 aa) Vorbemerkung J 70 bb) Dogmatische Begründung J 71 cc) Ausgestaltung des Übergangs J 72

• 69]

dd) Die Regelung des § 104 Satz 2 J 73 ee) Beweislast J 74 ff) Zwingende Natur der Vorschrift J 75

Schrifttum

B r u c k 7 zu § 102, G e r b o t h J R P V 1928 S. 2 2 5 - 2 2 6 , G e r h a r d - H a g e n zu den § § 9 9 - 1 0 7 , 102 S. 4 3 5 , Münchener K o m . 3 zu § 1130, insbes. A n m . 20, Petersen D e r Schutz der Realberechtigten in der Immobiliarfeuerv Diss. H a m b u r g 1964, E . Prölss J R P V 1933 S. 6 7 - 7 1 , Schorling Z H R 112 S. 1 2 - 5 0 , Wiesinger Die Rechtsstellung der Hypothekengläubiger im privaten Feuervsrecht H a m b u r g 1940.

[J 70]

aa) Vorbemerkung

Um dem Ver einen gewissen Ausgleich für seine außerordentlichen Verpflichtungen aus §§ 102,103 zu verschaffen (amtliche Begründung zum damaligen § 101 S. 105), hat das Gesetz in § 104 angeordnet, daß die Hypothek auf den Ver übergeht, soweit er aufgrund der §§ 102, 103 den Hypothekengläubiger befriedigt. Das Wort „befriedigt" ist hier nicht im Sinne einer Befriedigung aus dem Grundstück nach § 1147 B G B zu verstehen, sondern schlicht als Leistung oder Zahlung (E. Prölss JRPV 1933 S. 67-71, 68; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 104). Für den Übergang ist es ohne Bedeutung, ob die Zahlung durch den Ver freiwillig erfolgt oder auf Grund eines von dem Hypothekengläubiger erwirkten Titels. Johannsen/Johannsen

865

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Anm. J 71

[J 71]

bb) Dogmatische Begründung

Zur dogmatischen Erläuterung des Ubergangs werden drei Theorien vertreten: die Forderungsübergangstheorie, die Forderungsauswechslungstheorie und die Theorie des forderungslosen Hypothekenerwerbs. Nach der F o r d e r u n g s ü b e r g a n g s t h e o r i e (vertreten von Gerhard-Hagen S. 435; Schorling ZHR 112 S. 12-50, 37; Petersen S. 123) erlischt die Forderung des Hypothekengläubigers gegen den Grundstückseigentümer nicht durch die Zahlung des Vers sondern geht auf diesen zusammen mit der Hypothek über. Gegen diese Ansicht ist einzuwenden, daß sie dem Sprachgebrauch des BGB widerspricht, das bei Ubergang einer forderungsbekleideten Hypothek durchgehend nur vom Übergang der F o r d e r u n g spricht, nämlich in §§268 III, 426 II, 774 1, 1143 I BGB, während es in § 104 H y p o t h e k heißt. Es fehlt an jedem Anhaltspunkt dafür, daß der Gesetzgeber des jüngeren W G von dieser Terminologie abweichen wollte. Nach der F o r d e r u n g s a u s w e c h s l u n g s t h e o r i e (RG 16. IV. 1929 RGZ 124 S. 91-95; OLG Hamm 16. II. 1932 JRPV 1932 S. 304-306, Bruck 7 Anm. 2 zu § 102; Raiser 2 R N 52 zu § 18; Wussow 2 Anm. 4 zu § 104; Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 4 zu § 104) erlischt die Forderung des Hypothekengläubigers gegen den Grundstückseigentümer durch die Zahlung des Vers, und sichert die auf den Ver übergehende Hypothek einen diesem gegen den Vmer zustehenden Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruch. Gegen diese Ansicht ist insbesondere eingewendet worden, daß ein solcher Anspruch nur in Ausnahmefällen, z.B. einer Brandstiftung des Vmers in Betracht komme, weil Bereicherungsansprüche generell ausschieden, da die Leistung des Vers auf der Grundlage der §§ 102, 103 stets mit Rechtsgrund erfolgte (E. Prölss JRPV 1933 S. 67-71, 69; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 104; Eickmann in Münchener Kom.3 Anm. 20 zu § 1130, Rainer Schmidt S.220). Dieser Einwand ist nicht gerechtfertigt. Daß der Ver dem Hypothekengläubiger gegenüber gemäß §§ 102, 103 verpflichtet ist, schließt einen Bereicherungsanspruch gegen den Vmer nicht aus. Denn der Vmer wird durch die Zahlung auch von seiner persönlichen Schuld gegenüber dem Hypothekengläubiger befreit und damit in sonstiger Weise im Sinne von § 812 I 1 BGB bereichert (RG a.a.O.; Gerboth JRPV 1928 S. 225-226; Wussow 2 Anm. 4 zu § 104; Dörner-Staudinger in BK R N 7 zu § 104; Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 104). Auch der Gesetzgeber ging davon aus, daß dem Ver grundsätzlich ein Regreßanspruch gegen den Vmer zustehe, der durch den Ubergang der Hypothek gesichert werden sollte (amtliche Begründung zu § 101 S. 105). Nur in Ausnahmefällen, z.B. bei Nichtigkeit des Vsvertrages wegen unerkannter Geschäftsunfähigkeit des Vmers mag es aus Billigkeitsgründen an einem Bereichungsanspruch des Vers gegen den Grundstückseigentümer fehlen. Gegen die Forderungsauswechslungstheorie spricht aber der Gesetzeswortlaut, der den Ubergang der Hypothek in jedem Fall schlicht anordnet und ihn nicht von der Existenz eines zugrunde liegenden Anspruchs abhängig macht (Dörner-Staudinger a.a.O.) Zu bedenken ist auch, daß die Vorschrift gemäß § 107 b auch auf andere Grundpfandrechte entsprechende Anwendung findet, die das Bestehen einer Forderung nicht voraussetzen. Für den Übergang einer Grundschuld vermag die Forderungsauswechslungstheorie keine dogmatische Begründung zu geben. Nach der T h e o r i e des f o r d e r u n g s l o s e n H y p o t h e k e n e r w e r b s (E. Prölss JRPV 1933 S. 67-71, 70; Eickmann in Münchener Kom.3 Anm. 20 zu § 1130; Rainer Schmidt S. 220; Dörner-Staudinger in BK R N 7 zu § 104; Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 104; Wiesinger S. 62) erlischt die Forderung des Hypothekengläubigers ebenfalls durch die Zahlung des Vers, geht aber die Hypothek ohne zugrunde liegende Forderung, also eigentlich als Grundschuld auf den Ver über. Diese von E. Prölss aus § 1138 BGB abgeleitete Auffassung entspricht am besten dem Wortlaut 866

Johannsen/Johannsen

Anm. J 72

I. Der Schutz der Realgläubiger

des § 104 und gewährleistet eine einheitliche Betrachtung sämtlicher in § 107 b genannten Grundpfandrechte ohne Rücksicht darauf, ob sie eine Forderung voraussetzen oder nicht. Sie vermeidet auch Streitigkeiten darüber, ob dem Ver ein Schadensersatzoder Bereicherungsanspruch gegenüber dem Grundstückseigentümer zusteht. Da der Ver durch den Ubergang des dinglichen Rechts der aus diesem Berechtigte geworden ist, braucht er bei seiner Geltendmachung nur darzulegen und zu beweisen, daß er gemäß §§ 102, 103 geleistet hat (Wiesinger, Rainer Schmidt a.a.O.). Das ist unter Berücksichtigung der außerordentlichen Verpflichtung des Vers nach der Interessenlage gerechtfertigt. Q 72]

cc) Ausgestaltung des Überganges

Der Ubergang des dinglichen Rechts erfolgt gemäß dem Umfang der Leistung. Hat der Ver entsprechend seiner Verpflichtung aus §§ 102, 103 einen geringeren Betrag als den Nennbetrag der Hypothek gezahlt, so geht diese nur teilweise auf ihn über (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 104). Wenn eine Gesamthypothek an mehreren Grundstücken des Vmers besteht, von denen nur eines von dem Brand betroffen worden ist, geht die Hypothek bei vollständiger Entschädigung des Hypothekengläubigers an sämtlichen Grundstücken auf den Ver über ( O L G Hamm 16. II. 1932 JRPV 1932 S. 304-306; Gerboth J R P V 1928 S. 225-226; E. Prölss JRPV 1933 S. 67-71,68; Wussow 2 Anm. 2 zu § 104; Kollhosser a.a.O.; Petersen S. 104; Dörner-Staudinger in B K R N 5 zu § 104; Langheid in Römer-Langheid R N 4 zu § 104). Die früher vertretene Gegenansicht, daß der Ver die Gesamthypothek nur teilweise, soweit sie sich auf das brandgeschädigte Grundstück bezieht, erwirbt und das dingliche Recht im übrigen erlischt, würde zu einer nicht gerechtfertigten Bereicherung des Grundstückseigentümers führen. Anders liegt es aber, wenn die Gesamthypothek an mehreren Grundstücken verschiedener Eigentümer besteht. Für diesen in der Praxis sicher nicht häufigen Fall ergibt sich aus § 1174 B G B , daß die Hypothek an den nicht vom Brand betroffenen Grundstücken erlischt (Gerboth a.a.O.). Eine Sonderregelung ist in § 25 Nr. 3 V G B 88 für Verträge mit einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern enthalten (ebenso § 22 Nr. 2 der Neufassung 1999). Danach verpflichtet sich der nach § 102 eintrittspflichtige Ver, auf eine auf ihn nach § 104 übergegangene Gesamthypothek (Gesamtgrundschuld) zu verzichten und dabei mitzuwirken, daß der Verzicht auf Kosten der Wohnungseigentümer in das Grundbuch eingetragen wird. Während für den Fall der Belastung des Wohnungseigentums des Schädigers mit einer Einzelhypothek eine von § 104 abweichende Regelung nicht geboten ist, weil nur die Interessen des nicht besonders schützenswerten Schädigers betroffen sind, können durch den Übergang einer Gesamthypothek die Interessen der übrigen schuldlosen Wohnungseigentümer empfindlich betroffen werden. Dem will die Regelung Rechnung tragen. Daß eine ausdrückliche Erstattungspflicht des Vmers für die vom Ver nach § 102 erbrachten Leistungen geregelt ist, beruht nach den amtlichen Erläuterungen zu der Vorgängerklausel Nr. 807 (abgedruckt in Bd I Anm. 63 zu § 61) auf der Unsicherheit, ob dem Ver ein Bereicherungsanspruch zusteht. Über die Bedeutung von § 25 Nr. 3 V G B 88 für den Regreß des Vers nach § 67 vgl. unter J 131). Der Ver, der nach §§ 102,103 geleistet hat, kann von dem Hypothekengläubiger die Aushändigung des Hypothekenbriefes verlangen sowie die Erteilung einer Berichtigungsbewilligung, §§ 1144 B G B , 19 G B O (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 und 6 zu § 104; Dörner-Staudinger in B K R N 9 zu § 104). Unter deren Vorlage und des Nachweises der Zahlung nach §§ 102,103 kann der Ver die Umschreibung der Hypothek auf sich erreichen. Er kann das dingliche Recht im Wege der Zwangsverwaltung Johannsen/Johannsen

867

Anm. J 73

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

oder Zwangsversteigerung sowie im Insolvenzverfahren als Absonderungsrecht geltend machen (Eickmann in Münchener Korn.3 Anm. 20 zu 1131). Der Ver erhält aber nicht in allen Fällen, in denen er gemäß §§ 102,103 einzutreten hat, einen gleichwertigen Ausgleich durch den Übergang des dinglichen Rechts. Das ist z. B. dann nicht der Fall, wenn der Hypothekengläubiger vor dem Ubergang einem anderen Gläubiger den Vorrang eingeräumt hat. Das muß der Ver, wenn kein arglistiges Verhalten des Hypothekengläubigers vorliegt, gegen sich gelten lassen und darf nicht deshalb die Leistung nach §§ 102,103 verweigern (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 104). Diese Verpflichtung ist von der Möglichkeit des Ubergangs des dinglichen Rechts unabhängig (RG 16. IV. 1929 R G Z 124 S. 91-95). u 73]

dd) Die Regelung des § 104 Satz 2 W G

Nach § 104 2 kann der Übergang der Hypothek nicht zum Nachteil eines gleichoder nachstehenden Hypothekengläubigers geltend gemacht werden, dem gegenüber die Verpflichtung des Vers zur Leistung bestehen geblieben ist. Die Vorschrift ist ähnlich wie § 1164 B G B nur eine Rangvorschrift (E. Prölss JRPV 1933 S. 67-71, 71; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 104). Sie regelt, daß das auf den Ver übergangene Grundpfandrecht im Rang gegenüber den begünstigten Rechten zurücktritt. Deren Inhaber können vom Ver die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuches verlangen (E. Prölss, Kollhosser a.a.O.). Der Anwendungsbereich der Vorschrift erstreckt sich auf die Fälle, in denen die Verpflichtung des Vers gegenüber den gleich- oder nachstehenden Hypothekengläubigern bestehen geblieben ist. Gemeint ist damit die Verpflichtung gemäß den §§ 102,103 (RGZ 5. VIII. 1921 R G Z 102 S. 350-354; DörnerStaudinger in B K R N 12 zu § 104). Durch die Zahlung der Entschädigungssumme an einen rangbesseren Hypothekengläubiger geht nämlich den übrigen durch diese Bestimmungen geschützten Hypothekengläubigern die Vsforderung als Haftungsobjekt verloren. Dafür will ihnen das Gesetz einen Ausgleich gewähren (amtliche Begründung zu § 101 S. 105-106). Langheid in Römer-Langheid R N 7 zu § 104 will den Anwendungsbereich der Vorschrift auf den Fall beschränken, in dem der Ver nur einen Teil der von ihm geschuldeten Entschädigungssumme an den erstrangigen Hypothekengläubiger zu dessen vollständiger Befriedigung gezahlt hat. Er meint, daß § 104 2 nur für diesen Fall verhindern wolle, daß der Ver sich gegenüber den nachrangigen Gläubigern auf den Rechtsübergang zu seinen Gunsten berufen könne. Dem ist nicht zuzustimmen. In dem angeführten Fall besteht kein Bedürfnis für eine Rangänderung, weil der Ver die nachrangigen Gläubiger ohnehin befriedigen muß, soweit er die geschuldete Entschädigungssumme nicht an den erstrangigen Hypothekengläubiger ausgezahlt hat. Die Vorschrift soll nach ihrem Sinngehalt gerade dann Anwendung finden, wenn die nach §§ 102,103 geschuldete Entschädigungsleistung nicht zur Befriedigung aller Hypothekengläubiger ausgereicht hat, in deren Haftungsverband die Vssumme gehörte oder gehören sollte (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 104; Dörner-Staudinger in BK R N 13 zu § 104). Dennoch ist die praktische Bedeutung von § 104 2 gering (E. Prölss a.a.O.). Bei dem Übergang einer Gesamthypothek an mehreren Grundstücken des Vmers tritt die Rangänderung nur bezüglich der Rechte an dem vom Brand betroffenen Grundstück ein ( O L G Hamm 16. II. 1932 JRPV 1932 S. 304-306; Wussow 2 Anm. 2 zu § 104; E. Prölss, Kollhosser a.a.O.). Ein Rangrücktritt kommt nicht in Betracht gegenüber dinglichen Rechten des Eigentümers (siehe zu § 107 c unter J 98-99) und bei einer Verpflichtung aus § 103 gegenüber Grundpfandrechten, die nicht beim Ver angemeldet worden sind. 868

Johannsen/Johannsen

Anm. J 77

I. Der Schutz der Realgläubiger

§ 104 2 greift auch ein, wenn der Ver den Hypothekengläubiger nur teilweise befriedigt und die Hypothek nur in einem seiner Leistung entsprechenden Umfang auf ihn übergeht (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 5 zu § 104; Dörner-Staudinger in BK R N 12 zu § 104; a.M. Langheid in Römer-Langheid R N 4 zu § 104, der für diesen Fall von zwei ranggleichen Hypotheken ausgeht). [J 74]

ee) Beweislast

Entsprechend der oben unter J 71 vertretenen Theorie des forderungslosen Hypothekenerwerbs hat der Ver für die Geltendmachung des dinglichen Rechts nicht die Voraussetzungen eines Schadenersatz- oder Bereicherungsanspruchs gegen den Vmer darzulegen und zu beweisen sondern nur, daß er den Hypothekengläubiger gemäß §§ 102,103 befriedigt hat (LG Köln 2. VII. 1986 r + s 1986 S. 290-292; Dörner-Staudinger in BK R N 15 zu § 104; im Ergebnis ebenso Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 6 zu § 104). Behauptet der Vmer aber, daß der Ver ihm gegenüber leistungspflichtig sei, muß der Ver die Voraussetzungen der Leistungsfreiheit, etwa die vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung des Vsfalles beweisen. Denn nur wenn diese vorliegen, ist ein Rechtsübergang nach § 104 erfolgt (Prölss Beweislast R N 1 zu § 104). [J 75]

ff) Zwingende Natur der Vorschrift

§ 104 1 stellt eine Sonderregelung dar, die § 67 ausschließt. Sie gilt nicht für die Fälle der Hypothekeninteressev des § 105 (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 7 zu § 104). Soweit § 104 dem Schutz des Hypothekengläubigers dient, nämlich in S. 2, kann die Regelung nicht durch AVB abbedungen werden (Kollhosser a.a.O.; Dörner-Staudinger in BK R N 16 zu § 104). Durch § 25 Nr. 3 VGB 88 (J 72) werden Rechte des Hypothekengläubigers nicht berührt. j) § 105 W G Gliederung: Schrifttum J 76 aa) Regelungsgehalt und Anwendungsbereich J77 bb) Inhalt des Vertrages aaa) Allgemeines J 78

[J76]

bbb) Hypothekeninteressev J 79 ccc) Fortsetzung des Vertrages J 80 ddd) Mehrheit von Hypothekengläubigern

J 81 eee) Dauer der Verträge J 82

Schrifttum

Vgl. Sieg [Einl. 5], K. Bischoff VersR 1963 S. 8-15, Petersen Der Schutz der Realberechtigten in der Immobiliarv Diss. Hamburg 1964, Schorling Z H R 112 S. 12-50, Wussow 2 Erläuterungen zu § 105.

[J 77]

aa) Regelungsgehalt und Anwendungsbereich

Zur Vervollständigung des Schutzes des Hypothekengläubigers gewährt ihm § 105 die Möglichkeit, die V fortzusetzen oder für sein Interesse eine neue Gebäudev abzuschließen, wenn er trotz der Vorschriften der §§ 102,103 ohne ausreichenden Vsschutz ist. Das ist nicht der Fall, wenn der Ver wegen eines Verhaltens des Vmers leistungsfrei geworden ist, weil dann sowohl die Leistungspflicht gegenüber dem HypothekengläuJohannsen/Johannsen

869

Anm. J 78

J . Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

biger wie der Vsvertrag bestehen bleiben. Für den Fall des § 102 11 greift § 105 deshalb nicht ein. In den durch §§ 102 I 2, II 2 und 103 geregelten Fällen ist der Ver jedoch verpflichtet, bis zur anderweitigen V der Gebäude mit dem Hypothekengläubiger für dessen Interesse eine Gebäudev abzuschließen oder die V fortzusetzen, wenn der Hypothekengläubiger dies bis zum Ablauf der in diesen Vorschriften genannten Fristen schriftlich bei dem Ver beantragt und sich zur Zahlung der Prämie verpflichtet. Die durch die V O vom 28. XII. 1942 RGBl I 1942 S. 740 eingefügte Vorschrift ist aus den früher üblicherweise verwendeten Hypothekenvsscheinen entwickelt worden, mit deren § 5 II sie weitgehend inhaltlich übereinstimmt (vgl. dazu Raiser 2 R N 55 zu § 18 AFB). Die Vorschrift ist ein klarer gesetzlicher Beleg der Anerkennung der V eines eigenen Interesses an fremder Sache (K. Bischoff VersR 1963 S. 8-15; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 28 vor § 51). In der Literatur wird teilweise die Auffassung vertreten, § 105 finde entgegen seinem Wortlaut im Falle des § 102 I 2 keine Anwendung, weil diese Vorschrift keine Frist vorsehe und der Hypothekengläubiger deshalb durch sie ausreichend geschützt sei (Schorling ZHR 112 S. 12-50, 39; Petersen S. 128). Dem ist nicht zu folgen. Zwar besteht die Leistungspflicht des Vers ohne Befristung fort, wenn er nach dem Eintritt des Vsfalles von dem Vertrage zurücktritt oder diesen anficht. Das gilt aber nur hinsichtlich des bereits eingetretenen Vsfalles. Für künftige Vsfälle ist der Hypothekengläubiger, wenn nicht § 103 III eingreift, ungeschützt und hat durchaus ein berechtigtes Interesse, weiter Vsschutz zu genießen (Rainer Schmidt S. 224). Da in § 102 I 2 eine Frist nicht genannt ist, gilt für sein Abschlußverlangen die für den Fall des § 102 II 2 in dieser Vorschrift genannte Monatsfrist. In den Fällen des § 103 gilt die dort aufgeführte 3-Monatsfrist. Der Antrag des Hypothekengläubigers ist ein Vertragsantrag im Sinne der §§ 16,17 mit der Folge, daß der Hypothekengläubiger alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, anzuzeigen hat (Wussow2 Anm. 1 zu § 105; Sieg A 60; Petersen S. 128; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 105). Der Ver ist verpflichtet, den Antrag anzunehmen. Es handelt sich hierbei um einen gesetzlich geregelten K o n t r a h i e r u n g s z w a n g . Dieser besteht aber nach allgemeiner Auffassung nur im Rahmen von § 242 B G B (Wussow 2 Anm. 3 zu § 105; Rainer Schmidt S. 223; Petersen S. 126; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 105; DörnerStaudinger in BK R N 7 zu § 105; Langheid in Römer-Langheid R N 1 zu § 105). Danach darf der Ver den Antrag ablehnen, wenn ihm der Abschluß der V nicht zugemutet werden kann. Erheblich sind dafür aber nur Umstände, die sich aus der Person des Hypothekengläubigers ergeben, wie z.B. seine Mitwirkung an einer Brandstiftung oder an einem Täuschungsversuch bei der Schadenregulierung (Wussow, Rainer Schmidt, Kollhosser a.a.O.). Hingegen kann der Ver nicht geltend machen, daß die Übernahme des Risikos aus objektiven Gründen, z.B. wegen besonders feuergefährlicher Bauweise des Gebäudes, unzumutbar sei. Der Antrag muß innerhalb der in §§ 102 II, 103 genannten Fristen s c h r i f t l i c h gemäß § 126 B G B dem Ver oder einem Agenten gemäß § 43 zugehen, bei mehreren Vern dem führenden Ver. bb) Inhalt des Vertrages [J 78]

aaa) Allgemeines

Der Hypothekengläubiger hat die Wahl zwischen dem Abschluß einer neuen V für sein Interesse und der Fortsetzung des Vertrages. Der Inhalt beider Verträge ist gesetzlich nicht festgelegt. Die Regelung in § 105 2 „Die V muß das berechtigte Interesse des 870

Johannsen/Johannsen

Ann. J 79

I. Der Schutz der Realgläubiger

Hypothekengläubigers gewährleisten" wird teilweise nur als aufsichtsrechtliche Bestimmung angesehen (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 105; Dörner-Staudinger in BK R N 9 zu § 105) oder sogar für überflüssig gehalten (Wussow 2 Anm. 3 zu § 105). Richtigerweise ist der Vorschrift aber durchaus ein Hinweis auf die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrages zu entnehmen. Sie stellt nämlich klar, daß die V jedenfalls das berechtigte Interesse des Hypothekengläubigers abdecken muß. Darin liegt auch der wesentliche Grundgedanke der gesetzlichen Regelung im Sinne von §§ 9 II Nr. 1 AGBG, 307 BGB n.F. [J 79]

bbb) Hypothekeninteresseversicherung

Bei der dem Hypothekengläubiger zur Wahl gestellten H y p o t h e k e n i n t e r e s s e v handelt es sich zwar um eine Gebäudev, also eine Sachv. Sie ist aber keine V des Eigentümerinteresses, die nur mittelbar auch den Hypothekengläubiger schützt. Vielmehr wird sein eigenes Interesse, durch einen Schaden an dem Gebäude hinsichtlich der Hypothek einen Ausfall zu erleiden, vert (Möller Bd II Anm. 98 zu § 49; Wussow 2 R N 4 zu § 105; Berndt-Luttmer 2 S. 33; Dörner-Staudinger in BK R N 9 zu § 105). Die V kann damit als A u s f a l l v charakterisiert werden. Danach ist der Vswert nicht gemäß §§ 52, 88 der Gebäudewert sondern der Betrag der Hypothek nebst eines Pauschalbetrages in Höhe der rückständigen und der geschätzten zukünftigen bis zur Entschädigung fällig werdenden Zinsen und Kosten (Möller, Dörner-Staudinger a.a.O.). Dieser wird in aller Regel niedriger liegen als der Sachwert des Gebäudes, sodaß die V zu einer entsprechend dem Vswert bemessenen wirtschaftlich angemessenen Prämie gewährt werden kann. Für die Hypothekeninteressev hat die Praxis die Klausel 507 entwickelt (abgedruckt in Bd II Anm. 98 zu § 49 und unter A 27), die durch die Klausel 2203 VA 1987 S. 368, 379 abgelöst worden ist. Danach ist die Entschädigung - auch wenn mehrere Realgläubiger ihr Interesse vert haben - beschränkt auf den Vswert des Gebäudes. Das ist sachgerecht, weil keine Gründe dafür vorliegen, den Hypothekengläubiger durch die abgeschlossene V besser zu stellen, als er ohne Eintritt des Schadenereignisses oder im Rahmen der früheren V gestanden hätte. Zu Bedenken aus AGB-Gesichtspunkten gibt aber die Regelung der Ziffer 3 Anlaß, nach der Entschädigung nicht geleistet wird, soweit nach dem Schaden der gemeine Wert der verpfändeten Grundstücke und der Gebäudereste das hypothekarische Interesse noch deckt oder soweit der gemeine Wert das hypothekarische Interesse schon vor Eintritt des Vsfalles nicht mehr gedeckt hatte. Denn durch diese Klausel werden dem Ver weitreichende Einwendungen gegen den Entschädigungsanspruch zugebilligt, die ohne entsprechende Regelung eigentlich nicht zulässig sind (vgl. hierzu J 54), sodaß fraglich ist, ob das in § 105 2 angesprochene berechtigte Interesse des Hypothekengläubigers noch gewährleistet ist. Angesichts dessen, daß die Probleme um den Umfang der Haftung des Vers gegenüber dem Hypothekengläubiger heftig umstritten und durch die Entscheidungen des BGH vom 19.11.1981 VersR 1981 S. 521-523=NJW 1981 S. 1671-1672 und 4.XII. 1996 VersR 1997 S. 570-571 =r +s 1997 S. 119-120 nur teilweise geklärt worden sind (vgl. J54), kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß die in der Klausel enthaltenen Einschränkungen der Eintrittspflicht des Vers von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung im Sinne von §§ 9 II Nr. 1 AGBG, 307 BGB n. F. abweichen. Da die Einwendungen als Risikoausschluß formuliert sind, obliegt auch nicht dem Hypothekengläubiger sondern dem Ver der in der Praxis häufig schwierig zu führende Beweis dafür, daß die verbliebenen sonstigen Werte das Interesse des Hypothekengläubigers noch decken (Wussow 2 Anm. 5 zu § 105), sodaß er bei Unaufklärbarkeit geschützt ist. Johannsen/Johannsen

871

Anm. J 80

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Nach Ziffer 4 der Klausel hat der Hypothekengläubiger dem Ver auf Verlangen die durch das Realrecht gesicherte Forderung und dieses selbst zu übertragen, soweit die Entschädigung geleistet ist. Eine solche vertragliche Regelung ist erforderlich, weil ein gesetzlicher Forderungsübergang nach § 104 im Rahmen dieses eigenständigen Vsverhältnisses nicht in Betracht kommt (Wussow a.a.O.; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 105; Langheid in Römer-Langheid R N 4 zu § 105; Dörner-Staudinger in B K R N 4 zu § 105). Ohne besondere Vereinbarung würden Forderung und dingliches Recht aufgrund der Entschädigungsleistung erlöschen. Im Rahmen des vereinbarten Übergangs ist der Ver nicht an § 104 2 gebunden, d. h. er kann die aufgrund des Vertrages erworbene Hypothek gleich- und nachrangigen Hypothekengläubigern entgegenhalten. [J 80]

ccc) Fortsetzung des Vertrages

Die zweite Wahlmöglichkeit besteht in der F o r t s e t z u n g d e r V. Es handelt sich um einen gesetzlich geregelten Fall einer Vertragsübernahme, nämlich den Eintritt des Hypothekengläubigers in das vorher zwischen Ver und Vmer bestehende, bzw. im Fall der Nichtigkeit nach § 103 III als bestehend anzusehende Vertragsverhältnis, die im Gegensatz zu einer vereinbarten Vertragsübernahme (dazu z.B. B G H 27.XI. 1985 N J W 1986 S. 918-919) einer Zustimmung des bisherigen Vertragspartners nicht bedarf. Während der bisherige Vertrag aber vornehmlich das Eigentümerinteresse abdeckte, soll für den fortgesetzten Vertrag nach § 105 ebenso wie für den Neuabschluß das Interesse des Hypothekengläubigers maßgeblich sein. Diese Formulierung schließt es aus, den übernommenen Vertrag als eine Fremdv des Hypothekengläubigers im Eigentümerinteresse anzusehen und legt die Annahme nahe, daß es sich ebenfalls um eine eigenständige V des Interesses des Hypothekengläubigers, das durch sein Grundpfandrecht vermittelt wird, handelt (so die amtliche Begründung Dt. Justiz 1943 S. 43; Rainer Schmidt S. 225; Wiesinger S. 67; Sieg A 60; Dörner-Staudinger in B K R N 10 zu § 105). Da der durch die Fortsetzung des Vertrages weiter geltende Vswert des bisherigen Vertrages der Gebäudewert ist, das Interesse des Hypothekengläubigers aber durch den häufig niedrigeren Kapitalwert seines Grundpfandrechts nebst Zinsen und Kosten begrenzt wird, stellt die Fortsetzung des bisherigen Vertrages in vielen Fällen aus Kostengründen keine vernünftige Lösung dar, weshalb die zweite Wahlmöglichkeit des § 105 von Wussow 2 Anm. 4 zu § 105 als „unsinnige Konstruktion" bezeichnet wird (kritisch auch Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 105). Eine praktikable Lösung könnte aber dadurch erzielt werden, daß der Hypothekengläubiger gemäß § 51 I ein Verlangen auf Herabsetzung der Vssumme und der Prämie stellt, dem der Ver gemäß § 105 2 in Verbindung mit § 242 B G B entsprechen müßte (Kollhosser a.a.O., Dörner-Staudinger a.a.O. R N 11, die allerdings § 315 B G B heranziehen). Eine Anpassung des Vertragsverhältnisses an die durch den Eintritt des Hypothekengläubigers geänderten Verhältnisse ist auch sonst geboten. So kann von ihm die Erfüllung der ein Näheverhältnis zu dem Gebäude voraussetzenden Sicherheitsvorschriften und sonstigen Obliegenheiten nicht verlangt werden (Rainer Schmidt S. 225; Kollhosser a.a.O.; Dörner-Staudinger a.a.O. R N 12). Auch der Einhaltung vereinbarter Wiederherstellungsklauseln steht entgegen, daß der Hypothekengläubiger keine tatsächliche Möglichkeit hat, einen Wiederaufbau durchzuführen. Sie haben deshalb ihm gegenüber keine Wirkung (Rainer Schmidt, Kollhosser, Dörner-Staudinger a.a.O.). Das gilt auch für den von Langheid in RömerLangheid R N 2 zu § 105 für die Weitergeltung von Wiederaufbauklauseln angenommenen Fall, daß das Interesse des Hypothekengläubigers nicht in erster Linie auf eine 872

Johannsen/Johannsen

Anm. J 83

I. Der Schutz der Realgläubiger

Befriedigung seiner Forderung sondern, insbesondere bei Hypothekenbanken, auf langjährige Zinszahlungen gerichtet ist. Denn ein Wiederaufbau ist nur bei Mitwirkung des Grundstückseigentümers möglich, der aber am Vertragsverhältnis nicht mehr beteiligt ist und an den deshalb eine Vsentschädigung nicht zu zahlen ist. Eine Übertragung von Forderung und Hypothek, wie sie für die Hypothekeninteressev in den Klauseln 507,2203 vorgesehen ist, muß auch bei der Fortsetzung des Vertrages besonders vereinbart werden, weil die Entschädigungsleistung, falls sie nicht auf einem Vsfall in der Forthaftungszeit beruht, nicht gemäß §§ 102, 103 sondern aufgrund des fortgesetzten Vertrages erfolgt. Einem entsprechenden Verlangen des Vers, das für den Hypothekengläubiger keine Nachteile mit sich bringt, wird dieser nach Treu und Glauben entsprechen müssen. [J 81]

ddd) Mehrheit von Hypothekengläubigern

Sind mehrere Hypothekengläubiger vorhanden, so haben sie die Möglichkeit, selbständige Hypothekeninteressenven abzuschließen, aus denen jeweils nur jeder für sich berechtigt und verpflichtet ist. Wählen sie aber die Fortsetzung des Vertrages, so werden sie gemeinsam Vertragspartner des Vers und haften ihm für die Vsprämie als Gesamtschuldner (Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 105, Dörner-Staudinger in B K R N 12 zu § 105). Für den Anspruch auf die Entschädigungssumme sind sie Teilgläubiger, wobei für die Verteilung der Grundbuchrang ihrer Forderungen maßgeblich ist. [J 82]

eee) Dauer der Verträge

Die in § 105 geregelten Verträge bestehen „bis zur anderweitigen V der Gebäude". Gemeint ist damit eine V des Eigentümerinteresses, wobei unerheblich ist, ob die V vom Eigentümer selbst abgeschlossen wird oder einem anderen im Interesse des Eigentümers. In dem Zeitpunkt, in dem die neue V wirksam wird, erlischt die auf § 105 beruhende V automatisch, ohne daß es einer Kündigung bedarf. Sie bleibt nur bestehen, wenn im Vertrag ein Fortbestand ausdrücklich vorgesehen ist (Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 105; Dörner-Staudinger in B K R N 8 zu § 105). Da es auf das Inkrafttreten des neuen Vsschutzes ankommt, ist schon der Zeitpunkt maßgebend, für den eine vorläufige Deckungszusage erteilt wird (Wussow 2 Anm. 6 zu § 105; Kollhosser a.a.O.). k) § 106 W G Gliederung: aa) Regelungsgehalt aaa) Überblick J 83 bbb) § 1 0 6 1 1 . Alternative J 84 ccc) § 106 12. Alternative J 85

bb) cc) dd) ee)

Rechtsfolgen J 86 Verweigerung der Zustimmung J 87 Auswirkungen auf kombinierte Verträge J 88 Abweichende Vereinbarungen J 89

aa) Regelungsgehalt [J 83]

aaa) Überblick

Die Vorschrift erschwert im Interesse des Hypothekengläubigers die Kündigung des Vsvertrages durch den Vmer. Der Schutz bezieht sich nur auf die ordentliche Kündigung, insbesondere bei Verträgen mit unbestimmter Laufzeit oder vereinbarter VerJohannsen/Johannsen

873

Anm. J 84

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

längerungsklausel (Langheid in Römer-Langheid R N 1 zu § 106, a. M. Wussow 2 Anm. 2 zu § 106). Die besonderen Kündigungstatbestände des § 70 II bei Veräußerung der vten Sache und des § 96 nach dem Eintritt des Vsfalles sind ausdrücklich von dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen worden. Für eine Anwendung auf sonstige außerordentliche, insbesondere fristlose Kündigungen des Vmers aus wichtigem Grund (vgl. zu den Voraussetzungen B G H 3. X. 1984 VersR 1985 S. 54-55; Möller Bd I Anm. 25,26 zu § 8 und die gesetzliche Neuregelung in § 314 B G B n. F.), ist die Vorschrift, die auf die Einhaltung bestimmter Fristen abstellt, nicht geeignet. Für diese Ausnahmefälle verbleibt es für den Hypothekengläubiger bei dem befristeten Schutz aus § 103. Geschützt wird durch § 106 auch nur der Hypothekengläubiger, der sein Realrecht dem Ver angemeldet hat (vgl. dazu unter J 36). Der Vmer hat nach § 106 nur zwei Möglichkeiten, den Vsvertrag wirksam zu kündigen. Er muß dem Ver mindestens einen Monat vor Ablauf des Vsvertrages entweder nachweisen, daß das Grundstück in dem Zeitpunkt, in dem die Kündigung spätestens zulässig war, nicht mit Hypotheken belastet war (dazu H 84) oder daß der Hypothekengläubiger der Kündigung zugestimmt hat (dazu J 85). [J 84]

bbb) § 106 11. Alternative W G

Für die erste Alternative kommt es auf zwei Zeitpunkte an, die aus dem Vsvertrag in Verbindung mit §§ 7 und 8 zu ermitteln sind, einmal auf den A b l a u f des V s v e r trages und zum anderen auf den Zeitpunkt, an dem die Kündigung s p ä t e s t e n s zulässig war, wobei nicht auf die Absendung sondern den möglichen Zugang der Kündigungserklärung bei dem Ver abzustellen ist (Wussow2 Anm. 2 zu § 106). Im letzteren Zeitpunkt darf kein angemeldetes Grundpfandrecht bestehen. Zu Unrecht geht Langheid in Römer-Langheid R N 3 zu § 106 davon aus, daß es der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegenstehe, wenn bei früherer Kündigung und vor Ablauf der Monatsfrist erfolgten Nachweis der Lastenfreiheit nachträglich ein Grundpfandrecht eingetragen worden sei. Der Zeitpunkt, in dem die Kündigung spätestens zulässig war, stellt eine Stichtagsregelung dar, von der nicht abgewichen werden kann ( O L G Hamm 22. IX. 1964 VersR 1964 S. 1286-1287). Der Nachweis, daß der Wirksamkeit der Kündigung entgegenstehende Belastungen nicht vorhanden sind, ist bis mindestens einen Monat vor Ablauf des Vertrages zu erbringen. Er braucht nicht zusammen mit der Kündigung erbracht zu werden, sondern kann innerhalb der genannten Frist nachgeholt werden (Kollhosser in PrölssMartin 26 R N 4 zu § 106; Dörner-Staudinger in BK R N 7 zu § 106). Er ist in der Regel durch die Vorlage eines Grundbuchauszuges zu führen. Ist darin eine Hypothek zwar eingetragen, steht sie aber gemäß § 1163 B G B wegen Nichtentstehung der Forderung oder Nichtaushändigung des Hypothekenbriefes oder gemäß § 1164 wegen erfolgter Befriedigung dem Eigentümer zu, so steht dieses zwar materiell nach § 107 c der Kündigung nicht entgegen. Es muß aber der Nachweis geführt werden, daß trotz der Eintragung keine Fremdhypothek besteht. Da § 106 formelle Anforderungen an den Nachweis nicht stellt, kann dieser auch auf andere Weise als durch einen Grundbuchauszug, etwa durch Erklärungen des Grundbuchamtes oder des eingetragenen Gläubigers erbracht werden (Wussow 2 Anm. 2 zu § 106). Ist allerdings eine Grundschuld eingetragen, so reicht eine Erklärung des eingetragenen Gläubigers, daß die durch sie gesicherte Forderung beglichen sei, nicht aus ( O L G Hamm 15. VII. 1987 NJW RR 1987 S. 217 = VersR 1988 S. 394 LS). Denn dem Eigentümer steht, da die auf die Hypothek zugeschnittene Vorschrift des § 1164 B G B nicht zur Anwendung kommt, nur ein schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch gegen den Grundschuldinhaber zu, auf den für die Anwendung des § 106, der Rechtssicherheit 874

Johannsen/Johannsen

Anm. J 86

I. Der Schutz der Realgläubiger

für den Grundpfandgläubiger gewährleisten will, nicht abzustellen ist; maßgeblich ist nur die dingliche Rechtslage (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 106). Q 85]

ccc) § 106 12. Alternative W G

Für die zweite Alternative kommt es auf den Zeitpunkt, in dem die Kündigung spätestens zulässig war, nur dafür an, w e l c h e Grundpfandgläubiger ihre Zustimmung erteilen müssen, nämlich diejenigen, deren Rechte zu diesem Zeitpunkt wirksam bestellt und bei dem Ver angemeldet worden waren ( O L G Hamm 22. IX. 1964 VersR 1964 S. 1286-1287). Für die Erklärung der Zustimmung ist dieser Zeitpunkt nach dem Wortlaut und dem Sinn der Regelung unerheblich. Diese kann auch danach noch wirksam erteilt werden ( O L G Hamm a.a.O.; Rainer Schmidt S. 227; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 106; Dörner-Staudinger in BK R N 10 zu § 106; Langheid in Römer-Langheid R N 4 zu § 106, anders aber R N 8). Allerdings muß die Zustimmung so rechtzeitig erfolgen, daß der Vmer in der Lage ist, vor Beginn der hierfür maßgeblichen Monatsfrist vor Ablauf des Vsvertrages den Nachweis der Zustimmung zu erbringen. Es genügt auch, daß der Hypothekengläubiger seine Zustimmung direkt dem Ver gegenüber bis zum Beginn der Monatsfrist erklärt ( O L G Hamm, Kollhosser a.a.O.; Dörner-Staudinger in BK R N 9 zu § 106; zur verspäteten Zustimmung siehe unter J 86). Zustimmung ist im Sinne von § 182 B G B zu verstehen. Sie ist gemäß § 182 II B G B formlos möglich. Zu beachten sind aber §§ 182 III und 111 BGB. Danach kann der Ver die Kündigung zurückweisen, wenn die Erklärung des Hypothekengläubigers ihm nicht in schriftlicher Form vorgelegt wird. Die Zustimmung des Hypothekengläubigers ist auch dann erforderlich, wenn die Kündigung nicht von dem Vmer sondern im Falle eines gegen ihn bestehenden Konkursverfahrens vom Masseverwalter ausgesprochen worden ist ( O G H 9. II. 1999 VersR 2000 S. 613-616). u 86]

bb) Rechtsfolgen

Eine Kündigung des Vmers, die die Voraussetzungen des § 106 nicht erfüllt, ist unwirksam. Es handelt sich hierbei nicht um relative Unwirksamkeit nur im Verhältnis zum Hypothekengläubiger sondern um absolute mit der Wirkung, daß der Vertrag zwischen Ver und Vmer fortbesteht. Das ist aus Gründen der Rechtsklarheit geboten (Möller in Bd I Anm. 30 zu § 8; Wussow2 Anm. 1 zu § 106; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 106; Dörner-Staudinger in BK R N 11 zu § 106; unentschieden Langheid in Römer-Langheid R N 6 zu § 106). Fraglich könnte sein, ob die Unwirksamkeit bereits eintritt, wenn der Vmer kündigt, ohne die erforderlichen Nachweise zu erbringen, aber die Frist von einem Monat vor Ablauf des Vertrages noch nicht begonnen hat. Überwiegend wird aber bis zu diesem Zeitpunkt gemäß § 184 B G B s c h w e b e n d e U n w i r k s a m k e i t der Kündigung angenommen (Rainer Schmidt S. 227; Kollhosser a.a.O. R N 4; Dörner-Staudinger a.a.O. R N 11; a. M. Langheid a.a.O. R N 8, der nur für den Fall, daß der Ver mit einer Genehmigung der Kündigung durch den Hypothekengläubiger einverstanden ist, von schwebender Unwirksamkeit, sonst von Nichtigkeit ausgeht). Dörner-Staudinger a.a.O. weisen zutreffend darauf hin, daß schwebende Unwirksamkeit eigentlich dem allgemeinen privatrechtlichen Grundsatz widerspreche, daß einseitige empfangsbedürftige Rechtsgeschäfte, die ohne erforderliche Einwilligung vorgenommen werden, nichtig seien (Staudinger-Gursky13 R N 36 zu § 182; Schramm in Münchener Kom. 3 R N 22 zu § 182), betrachten aber § 106 als eine Sonderregelung, in der dem Interesse des Vers als Erklärungsempfänger an klaren Verhältnissen ausreichend dadurch RechJohannsen/Johannsen

875

Anm. J 87

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

nung getragen worden sei, daß der Schwebezustand spätestens einen Monat vor Ablauf des Vertrages beendet wird. Dem ist zuzustimmen. Zutreffend hat auch OLG Hamm 22. IX. 1964 VersR 1964 S. 1286-1287 darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber durch die Formulierung des § 106 bewußt einen Schwebezustand in Kauf genommen habe. Ergänzend ist noch auf die Überlegung zu verweisen, daß die angeführten Bedenken für die 1. Alternative unerheblich sind, sodaß wenn die Kündigung ohne den Nachweis, daß Grundstücksbelastungen nicht vorhanden seien, erklärt und dieser vor Beginn der Monatsfrist nachgereicht wird, für die Zwischenzeit auf jeden Fall von schwebender Unwirksamkeit auszugehen ist. Beide Fälle müssen aber gleich behandelt werden. Der Schwebezustand wird spätestens einen Monat vor Vertragsablauf beendet. Wenn bis dahin der Nachweis der Zustimmung des Hypothekengläubigers oder des Nichtbestehens relevanter Rechte nicht erbracht wird, tritt endgültig Unwirksamkeit ein. Die Kündigung wird aber gemäß § 184 BGB wirksam, wenn der Hypothekengläubiger sie vorher genehmigt oder der Vmer die entsprechenden Nachweise erbringt. Nach Treu und Glauben ist der Ver verpflichtet, den Vmer auf die Voraussetzungen des § 106 hinzuweisen, wenn ihm innerhalb der Schwebezeit eine Kündigung ohne entsprechende Nachweise zugeht (Möller Bd I Anm. 30 zu § 8; Wussow 2 R Ñ 4 zu §106; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 4 zu § 106 unter Verweis auf Prölss a.a.O. R N 1 6 zu § 8; Dörner-Staudinger in BK RN 12 zu § 106). Das ist allerdings nur geboten, wenn der Ver Grund zu der Annahme hat, daß der Vmer über die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Kündigung irrt und eine Nachbesserung zeitlich noch möglich ist. Das BAV (VA 1975 S. 112) hat sogar die Mitteilung der angemeldeten Grundpfandrechte empfohlen. Hierin liegt aber eine Uberspannung der Fürsorgepflichten für den Ver, zumal dem Vmer die meist im Zusammenhang mit der Bestellung erfolgende Anmeldung der Rechte bei dem Ver regelmäßig bekannt sind. Die Verletzung der Hinweispflicht kann Schadensersatzansprüche auslösen, ein kausal verursachter Schaden könnte in der fortbestehenden Prämienzahlungspflicht bestehen, wenn der Vmer zwischenzeitlich im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Kündigung einen neuen Feuervsvertrag abgeschlossen hat (Kollhosser, Dörner-Staudinger a.a.O.). Ist die Kündigung wegen Fristablaufs endgültig unwirksam, stimmt der Hypothekengläubiger ihr aber nachträglich zu, so stellt sich die Frage, ob eine Umdeutung nach § 140 BGB in Betracht kommt. Ob der Vmer zum nächstmöglichen Termin nach Eingang der Zustimmung des Hypothekengläubigers kündigen wollte, wird sich aber schwer feststellen lassen. Nur wenn der Vmer selbst die Zustimmung übersendet und damit zum Ausdruck bringt, daß er auf einer Kündigung bestehe, wird man das annehmen können (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 106). Die Zustimmung des Hypothekengläubigers zur Kündigung hat den Verlust seines Anspruchs aus § 103 zur Folge (Kollhosser a.a.O. RN 1; Dörner-Staudinger in BK R N 9 zu §106). [J 87]

cc) Verweigerung der Zustimmung

Nach § 106 II darf die Zustimmung des Hypothekengläubigers nicht ohne ausreichenden Grund verweigert werden. Als solcher ist es anzusehen, wenn der Vmer das Gebäude überhaupt nicht mehr oder zu schlechteren Bedingungen vern will oder Bedenken gegen die Bonität des neuen Vers bestehen. Fraglich ist, ob der Hypothekengläubiger auch bei objektiv gleichwertigem Schutz durch einen neuen Ver aus subjektiven Gründen die Zustimmung verweigern kann. 876

Johannsen/Johannsen

Anm. J 89

I. Der Schutz der Realgläubiger

Kollhosser a.a.O. R N 6 und Langheid in Römer-Langheid R N 11 zu § 106 halten auch enge persönliche oder geschäftliche Beziehungen zwischen dem Hypothekengläubiger und dem bisherigen Ver für ausreichend. § 106 hat jedoch nicht das Ziel, persönliche oder geschäftliche Interessen des Hypothekengläubigers zu schützen, die nicht mit der dinglichen Sicherheit seiner Forderung verbunden sind. Ist diese gewährleistet, muß der Vertragsfreiheit des Vmers der Vorrang eingeräumt werden (Wussow 2 Anm. 5 zu § 106; Dörner-Staudinger in B K R N 13 zu § 106; Rainer Schmidt S. 227). Verweigert der Hypothekengläubiger die Zustimmung aus nicht gerechtfertigten Gründen, so kann, wenn die Weigerung als Verstoß gegen Treu und Glauben anzusehen ist, ihre Erteilung auf Grund des allgemeinen Rechtsgedankens des § 162 B G B fingiert werden. B G H 25.IX.1996 N J W 1996 S. 3338-3341 hält § 162 B G B auf Wollensbedingungen, die - wie hier nach § 106 II - nicht in das freie Belieben eines Zustimmungsberechtigten gestellt sind, zutreffend für analog anwendbar. Bei einem treuwidrigen Verhalten des Hypothekengläubigers gegen den Vmer kann auch ein Schadenersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung aus dem Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und Hypothekengläubiger in Betracht kommen (Rainer Schmidt S. 227; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 6 zu § 106; Dörner-Staudinger in B K R N 14 zu § 106). [J 88]

dd) Auswirkungen auf kombinierte Verträge

§ 106 gilt wie die übrigen Schutzbestimmungen für den Hypothekengläubiger nur für die Feuerv ( vgl. J 25). Bei der Kündigung eines kombinierten Vertrages, durch den außer der Feuergefahr weitere Gefahren vert sind, wie z.B. in der Wohngebäudev nach den V G B 62 oder 88, ist § 106 nur für die Feuerv zu beachten. Es beurteilt sich nach §139 B G B , ob bei Fehlen der Voraussetzungen des § 106 die Kündigung im übrigen wirksam ist. Das nehmen Kollhosser a.a.O. R N 1 und Langheid in Römer-Langheid R N 7 zu § 106 für den Regelfall an. § 139 B G B geht aber von dem Regelfall der Gesamtnichtigkeit aus (Mayer-Maly Münchener Korn 3 R N 1, 2 zu § 139). Ein nur teilweises Fortbestehen des Gesamtvertrages ist schon wegen der einheitlichen Prämie unpraktikabel und widerspricht den Interessen beider Vertragsparteien (im Ergebnis ebenso Dörner-Staudinger in B K R N 2 zu § 106). [J 89]

ee) Abweichende Vereinbarungen

Da § 106 dem Schutz der Realgläubiger dient, kann von dieser Vorschrift nicht zu deren Nachteil vertraglich abgewichen werden ( O L G Hamm 22. IX. 1964 VersR 1164 S. 1286-1287; Kollhosser a.a.O. R N 7; Dörner-Staudinger a.a.O. R N 15). Erschwerungen der Kündigung zum Nachteil des Vmers sind grundsätzlich zulässig. Die Zulässigkeit des von Kollhosser a.a.O. R N 4 aufgeführten Beispiels des Verlangens eines beglaubigten Grundbuchauszuges scheitert aber in AVB an §§ 11 Nr. 16 A G B G , 309 Nr. 13 B G B n.F. (Prave Vsbedingungen u. A G B G S. 211 Nr. 604; Dörner-Staudinger a.a.O. R N 16; vgl. auch G 125 zu der Regelung in 13 Nr. 1 c AFB 87, die dort geregelte Vorlage eines beglaubigten Grundbuchauszuges bezieht sich aber nicht auf die Kündigung).

Johannsen/Johannsen

877

Anm. J 92

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

1) § 107 W G Gliederung: aa) Vorbemerkung J 90 bb) Bestätigung J 91

[J 90]

I I

cc) Auskunft J 92

aa) Vorbemerkung

§ 107 gehört mit §§ 100 und 101 zu den Vorschriften, durch die das durch die Anmeldung der Hypothek bei dem Ver begründete besondere Legalschuldverhältnis zwischen Ver und Hypothekengläubiger näher ausgestaltet wird. Die Vorschrift legt dem Ver zwei echte Rechtspflichten gegenüber dem Hypothekengläubiger auf. Er muß ihm seine Anmeldung bestätigen und auf Verlangen Auskunft über das Bestehen von Vsschutz und über die Höhe der Vssumme erteilen. [J 91]

bb) Bestätigung

Die B e s t ä t i g u n g muß der Ver von sich aus ohne besonderes Verlangen des Hypothekengläubigers erteilen. Sie kann formfrei erfolgen. Es genügt z. B. eine nicht unterschriebene Erklärung etwa auf der Durchschrift der Anmeldung (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 107). Inhaltlich erfordert sie lediglich die Mitteilung des Vers, daß die Anmeldung bei ihm eingegangen sei. Die Bestätigung begründet für den Hypothekengläubiger die Sicherheit, daß sein Recht in den Situationen, in denen es auf die Anmeldung der Hypothek ankommt, nämlich nach den §§ 100, 101, 103 und 106, vom Ver beachtet werden wird. Darüber hinaus kommt ihr keine rechtliche Bedeutung zu. Es kann aus ihr insbesondere nicht gefolgert werden, daß der Ver eine den gesetzlichen Schutzvorschriften entsprechende Verpflichtung übernommen hat, wenn deren Voraussetzungen nicht vorliegen (Kollhosser a.a.O.; Dörner-Staudinger in BK R N 4 zu § 107; Langheid in Römer-Langheid R N 2 zu § 107). Soweit Kollhosser a.a.O. R N 3 einer „ freiwillig" erteilten Bestätigung eine weitergehende Bedeutung zulegen will, ist ihm nicht zu folgen. Eine ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eintretende Haftung gegenüber dem Hypothekengläubiger kommt nur in Betracht, wenn ein entsprechender Verpflichtungswille vorhanden ist und auch nach außen in Erscheinung tritt, z. B. durch die Unterzeichnung eines Hypothekensicherungsscheins für eine abgeschlossene Mobiliarv (dazu unter J 20). Hat der Ver Zweifel, ob das angemeldete Recht besteht, darf er Nachweise über die Berechtigung des Anmeldenden verlangen. Er darf aber die Bestätigung eines angemeldeten, im Grundbuch eingetragenen Rechts nicht verweigern (Wussow 2 Anm. 1 zu § 107). [J 92]

cc) Auskunft

A u s k u n f t hat der Ver dem Hypothekengläubiger nur auf dessen Verlangen zu erteilen. Sie kann ebenfalls formlos, insbesondere mündlich oder fernmündlich erfolgen. Inhaltlich bezieht sie sich nicht nur auf die Angabe, daß Vsschutz besteht. Die neben dem Bestehen des Vsschutzes im Gesetz genannte Höhe der Vssumme ist nicht als ausschließlich zu machende Angabe über den Inhalt des Vertrages sondern als Beispiel für erhebliche Umstände anzusehen. So erstreckt sich die Auskunftspflicht auch auf Angaben über Selbstbehalte, Risikoausschlüsse und vereinbarte Wiederaufbauklauseln (Dörner-Staudinger in BK R N 5 zu § 107; Langheid in Römer-Langheid R N 3 zu § 107). Fragt der Hypothekengläubiger danach, ob die Erstprämie gezahlt 878

Johannsen/Johannsen

Anm. J 93

I. Der Schutz der Realgläubiger

worden ist, muß ihm auch diese Auskunft erteilt werden (Dörner-Staudinger a.a.O.; verneinend Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 107; Langheid a.a.O. R N 4). Diese Verpflichtung läßt sich nicht mit einem Umkehrschluß aus § 101 I 1 verneinen, weil diese Vorschrift nur vom Ver spontan zu machende Mitteilungen betrifft. Da die Zahlung der Erstprämie für den Schutz des Hypothekengläubigers von erheblicher Bedeutung ist, ist die Beantwortung einer entsprechenden Frage nach Treu und Glauben geboten. Streitig ist auch, ob der Ver im Rahmen des § 107 nur e i n m a l im unmittelbaren Zusammenhang mit der Anmeldung und Bestätigung Auskunft zu erteilen hat (so Kollhosser, Langheid a.a.O.) oder auf entsprechendes Verlangen auch mehrfach während des Verlaufs des Vs- und Legalschuldverhältnisses (so Wussow 2 Anm. 2 zu § 107; Dörner-Staudinger a.a.O. R N 6). Für eine Beschränkung auf eine einmalige Auskunft ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes kein Anhaltspunkt. Auch spricht die Regelung der spontan zu erfüllenden Mitteilungspflichten durch §§ 101-103 nicht gegen eine mehrfache Auskunftserteilung, an der der Hypothekengläubiger bei Veränderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse durchaus ein berechtigtes Interesse haben kann. Zu beachten ist aber, daß das Legalschuldverhältnis zwischen Ver und Hypothekengläubiger wie das Vsverhältnis von Treu und Glauben beherrscht wird. Das hat zur Folge, daß wiederholte Auskunft nur verlangt werden kann, wenn hierfür ein begründeter Anlaß besteht, und daß auch der Umfang der Auskunft sich an den berechtigten Interessen des Hypothekengläubigers zu orientieren hat. Keinesfalls ist der Ver bei zweifelhafter Rechtslage zur Erteilung eines „Rechtsgutachtens" verpflichtet (Wussow 2 Anm. 2 zu § 107). Der Ver hat die von dem Hypothekengläubiger verlangte Auskunft w a h r h e i t s g e m ä ß zu erteilen. Bei Verletzung dieser Verpflichtung kann er sich wegen Pflichtverletzung nach § 280 BGB n. F., früher wegen positiver Forderungsverletzung schadenersatzpflichtig machen (BGH 15. XI. 1978 VersR 1979 S. 176-178 zu mißverständlichen Angaben in einem KFZ-Sicherungsschein; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 3 zu § 107; Dörner-Staudinger in BK R N 7 zu § 107; Langheid in RömerLangheid R N 5 zu § 107). Das gilt auch, wenn der Ver über seine aus § 107 folgende Verpflichtung hinausgehende unrichtige Angaben gemacht hat, denen der Hypothekengläubiger vertraut hat. Ein ersatzfähiger Schaden wird allerdings nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen, weil der Schutz des angemeldeten Hypothekengläubigers eine nahezu vollkommener ist. m) §107 a W G Gliederung: aa) Regelungsgehalt und Anwendungsbereich J93

[J 93]

bb) Voraussetzungen J 94 cc) Beweislast J 95

aa) Regelungsgehalt und Anwendungsbereich

Um dem Ver die Erfüllung seiner in §§ 101-103 geregelten Mitteilungspflichten zu erleichtern, ordnet § 107 a an, daß für den Fall einer dem Ver nicht mitgeteilten Wohnungsänderung des Hypothekengläubigers die Absendung eines eingeschriebenen Briefes nach der letzten dem Ver bekannten Wohnung genügt und die Mitteilung in dem Zeitpunkt wirksam wird, in welchem sie ohne die Wohnungsänderung bei regelmäßiger Beförderung zugegangen sein würde. Diese Regelung weicht von den allgemeinen Zugangsvorschriften der §§130-132 BGB ab und überträgt die für den Johannsen/Johannsen

879

Anm. J 94

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Vsvertrag geltende Sonderregelung des § 10 auf das zwischen dem Ver und dem Hypothekengläubiger durch die Anmeldung seines Rechts begründete Legalschuldverhältnis. Sie gilt nur für die in der Vorschrift ausdrücklich genannten Mitteilungen nach den §§ 101-103, nicht aber für sonstige, die z. B. im Rahmen der Anwendung von §§ 105 und 107 zu machen sind (Wussow 2 Erläuterung zu § 107 a). Dafür besteht auch keine Notwendigkeit, weil bei Abschluß einer V nach § 105 § 10 anwendbar ist, bei der Anwendung von § 107 entsprechende Probleme kaum auftauchen können, weil die Mitteilungen des Vers in Form der Bestätigung und der Auskunft unmittelbare Reaktionen auf die Anmeldung und das Auskunftsverlangen des Hypothekengläubigers darstellen, in denen die aktuelle Adresse in aller Regel angegeben sein wird. Die Vorschrift ist auch im übrigen eng zu verstehen und kann insbesondere nicht auf den Fall vorübergehender Abwesenheit von der Wohnung ( B G H 18. X I I . 1970 VersR 1971 S. 262-263 zu § 10) und der ursprünglichen Angabe einer falschen Anschrift ( O G H 22. X I I . 1984 VersR 1985 S. 794-795) entsprechend angewendet werden (Dörner-Staudinger in B K R N 6 zu § 106 a; für Analogie aber Langheid in RömerLangheid R N 3 zu § 107 a). Den Hypothekengläubiger trifft keine R e c h t s p f l i c h t , die Änderung seiner Wohnung dem Ver mitzuteilen (so aber Dörner-Staudinger a.a.O. R N 3; Langheid a.a.O.), sondern eine O b l i e g e n h e i t (Möller Bd I Anm. 13 zu § 10; Reimer Schmidt O b liegenheiten S. 251, 281; Römer in Römer-Langheid R N 1 zu § 10). Es handelt sich um eine gesetzliche Obliegenheit, deren Rechtsfolge einer Verletzung abschließend mit der angeordneten Fiktion des Zugangs im Gesetz geregelt ist, sodaß weder für die Anwendung von § 6 noch für Schadenersatzverpflichtungen Raum ist. [J 94]

bb) Voraussetzungen

Ä n d e r u n g d e r W o h n u n g ist wie in § 10 zu verstehen (vgl. dazu Möller in Bd I Anm. 10 zu § 10). Es ist also nicht auf die polizeiliche Meldung sondern auf die Verlegung des Lebensmittelpunktes in eine andere Wohnung abzustellen. Obwohl § 107 a anders als § 10 eine entsprechende Regelung über Gewerbebetriebe nicht enthält, ist er auch für gewerbliche Unternehmen anwendbar. Es kommt bei diesen darauf an, ob sie ihre Anschrift, unter der sie für den Ver erreichbar waren, ändern. O b eine M i t t e i l u n g der Adressenänderung erfolgt ist, muß aus der Sicht des Vers als Erklärungsempfänger ermittelt werden. Da § 107 a wie § 10 nur verhindern will, daß der Ver erforderliche Erklärungen gegenüber dem Hypothekengläubiger nicht abgeben kann, weil er dessen Anschrift nicht kennt, kommt es nur auf die tatsächliche Kenntnis von der neuen Anschrift und nicht darauf an, ob eine ausdrückliche Mitteilung erfolgt ist ( B G H 6. I X . 1990 VersR 1990 S. 881-882 zu § 10, Möller Bd I Anm. 12 zu § 10; Römer in Römer-Langheid R N 7 zu § 10; Dörner-Staudinger in B K R N 4 zu § 107 a). Von der Kenntnis des Vers ist auszugehen, wenn die neue Anschrift auf dem Briefkopf des Hypothekengläubigers aufgeführt war, nicht aber wenn sie sich ohne jeden Hinweis in der Korrespondenz nur bei der Absenderangabe auf dem Briefumschlag befindet (Dörner-Staudinger a.a.O.; Römer a.a.O. R N 3). U m die Wirksamkeit der Mitteilung zu erreichen, muß der Ver sie in einem e i n g e s c h r i e b e n e n B r i e f an die letzte ihm bekannte Adresse absenden. Es genügt nicht irgend eine füher gültig gewesene Anschrift ( B G H 4. X I I . 1974 VersR 1975 S. 365-366). S. 2 legt die Wirksamkeit des Zugangs dieser Mitteilung auf den Zeitpunkt fest, in welchem sie bei regelmäßiger Beförderung zugegangen sein würde. Dafür ist auf die üblichen Postlaufzeiten, die unterschiedlich sind für die Beförderung innerhalb eines Ortes, innerhalb Deutschlands und ins Ausland, abzustellen. Die Annahme eines Zeitraumes von 2 Tagen innerhalb eines Ortes und von 3 Tagen innerhalb Deutschlands 880

Johannsen/Johannsen

I. Der Schutz der Realgläubiger

Anra. J 96

dürfte realistisch sein (Langheid in Römer-Langheid R N 4 zu § 107 a; Dörner-Staudinger in BK R N 7 zu § 107 a). Für Versendungen ins Ausland müssen die häufig viel längeren Postlaufzeiten im einzelnen ermittelt werden. § 107 a stellt keine zwingende Regelung dar und kann grundsätzlich, weil die Vorschrift nur dem Interesse des Vers dient, zum Nachteil des Hypothekengläubigers abgeändert werden. Die Ersetzung des eingeschriebenen Briefs durch einen einfachen Brief, wie sie in einzelnen AVB außerhalb der Feuerv vorgeschrieben war, stellt aber einen Verstoß gegen §§ 10 Nr. 6 AGBG, 308 Nr. 6 BGB n.F. dar (OLG Hamburg 11. VII. 1979 VersR 1980 S. 38-40) und könnte in AVB auch nicht zu Lasten des Hypothekengläubigers vereinbart werden (siehe dazu auch Hansen VersR 1988 S. 11 ΙΟΙ 118,1117, Präve Vsbedingungen und AGBG Nr. 578 S. 204). Q 95]

dd) Beweislast

Da nach den allgemeinen Grundsätzen über die Beweislastverteilung bei Obliegenheitsverletzungen (dazu unter G 23) den Ver die Beweislast für den objektiven Verstoß trifft, muß er beweisen, daß der Hypothekengläubiger die Änderung seiner Wohnung dem Ver nicht mitgeteilt hat (a.A. Prölss Beweislast R N 1 zu § 107 a, Dörner-Staudinger in BK R N 8 zu § 107a). Weil dieser Umstand aber in seiner Sphäre liegt, muß der Hypothekengläubiger die Mitteilung substantiiert darlegen. Der Ver muß ferner die Absendung des eingeschriebenen Briefes beweisen, wofür die Vorlage des abgestempelten Einlieferungsscheines genügt (Prölss, Dörner-Staudinger a.a.O.). n) § 107 b W G Gliederung: a) Regelungsgehalt und Anwendungsbereich J96

Q 96]

aa) Regelungsgehalt und Anwendungsbereich

Die Vorschrift erweitert den Anwendungsbereich der §§ 99-107 a, in denen ausdrücklich nur von „Hypothek" und „Hypothekengläubiger" die Rede ist, auf andere Grundpfandrechte, nämlich Reallast, Grund- und Rentenschuld. Während die BGBVorschriften zum Schutz des Hypothekengläubigers gemäß § 1192 BGB auf die Grundschuld und gemäß § 1200 BGB auf die Rentenschuld entsprechend anwendbar sind, wird für die Reallast erst durch § 107 b ein besonderer Schutz gewährt, weil §1107 BGB nur hinsichtlich der einzelnen aus dem Grundstück zu entrichtenden Leistungen, nicht aber für das Hauptrecht selbst, die Geltung des Hypothekenrechts des BGB anordnet (Soergel-Stürner 12 R N 1 zu § 1107; Voss VersR 1961 S. 961-964, 963; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 2 zu § 107 b; Dörner-Staudinger in BK R N 2 zu § 107b; a.A. Rainer Schmidt S. 3). Soweit in den Feuervsbedingungen die geschützten Gläubiger aufgeführt sind, z.B. in § 17 III 3 AFB 30, ist die Reallast besonders erwähnt. Ihr Schutz ist aber dem der anderen Rechte nicht gleichwertig, weil die Reallast sich nicht gemäß § 1127 BGB auf die Vsforderung erstreckt, sodaß im ungestörten Vsverhältnis ein Zahlungsanspruch gegen den Ver nicht besteht. Bei Vereinbarung einer Wiederherstellungsklausel im Vsvertrag und im gestörten Vsverhältnis steht die Reallast aber den übrigen geschützten Rechten gleich. § 107 b regelt die entsprechende Geltung der § 99-107 a seinen Wortlaut nach nur, wenn das G r u n d s t ü c k mit den genannten Rechten belastet ist, greift aber auch dann Johannsen/Johannsen

881

Anm. J 97

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

ein, wenn ein an dem Grundstück bestelltes Erbbaurecht mit Grundpfandrechten belastet ist ( O L G Hamburg 4 . V I . 1 9 9 6 VersR 1996 S. 1141-1142 = r + s 1996 S. 3 6 3 365; Voss VersR 1961 S. 9 6 1 - 9 6 4 , 9 6 2 ; Kollhosser a.a.O.; Langheid in Römer-Langheid R N 4 zu § 102; Dörner-Staudinger in B K R N 2 zu § 102). § 11 ErbbauVO ordnet nämlich die entsprechende Anwendung der sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften an, zu denen nicht nur § 1127 B G B sondern auch die diesen ergänzenden Vorschriften des W G gehören. Die Vormerkung für eines der genannten Rechte ist zwar selbst kein dingliches Recht, das den Schutz der §§ 99-107 a beanspruchen kann. Der Schutz tritt aber mit dem Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung rückwirkend ein, wenn das gesicherte Recht nachträglich eingetragen wird ( R G 26. VI. 1936 R G Z 151 S. 389-395; Kollhosser a.a.O. R N 4 zu § 103; Dörner-Staudinger in B K R N 15 zu § 102). Das Nießbrauchrecht nach § 1030 B G B gehört nicht in den Schutzbereich des § 107b (Schütz VersR 1987 S. 134-138, 135; Kollhosser a.a.O. R N 2; Dörner-Staudinger in B K R N 6 zu § 107b). Auch auf öffentlich-rechtliche Lasten ist die Vorschrift nicht anwendbar (Kollhosser, Dörner-Staudinger a.a.O.). Schließlich ist § 107c zu beachten, wonach ein Teil der in § 107b genannten Vorschriften, nämlich §§ 101—107b nicht zugunsten solcher Hypotheken, Grundschulden oder Rentenschulden angewendet werden können, die dem Vmer zustehen (dazu unter J 98 und 99). Anwendbar bleiben aber für diese §§ 99 und 100. U 97]

bb) Bedeutung der entsprechenden Anwendung

Die vom Gesetz angeordnete e n t s p r e c h e n d e Anwendung der §§ 9 9 - 1 0 7 a bedeutet insbesondere für die G r u n d s c h u l d , daß für jeden Einzelfall zu prüfen ist, ob Abweichungen von den für Hypotheken entwickelten Regelungen deshalb geboten sind, weil die Grundschuld eine Forderung nicht voraussetzt. Das ist insbesondere für die Ansprüche aus §§ 102,103 erheblich. Diese können auch für eine im Zeitpunkt des Vsfalles nicht valutierte Grundschuld geltend gemacht werden ( R G 16. IV. 1929 R G Z 124 S. 9 1 - 9 5 in einem Fall, in dem der Erwerber einer Eigentümergrundschuld die Gegenleistung erst nach dem Vsfall an den Eigentümer gezahlt hat; zustimmend Wussow 2 Anm. 1 zu § 107b; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 107b; DörnerStaudinger in B K R N 3 zu § 107 b). Die Ansprüche bestehen aber dann nicht, wenn der Eigentümer bei einer Sicherungsgrundschuld die gesicherte Forderung ganz oder teilweise zurückgezahlt hat. Hat er nämlich auf die Grundschuld gezahlt, geht diese auf ihn über (Soergel-Konzen 1 2 R N 38 zu § 1191) mit der zwingenden Folge aus § 1 0 7 c , daß Rechte aus den §§ 101—107 b nicht geltend gemacht werden können. Bei der nach den üblichen Bankbedingungen vorgesehenen Zahlung auf die sich aus der Sicherungsabrede ergebende Forderung erlangt er zwar nur einen obligatorischen Rückgewähranspruch (Soergel-Konzen a.a.O.). Da dieser jedoch im Ergebnis dazu führt, daß der Eigentümer trotz Leistungsfreiheit des Vers ihm gegenüber eine Entschädigung erhalten würde, ist die Anwendung der §§ 102, 103 in diesem Fall nach ihrem Schutzzweck ausgeschlossen ( O L G Saarbrücken 10. I X . 1997 N J W R R 1998 S. 1486-1487; L G Köln 2. VII. 1986 r + s 1986 S. 290-292; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 107 b; Dörner-Staudinger in B K R N 4 zu § 107 b, Langheid in RömerLangheid R N 2 zu § 107 b; a.A. Wussow 2 Anm. 3 zu § 107c). Diese Überlegung greift aber nicht ein, wenn Dritte den Rückgewähranspruch gepfändet haben, sodaß §§ 102, 103 in diesem Fall anwendbar bleiben (Kollhosser, Langheid a.a.O.). Zu § 106 hat das O L G Hamm 15. VII. 1987 N J W R R 1988 S. 2 1 7 = V e r s R 1988 S. 394 LS entschieden, daß eine Kündigung des Vmers ohne Zustimmung des Grund882

Johannsen/Johannsen

I. Der Schutz der Realgläubiger

A n m . J 98

schuldgläubigers auch dann unwirksam sei, wenn die gesicherte Forderung bereits getilgt sei. Dieser Entscheidung ist zuzustimmen, weil für die Kündigung aus Gründen der Rechtsklarheit auf die formale sachenrechtliche Position abzustellen ist und nicht auf einen für Außenstehende nicht erkennbaren und sich unter Umständen der Höhe nach veränderlichen Rückgewähranspruch (Kollhosser a.a.O.; kritisch Langheid a.a.O. R N 3). Auch §§ 99 und 100, die - wie sich aus § 107 c ergibt - sogar auf Eigentümergrundschulden anwendbar sind, sowie §§ 101 und 107 sind auf die nicht mehr valutierte Sicherungsgrundschuld anwendbar, während §§ 104 und 105 von der Anwendung der §§ 102,103 abhängen. Für die R e n t e n s c h u l d sind auf die einzelnen Leistungen, die nach § 1200 B G B wie Hypothekenzinsen behandelt werden, §§ 99-107 a) unmittelbar anzuwenden; für die Ablösungssumme, die dem Grundkapital entspricht, gelten die obigen Ausführungen zur Grundschuld entsprechend. Auch bei der R e a l l a s t findet auf die einzelnen Leistungen gemäß § 1107 B G B Hypothekenrecht Anwendung. o) § 107c W G Gliederung: aa) Gesetzeszweck und Anwendungsbereich J 98

U 98]

|

bb) Rechtsfolgen J 99

aa) Gesetzeszweck und Anwendungsbereich

Der Zweck der Vorschrift, nach der die durch §§ 101—107b begründeten Rechte nicht zugunsten solcher Hypotheken, Grund- oder Rentenschulden geltend gemacht werden können, die dem Vmer zustehen, soll nach allgemeiner Meinung darin bestehen zu verhindern, daß dem Vmer Rechte, die er als Vmer verwirkt hat, in seiner Eigenschaft als Realgläubiger wieder zufließen (Raiser JRPV 1930 S. 269-270; Wussow 2 Anm. 1 zu § 107c; Rainer Schmidt S. 228; Petersen S. 152; Kollhosser in PrölssMartin 26 R N 2 zu § 107c; Langheid in Römer-Langheid R N 1 zu § 107c; DörnerStaudinger in BK R N 1 zu § 107c; a.A. nur Brisken S. 85). Damit wird aber nur ein allerdings in der Praxis besonders relevanter - Ausschnitt der Regelung erfaßt, nämlich die Leistungsfreiheit wegen ObliegenheitsVerletzungen oder nach § 61. Zu Recht hat Brisken a.a.O. darauf verwiesen, daß die nicht anzuwendenden Vorschriften auch Sachverhalte erfassen, die nichts mit Verwirkungshandlungen des Vmers zu tun haben, wie z. B. die anfängliche Nichtigkeit des Vsvertrages oder seine Anfechtung durch den Vmer. Der Sinn der Regelung ist daher eher darin zu sehen, daß der Hypothekengläubiger, der selbst Vmer ist, nicht so stark geschützt werden soll, wie ein Außenstehender, der keinerlei Einfluß auf das Vsverhältnis nehmen kann (Brisken a.a.O.). Selbstverständlich ergibt sich das für die Anwendung der §§ 102, 106 und 107, weil der Hypothekengläubiger, der selbst Vmer ist, der darin geregelten Mitteilungen, Bestätigungen und Auskünfte nicht bedarf. Es ist aber auch für alle Fälle der §§ 102, 103 gerechtfertigt, dem Hypothekengläubiger gegenüber, der selbst Vmer ist, alle Umstände und Ereignisse rechtlich so wirken zu lassen, wie sie gegenüber einem Vmer ohne diese Schutzbestimmungen wirken. Nach dem Zweck der Regelungen bestimmt es sich auch, ob § 107 c nur anwendbar ist, wenn Vmer und Hypothekengläubiger formell identisch sind oder ob eine ausdehnende Anwendung in Betracht kommt. Eine solche ist zu bejahen, wenn der Hypothekengläubiger Alleingesellschafter einer GmbH, diese aber Grundstückseigentümer und Vmer ist (LG Hamburg 24. IX. 1936 Hans R G Z 1937 S. 59; Brisken S. 85; Rainer Schmidt S. 228; Kollhosser a.a.O.) Für die zulässige entsprechende Anwendung auf Johannsen/Johannsen

883

Anm. J 99

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

die Fälle der ganz oder teilweise getilgten Sicherungsgrundschuld, in denen dem Eigentümer ein obligatorischer Anspruch auf Übertragung des dinglichen Rechts zusteht, wird auf die Ausführungen zu § 107 b unter J 97 verwiesen. Steht das dingliche Recht nicht dem Vmer sondern einem Vten zu, ist § 107 c grundsätzlich entsprechend anwendbar (Raiser 2 R N 53 zu § 18 AFB; Wussow 2 Anm. 1 zu § 107c; Kollhosser a.a.O.; Dörner-Staudinger in BK R N 8 zu § 107c). Das ist ohne weiteres gerechtfertigt in Fällen, in denen die Leistungsfreiheit auf einem Verhalten des Vten beruht. Entsprechend dem oben erläuterten Zweck der Vorschrift genießt der Vte aber dann als Grundpfandgläubiger Schutz, wenn der Grund der Leistungsfreiheit außerhalb seiner Einflußsphäre liegt, wenn z.B. der Mieter oder Pächter des zugunsten des Eigentümers und Grundschuldgläubigers vten Grundstücks Obliegenheiten verletzt oder den Vertrag wegen eines Verhaltens des Vers angefochten hat (Brisken S. 87; Rainer Schmidt S. 230; Kollhosser, Dörner-Staudinger a.a.O.; a.A. Wussow a.a.O., der § 107 c ausnahmslos auf den Vten anwendet). [J 99]

bb) Rechtsfolgen

Die Anwendung des § 107 c bedeutet, daß der Ver gegenüber dem Grundpfandgläubiger, der zugleich Vmer ist, keine der in den §§ 101—107b genannten Verpflichtungen zu erfüllen hat. Eine Entschädigung nach §§ 102, 103 braucht er nicht zu erbringen. Bestehen an dem vten Grundstück mehrere Hypotheken, Grund- oder Rentenschulden und ist das Recht des Vmers wegen § 107 c nicht zu berücksichtigen, so kommt sein Fortfall nicht den nachrangigen Gläubigern zugute. Vielmehr braucht die Entschädigungssumme, soweit sie auf das Recht des Vmers entfallen wäre, überhaupt nicht gezahlt zu werden (Raiser 2 R N 53 zu § 18 AFB; Wussow 2 Anm. 5 zu § 107 c; Brisken S. 86; Rainer Schmidt S. 229; Kollhosser a.a.O. R N 4; Dömer-Staudinger a.a.O. R N 7). Das ist nicht unbillig, ein Nachrücken der übrigen Realgläubiger würde nämlich zu deren ungerechtfertigter Besserstellung gegenüber ihrer rechtlichen Situation im ungestörten Vsverhältnis führen. Als maßgebender Zeitpunkt für die Anwendung des § 107c wird in der Literatur überwiegend der Eintritt des Vsfalles bezeichnet (Brisken S. 86; Rainer Schmidt S. 229; Kollhosser a.a.O. R N 3; Dörner-Staudinger a.a.O. R N 6, a.A. aber Raiser a.a.O.). Auf diesen kommt es aber vornehmlich nur für die Entschädigungsansprüche aus §§ 102, 103 an. Für die übrigen vom Eintritt des Vsfalles völlig unabhängigen Ansprüche des Hypothekengläubigers sind andere Zeitpunkte maßgeblich, z.B. der der Anmeldung der Hypothek für die Ansprüche auf Bestätigung und Auskunft nach § 107, der der Kündigung für deren Wirksamkeit nach § 106. Auch für die Ansprüche aus §§ 102,103 ist nicht ausschließlich auf den Zeitpunkt des Eintritts des Vsfalles abzustellen. Dieser ist zwar für die Entstehung des Anspruchs erheblich, wenn der Umstand, der zur Leistungsfreiheit führt, vor dem Vsfall liegt oder mit diesem zusammenfällt (BGH 4. XII. 1996 VersR 1997 S. 570-571 = r + s 1997 S. 119-120). Tritt die Leistungsfreiheit aber erst später ein, z.B. wegen Obliegenheitsverletzungen nach dem Vsfall oder Ablauf der nach § 12 III gesetzten Klagefrist, entsteht auch der Anspruch erst später (siehe dazu unter J 53). Nach dem Zweck des § 107 c ist für seine Anwendung darauf abzustellen, ob der Hypothekengläubiger in diesem Zeitpunkt zugleich Vmer war. Erwirbt der Vmer das Recht erst nach dem Eintritt der Leistungsfreiheit, z.B. durch Erbgang oder Abtretung, nimmt er uneingeschränkt an dem für dieses bestehenden Schutz teil (Brisken S. 86; Rainer Schmidt S. 229; Kollhosser, Dörner-Staudinger a.a.O.). Die Auffassung von Raiser 2 R N 53 zu § 18 AFB, daß die Rechte aus § 101— 107b solange ruhten, wie der Vmer Inhaber des Rechts sei und bei Abtretung an einen Dritten wieder auflebten, wird dem Gesetzeszweck nicht gerecht. 884

Johannsen/Johannsen

II. Versicherung für fremde Rechnung

A n m . J 100

II. Versicherung für fremde Rechnung Gliederung: Schrifttum J 100 1. Überblick J 101 2. V fremder Interessen nach den AFB 30 J102-121 a) Allgemeines J 102 b) fremde Interessen bei der V von Gebäuden durch den Eigentümer J 103-111 aa) Nutzungsinteresse J 103 bb) Sacherhaltungsinteresse J 104 cc) Sachersatzinteresse J 105-111 aaa) Lösungsmöglichkeiten J 105 bbb) Verbarkeit des Sachersatzinteresses J 106 ccc) Voraussetzungen der Einbeziehung J 107-111 α) Vorrang einer haftungsrechtlichen Lösung J 107 ß) Entwicklung in der Rechtsprechung] 108 γ) Meinungen in der Literatur J 109 Ô) Stellungnahme J 110 ε) Verbleibende Fälle J 111 c) Fremde Interessen bei der V von Gebäuden durch den Obhutspflichtigen J112-116 aa) Voraussetzungen einer Fremdv J 112 bb) Eigene Interessen des Vmers J 113 cc) Insbesondere das Sachersatzinteresse aaa) Schutz auf haftungsrechtlicher EbeneJ 114 bbb) Schutz durch Regreßausschluß J115 ccc) Schutz durch Einbeziehung des Sachersatzinteresses J 116 d) Veräußerung des verten Gebäudes

e) Fremde Interessen bei der V beweglicher SachenJ 118-121 aa) Vorbemerkung J 118 bb) Vorbehaltseigentum J 119 cc) Sicherungseigentum J 120 dd) Hausrat und Arbeitsgeräte J 121 3. V fremder Interessen nach den AFB 87 J 122-125 a) V von Gebäuden J 122 b) V von beweglichen Sachen J 123-126 aa) Vorbehalts- und Sicherungseigentum J 123 bb) § 2 Ziff. 4 AFB 87 Obhutsfälle J 124 cc) V von Gebrauchsgegenständen von Betriebsangehörigen J 125 dd) Ausschlußklauseln J 126 4. V fremder Interessen in der Wohngebäudev J 127-132 a) Allgemeines J 127 b) Mietausfallv J 128 c) Verte Interessen von Wohnungseigentümern J129-132 Schrifttum J 129 aa) Klauseln 807, 841 und § 25 Ziff. 3 VGB 88 J 130 bb) Regreß des Vers J 131 cc) Sonderfälle J 132 5. V fremder Interessen in der Hausratv J133-136 Schrifttum] 133 a) Fälle von Fremdv J 134 b) Insbesondere Miteigentum von Ehegatten J 135 c) Eigentumsvorbehalt J 136 6. Geltendmachung der Rechte des Vten J137-139 a) AVB-Regelungen J 137 b) Besondere Vereinbarungen J 138 c) Gerichtliche Geltendmachung J 139

[J 100] Schrifttum Armbrüster D e r Schutz v o n Haftpflichtinteressen in der Sachv Diss. 1993 Berlin 1994, derselbe VersR 1994 S. 893-897, N J W 1997 S. 177-179, r + s 1998 S. 221-222, NVersZ 2001 S. 193-197, Κ. Bischoff VersR 1961 S. 193-196, 1983 S. 8 - 1 5 , ZVersWiss 1963 S. 193-206, Boin VersR 1997 S. 6 7 1 - 6 7 6 , Brünjes VersR 1995 S. 1416-1420, Finzel/Boin r + s 1997 S. 177-178, Gaul-Pletsch NVersZ 2001 S. 4 9 0 - 4 9 9 , H o n s e i l VersR 1985 S. 301-305, H u b e r VersR 1998 S. 2 6 5 - 2 7 9 , Ihne r + s 1999 S. 8 9 - 9 1 , Koch in Handwörterbuch der Versicherung Karlsruhe 1988 S. 1251-1257 zit., Koch H d v Stichwort Vszweige, Koenig in Ausblick und Rückblick, Erich Prölss z u m 60. G e burtstag München 1967 S. 2 2 1 - 2 3 9 , Lorenz VersR 1992 S. 3 9 9 - 4 0 2 , 1994 S. 1104,2001 S. 9 6 - 9 8 , Martin ZVersWiss 1973 S. 493-507, VersR 1974 S. 2 5 2 - 2 5 3 , 1978 S. 881-884, Möller in Ausblick und Rückblick, Erich Prölss z u m 60. Geburtstag München 1967 S. 2 4 1 - 2 4 9 , derselbe in Festschrift für Fritz H a u ß Karlsruhe 1978 S. 2 5 1 - 2 6 6 , derselbe in ZVWiss 1937 S. 128-137, derselbe in Festschrift für Karl Sieg Karlsruhe 1976 S. 4 0 7 - 4 2 0 , E. Prölss N J W 1960 S. 1903-1904, J. Prölss VersR 1977 S. 6 9 5 - 6 9 8 , 1994 S. 1404-1405, r + s 1997 S. 221-226, R ö m e r Z N o t P 1998

Johannsen/Johannsen

885

Anm. J 101

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

S. 2 1 3 - 2 1 8 , Schirmer in Festschrift für Reimer Schmidt Karlsruhe 1976 S. 8 2 1 - 8 4 3 , derselbe in ZVersWiss 1981 S. 6 3 6 - 7 4 3 , 1984 S. 5 5 3 - 5 9 1 , 1992 S. 3 8 1 - 4 1 7 , Schmidt Reimer VersR 1953 S. 4 5 8 - 4 6 1 , N J W 1956 S. 1 0 5 5 - 1 0 5 7 , Schwarzer r + s 1996 S. 8 6 - 8 7 , Sieg VersR 1976 S. 1 0 5 - 1 0 6 , 1995 S. 1 2 5 - 1 2 9 , B B 1993 S. 1 4 9 - 1 5 4 , Wälder r + s 1982 S. 6 1 - 6 3 , 1997 S. 75, 2001 S. 74, Winter VersR 1991 S. 5 2 7 - 5 3 2 , Wolter VersR 2001 S. 9 8 - 1 0 0 .

Q 101]

1. Überblick

Die Beteiligung Dritter am Vsvertrag in der Form der V für fremde Rechnung ist in der Feuerv von großer praktischer Bedeutung. So werden Gebäudevsverträge häufig von anderen Personen als dem Eigentümer, nämlich z.B. dem Mieter, Pächter oder Nießbraucher abgeschlossen und bei der V beweglicher Sachen eigene und dem Vmer nicht gehörende Sachen in einer V zusammengefaßt. Grundlage für die rechtliche Behandlung dieser Fälle sind die §§ 74-80, die auch für die Feuerv gelten und nur teilweise durch AVB-Bestimmungen modifiziert werden. Eine besondere gesetzliche Regelung stellt lediglich § 85 für den Fall dar, daß die Feuerv für einen Inbegriff von Sachen genommen ist. Diese erstreckt sich auf die Sachen der zur Familie des Vmers gehörigen, sowie der in einem Dienstverhältnis zu ihm stehenden Personen, sofern diese Personen in häuslicher Gemeinschaft mit dem Vmer leben oder an dem Ort, für den die V gilt, ihren Beruf ausüben, und gilt insoweit als für fremde Rechnung genommen. Die Vorschrift enthält aber keine eigene Regelung für die Rechtsfolgen, sodaß ebenfalls §§ 74-80 Anwendung finden. § 74 gestattet den Abschluß eines Vsvertrages im eigenen Namen im Interesse eines anderen, des Vten, wobei dieser nicht benannt zu werden braucht (für die dogmatische Begründung der V für fremde Rechnung als eines Vertrages zugunsten Dritter wird auf die ausführlichen Erläuterungen von Sieg in Bd II zu § 74 verwiesen). Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit § 80 I zu sehen, wonach eine Eigenv vermutet wird, wenn sich aus den Umständen nicht ergibt, daß die V für einen anderen genommen werden soll. Diese Vermutung geht § 74 II vor, wonach beim Abschluß einer V für einen anderen im Zweifel anzunehmen ist, daß der Vertragsschließende nicht als Vertreter, sondern im eigenen Namen für fremde Rechnung handelt. Das bedeutet, daß vorrangig durch Auslegung zu prüfen ist, ob eigenes oder fremdes Interesse vert ist. Das Gesetz geht zwar vom Regelfall der Eigenv aus, gibt aber durch den Hinweis auf „Umstände", aus denen sich etwas anderes ergeben kann, einen weiten Spielraum für die Auslegung. Deshalb wird die Vermutung des § 80 I allgemein zutreffend als „schwach" bezeichnet (BGH 12.VI.1991 NJW 1991 S. 3031-3033 = VersR 1994 S. 1101-1103 = r + s 1991 S. 346-347, 18. IX. 1991 VersR 1991 S. 1404-1406 = r + s 1991 S. 423-425; Sieg in Bd II Anm. 1 zu § 80; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 1 zu § 80; Hübsch in BK R N 1 zu § 80). Abzustellen ist auf die Interessenlage der Beteiligten, wobei auf Seiten des Vmers die Einbeziehung eines Fremdinteresses häufig deshalb naheliegt, um Interessemangel nach § 68 zu vermeiden. Dem Ver ist eine Fremdv in aller Regel zuzumuten, weil sein Risiko durch die Vereinbarungen über Vssumme und Vswert begrenzt ist und er über besondere Gefahrenumstände, die sich aus der Person des Vten ergeben, gemäß § 79 bei Vertragsschluß aufgeklärt werden muß (BGH 18. IX. 1991 VersR 1991 S. 1404-1406 = r + s 1991 S. 423-425). Deshalb ist es auch nicht erforderlich, daß dem Ver bei Vertragsabschluß die fremden Interessen, die vert werden sollen, bekannt sind. So hat der B G H 6. VII. 1988 VersR 1988 S. 949 es für unbeachtlich gehalten, daß dem Ver unbekannt war, daß es sich bei dem in der Kaskov verten Fahrzeug um ein vom Vmer geleastes handelte, und hat Fremdv zugunsten des Eigentümers angenommen. Kenntnis des Vers von den mitverten Interessen wird auch in dem in der Feuerv gesetzlich geregelten Fall der V für fremde Rechnung gemäß § 85 nicht vorausgesetzt. Es muß jedoch, damit man einen entsprechenden Vertragsschluß 886

Johannsen/Johannsen

Anm. J 101

II. Versicherung für fremde Rechnung

annehmen kann, der Wille des Vertragspartners, fremde Interessen zu versichern, für den Ver in irgendeiner Weise erkennbar sein (Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 2,4, 13 zu § 80; O L G Karlsruhe 2 1 . V I . 1 9 9 0 VersR 1991 S. 1048-1049; O G H 9. V. 1974 VersR 1975 S. 747). Römer in Römer-Langheid R N 5, 6 zu § 80 läßt es ausreichen, wenn ein objektiver Beobachter im Zeitpunkt des Vsfalles nach den Umständen erkennen könne, daß (auch) ein fremdes Interesse in die V einbezogen sei. Auf den Zeitpunkt des Vsfalles kann aber nicht abgestellt werden, wenn es um die Beurteilung der Frage geht, ob von Anfang an eine Fremdv vorliegt. Der Hinweis auf den objektiven Beobachter ist aber ein geeignetes Unterscheidungsmerkmal, da der Ver das, was dieser erkennen kann, auch selbst durch entsprechende Rückfragen ermitteln könnte. So stellt auch die Rechtsprechung gelegentlich ausdrücklich auf die „ objektive" Rechtslage ab ( B G H 6. VII. 1988 VersR 1988 S. 949, 18. X . 2000 VersR 2001 S. 5 3 - 5 4 , O L G H a m m 4. X I I . 1992 r + s 1993 S. 247). In der Feuerv kann die V eigener und fremder Interessen in einem Vertrage zusammentreffen ( O L G Köln 30.IV. 1996 VersR 1997 S. 6 1 3 - 6 1 5 ; Sieg C 20, 25 und Bd II Anm. 11, 14, 17 zu § 80; Martin 3 Y I 4 und VersR 1978 S. 881-884, 882; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 1, 5 zu § 80 und r + s 1997 S. 2 2 1 - 2 2 6 ; Römer in Römer-Langheid R N 2 zu § 74). Einen Beispielfall hierfür stellt § 85 dar. Als unterschiedliche Interessen kommen in Betracht das S a c h e r h a l t u n g s i n t e r e s s e als das Interesse des Berechtigten, in erster Linie des Eigentümers aber auch des Inhabers anderer Rechte, den Substanzwert der Sache im Vermögen zu erhalten (dazu grundlegend Möller Bd II Anm. 5 8 - 6 8 zu § 49), das S a c h n u t z u n g s i n t e r e s s e als das Interesse des Nutzungsberechtigten, z . B . des Mieters oder Pächters, die Sache gebrauchen und Früchte ziehen zu dürfen (Möller a.a.O. Anm. 70), und das heftig umstrittene S a c h e r s a t z i n t e r e s s e , das vom B G H 27. X . 1993 VersR 1994 S. 8 5 - 8 7 als das Interesse des Nichteigentümers definiert wird, nicht auf Grund seiner Haftung gegenüber dem Eigentümer wegen Beschädigung oder Verlusts der Sache in Anspruch genommen zu werden. Unter J 102-136 wird aufgezeigt, ob und in welcher Weise diese Interessen in den Bedingungswerken der Feuerv Berücksichtigung finden. Die §§ 7 5 - 7 7 regeln die für die V für fremde Rechnung als eine Sonderform des Vertrages zugunsten Dritter charakteristische Aufspaltung von Anspruchsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis (dazu ausführlich Sieg Bd II Anm. zu §§ 75, 76). Die Rechte aus dem Vsvertrag stehen nach § 75 I dem Vten zu, aber der Vmer kann über sie nach § 76 I im eigenen Namen verfügen. Der Ver ist allerdings zur Zahlung an den Vmer nach § 76 III nur v e r p f l i c h t e t , wenn dieser ihm gegenüber nachweist, daß der Vte seine Zustimmung zu der V erteilt hat. Der Vte ist nur a u s n a h m s w e i s e , wenn er im Besitz des Vsscheins ist, dessen Aushändigung nach § 75 I 2 aber nur der Vmer verlangen kann, berechtigt, über seine Rechte zu verfügen und sie geltend zu machen, § 75 II. In der Feuerv wird die Rechtsstellung des Vten weiter dadurch beschränkt, daß die AVB vorsehen, daß er über seine Rechte selbst dann nicht verfügen kann, wenn er im Besitz des Vsscheins ist, und Zahlung der Entschädigung nur mit Zustimmung des Vmers verlangen kann, §§ 12 II A F B 3 0 , 1 0 Nr. 2 A F B 8 7 , 1 7 Nr. 2 V H B 84 und 9 2 , 1 2 Nr. 2. V G B 88, auch in der Neufassung 1999. Siehe zu diesen Regelungen sowie zum Innenverhältnis zwischen dem Vmer und dem Vten, das als Treuhandverhältnis zu charakterisieren ist, J 137-139. § 79 ordnet an, daß soweit nach den Vorschriften des W G die Kenntnis und das Verhalten des Vmers von rechtlicher Bedeutung ist, bei der V für fremde Rechnung auch die Kenntnis und das Verhalten des Vten in Betracht kommt. Diese Bestimmung ist in der Feuerv von großer praktischer Relevanz. Sie ist in die Bedingungen entweder in der Weise übernommen worden, daß die nach ihr in Betracht kommenden Bestimmungen des W G ausdrücklich genannt und auf den Vten für anwendbar erklärt worJohannsen/Johannsen

887

Anm. J 102

J . Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

den sind, so § 12 III AFB 30, oder daß der Wortlaut von § 791 teilweise wiedergegeben und die Vorschrift im übrigen in Bezug genommen worden ist, so z.B. § § 1 0 Nr. 3 AFB 87,17 Nr. 3 VHB 92,12 Nr. 3 VGB 88. Danach kommt es bei der reinen Fremdv sowohl auf die Kenntnis und das Verhalten des Vmers wie des Vten an (BGH 18.IX.1991 VersR 1991 S. 1404-1406 = r + s 1991 S. 423-425). Bei der Kombination von Eigen- und Fremdv, wie sie in der Feuerv häufig vorkommt, ist zu differenzieren. Da hier der Vsvertrag, wenn auch nicht rechtlich, aber gedanklich in eine V für eigene Rechnung des Vmers und eine V für fremde Rechnung zugunsten des Vten zu trennen ist, spielen Kenntnis und Verhalten des Vten nur dann eine Rolle, wenn seine Interessen betroffen sind. So führen z.B. in der Hausratv Obliegenheitsverletzungen von Familienangehörigen, wenn diese nicht ausnahmsweise Repräsentanten des Vmers sind, nur zur Leistungsfreiheit hinsichtlich der ihnen gehörenden Sachen, nicht aber hinsichtlich des im Eigentum des Vmers stehenden Hausrats ( O L G Hamm 4. II. 1994 VersR 1994 S. 1464-1465; Römer in Römer-Langheid R N 5 zu § 79). Für diese Anwendungsfälle des § 79 wird im übrigen auf die Ausführungen zu den einzelnen Obliegenheiten und unter G 8 und zu § 61 unter H 69 verwiesen. 2. Versicherung fremder Interessen nach den AFB 30 [J 102]

a) Allgemeines

Obwohl Gegenstand der V in der Sachv nicht die Sache selbst sondern die Beziehung einer Person zu dieser ist (vgl. zum Interessebegriff ausführlich Möller in Bd II Anm. 28-126 zu § 49, Sieg C 22), sprechen die Bedingungen ausschließlich von verten Sachen. Die AFB 30 gehen von dem G r u n d s a t z aus, daß nur die dem Vmer gehörigen Sachen vert sind, wobei nicht wie in den AFB 87 zwischen Gebäuden und beweglichen Sachen unterschieden wird, § 2 I 1 AFB 30. Der Grundsatz wird eingeschränkt durch den Zusatz „soweit nichts anderes vereinbart ist" und die in S. 2 und 3 aufgeführten Ausnahmen. Besondere Vereinbarungen können ausdrücklich oder konkludent getroffen werden. Ausdrückliche Vereinbarungen stellen die sogenannten Fremdeigentumsklauseln dar, z.B. die Klausel „Fremdes Eigentum ist für Rechnung des Eigentümers mitversichert" (vgl. dazu B G H 20. XI. 1984 VersR 1985 S. 154-156). Zu Verträgen nach den AFB 30 wurde häufig die Klausel 141 vereinbart, die mit § 2 Nr. 4 AFB 87 inhaltlich übereinstimmt und unter J 124 im Zusammenhang mit den heute üblichen Klauseln über den Einschluß oder Ausschluß fremden Eigentums erläutert wird. Bei der Prüfung, ob eine konkludente Vereinbarung über den Einschluß fremder Sachen in die V vorliegt, ist - ausgehend von dem Grundsatz, daß nur eigene Sachen des Vmers vert sind - sorgfältig zu untersuchen, ob ein derartiger Wille im Vertrag Ausdruck gefunden hat und der Interessenlage der Beteiligten entspricht. Für den Vmer ist der Einschluß fremder Sachen nämlich nicht nur vorteilhaft, weil er zur Erhöhung des Vswerts führt und die Gefahr einer Unterv begründen kann (Martin3 H III 62; Wälder r + s 1997 S. 75). Ein stillschweigender nachträglicher Einschluß von fremden Sachen, nämlich den im Eigentum des Pächters stehenden Ernteerzeugnissen, ist z.B. anzunehmen, wenn der Eigentümer dem Ver mitgeteilt hat, der verte Hof sei nunmehr verpachtet, der Pächter übernehme die Prämienzahlung für die V. Hieraus konnte der Ver schließen, daß der Pächter außer der fortgeführten Feuerv keine eigene V abschließen wollte, durfte aber nicht davon ausgehen, daß die bisher verten Ernteerzeugnisse aus dem Vsschutz herausfallen sollten ( B G H 2. XII. 1987 VersR 1988 S. 237-238). Für die vom 888

Johanns en/Johannsen

Anm.J 103

II. Versicherung für fremde Rechnung

Pächter eingebrachten Sachen hat der B G H a.a.O. aber zutreffend den Einschluß in die V verneint, weil der Ver deren Umfang und Wert nicht habe einschätzen können (vgl. dazu auch B G H 15. IV. 1987 VersR 1987 S. 704-705 für einen ähnlich gelagerten Fall aus dem Bereich der Klein-Betriebsunterbrechungsv, für die bei einer Verpachtung des Betriebes der Ubergang des Vsvertrages gemäß § 69 zutreffend verneint, die Sache aber zurückverwiesen wurde, damit geklärt werde, ob nicht nach den Umständen von einer Umwandlung des Vertrages in eine V für fremde Rechnung auszugehen sei). Wird eine konkrete Sache im Vertrag ausdrücklich als vert bezeichnet, so ist sie durch eine V für fremde Rechnung in den Vsschutz einbezogen, wenn sie dem Vmer nicht gehört (Raiser 2 Anm. 2 zu § 2; Wussow 2 Anm. 2 zu § 2; Kollhosser in PrölssMartin 2 6 R N 3 zu § 2 A F B 30). Das gilt aber nicht ohne weiteres für genau bezeichnete Sachinbegriffe im Sinne von § 54. Nicht gefolgt werden kann der Annahme des O L G Koblenz 2 0 . I X . 1996 r + s 1997 S. 73-75, daß bei der Deklarierung der „technischen und kaufmännischen Betriebseinrichtung" als verte Sachen sich die Feuerv ohne weiteres auch auf im fremden Eigentum stehende und der Obhut des Vmers unterliegende Sachen erstrecke. Das entspricht zwar der Regelung in § 2 Nr. 4 A F B 87, auf die das O L G Koblenz hinweist, ist dort aber ausdrücklich so bestimmt in einem Regelungswerk, das den Grundsatz der A F B 30, nur dem Vmer gehörige Sachen zu erfassen, nicht enthält. Da der Einbeziehung fremden Eigentums im Einzelfall schutzwerte Interessen des Vmers entgegenstehen können, müssen besondere Umstände auf einen solchen Willen der Vertragschließenden hinweisen (Wälder r + s 1997 S. 75, Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 2 A F B 30). b) Fremde Interessen bei der Versicherung von G e b ä u d e n durch den Eigentümer [J 103]

aa) Nutzungsinteresse

Werden Gebäude vert, die von dem Eigentümer vermietet, verpachtet oder auf anderer vertraglicher Grundlage einem anderen zur Benutzung überlassen worden sind, ist fraglich, ob auch die Interessen des Mieters, Pächters oder sonstigen Nutzungsberechtigten in dem Feuervsvertrag Berücksichtigung finden. Mieter, Pächter, Nießbraucher und ähnliche Berechtigte haben z. B. das Interesse, die Sache weiter nutzen und aus ihr Früchte ziehen zu können. Dieses N u t z u n g s i n t e r e s s e ist nach allgemeiner Auffassung verbar (vgl. dazu Möller in Bd II Anm. 70 zu § 49; Sieg C 37; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 30 vor § 51) und kann z . B . in der Wohngebäudev nach den V G B , in der Betriebsunterbrechungsv oder Mietverlustv gedeckt werden (Sieg a.a.O.; siehe dazu unter J 128, H 204, Κ 42). In der Feuerv nach den A F B 30, in der nur die Kosten der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung durch den Eigentümer, nicht aber weitergehende Vermögensschäden, die durch die Unmöglichkeit der Benutzung entstehen, ersetzt werden, ist das Nutzungsinteresse aber nicht gedeckt (Martin 3 Y I 8; Kollhosser a.a.O.; Schirmer ZVersWiss 1981 S. 636-743, 653). Zu Unrecht hat das O L G München 16. V. 1986 VersR 1986 S. 1116-1117 in einem Fall, in dem sowohl der Eigentümer wie der Mieter dasselbe Gebäude vert hatten, dem trotz Leistungsfreiheit gemäß § 102 gegenüber den Hypothekengläubigern eintrittspflichtigen Ver einen Ausgleichsanspruch nach § 59 versagt, weil wegen der unterschiedlichen Eigentümer- und Mieterinteressen keine Doppelv vorliege. Demgegenüber hat der B G H in der Revisionsentscheidung 20.1.1988 r + s 1988 S. 8 6 - 8 7 = N J W R R 1988 S. 727 ein eigenes Interesse des Mieters verneint und den von ihm abgeschlossenen Vertrag als Fremdv zugunsten des Eigentümers angesehen. Johannsen/Johannsen

889

Anm. J 104 [J 104]

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

bb) Sacherhaltungsinteresse

Die Sachen des Mieters, Pächters usw. sind nach dem Grundsatz des § 2 I AFB 30 in der Feuerv des Eigentümers nicht mitvert, wenn nicht ausdrückliche oder konkludente Vereinbarungen etwas anderes ergeben (siehe dazu unter J 102). Problematisch ist die Behandlung der von dem Mieter eingebrachten Einrichtungen im Sinne von § 547a BGB (jetzt § 539 II n.F.). Ist im Vsvertrag vereinbart, daß der Ver auch Ersatz für in das Gebäude eingefügte Bestandteile zu leisten hat, so kommt in Betracht, daß die V des Vermieters auch eine V für fremde Rechnung zugunsten des Mieters umfaßt. Sie betrifft entweder sein Eigentumsinteresse, wenn die eingefügten Sachen nach § 95 BGB nicht wesentliche Bestandteile des Grundstücks geworden sind, oder sein Interesse hinsichtlich des Wegnahmerechts nach § 547a BGB (§ 539 II n. F.), das dinglicher Natur ist (BGH 8. VII. 1981 BGHZ 81 S. 146-152 = NJW 1981 S. 2564-2565, 13. V. 1987 B G H Z 101 S. 37-48 = NJW 1987 S. 2861-2863), sodaß auch in diesem Fall das Interesse des Mieters wie eines Eigentümers auf Sacherhaltung gerichtet ist. Der B G H hat beide Interessen als in der Feuerv des Vermieters verbar angesehen (BGH 12. VI. 1991 NJW 1991 S. 3031-3033 = VersR 1994 S. 1101-1103 = r + s 1991 S. 346-347, 16. III. 1994 VersR 1994 S. 1103-1104 = r + s 1994 S. 223-225). Dem ist entgegen den kritischen Einwänden von Lorenz VersR 1994 S. 1104 zu folgen. Problematisch ist aber, auf Grund welcher Umstände auf den Willen der Parteien geschlossen werden kann, die Mieterinteressen in den Vertrag einzubeziehen. Der B G H hat in der 2. Entscheidung auf der Grundlage der vereinbarten, § 2 I AFB 30 entsprechenden Bedingungen, wonach nur die dem Vmer gehörigen Sachen vert waren, eine Fremdv für den Fall verneint, daß die dem Wegnahmerecht unterliegenden Sachen im Eigentum des Mieters stehen. Dem ist zuzustimmen, weil in der Erweiterung des Vsschutzes auf eingefügte Bestandteile kein ausreichender Hinweis auf eine Fremdv liegt. Betroffen sind nämlich auch die vom Eigentümer selbst eingefügten Bestandteile. Für den Fall, daß die dem Wegnahmerecht des Mieters unterliegenden Sachen wesentliche Bestandteile des Grundstücks und damit Eigentum des Vmers geworden sind, hat der B G H a.a.O. es aber für „ denkbar" gehalten, daß der Vermieter gleichzeitig mit der V der in seinem Eigentum stehenden Sachen das Risiko abdecken wolle, das sich durch einen Brand für das Wegnahmerecht des Mieters ergebe. Da der Ver die im Eigentum des Vmers stehenden Bestandteile mit abdecke ohne zu unterscheiden, ob der Mieter an ihnen ein Wegnahmerecht habe oder nicht, liege nach der Interessenlage eine Fremdv an den dem Vmer gehörenden, mit einem Wegnahmerecht des Mieters behafteten Bestandteilen des Gebäudes nahe. Der BGH hat die endgültige Auslegung des Vertrages aber dem Berufungsgericht überlassen. Von Prölss VersR 1994 S. 1404-1405, r + s 1997 S. 221-226, 226 wird vertreten, daß bei der Ver von Gebäudebestandteilen, die dem Wegnahmerecht des Mieters unterliegen, der Vsvertrag im Regelfall dahin auszulegen sei, daß das Interesse des Mieters an seinem Wegnahmerecht mitvert sei (ebenso O L G Oldenburg 6. XII. 1995 r + s 1996 S. 64). Seine Begründung, daß sonst ein vertes Interesse nicht vorliege, weil der Wert der Einrichtung dem Mieter aber nicht dem Eigentümer zugewiesen sei, überzeugt aber nicht. Das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung seiner Sachen entfällt nicht dadurch, daß er zu einem ungewissen Zeitpunkt ihre Wegnahme dulden muß. Zu Recht hat Lorenz VersR 1994 S. 1104-1106 auch darauf hingewiesen, daß von dem Wegnahmerecht in der Praxis wenig Gebrauch gemacht wird. Das beruht auf der nach § 258 BGB bestehenden Verpflichtung des Mieters, die Sache auf seine Kosten in den vorigen Stand zu versetzen, die die Ausübung des Wegnahmerechts häufig unwirtschaftlich macht. Es kann deshalb nicht im Regelfall sondern nur dann von einer V für fremde Rechnung zugunsten des Mieters ausgegangen werden, wenn genügende 890

Johannsen/Johannsen

Anm. J 106

II. Versicherung für fremde Rechnung

Anhaltspunkte für die Einbeziehung seiner Interessen erkennbar sind. Das wäre ζ. B. dann der Fall, wenn im Vsvertrag auf den Mietvertrag hingewiesen würde, der dem Mieter die Einfügung von Einrichtungen im Sinne des § 547a B G B (§ 539 II n.F.) gestattet. Die Vereinbarung der Klausel, daß in das Gebäude eingefügte Bestandteile mitvert seien, genügt als alleiniger Umstand hierfür nicht. (Auf die Umstände des Einzelfalles stellen auch ab Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 31 und 49 vor § 51, Hübsch in B K R N 22 zu § 80). Dem Schutzbedürfnis des Mieters kann auch durch den Mietvertrag ausreichend Rechnung getragen werden, aus dem dem Mieter gemäß §§ 281 B G B a. F., 285 n. F. ein Anspruch auf anteilige Auskehrung der Vsentschädigung oder Abtretung des Anspruchs hierauf zustehen kann (Kollhosser, Lorenz a.a.O.). cc) Sachersatzinteresse [J 105]

aaa) Lösungsmöglichkeiten

Von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und besonders umstritten ist die Frage, ob das Interesse des Mieters und sonstigen Nutzungsberechtigten, nicht von dem Eigentümer wegen Obhutsverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, durch den Vsvertrag irgendeine Berücksichtigung findet. Dabei kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht. Die von dem Eigentümer abgeschlossene Feuerv kann sich schon dadurch zugunsten des Obhutsverpflichteten auswirken, daß sie auf der Ebene des zwischen Eigentümer und Mieter bestehenden Vertragsverhältnisses zu einem Ausschluß oder der Beschränkung der Haftung des Vers führt (Haftungsersetzung durch V, vgl. dazu grundsätzlich Möller Bd II Anm. 119 zu § 49 und in Festschrift für Hauß S. 2 5 1 - 2 6 6 sowie im folgenden unter J 107). Ferner kann der Vsvertrag ausdrücklich oder stillschweigend einen Regreßverzicht zugunsten des Obhutsverpflichteten enthalten. Schließlich kann er die Mitv der Interessen des Obhutsverpflichteten als V für fremde Rechnung umfassen. Die beiden letztgenannten Möglichkeiten sind unter dem von Kisch Bd III S. 120-128 entwickelten Begriff der V des S a c h e r s a t z i n t e r e s s e s zusammenzufassen (Martin 3 Y I 6, 7 und VersR 1974 S. 821-828; Honseil VersR 1985 S. 301-305; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 7 - 1 1 zu § 80 und in r + s 1997 S. 221-226; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 26 vor § 51; Armbrüster Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachv S. 87). Der Sprachgebrauch ist aber nicht einheitlich, so bezeichnen Sieg C 35, 40 und Schirmer ZVerswiss 1981 S. 637-743, 674, 704 nur den Einschluß durch V für fremde Rechnung, nicht aber den Regreßausschluß als V das Sachersatzinteresses. Lorenz VersR 1992 S. 399-402, 401 versteht unter dem Sachersatzinteresse nur das Regreßschutzinteresse des Nutzungsberechtigten. Es geht aber um zwei unabhängig voneinander zu prüfende vsrechtliche Lösungsmöglichkeiten für den Schutz des Obhutsverpflichteten, deren Wirkungen sich allerdings überschneiden können, weil bei Annahme einer V für fremde Rechnung ein Regreß ebenfalls nicht in Betracht kommt, weil der Vte dann nicht Dritter im Sinne des § 67 ist. [J 106]

bbb) Versicherbarkeit des Sachersatzinteresses

O b eine V des Sachersatzinteresses im Rahmen einer Sachv überhaupt vereinbart werden kann, ist streitig. In einer eingehenden Auseinandersetzung mit der insbesondere von Martin (Martin 3 Y II und III, VersR 1974 S. 252-253, 821-828) vertretenen Auffassung einer weitgehenden Einbeziehung von Haftpflichtinteressen in Sachvsverträge hat Schirmer a.a.O. zwar Regreßausschlüsse für zulässig, aber eine selbständige Deckung von Haftpflichtinteressen durch einen Sachvsvertrag nicht für möglich Johannsen/Johannsen

891

Anm. J 106

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

gehalten. Auch Sieg in Bd II Anm. 8 zu § 74, C 34, 35, 40 äußert Bedenken gegen die Verbarkeit im Rahmen eines Sachvsvertrages. Der B G H , der im Urteil vom 7. III. 1990 VersR 1990 S. 625 im Anschluß an Honseil VersR 1985 S. 301-305 erwogen hatte, daß in der Feuerv der Mieter oder Päch-

ter allgemein „allein auf Grund der in diesem Vszweig bestehenden Interessenlage" als

in den Vsschutz einbezogen angesehen werden müsse, hat danach in mehreren Entscheidungen (23.1.1991 VersR 1991 S. 462-463 = N J W R R 1991 S. 527, 18. X I I . 1991 VersR 1992 S. 311 = N J W 1992 S. 9 8 0 - 9 8 1 , 13. X I I . 1995 VersR 1996 S. 320-322 = N J W 1996 S. 7 1 5 - 7 1 7 ) die Möglichkeit verneint und ausgesprochen, daß in eine reine Sachv nicht ein Sachersatzinteresse des Mieters, bestehend in dessen Haftpflichtrisiko einbezogen werden könne, weil sie sonst in eine Haftpflichtv umfunktioniert würde (so auch Römer in Römer-Langheid R N 9 und 11 zu § 74). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Haftpflicht- und Sachv sind zwar vom Gesetz unterschiedlichen Regelungen unterworfen worden. Das Gesetz enthält aber kein Gebot, Haftpflichtinteressen nur in der Haftpflichtv zu decken. Bereits ein im Vsvertrag enthaltener ausdrücklicher Regreßverzieht des Vers zugunsten des Mieters bedeutet, daß der Feuerver ein typisches Haftpflichtrisiko übernimmt. Diese nach den Grundsätzen der Vertragsfreiheit zulässige Vereinbarung gehört in den Bereich der „ Durchbrechung der Grenzen der klassischen Vszweige" wie Reimer Schmidt bereits 1953 unter Hinweis auf die mannigfachen kombinierten Ven ausgeführt hat (VersR 1953 S. 4 5 8 - 4 6 1 , 459). Nach der weitgehenden Liberalisierung des Vsmarktes haben kombinierte Ven, die auch das Haftpflichtrisiko in Sachven einschließen, zugenommen (vgl. den Uberblick von Koch in Handwörterbuch der V Stichwort Vszweige S. 1251-1257). Der ausdrückliche Einschluß von Haftpflichtrisiken findet sich jetzt auch in der Feuerv, nämlich in § 2 Ziff. 4 A F B 87 bezüglich der dem Vmer in O b h u t gegebenen Sachen (vgl. dazu unter J 124). D a ß die auf der Vertragsfreiheit beruhende Möglichkeit, Haftpflichtinteressen in eine Sachv einzubeziehen, nicht durch zwingende Vorschriften des W G beschränkt wird, hat Armbrüster (Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachv S. 78-91 und VersR 1994 S. 8 9 3 - 8 9 7 ) im einzelnen nachgewiesen. Davon, daß der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachv grundsätzlich möglich und zulässig ist, geht auch die überwiegende Meinung in der Literatur aus (Martin VersR 1974 S. 2 5 2 - 2 5 3 , 821-823 und Martin 3 Y II und III; Honsell VersR 1985 S. 301-305; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 9 zu § 80 und r + s 1997 S. 2 2 1 - 2 2 6 ; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 36 vor § 51; Hübsch in B K R N 8 zu § 80; Wälder r + s 1982 S. 6 1 - 6 3 , 62; Huber VersR 1998 S. 2 6 5 - 2 7 9 ; auch Lorenz VersR 1992 S. 3 9 9 - 4 0 2 zweifelt nicht die Verbarkeit an, sondern verneint nur die Möglichkeit der konkludenten Einbeziehung von Haftpflichtinteressen in einen Sachvsvertrag). Die den Einschluß von Sachersatzinteressen in eine Sachv grundsätzlich ablehnende Auffassung des B G H ist von dem Gericht auch nicht konsequent vertreten worden. Im Widerspruch zu ihr stehen mehrere Entscheidungen zur Kaskov beim Kfz-Leasing, in denen ausgesprochen worden ist, daß das Interesse des Leasingnehmers, dem die Gefahr für Untergang, Verlust und Beschädigung des Fahrzeuges typischerweise aufgebürdet wird, neben dem Eigentümerinteresse des Leasinggebers mitvert ist ( B G H 6. V I I . 1988 VersR 1988 S. 949, 5. V I I . 1989 VersR 1989 S. 9 5 0 - 9 5 1 , 14. VII. 1993 VersR 1993 S. 1223-1225). Die Entscheidungen betreffen zwar nicht den Regreß gegen den Leasingnehmer, der durch § 15 II A K B ausgeschlossen ist, sondern die Frage, auf wessen Verhältnisse für die Berechnung der Neuwertentschädigung abzustellen ist. In der Argumentation wird aber ausdrücklich auf die Mitv von Haftpflichtinteressen, die damit stillschweigend für zulässig erklärt wird, hingewiesen. Der O G H 17.11.1993 VersR 1993 S. 1301-1303, 26. V. 1993 VersR 1993 S. 1303-1304 hält eine Einbeziehung von Haftpflichtinteressen in Sachvsverträge für zulässig und 892

Johannsen/Johannsen

Anm. J 107

II. Versicherung für fremde Rechnung

bejaht oder verneint sie im Einzelfall auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung. Auch in der Rechtsprechung der deutschen O L G wird überwiegend nicht auf die Unverbarkeit von Haftpflichtinteressen in der Sachv abgestellt, sondern im Einzelfall geprüft, ob diese mitvert sind (so O L G Hamm 23. VII. 1991 VersR 1991 S. 1406 für den Fall eines namentlich im Vsvertrag genannten Pächters; O L G Köln 23. VI. 1999 NVersZ 2000 S. 140-141 für Wohnungseigentümer) oder keine Anhaltspunkte dafür vorliegen ( O L G Celle 5 . X I . 1986 VersR 1988 S. 2 7 - 2 8 ; O L G H a m m 11.11.1998 r + s 1998 S. 514-516). Inzwischen hat der B G H die an seiner Rechtsprechung geübte Kritik zum Anlaß genommen, das Problem erneut zu überdenken und hat in der Entscheidung vom 8. X I . 2000 VersR 2001 S. 9 4 - 9 6 mit Anmerkung von Lorenz S. 9 6 - 9 8 und Wolter S. 9 8 - 1 0 0 = r + s 2001 S. 7 1 - 7 3 mit Anm. von Wälder S. 74 = NVersZ 2001 S. 8 4 - 8 5 = M D R 2001 S. 2 7 2 - 2 7 3 mit Anm. von v. Bühren S. 7 3 - 7 4 seine bisherige Auffassung, daß in eine reine Sachv ein Sachersatzinteresse (des Mieters) nicht einbezogen werden könne, ausdrücklich aufgegeben und darauf hingewiesen, daß die Parteien in der Gestaltung des Vsvertrages grundsätzlich frei seien (ebenso B G H 28. III. 2001 VersR 2001 S. 7 1 3 - 7 1 4 zum Sachersatzinteresse von Wohnungseigentümern).

[J 107]

ccc) Voraussetzungen der Einbeziehung α) Vorrang einer haftungsrechtlichen Lösung

Ausgehend von der nun auch vom B G H bejahten Zulässigkeit der Einbeziehung von Sachersatzinteressen in eine Sachv ist die entscheidende Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche Einbeziehung angenommen werden kann. Der Auffassung, daß die Einbeziehung nicht konkludent erfolgen dürfe (so Lorenz VersR 1992 S. 399—402; Hübsch in B K R N 9 zu § 80), kann dabei nicht gefolgt werden. Auch das würde die Vertragsfreiheit, die sich auch auf die interessengerechte Auslegung von Verträgen erstreckt, unzulässig einschränken. Es kommt aber darauf an, ob im Vsvertrag Anhaltspunkte für eine entsprechende Auslegung vorhanden sind und die Interessenlage der Vertragsparteien sie rechtfertigt. Dabei dürfen entgegen der Auffassung von Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 3, 13 zu § 80 und Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachv S. 138-144 die Interessen des Vers nicht außer Acht gelassen werden, sondern muß eine umfassende Interessenabwägung erfolgen, wie sie z . B . der O G H 17.11.1993 VersR 1993 S. 1301-1303, 26. V. 1993 VersR 1993 S. 1 3 0 3 1304 vornimmt. Bevor jedoch die Einbeziehung von Sachersatzinteressen des Mieters oder anderer Obhutsverpflichteter in den Vsvertrag im Einzelfall in Betracht kommt, ist durch Auslegung des Vertragsverhältnisses zwischen ihm und dem Eigentümer zu ermitteln, ob überhaupt schutzwürdige Sachersatzinteressen vorliegen, die eine vsrechtliche Lösung erforderlich machen. Die haftungsrechtliche Lösung ist vorrangig (Schirmer ZVersWiss 1981 S. 6 3 8 - 7 4 3 , 667; Armbrüster a.a.O. S. 21). Die sich aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Vmer und dem Mieter, Pächter oder sonstigen Obhutsverpflichteten oder auf Grund gesetzlicher Bestimmungen ergebende Schadenersatzverpflichtung kann grundsätzlich ausdrücklich oder stillschweigend beschränkt werden. Soweit das in A G B erfolgt, darf allerdings nach §§ 11 Ziff 7 A G B G , § 309 Ziff. 7 b ) B G B n. F. nur die Haftung für leicht fahrlässiges Verhalten ausgeschlossen werden. N u r dieser Ausschluß interessiert aber bei der vorliegenden Problemstellung, weil auch die vsrechtlichen Lösungen keinen Schutz gegenüber grob fahrlässigem und vorsätzlichem Verhalten bieten (Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 14 zu § 80; Armbrüster a.a.O. S. 181,182). Johannsen/Johannsen

893

Anm. J 108 [J 108]

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

β) Entwicklung in der Rechtsprechung

In der Rechtsprechung ist ein stillschweigender Haftungsausschluß wegen der abgeschlossenen Feuerv zunächst für die Fälle angenommen worden, in denen der zugrunde liegende Vertrag ausdrücklich die V e r p f l i c h t u n g des Vermieters zum Abschluß der V vorsah (BGH 13.1.1975 VersR 1975 S. 317-318; 11. VII. 1975 VersR 1976 S. 44-45 [zum Lagervertrag], 7. III. 1990 VersR 1990 S. 625-626). Der B G H hat in der Vereinbarung ein Indiz dafür gesehen, daß der Vsschutz dem Obhutspflichtigen zugute kommen sollte, er sollte so stehen, wie er bei Abschluß einer Sachv zu seinen Gunsten stehen würde, also bei nur leichter Fahrlässigkeit nicht haften. Zu unterschiedlichen Ergebnissen haben in der Rechtsprechung die Fälle geführt, in denen der Mietvertrag die Verpflichtung des Mieters vorsah, die Feuervsprämie ganz oder teilweise zu tragen (ein Haftungsausschluß wurde z. B. bejaht von L G Kiel 23. V. 1991 W U M 1992 S. 120-121; AG Hamburg 9.XII. 1980 VersR 1982 S. 749, verneint von O L G Celle 5.XI. 1986 VersR 1988 S. 27-28; O L G Düsseldorf 16.XII. 1993 r + s 1996 S. 111; L G Düsseldorf 1. II. 1995 r + s 1995 S. 279; vgl. den ausführlichen Überblick über die Entwicklung der Rechtsprechung bei Boin VersR 1997 S. 671-676, Huber VersR 1998 S. 265-279 und Gaul-Pletsch NVersZ 2001 S. 490-499). Bereits das R G 2. XI. 1928 RGZ 122 S. 292-295 hat die Auslegung der Vorinstanzen gebilligt, daß die Übernahme der Feuervsprämie bedeute, daß der Mieter insoweit für Brandschäden nicht aufzukommen brauche, als der herkömmliche Vsschutz reiche. Der B G H 13. XII. 1995 B G H Z 131 S. 288-296 = VersR 1996 S. 320-322 = r + s 1996 S. 98-100 = NJW 1996 S. 715-717 hat ebenfalls aus der im Mietvertrag begründeten Verpflichtung des Mieters, die anteiligen Kosten der Gebäudefeuerv des Eigentümers zu tragen, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine stillschweigende Beschränkung seiner Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit hergeleitet. Er hat zur Begründung auf seine Rechtsprechung zur Vermietung eines Kfzs verwiesen, nach der der Mieter, der die Zahlung der Kaskovsprämie übernommen habe, dem Vermieter bei Beschädigung des Fahrzeuges nur in dem Umfang hafte, in dem er für den Schaden auch dann einzutreten hätte, wenn er selbst eine Kaskov abgeschlossen hätte (BGH 29. X. 1956 B G H Z 22 S. 109-123= VersR 1956 S. 725 = NJW 1956 S. 1915-1918). Die Interessenlage sei bei dem Wohnungsmieter keine andere. In beiden Fällen sei die Abwälzung der Vskosten auf den Mieter nur dann sachlich gerechtfertigt, wenn dem eine entsprechende Gegenleistung des Vermieters gegenüberstehe. Diese könne aber nicht bereits in dem Abschluß der V gesehen werden, weil darin mangels Mitv des Mieters noch kein Vorteil liege, sondern nur darin, daß ihm im Schadenfall seine Aufwendungen zugute kämen. Seiner Auslegung entgegenstehende Interessen des Vermieters und des Vers hat der B G H verneint und für den Ver darauf verwiesen, daß einer durch Vermietung ausnahmsweise auftretenden Gefahrerhöhung durch eine entsprechende Erhöhung der Prämien Rechnung getragen werden könne. Der B G H hat seine Auslegung auf den Fall der ausdrücklichen Übernahme der Kosten der Feuerv beschränkt und allein in dem Umstand, daß der Vermieter die Prämien in den Mietzins üblicherweise einkalkuliere, keinen Anhaltspunkt für eine konkludente Haftungsbeschränkung gesehen (so schon B G H 23.1.1991 VersR 1991 S. 462-463; zustimmend Schirmer ZVersWiss 1992 S. 381-417, 403 f.). In der Entscheidung vom 26.1.2000 NVersZ 2000 S. 427 hat der B G H die zur Wohnraummiete entwickelten Gründsätze über die Haftungsbeschränkung bei Beteiligung des Mieters an den Kosten der Feuerv für ohne weiteresauf g e w e r b l i c h e M i e t v e r h ä l t n i s s e übertragbar erklärt. In der Entscheidung vom 8. XI. 2000 VersR 2001 S. 94-96 = r + s 2001 S. 71-73 = NVersZ 2001 S. 84-85 = MDR 2001 S. 272-273, siehe J 106, hat der BGH, ohne die bisherige haftungsrechtliche Lösung ausdrücklich aufzugeben, die Freistellung des Mieters 894

Johannsen/Johannsen

Anm. J 110

II. Versicherung für fremde Rechnung

von der Haftung für einen fahrlässig verursachten Brand damit begründet, daß die ergänzende Auslegung des Vsvertrages einen konkludenten Regreßverzicht ergebe, der auch unter Berücksichtigung der Interessen des Vers gerechtfertigt sei. Er hat damit auf die vsrechtliche Lösung des Problems abgestellt. Der Grund für die von der bisherigen Rechtsprechung des B G H (allerdings eines anderen Senats) abweichende Begründung desselben Ergebnisses, daß der Mieter den vten Brandschaden nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zu ersetzen habe, ist wohl darin zu sehen, daß die vsrechtliche Lösung mit der Anwendung des § 61 eine nach Auffassung des B G H gerechtere Beweislastverteilung ermöglicht. Das Berufungsgericht hatte auf der Grundlage der haftungsrechtlichen Lösung dem Rückgriffsbegehren eines Vers stattgegeben, weil es dem Mieter nicht gelungen sei, die Schadensverursachung durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit auszuschließen. Der Rechtsstreit wurde zurückverwiesen, um den Sachverhalt auf der Grundlage der Beweislast des Vers neu zu würdigen. Auch der für Mietstreitigkeiten zuständige VIII. Zivilsenat des B G H hat im Urteil vom 14. II. 2001 NVersZ 2001 S. 2 3 0 231 = VersR 2001 S. 856-857 die vsrechtliche Lösung gebilligt und eine Entscheidung aufgehoben, die den Regreß gegen einen Mieter zugelassen hatte, der sich von der grobfahrlässigen Verursachung eines in seinem Kinderzimmer ausgebrochenen Brandes nicht entlasten konnte. Auch in diesem Fall erfolgte die Zurückverweisung wegen der abweichenden Beurteilung der Beweislast. Entsprechendes ist vom B G H 12. XII. 2001 VersR 2002 S. 433 für gewerbliche Mietverhältnisse angenommen worden. [J 109]

γ) Meinungen in der Literatur und Rechtsprechung

Die bisherige haftungsrechtliche Lösung des B G H für den Schutz des Mieters ist in der Literatur teilweise auf Zustimmung gestoßen (Huber VersR 1998 S. 265-279; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 40 vor § 51; Hübsch in B K R N 29 zu § 80), teilweise heftig kritisiert worden (Prölss r + s 1997 S. 221-226 und in Prölss-Martin 26 R N 25 zu § 80; Armbrüster N J W 1997 S. 177-179; Boin VersR 1997 S. 671-676; Schwarzer r + s 1996 S. 86-87; Ihne r + s 1999 S. 89-91). Die Kritik richtet sich überwiegend nicht gegen das Ergebnis der Entscheidung sondern gegen den haftungsrechtlichen Lösungsansatz, demgegenüber der vsrechtliche durch Regreßverzicht (so insbesondere Prölss und Armbrüster a.a.O.) oder Einbeziehung des Mieterinteresses in den Vsvertrag (so Boin a.a.O.) für vorzugswürdig angesehen wird. Dementsprechend wird die Entscheidung des B G H vom 8. XI. 2000 von Armbrüster NVersZ 2001 S. 194-197 als Abkehr von der haftungsrechtlichen Lösung begrüßt. Das Ergebnis der Haftungsbefreiung des Mieters bei leichter Fahrlässigkeit wird aber von Langheid in RömerLangheid R N 45 zu § 67 und Schwarzer a.a.O. beanstandet. Die Rechtsprechung der Instanzgerichte war dem B G H überwiegend gefolgt ( O L G Düsseldorf 20. III. 1997 N J W R R 1998 S. 1159-1162, 13. XII. 1997 ZMR 1997 S. 228-229, 26. V. 1998 NVersZ 1998 S. 533-534, 18. V. 1999 NVersZ 2001 S. 87-88; anders noch 16.XII.1993 r + s 1996 S. 110-111; O L G Hamm 11.11.1998 r + s 1998 S. 514-516 = VersR 1999 S. 843-845; 17. XII. 1999 NVersZ 2000 S. 237-239, anders noch 15. IV. 1988 ZMR 1988 S. 300-302; O L G Celle 19. III. 1998 VersR 1998 S. 846-847 = NVersZ 1998 S. 42-43; anders aber L G Köln 29. IV. 1998 VersR 1999 S. 183-184; 27. VIII. 1998 VersR 1999 S. 184-186; A G Groß-Gerau 6. XII. 1999 VersR 2000 S. 1103, die trotz anteiliger Prämienübernahme den Regreß durch den Vermieter zulassen). [J 110]

δ) Stellungnahme

Als vorrangige haftungsrechtliche Lösung ist für die Fälle, in denen der Mieter sich an der Zahlung der Vsprämie beteiligt hat, an der bisherigen Rechtsprechung des B G H 13. XII. 1995 B G H Z 131 S. 288-296, 26.1.2000 NVersZ 2000 S. 427 festzuhalJohannsen/Johannsen

895

Anm. J 110

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

ten. Das Ergebnis, daß der Mieter, der sich an der Zahlung der Vsprämie beteiligt hat, von der Haftung für leicht fahrlässig verursachte Brandschäden freigestellt wird, kann zwar nicht im Wege der einfachen Auslegung gewonnen werden, weil sich ein entsprechender Wille der Vertragsparteien jedenfalls dann nicht feststellen lassen wird, wenn der Mietvertrag die Haftung des Mieters wie üblich anders regelt. Es liegt aber eine Regelungslücke vor, weil eine Gegenleistung für die Zahlung der Vsprämie nicht bestimmt ist. Diese kann im Wege ergänzender Vertragsauslegung nach Treu und Glauben gemäß § 157 B G B dahin geschlossen werden, daß die Haftung des Mieters beschränkt wird. Das entgegenstehende Interesse des Vermieters, wahlweise entweder den Ver oder den Mieter in Anspruch nehmen zu können, kann zwar wegen der Möglichkeit der Kündigung des Vsvertrages nach § 96 ebenfalls schutzwürdig sein, muß aber bei einer Abwägung gegenüber dem Interesse des Mieters, auf Grund leicht fahrlässigen Verhaltens in beträchtlicher, häufig sogar existenzvernichtender Höhe nicht auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden, zurücktreten. Eine Lösung auf vsrechtlicher Ebene hat demgegenüber keine Vorzüge. Der Regreßverzicht hat für den Mieter den Nachteil, daß seine Inanspruchnahme durch den Vermieter abgesehen von den Fällen des Rechtsmißbrauchs nicht ausgeschlossen ist und z. B. erfolgen kann, wenn dieser mit einer Kündigung oder auch nur länger dauernden Verhandlungen über die Entschädigung zu rechnen hat (Prölss r + s 1997 S. 221-226; Armbrüster N J W 1997 S. 177-179). Damit sind die Interessen des Mieters aber nicht ausreichend gewahrt. Es erscheint auch angemessener, den Schutz des Mieters innerhalb seines eigenen Vertragverhältnisses mit dem Vermieter zu gewährleisten als über den Umweg eines Drittschutzes (so auch Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 40 vor § 51; Huber VersR 1998 S. 265-279). Den Kritikern der früheren BGH-Rechtsprechung ist allerdings darin beizupflichten, daß es nicht sachgerecht ist, zwischen der offenen Überwälzung der Vsprämie auf den Mieter und der nicht offen gegenüber dem Mieter ausgewiesenen Einkalkulation der Prämie in den Mietpreis zu differenzieren. Jede Beteiligung des Mieters an der Feuervsprämie stellt eine Leistung dar, für die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung als Gegenleistung die Befreiung von Schadenersatzpflichten wegen leicht fahrlässiger Verursachung von durch die Feuerv gedeckten Schäden zu bestimmen ist. Findet aber gar keine Beteiligung an der Prämie statt, fehlt es an einem Anknüpfungspunkt für die ergänzende Vertragsauslegung und verbleibt es bei der im Vertrag geregelten oder gesetzlichen Haftung des Mieters. Für diese Fälle besteht ein Bedürfnis nach einem vsrechtlichen Schutz - dazu unter J 111. Die vsrechtliche Lösung ist auch nicht wegen einer nur bei ihr möglichen gerechten Beweislastverteilung vorzugswürdig. Auch bei der haftungsrechtlichen Lösung ist nämlich nicht die mietrechtliche Beweislastverteilung maßgeblich sondern der Grundgedanke des § 61, nach dem der Ver die Beweislast für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit trägt ( O L G Hamm 11.11.1998 VersR 1999 S. 843-845; O L G Düsseldorf 18. V. 1999 NVersZ 2001 S. 87-88; Finzelmann-Boin r + s 1997 S. 177-178). Denn der Mieter erhält eine angemessene Gegenleistung für die Übernahme der Vsprämie oder Beteiligung an ihr nur dann, wenn er auch hinsichtlich der Beweislast so steht, als wenn er selbst die V abgeschlossen hätte. Bereits B G H 29. X. 1956 VersR 1956 S. 725 = N J W 1956 S. 1915-1918 hat für den Kfz-Mietvertrag bei Zahlung der Kaskovsprämie zutreffend angenommen, daß die ergänzende Vertragsauslegung darauf gerichtet ist, daß der Mieter nicht besser und nicht schlechter als ein Vmer stehen soll, und damit die Anwendbarkeit der vsrechtlichen Vorschriften der §§ 61, 67 II begründet. Die haftungsrechtliche Lösung gewährleistet auch in angemessener Weise den Schutz von Familienangehörigen des Mieters, weil diese in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen sind ( B G H 25.1.1983 VersR 1983 S. 441-443; PalandtHeinrichs 61 R N 28 zu § 328) mit der Folge, daß die vertragliche Haftungsbeschrän896

Johannsen/Johannsen

Anm. J 111

II. Versicherung für fremde Rechnung

kung auch zu ihren Gunsten wirkt, wenn sie leicht fahrlässig einen Brand verursacht haben (OLG Hamm 17. XII. 1999 VersR 2000 S. 1361-1363). Für eine Erstreckung des Schutzes auch bei grobfahrlässigen Verhalten von Familienangehörigen, wie ihn Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachv S. 180 durch analoge Anwendung des § 67 II befürwortet, besteht kein Bedürfnis. Die individuelle Auslegung des Mietvertrages bestimmt auch, welche dem Mieter nahestehende Personen in den Schutz einbezogen sind. Das können außer den in häuslicher Gemeinschaft mit dem Mieter lebenden Familienangehörigen auch Hausangestellte sein, nicht aber Personen, die nur als Besucher mit der Mietsache in Berührung kommen (OLG Hamm 22.11.1999 r + s 1999 S. 471, 14. IX. 2000 NVersZ 2001 S. 181-182). [J III]

ε) Verbleibende Fälle

Für die Fälle, in denen dem Mietvertrag eine Haftungsbeschränkung nicht entnommen werden kann, weil z.B. ausnahmsweise der Mietzins die Vsprämie nicht enthält oder der Vermieter sich ausdrücklich Ansprüche gegen den Mieter trotz Uberwälzung der Prämie vorbehält, ist eine Berücksichtigung des Sachersatzinteresses des Mieters im Vsvertrag grundsätzlich möglich. Seine Auslegung wird aber nur in Ausnahmefällen hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, daß eine Mitv der Interessen des Mieters oder ein Regreßverzicht der Interessenlage der Beteiligten entspricht (OLG Hamm 27. III. 1984 VersR 1984 S. 749-750, 11.11.1998 r + s 1998 S. 514-516; eine Einbeziehung des Sachersatzinteresses von Pächtern ist aber vom OLG Hamm 29. VIII. 1985 VersR 1985 S. 300-301 und 23. VII. 1991 VersR 1991 S. 1406 angenommen worden, wenn im Vsvertrag ausdrücklich auf die Verpachtung hingewiesen und der Name des Pächters angegeben war). So wird ζ. B. der Vermieter, der an einer Aufrechterhaltung seiner Ansprüche gegenüber dem Mieter interessiert ist, diesen nicht ohne weiteres in seinen Vsschutz einbeziehen wollen. Wohl kann aber die Auslegung des Vsvertrages einen Regreßausschluß ergeben. Der Auffassung des BGH 8. XII. 2000 a.a.O. zum Regreßverzicht des Vers ist für die Fälle zu folgen, in denen eine Beteiligung des Mieters an der Zahlung der Feuervsprämie nicht vorliegt. Die für diese ergänzende Vertragsauslegung angeführten Argumente, das Interesse des Vermieters an einer unbelasteten Vertragsbeziehung, die Erwartung des Mieters, bei dem Brand eines gegen Feuer verten Gebäudes nicht in Anspruch genommen zu werden, treffen wie der BGH überzeugend ausgeführt hat - auch zu, wenn der Mieter die Vsprämie nicht ganz oder anteilig bezahlt hat. Es muß aber eine Abwägung gegenüber den Interessen des Vers erfolgen. Dabei darf sein Regreßinteresse nicht, wie Prölss (in PrölssMartin 26 R N 3, 13 zu § 80; ebenso Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachv S. 138-144) meint, deshalb völlig unbeachtet bleiben, weil es für den Vmer nicht klar erkennbar sei. Der Regreßausschluß bedeutet nämlich, daß dem Sachver im Ergebnis zugleich die Rolle eines insoweit unentgeltlich tätigen Haftpflichtvers aufgedrängt wird (BGH 7. XII. 1961 VersR 1962 S. 129-130). Diese Abweichung von dem § 67 zugrunde liegenden Prinzip, daß derjenige, der einen Haftpflichttatbestand setzt, auch dann, wenn der Geschädigte sachvert ist, hieraus verpflichtet bleibt (vgl. hierzu Sieg in Bd II Anm. 5 und 6 zu § 67), kann nur auf Grund einer Interessenabwägung gerechtfertigt sein, die im Einzelfall zu erfolgen hat (so auch die Rechtsprechung des OGH zur Einbeziehung von Sachersatzinteressen in die Sachv 17. II. 1993 VersR 1993 S. 1301-1303, 26. V. 1993 VersR 1993 S. 1303-1304). Eine solche Interessenabwägung hat auch der BGH in seiner Entscheidung vom 8. XI. 2000 VersR 2001 S. 94-96 = r + s 2001 S. 71-73 = NVersZ 2001 S. 84-85 = MDR 2001 S. 272-273 vorgenommen. Allerdings ist das Regreßinteresse des Vers dann nicht schutzwürdig, wenn durch die EinJohannsen/Johannsen

897

Anm. J 112

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

beziehung fremder Sachersatzinteressen in die V sein Risiko gar nicht erhöht wird, weil nur eine andere Person an die Stelle des Vmers als Benutzer der vermieteten Sache tritt (so ζ. B. bei Verpachtung eines Grundstückes oder Vermietung eines Einzelhauses, insoweit ist Prölss a.a.O. R N 3 zu § 80 zuzustimmen). Treten aber an die Stelle des Vmers mehrere Personen, die Schäden anrichten können (wie z.B. bei Vermietung eines Mehrfamilienhauses), so erhöht sich das Risiko des Vers und ist es gerechtfertigt, den durch die Einbeziehung der Interessen des Mieters erfolgenden Regreßverlust in die Abwägung einzubeziehen. Zweifelhaft ist, ob in die Abwägung einzubeziehen ist, daß der Mieter eine Haftpflichtv abgeschlossen hat, die das Haftpflichtrisiko für Schäden an gemieteten Sachen einschließt. Der BGH 8. XI. 2000 VersR 2001 S. 94-96 =NVersZ 2001 S. 84-85 hat einerseits festgestellt, daß die Vertragsauslegung eines Regreßverzichts nicht davon abhängen könne, ob der Mieter im Einzelfall eine Haftpflichtv abgeschlossen habe, andererseits aber angedeutet, daß ein Ausgleich zwischen Haftpflicht- und Feuerver in Betracht kommen könne. Wegen dieser Unklarheit ist die Entscheidung unterschiedlich interpretiert worden, nämlich von Armbrüster NVersZ 2001 S. 194-197 und Wolter VersR 2001 S. 98-100 dahin, daß die Haftpflichtv dem Regreßverzieht nicht entgegenstehe, von Lorenz VersR 2001 S. 96-98 dahin, daß die Frage der Berücksichtigung einer Haftpflichtv offen geblieben sei. Eine Klärung hat auch die Entscheidung des BGH vom 14.11.2001 VersR 2001 S. 856-857 = NVersZ 2001 S. 230-231 nicht gebracht, weil in dieser ebenfalls dem Berufungsgericht aufgegeben worden ist zu erwägen, „ob und inwieweit sich im vorliegenden Fall etwas anderes auf Grund des Umstandes ergeben könnte, daß die Beklagte eine Haftpflichtv abgeschlossen hatte, die nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien auch den Brandschaden des Vermieters erfaßte". Da hier der Sachverhalt insoweit geklärt war, hätte eigentlich der BGH selbst die Bedeutung der Haftpflichtv für die Entscheidung bewerten müssen. Der Auffassung, daß der Schutz des Mieters vor einer Inanspruchnahme durch den Ver generell bei Abschluß einer Haftpflichtv, bzw. schon bei deren Üblichkeit, nicht in Betracht komme (so Armbrüster, Wolter a.a.O.; Prölss r + s 1997 S. 221-226), kann nicht gefolgt werden. Hat der Mieter durch vollständige oder anteilige Zahlung der Vsprämie dazu beigetragen, daß Vsschutz besteht, kommt ihm dieser im Rahmen der haftungsrechtlichen Lösung, J 107-110, auch dann zugute, wenn er eine Haftpflichtv abgeschlossen und damit zusätzliche Kosten aufgewandt hat (BGH 13. X. 1995 BGHZ 131 S. 288-296 = VersR 1996 S. 320-322). Fehlt es aber an dieser Beteiligung an der Prämie, so kann im Rahmen der Auslegung des Vsvertrages im Sinne eines Regreßverzichtes es bei der gebotenen Interessenabwägung eine Rolle spielen, ob das Haftpflichtinteresse des Mieters in concreto anderweitig geschützt ist. Dann kann es nämlich an der vom BGH 8. XI. 2000 a.a.O. zur Grundlage der Auslegung gemachten Belastung des Verhältnisses des Vmers zu seinem Mieter fehlen oder diese nur sehr gering sein, sodaß dem Regreßinteresse des Vers demgegenüber eine größere Bedeutung zukommt (Gaul-Pletsch NVersZ 2001 S. 490-499, 498). c) Fremde Interessen bei der Versicherung von Gebäuden durch den Obhutspflichtigen J 112]

aa) Voraussetzungen einer Fremdversicherung

Wird der Feuervsvertrag nicht von dem Eigentümer sondern von demjenigen abgeschlossen, der als Mieter, Pächter oder Nießbraucher im Besitz des Gebäudes ist, wird in aller Regel eine V für fremde Rechnung zugunsten des Eigentümers vorliegen (BGH 18. IX. 1991 VersR 1991 S. 1404-1406 = r + s 1991 S. 423-425; OLG Oldenburg 898

Johannsen/Johannsen

Anm.J 114

II. Versicherung für fremde Rechnung

6. XII. 1995 VersR 1996 S. 1364-1367 = r + s 1996 S. 64-66; Sieg C 37, Römer in Römer-Langheid R N 11 zu § 74; Hübsch in BK R N 43 zu § 80; Prölss in Prölss-Martin R N 15 zu § 80). Da die AFB 30 aber grundsätzlich nur die V eigener Sachen des Vmers erfassen, muß der Wille zum Abschluß einer Fremdv in irgendeiner Weise hervortreten (BGH 9. VII. 1975 VersR 1975 S. 845-847 zum gleich lautenden § 2 I AEB, 8. VI. 1983 VersR 1983 S. 1122-11123). Dies geschieht am deutlichsten durch den Hinweis auf das Rechtsverhältnis im Vsantrag. Jedoch genügt auch, daß dem Ver auf sonstige Weise bekannt geworden ist, daß fremdes Eigentum vert werden soll (BGH 8. VI. 1983 a.a.O.). [J 113]

bb) Eigene Interessen des Versicherungsnehmers

Fraglich ist, ob neben dem Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers auch die Interessen des Vmers selbst im Vsvertrag Berücksichtigung finden. Hinsichtlich seiner Nutzungsinteressen ist das aus den unter J 103 aufgeführten Gründen nicht der Fall. Soweit der Vmer mit Rücksicht auf von ihm in das gemietete oder gepachtete Gebäude eingefügte Sachen ein Sacherhaltungsinteresse an diesen hat, kann dieses Gegenstand der V sein (BGH 12. VI. 1991 N J W 1991 S. 3031-3033 = VersR 1994 S. 1101-1103 = r + s 1991 S. 346-347, 16. III. 1994 VersR 1994 S. 1103-1104 = r + s 1994 S. 223-225; OLG Oldenburg 6.XII.1995 VersR 1996 S. 1364-1367 = r + s 1996 S. 64-66; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 31 vor § 51; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 36 zu § 80 und in r + s 1997 S. 221-226, 226; Römer in Römer-Langheid R N 11 zu § 74). Diese ist dann zugleich Eigenv und bezieht sich sowohl auf die eingefügten, aber gemäß § 95 BGB im Eigentum des Vmers verbliebenen Sachen sowie die zwar in das Eigentum des Vermieters oder Verpächters übergegangenen, die aber seinem Wegnahmerecht nach § 547a BGB (§ 539 II n. F.) unterliegen. Während sich für die im Eigentum des Vmers verbliebenen Sachen sein Interesse an einer Eigenv ohne weiteres ergibt, ist sein Interesse an der Wegnahme der in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergegangenen Sachen nur dann vert, wenn sich hierfür Anhaltspunkte im Vsvertrag befinden, insbesondere also „eingefügte Bestandteile" ausdrücklich mitvert sind. cc) Insbesondere das Sachersatzinteresse [J 114]

aaa) Schutz auf haftrechtungsrechtlicher Ebene

Bevor die Frage einer Mitv des S a c h e r s a t z i n t e r e s s e s des Vmers als Mieter, Pächter oder sonstigen Obhutsverpflichteten untersucht wird, muß auch bei der von ihm selbst genommenen V zunächst geklärt werden, ob sein Schutz bereits auf haftungsrechtlicher Ebene ausreichend gewährt wird. In der Übernahme der Verpflichtung zum Abschluß einer V liegt in aller Regel zugleich eine stillschweigende Haftungsbeschränkung auf vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten (Sieg in Bd II Anm. 127 zu § 67; Baumann in BK R N 69 zu § 67; einschränkend Schirmer ZVersWiss 1981 S. 638-743, 671; Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen S. 23). Wenn schon die Übernahme der vollen oder anteiligen Vsprämie zu einer stillschweigenden Beschränkung der Haftung des Mieters führt (siehe dazu unter J 107-110), ist eine solche ergänzende Auslegung des Mietvertrages erst recht gerechtfertigt, wenn der Mieter darüber hinaus die Verpflichtung übernimmt, als Vmer aufzutreten und alle sich aus dieser Rechtsstellung ergebenden Pflichten und Obliegenheiten zu übernehmen (Sieg a.a.O.). Den von Schirmer und Armbrüster a.a.O. geäußerten Bedenken, daß der Obhutsverpflichtete auch dann von seiner Haftung befreit sei, wenn der Ver im Einzelfall leistungsfrei sei, kann durch eine interessengerechte Auslegung des MietJohannsen/Johannsen

899

Anm.J 115

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Vertrages dahin Rechnung getragen werden, daß die Haftung wieder auflebt, wenn der Vmer die Leistungsfreiheit verschuldet hat. Eine stillschweigende Haftungsbeschränkung kann aber nicht in allen Fällen des Abschlusses des Vsvertrages durch den Mieter oder sonstigen Obhutspflichtigen angenommen werden. Es kann ein entgegenstehender Wille im Vertrag Ausdruck gefunden haben oder die V ohne Verpflichtung hierzu, möglicherweise sogar ohne Kenntnis des Eigentümers abgeschlossen worden sein. In diesen Fällen ist der Schutz des Vmers vor einer Inanspruchnahme wegen der leicht fahrlässigen Verursachung von durch die V gedeckten Schäden auf vsrechtlicher Ebene gewährleistet (vgl. dazu J 115).

[J 115]

bbb) Schutz durch Regreßausschluß

Ein Regreß des Vers gegen den Obhutspflichtigen, der selbst die V abgeschlossen hat, kommt nämlich nicht in Betracht, weil er nicht Dritter im Sinne von § 67 ist (Möller in Bd II Anm. 95,119 zu § 49; Sieg C 51 und in Bd II Anm. 127 zu § 67,128 zu § 79; E. Prölss N J W 1960 S. 1903-1904; Schirmer ZVersWiss 1981 S. 637-743, 673; Baumann in B K R N 69 zu § 67). Die Anwendung des § 67 ist zwar nicht in allen Fällen gegen den Vmer begrifflich ausgeschlossen. Wenn das Gesetz von einem Anspruch des V m e r s , der auf den Ver übergeht, spricht, geht es dabei von dem Normalfall der V für eigene Rechnung aus. Bei der V für fremde Rechnung tritt aber der Vte an die Stelle des Vmers, sodaß es gedanklich möglich ist, daß der Vmer Dritter im Sinne der Vorschrift ist (Kisch B d III S. 516; Sieg in Bd II Anm. 127 zu § 67; Baumann a.a.O. R N 68; Prölss in Prölss-Martin 2 6 R N 15 zu § 67). Das führt aber nach dem Sinn und Zweck von § 67 nur in Ausnahmefällen zu einem Regreß gegen den Vmer, wenn diesem nämlich die abgeschlossene V in keiner Weise zugute kommen soll. So hat der B G H abweichend von dem von ihm häufig zitierten Grundsatz, daß Dritter im Sinne von § 67 jeder sei, der n i c h t Vmer oder Vter sei (z.B. 30.IV. 1959 N J W 1959 S. 1221-1223, 9. III. 1964 VersR 1964 S. 479, 23. X I . 1988 VersR 1989 S. 250-251), bei der Personenkautionsv den Regreß gegen den Vmer zugelassen, weil die Eigenart dieser V darin bestehe, daß der Vte nicht nur v o m sondern auch g e g e n den Vmer vert werde, dessen vorsätzliches Verhalten nicht vom Vsschutz erfaßt sein solle ( B G H 11. VII. 1960 B G H Z 33 S. 97-105 = VersR 1960 S. 724-725 = N J W 1960 S. 1903-1906,24. XI. 1971 VersR 1972 S. 194-197). In der Entscheidung vom 11. VII. 1960 hat der B G H diesen Ausnahmefall ausdrücklich abgegrenzt von den Fällen, bei denen die V auch dem Vmer zugute kommen soll und dabei insbesondere den Abschluß eines Sachvsvertrages durch einen Obhutspflichtigen für die in seiner Obhut befindlichen Sachen eines fremden Eigentümers erwähnt. Hier sei, wenn er selbst den Schaden leicht fahrlässig verursacht habe, nach dem Sinn und Zweck des Vsvertrages im Zweifel anzunehmen, daß er nicht von dem Ver nach § 67 in Anspruch genommen werden könne. Die V des fremden Interesses wirke dann mittelbar zugleich wie eine Haftpflichtv für den Vmer selbst. In den hier behandelten Fällen des Abschlusses eines Feuervsvertrages durch den Mieter, Pächter, Nießbraucher oder sonstigen auf Grund eines Vertrages Obhutspflichtigen ergibt die Interessenlage, daß der Vsvertrag nicht nur dem Eigentümer sondern auch dem Vmer zugute kommen soll. Denn er zahlt nicht nur die Vsprämie, sondern hat auch alle Pflichten und Obliegenheiten aus dem Vertrag zu erfüllen. Hierfür darf er erwarten, bei leicht fahrlässiger Beschädigung der verten Sachen nicht von dem Ver in Regreß genommen zu werden, auch wenn sein Vertragsverhältnis zum Eigentümer derartige Ansprüche zuläßt. Dieses Interesse ist auch für den Ver klar erkennbar, wenn wie üblich im Vsantrag auf die Rechtsstellung des Vmers als Mieter, Pächter oder ähnliches hingewiesen wird. 900

Johannsen/Johannsen

Anm.J 117

II. Versicherung für fremde Rechnung

[J 116]

ccc) Schutz durch Einbeziehung des Sachersatzinteresses

In der Literatur wird dem Obhutspflichtigen, der fremdes Eigentum vert hat, über den Regreßverzicht hinaus teilweise eine noch stärkere Rechtsstellung zugebilligt, indem angenommen wird, daß sein Sachersatzinteresse konkludent in den Vertrag einbezogen sei (Prölss in Prölss-Martin 26 R N 15 zu § 80 und r + s 1997 S. 221-226, 224; Armbrüster a.a.O. S. 154-155). Dies sei erforderlich, um den Vmer vor einer Inanspruchnahme durch den Vten zu schützen. Der Schutz des Vmers ist aber dadurch hinreichend gewahrt, daß er gemäß § 76 berechtigt ist, den dem Vten zustehenden Vsanspruch geltend zu machen und dadurch zu erreichen, daß der Eigentümer von dem Ver befriedigt wird (dazu im einzelnen unter J 137). Bei der von Prölss a.a.O. geschilderten Situation, in der dieser Weg nicht gangbar sei, weil der Eigentümer seinen Anspruch wegen Obliegenheitsverletzung verwirkt habe, handelt es sich, weil sich die verte Sache gerade nicht in der Obhut des Eigentümers sondern der des Vmers befindet, nur um einen schwer vorstellbaren Ausnahmefall, der die Auslegung des Vsvertrages im Sinne einer konkludenten Einbeziehung des eigenen Sachersatzinteresses des Vmers nicht rechtfertigt. Da dieser auch nur dann gelten soll, wenn der potentielle Haftpflichtige keine Haftpflichtv genommen hat und eine solche auch nicht verkehrsüblich ist (Prölss in Prölss-Martin 26 RN 16 zu § 80, Armbrüster a.a.O. S. 191-200), erscheint die Regelung auch insgesamt als zu kompliziert, um sie gemäß §157 BGB als stillschweigend in dem Vsvertrag als vereinbart anzusehen. [J 117]

d) Veräußerung des versicherten Gebäudes

Die vsrechtliche Situation von Verkäufer und Käufer eines Grundstücks ist in der Literatur umfangreich behandelt worden (vgl. dazu Möller in Bd II Anm. 90 zu § 49 mit zahlreichen Nachweisen). Da die vom Verkäufer abgeschlossene Feuerv gemäß § 69 erst mit Vollendung des Erwerbstatbestandes auf den Käufer übergeht (BGH 8. II. 1965 VersR 1965 S. 425-129,11. II. 1987 BGHZ 100 S. 60-67 = VersR 1987 S. 477-479), ist insbesondere die Beurteilung der Rechtsstellung des Käufers in der Zeit zwischen dem Gefahrübergang nach § 446 BGB und der Eintragung als Eigentümer im Grundbuch problematisch. Während Möller a.a.O. dem Käufer keine vsrechtliche Rechtsstellung zubilligt, wohl aber bei zwischenzeitlicher Zerstörung oder Beschädigung des verten Gebäudes einen Anspruch aus § 281 BGB (§ 285 n. F.) auf Herausgabe der Vsentschädigung oder Abtretung des Anspruchs auf dieselbe (ebenso Sieg C 27 und VersR 1995 S. 125-129; Schirmer ZVersWiss 1981 S. 637-746, 651), ist in der Rechtsprechung und Literatur die Auffassung im Vordringen, daß das Interesse des Käufers im Wege der V für fremde Rechnung in den Vsvertrag einbezogen ist (BGH 13. XI. 1991 NJW 1992 S. 1635-1636, strafrechtliche Entscheidung; 18. X. 2000 VersR 2001 S. 53-54 zu AFB 87 = NVersZ 2001 S. 86-87; OLG Schleswig 17. XII. 1992 r + s 1995 S. 26-28; OLG Hamburg 22. VI. 1978 VersR 1978 S. 1138-1139; OLG Saarbrücken 20. IV. 1988 VersR 1989 S. 397-398; LG Düsseldorf 3. III. 1992, bestätigt von OLG Düsseldorf 16.XI.1993 r + s 1995 S. 425^26; OGH 4.III. 1982 VersR 1984 S. 972-973; Martin VersR 1974 S. 252-253; Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 51 vor § 51; Prölss in Prölss-Martin 26 RN 39 zu § 80 und r + s 1997 S. 221-226, 226; Hübsch in BK R N 18 zu § 80; Brünjes VersR 1995 S. 1416-1420; Römer ZNotP 1998 S. 213218, 217). Ihr ist auch auf der Grundlage der AFB 30 zuzustimmen. Diese Auslegung entspricht am besten der Interessenlage. Sowohl der Verkäufer als Eigentümer wie der Käufer als Gefahrbelasteter haben ein Sachinteresse an der Erhaltung des Gebäudes. Dadurch, daß der Verkäufer als Vmer die Vsentschädigung einziehen darf, ist gewährleistet, daß er den noch ausstehenden Kaufpreis erhält. Ist dieser aber bereits gezahlt, Johannsen/Johannsen

901

Anm.J 119

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

muß der Verkäufer die Vsentschädigung an den Käufer, dem sie gemäß § 75 zusteht, auskehren. Interessen des Vers, dessen Risiko nicht erhöht wird, stehen einer Einbeziehung der Interessen des Käufers in den Vsvertrag nicht entgegen. Insbesondere wird nicht, wie Sieg VersR 1995 S. 125-129,126 annimmt, sein Regreßinteresse erheblich beeinträchtigt. Wird der Vsfall von einem Dritten verursacht, so kann der Ver Regreß nehmen, auch wenn er nicht an den Vmer sondern mit dessen Zustimmung an den Vten gezahlt hat. Der Entschädigungsanspruch gegen den Dritten steht zwar nicht dem Vten zu sondern dem Vmer als (Noch)eigentümer. Er geht aber dennoch nach dem Zweck des § 67, der nicht zu einer Bereicherung des Vmers und der Entlastung des Schädigers führen soll, auf den Ver über (Brünjes a.a.O. S. 1419; Prölss in PrölssMartin 26 R N 39 zu § 80). Für den Fall, daß der Käufer den Schadenfall leicht fahrlässig verursacht hat, nimmt auch Sieg a.a.O. aus Billigkeitsgründen einen stillschweigenden Regreßverzicht an, indem er dem Erwerbsvorgang eine Vorwirkung derart zuschreibt, daß der Erwerber als „antizipierter Vmer im Sinne des $ 69" gilt. Diese Auffassung kommt einer Mitv der Interessen des Erwerbers sehr nahe. Abgesehen von der vsrechtlichen Stellung des Käufers kommt ein Regreß gegen ihn schon deshalb nicht in Betracht, weil in der Praxis mit dem Gefahrübergang auch alle Grundstückskosten unter Einschluß der Feuervsprämie vereinbarungsgemäß auf ihn übergehen, womit seine Haftung wie in den oben (unter J 107-110) erörterten Miet- und Pachtfällen konkludent auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für die Verursachung von durch die V gedeckte Schadenfälle beschränkt wird. e) Fremde Interessen bei der Versicherung beweglicher Sachen [J 118]

aa) Vorbemerkung

Für bewegliche Sachen enthalten § 2 I 2 und 3 ausdrückliche Ausnahmen von dem Grundsatz, daß nur die dem Vmer gehörigen Sachen vert sind. Die Regelungen betreffen vom Vmer unter Eigentumsvorbehalt erworbene Sachen (dazu H 119), von ihm sicherungshalber übereignete Sachen (dazu H 120) und Hausrat und Arbeitsgerät von Familienangehörigen und Arbeitnehmern (dazu H 121). N u r für die letztgenannten Fälle findet die gesetzliche Auslegungsregelung des § 85 Anwendung, wonach die V insoweit als für fremde Rechnung genommen gilt. Für die übrigen Fälle ist nach dem Wortlaut der Bedingungen offen, ob es sich hierbei um eine V für fremde Rechnung zugunsten des formalen Eigentümers, die V eines eigenen Interesses an fremden Sachen oder um eine V handelt, die sowohl eigene wie fremde Interessen umfaßt. [J 119]

bb) Vorbehaltseigentum

Der Einschluß von Sachen, die der Vmer unter Eigentumsvorbehalt erworben hat und die ihm übergeben worden sind, in seine Feuerv kann sein Interesse an seinem Anwartschaftsrecht (so Wussow 2 Anm. 4 zu § 2), das Eigentumsinteresse des Veräußerers oder beide Interessen betreffen (dazu Möller Bd II Anm. 91 zu § 49). Raiser 2 R N 6 zu § 2 A F B und VersR 1954 S. 201-204 vertritt die Auffassung, daß nach den Umständen nur eine V für fremde Rechnung zugunsten des Verkäufers vorliege und verweist hierfür ergänzend auf eine Ubereinkunft der die A F B 30 verwendenden Ver. Der B G H 2 8 . X . 1953 B G H Z 10 S. 376-385 = VersR 1953 S. 448-450 = N J W 1953 S. 1825-1826 hat für den Fall der ebenfalls in § 2 I 2 A F B 30 geregelten Sicherungsübereignung entschieden, daß eine V für fremde Rechnung vorliege, in der ausschließlich die Interes902

Johannsen/Johannsen

Anm. J 120

II. Versicherung für fremde Rechnung

sen des Erwerbers als des rechtlichen Eigentümers geschützt seien. Wenn diese Entscheidung sich auch nicht ausdrücklich auf das Vorbehaltseigentum bezieht, so gelten die vom B G H für seine Auslegung genannten Gründe, einmal die „präsumtive Kraft", die das primäre Interesse des rechtlichen Eigentümers habe, zum anderen die Annahme, daß § 2 A F B 30 nur die Deckung e i n e s Interesses zulasse, auch für die Interessen von Veräußerer und Erwerber beim Vorbehaltseigentum. Auch bei diesem ist ein starkes Eigentumsinteresse des bis zur Zahlung der letzten Rate formal berechtigten Veräußerers vorhanden, der nach der Auslegungsregel des § 455 B G B (§ 449 n. F.) bei Verzug des Käufers durch Rücktritt dessen Anwartschaftsrecht beseitigen kann. Auf der anderen Seite hat aber auch der Käufer ein starkes Interesse am Schutz seines Anwartschaftsrechts, das sich durch jede Ratenzahlung der Rechtsstellung eines Eigentümers annähert (Möller in Ausblick und Rückblick S. 241-249, 247). Vom Standpunkt eines objektiven Betrachters aus gesehen, spricht deshalb mehr dafür, beide Interessen in dem Vertrag als vert anzusehen (so K. Bischoff VersR 1963 S. 8-15; Martin 3 Y III 6, 7; Wälder VersR 1982 S. 61-63, 63; Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 4 zu § 2 A F B 30). Die von Raiser und dem B G H a.a.O. herangezogene entgegenstehende Ubereinkunft der die A F B 30 anwendenden Ver kann für die Auslegung nicht berücksichtigt werden, weil sie in den A F B keinen Niederschlag gefunden hat und für den Vmer nicht erkennbar ist. Dem B G H kann auch nicht darin gefolgt werden, daß § 2 A F B 30 grundsätzlich nur die Alternative einer Fremd- oder Eigenv zulasse. Das Gegenteil ergibt sich für die V verschiedener Sachen ausdrücklich aus § 2 I 3 in Verbindung mit § 85. Aber auch bezüglich derselben Sachen ist die V verschiedener Interessen durch § 2 A F B 30 nach Wortlaut und Regelungszweck keineswegs ausgeschlossen (Martin 3 Y I 4 und ZVersWiss 1973 S. 493-507, 503). Der für die Einbeziehung beider Interessen sprechenden Interessenlage ist nunmehr bei der Neufassung der A F B Rechnung getragen worden; nach § 2 Ziff. 3 b) in Verbindung mit Ziff. 5 A F B 87 gilt die V als für Rechnung des Eigentümers und des Vmers. Ohne Eingehen auf die frühere Entscheidung geht B G H 2 1 . X . 1998 NVersZ 1999 S. 177-178 als selbstverständlich davon aus, daß dem Vmer die Entschädigung für unter Eigentumsvorbehalt erworbene Sachen nach § 2 I 1 , 2 A F B 30 zusteht. [] 120]

cc) Sicherungseigentum

Nach § 2 I 2 2. Fall sind von dem Vmer sicherungshalber übereignete Sachen nicht generell, sondern nur für den Fall vert, daß dem Erwerber ein Entschädigungsanspruch gemäß § 71 I 2 nicht zusteht. Der Regelung liegt die Auffassung zugrunde, daß die Sicherungsübereignung eine Veräußerung der verten Sache im Sinne von § 69 darstellt (vgl. dazu Sieg in Bd II Anm. 2 0 - 2 3 zu § 69) mit der Rechtsfolge, daß der Erwerber an Stelle des Veräußerers in den Vsvertrag eintritt. Sie will dem Umstand Rechnung tragen, daß die nach § 71 bestehende Obliegenheit zur unverzüglichen Anzeige der Veräußerung häufig versehentlich verletzt wird, sodaß unter den Voraussetzungen des § 71 I 2 Leistungsfreiheit des Vers eintritt. Von dieser als unbillig empfundenen Rechtslage abweichend sollte durch die 1933 erfolgte Bedingungsänderung anstelle des von dem Erwerber verwirkten Entschädigungsanspruchs dem Veräußerer ein solcher zugestanden werden (vgl. zum Regelungsgehalt und der Entwicklungsgeschichte Raiser VersR 1954 S. 201-204). Die Bedeutung der Vorschrift für die Fälle der versehentlich versäumten Anzeige ist zurückgegangen, seitdem der B G H 11.11.1987 B G H Z 100 S. 6 0 - 6 7 = VersR 1987 S. 4 7 7 - 4 7 9 = N J W 1987 S. 2238-2240 § 71 I 2 gemäß § 242 B G B einschränkend dahin ausgelegt hat, daß Leistungsfreiheit nur dann eintritt, wenn diese Rechtsfolge nicht außer Verhältnis zur Schwere des Verstoßes steht (vgl. dazu auch G 96). § 2 I 2 2. Fall A F B 30 findet aber Johannsen/Johannsen

903

Anm. J 121

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

auch Anwendung, wenn die Anzeige nicht versehentlich, sondern bewußt auf Grund von Absprachen zwischen Veräußerer und Erwerber nicht erstattet wird, weil letzterer nicht in den Vsvertrag eintreten will (Wussow 2 Anm. 4 zu § 2). Wie bereits unter J 119 erwähnt, hat der B G H die vom Wortlaut der Regelung offen gelassene Frage, wessen Interesse vert sei, dahin entschieden, daß nur eine V für fremde Rechnung zugunsten des Erwerbers vorliege (BGH 28.X. 1953 B G H Z 10 S. 376-385 = VersR 1953 S. 448-450 = NJW 1953 S. 1825-1826; zustimmend Raiser VersR 1954 S. 201-204; kritisch Möller in Bd II Anm. 99 zu § 49; K. Bischoff VersR 1963 S. 8-15,12; Martin3 Y III 6, 7; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 11 zu § 2 AFB 30). Da außer dem Sicherungsnehmer auf Grund seines formalrechtlichen Eigentums auch der Sicherungsgeber, der die Sache weiterhin eigenwirtschaftlich nutzt und dem ein Rückübertragungsanspruch zusteht, ein starkes Interesse an den verten Sachen hat, liegt es auch hier wie beim Vorbehaltseigentum näher, die V als für beider Interessen genommen anzusehen, wobei sich nach den zwischen den Parteien des Sicherungsvertrages getroffenen Vereinbarungen ergibt, wem die Entschädigungsforderung zusteht. Zuzustimmen ist dem B G H darin, daß eine durch den Sicherungsvertrag begründete Verpflichtung, die sicherungsübereigneten Sachen weiterhin unter V zu halten, dafür spricht, daß der Anspruch auf Entschädigung dem Sicherungsnehmer zusteht. Ist diese allerdings höher als die noch offen stehende Forderung des Sicherungsnehmers, steht die restliche Entschädigung dem Vmer zu (Martin3 Y IV 5; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 11 zu § 2 AFB 30). |J 121]

dd) Hausrat und Arbeitsgerät

Nach § 2 I 3 AFB 30 erstreckt sich die V von H a u s r a t und A r b e i t s g e r ä t auch auf die Sachen solcher Familienangehöriger und Arbeitnehmer des Vmers, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Vmer leben oder an dem Orte, für den die V gilt, ihren Beruf ausüben. Die Regelung stellt eine vertragliche Ausgestaltung des § 85 dar, gilt also nach der gesetzlichen Auslegungsregel des § 85 2 als V für fremde Rechnung. Vert ist das Eigentumsinteresse der in die V einbezogenen Familienangehörigen und Arbeitnehmer an ihren zum verten Inbegriff gehörigen Sachen. Durch die V geschützt wird aber hinsichtlich der ihm nicht gehörenden Sachen auch der Vmer, weil gegen ihn als Obhutsverpflichteten ein Regreß ausscheidet (BGH 11. VII. 1960 B G H Z 335 S. 97-105 = VersR 1960 S. 724-725 = NJW 1960 S. 1903-1906, oben unter J 115). Für die V von Hausrat, die nur bis 1942 durch die AFB 30 erfolgen konnte und seitdem auf selbständigen Hausratsvsverträgen nach den V H B beruht (vgl. dazu H 106 und Kollhosser in Prölss-Martin 26 Vorbemerkung 1 zu den AFB 30), hat § 2 I 3 AFB nur noch historische Bedeutung. Sämtliche Altverträge dürften inzwischen auf die V H B verschiedener Fassungen, die für Fremdeigentum einen noch umfassenderen Vsschutz gewähren, umgestellt sein (vgl. dazu unter H 134; für die Auslegung von § 2 I 3 AFB 30 wird auf Raiser 2 R N 34 zu § 1 und R N 8-12 zu § 2 und Wussow2 Anm. 5-7 zu § 2 verwiesen.). Für die V von Arbeitsgerät kommt hingegen in Einzelfällen die Weitergeltung von Altverträgen in Betracht, denen Positionenerläuterungen zugrunde liegen, die Arbeitsgerät von Arbeitnehmern umfassen (vgl. den Abdruck der den AFB 30 zugrunde liegenden Positionenerläuterungen bei Möller in Bd II Anm. 18 zu § 54 und der 1985 erfolgten Neufassung unter H 87). Was unter A r b e i t s g e r ä t im Sinne von § 2 I 3 AFB 30 zu verstehen ist, ist nach der Verkehrsauffassung und dem üblichen Sprachgebrauch zu bestimmen ( O L G Hamburg 10.11.1933 JRPV 1933 S. 161 zu landwirtschaftlichen Arbeitsgeräten; Raiser2 R N 9 zu § 2; Wussow 2 Anm. 14 zu § 2). In erster Linie sind darunter nur die eigentlichen Arbeitswerkzeuge zu verstehen, die von Handwerkern und anderen Arbeit904

Johannsen/Johannsen

Anm. J 122

II. Versicherung für fremde Rechnung

nehmern auf die Arbeitsstelle mitgenommen zu werden pflegen. Es können aber auch von dem Arbeitnehmer mitgebrachte Bücher und Schreibutensilien (Wussow a.a.O.) sowie aus heutiger Sicht der eigene Computer dazu gehören. Der in § 2 I 3 verwendete Begriff A r b e i t n e h m e r des Vmers deckt sich mit dem in § 85 verwandten der einer „in einem Dienstverhältnis zu ihm stehenden Person" (Raiser 2 R N 11 zu § 2), wodurch auf § 611 B G B und arbeitsrechtliche Vorschriften verwiesen wird. Für die mit dem Vmer in „häuslicher Gemeinschaft" lebenden Arbeitnehmer kommt der Vorschrift eine erhebliche Bedeutung nicht zu, weil derartige Hausangestellte, die allenfalls in Betracht kommen, nur in seltenen Fällen eigenes Arbeitsgerät mitzubringen pflegen. Von Bedeutung ist die Vorschrift aber für Arbeitnehmer, die ihren Beruf an dem O r t ausüben, für den die V gilt (zum Vsort im Sinne von § 4 A F B 30 vgl. H 121).

3. Versicherung fremder Interessen nach den AFB 87 [J 122]

a) Versicherung von Gebäuden

In Abweichung von den A F B 30, nach denen grundsätzlich nur die dem Vmer gehörigen Sachen vert sind, enthält § 2 Nr. 1 a) A F B 87 eine derartige Beschränkung für G e b ä u d e nicht. Abgestellt wird vielmehr nur auf die Bezeichnung im Vsvertrag. Damit ist eine erleichterte Möglichkeit gegeben, nicht im Eigentum des Vmers stehende Gebäude im Wege der V für fremde Rechnung unter V zu bringen. Eine solche ist nicht nur in den Fällen anzunehmen, in denen aus dem Vsantrag durch die Angabe des Rechtsverhältnisses deutlich erkennbar ist, daß der Vmer das Gebäude als Mieter, Pächter, Nießbraucher oder auf Grund eines ähnlichen Nutzungsverhältnisses vern will, sondern schon dann, wenn ein solches Rechtsverhältnis nach der objektiven Rechtslage besteht ( B G H 6. VII. 1988 VersR 1988 S. 949 = N J W 1988 S. 2 8 0 3 - 2 8 0 4 , 1 8 . X . 2000 VersR 2001 S. 5 3 - 5 4 ) und für den Ver bei entsprechender Nachfrage erkennbar wäre (dazu unter J 101). Die Frage, ob bei dem Abschluß einer V für fremde Rechnung zugleich eigene Interessen des Vmers mitvert sind, ist nach den A F B 87 nicht anders zu beurteilen als nach A F B 30. Es wird deshalb auf J 113-116 verwiesen. Nach § 2 Nr. 2 A F B 87 sind Gebäude mit ihren Bestandteilen aber ohne Zubehör vert, soweit nichts anders vereinbart ist. D a es auf die Eigentumslage nicht ankommt, kann V für fremde Rechnung auch insoweit vorliegen, als Gebäudebestandteile nicht im Eigentum des Grundstückseigentümers sondern in fremden Eigentum stehen, z . B . eines Mieters, der sie nur zu einem vorübergehenden Zweck im Sinne des § 95 B G B in das Gebäude eingefügt hat (Die entgegenstehende Entscheidung des B G H 16. III. 1994 VersR 1994 S. 1103-1104 mit kritischer Anm. von Lorenz S. 1105-1106 = r + s 1994 S. 2 2 3 - 2 2 4 ist auf der Grundlage einer § 2 A F B 30 entsprechenden Vereinbarung ergangen). Ferner kann eine V für fremde Rechnung hinsichtlich des Interesses des Mieters an seinem Wegnahmerecht nach § 547 a B G B (§ 539 II n. F.) vorliegen, das auch besteht, wenn die eingefügte Einrichtung in das Eigentum des Vermieters übergegangen ist ( B G H a.a.O. und 12. VI. 1991 N J W 1991 S. 3 0 3 1 - 3 0 3 4 = VersR 1994 S. 1101-1103 = r + s 1991 S. 346-347; O L G Oldenburg 6 . X I I . 1 9 9 5 r + s 1996 S. 64; ausführlicher unter J 104).

Johannsen/Johannsen

905

Anm. J 124

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

b) Versicherung von beweglichen Sachen [J 123]

aa) Vorbehalts- und Sicherungseigentum

Für bewegliche Sachen enthalten die AFB 87 gegenüber den AFB 30 eine deutliche Erweiterung der V fremden Eigentums und zugleich die rechtliche Einordnung, daß die V in diesen Fällen für Rechnung des Eigentümers und des Vmers gilt. Für das Vorbehalts- und das Sicherungseigentum unterscheiden sich die Regelungen hinsichtlich ihrer Voraussetzungen nicht. Die Abweichung in § 2 Nr. 3 b AFB 87, worin nicht wie in § 2 I 2 AFB 30 auf die Übergabe der von dem Vmer unter Eigentumsvorbehalt erworbenen Sache abgestellt wird, sondern schlicht auf den Erwerbstatbestand, ist ohne sachliche Bedeutung. Bemerkenswert ist aber, daß entgegen der vom B G H 28.X. 1953 B G H Z 10 S. 376-385 =VersR 1953 S. 448-450 = NJW 1953 S. 1825-1826 vorgenommenen Auslegung, wonach § 2 AFB 30 nur die Alternative einer Fremd- oder einer Eigenv zulasse und dem Interesse des rechtlichen Eigentümers Vorrang einzuräumen sei, § 2 Nr. 5 AFB 87 auch die Interessen des Anwartschaftsberechtigten und des Sicherungsgebers berücksichtigt, indem ausgesprochen wird, daß die V als für Rechnung des Eigentümers und des Vmers gilt. Das entspricht einer interessengerechten Auslegung (siehe dazu Sieg VersR 1995 S. 125-129 und J 119-120). Vert ist das Interesse sowohl des Eigentümers wie des Vmers an der Erhaltung der Sache. Kommt es zu deren Beschädigung oder Verlust durch einen von dem Vmer leicht fahrlässig verursachten Vsfall, so ist dieser entweder bereits dadurch entlastet, daß der Abschluß der V eine konkludente Haftungsbeschränkung darstellt, oder jedenfalls dadurch, daß ein Regreß gegen ihn als obhutspflichtigen Vmer ausgeschlossen ist (BGH 11. VII. 1960 B G H Z 33 S. 97-105 = VersR 1960 S. 724-725 = NJW 1960 S. 1903-1906; Möller in Bd II Anm. 95, 119 zu § 49 und J 115). Inhaber des Anspruchs auf die Vsentschädigung ist der Sicherungsgeber, wenn und soweit seine der Sicherungsübereignung zugrunde liegende Forderung bei Eintritt des Vsfalls noch besteht ( O L G Düsseldorf 5. XII. 2000 NVersZ 2001 S. 177-178). Zahlung kann er allerdings nach § 10 Nr. 2 AFB 87 nur mit Zustimmung des Vmers verlangen, die z. B. in einem Sicherungsschein enthalten sein kann, vgl. dazu J 138. [J 124]

bb) § 2 Nr. 4 AFB 87 Obhutsfälle

Eine wirtschaftlich bedeutsame Erweiterung des Vsschutzes für fremde Sachen, die die vorher übliche Vereinbarung von Fremdeigentumsklauseln weitgehend ersetzt hat, ist in § 2 Nr. 4 AFB 87 enthalten, wonach fremdes Eigentum vert ist, soweit es seiner Art nach zu den verten Sachen gehört und dem Vmer zur Bearbeitung, Benutzung oder Verwahrung oder zum Verkauf in Obhut gegeben wurde und soweit nicht der Vmer nachweislich, insbesondere mit dem Eigentümer, vereinbart hat, daß die fremden Sachen durch den Vmer nicht vert zu werden brauchen. Mit dem Hinweis, daß es sich um fremdes Eigentum handeln müsse, „soweit es seiner Art nach" zu den verten Sachen gehört, ist gemeint, daß die fremden Sachen im Grundsatz denjenigen entsprechen müssen, die der Vmer als eigene unter V genommen hat und die in den Positionen Erläuterungen zum Vsvertrag aufgeführt sind (Martin3 H III 64; vgl. dazu im einzelnen H 94). Daß die Sachen in die Obhut des Vmers gegeben worden sein müssen, bedeutet, daß ihm von dem Eigentümer besondere Sorgfalts- oder Fürsorgepflichten auferlegt sein müssen, deren Verletzung Schadenersatzansprüche auslösen können (Martin a.a.O. R N 70; Boldt 7 S. 211). Solche bestehen noch nicht, wenn dem Vmer Einrichtungsgegenstände geliefert werden, aber eine Abnahme noch nicht erfolgt ist. So hat das O L G Frankfurt 19. III. 1997 VersR 1998 S. 1413-1414 = r + s 1998 S. 338-339 mit 906

Johannsen/Johannsen

Anm.J 125

II. Versicherung für fremde Rechnung

Anm. von Wälder zu einer § 2 Nr. 4 entsprechenden Klausel zutreffend die Einbeziehung eines auf Grund eines Werkvertrages gelieferten Netzbandofens in den Vsvertrag verneint, der vor der Abnahme im Betrieb des Vmers explodiert war, weil vor seiner Einbeziehung in den Produktionsprozeß noch keine gesteigerte Verpflichtung bestand, Maßnahmen für seine Unversehrtheit zu treffen. Durch die aufgeführten Zwecke, für die dem Vmer die fremden Sachen in Obhut gegeben worden sind, nämlich Bearbeitung, Benutzung, Verwahrung und Verkauf sollen alle Möglichkeiten erfaßt werden, die nach der Interessenlage die Einbeziehung fremden Eigentums in den Vsschutz rechtfertigen. Deshalb ist nach dem Sinnzusammenhang der Bedingungsvorschrift unter Bearbeitung auch eine Verarbeitung im Sinne des § 950 B G B zu verstehen, durch die eine neue Sache entsteht ( O L G Hamm 18.1.1995 VersR 1996 S. 93-94, es ging darum, daß Spulenwickelmaschinen im Betrieb des Vmers durch Einbau der elektrischen Steuerung und Verkabelung komplettiert werden sollten). Andernfalls würde es bei Reparaturbetrieben, die sowohl Reparatur als auch Produktionstätigkeit entfalten, zu Abgrenzungsschwierigkeiten und wenig nachvollziehbaren Lücken im Vsschutz kommen. Daß die Einbeziehung fremden Eigentums in die V dann nicht erfolgt, wenn zwischen dem Eigentümer und dem Vmer vereinbart worden ist, daß die Sachen nicht vert zu werden brauchen, ist sachgerecht, weil für den Eigentümer häufig bereits Vsschutz bestehen wird und die Einbeziehung sich für den Vmer wegen der Erhöhung des Vswertes und der Gefahr der Unterv auch nachteilig auswirken kann (über die Bedeutung der Bestimmung als Beweislastregelung vgl. H 94). Auch in den Obhutsfällen des § 2 Nr. 4 AFB 87 gilt die V nach Ziff. 4 für Rechnung des Eigentümers und des Vmers, wobei für die Höhe des Vswertes nur das Interesse des Eigentümers maßgebend ist (dazu unter H 95). Für den Eigentümer betrifft die V sein Interesse an der Erhaltung der Sache, für den Vmer ist hingegen sein S a c h e r s a t z i n t e r e s s e hinsichtlich der in seine Obhut gegebenen fremden Sachen vert (Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 56, 58 vor § 51; Martin3 H III 61-80, 70; Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachv S. 152 und VersR 1994 S. 893-897, 895; Boldt 7 S. 103; Josten-Horn S. 88). Es geht darum zu verhindern, daß der Vmer - falls nicht seine Haftung ohnehin wegen des Abschlusses der V beschränkt ist - wegen Verletzung seiner Obhutspflichten auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden kann ( O L G Hamm 18.1.1995 VersR 1996 S. 93-94). Auf der Grundlage der unter J 106 behandelten früheren Rechtsprechung des B G H , nach der das Sachersatzinteresse in der Sachv nicht vert werden könne, müßte eigentlich § 2 Nr. 4 in Verbindung mit Nr. 5 AFB 87 teilweise für unwirksam angesehen werden, weil ein anderes Interesse des Vmers als sein Sachersatzinteresse nicht besteht, also Interessemangel im Sinne von § 68 vorliegen würde. Richtiger Ansicht nach ist aber das Sachersatzinteresse in der Sachv verbar und u. a. in § 2 Nr. 4 AFB 87 vert. Die Feuerv wird nicht dadurch zu einer Haftpflichtv, daß sie das Sachersatzinteresse des Vmers einschließt, wenn sie einer solchen auch wirtschaftlich nahekommt (Kollhosser a.a.O. R N 56). Sie folgt vielmehr weiterhin den für Sachven geltenden Vorschriften. Der Schutz des geschädigten Eigentümers wird nicht durch § 156 gewährleistet, der keine Anwendung findet, sondern durch die Vorschriften über die V für fremde Rechnung, insbesondere die Treuhänderstellung des Vmers für den Vten (vgl. dazu unter J 137). [J 125]

ccc) Versicherung von Gebrauchsgegenständen von Betriebsangehörigen

Einen weiteren Fall einer V für fremde Rechnung enthält § 2 Nr. 7 AFB 87, wonach für den Fall, daß - wie in Pos. 4,6 der Positionen-Erläuterung von 1985 vorgesehen die V von Gebrauchsgegenständen von Betriebsangehörigen vereinbart ist, (nur) Johannsen/Johannsen

907

Anm. J 127

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Sachen vert sind, die sich ü b l i c h e r w e i s e oder auf V e r l a n g e n des Arbeitgebers innerhalb des Vsortes befinden. Es handelt sich um eine Inbegriffsv im Sinne von § 85, die nach dieser Vorschrift als für fremde Rechnung genommen gilt. Da § 85 dispositiv ist, ist die Beschränkung der verten Sachen zulässig (vgl. dazu im einzelnen unter H 105; zweifelnd Dörner-Staudinger in BK R N 6 zu § 85; Langheid in Römer-Langheid R N 5 zu § 85 in Hinblick auf das AGBG). Vert ist das Sacherhaltungsinteresse der Betriebsangehörigen. Das Interesse des Vmers, nicht wegen der Beschädigung oder des Verlusts der Sachen der Betriebsangehörigen in Anspruch genommen zu werden, ist dadurch gewahrt, daß gegen ihn als Obhutsverpflichteten der Regreß nach § 67 ausgeschlossen ist (vgl. J 115). Nach § 2 Nr. 7 Abs. 2 AFB 87 wird Entschädigung nur geleistet, soweit Entschädigung nicht aus einem anderen Vsvertrag beansprucht werden kann. Die V ist also subsidiär. (Zur Zulässigkeit und vmerfreundlichen Auslegung von Subsidiaritätsklauseln vgl. Möller in Bd II Anm. 48-54 zu § 59 und in Festschrift für Sieg S. 407-420, 414-418; Winter VersR 1991 S. 527-532). Bei der anderen V kann es sich um eine Hausratv des Betriebsangehörigen handeln, es kommt aber nach dem offenen Wortlaut auch eine Haftpflichtv des Arbeitgebers in Betracht (zu den Einzelheiten der Regelung vgl. H 105). [J 126]

dd) Ausschlußklauseln

Der Einschluß fremden Eigentums in die V erfolgt durch die AFB 87 so weitgehend, daß er häufig über den tatsächlichen Vsbedarf des Vmers hinausgeht. Es sind deshalb Klauseln entwickelt worden, um die für den Vmer nachteiligen Folgen dieser Regelung, Gefahr von Unterv und überflüssiger Doppelv, zu vermeiden. So entfällt bei Vereinbarung der Klausel 1201 der Einschluß fremden Eigentums vollständig. Durch die Klausel 1202 wird der Einschluß fremden Eigentums auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen der Vmer dem Eigentümer gegenüber zum Abschluß der V verpflichtet ist (vgl. dazu Sieg D 5-13; Martin 3 H III 74; Abdruck der Klauseln bei Martin 3 Texte 34 S. 238). 4. Versicherung fremder Interessen in der Wohngebäudeversicherung [J 127]

a) Allgemeines

In der Wohngebäudev, die nach den VGB 62 und 88 (in der Fassung zuletzt von 1999) den Feuervsschutz kombiniert mit Leitungswasser- und Sturmv bietet, sind soweit nichts anderes vereinbart ist - die im Vsschein aufgeführten Gebäude mit ihren Bestandteilen vert, §§ 2 VGB 6 2 , 1 Nr. 1 VGB 88. Es wird also wie in den AFB 87 auf die b e s t i m m t e B e z e i c h n u n g der Gebäude abgestellt und nicht danach unterschieden, ob diese sich im Eigentum des Vmers oder einer anderen Person befinden. Es ist deshalb der Abschluß einer V für fremde Rechnung durch andere Personen als den Eigentümer in dessen Interesse wie nach den AFB 87 möglich. Dafür wird auf die Ausführungen unter J 122 verwiesen. Zu beachten ist aber der in § 1 Nr. 4 VGB 88 (nicht aber in § 2 VGB 62) enthaltene Ausschluß für in Gebäude eingefügte Sachen, die ein Mieter auf seine Kosten beschafft oder übernommen hat und für die er die Gefahr trägt. Der unter J 122 erörterte Einschluß des Interesses des Mieters hinsichtlich der von ihm in das Gebäude eingefügten Sachen, die gemäß § 95 BGB in seinem Eigentum verblieben sind oder hinsichtlich derer ihm ein Wegnahmerecht nach §§ 547a BGB, 539 BGB n. F. zusteht, kommt also grundsätzlich nicht in Betracht, kann aber nach § 1 Ziff. 4 S. 2 VGB 88 vereinbart werden. 908

Johannsen/Johannsen

Anm. J 130

II. Versicherung für fremde Rechnung

Zur Berücksichtigung der Interessen des Mieters, nicht für von ihm leicht fahrlässig verursachte Brandschäden in Anspruch genommen zu werden, wird auf J 105—J 116 verwiesen. [J 128]

b) Mietausfallversicherung

Der in §§ 1 Nr. 3 VGB 62, 3 VGB 88 geregelte Einschluß des Ersatzes von Mietausfall bei vermieteten und des ortsüblichen Mietwertes bei eigengenutzten Wohnräumen (vgl. dazu H 204 sowie Martin 3 W VIII, Dietz Wohngebäudev 2 S. 106-117) betrifft nur das Nutzungsinteresse des Vmers an dem verten Gebäude. Eine V für fremde Rechnung zugunsten des Mieters liegt nicht vor (Martin a.a.O. RN 12). Die Ersatzpflicht des Vers besteht nur, wenn der Mieter berechtigt ist, wegen des Vsfalles nach §§ 537 oder 542 BGB (neugeregelt in §§ 536, 536c) n.F.) die Zahlung ganz oder teilweise zu verweigern. Hat der Mieter, wenn auch nur leicht fahrlässig selbst den Vsfall verursacht, steht ihm nach diesen Bestimmungen ein Recht zur Zahlungsverweigerung auch dann nicht zu, wenn er auf Grund seiner Beteiligung an der Vsprämie den dem Eigentümer entstandenen Substanzschaden nicht zu erstatten hat. Da dem Eigentümer somit in diesem Fall ein Mietausfallschaden nicht entsteht, ist es nach Wortlaut und Zweck dieser Vermögensfolgeschadenv selbstverständlich, daß der Ver nicht einzutreten hat (Dietz Wohngebäudev 2 S. 107, im Ergebnis ebenso Martin a.a.O. RN 13, wenn er auch das Ergebnis aus der Sicht des Mieters für überraschend hält). Die Mietausfallv kann aber dann V für fremde Rechnung sein, wenn der Mieter den Vsvertrag abgeschlossen hat. Dann ist das Interesse des Eigentümers, keinen Mietausfall durch ein ersatzpflichtiges Schadenereignis zu haben, mitvert. c) Versicherte Interessen von Wohnungseigentümern [J129]

Schrifttum

Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachv Diss. 1993 Berlin 1994, Ausborn Die privatrechtliche Gebäudev bei Wohnungseigentümergemeinschaften Diss. Hamburg 1963, K. Bischoff VersR 1958 S. 5 7 7 - 5 8 1 , Schirmer r + s 1999 S. 335, Stürner in Soergel BGB Bd 6 12. A u f l . Stuttgart 1989 zum W E G .

|J 130]

aa) Klauseln 807, 741 und §§ 25 Nr. 3 VGB 88,22 VGB 88 Fassung 1999

Wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung des Wohnungseigentums sind für die V von Wohnungseigentümern zu deren Schutz besondere Klauseln entwickelt worden, zunächst nur für die Feuerv (VA 1959 S. 222), sodann die gemeinsame Wohnungseigentumsklausel 807 unter Einschluß der Leitungswasser-, Sturm- und Glasbruchv (VA 1960 S. 198 abgedruckt mit Erläuterungen in Bd II Anm. 63 zu § 61), die abgeändert wurde durch die Klausel 841 zu VGB 62 (abgedruckt bei Martin 3 Texte 34 S. 230). Schließlich ist diese Regelung in die VGB 88, § 25 Nr. 3 VGB 88 aufgenommen worden. Die 1999 erfolgte Neufassung in § 22 VGB 88 enthält keine inhaltlichen Änderungen. Die besonderen Probleme ergeben sich aus der Struktur des Wohnungseigentums, das nach § 1 II WEG aus dem Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört, besteht. Der Wohnungseigentümer ist damit zugleich Alleineigentümer und Bruchteilseigentümer. Sein Interesse hinsichtlich dieser beiden Rechte mag, wie es Ausborn S. 18-20 entwickelt hat (zustimmend Möller in Bd II Anm. 59 zu § 49) als einheitliches Wohnungseigentümerinteresse zusammengefaßt werden. Das bedeutet jedoch nicht, Johannsen/Johannsen

909

Anm. J 130

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

daß dieses einheitlich vert werden müsse. Aus § 21 V Nr. 3 WEG, wonach nur die Feuerv des gemeinschaftlichen Eigentums, nicht aber des Sondereigentums zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung gehört, ergibt sich das Gegenteil. Es können danach die Bruchteilsinteressen gemeinsam, das Sondereigentum aber von jedem Wohnungseigentümer einzeln vert werden (Möller a.a.O.; Ausborn S. 21). Am zweckmäßigsten ist aber die gemeinschaftliche V sämtlicher Wohnungseigentümerinteressen in einem einheitlichen Vsvertrag. Diese Vertragsgestaltung, die in der Praxis üblich ist, liegt den genannten Klauseln zugrunde. Da die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht rechtsfähig und parteifähig ist (BGH 12. V. 1977 NJW 1977 S. 1686-1687, 25. IX. 1980 NJW 1981 S. 282-285; Soergel-Stürner 12 RN 1 a zu § 10 WEG), kommt ein solcher Vertrag nicht mit ihr sondern den einzelnen Wohnungseigentümern zustande, die beim Abschluß von dem Verwalter vertreten werden (OLG Düsseldorf 28. X. 1997 r + s 1998 S. 337-338; Ausborn S. 24; Hübsch in BK RN 39 zu § 80). Die Auffassung des OLG Hamm 3. III. 1995 NJW RR 1995 S. 1419 = VersR 1996 S. 1234-1235, zustimmend Prölss in Prölss-Martin 26 RN 3 a zu § 74, daß Vmer die Eigentümergemeinschaft sei, der einzelne Wohnungseigentümer aber auch hinsichtlich seines Sondereigentums nur Vter, dem keine eigenen Rechte zuständen, wird der Rechtsnatur der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gerecht (zutreffend OLG Köln 23. VI. 1999 NVersZ 2000 S. 140-141, das zwar auch von einem mit der Eigentümergemeinschaft abgeschlossenen Vsvertrag spricht, aber die einzelnen Wohnungseigentümer rechtlich als Vmer behandelt). Der Vertrag ist Eigenv jedes Wohnungseigentümers hinsichtlich seines Interesses an seinem Sondereigentum und hinsichtlich seines Bruchteils am Gemeinschaftseigentum. Er ist aber zugleich V für fremde Rechnung hinsichtlich des Bruchteileigentums der anderen Wohnungseigentümer und ihres Sondereigentums (OLG Köln a.a.O.; K. Bischoff VersR 1958 S. 577-581; Martin 3 Y III 17; Prölss in Prölss-Martin 26 RN 31 zu § 80; Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 63 vor § 51; Hübsch in BK RN 39 zu § 80; a. A. Ausborn S. 24, der ausschließlich Eigenv annimmt). Dazu, daß in die Fremdv auch das Sachersatzinteresse des Vmers eingeschlossen ist (so OLG Köln, Martin, Prölss, Kollhosser a.a.O.; Baumann in BK RN 67 zu § 67; Armbrüster S. 172), siehe J 131. Den besonderen Interessen der Wohnungseigentümer an der Erhaltung des gemeinsamen Wohnungseigentumsobjekts tragen die erwähnten Klauseln, die auf „ Billigkeitsgründen" beruhen, wie es in den Erläuterungen zu der Klausel 807 heißt (Bd I Anm. 63 zu § 61), Rechnung. Abweichend von der für die gemeinschaftliche V von Miteigentum geltenden Regelung, wonach sich jeder Vmer die Kenntnis und das Verhalten der übrigen zurechnen lassen muß (so ausdrücklich in § 25 Nr. 1 VGB 88, vgl. zu dem Grundproblem Möller in Bd II Anm. 63 zu § 61), sieht § 25 Nr. 3 a) inhaltlich insoweit übereinstimmend mit den früheren Klauseln vor, daß der Ver sich bei Leistungsfreiheit gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern hierauf gegenüber den übrigen wegen deren Sondereigentum und wegen deren Miteigentumsanteilen nicht berufen kann. Der Ver muß also die übrigen entschädigen, wenn ein Wohnungseigentümer durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung des Vsfalles oder aus anderen im einzelnen aufgeführten Gründen den Vsschutz verwirkt hat. Darüber hinaus können die übrigen Wohnungseigentümer nach § 25 Nr. 3 b) VGB 88 verlangen, daß der Ver ihnen auch hinsichtlich des Miteigentumsanteils des Wohnungseigentümers, der den Entschädigungsanspruch verwirkt hat, Entschädigung leistet, soweit diese zur Wiederherstellung des gemeinschaftlichen Eigentums verwendet wird. Diese Regelung sollte nach der Vorstellung der Verfasser der ursprünglichen Klausel 807 dem Wiederaufbau von durch Brand zerstörten Gebäuden dienen, weshalb in Kauf genommen werden konnte, daß die Entschädigung auch dem schuldigen 910

Johannsen/Johannsen

Anm.J 131

II. Versicherung für fremde Rechnung

Wohnungseigentümer zugute komme (Erläuterungen zu Klausel 807 a.a.O.) Sie ist aber auch bei bloßen Beschädigungen des Gebäudes durch Brand und andere Schadenfälle, auf die sich die Regelung bezieht, z.B. bei Leitungswasser- und Sturmschäden, durch das Interesse der schuldlosen Wohnungseigentümer an der Erhaltung ihres gemeinschaftlichen Eigentums gerechtfertigt. Die Leistungspflicht des Vers besteht aber gemäß § 25 Nr. 3 c VGB 88 dann nicht, wenn er an einen Realgläubiger nach § 102 leisten muß (vgl. dazu unter J 45-68 und zur Erstattungspflicht des Wohnungseigentümers J 72). Der Wohnungseigentümer, in dessen Person der Verwirkungsgrund vorliegt, ist nach § 25 Nr. 3 II verpflichtet, dem Ver die Mehraufwendungen durch die Leistung der Entschädigung für seinen Miteigentumsanteil zu erstatten. Durch diese eigenartige Regelung soll der Vorteil, den der schuldige Wohnungseigentümer durch die Leistung des Vers zur Wiederherstellung des gemeinschaftlichen Eigentums zunächst erlangt hat, ausgeglichen werden (Möller in Bd II Anm. 63 zu § 61). [J 131]

bb) Regreß des Versicherers

Eine ausdrückliche Regelung darüber, ob der Ver, der trotz Leistungsfreiheit gegenüber einem Wohnungseigentümer das Sonder- und Gemeinschaftseigentum der übrigen entschädigt hat, den schuldigen Wohnungseigentümer in Regreß nehmen kann, enthalten Klausel 841 zu den VGB 62 und § 25 VGB 88 nicht. In der früheren Klausel 807 war vorgesehen, daß der Ver im Falle vorsätzlicher Herbeiführung des Vsfalles Erstattung des an die übrigen Wohnungseigentümer gezahlten Entschädigungsbetrages verlangen kann. Aus dieser Regelung war eindeutig zu entnehmen, daß ein Regreß in den übrigen Fällen, also insbesondere bei nur fahrlässiger Herbeiführung des Vsfalles nicht in Betracht kam (Ausborn S. 128). Der Rückgriff hatte in der Klausel eine selbständige Grundlage, die § 67 ausschließt (Möller a.a.O.). Die Klausel ist damit als Einschluß des Sachersatzinteresses in der Form des Regreßverzichts für jede Form fahrlässigen Verhaltens zu bewerten. Für die Klausel 841 zu den VGB 62 und § 25 VGB 88 ist durch Auslegung zu ermitteln, ob und in welchen Fällen ein Regreß nach § 67 zulässig ist. Ansprüche der geschädigten Wohnungseigentümer, die auf den Ver übergehen können, ergeben sich außer aus § 823 BGB aus § 14 WEG, der den Wohnungseigentümern bestimmte Obhutspflichten auferlegt. Martin 3 O II 3 und Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 63 vor § 51 halten die Regelung, daß der Ver von dem schuldigen Wohnungseigentümer Ersatz des Mehraufwandes verlangen kann, wenn er dessen Gemeinschaftseigentum mit entschädigt, für eine abschließende Regelung des Regreßproblems (ebenso OLG Düsseldorf 28. X. 1997 r + s 1998 S. 337-338 mit insoweit zustimmender, im übrigen kritischer Anm. von Schirmer r + s 1999 S. 335). Sie kritisieren zwar das Ergebnis, daß der Ver auch bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit nicht wegen der Entschädigung des Sondereigentums Regreß nehmen könne, als logikwidrig, stellen es aber nicht in Frage. Entgegen ihrer Annahme regelt aber Ziff. 2 der Klausel 841 zu den VGB 62 und § 25 Nr. 3 b) VGB 88 das Regreßproblem des § 67 überhaupt nicht (so auch Ausborn S. 128 zu der entsprechenden Regelung in der Klausel 807). Es handelt sich vielmehr um eine Sonderregelung, die ausschließlich daran anknüpft, daß der Ver, obwohl er dem schuldigen Wohnungseigentümer gegenüber leistungsfrei ist, auf Verlangen und im Interesse der übrigen Wohnungseigentümer eine Leistung erbringt, die auch ihm zugute kommt. Sie stellt damit eher einen vertraglich besonders geregelten Bereicherungsanspruch dar. Die Regelung kann auch nach ihrem Gesamtzusammenhang vom Vmer nicht dahin verstanden werden, daß sie ihm bei Beschädigung des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums der übrigen Wohnungseigentümer auch bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit von einem Regreß des Vers befreit. Zu berückJohannsen/Johannsen

911

Anm. J 132

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

sichtigen ist dabei auch, daß § 25 Nr. 3 c), der die Erstattungspflicht des Wohnungseigentümers für den Fall betrifft, daß der Ver gemäß § 102 geleistet hat, sich ebenfalls ausdrücklich nur auf seinen Miteigentumsanteil und sein Sondereigentum bezieht. Daß bei der hier vorliegenden V für fremde Rechnung ein Regreß auch nicht deshalb generell ausgeschlossen ist, weil auch der Wohnungseigentümer, der den Vsfall herbeigeführt hat, Vmer ist, ist unter J 115 ausgeführt worden. Der Vmer ist aber dann nicht Dritter im Sinne des § 67, wenn seine Interessen in die V einbezogen sind, diese ihm also zugute kommen soll (BGH 11. VII. 1960 BGHZ 33 S. 97-105 = VersR 1960 S. 724-725, 24. XI. 1971 VersR 1972 S. 194-197 und unter J 115). Das ist allerdings bei der gemeinsamen V der Wohnungseigentümer der Fall (BGH 28. III. 2001 VersR 2001 S. 713-714; so schon Vorinstanz OLG Köln 23. VI. 1999 NVersZ 2000 S. 140-141; Ausborn S. 131; Martin 3 Y III 17; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 31 zu § 80; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 63 vor § 51; Baumann in BK R N 67 zu § 67; Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachv S. 172; im Ergebnis auch Sieg Bd II Anm. 125 zu § 67; a. A. OLG Düsseldorf 28.X. 1997 r + s 1998 S. 337-338; Hübsch in BK R N 39 zu § 80, die den Regreß zulassen, falls nicht ein Regreßverzicht vereinbart ist). Die gemeinsame V soll der Erhaltung des Gesamtobjektes dienen, an dem alle Wohnungseigentümer über ihr Interesse an ihrem Sondereigentum und ihrem Anteil an dem Gemeinschaftseigentum hinaus interessiert sind. Der Zweck der gemeinsamen V würde in Frage gestellt, wenn der Ver schon bei leichter Fahrlässigkeit eines Wohnungseigentümers gegen diesen Regreß nehmen könnte (BGH a.a.O.). Da in der Wohngebäudev Vsschutz für vorsätzliches oder grobfahrlässiges Handeln nicht gewährt wird, ist der Ver aber nicht gehindert, in diesen Fällen Regreß gegen den Wohnungseigentümer zu nehmen, der den Vsfall herbeigeführt hat. Die Einbeziehung des Sachersatzinteresses in der Form des Regreßverzichts geht nämlich zur Wahrung der Belange des Vers nicht über den Umfang der primären vertraglichen Leistung hinaus (Prölss in Prölss-Martin 26 R N 13 zu § 67, R N 14 zu § 80; Baumann in BK R N 52 zu § 67; Armbrüster a.a.O. S. 123). [J 132]

cc) Sonderfälle

Werden nicht alle Interessen einer Wohnungseigentümergemeinschaft in einem Vertrag vert, ist zweifelhaft, ob die obigen Grundsätze Anwendung finden. Die ursprünglich entwickelte Klausel 807 setzte nach ihrem Wortlaut ausdrücklich voraus, daß das gemeinschaftliche Eigentum und alles Sondereigentum einheitlich in einem Vertrag vert worden ist. Sie griff deshalb nicht ein, wenn einzelne Wohnungseigentümer ihr Sondereigentum in getrennten Verträgen bei demselben Ver, bei anderen Vera oder gar nicht vert hatten mit der Folge, daß die Verwirkung des Anspruchs wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des Vsfalles durch einen Wohnungseigentümer auch zur Leistungsfreiheit gegenüber den übrigen führte (Möller in Bd II Anm. 63 zu § 67). In der Klausel 841 zu den VGB 62 und § 25 Nr. 3 VGB 88 wird nur an einen Vsvertrag mit sämtlichen Wohnungseigentümern bzw. einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern angeknüpft. Daraus wird man schließen können, daß die Regelungen in bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum Anwendung finden, wenn dieses, wie es einer ordnungsgemäßen Verwaltung gemäß § 21 V Ziff. 3 WEG entspricht, einheitlich vert ist, auch wenn das Sondereigentum der einzelnen Wohnungseigentümer nicht in den Vertrag einbezogen ist. Vor Bildung einer Wohnungseigentümergemeinschaft wäre ein von dem bisherigen Alleineigentümer des Gebäudes als angeblicher „ Verwalter" abgeschlossener Feuervsvertrag bis zur Zustimmung der Wohnungseigentümer schwebend unwirksam. Da der Eigentümer aber ein Interesse an der sofortigen Wirksamkeit des Vertrages hat, ergibt die Aus912

Johannsen/Johannsen

Anm.J 135

II. Versicherung für fremde Rechnung

legung, daß der Vertrag eine V für Rechnung wen es angeht im Sinne von § 80 II darstellt ( O L G Koblenz 31. V. 1996 r + s 1996 S. 450-452; Prölss in Prölss-Martin 26 R N 3 a zu § 74). 5. Versicherung fremder Interessen in der Hausratversicherung 0 133]

Schrifttum

Dietz Hausratv 1984 2. Aufl. Karlsruhe 1988, Knappmann in Prölss-Martin 2 6 Hausratv V H B 84 und 92, derselbe in r + s 1998 S. 250, Prölss VersR 1997 S. 6 9 7 - 6 9 8 , Ruhwedel N J W 1977 S. 8 1 1 - 8 1 2 .

Q 134]

a) Fälle von Fremdversicherung

Die Hausratv mit ihrem umfassenden Schutzumfang (siehe dazu im einzelnen unter H 108-119) hat einen großen Anwendungsbereich für die V für fremde Rechnung. Er ergibt sich einmal daraus, daß die Hausratsv eine Inbegriffsv im Sinne von § 85 ist, die sich unter bestimmten Voraussetzungen auf die Sachen der zur Familie des Vmers gehörigen und in einem Dienstverhältnis zu ihm stehenden Personen erstreckt und insoweit von Gesetzes wegen als V für fremde Rechnung gilt. Zum anderen erklären die Bedingungen ausdrücklich, daß die von der V erfaßten Sachen auch vert sind, soweit sie fremdes Eigentum sind, §§ 2 Nr. 2 V H B 66 und 74, 1 Nr. 3 V H B 84 und 92. Ausgenommen sind nur unter unterschiedlichen Einschränkungen Sachen von Untermietern. Als typische Anwendungsbereiche kommen dabei außer den Sachen von Familienangehörigen und Arbeitnehmern von Besuchern mitgebrachte, zur Probe genommene, ausgeliehene oder unter Eigentumsvorbehalt erworbene Hausratgegenstände in Betracht (vgl. Dietz Hausratsv 2 S. 24). Verte Gegenstände können auch im Eigentum des Vermieters stehen, wenn dieser zugleich Grundstückseigentümer ist, vgl. z . B . §§ 1 Nr. 2 b ) V H B 84, 92 für in das Gebäude eingefügte Sachen. Soweit im fremden Eigentum stehende Sachen von der V erfaßt werden, liegt grundsätzlich V für fremde Rechnung vor ( O L G Hamm 4. II. 1994 VersR 1994 S. 1464 = N J W R R 1995 S. 287-289; O L G Karlsruhe 4. VII. 1996 VersR 1997 S. 104-106; Knappmann in Prölss-Martin 2 6 Anm. 1 zu § 1 V H B 84). Zu Unrecht verneint L G Köln l . X I I . 1976 VersR 1977 S. 270-272 = N J W 1977 S. 810-811 das Vorliegen einer V für fremde Rechnung zugunsten des Vermieters, weil es an entsprechenden Umständen im Sinne von § 80 I fehle. Die Interessenlage spricht aber genau so für die Einbeziehung des Vermieters in den Vsvertrag wie der übrigen durch die Fremdeigentumsklauseln geschützten Personen (Ruhwedel N J W 1977 S. 811-812). U 135]

b) Insbesondere Miteigentum von Ehegatten

Wenn Hausratgegenstände, wie es bei Ehegatten häufig üblich ist, sich im Miteigentum beider Ehegatten befinden, ist die V Eigenv des Vmers hinsichtlich seines Bruchteils und Fremdv hinsichtlich des Eigentumsanteils des Ehegatten (Hübsch in B K R N 19 zu § 79). Das hat zur Folge, daß der Ver vollen Umfangs leistungsfrei wird, wenn der Vmer durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung des Vsfalles den Anspruch verwirkt hat, aber bei einem entsprechenden Fehlverhalten des Ehegatten den Miteigentumsanteil des Vmers entschädigen muß, weil § 79 nur insoweit eingreift, als Fremdv vorliegt ( O L G Hamm 4. II. 1994 VersR 1994 S. 1464 = N J W R R 1995 S. 287-289; Hübsch in B K R N 20 zu § 79; a. A. O L G Karlsruhe 2 0 . X I . 1997 r + s 1998 S. 162-163, das § 79 anwendet, ohne hinsichtlich der betroffenen Interessen zu differenzieren). Johannsen/Johannsen

913

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Anm. J 137

Für das Verhalten des Eigentümers oder Miteigentümers hat der Vmer allerdings immer dann einzustehen, wenn dieser sein Repräsentant ist (vgl. dazu unter G 47-49, 53). Das ist der Ehegatte aber in der Hausratv grundsätzlich nicht (BGH 2. V. 1990 VersR 1990 S. 736-737; OLG Hamm 25. XI. 1988 VersR 1989 S. 509-511, 4. II. 1994 a.a.O.; Knappmann in Prölss-Martin 26 R N 14 zu § 9 VHB 84). In Ausnahmefällen kann er aber mit der alleinigen Obhut betraut sein (OLG Karlsruhe 30. XI. 1997 r + s 1998 S. 162-163 mit kritischer Anm. von Knappmann r + s 1998 S. 250). [J 136]

c) Eigentumsvorbehalt

Eine Kombination von Eigen- und Fremdv hinsichtlich einzelner Hausratgegenstände liegt auch vor, wenn diese vom Vmer unter Eigentumsvorbehalt erworben worden sind. Es fehlt in der Hausratv zwar an einer § 2 Nr. 3 b in Verbindung mit Nr. 5 AFB 87 entsprechenden Regelung, wonach die V von unter Eigentumsvorbehalt erworbenen Sachen für Rechnung des Vmers und des Eigentümers gilt, aber die Interessenlage der Beteiligten erfordert, daß neben dem Interesse des formalrechtlichen Eigentümers auch dasjenige des Vorbehaltskäufers, der die Sache bereits wie ein Eigentümer nutzt und die Gefahr ihrer Beschädigung trägt, in die V einbezogen wird. 6. Geltendmachung der Rechte des Versicherten [J 1 3 η

a) AVB-Regelungen

Die Feuervsbedingungen enthalten im wesentlichen gleichlautende ausführliche Regelungen über die Geltendmachung des dem Vten zustehenden Anspruchs durch den Vmer, §§ 12 AFB 30, 10 AFB 87, 14 VGB 62, 12 VGB 88, 20 der Fassung von 1999, 12 VHB 66 und 84, 17 VHB 92. Sie stimmen insoweit mit dem Gesetz überein, als sie § 76 I wiedergeben, wonach der Vmer über die Rechte des Vten im eigenen Namen verfügen kann. Sie wiederholen damit die im Interesse des Vers getroffene gesetzliche Grundentscheidung, wonach der Vte, obwohl er materiellrechtlich Inhaber des Anspruchs auf die Vsentschädigung ist, diesen nicht selbst geltend machen darf, sondern darauf angewiesen ist, daß der Vmer den Anspruch geltend macht und die dem Vten zustehende Entschädigung an ihn auskehrt. Die Bedingungen ändern aber darüber hinaus auch die vom Gesetz vorgesehenen Ausnahmen ab. Abweichend von §§ 75 II und 76 II, die es dem Vten ermöglichen, über seine Rechte zu verfügen und sie gerichtlich geltend zu machen, wenn er im Besitz eines Vsscheines (zu diesem ausführlich Möller in Bd I Anm. zu § 3) ist, stehen ihm diese Befugnisse nach den Bedingungen nicht zu, und kann der Vmer über die Rechte des Vten verfügen und die Entschädigung einziehen, auch wenn er nicht im Besitz des Vsscheines ist. Der Ver kann aber vor Auszahlung der Entschädigung den Nachweis verlangen, daß der Vte hiermit einverstanden ist. Durch diese Regelung ist in Abänderung des Gesetzes die Rechtsstellung des Vmers verstärkt, diejenige des Vten dagegen geschwächt worden (Koenig in Festschrift für E. Prölss 1967 S. 221-239, 231). Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser Abweichung ergeben sich aus dem W G nicht, weil §§ 75 II, 76 II dispositives Recht darstellen (BGH 7.1.1965 VersR 1965 S. 274-275; Koenig a.a.O.; Sieg in Bd II Anm. 48, 49 zu §§ 75, 76; Prölss in PrölssMartin 26 R N 6 zu § 75, R N 6 zu § 76; Römer in Römer-Langheid R N 22 und 25 zu §§ 75, 76; Hübsch in BK R N 19 zu § 75, R N 16 zu § 76). Für den Fall, daß die V von dem N i e ß b r a u c h e r entsprechend seiner gesetzlichen Verpflichtung aus § 1045 BGB zugunsten des Eigentümers genommen worden ist, 914

Johannsen/Johannsen

Anm. J 137

II. Versicherung für fremde Rechnung

trifft aber § 1046 BGB eine die vertragliche verdrängende gesetzliche Regelung, die als speziellere auch §§ 75, 76 vorgeht. § 1046 BGB verweist auf § 1077 BGB, wonach die Entschädigungsforderung nur von dem Nießbraucher und dem Eigentümer gemeinschaftlich geltend gemacht werden kann (Soergel-Stürner 12 BGB Bd 6 R N 2 zu § 1046; Sieg C 46 und Bd II Anm. 50 zu §§ 75, 76). Die AVB-Regelungen halten einer Inhaltskontrolle nach §§ 9 AGBG, 307 BGB n.F. stand (OLG Düsseldorf 15.VII. 1993 VersR 1995 S. 525 = r + s 1994 S. 118; OLG Köln 18.IV. 1994 VersR 1995 S. 525 = r + s 1994 S. 475-476, beide zu einer entsprechenden Regelung in § 16 Nr. 1 S. 2 AUB; Prölss in Prölss-Martin 26 RN 15 zu § 75; Römer in Römer-Langheid RN 24 zu §§ 75, 76; Hübsch in BK R N 19 zu § 75; zweifelnd OLG Karlsruhe 4. VII. 1996 VersR 1997 S. 104-106 zu § 17 VHB 84). Die Abweichung vom Gesetz dient zwar ausschließlich den Interessen des Vers. Daß zugleich die Rechtsstellung des Vmers gestärkt wird, ist nur eine nicht beabsichtigte Nebenwirkung der Regelung (Sieg in Bd II Anm. 47 zu §§ 75, 76). Ihr liegt nämlich ausschließlich das Interesse des Vers zugrunde, es im Schadenfall nur mit einer Person, seinem Vertragspartner zu tun zu haben und nicht in mehreren Prozessen verklagt zu werden (OLG Köln, Düsseldorf, Karlsruhe, Sieg a.a.O.): Dieses Interesse des Vers, das bereits für die gesetzliche Regelung mitbestimmend war (BGH 4. V. 1964 BGHZ 41 S. 327-333 = VersR 1964 S. 709-712 = NJW 1964 S. 1899-1902; Römer a.a.O. RN 17 zu §§ 75, 76), ist aber grundsätzlich als berechtigt anzuerkennen (BGH 27. V. 1998 BGHZ 139 S. 52-58 = VersR 1998 S. 1016-1017 = NJW 1998 S. 2537-2538). Das gilt auch, wenn keine Mehrzahl von unbekannten Anspruchskonkurrenten sondern nur der im Besitz des Vsscheins befindliche Vte und der Vmer als Anspruchssteiler in Betracht kommen. Das Interesse des Vten, das allerdings beeinträchtigt ist, wenn er nicht einmal in dem Ausnahmefall, in dem er im Besitz des Vsscheins ist, die Entschädigungsforderung geltend machen kann, wird durch die Auslegung des § 76 dahin, daß dem Vmer das Verfügungsrecht über die Rechte des Vten nur zu t r e u e n H ä n d e n eingeräumt worden ist, hinreichend gewahrt. Nach der Rechtsprechung des BGH (7. V. 1975 BGHZ 64 S. 260-268 = VersR 1975 S. 703-705,12. XII. 1990 BGHZ 113 S. 151-159 = VersR 1991 S. 299-301 = r + s 1991 S. 358-360, 12. VI. 1991 NJW 1991 S. 3031-3033 = r + s 1991 S. 346-347 = VersR 1994 S. 1101-1103, 27. V. 1998 BGHZ 139 S. 52-58 = VersR 1998 S. 1016-1017) ist der Vmer auf Grund dieses Treuhandverhältnisses verpflichtet, die Vsentschädigung einzuziehen und an den Vten auszukehren. Kommt er der Einziehungsverpflichtung ohne billigenswerte Gründe nicht nach, darf der Vte ausnahmsweise den Anspruch gegen den Ver selbst geltend machen. In diesem Fall würde der Ver nämlich rechtsmißbräuchlich handeln, wenn er sich darauf beziehe, daß der Vte nicht zur Geltendmachung des Anspruchs legitimiert sei (so schon BGH 4. V. 1964 BGHZ 41 S. 327-333 = VersR 1964 S. 709-712 = NJW 1964 S. 1899-1902, ebenso BGH 4. V. 1983 VersR 1983 S. 823-825, 29. IV. 1998 NJW 1998 S. 2449-2450 und 27. V. 1998 a.a.O.). Der überzeugenden Rechtsprechung des BGH stimmt die Literatur überwiegend zu (Prölss in Prölss-Martin 26 RN 1 zu § 76; Martin 3 Y IV 11; Kollhosser in PrölssMartin 26 RN 15, 16 vor § 51; Hübsch in BK RN 1, 2 zu § 77; Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachv S. 200; von einem Treuhandverhältnis ging auch bereits Raiser 2 RN 23 zu § 13 aus; kritisch dazu, wenn auch nicht zu den Ergebnissen der BGH-Rechtsprechung Sieg in Bd II Anm. 22 zu §§ 75, 76). Die vom BGH im Bereich der Haftpflichtv entwickelte Treuhänderstellung des Vmers für den Vten besteht auch in der Feuerv. So ist bei der Vereinbarung von Fremdeigentumsklauseln zu den AFB 30 der Vmer unmittelbar auf Grund des gesetzlichen Treuhandverhältnisses verpflichtet, dem Vten die für dessen Sachen erhaltene Johannsen/Johannsen

915

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Anm. J 138

Vsentschädigung herauszugeben (OLG Bremen 29. XI. 1977 VersR 1978 S. 315-316). Wenn der Ver entsprechend § 10 Nr. 1 S. 2 AFB 87 eine einvernehmliche Erklärung des Vmers und des Vten über die Verteilung der Entschädigung verlangt, ist der Vmer auf Grund des Treuhandverhältnisses verpflichtet, die Zustimmung zur Auszahlung der Entschädigung an den Vten in dem Umfang zu erteilen, in dem diese ihm im Innenverhältnis zusteht (OLG Oldenburg 6. XII. 1995 VersR 1996 S. 1364-1367 = r + s 1996 S. 64-66). Auch in der Feuerv kann der Vte trotz entgegenstehender AVB den Anspruch gegenüber dem Ver geltend machen, wenn der Vmer ihn nicht verfolgt. So hat das OLG Karlsruhe 4. VII. 1996 VersR 1997 S. 104-106 zutreffend die gerichtliche Geltendmachung der Hausratsentschädigung durch die mitverte Ehefrau zugelassen, nachdem der Vmet der Auszahlung der Entschädigung an seine Ehefrau widersprochen, selbst aber keine Ansprüche geltend gemacht hatte (ebenso OLG Hamm 1. III. 1996 VersR 1997 S. 309). Damit sind die Interessen des Vten so weitgehend gewahrt, daß eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von §§ 9 AGBG, 307 BGB n. F. zu verneinen ist. Außer der eingeschränkten Möglichkeit der Geltendmachung des Anspruchs besteht eine Abweichung vom Gesetz auch darin, daß der Vte, auch wenn er im Besitz des Vsscheins ist, seinen Anspruch nicht abtreten darf. Auch dieses Abtretungsverbot verstößt nicht gegen §§ 9 AGB, 307 BGB n.F., weil es ebenfalls wie die anderen in AVB üblichen Abtretungsverbote dem berechtigten Interesse des Vers dient, im Schadensfall das Vertragsverhältnis nicht mit Dritten abwickeln zu müssen und in einem Rechtsstreit dadurch in seiner Beweisführung benachteiligt zu werden (BGH 26. III. 1997 VersR 1997 S. 1088-1091 mit zustimmender Anm. von Lorenz zu § 7 Nr. 3 AHB; OLG Köln 18.1.2000 r + s 2000 S. 250-251 zu § 14 Nr. 2 VGB 62). Wenn diese Interessen nicht beeinträchtigt werden, weil die Abtretung im Rahmen eines Vsvertrages, der zugunsten mehrerer Vter abgeschlossen worden ist, z.B. mehrerer Familienangehöriger in der Hausratv, an einen von ihnen zur gemeinsamen Geltendmachung der Ansprüche erfolgt, darf der Ver sich aber auf das Abtretungsverbot nicht berufen, weil dies rechtsmißbräuchlich wäre (OLG Karlsruhe 4. VII. 1996 VersR 1997 S. 104-106). Im kaufmännischen Bereich ist § 354a) HGB zu beachten, wonach die Abtretung trotz der entgegenstehenden Vereinbarung wirksam ist, der Schuldner jedoch mit befreiender Wirkung an den bisherigen Gläubiger leisten kann. (J 138]

b) Besondere Vereinbarungen

Abweichungen von der gesetzlichen Regelung der §§ 75 II, 76 II zugunsten des Vten werden in der Vspraxis durch die Ausstellung von S i c h e r u n g s s c h e i n e n und S i c h e r u n g s b e s t ä t i g u n g e n getroffen (jetzt gängige Formulare abgedruckt bei Martin 3 Texte 52, 53; früher übliche bei Raiser 2 RN 88-94 zu § 18 AFB). Der zugunsten des Kreditinstitutes, dem Maschinen und Einrichtungsgegenstände, landwirtschaftliche Inventaríen, Handelswaren oder Gebäude im Sinne von § 95 I 2 BGB sicherungsübereignet sind, ausgestellte S i c h e r u n g s s c h e i n enthält die von § 76 und § 10 AFB 87, abweichende Regelung, daß der Vmer nicht befugt ist, über die Entschädigungsforderung zu verfügen und sie einzuziehen, sondern diese Rechte ausschließlich dem Kreditinstitut zustehen (BGH 6. XII. 2000 NVersZ 2001 S. 127-129; OLG Düsseldorf 5. XII. 2000 NVersZ 2001 S. 177-178). Daß diese Abänderung zulässig ist, ergibt sich aus der dispositiven Natur von §§ 75 II, 76 II. Bedenken aus §§ 9 AGBG, 307 BGB n. F. kommen ebenfalls nicht in Betracht. Der Sicherungsschein verschafft dem Kreditgeber darüber hinaus weitere Rechte, die seine Stellung der eines Hypothekengläubigers nach §§ 102-104 annähern (vgl. zu den Einzelheiten Martin 3 Y IV 20-22; Boldt 7 Stichwort Sicherungsbestätigung, Sicherungsschein S. 179 und unter H 20). Auf ihm be916

Johannsen/Johannsen

Anm. J 139

II. Versicherung für fremde Rechnung

ruhen auch Informationspflichten des Vers über ihm bekannte Umstände, die für die Werthaltigkeit des Vsanspruchs von Bedeutung sind ( B G H a.a.O.). Für andere Gläubiger als Kreditinstitute ist die auf die Sicherungsübereignung von Maschinen und Einrichtungsgegenständen und Handelswaren beschränkte S i c h e r u n g s b e s t ä t i g u n g vorgesehen, die ebenfalls §§ 75 II, 76 II, 10 A F B 87 zugunsten des Kreditgebers abwandelt, aber ihm eine weniger starke Rechtsstellung, als dem Kreditinstitut auf Grund des Sicherungsscheins zusteht, einräumt (Martin a.a.O. R N 21). Daneben wird in der Praxis auch eine sogenannte V s b e s c h e i n i g u n g verwendet (Text bei Raiser a.a.O. R N 93), durch die dem Kreditgeber der Abschluß des Vsvertrages und die Bezahlung der Prämie bestätigt und erklärt wird, daß die Vsentschädigung an ihn als den Inhaber des Papiers ausgezahlt werden kann. Damit werden dem Ver keine besonderen Pflichten auferlegt, aber die Verfügungsbefugnis des Vmers wird eingeschränkt (Raiser a.a.O.; Martin a.a.O. R N 24; Sieg C 25 und VersR 1977 S. 213-218). Es handelt sich dabei um ein sogenanntes hinkendes Inhaberpapier im Sinne von §§ 808 B G B , 4 (vgl. hierzu Möller in Bd I zu § 4), das einen Anspruch auf Auszahlung der Entschädigung nicht begründet ( B G H 22. III. 2000 VersR 2000 S. 709-711 zu § 11 I 1 A L B 86; Möller a.a.O. Anm. 13). Der Ver darf die Legitimation des Inhabers der Bescheinigung überprüfen. Erkennt er dabei, daß der Inhaber des Legitimationspapiers materiell nicht berechtigt ist, darf er die Vsleistung nicht auszahlen ( B G H 24. II. 1999 VersR 1999 S. 700 = NVersZ 1999 S. 365-366, 22.111.2000 a.a.O. zur Lebensv, Sieg C 25 zur Feuerv). Das gleiche gilt, wenn die Auszahlung eine Treuwidrigkeit gegen den materiell Berechtigten darstellen würde ( B G H a.a.O.; Möller in Bd I Anm. 13 zu § 4). Ein Verstoß gegen Treu und Glauben wird in aller Regel vorliegen, wenn ernsthafte Bedenken gegen die Berechtigung des durch den Besitz des Papiers Legitimierten erkennbar sind (Sieg a.a.O.). Der B G H 22. III. 2000 a.a.O. hat eine § 11 I 1 A L B entsprechende Klausel als mit § 9 A G B G vereinbar angesehen, weil durch die erweiterte Leistungsberechtigung des Vers der Vmer nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werde. Das trifft auch für entsprechende Klauseln in der Feuerv zu. [J 139]

c) Gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs des Versicherten

Abgesehen von den unter J 137 erörterten Ausnahmefällen, in denen der Vte selbst seine Rechte geltend machen kann, werden diese im Regelfall nach dem W G und den AVB von dem Vmer wahrgenommen. N u r der Vmer ist berechtigt, die Ansprüche des Vten gerichtlich geltend zu machen ( B G H 29. IV. 1988 VersR 1988 S. 887-888 = N J W 1988 S. 2449-2450; O G H 23. IX. 1982 VersR 1984 S. 976; O L G Hamm 14. VII. 1986 VersR 1988 S. 30). Dem Vten fehlt die Prozeßführungsbefugnis, seine Klage muß deshalb als unzulässig abgewiesen werden ( O L G Celle 8.X. 1982 VersR 1986 S. 1099-1100; Hübsch in B K R N 11 zu § 75). Zulässig ist lediglich eine auf die Feststellung gerichtete Klage, daß er zum Kreis der Vten gehört ( B G H 4. V. 1983 VersR 1983 S. 823-825). Der Vmer kann auf Zahlung an sich oder an den Vten klagen. In beiden Fällen liegt Prozeßstandschaft vor, weil er ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht. Da seine Verfügungsmacht auf dem Gesetz beruht, ist es nicht erforderlich, daß vom Gericht geprüft wird, wie es z. B. das O L G Karlsruhe 7. XII. 1989 VersR 1990 S. 1222 getan hat, ob ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Vmers an der Geltendmachung der fremden Forderung besteht, sondern es genügt bereits seine Rechtsstellung als Vmer für die Zulässigkeit der Klage (Sieg in Bd II Anm. 11 zu §§ 75, 76; Hübsch in B K R N 5 zu § 76; Römer in Römer-Langheid R N 21 zu § 74). Johannsen/Johannsen

917

Anm. J 139

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Für eine Klage des Vmers auf Zahlung an sich selbst wäre nach der gesetzlichen Regelung erforderlich, daß er entweder im Besitz des Vsscheins ist oder der Vte der Geltendmachung des Anspruchs zustimmt; ohne diese Voraussetzungen wäre die Klage unbegründet (Sieg a.a.O. Anm. 25; Hübsch a.a.O.). Nach der in den AVB für die Feuerv getroffenen Regelungen kommt es auf diese Voraussetzungen nicht an. Der Vmer ist grundsätzlich berechtigt, Zahlung an sich selbst zu verlangen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Ver, wozu er z. B. nach §§ 12 I Nr. 2 AFB 30, 10 Nr. 1 S. 2 AFB 87 berechtigt ist, einen Nachweis verlangt, daß der Vte mit der Auszahlung der Entschädigung an den Vmer einverstanden ist (OLG Oldenburg 6. XII. 1995 VersR 1996 S. 1364-1367 = r + s 1996 S. 64-66). Bringt der Vmer diesen Nachweis nicht bei, kann der Ver nach §§ 17 AFB 30, 16 Nr. 5 AFB 87 die Auszahlung verweigern (Raiser2 R N 15 zu § 18 AFB 30; Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 15 zu § 17 AFB 30), und muß die Klage als unbegründet abgewiesen werden. Wenn ersichtlich Bedenken gegen die Berechtigung der Vmers vorliegen, ist der Ver sogar verpflichtet, den entsprechenden Nachweis zu verlangen, so z. B. wenn er weiß, daß die Entschädigung einem Vten zusteht, aber wegen der schlechten Vermögensverhältnisse des Vmers die Gefahr besteht, daß dieser den Betrag nicht an den Vten weiterleiten wird oder - wegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen - kann. Im Rechtsstreit zwischen Vmer und Ver ist der Vte nicht Partei. Er kann als Zeuge vernommen werden (Sieg in Bd II Anm. 23 zu §§ 75, 76; Hübsch in BK R N 6 zu § 76; Römer in Römer-Langheid R N 24 zu § 74). Er kann auch dem Rechtsstreit als Nebenintervenient beitreten. Da seine Rechte im Wege der Prozeßstandschaft wahrgenommen werden, erstreckt sich die Rechtskraft des im Prozeß zwischen Vmer und Ver ergangenen Urteils auf seine Ansprüche (Sieg, Hübsch, Römer a.a.O.: a. A. Kisch Bd III S. 510 jedoch ohne Begründung). Für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für den Vmer kommt es nicht nur auf dessen persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse an, sondern auch auf die des Vten. Dafür ist die Überlegung erheblich, daß der Vmer dem wirtschaftlich besser gestellten Vten die Prozeßführung gestatten und dieser dann im eigenen Namen klagen könnte (OLG Hamm 22. V. 1981 VersR 1982 S. 381, 9.X. 1990 r + s 1991 S. 38; Hübsch in BK R N 7 zu § 76; Römer in Römer-Langheid R N 23 zu § 74; a. A. Sieg in Bd II Anm. 23 zu §§ 75, 76, der grundsätzlich nur auf die Verhältnisse des Vmers abstellen, diesem aber zu Recht dann keine Prozeßkostenhilfe gewähren will, wenn er einen Prozeßkostenvorschußanspruch gegen den vermögenden Vten hat). Der Vmer kann für die gerichtliche Geltendmachung der Rechte des Vten Rechtsschutz aus einer von ihm abgeschlossenen Rechtsschutzv beanspruchen. Die Ausschlußklausel in § 4 II c ARB 75 wonach „ die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Ansprüchen Dritter, die vom Vmer im eigenen Namen geltend gemacht werden, vom Vsschutz ausgeschlossen sind", erfaßt nicht den Fall der Fremdv, bei der es von vornherein Sache des Vmers ist, den Anspruch des Dritten geltend zu machen und ihn deshalb auch die Kosten des Rechtsstreits treffen (BGH 29. IV. 1998 VersR 1998 S. 887-888 = NJW 1998 S. 2449-2450). Dasselbe gilt für den ähnlich formulierten Ausschlußtatbestand des § 3 IVd) ARB 94 (Hübsch in BK R N 7 zu § 76). Gegenüber dem geltend gemachten Anspruch des Vten kann der Ver mit Prämienforderungen gegen den Vmer gemäß § 35b aufrechnen (BGH 2.II. 1977 VersR 1977 S. 346-349, 6. XII. 2000 NVersZ 2001 S. 127-129). Soweit diese die Klagforderung übersteigen, kann er auch Widerklage erheben (Sieg in Bd II R N 23 zu §§ 75, 76). Abgesehen von den unter H 137 erörterten Ausnahmefällen kann der Verte seine Rechte mit Z u s t i m m u n g des V m e r s selbst geltend machen. Die in den Bedingungen vorgesehene Möglichkeit für den Vten, Zahlung mit Zustimmung des Vmers zu verlangen, gilt auch für die gerichtliche Geltendmachung (BGH 2. XII. 1987 VersR 918

Johannsen/Johannsen

III. Der Regreßverzicht der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadenereignissen

Anni. J 141

1988 S. 237-238 zu § 12 II AFB 30). Schutzwürdige Interessen des Vers stehen der Geltendmachung der Ansprüche durch den Vten nicht entgegen. Da sie auf einer Einigung zwischen Vmer und Vten beruht, ist für ihn die Anspruchsberechtigung klargestellt. Im Prozeß des Vten gegen den Ver kann der Vmer als Zeuge vernommen werden, er kann auch dem Vten als Nebenintervenient beitreten (Sieg in Bd II Anm. 35 zu §§ 75, 76). Zu Problemen bei Zwangsvollstreckung und im Konkurs bzw. bei Insolvenz siehe Sieg in Bd II Anm. 38-43 zu §§ 75, 76.

III. Der Regreßverzicht der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadenereignissen (RVA) Gliederung: Schrifttum J 140 1. Vorbemerkung J 141 2. Inhalt des A b k o m m e n s a) Allgemeine Voraussetzungen J 142 b) Summenmäßige Beschränkungen J 143 c) Geschützte Personen J 144

[J140]

d) A u s s c h l ü s s e ] 145 e) Weitere Bestimmungen J 146 3. Dogmatische Einordnung a) Grundverzicht J 147 b) Erweiterter Verzicht J 148 4. Anhang Feuerhaftungsversicherung J 149

Schrifttum

Armbrüster Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachversicherung Berlin 1994, H. Bischoff VersR 1974 S. 217-224, K. Bischoff VersArch 1959 S. 257-275, K. Bischoff VA 1961 S. 31-35, Essert VersR 1981 S. 1111-1114, Heyen Der Regreßverzicht der Feuerversicherer Wesen und Bedeutung dieser Absprache bei übergreifenden Schadenereignissen 2. Aufl. Karlsruhe 1967, Martin ZVersWiss 1973 S. 493-501, Schirmer ZVersWiss 1981 S. 636-743, Reimer Schmidt N J W 1956 S. 1055-1056, Sieg B B 1982 S. 900-901.

|J 141]

1. Vorbemerkung

§ 67 berechtigt den Feuerver zur Regreßnahme gegenüber Dritten, die selbst feuervert sind und durch dasselbe Schadenereignis, das dem Regreß zugrunde liegt, einen Schaden erlitten haben. In der Vergangenheit ist es häufig als mißlich angesehen worden, daß ein nur leicht fahrlässig handelnder Schädiger die Entschädigungsleistung seines Vers dadurch wieder verliert, daß er von einem anderen Feuerver in Regreß genommen wird (BGH 24.1.1984 VersR 1984 S. 325-326 = MDR 1984 S. 659-660; Heyen S. 11 ff, 37). Obwohl die Feuerver nur zurückhaltend von ihrem Regreßrecht Gebrauch gemacht hatten, war es gelegentlich zu Beschwerden an das BAV gekommen. Dieses hat es deshalb 1956 für zweckmäßig erachtet, die grundsätzliche Frage nach einem ausreichenden Feuervsschutz bei Nachbarschaftsschäden auf dem Grenzgebiet zwischen Feuer- und Haftpflichtv mit den in Frage kommenden Verbänden der Ver und Vmer zu erörtern (VA 1956 S. 22). Mehrjährige Verhandlungen haben dann zu dem Abschluß des RVA geführt, das am 1. XI. 1961 in Kraft getreten ist (VA 1961 S. 18-21, 234-238). Es gilt zur Zeit in der geänderten Fassung von Januar 1998 (abgedruckt unter A 32h), nachdem es 1978 (VA 1978 S. 137-138) bereits einmal geändert worden war. Wie bereits in dem Titel des Abkommens zum Ausdruck kommt, beschränkt sich dieses nicht auf die zunächst den Gegenstand der Verhandlung bildenden Nachbarschaftsschäden, sondern hat generell „ übergreifende" Schadenereignisse zum Gegenstand. Nachdem das BAV auch an die kleineren Unternehmen appelJohannsen/Johannsen

919

Anm. J 142

J . Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

liert hatte, dem Abkommen beizutreten (VA 1962 S. 137), sind heute fast alle deutschen Feuervsunternehmen dem Abkommen beigetreten (Dietz Wohngebäudev 2 S.254). 2. Inhalt des Abkommens [J 142]

a) Allgemeine Voraussetzungen

Im RVA haben sich die Abkommensunternehmen verpflichtet, auf sie nach § 67 oder entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen übergangene Schadensersatzansprüche unter folgenden Voraussetzungen nicht geltend zu machen: 1. Der Schaden, auf dem der Regreßanspruch beruht, muß durch ein Ereignis bewirkt sein, das für den Regreßschuldner einen Vsfall der Feuerv darstellt. 2. Der Ver muß im Rahmen dieser Feuerv ersatzpflichtig sein, es sei denn, die Ersatzpflicht entfällt wegen eines vereinbarten Selbstbehalts. 3. Das Schadenereignis muß von dem Vsort dieser Feuerv aus auf die vten Gegenstände übergegriffen haben. Dabei wird durch eine Außenv ein Vsort nur begründet, wenn er als solcher in der Vsurkunde ausdrücklich bezeichnet ist. Die erste Voraussetzung ist danach nur erfüllt, wenn auch bei dem Regreßschuldner ein Vsfall der Feuerv (zu den Voraussetzungen vgl. H 2 - 2 9 ) eingetreten ist. Daran würde es z . B . fehlen, wenn der dem Regreßanspruch zugrunde liegende Schaden dadurch verursacht worden ist, daß der Regreßschuldner Gartenabfälle verbrannt oder ein Osterfeuer entzündet hat, und das Feuer auf das Nachbargrundstück übergegriffen und nur dort Schaden angerichtet hat (Heyen S. 77, Essert VersR 1981 S. 1111-1114, 1111). Die zweite Voraussetzung bedeutet zunächst, daß der Regreßschuldner eine F e u e r v bei einem Abkommensunternehmen abgeschlossen haben muß, nämlich eine V, die nach Betriebspraxis und den Rechnungslegungsvorschriften zur Feuerv gerechnet wird (vgl. die Aufzählung der erfaßten und nicht erfaßten Vsarten unter Ziffer 1 des RVA). Eine Haftpflichtv genügt auch dann nicht, wenn der Haftpflichtver gleichzeitig die Feuerv betreibt und deshalb dem Abkommen beigetreten ist ( B G H 24.1.1984 VersR 1984 S. 325-326 = M D R 1984 S. 659-660). Weiter muß der Feuerver dem Regreßschuldner ersatzpflichtig sein. Daran fehlt es z . B . , wenn der Regreßschuldner seinen Entschädigungsanspruch wegen Obliegenheitsverletzung oder Zahlungsverzugs verloren hat, mit der Folge, daß das Abkommen nicht eingreift (K. Bischoff VA 1961 S. 31-35; Heyen S. 78; Essert a.a.O. S. 1111). Der Ersatzpflicht des eigenen Feuervers des Schädigers kommt besondere Bedeutung bei, weil der Hauptbeweggrund für die Schaffung des Abkommens darin bestand, dem nur fahrlässig handelnden Schädiger diese Entschädigungsleistung seines Feuervers zu erhalten ( B G H , K. Bischoff, Essert a.a.O.). Von der Voraussetzung einer konkreten Entschädigungsverpflichtung wird allerdings seit der 1978 erfolgten Neufassung des RVA dann abgesehen, wenn die Ersatzpflicht wegen eines vereinbarten Selbstbehalts entfällt. Das ist von entscheidender Bedeutung für die Fälle, in denen der Eigenschaden des Regreßschuldners nur gering ist, aber ein beträchtlicher Fremdschaden entstanden ist. Ein ü b e r g r e i f e n d e s Schadenereignis im Sinne der dritten Voraussetzung liegt nur vor, wenn das vom Regreßschuldner verursachte Feuer zuerst seine eigenen Sachen erfaßt und beschädigt und erst danach auf fremde Sachen übergreift. Der umgekehrte Fall, in dem das Feuer zunächst fremde Sachen erfaßt und danach erst auf die eigenen Sachen des Regreßschuldners übergreift, wird vom Wortlaut des RVA nicht umfaßt (K. Bischoff a.a.O.; Heyen S. 78; Essert a.a.O.) und kann auch nicht mit den Mitteln der ergänzenden Auslegung oder Analogie einbezogen werden. Dem Vsort, von dem 920

Johannsen/Johannsen

III. Der Regreßverzicht der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadenereignissen

Anm. J 143

das Feuer ausgehen muß, wird durch das A b k o m m e n besondere Bedeutung zugemessen, in dem er für den Fall der Außenv ausdrücklich in der Vsurkunde bezeichnet werden muss. Das ist erheblich für berufliche und gewerbliche Tätigkeiten außerhalb des Betriebes des Regreßschuldners, die zur Klarstellung zusätzlich unter den A u s schlußtatbeständen, nämlich unter 5 d ) aufgeführt worden sind ( H e y e n S. 87; Essert a.a.O. S. 1111).

[J 143]

b) Summenmäßige Begrenzungen

Das R V A enthält in Ziffer 6 eine summenmäßige Begrenzung des Regreßverzichts nach unten und oben. N a c h der Ursprungsfassung griff es grundsätzlich nur ein für Regreßforderungen zwischen D M 1 0 0 0 0 0 , - und D M 4 0 0 0 0 0 , - . D i e obere Begrenzung ist schon vor 20 Jahren zu R e c h t als nicht mehr zeitgemäß kritisiert worden (so Essert a.a.O. S. 1114) und endlich 1998 auf D M 1 2 0 0 0 0 0 erhöht worden. D i e untere Begrenzung ist auf D M 3 0 0 0 0 0 festgesetzt worden. D i e obere G r e n z e des Regreßverzichts kann nach Ziffer 7 erhöht werden, wenn V m e r dies über ihren Feuerver bei der geschäftsführenden Stelle der A b k o m m e n s unternehmen (früher Verband der Sachver, jetzt Gesamtverband) beantragen und sich zur Zahlung eines Entgeltes bereit erklären. Dieses wird entsprechend dem konkreten Nachbarschaftsrisiko berechnet und v o m früheren Verband der Sachver, jetzt v o m Gesamtverband, zur Verteilung an alle A b k o m m e n s u n t e r n e h m e n eingezogen (Einzelheiten bei H e y e n S. 6 2 - 6 7 und Anlagen S. 1 3 7 - 1 4 2 ) . Von dieser Erhöhungsmöglichkeit wird in der Praxis insbesondere von G r o ß k u n d e n Gebrauch gemacht (Essert a.a.O. S. 1112). D i e untere Begrenzung stellt eine empfindliche Einschränkung des R V A dar, die aber durch Ziffer 6 b) abgemildert wird. N a c h der Ursprungsfassung erweitert sich der Regreßverzicht über die untere Begrenzung hinaus insoweit, als eine Haftpflichtv gemäß §§ 4 I Ziffer 6 a) und 6 b) sowie 4 II Ziffer 2 A H B keine D e c k u n g bieten würde. Es handelt sich hierbei um die Ausschlußtatbestände der Besitz-, der Tätigkeits- und der Angehörigenklausel (vgl. dazu Späte Haftpflichtv 1993 R N 1 1 0 - 1 6 2 , 2 1 9 - 2 3 8 zu § 4; Johannsen B d I V G 1 9 2 - 1 9 9 , 2 1 2 - 2 1 6 , 2 3 5 - 2 4 5 ) . F ü r den Fall, daß diese Tatbestände erfüllt sind, gilt der Regreßverzicht ohne summenmäßige Begrenzung nach unten auch, wenn eine Haftpflichtv tatsächlich nicht abgeschlossen worden ist ( H e y e n S. 60; Essert a.a.O. S. 1113). D a ß es nach Abschluß des A b k o m m e n s möglich geworden ist, in der Privathaftpflichtv Ansprüche auf Ersatz von Schäden an gemieteten Räumen einzuschließen, stand dem Regreßverzicht nicht entgegen, weil nach den hierfür geltenden besonderen Bedingungen die unter das R V A fallenden Rückgriffsansprüche ausgeschlossen sind (Ziffer I I I 3 Besondere Bedingungen und R i s i k o beschreibungen zur Privathaftpflichtv siehe dazu Späte C R N 4 5 ^ 9 ) . D u r c h die 1998 erfolgte Neufassung des A b k o m m e n s sind die jetzt allgemein ohne Beitragszuschlag in die Privathaftpflichtv eingeschlossenen Mietsachschäden von der Erweiterung des Regreßverzichts ausgenommen worden. O b Ziffer 6 b) über die darin ausdrücklich geregelten Fälle hinaus ergänzend dahin ausgelegt werden kann, daß von einem Wegfall der unteren Begrenzung auch sonst auszugehen ist, wenn der Regreßschuldner nicht in der Lage ist, sich gegen durch Feuer an fremden Sachen entstandene Schäden zu angemessenen Bedingungen zu vern, hat der B G H 11. V I . 1999 VersR 1999 S. 1 1 3 9 - 1 1 4 1 = N V e r s Z 1999 S. 5 2 8 - 5 3 0 = r + s 1999 S. 4 0 7 - 4 0 8 dahingestellt sein lassen. Bei dem auf den Ver gemäß § 67 übergegangenen Anspruch handelte es sich um einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906 II 2 B G B , dem zugrunde lag, daß der übergreifende Brand durch einen technischen D e f e k t in elektrischen Anlagen oder Geräten im Hause des Johannsen/Johannsen

921

Anm. J 145

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

Beklagten verursacht worden war. Einen solchen Anspruch hat der BGH zutreffend als durch § 1 Nr. 1 A H B erfaßt angesehen mit der Folge, daß das RVA nicht zur Anwendung kam, weil die Regreßforderung niedriger als DM 100000,- war. Die vom BGH aufgeworfene Frage einer ergänzenden Auslegung von Ziffer 6 b) des RVA ist im übrigen zu verneinen, weil angesichts der genau bezeichneten Ausnahmefälle von der unteren Begrenzung auf einen Willen der Abkommensunternehmen, auch in anderen Fällen auf den Regreß zu verzichten, nach § 157 BGB nicht geschlossen werden kann. Q 144]

c) Geschützte Personen

Geschützt wird durch das Abkommen in erster Linie der selbst feuerverte Schädiger, der als Regreßschuldner bezeichnet wird. Berücksichtigt werden aber auch Ansprüche, die sich gegen Repräsentanten, gesetzliche Vertreter, Familienangehörige, persönlich haftende Teilhaber und Gesellschafter des Regreßschuldners sowie deren Familienangehörige richten, Ziffer 4 a), ferner gegen im Betrieb oder Haushalt des Regreßschuldners angestellte, nicht unter a) fallende Personen, Ziffer 4 b). Unter der Voraussetzung, daß die Regreßverzichtssummen nicht für den Regreßschuldner verbraucht worden sind, erstreckt sich der Regreßverzicht auch auf diesen Personenkreis. So kann z.B. der Wohngebäudever, der den Hauseigentümer entschädigt hat, nicht den Sohn der hausratverten Mieterin in Anspruch nehmen, der den Brand fahrlässig verursacht hat (LG Frankfurt 4. II. 1986 N J W RR 1986 S. 1473). Familienangehörige werden aber nur geschützt, wenn sie mit dem Regreßschuldner oder einer der in Ziffer 4 aufgeführten Personen in häuslicher Gemeinschaft leben. [J 145]

d) Ausschlüsse

Nach Ziffer 5 a) sind vom Regreßverzicht ausgeschlossen Ansprüche gegen den Regreßschuldner, der den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt oder für ein solches Handeln einzustehen hat. Diese Regelung erscheint auf den ersten Blick als überflüssig, weil bei einem solchen Verhalten des Regreßschuldners eine Ersatzpflicht aus seinem Feuervsvertrag ohnehin nach § 61 ausgeschlossen ist, sodaß es bereits an den allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendung des Abkommens fehlt. Der Ausschluß hat aber Bedeutung für den vorstellbaren Fall, daß der Regreßschuldner zwar den Eigenschaden nur leicht fahrlässig verursacht, aber das Ubergreifen des Feuers grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich nicht verhindert hat (Essert a.a.O. S. 1113). Ein entsprechender Ausschluß gilt für die gemäß Ziffer 4 a) in den Schutz des Abkommens einbezogenen Personen, Ziffer 5 b), während nach Ziffer 5 c) der Ausschluß für die unter Ziffer 4 b) genannten Personen, also die im Betrieb und Haushalt des Regreßschuldners angestellten, nur bei vorsätzlichem Handeln eingreift. Diese in Anlehnung an § 152 getroffene Regelung beruht auf sozialpolitischen Erwägungen und soll dem Schutz von Arbeitnehmern bei gefahrträchtiger Arbeit dienen (Heyen S. 84; Esser a.a.O.). Sie hat auch heute noch Bedeutung, weil die von der Rechtsprechung, insbesondere des BAG (ζ. Β. 27. IX. 1994 N J W 1995 S. 210-213) entwickelte Haftungsmilderung im Arbeitsverhältnis nicht für Ansprüche Dritter gegen den Arbeitnehmer gilt (BGH 21. XII. 1993 N J W 1994 S. 852-856). Schließlich sind Ansprüche ausgeschlossen, die auf Tatbeständen der §§ 25, 26 des Atomgesetzes beruhen, Ziffer 5 e).

922

Johannsen/Johannsen

III. Der Regreßverzicht der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadenereignissen

[J 146]

A n m . J 147

e) Weitere Bestimmungen

Hinzuweisen ist noch auf die Regelung in Ziffer 8 über die Verteilung der Regreßsumme in dem Fall, daß mehreren Abkommenunternehmen aus demselben Schadenereignis Ansprüche zustehen; sie erfolgt im Verhältnis der Höhe der Ansprüche. Schließlich enthält das Abkommen in den Ziffern 9-12 ausführliche Regelungen über seine Aufhebung, Änderung und Kündigung. Abgesehen von den 1978 und 1998 erfolgten Neufassungen ist von diesen vertraglichen Rechten kein Gebrauch gemacht worden.

3. Dogmatische Einordnung [J 147]

a) Grundverzicht

Die Rechtsnatur des RVA ist in der Literatur umstritten. Der überwiegend vertretenen Auffassung, daß es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB handele (K. Bischoff VA 1961 S. 31-35, 35; Heyen S. 43; Sieg Bd II Anm. 46 zu § 67; Essert VersR 1981 S. 1111-1114, 1111; Schirmer ZVersWiss 1981 S. 636-743, 684), ist für den im Abkommen vereinbarten Grundverzicht zuzustimmen (anders zur Erweiterung dazu unter J 148). Die Gegenansicht von Martin ZVersWiss 1973 S. 493-507, 501, daß das Abkommen als stillschweigender Bestandteil aller AVB der Feuerv anzusehen sei, wird dem aus dem Abkommen ersichtlichen Willen der Vertragschließenden, der „Abkommensunternehmen", nicht gerecht, u n t e r e i n a n d e r eine Vereinbarung zu treffen, die von ihnen auch wieder aufgehoben, geändert und gekündigt werden kann, und nicht mit den begünstigten potentiellen Regreßschuldnern als Vertragspartnern. Diese sollten eine Beteiligungsmöglichkeit nur für den Fall der von ihnen beantragten Erhöhung der Regreßsumme erhalten. Schwieriger ist die inhaltliche Ausgestaltung der Rechtsstellung der durch das Abkommen Begünstigten zu bestimmen. Auch insoweit kann Martin a.a.O. und Martin 3 Y I 15 nicht gefolgt werden, der annimmt, daß durch das Abkommen das Sachersatzinteresse des potentiellen Schädigers in den Vsvertrag mit dem Geschädigten einbezogen sei (ähnlich Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 36 vor § 51 und H. Bischoff VersR 1974 S. 217-224 Anm. 18a, der meint, daß eine auf das Nachbarschaftsrisiko begrenzte Haftpflichtv für Rechnung der Feuervten des jeweiligen Abkommenspartners vorliege). Denn der V des Sachersatzinteresses steht deutlich entgegen, daß das Abkommen den Regreßanspruch der Ver als auf sie nach § 67 übergegangenen Schadenersatzanspruch definiert. Bei einer Einbeziehung des Interesses des Regreßschuldners wäre dieser aber nicht Dritter und könnte kein gegen ihn gerichteter Ersatzanspruch auf den Ver übergehen. Es liegt vielmehr näher, das Abkommen mit der überwiegenden Meinung in der Literatur (K. Bischoff a.a.O.; Heyen S. 38; Schirmer a.a.O. S. 684; Essert a.a.O.; Sieg a.a.O., zweifelnd aber in BB 1982 S. 900-901; Armbrüster S. 97) als pactum de non petendo zu qualifizieren, durch das dem begünstigten Dritten, dem potentiellen Regreßschuldner, die Nichtausübung künftig übergehender Forderungsrechte bindend zugesagt wird. Diese Auslegung stimmt überein mit der vom B G H generell für RegreßVerzichts- und Teilungsabkommen vorgenommenen (z.B. 13.XII. 1977 VersR 1978 S. 278-281 = B G H NJW 1978 S. 2506-2508, 25. V. 1993 VersR 1993 S. 981-983), in denen aber meist komplexere Sachverhalte geregelt sind. Das in der Vertragsform eines echten Vertrages zugunsten Dritter im Sinne von § 328 I BGB abgeschlossene pactum de non petendo begründet für den Regreßschuldner Johannsen/Johannsen

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A n m . J 149

J. Beteiligung Dritter am Feuerversicherungsvertrag

gegenüber einem abkommenswidrig geltend gemachten Anspruch ein Leistungsverweigerungsrecht. Zahlt er in Unkenntnis des Abkommens, kann er die Rückforderung des Geleisteten nach § 812 1 1 B G B verlangen. Der Überlegung von Sieg B B 1982 S. 9 0 0 - 9 0 1 , daß ein pactum de non petendo immer nur eine Naturalobligation begründe, bei der das Geleistete nicht zurückgefordert werden könne, ist nicht zu folgen. Es kommt vielmehr auf die Auslegung im Einzelfall an. Diese ergibt aber nach dem Anlaß und Zweck des Abkommens, dem leicht fahrlässig handelnden Schädiger die Entschädigungsleistung seines Feuervers zu erhalten, daß nicht nur eine unvollkommene Verbindlichkeit begründet werden sollte. Neben dem Bereicherungsanspruch kommt unter Umständen auch ein Schadensersatzanspruch aus § 826 B G B in Betracht, wenn der Ver den Anspruch unter bewußter Verletzung des RVA geltend gemacht hat. Anders zu beurteilen ist aber der Fall der Leistung des Regreßchuldners an den Geschädigten selbst in Unkenntnis des Abkommens. Das BAV V A 1963 S. 193 hatte in einem entsprechenden Beschwerdefall gemeint, daß der Schädiger den Ersatz dieser Aufwendungen vom Feuerver des Geschädigten verlangen könne. D e m liegt ein haftpflichtvsrechtlicher Ansatz zugrunde, die Annahme eines Befreiungsanspruchs, der sich in einen Zahlungsanspruch wandelt (Sieg B B 1982 S. 900-901). Da diese K o n struktion aber von den Vertragsschließenden - wie ausgeführt - gerade nicht gewählt worden ist, ließe sich dieses allerdings als billig und gerecht erscheinende Ergebnis nur über § 242 B G B rechtfertigen.

[J 148]

b) Erweiterter Verzicht

An dem e r w e i t e r t e n Regreßverzieht nach Ziff. 7 des RVA ist der potentielle Regreßschuldner selbst als Vertragspartner beteiligt. Durch Vermittlung seines Feuervers wird ein gegenseitiges Vertragsverhältnis zwischen ihm und den Abkommensunternehmen begründet. D e r Auffassung von Schirmer ZVersWiss 1981 S. 6 3 6 - 7 4 3 , 648, daß der Vertrag den gleichen Schuldinhalt habe wie beim Grundverzicht, ist nicht zu folgen. Das Abkommen betont zwar seinem Wortlaut nach die Abhängigkeit der Erweiterung von dem Grundverzicht. Seine Auslegung ergibt aber, daß die Wirkung der Erweiterung über den Inhalt des Grundverzichts hinausgeht. Der Regreßschuldner, der eine Prämie zahlt, deren H ö h e nach seinem persönlichen Nachbarschaftsrisiko bestimmt wird, und dem sogar eine Urkunde über die Erhöhung der Regreßverzichtssumme ausgestellt wird, Ziffer 7 b), kann nach Treu und Glauben erwarten, daß er in der H ö h e dieses Betrages überhaupt nicht in Anspruch genommen wird und kann deshalb bei irrtümlicher oder durch gerichtliches Vorgehen erzwungener Zahlung an den Geschädigten von dem Ver Ersatz verlangen. Daß die Leistung des Vers damit in diesem Fall über seine Grundverpflichtung aus dem Abkommen, Ansprüche nicht geltend zu machen, hinausgeht, ist dadurch gerechtfertigt, daß er eine Gegenleistung, nämlich einen Anteil des von dem Regreßschuldner gezahlten Entgeltes erhalten hat. Die Regelung hat eine starke Ähnlichkeit mit dem Abschluß einer Haftpflichtv (Sieg B B 1982 S. 9 0 0 - 9 0 1 ) , ist aber nicht eindeutig als solche zu qualifizieren. Es fehlt z . B . ihre Rechtsschutzfunktion. Ziffer 7 des RVA kann nicht dahin ausgelegt werden, daß der Ver verpflichtet ist, den Regreßschuldner von Ansprüchen des Geschädigten freizuhalten und ihm Rechtsschutz zu gewähren.

[J 149]

4. Anhang Feuerhaftungsversicherung

Zum Schutz des Schädigers gegen Regreßansprüche der Feuerver bei übergreifenden Schadenereignissen ist auch die F e u e r h a f t u n g s v entwickelt worden (vgl. dazu Heyen S. 9 2 - 9 5 ) . Sie bietet auf der Grundlage der 1988 genehmigten Bedingungen (VA 924

Johannsen/Johannsen

III. Der Regreßverzicht der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadenereignissen

Anm. J 149

1988 S. 6 0 - 6 2 ; abgedruckt bei Martin 3 Texte 4 9 ) gegenüber anderen Ven und RegreßVerzichtsabkommen s u b s i d i ä r e n Vsschutz für den Fall, daß durch ein auf dem Vsgrundstück eingetretenes Schadenereignis gemäß § 1 A F B 87 Sachen eines Dritten zerstört oder beschädigt werden oder abhanden k o m m e n und der V m e r deswegen auf G r u n d gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen von einem Dritten auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird, § 2 F H B . D i e V schließt grob fahrlässig verursachte Schadenfälle ein, § 5 F H B . Zu den Leistungen des Vers gehören die Prüfung und A b w e h r von Ansprüchen, § 4 F H B . D e r Schutz ist beschränkt auf Sachsubstanzschäden, kann aber durch besondere Vereinbarung (Klauseln V A 1988 S. 63) auf Vermögensschäden wie auf die nach § 5 F H B ausgeschlossenen Schäden an gemieteten, gepachteten oder geliehenen Sachen erstreckt werden. D i e dogmatische Einordnung dieser Vsart ist umstritten. Sie wird entweder als Haftpflichtv (Sieg A 35; Schirmer ZVersWiss 1981 S. 6 3 6 - 7 4 3 , 684; Baumann in B K Vorbemerkung §§ 1 4 9 - 1 5 8 k R N 22; B o l d t 7 Stichwort Feuer-Haftungsv S. 69) oder als Sachv angesehen und als Beispiel dafür bezeichnet, daß ein Sachvsvertrag sogar eine ausschließliche D e c k u n g des Sachersatzinteresses ermögliche (Martin 3 Y I I I 14; K o l l hosser in Prölss-Martin 2 6 R N 33 vor § 51; Armbrüster S. 188). Als Argument für die Einordnung als Sachv wird die in § 1 F H B enthaltene Vereinbarung der A F B 87 sowie der U m s t a n d angeführt, daß der Vsschutz „auf das Haftungsinteresse bzgl. Substanz-

schäden an bestimmten (oder zumindest bestimmbaren)

Sachen beschränkt sei" (Arm-

brüster a.a.O.). D i e Gegenansicht verweist hingegen auf den einer Haftpflichtv entsprechenden Haftungsumfang. Die Beschreibung des Gegenstandes der V und der Leistung des Vers sind allerdings für eine Haftpflichtv typisch. Vsfall ist nach § 6 F H B ein Schadenereignis, das Haftpflichtansprüche gegen den V m e r zur Folge haben könnte. D a ß die Bedingungsverfasser eine Haftpflichtv ausgestalten wollten, ergibt sich auch aus der Verweisung auf die Vorschriften der §§ 150, 154, 156 und 157 in §§ 4 und 9 F H B . E s trifft auch nicht zu, daß der Vsschutz auf das Haftungsinteresse bezüglich Substanzschäden an bestimmten (oder zumindest bestimmbaren) Sachen beschränkt sei. Insbesondere bei übergreifenden G r o ß b r ä n d e n k o m m e n Schäden an einer Vielzahl vorher nicht übersehbarer oder bestimmbarer Sachen in Betracht. Es verbleibt als Argument für die A n n a h m e einer Sachv die Vereinbarung der A F B 87, die aber im wesentlichen nur Bedeutung hat für die Bestimmung des Schadenereignisses, das Haftpflichtansprüche auslöst, aber den Charakter der V als Haftpflichtv nicht beeinflußt.

Johannsen/Johannsen

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Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung Gliederung: Schrifttum Κ 1 I. Grundlagen Κ 2 - 7 1. Systematische Einordnung Κ 2 2. Gedehnter Vsfall Κ 3 - 5 a) Zeitliche Abgrenzung der Eintrittspflicht des Vers Κ 3 b) Qualifikation der Anzeigepflicht als vor Eintritt des Vsfalles zu erfüllender Obliegenheit Κ 4 c) Beginn der Rettungspflicht Κ 5 3. Selbständigkeit der Feuerbetriebsunterbrechungsv Κ 6 4. Verweisung auf die Erläuterungen zum Sachschadenersatz nach AFB-Grundsätzen Κ 7 II. Vsort Κ 8-11 1. Betriebsstelle als maßgebender Anknüpfungspunkt Κ 8 2. Sonderregelungen Κ 9-11 a) Klausel 8401 Κ 9 b) Klausel 8403 Κ 10 c) Rückwirkungsschäden (Klausel 8108) Kll III. Summenmäßige Begrenzung der Leistungspflicht des Vers Κ 12-16 1. Untervsproblematik Κ 12 2. Erhöhung der Vssumme gemäß § 9 Nr. 1 F B U B und der Klausel 8504 13-14 a) Erhöhungsbemessung Κ 13 b) Strafregelungen Κ 14 3. Sonderregelung für die Mittlere Feuerbetriebsunterbrechungsv Κ 15 4. Einheitsvssumme in der Klein-Betriebsunterbrechungsv Κ 16 IV. Haftzeit Κ 17 V. Entgangener Geschäftsgewinn Κ 18-30 1. Abgrenzung zu zivilrechtlichen Schadenersatzberechnungen Κ 18 2. Abschätzungsproblematik Κ 19 3. Teilschäden Κ 20 4. Bagatellschäden (§ 3 Nr. 4 F B U B ) Κ 21 5. Betriebseinstellung Κ 2 2 - 2 3 a) Vor Eintritt des Vsfalles gefaßter Entschluß Κ 22 b) Nach Eintritt des Vsfalles gefaßter Entschluß Κ 23

6. Doppelvsproblematik im Verhältnis zum Feuersachver Κ 24 7. Anrechnung wirtschaftlicher Vorteile aus der Zeit nach Ablauf des Bewertungszeitraums Κ 25 8. Ausschlüsse gemäß § 3 Nr. 2 F B U B Κ 26-30 a) Erhebliche Schadenvergrößerungen Κ 26 b) Außergewöhnliche, während der Unterbrechung eintretende Ereignisse Κ 27 c) Behördlich angeordnete Wiederaufbau- und Betriebsbeschränkungen Κ 28-29 aa) Regelfall Κ 28 bb) Klausel 8112 Κ 29 d) Fehlendes Kapital zum Betriebsaufbau Κ 30 VI. Kosten Κ 3 1 - 4 3 1. Ausgangsüberlegung Κ 31 2. Ausschlüsse nach § 4 Nr. 2 F B U B Κ 32-37 a) Vorbemerkung Κ 32 b) Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und Waren Κ 33 c) Umsatzsteuer, Verbrauchssteuern und Ausfuhrzölle Κ 34 d) Ausgangsfrachten und Paketporti Κ 35 e) Umsatzabhängige Vsprämien, Lizenzgebühren und Erfindervergütungen Κ 36 f) Nicht mit dem Betrieb zusammenhängende Gewinne und Kosten Κ 37 3. Abschreibungen Κ 38 4. Anlaufkosten Κ 39 5. Löhne und Gehälter Κ 4 0 - 4 1 a) Zur Weiterzahlungspflicht im Brandfall Κ 40 b) Kurzarbeit Κ 41 6. Miet- oder Pachtzahlungen Κ 42 7. Vertragsstrafen Κ 43 VII. Rettungskosten Κ 4 4 - 4 5 1. Vorbemerkung Κ 44 2. Einzelheiten Κ 45

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Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

Anm. Κ 2 [Kl]

Schrifttum

Birck Die Betriebsunterbrechungsv, Leipzig 1935 (zit. Birck), Bischoff VA 1955 S. 176-179, Blanck VW 1959 S. 277-282, Boldt Die Feuerv, 7. Aufl., Karlsruhe 1995, (zit. Boldt7), derselbe VW 1964 S. 542-543, derselbe VW 1981 S. 693, Engels VersPrax 1978 S. 199, Fußhoeller-John Feuer-Betriebsunterbrechungs-V, Erläuterungen zu den FBUB, Wiesbaden 1957, (zit. FußhoellerJohn), Franz Die Betriebsunterbrechungsv in der modernen Industriewirtschaft und ihre wachsende Bedeutung im Zeichen der Automation, Diss. Köln 1962 (zit. Franz), Gallmeister ZfV 1975 S. 552-554, derselbe ZfV 1978 S. 345-347, Harth Die Problematik einer sachgerechten Schadenfeststellung von Feuerbetriebsunterbrechungs-Schäden, Karlsruhe 1993, (zit. Harth Schadenfeststellung), Hax Grundlagen der Betriebsunterbrechungsv, 2. Aufl., Köln und Opladen 1965, (zit. Hax2), Herdt Die mehrfache Kausalität im Vsrecht und ihre Beurteilung bei Vorliegen von Klarstellungen und Ausschlußklauseln, Diss. Hamburg, Karlsruhe 1978, (zit. Herdt), Heyen Leitfaden der Feuer-Betriebsunterbrechungsv, 2. Aufl., Karlsruhe 1976, (zit. Heyen2), Hoegen VersPrax 1985 S. 197-202, Karlsson VW 1966 S. 1069, Lahno in: Handwörterbuch der V, Karlsruhe 1988, Stichwort „Betriebsunterbrechungsv", S. 85-90, (zit. Lahno), Lenski Zur Veräußerung der vten Sache, Karlsruhe 1965, Ludolph-Henke, Summenermittlungsbogen für die Feuer-Betriebsunterbrechungsv, 2. Aufl., Karlsruhe 1980, Magnusson, Rechtsfragen zur Betriebsunterbrechungsv, Hamburg 1955, (zit. Magnusson), derselbe VersR 1956 S. 746-751, Martin VW 1976 S. 387-394, 447-453, 496-504, Möller Gedanken zum gedehnten Vsfall, in: Festschrift für Eichler, Wien 1977, S. 411-431, Sartori VW 1966 S. 1020-1021, Schirmer Aktuelle Fragen bei der Anwendung des AGBG auf AVB in: Symposium AGBG und AVB, Die Entwicklung des Verbraucherschutzes bei Vsverträgen, Frankfurt a. M. 1993, zit. Schirmer Symposium AGBG und AVB, Schneider Die Feuer-Betriebsunterbrechungsv, Diss. Hamburg, Frankfurt a. M. 1997, (zit. Schneider), Sieg Der Betrieb 1965 S. 1583-1585, Steffen VW 1962 S. 561-562, Stöppel FeuerBetriebsunterbrechungsv, Wiesbaden 1994, (zit. Stöppel), Trautmann ZfV 1986 S. 49-50, Vollgraf Die Ermittlung von Vswert und Vssumme in der Feuer-Betriebsunterbrechungsv nach dem Bilanzrichtliniengesetz, Karlsruhe 1990, Wallisfurth VW 1962 S. 177-179, Wankeil VW 1960 S. 138-141, Zimmermann Der Betriebsunterbrechungsschaden, Karlsruhe 1963, (zit. Zimmermann), derselbe VW 1964 S. 992-993, derselbe VW 1973 S. 1126-1128 und S. 1182-1185, w.N. bei Sieg Einl. 6.

I. Grundlagen [ K 2 ] 1. Systematische Einordnung Die Feuerbetriebsunterbrechungsv ist eine Schadenv. Für sie gelten daher im Prinzip die Vorschriften für die gesamte Schadenv gemäß §§ 49-80. Dabei ist allerdings zu beachten, daß es sich bei der Feuerunterbrechungsv nicht um eine Sachv im überkommenen Sinne handelt (vgl. dazu nur Möller Bd II Anm. 19 zu § 53 m. w. N.; a. M. Martin 3 A I 5 Prölss in Prölss-Martin 26 R N 6 vor § 51). Zwar knüpft die Feuerbetriebsunterbrechungsv an S a c h s c h ä d e n an, die im Betrieb des Vmers entstehen. Der Ersatz dieses S a c h s c h a d e n s ist aber grundsätzlich nicht Aufgabe des Vers. Dazu ist vielmehr der Feuerver verpflichtet. Der Feuerbetriebsunterbrechungsver schuldet dagegen gemäß § 1 FBUB den Ausgleich des durch den Sachschaden entstehenden U n t e r b r e c h u n g s s c h a d e n . Dieser U n t e r b r e c h u n g s s c h a d e n wird in § 3 Nr. 1 FBUB näher dahin abgegrenzt, daß es sich um den e n t g e h e n d e n B e t r i e b s g e w i n n und den A u f w a n d an fortlaufenden Kosten im vten Betrieb handelt, sofern sich der Sachschaden auf einem G r u n d s t ü c k ergeben hat, das in der Vsurkunde als B e t r i e b s s t ä t t e bezeichnet ist. Damit ist die Feuerbetriebsunterbrechungsv eine G e w i n n v im Sinne des § 53. M ö l l e r a.a.O. charakterisiert derartige Vsverträge, in denen gemäß § 4 Nr. 3 FBUB Betriebsgewinn und Betriebskosten in einer Gruppe (Position) vert sind, dahin, daß es sich um eine e i n h e i t l i c h e G e w i n n i n t e r e s s v handle; bei diesem einheitlichen Gewinninteresse sei dann mit Magnusson S. 30-46, 928

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 2

I. Grundlagen

129-130 von einem einheitlichen Bruttoertragsinteresse auszugehen (ebenso Hax 2 S. 113-118; vgl. auch Sieg A 10 m. w. Ν.)· Ungeachtet dieser Abgrenzung von einer Feuerv im engeren Sinne ist zu bedenken, daß es nicht selten vorkommt, daß vom Feuerver entgegen § 5 Nr. 3 AFB 87 (oder § 3 Nr. 2c AFB 30) durch Vereinbarung sogenannter V e r k a u f s p r e i s k l a u s e l n (vgl. dazu Η 155-156) auch der e n t g a n g e n e G e w i n n vert wird. Dann kann sich zwischen dem Feuerunterbrechungsver und dem Feuersachver eine partielle D o p p e l v gemäß §§ 59, 60 ergeben (streitig, vgl. Κ 24 m.w.N.). Bedeutsam ist ferner, daß für den Fall einer V e r ä u ß e r u n g e i n e s B e t r i e b e s für die sogenannte G r o ß - F e u e r b e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g s v eine analoge Anwendung des § 69 befürwortet wird (vgl. dazu Dörner in BK R N 51 zu § 69, Schneider S. 88-91 m.w.N., Magnusson S. 113-115, Kollhosser in Prölss-Martin 26 R N 11 zu § 69, Langheid in Römer-Langheid R N 8 zu § 69, Sieg in Bruck-Möller Bd II Anm. 18 zu § 68 und Anm. 44 zu § 69 m.w.N., Sieg Der Betrieb 1965 S. 1585; obiter dictum auch B G H 15.IV. 1987 VersR 1987 S. 704-705; a.M. Lenski, Zur Veräußerung der vten Sache, Karlsruhe 1965, S. 69). Vorausgesetzt wird dabei, daß der Betrieb insgesamt übertragen und dabei seine Identität gewahrt wird. Das wird insbesondere dann angenommen, wenn der Betrieb verpachtet wird. Magnusson a.a.O. rechtfertigt eine solche Analogie vor allem damit, daß der Wortlaut des § 69 zu eng geraten sei und daß zudem das Bestehen von „Anwartschaftsven" bei der Schaffung des W G kaum bekannt gewesen sei. Die Bedeutung dieser Analogie ist indessen als gering anzusehen. Denn normalerweise erfolgt die Veräußerung eines Betriebes im Bereich der G r o ß - F e u e r b e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g s v durch Übertragung von G e s e l l s c h a f t s a n t e i l e n . Die V e r p a c h t u n g eines Betriebes dürfte der Ausnahmefall sein. Für die K l e i n - F e u e r b e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g s v ist im Regelfall kennzeichnend, daß diese nur als A n n e x einer gebündelten Sachv anzusehen ist, der es demgemäß an einer r e c h t l i c h e n S e l b s t ä n d i g k e i t fehlt (vgl. zum strukturellen Unterschied zwischen Großund Klein-Betriebsunterbrechungsven Κ 5). Daraus wird von dem im vorangegangenen Absatz aufgeführten Schrifttum gefolgert, daß bei e i n e r V e r ä u ß e r u n g d i e s e r S a c h g e s a m t h e i t nicht nur die Sachv im überkommenen Sinne auf den Erwerber übergehe, sondern auch der als Annex dazu gehörende Schutz durch eine Klein-Feuerbetriebsunterbrechungsv. Das ist einleuchtend. Es wird eine solche direkte Anwendung des § 69 in dem Sinne, daß bei einer derartigen rechtsgeschäftlichen Übertragung der vom Vsschutz erfaßten Sachen die unselbständige Feuerbetriebsunterbrechungsv ebenfalls auf den Erwerber übergehe, auch vom B G H 15. IV. 1987 a.a.O. befürwortet. Daraus wurde dann aber auch die einleuchtende Konsequenz gezogen, daß bei einer V e r p a c h t u n g einer Gaststätte, bei der anerkanntermaßen die Sachven auf den Pächter nicht gemäß § 69 übergehen, nichts anderes für die unselbständige Klein-Feuerbetriebsunterbrechungsv gelten könnte. Da die Verpachtung der Gaststätte dem Ver aber mit der Bitte des Vmers angezeigt worden war, ihn aus dem Vertrag zu entlassen, und in der Folgezeit der Pächter die Prämie entrichtet hatte, bestätigte der B G H die klagabweisenden Urteile der Vorinstanzen nicht, sondern gab dem Berufungsgericht auf zu überprüfen, ob nicht von einer stillschweigenden Umwandlung des Vsvertrages in eine V für fremde Rechnung auszugehen sei (vgl. dazu J 102). Neben den §§ 49-80 kommt auch die Anwendung der speziellen Vorschriften über die Feuerv gemäß §§ 81-107c in Betracht. Diese können allerdings nur im begrenzten Umfang angewendet werden. Es sind dabei immer die Besonderheiten der Feuerbetriebsunterbrechungsv zu bedenken. Anwendbar sind danach §§ 81-84, nicht dagegen §§ 85-88. Überlegenswert ist es, § 89 I anzuwenden. Danach kann bei der V des durch den Eintritt des Vsfalls e n t g e h e n d e n G e w i n n s in der Feuerv eine Taxe nicht vereinbart werden. In der Vspraxis ist das auch nicht üblich. Rechtspolitisch ist es allerJohannsen/Johannsen

929

Anm. Κ 3

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

dings nicht einzusehen, warum hier überhaupt eine von § 57 abweichende Regelung besteht. Denn für eine an eine A r b e i t s u n f ä h i g k e i t des Inhabers eines Kleinbetriebes geknüpfte Unterbrechungsv würde eine solche Einschränkung nicht gelten (vgl. dazu O G H 23. X I I . 1998 VersR 2000 S. 126-128). Dann sollte eine solche der Vereinfachung dienende Vereinbarung auch für eine Feuerbetriebsunterbrechungsv ermöglicht werden. Das Gesagte gilt um so mehr, als die Ausnahmeregelung gemäß § 89 II, nach der in den Vsbedingungen Bestimmungen über die Berechnung des entgehenden Gewinns mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde getroffen werden können, seit dem 1. VII. 1994 wegen Fortfalls der Genehmigungspflicht für Vsbedingungen obsolet geworden ist. Daraus darf aber keine isolierte Geltung des § 89 I gefolgert werden. Vielmehr ist eine ergänzende Auslegung des Inhalts geboten, daß es dem Ver freisteht, eine abweichende Vereinbarung in den Vsbedingungen oder sonst im Vsvertrag festzulegen, die lediglich einer Angemessenheitskontrolle gemäß §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. unterliegt (vgl. dazu Η 145 m.w. Ν.). [Κ 3] 2. Gedehnter Versicherungsfall a) Zeitliche Abgrenzung der Eintrittspflicht des Versicherers Die Anknüpfung an zwei entscheidende Zeitpunkte als Voraussetzungen für die Eintritts Verpflichtung des Vers, nämlich den Eintritt eines S a c h s c h a d e n s im Sinne einer Feuerv herkömmlichen Zuschnitts und eines daraus resultierenden U n t e r b r e c h u n g s s c h a d e n s , ist rechtlich dahin einzuordnen, daß für die Feuerbetriebsunterbrechungsv das Vorliegen eines sogenannten „gedehnten" V s f a l l e s charakteristisch ist. Dabei ist zu beachten, daß es - genaugenommen - nach der zutreffenden Aufgliederung von Möller Bd. II Anm. 30 zu § 62 (vgl. dazu auch Möller Festschrift Eichler S. 414, 419 und 428-429, ferner Harth Schadenfeststellung, S. 43 m . w . N . und Hax 2 S. 92) um vier zeitlich und kausal verknüpfte Abgrenzungspunkte geht, nämlich 1. den Eintritt einer der in § 2 Nr. 1 a)-c) F B U B aufgeführten Gefahren; 2. als deren Folge Entstehung eines Schadens an einer Sache, die dem Betrieb dient und die sich auf einem Grundstück befindet, das in dem Vsvertrag als Betriebsort aufgeführt ist; 3. eine daraus resultierende Unterbrechung in dem vten Betrieb und 4. ein darauf zurückzuführender Unterbrechungsschaden dieses Betriebes. Dieser Abgrenzung ist im Prinzip beizupflichten, wobei im Regelfall Identität zwischen den unter 1. und 2. aufgeführten Zeitpunkten besteht; Ausnahmen sind insoweit aber ohne weiteres denkbar. Für die Leistungspflicht des Vers in bezug auf die z e i t l i c h e A b g r e n z u n g des Vsschutzes in der Feuerbetriebsunterbrechungsv ist der m a ß g e b e n d e Z e i t p u n k t der des Eintritts eines von einer F e u e r v herkömmlichen Zuschnitts erfaßten Sachschadens im Betriebe des Vmers (vgl. dazu Möller Bd II Anm. 31, 33 und 34 vor §§ 4 9 - 8 0 m.w. N., Sieg C 3, Magnusson S. 103, derselbe VersR 1956 S. 749, ferner Η 2 und 84 m.w.N.; der Gegenmeinung, daß schon der Ausbruch eines Feuers auf einem Nachbargrundstück genüge, könnte nur gefolgt werden, wenn eine derartige Regelung eindeutig - und nach AGB-Grundsätzen verbindlich - vertraglich vereinbart wäre). Bricht ein solcher Brand mit Schäden an vten Sachen am 30. VI. 2001 morgens in der Früh aus, ist aber der Vsbeginn für die Feuerbetriebsunterbrechungsv erst für den 1. VII. 2001 mittags vorgesehen, so ist der Ver nicht im Risiko. Diese Einordnung entspricht der auch für die Feuersachv geltenden Regelung, bei der darauf abgestellt wird, ob ein Brandschaden in vter Zeit eingetreten ist. Dann unterliegt konsequent umgekehrt auch der Schaden, der durch das Weiterbrennen nach einem solchen vor dem 930

Johanns en/Johannsen

I. Grundlagen

Anm. Κ 4

Ablauf der V ausgebrochenen Brand entsteht, voll dem Vsschutz. War der Brand vor dem Ablauf gelöscht, so unterliegen neu aufflackernde Brände dem Vsschutz, wenn sie adäquat kausal auf den gelöschten Brand zurückzuführen sind, weil z.B. das Vorhandensein von Brandnestern übersehen worden ist (vgl. dazu B G H 6. III. 1991 VersR 1991 S. 460—462 = r + s 1991 S. 171-173 und Η 84). Für die F e u e r b e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g s v ist danach hervorzuheben, daß es a l l e i n i g e V o r a u s s e t z u n g für die z e i t l i c h e A b g r e n z u n g der Leistungsverpflichtung des Vers ist, daß der F e u e r s c h a d e n oder der sonst in der F e u e r s a c h v gedeckte Schaden ganz oder teilweise während der Laufzeit des Vsvertrages an den dem Betrieb des Vmers dienenden S a c h e n am V s o r t eintritt. Dagegen ist es nicht erforderlich, daß der U n t e r b r e c h u n g s s c h a d e n auch in der Laufzeit des Vertrages g a n z oder t e i l w e i s e eintritt. Dem Vmer gereicht es nicht zum Nachteil, daß sich der Unterbrechungsschaden erst nach Ende des Vsvertrages ergibt. Bricht dagegen ein Brandschaden auf einem Nachbargrundstück aus, dehnt sich dieser Brand vom Nachbargrundstück aber erst nach dem Ablauf der für den Vmer abgeschlossenen Police auf dessen Betrieb aus, so ist wiederum keine Eintrittsverpflichtung des Vers gegeben. Ein Ausnahmefall liegt allerdings dann vor, wenn durch Rauch oder Ruß schon ein Schaden an Sachen im Betrieb des Vmers eingetreten ist. Diese rechtliche Gestaltung kann unter Umständen für einen Vmer zu einem Wettlauf mit der Zeit führen, wenn er keine Anschlußdeckung hat. Er müßte aber in Kenntnis des Brandes auf dem Nachbargrundstück und der Gefahr einer Ausdehnung dem Ver bei dem Antrag auf Abschluß eines Vsvertrages, insbesondere bei dem Begehren nach Erteilung einer vorläufigen Deckungszusage, diesen gefahrenerhöhenden Umstand anzeigen und würde demgemäß im Zweifel keinen Vsschutz erhalten. Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn dem Vmer eine Zahlungsfrist von 14 Tagen gemäß § 39 I W G bezüglich einer Folgeprämie gesetzt worden ist. Läuft diese Frist am Tage des Ausbruchs des Brandes bei dem Nachbarn aus, so hat der Vmer noch die Chance, durch eine telegrafische Uberweisung oder auch durch eine Barzahlung am selben Tag zu erreichen, daß er im Rahmen seines bestehenden Vertrages Vsschutz für das drohende Schadenereignis behält. Das setzt allerdings voraus, daß die Leistungshandlung durch den Vmer vor der Ausdehnung des Brandes auf Sachen in dem Betrieb des Vmers erbracht worden ist. Magnusson S. 104 vertritt allerdings die Auffassung, daß eine sofortige Zahlung bei Ausbruch eines Brandes auf einem Nachbargrundstück zum Zwecke der Erlangung des Vsschutzes als Verstoß gegen Treu und Glauben einzuordnen sei (ebenso in VersR 1956 S. 749). Indessen ist die Wahrung einer Frist zur Wiedererlangung des Vsschutzes als nicht anstößig einzuordnen. Eine entsprechende Ausnahmesituation kann sich im übrigen ergeben, wenn dem Vmer nach Annahme seines Antrages durch den Ver rückwirkender Vsschutz bei unverzüglicher Einlösung des Vsscheins vom Ver zugesagt worden ist. [K 4] b) Qualifikation der Anzeigepflicht als vor Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllender Obliegenheit Nach § 10 Nr. 1 F B U B hat der Vmer dem Ver von dem Eintritt eines S a c h s c h a d e n s , der eine U n t e r b r e c h u n g z u r F o l g e h a b e n k ö n n t e , u n v e r z ü g lich A n z e i g e zu erstatten. Gemeint ist dabei der S c h a d e n an einer am Vsort dem Betrieb des Vmers d i e n e n d e n Sache, nicht etwa ist der Ausbruch eines Feuers auf dem Grundstück eines Nachbarn maßgebend. Zu diesem Zeitpunkt kann noch ganz offen sein, ob durch diesen Sachschaden an einer dem Betrieb des Vmers dienenden Sache eine Unterbrechung und ein daraus resultierender Unterbrechungsschaden einJohannsen/Johannsen

931

Anm. Κ 4

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

treten wird oder nicht. Das Interesse des Vers, möglichst rechtzeitig von einem mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bevorstehenden Unterbrechungsschaden zu erfahren, ist aber verständlich. Es ergibt sich daraus, daß es dem Ver dann unter U m s t ä n den möglich ist, durch logistische, aber auch finanzielle Unterstützung des Vmers den Eintritt einer Unterbrechung zu verhindern oder aber den Unterbrechungsschaden so gering wie möglich zu halten. E i n e entsprechende Regelung findet sich in § 10 Nr. 1 a) A M B U B . D a n a c h ist jeder Sachschaden, der einen Unterbrechungsschaden verursachen könnte, spätestens innerhalb von 24 Stunden anzuzeigen. V o m B G H 3. V I . 1981 VersR 1981 S. 8 7 5 - 8 7 8 ist dazu entschieden worden, daß diese Anzeigepflicht als eine Obliegenheit zu qualifizieren ist, die v o r E i n t r i t t d e s V s f a l l e s zu erfüllen ist. Daraus zieht der B G H die Konsequenz, daß bei einer Verletzung dieser Obliegenheit für die Beurteilung der Leistungsfreiheit des Vers im Prinzip auf die gemäß § 6 I, II geltenden Grundsätze abzustellen ist. I m konkreten Fall hat der B G H deshalb das Berufen des Vers darauf, daß die Anzeigepflicht verletzt sei, als rechtlich unerheblich qualifiziert, weil der Ver den Vsvertrag nicht innerhalb der Monatsfrist des § 6 I 2 mit fristloser Wirkung aufgekündigt hatte. Gegen diese Entscheidung wendet sich Voit in Prölss-Martin 2 6 R N 1 zu § 10 A M B U B mit der Begründung, daß diese Einordnung dazu führe, daß dem V m e r gemäß § 6 I 3 bereits leichte Fahrlässigkeit schade (vgl. dazu auch differenzierend Martin V W 1976 S. 502). Indessen wird in § 10 Nr. 2 A M B U B für die Leistungsfreiheit auf § 6 I I I Bezug genommen (so auch § 10 N r . 3 F B U B ) , sodaß nach dieser Vertragsgestaltung dem V m e r nur ein vorsätzliches oder grobfahrlässiges Verhalten schaden kann. D a es dem Ver gewiß freisteht, seinen Bedingungen einen für den V m e r günstigeren Verschuldensmaßstab als den nach dem Gesetz vorgesehenen zugrundezulegen, können mit dieser Argumentation gegen die v o m B G H vorgenommene Einordnung keine durchschlagenden Bedenken erhoben werden. Bedenkt man, daß die Leistungspflicht des Vers erst mit der Unterbrechung in ein akutes Stadium tritt, ist es durchaus sachgerecht, diese dritte zeitliche Stufe im „gedehnten Vsfall" als maßgeblichen Zeitpunkt für die Abgrenzung zwischen den vor und den nach dem Eintritt des Vsfalles zu erfüllenden Obliegenheiten zu wählen. Allerdings wären gegen eine Abänderung des § 10 Nr. 3 F B U B in dem Sinne, daß dem V m e r bei Verletzung der Anzeigepflicht gemäß § 10 Nr. 1 schon leichte Fahrlässigkeit schade, Bedenken zu erheben. D e n n es ist zu beachten, daß es sich um eine zeitlich vorgezogene Schadenanzeige handelt, auf die die für Schadenanzeigen typische Verschuldensregelung gemäß § 6 I I I jedenfalls entsprechend anzuwenden ist. Überdies ist diese frühe Anzeige im Bedingungswerk festgelegt, weil der Ver Wert auf diese schnelle Unterrichtung schon vor Eintritt des Unterbrechungsschadens legt, u m dem V m e r Schadenminderungsmaßnahmen im Sinne des § 62 I nahelegen zu können. D a dem V m e r ein Verstoß gegen die Rettungspflicht ebenfalls gemäß § 62 II nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz schadet, ist für die als Vorstufe für solche Rettungsmaßnahmen eingeführte vorgezogene Schadenmeldung ein gleicher Maßstab als angemessene Regelung zugrundezulegen. Eine Abweichung davon wäre im A V B - B e r e i c h als unangemessene Benachteiligung des V m e r s im Sinne der §§ 9 II Nr. 1 A G B G , 307 B G B n.F. einzuordnen, da ein wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung unbeachtet bleiben würde. I m übrigen ist nicht zu verkennen, daß diese Überlegungen im Regelfall für die Feuerbetriebsunterbrechungsv kaum zum Tragen k o m m e n . D e n n bei ihr ist es kaum denkbar, daß ein großer zeitlicher Zwischenraum zwischen dem Sachschaden und der Unterbrechung und dem nachfolgenden Unterbrechungsschaden liegt. Hingegen ist es, wie die B G H - E n t s c h e i d u n g v o m 3. V I . 1981 a.a.O. deutlich zeigt, für eine Maschinenv durchaus nicht untypisch, daß ein vter Schaden, der zu einer Unterbrechung führt, erst nach einer geraumen Zeit zutreffend eingeordnet wird. 932

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 5

I. Grundlagen [Κ 5]

c) Beginn der Rettungspflicht

Einer der wesentlichen Faktoren für die Leistungspflicht des Vers in der Betriebsunterbrechungsv ist der E i n t r i t t e i n e s S a c h s c h a d e n s am Vsort, der eine Betriebsunterbrechung und einen darauf zurückzuführenden Unterbrechungsschaden zur Folge haben kann. E s ist daher einleuchtend, daß o h n e e i n e a b w e i c h e n d e v e r t r a g l i c h e R e g e l u n g für den Beginn der Rettungspflicht in der Feuerbetriebsunterbrechungsv auf den E i n t r i t t e i n e s s o l c h e n S a c h s c h a d e n s abzustellen ist (so Möller B d I I A n m . 3 0 zu § 62 m. w. N . ) . Das bedeutet, daß auch für die Feuerbetriebsunterbrechungsv die sog. V o r e r s t r e c k u n g s t h e o r i e des Sachvsrechts in dem Sinne eingreift, daß die Rettungspflicht schon dann einsetzt, wenn der Eintritt eines derartigen Sachschadens u n m i t t e l b a r bevorsteht (vgl. dazu G 152 m.w. Ν . ) . Während aber § 10 Nr. 1 F B U B die Verpflichtung zur Erstattung der Schadenanzeige daran knüpft, daß ein Sachschaden eingetreten ist, der eine Unterbrechung zur Folge haben könnte, heißt es davon abweichend in § 10 Nr. 2 a) F B U B , daß der Vmer, soweit es ihm billigerweise zugemutet werden könne, b e i E i n t r i t t e i n e s U n t e r b r e c h u n g s s c h a d e n s , für dessen Abwendung oder Minderung zu sorgen und die Weisungen des Vers zu befolgen habe. E s ist streitig, ob aus dieser Bedingungsfassung folgt, daß den V m e r keine B r a n d l ö s c h u n g s p f l i c h t im Verhältnis zum Betriebsunterbrechungsver trifft und daß dieser dem V m e r solche L ö s c h k o s t e n auch nicht zu ersetzen braucht (für eine solche Auslegung Boldt 7 S. 173, Zimmermann V W 1964 S. 9 9 2 - 9 9 3 ; dagegen Magnusson S. 142 [ohne nähere Begründung], Sieg D e r Betrieb 1965 S. 1583 und vor allem Schneider S. 142 m . w . N . ) . Schneider a.a.O. stützt sich dabei u . a . auf die Überlegung, daß der Ausdruck „bei Eintritt eines Unterbrechungsschadens" genauso wie der in § 62 gebrauchte „bei dem Eintritt des Vsfalles" interpretiert werden könne, daß nämlich schon der unmittelbar bevorstehende Unterbrechungsschaden die Aktivitätspflicht des Vmers auslöse, zu der auch das L ö s c h e n gehöre. F ü r ihre Auffassung beruft sich Schneider auch auf M ö l l e r a.a.O. Dieser läßt die Frage aber offen. D e n n es heißt zunächst, daß o h n e d i e s e S p e z i a l r e g e l u n g die Abwendungspflicht auch für den Betriebsunterbrechungsschaden schon „bei" Eintritt einsetze, jedenfalls dann, wenn die Gefahr einer Betriebsunterbrechung sich mit dem Brande abzeichne, der Wortlaut des § 10 Nr. 2 a) F B U B verpflichte den V m e r jedoch, erst bei „Eintritt eines Unterbrechungsschadens" tätig zu werden; offenbar solle hierdurch - auch hinsichtlich des Aufwendungsersatzes - eine bessere Abgrenzung zur Feuersachv erreicht werden. Anschließend bemerkt Möller a.a.O. aber unter Bezugnahme auf Fußhoeller-John A n m . 3 zu § 10 F B U B , dessen Ausführungen als nicht ganz deutlich bezeichnet werden, und Zimmermann 2 S. 1 2 4 - 1 2 7 , daß im Blick auf Unterbrechungsschäden dann aber schon die gänzliche Verhinderung (als „ A b w e n d u n g " ) angestrebt werden sollte; deshalb beginne die Rettungspflicht schon mit dem „Drohen eines Ereignisses", das den Vsfall herbeizuführen in der Lage sei (ähnlich Möller Festschrift Eichler S. 428—429). Zu einer abschließenden Stellungnahme ist Möller wohl deshalb nicht gekommen, weil er a.a.O. auch darlegt, daß für den Fall der V ungleichartiger Interessen, insbesondere bei einem Nebeneinander von Substanz- und Gewinnven, zur Rettung der Substanz gemachte Aufwendungen regelmäßig nur dem Substanzver zugerechnet werden, obgleich die Rettung der Substanz auch der Gewinnerhaltung diene. Zuzustimmen ist Schneider a.a.O., daß im Wortlaut des § 10 Nr. 2 a) F B U B der Ausdruck „bei Eintritt des Unterbrechungsschadens" im Sinne der zu § 62 entwickelten Vorerstreckungstheorie interpretiert werden könnte. Indessen wird ein durchschnittlich verständiger Vmer, der § 10 Nr. 1 und 2 a) F B U B nacheinander liest, nicht annehmen, daß die Rettungspflicht schon mit dem Eintritt des Brandes beginne, da dieser Ausdruck in § 10 Nr. 2 a) F B U B anders als in § 10 Nr. 1 F B U B nicht benutzt Johannsen/Johannsen

933

Anm. Κ 6

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

wird. Es ist daher die mit dem üblichen Sprachgebrauch verbundene Interpretation vorzunehmen, daß § 10 Nr. 2 a) F B U B als maßgeblichen Zeitpunkt den effektiven Eintritt des Unterbrechungsschadens festlegt. Daß deshalb nur in Ausnahmefällen eine gänzliche Abwendung des Schadens durch Rettungsmaßnahmen des Vmers möglich ist, ist freilich richtig. Indessen ist das nichts Besonderes, sondern stellt den Regelfall in allen Vssparten dar. Bedenken ergeben sich auch nicht deshalb, weil der Vmer keinen Ersatz entsprechender Kosten für von ihm entgegen § 10 Nr. 2 a) F B U B vorgenommene Brandlöschungsmaßnahmen vom Betriebsunterbrechungsver erlangen kann. Denn es leuchtet ein, daß ein solcher Anspruch nur besteht, wenn im Verhältnis zum Ver eine Rettungspflicht gegeben ist. Schirmer vertritt allerdings im Symposium A G B G und AVB, S. 61, 97 die Auffassung, daß eine Abbedingung der Rettungspflicht mit der Konsequenz, daß auch Rettungskosten nicht zu ersetzen seien, gemäß § 9 A G B G als unwirksam einzuordnen sei. Dem ist aber für die Betriebsunterbrechungsv nicht beizupflichten. Denn im Brandfall hat der Vmer einen derartigen Ersatzanspruch bezüglich der von ihm aufgewendeten Brandlöschkosten gegenüber dem F e u e r sach ver. Es dient demgemäß § 10 Nr. 2a) F U B der Vermeidung einer u n e r w ü n s c h ten D o p p e l v . Die Ver durften dabei zu Recht davon ausgehen, daß im Regelfall ein Vmer, der sich gegen das Betriebsunterbrechungsrisiko absichert, erst recht eine Feuervsachv abgeschlossen hat. Wäre eine solche Sonderregelung wie in § 10 Nr. 2 a) F B U B nicht getroffen worden, so wäre in Ubereinstimmung mit Schneider a.a.O. im übrigen von einer Doppelv in bezug auf die Rettungskosten auszugehen (a. M. Magnusson S. 142). Die Problemlage entspricht der einer Doppelv zwischen dem Feuersach- und dem Betriebsunterbrechungsver, die dadurch entstanden ist, daß in der Feuersachv durch Einschluß von Verkaufspreisklauseln der Vsschutz erweitert worden ist (vgl. zu dieser Streitfrage Κ 24). Zum Umfang des Rettungskostenersatzes vgl. Κ 4 4 ^ 5 . [Κ 6] 3. Selbständigkeit der Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung Ausgangspunkt als erste Voraussetzung für die Eintrittspflicht des Betriebsunterbrechungsvers ist gemäß § 1 F B U B , daß im Betriebe des Vmers ein Sachschaden im Sinne der A F B entstanden ist. Die F B U B setzen aber für die Eintrittsverpflichtung des Vers nicht voraus, daß eine solche Feuerv für Sachschäden tatsächlich besteht. Vielmehr ist der Ver auch dann im Risiko, wenn eine solche Sachschadenv nicht abgeschlossen worden ist oder der Ver jener V leistungsfrei ist. Der Ver, der eine Betriebsunterbrechungs-Police gezeichnet hat, kann sich demgemäß auf eine Leistungsfreiheit des Vers der Feuersachschadenv nicht berufen, wenn der Vmer nicht gleichermaßen auch gegen aus der Betriebsunterbrechungsv abzuleitende Rechtspflichten oder Obliegenheiten verstoßen hat. Das gilt im Prinzip auch dann, wenn der Vmer die Feuersachv und die Betriebsunterbrechungsv in zwei getrennten Verträgen bei demselben Ver abgeschlossen hat. Wenn der Vmer ζ. B. auf Grund von Mahnungen gemäß § 39 zwar die Prämien für den einen Vsvertrag gezahlt hat, nicht aber für den anderen, ist der Ver nur in dem Vsverhältnis im Risiko, für das die Zahlung erfolgt ist. Einschränkend ist allerdings zu bemerken, daß dann, wenn der Vmer durch grobe Fahrlässigkeit oder gar vorsätzlich im Sinne des § 61 den Vsfall in der Feuersachv herbeigeführt hat, auch stets Leistungsfreiheit in der Betriebsunterbrechungsv eintritt. Das sieht § 14 F B U B ausdrücklich vor. Dabei handelt es sich letzten Endes nur um eine klarstellende Bestimmung. Eine sachgerechte Interpretation eines solchen tatsächlichen Vorgangs müßte zum gleichen Ergebnis kommen. Immerhin könnte die Bedingungsbestimmung die Entscheidungsfindung erleichtern, wenn im Prozeß dargetan wird, daß der Vmer, der auf einer längeren Weltreise gewesen war, von dem 934

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 7

I. Grundlagen

Bestehen einer erstmals abgeschlossenen Betriebsunterbrechungsv keine Kenntnis gehabt habe, sodaß er in bezug auf diese nicht vorsätzlich (und auch nicht grob fahrlässig) gehandelt habe. Im übrigen zeigt die Anknüpfung an den Sachschaden im Sinne des Feuervsvertrages mit aller Deutlichkeit, daß im Rahmen des „gedehnten Vsfalles" bei den einzelnen Regelungen des Vsvertrages ganz unterschiedliche tatsächliche Zeitpunkte maßgebend sind (vgl. dazu Κ 3-5). Der Vsvertrag kann auch in der Weise abgeschlossen sein, daß der Ver in einem e i n h e i t l i c h e n Vertrag Vsschutz gegen Feuersachschäden und Unterbrechungsschäden zusagt. Das war ζ. B. im Rahmen der sogenannten einfachen Klein-Betriebsunterbrechungsv früher üblich und ist auch heute noch der Regelfall (vgl. dazu die Zusatzbedingungen für die einfache Betriebsunterbrechungsv [Klein-BU-V] ZKBU, VA 1988 S. 243). Nach der Deregulierung des Vsmarktes steht es heute allerdings den Vern frei, entgegen einer solchen durch die ZKBU früher nahegelegten Üblichkeit dieses Risiko gesondert, also auch ohne Abschluß eines Feuersachvsvertrages, zu übernehmen. Liegt im übrigen - äußerlich betrachtet - ein einheitliches Vsvertragsdokument für beide Risikobereiche vor, so schließt das nicht aus, daß sich aus den U m s t ä n d e n des E i n z e l f a l l e s im Wege der Vertragsauslegung ergeben kann, daß von den Vertragspartnern tatsächlich s e l b s t ä n d i g e Vsverträge gewollt waren. Zu den Besonderheiten der sog. Mittleren Feuerbetriebsunterbrechungsv (Unterfall der großen Betriebsunterbrechungsv) vgl. Κ 15. [Κ 7] 4) Verweisung auf die Erläuterungen zum Sachschadenersatz nach AFBGrundsätzen Der Sachschaden, der nach § 1 FBUB die erste und unerläßliche Voraussetzung für die Eintrittspflicht des Vers ist, wird in § 2 Nr. 1 FBUB zwar nicht in allen Punkten wörtlich, so doch inhaltlich übereinstimmend mit § 1 AFB 87 definiert. Es muß sich um die Z e r s t ö r u n g , B e s c h ä d i g u n g oder das A b h a n d e n k o m m e n von dem B e t r i e b des V m e r s dienenden Sachen durch B r a n d , E x p l o s i o n oder B l i t z s c h l a g sowie durch den A n p r a l l oder A b s t u r z eines bemannten F l u g k ö r p e r s , s e i n e r Teile oder s e i n e r L a d u n g handeln. Ferner wird auch ausdrücklich ein Sachschaden aufgeführt, der durch das L ö s c h e n , N i e d e r r e i ß e n oder A u s r ä u m e n bei einem dieser Ereignisse entsteht. Für die Interpretation dieser Grundgefahren kann demgemäß vollen Umfangs auf die Erläuterungen in Η 2-30 verwiesen werden. Es sei dazu ergänzend bemerkt, daß es ebenso wie zu den auf der Basis der AFB 87 (oder AFB 30) abgeschlossenen Verträgen E r w e i t e r u n g e n durch standardisierte Klauseln gibt, die bis zur Deregulierung des deutschen Vsmarktes aufsichtsrechtlicher Genehmigung bedurften. Als Beispiel sei die unter Η 10 erörterte Klausel 3107 über den Einschluß von Schäden durch das b e s t i m m u n g s w i d r i g e A u s b r e c h e n g l ü h e n d f l ü s s i g e r S c h m e l z m a s s e n genannt, die sich wortgleich in der Klausel 8104 für die Feuerbetriebsunterbrechungsv wiederfindet. Entsprechendes gilt gemäß Klausel 3108 für den Einschluß von Schäden durch u n b e m a n n t e F l u g k ö r p e r (dazu Η 29), der in der Klausel 8111 für die Betriebsunterbrechungsv vorgesehen ist. In diesem Zusammenhang sei auch auf den möglichen Einschluß von Brandschäden an R ä u c h e r - , T r o c k n u n g s - und ä h n l i c h e n E r h i t z u n g s a n l a g e n sowie an deren I n h a l t gemäß der Klausel 3102 verwiesen (dazu Η 9) und die sehr viel kürzer gefaßte Klausel 8103 für die Betriebsunterbrechungsv. Bedeutsam ist ferner, daß standardisiert sowohl für die Feuerv gemäß der Klausel 3103 wie für die Betriebsunterbrechungsv gemäß Klausel 8110 als zusätzliche Vsmöglichkeit (gegen entsprechenden Prämienzuschlag) Schutz gegen Schäden durch b e s t i m m u n g s w i d r i g e n W a s s e r a u s t r i t t aus S p r i n k l e r a n l a g e n angeboten wird. Johannsen/Johannsen

935

Anm. Κ 7

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

Auch die Ausschlußklauseln gemäß § 2 Nr. 4 FBUB entsprechen im wesentlichen denen der Feuerv. So sind durch § 2 Nr. 4a) FBUB Schäden durch K r i e g , innere U n r u h e n , E r d b e b e n oder K e r n e n e r g i e ausgeschlossen.Das stimmt fast wörtlich mit § 1 Nr. 7 AFB 87 überein. Demgemäß kann auf die Erläuterungen in Η 32-46 verwiesen werden. Allerdings wird in § 1 Nr. 7 AFB 87 (wie in § 1 VIII AFB 30) nicht der Begriff „Krieg" sondern der des „Kriegsereignisses" als maßgebend aufgeführt. Eine auf den Sinn der Regelung abstellende Interpretation beider Bedingungsfassungen kommt jedoch zu einem nahezu identischen Auslegungsinhalt (vgl. dazu Η 35-36). Ein w e s e n t l i c h e r U n t e r s c h i e d zu § 1 Nr. 7 AFB 87 liegt dagegen in der B e w e i s l a s t r e g e l u n g in § 2 Nr. 4a) FBUB, die dahin geht, daß dann, wenn nicht festzustellen sei, ob eine der aufgeführten Ausschlußursachen zum Sachschaden geführt habe, die ü b e r w i e g e n d e W a h r s c h e i n l i c h k e i t (§ 287 ZPO) entscheide. Diese aus § 1 VII AFB 30 übernommene Regelung, die früher auch in § 1 Nr. 7 AFB 87 enthalten war, verändert die Beweislast zum Nachteil des Vmers. Es wird nämlich von dem G r u n d s a t z abgewichen, daß der Ver den Beweis für das Vorliegen eines A u s s c h l u ß t a t b e s t a n d e s zu führen hat (vgl. dazu Η 46). Die Bestimmung ist auf Veranlassung des BAA wegen Verstoßes gegen AGB-Grundsätze aus § 1 Nr. 7 AFB 87 und gleichlautenden Klauseln anderer Vsbedingungen entfernt worden (vgl. dazu Η 46). Das BAA hat sein Verlangen nicht auf die Feuerbetriebsunterbrechungsv erstreckt. Das könnte seinen Grund darin haben, daß diese Vsverträge durchweg nur von früher sogenannten Vollkaufleuten abgeschlossen werden, für die nach § 24 I Nr. 1 A G B G die Klauselverbote der §§ 10-12 AGB G nicht galten (§ 24 I Nr. 1 A G B G in der Fassung des Gesetzes vom 22. VI. 1998 [BGBl. I S. 1474] stellte weitergehend auf den Begriff des Unternehmers im Sinne einer gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit ab, ebenso § 310 III B G B n.F.). Indessen greift hier die generelle Regelung der §§ 9 AGBG, 307 BGB n. F. mit dem Verbot unangemessener Klauseln ein. Die unangemessene Benachteiligung des Vmers liegt darin, daß von einem überkommenen Prinzip des Vsrechts abgewichen wird, daß der Ver nämlich das Vorliegen von Ausschlußtatbeständen aller Art darzutun und zu beweisen hat. Das ist als Grundgedanke des Vsrechts im Sinne der §§ 9 II Nr. 1 AGBG, 307 II Nr. 1 B G B n. F. zu bewerten (vgl. dazu H 46). Sachgerecht ist im übrigen, daß nach § 14 F B U B der Ver von der Verpflichtung zur Leistung frei ist, wenn der Vmer den Sachschaden oder den Unterbrechungsschaden grob f a h r l ä s s i g oder v o r s ä t z l i c h herbeigeführt hat (vgl. dazu auch Κ 6). Demgemäß darf insoweit auf Η 47-83 verwiesen werden. Ferner ist zu beachten, daß nach § 2 Nr. 4 b) F B U B bezüglich solcher Unterbrechungsschäden ein Haftungsausschluß gegeben ist, die auf der Zerstörung, der Beschädigung oder dem Abhandenkommen von B a r g e l d , W e r t p a p i e r e n , U r k u n d e n , P l ä n e n , Z e i c h n u n g e n , L o c h k a r t e n , M a g n e t b ä n d e r n und s o n stigen D a t e n t r ä g e r n sowie von G e s c h ä f t s b ü c h e r n oder S c h r i f t e n aller Art beruhen. Dieser Ausschluß entspricht im wesentlichen der Regelung in § 2 Nr. 6 AFB 87 (vgl. dazu Η 97-99). Die Bestimmung ist dahin auszulegen, daß nur solche Datenträger gemeint sind, die in der Verwaltung eines Unternehmens eingesetzt sind, nicht dagegen solche, die Teil von Produktionsanlagen sind (so zutreffend Engels VersPrax 1978 S. 199 und Kollhosser in Prölss-Martin 26 Anm. 1 zu 2 FBUB). Ebenso fallen bei einem Unternehmen, das Geschäftsbücher herstellt (soweit das im heutigen elektronischen Zeitalter überhaupt noch geschieht), nur die eigenen in der Buchhaltung benutzten Bücher darunter, nicht aber die zum Verkauf an Dritte hergestellten Geschäftsbücher. Wesentliche Bedeutung entfaltet der Ausschluß gemäß § 2 Nr. 4 b) F B U B im übrigen nur dann, wenn ausschließlich die dort aufgeführten Sachen zerstört worden sind. Dann ist überhaupt keine Eintrittspflicht des Vers gegeben. Handelt es sich da936

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 8

II. Vsort

gegen um einen Großbrand, bei dem u. a. auch Sachen im Sinne des § 2 Nr. 4 b) F B U B vernichtet oder beschädigt worden sind, so können sich dadurch gewiß auch Verzögerungen in der Wiederaufnahme der Produktion des Vmers wie in der Schadenermittlung durch den Ver ergeben. Eine dadurch entstehende Erhöhung der Leistungspflicht des Vers wird aber nach dem Sinn und Zweck des § 2 Nr. 4 b) F B U B nicht vom Vsschutz ausgeschlossen. Vielmehr ist dieses Falles gesondert in § 7 Nr. 1 F B U B gedacht. Dort findet sich nämlich eine Obliegenheitsregelung über das Führen von Büchern. Ferner ist festgelegt, daß Inventuren und Bilanzen für drei Vorjahre aufzubewahren sind. Abweichend von § 6 I nimmt der Ver aber gemäß § 7 Nr. 2 F B U B Leistungsfreiheit nur bei einem grobfahrlässigen oder vorsätzlichen Verstoß in Anspruch. Im übrigen kommt gemäß § 7 Nr. 2 F B U B - ohnedies zumeist nur eine teilweise - Leistungsfreiheit des Vers in Betracht. Ferner ist zu beachten, daß es sich bei der Obliegenheit nach § 7 Nr. 1 F B U B um eine solche handelt, die vor Eintritt des Vsfalles zu erfüllen ist, sodaß der Ver gemäß § 6 I 3 nur dann leistungsfrei wird, wenn er binnen Monatsfrist nach Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung mit sofortiger Wirkung kündigt (vgl. dazu G 87). Schließlich findet sich in § 2 Nr. 4 c) I F B U B in Übereinstimmung mit § 1 Nr. 5d) und 6 A F B 87 der Ausschluß von U n t e r b r e c h u n g s s c h ä d e n , die auf S c h ä d e n an e l e k t r i s c h e n E i n r i c h t u n g e n beruhen, soweit diese Schäden durch die Wirkung e l e k t r i s c h e n S t r o m e s m i t oder o h n e F e u e r e r s c h e i n u n g entstehen (z.B. durch Überstrom, Überspannung, Isolationsfehler, wie Kurz-, Windungs-, Körperoder Erdschluß, unzureichende Kontaktgabe, Versagen von Meß-, Regel- oder Sicherheitseinrichtungen), außer wenn sie Folgeschäden eines bedingungsgemäßen Brandes oder Explosionsschadens sind. Insoweit wird auf H 13 verwiesen. Ebenso wie in § 1 Nr. 5 e) AFB 87 heißt es in § 2 Nr. 4 c) II FBUB, daß Β1 i t ζ s c h ä d e η an e l e k t r i s c h e n E i n r i c h t u n g e n nur insoweit als Sachschaden gelten, als der Schaden durch den u n m i t t e l b a r e n Ü b e r g a n g des Blitzes auf die hierbei beschädigten elektrischen Einrichtungen entstanden ist. Gegen diese Regelung bestehen aber Bedenken. Das folgt daraus, daß ein unmittelbarer Übergang des Blitzes auf elektrische Einrichtungen im physikalischen Sinne kaum stattfindet, sondern sich im Regelfall über entsprechende Leiter vollzieht. Es wird demgemäß durch diese Bedingung der primär versprochene Schutz gegen Blitzschäden an elektrischen Einrichtungen im Gegensatz zu § 82 unbillig im Sinne der §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. eingeschränkt (streitig, vgl. Η 18 m.w. Ν.). Hingegen würde man zu einer sachgerechten Abgrenzung kommen, wenn man die Bestimmung so fassen würde, daß die Eintrittspflicht des Vers für solche Blitzschäden dann gegeben ist, wenn der Blitz unmittelbar auf diese Einrichtungen übergegangen ist oder aber der Blitzeinschlag entweder auf dem Vsort oder in der Nähe der elektrischen Einrichtungen erfolgt ist (vgl. Η 18).

[Κ 8] II. Versicherungsort 1. Betriebsstelle als maßgebender Anknüpfungspunkt Nach § 3 Nr. 1 F B U B ist der Ver nur dann im Risiko, wenn der S a c h s c h a d e n , der zu einer B e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g führt, sich auf einem Grundstück ereignet hat, das in der V s u r k u n d e als B e t r i e b s s t e l l e bezeichnet ist. Dabei ist es allerdings nicht erforderlich, daß sich der Brand auf dem in der Vsurkunde aufgeführten B e t r i e b s g r u n d s t ü c k ereignet hat. Vielmehr ist der Ver auch dann im Risiko, wenn ein Brand (oder ein sonst in § 2 Nr. 1 F B U B aufgeführtes Ereignis) auf einem nicht als Betriebsgrundstück ausgewiesenen Gebiet einen Sachschaden auf dem Betriebsgrundstück verursacht, der eine Betriebsunterbrechung zur Folge hat (vgl. dazu Κ 3). ErgänJohannsen/Johannsen

937

Anm. Κ 9

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

zend ist dabei zu beachten, daß nach § 10 F B U B als B e t r i e b s s t e l l e im Sinne des § 3 Nr. 1 F B U B auch A n s c h l u ß g l e i s e und W a s s e r a n s c h l ü s s e außerhalb des Vsortes gelten, ferner in u n m i t t e l b a r e r N ä h e des Vsgrundstückes a b g e s t e l l t e T r a n s p o r t m i t t e l . Zu letzteren ist z . B . auch ein vor dem Vsgrundstück ankernder L a s t k a h n zu rechnen, und zwar ungeachtet dessen, daß in § 10 F B U B der für Schiffe nach seemännischem Gebrauch nicht passende Ausdruck „Abstellen" gewählt worden ist. D e n n nach dem Sinn und Z w e c k der Erweiterung soll der V m e r auch für aus Sachschäden an diesen Transportmitteln (und an deren Inhalt) herrührenden Unterbrechungsschäden Vsschutz erhalten. A n der Wirksamkeit einer örtlichen Eingrenzung der Leistungspflicht des Vers im Sinne einer primären Risikoabgrenzung (vgl. dazu Η 121) bestehen keine Bedenken, insbesondere nicht nach §§ 9 II Nr. 2 A G B G , 307 B G B n. F. (ebenso Schneider S. 156). D e n n es gibt keine entgegengesetzte gesetzliche Vorgabe und auch keine über J a h r zehnte geprägte davon abweichende Vspraxis. D a b e i ist zu bedenken, daß die Betriebsunterbrechungsv überhaupt keine spezielle Regelung im W G gefunden hat. D a r ü b e r hinaus ist eine solche örtliche Festlegung in der a m t l i c h e n B e g r ü n d u n g zur Feuerv für die V beweglicher Sachen ausdrücklich der Bestimmung durch die Vertragsparteien zugewiesen worden (vgl. Begr. I S. 92; im N e u d r u c k 1963 S. 157). [ K 9]

2. Sonderregelungen a) Klausel 8401

Bei großen U n t e r n e h m e n gibt es häufig eine V i e l z a h l v o n B e t r i e b s s t e l l e n . In der Vertragspraxis ist es üblich, diese Betriebsstellen enumerativ aufzuführen. D e n k bar und für den V m e r günstiger wäre es, nur die Hauptbetriebsstelle mit dem Zusatz

anzugeben „nebst allen anderen inländischen [oder gar ausländischen] gegenwärtig bestehenden oder künftig hinzutretenden sonstigen Betriebsstellen". Empfehlenswert für den Ver ist eine solche Regelung allerdings zumeist deshalb nicht, da sie im Widerspruch zu einer eigentlich vorzunehmenden sorgfältigen Risikoeinschätzung steht. Sachgerecht ist es aber, die Geltung der K l a u s e l 8 4 0 1 zu vereinbaren. N a c h N r . 1 S. 1 dieser Klausel gelten als Betriebsstellen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland ohne b e s o n d e r e A n m e l d u n g auch n e u h i n z u k o m m e n d e B e t r i e b s s t e l l e n . Das Risiko des Vers ist dabei allerdings nach Nr. 1 S. 2 auf D M 2 5 0 0 0 0 , - je Betriebsstelle und Vsfall begrenzt. Das ist eine summenmäßige Begrenzung, die den heutigen Geldverhältnissen nicht mehr entspricht und daher im Regelfall nur zu einer unzureichenden Ersatzleistung durch den Ver führen dürfte. A u f dieses P r o b l e m m u ß deshalb ein V s m a k l e r , der von dem Aufbau einer solchen neuen Betriebsstelle Kenntnis erlangt, den V m e r nachdrücklich hinweisen; andernfalls kann sich für den Vsmakler unter Umständen eine S c h a d e n e r s a t z p f l i c h t ergeben. Bemerkenswert ist im übrigen, daß der V m e r nach Nr. 2 der Klausel 8401 verpflichtet ist, halbjährlich ein Verzeichnis dieser neu hinzukommenden Betriebsstellen einzureichen. Diese Verpflichtung ist als eine vor Eintritt des Vsfalles zu erfüllende Obliegenheit zu qualifizieren. Eine Sanktion ist für die Verletzung dieser Obliegenheit vertraglich nicht vorgesehen. D a dem Ver nach der Vertragskonstruktion eine Prämie nach Maßgabe des G r u n d vertrages für die unter diese Regelung fallenden Betriebsstellen zusteht, ist eine zusätzliche vertragliche Sanktion auch nicht vonnöten. Bedenken bestehen allerdings gegen die Formulierung in Nr. 3, nach der der V m e r Prämienzuschläge „anerkennt", die in Folge der Gefahrenlage bei den neu hinzukommenden Betriebsstellen erforderlich werden. Das darf nicht in dem Sinne ausgelegt werden, daß dem Ver mit dieser Regelung das R e c h t zur einseitigen Bestimmung der Prämienhöhe zusteht. G e m e i n t ist vielmehr, daß bei erhöhter Gefahrenlage eine angemessen höhere Prämie für das 938

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 11

II. Vsort

Risiko aus der neu hinzukommenden Betriebsstelle zu vereinbaren ist. Einigt man sich darüber nicht, so ist zu bedenken, daß der Ver mit dieser Regelung - abweichend von § 8 Nr. 2 ZFBUB - auf das Recht zur Vertragsaufkündigung nach Maßgabe der Bestimmungen über die Gefahrerhöhung verzichtet hat. Eine vertraglich mögliche Abrede, für dieses unter die „Vorsorgeregelung" fallende Risiko ein besonderes Kündigungsrecht mit angemessener Frist zu vereinbaren, ist in der Klausel nicht vorgesehen. Das bedeutet, daß der Ver nur die Möglichkeit hat, den Vertrag im ganzen unter Einschluß des Zusatzrisikos mit der für den Grundvertrag geltenden Frist zur ordentlichen Kündigung zu beenden. [K 10] b) Klause 8403 Eines Sonderfalls wird in der Klausel Nr. 8403 gedacht. Ist diese vereinbart, so besteht Vsschutz auch für Unterbrechungsschäden, die sich innerhalb der besonders vereinbarten weiteren Betriebsstätten in fremden Unternehmen ereignet haben. Nach Nr. 2 der Klausel besteht ein solcher Vsschutz aber nur für Unterbrechungsschäden infolge von Schäden im Sinne von § 2 FBUB an Sachen, die dem Vmer gehören, die von ihm unter Eigentumsvorbehalt erworben oder zur Sicherung übereignet sind oder die er für seinen Betrieb gemietet, gepachtet oder geliehen hat. Das bedeutet, daß dann, wenn alle diese Sachen unbeschädigt geblieben sind, die unbeschädigten Räume aber wegen der über einen längeren Zeitraum laufenden Brandbekämpfung nicht zur Produktion aufgesucht werden können, kein Vsschutz für eine daraus resultierende Betriebsunterbrechung gegeben ist. [ K l l ] c) Rückwirkungsschäden (Klausel 8108) Tritt der Sachschaden bei einem L i e f e r a n t e n des Vmers ein und entsteht wegen einer darauf beruhenden anhaltenden Lieferunfähigkeit bei dem Vmer eine Betriebsunterbrechung, so ist für einen solchen Rückwirkungsschaden gemäß § 3 Nr. 1 FBUB keine Leistungspflicht des Vers gegeben (Heyen 2 S. 26, Lahno S. 87, Schneider S. 156-157, Stöppel S. 54). Es besteht aber für die Abdeckung eines solchen Risikos in bestimmten Industriezweigen ein großes Bedürfnis. Das gilt insbesondere für Vmer, die über keine wesentliche eigene Lagerkapazität verfügen, ihren Betrieb vielmehr so aufgebaut haben, daß sie mit hochspezialisierten Zulieferbetrieben zusammenarbeiten, die verpflichtet sind, ihre Produkte kontinuierlich zuzuliefern. Diesem Vsbedürfnis trägt die Klausel 8108 Rechnung. Danach liegt ein Unterbrechungsschaden im Sinne des § 3 Nr. 1 FBUB auch dann vor, wenn sich ein Sachschaden gemäß § 2 FBUB auf einem Grundstück ereignet hat, das Betriebsstelle eines mit dem Vmer durch Zulieferung von Produkten in laufender Geschäftsverbindung stehenden Unternehmens (Zulieferer) ist. Hat der Vmer ausländische Zulieferer, so muß er und vor allem auch der ihn betreuenden Vsmakler darauf drängen, daß bei Einschluß der Regelung gemäß der Klausel 8108 abweichend von Nr. 1 S. 2 auch solche Schäden, die sich auf Auslandsgrundstücken ereignen, unter den Vsschutz fallen. Ein Unterbrechungsschaden kann ferner dadurch eintreten, daß der wesentliche Abnehmer der Produkte des Vmers einen Feuervsschaden erleidet und infolge dessen über längere Zeit diese Produkte nicht abnimmt. Ein solcher Schaden wird ebenfalls nicht von § 2 FBUB erfaßt. Es gibt aber auch keine standardisierte Einschlußklausel entsprechend der Klausel 8108. Wird ein solches Risiko aber vom Vmer als unter Umständen die Existenz des Unternehmens bedrohend erkannt, so kann es im Einzelfall durchaus möglich sein, durch individuelle Sondervereinbarungen dieses Risiko einzuschließen (vgl. dazu Lahno S. 87). Johannsen/Johannsen

939

Anm. Κ 13

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

[Κ 12] III. Summenmäßige Begrenzung der Leistungspflicht des Versicherers 1. Unterversicherungsproblematik Die Leistung des Vers ist begrenzt auf die vom Vmer gewählte Vssumme. Wird diese nicht in angemessener Höhe vereinbart, so ist zu beachten, daß auch in der Betriebsunterbrechungsv die in § 56 festgelegten U n t e r v s g r u n d s ä t z e gelten. Das ist in der als deklaratorisch einzuordnenden Bestimmung des § 5 Nr. 3 FBU ausdrücklich festgehalten. Wird demgemäß im Schadenfall festgestellt, daß die V s s u m m e n niedriger liegen als der Vswert, so wird nur der Teil des S c h a d e n s ersetzt, der sich zum g a n z e n S c h a d e n verhält wie die V s s u m m e n zum V s w e r t . Diese für den Vmer unerfreuliche Konsequenz wird vermieden, wenn und soweit der Ver durch den Abschluß einer V auf e r s t e s R i s i k o auf eine K ü r z u n g der E n t s c h ä d i g u n g s l e i s t u n g nach der Untervsregel v e r z i c h t e t hat (§11 ZFBUB). Solche Erstrisikodeckungen aufgrund individueller Vereinbarungen hat es bei G r o ß r i s i k e n schon immer gegeben. Es ist aber darüber hinaus eine Marktentwicklung im Sinne eines generellen Angebots derartiger Untervsverzichtsregelungen für Sach- und Betriebsunterbrechungsschäden zu erkennen. Liegt keine derartige Erstrisikov vor, so ist anhand des § 5 Nr. 1 S. 1 FBUB der V s w e r t zu ermitteln und gemäß § 5 Nr. 3 FBUB mit der gewählten V s s u m m e zu vergleichen. Maßgebend für den Vswert sind danach der B e t r i e b s g e w i n n und die K o s t e n , die der Vmer o h n e U n t e r b r e c h u n g des Betriebes in dem B e w e r t u n g s z e i t r a u m e r w i r t s c h a f t e t hätte. Der B e w e r t u n g s z e i t r a u m umfaßt nach § 5 Nr. 1 S. 2 FBUB 12 Monate (bei Vereinbarung der Klausel 8501 24 Monate). Er beginnt mit dem Eintritt des Sachschadens, der zu einer Betriebsunterbrechung führt (vgl. Κ 3). Diese Regelung ist sachgerecht. Da ein künftig möglicherweise entstehender Vermögensschaden in der Form eines Gewinnausfalls und der Belastung mit weiter laufenden Kosten vert wird, ist die Anknüpfung bezüglich der Ermittlung des Vswertes an die Zeit ab Eintritt des zu einer Betriebsunterbrechung führenden Sachschadens einleuchtend. [K 13] 2. Erhöhung der Versicherungssumme gemäß § 9 Nr. 1 FBUB und der Klausel 8504 a) Erhöhungsbemessung Ergibt sich im Schadenfall bei der Ermittlung des Vswertes, daß dieser über der Vssumme liegt, so ist es dann besonders unbefriedigend, die Untervsregelung anzuwenden, wenn der Vmer exakt den Betriebsgewinn und die Kosten des Jahres vor dem Abschluß der V als Vssumme zugrunde gelegt hat und der Schaden wegen einer Gewinnsteigerung höher liegt. Dem hätte der Vmer allerdings durch die Vereinbarung einer höheren Vssumme Rechnung tragen können. Das gilt insbesondere dann, wenn der Betrieb des Vmers in den Vorjahren stets von Jahr zu Jahr Gewinnsteigerungen erzielt hatte. Denn dann war eigentlich vorhersehbar, daß das auch in vter Zeit eintreten könnte. In diesem Zusammenhang dürfte eine solche Vorsichtsmaßnahme dem Vmer um so mehr einleuchten, wenn er die Regelung in § 9 Nr. 1 FBUB in Betracht zieht. Danach erhält der Vmer, wenn er innerhalb von 4 Monaten nach dem Ende des Geschäftsjahres anzeigt, daß der Betriebsgewinn und die erwirtschafteten Kosten im abgelaufenen Vsjahr niedriger waren als die Vssumme, die auf den überschießenden Betrag gezahlte Prämie bis zu einem Drittel der entrichteten Jahresprämie zurück. Der Vmer muß hier demgemäß nur den Zinsnachteil für die insoweit zu hoch gezahlte Prämie in Kauf nehmen. Ungeachtet dessen, daß es im Prinzip Sache des Vmers ist, die Vssummen in eigener Verantwortung zu bilden, sollte in den Vertragsverhandlungen stets auf diese Rege940

Johannsen/Johannsen

III. Summenmäßige Begrenzung der Leistungspflicht des Vers

A n m . Κ 14

lung in § 9 Nr. 1 F B U B hingewiesen werden. Denn durch diese soll der kaufmännisch vernünftige Entschluß geweckt werden, die Vssummen großzügig zu bemessen. In diesem Zusammenhang ist vom Ver (oder vom Vsmakler) regelmäßig auch auf die K l a u s e l 8 5 0 4 hinzuweisen, bei deren Vereinbarung ein solcher Zinsnachteil vermieden wird. Diese sieht in Nr. 1 S. 1 vor, daß der Ver über die Vssumme je Position hinaus bis zu der vereinbarten N a c h h a f t u n g im Risiko ist. Allerdings gilt das nach Nr. 1 S. 2 nicht für v e r e i n b a r t e E n t s c h ä d i g u n g s g r e n z e n und V s s u m m e n auf Erstes Risiko. Nach Nr. 4 der Klausel wird eine Unterv gemäß § 5 Nr. 3 F B U B dann nicht geltend gemacht, wenn der Vswert nicht höher ist als die Vssumme zuzüglich der vereinbarten Nachhaftung. Die Prämie ist für die Nachhaftungssumme nach Nr. 2 S. 2 der Klausel nur für die überschießende Summe bis zur H ö h e der vereinbarten Nachhaftung nachzuentrichten. Zu beachten ist dabei, daß bei beiden Abrechnungsarten die für den Vmer günstige Regelung entfällt, wenn die Meldung über den Betriebsgewinn und erwirtschaftete Kosten nicht spätestens 4 Monate nach Ablauf eines Vsjahres erfolgt (vgl. § 9 Nr. 1 F B U B und Klausel 8504 Nr. 3). Dabei sind diese Bestimmungen allerdings so auszulegen, daß sie keine Anwendung bei einer unverschuldeten Fristüberschreitung finden. Ferner sind vorläufige Schätzungsmeldungen des Vmers innerhalb der Frist von 4 Monaten im allgemeinen als ausreichend für die Wahrung der Rechtsvorteile des Vmers im Sinne der Prämienberechnungsklauseln anzusehen.

[K 14] b) Strafregelungen Für den Fall, daß sich im S c h a d e n f a l l erweist, daß die für das a b g e l a u f e n e V s j a h r gemäß § 9 Nr. 1 F B U B für eine Gruppe als e n d g ü l t i g g e m e l d e t e Summe n i e d r i g e r war als der V s w e r t dieser Gruppe in dem a b g e l a u f e n e n V s j a h r , ist in § 9 Nr. 2 S. 1 F B U B eine z u s ä t z l i c h e K ü r z u n g der E n t s c h ä d i g u n g s l e i s t u n g vorgesehen. Dann ermäßigt sich nämlich die nach § 5 Nr. 3 F B U B ermittelte Entschädigung im Verhältnis der unter Berücksichtigung der Prämienrückgewähr gezahlten Prämie zu der Prämie, die der Vmer nach dem Vswert zu zahlen gehabt hätte. Das ist in Nr. 6 S. 2 der K l a u s e l 8 5 0 4 auch für eine unrichtige Nachhaftungsmeldung gemäß Nr. 2 S. 2 festgelegt. Diese Regelung bedeutet, daß zunächst die übliche Untervsberechnung nach § 5 Nr. 3 F B U B vorzunehmen ist. Stellt sich heraus, daß bei einer Vssumme von Euro 1 0 0 0 0 0 0 , - der Vswert Euro 2 0 0 0 0 0 0 , - und der Schaden Euro 500 0 0 0 , - beträgt, so braucht der Ver nach der gesetzlich vorgegebenen Verhältnisrechnung nur eine Leistung in H ö h e von Euro 2 5 0 0 0 0 , - zu erbringen. Ist für das Vorjahr unter Berücksichtigung der Prämienrückgewähr eine Prämie von Euro 4 0 0 0 , entrichtet worden, während bei zutreffender Anzeige Euro 6 0 0 0 , - hätten gezahlt werden müssen, so hat der Vmer nach dem Wortlaut des § 9 Nr. 2 S. 1 F B U B nur einen Anspruch auf zwei Drittel der an sich zu erbringenden Vsentschädigung. E r büßt demgemäß für den zu Unrecht erlangten Prämienvorteil in H ö h e von Euro 2 0 0 0 , einen Vsanspruch in H ö h e von Euro 83333,33 ein. Eine entsprechende Berechnung dieses sogenannten „ Strafabzugs" (Heyen 2 S. 95) ist in § 9 Nr. 2 S. 2 F B U B in den Fällen vorgesehen, in denen bei unzutreffender Meldung des Geschäftsgewinns und der erwirtschafteten Kosten die Vssumme niedriger war als der Vswert. Es wird dann für die Kürzung abgestellt auf das Verhältnis zwischen der unter Abzug der Prämienrückgewähr gezahlten Prämie zu der für die Vssumme gezahlten Prämie. Die dargestellte S t r a f a b z u g s r e g e l u n g kann nach dem oben gebildeten Beispiel zu für den Vmer harten Konsequenzen führen. Der Sache nach ist sie als V e r t r a g s s t r a f e einzuordnen. An der Rechtsbeständigkeit der Regelung in § 9 Nr. 2 S. 2, 3 F B U B sind bisher im Schrifttum keine Zweifel geäußert worden (vgl. z . B . H e y e n 2 Johannsen/Johannsen

941

Anm. Κ 15

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

S. 95-99 mit eingehenden Berechnungsbeispielen). Auch gibt es zu diesem Fragenkreis keine veröffentlichten Entscheidungen. Positiv ist hervorzuheben, daß die Regelung dadurch gemildert wird, daß sie nach § 9 Nr. 2 S. 3 F B U B dann nicht eingreift, wenn der Vmer glaubhaft macht, daß die u n r i c h t i g e M e l d u n g o h n e sein V e r s c h u l d e n erfolgt ist. Damit wird aber nur dem im Regelfall für die Sanktion einer V e r t r a g s s t r a f e notwendigen Verschulden des Versprechenden Rechnung getragen. Das ändert jedoch nichts daran, daß an der Bedingungsregelung die Unverhältnismäßigkeit zwischen dem dem Ver geschuldeten Prämienbetrag und dem Strafabzug zu beanstanden ist. Solche Unverhältnismäßigkeit kann freilich gemäß § 343 B G B nach Treu und Glauben durch Herabsetzung der Vertragsstrafe auf ein angemessenes Maß auch im kaufmännischen Bereich nach der Aufhebung des § 351 H G B durch das Handelsrechtsreformgesetz vom 22. VI. 1998 (BGBl. 1 1998 S. 1474) berücksichtigt werden. Zu bedenken ist des weiteren, daß der Ver bezüglich der ihm vorenthaltenen Prämie einen Zahlungsanspruch nach Nr. 2 der Klausel 8504 hat und bezüglich der zu Unrecht erlangten Prämienrückzahlung im Sinne des § 9 Nr. 1 F B U B einen Bereicherungsanspruch aus § 812 B G B . Die Höhe dieser Beträge müßte als Maßstab für einen ergänzenden Vertragsstrafenanspruch gewählt werden (abgesehen davon, daß gegen einen in AVB an v e r s t e c k t e r Stelle angesiedelten Vertragsstrafenanspruch ohnedies grundsätzliche Bedenken gemäß §§ 3 A G B G , 305c B G B n. F. bestehen; vgl. dazu Bd V 1 Anm. E 7 m.w.N.). Es wird s y s t e m w i d r i g für einen im F o l g e j a h r eingetretenen V s f a l l , für den der Vmer die V s p r ä m i e v o l l e n U m f a n g s entrichtet hat, als Strafe für den faktisch zunächst erlangten Prämienvorteil aus dem Vorjahr ein zusätzlicher Untervsfall fingiert. Das könnte nur dann nach Gerechtigkeitsgrundsätzen nachvollzogen werden, wenn die Gefahr einer zu hohen Leistung des Vers heraufbeschworen worden wäre. Das ist indessen nicht der Fall. Denn wenn im Vorjahr ein Schaden eingetreten wäre, so hätte der Ver ohnedies durch einen eigenen Sachverständigen, gegebenenfalls zusammen mit einem vom Vmer beauftragten Sachverständigen, den Vswert ermitteln lassen. Entsprechendes gilt bei dem Eintritt eines Vsfalles in dem Jahr, in dem die unrichtige Anzeige erstattet worden ist. Die Übertragung der Untervsregelung auf eine unrichtige Anzeige des Vswertes für die Vergangenheit zum Zwecke der Prämienberechnung ist nach dem Gesagten s y s t e m f r e m d . Sie ist mit den U n t e r v s g r u n d s ä t z e n des W G nicht vereinbar. Demgemäß ist § 9 Nr. 2, 3 F B U B und auch die entsprechende Regelung in Nr. 6 S. 2 der Klausel 8504 als u n w i r k s a m im Sinne der §§ 9 A G B G , 307 B G B n.F. zu qualifizieren. [K 15] 3. Sonderregelung für die Mittlere Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung Gemäß § 2 M F B U 89 wird die vereinbarte und endgültig zu m e l d e n d e V s s u m m e nach dem v e r e i n b a r t e n S u m m e n e r m i t t l u n g s s c h e m a festgestellt (vgl. zu dieser auf der Grundlage der handels- und steuerrechtlichen gesetzlichen Vorgaben nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vorzunehmenden Summenermittlung aufgrund eines derartigen Ermittlungsbogens nur L u d o l p h - H e n k e , Summenermittlungsbogen für die Feuer-Betriebsunterbrechungs-V 2 , Karlsruhe 1980, Heyen 2 S. 201-223, ferner V o l l g r a f Die Ermittlung von Vswert und Vssumme in der Feuer-Betriebsunterbrechungsv nach dem Bilanzrichtliniengesetz, Karlsruhe 1990, m.w.N.). Ergänzend wird dazu in § 4 M F B U 89 bestimmt, daß der Ver ü b e r die v e r e i n b a r t e V s s u m m e hinaus f ü r w e i t e r e 3 3 1 / 3 ν. H . der v e r e i n b a r t e n V s s u m m e haftet. Damit die Vssumme mit der Entwicklung des Betriebes des Vmers Schritt hält und es demgemäß tunlichst nicht zu einer Unterv kommt, ist in § 3 Nr. 1 S. 2 M F B U 89 die Verpflichtung des Vmers festgelegt, spätestens 6 M o n a t e nach Ablauf des Vsjahres 942

Johannsen/Johannsen

III. Summenmäßige Begrenzung der Leistungspflicht des Vers

Anm. Κ 15

zu melden, welche Werte im abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschaftet wurden. Zugrundezulegen ist dabei das Summenermittlungsschema des Vers. In § 3 Nr. 1 S. 3 M F B U 89 heißt es, daß die so gemeldeten Werte ab E i n g a n g der Meldung als Vssumme gelten. Ist der Vswert stark gestiegen, muß der Vmer daher tunlichst schnell eine Anzeige erstatten. Eine solche Regelung ist nicht zu beanstanden, da der Vmer durch den Nachhaftungszuschlag von 33 1 / 3 v. H . im Regelfall geschützt ist. Allerdings erstreckt sich dieser Zuschlag nach § 4 S. 2 M F B U 89 nicht auf vereinbarte E n t s c h ä d i g u n g s g r e n z e n und Vssummen auf E r s t e s R i s i k o (anders bezüglich der Höchstentschädigungsbegrenzung § 3 M F B U in einer älteren Fassung, abgedruckt bei Stöppel S. 98). Bezüglich der U n t e r v bestimmt § 5 Nr. 1 S. 1 M F B U 89 (abweichend von § 5 Nr. 3 und § 11 Nr. 3 F B U B ) , daß dann, wenn der letzte vor Eintritt des Sachschadens gemeldete Wert niedriger ist als der tatsächlich erwirtschaftete Wert des Geschäftsjahrs, für das die Meldung abgegeben wurde, nur der Teil des Schadens und der Schadenminderungskosten ersetzt wird, der sich zum ganzen Schaden verhält wie der gemeldete Wert zum tatsächlich erwirtschafteten Wert. Das gilt allerdings nach § 5 Nr. 1 S. 2 M F B U 89 dann nicht, wenn der Vmer glaubhaft macht, daß die unrichtige Meldung ohne sein Verschulden erfolgte. In einer älteren Fassung der M F B U (abgedruckt bei Stöppel a.a.O.) heißt es in § 5 III S. 4, daß die Nachhaftung in H ö h e von 33 1 / 3 v. H . unberücksichtigt bleibe. Diese Regelung findet sich in den M F B U 89 nicht wieder. Das bedeutet, daß bei der Berechnung der Untervsentschädigung von diesem Zuschlag zur Vssumme auszugehen ist. Zwar wäre nach dem Wortlaut des § 5 Nr. 1 S. 1 M F B U 89 auch eine entgegengesetzte Auslegung möglich. D o c h weist die Streichung des § 5 III S. 4 M F B U a. F. deutlich darauf hin, daß dem Vmer durch die Neuregelung die Rechtswohltat der Summenerhöhung gemäß § 4 M F B U 89 erhalten bleiben sollte. Im übrigen kommt es gemäß der Bedingungsregelung bei der Berechnung der Untervsentschädigung nicht auf den Vswert bei dem Eintritt des S c h a d e n f a l l s an, nämlich auf den Betriebsgewinn und die Kosten, die der Vmer ohne Unterbrechung erwirtschaftet hätte, s o n d e r n auf den t a t s ä c h l i c h e r w i r t s c h a f t e t e n V s w e r t d e s V o r j a h r e s . Hat sich die Unterv in dem Geschäftsjahr, das der letzten Meldung folgt, vergrößert, so wirkt sich diese Änderung des § 5 Nr. 3 F B U B zugunsten des Vmers aus. Hat sie sich verringert, so steht der Vmer schlechter als nach einer Berechnung gemäß § 5 Nr. 3 F B U B , der voll dem gesetzlichen Vorbild gemäß § 56 entspricht. Soweit sich die Berechnung des nicht zu ersetzenden Untervsanteils entgegen der gesetzlichen Regelung verschlechtert, ist dies - wie bei der Regelung gemäß § 9 Nr. 1 F B U B - als S t r a f a b z u g gedacht, der rechtlich als v e r d e c k t e V e r t r a g s s t r a f e n r e g e l u n g zu qualifizieren ist (vgl. dazu auch Κ 14). D e r wirtschaftliche Hintergrund ist dabei der, daß der Ver aufgrund der Falschmeldung in der Vergangenheit eine zu g e r i n g e V s p r ä m i e erhalten hat. Durch die Aufdeckung der Falschmeldung ist der Ver aber ohne weiteres in der Lage, diese ihm zustehende Forderung durch einen Abzug von der Vsentschädigung zu realisieren. Es ist dennoch durchaus zu verstehen, daß der Ver einen Ausgleich dafür haben will, daß er die ihm zustehende Vsprämie v e r s p ä t e t erhält. Wird der Gewinn des Vers aus der von § 56 abweichenden Berechnung im Einzelfall zu hoch, so kann das unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles durch eine H e r a b s e t z u n g dieser V e r t r a g s s t r a f e auf ein a n g e m e s s e n e s M a ß gemäß § 343 B G B korrigiert werden. Anders als bei der Regelung in § 9 Nr. 2 S. 2 F B U B (vgl. dazu Κ 14) ist aber in der Abweichung von § 56 bezüglich der Vorverlegung der Verhältnisrechnung auf den Zeitpunkt der letzten unrichtigen Stichtagsmeldung kein Verstoß gegen §§ 9 A G B G , 307 c B G B n. F. zu sehen. Dann man kann sich ohne weiteres vorstellen, daß der Gesetzgeber eine ähnliche Lösung gefunden hätte, wenn er die Probleme der Stichtagsv gesetzlich hätte regeln müssen. Johannsen/Johannsen

943

Anm. Κ 16

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

Bedenken bestehen indessen gegen § 5 S. 4 M F B U a. F., nach dem in dem hier erörterten Fall die N a c h h a f t u n g gemäß § 3 u n b e r ü c k s i c h t i g t bleibt. Denn das stellt eine U b e r m a ß r e a k t i o n dar. Es bedeutet nämlich, daß die Vsleistung jeweils um ein D r i t t e l gekürzt wird. [ K 1 6 ] 4. Einheitsversicherungssumme versicherung

in der

Klein-Betriebsunterbrechungs-

Gemäß § 4 Nr. 1 Z K B U 87 gilt die für die B e t r i e b s e i n r i c h t u n g und die V o r r ä t e vereinbarte S a c h v s s u m m e auch als V s s u m m e für die B e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g s v . Diese systematisch nicht zu rechtfertigende Gleichsetzung soll der Vereinfachung dienen. Die Regelung setzt dabei voraus, daß eine sog. K l e i n B e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g s v im Prinzip nur im r e c h t l i c h e n V e r b u n d mit einer S a c h v abgeschlossen wird (vgl. Κ 6). Im Schadenfall wird daraus in § 4 Nr. 4 Z K B U 87 die Konsequenz gezogen, daß für die Berechnung einer Untervsentschädigung auf das Verhältnis der aus der S a c h v s s u m m e gebildeten Unterbrechungsvssumme zu dem für den zugrunde liegenden S a c h v s v e r t r a g maßgebenden V s w e r t abgestellt wird. Nur in diesem Verhältnis werden danach der nach § 4 Nr. 3 Z K B U zu ersetzende entgangene Betriebsgewinn und die weiter aufgewendeten Kosten erstattet. Eine Unterv in der Sachv wirkt sich danach in jedem Fall auch auf die Betriebsunterbrechungsv aus. Einleuchtend wäre diese Konstruktion nur, wenn bei ihr ein Ermittlungsaufwand erspart werden würde. Das ist indessen nicht der Fall. Denn es ist der entgangene Betriebsgewinn zu ermitteln und es sind auch die weiter laufenden Kosten festzustellen. Nicht zu verstehen ist deshalb, weshalb die Leistung aus der Betriebsunterbrechungsv bei einer Unterv in der Sachv gekürzt wird. Maßgebend muß doch nach dem Gesetz das Verhältnis der Vssumme zum Vswert des vten Risikos sein. Dieser müßte entsprechend § 5 Nr. 1 F B U B ermittelt werden. Da aber der Betriebsunterbrechungsschaden im Prinzip nach den gleichen Prinzipien errechnet wird wie der Vswert, wird durch die Regelung in § 4 Nr. 1 Z K B U 87 kein Mehraufwand erspart. Es ist eine Änderung des § 4 Nr. 4 Z K B U 87 dringend zu empfehlen. Denn in dieser Bestimmung wird von einem wesentlichen Prinzip der Berechnung einer Unterv abgewichen, daß nämlich auf den Vswert des vten Risikos abgestellt wird. Das ist aber eine so fundamental einleuchtende gesetzliche Regelung gemäß § 56, daß sie nicht in AVB wirksam abgeändert werden kann; vielmehr unterfällt diese Abweichung dem Unwirksamkeitsverdikt gemäß §§ 9 A G B G , 307 B G B n. F. Das Gesagte gilt aber nicht für die Ausrichtung der Vssumme an der des Sachvsvertrages. Denn für die Bestimmung der Vssumme gibt es keine gesetzliche Vorgabe. Sie richtig zu bestimmen, ist in erster Linie die Aufgabe des Vmers. Es obliegt daher ihm, eine von § 4 Nr. 1 Z K B U 87 abweichende Vssumme zu verlangen und durchzusetzen. Das gilt um so mehr, als es in den überschaubaren Verhältnissen eines Vmers einer Klein-Betriebsunterbrechungsv im Regelfall ohne weiteres möglich sein müßte, den Vorjahresgewinn und die Kosten des Vorjahres als wesentlichen Anhaltspunkt für die Bestimmung der Vssummen für die Betriebsunterbrechungsv festzustellen. Jedenfalls hat die Unwirksamkeit der Regelung in § 4 Nr. 4 Z K B U 87 zur Konsequenz, daß entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 56 auf das Verhältnis der Sachvssumme zum tatsächlichen Unterbrechungsschaden abzustellen ist. Das bedeutet, daß für die einfache Betriebsunterbrechungsv in der bisherigen Bedingungsgestaltung im Regelfall keine Unterv gegeben ist. Denn es ist kaum vorstellbar, daß der im Einzelfall entstehende Gewinnausfall und die weiter laufenden Kosten höher liegen als der Wert der von der Feuersachv erfaßten Sachen. 944

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 17

IV. Haftzeit

In § 4 Nr. 1 S. 2 der früher geltenden Sonderbedingungen war im übrigen bestimmt, daß es sich bei der einfachen Betriebsunterbrechungsv um eine V a u f e r s t e s R i s i k o handelt. Dieser V e r z i c h t auf den E i n w a n d d e r U n t e r v wurde von Sieg D e r Betrieb 1965 S. 1583 mit dem Bemerken begrüßt, daß damit die schwierigen Bestimmungen über den Bewertungszeitraum entbehrlich seien. Es wäre zu erwägen, die dargestellte systematische Anomalie durch die Wiedereinführung des Untervsverzichts auszugleichen.

[K 17] IV. Haftzeit Nach § 3 Nr. 3 S. 1 F B U B haftet der Ver für den U n t e r b r e c h u n g s s c h a d e n , der innerhalb von 12 Monaten seit Eintritt des Sachschadens entsteht (Haftzeit). Es fragt sich, ob bei einem über mehreren Tage oder gar Wochen währenden Brand mit dem Ausdruck „Eintritt des Sachschadens" der Beginn des Brandes gemeint ist oder dessen Ende. Die Bedingungsfassung gibt darauf keine eindeutige Antwort. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung ist die Bestimmung aber dahin zu interpretieren, daß auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem schon ein Sachschaden in einem Umfang eingetreten ist, der vernünftigen Anlaß für die Annahme gibt, daß deswegen eine Betriebsunterbrechung zu erwarten sei. Bei einem Großbrand, der von Anfang an mit elementarer Gewalt wütet, ist demnach auf den ersten Tag des Brandbeginns abzustellen. Liegt dagegen anfangs nur ein ganz kleiner Brand vor, der an einem Freitagmittag von der Betriebsfeuerwehr als vollständig gelöscht betrachtet worden ist, aus dem sich aber aus übersehenen Brandnestern am folgenden Sonntag ein Großbrand entwickelt, so ist es nach Treu und Glauben angemessen, für den Beginn der H a f t z e i t auf den Sonntag abzustellen (vgl. allerdings zur davon abweichenden zeitlichen Abgrenzung der Eintrittspflicht des Vers in solchen Fällen ergänzend Κ 3 m. w. Ν.). Mit dieser Einschränkung, daß nämlich auf den Eintritt eines für eine Betriebsunterbrechung erheblichen Brandes abzustellen ist, ist der Auffassung von K o l l h o s s e r in Prölss-Martin 2 6 R N 6 zu § 3 F B U B beizupflichten, daß es nach dem Bedingungstext weder auf die Entstehung des Schadens, noch auf die Kenntnis vom Schaden, noch auf den Beginn der Betriebsunterbrechung ankomme (so auch O L G H a m m 24. X . 1979 VersR 1980 S. 6 6 8 - 6 6 9 zu einem Maschinenbetriebsunterbrechungsschadenfall). Die Kenntnis vom Vorliegen eines Sachschadens ist im übrigen in der Feuerv regelmäßig ohnedies gegeben, da ein Brand meist eine offenkundige Tatsache ist (anders liegt es in der Maschinenunterbrechungsv, in der unter Umständen erst bei einer zerlegenden Untersuchung einer Maschine festgestellt werden kann, ob eine Minderleistung auf einen durch einen Konstruktionsfehler herbeigeführten Sachschaden im Sinne des § 2 Nr. 1 b) A M B U B zurückzuführen ist oder nicht, vgl. dazu B G H 3. VI. 1981 VersR 1981 S. 875-878 und Κ 4). Bemerkenswert ist, daß für den Beginn der Haftzeit auf den Eintritt des Sachschadens und nicht auf den der Betriebsunterbrechung abgestellt wird. Im ersten Augenblick könnte eine solche Bedingungsgestaltung als eine Benachteiligung des Vmers angesehen werden, weil bei fehlender Ubereinstimmung beider Zeitpunkte unter Umständen die volle vereinbarte Haftzeit von 12 Monaten trotz einer so lange währenden Unterbrechungszeit von 12 Monaten nicht erreicht wird. Tatsächlich fallen diese Zeitpunkte aber zumeist zusammen. Ist das aber nicht so, läßt sich jedenfalls der genaue Zeitpunkt des Eintritt des Sachschadens anhand der tatsächlichen Feststellungen in den behördlichen Unterlagen ziemlich genau feststellen, während über den Beginn der Unterbrechung bei Teilschäden nicht selten gestritten werden kann. Darüber hinaus ist zu bedenken, daß gerade für solche Teilschäden die Wahl des Ausdrucks „Haftzeit" in dem Sinne von Bedeutung ist, daß von diesem Zeitpunkt an der BetriebsJohannsen/Johannsen

945

Anm. Κ 18

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

unterbrechungsver im Risiko ist, auch wenn sich die Betriebsunterbrechung erst auf einen Teil der betrieblichen Aktivitäten ausgewirkt hat. Das ist ζ. B. der Fall, wenn der Betrieb im ganzen bezüglich der zur Fertigung erforderlichen Maschinen und Gebäude abgebrannt ist, die Warenvorräte aber nur zur Hälfte. Dann ist bezüglich der verbrannten Hälfte des Warenvorrates der Betriebsunterbrechungsver wegen des entgangenen Gewinnanteils im Risiko, obwohl die Verkaufstätigkeit des Vmers bezüglich der nicht verbrannten Hälfte der Waren noch weitergehen kann. Hat der Vmer allerdings in der F e u e r v die Geltung von V e r k a u f s k l a u s e l n v e r e i n b a r t , so ergibt sich hier eine t e i l w e i s e Ü b e r s c h n e i d u n g mit der B e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g s v in der Form einer Doppelv (streitig, vgl. dazu Κ 24 m. w. Ν.). Die Angemessenheit der Regelung in § 3 Nr. 3 S. 1 F B U B ergibt sich im übrigen auch daraus, daß das Ende der vereinbarten Haftzeit begrifflich nicht mit dem Ende der Betriebsunterbrechung zusammenfällt. Vielmehr haftet der Betriebsunterbrechungsver innerhalb der vereinbarten Haftzeit auch nach dem Ende der Betriebsunterbrechung so lange weiter, bis wieder der Gewinn erzielt wird, der nach den abschließenden Schätzungen der Sachverständigen ohne die Betriebsunterbrechung erzielt worden wäre. Diese Erstreckung der Haftung des Vers über die Zeit der Betriebsunterbrechung hinaus ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil es erfahrungsgemäß in vielen Fällen eine nicht unerhebliche Zeit dauert, bis ein durch Unterbrechung betroffenes Unternehmen den alten Kundenstamm zurückerobert hat (vgl. für einen Grenzfall B G H 26.1.1976 N J W 1976 S. 1316-1317 = VersR 1976 S. 379-381 und dazu Κ 18). In § 3 Nr. 3 S. 2 F B U B heißt es, daß für G e h ä l t e r und L ö h n e bei Zugrundelegung der Jahressummen eine k ü r z e r e H a f t z e i t als 12 M o n a t e vereinbart werden könne. Das ist ebenso möglich wie die Vereinbarung einer längeren Haftzeit als die von 12 Monaten für alle Leistungen des Vers gemäß § 4 Nr. 1 F B U B (vgl. dazu Klausel 8502). Der Grund für die ausdrückliche Erwähnung einer solchen Möglichkeit bezüglich der Gehälter und Löhne ist der gewesen, daß bei der Schaffung der F B U B (VA 1955 S. 154) davon ausgegangen worden ist, daß ein vom Arbeitgeber nicht verschuldeter Brand mit daraus folgender zeitweiliger Betriebsstillegung regelmäßig zur ordentlichen Kündigung der Arbeitsverhältnisse berechtige. Diese Annahme entspricht aber in der Mehrzahl der Fälle nicht der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung im Bereich des Kündigungsschutzgesetzes (vgl. Κ 40 m.w. Ν.). Von einer problemlosen Kündigung der Arbeitsverhältnisse geht auch noch die Klausel 8105 aus, nach der eine Zusatzvereinbarung des Inhalts getroffen werden kann, daß der Ver die Weiterzahlung von Gehältern und Löhnen über den nächsten Entlassungstermin als wirtschaftlich begründet anerkennt, soweit sie erforderlich ist, um die Angestellten und Arbeiter dem Betrieb zu erhalten. Nach der in Anm. Κ 40 dargestellten Entwicklung der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung stellt die Vereinbarung einer solchen Zusatzklausel jedoch in den meisten Fällen keine Verbesserung des Vsschutzes dar. Es ist vielmehr dringend zu empfehlen, von der Vereinbarung einer kürzeren Haftzeit bezüglich der Ersatzpflicht des Vers für trotz der Betriebsunterbrechung weiterlaufende Kosten für Gehälter und Löhne abzusehen.

[K18] V. Entgangener Geschäftsgewinn 1. Abgrenzung zu zivilrechtlichen Schadenersatzberechnungen § 3 Nr. 1 F B U B definiert den vom Ver zu ersetzenden U n t e r b r e c h u n g s s c h a d e n dahin, daß es sich um den e n t g a n g e n e n B e t r i e b s g e w i n n und den A u f w a n d an f o r t l a u f e n d e n K o s t e n in dem vten Betrieb handelt, sofern sich der 946

Johannsen/Johannsen

V. Entgangener Geschäftsgewinn

A n m . Κ 18

S a c h s c h a d e n auf einem G r u n d s t ü c k ereignet hat, das in der V s u r k u n d e als B e t r i e b s s t e l l e bezeichnet ist. Die Ermittlung des Unterbrechungsschadens geht demgemäß im Prinzip von den gleichen Grundsätzen aus, die nach bürgerlichem Recht anzuwenden wären, wenn der zu dem Unterbrechungsschaden führende Brand (oder die sonst eingeschlossenen Gefahren, ζ. B. eine Explosion) von einem Dritten schuldhaft herbeigeführt worden ist und dieser deshalb wegen schuldhafter Vertragsverletzung oder unerlaubter Handlung (§ 823 BGB) zum Schadenersatz auch bezüglich des dem Unternehmen entgehenden Gewinns verpflichtet ist. In drei Punkten ist allerdings systematisch ein Unterschied zwischen der Schadenersatzverpflichtung nach bürgerlichem Recht und der vertraglich geschuldeten Leistung des Vers gegeben. Die Vsleistung ist erstens auf eine H ö c h s t l e i s t u n g des Vers durch die v e r e i n b a r t e V s s u m m e und die sich dadurch zusätzlich unter Umständen ergebende Kürzung nach U n t e r v s g r u n d s ä t z e n begrenzt (vgl. dazu § 5 Nr. 3 F B U B und Κ 12-16). Zweitens ist eine z e i t l i c h e B e g r e n z u n g vorgesehen, nach der der Ver im Regelfall gemäß § 3 Nr. 3 S. 1 F B U B nur für den Unterbrechungsschaden haftet, der innerhalb der H a f t z e i t von z w ö l f M o n a t e n (oder einer vertraglich vereinbarten längeren oder kürzeren Haftzeit) seit Eintritt des Sachschadens entsteht (vgl. dazu Κ 17). Eine weitere Einschränkung im Vergleich zu dem bürgerlichrechtlichen Schadenersatzgrundsätzen ergibt sich ferner daraus, daß § 3 Nr. 4 F B U B die sogenannten Bagatellschäden ausschließt (vgl. dazu Κ 21). Der Feuersachver ist gemäß § 1 Nr. 1 AFB 87 auch dann zur Leistung verpflichtet, wenn sich der Brand (oder das sonst vom Vsvertrag erfaßte Risiko) nicht auf dem Grundstück des Vmers sondern auf einem Nachbargrundstück entfaltet, aber ein Sachschaden durch Ruß oder Sott auf dem Grundstück des Vmers eintritt (vgl. Η 6). Das gilt im Prinzip auch für den Feuerunterbrechungsver. Zwar wird im Regelfall durch Rauch oder Ruß kein Unterbrechungsschaden eintreten. Ausnahmen sind aber möglich, wie der vom B G H 26. IX. 1984 VersR 1984 S. 1161-1162 entschiedene Fall mit aller Deutlichkeit zeigt (vgl. dazu Κ 45 a.E.). M a g n u s s o n S. 131 bildet einen Grenzfall dahin, daß in einem betriebsfremden Fernheizwerk, von dem aus der Betrieb des Vmers beheizt wird, ein Feuer ausbricht mit der Folge, daß Vorräte des Vmers in den infolge dises Vorgangs unbeheizten Räumen des Vmers verderben. Einen daraus entstehenden Unterbrechungsschaden qualifiziert Magnusson a.a.O. als vert. Das ist richtig. Da es sich um eine adäquat-kausale Folge eines Brandes handelt sind sowohl der Feuersachver (vgl. H 6) wie der Unterbrechungsver im Risiko. Allerdings kann eine Leistungspflicht des Vers nur dann entstehen, wenn der Nachkauf oder die Wiederherstellung der Vorräte nicht kurzfristig möglich ist. Auch hier ist eine Ubereinstimmung mit bürgerlichrechtlichen Schadenersatzprinzipien zu konstatieren. - Ein weiteres von Lahno S. 87 aufgeführtes Beispiel solcher W e c h s e l w i r k u n g s schäden ist der Ausfall der öffentlichen Stromversorgung durch eine Explosion im Kraftwerk mit der Folge, daß im Betrieb des Vmers die Schmelzöfen „einfrieren Mit einem Fall besonderer Art hatte sich B G H 21.1.1976 NJW 1976 S. 1316-1317 = VersR 1976 S. 379-381 zu befassen. Bei dem Vmer, der verschiedene Kaufhäuser und andere Verkaufsstellen sowie einen Versandhandel betrieb, war in einem von mehreren Auslieferungslagern am 9. XI. 1970 ein Großbrand ausgebrochen, durch den Waren im Werte von rund 17 Millionen DM vernichtet wurden. Es handelte sich überwiegend um sogenannte Hartwaren, nämlich um Fernseher, sowie Rundfunk- und Tonbandgeräte, Porzellan, Spielwaren, Fahrräder und Haushaltsgeräte. Es trat brandbedingt eine kurzfristige Lieferunfähigkeit bei Fernsehgeräten und in geringem Umfang auch bei einigen Porzellanartikeln ein. Für die dadurch entstandenen Gewinneinbußen und die Aufwendungen zur Schadenminderung zahlten die Betriebsunterbrechungsver eine Entschädigung in Höhe von rund 2,7 Millionen DM. Der Vmer behauptete, daß Johannsen/Johannsen

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Anm. Κ 18

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

ihm darüber hinaus ein Schaden in Höhe von 6,7 Millionen D M dadurch entstanden sei, daß trotz vorhandener Lieferfähigkeit in den Wochen vor Weihnachten 1970 die Zahl der Bestellungen in dem Versandhandel eklatant zurückgegangen seien; das beruhe auf Presseberichten über den Großbrand, aus denen von den Kunden irrig gefolgert worden sei, daß der Vmer nicht liefern könne. Das O L G Frankfurt 28. V. 1974 VersR 1974 S. 897-898 hatte als Vorinstanz die Klage in erster Linie mit der Begründung abgewiesen, daß die Unterbrechungsv nicht gegen den Wegfall von Kaufentschlüssen schütze, die darauf beruhten, daß die Kunden möglicherweise aufgrund der Berichterstattung in der Presse über den Brand zu der unzutreffenden Annahme gekommen seien, daß keine Lieferfähigkeit in bezug auf die begehrten Waren bestünde. Das ergebe auch die Überlegung, daß Schäden solcher Art so gut wie nicht nachweisbar und kalkulierbar seien. Vom B G H 26.1.1976 a.a.O. ist dieser Begründung nicht gefolgt worden. Das Gericht vertritt allerdings die Auffassung, daß die Eintrittspflicht des Vers im Sinne des § 1 F B U B eine wirklich eingetretene Betriebsunterbrechung voraussetze. Die bloße Annahme der Kunden, daß eine solche Unterbrechung gegeben sei, genüge nicht. Im vorliegenden Fall sei aber eine Betriebsunterbrechung in der Form von kurzfristigen Versorgungslücken im Kaufhaus und Verkaufsstellengeschäft und - wenn auch nur in geringem Ausmaß - im Porzellansektor des Versandhandels tatsächlich eingetreten. Wenngleich der Versandhandel im wesentlichen störungsfrei geblieben sei, konnte doch die Betriebsunterbrechung in den erwähnten Sparten nachteilige Auswirkungen auch auf ihn haben, die bei adäquatem Kausalzusammenhang als zu ersetzender Unterbrechungsschaden im Sinne von § § 1 , 3 Nr. 1, 6 Nr. 1 F B U B anzusehen seien. Der Auffassung des B G H a.a.O., daß eine solche Kundenreaktion als adäquatkausale Schadenfolge zu qualifizieren sei, wenn tatsächlich eine, wenn auch nur kurze Betriebsunterbrechung eingetreten war, ist beizupflichten (ebenso Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu 6 F B U B ) . Das Gericht nimmt auch zu Recht an, daß eine solche Käuferreaktion k e i n a u ß e r g e w ö h n l i c h e s E r e i g n i s im Sinne des § 3 Nr. 2 a) F B U B darstelle (vgl. dazu Κ 26). Es kommt aber - insoweit übereinstimmend mit dem Berufungsgericht - zu dem Ergebnis, daß der Vmer nicht genügend substantiiert vorgetragen habe, um eine Schätzung des angeblich entstandenen Schadens gemäß § 287 Z P O zu ermöglichen. Daran kann man zweifeln, da von dem Vmer immerhin substantiiert vorgetragen worden war, daß in den Jahren vor 1970 und auch im Folgejahr 1971 stets überdurchschnittliche Verkaufsergebnisse in der Weihnachtszeit erzielt worden waren, nicht aber im Jahr 1970 (vgl. dazu auch Κ 19). Als zutreffende Erkenntnis ist aus dieser Entscheidung festzuhalten, daß die Zurechnung von Schadenfolgen und die Schadenberechnung, soweit nicht abweichende vsvertragliche Vereinbarungen entgegenstehen, auch in einem solchen Sonderfall nach den Grundsätzen zu erfolgen hat, die für die Ermittlung von Schadenersatzansprüchen nach bürgerlichem Recht gelten. In der S c h a d e n e r m i t t l u n g ist ganz auf die U m s t ä n d e d e s E i n z e l f a l l s abzustellen. Dabei ist zu beachten, ob der B e t r i e b d e s V m e r s i n s g e s a m t vert ist oder nur ein T e i l der darin ausgeübten Aktivitäten. So betrieb im Fall B G H 30. X . 1985 VersR 1986 S. 129-130 der Vmer eine G e f l ü g e l z u c h t und eine G e f l ü g e l s c h l a c h t e r e i . Die Betriebsunterbrechungsv war jedoch nur für die Schlachterei abgeschlossen. Durch einen Brand war u. a. eine neu angeschaffte Brühmaschine für 17 Arbeitstage ausgefallen. In dieser Zeit konnte deshalb nicht geschlachtet werden. Deshalb verendeten angeblich 92000 Schlachtenten, die sich zur Zeit der Betriebsunterbrechung im Betrieb des Vmers befunden hatten. Die Annahme des Berufungsgerichts, daß schlachtreife Tiere vor dem Moment ihrer Schlachtung noch nicht dem 948

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 19

V. Entgangener Geschäftsgewinn

Schlachtereibetrieb zuzuordnen seien, ist vom B G H zu Recht als unzutreffend eingeordnet worden. Das Gericht hat dazu a.a.O. S. 130 ausgeführt, daß die E r h a l t u n g und V e r w e n d u n g der gekauften vorhandenen Schlachtenten als s c h a d e n m i n d e r n d e M a ß n a h m e Sache des Schlachtereibetriebes sei. In diesem Zusammenhang führt der B G H a.a.O. im übrigen ergänzend aus, daß der nutzlos aufgewendete Einkaufspreis für diese s c h l a c h t r e i f e n E n t e n von dem Feuerver zu tragen sei, während es Sache des Betriebsunterbrechungsvers sei, für den nicht mehr aus einem V e r k a u f von bratfertigen Enten zu e r w i r t s c h a f t e n d e n G e w i n n und die a n t e i l i g e n f o r t l a u f e n d e n B e t r i e b s k o s t e n einzustehen. Vom O L G Hamm 9. III. 1977 VersR 1977 S. 758-759 ist entschieden worden, daß ein Vsvertrag, der nur einen unselbständigen Teil eines Betriebes erfasse, unter Umständen auf eine u n m ö g l i c h e L e i s t u n g im Sinne des § 306 B G B gerichtet sei. Das habe die N i c h t i g k e i t des Vertrages jedenfalls dann zur Folge, wenn die Einnahmen und die Kosten der verschiedenen Betriebsteile nicht getrennt verbucht würden, sodaß sie für den Betrieb nur insgesamt ermittelt werden könnten. Das vte Lokal bestand ursprünglich aus zwei Teilen, nämlich aus einer „ D i s k o t h e k " und einer „Intim-Bar". Dafür war eine Feuerv und für das Inventar eine selbständige Betriebsunterbrechungsv mit einer Vssumme von D M 2 0 0 0 0 0 , - (jährlicher Geschäftsgewinn) abgeschlossen worden. Später wurde ein Betriebsteil („Expresso" genannt) eröffnet, in dem eine Milchbar geführt wurde. Für diesen Schloß der Vmer eine Inventar-Feuerv und eine Klein-Betriebsunterbrechungsv bei einem anderen Ver ab. Die V wurde mit einer Vssumme von D M 2 7 0 0 0 , - auf erstes Risiko abgeschlossen. Der Auffassung des O L G Hamm a.a.O., daß der Vertrag nichtig sei, kann nicht gefolgt werden (ebenso Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 2 F B U B ) . Es liegt nur eine unerfreuliche Erschwerung der Schadenermittlung vor, die durch eine angemessene Schadenschätzung hätte überwunden werden müssen. Zu erwägen wäre vom Standpunkt des O L G ferner, die Parteien so zu stellen, als wenn sie diese Schwierigkeiten gekannt und deshalb den rechtlich besten Weg gewählt hätten, die Vssummen nämlich für den Gesamtbetrieb aufzustocken. Das würde, wenn man von einer Nichtigkeit ausgeht, dem § 140 B G B zugrunde liegenden Rechtsgedanken entsprechen. Vom O L G Hamm a.a.O. ist der Vmer im übrigen nicht schutzlos gelassen worden. Vielmehr ist ihm aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsabschluß von dem eingeklagten D M 12860,- ein Betrag von D M 5 6 6 0 , - zugesprochen worden. Wie dieser Betrag ermittelt worden ist, läßt sich den veröffentlichten Urteilsgründen nicht entnehmen. Geht man jedoch davon aus, daß die Berechnungen des ersten Vers richtig waren, daß unter Einschluß des Expresso-Risikos bezüglich der Unterbrechungsv eine Unterv von etwa 7 1 % bestand, weshalb von dem Unterbrechungsschaden nur D M 6 2 5 0 0 , - ersetzt worden waren, so hätte mit Rücksicht auf den für den zweiten Vertrag bestehenden Untervsverzicht der geforderte Betrag von D M 1 2 8 6 0 , - vollen Umfangs zugesprochen werden können. Es wäre allerdings noch zu bedenken gewesen, daß die Berechnungen des ersten Vers auf einer geschätzten Unterbrechung von 3,5 Monaten beruhte, während sich später nur eine solche von 2,5 Monaten ergab. [K 19] 2. Abschätzungsproblematik In § 4 I F B U B ist der Geschäftsgewinn dahin definiert, daß es sich um den G e w i n n aus dem U m s a t z der im vten Betrieb h e r g e s t e l l t e n oder g e h a n d e l t e n W a r e n handle. Arbeitete der Betrieb des Vmers vor dem Eintritt des Schadens mit Verlust oder ohne Gewinn und wird bei der Schadenermittlung festgestellt, daß sich ein Gewinn auch in der Unterbrechungszeit nicht ergeben hätte, so entfällt eine Leistung des Vers in bezug auf die Schadenposition „entgangener Geschäftsgewinn". Der Johannsen/Johannsen

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Anm. Κ 19

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

Ver ist aber dessen ungeachtet zum Ersatz der weiterlaufenden Kosten verpflichtet (vgl. dazu Κ 37). Im übrigen kann aber nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß dann, wenn in dem Jahr vor dem Eintritt der Unterbrechung kein Gewinn oder Verlust erzielt worden war, ein solches Ergebnis auch in der Unterbrechungszeit eingetreten wäre. Vielmehr sind nach § 6 Nr. 4 F B U B bei der Feststellung des Unterbrechungsschadens alle Umstände zu berücksichtigen, die den Gang und das Ergebnis des Betriebs während des Bewertungszeitraums günstig oder ungünstig beeinflußt haben würden, wenn die Unterbrechung nicht eingetreten wäre. Zu beachten ist dabei ζ. B., daß bei N e u g r ü n d u n g e n in einer A n l a u f p h a s e im Regelfall mit Verlust gearbeitet wird. Es ist ζ. B. denkbar, daß ein Arbeitsplan des Inhalts bestand, daß im ersten Geschäftsjahr mit einem Verlust von 3 0 % , im zweiten mit einem solchen 15 % und im dritten Jahr mit einem ausgeglichenen Ergebnis gearbeitet werden sollte und daß erst für das vierte Geschäftsjahr ein Gewinn von 1 5 % angestrebt worden ist. Sind diese Ziele in den ersten drei Jahren erreicht worden und tritt ein Unterbrechungsschaden im vierten Jahr ein, so spricht vieles dafür, daß dieses Planungsziel auch der Regulierungsentscheidung zugrunde gelegt werden darf. Das gilt aber gewiß dann nicht, wenn für das erste Halbjahr des vierten Geschäftsjahres entgegen der Planung eine deutlich negative Tendenz zu konstatieren ist. Hat aber ζ. B. der Vmer in den letzten drei Jahren vor Eintritt der Unterbrechung immer mit Gewinn gearbeitet und dieser Gewinn sich von Jahr zu Jahr jeweils um 10 % gesteigert, dann ist eine solche Entwicklung in aller Regel auch bei der Schadenschätzung zu berücksichtigen. Etwas anderes würde aber dann gelten, wenn festgestellt wird, daß durch besondere Tatumstände eine ganze Branche, die immer mit Gewinn gearbeitet hatte, in der Unterbrechungszeit samt und sonders keinen Gewinn erzielt hat. Maßgebende Hinweise für die Ermittlung eines Unterbrechungsschadens sind § 13 F B U B zu entnehmen. Die Bestimmung geht davon aus, daß gemäß § 12 F B U B zwischen den Parteien des Vsvertrages die Durchführung eines S a c h v e r s t ä n d i g e n v e r f a h r e n s vereinbart worden ist. Das ist - jedenfalls bei Großschäden - der Regelfall in der Regulierungspraxis (generell zum Sachverständigenverfahren vgl. im übrigen Η 2 1 8 - 2 3 9 m . w . N . ) . Nach § 13 Nr. 1 F B U B müssen die Feststellungen der Sachverständigen (vorbehaltlich einer abweichenden Einigung der Parteien des Vsvertrages) insbesondere folgendes ergeben: a) Gewinn- und Verlustrechnungen für das laufende Geschäftsjahr bis zum Beginn der Betriebsunterbrechung und für das vorausgegangene Geschäftsjahr, b) eine Gewinn- und Verlustrechnung, aus der sich ergibt, wie sich das Geschäft während des Bewertungszeitraumes ohne Unterbrechung des Betriebes gestaltet hätte, c) eine Gewinn- und Verlustrechnung, aus der sich ergibt, wie sich das Geschäft während des Bewertungszeitraums infolge der Unterbrechung gestaltet hat, d) ob und in welcher Weise Umstände, welche die Entschädigungspflicht des Vers beeinflussen, bei der Feststellung des Unterbrechungsschadens berücksichtigt worden sind. Diese Grundregeln sind von den Sachverständigen im Normalfall stets zu beachten. Dabei ist für die gemäß § 13 Nr. l a ) und c) F B U B zu erstellenden Gewinnund Verlustrechnungen im Regelfall kein Schätzungsermessen der Sachverständigen gegeben. Vielmehr sind hier die buchhalterisch gesicherten Positionen in überkommener handelsrechtlicher Weise zu verwerten. Hingegen liegt der Gewinn- und Verlustrechnung gemäß § 13 Nr. l b ) F B U B immer ein Schätzungsmoment zugrunde, weshalb es hier leicht zu Differenzen kommen kann. Eine bessere Schätzungslage ergibt 950

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 19

V. Entgangener Geschäftsgewinn

sich häufig, wenn zum Vergleich auch die Ergebnisse mehrerer Vorjahre berücksichtigt werden können. Deshalb ist dem Vmer in § 10 Nr. 2 b) F B U B nicht nur eine umfassende Auskunftspflicht auferlegt. Vielmehr trifft ihn auch die Obliegenheit, auf Verlangen des Vers diesem, dessen Beauftragten und den Sachverständigen die Geschäftsbücher, Inventuren und Bilanzen sowie Hilfsbücher, Rechnungen und Belege über den Geschäftsgang während des laufenden Geschäftsjahres und der drei Vorjahre zur Verfügung zu stellen. Für noch weiter in der Vergangenheit zurückliegende Jahre ist eine solche Obliegenheit des Vmers nicht gegeben. Legt er aber nicht nur für die drei letzten Jahre vor Eintritt der Betriebsunterbrechung solche Unterlagen vor, sondern für insgesamt sechs Jahre und ergibt sich daraus kontinuierlich eine über dem Branchendurchschnitt liegende Umsatz- und Gewinnsteigerung, so kann es einen Abschätzungsfehler darstellen, wenn die Sachverständigen ohne nähere tatsächliche Anhaltspunkte für den Unterbrechungsschaden eine geringere Zuwachsrate oder gar nur den Branchendurchschnitt zugrunde legen. Mit einem Abschätzungsproblem befaßt sich O L G Schleswig 16. V I . 1987 VersR 1987 S. 1001-1002. Es ging um den Ausgleich eines Unterbrechungsschadens für eine durch einen Brand zerstörte Fischbratanlage. Die Gutachten hatten den Unterbrechungsschaden auf D M 485 5 6 0 , - geschätzt. Bei ihrer Schätzung waren sie davon ausgegangen, daß die durchschnittliche Zuwachsquote in der fischverarbeitenden Industrie bei 1 , 8 4 % und bei der Vmerin vor dem Schadeneintritt bei 1 7 , 6 % lag. Daraus hatten sie eine Abschätzung vorgenommen, die zwischen diesen beiden Zuwachsquoten lag. Von der Vmerin war das beanstandet worden und zwar auch der Vergleich mit den Erträgnissen einer Firma F. Das letztere ließ das Gericht deshalb nicht gelten, weil die Vmerin in den Verhandlungen mit den Sachverständigen einen solchen Vergleich mit den Zuwachsraten dieser Firma angeregt hatte. Die von den Sachverständigen ermittelte Abschätzung konnte von der Vmerin nicht widerlegt werden. Das Gericht hob dabei in den Urteilsgründen hervor, daß die Einschätzung der Sachverständigen übereinstimme mit der Umsatzentwicklung nach dem Brand. Dazu ist allerdings zu bedenken, daß eine schlechtere Umsatzentwicklung nach einer solchen Betriebsunterbrechung nicht selten eine Folge dieser Unterbrechung sein kann, weil ζ. B. Stammkunden zu anderen Unternehmen übergewechselt sind. Einen schwierigen Abgrenzungsfall betraf B G H 2 1 . 1 . 1 9 7 6 N W 1976 S. 1316-1317 = VersR 1976 S. 379-381. Es ging darum, daß gemäß dem Vortrag des Vmers, seine Kunden nach einer kurzfristigen Betriebsstörung aufgrund einer unrichtigen Presseberichterstattung irrig annahmen, daß Auslieferungsstörungen in einer mitvten Betriebsabteilung bestünden und deshalb von Bestellungen abgesehen hätten. Der B G H bejahte zwar entgegen dem Berufungsgericht grundsätzlich die Ersatzpflicht des Vers auch für solche Schäden (vgl. Κ 18). Er sah aber nicht genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzungsmöglichkeit und beließ es deshalb bei der Klagabweisung. Das Gericht wäre aber möglicherweise zu einer anderen Entscheidung gekommen, wenn der Vortrag vom Vmer näher substantiiert worden wäre. Insbesondere beanstandete der B G H , daß keine Aufstellung über die Bestellungen Zumindestens nach einigen Artikelgruppen für eine gewisse Zeit vor und nach dem Brand vorgelegt wurde; ferner daß keine die gleiche Zeit umfassende Übersicht über die Entwicklung der Bestellungen in geographischer Sicht erfolgt sei, wenigstens bezogen auf das Gebiet, in dem die dem Vmer zugänglichen unzutreffenden Zeitungsberichte erschienen waren. Die Schätzungen der Sachverständigen bezüglich des entgangenen Gewinns beziehen sich nur auf die Frage, in welchem Umfang durch die Betriebsunterbrechung w ä h r e n d d e r H a f t z e i t ein solcher Gewinn entgangen ist. Verfehlt ist es daher, wenn die Sachverständigen ihr Gutachten schon vor dem Ende der BetriebsunterJohannsen/Johannsen

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Anm. Κ 21

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

brechung erstatten, indem sie die Schätzung des Bausachverständigen über die Wiederaufbauzeit zur zeitlichen Grundlage ihrer Abschätzung machen (so im Fall O L G Oldenburg 15. VI. 1994 VersR 1994 S. 1464). Zu Recht hat das Gericht deshalb einen derartigen Spruch der Gutachter als nicht verbindlich im Sinne des § 64 I eingeordnet (vgl. dazu auch Η 238). Etwas anderes würde dann gelten, wenn die Parteien des Vsvertrages eine derartige Abschätzung im gegenseitigen Einvernehmen zur beschleunigten und abschließenden Erledigung vereinbart hätten und die Sachverständigen durch eine solche verbindliche Weisung zu einem derartigen Verfahren autorisiert worden wären.

[K 20] 3. Teilschäden Schwierige Abgrenzungsprobleme tatsächlicher Art können sich dann ergeben, wenn die gewerbliche Tätigkeit eines Vmers durch einen Brand nur teilweise unterbrochen worden ist. Gedacht sei ζ. B. daran, daß in dem vten Unternehmen mehrere Produkte hergestellt werden, der Brand aber nur einen Teil dieser Produkte betrifft. Dann muß ermittelt werden, welcher Gewinn aus dem unterbrochenen Betriebsteil erzielt worden wäre und welcher Teil der weiter laufenden Kosten auf den unterbrochenen Betrieb entfällt. Für die Arbeitnehmer des Vmers ist dann z . B . zu klären, ob sie vor dem Eintritt des Schadenfalles allein oder überwiegend für den einen oder anderen Betriebsteil tätig waren. Sehr häufig wird es so sein, daß die kaufmännische Abteilung für alle Betriebbereiche tätig war. Hingegen kann es durchaus so liegen, daß die gewerblichen Arbeitnehmer abwechselnd in dem einen oder anderen Betriebsteil tätig waren. Entsprechendes gilt für die technische Oberleitung. Die Aufklärung dieser für die H ö h e der Entschädigungsleistung des Vers maßgeblichen Tatumstände wird häufig nicht einfach sein. Letzten Endes muß hier in Zweifelsfällen durch die Sachverständigen anhand der schriftlichen Unterlagen des Vmers und der glaubhaften Informationen durch den Vmer und seine Hilfskräfte eine angemessene Abschätzung vorgenommen werden (vgl. dazu Harth S. 271-280). Entsprechendes gilt, wenn in einem Unternehmen mehrere Geschäftszweige betrieben werden, die Betriebsunterbrechungsv aber nur für einen dieser Geschäftszweige abgeschlossen worden ist (vgl. B G H 30. X . 1985 VersR 1986 S. 1 2 9 - 1 3 0 und dazu Κ 18).

[Κ 21] 4. Bagatellschäden (§ 3 Nr. 4 FBUB) I n § 3 N r . 4 F B U B heißt es, daß der Ver für n i c h t e r h e b l i c h e U n t e r b r e c h u n g e n nicht haftet, deren Folgen sich im Betrieb o h n e w e s e n t l i c h e A u f w e n d u n g e n wieder e i n h o l e n lassen. Das ist eine Regelung, die sich durch eine b e m e r k e n s w e r t e U n b e s t i m m t h e i t auszeichnet. Wenn sie nicht durch eine vertragliche Zusatzklausel präzisiert wird, kann man in vielen Fällen darüber streiten, was als eine n i c h t e r h e b l i c h e U n t e r b r e c h u n g zu qualifizieren ist und was als eine w e s e n t l i c h e A u f w e n d u n g . Eine genaue Definition des Begriffs der unerheblichen Unterbrechungen wäre wünschenswert. Immerhin gibt der Hinweis darauf, daß es sich um solche Schäden handelt, die sich im Betrieb o h n e w e s e n t l i c h e A u f w e n d u n g e n wieder einholen lassen, eine Auslegungshilfe. Danach handelt es sich im Prinzip um solche Schäden, die ein verständiger Vmer wegen Geringfügigkeit ohnedies nicht melden würde, weil sich ein Schriftwechsel darüber aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht lohnt. Gedacht sei z . B . an den Fall, daß in einer Abteilung einer Fabrik wegen eines kurz aufflackernden Brandes die Arbeit für drei Stunden bis zum Feierabend unterbrochen wird. Es leuchtet ein, daß in einem solchen Fall die ausgefallene Arbeits952

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Antn. Κ 22

V. Entgangener Geschäftsgewinn

leistung in den nächsten beiden Tagen durch Überstunden (oder gar nur rascheres Arbeitstempo) aufgeholt werden kann. Anders liegt es schon, wenn ein großes Unternehmen im ganzen für einen vollen Arbeitstag lahmgelegt wird. Hier können Schäden im erheblichem Ausmaße entstehen, die bei Uberstunden durch eine Belegschaft von ζ. B. 25 000 Personen gewiß nicht als unerheblich einzuordnen sind. D a r l e g u n g s - und b e w e i s p f l i c h t i g dafür, daß eine Unterbrechung unerheblich war und sich die Folgen ohne wesentliche Aufwendungen wieder einholen lassen, ist der V e r . Indessen handelt es sich in der Regel nicht um eine Abgrenzung nach Beweislastgrundsätzen sondern um eine B e w e r t u n g s f r a g e . Die Situation ähnelt der in Bezug auf den Ausschluß e r h e b l i c h e r V e r g r ö ß e r u n g e n des Unterbrechungsschadens durch die in § 2 Nr. 2 a)-c) F B U B aufgeführten Tatbestände (vgl. dazu Κ 26). Liegt die K l a u s e l 8 1 0 1 dem Vsvertrag zugrunde, so vereinfacht sich die Abgrenzung. Nach dieser Klausel wird für Unterbrechungen des Betriebes von weniger als 48 Stunden keine Entschädigung geleistet. Ist das vereinbart, so ist § 3 Nr. 4 F B U B abgedungen, auch wenn das bei der Vertragsausgestaltung nicht ausdrücklich dokumentiert ist. Demgemäß kann sich der Ver nicht mit Erfolg darauf berufen, daß trotz einer Unterbrechung von 72 Stunden ein Schaden vorliege, der als unerheblich zu qualifizieren sei, weil er ohne wesentliche Aufwendungen wieder aufgeholt werden könne. [K 22] 5. Betriebseinstellung Im Schadenfall kann sich ergeben, daß der Vmer sich dazu entschließt, seinen Geschäftsbetrieb ganz einzustellen. Ein solcher Entschluß kann schon vor Eintritt des Brandes, der zu einer Betriebsunterbrechung geführt hat, getroffen worden sein oder danach. Wegen der sich daraus ergebenden Komplikationen in bezug auf die Leistungspflicht des Vers werden diese beiden Fälle nachstehend gesondert behandelt. a) Vor Eintritt des Versicherungsfalls gefaßter Entschluß zur Betriebseinstellung Daß der Vmer schon vor Eintritt der Betriebsunterbrechung den Entschluß gefaßt hatte, den Geschäftsbetrieb einzustellen, wird er dem Ver nicht selten schon bei der Meldung des Schadens mitteilen. Es läßt sich das im Regelfall aber auch aus den Geschäftsunterlagen, soweit sie nicht verbrannt sind, unschwer feststellen. Wichtiges Indiz kann dabei sein, daß alle Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer des Betriebes zu einem Zeitpunkt nach Eintritt der Betriebsunterbrechung durch Aufhebungsverträge oder wirksame Kündigungen beendet worden waren. Soweit die Kündigungen nicht akzeptiert worden sind, ändert das im Prinzip nichts daran, daß bei der Schadenregulierung im Regelfall von einem festen Entschluß zur Betriebseinstellung zu dem vom Vmer aufgeführten Beendigungstermin ausgegangen werden darf. Das gilt insbesondere dann, wenn sich aus den Unterlagen des Vmers zu etwaigen Kündigungsschutzprozessen ergibt, daß von Seiten des Vmers an der beabsichtigten Einstellung des Betriebes ungeachtet dessen festgehalten wird, daß er unter Umständen über den von ihm genannten Beendigungszeitpunkt hinaus Gehalts- oder Lohnansprüche zu erfüllen hat. Ein weiteres wichtiges Indiz ist in diesem Zusammenhang, daß der Vmer, dessen Betrieb in gemieteten oder gepachteten Räumen arbeitet, den entsprechenden Vertrag ebenfalls schon aufgekündigt hat, ohne daß andere Räume angemietet worden wären. Steht somit fest, daß der Betrieb auch ohne die Betriebsunterbrechung aufgrund eines unabhängig von diesem schon zuvor gefaßten Entschlusses zu einem bestimmten Zeitpunkt eingestellt worden wäre, so braucht der Ver auch nur bis zu diesem Zeitpunkt den entgangenen Gewinn und die weiter laufenden Kosten zu tragen ( B G H Johannsen/Johannsen

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Anm. Κ 22

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

13.VI.2001 VersR 2001 S. 1021 = NVersZ 2001 S. 520; ebenso Boldt VW 1981 S. 693, Engels VersPrax 1980 S. 146, Heyen 2 S. 27, Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 4 zu § 6 F B U B , Schneider S. 136, Trautmann ZfV 1986 S. 49). Waren bis zu diesem Zeitpunkt keine Gewinne entstanden, so muß der Ver immerhin die laufenden Kosten ersetzen, soweit sie voraussichtlich bis zum Ende der geplanten Betriebseinstellung erwirtschaftet worden wären. Wirtschaftliche Vorteile, die sich für den Vmer aus dem Brand bei der Betriebsabwicklung ergeben, sind grundsätzlich zugunsten des Vers zu berücksichtigen (so Engels VersPrax 1980 S. 146, Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 4 zu § 6 F B U B , Schneider S. 136, Trautmann ZfV 1986 S. 49-50). Schneider S. 137 bemerkt zur Entschädigungsberechnung in derartigen Fällen, daß der Vmer dann, wenn er durch die eingetretene Betriebsunterbrechung Kosten erspare, die ihm sonst im Rahmen der schon vor dem Schadenfall beschlossenen Betriebseinstellung entstanden wären, diese Ersparnis sich auf die Leistung des Vers auch dann anrechnen lassen müsse, wenn sie sich nach Ablauf des Bewertungszeitraums als Folge der Unterbrechung innerhalb der Haftzeit ergebe. Dieses Ergebnis leitet Schneider aus § 6 Nr. 5 F B U B ab. Dagegen spricht jedoch die allseits - auch von Schneider - vertretene Auffassung, daß ab dem Stichtag der geplanten und durchgeführten Betriebsunterbrechung die Leistungen des Vers entfallen. Für einen solchen Sonderfall ist die Bestimmung des § 6 Nr. 5 F B U B , die ohnedies einschränkend auszulegen ist (vgl. dazu Κ 25), nicht gedacht. Im übrigen dürfte ein solcher Fall ersparter Kosten in dieser besonderen Situation selten vorkommen. Immerhin ist es denkbar, daß der Vmer den Verlauf der Betriebseinstellung so geplant und teilweise auch schon durchgeführt hatte, daß alle betrieblichen Aktivitäten, insbesondere auch zu diesem Zeitpunkt alle Arbeitsverhältnisse durch Aufhebungsverträge oder Kündigungen schon beendet waren, daß aber noch keine Einigung mit dem Vermieter über die Beendigung des langfristigen Mietverhältnisses erzielt werden konnte. Hat der Vermieter in diesem Fall den Eintritt des Brandes verschuldet und ist dadurch eine Benutzung der Mieträume nicht mehr möglich, so entfällt damit im Regelfall die Verpflichtung des Vmers zur Mietzahlung (vgl. dazu auch Κ 25). Der Ver zieht daraus dann den Vorteil, daß er bis zum Tage der geplanten Betriebseinstellung keine Kosten für Mietzahlungen zu ersetzen hat. Fraglich ist, ob ein Vmer, der vor Eintritt eines Vsfalles beabsichtigt hatte, seinen Betrieb einzustellen, daran festgehalten werden kann, wenn er sich nach Eintritt des Vsfalles anders entschließt und den Betrieb fortführt. Selbst wenn der Vmer alle Verträge mit den Arbeitnehmern, mit dem Vermieter und sonstigen Vertragspartnern zu einem nach Eintritt der Betriebsunterbrechung liegenden Zeitpunkt aufgelöst hat, kann es für den Vmer plausible Gründe geben, seinen Entschluß zu ändern. Hat der Vmer schon vor Eintritt der Betriebsunterbrechung nachweisbar Schritte unternommen, seinen Entschluß zur Betriebseinstellung zu revidieren, so ist das bei der Regulierung zu respektieren, wenn der Betrieb tatsächlich weitergeführt wird. Die Leistungspflicht des Vers ist dem Grunde nach zu bejahen. Indessen wird der Ver häufig nur sehr geringe Leistungen zu erbringen haben. Es ist dann kritisch zu untersuchen, ab wann bei der vorgesehenen Weiterführung des Betriebes ein Teil der Kosten erwirtschaftet oder gar Gewinne erzielt worden wären. Es fragt sich, ob der Fall anders zu beurteilen ist, in dem der Ver erst im Anschluß an die Betriebsunterbrechung seinen Entschluß zur Betriebseinstellung aufgibt. Ein Grund für einen solchen Entschluß könnte der sein, daß der Vmer mit veralteten Produktionsmaschinen arbeitete, nach dem Brand aber aufgrund der Zahlung aus der Neuwertv neue Produktionsmaschinen erwirbt, mit denen er sich eine weitaus bessere Rentabilität verspricht. So lange es zwischen den Parteien des Vsvertrages nicht zu einer bindenden Absprache über eine abschließende Feststellung der Leistungspflicht des Vers gekommen ist, muß auch hier von einer Ersatzpflicht des Vers im Rahmen der Betriebsunterbrechung und des Bewertungs954

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 23

V. Entgangener Geschäftsgewinn

Zeitraums bis zum Ende der Haftzeit ausgegangen werden. Es ist aber einleuchtend, daß die Anschaffung der besseren neuen Maschinen im Prinzip die Ersatzpflicht des Vers nicht vergrößern darf. Es ist demgemäß im Rahmen der zeitlichen Vorgaben des Vsvertrages so abzurechnen, als wenn der Betrieb mit den alten Maschinen ohne Eintritt eines Schadenfalles fortgeführt worden wäre. Das bedeutet, daß nur der minimale Gewinn zu ersetzen ist, der mit diesen Maschinen erzielt worden wäre, und daneben die weiter laufenden Kosten. Wäre kein Gewinn erzielt worden, so sind die Kosten anteilig nur in dem Umfang zu ersetzen, in dem sie ohne den Eintritt des Vsfalles erwirtschaftet worden wären. Die Leistungspflicht des Vers endet aber spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem die minimale alte Gewinnquote wieder erreicht wurde oder der ohne den Eintritt des Vsfalles unter normalen Umständen erwirtschaftete Kostenanteil. Erwirtschaftet der Vmer mit den neuen Maschinen wirtschaftliche Vorteile, die sich nach Ablauf des Bewertungszeitraums als Folge der Unterbrechung innerhalb der Haftzeit ergeben, so sind diese im übrigen entgegen § 6 Nr. 5 FBUB nicht zu berücksichtigen, soweit sie nicht auf einer zusätzlichen Leistung des Vers beruhen, die über den Umfang der Eintrittspflicht des Vers im Sinne des § 6 Nr. 1 FBUB hinausgehen (streitig, vgl. dazu Κ 25). [Κ 23] b) Nach Eintritt des Versicherungsfalls gefaßter Entschluß zur Betriebseinstellung Auch für den Fall, daß der Vmer den Entschluß zur Betriebseinstellung erst n a c h Eintritt des Vsfalles faßt, ist in den FBUB eine ausdrückliche Regelung bezüglich der zeitlichen Grenzen der Leistungspflicht des Vers nicht getroffen. Im Schrifttum werden drei Lösungsvorschläge unterbreitet. Die für den Ver günstigste ist die, daß der Vmer Leistungen nur bis zu dem Zeitpunkt zu beanspruchen habe, in dem er den E n t s c h l u ß zur B e t r i e b s e i n s t e l l u n g gefaßt habe (so Heyen S. 27, Trautmann ZfV 1986 S. 50). Dagegen stellt Engels VersPrax 1980 S. 146-147 auf den Zeitpunkt der Betriebseinstellung ab (ebenso Schneider S. 139-141), während Kollhosser in PrölssMartin 2 6 R N 5 - 6 zu § 6 FBUB zwischen einer Betriebseinstellung aus einem der in § 2 Nr. 2 FBUB aufgeführten Gründe und einer solchen aus sonstigen Gründen unterscheidet (offen gelassen von BGH 13. VI. 2001 VersR 2001 S. 1021 = NVersZ 2001 S. 520). Im Fall der ersten Variante (insbesondere ζ. B. für den Fall einer Einstellung aus Kapitalmangel oder wegen vermögensschädlicher behördlicher Wiederaufbauoder Betriebsbeschränkungen) ist gemäß den Ausführungen von Kollhosser R N 5 der bis zur h y p o t h e t i s c h e n W i e d e r a u f n a h m e d e s B e t r i e b e s e n t s t e h e n d e S c h a d e n zu ersetzen. Hingegen verneint Kollhosser a.a.O. für die zweite Fallgruppe (Beispiel: Kündigung des Pachtvertrages durch den Verpächter aus Anlaß des Brandes) für die Zeit ab Ende des Pachtvertrages oder des Eintritts des sonstigen Stilllegungsgrundes das Vorliegen eines entschädigungspflichtigen Unterbrechungsschadens. Angesichts einer fehlenden Problemlösung im Bedingungswerk ist es sachgerecht, nach Treu und Glauben abzugrenzen, welche Regelung für einen solchen Sonderfall wohl getroffen worden wäre, wenn die Parteien sich eine solche Problematik bei Abschluß des Vsvertrages vorgestellt hätten. Eine solche Überlegung läuft darauf hinaus, daß von keinem der Vertragspartner ein unangemessener Vorteil erlangt werden darf. Das bedeutet, daß der Ver den für die Unterbrechungszeit entgangenen Gewinn innerhalb der zeitlichen Haftungsgrenzen des Vertrages so zu ersetzen hat, als wäre es zu einer Fortsetzung des Betriebes gekommen. Die Berechnung wird für die Sachverständigen allerdings dadurch erschwert, daß die Wiederaufnahme des Betriebes als fiktives Ereignis zu unterstellen ist. Das ist aber eine Situation, in der sich ein Richter ebenso wie bei einer Schadenschätzung im Rahmen eines deliktischen Ersatzanspruchs Johannsen/Johannsen

955

Anm. Κ 24

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

bei einem Feuerschaden befinden kann, der zu einer Betriebsunterbrechung geführt hat. Zwar setzen die Bedingungen als Berechnungsschema grundsätzlich voraus, daß der Betrieb wieder in Gang gesetzt wird. Es ist aber nicht einzusehen, warum der Ver den entgangenen Gewinn nicht so zu ersetzen hat, als wenn der Vmer alle erforderlichen Maßnahmen zum Wiederingangsetzen des Betriebes getroffen hätte. Schließlich ist der Schaden insoweit durch den Brand und die darauf beruhende Unterbrechung zurückzuführen. Es versteht sich, daß in solchen Fällen besonders sorgsam zu untersuchen ist, inwieweit der trotz der Stilllegung des Betriebes anfallende restliche Weiteraufwand für Kosten gemäß § 6 Nr. 2 F B U B rechtlich notwendig oder wirtschaftlich begründet ist. Die letztgenannte Alternative wird in derartigen Fällen selten eingreifen. Denn sie setzt im Kern voraus, daß der Ver und der Vmer sich auf eine wirtschaftliche Maßnahme zur schnelleren Wiederaufnahme der Betriebstätigkeit verständigen. Stellen die Sachverständigen fest, daß in der hypothetisch zu beurteilenden Fortführungszeit kein Gewinn erzielt worden wäre, so stellt sich die zusätzliche Frage, in welchem Umfang Kosten erwirtschaftet worden wären (vgl. auch Κ 31). [Κ 24] 6. Doppelversicherungsproblematik sicherer

im Verhältnis zum

Feuersachver-

Ist zu einer Feuersachv gemäß § 5 Nr. 3a) und b) A F B 87 (oder § 3 I I b ) und c) A F B 30) für verbrannte Waren nur der W i e d e r h e r s t e l l u n g s - oder W i e d e r b e s c h a f f u n g s w e r t vert, so unterfällt der dem Vmer dann vom Sachver nicht zu ersetzende V e r ä u ß e r u n g s g e w i n n als Berechnungsposition gemäß § 6 Nr. 1 F B U B der Leistungspflicht des Betriebsunterbrechungsvers ( B G H 30. X . 1985 VersR 1986 S. 129-130). Wörtlich wird dazu vom B G H a.a.O. u. a. folgendes ausgeführt: „ Versicherter Betriebsunterbrechungsschaden ist gem. den §§ 3 Abs. 1, 4 FBUB a.F. (VerBAV 55, 154) der entgehende Betriebsgewinn (= Gewinn aus dem Absatz der hergestellten Erzeugnisse und der gehandelten Waren sowie der Gewinn aus Dienstleistungen) und der Aufwand an fortlaufenden Kosten. Darunter fällt nicht der Schaden, der aus einem Verderb von Waren und Produktionsmitteln im Gefolge einer Betriebsunterbrechung entsteht. Solche Schäden sind zwar durch die Betriebsunterbrechung verursacht. Sie fallen aber, sofern sie unvermeidlich waren, unter die Ersatzpflicht des Feuerversicherers, weil ein Sachschaden entsteht, der die unvermeidliche Folge des Feuers ist (§ 1 Abs. 3 b AFB; vgl. Magnussen Rechtsfragen zur Betriebsunterbrechungs-Versicherung S. 85, 87; Fußhoeller-John, Feuer-BetriebsunterbrechungsVersicherung § 1 Anm. 4; Wussow, Feuerversicherung 2. Aufl. AFB § 1 Anm. 33). Deshalb sind bei den Enten, von denen der Sachverständige Β angenommen hat, daß sie vorzeitig verendet seien, zwar die Beträge für den nicht mehr aus einem Verkauf von bratfertigen Enten zu erwirtschaftenden Gewinn und die anteiligen fortlaufenden Betriebskosten in Ansatz zu bringen, nicht aber auch der - nutzlos aufgewendete - Einkaufspreis für diese schlachtreifen Enten. Ferner ist neben der Erlöseinbuße bei den vom Sachverständigen als anderweitig verwertet angesetzten Enten nicht zusätzlich ein Gewinnentgang für den unmöglich gewordenen Verkauf dieser Tiere als bratfertige Enten zu berücksichtigen. " Angesichts dessen, daß die Leistungspflicht des Betriebsunterbrechungsvers unabhängig vom Bestehen einer Feuersachv ist (vgl. dazu Κ 6), gilt das auch dann, wenn der Vmer überhaupt keine Feuersachv abgeschlossen hat oder aber der Feuersachver leistungsfrei ist (ζ. B. gemäß § 39 wegen Nichtzahlung einer Folgeprämie). Es erstreckt sich also die Leistungspflicht des Betriebsunterbrechungsvers in keinem Fall auf die 956

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 24

V. Entgangener Geschäftsgewinn

Wiederherstellungs- oder Wiederbeschaffungskosten. Das wird verdeutlicht durch § 4 Nr. 2a) F B U B . Denn nach dieser Bestimmung sind derartige Aufwendungen grundsätzlich nicht vert (vgl. dazu Κ 32). Zu bedenken ist umgekehrt der Fall, daß nämlich in der Feuersachv abweichend von § 5 Nr. 3a) und b) A F B 87 der d r o h e n d e G e w i n n v e r l u s t durch Vereinbarung sogenannter V e r k a u f s p r e i s k l a u s e l n , z . B . gemäß Klauseln 1501 und 1502 (vgl. dazu Η 155-156), in den Vsschutz einbezogen ist. Es fragt sich, ob eine solche Ausgestaltung des Vsschutzes in der Feuersachv zur Folge hat, daß im Umfang des durch die Klauseln 1501 und 1502 erweiterten Vsschutzes die Leistungspflicht des Betriebsunterbrechungsvers entfällt oder aber eine p a r t i e l l e D o p p e l v vorliegt. An einer ausdrücklichen Regelung des Problems fehlt es in den F B U B . Deshalb liegt es nahe, das Vorliegen einer p a r t i e l l e n Doppelv in denjenigen Fällen zu bejahen, in denen die Waren zum Zeitpunkt des Verbrennens noch nicht verkauft waren (so M ö l l e r Bd II Anm. 16 zu § 58 m.w. N . und Sieg Β 6 a. E., ferner C i l m.w. Ν., bejahend auch Fellmer ZfV 1967 S. 120, Fußhoeller-John Anm. 3 zu § 4, Harth Schadenfeststellung S. 2 5 1 - 2 6 3 , Hax 2 S. 126-127, Karlson V W 1966 S. 1069, Prölss-Martin 2 3 Anm. 4 zu § 58, Zimmermann 2 S. 36; dagegen Boldt 7 S. 5 5 , 1 7 8 - 1 7 9 , Birck S. 125, Gallmeister ZfV 1975 S. 554, Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 8 zu § 58, Magnusson S. 87-88, Martin 3 V II 2 0 - 2 3 , Sartori V W 1966 S. 1021 und S. 1266; ferner Schneider S. 166-169 m . w . N . in Anm. 589). Vom Vorliegen einer Doppelv ist auch der frühere Verband der Sachver in einem Rundschreiben vom 9. II. 1967 ausgegangen mit einer im Rechtssinne schon damals für die beteiligten Ver in keiner Weise verbindlichen Empfehlung, daß im Verhältnis der Ver zueinander als erster der Feuerver hafte. Der einer unkomplizierten Betrachtung der Bedingungswerke entsprechenden Auffassung, daß die Leistungspflicht des Betriebsunterbrechungsvers auch bei Vereinbarung von Verkaufspreisklauseln in bezug auf die Gewinndifferenz besteht, wird von Kollhosser a.a.O. mit zwei Überlegungen entgegengetreten. Das erste Argument ist dieses, daß die Entschädigungspflicht des Feuersachvers schon mit dem Brand erwirtschaftet sei, bevor der Ertragsausfall gemäß den F B U B entstehe (ebenso Martin 3 V II 21, Zimmermann S. 168-169). Dieser Auffassung ist auch Möller a.a.O. in den Fällen, in denen gemäß der Verkaufspreisklausel zu entschädigende Ware zum Zeitpunkt des Brandes bereits fest verkauft ist. Indessen ist zu bedenken, daß der Käufer diese Ware wegen des nicht erfolgten Gefahrübergangs nicht zu bezahlen braucht. Demgemäß ist die Verlustsituation des Vmers aus seiner Sicht die gleiche wie bei den nicht verkauften Waren. Daraus folgt, daß entgegen den gewiß begrifflich möglichen formalen Unterscheidungen eine einheitliche Betrachtung aus der Interessenlage geboten ist. An den Überlegungen von Kollhosser a.a.O. ist richtig, daß die Leistungspflicht des Betriebsunterbrechungsvers erst mit der Unterbrechung des Betriebes entsteht. Indessen tritt diese bei dem Verbrennen des gesamten Warenbestandes eines Unternehmens zumeist sofort ein. Demgemäß kann in Großbrandfällen in der Regel ohne weiteres von einer Zeitgleichheit der Entstehung der Eintrittspflicht der beiden Ver ausgegangen werden. Das zweite von Kollhosser angeführte Argument ist dieses, daß die Gegenmeinung übersehe, daß die Doppelv sich aus ihrer Sicht nicht auf den Überschneidungsbereich (Verkaufspreisspanne) beschränke, sondern auch für die Wiederbeschaffungskosten (Grundschaden nach den F B U B ) der verbrannten Waren, vielleicht sogar auch für den gesamten restlichen Unterbrechungsschaden anzunehmen wäre. Das trifft jedoch nicht zu. Eine Doppelv kommt vielmehr nur hinsichtlich der Leistungspflicht des Feuersachvers in bezug auf die Differenz zwischen dem Einkaufs- und dem Verkaufspreis und hinsichtlich des Betriebsunterbrechungsvers in bezug auf den gemäß § 6 Nr. 1 F B U B mitvten Betriebsgewinn in Betracht, soweit er sich auf die auch vom Feuersachver zu ersetzende Differenz zwischen Einkaufs- und Johannsen/Johannsen

957

Anm. Κ 24

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

Verkaufspreis bezieht. Denn nur insoweit überschneiden sich die Eintrittsverpflichtungen der beiden Ver. Dabei ist zu bedenken, daß der Ersatz des entgangenen Gewinns gemäß § 6 Nr. 1 FBUB regelmäßig nicht identisch ist mit dem Veräußerungsgewinn aus einem einzelnen Rechtsgeschäft. Vielmehr wird der entgangene Betriebsgewinn unter Berücksichtigung aller Kostenfaktoren ermittelt. Wenn daher Martin 3 V II 22, 23 in dem dort gebildeten Beispiel (Verbrennen eines Warenbestandes von DM 100000,-, der mit 5 0 % Gewinn verkauft werden konnte und weiterer Unterbrechungsschaden in Höhe von DM 70000,-) zu einer Verteilung im Verhältnis DM 25 000,- zu D M 95 000,- (bei dem von Martin tatsächlich aufgeführten Betrag von D M 75000,- dürfte es sich um einen Schreibfehler handeln) kommt, so ist das nur dann richtig, wenn der aus dem Verkaufsgeschäft zu erzielende Gewinn von 50 % auch der im maßgebenden Zeitpunkt entsprechenden Kostengesamtsituation des Vmers entspricht. Für den Vmer ist die Frage, ob eine Doppelv gegeben ist oder nicht, von besonderer Bedeutung dann, wenn eine Unterv vorliegt. Unterstellt, daß in der Feuersachv keine Unterv gegeben ist, wohl aber in den Betriebsunterbrechungsv, so ist die Leistung aus der Feuerv an den Vmer ungekürzt auszuzahlen. Besteht dagegen in der Betriebsunterbrechungsv eine Unterv, so ist die Leistung des Betriebsunterbrechungsvers im Verhältnis des Vswertes zur Vssumme zu kürzen. Eine Anrechnung der Leistung des Feuervers auf die Leistung des Betriebunterbrechungsvers findet dabei nicht statt, es sei denn, daß seine Leistung und die des Feuervers zusammen den Gesamtschaden übersteigen (vgl. § 59 I). Würde man entgegen der hier vertretenen Auffassung das Vorliegen einer Doppelv verneinen, weil der Betriebsunterbrechungsver mit Rücksicht auf die Eintrittspflicht des Feuervers bezüglich des G e w i n n a n t e i l s aus d e r Veräußerungsklausel insoweit überhaupt nicht im Risiko ist, so ist die Leistung des Feuervers auf die des Betriebsunterbrechungsvers im übrigen auch nicht anzurechnen. Wenn vom ehemaligen Sachverband in der unverbindlichen Empfehlung vom 9. II. 1967 dennoch eine solche Anrechnung angeregt wird, so kann das aus sachlogischen Gründen eigentlich nicht akzeptiert werden. Es mag das aber hingenommen werden, wenn in der Berechnung des Vsschadens durch den Betriebsunterbrechungsver der Gewinnanteil aus dem vorgesehenen Veräußerungsgeschäft nicht eingeschlossen wird. Für eine solche praktikable Lösung kann man Verständnis gewinnen, wenn man die Abgrenzungsschwierigkeiten berücksichtigt, wie sie ζ. B. von Martin 3 V II 22, 23 und Harth Schadenfeststellung S. 262-269 dargestellt worden sind. Von besonderer Bedeutung ist dabei aber, daß dann die zutreffende Berechnung dahin geht, daß der Bruttoschaden aus der Betriebsunterbrechung um den effektiven Deckungsbeitrag aus der Feuerv zu kürzen ist und daß erst danach die Verhältnisrechnung nach Untervsgrundsätzen erfolgen darf. Das sei deshalb betont, weil in der Entschädigungspraxis vielfach aufgrund der Empfehlung des früheren Sachverbandes vom 9. II. 1967 umgekehrt verfahren wird. Harth a.a.O. S. 267 gibt dazu folgende Berechnungsbeispiele: Brutto Unterbrechungsschaden Deckungsbeitrag aus der Feuerv

DM 16000,DM 500,D M 15500,-

Unterv 10% Entschädigungsbetrag

DM 1 5 5 0 DM 13950,-

Würde man dagegen der Verbandsempfehlung folgen, würde gemäß dem Beispiel von Harth wie folgt abgerechnet werden: 958

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 25

V. Entgangener Geschäftsgewinn Brutto Unterbrechungsschaden Unterv 1 0 %

D M 16000,DM 1600D M 14400,-

Leistung des Feuervers

DM

Entschädigungsbetrag

DM 13900-

500,-

Der Unterschiedsbetrag in den konkret von Harth aufgeführten Berechnungsbeispielen stellt sich allerdings nur auf D M 50,-. Es ist aber einleuchtend, daß bei höheren Schäden und einer höheren Zahlung des Feuervers aus der Verkaufspreisklausel sich empfindliche Nachteile für den Vmer ergeben. Das mag folgendes Beispiel verdeutlichen: Bruttounterbrechungsschaden Deckungsbeitrag aus der Feuerv

Euro 2 0 0 0 0 0 0 , Euro 5 0 0 0 0 0 , Euro 1 5 0 0 0 0 0 , -

Unterv 30 %

Euro

450000,-

Entschädigungsbetrag

Euro 1 0 5 0 0 0 0 , -

Hingegen würde die entgegengesetzte Berechnung zu folgendem Ergebnis kommen: Bruttounterbrechungsschaden

Euro 2 0 0 0 0 0 0 , -

Unterv 30 %

Euro

600000,-

Euro 1 4 0 0 0 0 0 , Deckungsbeitrag aus der Feuerv

Euro

500000,-

Entschädigungsbetrag

Euro

900000,-

[K25]

7. Anrechnung wirtschaftlicher Vorteile aus der Zeit nach Ablauf des Bewertungszeitraums

In § 6 Nr. 5 S. 1 F B U B heißt es, daß die V nicht zu einer B e r e i c h e r u n g führen dürfe. Das ist eine e n t b e h r l i c h e p r o g r a m m a t i s c h e A u s s a g e . Sie ist für die Bedingungsauslegung ohne Bedeutung, soweit sie nicht zu konkreten Berechnungsregelungen im Bedingungswerk führt. Der Ansatz zu einer solchen konkreten Regelung findet sich in § 6 Nr. 5 S. 2 F B U B . Danach sind wirtschaftliche Vorteile, die sich n a c h A b l a u f des B e w e r t u n g s z e i t r a u m s als Folge der Unterbrechung i n n e r h a l b d e r H a f t z e i t ergeben, in b i l l i g e r W e i s e zu berücksichtigen. Das erweckt bei erster Überlegung Bedenken. Es erscheint im ersten Moment als inkonsequent, einerseits genaue Bewertungszeiträume für die Leistungspflicht des Vers bezüglich des Ersatzes fortlaufender Kosten festzulegen, andererseits diese zeitliche Abgrenzung aber ohne präzise festgelegte Kriterien zum Vorteil des Vers zu durchbrechen. Indessen ist zu beachten, daß mit dem Ende der Unterbrechung die Leistungspflicht des Vers nicht entfällt. Vielmehr haftet der Ver bis zum E n d e d e r H a f t z e i t für die auf die Unterbrechung zurückzuführende G e w i n n m i n d e r u n g (vgl. Κ 7). Sobald die Johannsen/Johannsen

959

Anm. Κ 25

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

aus vor dem Eintritt des Vsfalles als normal zu qualifizierende Gewinnsituation wieder eingetreten ist, braucht der Ver allerdings keine Leistung mehr zu erbringen. Dabei ist für die Zeit ab Wiederaufnahme der Produktion bis zum Ende der Haftzeit eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, sodaß die vom Vmer in dieser Zeit aufgewendeten Kosten sich gewinnmindernd zu Lasten des Vers auswirken. Eine Lösung für eine sachgerechte Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Bestimmung in § 6 Nr. 5 S. 2 F B U B ist darin zu sehen, daß eine Anrechnung nur dann erfolgt, wenn das der B i l l i g k e i t entspricht. Das bedeutet, daß die Verluste aus der Anfangszeit der Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit gegengerechnet werden müssen. Darüber hinaus ist als ungeschriebene, aber unerläßliche Voraussetzung für eine solche Anrechnung von Vorteilen, die nach dem Ablauf des Bewertungszeitraums innerhalb der Haftzeit eintreten, zu verlangen, daß es sich um Vorteile handelt, die auf eine Leistungshandlung des Unterbrechungsvers zurückzuführen sind. Beruhen die Vorteile des Vmers daher darauf, daß die Leistung des Feuersachvers im Rahmen der Neuwertv deshalb zu einem Vorteil führt, weil die neuen Maschinen zu einer höheren Produktion bei niedrigeren Kosten führen, so ist hier im Verhältnis zum Unterbrechungsver keine Unbilligkeit zu erkennen, da seine Leistungen zu diesem Erfolg nichts beigetragen haben. Dieser Erfolg beruht vielmehr auf der Leistung des Feuersachvers, die als Beitrag des Vmers zur Schadenüberwindung zu bewerten ist, da er die Gegenleistung für die Zahlung des Feuervers durch Entrichtung der Prämien erbracht hat. Von S t ö p p e l S. 55 wird als Beispiel für eine Anwendung des § 6 Nr. 5 S. 2 F B U B der Fall gebracht, daß vom Vmer eine Maschine mit höherer Leistung nach Eintritt des Schadens als Ersatz angeschafft worden ist, weil eine gleiche kurzfristig nicht zu beschaffen ist. Die Mehrkosten soll der Ver als Schadenminderungskosten getragen haben. Stöppel a.a.O. schreibt dazu, daß der Vmer, da er auch nach Beendigung der Betriebsunterbrechung noch von der höheren Leistung profitiere, sich gemäß dem daraus entstehenden Nutzen an den Schadenminderungskosten gemäß § 11 Nr. 2 a) F B U B zu beteiligen habe. In § 11 Nr. 2 a) F B U B heißt es in der Tat, daß Rettungsaufwendungen nicht ersetzt werden, sowie durch sie über die Haftzeit hinaus für den Vmer Nutzen entsteht. Das ist eine durchaus einleuchtende Regelung. Indessen ist zu beachten, daß Stöppel hier nur deshalb zur Lösung des Konflikts über § 6 Nr. 5 S. 2 F B U B vorgeht, weil der Ver in seinem Beispiel entgegen § 11 Nr. 2 a) F B U B die Schadenminderungskosten vollen Umfangs übernommen hat. Wenn der Ver aber bei der Bezahlung dieser Rettungsaufwendungen keinen entsprechenden Vorbehalt im Sinne des § 6 Nr. 5 S. 2 F B U B gemacht hat, liegt die Annahme nahe, daß er eine solche Regulierungsentscheidung nicht nachträglich über § 6 Nr. 5 S. 2 F B U B revidieren darf. Als weiteres Beispiel wird von Stöppel a.a.O. S. 55 angeführt, daß sich nach der Beendigung der Betriebsunterbrechung ein Auftragsstau gebildet habe; es könnten jedoch die zunächst fehlenden Produktions- und Umsatzleistungen im Rahmen einer höheren Kapazitätsauslastung oder in Zusatzschichten ganz oder teilweise aufgeholt werden, die daraus resultierenden wirtschaftlichen Vorteile seien in billiger Weise zu berücksichtigen, zumindest soweit sie innerhalb der Haftzeit lägen. Daran ist richtig, daß Vorteile, die außerhalb der Haftzeit liegen, von § 6 Nr. 5 S. 1 F B U B nicht erfaßt werden, da sich diese Bestimmung ausdrücklich nur auf ein Geschehen innerhalb der Haftzeit bezieht. Im übrigen darf aber eine Anrechnung solcher Vorteile nicht erfolgen, die nicht auf Leistungen des Vers zurückzuführen sind.

960

Johannsen/Johannsen

V. Entgangener Geschäftsgewinn

A n m . Κ 26

8. Ausschlüsse gemäß § 3 Nr. 2 F B U B [K 26] a) Erhebliche Schadensvergrößerungen In drei Fällen werden gemäß § 3 Nr. 2 a ) - c ) F B U B e r h e b l i c h e S c h a d e n v e r g r ö ß e r u n g e n vom Vsschutz ausgenommen. Diese Fälle sind a u ß e r g e w ö h n l i c h e E r e i g n i s s e (§ 3 Nr. 2a) F B U B , dazu Κ 27), b e h ö r d l i c h a n g e o r d n e t e W i e d e r a u f b a u · und B e t r i e b s b e s c h r ä n k u n g e n (§ 3 Nr. 2 b ) F B U B , dazu Κ 2 8 - 2 9 ) und f e h l e n d e s K a p i t a l z u m W i e d e r a u f b a u (§ 3 Nr. 2 c ) F B U B , dazu Κ 30). Aus diesen Einschränkungen ist als positiv für den Vmer die Erkenntnis zu gewinnen, daß u n e r h e b l i c h e Schadenvergrößerungen aus den genannten Ursachen vom Vsschutz erfaßt werden (Magnusson S. 141). Was als erhebliche Verzögerung zu bewerten ist, wird im Bedingungstext nicht näher präzisiert. Angesichts der Vielfalt der Umstände, die ohnedies zu einer Vergrößerung des Unterbrechungsschadens in zeitlicher Beziehung führen können, lassen sich genaue Verzögerungszeiträume nicht angeben. Es läßt sich aber im Prinzip eine den Interessen beider Parteien gerecht werdende Auslegung des Inhalts vertreten, daß im Regelfall davon auszugehen ist, daß Verzögerungen, die zu einer Erhöhung des Schadens bis zu 1 0 % führen, noch nicht als erheblich zu bewerten sind. Das ist aber nur eine Faustregel. Letzten Endes müssen wie bei der Frage, ob im Sinne des § 64 I die vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen nicht verbindlich sind, weil sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen, alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden (vgl. dazu B G H 1. IV. 1987 VersR 1987 S. 601-602 = NJWR R 1987 S. 917-918; w . N . bei Römer in Römer-Langheid R N 16-19 zu § 64, ferner bei Möller Bd II Anm. 57 zu § 64; vgl. auch Η 238 m. w. Ν.). In den Entscheidungen zu § 64 I werden allerdings häufig erst höhere Abweichungen als 10 % als von der wirklichen Sachlage erheblich differierend angesehen. Das hängt damit zusammen, daß der einverständlichen Einschaltung eines Sachverständigen zwecks verbindlicher Schadenermittlung im Prinzip eine Endgültigkeit beizumessen ist. Ein solcher Maßstab ist für § 3 Nr. 2 F B U B nicht am Platze. Deshalb darf dort der Satz von 10 % als Obergrenze für eine zumutbare Mehrleistung des Vers angesehen werden, bis zu dem gerade noch keine Erheblichkeit angenommen werden darf. Keineswegs ist im übrigen eine Abgrenzung derart vorzunehmen, daß alles, was im Sinne des § 3 Nr. 4 F B U B kein Bagatellschaden ist, eine erhebliche Schadenvergrößerung darstellt (vgl. dazu Κ 21). Vielmehr liegen hier unterschiedliche Ausgangspunkte vor. § 3 Nr. 4 F B U B will den Ver vor der betriebswirtschaftlich unnützen Befassung mit Bagatellschäden schützen. Hingegen ist in den Fällen des § 3 Nr. 2 F B U B von einer bestehenden Eintrittsverpflichtung des Vers auszugehen, deren Ausdehnung zu Lasten des Vers in den atypischen Verzögerungsfällen des § 3 Nr. 2 a)-c) F B U B nur in angemessener Höhe übernommen wird. Folgt man der Auslegung, daß Verzögerungen aus den in § 3 Nr. 2 aufgeführten Ursachen bis zu 1 0 % des Gesamtschadens (oder eines anderen nach Maßgabe der Umstände des Falles angemessenen Grenzwertes) nicht erheblich sind, so bedeutet das nicht, daß bei einer Überschreitung der gesamte Verzögerungsschaden zu Lasten des Vmers geht. Vielmehr gilt das nur bezüglich desjenigen Teils des Verzögerungsschadens, der in diesen Fällen die im Einzelfall zu ermittelnde Erheblichkeitsgrenze überschreitet. Diese Überlegung dürfte der Grund dafür sein, daß es über die Anwendung des § 3 Nr. 2 F B U B in bezug auf die Erheblichkeit nicht zu Rechtsstreitigkeiten (oder jedenfalls nicht zu veröffentlichten Entscheidungen) gekommen ist. Geht man nämlich von einer derartigen Abgrenzung aus, so wird man bezüglich des Verzögerungsschadens in den überdies von schwierigen Schadenberechnungsfragen beherrschten Regulierungsverhandlungen relativ leicht einen Kompromiß erzielen können. Johannsen/Johannsen

961

Anm. Κ 27

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

[Κ 27] b) Außergewöhnliche, während der Unterbrechung eintretende Ereignisse Gemäß § 3 Nr. 2a) F B U B hat sich der Ver für eine e r h e b l i c h e V e r g r ö ß e r u n g des Unterbrechungsschadens aus bestimmten Fallgruppen freigezeichnet. Die erste Fallgruppe betrifft gemäß § 3 Nr. 2a) F B U B a u ß e r g e w ö h n l i c h e , während der Unterbrechung eintretende E r e i g n i s s e . Dieser Ausschlußgrund bereitet deshalb Auslegungsschwierigkeiten, weil es im Bedingungswerk keinen konkreten Anhaltspunkt dafür gibt, was unter diesen außerordentlichen Umständen zu verstehen ist. In § 8 I B U B a. F. (vgl. VA 1931 S. 143), die bis zur Genehmigung der seit 1955 im wesentlichen unveränderten F B U B (VA 1955 S. 154) verwendet wurden, war dagegen ausführlich aufgezählt, welche während der Haftzeit eintretenden Umstände bei der Schadenermittlung nicht zu berücksichtigen seien. Es waren dafür genannt: Konjukturschwankungen, Streik, Aussperrung, Krisen, Patente, Systemwechsel, Überschwemmung, Sturm, Maschinendefekte, handels- oder wirtschaftspolitische Maßregeln und eine Änderung der Absatzgebiete. Wenn man die beiden Bedingungsfassungen miteinander vergleicht, so kommt man trotz der stark an eine Unklarheit angenäherten Regelung in § 3 Nr. 2 a) F B U B zu dem Ergebnis, daß diese Vorschrift der Aufzählung in § 8 I B U B a. F. vorzuziehen ist. Das Gesagte gilt um so mehr, als in § 8 I B U B a. F nicht eindeutig festgelegt wurde, wann die aufgeführten Umstände nicht zu berücksichtigen seien. Vielmehr zeigt die Formulierung, daß es in Betracht komme, die dort aufgeführten Umstände zu berücksichtigen, sodaß ganz auf die Besonderheiten des Einzelfalles abgestellt werden sollte. Unter diesen Umständen ist eine Interpretation des § 3 Nr. 2 F B U B in der Weise vorzunehmen, daß zu untersuchen ist, ob es sich um solche Umstände handelt, die bei einer Schadenberechnung nach haftungsrechtlichen Grundsätzen zu berücksichtigen wären oder nicht. Auf die Schadenregulierung übertragen, bedeutet das, daß nur solche Umstände als a u ß e r g e w ö h n l i c h e im Sinne des § 3 Nr. 2a) F B U B einzuordnen sind, die n i c h t adäquat kausal auf den als Haftungsgrund in § 2 F B U B aufgeführten Sachschaden zurückzuführen sind und deshalb nach bürgerlichrechtlichen Grundsätzen von einem Schädiger nicht zu ersetzen wären (so B G H 21.1.1976 N J W 1976 S. 1316-1317 = VersR 1976 S. 379-381, Bischoff VA 1955 S. 177, Möller in Bd II Anm. 136 zu § 49 m.w.N., Herdt S. 91, Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 3 zu § 3 FBUB). Zu Recht ist deshalb vom B G H 21.1.1976 a.a.O. ein adäquater Kausalzusammenhang bejaht und eine Anwendung des § 3 Nr. 2 a) F B U B für den Fall verneint worden, daß im Anschluß an einen Brand Kunden aufgrund der irrigen Annahme, daß keine Lieferungsmöglichkeit bestehe, Bestellungen unterlassen haben. Als Voraussetzung für eine diesbezügliche Entschädigungsleistung des Vers ist dabei allerdings zutreffend verlangt worden, daß tatsächlich überhaupt eine Betriebsunterbrechung im Sinne des § 1 F B U B eingetreten war (vgl. Κ 18). Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 2 zu § 6 F B U B vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, daß eine stark ü b e r t r i e b e n e B e r i c h t e r s t a t t u n g in der Presse ein a u ß e r g e w ö h n l i c h e s E r e i g n i s darstelle und einen adäquaten Zusammenhang ausschließe bzw. unterbreche (ebenso Hoegen VersPrax 1985 S. 202, Stöppel S. 41, obiter dictum auch B G H 21.1.1976 a.a.O.). Dem ist jedoch nicht zu folgen. Vielmehr ist eine daraus entstehende V e r g r ö ß e r u n g des U n t e r b r e c h u n g s s c h a d e n s durchaus noch dem Deckungsbereich des Vers zuzurechnen. Auch eine stark übertriebene Berichterstattung durch die Presse oder ein sonstiges Medium ist noch dem Alltagsgeschehen in der heutigen Zeit zuzuordnen, wie die Vielzahl der Prozesse wegen Verbreitung unrichtiger Behauptungen deutlich zeigt. Der Vmer muß dem 962

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 28

V. Entgangener Geschäftsgewinn

allerdings durch entsprechende Schritte entgegentreten. Dabei kann neben gerichtlichen Schritten, die auf Unterlassung, den Abdruck einer Gegendarstellung oder eines Widerrufs gerichtet sind, unter Umständen auch eine den unrichtigen Behauptungen entgegentretende A n z e i g e n k a m p a g n e geboten sein. Diese würde dann im Regelfall als Maßnahme zur Minderung eines Unterbrechungsschadens im Sinne des § 1 0 Nr. 2 a) F B U B zu qualifizieren sein, deren Kosten gemäß § 11 Nr. 1 F B U B vom Ver zu ersetzen sind (vgl. dazu Κ 44). Von einer übertriebenen Berichterstattung ist eine gänzlich falsche zu unterscheiden. Wird über einen Betrieb berichtet, daß dort ein Feuerschaden eingetreten sei und deshalb keine Lieferungsmöglichkeit bestehe, obwohl es in dem Unternehmen überhaupt nicht zu einem Brand gekommen ist, so ist ein darauf zurückzuführender Schaden nicht vom Betriebsunterbrechungsver zu ersetzen. Das gleiche gilt, wenn es zwar zu einem Brandschaden gekommen ist, aber eine Unterbrechung des Betriebes nicht stattgefunden hat.

[K 28] c) Behördlich angeordnete Wiederaufbau- und Betriebsbeschränkungen aa) Regelfall Gemäß § 3 Nr. 2 b ) F B U B haftet der Ver nicht, soweit der U n t e r b r e c h u n g s s c h a d e n durch b e h ö r d l i c h a n g e o r d n e t e W i e d e r a u f b a u - und B e t r i e b s b e s c h r ä n k u n g e n e r h e b l i c h v e r g r ö ß e r t wird. Diese Regelung weicht von den bürgerlich-rechtlichen Schadenersatzgrundsätzen ab. Denn nach diesen Grundsätzen ist der Schädiger verpflichtet, für diese als adäquat-kausal zu bewertende Schadenfolge einzustehen. Es ist aber verständlich, daß der Ver sich scheut, ein derart vom Normalfall abweichendes Risiko mit zu übernehmen. Unter § 3 Nr. 2 b ) F B U B fallen im Prinzip nur r e c h t m ä ß i g e b e h ö r d l i c h e V e r f ü g u n g e n (ebenso Kollhosser in Prölss-Martin 2 6 R N 5 zu § 3 F B U B ) . Dabei ist zu bedenken, daß sich die Klärung einer strittigen Frage, ob ein Ablehnungsbescheid bezüglich eines Wiederaufbaus an Ort und Stelle rechtmäßig ist oder nicht, über mehrere Jahre hinziehen kann. Der Vmer kann dabei in eine schwierige Lage geraten. Läßt er nämlich einen objektiv rechtswidrigen Verwaltungsakt dieser Art rechtsbeständig werden, so kann er sich gegenüber dem Ver nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die Ausschlußklausel nicht eingreife (ebenso Kollhosser a.a.O.). Deshalb müßte der Vmer es unter Umständen darauf ankommen lassen, einen langwierigen Prozeß zu führen. Kommt es dann zu einem rechtskräftigen Urteil mit einer Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheides, so kann der Ver sich auf § 3 Nr. 2 b) F B U B nicht stützen. Indessen nützt das dem Vmer wenig, da der Ver gemäß § 3 Nr. 3 F B U B nur für den innerhalb der regelmäßig 12 Monate betragenden H a f t z e i t eintretenden Unterbrechungsschaden zu leisten hat (vgl. dazu Κ 17). U m durch eine rechtswidrige behördliche Verfügung keinen Schaden zu erleiden, wird der Vmer deshalb in geeigneten Fällen den Weg wählen, zwar bei dem Wiederaufbau die behördliche Verfügung zu respektieren, diese aber gleichzeitig anzufechten mit dem Ziel, durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes eine verbindliche Grundlage für eine Amtshaftung bezüglich des entstandenen Vermögenschadens zu erlangen. Soweit sich in solchen Fällen auch die Leistung des Vers erhöht hat, schließt das eine Amtshaftung nicht aus; die Leistungspflicht des Vers stellt keinen anderweitigen Ersatz im Sinne des § 8 3 9 1 2 B G B dar (vgl. nur B G H 10. X I . 1977 Β G H Z 70 S. 7 - 1 0 = N J W 1978 S. 495-496, 2 0 . X I . 1 9 8 0 B G H Z 79 S. 35-37, 2 8 . X . 1 9 8 2 VersR 1983 S. 85-86 = M D R 1983 S. 202-203; w . N . bei Baumann B K R N 3 5 - 4 2 zu § 67; vgl. ferner Bd V 1 Anm. Β 61 m.w. Ν.). Das bedeutet, daß eine solche Schadenersatzforderung des Vmers gemäß § 67 I 1 auf den Ver übergeht. Johannsen/Johannsen

963

Anm. Κ 29

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

Verzögerungen, die auf anderen Gründen als den in § 3 Nr. 2 b) FBU genannten beruhen, fallen unter die Eintrittspflicht des Vers. Das gilt insbesondere für langsames Arbeiten der Behörde bezüglich der Erteilung einer Baugenehmigung, aber auch für Maßnahmen zum gesundheitlichen Schutz der am Bau beteiligten Personen sowie der Nachbarschaft. Ebenso ist zu entscheiden für Verzögerungen, die zurückzuführen sind auf zivilrechtliche Schritte eines Nachbarn, der durch eine Klage in Verbindung mit einem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ein gänzliches oder teilweises Wiederaufbauverbot durchsetzen will. Gelingt dies dem Nachbarn sogar, so kann demgemäß ein solches auf das Nachbarschaftsrecht gestütztes zivilrechtliches Verbot nicht einer behördlich angeordneten Wiederaufbau- oder Betriebsbeschränkung gleichgesetzt werden. Der Ver muß für den durch den Wiederaufbau an anderer Stelle entstehenden Zusatzschaden im Rahmen der Haftzeit Ersatz leisten. [K 29] bb) Klausel 8112 Die Möglichkeit des teilweisen Einschlusses des zusätzlichen Unterbrechungsschadens, der durch behördlich angeordnete Wiederaufbau- oder Betriebsbeschränkungen entstehen kann, ist in der Klausel 8112 vorgesehen (VA 1991 S. 353) Diese hat folgenden Wortlaut: „Klausel 8112 (91 ) Vergrößerung des Unterbrechungsschadens durch behördlich angeordnete Wiederaufbau- und Betriebsbeschränkungen 1. Abweichend von § 3 Nr. 2b FBUB besteht Versicherungsschutz auch, soweit der Unterbrechungsschaden durch behördlich angeordnete Wiederaufbau- oder Betriebsbeschränkungen vergrößert wird, die nach Eintritt des Versicherungsfalles aufgrund von Gesetzen oder Verordnungen ergehen, die bereits vor Eintritt des Versicherungsfalles in Kraft getreten waren. 2. Der Einschluß gemäß Nr. 1 gilt nur, soweit sich die behördlichen Anordnungen auf dem Betrieb dienende Sachen beziehen, die auf einem als Betriebsstelle bezeichneten Grundstück des Versicherungsnehmers durch einen Sachschaden gemäß $ 2 Nr. 1 FBUB betroffen sind. 3. Wenn die Wiederherstellung des Betriebes aufgrund behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen nur an anderer Stelle erfolgen darf, wird für die Vergrößerung des Unterbrechungsschadens nur in dem Umfang gehaftet, soweit er auch bei Wiederherstellung an bisheriger Stelle entstanden wäre. 4. Entschädigungsgrenze je Versicherungsfall ist der vereinbarte Prozentsatz der Versicherungssumme (ohne Nachhaftung). Die Bestimmung über Unterversicherung (§ 5 Nr. 3 FBUB) bleibt unberührt. y Der insoweit als entschädigungspflichtig errechnete Betrag wird je Versicherungsfall um den vereinbarten Selbstbehalt gekürzt. " Der Abschluß einer solchen zusätzlichen Vereinbarung, die je nach den Marktgegebenheiten nicht selten ohne besonderen Prämienzuschlag erreicht werden kann, ist empfehlenswert. Denn in einem Teilbereich wird der Vsschutz dadurch verbessert. Unterläßt es daher ein Makler, auf eine solche standardmäßige Möglichkeit der Verbesserung des Vsschutzes hinzuweisen, so kann das als Beratungsfehler qualifiziert werden. Allerdings ist zu beachten, daß das Risiko der Verlängerung des Unterbrechungsschadens durch derartige örtliche Wiederaufbau- oder Betriebsbeschränkungen nur partiell zusätzlich erfaßt wird. Es heißt zwar in Nr. 1, daß Vsschutz auch dann besteht, wenn der Unterbrechungsschaden durch behördlich angeordnete Wiederaufbau- oder Betriebsbeschränkungen vergrößert wird. Es folgt dann aber eine Einschränkung dahin, daß es sich um solche Beschränkungen handeln muß, die nach 964

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 30

V. Entgangener Geschäftsgewinn

Eintritt des Vsfalles aufgrund von Gesetzen oder Verordnungen ergehen, die bereits vor dem Eintritt des Vsfalles in Kraft getreten waren. Damit wird das Risiko ausgeschlossen, daß darin liegt, daß auch nach Eintritt des Vsfalles Gesetze oder Verordnungen ergehen können, die zu Wiederaufbau- oder Betriebsbeschränkungen führen können. Das stimmt überein mit Klausel Nr. 2303 für die Feuerv. Dort heißt es in Satz 1, daß die Berücksichtigung von behördlichen Wiederherstellungsbeschränkungen für Restwerte nur erfolgt, soweit sie auf der Grundlage vor Eintritt des Vsfalles erlassener Gesetze und Verordnungen beruhen. In Satz 2 findet sich allerdings eine zusätzliche Einschränkung, weil dort gesagt wird, daß behördliche Auflagen mit Fristsetzung vor Eintritt des Vsfalles für die Restwerte nicht berücksichtigt werden. An einer solchen einschränkenden Regelung fehlt es in der Klausel 8112. Sie dürfte in der Betriebsunterbrechungsv auch kein entscheidende Rolle spielen. In Nr. 2 der Klausel wird ausgeführt, daß der Einschluß gemäß Nr. 1 nur gilt, soweit sich die behördlichen Anordnungen auf dem Betrieb dienende Sachen beziehen, die auf einem als Betriebsstelle bezeichneten Grundstück des Vmers durch einen Sachschaden gemäß § 2 Nr. 1 F B U B betroffen sind. Das ist nur eine deklaratorische Bestimmung. Denn Voraussetzung für die Eintrittspflicht des Vers ist immer, daß ein solcher Schaden gegeben ist. Dagegen schränkt Nr. 3 den Anwendungsbereich von Nr. 1 der Klausel erheblich ein. Denn dort heißt es, daß dann, wenn die Wiederherstellung des Betriebes aufgrund behördlicher Wiederherstellungsbeschränkungen nur an anderer Stelle erfolgen darf, für die Vergrößerung des Unterbrechungsschadens nur in dem Umfang gehaftet wird, soweit er auch bei der Wiederherstellung an bisheriger Stelle entstanden wäre. Daraus folgt, daß bei einer Wiederherstellung des Betriebes an einem anderen Ort vom Ver überhaupt keine Zusatzleistung erbracht wird. Denn für einen solchen Wiederaufbau an anderer Stelle, der keine höheren Unterbrechungsleistungen auslöst als die, die bei einer Wiederherstellung an dem früheren Vsort angefallen wären, ist der Ver auch ohne die Klausel 8112 im Rahmen der Haftzeit eintrittspflichtig. Das bedeutet, daß für den wichtigsten Fall einer Schadensvergrößerung, nämlich für der behördlich erzwungenen Wiederaufbau an einem anderen Ort, vom Ver entgegen der Uberschrift der Klausel 8112 keine Zusatzleistung übernommen wird. Das könnte von einem Vmer als überraschend im Sinne der §§ 3 A G B G , 305 c B G B n. F. aufgefaßt werden. Es wäre daher überlegenswert, schon in der KlauselÜberschrift zum Ausdruck zu bringen, daß durch behördlich angeordnete Wiederaufbau- und Betriebseinschränkungen entstehende Vergrößerungen des Unterbrechungsschadens nur t e i l w e i s e übernommen werden. [K 30] d) Fehlendes Kapital zum Betriebsaufbau Nach § 3 Nr. 2 c) F B U B haftet der Ver nicht, s o w e i t der Unterbrechungsschaden e r h e b l i c h dadurch v e r g r ö ß e r t wird, daß dem Vmer zur Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung zerstörter, beschädigter oder abhanden gekommener Sachen n i c h t rechtzeitig g e n ü g e n d K a p i t a l zur Verfügung steht. Grundlage dieser Ausschlußregelung ist die Überlegung, daß es nicht Sache des Vers ist, dafür einzutreten, daß der Vmer ζ. B. überhaupt keinen Vsschutz in der Feuerv bezüglich eines derartigen Sachschadens hat oder daß sich eine schwer zu überbrückende Finanzierungslücke dadurch aufgetan hat, daß im Schadenfall eine sehr hohe Unterv im Sachbereich festgestellt wurde. Veröffentlichte Entscheidungen zu § 3 Nr. 2 c) F B U B gibt es nicht. Daraus kann geschlossen werden, daß solche Fälle einer erheblichen Vergrößerung des Unterbrechungsschadens infolge Kapitalmangels in der Praxis relativ selten aufgetreten sind. Liegt der Ausnahmefall vor, daß ζ. B. wegen eines aus dem Nichtabschluß einer Feuersachv folgenden Kapitalmangels das Unternehmen des Vmers überhaupt Johannsen/Johannsen

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Anm. Κ 31

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

nicht wieder aufgebaut wird, so entfällt damit aber nicht etwa die Leistungspflicht des Vers im ganzen. Vielmehr ist eine Leistungspflicht des Vers in dem Umfang anzunehmen, der gegeben wäre, wenn genügend Kapital zur Verfügung gestanden hätte, um den Wiederaufbau des Unternehmens in dem üblichen, vornehmlich durch die Baugenehmigungpraxis der entsprechenden Behörde beeinflußten Zeitraum durchzuführen. A n d e r s liegt der F a l l , wenn der Vmer schon vor Ausbruch des die Unterbrechung herbeiführenden Sachschadens die Betriebsaufgabe zu e i n e m fest b e s t i m m t e n Z e i t p u n k t in die Wege geleitet hat, was äußerlich z . B . durch Kündigung sämtlicher Arbeitsverträge dokumentiert ist. Dann braucht der Ver nur bis zu diesem Zeitpunkt zu leisten (vgl. Κ 22-23). Was als erhebliche Verzögerung zu bewerten ist, wird in den Bedingungen nicht näher präzisiert. Angesichts der Vielfalt der Umstände, die ohnedies zu einer Vergrößerung des Unterbrechungsschadens in zeitlicher Beziehung führen können, lassen sich genaue Verzögerungszeiträume nicht angeben. Es läßt sich aber im Prinzip eine den Interessen beider Parteien gerecht werdende Auslegung des Inhalts vertreten, daß Verzögerungen, die zu einer Erhöhung des Schadens bis zu 1 0 % führen, im Regelfall noch nicht als erheblich zu bewerten sind (vgl. dazu Κ 26). Einen Sonderfall würde es darstellen, wenn der Feuersachver seine Entschädigung zu Unrecht ablehnt, es aber an seinem Verschulden fehlt, so daß er für den Folgeschaden aus Verzugsgrundsätzen nicht haftet. Für diesen Fall läßt sich die Auffassung vertreten, daß § 3 Nr. 2 c) F B U B eine solche atypische Situation nicht erfassen will, daß nämlich das fehlende Kapital auf Grund einer nach objektiven Grundsätzen als unberechtigt zu qualifizierende Ablehnung des Feuersachschadenvers beruht. Eine solche Auslegung ist jedenfalls dann geboten, wenn - wie das der Regelfall ist - Identität zwischen den Vern des Sachvsvertrages und denen der Betriebsunterbrechungspolice besteht. Denn andernfalls würde der Ver aus seinem eigenen vertragswidrigen Verhalten im Rahmen der zu Unrecht abgelehnten Regulierung des Sachschadens Vorteil ziehen. Aus dieser Überlegung ergibt sich für den Vsmakler als Konsequenz, daß er tunlichst darauf hinwirken sollte, daß die Sachschaden- und die Unterbrechungsv in die Hand desselben Vers gelegt werden sollte. Ist das aus besonderen Gründen nicht möglich, so wäre die Vereinbarung einer Zusatzklausel des Inhalts überlegenswert, daß der Ver sich auf § 3 Nr. 2 c) F B U B im Falle einer objektiv unberechtigten Leistungsverweigerung durch den Feuersachver nicht berufen dürfe.

VI. Kosten [K31]

1. Ausgangsüberlegung

Der vom Ver zu ersetzende Unterbrechungsschaden setzt sich gemäß § 3 Nr. 1 F B U B aus dem entgehenden G e s c h ä f t s g e w i n n und dem A u f w a n d an f o r t l a u f e n d e n Kosten in dem vten Betrieb zusammen. Vert sind dabei gemäß § 4 Nr. 1 F B U B der Gewinn aus dem Umsatz der hergestellten Erzeugnisse und der gehandelten Waren sowie der Gewinn aus Dienstleistungen und die Kosten des vten Betriebes. § 6 Nr. 1 F B U B ergänzt diesen Zusammenhang zwischen Betriebsgewinn und Kosten durch die Aussage, daß der Betriebsgewinn und die Kosten, die der Vmer infolge der Betriebsunterbrechung im Bewertungszeitraum nicht erwirtschaften konnte, zu ersetzen sind. Das wird in § 6 Nr. 2 F B U B näher dahin erläutert, daß nur diejenigen Kosten unter diese Ersatzpflicht des Vers fallen, deren Weiteraufwand r e c h t l i c h n o t w e n d i g oder w i r t s c h a f t l i c h b e g r ü n d e t ist und auch nur insoweit, als sie ohne die Unterbrechung erwirtschaftet worden wären (ebenso §§ 4 Nr. 3 Z K B U 80 966

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Anm. Κ 32

VI. Kosten

und 87). D i e Kosten sind demgemäß in zweifacher Beziehung in der Betriebsunterbrechungsv von Bedeutung: 1. Als Abzugsfaktor zur Ermittlung des entgangenen Gewinns, 2. als zusätzliche Entschädigungsposition bei mit G e w i n n oder Verlust arbeitenden Betrieben bezüglich f o r t l a u f e n d e r K o s t e n in der H ö h e , in der sie im Bewertungszeitraum ermittelt worden wären. Arbeitete der Betrieb des Vmers ohne Gewinn, waren aber die Kosten stets erwirtschaftet worden, so unterliegen sie grundsätzlich im U m f a n g des Weiteranfalls voll der Ersatzpflicht des Vers. Etwas anderes gilt nur dann, wenn festgestellt wird, daß es in der Unterbrechungszeit ausnahmsweise nicht möglich gewesen wäre, wenigstens die Kosten voll zu erwirtschaften. Ist das der Fall, so hat der Ver die Kosten auch nur teilweise zu ersetzen. M a n unterstelle, daß die K o s t e n ohne Unterbrechung sich auf E u r o 2 0 0 0 0 0 0 , - gestellt hätten und nur E u r o 1 0 0 0 0 0 0 , - erwirtschaftet worden wären. Sind die weiterlaufenden Kosten unter E u r o 1 0 0 0 0 0 0 , - so hat der Ver sie voll zu ersetzen. Ubersteigen sie die Millionensumme im entsprechenden Zeitberechnungsraum, so ist der übersteigende Betrag nicht erstattungspflichtig.

[K 32] 2. Ausschlüsse nach § 4 Nr. 2 FBUB a) Vorbemerkung Ausgangspunkt für die Aufzählung der in § 4 Nr. 2 F B U B als nicht vert aufgeführten Kosten ist der in § 3 N r . 1 F B U B festgelegte Grundsatz, daß lediglich der Aufwand an f o r t l a u f e n d e n K o s t e n zu ersetzen ist, der trotz der Unterbrechung anfällt. D i e ser Grundsatz wird in § 6 Nr. 2 F B U B dahin präzisiert, daß es sich u m solche Kosten handeln muß, deren Weiteraufwand r e c h t l i c h n o t w e n d i g oder w i r t s c h a f t l i c h b e g r ü n d e t ist, und zwar nur soweit, als sie auch ohne die Unterbrechung erwirtschaftet worden wären. Auf der Basis dieser Ausgangsüberlegungen ergibt sich, daß § 4 Nr. 2 F B U B als eine klarstellende Regelung zu verstehen ist. Es soll damit den an der Schadenregulierung beteiligten Personen erleichtert werden, aus der Vielzahl der Kosten solche schnell herauszufinden, die im Regelfall nicht vert sind. Ergibt sich aber im Einzelfall, daß entgegen einer solchen grundsätzlichen Abgrenzung einzelne der aufgeführten Kostenarten nach den konkreten betrieblichen Produktionsverhältnissen des Vmers als notwendige oder wirtschaftlich weiter aufzuwendende Kosten zu qualifizieren sind, so ist nach dem Sinn und Zweck einer Betriebsunterbrechungsv eine den Anwendungsbereich der einzelnen Ausschlußregelungen einengende Interpretation geboten. Von besonderer Bedeutung ist bei der Einordnung der Kosten, daß § 4 Nr. 2 F B U B bestimmt, daß Geschäftskosten a l l e i n d e m B e t r i e b e e n t s t e h e n d e n K o s t e n sind. Das ist ein großer Vorteil in der Ausgestaltung der F B U B gegenüber der vor 1955 üblichen Praxis, nach der die vten Kosten einzeln aufzuführen waren (vgl. dazu H a x 2 S. 1 2 8 - 1 2 9 ) . Daraus folgt, daß der Ver nur solche Kosten aus der Entschädigungspflicht herausnehmen darf, die entweder in § 4 N r . 3 F B U B ausdrücklich aufgeführt worden sind oder aber solche, deren Aufwand rechtlich nicht notwendig war und auch einer wirtschaftlich einleuchtenden Begründung entbehrt. Diese klare Bedingungsregelung darf argumentativ nicht dadurch unterhöhlt werden, daß aus dem Ausdruck W e i t e r a u f w a n d geschlossen wird, daß darunter nicht solche Kosten zu verstehen sind, die erst durch die Betriebsunterbrechung entstehen. Vielmehr umfaßt die Erstattungspflicht des Vers grundsätzlich alle Kosten, die dieses U n t e r n e h m e n nach dem Eintritt der Unterbrechung belasten, soweit sie nicht ausdrücklich durch Entschädigungs- oder Ausschlußregelungen aus dem Versicherungsschutz herausgenommen worden sind. D e r Ausdruck „ Weiteraufwand" ist daher verständigerweise dahin zu Johannsen/Johannsen

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Anm. Κ 33

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

interpretieren, daß es sich um solche bis zum Ende der Betriebsunterbrechung fallende Kosten handeln muß, die ein verständiger Kaufmann zur Bewältigung der durch die Betriebsunterbrechung entstandenen Krisensituation aufwenden mußte (streitig, vgl. dazu insbesondere zum Grenzfall der Zahlung von Vertragsstrafen Κ 43 m. w. Ν.). Zu dieser im Prinzip umfassenden Erstattungspflicht des Vers bezüglich weiter aufzuwendender Kosten könnten folgende Bemerkungen des B G H 26. IX. 1984 VersR 1984 S. 1161-1162 bezüglich der Zahlung von Zinsen in Widerspruch stehen: „Bei der nachzuholenden Ermittlung wird von dem eigenständigen Gewinnbegriff der §§ 4-6 FBUB auszugehen sein. Etwaige Verlusterhöhungen, die auf die brandschadenbedingte Betriebsunterbrechung zurückzuführen sind, fallen unter den Vsschutz. Zinsbelastungen stellen, soweit sie auch unabhängig von der Betriebsunterbrechung angefallen wären, einen in die Berechnung nicht einzubeziehenden Posten dar. " Den Ausführungen ist zu entnehmen, daß der Betrieb vor der Unterbrechung bereits mit Verlust gearbeitet hat. Das bedeutet, daß der Ver keinen Gewinn zu ersetzen hat, wohl aber die fortlaufenden Kosten. Zu diesen gehören aber auch derartige Z i n s b e l a s t u n g e n , und zwar in dem Umfang, in dem sie vor der Betriebsunterbrechung erwirtschaftet worden sind (vgl. dazu auch O L G Hamm 5. III. 1993 VersR 1994 S. 214-215 und Κ 42 a. E.). [Κ 33] b) Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Waren Nach § 4 Nr. 2a) F B U B sind Aufwendungen für R o h - , H i l f s - und B e t r i e b s s t o f f e sowie für b e z o g e n e Waren nicht vert, soweit es sich dabei nicht um A u f w e n d u n g e n zur B e t r i e b s e r h a l t u n g oder um M i n d e s t - und V o r h a l t e g e b ü h r e n für den E n e r g i e f r e m d b e z u g handelt. Durch diese Bestimmung wird zunächst verdeutlicht, daß es nicht Aufgabe des Vers ist, die Ankäufe isoliert und zusätzlich zu finanzieren, die sich bei der Wiederaufnahme eines Produktions- oder Handelsbetriebes ergeben. Was die entstandenen Sachschäden anbetrifft, so unterliegen diese ohnedies im Prinzip allein der Erstattungspflicht des Feuersachvers, auch soweit es sich um Rohstoffe handelt, die vom Feuer selbst nicht erfaßt worden sind, die aber infolge des Betriebsstillstandes verdorben sind (vgl. dazu B G H 30. X. 1985 VersR 1986 S. 129-130 und Κ 24). Es gibt allerdings hinsichtlich der Leistungspflicht des Unterbrechungsvers eine Ausnahme, die sich darauf bezieht, daß der Unterbrechungsver dem Vmer die Gewinnspanne zu ersetzen hat, die diesem aus dem Verkauf der durch den Brand zerstörten Verkaufsprodukte entgangen ist. Hier ergibt sich im übrigen gelegentlich eine Überschneidung mit der Leistungspflicht des Feuersachvers, sofern dieser abweichend von § 5 Nr. 3 AFB 87 (oder § 3 II AFB 30) durch Vereinbarung von V e r k a u f s p r e i s k l a u s e l n (vgl. Η 155-156) ebenfalls im Risiko ist (insoweit liegt partiell eine Doppelv vor; streitig, vgl. Κ 24 ). Aus dem Gesagten folgt, daß der Vmer zwar die Leistung des Unterbrechungsvers auf den entgangenen Gewinn nach seinem Belieben auch zum Kauf der in § 4 Nr. 2 a) F B U B aufgeführten Sachen verwenden kann, daß aber insoweit im Prinzip keine Leistungspflicht im Rahmen der Unterbrechungsv besteht. Es leuchtet ein, daß der Kauf von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen und Waren aber zu ersetzen ist, soweit dieser zur Betriebserhaltung vor einer Wiederaufnahme der Produktion oder des Handels dient. Unter einer Betriebserhaltung ist nicht etwa die Aufrechterhaltung des Betriebes zu verstehen, sondern nur die Werkserhaltung (allgemeine Meinung, vgl. nur Fußhoeller-John R N zu § 4 Nr. 5 b) F B U B und Schneider S. 141). Es sind nur solche Kosten zu ersetzen, die nach dem Beginn der Betriebs968

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 35

VI. Kosten

Unterbrechung entstanden sind. Bricht z.B. der Brand am 25. Februar aus, so sind die bis dahin entstandenen Strom- oder Gaskosten ungeachtet dessen, daß sie erst im Monat März in Rechnung gestellt werden, nicht zu ersetzen. Hier ist - mangels anderer Abgrenzungsmöglichkeiten - unter Umständen eine zu schätzende Abgrenzung nach der Belastung aus den Vormonaten vorzunehmen, abgestellt auf die Anzahl der bis zur Betriebsunterbrechung abgelaufenen Arbeitstage. [K 34] c) Umsatzsteuer, Verbrauchssteuern und Ausfuhrzölle Nicht unter die Leistungspflicht des Vers fallen nach § 4 Nr. 2b) F B U B U m s a t z s t e u e r n , V e r b r a u c h s s t e u e r n und A u s f u h r z ö l l e . Bei dieser Regelung ist besonders deutlich zu erkennen, daß es sich um einen deklaratorischen Ausschlußtatbestand handelt, denn nach dem Eintritt der Betriebsunterbrechung entsteht insoweit kein weiterer Aufwand, soweit keine Produktion und kein Absatz erfolgt (so zutreffend Schneider S. 142). Die Ausschlußbestimmung bezieht sich nur auf die vom Vmer dem Staat geschuldete Umsatzsteuer. § 4 Nr. 2 b) F B U B greift nicht ein, soweit an Vertragspartner als Teil des Kaufpreises Umsatzsteuer auf Aufwendungen zur Betriebserhaltung zu entrichten ist. Insoweit ist eine Eintrittspflicht des Vers gegeben, soweit nicht noch eine Verrechnungsmöglichkeit im Wege des Vorsteuerabzuges bezüglich der Verkäufe des Vmers aus der Zeit vor der Betriebsunterbrechung gegeben ist. [K 35] d) Ausgangsfrachten und Paketporti Nach § 4 Nr. 2 c) F B U B sind Ausgangsfrachten nicht vert, soweit keine fortlaufenden vertraglichen Zahlungsverpflichtungen entgegenstehen. Da im allgemeinen bei einer Betriebsunterbrechung Ausgangsfrachten nicht anfallen, ist auch hier der deklaratorische Charakter der Bedingungsregelung unschwer zu erkennen. Der als Ausnahme aufgeführte Fall, daß Frachtzahlungen fortlaufend in Höhe eines Mindestbetrages vereinbart werden, auch wenn solche Frachten nicht anfallen, dürfte in der Vertragspraxis kaum vorkommen, denn es herrscht seit langem am Frachtmarkt ein Überangebot durch Frachtführer und Spediteure vor. Ist allerdings davon abweichend eine solche Vereinbarung vor Eintritt des Schadenfalles getroffen worden, so sind derartige Mindestfrachten vom Ver als weiter laufende Kosten zu ersetzen. Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine derartige Vertragsklausel nicht in Wirklichkeit dazu gedacht ist, den Frachtführer oder Spediteur davor zu schützen, daß der Vmer mit seinen Frachtgütern zu einem Konkurrenzunternehmen wechselt. Ist das so, dann läßt sich unter Umständen der Standpunkt durchsetzen, daß bei einem unverschuldeten Wegfall jedes Transportbedürfnisses durch eine langwährende Unterbrechung ein Wegfall der Geschäftsgrundlage gegeben ist. Dem kann der Frachtführer im Regelfall nicht entgegen halten, daß der Vmer durch eine Betriebsunterbrechungsv geschützt sei. Denn eine solche V ist nicht zum Schutze eines nicht am Vsvertrag beteiligten Dritten gedacht, sondern setzt eine Leistungsverpflichtung des Vmers unabhängig von dem Bestehen oder Nichtbestehen von Vsschutz voraus (daß das im Arbeitsrecht mit Rücksicht auf die dort geltenden Betriebsrisikogrundsätze anders gesehen werden kann - vgl. dazu Κ 40—41 - hängt mit der besonderen sozialpolitisch begründeten Bewertung der Beziehungen zwischen den Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber zusammen). Anders wäre es aber dann, wenn - kaum vorstellbar - ausdrücklich auch für den Fall einer unverschuldeten Betriebsunterbrechung eine solche Weiterzahlungsverpflichtung vertraglich festgelegt worden ist. Als überflüssig erscheint die ausdrückliche Erwähnung des Ausschlusses von Paketporti. Denn solches kann bei einer Johannsen/Johannsen

969

Anm. Κ 37

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

Betriebsunterbrechung im Prinzip nicht mehr anfallen. Soweit aber doch noch restliche Warenbestände ausgeliefert werden können, sind solche Pakettransportkosten durchaus bei einer Gesamtberechnung des entgangenen Gewinns zu berücksichtigen. Sie dürfen dann aber nicht zusätzlich bei den weiter laufenden Kosten dem Ver in Rechnung gestellt werden. [K 36] e) Umsatzabhängige Versicherungsprämien, Lizenzgebühren und Erfindervergütungen Nach § 4 Nr. 2 d) FBUB sind umsatzabhängige Vsprämien nicht vert. Das gleiche ist in § 4 Nr. 2 e) für umsatzabhängige Lizenz- und Erfindervergütungen festgelegt. Auch diese Ausschlußregeln sind deklaratorisch und eigentlich überflüssig. Sie dienen somit nur der Klarstellung. Soweit nach den entsprechenden Verträgen eine vom Umsatz unabhängige Mindestvergütung rechtsbeständig vereinbart worden ist und somit vom Vmer trotz der Betriebsunterbrechung erbracht werden muß, sind solche Kosten vom Ver als fortlaufende Kosten im Sinne des § 3 Nr. 1 FBUB zu ersetzen. [K 37] f) Nicht mit dem Betrieb zusammenhängende Gewinne und Kosten Eine recht eigenartige Regelung findet sich in § 4 Nr. 2 f ) FBUB. Danach sind G e w i n n e und K o s t e n n i c h t v e r t , die n i c h t mit dem F a b r i k a t i o n s - , H a n d e l s · oder G e w e r b e b e t r i e b z u s a m m e n h ä n g e n . Als Beispiel dafür werden K a p i t a l - , S p e k u l a t i o n s - oder G r u n d s t ü c k s g e s c h ä f t e genannt. Läßt man die in der Bedingungsbestimmung aufgeführten drei Beispielsfälle zunächst gedanklich weg, so würde lediglich etwas banal Selbstverständliches gesagt, daß nämlich mit dem vten Unternehmen nicht zusammenhängende Gewinne und Kosten nicht vert sind. Derartige Gewinne und Kosten dürften in der Buchhaltung des entsprechenden Betriebes auch gar nicht auftauchen. Gedacht werden könnte - um ein groteskes Beispiel zu bilden - an k r i m i n e l l e T ä t i g k e i t e n , z.B. Gewinne, die aus dem Abpressen von sogenannten Schutzgeldern resultieren. Derartige aus kriminellen Handlungen herrührende Gewinne, die infolge einer Betriebsunterbrechung entfallen, braucht der Ver gewiß nicht zu ersetzen. Allerdings ist auch kaum vorstellbar, wieso sich aus dem Brand eines Bürogebäudes, in dem sich der Sitz eines „Bewachungsunternehmens" befindet, ein Einfluß auf diese „Zusatztätigkeit" ergeben sollte, wenn man vom Verbrennen der „Einzugslisten" absieht. Es sei betont, daß es sich um ein ausgedachtes Beispiel handelt, für das es keine tatsächlichen Grundlagen in den veröffentlichten Berichten und Darstellungen über die Regulierungspraxis in der Betriebsunterbrechungsv gibt. Bei den nicht zum Betrieb gehörenden Kosten könnte es sich um solche handeln, durch die z.B. der Firmeninhaber Leistungen zu privaten Zwecken als angeblich betrieblich verursacht durch die Bücher laufen läßt. Als Beispiel sei an als Personalkosten ausgewiesene verdeckte Unterhaltszahlungen für Angehörige des Inhabers gedacht. Geht man den Dingen allerdings auf den Grund, so ergibt sich aus dem Ausscheiden einer solchen Position im Regulierungsgang im Regelfall für den Ver keinen Vorteil; denn es müßte dann der entgangene Gewinn entsprechend höher ausfallen. Die in § 4 Nr. 2 f ) FBUB aufgeführten Beispiele, nämlich die Gewinne aus Kapital-, Spekulations- oder Grundstücksgeschäften, dürfen nicht in dem Sinne aufgefaßt werden, daß alle Gewinne aus derartigen Geschäften nicht vom Vsschutz erfaßt werden. Vielmehr ist Voraussetzung für das Eingreifen von § 4 Nr. 2 f ) FBUB, daß es sich um Gewinne und Kosten handeln muß, die mit dem Fabrikations-, Handels- oder Gewerbebetrieb nicht zusammenhängen. 970

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 38

VI. Kosten

Soweit es sich um normale geschäftliche Transaktionen eines Unternehmens handelt, greift § 2 F B U B nicht ein. D a z u zählen ζ. B . Erträge aus Beteiligungen und Zins- und Mieteinkünfte (Heyen 2 S. 33). I m übrigen ist zu bedenken, daß es zur ordentlichen Führung eines jeden Unternehmens gehört, daß flüssige Geldmittel, die im Augenblick für die laufende Arbeit des Unternehmens nicht gebraucht werden, üblicherweise bei der Hausbank als Tagesgeld oder Festgeld angelegt werden. Zu einer normalen Geldanlage kann es in diesem Zusammenhang aber auch gehören, daß ein Teil solcher Geldmittel in Standardaktien oder Schuldverschreibungen angelegt wird. Ein derartiges Handeln kann deshalb einem Spekulationsgeschäft im Sinne der Bedingungsbestimmung nicht zugerechnet werden. D e n n es handelt sich um ein normales kaufmännisches Gebaren. Es stellt sich für Banken, Ver und für Industrieunternehmen mit hoher Liquidität als ein durchaus übliches Verhalten dar und ist in keiner Weise zu beanstanden. I m übrigen ist auch nicht ersichtlich, wie sich daraus ein zusätzlicher Betriebsunterbrechungsschaden ergeben sollte, abgesehen davon, daß Banken und Ver üblicherweise solche Feuerbetriebsunterbrechungsven für ihr eigenes Unternehmen nicht abzuschließen pflegen. Jedenfalls sind solche Anlagegewinne nicht als Kapital- und Spekulationsgewinne im Sinne des § 4 Nr. 2 f ) F B U B zu bewerten. Wird ein Bauuntemehmen vert, daß auch Grundstücksgeschäfte tätigt, indem es im großen Maße Eigentumswohnungen kauft und verkauft, so leuchtet ein, daß durch die Übernahme dieses Risikos im primären Teil des Vsvertrages stillschweigend der Ausschluß gemäß § 4 Nr. 2 f ) F B U B abbedungen wird. Es wäre allerdings besser, wenn man das in den besonderen Bedingungen des Vsvertrages ausdrücklich vermerkt. I m übrigen gehört es zum normalen Betrieb eines Unternehmens, daß es Grundstücke für den Betrieb kauft und verkauft. Ist dadurch in der Vergangenheit ein außergewöhnlicher Gewinn erzielt worden, so wird man das bei der hypothetischen Gewinnentwicklung für die Haftungszeit sicherlich nicht berücksichtigen können. D e r durchschnittliche Gewinn aus den vergangenen Jahren muß aber zugrunde gelegt werden. I m übrigen muß die Ermittlung des entgangenen Gewinns nach normalen adäquat kausalen Grundsätzen über die Folgen eines Brandschadens und die etwaige Ersatzpflicht eines Dritten, der wegen der Brandstiftung Verantwortung für den Schaden hat, abgewickelt werden. Legt man diese Maßstäbe zugrunde, so wird sich im allgemeinen aus einem Brandschaden keine Ersatzpflicht für entgangene Grundstücksgeschäfte entwickeln. Etwas anderes ist es, wenn der Inhaber eines Unternehmens und dessen geistiger K o p f bei dem Brand eine schwere Körperverletzung erleidet und deshalb nicht arbeiten kann. Das ist aber ein Nachteil, der auf einen Körperschaden zurückzuführen ist und nicht auf den Brand des Betriebes. D e r Betriebsunterbrechungsver braucht dafür nicht einzustehen, anders als der Ersatzpflichtige im Sinne des § 823 B G B .

[K38]

3. A b s c h r e i b u n g e n

N a c h § 6 N r . 3 F B U B sind A b s c h r e i b u n g e n auf Gebäude, Maschinen und E i n richtungen nur insoweit zu entschädigen, als sie auf v o m Sachschaden n i c h t b e t r o f f e n e T e i l e d e s v t e n B e t r i e b e s entfallen. Bei dieser Regelung handelt es sich u m eine deklaratorische Klarstellung (ebenso H a r t h S. 74, H e y e n 2 S. 1 6 - 1 7 , Z i m m e r mann V W 1973 S. 1184). V o m früheren Verband der Sachversicherer ist nach der D a r stellung von Zimmermann V W 1973 S. 1184 den Vern nahegelegt worden, § 6 N r . 3 so auszulegen, als wenn er folgende Fassung hätte:

„Abschreibungen auf Gebäude, Maschinen und Einrichtungen sind nur insoweit zu entschädigen, als sie auf vom Sachschaden nicht betroffene Teile der Gebäude, Maschinen und Einrichtungen entfallen. " Johannsen/Johannsen

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A n m . Κ 39

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

Diese Empfehlung war nach dem Bericht von Zimmermann a.a.O. auf die Besorgnis zurückzuführen, daß die Textfassung zu dem MißVerständnis Anlaß geben könnte, daß andere Abschreibungen als die auf Gebäude, Maschinen und Einrichtungen vom Ver bei den fortlaufenden Kosten überhaupt nicht zu berücksichtigen seien. Eine derartige Auslegung würde zudem im Gegensatz zu dem in § 6 Nr. 1 festgelegten Grundsatz stehen, daß alle weiterlaufenden Kosten zu berücksichtigen sind, soweit sie nicht ausdrücklich vom Vsschutz ausgenommen worden sind (vgl. dazu Anm. Κ 31). Indessen ist nicht zu erkennen, daß ein solches Mißverständnis anhand der unverändert gebliebenen Fassung des § 6 Nr. 3 F B U B in der Regulierungsarbeit entstanden wäre. Zu Recht ist demgemäß von einer Bedingungsänderung für die Regulierung in der vom Verband vorgeschlagenen Form abgesehen worden. Die Bedingungsverfasser sind bei § 6 F B U B ersichtlich davon ausgegangen, daß bezüglich der durch einen Brand vernichteten Sachen im Regelfall für die Zeit nach dem Eintritt des Sachschadens kein Abschreibungsbedarf mehr entsteht. Dabei wird unterstellt, daß der Vmer im Rahmen einer ordnungsgemäßen Betriebsführung für den Abschluß eines Feuersachschadenvsvertrages gesorgt hat. Erbringt der Ver aus einem solchen Vertrag eine Neuwertentschädigung, so steht der Vmer ohnedies insoweit häufig besser als vor dem Eintritt des Schadenfalls und darf nach dem Erwerb einer neuen Sache im Abschreibungsrhythmus neu beginnen. Liegt nur eine Zeitwertv vor und erreicht die Leistung des Feuersachvers nicht den buchmäßigen Wert der Sache, weil die Abschreibungen in der Vergangenheit zu gering bemessen waren, so ist es ebenfalls nicht die Aufgabe des Betriebsunterbrechungsvers, diese vermeintlich durch die Betriebsunterbrechung entstandene Schadenposition auszugleichen. Erst recht ist es nicht Aufgabe des Vers, Abschreibungen auf vom Brand betroffene Sachen zu entschädigen, wenn der Vmer überhaupt keine Leistung auf den Sachschaden erhält, ζ. B. deshalb, weil er es versäumt hat, eine Feuersachschadenv abzuschließen. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß § 6 Nr. 3 F B U B von einer einleuchtenden Grundüberlegung ausgeht. Diese Regelung würde danach auch dann eingreifen, wenn dem Vmer keine Leistung des an sich im Risiko befindlichen Sachvers zufließt, weil dieser insolvent geworden ist (hypothetischer Fall). Im Regelfall kommt § 6 Nr. 3 F B U B letzten Endes nur die Bedeutung eines Erinnerungsfaktors zu, daß nämlich bei der Berechnung des Unterbrechungsschadens der Abschreibungsumfang um den Anteil, der auf die zerstörten (oder beschädigten) Sachen entfällt, zu kürzen ist. Ist eine Sache nicht zerstört worden, sondern nur beschädigt, so ist die Abschreibung nur anteilig oder bei ganz geringer Beschädigung überhaupt nicht zu kürzen (vgl. dazu Heyen 2 S. 16-17, Zimmermann VW 1973 S. 1184). [K 39] 4. Anlaufkosten Als Folge einer Betriebsunterbrechung können A n l a u f k o s t e n (auch A n t e m p e r k o s t e n genannt) entstehen. Dabei handelt es sich darum, daß in gewissen Industriezweigen H o c h - und S c h m e l z ö f e n sowie S c h m e l z p f a n n e n und ähnliche Anlagen zur Produktion eine bestimmte Temperatur erreichen müssen. Ein solcher Aufheizprozeß kann sich je nach den Umständen des Einzelfalls nach der Neuinstallation solcher Anlagen auf mehrere Tage ausdehnen. Gegen die Berücksichtigung solcher Anlaufkosten bei der Berechnung der Entschädigungsleistung des Vers haben sich Fußhoeller-John R N 8 zu § 4 F B U B , Wallisfurth VW 1962 S. 177-179 und Boldt VW 1964 S. 542 (anders aber Boldt 7 S. 10) ausgesprochen. Fußhoeller-John a.a.O. führen dazu aus, daß derartige zwangsläufige Anlaufkosten, die den Mehraufwand für Betriebsstoffe, Gehälter und Löhne und den Mindererlös von Erzeugnissen betreffen, vom Feuersachver zu ersetzen seien. Wallisfurth a.a.O. begründet seine ablehnende 972

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 40

VI. Kosten

Auffassung damit, daß er als Schaden nur den n i c h t e r w i r t s c h a f t e t e n Teil der vor dem Eintritt des Sachschadens angefallenen Antemperkosten einordnet; die durch den Sachschaden bedingten neuen Antemperkosten seien deshalb nicht vert, weil sie durch die voraussichtliche Dauer der kontinuierlichen Benutzung wieder voll erwirtschaftet würden. Mit ähnlichen Erwägungen verneint Boldt VW 1964 S. 542 sowohl die Eintrittspflicht des Feuer- wie des Unterbrechungsvers und befürwortet den Abschluß einer zusätzlichen Erstrisikov. Die Gegenmeinung, daß nämlich die Antemperkosten vollen Umfangs bei der Ermittlung des entgangenen Gewinns für die Zeit ab Wiederaufnahme der Produktion als gewinnmindernde Kosten zu berücksichtigen sind, wird von Birck S. 170, Schneider S. 133-134, Steffen VW 1962 S. 562 und Zimmermann VW 1962 S. 323-325 vertreten (ferner Boldt 7 S. 10). Dieser Auffassung ist beizupflichten. Die Gegenmeinung verkennt, soweit sie sich auf eine Eintrittspflicht des Sachvers bezieht, daß dieser grundsätzlich über eine Neuwertentschädigung hinaus nichts zu leisten hat (abgesehen davon, daß es im Einzelfall sachgemäß sein kann, durch eine Sondervereinbarung bei bestimmten Objekten die im Schadenfall zu erwartenden Installationskosten in den Sachvsschutz einzuschließen). Jedenfalls ist als Regulierungsprinzip davon auszugehen, daß die Anlaufkosten in das typische Risiko des Unterbrechungsvers bei der V derartiger Industriebetriebe fallen. Im Grunde genommen geht es eigentlich nur um die Frage, ab wann von einem Ende der Betriebsunterbrechung auszugehen ist. Hält man das erst mit der Fertigstellung des ersten Produkts für gegeben, so ist zu bedenken, daß bis zu diesem Zeitpunkt gemäß § 6 FBUB neben dem entgangenen Betriebsgewinn die laufenden Kosten zu ersetzen sind, soweit ihr Weiteraufwand im Sinne des § 6 Nr. 2 FBUB rechtlich notwendig oder wirtschaftlich begründet ist und soweit sie ohne die Unterbrechung erwirtschaftet worden wären. Das könnte mit der Begründung verneint werden, daß derartige Kosten ohne die Betriebsunterbrechung gar nicht angefallen wären (vgl. dazu Κ 31). Indessen wird der Kostenbegriff hier zu eng gesehen. Richtig ist lediglich, daß diese Antemperkosten nicht isoliert als weiter laufende Kosten zu ersetzen sind, da sie erst nach dem Ende der Betriebsunterbrechung anfallen. Es ist aber zu bedenken, daß solche gewinnmindernde Kosten auch vor dem Eintritt der Betriebsunterbrechung in gewissen Zeitabschnitten entstanden sind, nämlich immer dann, wenn der Betrieb solcher Hochöfen aus Abnutzungsgründen endete. Solche Kosten haben demgemäß auch in der Vergangenheit die Gewinnsituation für das vte Unternehmen beeinflußt. Es ist deshalb durchaus sachgemäß, daß derartige Anlaufkosten im Rahmen der Haftzeit vollen Umfangs für die Zeit ab der Wiederaufnahme der Produktion als gewinnmindernde Kosten berücksichtigt werden. Anders wäre es nur dann, wenn der Ausnahmefall vorliegen würde, daß vom Ver nachgewiesen werden könnte, daß die Betriebsdauer eines solchen Hochofens gerade zu dem Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Produktion oder überhaupt in der Haftzeit ihr Ende gefunden hätte. Ist das ausnahmsweise der Fall, so wäre das nur insofern von Bedeutung, als danach der insgesamt zu ermittelnde entgangene Betriebsgewinn für die Haftzeit geringer zu bemessen wäre.

[K 40] 5. Löhne und Gehälter a) Zur Weiterzahlungspflicht im Brandfalle Einen wesentlichen Teil der für einen Betrieb während der Unterbrechungszeit weiter laufenden Kosten stellen die E n t g e l t e für die Arbeitnehmer des Vmers dar. Dabei ist zu bedenken, daß im Arbeitsrecht der Grundsatz entwickelt worden ist, daß der Arbeitgeber das sogenannte B e t r i e b s r i s i k o mit der Maßgabe trägt, daß er auch Johannsen/Johannsen

973

Anm. Κ 40

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

bei einer von ihm nicht verschuldeten Unterbrechung des Betriebs grundsätzlich das Arbeitsentgelt weiter zahlen muß, es sei denn, daß dadurch die Existenz des Betriebes nachhaltig gefährdet wird (vgl. dazu nur die Nachweise bei Schaub, Arbeitsrechtshandbuch 9 , München 2000, S. 1016, RN 21-23 zu § 101, Preis im Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, München 1998, RN 139 zu § 615 BGB und speziell zu Brandfällen BAG 28. IX. 1972 NJW 1973 S. 342-343 = BB 1973 S. 196-197, LAG Hamm 23. V. 1986 Der Betrieb 1986 S. 1928 [nur L.S.], vgl. dazu ergänzend Sieg A 7-8 m.w. Ν.). Soweit danach die Arbeitnehmer Anspruch auf Weiterzahlung des Arbeitsentgeltes für die Unterbrechungszeit haben, geht das zu Lasten des Vers. Ferner ist zu beachten, daß in Konsequenz dessen, daß der Arbeitgeber das Betriebsrisiko auch bei von ihm nicht verschuldeten Betriebsunterbrechungen trägt, ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB zur sofortigen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses zu verneinen ist (so BAG 28. IX. 1972 a.a.O.). Es leuchtet ein, daß der Ver und auch der Vmer sehr daran interessiert sein können, daß gegenüber denjenigen Arbeitnehmern, die für die Aufrechterhaltung des Betriebes bis zur Wiederaufnahme der Produktion nicht benötigt werden, die Arbeitsverhältnisse fristgemäß aufgekündigt werden. Indessen ist zu beachten, daß für Betriebe mit mehr als 5 Arbeitnehmern grundsätzlich das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zur Anwendung kommt (vgl. § 23 S. 2, 3 KSchG). Gemäß § 1 II KSchG ist eine Kündigung dann s o z i a l u n g e r e c h t f e r t i g t , wenn sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß vom BAG 28. IX. 1972 a.a.O. als Besonderheit hervorgehoben worden ist, daß der klagende Arbeitnehmer nur einen Kündigungsschutz für eine Frist von 6 Wochen in Anspruch nehme. Diesen Ausführungen ist zu entnehmen, daß es dem Gericht als nicht ungewöhnlich erschienen wäre, dem Arbeitnehmer für die dort vereinbarte Haftzeit des Vers von 6 Monaten Kündigungsschutz zu gewähren. Allerdings war die Entscheidung des BAG zu einem Fall ergangen, in dem sich das Brandgeschehen in einem besonders feuergefährdeten Betrieb ereignet hatte. Indessen liegt es nahe, diese Überlegungen für alle Betriebe eingreifen zu lassen, die unter dem Schutz einer Betriebsunterbrechungsv stehen. Ferner ist grundsätzlich zu beachten, daß gemäß § 17 I KSchG in Betrieben mit mehr als 20 bis 60 Arbeitnehmern die Entlassung von mehr als 5 Arbeitnehmern, in Betrieben von mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern die Entlassung von 10 von Hundert der Arbeitnehmer oder die von mehr als 25 Arbeitnehmern und in Betrieben ab 500 Arbeitnehmer die Entlassung von 30 oder mehr Arbeitnehmern dem Arbeitsamt vorher anzuzeigen ist. Derartige Entlassungen werden nach § 18 I KSchG vor Ablauf eines Monats nach Zugang beim Arbeitsamt nur mit dessen Zustimmung wirksam. Diese Frist kann vom Arbeitsamt gemäß § 18 II KSchG im Einzelfall auf 2 Monate verlängert werden. Ausnahmsweise kann der Vmer berechtigt sein, einzelnen Arbeitnehmern oder Gruppen von Arbeitnehmern im Brandfalle zu kündigen. Das gilt z.B. für Arbeitnehmer, die noch keine 6 Monate im Betrieb des Vmers arbeiten ( § 1 1 KSchG), im gewissen Umfang auch für Angestellte in leitender Stellung (dazu § 14 KSchG). In diesen Fällen hat der Vmer der Weisung des Vers, im Interesse der Schadenminderung derartige Kündigungen auszusprechen, grundsätzlich Folge zu leisten. Das gilt aber dann nicht, wenn es sich um hochqualifizierte Fachkräfte handelt, die für den Fortbestand des Betriebes nach der Wiederaufnahme der Produktion unerläßlich sind und für die gleichwertiger Ersatz auf die Schnelle nicht wieder gefunden werden kann. Das entspricht mit Rücksicht auf die Haftung des Vers für die Zeit nach der Unterbrechung zumeist auch dem eigenen Interesse des Vers, den Schaden so gering wie möglich zu halten (vgl. auch Κ 44). 974

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 41

VI. Kosten

In denjenigen Fällen, in denen nach dem Gesagten trotz des grundsätzlich bestehenden Kündigungsschutzes eine Entlassung von Arbeitnehmern möglich ist, kann bei entsprechender Vereinbarung - die Regelung in der Klausel 8105 von Bedeutung sein. Danach erkennt der Ver die Weiterzahlung von Gehältern und Löhnen über den nächst zulässigen Entlassungstermin als wirtschaftlich begründet im Sinne des § 6 Nr. 2 FBUB an, soweit sie erforderlich ist, um die Angestellten und Arbeiter dem Betrieb zu erhalten. Hier wird das Auge schon auf die Zukunft gerichtet. Der Vmer muß dabei allerdings nach der Klauselfassung dartun und beweisen, daß eine solche Notwendigkeit besteht. Da es aber trotz einer generell hohen Gesamtarbeitslosigkeit schwierig ist, in florierenden Geschäftszweigen qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen, wird der Ver zumeist eine solche Argumentation des Vmers nach entsprechender Beratung durch seinen eigenen Sachverständigen akzeptieren. Dies gilt um so mehr, als es im Interesse des Vers liegt, daß der Vmer nach dem Ende der Unterbrechung in der weiteren Haftzeit so schnell wie möglich den vor der Unterbrechung regelmäßig erzielten Gewinn erreicht.

[K 41] b) Kurzarbeit Erwähnenswert ist ferner, daß die Einführung von K u r z a r b e i t in den in § 18 I, II KSchG aufgeführten Zeiträumen gemäß § 19 I KSchG der Zustimmung des Landesarbeitsamtes bedarf. Dazu bemerkt Stöppel S. 60 aus seiner praktischen Erfahrung, daß Arbeitsämter und Arbeitsgerichte ihre Zustimmung zur Kurzarbeit regelmäßig mit der Begründung verweigern, daß eine Betriebsunterbrechung als k a l k u l i e r - und v e r s i c h e r b a r e s U n t e r n e h m e r r i s i k o zu bewerten sei, das nicht zu Lasten der Arbeitslosenv gehen könne. Veröffentlichte Entscheidungen zu auf Brände zurückzuführende Betriebsunterbrechungen, in denen ein Ver im Risiko war, gibt es, soweit ersichtlich, nicht (abgesehen von den Nachweisen in Κ 40). Im übrigen ist klarzustellen, daß der Rechtsweg gegen Bescheide des Landesarbeitsamtes zum S o z i a l g e r i c h t führt (vgl. als Beispielfälle ohne speziellen Bezug zur Leistungspflicht eines Vers LSG München 4. XI. 1976 NJW 1977 S. 1255-1256 und Bayerisches LSG 8. VIII. 1985 NZA 1986 S. 654-655). Im Kündigungsschutzprozeß ist allerdings von dem Arbeitsgericht zu prüfen, ob der Arbeitgeber gegen die Anzeigepflicht nach § 17 KSchG verstoßen hat. Ist das der Fall und beruft sich der Arbeitnehmer auf einen solchen Verstoß, so ist die Kündigung unwirksam (BAG 6. XII. 1973 NJW 1974 S. 1263-1264). Wird vom zuständigen Landesarbeitsamt entgegen der von Stöppel a.a.O. geschilderten Praxis aus Anlaß des Brandes K u r z a r b e i t e r g e l d g e w ä h r t , so ist ein auf die Leistungspflicht des Vers a n r e c h e n b a r e r V o r t e i l gegeben (vgl. dazu Kollhosser in Prölss-Martin 26 RN 11 zu § 6 FBUB). Kollhosser a.a.O. vertritt im übrigen die Auffassung, daß Kurzarbeitergeld wegen bestehenden Vsschutzes in der Feuerbetriebsunterbrechungsv grundsätzlich überhaupt nicht verweigert werden dürfe; demgemäß könne der Vmer vom Ver auf einen Rechtsstreit mit der Bundesanstalt für Arbeit verwiesen werden, wenn vertraglich nichts anders vereinbart worden sei. Dem wird man bezüglich der Prozeßführung beipflichten können, solange diese Frage nicht gegenteilig durch das BSG entschieden worden ist. Der Ver ist aber verpflichtet, die Kosten dieses Rechtsstreits als notwendige Aufwendungen im Sinne des § 11 FBUB vorzufinanzieren und endgültig zu tragen, soweit diese nicht der Bundesanstalt für Arbeit auferlegt werden (vgl. Κ 45). Der Ver wird aber gut tun, einen Verlust des Prozesses einzukalkulieren und unter Umständen auch in Höhe des angestrebten Kurzarbeitergeldes dem Vmer ein entsprechendes Darlehen zu gewähren, damit er nicht später Schadenersatzansprüchen ausgesetzt wird. Johannsen/Johannsen

975

Anm. Κ 42

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

Die Auffassung, daß das Landesarbeitsamt Kurzarbeitergeld nicht mit Rücksicht auf eine Leistungspflicht des Vers verweigern dürfte, leitet Kollhosser a.a.O. daraus ab, daß nach § 64 A F G vom Landesarbeitsamt bei Auftragsmangel oder unabwendbarem Brand zu leisten sei, ein Brand sei aber nicht schon deshalb abwendbar, weil ein Feuerbetriebsunterbrechungsver im Risiko sei. Zutreffend ist, daß gemäß § 170 I Nr. 1 S G B III (in Übereinstimmung mit dem früher geltenden § 64 A F G ) ein Arbeitsausfall erheblich ist, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht. Der Ausdruck „ Brand" wird dabei nicht ausdrücklich gebraucht. Es ist aber durchaus einleuchtend, daß ein Brand ein unabwendbares Ereignis darstellen kann. Das schließt aber eine einengende Interpretation nicht aus. Dem Landesarbeitsamt kann daher durchaus in den Gerichtsinstanzen ein fehlerfreies Ermessen in dem Sinne zugebilligt werden, daß ein soziales Bedürfnis für eine öffentlich-rechtliche Leistung zur Erhaltung von Arbeitsplätzen so lange nicht gegeben sei, als ein Ver zu Weiterzahlung der Kosten und des entgangenen Gewinns aufgrund einer entsprechenden Vorsorge des Arbeitgebers verpflichtet sei. Dabei ist auch zu beachten, daß Kurzarbeitergeld grundsätzlich nur für im ungekündigten Arbeitsverhältnis stehende Arbeitnehmer gewährt wird (vgl. zur Abgrenzung im einzelnen ergänzend B S G 9. IX. 1986 B S G E 60 S. 222-226 = N Z A 1987 S. 36-38, B S G 27. VII. 1989 N Z A 1990 S. 244-246, 25. IV. 1990 N Z A 1990 S. 913-916). Klarstellend ist zu bemerken, daß Kollhosser a.a.O. die Eintrittspflicht des Vers bezüglich des vom Landarbeitsamt verweigerten Kurzarbeitergeldes in den Fällen bejaht, in denen ein a b w e n d b a r e r Brand im Sinne des § 64 A F G gegeben ist (vorbehaltlich dessen, daß das die Abwendbarkeit des Brandes begründende Verschulden des Vmers oder seines Repräsentanten nicht als ein solches im Sinne des § 61 einzuordnen ist). [K 42] 6. Miet- oder Pachtzahlungen In den Fällen, in denen der Vmer seinen Betrieb in gemieteten (oder gepachteten) Räumen geführt hat, können sich Zweifel ergeben, ob und inwieweit der Vmer den Mietzins (oder die Pacht) für das ganz oder teilweise durch einen Brand unbenutzbar gewordene Gebäude weiter zu entrichten hat. Im Fall einer dauernden gänzlichen Unbenutzbarkeit der Mieträume entfällt die Pflicht zur Mietzahlung gemäß § 323 B G B . Liegt eine teilweise Nichtbenutzbarkeit vor, so hat der Mieter gemäß §§ 537 B G B , 536 n. F. ein Minderungsrecht. Das Gesagte gilt aber nur dann, wenn weder der Vmer noch diejenigen Personen, für deren Verhalten er nach § 278 oder § 831 B G B einzustehen hat, den Brand verschuldet haben. Ist der Brand bei dem Mietgebrauch entstanden, so trägt im übrigen der Mieter die Beweislast dafür, daß er den Schadenseintritt nicht zu vertreten hat ( B G H 26. XI. 1997 N J W 1998 S. 594-599 m.w.N.). Das gilt aber dann nicht, wenn Ursachen, die in den Obhuts- und Verantwortungsbereich des Vermieters fallen, von diesem nicht ausgeräumt sind ( B G H 18. V. 1994 B G H Z 126 S. 124-131 = N J W 1994 S. 2019-2021 m.w.N., 26.XI. 1997 a.a.O.). Liegt ein Verschulden des Vmers oder seiner Hilfspersonen vor, so kann er sich der dann weiter bestehenden Mietzinsverpflichtung im Regelfall auch nicht durch eine nach dem Vertrag an sich mögliche ordentliche Kündigung entziehen. Denn dann muß er jedenfalls bis zum Wiederaufbau des Gebäudes und unter Umständen für eine zusätzlich angemessene Zeit bis zur Neuvermietung den entgangenen Mietzins nach Schadenersatzgrundsätzen entrichten. Es versteht sich, daß dem Mieter in einem solchen Fall erst recht kein Kündigungsrecht wegen Nichtgebrauchs der Mietsache nach §§ 542 B G B , 543 II n. F. zusteht ( B G H 26. XI. 1997 a.a.O.) Wird in einem Mietvertrag formularmäßig eine Haftung des Mieters auch für den Fall festgelegt, daß der Schaden im Verantwortungsbereich des Vermieters liegt, so würde eine solche Rege976

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 42

VI. Kosten

lung angesichts der zu § 548 BGB a. F. von der Rechtsprechung erarbeiteten Beweislastabgrenzungen gegen §§ 11 Nr. 15 a) AGBG, 309 Nr. 12 BGB n.F. verstoßen (vgl. dazu auch B G H 1. IV. 1992 MDR 1992 S. 643). Es liegt dann auch im kaufmännischen Bereich die Annahme nahe, daß ohne Vorliegen besonderer Umstände in tatsächlicher Beziehung eine solche Klausel als unwirksam im Sinne der §§ 9 AGBG, 307 BGB n. F. qualifiziert wird. Ungeachtet dieser gesetzlichen Ausgangslage kann der Vmer aus betriebswirtschaftlichen Gründen daran interessiert sein, einem Verlangen des Vermieters auf Weiterzahlung der Miete zu entsprechen, wenn dieser zu verstehen gibt, daß er andernfalls das Mietverhältnis fristgemäß kündigen würde. Ein solches Interesse des Vmers kann sich daraus ergeben, daß er durch einen Umzug und die damit verbundenen zusätzlichen Kosten und auch durch die Aufgabe eines günstigen Standortes einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil erleiden kann, der höher liegt als die nach dem Gesetz eigentlich unbegründete Mietforderung. In diesen Fällen wird der Ver nur dann bereit sein, diese Mietzahlungen zu ersetzen, soweit sich dadurch im Ergebnis eine Minderung seiner Leistungen für die Haftzeit ergibt oder aber seine Leistungen jedenfalls nicht höher wären, wenn es durch die Ablehnung der Mietzahlung oder die darauf erfolgende Kündigung zu einem Standortwechsel gekommen wäre. Die Leistungen des Vers sind dann letztlich als Schadenminderungskosten einzuordnen (vgl. dazu Κ 44-45). Bemerkenswert ist ein Urteil des O L G Düsseldorf 15. II. 1990 VersR 1992 S. 96. In jenem Fall war die Zerstörung der Pachtsache vom Pächter nicht zu vertreten. Er hatte sich aber v e r t r a g l i c h zum A b s c h l u ß einer B e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g s v verpflichtet. Einer solchen Verpflichtung war er nicht nachgekommen. Der Verpächter verlangte deshalb die Fortzahlung der Pacht aus dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes. Die Klage wurde abgewiesen mit der Begründung, daß der entsprechende Passus des Pachtvertrages nur in denjenigen Fällen von Bedeutung sei, in denen der Pächter aufgrund eines Vsfalles kraft Gesetzes vorübergehend von der Entrichtung des Pachtzinses befreit sei. Voraussetzung sei deshalb immer, daß lediglich eine Unterbrechung des Pachtverhältnisses vorliege. Das gelte nicht für den Fall einer Zerstörung der Pachtsache. Dem Vmer hätte daher bei der von ihm ausgesprochenen fristlosen berechtigten Kündigung kein Anspruch auf eine Leistung des Betriebsunterbrechungsvers zugestanden. Ein weiterer Sonderfall ist vom O L G Hamm 5. III. 1993 VersR 1994 S. 214-215 entschieden worden. Hier war der Vmer in finanzielle Schwierigkeiten gekommen und für sein Grundstück (Gebäude mit Hotel- und Restaurantbetrieb) ein Zwangsverwalter bestellt worden. Dieser hatte dem Vmer das Gebäude zum weiteren Betrieb des Hotels und Restaurants gegen Mietzahlung überlassen. Diese Mietforderung, die der Höhe nach an der Schuld des Vmers gegenüber der die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigerbank des Vmers ausgerichtet war, hatte der Zwangsverwalter jeweils an diese weiterzuleiten. Nach einem auf eine Brandstiftung zurückzuführenden Brand, der zur völligen Zerstörung des Gebäudes führte, verweigerte der Ver die Zahlung der Mieten als fortlaufende Kosten. Er begründet das damit, daß aufgrund der Zerstörung des Gebäudes keine Mietzahlungen mehr erbracht zu werden brauchten. Das Gericht erkannte zu Recht dahin, daß zwar die Mietzinszahlungen nicht mehr zu entrichten seien, daß der Vmer der den Betrieb aufgrund eines Vertrages mit dem Zwangsverwalter weitergeführt habe, aber verpflichtet sei, die aufgelaufenen Schulden kontinuierlich in den früheren Mietraten zur Tilgung der Darlehenslast zu erbringen. Das seien weiterlaufende Kosten, die vom Ver zu erstatten seien. Vom Ver war bestritten worden, daß der vte Betrieb diese Kosten überhaupt erwirtschaftet hätte. Dem gegenüber hatten aber die beiden Schadengutachter übereinstimmend das Gegenteil festgestellt. Johannsen/Johannsen

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Anm. Κ 43 [Κ 43]

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

7. Vertragsstrafen

Vielfach wird angenommen, daß vom Vmer geschuldete V e r t r a g s s t r a f e n , die auf einer Lieferunfähigkeit aufgrund einer Betriebsunterbrechung beruhen, bei der Berechnung der Entschädigungsleistung des Vers nicht zu berücksichtigen seien (so Franz S. 164, Hax 2 S. 200, Heyen 2 S. 80, Schneider S. 134-135; veröffentlichte Entscheidungen gibt es dazu nicht). Begründet wird das damit, daß die V nur f o r t l a u f e n d e K o s t e n erfasse. Fortlaufende Kosten seien aber nur solche, die bei ungestörtem Betrieb in gleicher Art und Höhe zu entrichten gewesen wären. Die durch die Vertragsstrafen entstehenden Kosten seien aber keine fortlaufenden Kosten, sondern erst durch die Betriebsunterbrechung hervorgerufen. Es handele sich um einen zusätzlichen Aufwand, weil diese Kostenart vor dem Schaden nicht bestanden habe. Es ist indessen zu bezweifeln, daß damit dem Sinn und Zweck einer Betriebsunterbrechungsv hinreichend Rechnung getragen wird. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß in § 6 F B U B die bei der Berechnung der Entschädigungsleistung des Vers zu berücksichtigenden Kosten nicht enumerativ aufgeführt werden. Vielmehr wird in § 6 Nr. 1 F B U B von dem Prinzip ausgegangen, daß alle Kosten, die infolge der Betriebsunterbrechung im Bewertungszeitraum nicht erwirtschaftet werden, zu ersetzen sind. Durch diese Ausgestaltung des Bedingungswerkes soll erreicht werden, daß möglichst kein Streit über nicht bedachte Kostenpositionen entstehe (vgl. dazu Κ 31). Nur dann, wenn einer der Ausschlußtatbestände gemäß § 6 Nr. 2 - 5 F B U B gegeben ist, entfällt die Eintrittspflicht des Vers. Für den Ausschluß solcher Kosten könnte § 6 Nr. 2 F B U B eine Grundlage geben. Danach werden Kosten nur dann ersetzt, wenn ihr W e i t e r a u f w a n d rechtlich notwendig oder w i r t s c h a f t l i c h b e g r ü n d e t ist und soweit sie ohne die Unterbrechung erwirtschaftet worden wären. Hier ist zu bedenken, daß der Ausdruck „ W e i t e r a u f w a n d " mehrdeutig ist. Die dem Ver günstigste Auslegung wäre dabei die, daß es sich um Kosten handeln müsse, die ihrer Art nach auch schon vor einer Unterbrechung angefallen seien oder hätten anfallen können. Näherliegend ist aber eine generelle Auslegung dahin, daß der Ausdruck „weiter" nur eine zeitliche Bedeutung in dem Sinne hat, daß es sich um Kosten handelt, die nach Eintritt des Vsfalles oder mit diesem entstanden sind. Das wäre dann als eine Klarstellung in dem Sinne aufzufassen, daß Kosten, die vor Eintritt des Vsfalles entstanden sind, bei dessen Eintritt aber noch nicht ausgeglichen sind, vom Ver nicht zusätzlich zu übernehmen sind. Solche Kosten sind vielmehr nur bei der Berechnung des entgangenen Gewinns zu berücksichtigen. Denn es ergeben sich dadurch Vergleichsmaßstäbe für den in der Vergangenheit erwirtschafteten Gewinn und den durch die Betriebsunterbrechung entgangenen. Geht man von dieser Überlegung aus, so liegt die Annahme nahe, daß solche begründeten Vertragsstrafenforderungen bei der Berechnung der Entschädigung des Vers durchaus zugunsten des Vmers zu berücksichtigen sind. Daß sie erst durch die Betriebsunterbrechung entstanden sind, steht nach dem Sinn und Zweck des Vsschutzes, dem Vmer den durch diese entstehenden Schaden zu ersetzen, nicht im Wege. Demgemäß ist ebenso wie bei den Anlaufkosten (vgl. dazu Κ 39) nur von Bedeutung, ob es sich um einen rechtlich tatsächlich erforderlichen Aufwand handelt. Als zusätzliches Argument dafür, daß Vertragsstrafen nicht vert seien oder sein sollten, wird von Hax 2 S. 200-201 (ebenso Heyen 2 S. 80) angeführt, daß solche Ansprüche im Regelfall von Geschäftsfreunden aus einer gewissen Solidarität mit Rücksicht auf langjährige Geschäftsbeziehungen nicht erhoben werden würden, daß das aber anders sein dürfte, wenn Kenntnis davon bestünde, daß solche Forderungen von der Betriebsunterbrechungsv mit erfaßt würden. Gegenüber solchen Überlegungen 978

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 43

VI. Kosten

ist festzuhalten, daß in einem am geschäftlichen Erfolg orientierten Unternehmen Rücksichtnahmen auf einen Geschäftspartner im Regelfall keine Rolle spielen. Es kommt aus betriebswirtschaftlicher Sicht lediglich darauf an, welche Verhaltensweise auf Dauer dem eigenen Unternehmen den größeren Vorteil bringt. Dagegen spricht im übrigen, daß aus der Schweiz, in der der ausdrückliche Einschluß dieses Risikos üblich ist, von irgendwelchen Mißbräuchen nichts berichtet wird (vgl. dazu auch Schneider S. 135, die auch für Deutschland ein Deckungsbedürfnis bejaht). Zu bedenken ist schließlich, daß gemäß der gesetzlichen Regelung nach § 339 B G B Vertragsstrafen für die Nichterfüllung von Verbindlichkeiten nur dann zu entrichten sind, wenn sich der Schuldner im Verzug befindet. Voraussetzung für einen Verzug ist grundsätzlich, daß ein Verschulden auf Seiten des Vmers vorliegt, so zutreffend Hax 2 S. 200. Richtig ist allerdings der Hinweis von Schneider S. 135, daß der Vmer sich im Rahmen des § 278 B G B je nach den Umständen des Falles das Verschulden seiner Arbeitnehmer bei der Entstehung oder Ausbreitung des Brandes anrechnen lassen muß. Ist der Ausbruch des Brandes aber nicht auf ein Verschulden des Vmers oder seiner Leute zurückzuführen, kann nach dieser gesetzlichen Ausgangslage ein Vertragsstrafenanspruch entfallen. Das gilt aber dann nicht, wenn der Vmer die geschuldete Leistung durch einen Erwerb bei einem Dritten beziehen könnte. Dann greift der Grundsatz des § 279 B G B ein, daß nämlich ein Mangel an Geld den Vmer als Vertragspartner nicht von der Leistung entbindet. Ist es dem Vmer daher wegen Kapitalmangels nicht möglich, eine Ersatzbeschaffung vorzunehmen, so würde eine Vertragsstrafe von diesem im Zweifel zu entrichten sein. Dann würde aber der Ver nicht im Risiko sein, weil die Ausschlußbestimmung des § 3 Nr. 2 c F B U B zum Tragen kommt (vgl. dazu Κ 30). Ist es aber so, daß der Bezug durch einen Dritten nicht möglich ist, so liegt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem nach objektiven Grundsätzen eine Leistung wieder möglich ist, eine z e i t l i c h b e g r e n z t e n a c h t r ä g l i c h e U n m ö g l i c h k e i t (Unvermögen) vor. Nach der gesetzlichen Regelung wird bei Vorliegen einer nachträglichen Unmöglichkeit allerdings der Schuldner gänzlich gemäß § 275 II B G B frei. Geregelt ist aber im Gesetz nicht der Fall der hier unterstellten zeitweisen Unmöglichkeit. Für diesen Zeitraum kann ein Aufschub der Leistungspflicht des Vmers die angemessene Lösung sein; allerdings muß dem Vertragspartner das Recht zugestanden werden, sich bei einer unzumutbar langen Frist von dem Vertrage zu lösen. Das ist insbesondere bei den Geschäften des Handels zu beachten. Für die schwierige Abgrenzung zwischen z e i t w e i l i g e n E r f ü l l u n g s h i n d e r n i s s e n und d a u e r n d e r U n m ö g l i c h k e i t sei auf die zusammenfassende Darstellung der Rechtsprechung zu diesem Problemkreis in B G H 11.III. 1982 B G H Z 83 S. 197-206 verwiesen. Dort heißt es auf S. 200-201: „Nach den von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätzen ist ein zeitweiliges Erfüllungshindernis einem dauernden dann gleichzuachten, wenn die Erreichung des Vertragszwecks durch die vorübergehende Unmöglichkeit in Frage gestellt und deshalb dem Vertragsgegner nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unter billiger Abwägung der Belange beider Vertragsteile die Einhaltung des Vertrags nicht zugemutet werden kann. Dabei ist die Frage, ob ein Leistungshindernis zu einer dauernden oder nur vorübergehenden Unmöglichkeit führt, nach dem Zeitpunkt des Eintritts dieses Hindernisses zu beurteilen ( B G H Urteil vom 27. V. 1953 LM B G B § 275 Nr. 3 m.w.N.; vom 30. X . 1953 LM aaO Nr. 4; vom 9. VII. 1955 LM aaO Nr. 7; vom 10. VI. 1970 WM 1970, 963). Auch sind stets die beiderseitigen Interessen der Vertragspartner abzuwägen ( B G H Urteil vom 23. VI. 1954 LM B G B § 323 Abs. 1 Nr. 3). Johannsen/Johannsen

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Anm. Κ 43

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

Es kommt einerseits darauf an, wie weit der Gläubiger ein Interesse daran hat, daß die vereinbarte Leistung nachträglich noch erbracht wird, andererseits aber auch darauf, ob dem Schuldner zugemutet werden kann, nach Beseitigung des Hindernisses den Vertrag noch zu erfüllen. Bei Geschäften des Warenhandels ist zu berücksichtigen, daß der Handel kurzfristig zu disponieren pflegt. Diese Dispositionen können schon durch eine zeitweilige Unmöglichkeit der Leistung so nachhaltig gestört werden, daß ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar erscheint (BGHZ 47, 48, 50 f. m.w.N.; vgl. auch BGH Urteil vom 15.XII.1975 W M 1976, 248; RGZ 107, 156, 158f.; MünchKomm/Emmerich § 275 Rdn. 45, 48). Wird die Erfüllung eines Vertrags durch den Ausbruch eines Krieges unmöglich, so ist dieses an sich nur vorübergehende Leistungshindernis in aller Regel als dauernde Unmöglichkeit zu behandeln, weil es etwas wesentlich anderes ist, ob jetzt oder erst nach dem unabsehbaren Ende des Krieges erfüllt wird (vgl. RGZ 94, 45, 49; 94, 68, 69; 101, 79, 80 m. w. N.; Emmerich aaO Rdn. 47 m.w.N.)" Festzuhalten ist jedenfalls, daß eine Vertragsstrafenregelung im Regelfall in dem Sinne zu interpretieren ist, daß sie bei einer von dem Vmer oder seinen Leuten nicht verschuldeten Betriebsunterbrechung nicht zum Zuge kommt. Das Gesagte würde nur dann nicht gelten, wenn der Vmer sich zur Zahlung einer Vertragsstrafe auch in den Fällen einer unverschuldeten Lieferunfähigkeit aufgrund einer Betriebsunterbrechung verpflichtet hätte. Eine solche Klausel in den Geschäftsbedingungen der Kontrahenten des Vmers würde aber im Regelfall als unangemessene Benachteiligung im Sinne der §§ 9 I AGBG, 307 BGB n. F. zu qualifizieren sein. Hat der Vmer einer solchen Klausel aber aufgrund einer eingehenden Verhandlung in Kenntnis der Konsequenzen zugestimmt, so ist an ihrer Rechtswirksamkeit nach AGB-Grundsätzen nicht zu zweifeln. Es fragt sich dann aber, inwieweit in solchen Ausnahmefällen gemäß § 343 BGB eine Herabsetzung der Vertragsstrafe nach Treu und Glauben in Betracht kommt. Dabei ist zu beachten, daß die früher einer Anwendung dieser Bestimmung entgegenstehende Regelung in § 351 HGB durch das Handelsrechtsreformgesetz vom 22. VI. 1998 (BGBl I 1998 S. 1474) aufgehoben worden ist. Maßstab für eine Herabsetzung der Vertragsstrafe könnte dabei sein, welcher Schaden dem Vertragspartner des Vmers tatsächlich entstanden ist. Mit einer solchen Überlegung schließt sich der Kreis. Dabei ist zu bedenken, daß in denjenigen Fällen, in denen keine Vertragsstrafenregelung gegeben ist, bei der geschilderten Situation, daß nämlich ein Vers c h u l d e n des V m e r s vorliegt, auch ein S c h a d e n e r s a t z a n s p r u c h des Vertragspartners nach den dargestellten Grundsätzen gegeben ist, der sich allerdings exakt an der Höhe des Schadens orientiert. Der Ausschluß solcher Schadenersatzansprüche wird aber in diesem Zusammenhang ausdrücklich von keinem der aufgeführten Autoren in Betracht gezogen. Auch deswegen erscheint es als nicht sachgerecht, von einem stillschweigenden Ausschluß von Vertragsstrafen auszugehen. Für die Zeit ab 1.1.2002 ist zu berücksichtigen, daß im Zuge der S c h u l d r e c h t s r e f o r m § 279 BGB gestrichen und § 275 BGB erheblich verändert worden ist. An den dargestellten Ergebnissen dürfte sich aber nichts wesentliches ändern, zumal da § 275 II BGB n. F. wesentlich auf die Gebote von Treu und Glauben abstellt. Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß es durchaus auch in einem an sich geordneten Geschäftsbetrieb (ohne eingetretenen Brand und darauf beruhender Betriebsunterbrechung) möglich ist, daß Vertragsstrafen wegen Lieferverzögerungen geschuldet werden, weil sich ζ. B. der Vmer bei der Abschätzung seiner Liefermöglichkeiten verkalkuliert hat. Derart in der Vergangenheit angefallene Kosten belasten das Geschäftsergebnis des Vmers. Sie sind daher im Regelfall bei der Abschätzung des entgangenen 980

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Anm. Κ 45

VI. Kosten

Betriebsgewinns im Sinne des § 6 Nr. 1 FBUB zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn sie - wie auch Schadenersatzforderungen wegen verspäteter Lieferungen oder Gewährleistungsansprüche - mit einer gewissen Regelmäßigkeit in der Vergangenheit angefallen sind. Demgemäß ist es sachgerecht, solche während der Betriebsunterbrechungszeit anfallende Kosten der Leistungspflicht des Vers zuzuordnen. [K44] VII. Rettungskostenersatz 1. Vorbemerkung Nach § 10 Nr. 2 a) FBUB hat der Vmer, soweit es ihm billigerweise zugemutet werden kann, bei E i n t r i t t eines U n t e r b r e c h u n g s s c h a d e n s für dessen Abwendung oder Minderung zu sorgen und dabei die Weisungen des Vers zu befolgen. Es ist dabei als Besonderheit zu beachten, daß die Rettungspflicht im Rahmen des in der Betriebsunterbrechungsv eigentümlichen gedehnten Vsfalls erst mit dem E i n t r i t t eines U n t e r b r e c h u n g s s c h a d e n s ausgelöst wird und nicht schon mit dem Ausbruch eines Brandes (oder gar eines unmittelbar bevorstehenden Brandes) an Sachen, die sich auf dem Betriebsgrundstück des Vmers befinden (streitig, vgl. dazu Κ 5 m.w. Ν.). Das bedeutet, daß die in § 62 vorgesehene Variante der Rettungspflicht, daß nämlich der Vmer den Schaden durch seine Rettungsmaßnahmen gänzlich abwenden könne, regelmäßig nicht zum Tragen kommt. Demgemäß werden im Prinzip durchaus zutreffend in der Ü b e r s c h r i f t zu § 11 FBUB nur A u f w e n d u n g e n zur S c h a d e n m i n d e r u n g aufgeführt. In § 11 Nr. 1 FBUB wird das nicht beachtet; denn dort werden auch Aufwendungen aufgeführt, die der Vmer zur A b w e n d u n g des Schadens gemacht hat. Das darf aber nicht in dem Sinne verstanden werden, daß vom Betriebsunterbrechungsver dem Vmer entstandene B r a n d l ö s c h k o s t e n zu ersetzen seien. Diese treffen vielmehr allein den F e u e r s a c h v e r . Die dergestalt zur V e r m e i d u n g e i n e r D o p p e l v von Rettungskosten in § 10 Nr. 2a) FBUB zeitliche Festlegung des Beginns der Rettungspflicht mit dem Eintritt des Unterbrechungsschadens ist als angemessene Abgrenzungslösung zu bewerten, die durchaus als Vorbild für eine gesetzliche Regelung genommen werden könnte (vgl. Κ 5). Im übrigen ist zu bedenken, daß unter Umständen durch zielgerichtete logistische Schadenminderungsmaßnahmen eine sich ursprünglich abzeichnende Gewinnverminderung in Ausnahmefällen gänzlich vermieden werden kann. Als Beispiel sei dafür genannt, daß der Ver sofort die Zahlung eines Zuschußbetrages für höherwertige Maschinen zusagt, die eine höhere Produktionsquote haben, so daß die Kundenanforderungen - als hätte es den Brandschaden und die daraus resultierende Unterbrechung nicht gegeben - vollen Umfangs erfüllt werden können. Stöppel S. 59 bemerkt dazu, daß in solchen Fällen der gesamte Unterbrechungsschaden nur aus Schadenminderungskosten bestehen könne. Es ist daher durchaus sachgerecht, in diesen Ausnahmefällen die vom Ver zu ersetzenden Aufwendungen als S c h a d e n a b w e n d u n g s k o s t e n einzuordnen, sodaß die Aufführung beider Alternativen des § 63 in § 11 Nr. 1 FBUB - auch unter der Prämisse, daß die Rettungspflicht erst nach der Entstehung (besser: mit der Entstehung) des Unterbrechungsschadens einsetzt - nachvollziehbar ist. [K 45] 2. Einzelheiten Den Schadenminderungsmaßnahmen kommt in der Betriebsunterbrechungsv eine große Bedeutung zu. Deshalb ist dem Vmer in § 10 Nr. 1 FBUB eine schon mit dem E i n t r i t t des S a c h s c h a d e n s , der eine Betriebsunterbrechung zur Folge haben könnte, zu erfüllende A n z e i g e l a s t auferlegt (vgl. Κ 4). Dadurch wird erreicht, daß die regulierungserfahrenen Sachbearbeiter eines Betriebsunterbrechungsvers nicht selJohannsen/Johannsen

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Anm. Κ 45

Κ. Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung

ten w e s e n t l i c h e R a t s c h l ä g e und vor allem W e i s u n g e n zur S c h a d e n m i n d e rung rechtzeitig geben können. Zwar verfügt zunächst allein der Vmer über die genaue Kenntnis bezüglich des normalen Geschäftsganges. Hat er diese aber dem Ver vermittelt, so können sich aus der Diskussion mit dem betriebswirtschaftlich geschulten Regulierungsbevollmächtigten des Vers (oder dem von ihm beauftragten Sachverständigen) Lösungsmöglichkeiten ergeben, die in effektiver Weise den Schaden mindern. Das kann auch damit zusammenhängen, daß der kritische Blick des Vers durch keinerlei Betriebsblindheit getrübt ist, die gelegentlich bei in alt hergebrachter Weise geführten Unternehmen anzutreffen ist. Besonders wichtig sind Maßnahmen, die sich auf die E r h a l t u n g oder W i e d e r g e w i n n u n g der B e t r i e b s l e i s t u n g beziehen. Einen instruktiven Einblick in die Schwierigkeiten einer solchen Regulierungsarbeit vermitteln dabei die von Stöppel S. 59-60 aufgeführten Beispielsfälle, die nachstehend weitgehend aufgeführt sind. Ungeachtet dessen, daß es nicht Aufgabe des Betriebsunterbrechungsvers ist, den Sachschaden zu ersetzen, kann es z.B. zur Schadenminderung geboten sein, daß vom Betriebsunterbrechungsver zusätzlich zu den Leistungen des Sachvers M i t t e l zur b e s c h l e u n i g t e n I n s t a n d s e t z u n g der vom Brand betroffenen Anlagen und Gebäude zur Verfügung gestellt werden. Als Beispiel sei genannt, daß die Wiederherstellung der beschädigten Anlagen durch Ü b e r s t u n d e n oder W o c h e n e n d a r b e i t e n z u s ä t z l i c h e K o s t e n auslöst. Entsprechendes gilt für E i l f r a c h t z u s c h l ä g e . Ferner ist an U b e r b r ü c k u n g s m a ß n a h m e n derart zu denken, daß für eine Uberbrückungszeit M a s c h i n e n g e m i e t e t werden, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Ist es nicht möglich, solche Maschinen anzumieten, so kann sich unter Umständen die Frage stellen, ob man Maschinen ankauft, die an sich nicht mehr dem üblichen Standard entsprechen. Dabei möge der Sachverhalt so gestaltet sein, daß der Vmer seine vom Feuersachver erhaltene Neuwertentschädigung für technisch höherwertigere Maschinen mit höherem Produktionsausstoß verwenden will, die aber erst in Jahresfrist geliefert werden können. Für den Betriebsunterbrechungsver und den ihn beratenden Sachverständigen ist es dann eine Kalkulationsfrage, ob er die Kosten für den Einsatz solcher veralteten Maschinen übernimmt. Bei den Verhandlungen über solche Probleme kommt es insbesondere dann, wenn die Betriebsunterbrechung ohne solche Maßnahmen die H a f t z e i t des Vertrages zu ü b e r s t e i g e n d r o h t , nicht selten zu Vereinbarungen des Inhalts, daß sich an solchen Kosten der Vmer angemessen beteiligt. Desweiteren sind sinnvolle Schadenminderungsmaßnahmen in den Fällen möglich, in denen der Vmer in mehreren Stufen fertigt und nur der erste Teil des Fertigungsobjektes aus Gründen einer t e i l w e i s e n Z e r s t ö r u n g der zur Produktion erforderlichen Maschinen oder Gebäude nicht hergestellt werden kann. Hier bietet sich die Lösung an, H a l b f a b r i k a t e von K o n k u r r e n t e n zu erwerben, um dann die weiteren Arbeitsstufen im unversehrt gebliebenen Teil des Unternehmens vornehmen zu können. Selbst dann, wenn die Preise für die zugekauften Halbfabrikate überteuert erworben werden müssen, kann sich durch ein solches Vorgehen im Einzelfall eine wesentliche Reduzierung des Unterbrechungsschadens ergeben (Stöppel S. 60). Eine sehr nahe liegende Möglichkeit zur Schadenminderung ergibt sich im übrigen nicht selten dadurch, daß bis zur Wiederherstellung der eigenen Produktionsräume solche Räumlichkeiten bei anderen Unternehmen a n g e m i e t e t werden. Das ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn zwar die zur Produktion erforderlichen Maschinen kurzfristig geliefert werden können, der Aufbau der zerstörten Betriebsgebäude aber eine sehr lange Zeit in Anspruch nehmen wird. Eine kostengünstige Alternative kann es in einem solchen Fall aber auch sein, die Produktion in vorübergehend auf dem Betriebsgrundstück errichteten Behelfsbauten aufzunehmen. 982

Johannsen/Johannsen

Anm. Κ 45

VI. Kosten

Zu den erforderlichen Maßnahmen können auch We r b u n g s akt i vi t ä t e n gehören, durch die sichergestellt werden soll, daß die Kunden nach der Wiederaufnahme der Produktion und einer wieder bestehenden Liefermöglichkeit zu dem Vmer zurückkehren. Es handelt sich um eine schwierige Abgrenzung, da sich solche Werbungsmaßnahmen im Regelfall auch für die Zeit nach dem Ende der Haftzeit auswirken können. Theoretisch kann unterschieden werden zwischen Maßnahmen zur Erhaltung des Geschäftswertes und solchen zur Wiedererlangung der Marktstellung. Maßnahmen zur Erhaltung des Geschäftswertes werden überwiegend als nicht ersatzpflichtig angesehen, da sich der Schaden, der auf diese Weise abgewendet werden solle, erst in späterer Zeit auswirke, d. h. in der Regel erst nach Ablauf der Haftzeit (so Hax 2 S. 199, Merz S. 26, Stöcklein VW 1964 S. 904, a. M. Schneider S. 199). Dagegen wird für Aufwendungen zur Wiedererlangung der Marktstellung innerhalb der Haftzeit in der Praxis zumeist der Schadenminderungscharakter bejaht (vgl. dazu Heyen 2 S. 129, Schneider S. 199-200, Stange Rettungsobliegenheiten S. 192). Es steht außer Frage, daß beide Arten von Werbungsaktivitäten auch im Interesse des Vers liegen können. Dabei ist zu bedenken, daß er für die Zeit nach der Wiederaufnahme der Produktion bis zum Ende der H a f t z e i t im Risiko ist, soweit der ohne die Unterbrechung voraussichtlich erzielte Gewinn noch nicht wieder erreicht ist. Demgemäß sind solche Kosten der Wiederaufnahme der Produktion als gewinnmindernde zu betrachten, die aber gleichzeitig der Gewinnsteigerung dienen. Insofern ist der Ersatz dieser Kosten insoweit gerechtfertigt, als sich der Nutzeffekt in der Haftzeit zugunsten des Vers auswirkt. Im Einzelfall bedarf es wegen der schwierigen Überlappungen dringend entsprechender Vereinbarungen zwischen den Parteien. Im Streitfall müßte eine schwierige Abschätzung im Sinne des § 287 ZPO vorgenommen werden. Soweit der Vmer auch während des Betriebsstillstandes Werbungsmaßnahmen vornimmt als sogenannte Erinnerungswerbung, und der Ver damit nicht einverstanden ist, läßt sich eine Ersatzpflicht des Vers in entsprechend gelagerten Fällen auch damit begründen, daß es sich in Wirklichkeit um fortlaufende Kosten handelt, die für die später bevorstehende Aufnahme des Betriebes unerläßlich sind. Veröffentlichte Gerichtsentscheidungen zu umstrittenen Weisungen des Vers im Bereich der Betriebsunterbrechungsv gibt es nicht. BGH 26. IX. 1984 VersR 1984 S. 1161-1162 zitiert zwar für die Weisungsbefugnis des Vers sowohl § 13 Ib) AFB 30 wie auch § 10 Nr. 2 a) FBUB. Indessen war der Streitpunkt die Frage, ob die vom Rauch verschmierten Kunststoffwannen einen T o t a l s c h a d e n erlitten hatten oder nach einer a l k a l i s c h e n R e i n i g u n g im W i s c h v e r f a h r e n wieder zum G a l v a n i s i e r e n von Kunststoffen benutzt werden konnten. Es ging demgemäß um eine nach dem Vortrag des Vmers unzutreffende Bewertung des Sachvsschadens durch den Sachverständigen des Vers mit der Folge eines Zusammenbruchs des Unternehmens, nachdem zwei Versuche zur Wiederaufnahme der Produktion nach einer vergeblichen Reinigung der Wannen gescheitert waren. Da das Sach- und das Unterbrechungsrisiko bei dem nämlichen Ver abgedeckt waren, spielte die bezüglich des Sachschadens fehlende Entscheidungsbefugnis des Unterbrechungsvers für den Ausgang des Rechtsstreits keine Rolle. Festzuhalten ist aber, daß ein Unterbrechungsver für durch etwaige fehlerhafte Weisungen eines von ihm beauftragten Sachverständigen entstehende Schäden haften würde, da dieser als Erfüllungsgehilfe des Vers im Sinne des § 278 BGB einzuordnen ist (BGH 26. IX. 1984 a.a.O.).

Johannsen/Johannsen

983

Sachregister A Abbruchgenehmigung H 150 Abbruchkosten H 150, H 200 Abhandenkommen von Sachen C 8, G 103, G 125, G 149, H 30 Abschluß des Vsvertrages D 2 0 - 4 5 Abschlagzahlungen H 211 Abtretung des Entschädigungsanspruchs bei Veräußerung des verten Gebäudes H 174, J 117 bei der V für fremde Rechnung J 137 bei Wiederherstellungsklauseln J 13, J29-31 Abtretungsverbot nach § 98 J 29 Abweichung von der Mehrgefahrendeckung H 31 Agent, Vsagent Ausfüllen von Formularen durch den A. G 15 Α. als Auge und Ohr des Vers G 13, G 116 Einschränkung der Empfangsvollmacht G 14 Mitwirkung des A. bei der Bestimmung des Vertragsinhalts H 179-180, H 243 Alles - oder Nichts - Prinzip G 1, G 139141, H 78, H 71 Alkoholkonsum H 53 All-Risks-Deckung H 43 Anfechtung wegen arglistiger Täuschung G 21 Angehörige, Familienangehörige G 53-54, H 69, J 121, J 134 Anmeldung der Hypothek J 14, J 36, J 38 Annahmefrist D 3 6 - 4 0 , zu D 20 5. Anprall oder Absturz eines Flugkörpers H 29 Anscheinsbeweis H 46, H 74 Antennenanlagen H 129 Antragsmodell für den Vertragsschluß zu D 20 3. Anwartschaftsrecht H 86, H 93, H 95, J 119 Anwendungsbereich der §§ 81-107c A 33-34 des § 90 G 92 des § 9 1 F 12

des § 9 6 E 10 der §§ 97-107 c J 25 Anzeichenbeweis, Indizienbeweis H 74, H 76 Anzeigepflicht, Anzeigeobliegenheit bei Doppelv Β 6 - 1 4 , G 93 bei Gefahrerhöhung G 56, G 60 bei Veräußerung der vten Sache G 94-96, J 120 vorvertragliche G 2-23 im Vsfall G 97-114, H 205, H 233 nach § 10 F B U B G 90, Κ 4 Arbeitsgeräte Η 106, Η 113, J 121 Arglistige Täuschung G 21, G 128, G 136140 Arresthypothek J 6 Aufgebot von Wertpapieren C 17, H 157 Aufklärungsbedürftigkeit des Vers G 117 Aufklärungsobliegenheit G 115-147 Aufnahme und Veränderung von Betrieben als Gefahrerhöhung G 33, G 57, G 6 6 67, H 122 Aufräumen der Schadensstätte H 201-202 Aufräum- und Abbruchkosten H 150, H 200-201 Aufwendungen G 159, H 154, Κ 21 Augenblicksversagen Η 58 Auge- und Ohr-Rechtsprechung G 13, G 116 Ausbreiten des Feuers aus eigener Kraft H 5 Auskunftspflicht des Vers J 92 Ausschlußtatbestände H 7 - 9 , H 3 2 ^ 6 Außenv C 6, H 137-141 Auszahlung der Vsentschädigung H 2 0 5 217 bei Wiederherstellungsklausel J 32-35 Auszahlungsfrist H 210 Automaten, Geldautomaten H 102, H 124 Autonome Satzungen A 16 AVB Abänderung A 38, zu A 38 2. und 3. G 66-69 Einbeziehung in den Vsvertrag D 20, zu D 20 Genehmigung, Abschaffung der Genehmigung A 20, zu A 20

985

Sachregister

Bar Β

Bargeld Η 97, Η 157 Bauunternehmerarbeitsgemeinschaften Β 4 Belege, Belegpflicht G 125 Belehrung des Vmers über die Berechnung des Vswertes H 180 über Folgen des Prämienverzuges F 11 über Leistungsfreiheit bei folgenlosen Obliegenheitsverstößen G 134 über das Widerrufsrecht nach § 8 E 6, E 8 über das Widerspruchsrecht nach § 5 a zu D 20 Bereicherungs verbot H 143-144 Beschlagnahme der Vsforderung J 19 Bestätigung der Anmeldung der Hypothek J 90-91 Beteiligung Dritter am Vsvertrag J 1-149 Betriebsangehörige H 104-105, H 113, H 151-153, J 125 Betriebsbeschränkungen H 146 Betriebseinstellung in der Betriebsunterbrechungsv Κ 22-23 als Gefahrerhöhung G 40 Betriebseinrichtung H 96, H 151 Betriebsschäden H 8 Betriebsschädenklauseln H 7-11 Betriebsstätte C 7, Κ 8-11 Betriebsunterbrechungsv A 4-6, Κ 1-45 Bewegungs- und Schutzkosten C 15, Η 203 Beweislast, Beweislastverteilung bei der Anzeigepflicht nach §33 G 111114 bei der vorvertraglichen Anzeigepflicht G 23 bei Ausschlußtatbeständen H 14, H 46 bei der Aufklärungsobliegenheit G 142146 bei Blitzschäden H 19 bei Explosion H 28 bei der Rettungspflicht G 155-157 für den Rettungskostenersatz G 166 bei Sicherheitsvorschriften G 85-86 bei § 99 J 35 bei § 102 J 61 bei § 103 J 67 bei § 104 J 74 bei Herbeiführung des Vsfalles H 73-80 Blitz, Blitzschlag H 15-18 Blitzschäden an elektrischen Leitungen H 13, H 17, H 18 Blockv C 6, H 86 Brand C 2, H 3-14, H 21 Brandort H 7 Brandreden G 34, H 51, H 67 Brandstiftung G 121, H 73, H 74, H 76-77 986

D Darlegungslast G i l l Datenschutzermächtigungsklausel D 30 Dauer des Vsvertrages E 1-19 Dekontaminationskosten H 201 Differenzv C 50 Doppelv Β 5-14, G 92, J 60, Κ 24 Dritte, Beteiligung Dritter am Vsvertrag J1-149 Drohungen als Gefahrerhöhung G 34 Duldung von Untersuchungen durch den Ver G 116, G 123 E EG-Richtlinien A 38, zu D 20, D 52 Ehegatten als Miteigentümer in der Hausratv J 135 als Repräsentanten G 53 bei Wohnungswechsel H 134-136 Eigentum als Voraussetzung der V J 102 V fremden Eigentums H 93-95, J 102, J 104, J 122-123 Eigentumsvorbehalt H 86, H 93, H 95, J 119 Einbeziehung von A G B in Vsverträge A 36, A 38, zu A 38 2. und 3., zu D 20 3. Einlagerung feuergefährlicher Sachen G 35 Einlösungsklauseln F 11 Einschränkung der Empfangsvollmacht des Agenten G 14 Einstehen für Dritte G 47-56, H 69-70 Einziehung der Vsentschädigung durch den Hypothekengläubiger J 14 Eisenbrände H 3 Elektrische Anlagen, fehlerhafte G 36 Schäden an elektrischen Anlagen H 13 Eltern als Repräsentanten G 54 Entschädigungsberechnung H 160-175 Entwertungsgrenzen H 148 Erbbaurecht J 3 Erdbeben H 38, H 41 Erhebungen, nötige H 207 Erkundigungspflicht des Vers G 120 Erlöschen des Anspruchs aus § 102 J 59 der Hypothek J 16 Ersatzwert A 42, H 146, H 150, H 154 Erstprämie F 11, J 41 Erstreckung der Hypothek auf die Vsforderung J 5 Ertragsausfallv A I O Europarecht D 29, zu D 20, D 52 Explosion H 20-28 Extended Coverage - Deckung A 35, H 41

Großbuchst, und Ziffer = Anm. [...] F Fälligkeit der Prämie F I O des Rettungskostenersatzanspruchs G 162 der Vsentschädigung H 207 Fahrlässigkeit Abgrenzung von einfacher und grober Fahrlässigkeit bei § 61 H 55-58 bei Obliegenheitsverletzung G 82 Einzelfälle H 59-68 Fermentationsschäden C 2, H 11, H 66 FertigungsVorrichtungen H 100 Feststellung des Vswertes H 142-159 Feuer Ausbreitung H 5 vsrechtlicher Begriff H 3 als verte Gefahr H 3-14 bestimmungsgemäßer Herd des Feuers H4 Feuerhaftungsv A 35, J 149 Feuerschutzsteuer A 18, G 165 Feuerstätten als Gefahrerhöhung G 37 Feuerwehr G 165 Folgeprämie F 12-13, J 39, J 49 Folgeschaden C 10, H 12-13, H 17, H 26-27 Fortsetzung des Vsvertrages mit dem Hypothekengläubiger J 80 Fremdeigentumsklauseln C 49, J 122-126 Fritteuse als Brandursache H 62 Fundamente H 89 G Garagen in der Nähe des Vsortes H 127 Gasdruckschäden H 27 Gebäude Begriff H 89, H 91 Gebäudebestandteile H 89, H 91, H 115 Gleichartigkeit des neuen Gebäudes H 172 Vswert von Gebäuden H 147-150 Gebäudev H 9 1 , J 12, J 127 Gebrauchsgegenstände von Betriebsangehörigen H 104-106, H 123, H 151-153, J 125 Gedehnter Vsfall Κ 3 Gefahr C 2, Η 3-31 Gefahrerhöhung G 24-73 erhebliche G 27, G 30 Dauerzustand G 32 Gefahrenkompensation G 29, G 68 objektive Gefahrerhöhung G 59 subjektive Gefahrerhöhung G 43 durch Unterlassen G 44 vom Gesetz abweichende Vereinbarungen G 64-69

Hyp

Geldersatz H 161 gemeiner Wert H 150, H 153 Geschäftsgebäudev H 90 geschäftsplanmäßige Erklärungen A 21, Β 14 Geschäftsunterlagen Η 99 Geschichte der Feuerv A 49-63 Gesundheitsschädigungen G 165 Gewinn H 154 Gewinninteresse Κ 2 Gewinnschaden C 11, C 14, Κ 37 Gewohnheitsrecht A 12, Η 2 gewohnheitsrechtliche Erfüllungshaftung Η 243 gleitende Neuwertv F 6, F 7, Η 147 Glimmen und Glühen, Glimmschäden Η 3 grobe Fahrlässigkeit G 82, H 55-68 Großrisiken zu A 45-46 Grundbuchauszug A 42 Grund- und Rentenschuld J 3, J 96, J 97 Grundstücke H 88 Grundstücksbestandteile H 158 Grundstücksgeschäfte Κ 37 Η Haftpflichtinteressen Einbeziehung in Sachvsverträge J 107— 111 Haftpflicht Bedeutung für den Regreß gegen den Mieter J 111 für das Feuerregreßabkommen J 143 Haftung der Vsforderung für die Hypothek J 5-10 Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit im Mietvertrag J 107 Haftzeit Κ 17 Hauptpflichten des Feuervers Η 1-239 Hausrat Η 108, Η 159, J 121 Hausratv V fremder Interessen in der Hausratv J134-136 verte Sachen in der Hausratv H 108-119 Vswertbestimmung in der Hausratv H 159 Herbeiführung des Vsfalls H 47-88 durch den Hypothekengläubiger J 57 Herd, bestimmungsgemäßer H 4 Herstellungsaufwand H 154 Hypothek J 1-99 Hypothekengläubiger J 1-99 Mehrheit von Hypothekengläubigern J81 987

Sachregister Schutz des Hypothekengläubigers durch BGB-Vorschriften J 5-23 durch WG-Vorschriften J 24-99 Hypothekenhaftung J 2, J 5-15, J 18-20 Hypothekeninteressev A 27, J 79 Hypothekenvsscheine J 20, J 77 I Implosion H 24 Indizienbeweis H 74, H 76 Inhaltskontrolle von AGB A 44, G 14, G 67-69, G 93, G 100, G 145 innere Unruhen A 9, H 37, H 40-41 Insolvenzverfahren D 12, J 66 Interesse C 20-56 Anwartschaftsinteresse C 23-24, H 95, J 102, J 123-126 Nutzungsinteresse C 37, J 102 Sacherhaltungsinteresse J 104 Sachersatzinteresse C 34, C 40, J 106, J 116 Substanzinteresse C 25-26, C 53 Verwertungsinteresse C 37, J 102 Interessewegfall E 1 Κ Kapitalmangel Η 146 Kausalität bei Anzeigepflichtverletzung G 107 bei Verletzung der Aufklärungsobliegenheit G 133,G 144 bei Ausschlußtatbeständen H 44 bei Herbeiführung des Vsfalles H 51 bei mitwirkenden Ursachen H 45 bei Verletzung der Rettungspflicht G 157 Kenntnis des Vers von anzeigepflichtigen Umständen G 12 des Vers vom Eintritt des Vsfalls G 98 des Vmers von den die Gefahrerhöhung begründenden Umständen G 45 Kernenergie H 39, H 42 Kerzen G 38, H 5, H 61 Kinder als Repräsentanten G 55 Klagausschlußfrist J 58 Klarstellungserfordernis Β 11, G 84 Körperschäden G 160, G 165 kollusives Zusammenwirken zwischen Vmer und Vsagent G 16 Kommissionär C 44, C 46, D 7 Konkurrenzen Gefahrerhöhung und vorvertragliche Anzeigepflicht G 71 Gefahrerhöhung und Sicherheitsvorschriften G 72, H 82 988

Gefahrerhöhung und § 61 G 73, H 81 § 61 und § 62 II H 83 Konkurs (Insolvenz) des Vmers J 66 Konkursordnung A 19, D 12 Kontrahierungszwang nach § 105 J 77 Kosten des Schverständigenverfahrens H 239 Kostenersatz H 199-203 Kostenv C 15-17, Κ 31-43 Kraftfahrzeuge, Anhänger und Zugmaschinen Η 101, Η 116 Krieg und Kriegsereignisse A 9, Η 35-36 Kündigung nach § 8 E 3-8 nach § 2 4 G 57 nach § 2 7 G 60 nach § 3 1 F 8-9 nach § 4 1 G 22 nach § 96 A 40, E 9-13, H 72 von Arbeitnehmern Κ 40 bei belasteten Grundstücken J 83-89 wegen unterlassener Prämienzahlung J 40 bei Verletzung von Sicherheitsvorschriften G 81 Kündigungsobliegenheit des Vers G 84 L Lagerhalter C 44, C 46, D 7 Landwirtschaftliche V H 92 Lastschriftverfahren F 11 Lebensgefährte als Repräsentant G 54 Leerstehen von Wohngebäuden G 39 Leitungen, elektrische H 89, H 91 Leistungsablehnung G 127, H 207 Leistungsfreiheit bei Verletzung der Anzeigepflicht G 96, G 109 bei Verletzung der Aufklärungspflicht G 132 Bestehenbleiben der Eintrittspflicht gegenüber dem Hypothekengläubiger trotz Leistungsfreiheit J 45-68 bei Gefahrerhöhung G 58, G 61 bei Herbeiführung des Vsfalles H 71 bei Verletzung der Rettungspflicht G 154 bei Verletzung von Sicherheitsvorschriften G 82 Löschen, Niederreißen oder Ausräumen G 149, H 30 Löschkosten G 165 Lötarbeiten als Brandursache H 64 M Makler, Vsmakler Maklerklausel D 28

Großbuchst, und Ziffer = Anm. [...] Mitwirkung beim Vertragsschluß G 17, H 180, Κ 29 Makler als Repräsentant G 56 Manuskriptv C 13 Maßnahmen eines militärischen Befehlshabers H 35 Mehrheit von Hypothekengläubigern J 81 Mehrwertsteuer, Umsatzsteuer Κ 34 Mietausfallschaden Η 204 Mietausfallv A 63, H 2 0 4 J 128 Mieter Einrichtungen des Mieters H 89, H 110, J 104, J 127 Mieter als Repräsentant G 52, G 66 Sachersatzinteresse des Mieters J 105— 110, J 114 Mitteilungspflichten des Vers gegenüber dem Hypothekengläubiger J 4 2 - 4 4 Mitverte Personen Familienangehörige J 133-136 Mieterund Pächter J 105-111, J 114-116 Wohnungseigentümer J 130-132 nach dem Regreßverzichtsabkommen J140-148 in der V für fremde Rechnung J 100-139 Monopolanstalten Β 1-2, Β 16-28 Ν Nachbar, Nachbargrundstück Η 6, Κ 3 Nachbarschaftsschäden J 141-142 Nachhaftung Κ 15 Nachschaden C 18, Η 146 Naturerzeugnisse Η 156 Nebengebühren E 3 Nebenpersonen des Vsvertrages Β 3 5 - 4 0 Nebenpflichten des Vers Η 240-244 Neubauwert Η 147 Neuwert bei beweglichen Sachen Η 151 bei Gebäuden Η 147-150 bei Hausrat Η 159 Neuwertentschädigung Η 143-144 Neuwertv C 9, C 19, Η 144, Η 147-159, J 8 Nießbrauchsrecht J 3, J 96, J 137 Nutzfeuer H 7-10, H 23 Nutzungsausfall H 204 Nutzungsinteresse J 103 O Obhut, Obhutspflichtiger H 94, J 105-110, J 124 Obliegenheiten G 1-166, Κ 4, Κ 5 Anzeige der Veräußerung der vten Sache G 94-96 Anzeige des Vsfalls G 97-114

Ran

Anzeige weiterer Ven G 91-93 Anzeige des Wohnungswechsels G 89 Auskunfts- und Aufklärungso. G 115-147 Gefahrerhöhung G 24-73 O. des Führens von Verzeichnissen G 87 Kündigungso. des Vers G 84 Risikoprüfungso. des Vers G 7 Schadensabwendungs- und Minderungso. G 148-166, Κ 5 Vertragliche O. vor Eintritt des Vsfalls G 74-90 vorvertragliche Anzeigepflicht G 2-23 O. des Hypothekengläubigers J 56 O. des Vten J 101 Öffentlich-rechtliche Wettbewerbsanstalten Β 29-34 Österreichisches Recht Η 213, J 4 Oxydation Η 3 Ρ Pächter als Repräsentant G 52, G 66 als Vter J 102 Sachersatzinteresse des P. J 105-114 Parteien des Feuervsvertrages Β 1-34 des Sachverständigenverfahrens Η 221 Pfändung der Entschädigungsforderung J 19 Pfahlgründungen Η 89 Pfandleiher C 47, D 6 Pfandrecht des Hypothekengläubigers J 5, J11-17 Plastikeimer G 41, Η 60 Policenmodell zu D 20 3. Politische Gefahren Η 3 6 - 3 7 Polizei, Anzeige bei der P. G 103, G 105 Positionenerläuterung H 86-107 Prämie Belehrung über Verzug mit der P. F 13 Fälligkeit F I O P. als verter Schaden Κ 36 P. bei der Stichtagsv F 7, H 197 Veränderung der P. F 4 Prämienanpassungsklauseln F 6 - 7 , G 66, H 147 Prämiensätze F 3 Prämienzahlungspflicht F 3-13 Prima-facie-Beweis H 74 R Radioaktive Isotope H 42 Rangverhältnis mehrerer Grundpfandgläubiger J 17, J 19, J 73

989

Rau

Sachregister

Rauchen im Bett H 68 Realberechtigter Β 40, J 1-99 Reallast J 3, J 96 Rechtsirrtum, Verbotsirrtum G 82, G 106 Rechtsmißbrauch bei Risikoprüfung G 7 bei arglistiger Täuschung G 140 Rechtspflichten des Vmers F 1-13 Rechtspflichten des Vers H 1-239 Rechts Verordnungen A 15 Regreß des Vers gegen Dritte J 141 gegen Mieter und Pächter J 105-115, J122-124 gegen Wohnungseigentümer J 131 Regreßausschluß J 115, J 117 Regreß verzieht J 111, J 117 Regreßverzichtsabkommen der Feuerver J140-148 Relevanz G 134, G 145 Relevanzrechtsprechung G 108, G 134, G 145 Reparaturen H 162-166 Reparaturkosten H 162 Repräsentant Β 35-36, G 47-56, G 65, G 70, G 130, H 70, H 79 Repräsentantenklauseln G 66, G 130, H 79 Restwerte H 153, H 166, H 175 Rettungskosten G 158-166, H 202, Κ 44-45 Rettungspflicht G 148-166, Κ 4 Risikoausschluß durch § 61 Η 148 Risikoprüfung G 5, G 7 Risikoumschreibung C 4 Risikoverwaltung G 50, H 70 Rohstoffe H 154, H 156 Rückforderung der Vsentschädigung G 147, H 171 Rücktritt bei Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht G 18-20 Haftung des Vers trotz R. J 48, J 63 Rückwärtsv D 42 Rückwirkungsschäden Κ 11 S Sachen bewegliche Sachen H 93 verte S. H 85-119, J 102, J 127 Vswert beweglicher S. H 151-156 Sacherhaltungsinteresse J 104 Sachersatzinteresse C 34, C 40, J 106, J 116 Sachschaden Κ 7 Sachverständigenverfahren H 218-239, Κ 19 990

Sanierungskonzept des Vers G 151 Schadenanzeige G 97-114 Schadenereignis C 1, H 2 übergreifendes Sch. nach dem RVA J 141 Schadenersatzverpflichtung des Vers wegen mangelnder Beratung H 147, H 243 wegen falscher Weisungen G 151 Schadensersatzverpflichtung des Vmers wegen arglistiger Täuschung G 135 Schiedsgutachterverfahren H 220 Schmelzmassen, glühendflüssige H 10 Schmerzensgeld G 160 Schmucksachen in der Hausratv H 119 Schriftform des Antrages D 21-23, zu D 20 der Schadenanzeige G 100 der Auskunft G 116 Schuldfähigkeit H 53 Schweißarbeiten als Brandursache H 64 Schwungradschaden H 24 Selbstbehalt H 198 Selbstentzündung von Heu H 11, H 66 Selbstv Β 5-14, C 11 Sengschäden H 4, H 5, H 7-8, H 12, H 23 Sicherheitsvorschriften G 75-86, H 56 behördliche G 78 gesetzliche G 77 vereinbarte G 79 Einzelfälle G 83, H 59-68 Sicherung der Wiederherstellung H 171— 173, J 28 Sicherungseigentum H 93, H 95, J 120, J123,Κ 7 Sicherungsgrundschuld J 98 Sicherungsscheine H 93, J 138 Spediteurfeuerv C 41-42 Speditionsgüter H 192 Stichtagsklauseln H 187-188 Stichtagsv H 187-192 Strafgesetzbuch A 17 Subsidiaritätsklauseln G 165, H 105, H 119, H 161

Subsidiaritätsv C 50 Substanzinteresse C 25-26, C 53 Summenanpassungsklauseln F 7, H 193194 Summenausgleich H 186 Summenmäßige Leistungsbegrenzung H 176-198, Κ 12 Τ Taxe H 145 Taxverbot H 145 Technische und kaufmännische Betriebseinrichtung H 151

Großbuchst, und Ziffer = Anm. [...] Teilkündigung £ 10 Teilschaden H 162, Κ 20 Terroristen Η 36-37 Tod des Vmers E 2, Η 159 Totalschaden Η 162 Trennung von Ehegatten in der Hausratv Η 134-135 Treuhänder für Prämienanpassungen F 6 Treuhänderstellung des Vmers für den VtenJ 137 Trunkenheit H 53 U Ubergang der Hypothek nach § 104 J 69-75 des Vsvertrages nach § 69 G 95 Überschreitung der Vssumme H 178 Überschreitung der Frist für die Wiederherstellung H 175 Umfang des Anspruchs des Hypothekengläubigers J 8 im „kranken" Vsverhältnis J 54 Umsatzsteuer Κ 34 Unberechtigte Verweigerung des Vsschutzes G 141 Ungerechtfertigte Bereicherung G 147, H 171 Unterbrechungsschaden Κ 2, Κ 5, Κ 18 Unterlassen bei Gefahrerhöhung G 44 bei der Herbeiführung des Vsfalls H 50 Untermieter, Sachen des H 114, H 118 Unterv H 86, H 177-178, H 182 Begrenzung der Rettungskosten durch U. G 164 U. in der Betriebsunterbrechungsv Κ 12 Vereinbarungen zur Vermeidung der U. Η 181 Urkunden Η 98, Η 124 V Veränderungsverbot G 124 Veräußerung eines Betriebes Κ 2 des vten Gebäudes Η 174, J 117 der vten Sache G 94-96 Verbot der V des Selbstbehalts Β 15, G 88 Verbraucherinformation zu D 20 4. Verbrauchsteuern Κ 34 Verjährung des Anspruchs aus § 102 J 58 Verkaufspreisklauseln Η 95, Η 155-156 Verkaufswert Η 155 Verlängerungsklauseln E 3, E 4 Verlobte als Repräsentantin G 54 Verschlußregelungen H 124

Vor

Verschulden des Vmers G 11, G 69, G 82, G 106, G 134, G 154 Versehensklausel H 190 Vte Gefahr C 2, H 3-31 Verter Β 39, J 100-139 Vertes Interesse C 20-56 V für fremde Rechnung J 100-139 in den AFB 30 H 94, J 102-121 in den AFB 87 H 94-95, J 122-125 bei V beweglicher Sachen J 118-121 bei V von Gebäuden J 122 Geltendmachung der Rechte des Vten J137-139 in der Hausratv Β 39, J 137 Rechtsstellung des Vten Β 39, J 137 Treuhänderstellung des Vmers J 137 bei Veräußerung des vten Gebäudes J 117 in der Wohngebäudev J 127-132 bei Wohnungseigentum J 130-132 V auf Erstes Risiko G 164, H 195, H 202, Κ 12 Vsbeginn formeller D 41 materieller D 42 Vsfall C 3, H 2, H 52, Κ 3 Vsmakler D 28, G 17, G 56, H 180, Κ 29 Vsort C 4-6, H 120-141, H 243, Κ 8 Vspflicht D 1-19 Vssumme H 176-198 Begrenzung der Rettungskosten durch die Vssumme G 163 Vstechnik A 3 Vsunternehmen Β 1-2 Vswert Η 142-158 beweglicher Sachen Η 151-158 Entwertungsgrenzen Η 148 von Gebäuden Η 147-150 gemeiner Wert Η 150 maßgebender Zeitpunkt Η 146 Neuwert Η 143-144, Η 147-159 Vereinbarung von Taxen Η 145 Vswert 1914 Η 147, Η 182 Zeitwert Η 149 Vertragsschluß D 20-45 Vertragsstrafe Κ 15, Κ 43 Vertrauenspersonen als Repräsentanten G 56 Vertriebskosten H 154 Verwahrlosung von Gebäuden G 39-40, H 67 Verwirkung des Vsanspruchs A 41, G 136, G 139-141 Verzug H 214-217 Vorbehaltseigentum H 86, H 93, H 95, J 119, J 123, J 136 Vorerstreckungstheorie G 152, G 158, Κ 5

991

Sachregister

Vor vorläufige Deckungszusage A Fll Vormerkung J 3 , J 6 , J 9 6 Vorräte H 89, H 103, H 187 Vorsatz H 54 Vorschußpflicht G 162 Vorsorgev H 107 vorvertragliche Anzeigepflicht G 2-23 anzeigepflichtige Umstände Fragen des Vers G 5 - 6 Risikoprüfungsobliegenheit

G 4

gemäß § 5 a zu D 20 5. bei Summenanpassung F 7 Winkelschleifgeräte als Brandursache H 65 Wissenserklärungsvertreter G 48, G 130 Wissenszurechnung G 13, G 48, G 130 Wohnung des Vmers H 111, H 113, H 125127, H 138-139 Wohnungsänderung H 133-136, J 93-95 Wohnungseigentum Β 3, D 8, J 129-132

G 7

Ζ

37, D 20,

D 25,

W Wahrheitspflicht G 120-122 Wahrscheinlichkeit, überwiegende H 40, H 47, Κ 7 Waldbrandv C 12, C 32, D 14 Waren H 154, H 156, Κ 33 Wasserfahrzeuge Η 117 Wegfall des vten Risikos E 1, Η 159 Weisungen des Vers G 151, Κ 45 Wertminderung Η 162, Η 164 Wertpapiere Η 98, Η 124, Η 157 Wertsteigerung Η 165 Wertzuschlagv Η 184 Wettbewerbsanstalten, öffentlich-rechtliche Β 29-34 Wiederaufbaubeschränkungen Η 167-168, Η 175, Κ 26 Wiederherstellungsklauseln Η 150, Η 169175, J 21-23, J 26-28, J 80 Wiederherstellungswert Κ 24 Widerruf nach § 8 E 6, E 8 Widerspruch des Hypothekengläubigers gegen Zahlung an den Vmer J 14

992

Zahlung der Vsentschädigung Η 205-217, J 139 Zahlungsaufschub H 209 Zahlung unter Vorbehalt H 216 Zeitliche Abgrenzung des Vsschutzes H 84, Κ 3 Zeitwert Η 144, Η 148-149, Η 152 Zinsen Η 212, Η 217, Κ 32 Zubehör Η 88-89, Η 91, Η 96, J 5 Zusatzbedingungen für die einfache Betriebs-Unterbrechungsv (Klein-BUV) A 31, Κ 16 Zusatzbedingungen für Fabriken und gewerbliche Anlagen A 26 Zusatzbedingungen für landwirtschaftliche Ven A 25, D 15 Zustimmung des Hypothekengläubigers zur Kündigung des Vertrages J 86-87 Zwangshypothek J 6 Zwangsverwalter als Repräsentant G 55 Zwangsvollstreckung J 5, J 13-16, J 19, J54

Sachregister für die Betriebsunterbrechungsversicherung A Abschätzungsproblematik Κ 19 Abschreibungen Κ 38 Anlaufkosten Κ 39 Anprall ober A b s t u r z eines bemannten Flugkörpers Κ 7, Η 29 Anrechnung von Vorteilen Κ 25 Anschlußgleise Κ 8 Anzeigepflicht nach § 10 F B U B Κ 4, G 90 Aufwendungen, wesentliche Κ 21 Ausfuhrzölle Κ 34 Ausgangsfrachten Κ 35 Ausschlußtatbestände Κ 26-30, Κ 32-37 Außergewöhnliche Ereignisse Κ 26, Κ 27 Β Bagatellschäden Κ 21 Bereicherung Κ 25 Betriebseinstellung Κ 22-23 Betriebsgewinn Κ 24 Betriebsgrundstück Κ 8 Betriebskosten Κ 18 Betriebsrisiko Κ 40 Betriebsstelle Κ 8-11 Betriebsstellen in fremden Unternehmen Κ 10

Vielzahl von Betriebstellen Κ 9 Betriebsstoffe Κ 33 Betriebsunterbrechungsv allgemeine Grundlagen A 4 - 6 Beweislast Regelung in § 2 N r 4 F B U B Κ 7 Brand Κ 7, Η 3-14 Brandlöschungspflicht Κ 5, Κ 44 D Doppelversicherung Κ 24

F Frachtzahlungen Κ 35 G Gedehnter Vsfall Κ 3 Gehälter Κ 40 Geschäftsgewinn Κ 18 Gewinn, nicht mit dem Betrieb zusammenhängender Κ 37 Gewinninteresse Κ 2 Grundstücksgeschäfte Κ 37 Η Haftzeit Κ 17 Hilfsstoffe Κ 33 Κ Kapital, fehlendes Κ 26, Κ 30 Klauseln 8108 Κ 11 8110 Κ 7 8112 Κ 28 8401 Κ 9 8403 Κ 10 8504 Κ 13-14 Klein-BU-Versicherung Κ 16 Kosten Κ 31-43 fortlaufende Κ. Κ 32 K ü n d i g u n g von Arbeitnehmern Κ 40 K ü n d i g u n g nach § 96 A 40 Kündigungsschutz Κ 40 Kurzarbeit Κ 41 Kurzarbeitergeld Κ 41

Lieferfähigkeit Κ 18 Lizenzgebühren Κ 36 Löhne Κ 40

E Einheitsvssumme Κ 16 Erfindervergütungen Κ 36 E r h ö h u n g der V s u m m e Κ 13

M Mietzahlungen Κ 42 Mittlere B U - V Κ 15 993

Nac

Sachregister für die Betriebsunterbrechungsversicherung Ν

Nachhaftung Κ 15 Ρ Pachtzahlungen Κ 42 Paketporti Κ 35 R Rettungspflicht, Beginn Κ 4 Rettungskosten Κ 4 4 - 4 5 Brandlöschkosten Κ 44 Maßnahmen zur Wiedergewinnung der Betriebsleistung Κ 45 Weisungen des Vers Κ 45 Rohstoffe Κ 33 Rückwirkungsschäden Κ 11

V Veräußerung eines Betriebes Κ 2 Veräußerungsklausel Κ 24 Verbrauchssteuern Κ 34 Vergrößerung des Unterbrechungsschadens Κ 26-28 Verkaufspreisklausel Κ 24, Κ 33 Vsfall, gedehnter Κ 3 Vsort Κ 8-11 Vsprämien Κ 36 Vssumme Κ 13 Erhöhung der Vssumme Κ 16 Vertragsstrafen Κ 43 Vertragsstrafenregelung Κ 15 Vorerstreckungstheorie Κ 5 Vorsteuerabzug Κ 34 W

S Sachschaden Κ 7 Sachverständigen verfahren Κ 19 Schadenermittlung Κ 18 Schadenvergrößerung Κ 26 Schmelzmassen, glühendflüssige Κ 7, Η 10 Schrifttum Κ 1 Selbstständigkeit der BU-V Κ 6 Strafregelungen Κ 14 Summenmäßige Begrenzung der Leistungspflicht Κ 12

Wahrscheinlichkeit, überwiegende Κ 7 Waren Κ 33 Wasseranschlüsse Κ 8 Wasseraustritt Κ 7 Werbungskosten Κ 45 Wiederaufnahme des Betriebes Κ 23 Wiederaufbau- und Betriebsbeschränkungen Κ 26 Wiederbeschaffungswert Κ 24 Wiederherstellungswert Κ 24 Ζ

Τ Teilschäden Κ 20 Transportmittel Κ 8 U Umsatzsteuer Κ 34 Unterbrechungsschaden Κ 2, Κ 5, Κ 18 Unterv Κ 12

994

Zeitliche Abgrenzung der Leistungspflicht Κ 3 Zinsen Κ 32