Kölner Römerillustrierte 1: Römisch-Germanisches Museum der Stadt Köln [1]

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Kölner Römerillustrierte 1: Römisch-Germanisches Museum  der Stadt Köln [1]

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L eöffnet täglich von

Im pressum Herausgeber: Römisch-Germanisches Museum der Stadt Köln Gesamtleitung: Prof. Dr. Hugo Borger Chef vom Dienst: Dr. Jörgen Bracker Redaktion: Dr. Maria Wellershoff Autoren: Dr. Eva-Maria Cahn (Ca.) — Gerd Biegel, M. A. (Bie.) — Prof. Dr. Hugo Borger (Bo.) — Dr. Jorgen Bracker (Br.) — Inciser Damm, Dipl.-Arch. (Da.) — Dr. Ursula

Bracker-Wester (Br.-We.) — Dr. Brigitte und Dr. Helmut Galsterer (Ga.) — Dr. Hansgerd Hellenkemper (He.) — Dr. Peter La Baume (La B.) — Dr. Andreas Liniert (Li.) — Dr. Daniela Linfert-Reich (Li.-R.) — Dr. Walter Meier-Arendt (M.-A.) — Dr. Günter Ristow (Ri.) — Christoph Röring (Rö.) — Dr. Sven Seiler (Sr.) — Dr. Maria Wellershoff (Wf.) Fotografische Aufnahmen: Hildegard Weber u. a. vgl. Bildnachweise S. 272

Wir, beim Aufbau des „Römisch-Germanischen . . ,“,am 12. Dezember 1973

Layout: Christoph Laeis, Ass: N. Faust Gestaltung des Umschlages: Rosemarie Roden nadi einem Foto von Hildegard Weber 2. Umschlagseite und einige fotografische Aufnahmen: Henry Maitek Reproduktion und Offsetdruck: Druckhaus Deutz GmbH, Köln Beziehbar über: Verwaltung der Museen der Stadt Köln, 5 Köln 1, Columbastr. 5

Lieber Leser, nun halten Sie also die erste „KÖLNER RÖMER-ILLUSTRIERTE“ in Ihren Händen. Ich hoffe, Sie haben viel Spaß an den schönen Bildern und finden Interesse an den Texten, die zu jedem Bild und den vielen Denkmälern des Museums geschrieben sind. Vor allem aber hoffe Sch sehr, daß Sie durch unsere Illustrier­ te angeregt werden, möglichst oft in das neue Römisch-Germanische Museum zu kommen: Sie selbst, mit Ihrer Familie, Ihren Freunden und den vielen Besuchern, die es zu uns nach Köln zieht. Dort werden Sie dann, davon bin ich überzeugt, „Die Römer“ entdecken, wie Sie sie so auch in Köln nodi nicht erlebt ha­ ben. Und bei dieser Entdeckung soll Ihnen diese Illustrierte helfen. Vielleicht blättern Sie erst einmal nur. Sie wer­ den dann ziemlich sofort auf sehr viele Dinge stoßen, von denen Sie gar nicht wußten, daß es sie in Köln gab und gibt. Danach beginnen Sie vielleicht zu lesen, hier einmal und da ein­ mal. Die Texte haben meine Kolleginnen, Kollegen und ich so abzufassen versucht, daß man richtig neugierig werden soll und mehr wissen will. In unserem Museum erfahren Sie aber nicht nur mehr als in der Illustrierten steht, sondern Sie werden dort auch schnell feststellen, daß manches noch ganz anders ist, als es auf den Bildern aussieht. Und genau damit fängt Ihre ganz persönliche Entdekkungsreise an. Ein Museum ist nämlich ein Ort, an dem man lernen kann, daß vieles gar nicht so ist, wie man es eigentlich gedacht hat. Vorgefaßte Meinungen müssen geändert wer­ den. Sollten Sie dann mehr wissen wollen, dann fragen Sie uns, die Wissenschaftler, die dieses Heft für Sie geschrieben haben. Ein Museumsbesuch kann ein blankes Ver­ gnügen sein, wenn er einem nur einmal zu einer Selbstverständlichkeit gew orden ist. Das kann er ganz einfach werden. Sie müssen nur damit anfangen und sich dabei auch nicht von dem immer noch verbreiteten Vorurteil ab­ halten lassen: Was da so in einem Museum drin sei, das verstünden doch nur wenige. Was in einem Museum ist, kann Jeder ver­ stehen. Nur eines müssen Sie wollen: mit der Absicht kommen, sich ohne jedes Vorurteil erst einmal alles, was da ausgestellt ist, anzu­ sehen. Bummeln Sie, wie Sie sonst an Schau­ fenstern Vorbeigehen. Bleiben Sie nur stehen, wo Sie meinen, es lohne sich für Sie. Schon bald werden Sie dann merken: Es lohnt sich, wiederzukommen. In dem Römisch-Germani­ schen Museum lohnt es sich, alles anzuschauen. Wir haben es so eingerichtet, daß Sie immer etwas Neues finden können und dabei auch lernen werden, was es überhaupt damals alles schon gab. Halt, werden Sie sagen, aber was weiß ich denn schon von den Römern? Und: Latein kann ich doch gar nicht. Nun, das ist der Sinn der Sache: Sie sollen

eben in diesem wie in allen anderen Museen etwas sehen können, was Sie tatsächlich noch gar nicht kannten. Und was das Latein be­ trifft: Wir haben alles für Sie übersetzt, aber — damit Sie, wenn Sie wollen, auch ein biß­ chen Ratespaß haben können — natürlich auch die lateinischen Texte leserlich für jedes Denkmal in heutiger Schreibweise 3Üen Be­ schriftungen hinzugefügt. Vor allem aber: Zu jedem Stück, zum verstümmeltesten Stein, gibt es wenigstens einen erklärenden Satz, der Ihnen den Zusammenhang aufsdiiießt, wenn Sie ihn kennen lernen wollen. Aber nur, wenn Sie wollen, natürlich, denn vielleicht wollen Sie sich überhaupt mit dem bloßen Sehen be­ gnügen. Wir haben versucht, diese Illustrierte so abzu­ fassen, daß Sie Ihnen bei der Vorbereitung des Museumsbesuches helfen kann. Sie können Sie aber auch als Ihren Begleiter mit in das Mu­ seum bringen. Deshalb sind alle ausgestellten steinernen Denkmäler so wie sie im Museum aufgestellt sind, in einfachen Zeichnungen an ihren Standorten verzeichnet und auch die Beschriftung, die wir für jedes Stück herge­ steilt haben, ist mitgedruckt. Außerdem haben wir dann an die 300 Gegenstände für Sie neu aufnehmen lassen und dazu Texte geschrie­ ben, die die Dinge für Sie in denjenigen Zu­ sammenhang stellen, innerhalb dessen sie nach dem heutigen Stande unseres Wissens gesehen werden müssen. Wir wollen damit sicherstel­ len, daß Sie den gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Forschung kennenlernen. Oder anders ausgedrückt: Wir sind der Mei­ nung, daß es unsere Aufgabe ist, wissenschaft­ liche Forschung für Sie, den Besucher und Kunden unseres Museums, benutzbar zu ma­ chen. Wir haben uns alle Mühe gegeben, möglichst verständlich zu schreiben und überall da, wo dies nur möglich war, auf alle Fremdwörter entweder ganz verzichtet oder, wo dies nicht ging, sie erklärt. Demnächst wird dies uns sicher noch besser gelingen, denn dieses Heft sehen wir als einen allerersten Versuch, Deshalb habe ich eine Bitte: Lassen Sie uns wissen, was Ihnen an dieser Illustrierten gefällt und was nicht. Schreiben Sie uns, sprechen Sie mit uns. Ein Museum lebt von der lebendigen Teilnahme seiner Besucher, lebt auch von der Kritik und lebt von der Diskussion. Wir möchten, daß unser Museum ein sehr lebendiges Museum wird. Wir suchen das Gespräch mit unseren Besuchern und wir hoffen, daß Sie es nehmen, als das, was es sein soll: ein Haus, in dem man mit Verwunderung einsieht, daß das, was man von der Vergangenheit dachte, gar nicht stimmt. Es soll ein Haus sein, wo Sie begrei­ fen können: Wie alles so ganz anders ist. Wenn dies eintreten sollte, daß Ihre Meinung von der Vergangenheit sich ändert, dann ha­ ben wir viel erreicht, auch für unsere eigene

Gegenwart. Dann nämlich werden die Gegen­ stände, die aus einer längst versunkenen Welt stammen, zu Bestandteilen unserer eigenen Welt, Nichts nämlich wäre falscher als anzu­ nehmen, „Die Vergangenheit“ sei eine ver­ staubte, zu nichts mehr nutze Angelegenheit. Vielmehr lehren die Sachen und Kunstwerke in diesem und jedem anderen Museum, daß die Sachgüter und Kunstwerke über den Stel­ lenwert hinaus, den sie in ihrer eigenen Zeit und der jeweiligen geschichtlichen Situation besaßen, als Ding auch heute noch eine un­ mißverständlich eigene Sprache sprechen. Und wenn es die ist, daß sie uns zur Verwunde­ rung bringen. Das wäre nicht einmal das Ge­ ringste in einer Zeit, in der alles seinen Nutzen und seine bestimmte Funktion haben muß, wTenn es etwas wert sein soll. Und nun hoffen meine Kolleginnen, Kollegen und ich, daß Sie zu den Freunden unseres Museums werden. Diese Illustrierte haben wir für Sie geschrieben, das Museum für Sie ein­ gerichtet und wir hoffen, daß das Lesen der Illustrierten und viele Besuche in unserem Haus Ihnen so viel Spaß und neue Einsichten bringen werden, wie wir sie selbst in den Jah­ ren, in denen wir dieses Museum geplant und eingerichtet haben, hatten. An diesem Museum haben viele mitgewirkt: Arbeiter, Techniker, Architekten und Wissen­ schaftler. Ihnen allen ist für Ihren Einsatz zu danken. Eine anregende Gemeinschaftsarbeit ist fertig geworden. Für die Museumseinrichtung wie auch für diese Illustrierte ist nicht mehr zu sagen, wrer eigentlich welche Idee hatte, so daß keinem einzigen der Mitwirkenden hier na­ mentlich gedankt werden kann. Nur eines möchte ich hervorheben, daß hinter Konzept und Einrichtung des Museums eine Gruppe engagierter Museumsleute steht, die glücklich ist — ob Arbeiter oder Wissenschaftler -— bei dieser Arbeit zu einem Team zusammen­ gewachsen zu sein, das keine andere Absicht hat, als dem Bürger, der dieses Museum be­ nutzt, in seiner freien Zeit die Möglichkeit zu geben, sich zu bilden. Wir alle haben immer vor Augen gehabt, daß es ein Vergnügen sein müßte, die Dinge zu lesen, die wir für Sie schreiben und daß es noch ein größeres Ver­ gnügen sein müßte, in dem Museum zu sein, das wir eingerichtet haben. Diese Gruppe von Museumsleuten dankt dem Rat und der Verwaltung der Stadt Köln, die Bau und Einrichtung des Museums beschlos­ sen und ermöglicht haben. Mit dem Geld aller Bürger gebaut, soll dieses Museum für alle Bürger dasein. Ihr

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Dem römischen Köln hat sich noch kein Köl­ ner und kaum einer von denen, die der Weg nach Köln führte, entziehen können. Die „Rö­ mer“ sind durch alle Jahrhunderte auf irgend­ eine Weise ein Wesensbestandteil im wechseln­ den Geschick der Stadt gewesen. Ebenso wie die Kölner Erzbischöfe ihre Reihe bis auf den ersten von Petrus in f^om für Köln eingesetzten Bischof Maternus zurückführen, haben die 15 edelfreien Geschlechter in Köln mindestens seit dem 15. Jhdt. keinen Augen­ blick mehr daran gezweifelt, daß der römische Kaiser Trajan ihre Ahnherren von Köln an den Rhein verpflanzt habe. Auch heute noch sind die Kölner auf „ihre Römer“ stolz. Un­ vermindert wird gesammelt, fesseln die Aus­ grabungen das Interesse weitester Kreise, und die Berichte in den Zeitungen über neue Aus­ grabungsergebnisse sind beliebt. Das Kölner „Geschichtsbewußtsein“ entzündet sich immer wieder nicht nur an den „römischen" Funden, sondern das Bewußtsein, in einer alten, über­ lief erungs reichen Stadt zu wohnen, hat in den reichen archäologischen Bodenfunden seine tiefgreifende Wurzel. So ist es denn auch gar nicht verwmnderlkh, daß der Sinn der Kölner seit je dahin gerichtet war, die handgreiflichen Zeugnisse der römi­ schen Zeit zu sammeln. Dabei lag das Inter­ esse im Laufe der Jahrhunderte nicht immer auf den gleichen Sachen. Die Vorlieben wech­ selten. So ist denn die Kölner Sammelge­ schichte durch die Jahrhunderte eng mit dem Wandel der Auffassungen verbunden. Man kann daraus lernen, wie die Menschen in dieser Stadt ein immer wieder neues Verhältnis zu ihrer eigenen Geschichte hatten. In demjeni­ gen, worauf sie ihren Sinn richteten, ist dann immer auch etwas von den sich wandelnden Interessenrichtungen spürbar, und damit wird ablesbar eine sich stets wandelnde Art der Ge­ schichtsbetrachtung für Köln selbst. Da das neue Römisch-Germanische Museum mit der Art seiner Darstellung der Geschichts­ dokumente nun für Köln einen Einschnitt in der Geschichte über Geschichte darstellt, scheint es lohnend, einige der wichtigsten Stationen des Sammelns der römischen Reste in Köln kurz zu beschreiben. Als um die Mitte des 5. Jhdts. n. Chr. das römische Köln von den Franken eingenommen wurde, blieb die Stadt im Gegensatz zu vielen andercn~^StäHtCT~Tü~ den römischen Provinzen beim Zusammenbruch des—römischen Reiches unzersiüui^ Die neuen Herren fanden sich aufeinmal im Besitz einer Stadt, mit der sie, weil sie für sie, die Ackerbauern waren, ein viel zu großes Gebäude darstellte, nicht eigentlich recht etwas anzufangen wußten. Dies geschieht wohl zu allen Zeiten so: Wo eine neue Herr­ 2

schaft an die Stelle der alten tritt, geraten auch Besitz, Gebäude und Verwaltung in ihre Hände. Die Franken, wie gesagt des städtischen Lebens ungewohnt, nutzten nur Teile des kunstvoll errichteten Stadtganzen. Vieles zerfiel. Erhal­ ten blieb nur das, was sie benutzten, wie z. B. das Praetorium, der Statthalterpalast unter dem heutigen Rathaus oder die kleine Bi­ schofskirche, die an der Stelle des Kölner Domes stand. Aber dem Einfluß des Formen­ reichtums römischer Bauten vermochten sidi die neuen Herren doch wohl nicht ganz zu entziehen. Vor allem aber blieben die jahr­ hundertealten Handwerkertraditionen in dem Werkstätten ununterbrochen lebendig. Denn wie üblich, verließen in der Zeit des Umbru­ ches nur die die Stadt, die dazu das Vermögen besaßen, wogegen die normale Bevölkerung am O rt blieb. Meist können sich nur diejeni­ gen, die Geschichte machen, den Folgen der großen Geschichte entziehen, während derje­ nige, der das Objekt der Geschichte ist, der einfache Mann, sie zu erleiden hat. So blieben denn in Köln auch die Handwerker, die nun

für neue Auftraggeber zu arbeiten hatten. Diese mögen zu Anfang noch von dem Reich­ tum an Formenangebot beeindruckt gewesen sein. Aber dann siegte ihr eigener Geschmack, der am römischen gemessen ein Ungeschmack und auf Formeinfachheit gerichtet war. So ging zunächst einmal jede große Kunst in Köln unter. Begehrt waren von den Franken nur die Kenntnisse in den Praktiken des Handwerks. Sie wurden von den römischen Werkstätten übernommen. Deshalb kann man sagen: die römische Zeit lebte in Köln zunächst bloß in den Handwerken fort. Eine andere Komponente des Fortlebens dürfte darin bestanden haben, daß die Franken als Ackerbauern und als Leute, die das Zu­ sammenleben in Hofgemeinschaften liebten, sich also außerhalb der Stadt in Weilern und Dörfern ansiedelten. Dabei werden sie vom römischen Erfahrungsreichtum gelernt haben. Sie arbeiteten allerdings ohne die Systematik, die die römischen Gutsherren ausgezeichnet hatte, und in entschieden kleinerem Rahmen wurden also, obschon hierzu archäologische Untersuchungen kaum vorliegen, gewisse



Grundkenntnisse aus der römischen Feldbestel­ sen, der im 12. jhdt. den Reform-Orden der lung übernommen. So änderte sich auch die Praemonstratenser gründete. Zum Jahre 1181 Siedl ungsweise auf dem Lande völlig. Bezeich­ berichten zwei französische "Mönche über die nend ist nämlich, daß in der Regel nicht die ~AtisgfäEungen an St. Ursula. Aus ihrem BeHauptgebäude der großen römischen Farmbe­ richt ergibt sich, daß damals an St. Ursula mit triebe — was nahegelegen hätte — weiterbe­ großer Systematik ausgegraben und das er­ nutzt wurden, sondern eigene Anlagen nach wartete „Heil“ auch hinreichend immer wdeder dem Geschmack der neuen Grundeigentümer gefunden wurde. Berichtet werden auch furcht­ entstanden. So ging nicht nur in der Stadt, son­ erregende Erlebnisse, die jene hatten, die un­ dern auch auf dem flachen Lande die Kunst befugt ausgruben. Schon damals gab es ein des Bauens mit Steinen unter. Die Franken „Ausgrabungsgesetz“, nämlich eine Verfügung waren an hölzerne Bauten gewöhnt und Mei­ des Kölner Erzbischofs, Anders als heute be­ ster darin, sie zu bauen. durfte es nicht staatlicher Strafen für unbe­ Kann man für die erste Zeit nach dem Unter­ fugte Ausgräber. Vielmehr rächten sich die gang der römischen Herrschaft also eigentlich Heiligen selbst, indem sie die Übeltäter mit nur von einem Fortwirken alltäglicher Hand­ Krankheit schlugen, die immer erst dann abwerkstätigkeiten sprechen und im übrigen da­ klang, wenn die unrechtmäßigen Funde an den von ausgehen, daß das, was nicht benutzt rechtmäßigen Besitzer, die Kölner Kirche, ab­ wurde, zerfiel, begann nur wenig später eine geliefert wurden. Art von Sammelleidenschaft um sich zu grei­ Ein eindrucksvolles Ergebnis der mittelalter­ fen, die wir aufgeklärten Menschen von heute lichen Ausgrabungen ist noch heute in der nicht mehr so ohne weiteres würdigen können. „Goldenen Kammer" von St. Ursula zu Köln Aller Eifer richtete sich nämlich mit einmal auf zu sehen, wo frommer Sinn diesen „Schatz des ganz bestimmte Teile der römischen Gräber­ Heils“ im 17. jhdt. in eine kunstvolle Fassung felder, und zwar, sjwejju&dr das heute noch brachte. Das „heilige Köln“ des Mittelalters kontrollieren können, insbesondere auf einen ~~Grabbau, der sich seit dem 4. jhdt. an der Stelle der Furche St. Ursula erhob sowie auf den Gründungsbau von St. Gereon, Beide Bauten lagen bis in das 11. jhdt. hinein zwei- bis dreihundert Meter vor den Mauern und Toren der Stadt. Die Überlieferung muß aus römi­ scher Zeit herübergeflossen sein, daß es mit diesen Gebäuden eine eigene Bewandtnis habe. An beiden Stellen dadue man sich Tote be­ graben, die ihres Glaubens wegen in den Jahr­ hunderten der römischen Herrschaft getötet worden seien. Schon am Ende des 6. jhdts., als St. Gereon als Grabkirche für fränkische Herr­ scher benutzt war, wußte der Bischof und Schriftsteller Gregor von Tours zu berichten, daß die Kölner Einwohner diese Kirche „zu den goldenen Heiligen“ nannten. Und der Kölner Erzbischof Ebergisil (um 590 n. Chr.) fand seinen Kopfschmerz geheilt durch Asche, die man dort aus einem Brunnen holte, in dem nach der damaligen Kenntnis die Gebeine der BL Γ V j rL·**' * £ v heiligen Blutzeugen ruhten. Hatte eine Zeitlang das Wissen um die geheim­ nisvolle Kraft, die von diesen Orten ausging, den Priestern und Einwohnern genügt, reichte dann auf einmal diese heilige Phantasie nicht mehr. In Köln begannen die ersten Ausgra­ bungen. Sie richteten sich allein auf einen Schatz, den das ausschließlich christlich ge­ formte Zeitalter für den höchsten aller Schätze hielt: Man suchte nach den „Leibern der Hei­ ligen“, von denen die Überlieferung berichtete. Unter den Ausgräbern ist damals ein so be­ rühmter Mann wie Norbert von Xanten gewe­

basiert entschieden mit auf dem Erfolg der Ausgrabungen an St, Ursula und St. Gereon. Im Grunde ist daher, von unserem Standpunkt heute aus gesehen, diese „Goldene Kammer“ von St. Ursula das erste „archäologische Mu­ seum Kölns“ — und wenn ich recht sehe, eines der ältesten nördlich der Alpen überhaupt. Es sei deshalb wenigstens darauf hingewiesen, daß lange bevor Könige und Fürsten „Schatzund Wunderkammern“ errichteten (die direk­ ten Vorläufer unserer Museen) solche „Schatz­ kammern des Heils“ an den Kirchen bestan­ den. Die christliche Kirche belebte hier eine Tradition, die schon die antike Welt gekannt hatte, Bild 2 Die „Gebeine der Heiligen“ waren als Sam­ melgegenstand auch ein Objekt des Handels. Schon in dem Bericht der Mönche von 1181 wird mitgeteilt, daß der Kölner Erzbischof die Äbtissin des Ursula-Stiftes anweist, den Mön­ chen den heiligen Leib einer Frau zu schenken. Sogar die Kriterien werden verzeichnet, an denen man mit Sicherheit die Spuren des ge­ waltsamen Todes, den die junge Frau erlitten hat, erkennen kann. Nodi in der wissensdiaftSt.

Ursula

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lichen Literatur des vergangenen Jahrhunderts findet man für Kölner Skelettfunde, die man mit frühchristlichen Martyrien verbinden will, auf das Wort genau die gleichen Sätze wie in dem mittelalterlidren Bericht. So wenig hatte sich bis dahin „die Forschung“ entwickelt, und so beständig war die Neigung geblieben, dieses „Sammelgut des Heils“ aus dem Kölner Boden zu fördern. Das römische Köln wurde also, muß man sa­ gen, zunächst und auf lange mit jenen Heiligen gleichgesetzt, die nach der Vorstellung des Mittelalters in Köln ihres Glaubens wegen starben. Grabsteine und Inschriften sammelte man da­ mals nodi nicht. Allerdings müssen dergleichen Gegenstände bei den „Ausgrabungen“ dodi schοn z utage gekommen -sein—Anders-ist-cs liärnTkh nicht zu erklären, wieso in der Abtei StAHnribert zJTDGVnMOeutz im 12. JhdtT ^GrabmSdlriften mit Namen von Jungfrauen ^ngefertigt wijfdēnToie die Form römischer Grabsteine nachahmten. Die „Fälschungen“ sollten beweisen, daß die bei St. Ursula ge­ fundenen Skelette tatsächlich soldie von römi3

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sehen Märtyrerinnen aus der Schar der Hl. Ursula seien. Auch die mittelalterlichen Men­ schen waren eben schon skeptisch. Merkwürdig berührt uns heute, daß man die Grabsteine nicht wenigstens verwahrte, zumal damals die Priester, viele Nonnen und zahl­ reiche Leute von Stand nicht nur Latein lesen, sondern auch verstehen konnten. Immerhin war Latein damals nicht nur die Sprache der Kirdie und der Wissenschaft, sondern auch noch die der Verwaltung. Gleichwohl hatte man die Denkmäler als Gesdiichtsquelle ein­ fach noch nidtt wiederentdeckt. Dies allein er­ klärt, wieso damals der vorwiegende Nutzen solcher Steine darin gesehen wurde, sie als Ma­ terial für Neubauten zu verwenden. So mag denn sogar manches bedeutende Stück mit der Zeit in die Mauern neuer Gebäude gewandert sein. Viele Marmorstücke und Kalksteine, dar­ unter sicher auch Kunstwerke, wurden außer­ dem in den Kalköfen verbrannt. Schon die Römer hatten beim Kalkbrennen Marmor und in unserer Gegend vorwiegend Kalksteine verwendet. Daher kann man getrost anneh­ men, daß Hunderte und Hunderte Karren St. Aposteln

Kalkmörtel, aus römischen Denkmälern hergestellt, in die Mauern der mittelalterlichen Kölner Kirchen und Bürgerhäuser gelangten. Andererseits standen zahlreiche römische Bau­ ten, w'enn auch als Ruinen, unverändert weiter in den Stadtvierteln. Gerade die großen und mächtigen Bauten wie der Statthalterpalast, das Praetorium, die Gebäude am Forum, dem Marktplatz der römischen Stadt oder die Tem­ pel und großen Privathäuser werden noch lange unverändert geblieben sein. Als dann seit der Zeit Karls d. Gr., also seit um 800, auch in Köln der Sinn der Bauherren und Bauleute sich wieder auf mächtige Bauten und Schmuck­ reichtum zu richten begann, wurden die noch verbliebenen Baureste zum Musterbuch für die Neubauten der mittelalterlichen Stadt. Ganz zwangsläufig gewannen dabei auch Denkmäler mit figürlichen Darstellungen wieder Beach­ tung, denn die großen und bedeutenden Stein­ bild werke, die Skulpturen, die wir z. B. für das 1Q./11. Jhdt. aus St. Pantaleon kennen, können nicht leugnen, daß römische Statuen und Reliefs ihre Vorbilder sind. Bei aller Eigenwertigkeit der mittelalterlichen Architektur: In den Gliederungssystemen der großen romanischen Kirchen Kölns lebt die Gesinnung römischer Architektur fort. Der große Saal, den Erzbischof Bruno als Langhaus an St. Pantaleon zu Köln bauen ließ, ist nichts anderes als eine im 10. Jhdt. nach römischem Zuschnitt erridnete Halle, die eine römische Aula zum Vorbild hat. Audi die glanzvollen Kleeblattchöre von St. Marien im Kapitol, Groß St. Martin und St. Aposteln sind nicht anders zu sehen. Diese Dreikonchenanlagen knüpfen an den Typus der antiken Grabka­ pelle an, steigern deren Form ins Mächtige. Es muß für die mittelalterlichen Baumeister schon sehr eigentümlich gewesen sein: bisweilen aus Rom oder Byzanz nach Köln zurückzukom­ men und einzusehen, daß das, was dort in mächtigen Bauten aufrecht stand und benutzt wurde, auch hier in Resten sichtbar war. Ein Bau wie die Kirche St. Gereon stand in dem Bau­ zustand des 4. Jhdts. unverändert bis tief in das 11. Jhdt. hinein. Der Architekt des Zen­ tralbaues von St. Heribert in Deutz, der am Anfang des 11. Jhdts wahrscheinlich aus By­ zanz kam, fand in dem Gereonsbau ein An­ knüpfungsmuster, mit dem er die Bauideen sei­ ner Heimat zusammenband, wie jüngst unsere neuen Ausgrabungen in der Deutzer Kirche ergeben haben. Was damit gesagt sein will ist, daß das römische Köln verwandelt in den Bauformen der mittelalterlichen Gebäude wei­ terlebt. Dabei ist besonders interessant, daß nicht nur bestimmte Grundlinien in den Stra­ ßenzügen beibehalten wurden — nichts ist be­ kanntlich beständiger als eine einmal gelegte

Straße —, sondern auch die Baugewichte in der berühmten mittelalterlichen Rheinfront Kölns an jenen Stellen ihre markantesten For­ mulierungen aufweisen, wo sie schon in römi­ scher Zeit gesetzt waren. Bild 1—4 Dieser Prozeß der Umwandlung der römischen Stadt in die des Mittelalters ist ein Erneue­ rungsvorgang von bemerkenswertem Ausmaß gewesen. Dabei richtete sich das Interesse noch nicht auf das einzelne Denkmal, sondern herr­ schend war die Absicht, das Stadtgesamt auf die neue Vorstellung von Stadt zu übertragen. In der Eigentümlichkeit des Mittelalters liegt es begründet, wenn dabei gewissermaßen un­ terschwellig die Grundlinien des römischen Kölns nicht allein fortgeschrieben wurden, son­ dern bei diesem Vorgang in sehr nachdrückli­ cher Weise überhaupt Wesensbestandteile des Römischen in der Stadt weiterlebten. Der berühmte italienische Dichter Francesco Petrarca (1304— 1374), der die Schriften des römischen Staatsmannes und Schriftstellers Cicero (106—43 v. Chr.) und solche des Kir­ chenlehrers Augustinus (354—430 n. Chr.) wiederentdeckte, besuchte auf einer seiner Rei­ sen auch Köln. Er rühmt die glänzende römi­ sche Vergangenheit, weiß aber Zeugnisse für sie nicht anzuführen. Doch läßt sich als sicher hinstellen, daß die mit der zunehmenden Blüte Kölns wachsende Bautätigkeit die Bauleute auch immer wieder bei den notwendigen Aus­ schachtungsarbeiten auf Zeugnisse der römi­ schen Vergangenheit stoßen ließ. Allerdings

fehlen darüber — wie überall nördlich der Al­ pen — die Berichte. Dies verwundert für Köln um so mehr, als man z. B. beim Bau des süd­ lichen Domquerschiffes in der Tiefe auf einen mächtigen römischen Kanal traf, den man nicht nur beließ, sondern gar mit einer großen Platte im Fußboden kenntlich machte. Offen­ sichtlich stand aber bei dergleichen Funden die Verwunderung mehr im Vordergrund als das Nachdenken über das Gefundene. Das hatte zur Folge, daß in Köln aus der römi­ schen Vergangenheit ein Mythos wurde, der den Ruhm des hohen Alters der Stadt be­ schwor. Am Anfang des 16. Jahrhunderts trat nun ein grundsätzlicher Wandel ein. Wenn wir recht sehen, war es der gelehrte Dompropst Graf Hermann von Neuenahr (1492—1530), der das entfachte, was man den auf die Sache gerichteten Sammeleifer nennen könnte. Die­ ser ist dann in den folgenden Jahrhunderten in Köln auch nie mehr zum Erlöschen gekom­ men. Zu beklagen bleibt eigentlich nur, daß die z. T. hervorragenden Stücke, die dann schon während des 16. Jahrhunderts gelehrtem Fleiß Stoff zu phantasiereichen Abhandlungen bieten sollten, oft nach dem Tode der Sammler wieder abhanden kamen. Andere gerieten auf Wanderschaft und manchmal gar über vielerlei Umwege außerhalb Kölns endlich im vergan­ genen Jahrhundert in andere Museen. Einer der ersten übrigens, der in Köln römische In­ schriften notierte und kopierte, war der in

seiner Zeit hoch angesehene Nürnberger Hu­ manist Willibald Pirckheimer (1470—1530), ein Freund von Albrecht Dürer. Bild 6 Nicht zufällig ist es, daß seit den Jahren um 1500 das Interesse an den römischen Sach­ gütern auch in Köln lebhaft wurde. Damals begann die Geistesbewegung, die wir heute Humanismus nennen. Man setzte sich nun sehr intensiv mit dem lateinischen Schrifttum der Römer auseinander. Große Sammlungen latei­ nischer Schriftsteller entstanden. Die Schriften wurden — erleichtert durch den eben aufge­ kommenen Buchdruck — herausgegeben. Eine strenge Quellenkritik wurde entwickelt. Wenn audi Köln nicht als ein Zentrum des damals das gesamte Geistesleben beherrschenden H u­ manismus bezeidmet werden kann: Wenig­ stens bei einigen führenden Köpfen machten sich aber auch hier die Zeittendenzen bemerk­ bar. Und diese äußerten sich eben hauptsäch­ lich im Sammeln von Denkmälern mit In­ schriften. Hier wurde nun auf eine neue, un­ mittelbare Art die römische Vergangenheit ge­ genwärtig. Dies muß man heute hervorheben, damit man begreift, daß es den Interessierten damals nicht darauf ankam, Vergangenheit um der Vergangenheit willen zu sammeln. Gesucht wurde nach den Sachgütern, um kriti­ sches Wissen zu schöpfen. Zum Teil steigerte sich um dieses Zieles willen die Suche nach dem Alten — z. B. in Rom — zu einem wah­ ren Enthusiasmus in der Verehrung der An­ tike, Hier schienen die Vorbilder für die an5

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Jupiter, der Höchste und Größte

Wohl allein aus dem Kreis der spezifisch römischen Götter bleibt Jupiter, der Himmels­ gott und Göttervater, von der Vielfalt ein­ heimischer Interpretation verschont, der alle anderen Götter ohne Ausnahme mehr oder weniger unterzogen wurden. Mehr als zehn Weiheinschriften geben Kenntnis von der Ver­ ehrung des römischen Götter vaters durch Soldaten, Offiziere, Beamte und andere römi­ sche Bürger in Köln. Wie alle römischen Städte besaß Köln an be­ vorzugter Stelle einen Tempel der Reichs- und Schutzgöttertrias Jupiter — Juno —· Minerva, der Capitolinischen Trias. Er stand auf dem Plateau nahe der Südostecke der römischen Stadt vor dem Rheinauegelände, dort, wo im

frühen Mittelalter die heutige Kirche S. Maria im Capitol errichtet wurde. Über einen zen­ tralen und speziellen Jupitertcmpel in Köln aber ist bis jetzt nichts bekannt. Zwar wurde am Kölner Kleinen Griechenmarkt ein Tem­ pel mit Jupiterweihungen nachgewiesen, je­ doch handelt es sich dort um eine Anlage für den als Jupiter interpretierten keltischen „Radgott“. Neben den Weiheinschriften sind die meisten Jupiterdenkmäler in Köln entweder Aufsätze von kleineren Jupitersäulen bzw. -pfeilern oder Statuetten aus Bronze oder Ton. Alle Darstellungen, ob es sich um repräsentativere oder um volkstümliche Erzeugnisse handelt, folgen durchweg dem römischen Schema, das

dem Bild des griechischen Zeus entlehnt ist. Der immer bärtig dargestellte Himmelsvater begegnet entweder als der thronende Gott auf dem Herrschersessel oder als der machtvoll aufgereckte Heros mit Szepter und Blitzbün­ del in den Händen. Das bekannteste Kölner Denkmal, das den thronenden Göttervater zeigt, ist eine quali­ tätvoll ausgearbeitete Kalksteinstatuette, die wohl ursprünglich einen Jupiterpfeiler be­ krönte. Der Kopf dieser nur 46 cm hohen Statuette ist allerdings eine neuzeitliche Er­ gänzung. RiKalkstein. Höhe: 0,46 m. FO: Köln, Weyer­ tor. In v. Nr.: 480. Bild 298 Jupiter-Relief

298 Wie Szepter und Blitzbündel ist der Adler als Zeichen göttlicher Macht und göttlichen Wil­ lens bevorzugtes Symbol des Jupiter. Auch auf den ersten Blich verfremdete Auffassun­ gen vom Göttervater, hinter denen sich viel­ leicht nicht näher zu erkennende einheimische Vorstellungen verbergen können, lösen sich nicht von diesem Schema. Fast folkloristisch umgesetzt mutet eine Darstellung auf einem kleinen Reliefstein an. In der Pose des heroischen Herrschers steht er Ehrfurcht und Unterwerfung erheischend vor dem Betrachter. In seiner Linken führt er die Lanze, während unter seiner Rechten der Adler sitzt, auf dem Globus, der den Kosmos kennzeichnet und auf dem das Sonnenkreuz eingeritzt ist. Ri. Kalkstein. Höhe: 0,30 m. Breite: 0,27 m. FO: Köln. Inv. N r.: 214. Bild 299 299

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Der thronende Jupiter Jupiter ist Herrscher des römischen Götter­ himmels. Sein Tempel und sein Bild fanden ln vielfältigen Formen und Größen als das Symbol des römischen Staatsgottes die wei­ teste Verbreitung im Imperium Romanum. Zahlreiche lokale Gottheiten nahmen die Rö­ mer unter dem Namen Jupiter in ihr Welt­ bild auf. Die 1,33 m hohe, heute kopflose Statue wurde bereits im 19. Jh. an der Ecke Bobstraße/Clemensstraße gefunden. Unmittelbar an der Westseite des Mauerrings gliederte sich die Be­ bauung der römischen Innenstadt in schmale rechteckige Bauinseln von Norden nach Süden. Erst vor wenigen Jahren sind an dieser Stelle parallel zwischen Bobstraße und ClemensStraße im Abstand von 15,40 m zwei gallorömische Tempel ausgegraben worden. Diese Tempel waren städtische oder ländliche Zentralheiligtümer und Kultplätze der einheimi­ schen keltischen Bevölkerung, Oft waren es Stammesheiligtümer mit vorrömischer Tradi­ tion. In den beiden Kölner Bauten dürfen wir den städtischen Kuitbezirk der einheimischen Bevölkerung vermuten. Dem Kapitolstempel und Mercurius Augustus-Tempel an der Rheinfront standen offenkundig Heiligtümer der Ubier an der Westseite der Stadt gegen­ über — Beispiel für das lebendige Nebenein­ ander von „eingesessener“ und „zugezogener“ Bevölkerung. Wahrscheinlich hat die Statue des thronenden Jupiter in einem der Tempel oder im Tempel­ hof des jüngst bekannt gewordenen Heiligen Bezirks zwischen Bobstraße und Clemens­ straße gestanden. Unter den bisher in Köln ausgegrabenen Kultbildern ist sie das größte und schönste. Der Bildhauer hat Körper und Gewand des Gottes auf Untersicht berechnet. Man muß daher annehmen: Dieses Standbild war so aufgestellt, daß die Gläubigen zu der göttlichen Gestalt aufsehen mußten. He. Kalkstein. Höhe: 1,33 m. FO: Köln, Bobstraße/Clemensstraße. Inv. N r.: 440. Bild 300

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Ein Grabstein für das Kind Concordia Λ_ CONCORDIA H IC IACet PIA PAREN(tjlB(us) ■VIXIt ANNVM (unum) SEMIS(sem) IN N O CENS IN CAELIS HABETUR Concordia rubt hier. (Sie war) zärtlich zu ihren Eltern. Sie lebte IV2 Jahre. Unschuldig weilt sie im Himmel. 475. Jhdt. n. Chr. Concordia war ein bei Christen beliebter Name. Ga. Sandstein. F 301. — Inv. Nr.: 25,1054. FO: Köln, St. Severin. Bild 301

Die ersten Christen :

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„Der wahre Heiland Christus“ Wie die Mehrzahl der hellenistisch-orienta­ lischen Kulte gelangte auch das Christentum über Südgaüien an den Rhein. Die erste Nach­ richt über christliche Gemeinden am Rhein τ·:-«tag« stammt vom Bischof Irenaus von Lyon aus dem letzten Drittel des 2. Jhs. Seitdem wird b iy J * % V: f m ■-J die christliche Religion in steter Mission die Rheinlande durchdrungen haben, bis in den Norden, nach Bonn, Köln und Xanten. Nach­ weisbar wird das Christentum am Rhein aber erst seit der Zeit des sich abzeichnenden Sieges über die heidnischen Kulte im beginnenden 4. Jh. Kurz nach 310 wird Köln als Bischofsgemeinde genannt. Aus dieser Zeit stammen auch die ältesten frühchristlichen Denkmäler des römischen Köln, 302 Als „staatstragende“ Religion vollzog das Christentum den geistigen Prozeß einer An­ gleichung der verzweigten Götterwelt auf eigene Weise, Es entkleidete die bisher macht­ voll gewachsenen Kulte und Mysterien ihres Inhaltes und ihrer äußeren Form. Den alten Sonnen- und Heilsgottheiten gegenüber wurde Christus der wahre „Sol Invictus“, der unbe­ siegbare und einzige Herr und Lenker des ganzen Kosmos. Als der Herr über Leben und Tod stand der Christengott den im Kreislauf von Leben und Tod verhafteten Mysteriengöttern als wahrer Heiland gegen­ über, als Herr der Auferstehung und des ewigen Lebens. Neben der alt- und neutestamentlichen Weltinterpretation erhält die Fülle der symbolhaften Zeichen, Begriffe und Namen der heidnischen Welt in Wort und Bild nun einen neuen, der christlichen Lehre 303 eingeordneten Inhalt. Christus ist der Herr über den Tod. Er nimmt dem Tod und der UEQ-FTl V SH K I ACmtoi-'itü Verlorenheit die Macht und gibt das Leben. P V 6RDVUM MMVSP At? I s t r i t i Die Erweckung des Lazarus als Relief aus S1AV5AVCR1QVWXITAM MV S einem Bronzebiech getrieben ist eines der be­ kanntesten frühdiristlichen Denkmäler Kölns VnfieN=N5l5in liiuLsVUM und zugleich eines der markantesten Themen •KIOOfM S f c V m CSft Al'ÎVc N T El if·* frühchristlicher Theologie. Der in Tunika und Mantel gekleidete Christus, mit dem Stab als REC $ Wundertäter verstanden, berührt den verstor­ benen Lazarus, der vor der Eingangsarkade der Gruft dargestellt ist. RiBronze. Höher 4,2 cm. Breite: 4 cm. FO: Köln, Aachener Straße. Inv. Nr.: N 3664. Bild 302 156

Grabinschrift für den Knaben Leontius Leontius hic iacit fedelis puer dulcissimus patri pientis simus matri qui vixit annus VII et mensis III et dies VI. In nocens funere raptus beatus mente felix et in pace reces sit Hier liegt der gläubige Leontius begraben, ein Knabe, der dem Vater süß und der Mutter zärtlich war, der sieben Jahre, drei Monate und sechs Tage lebte. Er wurde als Unschuldiger dahingerafft, selig und glücklichen Sinns. Und in Frieden gehe er heim Leontius, der am Anfang des 5. Jhs. lebte, war wie seine Eltern Christ. Dies bezeugt nicht allein das Christuszeichen (Christogramm) mit dem X R zwischen den beiden Tauben, sondern auch die Inschrift selbst. Auf den christlichen Grabsteinen werden nicht mehr Geburtsort und Tätigkeiten mit­ geteilt, sondern als entscheidend, daß der Tote in den „Frieden heimgegangen“ ist. Hierbei ist Bezug auf die Vorstellungen des Apostels Paulus genommen, der mitteilt, daß es nicht auf Werke, sondern auf den Glauben an­ kommt. Bo. Kalkstein. Hohe: 0,43 m. Breite: 0,39 m. FO: Köln. Inv. Nr.: 421. Bild 303

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11OOO Jungfrauen DIVINIS FLAMMEIS VISIONIB(us) · FREQVENTER ADMONIT(us) · ET VIRTVTIS MAGNAE MAI ESTAT IS MARTYRII CAELESTIVM VIRGIN(um) IM M INENTIVM EX PARTIB(us) ■ ORIENTIS EXSIBITVS PRO VOTO CLEMATIVS · V(ir) ■C(Iarissiimis) ■DE PROPRIO IN LOCO SVO HANC BASILICAM VOTO QVOD DEBEBAT A FVND AMENTIS RESTITVIT ■SI QVIS AVTEM SVPER ■ TANTAM MAIIESTA(t)EM HV I{I) VS BASILICAE VBI SANC TAE VIRGINES PRO NOMINE · XP · SAN · GVINEM SVVM FVDERVNT CORPVS ALICVI {I ) VS DEPOSVERIT EXCEPTIS VIRGINIB(us) · SCIAT SE SEMPITERNIS TARTARI IGNIB(us) · PVNIENDVM 158

Durch gottgesandte Flammenvisionen öfters gemahnt und durch die gewaltige Majestät des Martyriums der himmlischen Jungfrauen, die ihm erschienen, aus der östlichen Reichshälfte herbeigeholt, hat auf Grund eines Gelübdes Clematius aus senatorischer Familie auf eigene Kosten und auf eigenem Gelände diese Basili­ ka von Grund auf wiederhergestellt, was er nach dem Gelübde schuldig war. Wenn aber jemand gegen die gewaltige Majestät dieser Basilika, wo die heiligen Jungfrauen für Chri­ stus ihr Blut vergossen, irgend jemandes Leich­ nam, mit Ausnahme der Jungfrauen selbst, beisetzen will, so soll er wissen, daß er mit ewigen Höllen feuern bestraft werden wird. 475. Jhdt. n. Chr. Ga. Diese in einen Sandstein eingemeißelte BauInschrift ist seit dem 14. Jhdt. in den südwest­ lichen Chorpfeiler der Ursula-Kirche eingelas­ sen und — wie eine Untersuchung am Ort ergab — auch zusammen mit den Quaderstei­ nen der Chorwand aufgeführt. Mithin kann diese Inschrift, wie immer noch wieder ange­ nommen wird, keine Fälschung des 16. Jhdts. sein. Außerdem hat der unter St. Ursula wäh­ rend des Krieges und später zutage geförderte

archäologische Ausgrabungsbefund gelehrt, daß tatsächlich unter dem romanischen Langhaus der Kirche die Reste eines antiken Kirchen­ baues liegen, der noch in der Spätantike um­ gebaut wurde. Damit ist durch den archäolo­ gischen Befund ein Tatbestand belegt, den die Inschrift mitteilt. Da diese Inschrift das einzige schriftliche Zeug­ nis aus dem römischen Köln ist, das für Köln christliche Martyrien bezeugt, sie außerdem Bau und Erneuerung einer Grabbasilika belegt und damit ein wichtiges Denkmal für die Ge­ schichte des frühen Christentums in Köln ist, wurde sie als einziges Denkmal des Museums als Abguß in die Museumsaufstellung aufge­ nommen. Bo. CIL X III 1313. — Inv. Nr.: 124,2. FO: Köln, St. Ursula. Bild 305

Helm eines f ränkischen Herrn Seltener als die Helme römischer Legionäre sind Helme des frühen Mittelalters. N ur ver­ einzelt, allzu oft zufällig werden solche Helme gefunden. Zumeist läßt sich der Fundzusam­ menhang nicht mehr klären. Der Helm wurde im Rheinland, angeblich in der Aadrenenr Gegend, gefunden. Er stammt nicht aus dem Grab eines Fürsten wie jene unter dem Kölner Dom, in Morken oder Gel­ lep gefundenen, sondern war wohl Teil der Rüstung eines wohlhabenden Franken, der mit seinen Waffen bestattet wurde. Dodi sind ge­ rade Helme im Gegensatz zu Schwertern oder Schilden in Frankengräbern äußerst selten. Wir kennen mehr Prunkhelme, zumeist in Oberitalien gefertigte, als die einfachen Typen, zu denen auch dieser Helm zählt. Wohl aus verschiedenen Gründen sind sie fast nie ins Grab gegeben worden: trotz ihrer Ein­ fachheit besaßen sie für die Lebenden offenbar großen praktischen Wert, da sie vermutlich selten waren und deshalb so lange wie möglich in Gebrauch blieben. Die Herstellung war kompliziert und der Import wohl langwierig und teuer. Als der Helm in das Grab gelegt wurde, war er intakt. Er zeigt keine Kerbspuren. Erhalten geblieben ist freilich nur die eiserne Helm­ glocke aus zwölf überlappenden Spangen plat­ ten. Spuren der inneren Lederbespannung feh­ len. An der Helmkuppe sind die Spangen zwischen zwei elîptîsche Eisenbleche gescho­ ben und einzeln vernietet. Ein Stirnreif fehlt, statt dessen wurden die einzelnen Segmente fest mit zusätzlichen runden Plättchen ge­ nietet. Ob ein Nasenschutz vorhanden war, bleibt offen. Durchaus ungewöhnlich ist die Aussparung für die Ohren, die nicht nach­ träglich ein gearbeitet, sondern bei der Herstel­ lung bereits vorgesehen wurde. Der Helm zeigt keinerlei Schmuckmotive. Ein Helmbusch war nicht vorgesehen: Es ist die qualitätvolle Arbeit eines Helm schmied es, solide gearbeitet und in der Konstruktion durchdacht. Es läßt sich kein bekanntes Exemplar an die­ sen Helm anschließen. Nur die Technik und die Verarbeitung erlauben, ihn in das 6. Jhdt. n. Chr. zu datieren. In der Art ähnlich, aber im Zuschnitt einfacher sind Beispiele aus

Zu Sdiutz und Trutz Mainz-Bretzenheim und Trivières in Belgien; weitere Fundstücke aus Bremen, Vid (Öster­ reich) u. a. gehören in den Umkreis unseres Helmes. Der Helm des fränkischen Herrn ist ein wich­ tiges Musterstück zur frühmittelalterlichen Sachkunde, die bisher nahezu ausschließlich auf Fundgegenstände aus Friedhöfen zurückgreifen muß, da nur wenige frühe Siedlungs­ stellen der nachrömischen Zeit archäologisch untersucht oder bekannt sind. He. Höhe: 14,8 cm. 0 : 21,5/25,5 cm. Inv. Nr.: Neuerwerbung 1973. FO: Rheinland, angeb­ lich Aachener Gegend. Bild 306

Waffen zur Jagd und zur Verteidigung sind dem Menschen seit seiner Zeit als Sammler und Jäger vertraut. Sie dienten immer dem gleichen Zweck, nur Material, Herstellung und Aussehen haben sich mit dem Erfindungs­ reichtum und den wechselnden Zeitläufen gewandelt. Die rautenförmige Lanzenspitze mit achtkan­ tiger Tülle ist aus einem Stück in Eisen ge­ gossen. Auf der Tülle sind geometrische Muster in Silber eingelegt (Tauschiertechnik), Reste einzelner lateinischer Buchstaben, die leider bisher keinen Sinn ergeben, blieben auf dem Lanzenblatt erhalten. Der Fundort ist unbekannt, doch geben Form, Tauschiertechnik und Buchstabenform einen Hinweis: Es ist vermutlich eine Arbeit aus Nordeuropa, entstanden im frühen Hoch­ mittelalter. He. Eisen. Länge: 18 cm. FO: unbekannt. Inv. Nr.: D 685. Bild 307

308 Ein Grabstein für einen ermordeten Leibwächter VIATORINVS PROT ECTOR MI(li)TAVIT an NOS TRIGINTA O CCISSVS IN BAR BARICO IVXTA D IVITIA(m) A FRANCO. VICARIVS DIVIT(i)E(n)SI(u)M Der „Leibwächter“ Viatorinus wurde nach 30 Dienstjahren im Barbaren land in der Nähe von Deutz getötet von einem Franken. Der stellvertretende Kommandeur der Deutzer (ließ den Stein setzen). 4. Jhdt. n. Chr. Protectores, ursprünglich Angehörige der kai­ serlichen Leibgarde, hatten um diese Zeit Of­ fiziersrang. Deshalb wurde Viatorinus sein Grabstein auch von einem etwa gleichrangigen Offizier, dem stellvertretenden Kommandan­ ten der Divitienses gesetzt. Diese Einheit lag in dem römischen Kastell Divitia-Deutz. Ga. CIL X III 8274. — Inv. Nr.: 330. FO: Köln, Gereonskloster. Bild 308 159

E IN TAG AUS DEM LEBEN Der Meister vom „Kölner Schnörkel” 309

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E IN E S RÖMERS IN KÖLN

Tönernes Kinderspielzeug

Sicher ist das Kennenlernen der „großen“ Ge­ schichte in Form von Ereignischroniken, beim Studieren der Taten von Kaisern und Feldherrn, beim Betrachten der Dokumente erst­ rangiger Kunst und Literatur ein lehrreiches Abenteuer. Dieser Art der Geschichtsbetrach­ tung lief jedoch immer, und heute in besonders starkem Maße, eine andere, weniger abstrakte parallel, die versuchte, aus manchmal noch so unscheinbaren Zeugnissen eine Vorstellung da­ von wiederzugewinnen, wie der Alltag der Menschen abseits der großen Geschichte aus­ sah, der Alltag, der allein die Lebensgewohn­ heiten, die allgemeinen Bedürfnisse, die einge­ bürgerten Formen des Zusammenlebens, die Vorstellungen von Vergnügen, von Luxus, von Wohn- und Eßkultur und dergleichen wider­ spiegeln kann. Alle gefundenen Gegenstände, die im täglichen Leben in römischer Zeit be­ nutzt wurden, bergen, betrachtet man sie sich nur richtig, eine unerschöpfliche Fundgrube kulturhistorischer Aussagen, sind oft Inhalts­ schwerere Geschichtsdokumente als z. B. der Neu fund einer kaiserlichen Villa. Als wir uns entschlossen, in einer ganzen Ab­ teilung des Museums das tägliche Leben der Römer in Köln darzustellen, war eine Über­ legung dafür besonders ausschlaggebend: In einer die Geschichte ablehnenden Zeit wie der unseren bedarf es seitens aller Museen großer Mühen, die Gegenstände der Vergangenheit wieder aktuell, d. h. interessant und betrachtenswert werden zu lassen, sie also unter Ge­ sichtspunkten auszustellen, die heutigen Frage­ stellungen Antwort geben können. Da sich bekanntlich erste Neugier nur dann zu mehr Wissen- und Begreifen wollen entwickelt, wenn sie auf wenigstens teilweise Bekanntes, mit einiger Phantasie auf jeden Fall Wieder­ erkennbares, stößt, ist es unser Wunsch, daß unsere Besucher ihren Rundgang durch das Museum in der Abteilung „Tägliches Leben“

beginnen, denn hier stoßen sie überall auf Bekanntes oder Wiedererkennbares: Kinder­ spielzeug, Schultafehi, Schminkgerät, Leder­ sandalen, Küchengeschirr, Wärmflaschen, Grillgeräte, Möbelbeschläge, ganze Serien von Haarnadeln und Gürtelschnallen, medizinische Instrumente, Eßbestecke, kurz auf alles, was man in römischer Zeit benutzte und zum gro­ ßen Teil noch heute, nur in anderer Form. Hat man sich auf diese sehr menschliche Weise ver­ traut gemacht, die vielleicht vorher vorhan­ dene Scheu, die der Grund für die Gleichgül­ tigkeit der Vergangenheit gegenüber gewesen war, abgeschüttelt, werden sich auch die Ge­ genstände, die im Obergesdioß des Museums ausgestellt sind, mit Leben füllen, auch wenn die Themen, unter denen sie dort zusammen­ gruppiert wurden, z. B. ..Handel und Ge­ werbe“ oder „Kunst und Politik“ heißen. Der Weg in die Abteilung tägliches Leben führt vorbei am Dionysos-Bacchus-Mosaik, das das Speisezimmer eines wohlhabenden Römers schmückte. Es gehört sozusagen mit zu ihr, da es auch für die römische Zeit das allgemein menschliche Bestreben deutlich macht, sich je nach Vermögen und Geschmack seine Wohnung, seinen engsten Lebensbereich, auszustatten. Die Thematik der figürlichen Darstellungen auf dem Mosaik spiegelt ande­ rerseits die Vorstellungen von einem Leben Im Jenseits wider und weist deshalb auf den 3. Ausstellungsteil in diesem unteren Geschoß des Museums hin, den „Totenkult“. Da der Tod zum Leben gehört, ist er ihm räumlich eng be­ nachbart ausgestellt. Die Angst vor dem Tode, das Bemühen, im Leben nicht an ihn zu den­ ken, war in römischer Zeit wie heute vorhan­ den; nur die Formen, wie man ihn zu über­ winden suchte und wie sich die noch Lebenden über den Tod eines Menschen hinwegzutrösten trachteten, w'aren andere. Li.-Re.

Grundsätzliche Überlegungen über Sinn und Zweck von Kinderspielzeug, etwa „Spiele­ risches Lernen — gutes und schlechtes Spiel­ zeug — das beste Spielzeug ist das, was Kin­ der als solches behandeln“ — usw. — hat es in römischer Zeit nodi nicht gegeben. Grabun­ gen brachten jedoch eine große Anzahl von tönernem Spielzeug für Kleinkinder zutage, nach dem auch heute noch begierig gegriffen würde: Hühnchen, Eichhörnchen, Pferdchen, die manchmal auch auf Rollen stehen, auf denen ein kleiner Reiter sitzt und deren Nüstern durchbohrt sind, so daß man an einem Band das Grüppchen hinter sich her­ fahren lassen konnte. Manche dieser immer aus zwei Tonformen zusammengesetzten, also hohlen Tierfigü reiten waren mit Kügelchen gefüllt, so daß sie beim Schütteln zu einer bei Kindern so beliebten Rassel wurden. Stellt man sich vor, daß dieses tönerne Spielzeug ehemals noch bunt bemalt war, so erhöht sich nodi der Reiz der einfachen Figürchen. Wie alt bewährt gerade mit Kügelchen gefüllte Vogelfigürchen waren, beweisen ebensolche Funde aus prähistorischer Zeit. Tönernes Spielzeug für größere Kinder ist uns in Köln nicht erhalten, und hat es auch sonst nicht gegeben. Ein 8jähriger Junge wird viel­ leicht noch gerne auf der vogelartig gebildeten Pfeife schrille Töne geblasen haben, aber lie­ ber wird er doch mit Reifen und Bällen ge­ spielt oder Wettkämpfe (wie z. B. Huckepack) gemacht haben, also all die Spiele, die von damals bis heute unverändert geblieben sind. Mädchen spielten dann außerdem nodi mit ihren Puppen. Sie sind uns — teilweise in Form von tönernen Gliederfigürchen — be­ kannt und stammen aus Mädchengräbern. War das Mädchen nämlich unverheiratet ge­ storben, hatte am Tage seiner Hochzeit also nicht den Haus- oder Hochzeitsgöttern seine Puppen weihen können, wurden sie ihm alter Sitte entsprechend mit ins Grab gegeben. Aus Gräbern stammt auch miniaturhaft kleines Geschirr: Teller, Näpfe, Becher usw. Ob es sidi bei ihm wirklich um Puppengeschirr han­ delt oder um eine Modeform von Grabbei­ gabe. läßt sich noch nicht entscheiden, Li.-R. Bild 310 a.b.

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Kinderspiele? Ein kleiner Kerl, angestrengt vorgebeugt und mit einem großen Schritt ausschreitend, hat seinen Spielgefährten auf die Schultern ge­ nommen, um ihn im Wettiauf mit anderen Paaren eine vorher verabredete Strecke Weges zu tragen und dabei möglichst Sieger zu wer­ den. Ob der Hitze des Kampfes sind seine Wangen gebläht, die Augen weit aufgerissen und das H aar wirr aus der Stirn gestrichen. Der kleine Reiter auf seinen Schultern wird bestimmt nicht müde geworden sein, seinen Träger immer wieder anzufeuern. Dieses in griechisdier und römischer Zeit sehr beliebte Kinderspiel ist seit dem Hellenismus häufig und immer wieder anders dar­ gestellt worden. Anregung zu freiplastischen Gestaltungen gaben dabei auch Gruppen wie die eines Satyrn, der ein Satyrkind auf sei­ nen Schultern reiten läßt, eine Genre-Szene also voller Idylle. Der bei Erwachsenen Lächeln hervorrufende Ernst eines solchen kindlichen Wettkampfes neben der künstle­ rischen Bravourleistung, einer derart heftig in sich gedrehten Gruppe trotz der schmalen Standfläche Statik zu verleihen — beides machte wohl für den Römer den Reiz solcher Kompositionen aus. Sie finden sich deshalb auch häufig als Brunnenausstattungen oder Gartenplastiken. Li.-R. Marmor. Höhe: 0,39 m. FO: Köln, Luxem­ burger Str. Inv. N r.:N 5690. Bild 311

Keine M utter mit Kind Möchte man auf den ersten Blick auch mei­ nen, dargestellt sei eine Frau, deren Sohn ihr — ähnlich wie etwa in der frühchristlichen Malerei das Jesuskind der Maria — in den Oberkörper „eingeschrieben“ ist, erkennt man doch bald, daß dieser Grabstein in der Antike nie so wie heute ausgesehen hat. Daß er viel­ mehr zweimal verwendet werden sollte, mit­ ten in seiner zweiten Ausarbeitung jedoch verworfen worden zu sein scheint, lehren z. B. die Gewandfalten der Frau, die über der lin­ ken Gesichtshälfte der Knabenbüste stehen­ geblieben oder aber in eben diese Büste hin­ eingearbeitet sind. Kompositorische oder Steinmetz-technische Merkmale bringen keine Entscheidung, ob der Grabstein ursprünglich die Darstellung der Frau oder die des Knaben (in Büstenform) getragen hat, zumal man be­ denken muß, daß es in der Antike üblich war, mit Hilfe von Stuck bereits ausgeführte Werke in Stein zu korrigieren und zu vervoll­ ständigen. Da das Gesicht des Knaben zu zer­ stört ist, kann man die Prioritätsfrage auch nicht mit Hilfe des sicher im dritten

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nachchristlichen Jahrhunderts entstandenen Frauenkopfes beantworten. Im Gedächtnis der Nachwelt verewigt wis­ sen wollte sich die Frau, wie sie einer alltäg­ lichen Beschäftigung nachgeht: Aus einem ge­ öffneten Kästchen, das sie dem Betrachter des Grabmals demonstrativ entgegenhält, ent­ nimmt sie vielleicht Schmuck, duftende Es­ senzen oder auch Wohlgerüche verbreitende Weihrauchkörner. Die beiden Schmalseiten des Grabsteins sdrmücken hingegen keine Alltagsmotive, son­ dern ein die Pansflöte an den Mund setzender Schafhirte in fremdländischer Tracht und ein kurz gewandeter Mann mit einem Schaf auf seinen Schultern. Sie symbolisieren die alt­ hergebrachte Vorstellung eines friedvollen, menschenvereinigenden Lebens, das sich in seiner vollen Gültigkeit und ganzen Gegen­ wärtigkeit erst im Jenseits ereignen wird. Li.-R. Kalkstein. Höhe: 0,68 m. Breite: 0,38 m. FO: unbekannt. Inv. Nr.: 193. Bild 312

Mit Mühle fängt es an . . . Überall hat man sie gefunden: Ziegel mit re­ gelmäßig eingeritzten Linien. Sie sind nichts anderes als Mühlebretter, die man so ja ein­ fach und bequem herstellen konnte. Antiken Schilderungen nach zu urteilen, erfreuten sich diese Brettspiele bei jung und alt größter Be­ liebtheit, ja, moralpredigende römische Schrift­ steller wissen von Leuten zu berichten, die sich von ihrer Spielleidenschaft so sehr hin­ reißen ließen, daß sie ihr gesamtes Vermögen dabei verloren. Das taten sie allerdings mehr beim Würfelspiel, bei dem einmal Kaiser Augustus 20 000 Sesterzen verlor und Kaiser Nero bestimmt nicht weniger, da er immer nur hohe Summen, 400 Sesterzen auf einmal, setzte. Der ganz besonders vom Spiel besessene Kaiser Claudius schrieb sogar ein Handbuch über die Glücksspiele, und da wir von Tacitus wissen, daß die Germanen noch leidenschaft­ lichere Glücksspieler waren als die Römer, kann man sich gut vorstellen, wie sehr diese „gute alte Tradition“ im römischen Köln ge­ pflegt wurde. Würfelspiele konnte man auf zweierlei Arten betreiben: Einmal mit den heute noch ge­ bräuchlichen Würfeln, dann aber auch (oft in anderem Material nachgebildet) mit den dün­ nen Tierknochen (astragali) vom Mittelfuß. Die vier Seiten dieser Knöchelchen hatten je­ weils eine andere Form, und je nach der Häu­ figkeit, mit der sie auf diese vier Seiten fielen, war der Punktwert der Seiten angesetzt. Da man mit vier Knöchelchen gleichzeitig spielte, waren 35 Kombinationen möglich; die beste war dann erreicht, wenn alle vier Knöchel­ chen auf verschiedenen Seiten lagen. — Ähn­ liche Kombinationen galt es auch mit den Würfeln zu erreichen; um Falschspielerei zu vermeiden, benutzte man Würfelbecher; „ge­ zinkte“ Würfel, deren Schwergewicht man je nach Bedarf ändern konnte, haben sich aber trotzdem in großer Zahl gefunden. Die genauen Spielregeln für die Brettspiele sind uns nidit bekannt, da die antiken Schil­ derungen summarisch sind und meist nicht mehr als den Namen des jeweiligen Spiels an­ geben. Dem heutigen Dame-Spiel am ähnlich­ sten war der ludus latrunculorum (SoldatenSpiel): Man mußte mit seinen Steinen den Gegner so einschließen, daß er sich nicht mehr bewegen konnte; da sich die verschiede­ nen Steine in verschiedene Richtungen bewe­ gen konnten, teilweise auch springen durften, ist dieses Spiel auch unserem Schachspiel ver­ gleichbar. Unserem Puff-Spiel hingegen ent­ spricht duodecim scripta, bei dem man seine Steinchen ins gegnerische Ziel zu bringen hatte, die Steine aber immer nur der Anzahl

der Punkte, die man mit den Würfeln gewor­ fen hatte, entsprechend vorwärtsbewegen durfte. Die spielerische Phantasie wird sich auch in römischer Zeit immer neue Arten von

Spielregeln ausgedacht haben und aus Leiden­ schaft oder Freude, man spielte, so oft man nur Lust und Zeit dafür hatte. Li.-R. Bild 313—314 163

Römisches Schminkgeräl „In 100 Töpfen, Galla, bist Du enthalten, und Dein Gesicht schläft nicht mit Dir“ — mit diesem spöttischen Satz amüsiert sich der römische Dichter Martial über die Schönen seiner Zeit, die ihr Äußeres zu verändern suditeli, indem sie sich die Wangen mit weißer und roter Schminke bestrichen, sich die Brauen schwärzten und künstliche Wimpern und Schönheitspflästerchen benutzten, ihr H aar in eine wallende Lockenp radit verwandelten, gar Haarteile oder Perücken verwendeten.

Schreibgerät „Hego scribo sinem manum“ = ich schreibe ohne Hand, lautet die auf einem Bronzegrif­ fel eingeritzte Inschrift (a). Dieser „Zauber­ stab“ schrieb natürlich nicht von alleine, in römischer Zeit kannte man aber tatsächlich schon so gut geformtes Gerät, das das Schrei­ ben mühelos machte. Der Besitzer dieses Grif­ fels schrieb allerdings kein „gutes“ Schuliatein, sondern „Dialekt“, für den die falsche Verwendung des vierten Falls (sinem manum statt sine manu) und der Aspiration (hego statt ego) typisch ist. Je nachdem, wie wichtig das Schriftstück war, schrieb man auf kostbarem Pergament, das aus Tierhäuten gewonnen wurde, auf Papyrus (zusammengeklebte und gepreßte Streifen vom Mark der Papyrusstaude) oder auf Wachstäfeichen. Diese waren in einen Holz­ rahmen eingelassen, dessen Rand oft mit Löchern versehen ist, durch die man Bänder ziehen konnte, um sie mit anderen Täfelchen verschnüren und so verschicken zu können. Papyrus und Pergament dagegen wurden gerollt. Auf Papyrus und Pergament schrieb man mit Tinte, schwarzer, manchmal auch roter. Das Schreibgerät waren in diesem Fall bronzene Federn mit angegossenem Stiel oder zuge­ spitzte Rohre. Sie endigen manchmal in einem „Löffelchen“, das wohl dazu diente, Verunrei­ nigungen aus der Tinte zu entfernen. Um die empfindlichen Geräte zu schützen, verwahrte man sie in bronzenen Zylindern auf, die man mît einem Deckel verschließen konnte. Die Tintenfässer aus Ton haben oft eine charak­ teristische Rundform mit einem oder zwei kreisförmigen Löchern oben und einem oder mehreren kleinen Löchern am Rande, in die man die Federn stecken konnte. Am einfachsten war das Schreiben auf Wachstäfelchen, in die man die Buchstaben mühelos 164

mit einem Griffel (stilus) einritzen konnte. Bei dem weichen Material war ein Korrigie­ ren keine Schwierigkeit: Man drehte den spitz zulaufenden Griffel um und konnte das Wachs mit seinem schraubenzieherartigen anderen Ende wieder ganz glattstreichen. Die zahl­ reich gefundenen bronzenen Griffel sind bei der Vorliebe der Römer, jedes noch so kleine Gerät mit Zierat zu versehen, oft Zeugnisse hochstehenden Kunsthandwerks. Die Wachs­ täfelchen selbst sind selbstverständlich nicht mehr vollständig erhalten, sondern meist nur die Holzrähmchen, auf denen sich manchmal, wenn die Wachsschicht zu dünn gewesen war, die Buchstaben leicht eingetieft haben; die hauchdünne Wachsschicht des abgebildeten Holzrahmens trägt in lateinischer Kursiv­ schrift noch Reste flüchtig hingeworfener Notizen. Lesbar sind allerdings nur einzelne Namen, z. B. Modestus, Tullio, Victor. Namen vielleicht, die sich ein Händler no­ tierte, well diese Leute ihm noch Geld schul­ deten. Li.-R. Bild 315 316

Man benutzte Spiegel in jeder Form und Größe bis hin zu kleinen Taschenspiegeln, die aus blank poliertem Metall bestehen. Einen Spiegel sich vors Gesicht haltend ließ sich die vornehme Dame von ihren Dienerinnen das H aar in eine kunstvolle Frisur legen. H an­ delte es sich, wie so oft in römischer Zeit, um wahre Turmbauten von Flechten und kleinen Locken, benötigte man natürlich einen großen Vorrat an Haarnadeln. Man konnte wählen unter bronzenen, elfenbeinernen, silbernen, ja auch mit goldenem Kopf verzierten. Die Lie­ besgöttin Venus selbst oder auch nur ihre Hand, den Liebesapfel haltend — immer neue und oft anspielungsreiche Verzierungsformen dieser Nadelköpfe ließ man sich einfallen. Die verschiedenen Salben, ö le und Schmin­ ken, die wohlriechenden Essenzen und Par­ fums, bei deren Zusammensetzung man nicht an von weither importierten Ingredienzien sparte, scheinen eine bedeutende Erwerbs­ quelle der römischen Kölner gewesen zu sein. Das bezeugen neben dem Grabstein eines Salbenhändlers namens Harparonius die zahl­ reichen gläsernen ö l- und Salbgefäße, ange­ fangen von ganz einfachen Henkelkrügen bis hin zu putzigen Gebilden in Tierform. Eine besonders hübsche Spielerei sind auch die rosa gefärbten Glasbälle aus hauchdünnem Glas. Die Wärme der Hand genügte, um den nor­ malerweise festen Ölbrei flüssig werden zu lassen, so daß er aus der winzigen Öffnung der Glaskugel herausfließen konnte. Leicht vorstellbar, was für kleine Geräte sich sonst noch auf dem „Schminktisch“ einer Römerin befanden, etwa Pinzetten zum Aus­ zupfen überflüssiger Härchen, ein Döschen mit einem Pulver, mit dem man den Schmelz der Zähne schimmernd machte, ein Fläschchen vielleicht auch mit einer Essenz, die den Glanz der Augen erhöhte, — der Wunsch nach Schönheit war den Erfindern immer neuer Mittelchen wie auch heute Befehl. Li.-R. Bild 316

Römische Schnell wangen Auf deutschen Wochenmärkten kann man sie noch sehen, in Italien sind sie nodi allgemein üblich: die Schnellwaagen. Ihr Aussehen hat sich — abgesehen von der Art der Verzierung — seit der römischen Zeit nicht geändert, da ihre Konstruktion allein auf dem Hebelge­ setz aufbaut, ihre Form allein der praktischen Benutzbarkeit dient. Das Funktionieren einer solchen Waage ist allgemein bekannt: sie wird aufgehängt oder einfach festgehalten. Das zu wiegende Mate­ rial wird in die Sdtale gelegt oder an dem Haken befestigt. Auf dem längeren Arm, der mit Zahlenangaben versehen ist, ist das Ge­ wicht — sehr oft figürlidr gebildet — frei verschiebbar, die belastete Waage also wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die uns bekannten Schalenwaagen zum Ab­ wiegen geringer Mengen waren gleichfalls ge­ bräuchlich. Viele Metallkugeln, oft mit Angabe ihres Gewichts, sind auf uns gekommen. Die wirtschaftspolitische Leistung der Römer, die darin bestand, im gesamten Reich ein ein­ heitliches Münz- und Maßsystem durchzuset­ zen, kann nicht hoch genug veranschlagt wer­ den. Um so erstaunlicher, daß für ein einheit­ liches Gewichtssystem allem Anschein nicht gesorgt wurde, sondern daß in diesem Fall offensichtlich lokale Traditionen bestehen blie­ ben: Die Gewichtsteine, die sich aus allen Teilen des Reiches erhalten haben, variieren in verwirrender Weise. Li.-R. Bild 317

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318 Aus dem römischen Nähkörbchen In allen Schulbüchern liest man, die Beson­ derheit der römisdien Kleidung bestehe darin, daß man für sie den Stoff nicht habe zuschnei­ den müssen, daß vielmehr das Gewand locker um den Körper geschlungen und mit einigen Gewandspangen nur zusammengerafft gewe­ sen sei. Es stimmt zwar, daß sich die Römer nicht mit komplizierten Gewandschneidereien abgaben, aber sie mußten doch — handelte es sich z, B. um einfache Hemden, die unter dem Obergewand getragen wurden oder als Ar­ beitskleidung dienten — das gerade Stofftuch an den Seiten, an den Ärmeln und auf den Schultern zusammennähen. Die Menge der gefundenen Nadeln aus Bronze und Bein erklärt sich freilich nicht aus diesem „bißdien Schneiderei“. Auch bescheidene Ge­ wänder waren in römisdier Zeit mit Zierbor­ ten besetzt oder bunt bestickt. Vergessen darf man ferner nicht das ganze Arsenal von N a­ deln, das z. B. ein Flickschneider besaß. Und Nadeln brauchten natürlich die Sacknäher, die Hersteller von Kissen und von mit Fransen besetzten Decken, besonders kräftige Nadeln verwendeten die Schuster und Sattler, faden­ feine Nadeln diejenigen, die z. B. die Perlen auf einen Seidenstoff nähten. Man sollte im übrigen nicht glauben, die rö­ mischen Frauen hätten — romantischen Vor­ stellungen entsprechend gar noch des Abends — beim Spinnen und Weben gesessen. Zumin­ dest in der Stadt, wo es Tuchhandlungen gab, taten sie das nicht. Auch das Sticken wird in der antiken Literatur als ein männliches Ge-werbe erwähnt. Stricken und Häkeln, heute als typisch weibliche Arbeiten angesehen, gab es in römischer Zeit nodi nicht. Man hat sich also z. B. auch in Köln ein lu­ kratives Gewerbe der Tuchhändler vorzustel­ len, denn ihnen waren auch die Spinnereien und Webereien angeschlossen, dazu die Werk­

stätten, die die Stoffe je nach Bedarf und Ge­ schmack einfarbig oder bunt einfärbten. Die in Köln gefundenen beinernen Spindeln und tönernen Webgewichte können jedoch genauso­ wenig wie andere Funde und bildliche Dar­ stellungen das genaue Funktionieren antiker Webstühle erhellen, die, antiken Stoffproben nach zu urteilen, die feinsten Gewebe gelie­ fert haben. Die Abbildung zeigt, daß man das Heraus­ schlüpfen des Fadens aus der Öse manchmal dadurch zu verhindern wußte, daß man die Nadel ein zweites Mal durchbohrte, um zwi­ schen beiden Löchern den Faden zusammen­ zuknoten. Um sich beim Nähen nicht die Finger zu zer­ stechen, schützte man sie wie heute mit Fin­ gerhü ten. Die große Schar der Netzeknüpfer bediente sich zweiseitiger Forkennadeln, deren beide Enden um 90ü gegeneinander verdreht waren, um ein schnelleres und bequemeres Hantieren zu ermöglichen. Feine Haarnetze für die Frauen römischer Zeit wird man freilich eher mit den Fingern oder einem eigens dafür er­ sonnenen, zierlichen Instrument geknüpft haben. Li.-R. Bild 318

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Römisches Schuhwerk

Waschen und Baden

Antiken Schilderungen nach zu urteilen ver­ wendeten reiche Frauen und Männer eitle Sorgfalt auf elegantes Schuhwerk aus weichem Leder. Man hört von goldenen Pantoffeln vornehmer Damen, die mît Perlen und Edel­ steinen bestickt waren, von zierlichen roten Stiefelchen oder von anmutig um den Fuß ge­ schnürten Sandalen. Dagegen versteht es sich von selbst, daß die Fußbekleidung einfacher Leute aus Holzpantinen bestehen konnte oder die Reise- und Arbeitsschuhe aus dickem Leder, wobei die Laufsohle mit groben Nägeln beschlagen war. Am Rande des römischen Hafenbeckens, beim Duffesbach, fand sich in einer luftdicht abge­ schlossenen römischen Schicht ein ganzes La­ ger von Schuhwerk aus Leder: teils stark ab­ getragen, teils noch unfertig, teils auch nur „Fabrikationsreste“, kleine Stücke unbenutz­ ten Leders — eine römische Abfallgrube also, der sich auch Kölner Schusterwerkstätten be­ dienten. Man konnte aus ihr Außensohlen mit schwerer Benagelung, Brandsohlen aus dünne­ rem Leder, die uns heute noch bekannten Ge­ lenkeinlagen und einzelne Lederstücke zutage fördern, aus denen ein feines Ornament her­ ausgeschnitten war: sie umschlossen den Fuß­ spann und ließen die Zehen unbedeckt. Außer­ dem fand man Ledersohlen von Sandalen, in die feine Ornamente eingestanzt sind (heute mit weißer Farbe nadigezogen, um sie sicht­ barer zu machen): Hauptsächlich dem Sohlenrande folgende Linien- und Stridimuster; in­ teressanterweise sind mitunter audi Namen­ abkürzungen ein gestanzt, ganz offensichtlich die Namen der Lederhändler oder der Schu­ ster. Besonders gut erhalten sind zwei Kinder­ schuhe; sie sind aus e i n e m Stück Leder ge­ arbeitet, sdtmiegten sich dem kleinen Fuß also besonders bequem an. Aus dem oberen Teil sind trapezförmige Öffnungen herausgeschnit­ ten, durch die ehemals ein Lederriemen ge­ zogen wurde, der dem Schuh ganz sicheren Halt gab. Die Lage der Fundstelle dieser Abfallgrube mit dem „Müll“ von Schusterwerkstätten ist nicht erstaunlich: Gerber und Walker brau­ chen seit je viel Wasser für ihr Gewerbe; der Duffesbach hieß im Mittelalter in seinem obe­ ren Teil Rothgerberbadr, war also in der Zeit nodi Sitz leder verarbeitender Betriebe. LÌ.-R. Bild 319—320

Auf den ersten Blick erscheint es befremdlich: In römisdier Zeit war es nicht üblich, sidi am Abend und Morgen gründlich zu waschen. Alle ließen es damit bewenden, sich am Mor­ gen Hände und Gesicht mit kaltem Wasser zu benetzen. Noch schlimmer: Sie schliefen in derselben Unterbekleidung, die sie auch am Tage trugen. „Hygiene-Apostel11 wären jedoch beruhigt, hatten sie einmal die aufwendigen, palastarti­ gen Badeanlagen besuchen können. Ein sol­ cher Besuch war für alle Teile der Bevölke­ rung eine sich über mehrere Stunden des Nachmittags erstreckende vergnügliche Haupt­ beschäftigung. Die wohlhabendsten Leute be­ saßen zwar ein privates Bad, für alle stan­ den jedoch selbst in kleinen Provinzstädten Thermen —* öffentliche Bäder — zur Verfü­ gung. Köln als Hauptstadt der Provinz Nie­ dergermanien besaß natürlich auch solche großen Badeanlagen. Archäologen vermuten eine mit guten Gründen bei der heutigen Kirche St. Caecilien. Hatte man die Thermen betreten und sidr sei­ ner Kleidung entledigt, folgte eine ganze Pro­ zedur von Kalt-Warm-Heiß- und Schwitz­ bädern, abgelöst von Ruhepausen, Massagen, Schwimmen im großen Bassin, Turnen und Gymnastik in den Freiflächen, einem Besuch beim Kosmetiker und einem kleinen Imbiß. Da man alle Freunde in den Thermen treffen konnte, waren sie auch der O rt für das Aus­ tauschen von Neuigkeiten, das Abschließen von Verträgen, kurz all dessen, was man sich heute unter „Club- und Vereinsleben“ vor­ stellt. Besonders großzügig ausgestattete An­ lagen besaßen sogar eine Bibliothek oder auch geschmackvoll eingerichtete „chambres sépa­ rées“. Der eigentliche Zweck des Thermenbesuchs, die gründliche Reinigung, wurde nicht nur durch die Wechselbäder erreicht, sondern auch

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durch die seit griechischer Zeit bewährte Me­ thode, sich mit einem ö l, das man in einer Flasche bei sich trug, den Körper einzureiben und es nach einiger Zelt mittels gebogener Str eichschaufeln, „sttigvles“ genannt, wieder abzuschaben. Gerade in Köln haben sidi be­ sonders viele dieser Strigiles gefunden. Ihr Stiel ist oft in Form einer Herakleskeule (hier nidit abgebildet) geformt; hübsche An­ spielung darauf, daß Herakles-Herkules der Beschützer der Palästren war, der Anlagen also, in denen die griechischen Jünglinge ihre sportlichen Wettkämpfe austrugen. Das ge­ samte Sortiment, Strigiles und Ölfläschchen, trug man gewöhnlich über ein Lederband ge­ zogen am Handgelenk. — In unserer Abbil­ dung ist dieser Ring luxuriös in Bronze einem Lederarmband nachgebilder. Selbstverständlich war das Reinigen mittels ö l, das man zusammen mit dem Schweiß und Schmutz von der Haut wieder entfernte, nur möglich, wenn man heißes Wasser — wie es die Römer gewohnt waren — zur Verfügung hatte. Die Nachricht des Tacitus, die Gallier würden eine besondere Art von Seife (ähn­ lich zusammengesetzt wie die unsere) benut­ zen, beweist, daß die römische Mode, sich mit heißem Wasser zu reinigen, in den germani­ sdien und gallischen Provinzen eine Neuheit war, die sich zusammen mit allen anderen römischen zivilisatorischen „Importen“ großer Beliebtheit erfreute. Li.-R. Bild 321

Medizinische Instrumente Nicht jeder wird in römischer Zeit so stur wie der alte Cato gewesen sein, der die Hilfe jedes Arztes ablehnte und allein seinem Kräuter­ buch vertraute. Existierte auch in jeder römi­ schen Familie eine Sammlung von häuslichen Rezepten — ein wirksameres Mittel wußte vielleicht doch der Arzt. Die antike Medizin stand nämlich, allen Greuelmärchen über Sal­ bader und Kurpfuscher zum Trotz, auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau. Natürlich gab es eine ganze Schar von Scharlatanen und dazu nodi eine Reihe von „wundertätigen“ Zauberern, die auf der Woge des allgemeinen Aberglaubens mitschwammen. Die medizini­ sche Wissenschaft der Römer mit ihrer jahr­ hundertealten Tradition an Erfahrung und Forschung hat sich jedoch durch mittelalter­ liche Handschriften teilweise bis in die heutige Heilkunde erhalten. Die Ärzte waren in einer der vielen Ärzte­ schulen oder bei einem privaten Lehrmeister ausgebildet worden, hatten die Schriften über Heilkunde studiert — und deren gab es viele — und sich danach meist auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiert. Die Berufschancen waren vielfältig: fest be­ soldeter Wundarzt beim Militär, vom Staat angestellter Arzt, der Minderbemittelte kostenlos behandelte oder aber auch privater Arzt, der es als Leibarzt wohlhabender Fami­ lien, deren Schar von Sklaven er mitbehan­ delte, zu einem beachtlichen Vermögen und noch höherem öffentlichen Ansehen bringen konnte. Die zahlreichen medizinischen Instrumente, die man ausgrub — manchmal sind es ganze „Bestecke“ mit Waschschüsseln, Schröpfköpfen, Schädelbohrgeräten und einer Reihe von Messerchen, deren Verwendung im einzelnen noch unbekannt ist — beweisen, daß sich die an­ tiken Ärzte nicht allein darauf verstanden, mit Salben, Pulvern und Tinkturen, die sie übrigens eigenhändig bereiteten, ihre Patien­ ten zu heilen, sondern auch schon tiefgreifende Operationen durchführten. Das Stechen des Stars z. B,, bei dem vorher die Pupille mittels Tropfen geweitet wurde, war nicht unbekannt. Auch Gallen- und Nierensteine wußte man schon zu entfernen. Beruhigend zu wissen, daß man auch in römi­ scher Zeit diese Operationen nicht bei vollem Bewußtsein ertragen mußte, sondern z. B. ein Betäubungsmittel aus dem Saft der Mandra­ gora kannte. Bei den hier abgebildeten medizinischen Ge­ räten handelt es sich freilich nicht um Be­ standteile eines Chirurgen bestecks, sondern um einfache Skalpelle, Pinzetten und sog. Ohrlöffel (an einem Ende rund, am anderen lan-

zett- oder kellenförmig gebildet), deren spezieller Verwendungszweck trotz noch so „praktischem“ Aussehen unbekannt ist. Alle diese Instrumente können übrigens genausogut auf dem Schminktisch einer römischen Dame gelegen haben, denn sie sind in ihrer allgemeinen „Zweckform“ vielseitig verwend-

bar. So kann auch das zierlich gearbeitete bronzene Kästchen in seinen fünf Abteilungen statt Salben, Pulvern und Tinkturen verschiedene Schminken geborgen, das blattförmig endende Gerät zum Essen von Austern oder Schnecken gedient haben. Li.-R, Bild 322—323

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325 Kleiner Beleuchtungsluxus

Das „Meissen“ der Römer Ein mit feinem Geschirr gedeckter Tisch: seit eh und je Zeichen für zivilisierte Eßgewohn­ heiten, die sich herausbilden, wenn man das Essen nicht nur als hungerstillende „Nah­ rungsaufnahme“ ansieht, sondern auch als einen Genuß für den Gaumen und die Augen zugleich. Freilich ist das Bild vom gedeckten Tisch für die römische Zeit schief, da man nicht an Tischen sitzend speiste, sondern lagerte und dabei das Geschirr in der Hand hielt. Das Tafelgeschirr mußte ja nicht gleich aus Silber oder Gold bestehen; damit prunkten und protzten nur die reichsten der Römer. Der Anzahl der Funde nach zu urteilen konnte man sich jedoch für wenig Geld sog. Terra Sigillata-Geschirr kaufen: feintonige, metal­ lisch glänzend gebrannte, rote Keramik, deren Oberfläche oft mit Reliefs verziert ist: mit ab­ strakten Ornamenten, Ranken und Blüten, kleinen Figuren usw. Die Herstellung dieser Reliefs erforderte dabei keinen großen Auf­ wand. Man benutzte sog. Formschüsseln aus Ton, an deren Innenseite die Reliefs einge­ tieft waren, also eine Art „Kuchenform“, in die man den weichen Ton fest hineinstrich. Auf diese Weise konnte man Relief-Sigillata in Serie hersteilen. Da in den Boden der Ge­ fäße oft der Name des herstellenden Töpfers 168

eingepreßt ist, heißt die gesamte KeramikGattung „Sigillata“ (sigillum = die Marke). Jede „Fabrik“, die natürlich mehrere Töpfer beschäftigte, besaß „Monopole“, einen be­ stimmten Vorrat an Gefäß- und Ornament­ formen, der es zusammen mit den Töpfer­ stempeln erlaubt, eine kleine antike HandelsgeschicHte zu schreiben; denn die von Ort zu Ort immer wieder anders zusammengesetzten Fundkomplexe von Sigillata ermöglichen die Rekonstruktion eines dichten Netzes antiker Handelsbeziehungen. Das ist auch für Köln der Fall. In Köln selbst wurden keine Sigîllaten hergestellt, offensichtlich weil der hier an­ stehende weiße Ton dafür ungeeignet war. Den „Grundstock“ eines Sigillata-Services (für eine Person) bildeten zwei verschiedene Teller sowie zwei unterschiedlich große Näpfe -— entsprechend der römischen Sitte, bei der Hauptmahlzeit auch mehrere Arten von Vorund Nachspeisen zu reichen. Aufgetragen wurden die Speisen in großen Schüsseln, das Hauptgericht auf Servierplatten, runden oder ovalen. Nach beendeter Mahlzeit war es leicht, die jeweiligen Teile mehrerer Sevices raum­ sparend zu stapeln, da sie ja nur in der Größe und Tiefe, nicht aber in der Form variierten. Li.-R. Bild 324

Man konnte noch so viele Tonlampen aufstel­ len, mehr als eine Dämmerhelligkeit konnte man mit ihnen wohl kaum erzielen. Auch die krön leuchterartig von der Deck e herabhän­ genden, mehrschnauzigen Lampen oder z. B, die Idee des Kaisers Nero, Rom bei Nacht in ein festliches Lichtermeer zu tauchen, würden unseren verwöhnten Ansprüdten nicht genü­ gen (wobei natürlich zu bemerken ist, daß unser Bedürfnis nach sehr heller Beleuchtung weniger ästhetischen Gesichtspunkten als viel­ mehr der Notwendigkeit ausreichender Ar­ beitsbeleuchtung entspringt). Konnte man sich keine mannshohen Kandela­ ber (Lampengestelle), keine lebensgroßen Jünglingsfiguren aus Bronze, die Fackeln oder Kandelaberäste hielten, leisten, brauchte man sich andererseits aber auch nicht mit einfachen Tonlampen zu begnügen. So erwarb man bron­ zene Lampen, die der Güte des Materials ent­ sprechend präzise geformt und phantasievoll verziert waren. Da öffnet z. B. ein Silen be­ reitwillig seinen von Bartzausen eindrucksvoll umrahmten Maskenmund, um das ö l in sidt hineingießen zu lassen oder ein elegant ge­ schwungener Delphin gleitet vom Lampenstiel auf den Lampenspiegel herab auf eine zart ge­ rippte Musdtel. Um zu verhindern, daß ö l oder Ruß die Unterlage beschmutzten, konnte man die Lampen auf niedrige, leudtterartige Ständer steilen. Es wäre ein Irrtum, anzunehmen, in römischer Zeit habe es allein Öllampen gegeben. Allge­ mein verbreitet war auch der Gebrauch von Kerzen, die viel leichter zu handhaben waren, und außerdem war man der Sorge enthoben, gutes und brauchbares ö l wie für die Lampen zu beschaffen (reines Olivenöl war in der An­ tike nicht billig). Die bronzenen Kerzen leuchtet — für gewöhn­ lich werden sie aus einfachem Holz bestanden haben — sind uns in ihrer Form durchaus vertraut, da klassizistische Kerzenleudtter ja heute sehr beliebt sind. Manche haben oben

eine runde Öffnung, manche einen Dorn, über den man die Kerze stülpte. Der mit aufwen­ diger Durchbruchsarbeit verzierte dreibeinige kleine Kerzenleuchter konnte nur eine dünne Kerze tragen; für den täglichen Hausgebrauch

wird er nicht gedient haben; vielleicht hat man ihn auf dem Hausaltar aufgestellt, ähnlich wie heute noch die Kerzen in den Herrgottseck­ ehen katholischer Haushalte. Li.-R. Bild 325—326

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DER TOD Spielzeug der Seligen In der religions wissenschaftlichen Literatur ist Köln für eine kleine Gattung von Bronzege­ räten bekannt, die gemeinhin „Mithras-Sym­ bole“ genannt werden und die in spielzeug­ artig verkleinertem Maßstab Ackerbau- und Gartengeräte (Sicheln, Pflüge, Leitern, Spitz­ hacken u. a.) darstellen, daneben auch auf dem Erdboden hcrumkriechende Tiere, u. a. Schlan­ gen und Eidechsen. All diese „Geräte“ stammen aus Gräbern, die dem 3.—4. Jahrhundert n. Chr. angehören; man hat ihnen also eine sepulkrale Bedeutung beizumessen, die in dieser späten Zeit sehr speziellen Mysterienvorstellungen einer einzi­ gen Sekte entspringen kann. Zwingend ist das aber nicht. Vielmehr können die „Geräte“ sehr wohl in die Bildsymbolik einer ganz all­ gemein verbreiteten Vorstellung vom Leben im Jenseits gehören und zufällig für eine ge­ wisse Zeit in Köln in „Mode“ gekommen sein; ein Phänomen, für das an anderen Orten zahlreiche Parallelen zu nennen wären. Die Gaben, die man in römischer Zeit den Toten mit ins Grab legte, sollten ihm im Jen­ seits nützlich, ja unentbehrlich sein. Wozu aber brauchte der Tote unsere „Geräte“? Na­ türlich besitzen sie in ihrer Kleinheit immer noch symbolisch die Brauchbarkeit richtiger Acker- und Gartenbaugeräte, sind jedoch mit den üblichen „realen“ Beigaben nicht ohne weiteres zu vergleichen. Die Vorstellungen über die Tätigkeiten der Se­ ligen im Jenseits haben sich von den ersten An­ fängen solcher Reflexionen bis zum Durch­ dringen des Christentums häufig gewandelt. Eine der geläufigsten war schon in griechischer Zeit die, daß man in Hainen herumwandelte, Blumen pflückte und sie zu Guirlanden band. Ganz offenkundig wird diese Verbindung einer serenen, bukolischen Szenerie mit dem Jenseits bei Vergil in seinen bucolica und georgica, in denen er — deutlich nodi in christlichen Vorstellungen nach wirk end und deshalb von eminenter Bedeutung — ein gro­ ßes Preislied auf das Landleben singt, das ganz eindeutig Bestandteil jenes goldenen Zeitalters ist, weldies unter der Herrschaft des Augustus wieder heraufziehen wird. Das Leben der Bauern ist dabei ein Rest der goldenen Zeit und ihre Arbeit Symbol für die Arbeit des Menschen überhaupt, also in gewissem Maße eine Interpretation seines Wesens. Goldene Zeit in einem Sehnsuchtsland bei Vergil — mit bukolischen Motiven durchsetzte Arkadien — und Paradieses Vorstellungen dann später, also ein Seligkeit verheißendes Zurückversetztwerden in einen natürlichen Urzustand: Das sind die den Tod überwindenden Hoffnungen 170

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der Menschen, für die in der Dichtung das Leben und die Arbeit der Bauern und Hirten symbolisch benutzt wird. Dieser „intellektuel­ len“, von den alten Göttern losgelösten Vor­ stellungswelt geht parallel eine im Mythos verhaftete, in ihrer Symbolik greifbarere: Demeter-Ceres, seit je Göttin der aus Erdentiefen hervorgebrachten Fruchtbarkeit und des Ackerbaus, Mutter der Kora-Persephone, der Ursache des ewigen Wechsels von Werden und Vergehen — Gleichnis für das Geborenwer­ den und Sterben des Menschen, ist für die römisdte Grabsymbolik bekanntermaßen wuchtig; man denke nur an die zahlreichen Sarkophage, auf denen Eroten damit be­ schäftigt sind, Korn zu schneiden, Wein zu lesen u. a. Beide Vorstellungsweiten sind zumindest in der Spätzeit nidit mehr krass zu trennen, zu­ mal ihre Bild Symbolik sielt verständlicherweise überschneidet. Spekulationen mit dem Mithras — oder Sabazioskult, oder gar unbekannten Kölni­ schen Sekten brauchen also für unsere „Ge­ räte“ nicht bemüht zu werden. —- Die Hinter­ bliebenen „rüsteten“ die Toten mit ihnen symbolisch aus, um sie im Jenseits teilnehmen zu lassen an gleichfalls symbolischen Tätigkei­ ten, die in die längst schon traditionelle Vor­ stellung von jenen „elysischen Gefilden“ ge­ hörten. Li.-R. Bild 327

Wehe dem Grabschänder, . . Sie redtt den Hals und lauert. Gierig öffnet sie den Mund, die tiefliegenden Augen suchen die Ferne nach einem Opfer ab. Opfer ist, wer das Grab zu schänden wagt, auf dessen Grab­ stein die Sphinx einst hockte. Auf ihn wird sie im Sturzflug herabstoßen, wird ihn mit ihren Löwenkralien packen und verschlingen. Halb Frau, halb Löwin, halb Vogel gehört sie zu den Wesen aus dem Totenreich. Sie hat die Seele des Verstorbenen ergriffen und ins Jenseits gebracht. Nun hütet sie das Grab des Toten. Gleichzeitig wacht sie darüber, daß die Seele das Grab nicht verläßt, als Gespenst herumgeistert und den Lebenden Unheil bringt. Auch Löwen können ein Grab beschützen. Da­ her lauern auch sie oft auf den Grabsteinen, vielfach sogar mit einer Sphinx zusammen. Dann wehe dem Grabschänder! Sr. Kalkstein. Höhe: 0,67 m. Breite: 0,45 m. FO: Köln, Aachener Straße. Inv. Nr.: 25,292. Bild 328

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Gold und Seit alters versuchten die Mensdien, durch Schmuck schöner und anziehender zu wirken. Form und Farbe des Geschmeides schmeichel­ ten dem Aussehen; Kostbarkeit und Seltenheit des Materials zeigten den Reichtum des Trä­ gers — und Reichtum bedeutete schon immer gesellschaftliche Macht. Von manchen Schmuckgegenständen wie Tier­ zähnen und -krallen, besonders aber von Edel­ steinen, glaubte man außerdem, daß sie Unheil abwehren oder Glück bringen könnten. Der früheste Schmuck, den wir kennen, be­ stand aus einfachem Material: Tierzähnen, Muschel- oder Schneckenschalen, und später aus Flüssen ausgeschwemmtem Gold. Nachdem weitere Metalle und Metallegierungen ent­ deckt waren und den Reichtum ganzer Kultur­ epochen ausmachten, gab es neben dem leichter zu bearbeitenden Gold und Silber auch Schmuck aus Bronze, Kupfer und Eisen. Viele Kulturen konnten sich das kostbare Material nur durch Fernhandel besdtaffen. Händler und Seeleute, aber auch die reichen Auftraggeber selbst, lieferten den Werkstät­ ten, was sie brauchten: Gold von der südrus­ sischen Schwarzmeerküste und aus dem sagen­ umwobenen Ophir in Afrika. Silber aus Spa­ nien, Bernstein von der Ostseeküste, Gagat aus Südengland und Edelsteine aus dem Vorderen Orient, Indien und Ägypten. Spezialisierte Kunsthandwerker, die Gold­ schmiede und Juweliere der antiken Welt, ent­ wickelten die verschiedenen Techniken der Bearbeitung, die durch viele Jahrhunderte von Generation zu Generation weitergereicht und durch neue Anregungen ergänzt wurden. Nur eine kleine Schicht, wie Herrscher- und Adelsfamilien oder reiche Handelsleute, konnten sich gewöhnlich Gold und Juwelen leisten, je wohlhabender aber die Bevölkerung wurde, desto mehr stieg auch ihr Bedarf an Schmuck. Durch Nachahmungen in billigerem Material versudrten die Werkstätten, die nun größere Nachfrage zu befriedigen. Neben den Verarbeitungstechniken wandelte sich auch der Geschmack und mit ihm Form und Gebrauch der Schmuckgegenstände. In der reichen Schmuck Sammlung des RGM kann man Entwicklung und Wandel der anti­ ken Mode verfolgen. Die zahlreichen Kölner Funde aus römischer und fränkischer Zeit las­ sen sich hier mit griechischem, römischem und völkerwanderungszeitlichem Schmuck verglei­ chen, der im Laufe der Zeit vom Museum da­ zugekauft wurde. Darunter ist besonders der Erwerb der Sammlung Diergardt mit ihren rund 6000 Schmuckstücken zu erwähnen, durch die diese Abteilung des RGM Köln zu einer der bedeutendsten Schmucksammlungen Europas geworden ist. Ca. 172

329 „■Wie die Kette der Hetäre“

Hellenistischer Goldohrring

Im Inventar des Artemistempels zu Delos wird im Jahre 279 v. Chr. eine goldene, „mit Lan­ zenspitzen behangene“ Halskette erwähnt, die der Göttin von der Hetäre (Freudenmädchen) Simiche gestiftet worden war. Nach dieser Schilderung handelt es sidt höchstwahrschein­ lich um ein in der Form ganz ähnliches Schmuckstück wie das hier abgebildete. Unser Kollier besteht aus einem breiten Band, das aus feinstem Golddraht „gehäkelt“ ist. Daran hängen 69 kleine, lanzettförmige An­ hänger, die mit goldknopfverzierten Ringchen befestigt sind. Auf beiden Seiten endet die Kette in einem anfangs viereckigen, dann tropfenförmigen Abschluß mit einer kleinen Öse. Die beiden Schlußglieder sind mit hauch­ dünner, geperlter Golddrahtauflage, winzigen Reliefmasken und je einem tropfenförmigen Granatstein verziert. Man befestigte die Halskette vermutlich mit einem gesonderten Band um den Hals oder mit Ziernadeln quer Über der Brust. Dadurch kamen die freihängenden Bommeln und die prächtigen Schließen am ehesten zur Geltung. Als Weihgeschenk einer Hetäre ist eine solche Kostbarkeit gar nicht so außergewöhnlich, wie man meinen könnte. Auch damals wurde dieses Gewerbe reich belohnt, und jene Si­ miche ließ sich ihrerseits die Gunst der keu­ schen Artemis auch etwas kosten. Sie huldigte der Göttin mir dem beliebtesten und verbrei­ tetsten Typus unter den griechischen Hals­ ketten, der wegen seiner zarten und zurück­ haltenden Verzierung und seiner hervor­ ragenden Technik vom 4. bis ins 1. Jh. v. Chr. nicht aus der Mode kam. Ca. Breite: 0,9—2,3 cm. FO: unbekannt. Inv. Nr.: D 65. Bild 329

Der griechische Goldschmuck war nicht für Leute gemacht, die das Auffallende, Überla­ dene und Protzige liebten. Dieser goldene Ohr­ ring etwa, der mit seinem Gegenstück im RGM zu sehen ist, wird von weitem nur als Goldreif gewirkt haben. Nur wer nahe herantrat, konn­ te an den Einzelheiten erkennen, daß es sich um ein kleines Wunderwerk der griechischen Goldschmiedekunst aus dem 4.—3. Jh. v. Chr. handelte: Der Ring aus gedrehten Golddräh­ ten endet im Kopf eines Fabeltieres, dessen weitaufgerissene Augen einst mit Steinen oder Emaille eingelegt waren. Mit feinsten Gravie­ rungen, Goldfaden- und Goldperlenauflagen sind die behaarte Schnauze, die große Blüte über der Stirn, die langen geschwungenen H ör­ ner und die Reifen und Zungenmuster am Halsabschluß herausgearbeitet. Nichts hat die griechischen Damen dieser Zeit mehr entzückt, als Goldschmuck mit verspielten Miniaturfigürchen, Tier- und Men schenk öpf dien und mit zierlichen Blumen und Ranken. Ihren be­ sonderen Wert erhielten solche Schmuckstücke durch die bewundernswerte Technik, die auf die jahrtausendealte Tradition der mittelmeerländischcn Goldschmiedekunst zurückgeht. Ca. 0 : ca. 3 cm. FO: unbekannt. Inv.: o.N r. Bild 331

Edelsteine Der goldene Armreif

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Der goldene Armreif, dessen Gegenstück sich im Museum von Peschawar (heute nördlicher West-Pakistan) befindet, stammt von einem Fund aus der antiken Stadt Taxila, die im Norden des heutigen West-Pakistans liegt. Er kam erst in den Besitz eines Holländers in Pandjab, der ihn 1905 in Den Haag ver­ steigern ließ. Dort wurde er für die Sammlung Diergardt erworben. Unser Armreif besteht aus zwei antithetisch gestalteten Teilen, die durch Scharniere ein­ gehängt werden. Ein Fries aus hohl getriebenen Dreiecken in Form eines Zellenbandes um­ schließt ihn oben und unten. Umrahmt von diesem Zellenfries ist die in Durchbruchtedmik gearbeitete Darstellung einer kämpfenden Tiergruppe jeweils auf den beiden Teilen des Armbandes: zwei hintereinander mit S-förmig gebogenem Körper stehende Panther beißen mît ihren nach oben gestreckten Köpfen den vorhergehenden in den Schwanz, während sie ihn mit der Vorderpfote festhalten. Hüften, Rippen, Sdiultern, Ohren und Augen der Tiere sind mit runden, herz- und halbkreisförmigen Zeilen besonders hervorgehoben. In ihnen sowie in dem die Komposition umrahmenden Zellen­ band waren bunte Edel- und Halbedelsteine als Einlagen verwendet, die jetzt verloren sind. Der Armreif mit seinem Tierstil, in persischsarmatischer Tradition stammt aus Gandhara (heute West-Pakistan), in dessen Nachbar­ schaft, sich im Hellenismus reiche Länder zu großen Königreichen entwickelten. Eines dieser Königreidie war Baktrien (heute NordAfghanistan), dessen baktrisch-griechische Könige im 2. Jh. v. Chr. nach Gandhara ein­ drangen und dort 200 Jahre lang herrschten. Wahrscheinlich ist der Armreif in Baktrien von einem griechisch-iranischen Goldschmied im Aufträge des Königshauses angefertigt wor­ den. In Baktra, der Hauptstadt des Landes, wo die Karawanenstraßen sich aus allen Himmelsrichtungen trafen, konnte der Gold­ schmied sich das Gold aus Sibirien und die Edelsteine aus Indien besorgen. Da es sich um zwei entsprechende Armreifen handelt, war dies bestimmt kein alltäglicher Schmuck, sondern einer, der von der Königin (Prinzessin) bei besonders feierlichen An­ lässen zu ihren prunkvollen Gewändern an beiden Handgelenken getragen wurde. Ver­ mutlich ist das Armband im 2. oder t. Jh. v. Chr. entstanden. Da. Höhe: 4,1 cm. 0 : 6,8 cm. Inv. Nr.; D 955. Bild 330

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Kaiserzeitliche Schmuckplatte Die Griechen waren in allen künstlerischen Dingen die Lehrmeister der Römer. Besonders in den Werkstätten des Östlichen Mittelmeergebietes, aus denen wohl diese Schmuckplatte hervorgegangen ist, hielt sich der griechische Kunstgeschmack bis weit in die Kaiserzeit hin­ ein. Der goldene Rahmen für den großen schwarz-grünen Glasstein ist mit kleinteiligen Verzierungen aus geperltem Golddraht, Gold­ kügelchen und -blüten verziert. Ein Kranz von Email- oder Steineinlagen, von denen jetzt nur noch die Fassungen erhalten sind, umgab das Zentrum. In der Blütezeit der griechischen Gold­ schmiedekunst hätte man allerdings keine Glasimitation eines Edelsteins von dieser

Größe verwandt. Dies ist eher ein Zeichen später Entstehung des Schmuckstücks, als das Glas als Schmuckmaterial beliebt wurde. Da­ mals beherrschte man zwar noch meisterhaft die alten Techniken der Verarbeitung, ver­ nachlässigte aber die Ausgewogenheit von Form, Materialwert und Arbeitsaufwand zu­ gunsten des größtmöglichen dekorativen Effektes. Ca. 0 der Goldplatte: 4,3 cm. 0des Steines: 2,5 cm. FO: unbekannt. Inv. Nr.: D 69. Bild 332 333

Siegel gegen Langfinger Der goldene Siegelring aus Köln-Bayenthal ist ein schönes Beispiel für die Goldsdtmiedeund Juwelierkunst des 3.—4. Jhdts. n. Chr. An der kästen arti gen Fassung des hell- und dunkelblauen Onyx-Kameos setzt der Reif als breites, durchbrochen gearbeitetes Herzblatt an. Diese aufwendige Schmucktechnik, das „opus interrasile“, war in der Blütezeit Kölns im 3. Jhdt. n. Chr. sehr in Mode, wie weitere Funde dieser Art in Köln zeigen. Der Siegelring war bei den Römern der be­ sondere Stolz und das sichtbare Zeichen des freien Mannes. Auch die römische Hausfrau kam ohne Siegel­ ring nicht aus, da Vorräte, Getränke und selbst der Geschirrschrank durch immer neue Ver­ siegelung vor diebischem Hauspersonal gesdiützt werden mußten. Aus diesem Grunde mußten die Kirchenväter den Christen auch das Tragen eines Siegelrings erlauben, obwohl sie sonst jede Art von Schmuck, besonders Goldschmuck, ablehnten. Damals wurden den Christen sogar geeignete Siegelzeichen mit frommen Symbolen vorge­ schlagen, unter denen aber nicht der sonst be­ liebte „Gute Hirte“ genannt ist, der auf Grabmälern öfters vorkommt. Das Bild des Hirten mit dem Widder auf der Schulter, das in die hellere Schicht unseres Ringsteins einge­ schnitten ist, wird daher vermutlich nicht christlich zu verstehen sein. Auch in der heid­ nischen Vorstellung nämlich war der für seine Herde sorgende Hirte Sinnbild der aufopfern­ den Menschenliebe, der „Philantropia“, und damit der Sehnsucht nach einem ungetrübten glücklichen Dasein. Ca. FO: Köln-Bayenthal. Inv. Nr.: 1039. Bild 333

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„Internationaler Chic im römischen Köln“ Köln war zwar nur eine Provinzstadt des römischen Weltreichs, dennoch stand sie in der Entfaltung von Prunk und Luxus den anderen Metropolen in nichts nach. Die Frauen der hohen Staatsbeamten, Militärs und steinrei­ chen Großgrundbesitzer legten offensichtlich Wert darauf, auf der Höhe der „internationa­ len Modewelt“ zu sein. Dazu gehörten im 4. Jh. n, Chr. goldene Armreifen, wie dieser aus Köln, die damals auch in den Weltstädten Koni, Athen und Alexandria getragen wurden. Nach dem Durchmesser des Reifens zu urtei­ len, schmückte er nach südlicher Sitte den Oberarm. Der Reif ist aus einzeln getriebenen Hohlkugeln zusammengesetzt, deren Verzie­ rungen mit Schuppen, Blattern, Ranken, Mas­

ken und Tieren über Wadis oder anderem leicht schmelzbaren Material nachträglich eingraviert sind. Die Kombination der Ziermotive auf den Buckeln und der Verzicht auf Edelsteine ist von anderem spätantiken Goldsdimuck und Silbergerät —- hauptsächlich aus den Werkstätten Alexandrias — bekannt. Eine bedeutende rheinische GoldschmiedeWerkstatt hat unseren Goldreif nach solchen Vorbildern für den Arm einer reichen Kölnerin gearbeitet. Ca. 0 : 9,5 cm. FO: Köln. Inv, Nr.: 1499, Bild 335

Goldener Siegelring aus Köln Der goldene Siegelring aus der Spiesergasse zu Köln gehört zu den zahlreichen Fingerrin­ gen, die im Rheinland gefunden worden sind. Der dicke Reif ist nicht massiv, sondern aus festem Goldblech getrieben, in das die Gemme eingelassen ist. Die natürliche weiße Ader des dunkelblauen Gemmensteins ist als ßildgrund für das emgeschnittene Siegelzeichen benutzt: Eine wahrscheinlich männliche Gestalt mit hochgeschürztem Jagdgewand schultert mit einer Hand den krummen Hirtenstab, an dem der erlegte Hase hängt. In der anderen Hand trägt sie eine Traube. Die außerordent­ liche Breite des Innendurchmessers mit der größten Weite in mittlerer Höhe spricht dafür, daß dieser Ring des 2. Jh. n. Chr. für eine Männerhand bestimmt war. In römischer Zeit trugen nämlich besonders Männer als Zeidien ihrer freien Geburt einen Siegelring. Ursprüng­ lich erlaubte die strenge Bescheidenheit der römischen Frühzeit nur Siegelringe aus Eisen. Goldene durften nur von Senatoren, hohen römischen Gesandten und später auch von Rit­ tern getragen werden, oder sie wurden vom Kaiser als Auszeichnung „verliehen“.Während die traditionsbewußten Familien noch in der Kaiserzett Eisenringe trugen, wurde bei zu­ nehmendem Wohlstand und Prunksucht der Goldring ganz allgemein verbreitet. So kann der schöne Kölner Siegelring die Hand eines verdienten Ritters, aber auch die eines Neu­ reichen geziert haben. 0 : 25/20 mm. FO: Köln, Spiesergasse. Inv. Nr.: 5338. Bild 334

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Fibci zum glücklichen Gebrauch Das Besondere an dieser römischen Fibe! aus dem 4, Jh. n. Chr. ist ihre rechteckige Form. Diese seltene Form scheint nur in den Donau­ ländern hergestellt worden zu sein, woher die Fibel auch stammt. Einstmals, als die Bronze noch glänzend vergoldet war, zog das un­ gewöhnliche Schmuckstück sicher die Blicke auf sich. Der flache, am unteren Ende mit einem Schmuckknopf abgeschlossene Bügel dieser „Armbrustfibel“ ist mit einer durchbrochen gearbeiteten, evie ausgesägt wirkenden In­ schrift verziert. Der letzte Buchstabe ist tier Gestalt des Bügels angepaßt und unter den vorletzten gesetzt. Der Text lautet: UTEREFEL1X. Das heißt: „Gebrauche sie glücklich“, und dieser Glückwunsch gilt der Person, die diese Fibel zum Geschenk bekommen hat. Der

336 Schenkende wünscht, daß der Beschenkte die Fibel jederzeit glücklich tragen möge. In der Antike versah man oft alltägliche Ge­ genstände und Geräte mit solchen Inschriften. Sie begegnen u. a. auf Glasschalen, Trink­ gefäßen, Tonfiguren, Bronzetellern, Gewichts­ steinen, Waagen, Büchsen, Ringen und bezie­ hen sich auf Kultgebräuche, Freundschaft, Ehe usw. Dieser Brauch war bei den Römern selbstverständlich und nichts Außergewöhn­ liches. Auch heute noch wünscht man in südlichen Ländern beim Überreichen eines Geschenkes dem Empfänger einen glücklichen Gebrauch, und selbst Verkäufer in kleineren Läden spre­ chen einen ähnlichen Wunsch aus. Da. Bronze. Höhe: 3 cm. Länge: 5,8 cm. FO: Aus den Donauländern. Inv. Nr.: N 3481. Bild 336

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338 Zwei Schmuckanhänger aus Gagat Der Gagat, griechisch Gagates, nach der Stadt Gagas in Kleinasien so benannt, ist bitumen­ reiche, tiefschwarze Braunkohle und kommt in Europa, vor allem an der Ostküste Englands, z. B. in Whitby, vor, aber auch auf der Frän­ kischen und Schwäbischen Alb, in Polen, Süd­ frankreich und Spanien. Schon in vorge­ schichtlicher Zeit wurde Gagat wegen seiner Eignung zum Schnitzen und seines Glanzes zu Schmuck und Kleinplastiken verarbeitet. Die Römer schätzten dieses Material im 3. und 4. Jhdt. sehr und verwendeten es gern als Armreifen oder als Anhänger; denn Gagat läßt sich nicht nur recht gut bearbeiten, son­ dern er ist auch außerordentlich leicht, so daß er sich vorzüglich dazu eignet, am Körper ge­ tragen zu werden. Vielfach wurde ein solcher Anhänger, der an einem Band oder einer Kette um den Fiais ge­ hängt wurde, als Abwehrzauber benutzt. Dar­ gestellt ist das Unheil abwehrende Medusen­ haupt mit kleinen Flügeln im Haar über dem

Mittelscheitel und von Schlangen umgeben. Nach der antiken Mythologie lebten die Gor­ gonentöchter jenseits des Ozeans. Von ihnen war nur Medusa, ein Ungeheuer mit Schlan­ genhaaren, sterblich. Alle, die der Medusa ins Antlitz schauten, wurden in Stein verwandelt. Perseus, der Sohn des Zeus und der Danae, erhält den Auftrag, das Haupt der Gorgo zu gewinnen. Mit Hilfe der Götter gelingt es ihm als einzigem, das Haupt der Medusa abzu­ schlagen, indem er sein Gesicht ab wendet. Das zweite Medaillon gibt ein Ehepaar wieder. Nach den Frisuren zu urteilen, handelt es sich um eine Darstellung aus der Mitte des 4. Jhdts. Während die Frau keine besonderen Kenn­ zeichen hat, trägt der Mann ein Gewand mit breitem Saum, der entweder geflochten oder bestickt ist. Möglicherweise handelt es sich des­ wegen um einen höheren Beamten. LaB. (Medusa) 0 ; ca. 5 cm. Inv. Nr.: 5166. (Ehepaar) 0 : ca. 5 cm. inv. Nr.: 29,1088. Bild 337—338

Die billigeTotengabe Die goldene Kette, die in ihrer zeitlosen Form auch heute noch ganz modern wirkt, gehört dem 4.—5. Jh. n. Chr. an und stammt aus Taman (Südrußland). Die Frau, die diese Kette als Grabbeigabe bekam, hat sie in ihrem Leben nie getragen, denn sie ist ein Totenschmuck, d. h. sie wurde nur für Tote angefertigt und ihnen ins Grab gelegt. Es wäre auch kaum möglich, sie zu tragen: die dünnen Goldplättchen, aus denen sie besteht, würden am Stoff des Kleides hän­ genbleiben und sich verbiegen, weil sie zu weich sind. Die Kettenglieder sind abwech­ selnd als doppelte und einfache Dreiecke mit Perlstabrand und als Rosetten mit und ohne

strahlenverzierte Buckel und Perlstabrand ge­ formt. Durch feine Drähte sind sie miteinan­ der verbunden. Die Formen wurden den Plätt­ chen über eine Matrize eingerieben. Die Tradition des Totenschmucks reicht weit zurück. Aus mykenischen Gräbern (1450— 1300 V . Chr.) kennen wir viele solcher dünnen Goldplättchen in Form von Rosetten, Mu­ scheln, Lilienblüten, Spiralen und langen Rechtecken, die zu Ketten, Gürteln oder Dia­ demen verarbeitet waren. Totenschmuck wurde im Verhältnis zu anderen Schmuckstücken bil­ liger und einfacher hergestellt, weil er aus dünnerem Gold bestand und keine Steinein­ lagen hatte. Vielleicht haben nicht besonders

reiche Familien den kostbaren Schmuck weiter­ vererbt und als „Ersatz“ eigens angefertigten Totenschmuck dem Verstorbenen ins Grab gelegt? Hunderte solcher Goldplättchen wie unsere Kettenglieder, die auch derselben Zeit zuge­ wiesen werden, sind aus Gräbern von Kertsch zutage gekommen. Alle diese goldenen Schmuckstücke für die Toten haben eine röt­ liche Farbe, die sich durch langes Liegen im Grab gebildet hat. Da. FO: Taman (Südrußland). Inv. Nr.: D 121. Bild 339

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340 Goldarmreif mit Smaragden aus Köln Der prachtvolle Goldarmreif der im Gräberbcreich an der Severinstraße gefunden wurde, wird einst einer reichen Kölner Dame auf den Weg ins Jenseits mitgegeben worden sein. Die feine Durchbrucharbeit mit Ranken und Blät­ termotiven war als Spezialität afrikanischer und syrischer Werkstätten des 4. Jh. n. Chr. in Köln sehr begehrt. Der Kölner Reif, der wahrscheinlich von dort importiert worden ist, kann sich mit den schönsten Beispielen dieser Art messen. Ungewöhnlich ist die Verzierung

mit großen, roh bearbeiteten Smaragden, die in sorgfältig gefaßten Aussparungen auf Gold­ draht gefädelt und frei beweglich sind. Leider sind die Steine oder Perlen der runden Fas­ sungen heute verloren. Der Kontrast zwischen virtuoser Goldschmiedekunst und Naturpro­ dukt, zwischen glänzendem Goldton und far­ bigen Steinen ist typisch für die spätrömische Schmuckmode. Der Fund dieser Kostbarkeit aus fernen Ländern im Kölner Gräberbezirk beweist,

daß es hier im 4. Jh. n. Chr. sehr reiche Bür­ ger gegeben hat, die sich so etwas leisten konn­ ten. Die blühende Handelsstadt war offen­ sichtlich von den schweren Wirtschaftskrisen, die das römische Reich seit dem 3. Jh. n. Chr. heim suchten, weitgehend verschont geblieben. Ca. 0 : 6,5 cm. Breite: 7,5 cm. FO: Köln, Severin­ straße. Inv. N r.: 1498. Bild 340

„Erinnerungen an China“

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Eines der merkwürdigsten und originellsten Schmuckstücke der Goten ist die sog. Zikaden­ fibel — eine silberne Gewandspange in Form eines Insekts mit kleinem, kugeläugigen Kopf und angelegten Flügeln. Dieses eigentümliche Motiv, das der germani­ schen, aber auch der griechischen und römi­ schen Kunst so gut wie unbekannt ist, haben die Ostgoten aus der Mischkultur ihres neu eroberten südrussischen Siedlungsgebietes über­ nommen. Vor den Goten siedelte dort näm­ lich der kriegerische Reiterstamm der Sarmaten, der das Bild der Zikade aus seiner sibiri­ schen Heimat an den Grenzen Chinas mit­ gebracht hatte. In China selbst besaß die Zi­ kade seit uralter Zeit große Bedeutung im Mythos und Totenkult. Über diesen Umweg scheint sie also in die ostgotische und später auch in die germanische Kunst eingegangen zu sein. Diese Fibeln sind ein erstaunlicher Beweis da­ für, wie vergleichsweise nahe das alte China zu jener Zeit dem westlichen Kulturkreis ge­ kommen war. Der Gote, der unser Fibelpaar trug, wußte allerdings kaum nodi etwas von dem kulturellen Hintergrund seines Schmuck­ stücks. Ca. Länge: 6,5 cm. Breite: 3,3 cm. FO: Taman (Südrußland). Inv. Nr.: D 203 a.b. Bild 341

Silberner Armreif der Völkerwanderungszeit Neben dem. Gold, mit dem sich die führenden Schichten der Völkerwanderungszeit umgaben, wird auch das Silber häufig zu Schmu ckstükken verarbeitet. Besonders in ostgermani­ schen Männergräbern der späten Kaiserzeit und der frühen Völkerwanderungszeit findet sich solch herrlicher SiIberschmuck. Audi die­ ser massive, kantige Armreif der Slg. Diergardt ist nach Schwere und Armdurdimesser wohl für einen Mann gedacht. Er ist aus

einem einzigen Stück zurechtgebeigen, wobei die Enden jeweils mehrere Male umeinandergewickelt sind. Auf einer medaillonartigen Verbreiterung der Schauseite des Reifes ist das Bild eines mit Panzer, Helm, Schild und Lanze bewehrten Kriegers eingraviert. Rechts und links von ihm sind Strich- und Punkt­ ornamente. Solche Silberarmreifen sind von Südrußland bis Osteuropa verbreitet. Unser Schmuckstück trägt eine der ganz seltenen

menschlichen Selbstdarstellungen dieser Zeit. Ca. 0 : 7,7 cm, FO: unbekannt. Inv, Nr.: D 217. Bild 342

343 Familienerbstück aus der Völkerwanderungszeit Die spätrömischc Fibel, die Gewandspange zur Befestigung der Kleidung, war einfach und klein gewesen. Unter dem Einfluß der ein wandernden Völker aus dem germanischen Norden und den asiatischen Steppengebieten werden sie zu prunkvollen Zierbrosthen für Männer und Frauen. Um 400 n. Chr. werden in den südrussischen und donauländischen Werkstätten die vormals silbernen Fibeln mit wertvoller Goldverkleidung versehen, die über und über mit Edelsteinen, Golddraht und Goldperlen verziert sind. Die Verarbei­ tung vielfarbiger Edelsteine zu goldenen Ge­ schmeiden lernten die Goldsdrmiede-Werk­ stätten von den asiatischen Steppenvölkern, die die orientalische Schmucktraditi on ins Land gebracht hatten. Die Technik der Goldperlen- und Golddrahtauflage geht dagegen auf uraltes mittelmeerisches Kunsthandwerk zurück. Das Fibelpaar ist durch lange Benutzung an den erhabenen Bügelverzierungen stark abge­ wetzt — womöglich wurde das kostbare Ge­ schmeide von mehr als einer Generation als F amili en erbst ück getragen, selbst nachdem die mittleren Steine herausgebrochen waren und in schlechteren Zeiten nicht mehr ersetzt wer­ den konnten. Ca. Länge: 7,5 cm. Gr. Breite: 8,7 cm. FO: Lago Varese. Inv.N r.: D 391 a.b. Bild 343

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Fränkische Rundfibel Die Fibeln hatten immer nur eine Funktion, nämlich den Mantel zusammenzuhalten. Aber ihre Form und Ausführung unterlagen einem ständigen Wandel, der durch verschiedene kulturelle Einflüsse bedingt war. So sind vor allem in der zweiten Hafte des 7. Jhs. n, Chr. im gesamten Merowingerreich die Rundfibeln sehr beliebt gewesen. Sie ge­ hören zu den schönsten und am reichsten ver­ zierten Fibeln der Völkerwanderungszeit. Im Rheinland sind sie in besonders großer Zahl gefunden worden. Die Gründe für diese Mode­ erscheinung waren: die Vorliebe der Franken für Gold und Edelsteine und die Berührung mit den in Italien wohnenden Langobarden. Dieser Kontakt öffnete den Franken den Zu­ gang zur östlichen Mittelmeerkultur, d. h. zur Kunst von Byzanz. Dadurch kamen neue Stil­

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elemente in den fränkischen Formenschatz, mit denen sie ihre Goldschmiedekunst bereichert haben, das sind: Filigran, d. h, Verzierung durch Golddraht, Perlbanddraht und Kasten­ fassungen mit bunten Steinen. Die Form der Rundfibel erlaubte es, sie mit all diesen neuen Schmuckformen zu verzieren. Auf so einer run­ den Fläche konnte man die Steine und Gold­ drähte am besten symmetrisch ordnen. Unsere Rundfibel aus dem fränkischen Fried­ hof von Köln-Müngersdorf hat als Unterlage eine Silberplatte, auf deren Unterseite Drei­ ecke, umgekehrt s-förmige Verzierungen, Punkte und gestielte Halbkreise eingeritzt sind. Die runde Öse ist für die zusätzliche Befestigung der schweren und kostbaren Fibel gedacht. Auf dieser Silberplatte in Form eines „Buckelschilds“ liegt eine dünne Goldplatte,

die sowohl durch Silbernieten als auch durch Umbiegen des Randes befestigt ist. Die Sil­ bernieten am Rand und in der Mitte des Buckels sind sehr geschickt in die Verzierung einbezogen, indem man sie in die Goldfassungen gesetzt hat. So erscheinen sie wie kleine Perlen. Die roten Almandine, die blauen Glas­ steine und die Nieten treten durch Ihre Fas­ sungen aus der Fläche heraus. Der Goldgrund der Platte ist durch feinste Filigranarbeit be­ lebt: Kreise, „Paragraphenzeichen“, ösenund s-förmige Ornamente bilden mit ihren zarten schwingenden Formen ein Gegengewicht zu den Kastenfassungen. Die Mitte der Schei­ benfibeln wird immer betont, hier durch ein Almandinenkreuz. Da. 0 : 4,3 cm. FO: Köln-Müngersdorf. Inv. Nr.: 28,1000. Bild 344

Zwei goldene Fragezeichen Diese beiden goldenen Zierstiieke, bestehend aus einem geschlossenen Kreis mit redit winklig ansetzender viereckiger Platte, entsprechen sich fast genau in Form und Dekor. Sie sind mit bunten, gewölbten und flachen Edel-, Halbedel- und Glassteinen verziert; die aufgelöte­ ten, teils eckigen, teils ovalen oder tropfen­ förmigen Fassungen sind mit Perlendraht um­ legt. Die freien Flachen füllen granulierte Dreiecke. Sie wiederholen sich am äußeren Rand als größere, am inneren Rand und an der tüllenartig offenen Seite des rechtwinkligen Teils als winzige Pyramiden aus Goldkörnern. Am unteren Halbkreis hingen ursprünglich an kleinen Ringen zwischen den Pyramiden je­ weils sieben Goldglöckchen, von denen nur noch drei erhalten sind. Die Glöckchen, die ja frei hangen müssen, um zur Geltung zu kommen, zeigen uns zwar, daß die Schmuckstücke nicht wie zwei sym­ metrische Fragezeichen einander gegenüber­ gestanden haben können, sie zeigen eindeutig, wo oben und unten ist, aber sie helfen kaum die Frage zu beantworten, wozu dieser Schmuck gedient hat. Weil er beiderseitig mit großer Sorgfalt ver­ ziert ist, wird er sicher von beiden Seiten zu sehen gewesen sein. Die rechteckige Platte ist oben und unten eingefaßt von drei quer­ gerippten Röhrchen, sie hat oben eine breite Öse, unten einen Ring, an dem wohl auch ein Glöckchen hing. Durch die Öse war eine Kette, ein Band, ein Stäbchen oder etwas anderes durchgezogen. Über die Verwendung gibt es nur Vermutungen, die Fundumstände des Schmuckes sind unbekannt. Man hat ihn als Sdiläfenschmuck gedeutet, denn im 5. Jh. n. Chr. war es in Südrußland Mode, in Ver­ bindung mit Diademen (wie wir sie aus Kertsch kennen) gelegentlich auch einen Schlä­ fenschmuck zu tragen. Doch unklar bleibt die Befestigung am Kopf, außerdem wäre die verzierte Innenseite kaum sichtbar. Oder han­ delt es sich um Bekrönung eines Prunkgegen­ standes? Durch die seitlichen Öffnungen der rechteckigen Platten und durch die Ösen konn­ ten sie vielleicht miteinander verbunden wer­ den. Obwohl die beiden Schmuckstücke in Warna (Bulgarien) erworben sind, gehören sie stili­ stisch zum Formenkreis Südrußlands und be­ zeugen ein Weiterleben der berühmten Kertscher Goldschmiedearbeiten. Auf Goldschmie­ dearbeiten dieses Gebietes werden im 5. Jh. n. Chr. häufig granulierte Dreiecke mit bunten Steinen kombiniert; hier wird an eine Technik angeknüpft, die sich vom 1. vorchristlichen bis zum 1. nachchristlichen Jahrhundert in südrussischen Werkstätten zu höchster Voll­ endung entwickelt hatte. Die Goldschmiede des 5. Jhs., die auch unsere Schmuckstücke hergestellt haben, stehen ihren Lehrmeistern nicht nach. Da. Länge: 6,9 cm. Aus: Warna, Bulgarien. Inv. Nr.: D 291 a.b. Bild 345

345 Diadem einer reichen Flunnin Das goldene Diadem sollte seine Besitzerin wie in ihrem Leben, so auch nach dem Tode, schmücken. Deshalb wurde es ihr als Beigabe mit anderem prunkvollen Schmuck ins Grab mitgegeben. Diese reiche Frau war Angehörige einer vornehmen Familie aus der politisch und sozial führenden Schicht des großen Attila-Reiches. Das Diadem vertritt die Goldsdnniedekunst der Attilazeit in der reiternomadischen Tradi­

tion. Auf dem breiten Goldblechreif sind vier Reihen von Fassungen in verschiedenen geo­ metrischen Formen aufgelötet, die mit flach ge­ schliffenen Almandinen gefüllt sind. Das Mit­ telteil ist durch einen aufgesetzten Doppel­ kopfadler hervorgehoben, dessen Augen mit rundem grünem Glas eingelegt sind. Der Reif war ursprünglich durch Einbiegen des Randes auf einer Bronzeunterlage befestigt. Dieses Adlermotiv fand in der Kunst der Reiterno­ maden eine weite Verwendung, denn es war mit ihrer magischen Weltvorstellung eng ver­ bunden. Der Adler war das Sinnbild einer höheren Macht und übernatürlichen Kraft. Diademe waren unentbehrliche Teile der Fest­ kleidung vornehmer Nomadenfrauen. Sie wurden als Stirnreifen auf kostbaren Stoff­ hauben oder Schleiern getragen. Da aber un­ ser Reif mit dem Adleraufsatz gekrönt ist, war er wahr schein lieh nicht irgendein Kopf­ schmuck zur festlichen Tracht, sondern eher ein Kultdiadem, das unter diesem schützenden Symbol zu bestimmten religiösen Kultakten mit der dazu gehörigen Kleidung getragen wurde. Kertsch auf der Krim, Fundort des Diadems, gehörte in der 1. Hälfte des 5. Jhs. n. Chr. zu Attilas Reich. Dort ist das Diadem wohl von einem hunnischen Adligen bei einem hunnischen oder ostgotischen Goldschmied in Auftrag gegeben worden. Die Einfallslosigkeit der Ornamentik, bei der es vor allem darauf ankam, möglichst viel Reichtum zu zeigen, und die einfache Technik läßt eher an eine hunni­ sche Werkstatt denken als an eine ostgotische. Da. Höhe: ca. 4 cm. FO: Kertsch. Inv. Nr.: D 374 a. Bild 346

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Fibel mit Weinranken Bügelfibeln nennt man Gewandnadeln dieser Form aus der Völkerwanderungszeit. Unser Exemplar aus Gold wird mit einer heute noch funktionierenden Schraubnadel geschlossen. Zwischen der Kopf- und Fußplatte wölbt sich der brückenartig gerundete Bügel. Über ihn zieht sich ein stilisiertes Zeliwerk aus Wein­ trauben und Weinblättern. In dem ziemlich tiefen Stegwerk sind zum Teil noch Amethyst­ einlagen erhalten, die anderen Steine sowie die Einlagen der Kopf- und Fußplatte sind herausgefallen. Wie wir aus dem Vergleich mit gleichzeitigen und ähnlichen Schmuck­ stücken wissen, war die Fibel mit bunten Stei­ nen eingelegt. Im Unterschied zu den sonst von den ger­ manisdien Goldschmieden bevorzugten geome­ trischen Mustern, ist hier ein pflanzlicher Dekor verwendet. Weintrauben und Wein­ blätter gehören nicht dem germanischen Orna­ mentkreis an, aber in der mittelmeerischen Kunst trifft man sie häufig. Diese Fibel stammt aus Pisto ja in Italien und sie ist wahr­ scheinlich das Werk eines einheimischen italisdien Goldschmiedes, entstanden zu der Zeit, als die Ostgoten Italien beherrschten und Theoderich d. Gr. (493—526) ihr König war. Vielleicht hatte einer der gotischen Fürsten der Hofhaltung in Ravenna die kostbare Fi­ bel in Auftrag gegeben. Da. Länge: 6,2 cm. FO: Pistoja. Inv. Nr.: D 392, Bild 347 182

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Fränkische Bügelfibeln aus Concevreux Selten spielte das Gold im Denken der Men­ schen eine so große Rolle wie bei den Ger­ manen der Völkerwanderungszeit. Wie svir aus Sagen, Liedern und noch erhaltenen Brie­ fen wissen, hatte jeder vornehme Franke — König oder Adliger — seinen mehr oder we­ niger großen Hausschatz, in dem das ererbte und erbeutete Gold, die Mitgift der Frau und ihr Schmuck aufbewahrt wurde. Dieser Freude an Gold und Edelsteinen entspricht auch die fränkische Sdtmuckmode und -technik: Dicht an dicht, nur durch goldene Stege gehalten und voneinander getrennt überziehen jetzt die wertvollen Almandinsteine die Schmuckstücke und Gerätschaften. Der eiserne Kern dieses Bügelfibelpaares aus Concevreux in Frankreich ist vollständig mit einer solchen Gold-Edelsteinverkleidung be­

deckt. Die Zelltechnik mit ausgebuchteten Stegen ist eine Zierform, die in oberitalieni­ schen Werkstätten vom Anfang des 6. Jh. n. Chr. gepflegt wird. Unsere Gewandnadeln wurden entweder dort hergestellt, oder sind von fränkischen Goldschmieden nach solchen Vorbildern gefertigt. Die Zellentechnik und das Motiv der Vogelköpfe gehen ursprüng­ lich auf die asiatischen Steppenvölker des ehemaligen südrussischen Siedlungsgebietes der germanischen Ostgoten zurück. Beides tritt erst durch die Vermittlung des ostgoti­ schen Reiches in Oberitalien unter Theoderich d. Gr. seinen Siegeszug in der germanischen Schmuckmode Europas an. Ca. Länge: 6,8 cm. Breite: 4,5 cm. FO: Con­ cevreux, Dep. Aisne. Inv. Nr.: D 393 a.b. Bild 348

Die Adlerfibeln Das Vogelmotiv — Vorbild für die beiden Adlerfibeln — wurde von den Ostgoten aus dem südrussischen Raum, in dem es schon lange bekannt war, nach Westeuropa gebracht. Vom Anfang des 5. Jhs. n. Chr. bis in die 2. Hälfte des 6. Jhs. sind Adlerfibeln von den Ufern des Schwarzen Meeres durch ganz Mit­ teleuropa bis zu den Küsten Nord frank reichs und Südenglands verbreitet. So ist es nicht erstaunlich, daß auch im fränkischen Köln des 6. Jhs. Fibeln in Form kleiner Adler modern waren und den Toten als besonders hübsche Schmuckstüdce für das Jenseits mitgegeben wurden. Die beiden Schmuckstücke lagen zu­ sammen mit anderen Beigaben in einem Holz­ sarg am Kreuzganghof der Severinskirche. Die typische Form dieser Fibeln, die auch un­ sere Stücke haben — der stilisierte Vogel im

Profil mit Flügeln und Füßchen — ist schon früh am Mittelrhein belegt. Dort entwickelte sich eines der Hauptzemren der Vogelfibelherstellung, die anderen in Frankreich. Adlerfibeln kommen häufig paarweise vor; die Vögel haben dieselbe Blickrichtung und zwar fast immer sind sie nach rechts gerichtet. Un­ ser Paar ist aus massivem Gold, die Stege teilen die Fläche in Zellen, in denen grüne Glassteine und rote Almandine den gewaffelten Goldfoliengrund durchsdiimmern lassen. Sie sind ein Beispiel für die teure Ausführung der Fibeln, die sich nur reiche Familien leisten konnten. Es gab natürlich auch Serienproduk­ te, die jedermann kaufen konnte, aus Silber oder Bronze ohne Edelstemeinlagen. Da. Länger 2,9 cm. Breite: 1,5 cm. FO: Köln, Severinskirche. Inv. Nr.: 57,88 u. 57,89. Bild 349 183

Kette aus Bernstein und buntem Glas

350 Kette aus Gold- und Kameolperlcn 351

Im 5. und 6. Jh. n. Chr. ist die jahrhunderte­ alte Goldschmiedetradition des Schwarz­ meergebiets noch immer nicht erschöpft. Im Gegenteil, die feingearbeitete Halskette aus honigfarbenen Karneolperlen und Goldkugeln aus der Slg. Diergardt macht klar, daß die verschiedensten künstlerischen Einflüsse jetzt erst besonders Zusammenwirken. — Die längerst besonders Zusammenwirken. . . Die läng­ lichen und runden Hohlkugeln aus getriebe­ nem Gold sind mit Rosetten, Pyramiden oder Dreiergruppen von kleinen Granulationsper­ len und mit gedrehtem, die Mitte umspannendem Golddraht verziert. Diese Technik ist durch Jahrhunderte unveränderter Bestand­ teil der pontischen Goldschmiedekunst. Durchbrochen gearbeitete Perlen sind dagegen erst seit dem 4. Jh. n, Chr. in der ganzen antiken Welt in Mode. Diese ursprünglich syrisch-ägyptischen und byzantinischen Durch­ brucharbeiten mit herausgeschnittenen oder gestanzten Verzierungen werden hier durch aneinandergelötete oder genietete Golddrahtschlmgen gefertigt. Mit der Verwendung großer Edelsteinperlen, die typisch für den spätantiken Halsschmuck des südrussischen Gebietes ist, vereinen sich verschiedene Techniken und Geschmacksrich­ tungen in einem Schmuckstück. Ca. 0 : ca. 1,3—1,5 cm. FO: unbekannt. In v .N r.:D 162. Bild 350 184

Unter der Kirche St. Severin in Köln liegt ein schon in römischer und fränkischer Zeit be­ nutzter Friedhof. Eines der dort gefundenen fränkischen Gräber ist das sogenannte „Grab der reichen Frau“, das sowohl Schmuckstücke als auch Gebrauchsgegenstände verschiedener Qualität enthielt. Diese Beigaben lassen Rück­ schlüsse auf die soziale Stellung der Toten zu. Sie gehörte sicher zur fränkischen Oberschicht der 1. Hälfte des 7. Jhs., war aber längst nicht so reich wie die unter dem Kölner Dom be­ stattete Frau. Unsere aus Glas- und Bernsteinperlen aufge­ fädelte Kette verrät einen sehr persönlichen G esdi mack in der Auswahl der Perlen und der Beschränkung auf vorwiegend bräunliche Farb­ töne und wirkt besonders dekorativ. Die Mitte betont ein großer zylindrischer Bernstein, zu den Enden nimmt die Größe der verschieden­ förmigen Perlen ab. Der Bernstein hat durch seine seltsamen Eigenschaften die Menschen fasziniert. Man hat ihm magisdte Kräfte zu­ geschrieben und hat sich damit gegen den bösen Blick geschützt. Von der mykenisdien Bronze­ zeit bis ins F rühm irtela] ter hat man ihn für Schmuck- und Gebrauchsgegenstände (S. 95) benutzt. Bernstein kam von der Ostseeküste und war wegen der langen Transportwege sicherlich nicht billig. Bei einigen eckigen Glasperlen ist ein heller Faden aufgelegt, acht Perlen sind in Millefiori, die übrigen in der uralten Märbeltechnik hergestellt. Hierbei wird die noch weiche Glas­ masse zu einer Kugel geformt, ihr werden ein oder mehrere bunte Glasfäden aufgelegt, dann werden diese Perlen auf einer Marmor- oder Metallplatte — genannt Märbelplatte — so­ lange gerollt, bis die Fäden in die Perlen ein­ gedrückt sind. Auf diese Weise entstehen bun­ te Muster wie Zickzack- und Wellenband, Girlanden, Vogelfedern, Blüten und anderes. Dieses Verfahren war schon seit den Anfängen der Glasherstellung in Ägypten (um 1500 v. Chr.) bekannt und ist jahrhundertelang ver­ wendet worden in der mykenischen, griechi­ schen und römischen Glasindustrie für die ver­ schiedensten Glasgefäße. In fränkischer Zeit erlebte diese Technik wieder eine Blüte. Da. Länge: 75 cm. FO: Köln, St. Severin. Inv. Nr.: 73 (Severin). Bild 351

Fränkische Gürtelschnalle Einer fränkischen Frau, die um 600 n. Chr. lebte, hat diese schwere Schnalle gehört, die einst einen dicken Ledergürtel schloß, von dem aber nichts erhalten ist. Gefunden wurde das Grab der Frau, das noch andere Schmuck­ stücke und Gebrauchsgegenstände enthielt, auf einem Friedhof in Monceau-leNeuf (NordostFrankreich). Er wies mehrere fränkische Be­ stattungen auf. Die Schnalle Ist aus Bronze gegossen. Ur­ sprünglich waren Bügel, Dorn und die Seiten der Platte vergoldet. Dem Dom, vorne als Tierkopf gestaltet, ist über dem Scharnier ein flacher Granat mit Facettenschlifï aufgelegt. Die von einem silbernen Rand eingefaßte Platte ist in Zell werk mit einem einfachen geo­ metrischen Muster bedeckt, das durch seine Zweifarbigkeit verdeutlicht wird: rote Alman­ dine, deren Glanz durch unterlegte gewaffelte Goldfolie noch gesteigert wird und grüne Glassteine, dazwischen die zarten Linien der silbernen Stege. Die Form solcher Gürtelschnallen wie auch die Vorliebe für buntes Zellwerk in vielfältigen Ornamenten haben die Goten nach Westeuro­ pa mitgebracht, und diese östlichen Stilele­ mente sind von den Goldschmieden im frän­ kischen Reich übernommen worden. Alle Schnallen dieser Art stammen aus fränkischen Gräbern, sie sind aber ziemlich selten. Da. Länge mit Dorn: 10,4 cm. Breite: 5 cm. FO: Monceau- le Neuf (Nordostfrankreich). Inv. Nr.: D 390. Bild 352

Ohrringe mit Kugelanhängern Aus spätrömischen Ohrringen mit kleinen gol­ denen Würfelanhängern entwickelte sich in der frühen Völkerwanderungszeit dieser dekora­ tive Ohrschmuck. Der dicke gedrehte Gold­ draht erforderte ein großes Ohrlodi, in dem die schwere vieleckige Hohlkugel mit den gold­ blechgefaßten dunkelroten Almandinsteinen hängt: Schönheit muß leiden! Trotzdem kam diese Form des Ohrringes, ausgehend von süd­ russischen Werkstätten des 5. Jhdts. n. Chr., bald in ganz Europa in Mode. Noch im 6. und 7. Jh. wurden ähnliche in Köln von den fränki­ schen Damen getragen, die unter dem Dom und St. Severin begraben sind. Ca. 0 der Kugel: 1,5 cm. FO: Köln. Inv. Nr.: D 377 a.b. Bild 353 185

Das neue RömischLeicht zu finden Das Römisch-Germanische Museum steht an der Südseite des Kölner Domchores. Vom Köl­ ner Hauptbahnhof, von der U-Bahn-Station am Dom sowie vom Bus-Bahnhof an der Ost­ seite des Do inchores ist es in wenigen Schritten zu erreichen. Wer mit dem Wagen kommt, kann die Tiefgarage „Am Dom“ (Hauptzu­ fahrt an der Ostseite des Museums) benutzen. Das Museum wurde über der Stelle errichtet, an der im Jahre 1942 beim Bau eines Luft­ schutzbunkers an der Südseite des Domchores das inzwischen berühmt gewordene DionysosMosaik gefunden wurde. Bild 354 Der Haupteingang des Museums liegt mitten in der großen überdachten Freizone des Mu­ seums, die mit dem Dom-Südplatz (Roncalliplatz) eine Einheit bildet. Diesen Eingang erreicht man vom Hauptbahn­ hof wenn man am Chor des Domes vorbei­ geht. Wer von der U-Bahn-Station kommt, überquert den Dom-Südplatz. Die Tiefgarage unter dem Museum hat einen eigenen „Mu­ seumsausgang“, der direkt vor der Westfront des Museums mündet. So entstand das Museumsgebäude Im Jahre 1962 schrieben Rat und Verwaltung der Stadt Köln einen bundesoffenen Architek­ turwettbewerb für den Neubau des RömischGermanischen Museums aus. An ihm beteilig­ ten sich 57 Architektenbüros. Eine Fachjury vergab drei erste Preise, und zwar an: 1. Architekt Prof. Dipl.-Ing. Heinz Röcke, Braunschweig, 2. Architekten Horst Kleinem und Leopold Palkovits, Gelsenkirchen, 3. Architekt Dipl.-Ing. Hans Spiertz, Köln. Der Auftrag zur Planung und Bauleitung wur­ de an das Architektenbüro Prof. Dipl.-Ing. Heinz Röcke und Dipl.-Ing. Klaus Renner vergeben. Der Bauherr des Museums ist die Stadt Köln, Amt für Kunst- und Volksbil­ dung (Beigeordneter Dr. Kurt Hackenberg). Die Bauausführung erfolgte in Zusammenar­ beit mit der Hochbauverwaltung der Stadt Köln (Beigeordneter Dipl.-Ing. Werner Baecker). Der Bau kostete einschließlich der Innenein­ richtung 25 Millionen Deutsche Mark. Zu die­ ser Summe zahlte das Land Nordrhein-West­ falen einen Zuschuß von 6 Millionen Deutsche Mark. Mit der Bauausführung -wurde im Jahre 1967 begonnen. Der Gesamtkomplex entstand in drei Hauptbauabschnitten. Zunächst wurde das „Studiengebäude“ des Museums errichtet. Es steht als ein eigener 186

Baukörper an der Süd-Ost-Seite des Gesamt­ komplexes. Es enthält die großen Werkstätten, die Studiensammlungen, die Bibliothek sowie die Arbeitsräume der Techniker und Wissen­ schaftler. Von Mai 1969 bis November 1970 wurde die neue Dombauhütte an der Südseite des Domdiores gebaut. Die Werkstätten wurden tief gelegt, so daß die Museumsbesucher vom Terrassengeschoß des Museums aus in den Werkhof der Hütte heruntersehen können. Die Kosten für den Neubau der Dombauhütte hat die Stadt Köln getragen. Der Betrag ist in der Gesamtsumme der Baukosten für den Museumsneubau enthalten. Im Juli 1970 wurde mit dem Bau des eigent­ lichen Museumsgebäudes begonnen. Zunächst m ußtederüber dem schönen Dionysos-Mosaik während des Krieges errichtete mehrgeschossi­ ge Luftschutzbunker umgebaut werden. Dies war zeitraubend und schwierig. Mächtige Mauern waren wegzubrechen, neue Funda­ mente zu gründen. Uber dem DionysosMosaik galt es die schwere Decke des Bunkers zu beseitigen, da in der Ausschreibung gefor­ dert war, daß das Mosaik auch von außen sichtbar sein müsse. Der Fund des bedeutenden Poblicius-Grabdenkmals aus dem 1. Jhdt. n. Chr., dessen Bruchstücke die Stadt Köln für das Museum ankaufte, erzwang überdies eine Umplanung des schon in Ausführung befindlichen Ge­ bäudes. Als sich nämlich herausstellte, daß zu­

sammen mit Bruchstücken, die bereits am Ende des vergangenen Jahrhunderts am Chlodwig­ platz gefunden waren, das Denkmal in seiner Gänze wiederherzustellen sei, erwiesen sich die im Neubau vorhandenen Räume als zu klein. Deshalb beschloß der Rat, den Architekten mit einer Bauerweiterung für dieses Denkmal zu beauftragen. So entstand die „PobliciusHalle“ über dem Dionysos-Mosaik. Im Juli 1971 wurde Professor Dr. Hugo Bor355

Germanische Museum dachte Freifläche, die gleichfalls als Ausstel­ lungsfläche genutzt werden, so daß insgesamt 5933 qm Ausstellungsflädie zur Verfügung stehen. In dem großen Hörsaal (500 qm) und der Ein­ gangshalle (400 qm) können Wechselausstel­ lungen gezeigt werden. An der Südseite wurde die römische Hafenstraße ausgelegt. Die Zone zwischen Museumsgebäude und Dombauhütte wurde für die Austeilung römischer Stein­ särge genutzt. Im Terrassengeschoß des Museums befindet sich ein Museumsrestaurant, das auch außer­ halb der Öffnungszeiten des Museums geöffnet sein wird. Während der guten Jahreszeit kön­ nen Terrassenteile sowie solche des Dom-Süd­ platzes für den Restaurantbetrieb genutzt werden. Unter dem Museumsgebäude und dem Re­ staurant befinden sich in zwei Geschossen noch 2060 qm für Räume, die für technische Zwecke (520 qm), vor allem aber als Steindenkmälerlager (Lapidarien), für die Aufbewahrung von Kleinfunden und für Werkstätten genutzt sind.

ger als Nachfolger von Professor Dr. Otto Doppelfeld vom Rat der Stadt Köln zum Leiter des Römisch-Germanischen Museums berufen. Damals war gerade der Umbau des Bunkergeschosses abgeschlossen und das Ter­ rassengeschoß eingeschalt. Der neue Direktor erarbeitete zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen ein gegenüber den bisherigen Plänen verändertes Ausstellungskonzept, das erneute Planänderungen erforderte.

großes Treppenhaus in das „Dionysos-Ge­ schoß“ herunter, sowie nach oben in die gro­ ße „Ausstellungshalle“. Durch das Treppen­ haus blickt man bereits auf das PobliciusGrabdenkmal, Die Treppe ist so ausgebildet, daß man von jedem Podest aus einen Über­ blick Über das Grabdenkmal hat. Das Museumsgebäude besitzt 4450 qm Aus­ stellungsfläche. Hinzu kommen 1483 qm über-

Das Museum hat viele große Räume

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Das Museumsgebäude ist einfadi in der Form. Ob schon es den Dom-Südplatz nach Osten abschließt, bleibt es durch sein zurückgenom­ menes Untergeschoß so durchlässig, daß es nicht eine ausgesprochene Barriere darstellt. Vielmehr geht der Domplatz kontinuierlich in das Terrassengeschoß des Museums über. An der Südseite macht eine breite Treppe, die zur römischen Hafenstraße herunterführt, deutlich, daß das Museum an der Kante zur Niederterrasse liegt. Dieser „Geländeabfall11 ist an der Ostseite markant ausgeprägt. Hier ist das Museum dreigeschossig. Bild 357 Durch den Haupteingang des Museums ge­ langt man sogleich in die Eingangshalle. In ihr befinden sich die Garderoben, der „Mu­ seumsladen", Sitzgruppen und ein Kaffee­ stand. Mit der Eingangshalle sind der große und der kleine Hörsaal verbunden. An der Westseite der Eingangshalle führt ein

So ist das Museum eingerichtet Man kann Museen auf sehr verschiedene Art und Weise einrichten. Ein allgemeines Rezept dafür gibt es nicht. In den letzten Jahrzehnten sind auf diesem Gebiet alle möglichen Ver­ suche unternommen und dabei ist auch manche glückliche Lösung gefunden worden. Jede Neueinrichtung eines Museums bringt die Verpflichtung mit sich, sol die Versuche und Lösungen zu bedenken und nach einem Weg zu suchen, eine möglichst zeitgenössische und da­ mit wirkungsvolle Darbietung der im Museum vorhandenen Bestände zu erreichen. Wir haben ausführlich darüber diskutiert, welches Konzept wir unserer „Inszenierung" zugrunde legen sollten. Die nun gewählte, das wissen wir, ist nur eine von vielen möglichen. Wir halten sie für eine, die diskutiert werden wird. Bild 356 Die Grundüberlegungen hatten von der Auf­ gabe unseres Museums, den Beständen sowie von den zur Verfügung stehenden Räumen auszugehen. Die Architekten haben das Museumsgebäude unter städtebaulichen Aspekten geplant. Dabei hatten sie auf das gegliederte Steingebirge des Kölner Domchores Rücksicht zu nehmen. Dies führte sie auf die Formeinfachheit des Außen­ baus, die eine Formeinfachheit auch der Innen­ räume zur Folge hatte. Das Museumsgebäude ist keine Architektur im herkömmlichen Sinne, sondern eine Raum187

358 hülle, die eine Folge von Innenräumen vom Freiraum der Stadt aussondert. Bild 355 Das Arbeiten der Architekten mit vorfabri­ zierten Fertigteilen hat überdies zur Folge, daß nicht eigentlich mehr Räume mit Charakter entstehen, sondern mehr oder weniger Raum­ abfolgen ohne Sondercharakter. Den Charak­ ter geben die Architekten den Räumen durch die Art, wie sie die Täfelungen der Wände setzen, wobei die Materialwahl auch immer die Struktur des Raumes bestimmt. Unsere Architekten haben ihren Bau auf anonyme Raumfolgen hin angelegt. Das ha­ ben wir Museumsleute als einen Glücksfall empfunden. Wir hatten deshalb keine Rück­ sichten auf einen bestimmten „Raum-Charak­ ter“ zu nehmen. Wir konnten die ungeglieder­ ten Raumsituationen so ausnutzen, daß in ihnen nun — wie wir überzeugt sind — die Denkmäler allein den Charakter und die Atmosphäre der Räume bestimmen. Das ist die Grundlage unseres Konzepts. Und so, meinen wir, sind die Epochen der Urgeschichte, des Römischen und des Fränkischen in unse­ rem Museum nun in einer Atmosphäre gegen­ wärtig, wie man sie so in Köln nodi nicht hat sehen können. Die Bestände des Römisch-Germanischen Mu­ seums sind unter Fachleuten schon lange als außerordentlich reich bekannt. Die Allgemein­ heit wußte fast immer nur von der glänzenden Sammlung römischer Gläser und den Mosaiken. Weniger herumgesprochen hatte sich, daß un­ ser Museum über einen vortrefflichen Bestand an Steindenkmälern verfügt. Das ist auda kein Wunder. Denn abgesehen davon, daß früher im Wallraf-Ridiartz-Museum immer nur win­ zige Ausschnitte der reichen Bestände hatten gezeigt werden können, waren fast alle Stücke seit dem Kriege 1939—1945 verpackt. Nach dem Kriege hatten sie eine Wanderschaft von Auslagerung zu Auslagerung untreren müssen, wobei in der Eile der Umzüge und bei der so ISS

gut wie immer unsachgemäßen Lagerung eine nähere Beschäftigung mit der Mehrzahl der Denkmäler gar nicht möglich war. Viele Stücke waren natürlich aus dem wissen­ schaftlichen Schrifttum bekannt. Darauf ge­ stützt konnten wir im Frühjahr und Sommer 1971 ein erstes Grundkonzept entwerfen und diskutieren. Zur Ausarbeitung dieses Konzep­ tes war aber eine zeichnerische Aufnahme al­ ler Steindenkmäler unerläßlich. Sie führten unsere Techniker, zum großen Teil unter schwierigsten Verhältnissen, von September 1972 bis Januar 1973 durch. Erst dabei kamen die eigentlichen Grundlagen für die Aufstellung in unsere Hände. Gleich­ zeitig wurden von zwei Spezialisten alle In359

Schriften des Museums neu gelesen und neu übersetzt. Das Ergebnis dieser wissenschaftli­ chen Arbeit kommt unseren Besuchern vom Tage der Eröffnung an in einer ausführlichen Beschriftung der Denkmäler zugute. Die von den Architekten gebauten Großräume kamen unseren „ Inszenierungs-Absichten“ sehr entgegen. Wir waren gehalten, die Denk­ mäler frei im Raum aufzustellen. So konnten ■wir sie auf Bühnen nach Sachgruppen zu­ sammenfassen und versuchen, die verschieden­ sten Denkmäler so zueinander zu rücken, daß nicht nur Sach-, sondern auch Themenzusam­ menhänge deutlich werden. Bild 359 Zu den „Bühnen“, die wir „Sockelinseln“ nen­ nen, sind wir durch die Einrichtung der neuen Berlin-Dahlemer-Museen (Stiftung Preußischer Kulturbesitz) angeregt worden, wie jeder, der in diesen Museen war, leicht erkennen wird. Die besondere Art unseres Ausstellungsgutes erzwang aber eine gegenüber der dortigen Lösung veränderte Konstruktion. Unsere Sockelinseln sind in der Regel größer, sämtlich massiv und einheitlich mit Tuffsteinplatten ab­ gedeckt, die wir aus den römischen Stein­ brüchen in der Pellenz bei Mayen bezogen. Wir gewannen damit ein Verkleidungsma­ terial, das sich nuanciert auf die Farben unse­ rer Steindenkmäler einstellt. Dadurch drän­ gen sich die Präsentationsflächen nicht vor, außerdem verwendeten wir ein Material, das in römischer Zeit neben Grauwacke das vor­ herrschende Baumaterial in Köln gewesen ist.

Variationen der Eitelkeit

Die schönen, mit roten Almandinsteinen be­ legten Rundfibeln waren im ganzen 6. Jh. n. Chr. ein Schmuck, den die fränkischen Frauen besonders gerne trugen. Die Vorläufer dieser Fibeln lassen sich bis zur sarmatischen Kunst des 3. Jhs. v. Chr. zuriickverfolgen. Auf ihrer Wanderung durch Südrußland übernahmen die Ostgoten diese Art des Schmuckes mit Zellenwerk und brachten ihn nach West­ europa. Durch sie lernten ihn die Franken kennen. Typisch an diesen Fibeln ist es, daß die Ober­ fläche mit einem Zellenwerk von Almandinen und Glassteinen bedeckt ist, wie bei der Roset­ tenfibel. Manchmal wird ein Teil des Zellen­

werkes ausgespart und der Grund mit Granu­ lation oder Filigran — auch mit beidem — verziert. Die flachen Almandine liegen ent­ weder auf einer gewaffeiten oder einer glatten Goldfolie. Die silberne Fibel, in der sehr seltenen Form einer Rosette, stammt aus einem fränkischen Grab in Köln-Müngersdorf. Zwischen den Silberstegen sind rote Almandine, in den ge­ stielten Halbkreisen grüne Glassteine einge­ legt. Die Mitte betont eine weiße Glasperle. Zahlreidt erhalten sind dagegen runde Alman­ dinfibeln (wie unsere aus Köln-Junkersdorf), deren Mitte als dreispeichiges Rad gestaltet ist. S-förmige Ornamente aus Filigrandraht und

granulierten Silberkugeln füllen die drei ver­ tieften Halbkreise. Nicht im germanischen Siedlungsgebiet zu suchen sind die Vorbilder der Strahlenfibein, sie haben sielt nach ähnlichen provinzialrömischen Emailfibeln in Südrußland ent­ wickelt. Unsere Fibel besteht aus vergoldetem Silber, die Mitte bildet ein achteckiger Stern aus grober Silberkugel-Granulation. Da. Strahlenförmige F.: 04,9cm . FO: unbekannt. Inv. Nr.: 4620a. Rosettenf.: 0 : 3,3 cm. FO: KÖln-Müngersdorf. Inv. Nr.: 28,888. Runde F.: 0 : 3,8 cm. FO: Köln-Junkersdorf. Inv. Nr.: 40,462. Bild 360 189

Aufstellen, aber wie?

Die freie Aufstellung der Denkmäler hat zur Folge, daß jedes Denkmal allseitig zu sehen ist. Dies ist für den Fachmann außerordentlich wichtig. Es eröffnet aber auch — und darauf sollte es in einem Museum schließlich ankommen — jedem Interessierten EmblickmögUdikeiten, die man bei einer Aufstellung von Wänden nie haben würde. Die plastischen Werte der Denkmäler werden so in der Regel gestärkt. Als Nebenfrucht entsteht auch ein ästhetischer Reiz, Bekanntlich ist durch die Kunst unseres Jahrhunderts unsere Sehweise gründlich verändert worden und wir gewin­ nen dadurch heute auch den „Rückseiten“ der Denkmäler Werte ab. Und sei es der, daß man Bearbeitungstechniken studieren kann. Vor allem aber erhielten wir auf diese Weise ein Museum, das im Grunde „keine Rück­ seite“ hat. So wird der Besucher nicht allein an jedem Standort lohnende Blickpunkte finden, sondern auch den Eindruck haben können, sich inmitten eines römischen Ruinenplatzes zu befinden, auf dem eine ordnende Hand die Denkmäler zu Gruppen zusammen­ stellte. Der im Besitz des Museums befindliche Denk­ mälerbestand ist so unermeßlich groß, daß wir vor der Frage standen, was gezeigt werden sollte und was nicht. Bekanntlich ist jedes archäologische Museum ein Archiv für die Denkmäler der Epodien, die es erforscht. In der Regel werden viele Denkmäler, oft sogar die überwiegende Anzahl, in den Steinkellern, den Lapidarien, dieser Museen verwahrt, weil die Bestände zu groß sind. Dort warten sie auf den Besuch der Fachleute und sonst sieht sie kaum jemals jemand. In den letzten Jahrzehnten ist es überdies üblich geworden, in den Ausstellungsräumen nur noch eine Auswahl der besten Stücke zu zeigen, obschon vielfach die Ausstellungsfläche großzügig bemessen ist. Mit der Auswahl will man den Besuchern den Überblick erleichtern. Wir standen vor der Wahl, ebenso zu verfah­ ren. Wir entschieden uns aber für das Mehr. Wir dachten dabei: Ein Spezial-Museum, wie es unser Museum nun einmal ist, müsse davon ausgehen, daß seine Besucher über die vom Museum betreuten Gebiete möglichst viel er­ fahren wollen. Die Besucher sollen das Gefühl haben, es lohne sich, wiederzukommen. Dann sagten wir uns: Indem wir Fülle ausbreiten, hindern wir das Vorurteil, es genügten einige gut überschaubare Stücke, um „die Vergangen­ heit“ zu kennen. Jetzt erfahren die Besucher, wie außerordentlich vielseitig diese Vergan­ genheit war. Sie können Neues entdecken. Endlich wollten wir unsere Besucher nicht be­ vormunden. Sie sollen selber das Vergnügen haben zu entscheiden, was sie sehen wollen. 190

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Die Flilfe, die wir ihnen bei der Auswahl bie­ ten, ist unser Versuch, die Fülle geordnet an­ zubieten. Um keinen Raum ungenutzt zu verschenken, haben wir uns schließlich auch gegen das ge­ füllte Lapidarium (den Steinkeller) und für eine Aufstellung vieler Denkmäler auch in der überdachten Freizone des Museums entschie­ den, Natürlich gibt es dagegen einige Beden­ ken wie die der Luftverschmutzung und der Möglichkeit leichtfertiger Beschädigung der hier aufgestellten Stücke. Nun, was die Luft­ verschmutzung angeht, so weiß man inzwi­ schen durch die Untersuchungen am Kölner Dom, daß sie unten an der Erde nicht so be­ ängstigend wie oben in der Höhe ist. Da wir Museumsleute auch die Ärzte der Denkmäler

sind, werden wir sie im Auge behalten und unsere fähigen Restauratoren sie täglich be­ handeln. Sollten sich gleichwohl Probleme er­ geben, würden wir vorsdflagen, die Freizone zu verglasen. Das kostet nicht viel, brächte dann aber gesicherten Räum, auf den wir nicht mehr verzichten möchten. Bild 361 Und was die Beschädigung durch Leiditfertigkeit betrifft: Wir hoffen sehr darauf, daß die Bürger wissen, daß diese Denkmäler nicht al­ lein Dokument einer spannenden Vergangen­ heit, sondern Besitz aller Bürger sind. Und wer geht schon mit dem, was ihm gehört, leichtfertig um. Nebenbei bemerkt: Den Steinsärgen, die in der Stadt über Jahrzehnte und Jahrzehnte gestanden haben, ist dabei außer Vermoosung bis heute nichts passiert. Audi in der Terrassenzone sind die Denkmäler auf Sockel-Inseln aufgestellt. Allerdings wurde hier auf eine Verkleidung der Bühnen mit Tuffsteinen verzichtet. In diesem Bercidi über­ wiegen die Bruchstücke von Grabdenkmälern und Bauten. Gerade Architekturbruchstücke, die meist in den archäologischen Museen nur in den Magazinen ruhen, haben wir großzü­ gig aufgenommen. Dabei sind wir von der Überlegung ausgegangen, daß wir auf diese Art mitten im Stadtraum eine Öffentliche „Schule des Sehens“ eröffnen. Verblüfft wer­ den Besucher beim Sehen entdecken können, wie vielfältig die Welt der römischen Bau­ formen war. An einigen Steilen der Freizone haben wir vor die Wände des Museums eine Konstruk­ tion aus Stahlstangen montiert, in die wir Architekturbruchstücke, in einem Falle auch stei­ nerne Urnen, montiert haben. Diese „SteinCollagen“ tragen zunächst natürlich zur Be­ lebung der Wandflächen in der Freizone bei. Andererseits erlauben gerade diese Zusammen­ stellungen vergleichendes Sehen. Vor allem aber können wir so lehren, daß selbst unschein-

baren Bruchstücken noch eine große Schönheit und Aussagekraft innewohnt, wie war damit auch andeuten können, daß Archäologie ihre Forschung in sehr vielen Fällen auf winzige Bruchstücke stützen muß. Wir hoffen, daß durch die sinnreiche Verwendung auch soldier Frag­ mente die Bevölkerung sich aufgerufen sieht, bei Bauausschachtungen mehr als bisher auf der­ gleichen Reste zu achten und ihren Fund uns zu melden. Das Museum bietet, wie man bei einem Besudi sehen ward, noch viel Platz, weitere Bruchstücke darzubieten. Die Wissenschaftler aber warten gerade auch auf solche Fragmente, um ihre Aussagen über das römische und fränkische Köln nodi weiter präzisieren zu können. Nach Fertigstellung des Museums werden wir mit dem noch in dem Keller des Museums vorhandenen Material im Praetorium unter dem Rathaus sowie im Ubiermonument an der Malzmühle einige weitere Zusammenstellun­ gen zu bestimmten Themen treffen. Die Aufstellung der Denkmäler in der über­ dachten Freizone des Museums wird hoffent­ lich dazu führen, daß viele Bürger, die immer noch meinen, ein Museum sei nur eine Sadie für wenige, die sich auskennen, einfadi nidit stimmt. Beim Betraditen dieser Stücke werden sie sich hoffentlich nidit nur anregend unter­ halten finden, sondern audi durch die großen Scheiben in das Erdgeschoß des Museums sehen und dabei feststellen, wie die Besucher im Museum sich nicht anders benehmen wie sie selbst, die noch draußen sind. Das mag sie zum Besuch des Museums ermuntern. Anderer­ seits wird sidi derjenige, der im Museum ist, innerhalb des Erdgeschosses fast rundum von Denkmälern umstellt finden. So läßt sich, mei­ nen wir, zwanglos begreifen, daß inmitten un­ serer heutigen Stadt die Zeugnisse der römi­ schen Epoche sehr real gegenwärtig sind. Das wollten wir erreichen.

Wir bieten Information

Die Beschriftung Jeder Museumsbesuch bezieht seinen eigentüm­ lichen Reiz aus dem „Ansehen" der Kunst­ werke und Sadtgüter. Hierin vollzieht sidi die sehr persönliche Begegnung eines jeden Besudiers mit den ausgestellten Objekten. Archäologische Denkmäler erschließen sich in ihrem ästhetischen Wert dem Besucher ent­ sprechend den Sehgewohnheiten unserer Zeit entsprechend leicht. Zum Teil mag das daran liegen, daß heute mancher auf seinen Reisen mit solchen Denk­ mälern schon in Berührung gekommen ist. Auf der anderen Seite ist audr in Rechnung zu stellen, daß in einem Zeitalter, in dem ab­ strakter Ausdruck zu einem Wesensmerkmal

geworden ist, auch fast jeder Bruchstücken einen Reiz abzugewinnen vermag, den vorauf­ gehende Generationen nur selten für sich zu wecken vermochten. Dies ist sicher mit einer der Gründe dafür, warum archäologische Zeugnisse von Bildungswilligen beute so ge­ schätzt und auf gesucht werden. Hinzu kommt hier auch wieder die Wirkung der gegenwärti­ gen Kunst, die offensichtlich doch die Sehweise weiterer Kreise — mehr als viele meinen noch an nehmen zu müssen — sehr verändert hat. Es scheint ein Anwachsen der Phantasiefähig­ keit in Gang gekommen zu sein und damit ein

Bei Inschriften, die oft auch für den Fachmann nur schwer zu lesen sind, Ist für denjenigen, der sie lesen möchte, immer der lateinische Text ausgedruckt und dazu natürlich die Über­ setzung. Datierungen wurden angegeben, wo dies möglich ist und zwar bisweilen aufgrund der Inschriften, dann aber auch nach kunsthistorischen Überlegungen. Bild 363 Die Beschriftung enthält in den Erklärungen die Einsichten wissenschaftlicher Forschung. Damit gibt sie nach dem Stande von heute gesichertes Wissen an den Besucher weiter. Das

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sehr begrüßenswerter Prozeß, auch das Un­ bekannte kennenlernen zu wollen. Wir möchten nun dazu beitragen, diese Nei­ gung nicht nur zu stärken, sondern sie so mit festem Wissen zu untermauern, daß die Lust aufkommt, diese Neugier auf das Fremde immer noch weiter auszudehnen. Jede Bil­ dung beginnt bekanntlich mit Neugier. Je mehr Neugier entzündet und mit Wissen an­ gereichert werden kann, um so größer wird der Bildungswille, Dem dient nun unser erster Versudr, die ein­ zelnen Denkmäler des Museums ausführlich zu beschriften. Auch hier haben wir lange überlegt und diskutiert, wie wir verfahren sollen. Vielerorts ist nämlich immer noch die Vorstellung herrschend, es genüge eine knappe Beschriftung in den Museen. Wer mehr suche, würde dazu schon einen Weg finden. Wir sind anderer Meinung und haben daher unser „Be­ schriftungsangebot" so abgefaßt, daß es — wie wir hoffen — verschiedenen Anspriidren ge­ recht werden kann. Vielfach wird manchem die bloße kurze Über­ schrift genügen. Sie ist in der Beschriftung hervorgehoben.

bedeutet auch, daß sich die Beschriftung bei Wissensveränderung durch Forschung ändern muß. Eine Ergänzung zur Denkmälerbeschriftung stellte übrigens unsere „Kölner RömerIllustrierte“ dar. Von Anfang an war uns klar, daß der übliche „Auswahlkatalog“ un­ serer Absicht, möglichst viele Bürger möglichst umfassend zu informieren, nicht gerecht wer­ den würde. Die Illustrierte enthält neben der Einzelbeschriftung aller Steindenkmäler des­ halb vor allem einzelne Artikel zu Denk­ mälern, von denen die Wissenschaftler meinen, sie seien für die Besucher im Augenblidc be­ sonders interessant. Von dieser Illustrierten sollen in unregelmäßigen Abständen nicht nur weitere Exemplare erscheinen. Vielmehr wol­ len wir sie noch durch eine Taschenbuchreihe, die auf 25 Bände geplant ist, ergänzen. Die ersten Bände dieser Reihe werden im Herbst 1974 vorliegen. Einige Titel sind auf der letzten Seite dieser Illustrierten aufgeführt. Man kann sie jetzt schon bestellen. Sie wer­ den 3,— DM kosten. In den Taschenbüchern werden wir einzelne Sachgebiete in ver­ ständlicher Form behandeln. 191

Zwei feindliche Brüder Als am 4. Februar des Jahres 211 n. Chr. der Kaiser Septimius Severus während eines Feld­ zuges durch Britannien starb, war der ältere seiner beiden Söhne, Caracalla, daran nicht ganz schuldlos. Er hatte zuvor die Ärzte sei­ nes schwer erkrankten Vaters überredet, den Tod des Kaisers zu beschleunigen.

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Caracalla trat die Nachfolge seines Vaters als Fünfundzwanzigjähriger an. Ungern akzep­ tierte er den drei Jahre jüngeren Bruder Geta als Mitregenten. Hatten sie sich als Knaben noch bei Hahnenkämpfen und Wagenrennen gestritten, wollten sie später sogar das Reich untereinander teilen, Julia Domna, ihre Mut­

ter, wußte dies zu verhindern und schlichtete immer wieder den Streit. Ihr blieb es indessen nicht erspart, daß Geta im Jahre 212 n. Chr. von den Soldaten des Caracalla in ihrem Bei­ sein heimtückisch ermordet wurde. Die Münze 2 eigt Julia Domna mit ihren Söhnen, Caracalla und Geta,

Die Bild program me Da aber manche Besucher dieses Angebot viel­ leicht noch nicht ausreichend finden werden, haben wir zu den einzelnen Sachgebieten Bild­ programme angefertigt, die in die Gesamtauf­ stellung eingefiigt wurden, Sdion in der Ein­ gangshalle ist eine Multivision aufgebaut. Sie führt den Besucher in das Museum ein und erlaubt es ihm, sich in den Ausstellungsräumen gleich jenen Gegenständen zuzuwenden, denen sein besonderes Interesse gilt. Eine zweite Multivision, im kleinen Elörsaal eingebaut, bietet eine Einführung in die Stadt­ geschichte soweit sie die Epochen der Urgeschichte, der römischen und fränkischen Zeit betrifft. Im Laufe des nächsten Jahres sollen fast alle Bildprogramme außer in Deutsch auch in Eng­ lisch, Französisch, Italienisch und Niederlän­ disch abgerufen werden können. Insgesamt werden zur Eröffnung 25 Programme vorliegen, die jeweils zwischen 15 und 20 Minu­ ten dauern werden, Bild 365

365 Für die Bildprogramme wurde zusammen mit einer Gruppe junger Ingenieure ein Spezial­ gerät entwickelt, das auf die besonderen Be­ lange eines Museums abgestimmt ist. Ver­ schiedene bekannte Fotografen haben für die­ se Programme die Aufnahmen hergestellt, Grafiker die notwendigen Pläne angefertigt, die Texte schrieben Wissenschaftler des Mu­ seums, gesprochen wurden sie von versierten Sprechern des Westdeutschen Rundfunks, die im Sprechen informativer Texte Erfahrung haben. Bei der Herstellung dieses Audiosystems sind wir davon ausgegangen, daß die meisten Ge­ genstände in einem archäologischen Museum für den Besucher eingehender Erklärung be­ dürfen, wenn dieser sich nicht mit dem bloßen Sehen begnügen will (was sicher hier und da auch der Fall sein wird). Da es unser Ziel ist, den Besucher weitgehend zum selbständigen Besuch des Museums hinzuführen, schien uns ein solches Programmangebot notwendig. Die Programme spiegeln den derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Forschung. Ge­ winnen die Wissenschaftler neue Erkenntnisse, werden die Programme geändert, denn der Besucher soll immer ganz aktuell informiert sein. Dies halten wir für eine der Hauptauf­ gaben eines jeden Museums.

Wichtig scheint uns, daß der Besucher oder eine Besudiergruppe die Geräte selbst einsdialten kann. Niemandem soll eine Informa­ tion aufgezwungen werden. Natürlich stehen in der Nähe der Geräte Sitzgelegenheiten, da­ mit der Besucher die Information nicht im Stehen zu hören braucht. In diesem Zusammenhang ist auch die „Hand­ bibliothek für die Besucher“ zu erwähnen. Sie befindet sich in der großen Ausstellungs­ halle im Obergeschoß. Der Einrichtung dieser Handbibliothek liegt die Überlegung zugrun­ de, daß uns selbstverständlich bekannt ist, daß viele Besucher weit mehr Information ver­ langen, als wir bei aller Bemühung geben können. Hier kann nun die Handbibliothek weiterhelfen. Sie enthält z. B. Lexika, in denen man vieles finden kann, was man wis­ sen will. Außerdem liegen hier archäologische Zeitschriften zum Einsehen und Lesen aus. Na­ türlich haben wir auch fast alle lateinischen und griechischen Schriftsteller, deren Werke in den Originalsprachen und deutscher Über­ setzung vorliegen und die für den Besuch des Museums von Interesse sein können hier eingestellt; dazu preiswerte Taschenbücher, so­ gar Romane und Dichtungen, die sich mit der Antike beschäftigen. Auch populäre Bücher über das Altertum fehlen nicht, selbst auf die Gefahr hin, daß in ihnen nicht immer alles „richtig“ dargestellt ist. Wir möchten aber unseren Besucher mit dieser Bibliothek nicht nur ein zusätzliches Angebot machen, sondern sie vor allem dazu anleiten, durch Lesen ihr Wissen über die Sachgebiete unseres Museums zu vertiefen. Bücher und Zeitschriften können natürlich nur in der Bibliothek eingesehen wer­ den. Eine Ausleihe ist nicht möglich. Damit derjenige, der sich für ein Buch genauer in­ teressiert, es vielleicht gar kaufen möchte, weiß was es kostet, ist in jedes Buch vorne der Preis eingestempelt.

Modelle, wozu? Wahrscheinlich werden unsere Besucher er­ warten, daß sie in unserem Museum viele Modelle finden. Aber wir haben bewußt auf die üblichen Modelle verzichtet. Abgesehen davon, daß in der uns für die Einrichtung zur Verfügung stehenden Zeit die Anfertigung solcher Modelle nicht möglich gewesen wäre, wenn sie dem tatsächlichen Stand der For­ schung hatten entsprechen sollen, glauben wir, daß unsere Bildprogramme die in diese Rich­ tung zielenden Wünsche unserer Besucher weit­ gehend erfüllen können. Natürlich wissen wir, daß viele unserer Be­ sucher solche Modelle von archäologischen Funden oder Gebäuden außerordentlich schät­ zen. Aber abgesehen von den ungewöhnlich hohen Kosten, die solche Modelle, wenn sie gut sein sollen, verursachen, fürchten wir, daß sie leicht dazu verführen, geschichtliche Vor­ gänge oder Tatbestände zu verniedlichen. Das wollten wir vermeiden. Einige Maie haben wir uns aber zu Wiederherstellungen im Maß­ stab 1:1 verstanden und zwar dann, wenn es solche in anderen Museen (noch) nicht gibt oder wenn wir sic für unseren Zusammhang für besonders wichtig hielten.

Ein römischer Reisewagen Da ist zunächst ein römischer Reisewagen. Ihn wiederherzustellen hielten wir für beson­ ders wichtig. Angeregt dazu wurden wir, als wir feststellten, daß das Museum über einen ganzen Satz von Bronzebeschlägen und -Auf­ sätzen von einem solchen Wagen verfügt. Der Bronzeschmuck als kleine Kunstwerke, die sie tatsächlich sind, alleine ausgestellt, wäre zwar von den Besuchern bewundert worden, aber wozu er wirklich gedient hat, wäre unklar

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geblieben. So fügte es sich gut, daß an Hand der Funde sowie durch Vergleichsstudien mit anderen Wagen eine annähernd überzeugende Wiederherstellung (Rekonstruktion) des ge­ samten Wagens möglich war. Vor allem be­ scherte uns das Glück in Herrn Paul Klöcker aus Worringen bei Köln einen Wagenbauer, der sein Handwerk nodi beherrscht, und so haben wir nun einen kompletten römischen Reisewagen vorzuführen. So können unsere Besucher sehen, wie man sich damals bewegte, Reisen nicht ganz so bequem, Handel und Regieren mit Strapazen zu betreiben waren. Vor allem aber sind „Denkmäler in Funktion“ zu sehen. Bild 366 Ein römischer Stadtturm wurde abgegossen Auch einen der 21 Stadttürme der römischen Stadtmauer haben wir, bemessen auf die Höhe unseres Ausstellungsraumes, im Maßstab 1:1 nachgebildet. Zu diesem Zweck wurde der run­ de Turm an der Tunisstraße in Teilen abge­ formt und daraus im Museum der Turm zu­ sammengebaut. Besondere Sorgfalt legten wir dabei auf die Farbgebung der Steine. Obschon nämlich die Mauer durchweg aus Grau­ wacken hochgezogen wurde, und heute an den Stellen, an denen sie sich erhalten hat, nur noch graufarben erscheint, war sie in der Bau­ zeit überaus farbig. In Zusammenarbeit mit einem Spezialisten für römische Steinbrüche wurde das ursprüngliche Farbbild genau her­ gestellt. Bild 367

367 Vor allem meinten wir mit diesem maßstab­ gerechten Ausschnitt aus der Stadtmauer auch die besondere Bedeutung dieser Mauer für das römische Köln deutlich vor das Auge unserer Besucher stellen zu können. Bekanntlich ist die um 50 n. Chr. aufgeführte Befestigung die älteste völlig steinerne Stadtmauer Deutsdilands. Indessen ist sie nicht allein als Wehr­ mauer zu sehen, die sie natürlich auch war, sondern vornehmlich hat sie auch als Doku­ ment für die Erhebung des oppidum Ubiorum (der Ubierstadt) in den Rang einer Stadt rö­ mischen Rechts zu gelten. Damit ist sie aber auch an erster Stelle ein sprechendes Denkmal für „Kölner Bürgerfreiheit“ in römischer Zeit. Abgesehen davon, daß sich der Innenraum des Stadtturmes als Platz für die Besucher der Handbibliothek gerade anbot, gibt das Mauer­ äußere in schöner Weise den sprechenden Hin­ tergrund für den mittleren Torbogen des rö­ mischen Nordtores, den wir im Obergeschoß des Museums aufstelltcn. So wird wenigstens in Andeutung erkennbar, daß das römische Köln nicht allein aus Einzeldenkmälern be­ stand, sondern diese vielmehr Bestandteile in­ mitten einer mächtigen Stadt mit großen Bau­ ten waren. Bild 368 194

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Die Darstellung von Gebäuden vergangener Epochen in einem archäologischen Museum be­ reitet immer besondere Schwierigkeiten, sofern man über solche Bauten nicht in größeren Re­ sten verfügt. Aber auch davon können wir an Hand des Pobliems-Grabdenkmals sowie mit Hilfe eines Tempelgiebels von einem Grabbau aus dem 1. Jhdt. n. Chr. eine un­ gefähre Andeutung geben. Begnügten wir uns bei dem Giebel des Grabbaues mit einer mäßi­ gen Ergänzung, um eine dem Besucher ver­ ständliche Vorstellung von dem Bauganzen zu geben, wurde das Poblicius-Grabdenkmal in seiner Gänze wiederhergestellt. Da nur ein Teil, wenn auch ein großer, der beim Aufbau verwendeten Steine original ist, wird man auch hier ehrlicherweise von einem Modell im Maßstab 1:1 unter Verwendung der Original­ fundstücke sprechen können. Bild 369

auszeichnete. Hier werden wir in den nächsten Jahren die bisherigen archäologischen Befunde und Funde auch noch unter sehr gezielter Fragestellung durcharbeiten müssen, um viel­ leicht an diesem oder jenem Punkte zu präzi­ seren Vorstellungen vom Aussehen der Ge­ bäude in den einzelnen Jahrhunderten ihres Bestehens zu gelangen. Dies fällt jetzt um so leichter, als das gesamte Architekturmaterial, über das wir verfügen, auf gestellt ist. Dabei haben wir Bedacht darauf genommen, die Stücke so zu montieren, daß diejenigen, die Bauzier waren, durch die Art der Auf­ stellung wenigstens ungefähr etwas von der plastischen Kraft, die ihnen innewohnte, ent­ falten können. Um dies zu erreichen, haben wir in vielen Fällen auch Säulen und Pfeiler nachgebildet. Doch ist zu betonen, daß in kei­ nem Falle (außer am Poblicius-Grabdenkmal) auch nur eine der Säulen oder Pfeiler in der Höhe montiert werden konnten, die sie in den römischen Bauten besaßen. Bild 370

Reichtum und Prunk römischer Bauten

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Ein ganzes Grabdenkmal wurde wieder aufgebaut

Fast unmöglich ist es, in einem archäologischen Museum eine Vorstellung von dem Gliede­ rungsreichtum zu geben, der römische Bauten 368

Hier waren uns einfach durch die Raumhöhen des Museums Grenzen gesetzt. Fast unmöglich ist in einem archäologischen Museum jener Prunk darzustellen, der zumindest den offi­ ziellen Bauten eignete. N ur wenig bekannt ist, daß durchweg alle Denkmäler und Architek­ turteile, die jetzt im Museum ausgestellt sind, in römischer Zeit grell mit Farben überzogen waren. An vielen Denkmälern sind die Farb­ spuren der Bemalung, wenn auch verblaßt, noch wahrzunehmen. Zu einem späteren Zeit­ punkt werden wir Ergebnisse von Farbrekonstruktionsversuchen im Museum vorstellen. Dodi sind hierzu noch einige Untersuchungen notwendig. Wenigstens an einem Beispiel jedoch war uns die Möglichkeit gegeben, den unerhörten Prunk in der Ausstattung eines römischen In­ nenraumes sichtbar werden zu lassen. Bekannt ist, daß viele Innenräume in geradezu ver­ schwenderischer Weise mit Marmorplatten ausgekleidet waren. Das hierzu verwendete Material kennen wir auch aus Köln durch Ausgrabungsfunde. E.s bedurfte deshalb nur eines Spezialisten, der die Plerkunft der Ma­ terialien bestimmen und der sich auch in den römischen Steinbrüchen im großen römisdien Reich auskannte. Er holte die Materialien, wie im römisdien Köln, aus der ganzen alten Welt zusammen und baute dann für uns eine „mar­

morne Inkrustationswand“. So wird an einer Stelle der „Prunk“ eines römischen Wandteiles sichtbar, und zwar so nachdrücklich, wie sonst zur Zeit wohl nur im Pantheon zu Rom. Schließlich wurde auch die schematisierte Wie­ derherstellung eines römischen Marmorfußbo­ dens gewagt. Damit rahmten wir das schon im vergangenen Jahrhundert in Köln gefun­ dene Philosophen-Mosaik. Für diesen „Mar­ morrahmen“ wmrde fast ausschließlich belgi­ sches Marmormaterial verwendet, das auch die Römer schon abbauten. Mit den Marmorfeldern wird indessen nicht allein der Prunk des offiziellen römischen Köln sichtbar, sondern abzugreifen ist damit auch die Verzahnung des Wirtschaftslebens dieser Provinzstadt mit den anderen Provinzen des römischen Reiches. Römische Wandmalereien wurden wieder hergestellt Ein Wissenschaftler hat Monate damit zuge­ bracht, Wandmalerei reste, die bei den Aus­ grabungen an der Dom-Südseite in den Jahren 1969/70 in einem Wohnraum gefunden wur­ den, in den gesamten Wandflächen wieder zu­ sammenzufügen. Eine weitere langwierige Ar­ beit war es dann, die durchweg schweren Mör­ telbrocken (bis zu 12 cm stark) allesamt bis auf

Millimeterdünne abzuschleifen. Erst dann konnten die originalen Bildfelder, die vorher überklebt worden waren, in Kunststoff wände eingelassen und das Fehlende mit Wandputz nach römischem Muster beigezogen werden. So wurden drei zusammenhängende Wände eines längsrechteckigen Raumes gewonnen, 8,30 und 4,2C m lang sowie an die.3 m hoch. Unsere Besucher gewinnen nun vor den Wän­ den, die rund um das Philosophen-Mosaik her­ ummontiert wurden, einen Eindruck von der Ausstattung eines römischen Hauses mit „ge­ malter Tapete“. Der Besteller dieses Wand­ schmuckes konnte nach seinem Geschmack in Musterbüchern in der Malereiwerkstatt aus­ suchen. Verblüffend ist die hohe Qualität der Malerei, die an diejenige des 3. pompejanischen Stiles anknüpft. Bild 371 Es wird interessieren, daß wir unter dem Fundmaterial unseres Hauses noch sehr viele Reste weiterer Fresken gefunden haben, dar­ unter einige offenkundig mit Bildern aus der antiken Sagenwelt. Sie wollen wir ebenfalls in den nächsten Jahren wiederherstellen. Natürlich waren nicht alle Häuser so auf­ wendig ausgemalt. Dergleichen fällt für das römische Köln schon unter den Begriff „Kunst und Luxus“. Aber auch in einfacheren Woh­ nungen gab es farbige Wände. Wir werden uns bemühen, auch davon Beispiele zu zeigen. 195

Der Alltag der Römer in Köln soll deutlich werden

nähert sind. Solche Tische wurden dem Gast an die Speisesofas gestellt. Diese Nachbildun­ gen erlauben es uns, verschiedene Services auszustellen und damit unseren Besuchern einen Überblick über eine Reihe der alltäg­ lichen Serviceformen zu geben.

lich pompe]anisch-rot gestridren, Den Farbton nahmen wir von den römischen Wandmale­ reien. Wo, wie im Dionysos-Geschoß, die braune Raumfarbe nicht verwendet werden konnte, entschieden wir uns für weiß, mit dem wir das Pompejanisch-Rot kombinierten.

Ein Bett

Weitere Nachbildungen sind geplant

Das Vitrinensystem

Einige zurückhaltende und stark stilisierte Nachbildungen haben wir da gewagt, wo wir den Alltag der Römer in Köln darzustellen versuchen. Besonders weit sind wir hier in der Nachbildung einer gemauerten römischen Schlafstatt gegangen. Damit wollen wir dem verbreiteten Vorurteil entgegen wirken, in römischer Zeit sei nun wirklich alles zum Be­ sten bestellt gewesen. Ohne Zweifel gab es bei solchen, die es sich leisten konnten, durchaus Gediegenheit, bisweilen auch Luxus in der In­ nenausstattung der Häuser, Aber bei weitem das meiste war doch auf eine kaum mehr vor­ stellbare Kargheit gestellt. So ist denn die aus Stein aufgemauerte Schlafstatt kein Einzelfall, sondern für weite Kreise durchaus der Normalfall gewesen, wie jeder, der einmal die Ruinen der Städte Pompeji, Herculaneum oder Ostia besucht hat, weiß.

Während der größte Teil des Untergeschosses im Anschluß an das Dionysos-Mosaik der Dar­ stellung des Themas „Ein Tag aus dem Leben eines Römers in Köln“ gewidmet ist, wird in einer kleineren Raumflucht das Thema „Tod und Grab“ vorgeführt. Dazu haben wrir uns verstanden, weil im Grunde, wrie wir wenig­ stens in Andeutungen zeigen können, die Be­ reiche von Diesseits und Jenseits in der Vor­ stellung des Menschen damals austauschbar waren. Innerhalb des nächsten Jahres wollen wir in einigen der Räume, die als Lagerräume für Steindenkmäler vorgesehen waren, eine Ab­ teilung „Technik der römischen Zeit“ einrich­ ten. Dieser Bereich ist in einem technisch orien­ tierten Zeitalter für viele von besonderem In­ teresse. Darüber hinaus spielt die technische Leistung der Römer für die Zivilisation der damaligen Zeit eine entscheidende Rolle. An­ dererseits läßt sich so lernen, daß manche Lei­ stungen unserer eigenen Gegenwart weitaus bescheidener einzustufen sind, als wir oft mei­ nen.

Das Vitrinensystem haben wir auf die Maße unseres Baues bezogen. Die im Handel her­ kömmlichen Vitrinen entsprachen unseren An­ sprüchen nicht. Angeregt zu den nun aufge­ stellten Vitrinen wurden wir durch das für die Berlm-Dahlemer Museen von Dipl.-Ing. Fritz Bornemann entwickelte System, das wrir in Zusammenarbeit mit einer Spezialfirma auf unsere Zwecke hin erweiterten, wobei auch die zu beachtenden kοn ser va to π schen Gesichts­ punkte hinlänglich in Betracht gezogen wur­ den. Spezialvitrinen wurden außerdem für be­ stimmte besondere Sammlungsteile entwidcelt, so für das römische Glas, für die Bronzen, für den Goidschmuek und für einen Teil der be­ deutenden urge Schichtliehen Bestände. Hier haben wrir Entwicklungen des Schaufenster­ baues genutzt und diese wiederum in Zusam­ menarbeit mit einer Spezialfirma auf die museumsspezifischen Belange hergerichtet.

Eine Küche Über das Aussehen römischer Küchen wissen wir bei uns zulande immer noch wenig. Wo man in Häusern Herde ausgegraben hat, fand man sie meist direkt als kleine Feuerstellen auf den Boden gemauert. Die von uns ange­ deutete „Küche“ ist sehr stark stilisiert. Sie soll in der ausgeführten Form allein darauf hinweisen, daß solche „Nutzräume“ sparsam ausgestattet waren. Der aus Kölner Fundma­ terial ausgelegte Ziegelplattenboden, dessen Fugen wir mit Lehm verschmierten, geht über den Normalfall hinaus. Fast überall hatten die Küchen damals meist nur einen Lehm­ estrich als Boden, wie viele ausgegrabene Bei­ spiele lehren. In den Küchen gab es zum Abstellen von Töp­ fen und Geschirr entweder gemauerte Wand­ nischen oder hölzerne Regale. Unser Holzregal ist weitaus größer als die zur römischen Zeit gebräuchlichen. Hier kam es uns darauf an, grundsätzlich zu zeigen, wie in den Küchen die Gebrauchsgeräte „gestapelt“ wurden. Damit sollen unsere Besucher die Möglichkeit haben, einzusehen, daß diejenigen Stücke, die wir we­ gen ihrer schönen Formen und Farben heute so schätzen (und für die wir, wenn wir sie besitzen wollten, fast immer unverantwortlich hohe Preise zahlen), in Wirklichkeit das All­ täglichste von der Welt gewesen sind; in nichts anders als unsere alltäglichen Geschirre heute.

Eßtische mit Eßgeschirr Da noch immer nur wenige wissen, daß es in römischer Zeit Prunktafeln, wie sie heute bei Festessen üblich sind, nicht gab, haben wir einen großen Raum ausgesondert. In ihm wur­ den 9 Holztische auf gestellt, deren Maße de­ nen üblicher römischer Beistelltische ange­ 196

Warum auf jeden Aufwand in der Ausstattung verzichtet wurde Die Farbe von Wänden und Decken Für fast alle Wände und Deeken haben wir einen einheitlichen dunkelbraunen Farbton ge­ wählt. Dadurch soll das, was an festem Raum in der Raumhülle, die die Architekten als In­ nenraum geliefert haben, soweit wie möglich zurückgedrängt werden. Vor allem aber scheint es uns nur so möglich, die hellen Stein­ denkmäler und die Gegenstände, die in Vitri­ nen dargeboten werden, zur Hauptsache wer­ den zu lassen. Da aus statischen Gründen unmittelbar hinter dem Grabdenkmal des Poblicius eine Beton­ scheibe aufgeführt und dadurch das Denkmal direkt vor die Mauer gestellt werden mußte, wurde dessen plastische Kraft beeinträchtigt. Deshalb wurde diese Wand hellblau einge­ färbt. Stilisiert wird damit angedeutet, daß das Grabdenkmal freiplastisch gegen den Himmel stand. Wo für die Denkmäler Sockel notwendig waren, haben wir entweder Tuff­ steinblöcke verwendet oder Sockel aufgemauert. Wo sich schmale Sockel anboten, ver­ wendeten wrir ausschließlich U-Eisen und TTräger. Alle Sockel-Elemente wurden einheit­

Das künstliche Licht im Museum Besonderen Wert legten wir auf eine ausge­ glichene künstliche Beleuchtung. Hierfür war die Beratung durch den Lichtingenieur Hans Theo von Malotki (Köln) von unschätz­ barem Wert. Er hat alle unsere Wünsche ver­ wirklicht und es dabei verstanden, unser Mu­ seum mit einem Licht auszustatten, das jene Atmosphäre bewirkt, in der — wie wir mei­ nen — Kunstwerke und Sachen nun in ge­ glückter Weise ohne jede Effekthascherei so in den Vordergrund gerückt sind, daß von ihnen eine sprechende Wirkung auf unsere eigene Gegenwart ausgehen kann. Es ist eine Annäherung an ein gleichmäßiges sonnenartiges· Licht gewonnen, wobei die Mehrzahl der Gegenstände in ein mildes Leuchten getaucht ist. Das gewählte System erlaubt auch, wenn gewünscht, eine „dramati­ sche Einzelbeleuchtung“ der Objekte. Da es audi eine Aufgabe der Museumsleute ist, ihre Denkmäler „Verwandlungen erleiden zu las­ sen“, damit sie zu Bestandteilen der jeweiligen Gegenwart werden, war Vorsorge auch für eine solche Inszenierungsmöglichkeit zu tref­ fen. Zu bedenken war jedoch ebenso, daß die getroffene Inszenierung nur eine begrenzte Zeit Gültigkeit haben wird, weshalb alle Darbietungsmöglichkeiten so zu bemessen waren, daß ohne nennenswerten finanziellen Auf­ wand jederzeit Umänderungen möglich sein können. Dies ist der Fall.

Die Vergangenheit ist wieder Gegenwart Die Themen, die wir in dem Dionysos-Ge schoß ausgestellt haben, erscheinen uns im Hinblick auf unser Gesamtkonzept nicht unwichtig. Aller­ dings ist anzumerken: Da unser Material bis­ her zum großen Teil mit dem Ziel gesammelt wurde, die römische Epoche Kölns als eine ein­ zige Reihe von Erfolgen zu erweisen, die in der Blütezeit der vorübergehenden „Kaiserresi­ denz“ gipfelt, kann manches aus diesem Alltag vorab einfach nicht dargestellt werden. Hier werden wir unsere Untersuchungen bei den bevorstehenden neuen Ausgrabungen der näch­ sten Jahre noch mit konkretem neuen Ziel versehen müssen, um uns die einfachen Zeug­ nisse für alltägliches Leben zu beschaffen, da­ mit das Bild nicht so geschönt bleibt, wie es jetzt noch ist. Uns fehlen für Köln völlig alle Zeugnisse von Armut und jegliches Werkzeug. Wir haben — noch — keine Ahnung, wie in dieser Stadt der „normale Mensch“ lebte, wis­ sen bloß andeutungsweise, wovon er lebte. Eine ganze Bevölkerungsschicht fällt bisher für unser Wissen aus und wird es für einen großen Teil audi immer tun, denn Armut hinterläßt kaum „Spuren“ in Form von Gegenständen. Deshalb kann man mit Gegenständen soziale Unterschiede immer nur andeutungsweise mar­ kieren. Hunger und Elend, die es auch gab, sind ebensowenig darzustellen wie Unterdrükkung und Verzweiflung. Aufarbeitung schrift­ licher Quellen muß deshalb von neuem erfol­ gen, um wenigstens in einem noch zu erstellen­ den Informationsprogramm die reale Lage der allgemeinen Bevölkerung, der Zivilisten wie der Militärs, zumindest in den sparli dien An­ deutungen, die die Quellen liefern, faßbar zu machen. Köln war nicht Rom, auch nicht unbedingt eine bedeutende römische Stadt. Das römische Köln war das Oberzentrum einer Provinz, als solche kraftvoll, Sitz des Statthalters und damit auch Ort, an dem sich Macht zugeschnitten auf die Funktion einer Provinzhauptstadt darstellte. Sie war Stadt, in der Handel Gewicht hatte, Güter umgeschlagen wurden, Handwerker arbeiteten und wo landwirtsdtaftliche Produkte aus dem Umland ihr Ziel fanden. An Rom gemessen war fast alles ärmlich, mit den anderen Orten der Provinz verglichen fast alles von ziemli­ chem Aufwand. Sogar Luxusgüter waren an die Vermögenden abzusetzen, und als Export­ artikel von überörtlicher Bedeutung gewann das Glas, das in vielen Werkstätten hergestellt wurde, einigen Rang. Vor allen Dingen aber scheint Köln eben von Beginn an wichtig gewesen zu sein als Platz, der durch die Gunst seiner Lage am Rhein­ strom die Möglichkeit hatte, Mittler zu sein zwischen Kulturen. Mit seiner Stadtfront in das freie Germanien wirkend, durdr den Strom selbst leicht zu erreichen, durch gute Straßen mit allen wichtigen Punkten des Umlandes wie

auch mit größeren Städten in weiterer Ent­ fernung gut verbunden, bildete Köln einen Schmelztiegel, der für die Menschen aus der gesamten damals bekannten Welt zu einem Platz werden konnte, an dem sich Leben mit dem, was man damals für lohnend hielt, ver­ binden ließ. Die Zeugnisse, die war bis jetzt aus diesem Zeitraum besitzen, sind in keinem einzigen Fall wirklich atemberaubend. Alles ist durch­ weg Alltagsware. Aber von ihr geht ein eigen­ tümlicher Reiz aus, und unsere Phantasie wird angeregt, sich vorzustellen, wie sie — heute nur noch Bruchstücke — wohl insgesamt in die damalige Stadtgestalt sich eingebunden fan­ den. Hier lohnt es sich dann, aufmerksam zu werden, denn vieles war damals eben doch gar nicht so anders als heute. Das Normale blieb unter römischer Herrschaft bestimmend. Und eben dies Normale ist nicht allein beleh­ rend, es rührt an. Diese Versuche, in den In­ schriften auf den Steinen in Erinnerung zu bleiben, durdi die Bauzier den Häusern viel­ leicht audi ein wenig Menschlichkeit neben Schönheit zu gehen, bisweilen wohl auch den Anstrich von Macht. Die Tempel, die wde die Kirchen in einer mittelalterlichen Stadt, in der römischen in den Stadtquartieren die Mittelpunkte abgaben und zugleich Dokumente waren für die Sehn­ sucht des Menschen nach Hilfe, Vergessen und besserem Leben, die rührenden Versuche, in den Weihesteinen den Göttern zu danken für Hilfe und das kleine Glück, deren Gewährung man ihnen gutschrieb. Die Andenken an eine ferne Reise, ein wenig Schmuck; ein Ring, ein Halsband, Aber nirgendwo doch eigentlich Reichtümer, selbst wenn unser Blick immer nodi ein wenig in der Tradition, wie sie seit dem 16. Jhdt. ausgeprägt wurde und nament­ lich im 19. Jhdt. gepflegt war, das alles mit verklärendem Auge sehen möchte. In der Urgeschichte z. B., hier in Köln: ein fast noch unartikulierter Raum. Dörfer, auf Zeit gebaut, Ackerbau mühsam betrieben, der Pflug noch unhandlich. Leben immer nur auf engem Zeitraum in einer Siedlungskammer möglich, nämlich solange der Boden Ertrag bergab und die Jagd zusätzliche Beute. Dann die Römer, die mit dem Anspruch auf Erweiterung ihrer Macht kamen. Mit ihrer Landnahme war die Vernichtung der Einw'ohner verbunden. Die Neuansîedlung der Ubier im Jahre 38 v. Chr.: Das ist im Grunde eine kalkulierte Völkerwanderung gewesen. Die Grundlinien der neuen Macht wurden dem Land eingegraben, als man das Vermessungs­ gesetz legte. Gewiß kam damit ins Land die Kenntnis von der Art, wie man Land erschlie­ ßen könne. Aber zugleich mit der Erschlie­ ßung des Landes begann für diejenigen, die in diesem Bereich angesiedelt waren, der Zwang, sich einfügen zu müssen in eben diese Sied­ lungsform. In der verfügten Ordnung wie in der Art, in der man zu arbeiten begann, drückte sich die neue Macht aus, entstanden Abhängigkeiten, mußte man sich arrangieren mit den immerzu neu ins I.and kommenden Menschen der verschiedensten Art, Herkunft und Bildung. Verwaltung wurde notwendig,

genau geordnete Abhängigkeiten unvermeid­ bar. Ein Umbruchprozeß ohnegleichen kam in Gang. Sichtbar entstand allmählich die Sied­ lung. Mit Straßen und Häusern begann es, Kanäle wurden gebaut, Befestigungen errich­ tet, und Militär erhielt Gewacht. Zur „Blüte“ der Stadt trug ohne Zweifel bei, daß die römische Reichsorganisation, wie sie bis zum Währungs- und Verwaltungsverfall des 3./4. Jhdts. bestand, mit planerischem Weitblick überall im Reich dafür Sorge trug, daß durch die Erschließung des Landes und die damit verbundenen Arbeiten das Reich insgesamt lebensfähig wurde und blieb. Hierbei sind die Städte, die entstanden, ebenso evie die Dörfer (vici) und die Militärlager (castra) mit ihren Lagervorstädten (canabae legionis) Ausdruck einer planerischen Tätig­ keit, aber Ausdruck auch eines strengen, straff durchgreifenden politischen Willens. Für den, der noch mehr sehen will Obschon wir, wie mehrfach betont, unseren Besuchern in unserem Museum eine geordnete Fülle anbieten möchten, können wir doch nicht alles ausstellen, was unser Museum besitzt. Gleichwohl möchten wir, daß auch dieser Be­ stand von besonders Interessierten gesehen werden kann. Hierfür bieten wir zwei Möglichkeiten an. Zunächst haben wir in die große Ausstellungs­ halle im Obergeschoß des Museums über der Schatzkammer eine „Studiengalerie“ einge­ baut. Dieser Raum wurde dazu benutzt, aus Spezialbeständen, an denen unser Haus be­ sonders reich ist, eine Auswahl anzubieten. Hier sind vor allem Teile unserer be aduli dien Lampensammlung, dann kosmetische und me­ dizinische Geräte zu studieren, außerdem Kleinbronzen und eine Auswahl unserer Gold­ münzen. Nur wenige Zeit nach Eröffnung des Museums können dann in den „Studiensammlungen“, auch die Kleinfundbestände, die hier nach wissenschaftlichen Kriterien in Typenreihen geordnet sind, von Interessenten zu bestimm­ ten Öffnungszeiten am Tage besichtigt werden. Gerade dabei werden diejenigen, die auch heute noch meinen, das Römisch-Germanische Museum besitze von vielem schon zuviel, lernen können, daß uns sehr viel noch völlig fehlt. Dieser Hinweis wird von denjenigen, die es angeht, wohl richtig verstanden werden, näm­ lich uns das zu bringen, was sie uns aus unan­ gemeldeten Funden bisher vorenthalten haben, damit es dann denjenigen gehört, denen das gesamte Museum mit all seinen Denkmälern und Funden zu eigen ist: den Bürgern von Köln. Hugo Borger

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FÜHRER ZU DEN

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Insel 101

Frühe Eisenzeit

Köln wird Stadt

Zwischen 700 und 400 v. Chr. gehörte das Niederrheingebiet als kulturell weitgehend selbständige Provinz zum Einflußbereich der früheisenzeitlichen Hallstattkultur Süddeutsch­ lands. Die Gräber der süddeutschen Hallstatt­ leute sind meistens reich mit Bronzeschmuck, Bronze- und Eisenwaffen und üppig verzierter Keramik ausgestattet. Gleichzeitig hat man im Niederrheingebiet den Toten, die auf Scheiter­ haufen eingeäschert wurden, nur wenige Me­ tallgegenstände ins jenseitige Leben mitgege­ ben. Audi die Keramik ist wesentlich schlichter gearbeitet als in Süddeutschland. Freilich läßt sich hieraus nur mit Einschränkungen der Schluß ableiten, die früheisenzeitlichen Be­ wohner des Niederrheingebietes seien ärmer gewesen als ihre süddeutschen Zeitgenossen. Vielleicht erforderten die Bestattungssitten nicht unbedingt die Mitgabe einer großen Zahl von Metallgegenständen, so daß es ein Trug­ schluß wäre, aus der „Armut“ der Gräber eine Kargheit des täglichen Lebens zu erschließen.

Im Jahre 50 n. Chr. wurde das vermutlich um 38 v. Chr. gegründete Oppidum Ubiorum — die Stadt der Ubier — zur Kolonie erhoben. Damals erhielt Köln das römische Stadtrecht und seinen Namen: Colonia Claudia Ara Agrippinensium. In wenigen Jahrzehnten ent­ standen die Stadtmauer, Verwaltungsgebäude, Tempel und Wohnviertel. Handel und Ge­ werbe blühten, das Umland wurde erschlos­ sen. Straßen wurden gebaut, eine Wasserlei­ tung aus der Eifel nach Köln geführt. Ein großer Hafen ließ die Stadt zu einem Güter­ umschlagplatz am Rhein werden. Insei 100

Insel 101

Der Mittelbogen des römischen Nordtores Die Kölner Stadtmauer besaß 9 Tore und 21 Türme. Das Haupttor war das Nordtor. Bis 1826 stand es in wichtigen Teilen aufrecht. Es lag nur wenig westlich der Domtürme, wo­ von ihm heute wieder eine Nebenpforte auf­ gerichtet ist. Noch 1892 wurden beim Abbruch der Domdechanei Kalksteinquadermauern von diesem Tor gefunden. Zwei mächtige Türme flankierten den zwei­ geschossigen Torteil. Zwei schmale seitliche Durchgänge rahmten die breite mittlere Durchfahrt. Von ihr stammt dieser Bogen, in dem nach außen der Stadtname CCAA (Colonia Claudia Ara Agrippinensium) ein­ gemeißelt ist. Unter dem Stadtnamen haben sich Reste einer weiteren, später getilgten In­ schrift erhalten:. .. IA Gallien, vermutlich als Va(le)riana Gallienia zu lesen. Uber den Toren erhob sich eine reich geglie­ derte offene Galerie. Natürlich diente das prachtvolle Nordtor zu­ nächst zur Verteidigung. Darüber hinaus doku­ mentierte die strenge, palastähnliche Architek­ tur aber auch die Macht und den Glanz der römischen Herrschaft in Köln. Bo. Maße des Tores: 30,50 m breit und bis 11,57 m tief. Höhe: 24,80 m. Mitteltor: 5,60 m breit, lichte Hohe: 8,60 m. FO: Köln, vor den Domtürmen, inv. Nr.: 100 , 1.

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STEINDENKMALERN fifj 1— 1

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Ostseite

Agrippa vermißt das Land der Ubier Die Römer waren Meister in der Raumord­ nung und Landerschließung. Jede Besiedlung begann mit der Vermessung des Landes, die man Limitation nannte. Dafür gab es eine eigene staatliche Beamtengruppe, die Croma­ tici oder Agrimensores. Das Kölner Vermes­ sungsnetz (Limitationsgitter) besteht aus qua­ dratischen Feldern. Sie haben 1600 römische Fuß Seitenlange, das sind 474 Meter. In Köln hat der römische Feldherr Agrippa, der Schwiegersohn des Kaisers Augustus, bei der Ansiedlung der Ubier das Gesamtgebiet der Civitas Ubiorum — des Stammesgebietes der Ubier — vermessen lassen. Viele der da­ mals gelegten Grundlinien sind in Stadt und Land nodi heute zu erkennen. Insel 102

1 Ein Weihestein für die Göttinnen der Kreuzwege, Straßengabelungen, Straßen und Pfade QVADRIVIs TRIVI5 ■VHS SEMITIS · EX VOTO · M(arcus) · COCCEIVS DASIVS · VET(eranus) ALAE ■NORIC(orum) V(otum) S(oluit) L(ibens) M(erito) Für die Göttinnen der Kreuzungen, Gabelun­ gen, Straßen und Pfade. Gemäß dem Verspre­ chen löste Marcus Cocceius Dasius, entlassener Soldat der norischen Ala, das Gelübde gern und voller Dankbarkeit ein. Um 100 n. Chr. Der Weihestein hat die Form eines Altares. Die Schmalseiten sind durch einen Lorbeer­ baum geziert. Die Römer stellten sich ursprünglich die Göt­ ter nicht in Personengestalt vor, sondern als Mächte, die sich durch ihr Wirken offenbarten und die sie sich durch Bitten und Versprechen (vota) günstig stimmen mußten. So waren die Götter gewissermaßen auf bestimmte Aufga­

ben spezialisiert, wie hier für verschiedene Ar­ ten gefährlicher Verkehrsknotenpunkte. Die Ala Noricorum lag seit etwa 70 n. Chr. in der Provinz Niedergermanien, zuerst im Hilfstruppenkastell Burginatium bei Kalkar, etwa seit 100 vielleicht in Köln und später in Worringen. Aus dem Namen des Marcus Cocceius Dasius geht hervor, daß der Hilfstruppensoldat un­ ter dem Kaiser Marcus Cocceius Nerva (96 bis 98 n. Chr.) seinen aktiven Dienst beendete und bei der Entlassung römisches Bürgerrecht bekam. Dadurch wurden seine Kinder, die er während der Dienstzeit gezeugt hatte, legiti­ miert. Er durfte Testamente nach römischem Recht machen und Schenkungen empfangen. Bei Verurteilung zum Tode wurde er nicht durch den Statthalter hingerichtet, sondern be­ saß Berufungsrecht an den römischen Kaiser. Mit dem Bürgerrecht erhielt er auch einen rö­ mischen Namen: als Vornamen (Marcus) und als Familiennamen (Cocceius) die Namen des Kaisers, unter dem er entlassen wurde. Als er in die Hilfstruppe eingetreten war, war er wie die meisten Hilfstruppensoldaten Nichtbürger (peregrinus) gewesen und batte nur einen ein­ zigen Rufnamen, Dasius, besessen. Seine Hei­ mat war vermutlich Dalmatia, das heutige Jugoslawien. CIL X III 8243. — Inv. Nr.: 630. FO: Köln, Hofergasse. 2 Bildnis des Agrippa Dieser überlebensgroße Porträtkopf des Agrippa aus Marmor wurde in eine Statue eingesetzt. Der pathetische Ausdruck deutet darauf, daß der Dargestellte bereits verstor­ ben war, als das Bildnis entstand. Agrippa, Freund und Schwiegersohn des Kai­ sers Augustus, war 38 v. Chr. und 19 v. Chr. Statthalter des gallisch-germanischen Gebie­ tes. Er wurde durch die Ansiedlung der Ubier auf dem linken Rheinufer, die Erschließung des Gebietes und die Anlage des Oppidum Ubiorum zum Gründer des römischen Köln.

Südseite

50—60 n. Chr. Inv. Nr. 667. FO: Köln, Alte Markthalle, Am Sassenhof.

3 Ein Weihestein für die Göttinnen der Kreuzwege QVADRV BIS · DOMI TIA ■LVPV LA · V(otum) · S(oluit) - L(ibens) · M(erito) Den Göttinnen der Kreuzwege erfüllte Domi­ tia Lupula das Gelübde gern wie versprochen. 2./3. Jhdt. n. Chr. Der Weihestein hat die Form eines Altares. Jede der Schmalseiten ist durch einen Lorbeer­ baum geschmückt. CIL X III 8240. — Inv. Nr.: 302. FO: Köln, Ehrenstraße / Ecke Albertusstraße.

4 Ein Meilenstein des Kaisers Constantius und Maximianus NOBILISSIMIs CAESARIB VS CO(n)STANTIO ET MAXIMIAN(o) INVICTIS A ■C(olonia) ■A(grippinensium) · L(euga) · I Den edlen Herrschern Constantius und Maxi­ mianus, den Unbesiegbaren. Von Köln 1 Leuga. Entstanden 293—305 n. Chr. Der Meilenstein wurde an der Ecke Luxem­ burger Straße / Greinstraße gefunden. Die Lu­ xemburger Straße folgt noch heute der Trasse der römischen Straße von Köln nach Trier. Der Fundplatz des Steines ist etwas mehr als eine Leuga vom Westtor der Kolonie, das bei St. Mauritius lag, entfernt. Die Leuga ist ein altes gallisches Wegemaß von ungefähr 2200 Metern. Auf Meilensteinen wurde es in Gallien und Germanien an Stelle der römischen Meile seit dem 3. Jhdt. benutzt. Die Leuga maß IV2 römische Meilen. In der diokletianischen Verfassungsordnung gab es zwei Oberkaiser, Augusti, und zwei

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Unterkaiser, Caesares, von denen letztere zwar eigene Herrschaftsbereiche hatten, ihrem ent­ sprechenden Augustus jedoch untergeordnet waren. Auf unserer Inschrift werden der Ober­ kaiser des Westens, Maximian, und sein Un­ terkaiser Constantius (der Vater Konstantins des Großen) genannt, der von Trier aus Gal­ lien, Germanien und Britannien verwaltete. Der Meilenstein erscheint hier zwar, wie fast immer, in Form einer Weihinschrift an die Kaiser selbst, der durch seine Statthalter die Straßen erbauen ließ und auch die Meilen­ steine, die die Funktion von Wegweisern und Straßenschildern an Fernstraßen hatten, auf­ stellen ließ. Sandstein. CIL X III 9154. — Inv. Nr.: 648. FO: Köln, Ecke Luxemburger Straße/Greinstraße.

5 Ein Weihestein, aufgestellt von Landbesitzern SE T POSSESSORes EX VICO LVCRe TIO SCAMNO PRIMO EX IMPE RIO IPSIVS Die Landbesitzer aus dem Dorf „Lucretius“, und zwar von dessen erstem Ackerviertel, (er­ richteten diesen Stein) auf Befehl des Gottes. 2./3. Jhdt. n. Chr. Der Stein wäre ein interessantes Zeugnis für die Flureinteilung des römischen Köln, wenn man sicher sein könnte, daß seine Aufsteller ihre Worte genau nach dem juristischen Sinn gebrauchten. „Possessores“ wären Leute, die dem Staat gehöriges Land nicht zu vollem Ei­ gentum, aber quasi als Erbpächter bebauten. „Scamna“ waren rechteckige Parzellen von 60 bis 75 Hektar, die bei der römischen Flurein­ teilung, der Centuriation, neben dem quadra­ tischen „centuriae“ ausgemessen wurden. In dem Dorf „Lucretius“, von dem leider nicht bekannt ist, wo es lag, hätte es demnach ver­ schiedene Parzellen von rund 70 Hektar ge­ geben. Die Pächter der ersten Parzelle waren dann diejenigen, die die Inschrift errichteten. CIL X III 8254. — Inv. N r.: 312. FO: Köln, bei St. Gereon.

6 Bruchstück einer Aeneas-Gruppe Ein schreitender Mann trägt auf seiner linken Schulter eine kleine, in einen Mantel gehüllte Gestalt, die vor dem Schoß ein Kästchen hält. An der rechten Hand führt er einen in eine Tunika gekleideten Knaben. Diese Gruppe stellt den trojanischen Königs­ sohn Aeneas dar, der nach der Sage aus dem von den Griechen eroberten Troja floh und dabei seinen Vater Anchises sowie seinen Sohn Askanias rettete. Der Vater Anchises führte bei der Flucht in einem Kästchen die Haus­ götter (Penaten) mit. Unter dem römischen Kaiser Augustus wurde Aeneas, der als der Sohn des Anchises und der Göttin Venus galt, als Vorfahre der julischen Familie gesehen. Augustus wollte damit sei­ nem Herrscherhaus eine hinreichende Legiti­ mation geben, Vergil feierte diesen „Tatbe­ 200

stand" in seiner Dichtung Aeneis, die Aeneas zum Gründer Roms werden läßt. Augustus selbst ließ eine Aeneas-Gruppe auf dem Forum in Rom aufstellen. Diese Gruppe haben auch die Darstellungen des Aeneas in den germani­ schen Provinzen zum Vorbild. In Köln sind bisher vier solcher Gruppen nachgewiesen, die sämtlich als Bekrönungen von Grabdenkmä­ lern verwendet waren. Aeneas galt in der römischen Vorstellung als Beispiel für Ehrfurcht gegenüber den Vorfah­ ren. Zugleich sah man daher in ihm einen Garanten für die Unvergänglichkeit Roms 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 744. FO: Köln, Luxemburger Straße.

7 Ein Weihestein für die Göttinnen der Kreuzwege QVADRVBIS M(arcus) · PATERONI uS · SECVNDVS V(otum) ■ S(oluit) l(ibens) m(erito) Für die Göttinnen der Straßenkreuzungen löste Marcus Pateronius Secundus das Gelübde gern und dankbar ein. 2. /3. Jhdt. n. Chr. Der Weihestein hat die Form eines Altares. Die rechte Schmalseite ziert ein Füllhorn mit Früchten, die linke ein dreibeiniger Opfertisch mit Kanne, Becher und Schweinekopf (?). CIL X III 8241. — Inv. Nr.: 631. FO: Köln, Hofergasse.

8 Ein Weihestein für die Göttinnen der Kreuzwege QVADRVBIS RVCLETIANVS CRESCENS Den Kreuzweggöttinnen (stellte) - - rvcletianus Crescens (diesen Stein auf). 2./3. Jhdt. n. Chr. CIL X III 8242. — Inv. Nr.: 411. FO: Köln, Aachener Straße.

Insel 10J Ein Turm der römischen Stadtmauer Die römische Stadtmauer Kölns war 4,5 km lang, ihre Mauern durchweg 2,5 m dick und an die 6 m hoch. Überragt wurde sie von den 21 Türmen und 9 Toren. Die Türme besaßen einen Durchmesser von 9,20 m. Für den Bau der Mauer und der Türme hat man fast ausschließlich Grau­ wacken aus dem Maasgebiet verwendet. Die Steine haben sehr verschiedene Farben. Da­ durch war die Mauer bunt wie ein Mosaik. Natürlich war die Stadtmauer nicht nur ein Schmuckband rund um die Stadt. Sie diente der Verteidigung und machte die Stadt zu einer Festung. Aber die Mauer hatte auch eine weitere Aufgabe. Sie steckte den Lebens­ bereich für Bürger und Verwaltung ab. Sie umschloß die Stadt wie eine Krone. Sie doku­ mentierte, daß die Bürger in der Stadt beson­ dere Rechte und damit neben Pflichten auch Freiheiten besaßen. Sie signalisierte aber auch die Macht und den Glanz der römischen Herr­ schaft. Insel 103

1___ |2J t2_l Insel 104 Westseite

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Oppidum Ubiorum Stadt der Ubier Im Jahre 54 v. Chr. hat der römische Feld­ herr Caesar die im Kölner Gebiet ansässigen Eburonen vernichtend geschlagen. Wenig spä­ ter wurden die bis dahin rechtsrheinisch leben­ den Ubier im Gebiet der Kölner Bucht ange­ siedelt. Die Ubier gelten als besonders durch kelti­ sche Kultur geprägte Germanen. Sie waren tüchtige Bauern und gewandte Kaufleute. Sie wurden zu Bundesgenossen der Römer. Sie übernahmen mit den Römern zusammen den Schutz des linken Rheinufers. Mitten in ihrem neuen Stammesgebiet errich­ teten sie einen Zentralort, das Oppidum Ubiorum. Damit begann die Geschichte der Stadt Köln. Das „Stadtbild“ bestimmten, soweit bis jetzt bekannt, kleine Holz- und Fachwerkhäuser. Sie waren im Inneren mit Wandmalereien und Mosaiken ausgestattet. Insel 104

1 Das Grabdenkmal eines Sklavenhändlers C(aius) ■AIACIVS · P(ubli) ■F(üius) STEL(latina) · MANGO H IC SITUS EST VALE · AIACI Caius Aiacius, Sohn des Publius, Sklavenhänd­ ler aus dem Stimmbezirk Stellatina, liegt hier begraben. Lebe wohl, Aiacius! 20—30. n. Chr. Über dem nur geglätteten Schaft mit dem Insdiriftfeld ist in einer Nische, die im oberen Teil als Muschel ausgebildet und von Pfeilern mit einem Giebej darüber eingefaßt ist, der Verstorbene dargestellt. Er ist mit Tunika und Toga bekleidet. Dieser Bildtypus: Giebelarchitektur, Nische und Büste kam von Oberitalien an den Rhein. Solche Bildnisbüsten wurden oft bei Beerdi­ gungen mitgeführt. So sollte an die ruhmvolle Familientradition erinnert werden. Das Bü­ stenmotiv war damit eng mit bürgerlicher Selbstdarstellung verbunden. Aiacius stammte aus Italien, vermutlich aus Etrurien oder Umbrien. Es ist leider nicht klar zu entscheiden, ob „Mango“ hier ein Teil des Namens, nämlich der Beiname, oder eine Be­ rufsbezeichnung ist. Wahrscheinlich ist aber letzteres. Obwohl es in der gesamten römischen Geschichte Sklaverei gab, galt der Beruf des Sklavenhändlers als leicht anrüchig. Aus eben diesem Grund gibt es auch nur ganz wenige Inschriften, auf denen Leute angeben, sie seien

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Südseite

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Sklavenhändler. Aiacius verstarb in Köln ver­ mutlich auf einer Geschäftsreise, vielleicht um neue Sklaven einzukaufen. CIL X III 8348. — Inv.N r.: 37,18. FO: Köln, Bonner Straße 130.

steinernes Denkmal. Dergleichen reliefge­ schmückte Stelen waren nicht sehr teuer und damit auch für „kleine Leute“ erschwinglich. Die Büste der Toten steht In einer von Pfei­ lern und Giebeln gerahmten Nische. Die Tote trägt über dem Untergewand (stola) einen Mantel (palla). Im Arm hält sie einen Säug­ ling. Vielleicht ist Bella bei der Geburt ihres Kindes, auf jeden Fall aber noch als junge Mutter gestorben. Der Pinienzapfen im Giebel verheißt ihr ewiges Leben. Diese Familie aus der Gegend von Reims war in der jüngeren Generation schon etwas romanisiert, wie die Namen Bella und Longinus zeigen. Bellas Vater trug noch einen gallischen Namen, Vonucus, Das vulgäre „vir illaeius" (,der Mann von ihr“) macht jedoch deutlich, daß sie die lateinische Sprache noch nicht recht meisterten. Inv.N r.: 62,274. FO: Köln, Norbertstraße 11.

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Das Porträt einer verheirateten Ubierin

Dieser lebensgroße Frauenkopf stammt von einem Grabdenkmal. Die ubische Frau trägt eine hohe, sichelförmige Haube, die das Haar völlig verdeckt. Diese Haube war ein Bestand­ teil der einheimischen Tracht. Sie wurde nur von verheirateten Frauen getragen. Auf zahlreichen Weihesteinen tragen auch die verheirateten Muttergöttinnen (Matronen) diese Haube. 1, Jhdt. n. Chr. Inv.N r.: 483. FO: Köln, Luxemburger Straße.

3 Jugendbildnis des Augustus oder seines Enkels C. Caesar Der lebensgroße Marmorkopf stellt nach den Gesichtszügen wie nach der Frisur ein Mit­ glied des julischen Kaiserhauses dar. Einige sehen in diesem Porträt ein Jugendbildnis des Kaisers Augustus, das literarisch bezeugt ist, andere ein Porträt des 20 v. Chr. geborenen Kaiserenkels C, Caesar. Als ältester Sohn des Agrippa und der Julia, der Tochter des Augu­ stus, wurde er von Augustus adoptiert, zum Thronfolger bestimmt und der Bevölkerung auch durch die sogenannte Kunstpropaganda empfohlen. Durch den frühen Tod des C. Caesar im Jahre 4 n. Chr. wurde das dyna­ stische Konzept des Augustus zunichte ge­ macht. Um Christi Geburt oder nach 14 n. Chr. Inv. Nr.: 104,10. FO: Italien, unbekannt.

5 Ein Bildnis des Kaisers Augustus als Oberpriester Kopf von einer Togastatue

4 Ein Grabdenkmal für Bella aus Reims

6 Ein sogenanntes Lithostroton

BELLAE · VON VCI · F(iliae) · REMAE LONGINVS VIR · ILLAEIVS FECIT · PIE Für Bella, Tochter des Vonucus, vom Stamm der Remer, setzte ihr Mann Longinus dankbar (diesen Stein). Um 20 n. Chr. Die Sitte, das Grab durch einen Stein mit In­ schrift zu kennzeichnen, ist von den Römern in die keltisch-germanischen Provinzen ge­ bracht und schon bald auch von der einheimi­ schen Bevölkerung aufgegriffen worden. So setzte auch die gallische Familie der Toten ein

Das Wort Lithostroton kommt aus dem grie­ chischen lithos — Stein und bezeichnet einen Boden aus geschnittenen Steinen. Dieses Mosaik schmückte den Raum eines Hauses aus der Zeit des Oppidum Ubiorum (vor 50 n. Chr.). Das quadratische Mittelfeld ist mit dreieckig zugeschnittenen Natursteinen ausgelegt: schwarzem Marmor und grünlichem Schiefer. Umrahmt wird es von schwarz-weißen Schräg­ streifen, die von einem Schachbrettmuster bor­ tenartig gesäumt werden. Ähnlich geometrisch komponierte, kleinteilig aber übersichtlich angelegte Mosaikteppiche kennt man aus dem im Jahre 70 n. Chr. bei

Der Kaiser Augustus hat den Saum seiner To­ ga über den Kopf gezogen, wie es auch die Priester beim Opfer taten. So zeigt dieses Bild­ nis ihn als höchsten Priester des Staates. Die sehr einfache Stirnfrisur trug Augustus zum erstenmal auf einem Relief seines Frie­ densaltares (Ara Pacis) in Rom. Diese Frisur behielt er bis zu seinem Tode bei. Inv. Nr.: 74,1. FO: Rom (aus dem Kunst­ handel). Stiftung der Archäologischen Gesellschaft Köln (Gesellschaft der Freunde und Förderer des Römisch-Germanischen Museums). Erworben zur Eröffnung des Museums.

Ostseite

einem Vesuv-Ausbruch untergegangenen Pom­ peji. Vor 50 n. Chr. Inv. Nr.: Mos. 1,20. FO: Köln, St. Maria im Kapitol, beim Neubau des westlichen Kreuz­ gangflügels im Jahre 1849 gefunden.

7 Mosaik mit dem Emblem Dieses Mosaik schmückte einen weiteren Raum des Hauses, in dem auch das sogenannte Li­ thostroton gefunden wurde. Ineinandergefügte Quadrate und Kreise bilden die Grundaufteilung des doppelt gerahmten quadratischen Mosaikfeldes, Namengebend ist das Ornament im mittleren Kreis: auf rotem Grund sind schwarze Schilde gezeigt. Solche Schilde (peltae) benutzten der Sage nach die Amazonen, ein schon von dem griechischen Dichter Homer genanntes kriegerisches Frauen­ volk aus Asien. Im übrigen füllen Rechtecke und Dreiecke die Hauptflächen des Mosaiks. Die äußeren Zwickel zieren Pflanzenorna­ mente. Vor 50 n. Chr. Inv. Nr.: 104,1. — Dauerleihgabe der katho­ lischen Kirchengemeinde St. Maria im Kapitol zu Köln. FO: Köln, St. Maria im Kapitol, beim Bau des westlichen Kreuzgangflügels im Jahre 1849 gefunden.

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Insel 105 Westseite

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Militär erschließt das Land Die Entstehung und Ausdehnung des römi­ schen Reiches basiert wesentlich auf der Über­ legenheit der römischen Legionen. Das Haupt­ verdienst der römischen Truppen in den Pro­ vinzen des römischen Reiches nämlich ist es, daß sie nicht nur kämpften, sondern eine grundlegende Erschließung der eroberten Ge­ biete betrieben. Neben dem Schwert stand der Pflug. Schrift wurde ins Land gebracht, neue Gesittung, das Wissen von fremden und hilf­ reichen Göttern. Das friedliche Zusammen­ leben von Menschen unterschiedlicher Herkunft und aus den verschiedensten Teilen der da­ maligen Welt wurde praktiziert. Die Erschlie­ ßung von Bodenschätzen erhielt System. Stra­ ßen, Häuser, Dörfer und Städte wurden ge­ baut. Handwerk und Gewerbe wurden ge­ lehrt. Es entstand eine nach vielfältigen Tätig­ keiten gegliederte Gesellschaft. In kürzester Zeit wurde Kultur im weitesten Sinne mög­ lich. Hierin und nicht in den Schlachten liegt das große Verdienst des römischen Heeres.

Insel 105 1 Das Grabmal des Reiters Romanus L(ucius) · RÖMANVS · ATTi f(ilius) dar(danus) EQ(ues) · AL(ae) · AFR(orum) ■TVR(tna) FIRMANI en(norum) XXX stip(endiorum) H(eres) · T(estamento) · F(aciundum) ■ C(uravit) Lucius Romanus, Sohn des Attus, vom Stamm der Dardaner, Reiter in der Ala Afrorum, Turma des Firmanus. Er starb mit 30 Jahren nach . . . Dienstjahren. Der Erbe ließ auf testa­ mentarischen Wunsch (diesen Grabstein) auf­ stellen. 80—90 n. Chr. Das Grabdenkmal hat wie das links neben ihm aufgestelle ausgesehen. Erhalten ist hier nur der linke untere Teil, an den nach rechts ein zweiter Block angefiigt war. Ein Diener führt das Reitpferd des Verstor­ benen vor. Darüber muß sich ein Relief mit einer Toten­ mahlszene befunden haben. Die Schmalseiten sind mit Lorbeerbäumen ge­ schmückt. Da auch der rechte, jetzt fehlende Teil der 202

Inschrift bis 1945 noch erhalten war, kann die Inschrift nach alten Lesungen vollständig er­ gänzt werden. Romanus kam aus Jugoslawien, aus der Um­ gebung des heutigen Skopje. CIL X III 8305. — Inv. Nr.: 464. FO: Köln, Gereonstraße.

3 Ein Grabdenkmal für einen Flottensoldaten

L(ucius) · OCTAVIUS · L(uci) · F(ilius) · ELAITES · GVB ERNATOR · ANN(orum) ■ LVIII - STIP(endiorum) · X X X IIII ■ H(ic) · S(itus) ■E(st) · DIONYSIVS PLESTHARCHI ■F(ilius) ■ TRA LLIANVS · SCRIBA 2 Ein Grabdenkmal für den Reiter Longinus PRO - MERIT(is) LONGINVS · BIARTA · BISAE - F(ilius) * Lucius Octavius Elaites, Sohn des Lucius, Steuermann (der Rheinflotte, starb) im Alter BESSVS · EQ(ues) · ALAE · SVLP(iciae) · von 58 Jahren nach 34 Dienstjahren (und) AN(norum) · XXXXVI liegt hier begraben. Dionysius, Sohn des DE suo F(aciendum) ■C(uravit) ■ Longinus Biarta, Sohn des Bisa, vom Stamm Plestharches aus Tralles, Schreiber, (setzte ihm der Besser, Reiter in der Ala Sulpicia, (ver­ den Grabstein) für seine Verdienste. storben) im Alter von 46 Jahren, ließ (dieses Mitte 1. Jhdt. n. Chr. Das Grabmal ist schlicht. Die Inschrift wird Grabmal) aus seinem Vermögen errichten. von einem Profil gerahmt, darüber ein ein­ 80—90 n. Chr. Dieses Grabdenkmal ist außerordentlich wuch­ facher Giebel mit einer Blattrosette. Die Blatt­ tig. Dabei fehlen Sockel und Gesims mit den ornamente über den Giebellecken spielen auf bekrönenden Figuren, die wie bei den meisten Bekrönungen (Akrotere) an Tempelgiebeln an. Lucius Octavius Elaites und Dionysius stamm­ Grabdenkmälern verlorengingen. In dem oberen Relief ruht der Verstorbene ten, wie viele Angehörige der Rheinflotte, auf einem gepolsterten Speisebett. In der rech­ von den Küsten des Mittelmeeres. Der Ort ten Hand hält er einen Becher, in der linken Tralles lag in der heutigen Türkei. Aus dem eine Serviette. Auf dem Tisch vor ihm stehen östlichen Mittelmeerraum dürfte nach seinem zwei weitere Becher. Der Diener am Fußende Namen auch Elaites stammen. wartet darauf, seinem Herrn mit der Schöpf­ Der Steuermann war nach dem Kapitän der zweite Offizier an Bord des Schiffes; ob kelle Wein nachzuschenken. In dem unteren Relief führt ein Diener oder Dionysius Schreiber des Schiffes oder bei der Bursche das Pferd des Toten am Zügel, Er Flottenverwaltung war, bleibt unbekannt. trägt ein Lederwams und einen Helm. Über CIL X III 8323. — Inv. Nr.: 24,334. FO: die Schulter lehnt er die Lanze seines Herrn. Köln, Marienburg. Dessen Schild ist dem Pferd umgehängt. Die Pferdedarstellung war den Grabsteinen 4 Ein Grabdenkmal für einen Flottensoldaten solcher Kavalleristen Vorbehalten, die wäh­ L(ucio) ■VAL(erio) ■VEREC rend der aktiven Dienstzeit starben. VNDO · RVT(eno) Auf jeder Schmalseite des Denkmals ist ein MIL(iti) · COH(ortis) ■I · CLASS Lorbeerbaum ausgemeißelt. In der Vorstel­ ICAE · /(centuria) · INGENV(i) lung der Zeit galten sie als Zeichen für Un­ ANN(orum) · XXV · STIP(endicrum) ■IIII h(eres) EX · T(es tarnen to) · F(aciendum) ■ sterblichkeit. Der Reiter Longinus, der neben dem römischen C(uravit) auch seinen einheimischen Namen Biarta an­ Für Lucius Valerius Verecundus, aus dem gibt, stammte aus einem türkischen Stamm Stamm der Rutener, Soldat in der ersten (im heutigen Bulgarien). Die Thraker waren Marinekohorte, Centurie des Ingenuus, (ver­ als Kavalleristen besonders geschätzt. — Die storben im Alter von) 25 Jahren, nach „ala Sulpicia“, das „Kavallerieregiment des 4 Dienstjahren. Sein Erbe ließ (das Grabmal) Sulpicius“, war vermutlich von dem Kaiser nach seinem Testament aufstellen. Sulpicius Galba 68 n. Chr. auf gestellt worden 2, Hälfte 1. jhdt. n. Chr. und lag gegen Ende des 1. Jhdts. bei Köln, Über der sorgfältig gemeißelten Inschrift mit ihrem einfachen Rahmen schmückt das Denk­ vielleicht in Wesseling. CIL X III 8312. — Inv. Nr.: 25 und 474. FO: mal ein schmaler Relief-Streifen. In ihm kauern zwei Löwen, die einen Stier gerissen Köln, Gereonstraße.

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Südseite haben. Von ihm ist nur der Kopf masken­ artig sichtbar. Wie im Alten Orient und in Griechenland wird man eine solche Tier­ kampfgruppe auch im römischen Köln noch als Zeichen für den Lebenskampf und die Un­ erbittlichkeit des Todes begriffen haben. Die Rutener lebten in Südfrankreich und zwar im südlichen Zentralmassiv. Die „cohors I classica“ bestand zwar aus Matrosen, war je­ doch eine reguläre Infanterieeinheit. Sie scheint um 80 n. Chr. vorübergehend die Be­ satzung für das römische Flottenlager, das an der Kölner Alteburg lag, gestellt zu haben. CIL X III 12061. — Inv. Nr.: 664. FO: Köln, Alteburg.

5 Porträt des Germanicus Das marmorne Bildnis eines jugendlich auf­ gefaßten Mannes gehört nach Ausdruck und Frisur in die Zeit der claudischen Kaiser. Es wird als Porträt des Prinzen Germanicus be­ zeichnet. Germanicus, Sohn des älteren Drusus und damit Stiefsohn des Kaisers Augustus, war noch von diesem als Kronprinz und Nachfol­ ger des Tiberius bestimmt worden. Der Prinz führte als Oberbefehlshaber der Rheinarmee mehrere Feldzüge gegen die Ger­ manen. Einen endgültigen Sieg vermochte er nicht zu erringen. Zeitweilig lebte Germanicus mit seiner Fa­ milie im Oppidum Ubiorum, wo ihm auch die Tochter Agrippina geboren wurde. 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 62,28. FO: Italien, unbekannt.

6 Bildnis der Kaiserin Agrippina Jugendlich dargestellte Frau mit Locken- und Nackenfrisur wie sie z. Z. des Kaisers Nero Mode war. Das Bildnis wird bisher allgemein als Porträt der jüngeren Agrippa bezeichnet. In Köln als Tochter des Prinzen Germanicus geboren, ge­ wann sie als vierte Frau des Kaisers Claudius maßgeblichen Einfluß auf die Regierungsge­ schäfte. Sie setzte die Bestimmung ihres Sohnes Nero zum Thronfolger und die Erhebung ihres Geburtsortes Oppidum Ubiorum zur Colonia »1. Klasse“ durch. 60—70 n. Chr. Inv. Nr.: 564. FO: Köln, von „einem Kirch­ hof“.

7 Ein Standbild der Heilgöttin Hygieia Die mit Sorgfalt aus einem Steinblock gemei­ ßelte weibliche Gestalt ist unterlebensgroß. Ein Mantel bedeckt nur den Rücken und den Un­ terkörper. Die Frau stützt sich mit dem linken Arm auf einen Pfeiler. In der linken Hand hält sie einen Korb mit Früchten. Ihr linker Fuß steht auf einem Rinderkopf. Um den Pfeiler und um den Arm der Frau windet sich eine Schlange. Der Oberkörper der Frau ist wie derjenige der Göttin Venus entblößt. Dies und die beigege­ benen Kennzeidien (Attribute) charakterisie­ ren die Figur als diejenige einer Göttin. Die Schlange weist auf eine Heilgöttin, vermut­ lich auf Hygieia, die Tochter des Gottes Asklepios. Das Standbild der Göttin wurde im römischen Flottenlager auf der Alteburg gefunden. Wahrscheinlich wurde es von einem Soldaten geweiht. Es ist möglich, daß dieses Standbild zusammen mit demjenigen des Gottes Askle­ pios aufgestellt war. Wohl 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 241. FO: Köln, Alteburg.

8 Ein Weihestein für den Heilgott Asklepios ΑΣΣΚΛΗ ΠΙ Ω Σ Ω

Dem Gott Asklepios, dem Retter . .. Asklepios war der griechische Gott der Heil­ kunst. Auch diese Inschrift wurde sicher von einem griechischen Soldaten der Rheinflotte ge­ setzt. Der Steinmetz kam mit den ihm unge­ wohnten griechischen Buchstaben nicht zu­ recht, wie seine Versuche mit dem Σ (sigma) in der ersten Zeile zeigen. Der Weihestein wurde in dem römischen Flot­ tenlager auf der Alteburg gefunden. Es ist nicht auszuschließen, daß er den Sockel stein zu einem Standbild abgab. CIG 2391. — Inv. Nr.: 703. FO: Köln, Alte­ burg.

9 Grabdenkmal für einen Reitersoldaten Von dem Grabdenkmal ist nur das Relief mit der Darstellung des Toten erhalten. In einer Nische galoppiert er als Reitersoldat. In sei­ ner Linken hält er den ovalen Schild, in der Rechten wurfbereit die Lanze. Am Wehr­ gehänge hängt griffbereit das Langschwert. Auch Helm und Panzer des Mannes sind genau geschildert.

Reitersoldaten gehörten vorwiegend zu den Hilfstruppen (auxilia). Durch eine solche Dar­ stellung ihrer Tüchtigkeit wollten sie nach ih­ rem Tode in Erinnerung bleiben. Während des 1. Jhdts. war es für sie geradezu Mode, sich so abbilden zu lassen. Als Vorbild für diese Bildform griffen die Steinmetzen auf griechi­ sche Grabreliefs der hellenistischen Zeit zu­ rück. Inv. Nr.: 32. FO: Köln, unbekannt.

10 Bruchstück eines Frieses mit Waffen und Orden Die Platte gehört zu einem fortlaufenden Fries, der ähnlich wie der Waffenfries am Obergeschoß des Poblicius-Grabdenkmals, den Abschluß eines Geschosses an einem grö­ ßeren Grabdenkmal bildete. Auf dem allein erhaltenen Plattenstück, an das auch oben und unten Darstellungen an­ schlossen, ist links ein gebogener Rechteck­ schild mit Schildbuckel und Schmuckbeschlä­ gen zu erkennen. Dies sind der Donnerkeil des Gottes Jupiter aus Blitzen und Adler­ schwingen. Hinter dem Schild ist ein Wehr­ gehänge mit einem Kurzschwert (gladius) dar­ gestellt, dessen Scheide mit Ornamenten ver­ ziert ist. Neben den Waffen ist ein ganzer Satz Orden (dona militaria) vorgestellt und zwar: ein Eichenkranz mit Binden (corona civica), der von drei Halsringen (torques) und einem Armreifen (armilla) gerahmt wird. Der Eichenkranz war eine der höchsten Aus­ zeichnungen, die ausschließlich für die Erret­ tung eines Bürgers aus Lebensgefahr verliehen wurde. Mit den anderen Orden, zu denen auch hier nicht wiedergegebene Rundscheiben (phalerae) gehörten, wurden alle Dienstgrade, vor allem aber die unteren bis zum Hauptmann (cen­ turio), ausgezeichnet. Die Darstellung von Waffen und Ehrenzeichen sollte an die militärische Tüchtigkeit (virtus) des Verstorbenen erinnern. 1. Hälfte 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 258. FO: Köln, Gereonskloster.

11 Eine Sphinx Eine Sphinx mit Brüsten und adlerartig aus­ gebreiteten Schwingen hockt auf einer Deck­ platte. Vermutlich waren links und rechts neben ihr kauernde Löwen angebracht. Sol­ che Gruppen waren nämlich als Bekrönungen von Grabdenkmälern beliebt. 203

r-CIZ Insel 106 Südseite

Das Fabelwesen Sphinx ist im Alten Ägypten beheimatet. Hier galt es als Todesdämon. Griechen und Römer sahen in ihm und den Löwen mächtige Wächter, die den Toten vor Störung im Jenseits, sein Grab vor Räubern, aber auch die Lebenden vor den Toten schüt­ zen sollten. 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 701. FO: Köln, Bayenthal. 12 Ein kleiner Altar für Jupiter I(ovi) ■O(ptimo) · M(aximo) ■ET GENIO · LOCI SEX(tus) ■ INSIVS RVFVS ■B(ene) ■F(iciarius) · CO(n)S(ularis) V(otum) · S(oluit) · L(ibens) ■M(erito) Für den allerhöchsten und größten Jupiter und den Genius des Ortes erfüllte der Benefiziarier des Statthalters Sextius Insius Rufus sein Gelübde gern und dankbar. 2. —3. Jhdt. n. Chr. In der römischen Zeit gab es weder eine staat­ liche noch eine kommunale Polizei. Daher wurden Soldaten für Polizeiaufgaben abkom­ mandiert. CIL X III 12053. — Inv. N r.: 453. FO: Köln, Auf dem Brand. 13 Ein kleiner Altar für Jupiter I(ovi) - O(ptimo) · M(aximo) ET GENIO LOCI Q(uintus) ALLECTIVS maRCELL(us) b(ene)f(iciarius) co(n)s(ularis) v(otum) s(oluit) l(ibens) m(erito) Für den allerhöchsten und größten Jupiter und den Genius des Ortes (erfüllte) Quintus Allectius Marcellus Benefiziarier des Statt­ halters das Gelübde gern und dankbar. 2.—3. Jhdt. n. Chr. CIL X III 12051. — Inv. Nr.: 651. FO: Köln, Luxemburger Straße — Weißhaus. Beide Weihungen stammen von Beneficiarii consularis. Diese waren Soldaten, die vom Statthalter (consularis) vom täglichen Militär­ dienst befreit (deshalb „beneficium“: Wohl­ tat) und als Polizisten an wichtige Straßen abkommandiert waren. Der genius loci, der in ihren Weihungen im­ mer wieder neben dem höchsten Staatsgott Jupiter angesprochen wird, war der Schutz­ gott ihrer „stationes“, der Polizeiwachen. 204

Herrschaft, Straßen, Plätze und Stadtplanung Die römische Welt verfügte über eine vorzüg­ liche Verwaltung, die straff auf die Zentrale In Rom hin organisiert war. Die Verwaltung arbeitete mit Plänen. Die überlegte Planung ordnete alle Gebiete zueinander und garan­ tierte, daß auch in den entfernten Provinzen alle Maßnahmen sich im Rahmen des üblichen hielten. So sind die Grundlinien der Straßen, sogar die Anordnung der Plätze und Stadtquartiere nicht am O rt allein, sondern in Zentren nach übergeordneten Gesichtspunkten geplant wor­ den. Jede Stadtplanung bezog bei aller An­ passung an die jeweiligen örtlichen Gegeben­ heiten aus der zentralen Planung ihr Muster und selbst eine von Rom so entfernte Stadt wie Colonia = Köln galt als Abbild der Metropole. Letzte Macht aber lag in den Jahrhunderten der Kaiserherrschaft beim Imperator. Sein Bild auf den Plätzen der Städte war deshalb nicht als ein Schmuck gedacht, sondern doku­ mentierte dem Bürger klar, In wessen Hand zur Zeit alle Macht lag. Insel 106

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Im Jahre 67 n. Chr. Die Inschrift stammt von einem öffentlichen Bau, den Kaiser Nero von Soldaten der 15. Legion aus Xanten errichten ließ. Da von der 17 Jahre vorher gegründeten Kolonie nicht die Rede ist, dürfte es sich um ein staat­ liches Gebäude gehandelt haben. Als Nero zwei Jahre später ermordet und sein Anden­ ken getilgt wurde (Statuen wurden umge­ stürzt, sein Name auf Inschriften getilgt oder die Inschriften abgenommen — „damnata memoria“), nahm man die Inschrift ab und verwendete sie als Kanalbedeckung. Sehr oft begnügte man sich in solchen Fällen auch damit, den Namen des verhaßten Kaisers nur auszumeißeln. Die roten Farbspuren auf der Inschrift stam­ men noch aus dem 1. Jhdt. n. Chr. AE 1969/70,443. — Inv. Nr.: 106,2. FO: Köln, unter der römischen Flafenstraße an der Südseite des Museums. 2 Ein Weihestein für die Sdiutzgöttinnen Lucretiae LVCRETIS Ali—

PRO SE ET SVIS V(otum) S(oluit) L(ibens) M(erito) IMP(erator) ■ NERO · CAESAR · AVGV- Den lukretischen Götinnen erfüllte A----für STVS ■ DIVI · CLAVDI · F(ilius) · GER­ sich und seine Familie freudig das Gelübde, da sie geholfen haben. MANICI ■ CAESARIS N(epos) · TIB(eri) · CAESARIS ■AVG(usti) ■ Wohl 2. Jhdt. n. Chr. Der Stein hat die Form eines Altares. Auf der PRO · N(epos) · DIVI ■AVG(usti) · AB ■ Altarplatte ist eine Opferfrucht dargestellt. N(epos) PONTIF(ex) ■ MAX(imus) · TRIB(unicia) - Jede Schmalseite ist durch ein Füllhorn mit einem Pinienzapfen verziert. POTEST(ate) · X II · IMP(erator) - X ■ Der Name der oder des Weihenden ist nicht CO(n)S(ul) · ΙΙΠ ■P(ater) · P(atriae) · mehr zu entziffern. Es war wohl, wie meist P(ublio) · SVLPICIO · SCRIBONIO bei den Weihungen an diese Schutzgöttinnen, RVFO · LEG(ato) · AVG(usti) · PRO · eine Frau. PR(aetore) LEG(io) ■XV PRIMIG(enia) F 362. — Inv. Nr.: 26,396. FO: Köln, vor Der Kaiser Nero Caesar Augustus, Sohn des dem Ostchor des Domes. vergöttlichten Claudius, Enkel des Prinzen 3 Ein Weihestein Germanicus, Urenkel des Kaisers Tiberius, für die Schutzgöttinnen Gantunae Ururenkel des vergöttlichten Augustus, Ober­ pontifex, im 12. Jahr seiner tribunizischen GANTVNIs Gewalt (Regierung), zum 10. Male Imperator FLOSSIA ■PATe und zum 4. Male Konsul, Vater des Vaterlan­ RNA · ET IV— des. Unter der Statthalterschaft des Publius Für die Gantunae haben Flossia Paterna und Sulpicius Scribonius Rufus (errichtete) die Iu— 2./3. Jhdt. n. Chr. 15. Legion Primigenia (dieses Bauwerk). 1 Eine Bauinschrift aus der Zeit des Kaisers Nero

IM P ‘ NER.O ‘CAE SAR^AVCVSTVS

6 Eine Granit-Säule

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Von einer schlanken Säule aus Granit ist ein Stück des Säulenschaftes erhalten. An der wulst­ artigen Verdickung unten ist zu erkennen, daß 4 dieses Stück direkt auf dem Säulenfuß, der Basis, aufsaß. Nach oben folgte wenigstens > noch ein weiteres Stüde Säulenschaft, das mit dem erhaltenen durch einen Bleizapfen ver­ bunden war. J>_________ |_7 1 In der römischen Kaiserzeii wurden für die Westseite Säulenschäfte besonderer Gebäude zunehmend farbige Steine verwendet, und zwar sowohl Buntmarmore wie auch andere Hartgesteine. Während in der Regel Säulen aus nicht kost­ baren Materialien aus Trommeln, wie man die Dieser Weihestein hat die Form eines einfachen LABSVM · A · SOLO · RESTITVIT · Cu- einzelnen Stüdke einer Säule nennt, zusammen­ gesetzt wurde, liebte man es, die Schäfte aus Altares. Die Schmalseiten schmückt jeweils ein rante . . . PRISCO · /(centurione) · LEG(ionis) · XXX Granit oder Porphyr entweder aus einem oder Lorbeerbaum. Die Gantunae waren örtliche Schutzgöttinnen. ■ V(Ipiae) - V(ictricis) · P(iae) · F(idelis) ■ einigen wenigen Blöcken zu schlagen. Bei kost­ barem Material verzichtete man auch in der In der Nähe ihres neuen Tempels (»ad Gan- GENtiano et basso co(n)s(ulibus) Regel auf Furchen und Stege (Kanneluren), tunas novas“) lag eine Werkstatt, in der Devo­ tionalien, vornehmlich kleine Statuetten, her­ Für den höchsten und besten Jupiter Doliche­ mit deren Hilfe der Säulenkörper in der rö­ nus und für das Wohlergehen der Kaiser Mar­ mischen Architektur sonst gerne gegliedert gestellt wurden. CIL XIII 8268. — Inv. Nr.: 645. FO: Köln, cus Aurelius Antoninus Pius Augustus und Pu­ wurde. unbekannt. blius Septimius Geta Pius Augustus und für Diese Säule dürfte zu einem der großen öffent­ die Kaiserin Julia, Mutter der Kaiser und der lichen Bauten des römischen Köln gehört haben. 4 Ein Weihestein Militärlager, Lucius Lucceius Martinus, kai­ 2.—4. Jhdt. n. Chr. für die Schutzgöttinnen Lucretiae serlicher Statthalter der Provinz Niederger­ Inv. Nr.: 106,1, FO: Köln, unbekannt. D'IABVS manien, ließ den aus Altersschwäche verfalle­ IVCRliTIS nen Tempel von Grund auf renovieren unter 7 Bruchstück vom Standbild eines Imperators iuLIA · MATE . der Bauleitung des . . -.· . Priscus, Centurio Von einem vollplastisch ausgebildeten Stand­ RNA · VOTVM der 30. Legion Ulpia Victrix Pia Fidelis. Im bild ist allein der Körper mit den Ansätzen SOLVIT · LIBENS Konsulatsjahr des Gentianus und des Bassus. der Arme und der Beine erhalten. Der dargestellte Mann ist mit einem Metall­ MERITO DROV Im Jahre 211 n. Chr. Diese Bauinschrift belegt den völligen Neu­ panzer, der unten mit drei Reihen beweglicher SA · FILIA res(tituit) Den lukretisehen Göttinnen erfüllte Iulia bau eines Tempels für den Gott Jupiter-Doli- Lederlaschen abschließt, gerüstet. An den Materna ihr Gelübde freudig, da sie geholfen chenus. Wo dieser Tempel im römischen Köln Resten der Beine ist eben noch zu erkennen, daß er metallene Beinschienen trug. Der linke haben. Drousa, ihre Tochter, stellte den Altar gestanden hat, ist bis heute nicht bekannt. Dolichenus war ein orientalischer Erlösungs­ Arm war an den Körper angewinkelt, der wieder her. gott, der vor allem bei Soldaten beliebt war. rechte hoch erhoben. In ihr muß der Mann 2. Jhdt. n. Chr. Dieser Stein hat die Form eines Altares. Auf In diesem Fall ist er mit dem höchsten römi­ eine Lanze gehalten haben. Während die ganze Figur aus einem Kalksteinblock gemei­ der Altarplatte sind Opferfrüchte dargestellt. schen Staatsgott, Jupiter, gleichgesetzt. Jede Schmalseite ziert ein Füllhorn mit Früch­ Die von einer Leiste (Profil) gerahmte und ßelt gewesen zu sein scheint, ist der rechte mit trapezförmigen „Griffen“ versehene In­ Arm wahrscheinlich gesondert gearbeitet und ten. Die Lucretiae waren in Köln sehr beliebte schrifttafel (tabula ansata) war über dem Ein­ mit Hilfe eines Zapfens angesetzt gewesen. „Schutzheilige“, nach denen auch ein ganzes gang des Jupitertempels in die Wand einge­ Der über der rechten Schulter mit einer Bro­ Stadtviertel, der vicus Lucretius, benannt war. lassen. Jedermann sichtbar, diente sie so auch sche (fibula) gehaltene Mantel sowie die — Die Schreibung des E in der 1. und 2. Zeile, zur Propaganda für Herrscherhaus und Statt­ Binde (cingulum) charakterisieren diesen Mann als Feldherrn. Es ist nicht auszuschlie­ nämlich mit zwei Strichen, ist aus der Schreib­ halter. schrift in die monumentale „Druckschrift“ Der Bauleiter war ein Centurio der in Vetera ßen, daß die Darstellung das Standbild eines Castra bei Xanten stationierten 30. Legion, Kaisers oder eines Prinzen war. übergegangen. CIL XIII 8171. — Inv. Nr.: 231. FO: Köln, der vermutlich nach Köln zum Dienst beim Da die Figur im Bereich des römischen Flot­ tenlagers an der Alteburg gefunden wurde, Marzellenstraße 12. Statthalter abkommandiert war. Das Militär nahm im gesamten Bereich des könnte das Standbild von der Truppe als öffentlichen Lebens Aufgaben wahr, wie hier Weihung an seinen Oberbefehlshaber aufge­ 5 Eine Bauinschrift für ein Heiligtum beim Neubau des Tempels, wo es den Bau­ stellt worden sein. In jedem Lagerheiligtum des Gottes Jupiter—Dolichenus standen nämlich die Statuen des jeweils regie­ leiter stellte. I(ovi) · O(ptimo) ■ M(aximo) · DOLICHE- Die in dieser Inschrift genannten Kaiser sind renden Kaisers und seiner Familie, gleichsam NO ■ PRO salute imp(eratorum) caes(arum) die Sohne und die Witwe des Septimius Seve­ stellvertretend für die abwesenden Personen. M(arci) ■ AVRELH ■ ANTONINI · PII ■ rus. Aurelius Antoninus — mit Spitznamen So demonstrierte man in der römischen Zeit Aug(usti) et P(ubli) sept(imi) getae Caracalla, nach dem gallischen Mantel, den überall im Reich die Allgegenwart und Macht PII · AVG(usti) ■ET · IVLIAE ■AVGVSTAE er in Mode brachte — ermordete seinen jün­ des Herrscherhauses. Es ist aber nicht zu be­ matris aug(ustorum) et castr(orum) geren Bruder Geta schon ein Jahr später, 212 weisen, daß das Standbild diese offizielle Funktion besaß. Es kann auch eine „Ehren­ L(ucius) LVCCEIVS · MARTINVS · LEGatus n. Chr. statue“ gewesen sein. aug(ustorum) pr(o) pr(aetore) prov(inciae) GERMANIAE · INFER(ioris) · TEMplum CIL XIII 8201. — Inv. Nr.: 97. FO: Köln, 1. Jhdt. n. Chr. vestutate con Inv. Nr.: 481. FO: Köln, Alteburg. Elstergasse 211. 205

Die Agrippinenser Eine Stadt wird zwar geprägt von ihrer Archi­ tektur, aber sie lebt von den Menschen, die in ihr wohnen und tätig sind. Die Einwohner, die das Kölner Bürgerrecht erhielten, hießen Agrippinenses — Agrippinenser. Sie nannten sich so nach der in Köln geborenen Kaiserin Agrippina, die mit dafür gesorgt hatte, daß die Ubiersiedlung, das oppidum Ubiorum, Stadtrechteerhielt. Insel 108

1 Grabstein für den Soldaten Manilius Genialis aus Köln D(is) ■M(anibus) T(ito) ■MANILIO · GENIALI AGRIPPIN(ensi) ■STIP(endiorum) XII T(itus) ■MANILIVS · IVCVNDVS Den Totengöttern. Für Titus Manilius Genia­ lis aus Köln, (verstorben nach) 12 Dienst­ jahren, (setzte diesen Stein) Titus Manilius Iucundus. Ende 1. Jhdt. n. Chr. Manilius wurde in Bonna-Bonn begraben. Dort diente er auch, vermutlich in der 1. Legion. Der Verstorbene ruht auf einem Speisesofa. Eine solche „Totenmahlszene“ bil­ dete häufig den Schmuck eines Grabsteins. CIL XIII 8091. — Inv. Nr.: 94. FO: Bonn.

2 Altar für die mediotautehischen Matronen MATRIBVs MEDIOTAVTEHis IVL(ius) · PRIMVS VET(e)RANVS LEG(ionis) · I · M(inerviae) · P(iae) ■F(idelis) · V(otum) ■ S(oluit) · L(ibens) · M(erito) Den mediotautehischen Matronen erfüllte Iulius Primus, entlassener Soldat der 1. Legion Minervia Pia Fidelis, das Gelübde froh und dankbar. 2./3. Jhdt. n. Chr. Die mediotautehischen Matronen gehören zu einer Gruppe einheimischer Muttergottheiten, von der Näheres bisher nicht bekannt ist. CIL XIII 8222. — Inv. Nr.: 311. FO: Köln, Trankgasse 13.

3 Grabstein für Frontinius Candidus D(is) · M(anibus) C(aio) ■FRONTINIO CANDIDO

und ihre Angehörigen große Grabbauten er­ des nach seinem Tod als Gott verehrten Kai­ richten. Während einige als Pfeilergrabmäler sers Augustus. Anteil an dieser göttlichen ausgebildet, andere nur durch Mauern einge­ Ewigkeit sollte mit der Darstellung ausge­ friedet waren, kamen auch Grabbauten in der drückt werden. Solche Darstellungen gab es Form von Tempeln vor. Ein solcher Grab­ am Anfang des 1. Jhdts. häufiger in Nord­ tempel hat auf dem Gräberfeld an der Luxem­ afrika und Oberitalien. burger Straße gestanden, wo seine Reste 1880 Inv. Nr.: 107,1. FO: Köln, Luxemburger Insel 107 igegraben wurden. Straße. ausgegraben , 7, emdl+Ut C f t f V ( £? Γ7 So , f 9 * 5 < F 3 C(aius) · CANDIDI nius celER Den Totengöttern. Für Gaius Frontinius Can­ didus aus Köln (setzte diesen Stein) Gaius Candidinius Celer. 2. Jhdt. n. Chr. Die Ergänzung des Namens in der letzten Zeile ist unsicher. Der schlichte Grabstein, der belegt, daß sich die Kölner Agrippinenser nannten, zeigt eine schöne Rahmung aus Blattwerk. Auch der Giebel, der die Inschrift nach oben rahmt, ist mit Blattornamenten ausgelegt. CIL XIII 8336. — Inv. Nr.: 462. FO: Köln, Luxemburger Straße.

4 Kapitell von einer Wandvorlage Dieses Säulenhaupt ist nur auf zwei Seiten

ausgearbeitet. Demnach hat es eine Wandsäule abgeschlossen, die als Vorlage in der Ecke eines Raumes stand. Der Aufbau der Blätter ist eine typische rhei­ nische Ausprägung der korinthischen Ordnung. Um den Kapitellkorb ist ein doppelter Kranz von Akanthusblättern gelegt. Die äußeren tragen die mit Voluten verzierte Deckplatte. Inv. Nr.: 108,4. FO: Köln, unbekannt.

5 Ein Grabstein für den Soldaten Burrus Q(uintus) · POMPEI VS · Q(uinti filius) - ANIEN SIS · FORO · IVLI BVRRVS ■MII(es) ■EX LEG (ione) · XV · ANN(orum) · L STIP(endiorum) ■XX ■H(ic) · S(itus) · E(st) · H(eres) ■F(aciendum) · C(uravit)

Ostseite

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Insel 108 Südseite

Quintus Pompeius Burrus, Sohn des Quintus, aus dem Bürgerbezirk Aniensis, gebürtig in Fréjus, Soldat der 15. Legion, (verstorben im Alter von) 50 Jahren nach 20 Dienstjahren, liegt hier begraben. Sein Erbe ließ (den Grab­ stein) setzen. Zwischen 40 und 70 n. Chr. Diese Datierung der Inschrift ist möglich, weil bekannt ist, daß die im Jahre 39 n. Chr. neu aufgestellte 15. Legion bereits im Jahre 70 n. Chr. aufgerieben wurde. Sie ging unter, als in dem Aufstand der Bataver im Jahre 70 n. Chr. das Legionslager Vetera Castra bei Xanten am Niederrhein erobert und niedergebrannt wurde. CIL X III 8284. — Inv. Nr.: 460. FO: Köln, Luxemburger Straße.

6 Ein Säulenkapitell \

Der hohe, weit ausladende Korb dieses Säu­ lenhauptes ist mit drei Reihen von Akanthusblättern verziert. An den Ecken ist je eine Volute diagonal gestellt. Die Deckplatte die­ ses Kompositkapitells ist über dem Eierstab mit Blüten geschmückt, Inv. Nr.: 108,3. FO: Köln, unbekannt.

7 Grabstein für einen römischen Stabsoffizier . . . CARTHAGINENS(is) PREF(ectus) · LEG(ionis) · III - AVG(ustae) MILITAVIT · AN(nis) · XLV FL(avius) · RVFINVS FILIVS .. ET ■H(eres) · F(aciendum) C(uravit) . . . in Karthago. Stabschef der 3. Legion ; Augusta. Sein Dienstalter war 45 Jahre. Fla: vius Rufinus, sein Sohn und Erbe, ließ (den •\ Grabstein) errichten. 1 3. Jhdt. n. Chr. i Die 3. Legion Augusta war in Numidien, dem i heutigen Tunesien, stationiert. Dort lag auch i Karthago. Hier übte der Verstorbene eine t! heute nicht mehr feststellbare Tätigkeit aus. Sein Sohn ließ in Köln zur Erinnerung auf dem Gräberfeld, an dem sich heute die Kirche St. Ursula erhebt, diesen Grabstein setzen. . CIL X III 8269. — Inv. Nr.: 29,310. FO: Köln, St. Ursula. j, I

8 Kapitell eines Wandpfeilers

!

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1

Dieses Säulenhaupt folgt in seinem Blattauf­ bau der korinthischen Ordnung, die in römischer Zeit besonders beliebt war. Auf dem Kapitellkelch liegen zwei Reihen von Akanthusblättern. Inv. Nr.: 444. FO: Köln, im Mauerwerk der römischen Rheinbrücke.

9 Ein Säulenkapitell Der Kapitellkorb (Kalathos) ist mit Akanthusblattern geschmückt. Darüber liegt ein Eierstab als Schmuckband. Den Abschluß bil­ den zwei große blütenverzierte Voluten. Ein solches Säulenhaupt ist eine römische Eigenschöpfung und wird „Kompositkapitell“ genannt. Diese Kapitellart ist eng mit der­ jenigen der korinthischen Ordnung verwandt. Inv. Nr.: 443. FO: Köln, im Mauerwerk der römischen Rheinbrücke.

10 Kopf einer Frau Der Kopf gehörte zu einem Grabdenkmal. Die Frisur der Frau hat Ähnlichkeit mit dem Schneckenlocken-Toupet, wie es die Porträts der Kaiserin Agrippina, der Gründerin Kölns (15—59 n. Chr.), zeigen. 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 108,1. FO: Köln, unbekannt.

11 Halbfigur einer Frau mit Kind Das Relief war Bestandteil eines Grabdenk­ mals, dessen Inschrift fehlt. Die Darstellung von Mutter und Kind ist ungewöhnlich. Das Manteltuch ist über den Kopf der Frau ge­ zogen. Im Arm hält sie ein in Windeln ge­ wickeltes Kind. Wahrscheinlich starben Mut­ ter und Kind zusammen, vielleicht bei der Ge­ burt des Kindes. 1.—3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 108,2. FO: Köln, unbekannt. 12—19 Kölner Bürger Alle diese Porträts stammen von Kölner Bür­ gern, die für ihre Grabdenkmäler porträtiert wurden. Die kleineren Köpfe gehören zu Grabsteinen, die größeren zu Statuen oder Büsten. Der grobe Zuschnitt der Gesichter zeichnet die Grundzüge der Personen. Die Frisuren spiegeln die jeweiligen Zeitmoden. Hintere Reihe: Inv. Nr.: 649; 691; 476; 33,54. FO: Köln, Bonner Str., Severinskloster, Deutz. Vordere Reihe: Inv. Nr.: 33,58; 433; 432. FO: Köln, Severinstor, Blaubach.

Auf dieses Ansatzstück wurden nämlich wei­ tere Säulentrommeln aufgesetzt. Um die vor­ gefertigten Stüdte am Bau in die richtige Ab­ folge zu bringen, bediente man sich solcher Versatzmarken. Inv. Nr.: 185. FO: Köln, Margarethenkloster.

21 Bruchstück eines Grabsteines Erhalten ist nur das Porträt des Verstorbenen in einer Rundnische, Die Inschrift rahmten Wandpfeiler (Pilaster), die einen Giebel tra­ gen. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 100. FO: Köln.

22 Grabstein für Primtnia Augurina PRIMINIAE AVGVRINAE VIVE PRIMINIVS FAMVLVS PATRONVS F(aciendum) C(uravit) Für Priminia Augurina ließ zu ihren Lebzei­ ten Priminius Famulus, ihr früherer Herr, (diesen Stein) setzen. 2./3. Jhdt. n. Chr. In der 2. Zeile schrieb der Steinmetz um einen Fehler im Stein sorgfältig herum. F 299. — Inv. Nr.: 25,874. FO: Köln, Kreuz­ gang von St. Severin.

23 Bruchstück eines Grabsteines D(is) m(anibus) cIAVDIO ■SATurnio veT(erano) ■LEG(ionis) · I · PRimini Den Totengöttem. Für Claudius Saturninus, entlassenen Soldaten der 1. Legion . . . 2. Jhdt. n. Chr. Ein Teil des Grabsteines ging während des Krieges 1939/45 verloren. Die fehlende Hälfte der Inschrift ist aus alten Abschriften bekannt. Das Porträt des Soldaten wird von einer Rundnische gerahmt. CIL X III 8280. — Inv. N r.: 158. FO: Im nördlichen Teil der Kölner Altstadt.

20 Eine Säulenbasis mit Ansatz einer Säule Der Säulenfuß und der Ansatz einer Säule sind aus .einem Steinblock geschlagen. Die Ba­ sis ist sorgfältig profiliert, der Säulenschaft durch Stege und Furchen gegliedert (kanne­ liert). Die auf der oberen Seite der Säule eingeritzten Buchstaben AVI sind wahrscheinlich Versatz­ marken für den Aufbau der gesamten Säule.

Westseite

15

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Insel 109 Westseite

Ein Soldat stiftet ein Altärdien VeTTIVS ■RVFI NVS ■ 7 (centurio) · LEG(ionis) · I · M(inerviae) · p(iae) f(idelis) cuRAM ·

AGENS · STRATO RVM · LEG(ionum) ■I · M(inerviae) · ET XXX V(lpiae) ■V(ictricis) · ET · PEDI TVM ■SINGVLARI VM · ALLI · FVSCI CQ(n)S(uläris) ---- gewidmet von Vettius Rufinus, Centurio der 1. Legion Minervia Pia Fidelis, Befehls­ haber über die Stallmeister, die aus der 1. Legion Minervia und aus der 30. Legion Ulpia Victrix abgeordnet waren, und der Leibwache zu Fuß des Consularis (=® Statthalter) Allius Fuscus. 2. Hälfte 2. Jhdt. n. Chr. Der Statthalter der Provinz Niedergermanien residierte in Köln. Er gehörte zu den Gouver­ neuren 1. Klasse und hatte vorher in Rom das Amt eines Konsuls bekleidet. Deshalb wird der Statthalter in der Inschrift als Con­ sularis bezeichnet. Als Oberbefehlshaber des in der Provinz stationierten Militärs stand ihm eine Leibwache zu, deren Mitglieder aus ver­ schiedenen Einheiten kamen. N 237. — Inv. N r.: 126. FO: Kastell in Deutz. 24 Grabstein für den Veteranen Valerius Celerinus M(arcus) · VAL(erius) ■ CELERINVS PAPIRIA ■ASTICI CIVES ■AGRIPPINE(nsis) VETER(anus) · LEG(ionis) · X · G(eminae) · P(iae) · F(idelis) VIVOS · FECIT · SIBI ET · MARCIAE ■PRO CVLaE ■VXORI Marcus Valerius Celerinus, aus dem Bürger­ bezirk Papiria, gebürtig aus Astigi, jetzt Bür­ ger von Köln, verabschiedeter Soldat aus der 10. Legion Gemina Pia Fidelis, stellte (diesen Stein) zu seinen Lebzeiten für sich und seine Frau Marcia Procula auf. Kurz vor 100 n. Chr. Astigi (heute Ecija) liegt in Südspanien. Die 10. Legion war um 70 n. Chr. in Spanien stationiert, später in Noviomagus — Nijme­ gen in Niedergermanien. Nach Beendigung seiner Dienstzeit wohnte Celerinus in Köln. Sein „Totenmahl“ zeigt ihn zusammen mit seiner Frau. CIL X III 8283. — Inv. Nr.: 86. FO: Köln, Richard-Wagner-Straße. 208

Menschen und Verwaltung in der Stadt Köln war die Hauptstadt der Provinz Nieder­ germanien. Hier residierte der Statthalter. Im 3. Jhdt. war sie zeitweilig auch Sitz gallischer Sonderkaiser und ihrer Leibgarde. Jede Stadtverwaltung bildete innerhalb des römischen Staatswesens eine eigenständige Organisation. An der Spitze der Verwaltung standen zwei Bürgermeister. Sie wurden jähr­ lich aus dem Stadtrat gewählt. In der Grenzstadt Köln lebten viele aktive und pensionierte Soldaten (milites und vete­ rani) neben einheimischen und zugewanderten Familien. Alle Arten von Berufen waren ver­ treten. Insel 109

1 Ein zweimal verwendetes Grabdenkmal Vorderseite D(is) · M(anibus) · C(aius) ■ IVL(ius) · MATERNVS VET(eranus) · EX · LEG(ione) ■ I · M(inervia) ■ VIV(u)S · SIBI ET · MARIE · MARCELLINAE COIIVGI · DVLCISSIME et CASTISSIME ■OBITAE · F(ecit) Den Totengöttern. Gaius Iulitis Maternus, Veteran der 1. Legion Minervia, stellte (diesen Stein auf) für sich zu seinen Lebzeiten und für Maria Marcellina, seine liebe und treue verstorbene Gattin. Anfang des 2. Jhdts. n. Chr. Maternus ist, umgeben von seiner Familie, bei einem Trinkgelage dargestellt. Die erste Legion Minervia hatte ihr Stand­ quartier in Bonna — Bonn.

Rückseite D(is) LIBERALÏNIO · M(anibus) PROBINO · TRIBVNO Q PRAETORIANO ET LIBERALINIAE Q PRO BINAE · FILIAE · EIIVS · BAR BARINIA ■ACCEPTA · Μ ARITO ET · FILIAE OBITIS Den Totengöttern. Für Liberalinius Probinus, Abteilungskommandeur bei der Kaisergarde, und für Liberalinia Probina, seine Tochter, für ihren verstorbenen Gatten und ihre ver­ storbene Tochter (setzte diesen Stein) Barbarinia Accepta. 3. Jhdt. n. Chr. Im 3. Jhdt. regierten in Köln die sogenannten gallischen Sonderkaiser, die fast den gesamten Nordwesten des Reiches von Spanien bis zum Rhein und England unter ihre Kontrolle ge­ bracht hatten. Bei der Garde dieser Kaiser war Probinius Offizier. Da Grabsteine geweiht waren, stand auf ihre

Wiederverwendung hohe Strafe. Aber in Kri­ senzeiten kam es dodi immer wieder vor, daß Steine von zerstörten Grabstellen wiederver­ wendet wurden. Eine solche Krisenzeit war das 3. Jhdt. n. Chr. in Köln. Die Bedeutung der durchgestrichenen Buch­ staben Q in den Zeilen 2 und 3 der Inschrift ist unsicher. CIL X III 8267 au .b . — Inv. Nr.: 11. FO: Köln, Kunibertkloster.

2 Ein Grabdenkmal für Claudius Halotus Tl(berio) · CLAVDIO HALOTO · VIXIT ANNIS · XVIII CLAVDIVS · IVSTVS PATR(onus) ■PRAEF(ectus) - COH(ortis) -III D ALM AT (arum) Für Tiberius Claudius Halotus, der 18 Jahre lebte, (ließ) Claudius lustus, sein Patron, Kommandant der 3, dalmatischen Kohorte (diesen Grabstein errichten). 2. Hälfte des 1. Jhdts. n. Chr. Der Verstorbene ist stehend dargcstellt. Im Arm trägt er einen Hasen. In der Hand hält er eine Traube. Hase und Traube galten als Symbole eines seligen Lebens in der jensei­ tigen Welt. Als ehemaliger Sklave hatte Halotus am Tage seiner Freilassung den Namen seines frühe­ ren Besitzers, seines Patrons, erhalten: Clau­ dius. Auch gegenüber dem Freigelassenen hatte der Patronus noch Rechte. Er konnte ihn z. B. beerben, aber er behielt auch Ver­ pflichtungen. So trug er in diesem Falle die Kosten der Bestattung und diejenigen für das Grabdenkmal. CIL X III 8271. — inv. Nr.: 95. FO: Köln, Aachener Straße. 3 Ein Steinsarg für Deccia Materna DECCIE MATERNE DECCI FR VENDI · QVONDAM · DECVRIONIS C(oloniae) · C(laudiae) · A(rae) · A(grippinensium) ■ FILIAE · DECCIVS ■ CERTILLIAN VS · FRATER ET IVLIA VERA NEPTIA EIVS H(e)R(edes) SECVNDO VOLVMTATEM · T(itulum) F(aciendum) ■C(uraverunt) Für Deccia Materna, Tochter des Deccius Fruendus, verstorbenen Stadtrates in Köln, ließen ihr Bruder Deccius Certillianus und ihre Enkelin lidia Vera, ihre Erben, nach ihrem Wunsch diese Inschrift setzen. 3. Jhdt. n. Chr.

Ostseite Der Stadtrat Deccius F ruendus gehört zu den „führenden Familien“ der römischen Stadt Köln. Diese Familie besaß daher auf dem Gräberfeld offensichtlich ein Grabhaus, in dem ein solcher Steinsarg aufgestellt werden konnte. N 234. — Inv. Nr.: 29,1701. — Rötlicher Sandstein. FO: Köln, Augustinerkloster in der Jakobstraße. 4 Ein Weihestein für Liber Pater und Herkules

Den Totengöttern. Für Superinius Rusticus und Superinia Superba, ihre lieben verstor­ benen Kinder, und sich selbst ließ Ingenuinia Iunia, ihre Mutter, zu ihren Lebzeiten (die­ sen Stein) errichten. 3. Jhdt. n. Chr. Die noch lebende Mutter ließ sich zusammen mit ihren verstorbenen Kindern in Büsten­ form (Porträtmedaillon) darstellen. Die unter der Inschrift eingemeißelte Spitzhacke dürfte eine Anspielung auf den Beruf ihres schon verstorbenen Mannes sein. CIL X III 8424. — Inv. Nr.: 89. FO: Köln, unbekannt.

Südseite

9 Ein Grabstein für Ocellius

OCELLIONI · ILLANVONIS · F(ilio) · LIBERO PATRI ET HERCVLi EXOMNAE · CONIVGI M(arcus) VANNIVS ADIVTOR EIVS DEC(urio) V(otum) S(oluit) ■L(ibens) ■ OPTATAE · F(iliae) · 7 Ein Grabstein M(erito) ANNAE · NEPTIAE ■ Für Liber Pater und Herkules. Marcus Van­ für den Offizier Didius Euhodianus BIENVS · GATI · F(ilius) - PIE ■ nius Adiutor, Stadtrat (in Köln) erfüllte sein D(is) M(anibus) DE ■SVO · F(aciendum) · C(uravit) Gelübde in froher Dankbarkeit. Q(uinti) ■DIDI ■LEMONIa Für Ocellio, Sohn des Illanuo, seine Gattin 2. /3. Jhdt. n. Chr. EVHODIANi pRAEF(ecti) · EQ(uitum) ■ E.xomna, seine Tochter Optata (und) seine Liber Pater ist die römische Bezeichnung für AL(ae) · I ■THRAc(um). Enkelin Anna ließ Bienus, Sohn des Gatus, den Weingott Bacchus, der mit Herkules auch Den Totengöttern. Für Quintus Didius Eu­ in dankbarer Erinnerung auf eigene Kosten auf dem Relief dargestellt war. Zu erkennen hodianus aus dem Bürgerbezirk Lemonia, Be­ (diesen Stein) errichten. sind nodi drei Pranken und der Schwanz fehlshaber der 1. thrakischen A la ........ 1. Jhdt. n. Chr. eines Panthers. Der Panther war das Begleit­ 2. Jhdt. n. Chr. CIL XIII 8409. — Inv. Nr.: 402. FO: Köln, tier des Bacchus. Der Bürgerbezirk Lemonia war auf Mittel­ Aachener Straße. N. 222, — Inv. Nr, 28 580. FO: Köln, Macha- italien beschränkt, Didius Euhodianus dürfte 10 Ein Grabstein für Bienus bäerstraße 36. wohl von dort stammen. Sandstein. CIL X III 12058. — Inv. Nr.: 666. BIENO - GATI ■F(ilio) · 5 Ein Grabstein für den FO: Köln, unbekannt. CIVI · VIROMAN Centurio Sennianus und seine Kinder DVO · INGENVAE 8 Ein Grabdenkmal D(is) M(anibus) OCELLIONIS ■FIL(iae) für den Legionär Iulius Tuttius POTENTINA SENNI CONIVGI · EIVS ANO CONIVGI CEN T(ito) · IVLIO · TVTTIO ■T(iti) ■ F(ilio) ■ Für Bienus, Sohn des Gatus, vom Stamm der TVRIONI - LEG(ionis) XXII * ET CLAVDIA · VIRVNO · Viromanduer, (und für) Ingenua, Tochter des SERVANDO FILIO MIL(iti) · LEG(ionis) ■ XXII ■ PRIMIG- Ocellio, seine Gattin. ET MAXIMINE FILIE (eniae) 1. Jhdt. n. Chr. F(aciendum) · C(uravit). ANN(orum) XX X X III ■STIp(endiorum) CIL X III 8341. — Inv. Nr.: 403. FO: Köln, Den Totengöttern. Potentina ließ (diesen XIIX. Aachener Straße. Grabstein) ihrem Gatten Sennianus, Centurio Für Titus Iulius Tuttius, Sohn des Titus, aus in der 22. Legion, ihrem Sohn Servandus und dem Bürgerbezirk Claudia, gebürtig in Vi- 11 Ein Grabstein ohne Inschrift ihrer Tochter Maximina errichten. runum, Soldat der 22. Legion Primigenia, Dieser inschriftlose Grabstein gehört zu den 3. Jhdt, n. Chr. (verstorben) im Alter von 43 Jahren, nach neben ihm aufgestellten drei Steinen. Der Standort der 22. Legion war seit dem 2. Jhdt. 18 Dienstjahren. gleiche Fundort und die gleiche Dekoration Mainz. 2. Hälfte 1. Jhdt, beweisen die Zusammengehörigkeit. Säge­ CIL X III 8290. — Inv. Nr.: 26. FO: Köln, Tuttius ist auf dem Denkmal nicht als Soldat, spuren an den Rückseiten der Steine lassen Achterstraße. sondern beim Trinkgelage dargestellt. Die erkennen, daß sie aus einem einzigen Kalk­ Löwen sollten die bösen Geister verscheuchen. steinblock ausgeschnitten wurden. 6 Ein Grabdenkmal für Superimus Rusticus Die 22. Legion Primigenia stand von etwa 70 Die vier Grabsteine stammen von dem Grab­ und Superinia Superba bis 92 n. Chr. in Vetera Castra bei Xanten, platz einer Familie. Das Oberhaupt des Fa­ D(is) M(anibus) und Tuttius wird in das Hauptquartier des milienverbandes Bienus, der aus der Gegend SVPERINIO · RVSTICO niedergermanischen Statthalters nach Köln um St. Quentin im nordöstlichen Frankreich ET SVPERINIAE SVPE abkommandiert gewesen sein. stammt, wo die Viromanduer beheimatet wa­ RBAE · INGENVINIA Virunum liegt in Kärnten, nahe dem heutigen ren, ließ die Steine für sich und seine Frau, IVNIA MATER FILIIS DVL Klagenfurt. die Familie seines Vaters und die seines CISSIMIS ( = obitis) ET SIBI CIL X III 8289. — Inv. Nr.: 16. FO: Köln, Schwiegervaters herstellen. Der ohne Inschrift VIVA ■F(aciendum) · C(uravit) Eigelstein 123. gebliebene Stein war vielleicht für die Kinder 209

Südseite

Gewerbe und Handel des Bienus vorgesehen. Sie wurden aber wahr­ scheinlich schon nicht mehr in Köln begraben. 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 404. FO: Köln, Aachener Straße. Aus den Grabinschriften dieses „Familien­ grabes“ läßt sich „der Stammbaum“ der bei­ den Familien ab lesen. Stammbaum siehe Seite 83. Natürlich ist nicht zu sagen, ob zusammen mit Bienus dieser ganze Familienclan nach Köln gezogen war. Möglich ist es nämlich, daß Bienus zur Erinnerung an seine Eltern und Schwiegereltern auf seinem Grabplatz in Köln auch die Steine als bloße Erinnerung (Kenotaphe) aufstellen ließ. Schließlich ist an den Namen dieser einheimi­ schen gallischen Familien des 1. Jhdts. n. Chr. auch abzulesen, wie nun allmählich in das gallische Namensgut römische Namen wie Ingenua oder Optata eindrangen. 12 Ein Grabstein für Gatus GATO: CABIRI ■ F (ilio) · CIVI · VIROMAN DVO · DEMIONCAe CONIVGI · EIVS · ATHAMAE · ET ■ATRECTO GATI · FILIS · BIENVS ■GATI · F(ilius) · PIE DE · SVO · F(aciendum) ■ C(uravit) Für Gatus, Sohn des Cabirus, vom Stamm der Viromanduer, für seine Gattin Demionca, seine Söhne Athamas und Atrectus, ließ Bie­ nus, Sohn des Gatus, in dankbarer Erinne­ rung auf eigene Kosten (diesen Stein) setzen. 1. Jhdt. d. Chr. CIL X III 8342. — Inv. Nr.: 401. FO: Köln, Aachener Straße. 13—14 Zwei Porträt-Köpfe Beide Köpfe stammen wahrscheinlich von Grabstatuen, die entweder wie beim PobliciusGrabdenkmal in einer Grabarchitektur oder auch als Teile freistehender Standbilder auf­ gestellt waren. Links: Inv. Nr.: 546. FO: Köln, unbekannt. Rechts: Inv. Nr.: 438. FO: Köln, Neusser Straße.

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Viele Zeugnisse belegen das Vorhandensein zahlreicher Gewerbe im römischen Köln. Alle Arten von Berufen wurden ausgeübt. B äh er und Metzger, Töpfer und Glasbläser, Stein­ metze und Goldschmiede gab es ebenso wie Schreiner, Maurer, Schuster und Bankiers. Ohne Zweifel war die Einwohnerschaft des römischen Köln nach Berufsgruppen und Ge­ werben organisiert. Die verschiedensten Produkte wurden gehan­ delt. Aus dem Umkreis der Stadt kamen Ge­ treide und Fleisch, aus der näheren Umgebung Holz, Steine und Kalk. Aus der Ferne wurde das am Ort nicht Vorhandene bezogen: kost­ bare Keramik, Marmor, Bronzen, Gold und Spezereien. Am Export scheinen auch die Köl­ ner Glasmanufakturen verdient zu haben. Der Gott der Händler und Kaufleute war Merkur. Mit ihm schlossen sie Verträge und lohnten dem Gott erfolgreiche Geschäfte durch die Stiftung von Weihesteinen, die ihren Dank ausdrücken sollten. Insel 110 1 Steinsarg der Verecundinia Placida und deren Sohn Desiderius d(is) m(anibus) VERECVNDINIAE PLACIDE SIVE SOIIONI CONIVGI DVLCISSIMAE QVAE VIXIT ANN(os) X XVIII ET · VERECVNDI ■ NEDI DE SIDERIO FIL(io) EIIVS - DESIDERATVS CVRMILLI · NEG(otiator) · ARTIS LAPIDARIAE C VIVVS SIBI ET IIS · OBITIS FECIT Den Totengöttern. Für Verecundinia Placida, genannt Soio, seine liebe Gattin, die 28 Jahre lebte, und Verecundinius Desiderius, ihren Sohn, hat Desideratus, Sklave des Curmillus, Händler mit Steinmetzarbeiten, zu seinen Leb­ zeiten und als diese schon tot waren, (diesen Sarkophag) machen lassen. 3. Jhdt. n. Chr. Der Sklave Desideratus war Unternehmer. Der Handel mit Steinmetzprodukten war in Köln im 3. Jhdt. lohnend. Damals wurden viele Häuser neu gebaut. Entsprechend groß war der Bedarf an Sockeln, Gesimsen, Kapi­ tellen, aber auch an Schwellen für Türen, nicht weniger an Platten für Böden. Den Verkauf von Produkten scheinen für die Steinmetz­ werkstätten Händler wie Desideratus über­ nommen zu haben. Als Sklave konnte Desideratus nach den Ge­ setzen keine rechtsgültige Ehe eingehen, ob­ schon er Verecundinia als seine „Gattin“ be­ zeichnet. Der gemeinsame Sohn dieses Paares

galt deshalb vor den Behörden als unehelich und führte darum den Namen seiner Mutter Verecundinius. Dem Steinmetzen, der die Inschrift schlug, unterlief übrigens in der 5. Zeile ein Fehler: Er ließ den Familiennamen des Sohnes bei Verecundi enden und begann mit dem Bei­ namen Desiderius. Nach drei Buchstaben be­ merkte er seinen Irrtum und schrieb über die bereits eingemeißelten Buchstaben DES die noch fehlenden des Familiennamens NIO, um dann wieder mit Desiderius zu beginnen. Durch rote Ausmalung wurden solche Ver­ sehen korrigiert. Sandstein. CIL X III 8352. — Inv. Nr.: 642. FO: Köln, Ecke Severinstraße/Hirschgasse. 2 Weiheinschrift für Merkur MERCVRio aRVERNo sACRVm iVLIVs - - eX IMP(erio) Ips(ius) Dem arvemi sehen Merkur geweiht. Iulius - - - (setzte die Inschrift) auf Befehl des Gottes. Bei den Galliern war Merkur der höchste Gott: Er wurde mit dem Kriegsgott Mars und mit Wotan gleichgesetzt. Die Arverner im franzö­ sischen Zentralmassiv ließen um die Mitte des 1. Jhdts. von dem griechischen Bildhauer Zenodorus eine Riesenstatue des Merkur anfer­ tigen, für die ungeheuere Summe von 40 Mil­ lionen Sesterzen. Unser Altärchen war sicher diesem arvernischen Merkur geweiht. CIL X III 8235. — Inv. N r.: 371. FO: Caecilienstraße (?). 3 Ein Altärchen für den G ott Merkur Cissonius MERCVRIO CISSONIO LARiniVS SEnillS V(otum) S(oluit) l(ibens) M(erito) Dem Merkur Cissonius erfüllte Larinius Senilis dankbar sein Gelübde, da er geholfen hatte. 2. —3. Jhdt. n. Chr. Die Inschrift ist ein sprechendes Beispiel, wie in den Provinzen des Reiches mit den römi­ schen Göttern einheimische verbunden wurden. Der römische Handelsgott Merkur ist nämlich hier durch den Beinamen „CISSONIVS“ mît einer ähnlichen keltischen Gottheit gleich­ gesetzt. Sandstein. CIL X III 8237. — Inv. N r.: 372. FO: Köln, Burgmauer 21,

Nordseite

Ostseite

4 Ein Altar für den Gott Merkur

7 Ein Weiherelief für den Gott Merkur

MERCVRIO T(itus) · FLAVIVS VvCTORI NVS ■7 (centurio) LEG(ionis) · XXX · V(lpiae) · V(ictricis) V(otum) · S(oluit) Dem Merkur löste (durch Aufstellung dieses Altars) Titus Flavius Victorinus, Centurio bei der 30. Legion Ulpia Victrix, sein Ver­ sprechen ein. Ende 2. Jhdt. n. Chr. Der Gott Merkur ist oft auf einem Thron dargestellt. Hahn und Widder sind seine Kennzeichen, die Attribute. Auf den Schmal­ seiten sind Füllhörner und Steuerruder dar­ gestellt, wohl als Zeichen glückhaften Gelin­ gens. Warum ein Offizier der in Vetera Castra (bei Xanten) liegenden 30. Legion dem Gott dankte, ist nur zu vermuten. Wahrscheinlich schrieb er einen gelungenen Handel der Hilfe des Gottes Merkur zu. CIL X III 8233. — Inv. Nr.: 543. FO: Köln, Wallrafplatz oder Burgmauer.

MERCurio iul(ii) TERTI(us) et nATlVa v(otum) S(oluemnt) L(ibentes) m(erito) Dem Merkur erfüllten Iulius Tertius und Iulia Nativa dankbar ihr Gelübde, da er geholfen hatte. Anfang 3. Jhdt. n. Chr. Die Inschrift hat seit 1939 stark gelitten. Heute nicht mehr leserliche Teile sind aus älteren Abschriften bekannt. Auf der Frontseite ist eine Opferszene dar­ gestellt. Der Mann hinter dem Altar trägt eine einheimische Manteltracht. Uber den Arm hat er eine Opferbinde gelegt. Die opfernde Frau ist verheiratet, wie die Matronenhaube um ihren Kopf zeigt. Dem Gott Merkur wurde also auch von germanischen Einwoh­ nern Kölns geopfert. Sein Kult wurde dabei bisweilen mit einheimischen Kultvorstellungen vermischt. Die Schmalseiten des Reliefs sind mit Tischen ausgestellt, auf denen Gefäße mit Opfergaben — Wein und Früchte — ausgebreitet sind. Sandstein. CIL X III 8234. Inv. Nr.: 347. FO: Köln, unbekannt.

5 Bruchstück eines Weihereliefs an den Gott Merkur Der Gott ist nur mit einem Schultermantel be­ kleidet. In der Rechten hält er den Herolds­ stab. Dieses Abzeichen weist den Gott Merkur als Geleiter und Beschützer aller Händler und Reisenden aus. Auf dem linken Arm trug der Gott ein Kind, wie an Resten noch zu erkennen ist. Dieser Darstellung liegt die griechische Sage zugrun­ de, der Gott Hermes, den man in römischer Zeit mit Merkur gleichsetzte, habe das Diony­ sos-Kind den Nymphen von Nysa zur Pflege gebracht. Wohl 2. Jhdt. n, Chr. Inv. Nr.: 218. FO: Köln, Engelbrechtstraße.

6 Bruchstück einer Weihung an den Gott Merkur V IC T -----.. RNA — LVS MIL(es) LEG(ionis) · I M(inerviae) L(ibens) ■ M(erito) Die beiden vorletzten Zeilen sind zu zerstört, als daß man eine Übersetzung geben könnte, doch ergibt sich aus der letzten, daß der Weihende Soldat der 1. Legion Minervia aus Bonn war. CIL X III 8232. — Inv. Nr.: 471. FO: Köln, Appellhofplatz.

8 Bruchstück eines Grabsteines für den Zimmermann Vetinius Verus Q(uinto) VETINIO · VERo MATER ■QVINTINIA MATERNA FILIO DVL CISSIMO · EX · COL(legio) · FA(brum) ■ TI (gnariorum) CEN(turia) · III · ANN(orum) · XXXI · • M(ensium) - VII · D(ierum) · XXVI · FE(cit) Für Quintus Vetinius Verus, ihren lieben Sohn, Mitglied in der Berufsgenossenschaft der Zimmerleute, dritte Kompanie, (verstorben im Alter von) 31 Jahren, 7 Monaten, 26 Tagen, errichtete (diesen Stein) seine Mut­ ter Quintinia Materna. An der oberen Abbruchkante des Denkmals ist eben noch der Ansatz der Porträtbüste des Toten zu erkennen. Die Berufsgenossenschaft (collegia) der Zim­ merleute und Schmiede waren einerseits Ver­ einigung für Geselligkeit, ermöglichten aber andererseits auch die Vertretung von „Stan­ desinteressen“. Sie waren darüber hinaus wie beim Militär in Kompanien (Centurien) gegliedert, um in den Städten als Feuerwehr oder technische Nothilfe eingesetzt zu werden. Von diesen Centurien gab es im römischen Köln nach die­ ser Inschrift wenigstens drei, CIL X III 8344. — Inv. Nr.: 461. FO: Köln, Luxemburger Straße.

9 Grabstein für den Zimmermann Titus Gesatius D(is) - M(anibus) T I · TVS GESATIVS TICNARIVS h(ic) s(itus) e(st) Den Totengöttern. Titus Gesatius, Zimmermann, liegt hier. Zimmerleute waren angesehene Handwerker. Aus ihren Werkstätten kamen nicht nur die hölzernen Wasserleitungen und Dachstühle. Sie bauten auch hölzerne Lauben, schnitten das Fachwerk für die einfachen Wohnhäuser zu. Für große Bauvorhaben konnten sie auch beim Einschalen von Baugruben tätig sein. Vielfältige Aufgaben boten der Schiffsbau und der Ausbau des Rheinhafens, CIL X III 8346. — Inv. Nr,: 463. FO: Köln, Luxemburger Straße.

10 Ein Grabstein für den Metzger Mainonius Victor TlB(erius) · MAINONIVS VICTOR ■NEGOT(iator) LANIO · ET · IVLIA MARINA ■COIIVX VIVI · SIBI ■FEC(erunt) ■ET SVRILLAE · FIL(iae) ■OBITE Tiberius Mainónius Victor, Metzger, und Iulia Marina, seine Frau, errichteten (diesen Grabstein) zu ihren Lebzeiten für sich und ihre verstorbene Tochter Surilla. Der Metzger Victor war nicht nur Schlächter, sondern vertrieb seine Produkte auch selbst. Er hatte also ein Geschäft, Dies kann man der Berufsangabe „negotiator lanio" entnehmen. Dies taten viele andere Handwerker ebenso. Sie waren also nicht nur Handwerker, son­ dern Gewerbetreibende. CIL X III 8351. — Inv. Nr.: 29,307. FO: Köln, In St. Ursula.

11 Eine Weiheinschrift für die vergöttlichte kaiserliche Familie in ■H(onorem) * D(omus) · D(ivinae) — IVS · SERVANDV(s) ex collegio · PISSTRICORVM consistENTIVM ■C(olonia) · C(laudia) · A(ra) · A(grippinensium) D(edit) ■D(edicavitque) Zu Ehren der göttlichen kaiserlichen Familie hat . . . ius Servandus, Mitglied des Vereins der in der Kolonie Köln niedergelassenen Mehlhändler (?) (diesen Altar) gestiftet und geweiht. 2.—3. Jhdt. n. Chr. (?) Die Inschrift macht mit der in Köln vorkom-

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menden Berufsgruppe der „PISSTRICI“ be­ kannt. Die Übersetzung dieses Wortes be­ reitet Schwierigkeiten. Da aber „PISTOR“ der „Müller“ war, ist anzunehmen, daß sich in dem Verein (collegium) der PISSTRICORVM Müller und Mehlhändler zusammengeschlossen hatten. CIL X III 8255. — Inv. Nr.: 711. FO: Köln, Brückenstraße beim Perlenpfuhl.

mit dieser Darstellung auf eine Ahnenbüste angespielt. Solche standen in vielen Häusern. Ein Grabdenkmal in der Form eines Grab­ altares ist nicht ungewöhnlich. Man opferte den Toten am Grabe oder feierte dort auch Totenmahle. F 295. — Inv. N r.: N 8433. FO: Köln, Severinstraße.

12 Ein Grabstein des Parfümhändlers Haparonius

(15'' Bruchstück einer Weihinschrift, von einem Kassierer aufgestellt

SEX(to) · HAPARO NIO · IVSTINO NEGOT(i)ATO RI * SEPLASIA RIO · FRATRES FAC(iendum) · CUR(averunt) Für Sextus Haparonius Iustinus, Parfüm­ händler, ließen seine Brüder (das Grabmal) errichten. Unermeßlich groß ist die Zahl der in Köln gefundenen Parfüm- und Salbbehälter aus Glas. Vermutlich wurden Parfüm und Salben in der Stadt viel gebraucht. Ein Handel mit diesen Gütern lohnte sich deshalb. Vielleicht wurde damals in Köln auch schon Parfüm hergestellt. „Seplasia“ war damals ein Platz in der ita­ lienischen Stadt Capua, um den die Parfümund Salbenmanufakturen ihr Zentrum hatten. Da Capua in der Herstellung dieser Produkte eine führende Rolle spielte, nannte man die Parfüms überall im römischen Reich „sepla­ sium“. CIL X III 8354. — Inv. Nr.: 8. FO: Köln, Kunibertskloster.

13 Ein Altar für die Göttin Virtus DEAE ■VIRTVTI FATALIS · NEG(otiator) · A(uli) LAETI GRATI · LIB(ertus) · V(otum) · S(oluit) ■ L(ibens) M(erito) Der Göttin Virtus hat der Händler Fatalis, gewesener Sklave des Aulus Laetius Gratus, dankbar sein Gelübde erfüllt, da sie geholfen hatte. 3. Jhdt. n. Chr. Die römische Göttin Virtus ist hier als Ama­ zone gekleidet. Sie verkörpert vorwiegend die militärische Tapferkeit. Für die Darstellung wurde auf ältere Vorbilder zurückgegriffen. CIL X III 8513. — Inv. N r.: 29,21. FO: Köln-Bocklemünd.

14 Ein Grabaltar für Masclinia Aquina, Bankiersgattin D(is) M(anibus) MASCLINIAE · AQVINAE COIIVGI ■ PIENTISSIME M(arcus) · VARENIVS · HERMES NVMMVLARIVS Den Totengöttern. Für Masclinia Aquina, seine treue Frau, (er­ richtete diesen Grabstein) Marcus Varenius Hermes, Geldwechsler. Wohl 2. Jhdt. n. Chr. Das Porträt der Toten ist rund gerahmt. Das Medaillon ist mit einem Ständer in der Form einer Inschrifttafel verbunden. Vielleicht ist 212

N V S ■COAC TOR · ARGEN TARIVS ■V(otum) ■S(oluit) · L(ibens) · M (er ito) POMPEIIANO ET AVITO · CO(n)S(ulisbus) ID(ibus) · MAI (is) · L(oca) ■ D(ato) · D(ecreto) ■D(ecurionum) . . . nus, Geldeintreiber, erfüllte dankbar sein Gelübde, da ihm die Gottheit geholfen hatte. Im Konsulatsjahr des Pompeianus und Avitus, an den Iden des Mai. Der Platz (für den Altar) wurde auf Beschluß des Stadtrats zur Verfügung gestellt. 15. Mai 209 n. Chr. »Argentarii“ waren vielseitige Leute. Sie trie­ ben nicht nur Gelder ein, sie berieten auch bei Kapitalanlagen und waren als Versteigerer tätig. Für die Aufstellung von Altären, Standbildern und Weihesteinen auf öffentlichen Straßen und Plätzen war die Einwilligung des Stadt­ rates notwendig. F 291. — Inv. Nr.: 25,812. FO: Köln, St. Severin.

16 Grabdenkmal für Acceptia Accepta, Bankiersgattin MEMORIAE · AETErnae ACCEPTI AE · ACCEPTAe FEMINE · INNOCENTISS(imae) T(itus) AELIVS ■VIPERINVS NEGOTIAT(or) ■NVMMVL(arius) CONIVGI · DVLCISS(imae) FAC(iendum) · CVR(avit) Zur ewigen Erinnerung an Acceptia Accepta, eine höchst rechtschaffene Frau und seine Hebe Gattin, ließ Titus Aelius Viperinus, Geld­ wechsler, (diesen Stein) errichten. 2. Hälfte 2. Jhdt. n. Chr. Die einfache Inschriftplatte war wahrschein­ lich in die Mauer, die den Grabplatz um­ schloß, eingelassen. Der Beruf des Geldwechslers war mit dem eines Bankiers identisch. Bei einem Zinssatz von 12 % im Jahr besaß dieser Beruf hohe Gewinnchancen. Oft übten Sklaven für vor­ nehme Herren das Geschäft des Geldwechslers aus. Die Herren waren dann am Umsatz be­ teiligt. CIL X III 8353. — Inv. Nr.: 4. FO: Köln, bei St. Severin.

17 Zwei Bruchstücke von einem größeren Relief Zu erkennen sind die Reste eines Tisches, von dem eine Opferbinde herunterhängt. Auf dem

Tisch steht ein Korb, der mit Früchten und Ähren gefüllt ist. Der reich gefüllte Korb, mit seinem Inhalt dem Füllhorn der Glücksgöttin Fortuna nicht unähnlich, spiegelt nicht nur eine reiche Ernte, sondern meint ehei die Hoffnung auf Gedei­ hen und Gelingen aller Tätigkeiten. Die Darstellung der Früchte erinnert aber auch daran, daß zum Leben in der Stadt in deren unmittelbarer Umgebung größere Farmbetrie­ be notwendig waren, auf denen die Nahrungs­ mittel für den Grundbedarf des Menschen er­ wirtschaftet wurden. Dazu gehörte auch der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten, der sich außer in Läden auch im römischen Köln auf Märkten abgespielt haben wird. Das Relief stammt wahrscheinlich von einem größeren Grabdenkmal. 2. Jhdt. n. Chr. 1972 in Köln bei St. Gereon gefunden.

18 Die Amphoren Amphoren (amphora) kannte die römische Zeit nur als Verpackungsmaterial, als Handels­ und Vorratsgefäß sowie als Maßeinheit für Schiffe. Amphoren waren in der Regel aus Ton, aber bisweilen kamen sogar gläserne vor. Amphoren waren entsprechend ihrem Ver­ wendungszweck ein Massenprodukt. Abertau­ sende von Funden belegen es. Nie dienten sie dem Schmuck von Wohnräumen. In Amphoren wurde das Wasser von den Brunnen geholt. Aus ihnen wurde es im Hause ausgeschenkt. In Amphoren verpackte und transportierte man Wein, Most, ö l, Honig, Essig, Feigen, Medizin, Getreide und sogar Geld. Arme Leute benutzten Amphoren als Urnen, auf den Straßen waren sie als Uringe­ fäße beliebt. Sogar als Waffen fanden sie, mit Pech gefüllt, Verwendung. Amphoren wurden in der Regel mit Korken verschlossen. Auf Schiffen, in Lagerschuppen oder Kellern lehnte man sie an die Wand, oft grub man auch ihre Spitze ein. In den Läden, Küchen und bisweilen auch beim Gastmahl standen sie in Ständern. Inv. N r.: 110,1—6; 34,37; 28,71—72; 28,520; 28,522. FO: Sämtlich aus Köln.

Einheimische Muttergöttinnen Der römische Götterhimmel wurde überall im römischen Reich verbreitet. Aber er über­ deckte nur offiziell die alten einheimischen Gottheiten. Sie wurden weiter verehrt. Das Bedürfnis, Schutz und Segen bei den müt­ terlichen Gottheiten zu suchen, blieb groß. Diese kelto-germanischen matres oder matro­ nae sind aus Familien- oder Stammesgotthei­ ten hervorgewachsen, wie ihre ganz verschie­ denen Beinamen zeigen. Auch die Römer be­ teiligten sich an ihrem Kult. Typisch für den niederrheinischen Raum sind die Matronen in einheimischer Tracht, die mit Vorliebe als Dreiheit verehrt wurden. Gläu­ bige, deren Bitten die Göttinnen erhörten, be­ dankten sich durch die Stiftung von Weihe­ steinen. Insel 111 „Matres“ oder „Matronen“ waren einheimi­ sche, d. h. keltische und germanische Mutter­ gottheiten, an die man sich gerne um Hilfe wandte. Ihre Beinamen scheinen sich auf Stämme und Sippen zu beziehen, deren „Schutzgöttinnen“ sie wohl ursprünglich wa­ ren. Insgesamt sind die Kenntnisse über sie freilich immer noch sehr gering. 1 Ein Altar für die Göttin Vagdavercustis mit Opferdarstellung DEAE VAGDAVERCVSTI TITVS FLAVIVS CONSTANS PRAEF(ectus) PRAET(orio) · EM(inentissimus) V(ir) Für die Göttin Vagdavercustis (errichtete die­ sen Altar) Titus Flavius Constans, seine Eminenz der Gardepräfekt. Um 160 n. Chr. Wahrscheinlich hat sich der Stifter selbst als Opfernder am Altar darstellen lassen. Er gießt eine Spende in die Flammen des Opferaltares. Um ihn stehen die Opferdiener. Dieser Titus Flavius Constans war ein einfluß­ reicher und vermögender Mann. Als Praetorianerpräfekt war er Oberbefehlshaber der Kaisergarde und damit der ranghöchste Lauf­ bahnbeamte der römischen Verwaltungshier­ archie. Sein Rangtitel: Eminentissimus vir (Eminenz) kennzeichnet seine Bedeutung. Er gehörte dem Ritterstand an. Sein Jahresein­ kommen belief sich auf 300 000 Sesterzen. Damit erhielt er 250mal soviel wie ein ein­ facher Soldat. CIL X III 12057. — Inv. Nr.: 670. FO: Köln, Wolfsstraße.

2 Ein Altar für die aumenahenischen Matronen MATRONIs AVMENAhENIs C(aius) · CALDINIVS CASSIVS · EX IMP(erio) - IPSARVM Gaius Caldinius Cassius stellte den aumena­ henischen Matronen (diesen Altar) auf deren Befehl auf. CIL X III 8215. — Inv. Nr.: 328. FO: Köln, Burgmauer 21. 3 Ein Altar für die axsinginehisdien Matronen MATRONIS AXSINGINEHIS M(arcus) · CATVLLINIVS PATERN VS V(otum) ■S(oluit) ■L(ibens) · M(erito) Den axsinginehischen Matronen löste Marcus Catullinius Paternus sein Gelübde gern und dankbar ein. 2. Jhdt. n. Chr. (?) Die drei Matronen sitzen in einer Nische, die mit einer Muschel überwölbt ist. Die mittlere, jüngere trägt aufgelöstes Haar, die beiden älteren die übliche einheimische Haube. CIL X III 8216. — Inv. Nr.: 240. FO: Köln, Auf der Burgmauer. 4 Basis und Säule Dieser Säulenfuß (Basis) ist als dicker Wulst ausgebildet. Darüber sind drei Säulen trom­ meln aufgerichtet, die erkennen lassen, daß vielfach die hohen Säulen großer Gebäude aus einzelnen Stücken zusammengefügt wa­ ren. Die Trommeln wurden untereinander in der Regel mit Blei- oder Eisendübeln verbun­ den. Basis und Säule sollen an dieser Stelle daran erinnern, daß die Altäre und Weihungen für die Muttergottheiten nicht beziehungslos ir­ gendwo aufgestellt waren, sondern in der Regel in Heiligtümern, in denen die Göttinnen verehrt wurden. Die Maße der Altäre und Weihesteine müssen also an denjenigen der Architektur gemessen werden. Inv. Nr.: 111,8—11. FO: Köln, unbekannt. 5 Ein Altar für die äffischen Matronen MATRONIS AFLIABVS M{arcus) ■MARIVS MARCELI. VS PRO SE ET - SVIS EX · IMPERIO ■IPSARVM Für die Matrones Afliae. Marcus Marius Mar­ cellus stellte den Altar auf für sich und die Seinen auf Befehl der Matronen. 2. Jhdt. n. Chr.

Die drei Matronen mit dem germanischen Na­ men Afliae sitzen auf einer Bank in einer pfeilergeschmückten Rundnische. Die beiden äußeren tragen die einheimische Haubentracht, wodurch sie als verheiratet ausgewiesen sind, während die jüngere in der Mitte ohne diese Kopfbedeckung als unverheiratet charakteri­ siert ist. Alle drei halten auf ihrem Schoß Fruchtkörbe. An den Schmalseiten sind Opferdiener mit Fruchtkorb und Weinbecher (Cantharus) dar­ gestellt. Auf einer Inschrift aus Wesseling werden die Matronae Afliae auch Aflims genannt. CIL X III 8211. — Inv. N r.: 228. FO: Köln, Burgmauer. 6 Ein kleiner Altar für die audrinehisdien Matronen MATRONIS AVDRINEHIS SVPERINIA PRIMVLA V(otum) · S(oluit) · L(ibens) · M(erito) Für die audrinehischen Matronen erfüllte Superinia Primula ihr Gelübde gern und dankbar. 2. Jhdt. n. Chr. F 284. — Inv.Nr.: 111,4. FO:Hermülheim bei Köln, am Bahnhof. 7 Ein Altar für die udravarinehisdien Matronen MATRONIS VDRAVARINE HIS - IVLIA · PRISCI F(ilia) · ALL VA · V(otum) · S(oluit) L(ibens) · M(erito) Für die udravarinehischen Matronen. Iulia Allua, Tochter des Priscus, erfüllte ihr Ge­ lübde gern und dankbar. 2. Jhdt. n. Chr. (?) CIL X III 8229. — Inv. Nr.: 409. FO: Köln, Unter Fettenhennen. 8 Ein kleiner Altar für die autriahenischen Matronen MATRONIS AVTRIAHENIS MASIVS SVMATRI PRO SE ET SVIS Westseite

Südseite Ostseite

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V(otum) ■S(oluit) · L(ibens) · M(erito) Für die autriahenisdien Matronen erfüllte Masius, Sohn des Sumatrius, für sich, und die Seinigen sein Gelübde gerne und dankbar. 2. Jhdt. n. Chr. (?) Die autriahenischen Matronen sind mit den audrinehischen identisch. Es kommen verschie­ dene Schreibungen für dieselben Göttinnen vor. F 281. — Inv. Nr.: 111,13. FO: Hermülheim bei Köln, am Bahnhof.

9 Altar für die vallabnehisdien Matronen MATRONIS VALLABNEI HIABVS L(ucius) · ACCONIVS CANDID VS PRO SE · ET SVIS · EX IMp(erio) IPS(arum) · V(otum) · S(oluit) ■L(ibens) ■ m(erito) Den vallabnehischen Matronen erfüllte Lucius Acconius Candidus für sich und seine Ange­ hörigen das Gelübde gern und dankbar auf ihren Befehl. 2. Jhdt. n. Chr. Die vallabnehischen Matronen sind bisher nur aus Köln bekannt. CIL X III 8226. — Inv. N r.: 21. FO: Köln, Unter Fettenhennen.

10 Ein Altar für die andrusteheischen Matronen MATRONIS ANDRVSTE HIABVS L(ucius) ■SILVINIVS RESPECTVS V(otum) ■S(oluit) · L(ibens) · M(erito) Den andrusteheischen Matronen. Lucius Silvinius Respectus erfüllte das Gelübde frei­ willig und dankbar. 2. jhdt. n. Chr. CIL X III 8212. — Inv. N r.: 321. FO: Köln, Weyertor.

11 Bruchstück eines Matronenaltares Erhalten ist nur der obere Teil mit der Dar­ stellung der drei thronenden Göttinnen, die Fruchtkörbe auf dem Schoß halten. 2. Jhdt. n. Chr. (?) Inv. Nr.: 335. FO: Köln, Frankenplatz.

12 Bruchstück eines Matronenaltares Die drei Schutzgöttinnen thronen in einer Nische. Sie halten Fruchtkörbe auf ihrem Schoß. Die Weihinschrift ist abgebrochen. 2. Jhdt. n. Chr. (?) Inv. Nr.: 334. FO: Köln, Unter Fettenhennen.

13 Ein Altärdien für die fernovinehischen Matronen FERNovi NEHis CATVs p(ro) s(e) • ET SVIS posuit Für die fernovinehischen Matronen. Catus stellte (diesen Altar) für sich und die Seinen (auf). 214

2. Jhdt. n. Chr. (?) NL214. — Inv.Nr.: 53,1337. FO: Köln,zwi­ schen Bürgerstraße und Unter Goldschmied.

14 Ein kleiner Altar für die lubischen Matronen MATRONIS LUBICIS TERTIVS V(otum) · S(oluit) ■L(ibens) Für die lubischen Matronen. Tertius erfüllte das Gelübde gern. 2./3. Jhdt. n. Chr. CIL X III 8220. — Inv. Nr.: 24,383. FO: Köln, Aachener Straße.

15 Ein kleiner Matronenaltar Erhalten ist auf dem kleinen Altar nur ein winziges Stüde der Weihinschrift: MAI = Für die Mutter. Inv. Nr.: 111,7. FO: Köln, unbekannt.

16 Ein kleiner Altar für die autrinehisdien Matronen MATRONIS aVTHRINEHABus A S A M V O E T S --V(otum) ■S(oluerunt) · L(ibentes) · M(erito) Den autrinehisdien Matronen. Asamuo und S ----erfüllten ihr Gelübde gern und dankbar. 2.—3. Jhdt. n. Chr. F 285. — Inv. N r.: 111,2. FO: Hermülheim b. Köln, am Bahnhof.

17 Ein kleiner Altar für die audrinehischen Matronen MATRONIS AVDRINEHIS QVINTVS IVCVNDINIVS VERINVS PRO · QVINTO IVCVNDINIO sEVERO FILIO · SVO · V(otum) · S(oluit) · L(ibens) · M(erito) Den audrinehischen Matronen geweiht. Quin­ tus lucundinius Verinus löste das Gelübde für seinen Sohn Quintus lucundinius Severus gern und dankbar ein. 2.—3. Jhdt. n. Chr. F 280. — Inv.N r.: 111,3. FO:Hermülheim bei Köln, am Bahnhof.

18 Ein Altärdien für die audrinehischen Matronen MATRO NIS · AV DRINEHA BVS L(ucius) · SEC VNDINIVs IANVARi VS V(otum) S(oluit) L(ibens) M(erito) Für die audrinehischen Matronen. Lucius Secundinius Januarius erfüllte sein Gelübde froh und dankbar. 2. Jhdt. n. Chr. (?) An verschiedenen Orten wurden bestimmte Muttergottheiten besonders verehrt. So gab es in Pesch (Kreis Euskirchen) ein großes Wall­

fahrtsheiligtum für die vacallineisdhen Ma­ tronen. In Bonna-Bonn muß ein solches für die aufanischen bestanden haben. Die audri­ nehischen Matronen müssen in Hermülheim bei Köln ihr Heiligtum besessen haben. F 283. — Inv.N r.: 111,1. FO: Hermülheim bei Köln, am Bahnhof.

19 Ein kleiner Altar für die tnalvisischen Matronen IN H(onorem) D(omus) D(ivinae) DIABVS MAL VISIS ET SILVANO AVR(elius) VERE CVNDVS ORDI(narius) · BRITO(num) V(otum) S(oluit) L(ibens) M(erito) Zu Ehren des göttlichen Kaiserhauses. Für die malvisischen Göttinnen und Silvanus. Aurelius Verecundus, Centurio der Britonen, löste das Gelübde gern und dankbar. 3. Jhdt. n. Chr. Fast jeder Kaiser wurde nach seinem Tod un­ ter die Götter aufgenommen. Schon bald un­ terschied man nicht mehr genau zwischen to­ tem und lebendem Herrscher und bezeichnete auch das Kaiserhaus des regierenden Kaisers als „göttlich", und brachte ihm Weihungen dar. Der Gott Silvanus, ursprünglich ein bäuer­ licher Baumgott, war besonders bei kleinen Leuten beliebt. Man opferte ihm Getreide, Speck, mageres Fleisch und Wein. Seit dem 3. Jhdt. n. Chr. wurde der Centuno eines Numerus (einer Hilfstruppe) als Ordina­ rius bezeichnet. Britonen-Einheiten waren nach 150 n. Chr. im nördlichen Britannien ausge­ hoben und dann im Odenwald vorwiegend beim Bau von Kastellen eingesetzt. CIL X III 8208. — Inv. Nr.: 341. FO: Köln, Hohe Pforte.

20 Ein Altärdien für die aufanischen Matronen MATRONIS AVFANIB(us) ■C(aius) IUL(ius) · MANSVE TVS ■M(iles) · L(egionis) ■I ■M(inerviae) P(iae) · F(idelis) · V(otum) ■S(oluit) · L(ibens) ■M(erito) ■FVi T ■A D · ALVTVM FLVMEN ■SECVS MONT(is) · CAVCASI Für die aufanischen Matronen. Gaius lulius Mansuetus, Soldat der 1. Legion Minervia Pia Fidelis, löste sein Gelübde freiwillig und dank­ bar ein. Er war am Fluß Alutus, am Kaukasus gewesen. Nach 166 n. Chr. Mansuetus, Soldat in Bonna-Bonn, dankte mit diesem Altar sicher für seine gesunde Rück­ kehr aus dem Partherkrieg des Kaisers Lucius Verus im Jahre 166 n. Chr., an dem auch Ab­ teilungen der in Bonn stationierten 1. Legion Minervia teilgenommen hatten. Der Fluß Alutus ist identisch mit dem Fluß Terek im Norden des Kaukasus. CIL X III 8213. — Inv. N r.: 320. FO: Köln, unbekannt.

21 Ein kleiner Altar für die Diginen DIGINIBVS SACRVM SEX(tus) COMMINIVS SACRATVS ET CASSIA · VERA EX IMP(erio) ■IPS(arum) Den Diginen geweiht (von) Sextus Commînius Sacratus und Cassia Vera auf Befehl (der Göttinnen) selbst. 2. Jhdt. n. Chr. (?) Von den Diginen ist kaum etwas bekannt. Sie gehören wie die Gantunen in den Umkreis der Matronen. CIL X III 8176. — Inv. N r.: 339. FO: Köln, Machabäerstraße. 22 Ein Altar für die audrinehischen Matronen MATRONIS AVDRINEHA bVS ■L(ucius) · SATVR nINIVS · VIC TOR ■V(otum) ■S(oluit) ■L(ibens) · M(erito) Den audrinehischen Matronen löste Lucius Saturninius Victor das Gelübde gern und dankbar ein. 2.—3. jhdt. n. Chr. F 282. — Inv. Nr.: 111,12. FO: Hermülheim bei Köln, am Bahnhof.

23 Ein Altar für die boudunnehisdien Matronen MATRONIS BOVDVNNEIS M(arcus) · NIGRINius SERENVS V(otum) ■S(oluit) ■L(ibens) · M(erito) Für die boudunnehischen Matronen löste Mar­ cus Nigrinius Serenus das Gelübde gern und dankbar ein. 2.—3. Jhdt. n. Chr. CIL X III 8217. — Inv. Nr.: 19. FO: Köln, Unter Fettenhennen.

24 Ein Altar für die mahlinehisdhen Matronen MATRONIS MAHLINEHIS TIB(erius) · CLAVDIVS TATICENVS V(otum) S(oluit) L(ibens) M(erito) Für die mahlinehisdien Matronen. Tiberius Claudius Taticenus erfüllte das Gelübde freu­ dig und dankbar. 2. Jhdt. n. Chr. (?) Die drei Göttinnen thronen in einer Nische, die von Wandpfeilern gerahmt wird. Die bei­ den äußeren tragen die einheimische Haubentracht. Alle drei halten Fruchtkörbe auf dem Schoß. CIL X III 8221. — Inv. N r.: 331. FO: Köln, Gereonshof 1.

25 Ein Altar für die boudunnehisdien Matronen MATRONIS BOVDVNNEIHIS DOSSONIA PATERNA Für die boudunnehischen Matronen. Dossonia Paterna (errichtete diesen Altar).

2. Jhdt. n. Chr. Die drei Matronen sitzen in einer Nische, deren Muschelgewölbe von je einer Victoria rechts und links getragen wird. Die Victorien schweben auf Weltkugeln. Die Göttinnen, von denen die beiden äußeren die einheimische Haube tragen, halten Körbe mit Früchten und Ährenbüschel in den Händen. Die seitlichen Bildfelder zeigen tanzende Schutzgötter, die Füllhörner tragen. Inv. Nr.: 111,5. FO: Köln, Unter Fetten­ hennen.

26 Ein Altar für die Medicinae MEDICINIS MARINIA ANTVLLA EX IMP(erio) · IPS(arum) S(oluit) ■L(ibens) Den Medicinae. Marinia Antulla löste das Gelübde auf deren Befehl freudig. 2. Jhdt. n. Chr. (?) Auch die Göttinnen Medicinae waren Mutter­ gottheiten. Entgegen ihrem Namen scheinen sie aber keine Schutzgöttinnen für Medizin gewesen zu sein. CIL X III 8231. — Inv. Nr.: 420. FO: Köln, St. Mauritius. 27 Bildnis einer Matrone mit Hund Eine thronende Muttergottheit hält auf ihrem Schoß einen Hund. Mit diesem Kennzeichen ist fast immer die Schutzgöttin Nehallennia dargestellt. Deshalb ist zu vermuten, daß audi dieses Bildnis diese Göttin wiedergibt. 2. Jhdt. n. Chr. (?) Inv. Nr.: 482. FO: Köln, bei St. Gereon.

28 Zwei Reliefplatten Die beiden Reliefplatten stammen aus einem größeren Bauzusammenhang, vielleicht von einem Grabdenkmal. Lorbeerbäume, Girlanden und Blumenbänder wurden in römischer Zeit zwar auch als bloße Dekoration verwendet. Vor allem aber ver­ stand man sie doch als ehrenden Fest- oder Traue rschmuck. Wohl 1.—2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 65/66. FO: Köln, Hahnentor.

Römische Großbauten Von den Häusern und Palästen des römischen Köln blieb über der Erde nichts erhalten. Selbst die Fundamente wurden während des Mittelalters als Steinbrüche benutzt und dabei häufig zerstört. So ist es meist schwer, außer den Grundrissen der Gebäude eine ge­ nauere Vorstellung über die römische Archi­ tektur in Köln zu gewinnen. Wenigstens einige der Hauptgebäude kennt man durch Ausgra­ bungen, wie das Praetorium (den Statthalter­ palast), den Capitols-Tempel unter St. Maria im Capitol oder einige Wohnhäuser, deren Überreste an der Südseite des Domes ausge­ graben wurden. So weiß man wenigstens, daß die Häuser das gleiche Aussehen wie in allen Provinzstädten des römischen Reiches besaßen. Aber nicht nur die Großbauten waren nach dem Geschmack der Zeit reich gegliedert, son­ dern auch bei den einfacheren Gebäuden scheint man Wert auf Bauschmuck gelegt zu haben. Leider sind davon die schönsten Stücke, nämlich die aus Marmor und lothringischem Kalkstein, im Laufe des Mittelalters in die Kalköfen gewandert, um als Mörtel für neue Bauten, für Kirchen oder für Wohnhäuser, wiederverwendet zu werden. Aber selbst die­ jenigen Stücke, die bei den Ausgrabungen noch immer wieder zutage treten, belegen noch, daß Größe und Schönheit der römischen Stadt Köln in dem Gliederungsreichtum der großen und kleinen Bauten sich darstellten. Vielfältig sind die Formen der Säulenfüße (Basen), der Säulenköpfe (Kapitelle), Gesimse und Wand­ vorlagen (Pilaster). Überdies sind alle diese Stücke auch Belege für ein solide arbeitendes Handwerk, das aus Musterbüchern die großen Vorbilder berühmter Bauten der Zeit für Köl­ ner Ansprüche umformte. Insel 116

1 Basis mit Ansatz einer Säule Der Säulenfuß besteht aus Platte,. Wulst und Kehle. Der Ansatz der Säule ist mit der Basis aus einem Stein ausgeschlagen. Inv. Nr.: 116,3. FO: Köln, unbekannt.

2 Basis und Säulenschaft Der Säulenfuß besteht aus einer Platte und einem dicken Wulst (torus). Der mit der Basis zugleich aus dem Stein geschlagene Ansatz der Säule ist nur roh behandelt. Er steht noch „in der Bosse“. — Darüber Teil einer glatten Säule. Inv. N r.: 116,2, 116,1. FO: Köln, unbekannt.

3 Ein Kapitell Der Kern des Säulenhauptes ist zweireihig von einem Kranz aus Akanthusblättern umzogen. Dem der oberen Reihe liegt auf den heraus­ geneigten Blattspitzen die mit Voluten ver­ zierte Deckplatte auf. Der Kapitell gehört zu einer korinthischen Säulenordnung. Inv. Nr.: 194. FO: Köln, unbekannt.

4 Kapitell von einem Wandpfeilcr Das dreiseitig ausgearbeitete Kapitell gehörte zu einem Wandpfeiler. Die unbearbeitete Seite war in die Mauer eingebunden. Über einem unteren Kranz von Akanthus215

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Nordseite

blättern sind zwei kleinere Blattreihen ange­ ordnet. Die Deckplatte ist mit einem Eierstab verziert. Sie besitzt diagonal gestellte Eck­ voluten. Inv. Nr.: 117. FO: Köln, An den Dominika­ nern. 5 Kapitell von einem Wandpfeiler Das Kapitell beschloß einen Wandpfeiler, der in eine Raumecke eingestellt war, wie an den unverzierten Teilen zu sehen ist. Nach der korinthischen Ordnung sind in zwei Reihen jeweils drei streng stilisierte Blätter mit überlappender Spitze angeordnet. Auf der mittleren Blattspitze liegt vor der Deckplatte eine plastisch ausgebildete Rosette. Inv, Nr.: 116,8, FO: Köln, unbekannt. 6 Ein korinthisches Kapitell Um den Kapitellkelch ist ein doppelter Kranz von Akanthusblättem gelegt. Daraus wachsen je zwei Blattbüschel. Auf ihren herausgeneig­ ten Blattspitzen scheint die Deckplatte zu ruhen. Inv, Nr.: 116,4. 7 Ein Kapitell Das nur roh zugeschlagene Säulenhaupt ist ein Beispiel dafür, daß nicht immer die Bau­ zier höchsten Ansprüchen zu genügen brauchte. Auch dieses Stück ist nämlich mit Sicherheit verbaut gewesen, wie das auf der Säulen­ trommel erkennbare Steinmetzzeichen verrät. Solche Steinmetzzeichen waren u. a. Liefer­ zeichen für Stückzahlen. Inv. Nr.: 116,6. FO.'Köln, unbekannt. 8 Basis mit dem Ansatz einer Säule Über der Platte ist der Säulenfuß mit Hilfe von Wülsten und Kehlen reich gegliedert. Der Ansatz der Säule ist mit der Basis aus einem Stein geschlagen. An dem Säulenschaft ist eine Verdickung, die Haltebosse, stehengeblieben. Um sie wurden beim Transport des Stückes die Halteseile geschlungen. Inv. Nr.: 53,1345. FO: Köln, unter dem Rat­ haus. 216

9 Eine Basis mit dem Ansatz einer kannelierten Säulentrommel Die Furchen, mit denen diese Säulentrommel gegliedert ist, nennt man Kanneluren. Zwi­ schen den einzelnen Vertiefungen stehen an dieser Säule rechteckige Stege. Zusammen mit der Säule wurde der obere Wulst des Säulenfußes aus dem Stein geschla­ gen. Der übrige Teil der Basis, für den ein weiterer Stein benutzt wurde, ist nicht erhal­ ten. Inv. Nr.: 116,7. FO: Köln, unbekannt. 10 Kapitell von einem Wandpilaster Das Kapitell ist nur an einer Seite ausgearbei­ tet. Mithin waren die unverzierten Seiten tief in eine Mauer eingebunden. Daher kann das Stück nur einen Pilaster abgeschlossen haben. Pilaster nennt man nur wenig vor eine Mauer vortretende Mauerstreifen mit Basis und Ka­ pitell. Sie haben die Aufgabe, die Mauer zu stärken und die Wandfläche zu gliedern. Nach der korinthischen Ordnung sind über den Kapitellkern zwei Reihen von Akanthusblättern gelegt. Die Deckplatte ist mit Zahn­ schnitt und einer Rosette geziert. Inv. Nr.: 116,5. FO: Köln, unbekannt, 11 Kompositkapitell von einem Wandpfeiler Dieses Kapitell schloß einen Wandpfeiler, der in eine Raumecke eingestellt war, ab. über dem Kapitellkern ist ein Blattkranz mit Zungen muster und Perlstab gelegt. Die Deck­ platte ist mit einem großen Eierstab und einer diagonal gestellten Eckvolute verziert. Inv. Nr.: 251. FO: Köln, Nordost-Seite des Domes.

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Westseite

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Marmorverkleidete Wände Die offiziellen Gebäude des römischen Köln waren nicht nur groß und kunstvoll in Bau­ gruppen komponiert, sondern bisweilen auch mit geradezu verschwenderischem Prunk aus­ gestattet. Davon finden sich bei den Ausgra­ bungen in der Regel nur spärliche Reste, so daß sehr häufig auch Fachleute vergessen, wie groß oft der Aufwand bei den römischen Staatsbauten gewesen ist. Um wenigstens den Prunk römischer InnenAusstattung mit Marmorverkleidung anzu­ deuten, wurde an dieser Stelle eine römische Marmorinkrustation schematisch rekonstruiert. Verwendet sind dafür nur Materialien, die nachweisbar im römischen Köln verwendet waren. Es sind dies: Kaiserporphyr, Ägypti­ sche Wüste (1); Paonazetto, Synnada, West­ anatolien (2); Giallo antico, Chemtou, West­ tunesien (3); Verde antico, Thessalien (4); Ci­ pollino, Euböa (3); Porfido verde, Krokeae, Peloponnes (6); Paros, Insel Paros (7); Bianco Chiaro, Carrara (8); Rouge Royal (Rouge beige), Belgien (9); Bleu Beige, Belgien (10). So wird nicht allein der unerhörte Aufwand für die Staatsbauten deutlich, sondern auch dokumentiert, daß das römische Köln in ein funktionierendes weltweites Handelsnetz ein­ gebunden war. Inv. N r.; Pos. 59.

Insel 117 Südseite

Westseite

Kunst und Politik

Trennung von Geschossen benutzt. Die Ge­ simse schmückten nicht nur Mauern, sondern trugen entschieden zur Gliederung der Bauten bei. Inv. Nr.: 10. FO: Köln, unbekannt.

Fast alle römischen Herrscher verstanden es, Architektur und Kunst in den Dienst ihrer Po­ litik zu stellen. In Staatsbauten und Palästen stellten sie ihre Macht dar und in den Tempel­ bauten, die sie finanzierten oder förderten, de­ monstrierten sie entweder ihre enge Verbin­ dung mit den Göttern oder propagierten gar ihre eigene Göttlichkeit. Diejenigen, die in ihrem Auftrag in den Provinzen Herrschaft ausübten, eiferten ihnen darin nach. Große staatliche Baubetriebe erlaubten eine zentrale Lenkung der großen Bauvorhaben. Auch die darstellenden Künste wurden als po­ litisches Propagandamittel mit eingesetzt. Bild­ hauer lieferten die offiziellen Porträts und Statuen, andere schufen Reliefs und Bau­ schmuck, um der herrschenden Meinung sicht­ baren Ausdruck zu geben. In den Blütezeiten des römischen Köln, während des 2. und 3. Jhdts. haben aber auch vermögende Bürger zum Schmuck der Stadt beigetragen. Ihre enge Ver­ bindung mit der Staatsauffassung spiegeln die in ihrem Auftrag hergestellten Kunstwerke.

Insel 117 1 Ein Relief auf dem Bruchstück eines Säulenschaftes

Pos. 59

Das Bruchstück wird von dicken Binden um­ spannt, die zu einem Rautennetz verflochten sind. Darin hängen Schilde und Helme mit Gesichtsmasken. Solche Säulen Verzierungen waren in den gallischen und germanischen Pro­ vinzen häufig. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 146. FO: Köln, Frankenplatz.

2 Bruchstück eines Gesimses Das Bruchstück stammt von einem stark vor­ kragenden Gesims. Über einer Reihe vorge­ wölbter Blätter ist ein Eierstab (Kymation) angeordnet. Es folgt eine un verzierte Leiste (Platte) und darüber wieder eine Blattreihe als Abschluß. Ein solches Gesims schloß in der Regel die Oberkante einer Mauer ab. Auf ihm lag das Dach auf. Es wurden Gesimse aber auch zur

3 Bruchstück von einem Eckgesims Unter dem schuppen verzierten Querbalken schmiegt sich eine leicht vorgewölbte Blatt­ reihe. Das Gesims stammt von der Ecke eines Ge­ bäudes. Inv. Nr.: 475. FO: Köln, unbekannt.

4 Ein Säulenkapitell korinthischer Ordnung Über dem unteren Halsring entspringen je ein großes Mittelblatt und vier Eckblätter. Dar­ über sitzen jeweils zwei Blattbüschd, deren herausgewölbte Blattspitzen die schmale Deck­ platte tragen. Inv, Nr.: 117,1. FO: Köln, unbekannt.

5 Kapitell eines Wandpfeilers Vielfach waren die Wände von Räumen durch vorspringende Mauerstücke, die Wandpfeiler oder Lisenen, gegliedert. Einen solchen Wand­ pfeiler krönte dieses Kapitell, dessen Blätter nach der korinthischen Ordnung aufgebaut sind. Zwei übereinanderliegende Blätterreihen tragen die Deckplatte. Inv. Nr.: 23,319. FO: Köln, unbekannt.

6 Korinthisches Kapitell von einer kannelierten Säule Um den mächtigen Kapitellkelch, legen sich drei Reihen von Blattkränzen. Auf den her­ ausgeneigten Blattspitzen der oberen Reihe ruht die Deckplatte. Unter dem Halsring des Kapitells sind noch die Ansätze von Kanneluren zu erkennen. In dem Wort Kanneluren versteckt sich das la­ teinische Wort canna — Rohr. Durch die Rillen wurde der Säulenschaft ge­ gliedert, um ihn schlanker erscheinen zu lassen. Schon in der griechischen Baukunst gliederte man Säulen durch scharfkantige Rillen. In der römischen Zeit liebte man halbrunde Kanne­ luren, die durch Zwischenstege noch betont

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wurden. Während die ungegliederte Säule der Normalfall blieb, wurden die kannelierten in der Regel für bedeutende und aufwendige Ge­ bäude verwendet. Inv. Nr.: 24,178. FO: Köln, Hohe Straße.

7 Der Kampf des Herkules mit dem Löwen Von den sieben Taten des Herkules ist hier diejenige dargestellt, bei der er den Löwen bezwang. Durda diese Tat besiegte der gött­ liche Held stellvertretend für die Menschen das Böse. Die Gruppe krönte einen Grabbau. 3. Jhdt. n, Chr. Inv. Nr.: 475. FO: Köln, Severinswall. 8 Relief mit Eber und Hund Der griechische Philosoph Diogenes (+ 323 v. Chr.) lehrte das einfache Leben, Seine Schüler, die Kyniker, prägten den Spruch: „Auch von einem kleinen Hund wird oft ein Eber fest­ gehalten, und ein Schwächerer wird oft eines Stärkeren H err.“ Das Relief gehörte wahrscheinlich zu einem großen Grabplatz, wo es in einer Schranke auf gestellt war. Der Besitzer gab sich durch die Darstellung als Anhänger der Lehre des Diogenes zu erkennen. 3. Jhdt. n. Chr. Inv. N r.: 259. FO: Köln, Albertusstraße. -ααλ**αα /^

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9 Ein griechischer Philosoph

Nordseite

Das Bruchstück stellt einen griechischen Phi­ losophen dar, wie an der Buchrolle, die er hält, zu sehen ist. Der eben noch erkennbare Bart macht wahrscheinlich, daß der Bildhauer eine der griechischen Statuen des Philosophen Sokrates (470—399 v. Chr.) nachbilden woll­ te. Die Figur lehnt sich an den Rest einer Stütze, wahrscheinlich an den einer Schranke, die zu einem größeren Grabmal gehörte. 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 33,57. FO: Köln, Aachener Straße. 10 Bildnis des Philosophen Epikur Epikur von Samos (341—270 v. Chr.), dem der Spruch zugeschrieben wird: „Lebe im Ver­ borgenen“, war der Gründer einer berühmten Philosophenschule in Athen. Seine Lehre hat­ te noch bis in die Spätantike viele Anhänger. Dies bezeugen zahlreiche Kopien, die noch da­ mals nach seinem Originalbildnis hergestellt wurden. Dieses Porträt entstand im 1. Jhdt. n. Chr. Marmor. Dauerleihgabe: E. Koch, Porz-Zündorf. FO: Italien.

11 Porträt des Prinzen Valerian Π. Prinz Valerianus, Sohn des Kaisers Gallienus, starb im Jahre 258 n. Chr. Beim Aufstand des Postumus in Köln gegen Kaiser Gallienus wur­ den im Jahre 260 n. Chr. alle Inschriften und Bildnisse der kaiserlichen Familie zerstört, darunter auch dieser Marmorkopf. 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 764, Slg. Lückger. FO: Köln, Neu­ markt-Schildergasse.

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Insel 118 Südseite

Güterumschlag im Rheinhafen Der Rheinstrom war in römischer Zeit weniger eine Grenze als vielmehr ein bedeutender Ver­ kehrsweg. Den Rheingott stellte man sich, wie andere Flußgötter, bärtig und zweihömig vor. In Köln hatten schon die Ubier einen alten Rheinarm als Hafen genutzt. Im 1. Jhdt. n. Chr. bauten die Römer diesen Hafen plan­ mäßig aus. Sie faßten die ihn vom Strom tren­ nende Hafeninsel mit prächtigen Bauten, wie Ausgrabungen an der Kirche Groß. St. Martin lehrten. Der Kölner Rheinhafen diente sicher als Lagerplatz für die römische Rheinflotte, die den Wachdienst auf dem Strom zu versehen hatte. Vor allem aber war der Hafen der Platz, an den aus der Ferne die Güter gebracht, wo sie umgeschlagen und von wo auch Pro­ dukte aus Land und Stadt in andere Teile des Reiches transportiert wurden. Hier müssen an den aus Steinen und kräftigen Eichenholz­ pfählen gefügten Molen und Kais auch die Lagerplätze für Steine, Hölzer und Kalkmör­ tel gelegen haben. In Lagerhäusern stapelten die Kaufleute alle möglichen Waren, darunter die Mühlsteine vom Brohltal ebenso wie die Amphoren mit ö l und Wein. Kräne zum Beund Entladen waren vorhanden und natürlich werden auch Werften bestanden haben, in de­ nen Schiffe repariert werden konnten. Natür­ lich gab es auch Kneipen und Häuser, in denen sich die Schiffsleute amüsieren konnten. Insel 118

1 Die Maske eines bärtigen Gottes Eine rechteckige Platte ist mit einem Giebel­ dreieck abgeschlossen. Ein vollbärtiger Kopf trägt wie auch bisweilen der Gott Jupiter das Gewand über sein Haupt gezogen. Man hat diesen Kopf als das Bild eines Flußgottes ge­ deutet. Inv. Nr.: 289. FO: Köln, Am Laurenzplatz.

2 Eine Flußgottmaske Hier ist ein Flußgott als alter Mann darge­ stellt. Gleichmäßige Strähnengruppen von Haupthaar und Bart rahmen sein Gesicht. Inv. Nr.: 28,599. FO: Köln, unbekannt.

Nordseite

3 Kopf der Fortuna Zusammen mit zwei weiteren Brudistücken gehörte der Kopf zu einer Statue der Glücks­ göttin Fortuna. Im H aar trägt sie ein Stimdiadetn, in der linken Hand hielt sie ein Füll­ horn, in der rechten wahrscheinlich ein Steuer­ ruder. Zu Fortuna betete man um Erntesegen. Außer­ dem sah man sie als Beschützerin der lebens­ notwendigen Getreidetransporte auf den lan­ gen Reisen an. Inv. N r.: 53,953. FO: Köln, unter dem Rat­ haus.

4 Eine Weiheinsdirift für den Gott Apollo APOLLINI C(aius) AVREL1VS ■C(ai) ■L(ibertus) VERVS · NEGOTIATOR BRITANNICIANVS MORITEX · D(ono) · D(edit) L(oco) · D(ato) · D(ecreto) · D(ecurionum) Dem Apollo weihte (diese Inschrift) Gaius Aurelius Verus, Freigelassener (d. h. früherer Sklave) des Gaius, tätig im Britannienhandel, Moritex(?). Der Platz (für die Weihung) wur­ de vom Stadtrat angewiesen. Der griechische Gott Apollon wurde als Apollo auch von den Etruskern und Römern ver­ ehrt. Seit jeher galt Apoll als der Gott des Maßes. Das apollinische Orakel zu Delphi hatte Weltgeltung. Dessen Aussagen wie: „Er­ kenne Dich selbst“ oder „Folge dem Gott“ sind zwei im gesamten Altertum berühmte Weisungen gewesen. Als Heilgott und Spender von Weissagungen verehrten ihn die Römer. Kaiser Augustus ließ ihm auf dem Palatin zu Rom einen Tempel errichten. Die schön geschriebene Inschrift ist in eine schwarze Marmorplatte gemeißelt. Ihren Rah­ men bildet ein ausgewogen bemessenes Profil aus 3 Kehlen. Der Handel mit Britannien (England) spielte im römischen Köln eine besondere Rolle. Wie viele Händler im römischen Reich war Aurelius Verus Freigelassener; er handelte ver­ mutlich auf Rechnung seines früheren Eigen­ tümers. Was ,moritex‘ bedeutet, ist unbekannt, da das Wort nur in dieser Inschrift vorkommt. Um eine Inschrift an einem öffentlichen Platz aufzustellen oder an einem Gebäude zu be­

festigen, bedurfte es der Zustimmung des Stadtrates. CIL X III 8164 a. — Inv. Nr.: 400. FO: Köln, St. Pantaleon.

5 Helfer aus der Seenot Die Helden Kastor und Pollux waren nach der griechischen Sage Söhne des Gottes Zeus aus einer Verbindung mit Leda. Die göttlichen Zwillinge werden immer mit Pferden dargestellt. Dieses Relief zeigt einen der beiden Dioskuren mit seinem Pferd. Kastor und Pollux wurden als Helfer in der Schlacht und in Seenot angerufen. Inv. Nr.: 686. FO: Köln, Brühler Straße.

chen, um Baumaterial für Neubauten in der Stadt zu gewinnen. Solche Pfähle sind auch für die Hafenkais verwendet worden. Die Stämme wurden ent­ weder in den Wäldern um Köln oder in der weiteren Umgebung geschlagen und vielfach auf dem Rhein nach Köln transportiert. Hier hat man sie dann mit der Säge und mit Beilen zugerichtet. Inv. Nr.: 118,2—6. FO: Köln, im Rhein.

9 Bruchstück eines Grabdenkmals für einen Untersteuermann

Diese drei Kugelgewichte stammen von einer römischen Standwaage. Standwaagen wurden in Häfen und auf den Großmärkten ge­ braucht. Inv. Nr.: 773, 774 und 118,8. FO: Köln, Mühlengasse.

Das Denkmal hat die Form eines einfachen quadratischen Pfeilers. Im oberen Teil ist noch das Bildnis des Verstorbenen erhalten. Wahr­ scheinlich gehörte er einer Vereinigung von Untersteuerleuten an. Im unteren Teil ist dieser Stein wie der rechts daneben stehende zu ergänzen. Inv. Nr.: 161. FO: Köln, östlich der Peter­ straße, gegenüber dem Beginn der Lungen­ gasse, im Garten des Bürgerhospitals.

7 Ein Eichenholzpfahl mit Eisenschuh

10 Grabdenkmal des Matrosen Aemilius

Alle Eichenholzpfähle, die für Fundament­ roste oder Kaianlagen verwendet wurden, wa­ ren am unteren Ende spitz zugeschlagen. Über diese Spitzen wurden schwere eiserne Pfahl­ schuhe gezogen. So konnten die Pfähle mit Rammen fest im Boden verankert werden. Dieser Pfahl wurde nach der Ausgrabung ein wenig geglättet, so daß seine „römische Ober­ fläche“ nicht mehr erhalten ist. Dadurch kann man aber gut erkennen, daß das Holz unter dem fließenden Wasser sich bis heute noch voll und fest erhalten hat. Inv. N r.: 118,7. FO: Köln, aus dem Rhein.

AEMILIO SAE N I · F(ilio) · MIL(iti) - EX CLASSE G(ermanica) · P(ia) · F(ideli) · PL(eromate) · EVHODI · N(auarchi) · CI VI DVMNONIO · AN(norum) - - Für Aemilius, Sohn des Saenus, Soldat der Flotte Gemanica pia fidelis, aus der Besatzung des Kapitäns Euhodius, vom Stamm der Dumnonii, der m it----Jahren (starb) 2. Jhdt. n. Chr. Die Inschrift wird von einem schlichten Pro­ fil gerahmt. Den oberen Abschluß des Steines bildet ein mit Rosetten gezierter Giebel. Die Dumnonii lebten im südwestlichen Eng­ land und zwar in Cornwall und Devon. Aemilius war Matrose der römischen Rheinflotte in Köln-Alteburg. NL 216. — Inv. N r.: 50,315. FO: Köln, Kreuzgang von St. Severin.

6 Drei Kugelgewichte

8 Eine Reihe von Eichenholzpfählen Diese Pfähle sind einige wenige von einer gro­ ßen Menge, die bei Niedrigwasser aus dem Rhein geborgen wurden. Sie gehörten zu dem Fundamentrost einer Brücke, die zur Zeit Con­ stantins d. Gr. im Jahre 310 n. Chr. über den Rhein geschlagen wurde, um die römische Stadt Köln mit dem römischen Militärlager Divitia-Deutz zu verbinden. Teile dieser Brücke bestanden noch im 10. Jhdt. Damals ließ der Kölner Erzbischof Bruno sie abbre­

11 Grabdenkmal eines Untersteuermannes DasGrabdenkmal hat dieForm eines einfachen quadratischen Pfeilers. Im oberen Teil befindet sich in einer Nische das Bildnis des Verstorbe­ nen. Er trägt die Tracht eines römischen Bürgers. 219

Die Weiheinschrift steht auf einem kleinen Altar. Er ahmt die Form seines großen Altares nach. An seiner Oberkante sind noch die Reste der beiden seitlichen Polster zu erkennen. Die Göttin erfreute sich in der römischen Kaiserzeit größter Beliebtheit, da sie sehr wandlungsfähig war. Kollegien, Truppenkör­ per, Familien besaßen zu ihrem Schutz eigene Fortunae, die Frauen verehrten die Fortuna Muliebris und am 1, April die Fortuna Virilis, die sie baten, ihnen bei ihren Männern Glück zu bringen. CIL X III 8181. — Inv. N r.: 362. FO: Köln, Kupfergasse.

19 Eine Weihung an die Göttin Fortuna mit zwei Inschriften Insel 118 Ostseite

Das Relief zeigt im unteren Teil ein Vorschiff mit seinen Aufbauten. Auf dem Vorschiff hatte der für den Ausguck verantwortliche Unter­ steuermann seinen Platz. Inv. N.: 184. FO: Köln, östlich der Peter­ straße, gegenüber dem Beginn der Lungen­ gasse, im Garten des Bürgerhospitals.

12 Grabdenkmal des Steuermanns Horus HÖR VS · PABEC I · F(ilius) · PRORETA · AI EXSANDRIN VS · EX CLASSE ANN(orum) · LX · MILIT AVIT · ANN(os) — Horus, Sohn des Pabecus, aus Alexandria, Un­ tersteuermann bei der Flotte. Er lebte 60 Jah­ re, d a v o n ----Dienst) ahre. 1. Jhdt. n. Chr. Die Inschrift wird von einem einfachen Profil gerahmt. Den oberen Abschluß des Steines bildet ein mit Rosetten und Blattwerk ge­ zierter Giebel. Im 1. Jhdt. dienten zahlreiche Ägypter und Kleinasiaten in der Rheinflotte, wie hier Horus, dessen Name seine Herkunft aus Ägypten sicher macht. CIK X III 8322. — Inv. Nr.: 5. FO: Köln, bei St. Ursula.

13 Eine Flußgottmaske Die Maske meint einen Flußgott, vielleicht den Rhein. Flußgötter stellte man sich oft bärtig vor. Die Strähnen des Haupthaares und des Bartes erscheinen wie von Wasser triefend. Inv. Nr.: 379. FO: Köln, Gereonskloster.

14 Eia Weiherelief für Quellnymphen Das Bruchstück läßt drei weibliche Gestalten erkennen, die Schöpfgefäße in den Händen halten. So werden Quellnymphen charakteri­ siert. Sie wohnen an Flüssen und sorgen für gutes Wasser in ausreichender Menge. Die drei Quellnymphen setzen deshalb auch jeweils den Fuß auf eine Maske, die einen Flußgott darstellt. Während die äußeren bärti­ gen Flußgötter älter sind, ist der mittlere bart­ lose ein junger Gott. Inv. Nr.: 118,1. FO: KÖln-Deutz, Aus einem Fundament des römischen Lagers Divitia. 220

15 Ein Weihestein für eine Matrone Erhalten ist nur ein Bruchstück. In einer Nische thront auf einem Sessel die Göttin. Ihr Gewand ist nach Art der Tracht der Ubierinnen mit einer langen Spange vor der Brust geschlossen. Auf dem Schoß hält sie ei­ nen Korb mit einem Opferkuchen. Rechts ne­ ben ihr liegt ein Hund, der zu ihr aufblickt. Wahrscheinlich ist die dargestellte Göttin die Göttin Nehalennia. Diese einheimische Gott­ heit, die wie eine Muttergöttin gewandet ist, galt als Patronin der Seefahrt. Ihr waren Hei­ ligtümer an der niederländischen Küste ge­ weiht, wo auch viele Kölner Kaufleute, die mit Britannien Handel trieben, ihr aus Dank­ barkeit Weihesteine stifteten. Inv. Nr.: 620. FO: Köln, Hohe Straße 58.

Vorderseite: FORTVNAE DACCI(us) SABI(nus) V(otum) S(oluit) L(ibens) M(erito) Rückseite: FORTVN AE Q(uintus) · DACCI VS SABINVS V(otum) · S(oluit) -L(ibens) · M(erito) Für Fortuna weihte (diesen Altar) Quintus Daccius Sabinus in froher Dankbarkeit auf­ grund eines Gelübdes. Die Inschriften stehen auf einem kleinen Altar, der die Form eines großen Altares nachahmt. Zwischen den Polstern befindet sich eine kleine Opferschale. XIL X III 8182. — Inv. Nr.: 457. FO: Köln, Appellhofplatz.

20 Eine Weihinschrift für die Göttin Apadeva

16 Das Bruchstück eines Kopfes

DEAE

Dieser in Dreiviertelrelief gegebene Kopf war vermutlich an der Ecke einer Altarplatte an­ gebracht. Er stellt entweder den Hirtengott Pan oder einen Seekentaur dar. Inv. Nr.: 69,2. FO: Köln, an der Westseite des Domes in einem Brunnen.

APADEVAE T(itus) · VER(inius) · Sene(cio) L(ibens) · M(erito) Die Göttin Apadeva (weihte diesen Altar) in froher Dankbarkeit Titus Verinius Senecio. Die Inschrift steht auf einem Altar, der die Form eines großen Altares nachahmt. Den Giebel ziert Blattschmuck. An den Seiten sind Polster angedeutet. In die obere Seite ist eine flache Opferschale eingetieft. Die sonst unbekannte Apadeva ist sicher eine keltische Gottheit. NL 206. — Inv. Nr. 52,87. FO: Köln, Unter Sachsenhausen 17—19.

17 Eine thronende Muttergöttin Von einem Weihestein an eine Matrone ist nur das obere Stück mit dem Relief erhalten. In einer Nische sitzt eine göttliche Frau. Sie hält in beiden Händen Gegenstände, vielleicht Schalen. Am Halse trägt sie eine Kapsel (bulla). Händler, Schiffer und Seefahrer erflehten von den Muttergöttinnen Schutz und Hilfe für gute Geschäfte und glückliche Fahrt. Ihren Dank statteten sie durch die Stiftung von Weihesteinen ab. Inv. Nr.: 314. FO: Köln (?), ehern. Slg. Blanckenheim.

18 Eine Weihung an die Göttin Fortuna FORTVNAE SACRVM ATTIVS FIRMVS EX visV Der Fortuna geweiht. Attius Firmus (errichtete diesen Altar), da sie ihm im Traum erschienen war.

21 Die Göttin Fortuna Fortuna, die Göttin des Glücks, trohnt auf einer Bank. In der rechten Hand hält sie einen Apfel (?), in der linken ein Füllhorn. Rechts und links steht je ein Opferdiener in römischer Bürgertracht, Ebenso wie die griechische Göttin des glück­ lichen Zufalls, Tyche, hielt die römische Göttin Fortuna ihre schützende Hand über den über­ seeischen Handelsverkehr, von dem in römi­ scher Zeit vor allem die Versorgung der Be­ völkerung mit Getreide abhängig war. Inv. Nr.: 175. FO: Köln, unbekannt.

22

Eine thronende Göttin

Auf einer Bank thront eine Göttin. In der rechten Hand hält sie eine Spendeschale in Ge­ stalt einer Muschel. Ihr Gewand weist sie als eine Muttergottheit aus. Inv. Nr.: 197. FO: Köln, Im Garten Burg­ mauer 17.

23 Bruchstück eines Steines mit einem Elefanten Im flachen Relief ist ein Elefant dargestellt. Schon Alexander d. Gr. benutzte Elefanten im Kampf. Der afrikanische Feldherr Hanni­ bal setzte sie im Jahre 217 v. Chr. bei den Kämpfen gegen die Römer in der Poebene ein. Vielfach zogen Elefanten-Viergespanne bei feierlichen Anlässen den Wagen des Kaisers. Dabei war die Absicht im Spiel, den jeweiligen Kaiser in die Nähe Alexander d. Gr. zu rükken. Bisweilen werden Elefanten, wie heute noch in Indien, auch zum Transport schwerer Lasten eingesetzt worden sein. Inv. Nr.: 309. FO: Köln, unbekannt.

Römischer Reisekomfort Die Grundlagen des römischen Weltreiches waren in den Jahrhunderten seiner Blüte eine straffe Zen trai Verwaltung und eine jederzeit einsatzbereite Armee. Die Erschließung des ge­ samten Reiches durch ein solides Straßennetz war vorbildlich. Straßenbaukommandos hiel­ ten das Verkehrsnetz in Ordnung, Wegestatio­ nen boten Sicherung und waren als Anlauf­ punkte für Kuriere unentbehrlich. Die Möglichkeit, sich schnell von Ort zu Ort bewegen zu können, war bei der Größe des Reiches eine unerläßliche Voraussetzung für das Funktionieren von Herrschaft, militäri­ scher Sicherheit, Verwaltung, Handel und Gewerbe, aber auch für die Reisen von Privat­ leuten. Hier kam dem Verkehr mit Reisewa­ gen außerordentliche Bedeutung zu. Insel 119

Rekonstruktion eines römischen Reisewagens Nach den erhaltenen Eisen- und Bronzebe­ schlägen ließ sich dieser Reisewagen rekon­ struieren. Bemerkenswert ist die Aufhängung der Karosserie mit Lederriemen an vier seit­ lichen Tragstützen. Sie dient der Federung des Wagens. Die Vorderachse ist drehbar und mit den beiden vorderen Tragstützen starr verbunden. Die Bronzebeschläge sind ungewöhnlich reich gestaltet. Beispielsweise sind die Aufhänger für das Riemenwerk als kleine Victoriafiguren ausgebildet. Inv. N r.: 44,7—44,148. FO: Wardatal (Grie­ chenland). 221

Kunst und Luxus Handel und Gewerbe haben in erstaunlich kurzer Zeit manche Leute im römischen Köln vermögend gemacht. Im Vorfeld der Stadt entstanden größere Gewerbebetriebe, Manu­ fakturen, noch weiter draußen ein Kranz gro­ ßer Gutshöfe, von denen aus intensiv Land­ wirtschaft betrieben wurde. In der Stadt selbst ersetzte man die einstmals bescheidenen „Rei­ henhäuser“ der pensionierten Soldaten, der Veteranen, bisweilen durch ausgedehnte Wohnpaläste. Einzelne besaßen nun die Mittel, über den normalen Bedarf hinaus ihre Häuser nach der herrschenden Mode der Zeit mit Prunk und Luxus auszustatten. Seit der Mitte des 2. Jhdts. fanden zunehmend Werkstätten, die Malereien und Mosaiken herstellten, zahlungs­ kräftige Kunden. Eine besondere Blüte aber erlebte das römische Köln mitten in einer Zeit der größten Krise. Als nämlich um die Mitte des 3. Jhdts. alle Grenzen des Reiches durch Aufstände oder Barbareneinfälle bedroht wa­ ren, griff am Rhein Kaiser Gallienus persönlich ein und machte Köln im Jahre 257 n. Chr. vorübergehend zu seiner Residenz. Damals lernten die Bürger in dieser Stadt den Glanz des kaiserlichen Hofes kennen. Mit der kaiser­ lichen Familie kamen Beamte, Garden und auda wohl Philosophen. Damals entstand das Kölner Philosophen-Mosaik. Eine letzte Blüte erlebte das römische Köln um die Mitte des 4. Jhdts. Nachdem es dem Kron­ prinzen Julian gelungen war, die niederger­ manische Provinz noch einmal politisch zu fe­ stigen, profitierte Köln von dem neuen Auf­ schwung. Großbauten wie das Praetorium ent­ standen neu, aber auch der herrliche Grabbau an der Stelle von St. Gereon, der als einziger von allen römischen Bauten in Köln wirklich stadtrömischer Architektur ebenbürtig war, wurde damals errichtet. Insel 120

Römische Wandmalereien aus den Ausgrabungen südlich des Kölner Domes Die rings um das Philosophenmosaik aufge­ stellten Wandbilder stammen größtenteils aus einem besonders prunkvollen Raum südlich des Dom-Südturms. Es sind Wände von zwei­ mal acht und einmal 4,10 m eines längsrechteckigen Raumes. 222

Insel 120

Zwar sind die Malereien nur in Fragmenten gefunden worden und keine Wand war voll­ ständig, doch ließ sich aus den zusammen­ setzbaren Teilen das Aussehen der ganzen Wände in voller Höhe von 2,70 m erschlie­ ßen. Die Malerei entspricht der für die nord­ westlichen Provinzen des römischen Reiches typischen Dekoration mit sog. Schirmkande­ labern als gliedernde Vertikalfelder und oberem, gleichfalls schwarzgrundigem, figür­ lich verziertem Fries. Bezeichnend ist ferner der niedere Stxkelfries — hier in einzelne Felder gegliedert — der aus der Tradition pompejanischer Wandmale­ rei stammt. Die figürliche Dekoration ist frei aus einem feststehenden Repertoire ausgewählt und in das Gliederungsgerüst nach dem Wunsch des Auftraggebers eingefügt. In diesem Fall sind es großenteils Figuren und Szenen, die mit dem Weingott Bacchus Zusammenhängen. Vielleicht entspricht die Thematik der Be­ nutzung des Raumes als Speisezimmer. Inv.N r.: 120,1—3.FO:Köln, Dom/Südplatz.

Das Kölner Philosophen-Mosaik Die Darstellung der „Sieben Weisen“. Sie weicht ab von der in der Antike üblichen Aufstellung (Thales, Bias, Cheilon, Myson, Pittakos, Solon, Kleobulos).

Hier erscheinen nämlich: in der Mitte: Diogenes in der Tonne, kynischer Philosoph (* 323 v. Chr.) links vom: Kleobulos von Lindos auf Rhodos, Seeherrscher (6. Jhdt. v. Chr.) links Mitte; Sokrates von Athen, Schöpfer der praktischen Tugendlehre (* 399 v. Chr.) rechts hinten: Cheilon von Sparta, Staatsmann (6. Jhdt. v. Chr.) rechts vorn: Sophokles, Meister der attischen Tragödie (* 406 v. Chr.) Bei der Entdeckung des Mosaiks im Jahre 1844 fehlten zwei Bildfelder. Sie ergänzte nach 1850 der Maler J, J. Ramboux, und zwar links hinten: Platon (* 347 v. Chr.) Philosoph und Metaphysiker rechts Mitte: Aristoteles (* 322 v. Chr.), grie­ chischer Philosoph und Naturwissenschaftler. Der Künstler führt in seiner Darstellung die „Sieben Weisen“ unter dem Vorsitz des Dio­ genes, der das bedürfnislose Leben lehrte, zu einem Gastmahl zusammen. Vielleicht schmückte dieses Mosaik den Boden einer kynischen Philosophenschule. Inv. N r.: M 1. FO: Köln, Garten des Bürger­ hospitals.

Kulturbetrieb Mit Kultur lassen sich die allgemeinen Lebens­ formen einer Bevölkerung umschreiben. Kultur hüteten in römischer Zeit die Priesterschaften. Sie vollzogen nicht nur die KultZeremonien in den Opfern an die Götter, sie waren auch die Hüter der Glaubenstraditio­ nen. Die Priester hielten schon damals darauf, daß neue Glaubensvorstellungen mit den alten zusammengebunden wurden. Kultur äußerte sich aber auch in Wissenschaf­ ten, in der Dichtung und in bildender Kunst. Bei der kleinen Schicht wirklich Gebildeter äußerte sich Kultur vor allem in der Verbin­ dung mit der älteren griechischen Kunst. Hier suchte man Anknüpfungspunkte, und der star­ ken Bildung einzelner verdankt das spatere Europa die Erhaltung bedeutender griechischer Werke. Kultur der Allgemeinheit aber äußerte sich vornehmlich in den Sitten und Gebräuchen. Sie fand Ausdruck in den Vergnügungen, beson­ ders in den öffentlichen Spielen, sei es im Theater oder vor allem in den Arenen und Amphitheatern. Helden der Masse waren — wie heute die Sportler oder Showstars — vor allem die Gladiatoren, die in den Wettkämp­ fen auch vor dem Einsatz ihres Lebens nicht schreckten. Insel 121 1 Grabstein für zwei Gladiatoren AQVILO C(ai) ET M(arci) · VERSVLATI um - L(ibertus) · H(ic) - S(itus) ■EST · P(atroni) ■F(aciundum) C(uraverunt) ET ■MVRANO ■L(iberto) Aquilo, früherer Sklave des Gaius und des Marcus Versulatius, liegt hier begraben. Seine früheren Herrn ließen ihm den Grabstein er­ richten — und für ihren Freigelassenen Mura­ nus. 1. Hälfte 1. Jhdt. n. Chr. Der Sklave Aquilo war wohl nach einer Reihe gewonnener Kämpfe von seinem Herrn frei­ gelassen worden. Vielleicht hatte ihn sein Herr auch zu Kämpfen vermietet und daran gut verdient. Viele Gladiatoren waren Sklaven. Doch gab es auch Amateure, die freiwillig in die Arena gingen. Oft waren aber auch verurteilte Ver­ brecher als Wettkämpfer tätig. Für den Zweikampf der Gladiatoren gab es Spielregeln, die beachtet werden mußten. So kämpft hier ein Leichtbewaffneter (Thrax) mit kleinem Schild und Krummdolch gegen einen Schwerbewaffneten mit großem Schild und Langschwert. NL 222. — Inv. Nr.: 39,8. FO: Köln, Ulmen­ allee.

2 Zwei Kissenrollen von einem Altar In den Heiligtümern standen Altäre für die Opfer. Von einem solchen Altar stammen diese beiden Kissenrollen (Pulvinare), die den Altartisch an den Seiten schmückten und zu­ gleich die Opferfläche rahmten. Die vorderen Seiten sind mit Göttermasken geschmückt. Inv. Nr.: 121,2. FO: Köln, unbekannt.

Insel 121 Ostseite 3 Ein Altar für Diana DEANAE SACRVM A(ulus) ■TITIVS ■C(ai) · F(ilius) POM(ptina) · SEVER VS · ARRETIO 7 (centurio) · LEG(ionis) · VI · VlC(tricis) · P(iae) · F(idelis) IDEMQVE · VIVARI VM SAEPSIT Geweiht der Diana. Aulus Titius, Sohn des Gaius, aus dem Stimmbezirk Pomptina, ge­ bürtig aus Arezzo, Centurio der 6. Legion Victrix Pia Fidelis (setzte diesen Altar) und zäunte das Tiergehege ein. Zwischen 90—120 n. Chr. Mit dem hier erwähnten Tiergehege (Viva­ rium) kann nur dasjenige des Kölner Amphi­ theaters gemeint sein. In solchen Gehegen wur­ den die wilden Tiere, in Köln sicher meist Bären, nach dem Fang bis zum Tag der Spiele in Käfigen gehalten. Die Inschrift überliefert, daß Aulus Titius einen neuen Zaun aus seinen Mitteln für das Gehege finanziert hat. Trachyt vom Drachenfels. CIL X III 8174. — Inv. Nr.: 364. FO: Köln, Auf der Burgmauer.

4 Der Kölner Hesione Sarkophag D(is) M(anibus) C(aio) · SEVERINIO · VITEALI · VETERANO HONESTE MISSIONIS ■EX B(ene) F(iciario) CO(n)S(ularis) LEG(ionis) · XXX · V(lpiae) · V(ictricis) · SEVÈRINIA · SEVERIN A FILIA ■PATRI · RARISSIMO · ADSEREN TE ■VITALINÏO · HILARIONE · LIBERTO FACIVNDVM · CVRAVIT Den Totengöttern. Für Gaius Severinius Vita­ lis, ehrenvoll verabschiedeten Soldaten der 30. Legion Ulpia Victrix. (Sein letzter Dienst­ rang war) Beneficiarius des Statthalters. Seine Tochter Severinia Severina ließ (diesen Sar­ kophag) ihrem lieben Vater unter Mithilfe des Freigelassenen Vitalinius Hilario anferti­ gen (und aufstellen). Severinius Vitalis (durch einen Schreibfehler des Steinmetzen entstand ,ViteaIiJ) war von seiner Legion in Xanten zum Dienst beim Statthalter in Köln abkommandiert worden und nach seiner Verabschiedung hier geblieben. 1. Hälfte 2. Jhdt. n. Chr. Für das Bildprogramm dieses Steinsarges wur­ de auf griechische Sagen zurückgegriffen. Im

einzelnen sind folgende Begebenheiten dar­ gestellt: Auf der Frontseite links befreit der Held Herakles die Tochter des Troerkönigs Laome­ don, die an einen Felsen geschmiedet, von einem Meerungeheuer bewacht wird und um den Gott Poseidon zu versöhnen, sterben sollte. Auf der Frontseite rechts ist der Streit zwischen Herakles und dem Gott Apoll um den Drei­ fuß aus dem Heiligtum von Delphi dargestellt. Auf der linken Schmalseite sind Teilnehme­ rinnen (Bacchantinnen) aus dem Gefolge des Gottes Bacchus vorgestellt. Auf der rechten Schmalseite tötet schließlich der Königssohn Theseus aus Theben den Minotaurus, ein Un­ geheuer mit Menschenleib und Stierkopf. Solche Begebenheiten aus der Sage gehörten zum Bildungsgut der römischen Zeit. Diese Themen waren aber auch in der römischen Grabsymbolik üblich. CIL X III 8293. — Inv. N r.: 70. FO: Köln, Am 'Weidenbach.

5 Bruchstück eines großen Grabdenkmals Erhalten blieben allein die Oberkörper dreier großer in Relief aus einem roten Sandstein ge­ arbeiteter Figuren. Zwei Männer rahmen eine Frau. Die Frau legt die Hand auf die Schulter des links von ihr stehenden Mannes und gibt sich so als seine Ehefrau zu erkennen. Ihr Mann trägt ein Ge­ wand mit roten Randstreifen, die Toga praetexta, die nur hohe Beamte des Staates tragen durften. Die Personen gehören also zum Denkmal einer vornehmen Familie. Gebildet waren in römischer Zeit aber nicht nur vor­ nehme Leute, sondern häufiger noch Sklaven, die als Lehrer, Ärzte und Anwälte tätig sein konnten. Inv. Nr.: 446. FO: Köln, im Rhein.

6 Grabdenkmal für den Flötenspieler Ruphus MEMORIAE RVPHI · NATIONE · GRECO MYLASEI · CHORAVLE QVI VIXIT ■ANNOS XVI · DIONYSIOS ASCLEPIADES · NATI ONE · ALEXANDRI NVS · PARENS ■ITEM ATHENEVS · BENEMe RENTI · DE SVo Zur Erinnerung ! an Ruphus, geborenen Grie­ chen / aus Mylasa, Chorflötisten, / der 16 Jah­ re lebte, (setzte diesen Stein) Dionysios ! Asclepiades, sein Vater, geboren in Alexan223

dria / und auch Bürger von / Athen seinem lieben / Sohn auf eigene Kosten. Wohl 2. Jhdt. n. Chr. Ruphus stammte aus einer weitgereisten griechischen Künstlerfamilie. Der im ägypti­ schen Alexandria geborene Vater hatte in Athen das städtische Bürgerrecht erworben. Vielleicht erlangte Ruphus durch seine Mutter das Bürgerrecht von Mylasa (West-Türkei). Auf seine griechische Herkunft blieb er stolz, wie die Schreibung seines Namens Ruphus statt Rufus lehrt. Als Chorflötist begleitete er im Theater auf der Doppelflöte. Es ist möglich, daß er bei einem Gastspiel in Köln starb, er sich also nicht für die Dauer in Köln niedergelassen hatte. CIL X III 8343. — Inv. Nr.: 655. FO: Köln, Antwerpener Straße. 7 Ein Altar für die Göttin Diana dEANAE ■SACR(um) q(umtus) TARQVITIVS q(uinti) F(ilius) ■CAMELIA · RESTl(t)V tuS PISAVRO 7 (centurio) LEG(ionis) i m(inerviae) P(iae) F(idelis) INTRA MEN ses SEX CAPTIS urSIS · N(umero) · L ■V(otum) S(oluit) L(ibens) M(erito) Der Diana geweiht. Quintus Tarquitius Restitutus, Sohn des Quintus, aus dem Bür­ gerbezirk Camilla, gebürtig in Pésaro, Cen­ turio der 1. Legion Minervia Pia Fidelis, er­ füllte sein Gelübde dankbar und gern, da er in sechs Monaten 50 Bären gefangen hatte, 1. Hälfte 2. Jhdt. n. Chr. Diana war die Göttin der Jagd. Ihr dankte daher mit diesem Weihestein Restitutus, der von seiner Legion abgestellt war, um Tiere für die Spiele in der Arena oder im Amphi­ theater einzufangen. Bis zum Beginn der Spie­ le wurden sie in Käfigen (Vivaria) gehalten. CIL X III 12048. — Inv. Nr.: 668. FO: Köln, an der Südwestecke des Domes.

8 Bruchstück eines Reliefs Dargestellt sind kleine laufende Figuren, die von einer größeren bedroht oder geschützt zu werden scheinen. Es ist fraglich, ob es sich um einen Prozessions­ zug handelt oder der Tod der Kinder der Niobe gemeint ist. Die Kinder der thebanischen Königin Niobe, die sieben Söhne und sieben Töchter geboren hatte und sich dessen rühmte, wurden von Apoll und Artemis durch Pfeile getötet, um die Mutter zu strafen. Niobe selbst, die ihre 224

Kinder schützen wollte, erstarrte nach der Sage zu Stein. Inv. Nr.: 337. FO: Köln, An der Nordseite des Domes.

9 Opfer an einen Gott Nur Bruchstücke sind von diesem Weihestein (?) erhalten. Zu erkennen ist aber, wie um einen Altar opfernde und betende Menschen versammelt sind. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 202. FO: Köln, Appellhofplatz. 10 Sockel mit Opf erdarstellung Die Schauseite des Sockels zeigt, wie ein zum Opfer bestimmtes Schwein der Opfergesell­ schaft zugeführt wird. Auf den Seitenflächen sind Opfergaben dargestellt. Teils stehen sie auf dem Boden, teils sind sie auf Tischen aus­ gebreitet. 2. Jhdt. n. Chr. inv. Nr.: 544. FO: Köln, Ankauf.

11 Grabdenkmal für den Flötisten Sidonius und den Stenographen Xantias HOC HOC SEPVLCRVM RESPICE QVI CARMEN ET MVSAS AMAS ET NOSTRA COMMVNI LEGE LACriMANDA TITVLO NOMINA NAM NOBIS PVERIS SIMVL ARS VARIA PAR AETAS ERAT EGO CONSONANTI F IST VLA SIDONIVS ACRIS PERSTREPENS HOC CARMEN HAEC ARA H IC CINIs PVERI SEPVLCRVM EST XANTlAe QVI MORTE ACERBA RAPTVS ESt IAM DOCTVS IN COMPENDIA TOT LITERARVM ET NOMINVM NOTARE CVRRENTI STILO QVO(t) LINGVA CVRRENS DICEREt IAM NEMO SVPERARET LEGENs IAM VOCE ERILI COEPERAT AD OMNE DICTATVM VOLANS AVREM VOCARI A(d) PROXIMAM HEV MORTE PROPERA CONCIDIT ARCANA QVI SOLVS SVI SCITVRVS DOM INI FVIT Dieses, dieses Grab sieh an, / der Du das Lied und die Künste liebst, / und lies unsere be­ klagenswerten Namen / auf dem gemeinsamen Grabstein. / Denn uns beiden jungen Sklaven / war das Alter gleich, die Kunst verschieden. / Ich bin Sidonius, der laut und in hohen ! Tönen auf der Doppelflöte blies. Dieses Grabgedicht, dieser Grabaltar, diese Asche ist das Grab des Sklaven Xantias, der durch jähen Tod hinweggerafft wurde. Er war

bereits geschult, so viele Kürzel von Buchstaben und Namen mit eilendem Schreibstift aufzu­ schreiben, wie viele auch eilige Sprache hervor­ bringen konnte. Schon übertraf ihn niemand im Vorlesen. Schon begann er, auf die Stimme seines Herrn zu jeglichem Diktat eilend, zum nächsten Vortrag gerufen zu werden. Ach, durch frühen Tod sank er dahin, der als einzi­ ger die Geheimnisse seines Herrn wissen sollte. Wohl 2./3. Jhdt. n. Chr. Ihr Herr hatte seine beiden Sklaven gründlich ausbilden lassen. Das war keine Seltenheit und es lohnte sich auch für den Herrn, da er einen großen Teil ihrer Einnahmen erhielt. Sklaven konnten deshalb eine gute Kapitalanlage sein. Sidonius trat als Flötenbläser nicht nur bei Festlichkeiten, sondern wohl auch bei offiziel­ len Feiern, etwa bei Opfern, auf. Der Steno­ graph Xantias diente seinem Herrn als Ge­ heimsekretär. Den Grabstein setzte der Herr. Die Inschrift bezeugt, daß ihm die beiden jungen Männer ans Herz gewachsen waren, vor allem Xantias. CIL X III 8355. — Inv. Nr.: 29,312. FO: Köln, St. Ursula. 12 Fragment einer Maske Das stark beschädigte Gesicht stellt eine Tragödien-Maske mit hoher Perücke dar. Die Maske diente als Schmuck eines Grabdenkmals oder war als ein einfaches Dekorationsstück an einem Gebäude verwendet. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv, N r.: 23,14. FO: Köln, Bonner Straße.

13 Porträtbüste des Kaisers Hadrian (?) Der Marmorkopf zeigt mit einiger Sicherheit die Züge des römischen Kaisers Hadrian (117—138 n. Chr.), der einen ausrasierten Trauerbart trägt. Wahrscheinlich wurde die qualitätsvolle Büste nicht in Köln, sondern in einer stadtrömischen Werkstatt hergestellt. 2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 49,6. FO: Köln, Neumarkt.

14 Maskenaufsatz Das sorgfältig gearbeitete Frauengesicht ist eine der üblichen Tragödien-Masken. Die hohe Perücke überragt das Gesicht. Diese Maske ist ein kennzeichnendes Beispiel für die Art, wie in der römischen Kunst Werke der grie­ chischen in bloße Dekorationsstücke umge­ wandelt wurden. Die Maske diente zum Schmuck eines Hauses oder eines Grabdenk­ mals. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 654. FO: Köln, Bonner Straße (?).

15 Marmorkopf der Göttin Aphrodite Dieser Kopf der Göttin Aphrodite ist die Kopie eines Werks aus dem Umkreis des griechischen Bildhauers Praxiteles, der um die Mitte des 4. Jhdts. v. Chr. auch die berühmte Aphrodite von Knidos schuf. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 121,1. FO: Köln, Ankauf.

16 Maskenartiger Kopf Das grobkantig geschnittene Stück kennzeich­ net ein lachendes Gesicht mit tief ausgehöhlten Augen. Solche bestimmte Stimmungen in Mas­ kenform darstellende Gesichter wurden an Bauten als Dekorationsstücke verwendet. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 639. FO: Köln, Aachener Straße.

17 Marmor-Torso des Meleager Es handelt sich um die verkleinerte Nachbil­ dung einer griechischen Statue des 4. Jhdts. v. Chr. Der Jäger Meleager war nach der griechischen Sage ein Sohn des Königs Oineus von Kalydon. Er erlegte einen von der Göttin Artemis zur Strafe nach Kalydonien geschickten Eber. In einem Streit um das Fell des Ebers erschlug Meleager seine beiden Onkel. Die kalydonische Jagd wurde ein beliebtes Thema der griechischen und römischen Kunst. 1./2. Jhdt. n, Chr. Inv. Nr.: 549. FO: Köln, Domhof.

18 Bruchstück eines Totenmahlreliefs Von diesem großen Grabstein blieb nur das Relief erhalten. Ein Mann liegt auf einem Speisesofa mit hoher Rückenlehne und trinkt. Obschon das Relief den Verstorbenen im To­ tenreich zeigen soll, kann die Darstellung auch die Eßkultur der römischen Zeit veranschau­ lichen. Wiedergegeben ist dabei die Art des Trinkens und Essens, wie sie in gehobenen Kreisen geübt wurde. Aussehen und Kleidung spiegeln gepflegtes Äußeres und vornehme Lebensgewohnheit. 1./2. Jhdt. n, Chr. Inv. Nr.: 102. FO: Köln, St. Severin.

Ostseite liegend

20 Ein Grabdenkmal für einen Gladiatorentrainer D(is) M(anibus) GER{manio ?) ■VICTO RI DOCT(ori) · GL(adiatorum) ..................... PATER ---------------- COI V VX Den Totengöttern. Für Germanius Victor, Gladiatorentrainer - ...................(setzte die­ sen Stein)----- die Ehefrau. 2. Jhdt. n. Chr. (?) Gladiatoren wurden wie heute manche Sport­ ler von Berufstrainern für die verschiedenen Kampfarten und Waffengattungen ausgebildet und auf die einzelnen Wettkämpfe vorberei­ tet. Sie lebten gemeinsam, bisweilen gar kaser­ niert. Ihre Ernährung wurde so zusammenge­ stellt, daß sie die Muskeln kräftigte. Auch darüber wachten die Trainer. Inv.Nr.: 58,602. FO: Köln, Severinstraße212,

21 Das Kölner Gladiatorenmosaik Das Bruchstück dieses Mosaiks wurde in einem römischen Haus gefunden. An der rechten Sei­ te stehen Zuschauer auf den Rängen eines Amphitheaters. Links unten sind Gladiatoren in der Arena dargestellt. Beischriften erläutern die Darstellung und zwar: CAV(EA) — Sitzreihen und ROSSTV ADVENTVS — Rosstus greift an sowie ANCITATVS AD(venit?) — Ancitatus greift an. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: M 56. FO: Köln, Lungengasse.

19 Bildnis der Göttin Aphrodite Der Bildhauer versuchte den Kopf der be­ rühmten Aphrodite von Knidos in Griechen­ land, ein Werk des Bildhauers Praxiteles (350 v. Chr.), zu kopieren. Das Stück wurde mit Sicherheit in einer Kölner Werkstatt her­ gestellt. 273. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 49,10. FO: Köln, Neumarkt. 225

Insel 122 Ostseite Südseite

Neue Erlöser Die Sehnsucht der Menschen nach Erlösung von der Mühsal seines alltäglichen Lebens ist uralt. Immer wieder hat er von neuem die Hoffnung belebt, es möge besser werden. Das erklärt, warum im römischen Reich seit dem 1. Jhdt. n. Chr. neben die altbewährten Reichs­ und Staatsgötter immer mehr neue aus dem

Orient stammende Erlösungsreligionen traten. Diese gewannen schnell Zulauf und sicherten sich die Gleichberechtigung mit den alten Re­ ligionen. Die neuen Religionen nannten sich Mysterien. Die Mysterien waren geheime kultische Feiern, die ursprünglich den Wechsel der Jahreszeiten und den Ablauf von Sterben und Wieder­ erwachen umschlossen. Dem Gläubigen wurde

nicht nur Heil, sondern Todeserrettung zuge­ sichert. Schon auf dieser Erde, glaubte man, würde sich der Götter Hilfe auswirken. In vieler Hinsicht sind die Mysterien-Religionen Vorläufer der christlichen Religion. In Köln nahm seit dem 2. Jhdt. n. Chr. der aus Kleinasien stammende Kult der Großen Göttermutter einen wichtigen Platz ein, aber auch der Kult des ägyptischen Himmelsgötter­ paares Isis und Osiris — Serapis — hatte ebenso Anhänger wie Kulte um den das Welt­ ganze lenkenden Sonnengott. Den größten Einfluß aber gewann der Mithras-Kult, der lange ein ernster Konkurrent des Christentums bleiben sollte. Insel 122

1 Bruchstück eines Grabdenkmals mit Darstellung eines „Guten Hirten“ und der „Amme Severina“

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Ein Schmuckfußboden mit dem Bild des Philosophen Epikur In dem Haus mit dem Dionysos-Mosaik gab es auch in anderen Räumen schöne Schmuck­ fußböden. An der Nordseite des von Säulen umstandenen Gartenhofes, dem Peristyl, war in einem Raum ein streng gegliederter kleinteiliger Ornamentteppich ausgelegt. Dessen Mitte nahm in einem vieleckigen Rahmen ein Rundbild ein. Davon sind leider nur Bruch­ stücke erhalten. Aber man erkennt in dem Rest der runden Fläche noch die Schultern und 226

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den Bart eines Mannes, der eine von Weinlaub umrankte Schale hält. Wahrscheinlich stellte dieses Bild den griechi­ schen Philosophen Epikur (341—271 v. Chr.) dar, der in Athen lebte. Er lehrte, übertriebe­ ner Genuß zerstöre den Seelenfrieden. Die wirkliche Lust lag nach Epikur in einer auf Tugend fußenden Ausgeglichenheit der Seele. In römischer Zeit verstand man seine Lehre allerdings anders und meinte, Epikur habe stetiges Genießen als letzte Lebensweisheit vertreten.

Inschrift auf der Frontseite: MEMORIAE — zum Andenken. Erhalten ist nur der obere Teil des Denkmals. Pilaster tragen über Kapitellen einen Giebel. Aus einer Rundnische blickt der Verstorbene. Ein Mann trägt wie ein „Guter Hirte“ einen Widder. Zu seinen Füßen sind zwei weitere Schafe zu erkennen. Die Darstellung spiegelt den Glauben an ein jenseitiges Leben. Später erst hat das Christen­ tum das Bild des Guten Hirten für Christus übernommen. Die Seitenflächen zeigen die ein Kind nähren­ de und umsorgende SEVERINA NUTRIX — die Amme Severina. In einer „besseren“ römischen Familie gehörte eine Amme selbstverständlich zum Personal, da nur selten die Frauen dieser Familien die Kinder selber nährten. Die Ammen waren meist Sklavinnen, die den ihnen anvertrauten Kindern ihr Leben lang treu verbunden blie­ ben. Es gab aber auch freie Ammen, die gegen hohen Lohn Kinder nährten. 3. Jhdt. n. Chr, Inv. Nr.: 122,1. FO: Köln, bei St. Severin.

2 Marmorbild des Gottes Bacchus Dieses Bildnis des „Weingottes“ Bacchus ist die Nachbildung eines griechischen Vorbildes, das den Gott Dionysos darstellte. Bezeich­ nend dafür sind die weiche Durchbildung des Gesichtes und die langen Korkenzieherlocken. 2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 71,1. FO; Italien (?), Dauerleihgabe München 6069.

3 Ein Relief mit Bacchus und Gefolge

aufgestellt, kamen aber, zur Abwehr von Dämonen, auch, auf Gräbern vor. 2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr. 37,47. FO: Köln, Luxemburger Straße.

13 Die thronende Göttin Isis

Das Bruchstück zeigt links den Gott Bacchus mit seinem Thyrsos-Stab. Er hat an der Spitze einen Fichtenzapfen und ist mit Efeu und Weinranken bekränzt. In der Hand hält der Gott einen Weinbecher. Rechts daneben er­ kennbar ein bärtiger Satyr mit Pferdeohren und Pferdesdiwanz sowie eine tanzende Frau mit Korb, eine Mänade. Beide gehören zum Gefolge des Bacchus. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 244. FO: Köln.

Der Fruchtkorb und das entblößte Geschlecht des Gottes Priapus bezeugen auch in dieser Darstellung die Reichtum spendende Kraft des Fruchtba rkeitgottes. 2. /3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 358. FO: Köln, Kaygasse.

ISIDI INVICTE Der unbesiegten Isis 3. Jhdt. n. Chr. Die Göttin Isis wurde wie viele andere Göt­ ter häufig auf einem Thron dargestellt. Auf ihrem Schoß hält sie oft ein Kind, ein Bild­ typus, der in frühchristlicher Zeit auch für Mariendarstellungen gebräuchlich ist. CIL XIII 8190. — Inv. Nr.: 29,306. FO: Köln, St. Ursula.

4 Bruchstück von einem Kopf des Gottes Bacchus

10 Ein Weihestein für den Genius der Hastiferi

14 Weiheinschrift für Isis mit den tausend Namen

Der große Kopf dürfte zu einem mächtigen Bild des Gottes Bacchus gehört haben. Der stark bestoßene Rest läßt noch die großen und weit wie in Ekstase geöffneten Augen er­ kennen. Das Haupt ist mit einem der charak­ teristischen Kennzeichen des Bacchus-Dionysos bekränzt: mit Weinlaub und Trauben. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 122,3. FO: Köln-Deutz, Kastell Divitia-Deutz.

GENIO H ASTI FERVM Dem Schutzgott der Lanzenträger. 3. Jhdt. n. Chr. Erhalten ist über der Inschrift nur der Fuß des Schutzgottes der Hastiferi. Diese Lanzen­ träger waren eine Art Kultgemeinschaft. CIL XIII 8184. — Inv, Nr.: 407. FO: Köln, Appellhofplatz.

5—7 Drei Kapitelle

Vermutlich aus einem Heiligen Bezirk stammt dieser dreiseitig mit Darstellungen versehene Block. Auf der Frontseite ist Blattwerk mit der Dar­ stellung eines nackten Mannes und einer Schlange verbunden. Auf der rechten Seite ist der Gott Bacchus neben einer Weinranke zu erkennen. Auf der linken Seite windet sich eine Schlange um einen Baum, in dem ein Vogel sitzt. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 24,45. FO: Köln, Neumarkt.

(Abguß) ISIDI MYRIO NYMO — TIVS ------- VS ex VOTO SVSCEPTO S(oluit) ■L(ibens) · M(erito) ■L(oco) · D(ato) · D(ecurionum) · D(ecreto) Für Isis mit den tausend Namen h a t----tius ----us sein Gelübde dankbar und gern einge­ löst. Der Stadtrat stellte den Platz (für den Altar) zur Verfügung. Die ägyptische Göttin Isis besaß in Köln viele Altäre. Ihr Beiname bedeutet, daß sie — wie im Christentum Maria — unter vielen Namen angerufen wurde. Einige Benennungen der Maria, wie „Regina coeli“ und „Stella maris“, wurden direkt von Isis entlehnt. NL 208. FO: St. Gereon: Verbaut im Nord­ pfeiler des Dekagons. Original im Besitz der Gemeinde St. Gereon.

12 Sockel vom Bildnis eines Apis-Stieres

15 Bruchstück mit Götterbildern

Auf dem Sockel die Inschrift: ISIDI — Für Isis Erhalten ist nur der Sockel und der Torso des liegenden Stieres. Ursprünglich war Apis der heilige Stier des in Memphis beheimateten ägyptischen Gottes Ptah. Später wurde er — wie auch Serapis — dem Kreis der Göttinnen Isis und Osiris zu­ gesellt und zusammen mit ihnen in allen Tei­ len des römischen Reiches verehrt. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 122,4. FO: Köln, St. Ursula.

Auf dem dreiseitig mit Darstellungen aus­ gestatteten Stein sind zu erkennen: das Bild eines nackten Mannes, eine weibliche Büste und der trauernde göttliche Jüngling Attis. Vermutlich beziehen sich alle Szenen auf den Hirten Attis. In ihn verliebte sich die Göttin Kybele. Sie brachte ihn so zur Raserei, daß er sich entmannte und starb. Er gilt als Gott der Hoffnung, den Tod durch Auferstehung über­ winden zu können, 3, Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 49,92. FO: Köln, Sternengasse.

von links nach rechts: Säulenhaupt, das mit drei Reihen dicht stehen­ der, kleinteilig ausgearbeiteter Blätter verziert ist. Inv. Nr.: 72,22. FO: Köln, Gereonskloster. Säulenhaupt mit drei übereinandergestaffelten, grob ausgearbeiteten Blattkränzen. Inv. Nr.: 53,935. FO: Köln, Rathaus. Bekrönung einer Wandvorlage, die an den 3 Seiten mit 3 großen Zungenblättern ge­ schmückt ist. Die viereckige Deckplatte ist an den Ecken eingerollt. Inv. Nr.: 122,10. FO: Köln, unbekannt. 8 Bildnis des Gottes Priapus Der griechische Gott Priapos, lat. Priapus, gilt in römischer Zeit als Sohn des Gottes Bacchus und der Göttin Venus. Er ist ein uralter Fruchtbarkeitsgott. Deshalb zeigt ihn dieses Bildnis mit aufgerichtetem Geschlecht, Im Schurz seines Gewandes hält er einen Fruchtkorb. Solche Darstellungen waren häufig in Gärten

9 Bildnis des Gottes Priapus

11 Bruchstück mit Darstellungen

227

16 Eine weibliche Gottheit Von einem Weiherelief ist das Bild einer weib­ lichen Gottheit erhalten. Um welche Gottheit es sich handelt, ist nicht zu sagen. Das Relief wurde später zu einer Säulentrom­ mel umgearbeitet. 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr. 23,641 d. FO: Köln-Niehl, Nessel­ roder Straße.

17 Altar für die Göttin Semele und ihre Schwestern DEAE ■SEMELAE ■ET sORORIBVS · EIIVS DEABVS · OB HONOREM SACRI · MATRATVS REGINIA ■PATERNA MATER · NATA ■ET FACTA ■ARAM · PO SVIT SVB · SACERDOTALE) SERANIO ■CATVLLO PATRE Für die Göttin Semele und ihre göttlichen Schwestern errichtete a n lä ß lich ihrer Ernen­ nung zur heiligen Mutter (?) Reginia Paterna, „Mutter“ auf Grund von Geburt und durch Ernennung, diesen Altar. Unter der PriesterSchaft des „Vaters“ Seranius Catullus. 3. jhdt. n. Chr. Die Göttin Semele war eine Geliebte des grie­ chischen Hauptgottes Zeus und die Mutter des Gottes Dionysos. Diëse Inschrift scheint auf einen Geheimkult des Dionysos anzuspielen. „Mutter“ und „Va­ ter“ waren wohl Ränge in diesem Geheimkult. „Mater nata et facta“ bedeutet vielleicht, daß die Priesterschaft in bestimmten Familien erb­ lich war. CIL XIII 8244. — Inv. Nr.: 356. FO: Köln, bei St. Ursula.

18 Ein Beneüziaricraltar I(ovi) · O(ptimo) · M(aximo) · ET · SERA PI · ET · GENIO LOCI ■L(ucius) ■CAESI VS ■FLORENTI NVS · B(ene) · F(iciarius) · CO(n)S(ularis) · PRO SE ET SV IS V(otum) · S(oluit) ■L(ibens) ■M(erito) · IMP(eratore) COMM(odo) II ET VerO II ■CO(n)S(ulibus) Für den allerbesten und größten Jupiter und den Gott Serapis und den Schutzgeist des Or­ tes. Lucius Caesius Florentinus, Wachtmeister aus dem Stab des Statthalters, erfüllte sein Gelübde für sich und die Seinen froh und dankbar, im Jahr als Commodus und Verus zum zweiten Mal Konsuln waren. 179 n. Chr. Die Benefiziarier waren zum Stab des Statt­ halters abkommandierte Soldaten, die vor­ wiegend Polizeiaufgaben erfüllten. L. C. Flo­ rentius wandte sich als Soldat zuerst an Jupi­ ter, den höchsten römischen Gott, der auch die Staatsmacht verkörperte. Zusätzlich dankte er auch dem ägyptischen Allgott Serapis sowie dem Schutzgott des Ortes. Der Name des Kaisers Commodus ist auf diesem 228

Stein nur noch schlecht zu lesen. Nach seiner Ermordung im Jahre 192 n. Chr. wurde sein Andenken ausgelöscht. Deshalb wurde aus allen Dokumenten und Inschriften sein Name entfernt und seine Standbilder umgestürzt. CIL XIII 12052. — Inv. Nr.: 455. FO: Köln, Blaubach Ecke Weißbüttengasse.

19 Weihestein für den Gott Sol Serapis SOLI SERAPI CVM · SVA · CLINE IN · H(onorem) · D(omus) · D(ivinae) · DEXTRINIA · IVSTA L(uci) · DEXTRINI · IVSTI fILIA · AGRIPP(inensis) · D(ono) · D(edit) Für Sol Serapis mit seinem Thron hat zu Eh­ ren des göttlichen Kaiserhauses Dextrinia lusta, Kölnerin, Tochter des Lucius Dextrinius Iustus, (diesen Altar) gestiftet. 273. Jhdt. n. Chr. Zu Ehren des „göttlichen Hauses“, wie die Kaiserfamilie schon bald nach Einrichtung der Monarchie bezeichnet wurde, stiftete man den verschiedensten Göttern immer wieder Altäre. Der mit dem Sonnengott vereinte Allgott Se­ rapis, ursprünglich nur in Ägypten verehrt, er­ freute sich während des 2. und 3. Jhdts. n.Chr. im gesamten römischen Reich wachsender Be­ liebtheit. Für die Weihung wurde eine Ge­ simsplatte aus Kalksinter benutzt, die vorher in einem unbekannten anderen Bauzusammen­ hang verwendet war. Die mittelalterliche Inschrift unten besagt, daß der Stein 1598 bei der Restaurierung eines Hauses in einer alten Mauer entdeckt worden ist. Marmor. CIL XIII 8246. — Inv. Nr.: 350. FO: Köln, Domkloster.

20 Ein Relief mit einem Fackelträger Die Fackelträger Cautes und Cautopates wa­ ren ursprünglich die Begleiter des persischen Gottes Mithras. Sie verkörperten wie die Fakkeln, die sie tragen, zeigen, den Wechsel von Gut und Böse, Licht und Finsternis sowie von Werden und Vergehen. 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 545. FO: Köln, im Rhein, nahe der römischen Rheinbrücke. 21 Bruchstück einer Weihung

an den Gott Mithras D(eo) · I(nvicto) · M(ithrae) · S(oli) ■S(acrum) TIBERIVS ■CL(audius) ROMANIVs VETERANVs L(ibens) · M(erito) Geweiht dem unbesiegten Sonnengott Mithras. Tiberius Claudius Romanius, verabschiedeter Soldat (weihte den Stein), dankbar und gern. 3. Jhdt. n. Chr. Mithras, der vor allem beim Militär beliebte persische Erlösungsgott, wird hier mit dem Sonnengott Sol gleichgesetzt. Deshalb sind auf der Schmalseite des Steines auch dessen Sym­ bole abgebildet: Der Erdball und die Peitsche, mit der er die Pferde des Sonnenwagens zü­ gelte. Der Beiname Romanius ist ungewöhnlich, da

Namen dieses Typs sonst nur als Familien­ namen begegnen. Die Szene auf dem oberen Teil des Steins ist nicht mehr zu erkennen. Inv. Nr.: 122,9. FO: Köln, südlich des Dom­ chores.

22—25 Vier kleine Weihealtäre Aus einem Mithrasheiligtum an der Südseite des Domes stammen diese vier Weihealtärchen. Zwei davon haben die Form kleiner Säulen. Alle sind ohne Inschrift, Inv. Nr.: 122,5—8. FO: Köln, Dom-Südseite.

Kapitell Dieses Kapitell, das eine Wandvorlage krönte, besitzt an drei Seiten jeweils drei große Zun­ genblätter. Die viereckige Deckplatte ist an den Ecken zu Voluten gerollt. Inv. Nr.: 122,10. FO: Köln, unbekannt.

26 Der Gott Mithras Das Altarbild zeigt die Felsgeburt des Gottes Mithras. Vom Iran aus verbreiteten Kauf­ leute und Soldaten den Kult dieses Lichtgottes im gesamten römischen Reich. Die mithräische Religion mit ihrer Lehre von Licht und Finsternis, Gut und Böse, Schuld und Erlösung war nicht nur ein Vorläufer, sondern lange auch eine ernsthafte Konkur­ renz für das Christentum. 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 122,2. FO: Köln, Dom-Südseite.

27 Relief mit dem Kopf des Gottes Jupiter Ammon war der zum Himmels- und Sonnen­ gott der ägyptischen Stadt Theben erhobene Stadtgott. Schon in griechischer Zeit wurde er mit dem Hauptgott Zeus, in Rom mit Jupiter gleichgesetzt. Seine Kennzeichen sind Ziegenohren und Hör­ ner. Sie stammen von dem ihm heiligen Wid­ der. 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 53,1734. FO: Köln, Rathaus.

28 Weihestein für eine Göttin und einen Gott Das Relief zeigt eine bewaffnete Göttin, viel­ leicht Athena-Minerva, und einen nackten Mann, vielleicht den griechischen Helden He­ rakles, der in der römischen Zeit oft mit Her­ cules gleichgesetzt wurde. Möglich ist aber auch, daß hier andere, nicht näher bekannte Gottvorstellungen sich alter Bildformen be­ dienten. 273. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 237. FO: Köln.

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Bauten und Bilder der alten Götter Im römischen Köln besaßen römische und ein­ heimische Götter mitten in den Wohnquartieren ihre Häuser, die Tempel. In diesen Bauten wurde durch die Kraft und die Schönheit der Bauformen die herrschende, lenkende und hel­ fende Götterweit für die Einwohner sichtbar gegenwärtig. Neben den Kultheiligtümern und offiziellen Götterdenkmälern, den Altären und privaten Weihesteinen bilden die Jupiter-Säulen und Jupiterpfeiler eine besonders kennzeichnende Verehrungsform. Sie waren die kultischen Zentren von Wohnquartieren oder Gutshöfen. In gekürzter Form wurde auf ihnen in sehr verschiedenen Programmen jeweils ein Teil des römischen Götterhimmels dargestellt, fast immer bekrönt von einer Statue des sitzenden Jupiter. Die Darstellung aller wichtigen Gottheiten folgte in Aussehen, Kleidung und kennzeich­ nendem Beiwerk stets einem fest geprägten, in langer Überlieferung gewachsenem Schema. Bei der Mehrzahl der römischen Reichsgötter führte diese Tradition entweder bis in die Frühzeit der römischen Religionsgeschichte oder gar bis zu griechischen Vorbildern zu­ rück. Insel 123

1 Ein Bruchstück mit Götterbildern Der Stein ist das Bruchstück eines Denkmals, das mit seiner Rückseite entweder Bestandteil eines größeren Denkmals oder wahrscheinlicher ln die Wand eines Raumes eingebunden war. Auf drei Seiten des Steines sind Götter darge­ stellt. Zu erkennen sind der Gott Jupiter mit Weltkugel und Blitz (?), der Gott Apollon mit der Leier sowie der Gott Hercules mit der Keule und den Äpfeln der Hesperiden. Die Hesperiden waren nach der griechischen Sage Nymphen, die jenseits des Okeanos (Ozeans) zusammen mit dem Drachen Ladon den Baum mit den goldenen Äpfeln hüteten. Diese Äpfel gewann Herakles-Hercules bei einer seiner Heldentaten, nachdem er den Dra­ chen getötet hatte. 2. Jhdt, n. Chr. Inv. Nr.: 147. FO: Köln, unbekannt.

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Bruchstück einer Jupiter-Säule

Auch dieses Bruchstück einer einstmals hohen, mit Schuppen-Ornamenten verzierten JupiterSäule besaß zahlreiche Götterdarstellungen, von denen nur einige erhalten blieben. Zu­ unterst steht im Panzer Gott Mars mit Schild und Lanze. Darüber ist eben noch der Unter­ körper der Göttin Minerva zu erkennen, die ebenfalls Schild und Lanze hält. 2./3. Jbdt. n. Chr. Inv. Nr.: 656, FO: Köln, Ecke Sassenhof/Auf der Ahr.

3 Ein Altar für die Göttin Erde DEAE TER RAE MATRi VALERIA - TACA EX i VSSV IPS (E) lus V(otum) ■P(osuit) ■L(ibens) · M(erito) Der Göttin Erde, der Mutter. Valeria - - taca erfüllte das Gelübde freiwillig und dankbar auf Befehl der Göttin. CIL X III 8249. — Inv. Nr.: 646. FO: Köln, Ecke Bonner Straße / Bonner Wall.

4 Ein Altar für Hercules HERCVLI SACRVM PRINCEPS Dem Herkules geweiht von Princeps. CIL X III 8187. — Inv. Nr.: 706. FO: Köln, Gladbacher Straße 82.

5 Bruchstück eines thronenden Jupiter Dieses Bildnis des Gottes Jupiter krönte eine Jupiter-Säule. Die erhobene rechte Hand hielt ein lanzenartiges Szepter. 2.3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 210. FO: Köln, unbekannt.

6 Bruchstück einer Bauinschrift vom Tempel des Gottes Mercurius-Augustus mercVRIO - AVGVSTo pro sal(ute) imperATORIS · TITI · CAESARIs vespasiani ----------- TEMPLVM ■A ■FUNDAMENTE - - --------------- maceRIEM · IN ■CIRCUM · ITV - ET ■AEDIFICIS - - Dem Mercurius Augustus. Zum Wohl des Kai­ sers Titus C a e sa r--------------- (erbaute) den Tempel von Grund a u f ------ / das Ziegel­

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mauerwerk im Umgang und in den Gebäu­ den — 79—81 n. Chr. Das Bruchstück dieser Bauinschrift wurde in der Nähe des Kölner Domes gefunden. Wahr­ scheinlich gehört es zu einem Tempel, dessen Fundamente unter dem Dom ausgegraben wurden. Dieser Tempel dürfte demnach dem Gott Mercurius-Augustus geweiht gewesen sein. Er bestand bis in das 4./5. Jahrhundert. Zu diesem Zeitpunkt entstand neben ihm eine christliche Bischofskirche, der erste Vorgänger des heutigen gotischen Domes. Diese Bauinschrift wurde zur Zeit des Kaisers Titus (79—81 n. Chr.) gesetzt. Vielleicht ver­ birgt sich in diesem Fall hinter dem Namen Mercurius, dem römischen Gott des Handels, ein einheimischer keltischer Gott, dessen Ver­ ehrung im Nordwesten des römischen Reiches verbreitet war. CIL XIII 8236. — Inv. Nr.: 374. FO: Köln, Trankgasse.

7 Bruchstück einer Jupiter-Säule Erhalten sind von der hohen, mit eingekerbten Schuppen verzierten Säule nur einige Bruch­ stücke. Man erkennt aber nodi, daß die ganze Säule mit Götterbildern geschmückt war, über denen dann am Kopf der Säule der römische Hauptgott Jupiter thronte oder einen schJangenfüßigen Riesen (Giganten) niederreitend besiegte. Oben ist noch das Bild der stehenden Göttin Minerva mit Schild und Lanze erhalten. Dar­ unter steht der Gott Merkur mit Flügelkappe und dem Heroldsstab. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 760, Slg. Lückger. FO: Köln, Brü­ derstraße.

8 Das Bruchstück einer Bauinschrift vom Ende des 4. Jahrhunderts salvis dominiS ET IMPERATORIBVS · NOST ris fl(avio) theodoSIO · FL(avio) ■ARCADIO ET FL(avio) · EVGENIO portam? vetustaTE CONLABSAM ■IVSSV · VIRI · CL(arissimi) · et inl(ustris) fl(avii) arbogaSTlS ■COMITIS ■ ET INSTANTIA · V(iri) C(larissimi) · fl(avi)------------- coMlTIS DOMESTICORVM · EI(us) · 229

Westseite

----------------s EX INTEGRO OPERE FACIVN dum curaVIT MAGISTER PR(ivatae ?) AELIUS Zu Lebzeiten unserer Herrn und Kaiser Fla­ vius Theodosius, Flavius Arcadius und Flavius Eugenius, wurde auf Befehl seiner Exzellenz, des Oberkommandierenden Flavius Arbogastes, unter der ständigen Überwachung sei­ ner E xzellen z---------, Kommandeur von dessen Gardetruppen, das aus Altersschwäche zusammengefallene----------von Grund auf erneuert. Für die Ausführung sorgte Aelius---Provinzialsteuerdirektor. Zwischen 392 und 394 n. Chr. Die Inschrift ist ein Dokument dafür, daß noch am Ende des 4. Jahrhunderts im römischen Köln ein bedeutender Bau neu aufgeführt wurde. Leider ist der Inschrift nicht zu ent­ nehmen, um welches Gebäude es sich gehandelt hat. Der ,comes' Arbogast war ein Franke. Er hatte sich im römischen Heer bis zur Spitze hochge­ dient. Als ,Heermeister' beherrschte er den schwachen Valentinian, den Kaiser der West­ hälfte des römischen Reiches und nach dessen Tod im Jahre 392 n. Chr. setzte er seinen Günstling Eugenius als Kaiser ein. Nur zwei Jahre später unterlag er dem Kaiser der öst­ lichen Reichshälfte Theodosius. Dann tötete er sich selbst. CIL XIII 8262. — Inv. Nr.: 28,564. FO: Köln, zwischen Hohe Straße und Stephan­ straße.

9 Zwei Blöcke von einem Jupiter-Pfeiler Die Blöcke sind mit Pflanzen und Götterbil­ dern verziert. Die Bilder der Götter entspre­ chen der in den Provinzen üblichen Zusam­ menstellung: Die Göttinnen Juno, Victoria und Minerva sowie die Göttin Apollon und Hercules. 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 220/211. FO: Köln, unbekannt.

10 Bruchstück eines Jupiter-Pfeilers Neben den Jupiter-Säulen gab es in den ger­ manischen Provinzen auch Jupiter-Pfeiler. Dieses Bruchstück zeigt auf drei Seiten GötterdarStellungen. Die dritte unverzierte Seite war wahrscheinlich an die Wand eines Gebäudes angelehnt oder 230

stand so, daß sie nicht eingesehen werden konnte. Es sind ausschließlich römische Gottheiten dar­ gestellt und zwar: Vorderseite: unten der Gott Mars, darüber die Göttin Victoria und die Göttin Juno. Linke Seite: unten die Göttin Fortuna, dar­ über der Gott Sol und die Göttin Minerva. Rechte Seite: unten die Göttin Venus, dar­ über der Gott Vulcan und die Göttin Ceres. 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 442. FO: Köln, Südwestecke des Neumarktes.

11 Ein Weihestein für die Göttin Diana Die Göttin Diana war ursprünglich eine Göt­ tin der Wälder, später allgemein die der Jagd. Sie galt aber auch als Beschützerin der Jung­ fräulichkeit und als Schutzgöttin der Sklaven. Hier ist sie als Jagdgöttin nur mit einem kur­ zen Gewand bekleidet. Mit der rechten Hand zieht sie eben einen Pfeil aus dem Köcher auf ihrem Rücken. In der linken Hand hält sie den Bogen. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 759, Slg.Lückger. FO: Köln,Weyerstraße.

12 Ein Altärchen für Diana diANAE SACR(um) Q(uintus) VETTIVS RVFVS ■ 7 (centurio) LEG(ionis) XXII L(ibens) M(erito) Der Diana geweiht. Quintus Vettius Rufus Centurio der 22. Legion stiftete das Altärchen in froher Dankbarkeit. 2. Hälfte 1. Jhdt. Die Legion 22 Primigenia lag seit dem Jahre 71 n. Chr. in Vetera Castra bei Xanten. Quin­ tus Vettius war, als er seinen Dank an die Göttin Diana abstattete, wahrscheinlich in Köln beim Statthalter tätig. CIL XIII 8175. — Inv. Nr.: 360. FO: Köln, Frankenplatz.

13 Ein Kopf des Gottes Apollon Der Gott Apollon wurde immer als junger und schöner Mann dargestellt. Häufig trägt er eine Frisur wie die Göttin Venus, so auch in diesem Fall.

Der Gott Apollon war der Gott des Lichtes. Er wurde aber auch als Gott des Heils und der Sühne verehrt. Er galt überdies als Beschützer der schönen Künste. 2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 123,1. FO: Köln.

14 Ein bärtiger Kopf Dieser Kopf gehörte wahrscheinlich zu einem Standbild des Gottes Hercules. 2,/3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 649. FO: Köln, Bonner Straße.

15 Ein Kopf des G o t t e s H e r c u le s Der Kopf dieses bärtigen Mannes dürfte von einem Standbild des Gottes Hercules stam­ men. 2. Jhdt. n. Chr. (?) Inv. Nr.: 576. FO: Köln, unbekannt.

16 Sockel für eine „Götter-Säule“ Der gegliederte achteckige Sockel dürfte die Ba­ sis einer „Götter-Säule“ gewesen sein, vielleicht gar diejenige einer Jupiter-Säule. Auf den einzelnen Feldern ist er mit den Bil­ dern von Göttern geschmückt. Nicht alle sind mit ihrem Namen zu nennen. Zu erkennen sind der römische Hauptgott Jupiter, eine Tän­ zerin sowie eine Nymphe. Die Darstellung verschiedener Götter auf einem Sockel war in der römischen Zeit nicht ungewöhnlich. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 206. FO: Köln, Glockengasse.

17 Bruchstück einer Jupitersäule Auf dem Fragment ist die untere Figur nicht mehr zu bestimmen. Oben ist der Gott Mer­ kur mit Heroldstab und Beutel dargestellt. 2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 53,975. FO: Köln, Portalgasse.

18 Ein kleiner Weihestein für den Gott Jupiter Die bescheidene Arbeit eines Steinmetzen zeigt den Gott Jupiter mit einem lanzenartigen Szepter in seiner linken Hand. Rechts zu sei­ nen Füßen hockt ein Adler. Der Adler galt als das dem Jupiter heilige und ihn stets beglei­ tende Tier. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv, Nr.: 214. FO: Köln, unbekannt.

Südseite

Die ersten Christen in Köln So wie die römischen Gottheiten in Germanien heimisch wurden, kam seit dem 2, Jhdt. auch die christliche Heilslehre in die romferne Pro­ vinz. Seitdem der neue Glaube im 4. Jhdt. unter Konstantin dem Großen erst die Gleich­ berechtigung unter den anderen Religionen des Reiches gewonnen, wenig später zur Staats­ religion erhoben worden war, zeigten sich auch in Köln die ersten Christen öffentlich. An der Stelle des Kölner Domes entstand eine kleine Bischofskirche, auf den Gräberfeldern vor den Toren der Stadt markierten christliche Fami­ lien ihre Grüfte durch Grabkapellen. Ein vor­ nehmer Mann Clematius, vermutlich aus dem Orient nach Köln gekommen, erneuerte nach 350 die Grabbasilika für einige junge Frauen, die ihre Glaubensfestigkeit mit dem Tode ge­ büßt hatten. Köln besaß also auch frühchrist­ liche Märtyrer. Nach 350 entstand auch als christlicher Grabbau an der Stelle von St. Ge­ reon ein herrlicher Zentralbau von stadtrömi­ scher Qualität. Die ersten Christen wollten, weil ihr Glaube lehrte, daß vor Gott alle gleich seien, eine Welt, in der es Armut nicht mehr gab. Sie suchten nach sozialem Ausgleich und wollten den Frieden auf dieser Erde und jenseits der Schwelle des Todes, Ihre Grabinschriften ver­ zeichnen daher ohne Unterschied nur noch als wesentlich: In Frieden und bei Gott zu ruhen. Aber mit der Anerkennung als Staatsreligion gewann das Christentum im 4. Jhdt. auch welt­ liche Macht und die Aufgabe, wie die alten Religionen, staatserhaltend zu sein. Auf die­ sem Tatbestand basiert die politische Entschei­ dung des Kaisers Konstantin, der neuen noch ungebrochenen religiösen Kraft die staatliche Anerkennung zu gewähren. Auch die den Römern als Herrscher im Land folgenden Franken sahen diese Zusammen­ hänge klar und befreundeten sich Zug um Zug mit dem neuen Glauben. Die Taufe des frän­ kischen Königs Chlodwig im Jahre 492 in der Bischofskirche zu Reims bedeutet den endgül­ tigen Sieg des Christentums und besiegelte den Untergang der alten Götter. Insel 124

1 Ein Grabstein für einen ermordeten Leibwächter VIATORINVS PROT ECTOR MI(li) TA VIT AN NOS TRIGINTA O CCISSVS IN BAR BARICO IVXTA D IVITlA(m) A FRANCO VICARIVS DIVIT(i)E(n)SI(u)M Der „Leibwächter“ Viatorinus wurde nach 30 Dienstjahren im Barbarenland in der Nähe von Deutz getötet von einem Franken. Der stellvertretende Kommandeur der Deutzer (ließ den Stein setzen). 4. Jhdt. n. Chr. Protectores, ursprünglich Angehörige der kai­ serlichen Leibgarde, hatten um diese Zeit Of­ fiziersrang. Deshalb wurde Viatorinus der Grabstein auch von einem etwa gleidirangigen Offizier, dem stellvertretenden Kommandan­ ten der Divitienses gesetzt. Diese Einheit lag in dem römischen Kastell Divitia-Deutz. CIL XIII 8274. — Inv. Nr.: 330. FO: Köln, Gereonskloster.

2 Ein Grabstein für das Mädchen Poppia DESIDERIVS ET MUSTELA FILIE CARIS(simae) SVE POPPIAE TITVLVM POSVIT QVI VIXIT ANNVS XX Desiderius und Mustela errichteten den Grab­ stein ihrer lieben Tochter Poppia, die 20 Jahre lebte. 4. Jhdt. n. Chr. Die grammatischen und orthographischen Ab­ weichungen dieser Inschrift vom klassischen Latein sind typisch für das verwilderte Latein der unteren Schichten in der Spätzeit. Roter Sandstein. Inv. Nr.: 1972,22. FO: Köln, St. Gereon.

3 Etne Bauinschrift von der Kirche St. Ursula (Abguß vom Original) DIVINIS FLAMMEIS VlSIONIB(us) · FREQVENTER ADMONIT(us) · ET VIRTVTIS MAGNAE MAI ESTATIS MARTYRII CAELESTIVM VIRGIN(um) IMMINENTIVM EX PARTIB(us) ·

ORIENTIS EXSIBITVS PRO VOTO CLEMATIVS · V(ir) ■C(larissimus) · DE PROPRIO IN LOCO SVO HANC BASILICAM VOTO QVOD DEBEBAT A FVNDAMENTIS RESTITVIT · SI QVIS AVTEM SVPER · TANTAM MAIIESTA(t)EM HVIIVS BASILICAE VBI SANC TAE VIRGINES PRO NOMINE · XP · SAN ■ GVINEM SVVM FVDERVNT CORPVS ALICVIIVS DEPOSVERIT EXCEPTIS VIRGlNIB(us) SCIAT SE SEMPITERNIS TARTARI IGNIB(us) · PVNIENDVM Durch gottgesandte Flammenvisionen öfters gemahnt und durch die gewaltige Majestät des Martyriums der himmlischen Jungfrauen, die ihm erschienen, aus der östlichen Reichshälfte herbeigeholt, hat auf Grund eines Gelübdes Clematius aus senatorischer Familie auf eigene Kosten und auf eigenem Gelände diese Basili­ ka von Grund auf wiederhergestellt, was er nach dem Gelübde schuldig war. Wenn aber jemand gegen die gewaltige Majestät dieser Basilika, wo die heiligen Jungfrauen für Chri­ stus ihr Blut vergossen, irgend jemandes Leich­ nam, mit Ausnahme der Jungfrauen selbst, beisetzen will, so soll er wissen, daß er mit ewigen Höllenfeuern bestraft werden wird. 4./5. Jhdt. n. Chr. Diese in einen Sandstein eingemeißelte BauInschrift ist seit dem 14. Jhdt. in den südwest­ lichen Chorpfeiler der Ursula-Kirche eingelas­ sen und — wie eine Untersuchung am Ort ergab — auch zusammen mit den Quaderstei­ nen der Chorwand aufgeführt. Mithin kann diese Inschrift, wie immer noch wieder ange­ nommen wird, keine Fälschung des 16. Jhdts. sein. Außerdem hat der unter St. Ursula wäh­ rend des Krieges und später zutage geförderte archäologische Ausgrabungsbefund gelehrt, daß tatsächlich unter dem romanischen Langhaus der Kirche die Reste eines antiken Kirchen­ baues liegen, der noch in der Spätantike um­ gebaut wurde. Damit ist durch den archäolo­ gischen Befund ein Tatbestand belegt, den die Inschrift mitteilt. 231

Nordseite

Da diese Inschrift das einzige schriftliche Zeug­ nis aus dem römischen Köln ist, das für Köln christliche Martyrien bezeugt, sie außerdem Bau und Erneuerung einer Grabbasilika belegt und damit ein wichtiges Denkmal für die Ge­ schichte des frühen Christentums in Köln ist, wurde sie als einziges Denkmal des Museums als Abguß in die Museumsaufstellung aufge­ nommen. CIL XIII 1313. — Inv. Nr.: 124,2. FO: Köln, St, Ursula.

Ein Grabdenkmal in der Form eines Grabaltares Der aufwendige figürliche Schmuck des als Altar gebildeten Steines ist ungewöhnlich. Auf der Vorderseite biegt sich eine Blattguirlande unter zwei jugendlichen Köpfen, die von einem gemeinsamen Schleiertuch umhüllt sind. Auf der Rückseite hängt eine solche Guirlande unter dem Kopf einer Medusa, die als ein das Böse abwehrendes Zeichen zu verstehen ist. Auf den Schmalseiten halten nackte Männer­ figuren die von den Guirlanden herabhängen­ den Bänder (Taenien). Die Deutung des Stei­ nes als Grabaltar setzt voraus, daß die beiden jugendlichen Köpfe auf der Vorderseite die Verstorbenen darstellen. Schon in der gesamten römischen Welt war die Sehnsucht nach Unsterblichkeit verbreitet. Auf sie spielte deshalb auch die nichtchristliche Welt immer wieder an. Dafür stehen hier die Blattguirlanden. Andererseits fürchtete man die Welt der Schatten, wie man das Totenreich nannte. Unheil soll deshalb die Medusenmaske als Bedrohung von den Toten abhalten. Die nackten Männer können mit einem gewissen Vorbehalt als Grabwächter gedeutet werden, waren aber vielleicht auch als Totenbegleiter gedacht. Inv. Nr.: 658. FO: Köln, Am Rinkenpfuhl.

jahren. Sein Erbe ließ (das Grabmonument) errichten. Ende des 1. Jhdt. Dargestellt ist ein galoppierender Hilfstrup­ penreiter, der in der Linken den Schild hält. Mit der Rechten holt er zum Lanzenstoß ge­ gen einen zu Boden geworfenen Gegner aus, der sich mit einem Schwert zur Wehr setzt. Der schon seit dem 5. Jhdt. v. Chr. bekannte Bildtypus ist bereits am Anfang des 1. Jhdts. n. Chr, aus dem nordgriechisch-thrakischen Be­ reich ins Rheinland gelangt. Die Darstellung soll die militärische Tüchtigkeit (virtus) des Verstorbenen zeigen. Der Gegner wird durch die struppige Haartracht als nicht zivilisiert dargestellt. Die Lorbeerbäume auf den Schmal­ seiten drücken die Hoffnung auf Unsterb­ lichkeit aus. Flavius Bassus stammte aus Thrakien, dem heutigen Bulgarien. Die „Ala Noricorum“ (Noricum entspricht heute dem mittleren Teil Österreichs) war in der Nähe Kölns, viel­ leicht in Worringen oder Dormagen, statio­ niert. CIL VIII 8308. — Inv. Nr.: 96. FO: Köln, Gereonstraße.

Sein Erbe ließ Flavius Bassus auf dem Grab­ stein als siegenden Reiter darstellen. Das galt ihm und den Angehörigen wohl als die her­ ausragende Tätigkeit im Leben des Bassus. So wollte und sollte er fortleben: im Tatenruhm. Obschon auch die römische Welt beseelt war von dem Wunsch nach Unsterblichkeit, ver­ mochte die Mehrzahl dies Weiterleben sich kaum anders als wie in dieser Welt und durch das Gewicht der Lebensleistung vorzustellen. Den Ausdruck dafür liefern die zahlreichen Grabdenkmäler und Grabbauten. Mit den Mysterienreligionen, vor allem aber mit dem Christentum, wandelten sich die Vor­ stellungen von Tod und Grab vollständig. Die christliche Lehre, in der römischen Welt verbreitet durch die Ansichten des Apostels 5 Grabdenkmal für den Reiter Flavius Bassus Paulus, ließ die Verdienste im Leben geringer T(itus) · FLAVIVS · BASSVS - MVCALAE erscheinen. Nun zählte nur noch die Kraft des F(ilius) ■ DAMSALA · EQ(ues) · ALAE ■ Glaubens und der Werke, die im Hinblick auf die jenseitige Welt geleistet wurden. Gerech­ NORI CORV(m) ■TVR(ma) · FABI ■PVDENTIS tigkeit sollte den Ausschlag geben und Liebe AN(norum) · XXXXVI · STIP(endiorum) ■ zum Nächsten. Die Hauptsehnsucht jedes Christen war es, in der Frühzeit des Christen­ XXVI · H(eres) · F(aciendum) ■C(uravit) Titus Flavius Bassus, Sohn des Mucala (vom tums „in Frieden" oder „bei Gott“ zu ruhen. Stamm der) Dansaler, Reiter in der norischen Damit wurden die „Grabdenkmäler alter Ord­ Ala, Abteilung des Fabius Pudens, (verstor­ nung“, die die Lebensverdienste der Toten ben im Alter von) 46 Jahren, nach 26 Dienst­ priesen, unwichtig. Die „christlichen Grab232

Steinplatten“ melden Namen und die Dauer, die der Tote vor dem Eintritt in den „Frieden Gottes“ auf dieser Erde verbracht hatte. Der Vergleich des Grabdenkmals des Flavius Bassus mit denjenigen, die von den christlichen Gräbern des 5./6. Jhdts. in Köln stammen, macht den grundlegenden Wandel in der Auf­ fassung von Tod und Grab durch das Chri­ stentum sprechend deutlich.

6 Ein Grabdenkmal mit zwei Grabgedichten auf den Knaben Timavius Vorderseite: D(is) · M(anibus) AVRELIO TIMAVIO ALVMNO DVLCISSIM O ET ■ SANctissiMO Q VI V ixit annis XVII AVRELius maxiMUS PATRONus dARDAN IA GENITVS ISTIC MI HI CARE TIMAVI POST VARIOS CASSVS POST TOT DISCRIMINA RE RVM DESERIS HEV PVL CHRAM PRIMAEVO FLORE IVVENTAM Dis Manibus. Aurelio Timavio alumno dulcis­ simo et sanctissimo qui vixit annis XVII Au­ relius Maximus patronus. Därdaniä genitiis istic, mihi care Timâvi Post varios cassus, post tôt discrimina rerum Deseris heu pulchràm primaevo fióre iuvéntam. Den Totengöttern. Für Aurelius Timavius, seinen lieben und treuen Schüler, der 17 Jahre lebte, errichtete diesen Grabstein Aurelius Maximus, sein früheier Herr. In Dardanien geboren, mein lieber Timavius, verläßt Du hier, nach so vielen Wechselfallen des Schick­ sals, so vielen Gefahren, die schöne Jugend, ach, zu der Du gerade eben erblüht. Rückseite: D(is) AVRELIO TI M(anibus) MAVIO LIBERTO · ALV MNO AVRELI · MAXIMI TV · ΤΙΜΑVi dVLCEM · NO MEN ■DVlcibVS ■VOTIS ■AD ES · SPIRITVm queM ■TV · FEREBAS CORPORE ■ ELABI · SACRVM CO RPVS ■VT ■TERRAM · MANE RE · SPIRITVM ■ CELVM · SEQVI SPIRITVM · MOVERE CVNC TA · SPIRITVM ESSE QVOD DEV

Μ ■CVM ■MIHI · EXTREMIS · CA NEBAS · VOCIBVS ■SOLAMINa FLORIS · ABSCIDENS ■IVBENte GRATIAS - TRISTI ■ DIAe Dis Manibus. Aurelio Timavio liberto alumno Aureli Maximi. Tu, Timavi, dulcem nomen, dulcibus votis ades. Spiritum, quem tu ferebas, corpore elabi sacrum, Corpus ut terram manere, spiritum celum sequi, Spiritum movere cuncta, spiritum esse quod deum Cum mihi extremis canebas vocibus solamina Floris abscidens iubent(a)e gratias tristi di(a)e. Den Totengöttern. Für Aurelius Timavius, Freigelassenen und Schüler des Aurelius Maxi­ mus. Du Timavius, süßer Name, bist mit (Dei­ nen) lieben Wünschen bei mir. Der göttliche Geist, der in Dir war, verschwinde aus dem Körper. Der Körper bliebe als der Erde zu­ gehörig zurück, der Geist fliege in den Him­ mel, der Geist bewege alles, der Geist sei Teil von Gott: das teiltest Du mir mit deinen letzten Worten als Trost mit, als an jenem traurigen Tag deine blühende Jugend zu Ende ging. Ende 3. Jhdt. n. Chr. Die Verse auf der Rückseite belegen anschau­ lich, wie weit die Gedanken von der Unsterb­ lichkeit der Seele schon von anderen Religio­ nen verbreitet waren, bevor das Christentum sie alleine vertrat. Im übrigen sind die Verse dieser beiden Grabgedichte sprechende Bei­ spiele für den oft sehr hoch gestochenen Stil der spätantiken Zeit. CIL XIII 8371. — Inv. Nr.: 29,311. FO: Köln, St. Ursula, in zweiter Verwendung.

7 Ein Grabstein für das Kind Concordia CONCORDIA HIC IACet PIA PAREN(t)IB(us) · VIXIt ANNVM (unum) SEMÏS(sem) INNO CENS IN CAELIS HABETUR Concordia ruht hier. (Sie war) zärtlich zu ihren Eltern. Sie lebte IVa Jahre. Unschuldig weilt sie im Himmel. 4./5. Jhdt. n. Chr. Concordia war ein bei Christen beliebter Name. Ga. Sandstein. F 301. — Inv. Nr.: 25,1054. FO: Köln, St. Severin.

8 Ein Grabgedicht auf den Knaben Lupassius BLANDAM TE PIETAS MORS INPIA FVNERE TRISTI · ABSTVLIT ET D VLCIS RVPIT NOVA GAV DIA VI(ta)E ■NONLICVIT C VPIDOS LONGVM GAVD ERE PARENTES LVPASSIV(s) PVER VIX(it) AN(num) · I · S(emissem) III (menses) Es handelt sich um 3 Hexameterzeilen: Blandam té, pietas, mors inpia funere tristi äbstulit et dulcis rupit nova gaudia vitae nón licuit cupidós longum gaudére parentes Lupassius puer vixit annum I semissem III menses. Dich, oh schöne Elternliebe, hat der schnöde Tod mit diesem traurigen Begräbnis hinweg­ gerafft und beendete die noch kaum gespürten

Freuden des süßen Lebens. Den Eltern, die sich so darauf gefreut hatten, war es nicht ver­ gönnt, länger (an ihrem Sohn) Freude zu ha­ ben. Der Knabe Lupassius lebte ein Jahr und neun Monate. CIL XIII 8404. — Inv. Nr.: 13. FO: Köln, Severinstraße, im Dau.

NL 227. — Inv. Nr.: 42,173. FO: Köln, St. Gereon.

9 Bruchstück eines christlichen Grabsteins

Hier ruht Fugilo, die 40 Jahre lebte. Sie schied gläubig in Frieden. 5. Jhdt. n. Chr. ? Fugilo ist bereits ein germanischer, nicht mehr römischer Name; er bedeutet vielleicht „Vö­ gelchen“. Granit. CIL XIII 8479/80. — Inv. Nr.: 422. FO: Köln, Gereonshof, Marcellengymnasium.

A IHRENIVM IBVS AEVI VASV OLAMVR HONO IOCSPITVS ILLE QVEM SIBI MORTALI LABE VCTORVM IN ER ANIMA Wegen des fragmentarischen Erhaltungszu­ standes der Inschrift ist eine Übersetzung un­ möglich. 4.5. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 52,279. FO: Köln, unbekannt. 10 Ein Grabstein für Leo IN OH tvmOLO REQ VIESCET IN PACE BONE MEMORIE LEO VIXET AN NVS XXXXXII TR ANSIET NO NO ID(u)S OHTVB ERES In diesem Grab ruht in Frieden guten Ange­ denkens Leo. Er lebte 52 Jahre. Er verschied am 9. Tag vor den Iden des Oktober (7. Ok­ tober). 6./7. Jhdt. n. Chr. Dieser Grabstein trägt eine der spätesten noch „römischen“ Inschriften, die aus dem römischen Köln bisher bekannt geworden sind. Damals hatte aber hier die germanische Aussprache das Latein schon erheblich verwandelt. So wurde aus „hoc“ OH (wohl „odi“ gesprochen) und aus „octobres“ OHTVBERES. CIL XIII 8481. — Inv. Nr.: 472. FO: Köln, Gereonsdriesdi.

11 Ein Grabstein für Martinianus HIC IACET MARTI NIANVS QVI LAETA IVVENTAE PERDIDIIT PATRIBVS LACRIMAS DIMISIT · IN AEVO HIC VIX IT ANNOS XXVI DIES XVI M(inus) IN D(eo) IVIT Hier ruht Martinianus, der um die Freuden der Jugend kam und seinen Eltern Tränen hinterließ. Hienieden lebte er 26 Jahre weni­ ger 16 Tage. Er ging in Gott dahin. 4./5. Jhdt. n. Chr. Der Ausdruck „in aevo“ ist „Umgangssprache" und bedeutet dasselbe wie das heutige „er hat das Zeitliche gesegnet". Die Ergänzung der letzten Zeile ist ganz un­ gewiß. Vorstellbar wäre auch „m(ilitavit) in Divit(ia)“, „er diente als Soldat in Deutz“, obwohl der erste Teil des Textes eher nach Zivilisten klingt.

12 Ein Grabstein für die Christin Fugilo hiC IACET FVGILO QVAE VIXIT ANNOS XL FIDE LIS IN PACE RECESSIT

13 Ein Grabstein für den Knaben Leontius LEONTIVS HIC IACIT FEDELIS PVER DVLCISSIMVS PATRI PIENTIS SIMVS MATRI QVI VIXIT ANNVS VII ET MENSIS III ET DIES VI IN NOCENS FVNERE RAPTVS BEATVS MENTE FELIX ET IN PACE RECES SIT Hier ruht Leontius, ein gläubiger Knabe, sehr lieb seinem Vater und gehorsam seiner Mutter. Er lebte 7 Jahre, 3 Monate und 4 Tage. Un­ schuldig vom Tod dahingerafft, selig und glücklichen Sinnes, schied er in Frieden. 5./6. Jhdt. n. Chr. In Frieden von dieser Erde zu gehen oder in Frieden zu ruhen ist die Grundeinstellung des Christentums zum Tode. In dieser kurzen Formel kommt die Ansicht des Apostels Paulus zum Ausdruck, wonach im Leben eines Men­ schen weniger die Werke als der Glaube zahle. CIL XIII 8482. — Inv. Nr.: 421. FO: Köln, unbekannt.

14 Bruchstück eines Kindergrabsteines PER-----N O B -----PVE-----4. /5. Jhdt. n. Chr. ? Inv. Nr.: 124,1. FO: Köln. St. Gereon.

15 Ein Grabstein für die Jungfrau Ursula in hoc tumVLQ INNOCIS VIRGO IACET noMINE VRSVLA VIXIT aNNIBVS OCTO MENSIBVS DVOBVS dIENS QVATTOR In diesem Grab ruht die unschuldige Jungfrau namens Ursula. Sie lebte 8 Jahre, 2 Monate, 4 Tage. 5, /6. Jhdt. n. Chr. Die Sitte, das Lebensalter genau mit Jahren, Monaten und Tagen anzugeben, wurde von den Christen von heidnischen Grabsteinen übernommen. CIL XIII 8485. — Inv. Nr.: 29,313. FO: Köln, St. Ursula.

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Insel 128 Südseite

4 Säulen im Innenhof I.O.M. Kaiser der Götter Bruchstücke von zwei großen Säulen Diese beiden Bruchstücke gehören zu einer Gott der Kaiser Reihe mächtiger Sandsteinsäulen, die inmitten der römischen Haustrümmer an der Südseite des Kölner Domes bei den Ausgrabungen in den Jahren 1969/70 gefunden wurden. Diese beiden Bruchstücke lehren, daß es heben Säulen, deren Schäfte aus einzelnen Trommeln zusammengesetzt waren, auch Säulenschäfte im römischen Köln gab, die aus einem mächtigen Block geschlagen waren. Den roten Sandstein, der vermutlich in der Nähe von Mainz ge­ brochen wurde, transportierte man auf dem Rhein nach Köln. Solche Säulen wurden nur für aufwendige Gebäude verwendet. Dergleichen Bruchstücke sind immer wieder in Köln gefunden, aber häufig nidit verwahrt worden. Im Mittelalter baute man solche Stücke bisweilen in die Kirchen ein. So lehren die Säulen im Mittelschiff der ehemaligen Stiftskirche St. Georg oder die Säulen von der im vergangenen Jahrhundert abgebrochenen Stiftskirche St. Maria ad gradus an der Ost­ seite des Kölner Domes, daß man um die Mitte des 11. Jhdts. noch einen besonderen Sinn für schöne Säulen besaß und sie deshalb nach dem Muster römischer Säulen zuschlug. Inv.Nr.: 126,1—2. FO: Köln,Dom/Südplatz.

Das Oberhaupt des römischen Götterhimmels ist Jupiter Optimus Maximus, der „Beste und Größte“. Als blitzschleudernder Himmelsgott und Weltenherrscher verkörpert er auch die weltliche Macht des römischen Reiches und Kaisers in den Provinzen, dem die staatstra­ gende Schicht der hohen Beamten und Militärs, aber auch einfache Bürger und Angehörige des Militärs opfern. Entsprechend dem höchsten Staatsheiligtum auf dem Kapitol zu Rom wurde Jupiter in Köln zusammen mit den Göttinnen Juno und Minerva in einem Tempel unter der heutigen Kirche St. Maria im Kapitol verehrt. Auch auf dem Kleinen Griechenmarkt ist ein Tempelbe­ zirk des Jupiter bekannt. Der römische Jupiter wird meist thronend dargestellt, mit dem Blitz in der Rechten und dem Szepter in der Linken. Dieses Kultbild geht ursprünglich auf die Sta­ tue des Phidias im Zeustempel von Olympia zurück. Im Mittelalter wurde das Bild Jupi­ ters als Darstellungstypus für den thronenden und lehrenden Christus wieder aufgenommen.

Insel 128

Zwei Bruchstücke von Marmorsäulen

1 Ein Altar für Jupiter und den Genius des Kaisers

Die meisten Säulen aus Marmor, die im römi­ schen Köln standen, sind im Mittelalter ent­ weder für Neubauten verwendet oder in den Kalköfen zu Mörtel verbrannt worden. Bei den Ausgrabungen werden aber heute im­ mer wieder Bruchstücke von Marmorsäulen gefunden, so daß man weiß, daß viele Bauten auch im römischen Köln mit Marmorsäulen aus den berühmten Marmorbrüchen Nordafri­ kas, Ägyptens, Griechenlands und Italiens ausgestattet waren. Ebenso wie die marmor­ verkleideten Wände in den Großbauten tru­ gen solche Säulen zur prunkvollen Wirkung der offiziellen Architektur bei. Damit diese großzügige Ausstattung römischer Bauten in Köln nicht übersehen wird, aber auch, um an die farbige Festlichkeit, die sie auszeichnete, zu erinnern, wurden diese beiden Marmorsäulen (ebenso wie in römischer Zeit) in Rom gekauft. Inv. Nr.: 126,3—4. FO: Rom (aus dem Kunst­ handel).

I(ovi) O(ptimo) M(aximo) ET GENIO IMP(eratoris) L(ucius) PACCIVs NONIANus 7 (centurio) LEGIONIS I M(inerviae) Dem besten und höchsten Jupiter und dem Genius des Kaisers (weihte diesen Altar) Lucius Paccius Nonianus, Centurio der Î. Legion Minervia. Um 100 n. Chr. Die Seiten des Altares sind mit einem hän­ genden Tuch und einem Weihekranz an Lor­ beerbäumen geziert. Weihungen an den höchsten Staatsgott Jupiter wurden oft mit einer Weihung an den Schutz­ gott (genius) des regierenden Kaisers verbun­ den. In der Regel wurde jedoch angegeben, der Genius welches Kaisers gemeint war. NL 212. — Inv. Nr.: 60,27. FO: Köln, Rö­ merturm 15.

2 Basis mit dem Ansatz einer Säule Aus dem Säulenfuß, der durch Wülste und Kehlen gegliedert ist, wächst der Ansatz einer Säule, die mit der Basis aus einem Steinblock geschlagen wurde. Inv. Nr.: 128,1. FO: Köln, unbekannt.

3 Bildnis des thronenden Gottes Jupiter Inv. Nr.: 480. FO: Köln, Vor dem Weihertor.

4 Bildnis des thronenden Gottes Jupiter Wahrscheinlich die Bekrönung einer Jupiter­ säule. Inv. Nr.: 567. FO: Köln, unbekannt.

5 Ein Altar für den Gott Jupiter I(ovi) O(ptimo) M(aximo) Dem besten und größten Jupiter Wohl 2. Jhdt. n. Chr. Der große, aus einem Sandsteinblock gemei­ ßelte Altar kopiert einen großen Opferaltar. F 288. — Inv. Nr.: 672. FO: Köln, Badstraße.

6 Bildnis des thronenden Gottes Jupiter Diese Statue des höchsten römischen Gottes muß in einem Heiligtum aufgestellt gewesen sein. Die Darstellung ist auf Untersicht be­ rechnet. Erst dann entfaltet sie völlig die ihr innewohnende plastische Kraft. In der im Schoß liegenden Hand hielt der Gott den Blitz, in der linken ein lanzenförmiges Szepter. 2.—3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 440. FO: Köln, im Turm der Stadt­ befestigung, Ecke Bopp- und Clemensstraße. 7 Ein Rundaltar für den Gott Jupiter I(ovi) O(ptimo) M(aximo) Dem besten und größten Jupiter Wohl 2. Jhdt. n. Chr. Der Altar kopiert die Form eines großen Opferaltars. Der Stifter dieses Altares nennt seinen Namen nicht, sondern hat nur die Weihung an den Hauptgott Jupiter in den Altar einmeißeln lassen. CIL XIII 8196. — Inv. Nr.: 418. FO: Köln, Apernstraße 17.

8 Der triumphierende Jupiter Ein Jupiter überreitet einen Giganten. Diese Riesen lagen nach der Sage seit urtümlichen Zeiten mit den Göttern im Streit, wurden aber von ihnen entweder in einzelnen Kämp-

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fen oder in einer großen Schlacht besiegt. Der Sieg Jupiters über den schlangenfüßigen Giganten scheint auf Denkmäler des RheinMosel-Gebietes beschränkt zu sein. Die Gruppe krönte eine der Jupitersäulen, die auch Gigantensäulen genannt werden. 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 657. FO: Köln, Am Rinkenpfuhl.

9 Bildnis des thronenden Gottes Jupiter Das Bruchstück krönte eine Jupitersäule. Inv. Nr.: 181. FO: Köln, Gereonstraße. 10 Eine Weiheinschrift für den Kaiser,

für Jupiter, alle übrigen Götter und den Schutzgott des Ortes PRO SALVTE IMP(eratoris) ■N(ostri) I(ovi) O(ptimo) M(aximo) CETERISQVE DIIS ET GENIO ■LOCI M(arcus) · VERECVNDINI VS SIMPLEX 7 (centurio) LEG(ionis) XXX VLP(iae) CVRAM AGENS STRATO RVM ET PEDITVM SINGVLARIVM CO(n)S(ularis) V(otum) S(oluit) · M(erito) L(ibens) L(aetus) MACRINO ET CE1SO CO(n)S(ulibus) Für das Wohl unseres Kaisers, dem besten und größten Jupiter, den übrigen Göttern und dem Schutzgott des Ortes! Marcus Verecundinius Simplex, Centurio der Legion 30. Ulpia, der für die Stallmeister und die Leibwache des Statthalters zuständig ist, erfüllte das Gelübde dankbar, gern und freudig, in dem Jahr, als Macrinus und Celsus Konsuln waren. 164 n. Chr. Verecundinius Simplex war von seinem Stand­ ort Vetera bei Xanten für Sonderaufgaben beim Statthalter in Köln abkommandiert. Die Jahreszählung nach Christi Geburt kam erst im 6. Jhdt. n. Chr. auf. Bis dahin datier­ ten die Römer die einzelnen Jahre nach den beiden Konsuln, die ursprünglich jährlich ge­ wählt wurden, d. h. den obersten Staatsbeam­ ten, die ursprünglich für ein Jahr im Amt waren. Inv. Nr.: 392. FO: An der Treppe des süd­ lichen Domquerhauses.

11 Ein Weihestein für den Gott Dis Pater DITI pATRI ■ ET PROSERPIN (ae) sACRVM Dem Gott Dis Pater und der Proserpina geweiht Der Gott Dis Pater herrschte mit seiner Ge­ mahlin Proserpina über die Unterwelt. CIL XIII 8177. — Inv. Nr.: 355. FO: Köln, unbekannt.

12 Eine Weiheinschrift für Jupiter I(ovi) ■O(ptimo) · M(aximo) C(aius) · IVL(ius) · FAB(ia) ■ PROCVLVS 7 (centurio) LEG(ionis) XXX · V(lpiae) ■ v(ictricis) V(otum) · S(oluit) ■L(ibens) · M(erito) Dem besten und größten Jupiter. Gaius Iulius Proculus, aus dem Bürgerbezirk Fabia, Cen­ turio der 30. Legion Ulpia Victrix, löste das Gelübne gern und dankbar ein. 2. Jhdt. n. Chr. Der Stein wurde im vergangenen Jahrhundert in Erkelenz (Kreis Düren) gefunden und im Jahre 1908 in Köln, „Unter Goldsdimied 5“, widerentdeckt. Wie das Denkmal nach Köln gelangte, bleibt unklar. Die 30. Legion Ulpia Victrix lag seit 119 n. Chr. in Vetera Castra südlich von Xanten. Gaius Iulius Proculus stammte nach seiner Eintragung aus dem Bürger-Stimmbezirk Fa­ bia aus Italien. CIL XIII 7896. — Inv. Nr.: 58,848. FO: Erkelenz, 1908 in Köln, Unter Goldschmied 5.

13 Eine Weihung des Legionskommandanten Lucius Aemilius Carus für Jupiter i(ovi) O(ptimo) ■M(aximo) L(ucius) · AEMILIVS CARVS ■LEG(atus) AVG(usti) Für den besten und größten Jupiter (weihte diesen Stein) Lucius Aemilius Carus, Legions­ kommandant Um 150 n. Chr. Lucius Aemilius Carus war zur Zeit des Kai­ sers Hadrian Kommandant der 30. Legion Ulpia Victrix, die bei Xanten lag. Der Beiname einer Legion verrät einiges über deren Geschichte. Diese Legion wurde um 100 n. Chr. als 30. unter dem Kaiser Ulpius Traianus aufgestellt. Ihm verdankt sie den

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Beinamen Ulpia. Seit den Kriegen gegen die Daker, die kurz nach 100 n. Chr. im heutigen Rumänien ausgetragen wurden, erhielt sie als besondere Auszeichnung den zweiten Bei­ namen „Victrix". Er wurde Legionen ver­ liehen, die sich besonders ausgezeichnet hatten. CIL XIII 8197. — Inv. Nr.: 381. FO: Köln, Auf der Burgmauer.

14 Bildnis des thronenden Gottes Jupiter Von einer Jupitersäule. Inv. Nr.: 128,2. FO: Köln, unbekannt.

15 Ein Altar für den Gott Jupiter I(ovi) · O(ptimo) · M(aximo) Dem besten und größten Jupiter 2.—3. Jhdt. n. Chr. Auf der rechten Schmalseite dieses Altars ist eine Opferdienerin, auf der linken ein Opfer­ diener mit verschiedenem Opferzubehör dar­ gestellt. NL 209. — Inv. Nr.: 39,134. FO: Köln, Im Bürgerhospital, Cäcilienstraße.

16 Ein Altar für Jupiter I(ovi) · O(ptimo) · M(aximo) L(ucius) · BAEBIVS SENECIO Dem besten und größten Jupiter (weihte den Altar) Lucius Baebius Senecio. CIL XIII 8199. — Inv. Nr.: 385. FO: Köln, An der Mauritiuskirche.

17 Ein zweimal verwendeter Weihestein für den Gott Jupiter Vorderseite: I(ovi) O(ptimo) M(aximo) M(arcus) FLAVINIVS · FA TALIS ■ ET · S ECVNDINIA PATERNA PRO SE · ET SVIS M(erito) Dem besten und größten Jupiter. Marcus Flavinius Fatalis und Secundinia Paterna (setzten den Stein) für sich und ihre Ange­ hörigen aus Dankbarkeit. Rückseite: IOVI O(ptimo) M(aximo) Dem besten und größten Jupiter 2 .- 3 . Jhdt. n. Chr. (?) Die Weihung des Flavinius und der Secun­ dinia wurde in den Stein eingemeißelt, nach­ dem die ältere Weihung auf der anderen Seite bis auf die obere Zeile gelöscht war. 235

I

Da mit der Weihung eines Steines an eine Gottheit das Denkmal Besitz des Gottes ge­ worden war, durfte es ihm nicht mehr ge­ nommen werden. Deshalb durfte Flavinius seine Weihung auch nur an Jupiter darbrin­ gen, dessen Namen er auf der früheren In­ schriftseite auch nicht zu löschen wagte. NL 211 und 210. — Inv. Nr. 55,814. FO: Köln, Domkloster.

Grabwächter Vor den Toren der römischen Stadt Köln la­ gen an den Fernstraßen die Gräberfelder der Stadt. Viele der Grabdenkmäler waren von Löwen oder Sphingen bekrönt. Ihnen wurde die Fähigkeit zugeschrieben, die Gräber der Toten zu bewachen und Grabräuber abzu­ schrecken. Insel 129

6 Ein kauernder Löwe

wen, die eine Sphinx rahmen. Der Körper dieses Mischwesens ist teils der eines Pferdes, teils der einer Frau und teils der eines Vogels. Wohl 2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 129,1. FO: Köln, unbekannt.

Der wie zum Sprung bereite, kauernde Löwe muß als Bekrönung eines größeren Grabdenk­ mals verwendet gewesen sein. Wohl 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 54,108, FO: Köln, unbekannt.

4 Bruchstück eines Pferdes

7 Bruchstück eines Löwenkopfes

Uber dem profilierten Gesims hocken zwei Lö­ wen, die eine Sphinx rahmen. Wohl 2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 743. FO: Köln, Luxemburger Straße.

Von einem voüplastisch ausgebildeten Pferde­ körper ist die Hinterhand erhalten. Das Pferd stammt wahrscheinlich von einem großen Grabdenkmal. Inv. Nr.: 55,70. FO: Köln, An St. Severin.

Es ist nicht auszuschließen, daß dieses Bruch­ stück eines Löwen die Dachtraufe eines Hau­ ses schmückte. Inv. Nr.: 223. FO: Köln, Umgebung des Do­ mes.

2 Ein kauernder Löwe

5 Ein Löwe schlägt einen Eber

8 Ein kauernder LÖwe

Auch dieser Löwe stammt von einem Grab­ denkmal. Wohl 2. Jhdt. n. Chr. Inv, Nr,: 50,93. FO: Köln, Gereonstr. 21-23.

Der raffende Tod wird hier durch den Löwen dargestellt, der den Eber geschlagen hat. Das in der römischen Grabmalplastik häufige Motiv hat eine bis auf das Bildgut im Alten Orient zurückgehende Tradition. Wohl 2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 234. FO: Köln, Severinswall 3.

Auch dieser Löwe stammt von einem Grab­ denkmal. Wohl 2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 166. FO: Köln, unbekannt.

1 Die Deckplatte eines Grabdenkmals

3 Die Deckplatte eines Grabdenkmals Uber dem profilierten Gesims hocken zwei Lö­ 236

Alltag der Römer Dionysosgeschoß Dionysosmosaik Das Römisch-Germanische Museum ist über einem großen römischen Wohnhaus des 3. jhdts. n. Chr. errichtet. Seinen Fest- oder Speisesaal (oecus), der an der Westseite des Gartenhofes (Peristyl) des Hauses lag, schmückte dieser Mosaikboden. Er liegt an der Steile, an der er im Jahre 1941 ausgegraben wurde. Die feinen Darstellungen des Weingottes Dionysos mit seinem Festzug (Thiasos) neh­ men Bezug auf die Verwendung des Raumes als Fest- und Speisesaal. In der Mitte ist der junge bekränzte Gott selbst dargestellt. In seiner Trunkenheit stützt er sida auf einen Satyr. Ausführliche Beschreibung siehe S. 50. 10,57 x7,00 m 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr. 2. FO: an dieser Stelle.

wurde der Brunnenschacht aus Tuffsteinblökken aufgesetzt. Die Blöcke sind von dem Steinmetzen so sorgfältig zugeschnitten, daß die einzelnen Steine ohne jede Verklamme­ rung fugeneng versetzt werden konnten. Von dem Brunnenschacht sind nur die oberen drei Steinreihen ausgestellt. Die Fugen an den Außenseiten wurden hier mit Lehm ver­ schmiert, um anzudeuten, daß sie gegen Erd­ reich saßen, das beim Zuwerfen der BrunnenBaugrube in die Fugen eindrang. Kurz nach 50 n. Chr. Inv. Nr.: 01,1. FO: Köln, Praetorium unter dem Rathaus. Insel 01

Ein römisdier Brunnen aus Köln Das römische Köln erhielt Wasser aus der Eifel. Dort wurde es von den Quellen aufge­ fangen, über Leitungen in Brunnenstuben ge­ führt, von wo es durch große Kanäle bis in die Stadt gelangte. Wenn auch einige Häuser direkt an das Wassernetz angeschlossen waren, mußte in der Regel das Wasser dodi aus Brun­ nen geschöpft werden. Brunnen standen an den Straßen, vielfach aber auch in dai Höfen der Häuser. Die Brunnen waren immer tief in den Boden hineingeführt. Aus ihnen schöpfte man das Wasser mit Eimern, die man an langen Ketten herabließ. Die Römer waren erfahrene Brunnenbauer. In vielen Gegenden des römischen Reiches war Wasser nur aus Brunnen oder Zisternen zu ge­ winnen. Deshalb ist es nicht erstaunlich, daß manche Brunnen damals schon im „Senk­ kastenverfahren“ gebaut waren. Auch in Köln kennt man ein Beispiel für diese Bauart. Man grub dann die Grube ein Stück aus, verschalte sie, grub danach weiter, wieder verschalend und so fort, bis man auf Grundwasser stieß. Dann goß man entweder in die Schalung „caementum“ (eine Mischung aus Kalkmörtel mit Steinbrocken) oder verschalte den Brun­ nenschacht auch mit Eishenholzbohlen. Dieser Brunnen, der aus dem Praetorium (Statthalterpalast) unter dem Rathaus stammt, ist noch in altertümlicher Weise gebaut. Für ihn hatte man eine sehr breite Grube bis zum Grundwasser ausgehoben. Dann zimmerte man den Teil des Brunnens, der in das Grund­ wasser rächte, mit Eichenbohlen aus. Darüber

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Nadigebildeter Fußboden einer römischen Küche aus römischen Ziegeln Die Küchen in den Häusern des römischen Köln waren meist klein, ihre Böden aus Lehm­ estrichen gebildet. Nur in größeren Häusern waren sie bisweilen mit Ziegelplatten ausge­ legt. Die für diesen Boden verwendeten Zie­ gelplatten stammen sämtlich aus Köln. Die Fugen zwischen den Platten wurden, wie in römischer Zeit oft üblich, mit Lehm ver­ schmiert. Insel 03

Römisches Küchengeschirr aus Köln Die meist römischen Gefäße, die bei den Aus­ grabungen in Töpferwerkstätten, in Hausern, vorwiegend aber in den Gräbern als Beigaben gefunden werden, sind Alltagsgeschirr, wie es in jedem Haushalt gebraucht wurde. Das normale Gebrauchsgeschirr wurde in der Küche aufbewahrt, und zwar wie auch heute in der Regel platzsparend auf Regalen gesta­ pelt. Die Formen von Gebrauchsgeschirr waren seit jeher auf ihren Zweck abgestimmt. Viele

Grundformen haben sich bis auf den heutigen Tag kaum geändert. Neben den großen Vorratsgefäßen (Ampho­ ren und Dolien) gibt es Teller verschiedener Größe und Tiefe, ganze Sätze von Schüsseln, eine Reihe von Krügen für Wasser, Wein, ö l, Essig, Getreide und was sich alles nur denken läßt. In den großen Reibschüsseln mit ihrer rauhen Innenseite wurden Nahrungsmittel zerkleinert oder Speisen angerührt. Neben Kochtöpfen standen Siebe und auch Töpfe für kleinere Vorräte oder für die be­ rühmte römische Fischsoße. In der Regel war das Küchengeschirr wohl aus Ton gefertigt. Überall im römischen Reich stellten in den Städten und auf dem Lande Töpfereien den erforderlichen Bedarf her. Spezialwerkstätten verfertigten anspruchvolles Tongeschirr, wie z. B. die verzierten Terrasigilata-Schalen oder Trinkbecher mit Auf­ schrift, Das normale Kochgeschirr bestand fast immer aus rauhwandigem Material. Hierfür wurde dem Ton nicht aus Ersparnisgründen soviel Sand zugesetzt. Vielmehr wurde so die Festig­ keit der Töpfe, die beim Kochen in das offene Feuer gesetzt wurden, erhöht. Zum Braten bediente man sich eiserner Roste oder großer, vielarmîger Bratspieße. Nur Wohlhabende konnten sich metallenes Kochgeschirr leisten, das man an Dreifüße hing, um sie so nahe an die Holzkohlenglut der Herde zu bringen. Für manche Flüssigkeiten wurden in der Küche auch Glasflaschen benutzt. Natürlich wärmte man in der Küche auch das Wasser für die tönernen Bettflaschen oder die metallenen so­ genannten Fußbadewannen. In vielen Häusern befand sich, wenn überhaupt, die einzige Feuerstelle oft In der Küche. Mit diesen in Regalen gestapelten Geschirren soll verdeutlicht werden, daß viele der Gefäße, die wir heute wegen ihrer schönen Form und Farbe bewundern und schätzen, in der römi­ schen Zeit nichts anderes als ganz alltägliches Gebrauchsgeschirr gewesen sind. Die Erforschung dieser Alltagszusammenhänge wird leider heute oft dadurch behindert, daß eigensüchtige Menschen solche Funde für sich behalten. Sie gehören aber nicht nur in öffent­ liche Sammlungen, um sie allen zeigen zu kön­ nen. Vielmehr können durch die genauen "Un­ tersuchungen der Fundumstände und der Zu­ sammensetzung der Materialien, aus dem die Geschirre hergestellt sind, auch jeweils wichtige Aufschlüsse über die Produktionsweise und für die Wirtschaftsgeschichte der römischen Zeit gewonnen werden. FO.: Sämtliche Gefäße sind in Köln gefunden.

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1 Ein Grabstein für Messulcnus Iuvenis C(aio) · MESSVLENO · C(ai) · L(iberto) IVVENI Für Gaius Messulenus Iuvenis, Freigelassenen des Gaius (Messulenus). Sklaven nahmen bei der Freilassung den Na­ men ihres Herrn an. Da sie ihre bürgerliche Existenz ihrem Freilasser verdankten wie Frei­ geborene ihrem Vater, gaben sie auch an Stelle eines Vaters, den sie rechtlich nicht hatten, ihren früheren Herrn an. CIL XIII 8407. — Inv. Nr.: 113. FO: Köln, Bonner Straße 130.

2 Ein Grabstein für Albania Avita ALBANIAE AVITAe coniugi INCOMPARABILI · ET VALERIS AVITIANO · ET ■GRATINAE ■FI LIS · DVLCISSIMIS ■OBITIS ---- für Albania Avita, seine unvergleichliche Gattin, sowie für Valerius Avitianus und Va­ leria Gratina, seine lieben verstorbenen Kinder. An dieser Inschrift läßt sich das Prinzip römi­ scher Namengebung gut erklären: Obwohl der Name des Vaters auf der Inschrift fehlt, wis­ sen wir, daß er mit Familiennamen Valerius hieß, mit „Rufnamen“ wahrscheinlich Gratus oder Gratinus. Die Kinder erhielten natürlich beide seinen Familiennamen „Valerius“ und als Rufnamen solche, die von denen der Eltern abgeleitet waren: Der Sohn Avitianus, vom Rufnamen der Mutter „Avita“ her; die Toch­ ter bekam einfach eine weibliche Form des väterlichen Rufnamens. CIL XIII 8361. — Inv. Nr.: 130. FO: Köln, Im Ferkulum 15.

3 Der Giebel eines Hausaltares Diese Nachbildung eines Tempelgiebels war wahrscheinlich in einem Haus aufgestellt und diente dort als Hausaltar. Die Mitte des Giebels nimmt der Gott Mercur ein, der für Erfolg in Geschäften angerufen wurde. Gerahmt wird er von der Glücksgöttin Fortuna, von der Gerechtigkeitsgöttin Nemesis sowie von Flußgöttern, die Fruchtbarkeit ver­ körpern. Wohl 2 .3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr. 23,61. FO: Köln, Severinstraße. 4 Bruchstück eines Grabdenkmals Von einem Grabdenkmal ist nur dieses kleine Bildwerk erhalten. Das Kind, ein pausbäckiger Knabe oder ein Mädchen, ist in einen fuß­ langen hemdartigen Mantel gehüllt. Es hält einen nicht mehr genau erkennbaren Gegen­ stand (Apfel?) in den Händen. 2-/3. Jhdt. n. Chr. 238

Inv. Nr.: 397. FO: Köln, unbekannt (An­ kauf).

5 Kinder beim Huckepadkspicl Die kleine Marmorgruppe hat eine der in griechisch-hellenistischer Zeit beliebten Satyr­ gruppen zum Vorbild. Sie schmückte vermut­ lich das Grab eines Kindes. Wohl 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 56,90. FO: Köln Luxemburger Straße.

6 Bruchstück eines Grabdenkmals Der Stein wurde zweimal verwendet. Einmal ist eine Frau mit einem Schmuckkästchen dar­ gestellt. Dann wurde das Bild eines Knaben eingemeißelt. Auf den Schmalseiten des Steins finden sich Hirtendarstellungen. Sie galten als Symbole für die Tugend der Fürsorge. Wohl 2.12). Jhdt. n. Chr. Inv. Nr. 193. FO: Köln, unbekannt. 7 Ein Grabstein für das Mädchen Ursa D(is) ■M(anibus) MESSOR(ius) GEMELLIN(us) VRSAE · FIL(iae) OBITAE ■ FEC(it) VIX(it) · AN(um) (unum) · M(enses) · VI ET OLVGNIAE · POPPAE Col(ugi) Den Totengöttern. Messorius Gemellinus errichtete (diesen Grabstein) für seine ver­ storbene Tochter Ursa, die ein Jahr und sechs Monate lebte, und für seine Frau Olugnia Poppa. CIL XIII 8406. — Inv. Nr. 454. FO: Köln, Edie Moltkestraße - Richard-Wagner-Straße.

8 Ein Grabstein für den Knaben Vernadus D(is) · M(anibus) l(ucius) cASSIVS TACITVS VERNACLO F(ilio) · VIXIT ■ DIEBVS · VIIII Den Totengöttern. Lucius Cassius Tacitus (setzte diesen Grabstein für) Vernaclus, sei­ nen Sohn, der 9 Tage lebte. 2./3. Jhdt. n. Chr. Bis in das vergangene Jahrhundert war die Kindersterblichkeit hoch. Merkwürdigerweise sind aber bisher aus Köln nur sehr wenige Grabsteine von Kindern bekannt. Aus der Zeit vor dem 2. Jhdt. n. Chr. gibt es in Köln bisher überhaupt keine.

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Südseite CIL XIII 8375. — Inv. Nr. 415. FO: Köln, bei Maria Ablaß.

Nadibildung einer steinernen Schlafstatt Die allgemeine Vorstellung zielt immer nodi dahin, daß die meisten römischen Hauser auf­ wendige Inneneinrichtungen besessen hätten. Kargheit war jedoch viel häufiger. So war es eine der einfachsten und billigsten Möglichkei­ ten, sich sein Bett in einem Winkel des immer sehr kleinen Schlafzimmers aufmauern zu las­ sen. Häufig wurde auch das erhöhte Kopfende gleich mitgemauert. Auf das steinerne Bett legte man ein — manchmal mit Daunenfedern gefülltes — Polster. Ein solches hartes Lager entsprach natürlich nicht den anspruchsvolleren Gewohnheiten wohlhabender Römer. Sie ließen sich hölzerne oder gar bronzene Betten mit reicher Verzie­ rung anfertigen, die oft auch schon einen

1 Schwarz-weiß-Mosaiken aus den Räumen eines vornehmen "Wohnhauses Die hier ausgelegten Schmuckfußböden stam­ men sämtlich aus einem Wohnhaus, das im Jahre 1969 bei den Ausgrabungen an der Dom-Südseite aufgedeckt wurde. Es war das Nachbarhaus, das neben dem großen Wohn­ haus mit dem berühmten D'onysos-Mosaik lag. Mit den Böden waren ein großer Raum sowie Gänge des Hauses ausgelegt. Während der Besitzer des Hauses mit dem schönen Dionysos-Mosaik sehr farbige Mosai­ ken mit figürlichen Darstellungen bevorzugte, scheint derjenige dieses Hauses eine Vorliebe für streng geordnete Böden mit Schwarz­ weiß-Mustern besessen zu haben. Verwendet sind für alle Böden ineinandergreifende Kreise mit jeweils einem „Hakenkreuz“ in der Mitte. Der künstlerische Reiz dieses Motives liegt in seiner endlosen Wiederhol­ barkeit. Das Hakenkreuz hieß im Lateinischen „Croux gamata“. Wahrscheinlidi ist das Ha­ kenkreuz altindischen Ursprungs (Swastika). Es wollte als ein Glückssymbol verstanden sein. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 018,1—3. FO: Köln, Dom-Südseite. Dauerleihgabe der Hohen Domkirche. Insel 09

federnden „Sprungrahmen“ besaßen. Bis­ weilen wurden solche Betten durch Elfenbeinund Silberverzierung auch zu richtigen „Prunkbetten". Der einfachen und praktischen Möglichkeit, Möbel aufzumauern, bedienten sich die Römer

übrigens auch sonst sehr häufig. Durch Funde sind gemauerte Bänke, Sitze, Speisesofas, mit Vorhängen verhängte Schranknischen und Ti­ sche bekannt. Inv. Nr.: 05,1. Nach einem Beispiel aus Pom­ peji rekonstruiert. Insel 08

er einen zweihenkligen Trinkbecher; weitere Trinkgefäße stehen auf einem runden Beistell­ tisch. Ein Diener steht am Fußende des Bettes, bereit, seinem Herrn aus dem großen Behälter erneut einzuschenken. Römischer Sitte entsprechend lagerte man beim Essen. Man aß nicht mit Messer und Gabel, sondern mit den Fingern. Die Speisen wurden in mundgerechten Happen zerkleinert aufge­ tragen. Eine Serviette und eine Schüssel mit

Wasser zum Reinigen der Finger waren des­ halb unentbehrlich. Die Darstellung im unteren Bildfeld zeigt den Pferdeknecht des Oluper, der das Pferd seines Herrn versorgt. Zahlreiche Soldaten der „Ala Afrorum“, die in Krefeld-Gellep oder Kalkar stationiert waren, sind in Köln begraben. CIL XIII 8304. — Inv. Nr.: 459. FO: Köln, Gereonstraße.

2 Grabstein für den Reiter Oluper OLVPER ■CERGAEPVRI F(ilius) · EQ(ues) · ALAE · AFRORUM TVR(ma) · PRECI · CAPITONIS ANN(orum) · XXXX ■STIP(endiorum) ·XX · H(eres) · EX · T(estamento) · F(aciendum) · C(uravit) · Oluper, Sohn des Cergaepurus, Reiter in der nordafrikanischen Kavallerieeinheit, in der Abteilung des Precius Capito, (verstorben im Alter) von 40 Jahren nach 20 Dienstjahren. Der Erbe ließ auf Grund des Testamentes (das Grabmal) errichten. Oluper ist auf einem Speisesofa lagernd dar­ gestellt (sog. Totenmahl). In der Linken hält 239

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1 Ein trauernder Genius

Insel 015 Nordseite

Totenkult 1 Steinsarg Der einfache Trog des Sarges ist aus einem einzigen Sandsteinblock herausgeschlagen. Da­ bei wurde die Oberfläche nur roh mit dem Steinbeil scharriert. Trotz der ziemlich groben Bearbeitung dürfte auch dieser Steinsarg der Beisetzung eines vermögenden Bürgers gedient haben. 2.3. Jhdt. (?) n. Chr. Inv. Nr.: 015,1- FO: Köln, unbekannt.

2 Sarkophaginschrift für Apollonia Victorina Bessula APOLLONIAE · VICTORINAE · BESSVLAe VALGAS · MAIERI (filius?) · DEC(urio) ALAE ■FID(a)E · VINDICIS CONIVGI · CARISSIMAE · MEMORIAM QVEM ROGAVIT FECIT Für seine geliebte Gattin Apollonia Victorina Bessula ließ Valgas, Sohn des Maier, Dekurio der Ala fida vindex, dieses Erinnerungsmal, das sie sich gewünscht hatte, anfertigen. 2./3. Jhdt. Es besteht der Verdacht, daß die Inschrift erst später auf dem Sarkophag angebracht wurde. Eine frühere Aufschrift wurde deshalb wohl entfernt. Offensichtlich hat man dazu die ganze Vorderfront abgearbeitet: Unten sieht man einen Absatz. Auch die abgeplatteten Arme der Totengenien, die die Inschrifttafel halten, sprechen dafür. Inhaltlich gibt es ebenfalls Bedenken gegen die Echtheit: Die Namen Valgas und Maier sind sonst unbekannt. CIL XIII 8307. — Inv. Nr.: 67. FO: Köln, St. Ursula.

3 Große Sphinx von einem Grabdenkmal Unter den Sphinx-Darstellungen, die das Mu­ seum besitzt, ist diese die schönste. Der ganze unheimliche Zauber dieses Fabelwesens kommt zum Ausdruck. Halb Löwe, halb Mensch, dann wieder Vogel, schrieb man dem merkwürdigen Mischwesen die Kraft zu, den Toten vor den Dämonen zu schützen. Charakteristisch an die­ sem Bildwerk ist der strenge weibliche Kopf. Er ist stolz und drohend zugleich hochgeredkt. Der Blick ist in die Höhe gerichtet. 2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.; 25,292, FO: Köln, Aachener Straße. 240

4 Steinsarg für Traiania Herodiana D(is) M(anibus) TRAIANIAE HERODIANAE CONIVGI INCOMPARABILI AVR(elius) TVRIVS SENECA BENE DE SE MERITAE Den Totengöttern. Für Traiania Herodiana, seine unvergleichliche Gattin, die sich um ihn wohl verdient gemacht hatte, (ließ) Aurelius Turius Seneca (den Sarkophag hersreJlen). 3. Jhdt. (?) n. Chr. Auf dem mittleren Giebelfeld des schönen Sargdeckels sind offensichtlich die verstorbenen Eheleute dargestellt. Sie trägt die einheimische Haube, die auch die verheirateten Muttergott­ heiten auf den Matronensteinen haben. Mann und Frau sind überdies mit dem einheimischen Kapuzenmantel bekleidet. An den Seiten des Sargdeckels sind Büsten von Totengöttern (?) angebracht. Die Sitte, zwei oder mehr Familiennamen zu tragen, war seit dem 2. Jhdt. n. Chr. vor allem bei der Obersdiidit des Reiches verbreitet. Ob Seneca zu diesen Kreisen gehörte, wissen wir nicht. Unvermögend wird er — nach dem auf­ wendigen Sarkophag zu urteilen — zwar nicht gewesen sein, doch warnen der nebenstehende Sarkophag, den ein Unteroffizier aufstellen ließ und das Grabmal des Poblicius, eines ein­ fachen Soldaten, vor allzu weitgehenden Schlüssen. CIL XIII 8426. — Inv. Nr.: 31,251. FO: Köln, Luxemburger Straße.

Insel 016 Südseite

Der Knabe stellt einen geflügelten Totengenius dar. Sein in Trauer geneigter Kopf ruht auf den gekreuzten Armen. Der untere Teil der Skulptur war gesondert gearbeitet. Ein Stück horizontaler Ansatzfläche läßt erkennen, daß der Genius wohl auf einem kleinen Podest saß. Darauf stand das hochge­ stellte linke Bein. Ein soldier Trauergenius war als Grabschmuck in der römischen Zeit sehr beliebt. Übrigens griff das 19. Jhdt. auf dieses Motiv zurück und verwandte solche Todesgenien als Grabdenk­ mal. Inv. Nr.: 016,1. FO: Köln, unbekannt.

2 Ein Grabdenkmal für den Soldaten Iulius Baccus C(aius) ■IVLIVS ■C(ai filius) · GALE RIA · BACCVS · LVGV DVNI · MIL(es) - COH(ortis) · I · TH RACVM · ANN(orum) · XXXIIX STIP(endiorum) -XV · ANTISTIVS ATTICVS · ET ■BASSIVS COMMVNIS · H(eredes) ■F(aciundum) C(uraverunt) Gaius Iulius Baccus, Sohn des Gaius, aus dem Bürgerbezirk Galeria, gebürtig in Lyon, Sol­ dat in der 1. thrakisdien Kohorte, (verstorben im Alter von) 38 Jahren nach 15 Dienstjahren. Antistius Atticus und Bassius Communis, seine Erben, ließen (das Grabmal) errichten. Ende 1. Jhdt. n. Chr. Ober der Insdirift ist der Tote beim Mahl dar­ gestellt. Einfache Gemüter träumten auch da­ mals schon davon, daß es nichts Schöneres geben könnte, als in Saus und Braus fortzu­ leben. Da dies auf der Erde auch damals nur wenigen vergönnt, aber wohl von fast allen erstrebt war, galt das uneingeschränkte Wohl­ leben dem auf die Freuden dieser Welt allein ausgerichteten Sinn als das wahrhaft Erstre­ benswerte im jenseitigen Leben, das im Grunde als die Welt der Schatten gefürchtet war. Die 1. thrakische Kohorte, die im heutigen Bulgarien aufgestellt worden war, stand im 1. Jhdt. in Niedergermanien, eine Zeitlang auch in Bonna-Bonn. CIL XIII 8318. — Inv. Nr.: 24. FO: Köln, Eigelstein 123.

3 Ein Grabwächter An einem Pfeiler lehnt eine männliche Figur. Sie trägt ein kurzgeschürztes, faltenreiches Ge­ wand. Arme und Hände hält der Mann über den Leib gekreuzt. Ein solcher Grabwächter (Cautopates) ist Öst­ licher Herkunft. In römischer Zeit waren der­ gleichen Darstellungen auf Gräbern beliebt. Das Lodi oben in dem Pfeiler ist modern. 2-/3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 627. FO: Köln, unbekannt.

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1 Ein Grabaltar für Herculinius Nicasius

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D(is) M(anibus) S(acrum) HERCVLINI VS NICASIVS QVANDAM PRIMITIVIA SIA EI EI VS CO IVCI MEO qVA NdAM tltVLVM POSVI Den Totengöttern geweiht. Herculinius Nicasius (er war einmal?) Ich Primitma----sia, seine (Frau), habe meinem Gatten (er war einmal?) die Inschrift gesetzt. Das Grabdenkmal ist hier in der Form eines Altares gehalten. Obenauf liegen, wie auf einem richtigen Altar, Früchte und ein Blatt. Das zweimal ohne Zusammenhang im Text er­ scheinende quandam muß wohl als „quondam“ verstanden und mit: „es war einmal“ übersetzt werden. CIL XIII 8384. — Inv. Nr.: 138. FO: Köln, Chlodwigplatz.

2 Ein Grabdenkmal für den Freigelassenen Bruttius Acutus

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L(ucio) · BRVTTIO ACVTO ■IVSTI 7 (centurionis) · LEG(ionis) · V · L(iberto) · MAVRA CONTVBERNALI ET ■NEPELENI - FILIAE F(aciendum) ■C(uravit) S(it) ■T(ibi) · T(erra) · L(evis) Für Lucius Bruttius Acutus, Freigelassenen des Bruttius Iustus, Centurio der 3. Legion. Maura ließ (diesen Grabstein) ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter Nepelene aufstellen. Möge Dir die Erde leicht sein! Mitte 1. Jhdt. n. Chr. Der schöne Stein hat einen überaus sorgfältig gearbeiteten oberen Abschluß. Der Giebel ist mit Ornamenten verziert. Blattwerk schmückt die Zwickel. Das bescheidene Vermögen der Stifterin dieses Steines ließ größeren Aufwand nicht zu. Be­ zeichnend ist daher, daß gleichwohl auch in dem schlichten Zierat eine Grabarchitektur an­ gedeutet wurde. Daran ist zu erkennen, daß schon damals die für die Gräber der Reichen benutzten Formen auf Grabsteinen ärmerer Bürger nachgeahmt wurden. Maura, sichtlich eine Sklavin, bezeichnet den Verstorbenen als ihren „contubernalis“ (Freigelassenen), da sie — als Sklavin — nicht in

rechtsgültiger Ehe mit ihm leben konnte. Aus der letzten Zeile ist zu ersehen, daß der Tote begraben, nicht wie üblich, verbrannt wurde. CIL XIII 12059. — Inv. Nr.: 652. FO: Köln, Norbertstraße.

3 Bruchstück eines Grabdenkmals Von einem Grabdenkmal ist nur der obere Teil erhalten. Sichtbar ist die Büste des Ver­ storbenen mit in der Mitte gescheiteltem Haar, das sich auf den Schultern rollt. Die Darstel­ lung wird wie ein Medaillon rund umrahmt und steht auf einem Sockel, der wie eine In­ schrifttafel geformt ist. Vielleicht war darauf ursprünglich der Name des Verstorbenen auf­ gemalt. Inv. Nr.: 017,1. FO: Köln, unbekannt.

5 Ein Grabaltar für Aelius Germanio D(is) · M(anibus) ■P(ublio) ■(a)ELIO GERMAN IONI ADIVTORINIA MARCELLA COIIVGI ■OBITO •FECIT· Den Totengöttern. Für Publius Aelius Ger­ manio, ihren verstorbenen Gatten, errichtete Adiutorinia Marcella (dieses Grabmal). 2. Hälfte 2. Jhdt. CIL XIII 8359. — Inv. Nr.: 406. FO: Köln, Moltkestraße. 4 Eine Grabinschrift für den Soldaten

Iovincatus IOVINCATVS VELAGENI · F(ilius) MIL(es) · EX · COFI(orte) ALPINA · II ■ANN(orum) · LV STIP(endiorum) XXX · H(ic) · S(itus) · E(st) H(eres) · EX · T(estamento) · F(aciendum) · C(uravit) Iovincatus, Sohn des Velagenus, Soldat aus der 2. cohors Alpina, (verstorben im Alter von) 55 Jahren nach 30 Dienstjahren, liegt hier begraben. Sein Erbe ließ aufgrund des Testamentes (das Grabmal) errichten. Wohl noch 1. Hälfte 1. Jhdt. Die cohortes Alpinorum oder Alpinae wurden zwar zuerst unter den Alpenstämmen von den Meeresalpen bis Österreich ausgehoben, doch waren es nicht, wie der Name nahelegen könnte, Gebirgsjäger- oder Alpinitruppen, sondern ganz gewöhnliche Infanterieverbände. Inv.Nr.: 017,2. FO:Köln,Gereonstraße 15/23.

Poblicius-Halle Grabdenkmal des Poblicius Sich, seiner Familie und schließlich auch uns hat Lucius Poblicius diesen Grabbau hinter­ lassen. Nicht als ehern. Soldaten, sondern als Redner mit Buchrolle, Buchrollenbehälter und in der offiziellen Tracht des Römers, mit der Toga, steht er in der Mitte zwischen den Säu­ len. Neben ihm Angehörige seiner Familie. Der 14,50 m hohe Grabbau ist übersichtlich gegliedert. Ein Sockel, eingefaßt von Pfeilern, abgeschlossen durch ein Gebälk, trägt die In­ schrift. Auf diesem Sockel ruht wie eine Tem­ pelfront das Geschoß, in dem die Standbilder stehen. Steil schwingt das Dach nach oben. Es endet in einem mächtigen Kapitell und wird von einer Figurengruppe bekrönt. Diese Gruppe, Aeneas, der mit Vater und Sohn aus Troja flieht, gehört, ähnlich wie der gesamte übrige Schmuck, zur Totensymbolik ein esGrabmals. So legt man den Verstorbenen Girlan­ den ins Grab, Pan und Mänade verheißen Un­ sterblichkeit, die Meerwesen an den Ecken des Daches geleiten die Toten zu den Inseln der Seligen. 241

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Nordseite

Eingangshalle 1 Basis für eine Statue

2 Bruchstück einer Knabenfigur

3 Bruchstück eines Ganymed

Die an den Rändern reich verzierte Basis war mit einer Inschrift versehen. Sie wurde später gelöscht, wie an den Meißelspuren zu erkennen ist. Auf der einen Schmalseite befindet sich ein Füllhorn. Wohl 1./2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 53,1346. FO; Köln, unter dem Rat­ haus.

Ein nur mit einem Mantel bekleideter Knabe stützt sich auf einen Pfeiler. Solche Statuen waren als Grabschmuck beliebt. Der Bildtypus hat in römischer Zeit schon eine lange Tradition, die auf die griechische Kunst zurückgeht. Wohl 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 473. FO: Köln, Im Ferculum.

Ganymed wurde der Sage nach vom griechisehen Hauptgott Zeus auf einem Adler in den Himmel (Olymp) entführt. Ganymed-Darstellungen waren in römischer Zeit als Grabplastiken sehr beliebt. Der Ver­ storbene oder die Angehörigen brachten in Anspielung auf Ganymed ihre Hoffnung auf Aufnahme in eine bessere Welt zum Aus­ druck. Wohl 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 227. FO: Köln-Nippes.

Terrassengeschoß

Insel 4 Westseite

Südseite

Pilasterkapitell von einem augusteischen Grabtempel Das in Relief gearbeitete Kapitell ist zusam­ men mit den Ansätzen der Pilaster aus einem mächtigen Kalksteinblock geschlagen. Es ge­ hört zu dem im Museum wieder aufgerichteten Giebel eines Grabtempels, der rundum ge­ schlossene Wände besaß. Sie wurden an den Enden durch vor die Mauer vorspringende Wandstreifen (Pilaster oder Lisenen) geglie­ dert. Die Lisenen waren durch Furchen und Stege gegliedert (kanneliert). Die Pilaster wur­ den durch Kapitelle gekrönt. Sie sind — der korinthischen Bauordnung entsprechend — mit einer dreifachen Reihe aus Akanthusblättem verziert. Zuoberst befinden sich seitlich Schneckenornamente (Voluten) und in der Mitte Rosetten. Über den Deckplatten ruht auf den Kapitellen das Gesims des Tempels. Da der Block in das Mauerwerk eingebunden war, sind die in das Mauerwerk eingelassenen Seiten roh gelassen. 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 785. FO: Köln, Ecke Luxemburger und Hochstadenstraße. Insel 3 242

Nordseite 1 Ein Grabdenkmal für Aurelia Gaiana aus dem Libanon B(onae)

M(emoriae)

ΕΥΨΥΧΙ Ο Υ Λ Ε Ι Σ ΑΘΑΝ A TO 2

AVREL(iae) · GAIAN(ae) DOMO · SIDON AELIVS · PAVLVS · 7(centurio) lEG(ionis) · I ■ M(inerviae) ■ CONIVG(i) CARISSIME Die griechische Inschrift in dem kleinen Tafel­

chen: „Leb wohl! Niemand ist unsterblich.“ Ende 2. bis Anfang 3. Jhdt. Das Grabdenkmal hat die Form eines Grab­ altares, wie an den runden Polstern (polvini) auf der Oberseite zu erkennen ist. Über der Inschrift befindet sich in einem Rah­ men (imago clipeata) die Bildnisbüste der Au­ relia Gaiana. Die offensichtlich noch junge Frau trug Zöpfe, von denen nur der rechte erhalten ist. Unter dem Medaillon ist eine plastisch ausge-

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arbeitete I n schrill taf ei (tabula ansata) ange­ bracht. Auf ihr steht ein Grabspruch in grie­ chischer Sprache, die also auch wohl bisweilen im römischen Köln gesprochen, wenigstens aber von einigen gelesen und verstanden wurde. Die Seiten des Denkmals schmücken Lorbeer­ bäume. Die Bonner Legion I Minervia nahm zu die­ ser Zeit öfters an Feldzügen im Orient gegen die Parther teil, und von einer solchen Expe­ dition wird Paulus seine Frau mit nach Ger­ manien gebracht haben. Sie stammte aus Sidon im heutigen Libanon. Inv. N r.: F. B. 1966,4; 4,2. FO: Köln, Seve­ rinsmühlengasse / Im Ferkulum.

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Ostseite

2 Bruchstück von einem Triton Dieses männliche Mischwesen, ein Triton, bil­ dete die Eckbekrönung am Dachansatz eines Grabbaues (ähnlich wie bei dem Grabdenkmal des Poblicius in der Eingangshalle des Mu­ seums). Solche Meerwesen (Tritone), deren mensch­ liche Oberkörper in einem schuppigen Fisch­ leib endete, begleiten nach der Vorstellung der Antike die Verstorbenen über das Meer zur Insel der Seligen. Inv. Nr.: 479. FO: Köln, unbekannt. 3 Ein Grabdenkmal für den Soldaten Licinius Rusticus Q(uintus) · LICINIVS Q(uinti) · F(ilius) · SERGIA RVSTICVS · CORD (uba) EQ(ues) · LEG(ionis) ■XXI · RAP(acis) · ANN(orum) · X X X IIII STIP(endiorum) · XIV · H IC SITVS · EST · H(eres) eX · T(estamento) F(aciendum) · c(uravit) Quintus Licinius Rusticus, Sohn des Quintus, aus dem Bürgerbezirk Sergia, gebürtig aus Córdova, Reiter der 21. Legion Rapax, (ver­ storben im Alter von) 34 Jahren, nach 14 Dienstjahren, liegt hier begraben. Sein Erbe ließ auf Grund des Testaments (den Grab­ stein) errichten. 1. Jhdt. n. Chr. Über der Inschrift sind ein Giebel mit Ranken und Rosetten nur eben im Stein angerissen. Plastischer ausgebildet sind dagegen die Lor­ beerbäume auf den Seiten des Steines. Wie viele Soldaten der 21. Legion, die von Augustus bis ca. 44 n. Chr. in Vetera, von 70 bis etwa 83 n. Chr. in Bonn stationiert war, kam Rusticus aus Spanien, nämlich aus Córdova. Inv. N r.: 4,3. FO: Köln, Gereonstraße 15/23.

1 Bruchstück eines Gesimses Uber einem Blattstab halten reichverzierte Gebälkvorsprünge (Konsolen) die vorsprin­ gende Gebälkplatte, die mit verschiedenen Ornamenten geschmückt ist. Ein Gesims ist ein aus einer Mauer hervor­ tretendes waagerecht verlaufendes Bauglied. Es ist mehr oder weniger reich gestuft und verziert und hat den Abschluß eines Geschos­ ses oder eines Gebäudes zu kennzeichnen. Auf dem jeweils oberen Gesims liegt in der Regel das Dach auf. So hat das Gesims auch die Auf­ gabe, das Regenwasser abzuleiten. Dieses Ge­ sims war an der Ecke eines Gebäudes eingebaut. Inv. Nr.: 5,1. FO: Köln, unbekannt.

2 Bruchstück einer Säulentrommel Von einer Säule ist nur diese Säulentrommel erhalten. Im römischen Köln waren oft die Säulen aus soldien Trommeln zusammengesetzt. Die ein­ zelnen Stücke waren in der Regel durch Blei­ zapfen miteinander verbunden. Der Säulenschaft war glatt, also bar jeder Gliederung. An der Trommel sind die Spuren einer späte­ ren Abarbeitung zu erkennen. Inv. Nr.: 5,3. FO: Köln, unbekannt. 3 Bruchstück einer Säulentrommel

4 Ein Gesimsbruchstück Dieses Gesims stammt wahrscheinlich von einem Grabbau. Es schloß das Mauerwerk nach oben ab und trug das Dach des Gebäudes. Zwei kräftig herausgearbeitete Eierstäbe (Kymation) liegen übereinander. Dazwischen tritt ein dritter Eierstab kräftig hervor. Inv. Nr.: 4,1. FO: Köln, unbekannt.

Von einer Säule ist nur dieses Bruchstück einer bloß sehr grob behauenen Säulentrommel er­ halten. Diese Säulentrommel lehrt, daß es im römi­ schen Köln auch Bauten gegeben haben muß, die nur grob zugerichtete gliedernde Bauteile besaßen, Inv. Nr.: 5,4. FO: Köln, unbekannt.

4 Das Bruchstück einer monumentalen Grabinschrift eines Kölner Ratsherrn DEC(urio) · C(oloniae) · C(laudiae) · A(rae) · A(grippinensium)---SIBI · FE(cit et suis) ----Ratsherr der Kolonie Claudia Ara Agrip­ pinensium ------- errichtete (das Grabmal) für sich (und die seinen------) Colonia Claudia Ara Agrippinensium war in der römischen Zeit der offizielle Name der Stadt Köln. In dem nach 38 v. Chr. (?) gegründeten oppi­ dum Ubiorum, dem Hauptort für den germa­ nischen Stamm der Ubier, die die Römer im Gebiet von Köln angesiedelt hatten, stand ein Altar, die Ara. Der Name dieses Altares lebte in dem offiziellen Stadtnamen fort, nachdem die Kaiserin Agrippina die Erhebung des oppi­ dum Ubiorum zur Kolonie nach römischem Redit erreicht hatte. Agrippina war als Tochter des Germanicus im oppidum Ubiorum geboren, Ihr gelang es, als Frau des Kaisers Claudius diesen zur Stadt­ erhebung ihres Geburtsortes zu bewegen. So kamen des Kaisers und ihr eigener Name in den offiziellen Titel der Stadt. Die Einwohner nannten sich nach ihrer „Städtegründerin“ die „ Agrippinense r“. Inv. N r.: 5,5. FO: Aus dem Rhein, vermutlich unterhalb der Hohenzollernbrücke.

5 Bruchstück eines Gesimses Dieses Gesims saß als oberer Abschluß ver­ mutlich an der Ecke eines reichgegliederten Ge­ bäudes. Inv. Nr.: 5,2. FO: Köln, unbekannt.

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6 Das Bruchstück einer Bauinschrift ---- cum su IS · OR(namentis------------------------ EX · H S ................................ ex h S 'N · XX. (.............. ----mit der gesamten Ausstattung----------- zum Preis von HS ( = Sesterzen)------------zum Preis von HS ( = Sesterzen) 20000 Die Inschrift wurde in der Nähe des Kölner Kapitolstempels gefunden. In diesem Tempel wurden neben dem römischen Hauptgott Jupi­ ter die Göttinnen Juno und Minerva verehrt. Der Kapitolstempel war der Haupttempel jeder römischen Stadt. Die drei Götter nannte man die kapitolinische Dreiheit (Trias). Der Kölner Kapitolstempel lag in der Südwestecke der römischen Stadt, und zwar genau unter der heutigen Kirche Maria im Kapitol. Da das Bruchstück der Inschrift in der Nähe des römischen Haupttempels gefunden wurde, kann es sich nur um eine Bauinschrift handeln, in der die Wiedererrichtung oder der Neubau eines Gebäudes mit aller Ausstattung erwähnt wird. Vermutlich handelt es sich bei der Inschrift um die Stiftung eines Privatmannes. Da nur die wenigsten Städte über geregelte größere Ein­ nahmen verfügten, waren sie für öffentliche Bauten weitgehend auf die Freigebigkeit ihrer wohlhabenden Bürger angewiesen. Inv. Nr.: 61,351. FO: Köln, Kapitolsbezirk (Maria im Kapitol).

Westseite

Ostseite

1 Bruchstück einer zerstörten Inschrift

Marcus Sacrius Primigenius, Sohn des Securus, Reiter in der norischen Kavallerieabteilung, Schwadron des Paterclus, vom Stamm der Remer. Er starb mit 26 Jahren nach 11 Dienst­ jahren. Sein Erbe ließ (dieses Grabmal) er­ richten. Ende 1. Jhdt. n. Chr. Marcus Sacrius vom Stamm der Remer, die in der Umgebung des heutigen Reims lebten, war bereits im Alter von 15 Jahren eingezogen worden. CIL X III 8309. — Inv. N r.: 6,3. FO: Köln, Gereonstraße.

- - - VINA - - - - T I O -----Von der schön gemeißelten Inschrift sind nur einige Buchstaben erhalten. Man kann sie nicht übersetzen. Inv. N r.: 6,2. FO: Köln, unbekannt.

2 Ein Grabstein für den Sohn eines Freigelassenen der Kaiserin Livia ---- augus TAE · L(iberto) ■VEDIANO ............ PII FILI· PARENS - - ---- für Vedianus, Freigelassenen der Kaiserin (Livia) - - - - der Vater für seinen lieben Sohn---1. Hälfte 1. Jhdt. n. Chr. Aus dem Namen Vedianus ist zu ersehen, daß der Freigelassene aus der Hinterlassenschaft eines gewissen Vedius stammte. Vermutlich ist der berüchtigte, neureiche Ritter Vedius Pollio, ein persönlicher Freund des Kaisers Augustus, gemeint, der den Muränen in seinen Fischtei­ chen lebende Sklaven verfütterte, um ihnen so einen besseren Geschmack zu geben. CIL X III 8266. — Inv. N r.: 6,4. FO: Köln, Bonner Platz.

3 Eine Säulentrommel Dieses Säulenstück ist durch senkrechte Furchen gegliedert, die man Kanneluren nennt. Inv. Nr.: 6,1. FO: Köln, unbekannt.

4 Eine Grabinschrift für Claudius Eleutherus ---- clauDIO --------- eleVTHERO-------- für Claudius----- Eleutherus. CIL XIII 8376. — Inv. Nr.: 6,5. FO: Köln, Caecilienstraße.

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Eine Grabinschrift für Egnatia

DVLCISSIMAE · ET ■EGNATIA LIBERA SORORI PIISSIME F(aciendum) · C(uravit) ---- seiner süßen Frau, und Egnatia Libera ihrer lieben Schwester, ließen (den Grabstein) errichten. NL 223. — Inv. Nr.: 50,310. FO: Köln, St. Severin, Kreuzgang.

7 Ein Weihestein für das Kaiserhaus und die Göttin Minerva pro saLVT(e) · DOMus divinae ----- ET · MINERVae-----------VARISSA · LISS - - ------ S ■CAPITO · LISS - - ------ ATVSSONIS ■F(ilius) - - c APITO · MILI · F(ilius) - - ------ DVOS Die Weihung ist zu zerstört, um sie ganz über­ setzen zu können. CIL X III 8238. — Inv. Nr.: 715. FO: Köln, Römerpark.

5 Ein Grabdenkmal für den Reiter Marcus Sacrius MARCVS ■SACRIVS SECVRI · F(ilius) · PRIMIGENIUS eq VES · ALAE · NORICOR(um) · TVR(ma) pAter CLI · CIVES ■REMVS · ANN(orum) XXVI ■st IP(endiorum) ■XI · H(eres) · F(aciendum) · C(uravit) 244

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4

Ostseite

1 Brudistück einer Säule

Wandcollage 8

Säulen waren im römischen Köln meist aus einzelnen Stücken, den Säulentrommeln, zu­ samengesetzt. Diese Säule ist durch senkrechte Furchen und Stege gegliedert. Man nennt diese Art: eine kannelierte Säule. Inv. Nr.: 7,5. FO: Köln, unbekannt.

Hier sind ausschließlich Bruchstücke von Säu­ len und Wandpfeilern zusammengestellt. Schon diese wenigen Beispiele lehren, daß die römischen Bauten vielfältig gegliedert waren, auch wenn die Baumeister immer wieder mit bestimmten Grundformen arbeiteten. Immer waren die Säulen- und Pfeilerfüße (Basen) durch Kehlen und Wülste gegliedert. Die Säulen selbst, die meist aus einzelnen „Trommein“ zusammengesetzt waren, gliederte man, ebenso wie die Wandvorsprünge (Lisenen oder Pilaster), oft durch Furchen und Stege, die sogenannten Kanneluren. Für die Säulenhäupter, die Kapitelle, war der Aufbau nach der sogenannten korinthischen Ordnung besonders beliebt. Bei solchen Stükken sind Akanthusblätter mehrreihig ange­ ordnet. Beliebt waren in Köln aber auch Kapitelle nach der sogenannten tuskischen Ordnung. Sie wurde zuerst von den Etruskern angewen­ det. Außerdem gab es Kapitelle, die aus Kapi­ tellformen der jonischen und dorischen Ord­ nung „komponiert“ waren. Man nannte solche Kapitelle deshalb „Kompositkapitelle".

2 Bruchstück eines Grabdenkmals

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Auf dem Bruchstück ist die untere Hälfte eines Grabwächters (Cautopates) erhalten. Er trägt ein kurzes, gegürtetes Gewand. An der rechten Seite ist noch Wandputz mit roten Farbresten zu sehen. Fast alle Grabdenkmäler waren ur­ sprünglich bemalt. Inv. N r.: 51,77. FO: Köln, unbekannt.

3 Bruchstück eines Grabdenkmals Auf der Vorderseite ist in einer tiefen Nische die Gestalt des Verstorbenen dargestellt. Er hält eine Schriftrolle in der Hand. Die Sdimalseite zeigt den Oberkörper eines Grabwächters (Cautopates), der eine orientalische Kopfbe­ deckung, die phrygische Mütze, trägt. Inv. Nr.: 7,2. FO: Köln, unbekannt.

4 Säule Von einer großen Säule sind drei Säulentrom­ meln erhalten. Inv. N r.: 7,3. FO: Köln, unbekannt.

Senkrecht 1 (von oben nach unten) 1. Bruchstück eines Wandpilasters 2. Bruchstück eines Pfeilerkapitelles 3. Bruchstück eines Säulenkapitells 4. Bruchstück einer Säulenbasis mit Ansatz der Säule Senkrecht 2 (von oben nach unten) 5. Bruchstück eines Säulenkapitells 6. Bruchstück eines Säulenkapitells 7. Bruchstück eines Säulenkapitells 8. /9. Bruchstücke von Säulenbasen mit An­ satz der Säule Senkrecht 3 (von oben nach unten) 10./11. Bruchstücke von Säulenkapitellen 12. Bruchstück eines Säulenkapitells mit An­ satz der Säule 13. Bruchstück einer Säulenbasis mit Ansatz der Säule 14. Bruchstück einer Säulenbasis mit Ansatz der Säule Senkrecht 4 (von oben nach unten) 15. Bruchstück eines Säulenkapitells 16. Bruchstück eines Säulenkapitells 17. Basis eines Wandpfeilers m it Ansatz des gegliederten Pilasters 18. Bruchstück eines Kapitells mit Ansatz der Säule Inv. Nr.: 8,1 —18. FO: Alle Stücke sind in Köln gefunden.

5 Säule und Kapitell Von verschiedenen Säulen sind Säulentrom­ meln zusammengefügt, darauf ein Säulen­ haupt. Das Kapitell zeigt den Aufbau nach der korin­ thischen Ordnung. Der Kapitell-Kelch ist mit drei übereinanderliegenden Blattkränzen ver­ ziert, die eine mit einem Eierstab geschmückte Deckplatte tragen. Säule: Inv. Nr.: 7,4. FO: Köln, unbekannt. Kapitell: Inv. Nr.: 445.

Wandcollage 8

6 Das Bruchstück einer Grabplatte Erhalten ist die rechte obere Ecke mit einem Totengenius, der mit beiden Händen die jetzt abgebrochene Inschriftenplatte hielt. Inv. Nr.: 7,1. FO: Köln. 245

Insel 9 Südseite 1 Das Polster eines Opferaltars Von einem Opferaltar ist nur diese eine Wange, ein Polster, erhalten. Deren Ober­ fläche ist mit Schuppen und Blättern geziert. Mitten darum schlingt sich ein Band. Auf der Frontseite ist eine Rosette angebracht, auch ein Zweig ist zu erkennen. Die Rückseiten des Polsters sind un verziert. Wahrscheinlich war der Altartisch als Weihealtar an die Wand eines Tempels gerückt. Inv. Nr.: 9,1. FO: Köln, unbekannt.

2 Bruchstück eines Grabdenkmals Das Bruchstück stammt von einem Grabdenk­ mal, das an verschiedene Personen, vielleicht an eine Familie, erinnerte. Verschiedene menschliche Figuren standen in Nischen mit muschelförmigen oberem Abschluß. Erhalten haben sich die Reste zweier Figuren. In der linken Nische sind Kopf, Hals und Schulter einer Frau, in der rechten gerade noch der Ansatz einer Schulter zu erkennen. Über den Nischen zierte das Denkmal ein Rankenomament. 2. Jhdt. n. Chr, Inv. Nr.: 858. FO: Köln, Arnoldshöhe.

3 Ein Kompositkapitell Der Schmuck dieses Säulenhauptes ist aus meh­ reren Teilen zusammengesetzt (komponiert). Deshalb nennt man ein solches Kapitell ein Kompositkapitell. In der unteren Reihe liegen über dem Kapitell­ kern Akanthusblätter (Bärenklau), wie sie bei den sogenannten konrinthischen Kapitellen üblich sind. Darüber führen senkrechte Stege und ein waagerechter Streifen zu einem Fries­ band, dem sogenannten Eierstab — Lotosfries. Der Schmuck des Kapitells endet in seitlichen Schnecken (Voluten). Das Friesband und die Voluten sind typische Bestandteile der soge­ nannten jonischen Kapitelle. Inv. Nr.: 9,8. FO: Köln, unbekannt.

4 Ein Grabdenkmal für Mellonius EracHus D(is) M(anibus) MELLONIO ERACLIO ET · FANNIAE SeCVNDAE 246

P(ublius) MELLONIVS SVPER FILIVS paRENTIBVS cARISSIMIS f(aciendum) ■C(uravit) Den Totengöttern. Für Mellonius Eraclius und Fannia Secunda, seinen lieben Eltern, ließ Publius Mellonius Super, ihr Sohn, (den Stein) aufstellen. 2./3. Jhdt. n. Chr. Da auf dem sehr verwitterten Sandstein heute nur noch wenige Buchstaben zu lesen sind, ist hier der Text der Inschrift so wiedergegeben, wie er noch um 1900 zu erkennen war. Sandstein CIL X III 8405. — Inv. Nr.: 9,10. FO: KölnNippes, Wilhelmstraße.

5 Eine Säulentrommel Von einer Säule ist diese Säulentrommel mit sehr flachen Kanneluren erhalten. Inv. N r.: 9,4. FO: Köln, unbekannt.

6 Eine Säulentrommel Von einer Säule ist diese Säulentrommel er­ halten. Ihr Schaft ist durch breite runde Stäbe, die durch schmale Stege voneinander getrennt sind, gegliedert. Inv. Nr.: 9,5. FO: Köln, unbekannc.

7 Ein korinthisches Kapitell Der Kern des Säulenhauptes ist mit drei Rei­ hen von Akanthusblättern geziert. Die ober­ sten Blätter trugen eine (heute zerstörte) Deckplatte. Darauf lag das Gesims. Inv. Nr.: 9,6. FO: Köln, unbekannt.

Grabdenkmal für Tertinius Herculianus 8 E in

D(is) · M(anibus) TERTINIO HERCVLIANO NATALINIA SANCTA COIIVGI PIO OBITO · F(aciendum) · C(uravit) Den Totengöttern. Für Tertinius Herculianus, ihren teueren verstorbenen Gatten, ließ Natalinia Sancta (diesen Stein) errichten.

3. Jhdt. n. Chr. F 300. — Inv. Nr.: 9,9. FO: Köln, Gereonstr. 60.

9 und 11 Zwei Aschenurnen Diese beiden steinernen Kalksteinurnen ahmen Bronzegefäße nach. Die schön gearbeiteten Körper laden zum Rand hin vasenförmig aus. Ein sich nach oben verjüngender schlichter Deckel schließt sie. Diese Urnen enthielten die Asche von Toten, die auf einem Scheiterhaufen verbrannt wur­ den. Solche Urnen waren zeitweise im römi­ schen Köln sehr beliebt. 2./3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 9,2—3. FO: Köln, unbekannt.

10 Ein korinthisches Kapitell Der Kern des Säulenhauptes ist in zwei Rei­ hen mit Akanthusblättern geziert. Dies ist typisch für die Kapitelle nach der sogenannten korinthischen Ordnung. Eine Seite des Kapitells hat keinen Schmuck. Daran ist zu erkennen, daß es nicht frei stand, sondern mit dieser Seite in eine Wand ein­ gebunden war. Inv. Nr.: 9,7. FO: Köln, unbekannt.

Insel 10 Ostseite

Westseite

1 Basis mit dem Ansatz einer Säule

5 Bruchstück eines Gesimses

8 Basis mit Ansatz einer Säule

Der Säulenfuß ist zusammen mit dem unteren Säulenstüek aus einem Kalksbeinblock ge­ schlagen, Inv. Nr.: 10,4- FO: Köln, unbekannt.

Das Gesims besitzt eine abgeschrägte Kante, die mit einem Fries aus Ranken und Akanthus­ blättern (Bärenklau) verziert ist. Inv. N r.: 235. FO: Köln, unbekannt.

2,4, 7 Drei Säulentrommeln

6 Bruchstück eines Gesimses

Dieser Säulenfuß und der Ansatz einer Säule sind aus einem Kalksteinblock geschlagen. Die Säule ist durch Furchen und Stege gegliedert (kanneliert). Inv. Nr.: 10,5. FO: Köln, unbekannt.

Von drei verschiedenen Säulen stammen diese Säulentrommeln. Während eine Säule einen glatten Schaft besaß, sind die anderen durch Furchen und Stege gegliedert (kanneliert). Inv. Nr.: 10,1—3. FO: Köln, unbekannt.

Der große dreimal abgestufte Gesimsblock be­ sitzt in der unteren Reihe stilisiertes Blattwerk (Kyma). Darüber befinden sich Konsolen und vertiefte Quadrate (Kassetten). Sie sind mit Blättern geziert. Darüber zieht ein Akanthusfries. An der linken Seite ist nur das Grundmuster des Gesimsprofils angelegt. Auf die weitere Ausarbeitung wurde verzichtet. Inv. Nr.: 10,7. FO: Köln, unbekannt.

3 Bruchstück eines Gesimse; Das Bruchstück gehörte zum Gesims eines Rundbaues. Es war reich gegliedert. Über kleine Abstufungen und einen breiten Streifen ist es mit Rosetten sowie m it Konsolen und Akanthusblättern geziert. Nach oben schließt eine Leiste mit Blattwerkmustern das Ganze

9 Pfeilerbasis Die Basis stammt von einem Wandpfeiler. Zu­ sammen mit einem Pfeilerstück ist sie aus einem Kalksteinblock, geschlagen. Der Pfeiler­ ansatz ist an zwei Seiten durch Kehlen und Furchen gegliedert (kanneliert). Da die hintere Seite des Pfeilerblcxkes unbearbeitet ist, muß der Pfeiler entweder direkt vor eine Wand gesetzt oder in sie eingebunden gewesen sein. Inv. Nr.: IQ,6. FO: Köln, unbekannt.

ab. Inv. Nr.: 55,68. FO: Köln, St. Severin.

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12

Nordseite

Ostseite

1 Bruchstück eines Waffenfrieses Diese Kalksteinplatte gehörte als Fries zu einem größeren Grabdenkmal. Erhalten ist nur der profilierte Abschluß des Deckbalkens (Faszienarchitrav) und ein Stück des Relieffrieses mit liegendem Panzer, Helm und Schild. Solche Waffenfriese stehen in Zusammenhang mit den auf dem Schlachtfeld erbeuteten und zu einem Siegesmal (trocaeum) aufgehäuften Waffen. Sie erinnern damit auf einem Grab­ denkmal an die militärische Laufbahn und an die Tüchtigkeit (virtus) des Verstorbenen. 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 752. FO: Köln, unbekannt.

„Gardinenschlag“ als Bearbeitungsmuster. Im späten 3. und 4. Jhdt. war diese Zierart zur Dekoration von Steinsärgen beliebt. 4. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 11,1. FO: Köln, Gereonskloster.

6 Bruchstück von einem Pyramidendach Block eines pyramidenförmigen Daches von einem Pfeilergrabdenkmal. Wohl 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 568. FO: Köln, unbekannt.

7 Kapitell

Block eines pyramidenförmigen Daches von einem Pfeilergrabdenkmal. Wohl 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 31,27. FO: Köln, unbekannt.

Das Säulenhaupt ist nach der sogenannten tuskisdien Ordnung aufgebaut. Diese diederungsart ist bereits im 6. Jhdt. v. Chr. an Tem­ peln Etruriens in Italien bezeugt. Sie hat die dorische Ordnung der Griechen zum Vorbild. 1.—2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 11,2. FO: Köln, unbekannt.

3 Bruchstück von einem Waffenfries

8 Bruchstück eines Triton

Der Block stammt von einem Gesims, das zu einem Grabdenkmal gehörte. Die Waffen spie­ len auf die militärische Vergangenheit des Ver­ storbenen an. Wohl 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 604. FO: Köln, unbekannt.

Dieses Meerwesen, ein Triton, krönte die linke Gesimsecke eines Pfeilergrabdenkmals. Der Triton hat einen kurzen schwammigen Leib mit blattartigen Sdiuppen und flügelartigen Flossen (?). Wahrscheinlich hielt er in seiner rechten Hand ein Ruder. Solche Meerwesen erinnern daran, daß die To­ ten auf die Inseln der Seligen entrückt wurden. Audi das große Pfeilergrabdenkmal des Pobli­ cius, das im Erdgeschoß des Museums wieder­ aufgebaut ist, hat solche Tritonen als Akrotere (Edcbekrönungen). 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 58,687. FO: Köln, Waidmarkt/ Blaubach.

2 Bruchstück von einem Pyramidendach

4 Bruchstück eines Pyramidendaches Die Dächer von Pfeilcrgrabdenkmälern waren aus einzelnen Blöcken zusammengesetzt. Von einem solchen Dadi stammt dieser Block. Die schuppenartig gegliederte Oberfläche soll Dachschindeln darstellen. Wohl 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 55,71. FO: Köln, Gräberfeld von St. Severin.

5 Steinsarg Der Sargtrog ist aus einem einzigen gelblichen Sandstein geschlagen. Er ist mit einem Deckel aus dem gleichen Material abgedeckt. Die Seiten des Troges zeigen den sogenannten 248

9 Bruchstück von einem Pyramidendach Das Bruchstück stammt von einem Pfeiler­ grabdenkmal. Dessen Dach war aus mehreren Lagen aufgebaut. Bei Ausgrabungen wurde das Fundament dieses Denkmals aufgedeckt. Danach gehört der Block zu einem Grabbau,

der ebenso groß wie das Poblicius-Grabdenkmal war. Der Typus der Pfeilergrabdenkmäler gelangte aus Oberitalien in das Rheinland, wo er vom 1. Jhdt. n. Chr. bis in die Mitte des 3. Jhdts. n. Chr. bei vermögenden Bürgern sehr beliebt war. Inv. Nr.: 58,688. FO: Köln, Waidmarkt/ Blaubach.

10 Bruchstück von einem Pyramidendach Block eines pyramidenförmigen Daches von einem Pfeilergrabdenkmal. Es bildete zusammen mit einem zweiten Block, der mit ihm durch eine Klammer verbunden war, eine Lage des Dachblockes, der aus mehreren Blöcken be­ stand. Wohl 1. Jhdt. n. Chr. Inv. N r.: 11,3. FO: Köln, unbekannt.

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11 Bruchstück einer Säule

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Die Säule war aus einzelnen Säulentrommeln zusammengesetzt, die durch Furchen und Stege (Kanneluren) gegliedert waren. 1.—2. Jhdt. n. Chr. Inv. N r.: 11,4. FO: Köln, unbekannt.

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12 Steinsarg Der aus einem Stein geschlagene Trog ist mit einem walmartig ausgebildeten Deckel ge­ schlossen. Die Körperbestattung war in der römischen Zeit immer neben der Brandbestat­ tung üblich, wurde aber seit dem 2. Jhdt. nach Christus immer vorherrschender. Während ein fad je Leute entweder ohne Sarg oder in einem Holzsarg beigesetzt wurden, bisweilen auch in einer Ziegelplatteneinfassung, wählten vermögende Bürger oft Steinsärge, in die häu­ figer auch Holz- oder Bleisärge eingestellt wurden. Wohl 3. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 11,5. FO: Köln, Machabäerstraße Nr. 20.

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8 Ostseite

1 Bruchstück eines Grabdenkmals für Aurelius aus Bologna

13 Bruchstück eines Grabdenkmals Von einem großen Grabdenkmal sind nur Reste der sogenannten Totenmahlszene erhal­ ten. Zu erkennen ist ein Mann, der auf einem Speisebett (Kline) lagert. Der Verstorbene, wahrscheinlich ein Soldat, wird bei den Freuden des ewigen Gelages im Jenseits dargestellt. Um 80 n. Chr. Inv. Nr.: 101. FO: Köln, unbekannt.

14 Ein Weihestein für die Dioskuren Auf der Vorderseite eines altarförmig geglie­ derten Weihesteins ist eine Opferszene zu er­ kennen. Rechts von einem Altar steht ein Opferdiener, der auf einer Doppelflöte spielt, links eine opfernde Person, wohl eine Frau. Dahinter sind noch die Reste einer weiteren Figur zu erkennen. Auf der anderen Breitseite war gleichfalls ein Opfer dargestellt. Auf den beiden Schmalseiten war jeweils einer der Empfänger der Weihung zu sehen: die Dioskuren Castor und Pollux, die ihr Pferd am Zügel führen. Der Kult der Dioskuren ist aus Großgriechen­ land (Süditalien) nach Rom gelangt. Er er­ freute sich in den keltisch-germanischen Pro­ vinzen großer Beliebtheit. Hier vermischte er sich wohl mit einheimischen Vorstellungen. Die Dioskuren sind Zwillinge. Sie wurden zu Sternbildern und als Nothelfer in Gefahren angerufen. 2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 202. FO: Köln, Appellhofplatz.

Um 200 n. Chr. Uber dem Feld mit der Inschrift befand sich ein Relief. Die Darstellung war von Pilastern gerahmt. Zu sehen sind noch drei Fußschemel und zum Teil die Füße der drei thronenden Muttergottheiten (matronae), lulius Philtatus, der Herr des ehemaligen Sklaven lulius Secundus, war vermutlich einst selbst Sklave, wie der griechische Name Phil­ tatus anzeigt. Wurde ein Sklave freigelassen, so erhielt er den „Familiennamen“ seines Herrn, hier „lulius“. CIL X III 8225. — Inv. Nr.: 378. FO: Köln, In der Höhle.

a(ulus?) auRELIVS · A(uli) · F(ilius) ■ leMQNIA ■BON(onia) · EQVES naTVS · ANNO(s) · XLV misSVS - EX · LEG(ione) ■I vexSSILLO C(ai) · LVCRETEI - - - ONIS - MILI(tavit) · ANNOs xxV · H(ic) · S(itus) · E(st) Die unterstrichenen Buchstaben waren vor etwa 70 Jahren noch vorhanden. Aulus Aurelius, Sohn des Aulus, aus dem Stimmbezirk Lemonia, gebürtig aus Bologna, Reitersoldat. Er war 45 Jahre alt und aus der Legio I, unter dem Feldzeichen des Gaius Lucretius----zur Ansiedlung entlassen wor­ den. Er diente 25 Jahre. Hier ruht er. Über dem mit einem einfachen Profil gerahm­ ten Feld mit der Inschrift ist noch der Ansatz eines Bildfeldes zu erkennen. Erhalten ist das Bein eines Kindes, vielleicht eines Putto (?). Berufssoldaten wurden in der Regel nach 25jähriger Dienstzeit in der Legion mit einer einmaligen Abfindung entlassen. Diese bestand im 1. Jhdt. meist aus einem Stück Land und Geld zur Erstausstattung eines kleines Gutes, die dem ja noch relativ jung Entlassenen er­ möglichte, dort als Bauer seine Familie zu er­ nähren. Später konnte man auch in bar abge­ funden werden. Die Ansiedlung ging so vor sich, daß jeweils geschlossene Gruppen aus einer Legion unter der Fahne (vexillum) an einem O rt Land zugewiesen bekamen. Je nach Dienstrang war die Größe des Gütchens unter­ schiedlich. Reiter erhielten mehr als Infante­ risten, Unteroffiziere mehr als Reiter usw. CIL X III 8276. — Inv. Nr.: 414. FO: Köln, Unter Fettenhennen.

Dieses Säulenhaupt ist nach der sogenannten tuskischen Ordnung aufgebaut. Der Kapitell­ körper ist durch einen plastischen Steg, einen glatten Reifen sowie zwei Hohlkehlen geglie­ dert. Darauf liegt die Deckplatte, der soge­ nannte Abacus. Die tuskische Ordnung übernahmen die römi­ schen Architekten von den Etruskern (Tusci). Diese Gliederungsart wurde bis in die Mitte des 2. Jhdts. n. Chr, verwendet. 1.—2. Jhdt. n. Chr. Inv. N r.: 12,3. FO: Köln, unbekannt.

2, 6 Bruchstück einer Säule

7 Bruchstück eines Altares

Zwei Säulentrommeln sind von einer Säule erhalten geblieben. Deren Schaft war durch Stege und Hohlkehlen, zwischen denen jeweils ein Wulst stehengelassen ist, geziert. Eine sol­ che Gliederung nennt man „Pfeifenkannelur“. Inv. Nr.: 53,1038 u. 12,5. FO: Köln, unbe­ kannt.

Von einem Altar ist die linke Ecke seiner Deckplatte erhalten. Mit Sorgfalt ist ein Ha­ kenornament (Mäander) eingemeißelt. Dar­ über folgt die Polsterrolle (pulvini), die an der Frontseite mit einer Rosette, an den Seiten mit Schuppen verziert ist. Die Schmalseite des Altares zeigt einen mit einer Rosette ge­ schmückten Giebel. Das Bruchstück stammt nicht von einem Opfer-, sondern von einem Grabaltar. Grabdenkmäler in der Form eines Altares waren in Italien sehr beliebt. Von dort kam diese Denkmalart an den Rhein. Auf einen solchen Grabaltar legten die Angehörigen Opfergaben für die Toten. In das Bruchstück sind im 17. Jhdt. die Namen von Kölner Ratsherren eingemeißelt worden. Dies belegt, daß man auch damals schon die

15 Bruchstück von einem Waffenfries

3 Eine Weiheinschrift für die suebischen Matronen

Der Kalksteinblock stammt von einem Gesims, das zu einem großen Grabdenkmal gehörte. Wie beim Grabdenkmal des Poblicius sind Schilde nebeneinander angeordnet. Auf der Oberseite des Blockes sind Löcher für Metall­ klammern zu erkennen. Wohl 1. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 236. FO: Köln, unbekannt.

matRIBVS · SVEBIS EVTH VN GAB V S iVLIVS · SECVNDVs iVLI · PHILTATI ■LIB(ertus) v(otum) ■S(oluit) · L(ibens) ■M(erito) Den suebischen euthungischen Matronen, lulius Secundus, Freigelassener des Philtatus, erfüllte das Gelübde dankbar.

4 Bruchstück einer Säule Von einer sich nach oben stark verjüngenden schlanken Säule ist eiq Bruchstück erhalten. Neben den durch Furchen und Stege (Kanneluren) gegliederten Säulen wurden auch immer wieder glatte Säulen verwendet. Vermutlich 1.—2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 12,1. FO: Köln, unbekannt.

5 Kapitell

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Wandcoilage 13

Zeugnisse der römischen Vergangenheit in Köln zu schätzen und in das gegenwärtige Leben einzubinden wußte. 1.—2, Jhdt. n. Chr. Inv. N r.: 12,4. FO: Köln, unbekannt.

8 Eine Grabinschrift für eine kaiserliche Freigelassenenfamilie DIS · MANIBVS COCCEIAE · AVG(usti) · L(ibertae) · RESTITVTAE VIXIT · ANN(is) · XXV · M(ensibus) · VIII · D(iebus) ■IIII M(arcus) · VLPIVS · AVG(usti) · L(ibertus) · FORTVNATVs A COMM(entariis) -RAT(ionis) PATRIM(onii) CONIVGI - OPTIMAE BENEQ(ue) DE SE - MERITAE - ET · SIBI · LIB(ertis) LIBERTAB (us) Q(ue) ■SVIS POSTERlSQ(ue)

• EOR(um) Den Totengöttern. Für Cocceia Restituta, Freigelassene des Kaisers Nerva, (verstorben im Alter von) 25 Jahren, 8 Monaten und 4 Tagen. Marcus Ulpius Fortunatus, Freigelas­ sener des Kaisers Trajan, Buchhalter bei der kaiserlichen Vermögensverwaltung (setzte die­ sen Stein) seiner besten und aufopferungsvoll­ sten Frau und sich selbst, ferner seinen männ­ lichen und weiblichen Freigelassenen sowie deren Nachkommen. Kurz nach 100 n. Chr. Die schöne Inschriftplatte ist mit einem ein­ fachen Profil gerahmt. Sie war in die Mauer eines Grabhauses oder in die einer Grabumzäunung eingelassen. Der Marmor, der für sie verwendet wurde, stammt aus Carrara. Dieser berühmte Marmor wurde dort seit der Zeit des Kaisers Augustus (um Christi Geburt) ge­ brochen. Es war üblich, den Grabbau auch für seine Freigelassenen und Sklaven mitzubestimmen, eine schöne Geste des Herrn, da Grabplätze 250

teuer bezahlt werden mußten. — Die Kaiser besaßen in allen Gebieten des Reiches große Privatgüter, die sie durch ihre Freigelassenen, also Angehörige ihres Haushaltes, verwalten ließen. Die Einkünfte des Kaisers waren meist höher als die des gesamten Staates, so daß der Kaiser oft aus der Privatschatulle das Defizit im Staatshaushalt ausgleichen mußte. CIL VI 8502. — Inv. Nr.: 12,2. FO: Italien, unbekannt.

9 Eine Grabinschrift für den Soldaten Aurelius Victor D(is) · M(anibus) · POMPEIIA DAG ANI A ■VIVI SIBI · ET M(arco) · AVR(elÌo) VICTORI - VET(erano) LEG(ionis) P COIVGI · FECIT Den Totengöttern. Pompeia Dagania erstellte (den Grabstein) zu ihren Lebzeiten für sich selbst und ihren Ehemann Marcus Aurelius Victor, entlassener Soldat aus der Legio P (wahrscheinlich Verschreibung für Legio I, die in Bonna-Bonn stationierte Legion). 3. Jhdt. n. Chr. Die mit einem einfachen Profil gerahmte In­ schriftplatte war in der Mauer eines Grab­ hauses oder in diejenige einer Grabplatzein­ friedigung eingelassen. Aus einer anderen Kölner Inschrift kennen wir die Tochter von Pompeia Dagania und Mar­ cus Arelius Victor; sie hieß Aurelia Ursa. Frauen behielten bei der Eheschließung ihren Namen, erhielten also nicht wie heute den Namen des Mannes, während eheliche Kinder den Familiennamen des Vaters bekamen, hier „Aurelia“. Bis zu Beginn des 3. Jhdts. war es Soldaten verboten, während ihrer Dienstzeit zu heira­ ten. Sie lebten daher mit ihren Frauen zusam­ men, während die Kinder als unehelich galten. N a h seiner Entlassung konnte der Soldat die aus einer solchen Verbindung stammenden Kinder legitimieren lassen. CIL X III 8279. — Inv- Nr.: 644, FO: Köln, In der Nähe der Bonner Straße.

In der römischen Zeit kamen Brand- und Kör­ perbestattung ständig nebeneinander vor. Seit dem 2. Jhdt. n. Chr. wurde die Körperbestat­ tung häufiger. Im 4. Jhdt. n. Chr, schließlich waren Leihenverbrennungen nur noch selten. Für den Leihenbrand wurden vielfach neben Stoff- und Lederbeutel sowie neben Holz­ kisten, Ton- und Glasurnen auch steinerne Urnen verwendet. Die steinernen Urnen wurden gerne aus Kalk­ steinen, aber auch aus Tuff- und Sandsteinen hergestellt. Neben eckigen Behältern, die die Formen großer Särge kopieren, waren auch säulenförmige Gefäße beliebt. Einige Stein­ urnen ahmen offensichtlich auch Bronzegefäße n ah . Viele Grabplätze schmückten freiplastishe Löwengruppen. Häufiger noch waren solhe Löwen Bestandteile größerer Grabdenkmäler. Beliebt waren Gruppen, bei denen ein Löwe ein anderes Tier, meist einen Eber, schlägt. D adurh sollte die Vorstellung vom „raffen­ den Tod“ gespiegelt werden. Die als Bekrönung von Grabdenkmälern gerne verwendeten Pinienzapfen wurden als Aus­ druck für die Hoffnung auf ein ewiges Leben verstanden. 1. Zylindrische Steinurnen, mit und ohne Deckel 2. Konische Steinumen, mit und ohne Deckel 3. Bauchige Steinurnen, mit und ohne plasti­ sche Schuppen 4. Kastenartige Steinurne mit Giebeldach 5; Pinienzapfen, mit und ohne plastische Schuppen 6. Kauernde Löwen, die als Aufsätze (Akrotere) auf Grabsteinen verwendet waren 7. Löwen, die einen Eber oder ein Pferd (?) schlagen Alle Gegenstände in Köln gefunden.

Π

Insel 14 Nordseite

Südseite 1 Säulenbasis Dieser Säulenfuß ist mit dem Ansatz einer Säule aus einem Steinblock geschlagen. Die Basis besteht aus einem breiten Wulst und mehreren Kehlen. Inv. Nr.: 14,2. FO: Köln, unbekannt.

2 Ein Grabdenkmal für den Soldaten Lucius L(ucius) ■CRISPI ■F(ilius) · CIVES MARSA CVS · EQ(ues) · ALAE AFFRO(rum) · TVR.MA ■FLAVI ANN(orum) 'X XVIII · STIPfendiorum) · VIIII H(eres) · F(aciendum) · C(uravit) Lucius, Sohn des Crispus, vom Stamm der Marsaker, Reiter in der nordafrikanisdien Reiterabteilung, Unterabteilung des Flavius, (starb) im Alter von 28 Jahren nach 9 Dienst­ jahren. Sein Erbe ließ (das Grabmal) errichten. Ende 1. Jhdt. n. Chr. Uber der Inschrift ist der Verstorbene auf einem Speisesofa (Kline) liegend dargestellt. Er hält den Weinkelch (Kantharos) in der Rech­ ten und eine Art von Serviette (Mappa) in der Linken. Auf dem Tischchen vor ihm stehen Fruchtschale und Weinbecher, am Boden der Weinkrug (Amphora). Der am Fußende der Kline stehende Diener hält die Kelle, mit der der Wein aus dem Gefäß geschöpft wurde. Auf dem unteren Teil des Grabdenkmals führt ein Soldat das gezäumte und gesattelte Pferd des Verstorbenen vor. Der Stamm der Marsaker lebte auf den Inseln vor Holland. CIL X III 8303. — Inv. Nr.: 90. FO: Köln, Gereonstraße.

3 Säulenbasis Dieser Säulenfuß ist mit dem Ansatz einer Säule aus einem Steinblock geschlagen. Über dem breit ausladenden Standwulst eine

Einschnürung in Form eines breiten Bandes. Inv. Nr.: 14,3. FO: Köln, unbekannt.

4 Bruchstück eines verzierten Pfeilers Auf zwei einander gegenüberliegenden Seiten jeweils ein schuppen geschmückter Stab, an dem je ein gewelltes Band herabhängt. Auf den anderen beiden Seiten ist der Stein durch Längsprofile gegliedert. Inv. Nr.: 49,52. FO: Köln, Neumarkt.

5 Bruchstück des Grabdenkmals für den Soldaten Mansuetus MANSVETVS ■ARRACENI · F(ilius) MIL(es) ■CHO(rtis) ■III · LVSITANO rum civeS ■MARSAcus---Mansuetus, Sohn des Arracenus, Soldat in der 3, lusitanisdhen Infanterieabteilung, vom Stamm der Marsaker-----Ende 1. Jhdt. n. Chr. Erhalten ist nur der obere Teil des Denkmals. Zu erkennen ist ein Totenmahlrelief. Der Verstorbene liegt auf dem Speisesofa (Kline). In der Linken hält er eine Art von Serviette (Mappa). Auf dem Tischchen vor ihm stehen ein Schüsselchen mit Fruchten, ein Gefäß und ein Weinkelch (Kantharos), am Boden steht der Weinkrug (Amphora). Ein am Fußende stehender Diener wartet ihm auf. Das in der Inschrift genannte Lusitanien ent­ spricht in etwa dem heutigen Portugal. CIL X III 8317. — Inv. Nr.: 88. FO: Köln, aus der Sammlung Blankenheim.

6 Bruchstück eines Grabdenkmals Der Verstorbene liegt auf einem Speisesofa (Kline). Er hält einen Weinbecher (Kantharos) in der rechten und eine Serviette (Mappa) in der linken Hand. Vor ihm steht ein rundes Tischchen mit zwei Gefäßen. Der Diener wartet am Fußende.

Inv. Nr.: 84. FO: Köln, Gereonstraße.

7 Säulenbasis Dieser Säulenfuß ist zusammen mit dem An­ satz einer schuppenverzierten Säule aus einem Steinblock geschlagen. Inv. Nr.: 14,1. FO: Köln, unbekannt.

8 Ein Grabstein für Iulia Freiania ET · IVLIAE ■FRE IANIAE · COIIVGI EIIVSDEM - SERANI FILI · VIVAE ■FAC(iendum) CVRAVERVNT ------und für Iulia Freiania, Gattin ebendieses Seranus, ließen noch zu ihren Lebzeiten ihre Kinder (den Grabstein) errichten. Vermutlich war Seranus, der Mann der Iulia Freiania, bereits tot, als die Kinder nodi zu Lebzeiten der Mutter den Grabstein für die Eltern errichteten. CIL X III 8396. — Inv. Nr.: 14,4. FO: Köln, Aachener Straße.

9 Bruchstück eines Grabdenkmals für den Sklaven Anicetus ANICETO P(ubli) · GRAECINI ALBA N I-SE R (vo)--Für Anicetus, den Sklaven des Publius Graecinius Albanus---1. Jhdt. n. Chr. Das Denkmal ist mit einem einfachen Giebel geziert. In der Provinz Niedergermanien lebten nur wenige Sklaven. Der hier bezeugte Anicetus ist einer der wenigen, der für das römische Köln in schriftlich bezeugt ist. N 226. — Inv. Nr.: 30,988. FO: Köln, Stolkgasse, an der Hauptpost. 251

Insel 15 Drei Rinnsteine aus einem Straßen- oder Hofpflaster In zwei mächtige Quadersteine aus Granit ist eine br.eite, halbrunde Rinne eingetieft. Der dritte, an allen Flachen glatte Stein, schloß seitlich an einem dieser Traufsteine an.

Die drei Blöcke wurden an St. Gereon im Lichthof der spätantiken Pfeilerhalle (4. Jhdt.) vor dem mächtigen Grabbau, der den Kern der Gereonskirche bildet, ausgegraben. Diese Blöcke können als Beispiel dafür gelten, wie man im römischen Köln bisweilen auch in

nebensächlichen Dingen höchste Sorgfalt auf die handwerkliche Durcharbeitung legte. Inv. Nr.: 15,1—3. FO: Köln, An St. Gereon im Mauerwerk des Atriums.

Wandcollagc 16 Auch in diesem Feld sind vorwiegend Bruch­ stücke von Gebäuden zusammengestellt, dar­ unter einige, die mit Sicherheit von Grabhäu­ sern stammen. So wird sichtbar, daß häufig die Häuser für die Toten ebenso gegliedert und geschmückt waren wie die Gebäude, in denen die Lebenden wohnten. Daneben sind einige Fragmente von Statuen aufgenommen. Das Bruchstück der Gewand­ statue wurde im Praetorium (Statthalterpa­ last) unter dem Rathaus ausgegraben. Es ge­ hörte vermutlich zu einem Standbild, das dort aufgestellt war. Auf einem Friesstück ist ein Adler dargestellt. Der Adler, der König der Vögel, galt als das heilige Tier des himmlischen Weltenherrschers Jupiter, auch als dessen Waffenträger. In der römischen Gedankenwelt war der Adler eng mit den Vorstellungen von Sieg und Unsterb­ lichkeit Verbunden. Seit ungefähr 100 v. Chr. schmückte er die höchsten Feldzeichen der römischen Legionen. Diesen Feldzeichen stand kultische Verehrung zu. Sie wurden deshalb in den „Fahnenheiligtümern“ der Kasernen (castra) aufbewahrt. Allgemein wurde daher der Adler als Unterpfand der Unbesiegbarkeit Roms empfunden. Als Bote des Gottes Jupiter trug der Adler aber auch nach Auffassung der damaligen Zeit den verstorbenen und unter die Götter erho­ benen Kaiser ln den Himmel (Apotheose). Dieser Glaube wurde mit der Zeit auch auf andere Sterbliche ausgedehnt. So wurde der Adler allgemein zu einem Symbol für Un­ sterblichkeit.

Senkrecht 1 (von oben nach unten) 1. Bruchstück eines Pilasterkapitells mit An­ satz des kannelierten Pilasters 2, /3. Bruchstück einer Polsterrolle mit einer Fratze (Gorgoneion) — 4. Bruchstück mit Balken (Faszienarchitrav) und Fries. Darauf ein Adler, vermutlich von einem Grabbau des 1. Jhdts. n. Chr. 5. Bruchstück eines Gesimses, mit Ranken und Rosetten geziert, von einem Blattstab gerahmt. 6. /7. Bruchstück einer Säulenbasis mit An­ satz der Säule, die durch ein Schuppen­ muster geziert ist. — Bruchstück eines Säulenkapitells mit Ansatz der Säule Senkrecht 2 (von oben nach unten) 8. Bruchstück eines Männerkopfes 9. Bruchstück eines Säulenkapitells

eines Grabbaues verwendet — Bruchstück eines Frieses mit Rankenornament (1. Jhdt. n. Chr.) 2Q./2L Bruchstück einer Säulenbasis, der Säu­ lenschaft mit Schuppen verziert — Bruch­ stück eines Pfeilerkapitells Senkrecht 4 (von oben nach unten) 22. Bruchstück eines Pyramidendaches von einem Pfeilergrabdenkmal 23. Bruchstück eines Säulenkapitells 24. /25. Bruchstück eines Gesimses — Bruch­ stück eines Säulenkapitells, aus einem grö­ ßeren Kapitell umgearbeitet. 26. Bruchstück eines Kapitells mit Ansatz der Säule. 27. Bruchstück einer Säulenbasis m it Säulen­ schaft Senkrecht 5 (von oben nach unten) 10. Bruchstück eines Gesimses 28. /29. Bruchstück eines Männerkopfes von 11. Bruchstück eines Säulenkapitells einem Grabdenkmal (1. Jhdt. n. Chr.) — 12. Bruchstück eines Frieses mit Hakenorna­ Bruchstück eines Pfeilerkapitells ment (Mäander) 30-/31 - Zwei Gesimsbruchstücke 13. /14. Bruchstück eines Säulenkapitells mit 32. Bruchstück eines Steinsarges, dessen In­ Ansatz der Säule, die durch ein Schuppen­ schrifttafel links und rechts von einem ornament geziert ist (von einer Götter­ Putto gehalten wurde. säule?) — Bruchstüdc einer Säulenbasis 33. /34. Bruchstücke von Säulenkapitellen mit dem Ansatz der Säulen. mit Ansatz des schuppengezierten Schaftes Senkrecht 3 (von oben nach unten) Inv. Nr.: 16,1—34. FO: Alle Stücke sind in Köln gefunden. 15. Bruchstück eines Pfeilerkapitells 16. /17. Bruchstück eines Gesimses — Frag­ ment einer Gewandstatue, wobl eines Mannes, der mit einer Toga bekleidet war (1. Jhdt. n. Chr.) Î8./19. Naturdämon aus dem Gefolge des Bacchus. Vermutlich als Eckbekrönung

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1 Bruchstück eines Grabdenkmals

5 Ein Grabdenkmal für Vicarinius Augustus

GENIALINAE · IVLIAE · CONIVGi ET ■VALERIE · Verae? FILIAE - OBitae Seiner Frau Genialina lulia und seiner ver­ storbenen Tochter Valeria Vera. N 219. — Inv. Nr.: 55,815. FO: Köln, Um­ gebung des Domes.

D(is) ■M(anibus) L(ucio) · VICARINIO AVGVSTO VICARINIVS LVPVS · ET · VICA RIN IA · AVGVS TINA ■PATRI P IE N IS S IM O ROSVERVNT Geweiht den Totengöttern. Für Lucius Vica­ rinius Augustus, ihren liebevollen Vater setz­ ten (diesen Grabstein) Vicarinius Lupus und Vicarinia Augustina. Wohl 2. Jhdt. n. Chr. Das Wort ROSVERVNT ist ein Schreibfehler. Es muß POSVERVNT heißen. CIL X III 8430. — Inv. Nr.: 17,4. FO: Köln, bei St. Gereon.

2 Bruchstück einer giebelgekrönten Grabplatte ANTONIAE · DAENIDI · DIO GENES · FIL(ius) · D(e) · S{uo) · P(osuit) Für Antonia Daenis von ihrem Sohn Diogenes auf eigene Kosten gesetzt. CIL X III 8363. — Inv. N r.: 17,3. FO: Köln, Bonner Straße. 3 Bruchstück eines Grabdenkmals

C(aio) · FABRI ■ CIO · C(ai) · L(iberto) LAETO ■L(ucius) · NA EVIVS ■NASo Für Gaius Fabricius Laetus, Freigelassenen des Gaius, (setzte diesen Grabstein) Lucius Naevi­ us Naso. Ein Rundbogen ist mit einer großen Blüte (Rosette) ausgefüllt. Den Abschluß bildet ein Blattfächer (Palmette), der von einem ge­ knoteten Band (Tänie) zusammengehalten wird, das in Wellen herunterhängt. CIL X III 8379. — Inv. Nr.: 33,48. FO: Köln, Gereonstraße. 4 Bekrönung eines Grabdenkmals Zwischen zwei kauernden Löwen eine Sphinx. Dieses Ungeheuer, teils Löwin, teils Frau und teils Vogel, bewachte zusammen mit den Lö­ wen das Grab der Toten. Inv. Nr.: 17,2. FO: Köln, unbekannt.

6 Bruchstück eines Grabdenkmals Erhalten ist nur der Giebel des Denkmals, der mit einem Medusenhaupt geziert ist. Die Meduse war ein weibliches Ungeheuer der griechischen Sage. Ihrem schlangenartigen Haupt schrieb man Unheil abwehrende und abschreckende Kraft zu, Wohl 1./2. Jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 659. FO: Köln, Alteburg.

7 Bruchstück eines Grabdenkmals Von einem Grabdenkmal ist nur der obere Teil erhalten. Er ist als spitzer Giebel ausge­ bildet, der mit einer großen Blüte (Rosette) gefüllt ist. Die Bekrönung bildet ein Blatt­ fächer (Palmette), der von einem geknoteten Band (Tänie) zusammengehalten wird, dessen Enden in Wellen herabhängen. Inv. Nr.: 17,1. FO: Köln, unbekannt.

Südseite

Nordseite

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1 Ein Grabmal für den Reiter Albanius Vitalis ALBANIO VITALI EQ(uiti) · ALAE · INDIANAE TVR(ma) · BARBI · CIVI TREVERO · AN(norum) · XXX STIP(endiorium) ■X H(eres) E(x) Testamento) ■F(aciundum) · C(uravit) Für Albanius Vitalis, Reiter der Reitereinheit „Indiana“, Unterabteilung des Barbius, aus dem Stamm der Treverer, verstorben im Alter von 30 Jahren nach 10 Dienstjahren, Heß der Erbe aufgrund des Testaments (diesen Stein) setzen. Ende 1. Jhdt. n. Chr. Über der Inschrift ist der Verstorbene auf dem Speisesofa (Kline) liegend dargestellt. Er hielt wahrscheinlich in der Hand des aufgestützten linken Arms den Weinbecher (Kantharos). Auf einem Tischchen vor ihm stehen drei Gefäße, auf dem Boden der Weinkrug (Amphora). Am Fußende wartet der Diener. Der Verstorbene gehörte der Reitereinheit „Indiana“ an, was nichts mit Indien oder Indianern zu tun hat, sondern bedeutet, daß die Einheit von einem vornehmen Treverer, Julius Indus, in der 1. Hälfte des 1. Jhdts. aufgestellt wurde. CIL X III 8519. — Inv. N r.: 93. FO: Worrin­ gen bei Köln.

2 Bruchstück eines Grabdenkmals für eine Familie aus der Trierer Gegend — VILLIQVO GLANNIONIS

Nordseite

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F(ilio) · TREVERO : LEXTEN NIAE : Q(uinti) L(ibertae) : ILLETIAE CONIVGI · ET ■FILIS VRABVCIO : DONA TAE · GERMANO ET · NEPOTIBVS ■IVCVN DO ■CICLAE · ANNIAE FELIX ■ET ■PALIN - - PAREntes---Für den T re v e re r ----uilliovus, Sohn des Glannio, für seine Frau Lextennia Illetia, Frei­ gelassene des Gaius, und die Kinder Vrabucius, Donata, Germanus, sowie die Enkel Iucundus, Cicla und Annia. Felix und Pa­ lin ----, ihre Verwandten, (setzten den Stein)------1. Jhdt. n. Chr. Der Stein ist außerordentlich sorgfältig ge­ meißelt. Den Rahmen bilden Ornamente, den oberen Abschluß ein Giebel. Die für römische Begriffe fremdartigen Namen der Inschrift wie: Glannio, Lextennia, Illetia, Vrabucius oder ähnliche waren in Gallien häu­ fig· Inv. Nr.: 18,5. FO: Köln, Gereonstraße Nr. 15—23.

3 Bruchstück eines Altares mit blätterverzierter Seite Inv. N r.: 18,1. FO: Köln, unbekannt.

4 Ein Weihestein für die Göttin Diana DIANAE Q(uintus) IVLIVS FLAVOS

7 (centurio) LEG(îonis) I M(inerviae) P(iae) F(idelis) V(otum) S(oluit) L(ibens) L(aetus) M(erito) Für Diana. Quintus Iulius Flavos, Centurio der 1. Legion Minervia Pia Fidelis, erfüllte das Gelübde freiwillig in froher Dankbarkeit. Der Centurio war wohl vom Standort der 1. Legion, Bonn, zum Dienst beim Statthalter in Köln abkommandiert. CIL X III 8172. — Inv. Nr.: 368. FO: Köln, Unter Fettenhennen.

5 Bruchstück eines Grabdenkmals für Iulius Lardarius und dessen Frau Iulia C(aius) · IVLIVS · ADVenti f(ilius) VERECVNDVs - - - lulio LARDARIO - ET ■Iuliae - - F(iliae) · TATTAE · VXORi eius · Gaius Iulius Verecundus, Sohn des Adventus (setzte den Stein f ü r ------Lardarius und des­ sen Ehefrau Iulia Tatta, Tochter des---Die Inschrifttafel wurde von Totengenien ge­ halten. Nur der linke ist davon erhalten ge­ blieben. Zu erkennen ist auf dem Rest des Reliefs darüber, daß der Verstorbene stehend dargestellt war. Unter der Inschrift ist eine Axt (ascia) wieder­ gegeben. Dies geschah häufig auf Grabsteinen in keltischen Gebieten. Die Bedeutung der Axt ist umstritten. CIL X III 8390. — Inv. Nr.: 98. FO: Köln, Georgstraße 7.

6 Ein Steinsarg mit dem Rest einer Inschrift L(ucius) · Lab - ISI------------O ■D V ------L(ucius) ■LAB-----RIS ■P -------ER · F O ------ ---- vixit annos - M(enses) I ---------------Die Tafel mit der Inschrift wurde von zwei Totengenien gehalten. Nur der linke blieb er­ halten. Die stark zerstörte Inschrift ist nicht zu über­ setzen. Sie erinnerte an einen Lucius L ab---Inv. Nr.: 18,4. FO: Köln, unbekannt.

7 Bruchstück eines Grabdenkmals für Mascellia D(is) M(anibus) P(ublio) ■VER(inio) ■MASCELLIONI P(ublius) ■VER(inius) · VITALIS FRATER F(aciendum) C(uravit) Den Totengöttern. Für Publius Verinius Mascellonius ließ sein Bruder Publius Verinius Vitalis (diesen Stein) setzen. 2./3. Jhdt. n. Chr. Beide Brüder hatten den Vornamen Publius. Wahrscheinlich wurden sie deshalb mit ihrem Beinamen (Cognomen): Mascellio und Vitalis gerufen. Dies scheint im 2./3. Jhdt. nicht un­ gewöhnlich gewesen zu sein. Der in der Inschrift nur abgekürzt verzeidbnete Familienname V E R ---- der beiden Brüder kann VERANIVS oder VERINIVS gelautet haben. Inv. Nr.: 18,3. FO: Köln, unbekannt.

8 Bruchstück eines Grabsteines für das Ehepaar Horatinrus und Patemia — hörA TIN IO ■Noniano et PATERNIAe coniuGI ■EIVS · HEredes faciuNDVM · CVRAyerunt Für Horatinius Nonianus (?) und seine Frau Paternia ließen die Erben (diesen Stein) auf­ stellen. Die unterstrichenen Buchstaben waren um 1900 noch vorhanden. CIL X III 8385. — Inv. Nr.: 18,2. FO: Köln, Luxemburger Straße, Gelände des Güterbahn­ hofes der Vorgebirgsbahn.

9 Bruchstück eines Grabdenkmals für den Kohortensoldaten Titus Flavius Tullio D(is) · M( anibus) T(ito) FLAVIO · TVLLI ONI ■MIL (iti) · COH(ortis) · II ASTORVM - SING(ulari) Den Totengöttern. Für Titus Flavius Tullio, Reiter der 2. asturischen Infanterieabteilung, berittener Gardist (beim niedergermanischen Statthalter in K öln)----Ende 1. Jhdt. n. Chr. Von dem Grabdenkmal ist auch das Relief mit dem Totenmahl erhalten. Inv. Nr.: 18,6. FO: Köln, unbekannt.

Insel 19 Westseite 1 Bruchstücke eines Grabdenkmals d(is) M(anibus) ----------cONIVGI

- - ..........I · ET · RVSO ------- DA Ί Ι · IA

--------- O -------rSA Grabstein, wohl vom Ehemann und einer oder mehreren Töchtern, für die Frau und Mutter errichtet. Über der Inschrift sind die Reste einer Toten­ mahlszene erkennbar. Links ein auf dem Speisesofa liegender Mann (?). Rechts sitzt eine Frau auf einem Sessel. Sie hält einen Früchtekorb auf dem Schoß. Ein hinter ihr stehender Mann legt den Arm auf ihre Schulter. Auf der einen erhaltenen Schmalseite ist ein Diener in einheimischer Tracht mit einer Reise­ tasche in der linken Hand dargestellt. Inv. Nr.: 37,1. FO: Rodenkirchen bei Köln, Hauptstraße/Kaiserstraße.

2 Bruchstück eines Steinsarges mit Inschrift für Julius Speratus VIVS · SIBI Et C(aio) · IVL(io) · SPERAto FRATRI · OBIto FECIT ------- erbaute das Grab zu seinen Lebzeiten für sich und seinen verstorbenen Bruder Gaius Iulius Speratus. Dieser Steinsarg hatte ursprünglich einen zwei­ ten, an die unverzierte Seite anschließenden Teil. So waren zwei Gefache für die Urnen mit dem Leichenbrand der beiden Brüder vor­ handen. Der Sarg muß in einem Grabhaus aufgestellt

Ostseite

gewesen sein. Dies bezeugt nicht nur die In­ schrift auf der Frontseite des Sarges, sondern auch der Rest einer Darstellung auf der linken Schmalseite. Hier sind noch ein Tischgestell sowie die Beine eines Dieners zu erkennen, der bei einer Totenmahlszene seinem auf dem Speisesofa ruhenden Flerrn aufwartet. CIL X III 8394. — Inv. N r.: 203. FO: Köln, Am Weyerthor (heute Weyerstraße).

3 Ein Grabdenkmal für den Soldaten Claudius Victor M(emoriae) · AETERNae clau DIO · VICTOri mil(iti) LEG(ionis) · VII. GEm(inae) p(iae) f(idelis) in HISPANIA in ead(em) leg(ione) FACT(o) - FRVm(entario) b(ene)f(icîario) TRIB(uni) · LEG(ionis) · I m(inerviae) p(iae) f(idelis) SEPVLCHRum po SVIT MODius - - IMVS ■AVNculo in COMPARAbili - - NICI Zum ewigen Andenken an Claudius Victor, Soldat in der 7. Legion Gemina Pia Fidelis in Spanien, dann in eben dieser Legion zum Frumentarier (Kurier) befördert, dann zum Benefiziarier (Ordonnanz) beim Stabsoffizier der 1. Legion Minervia Pia Fidelis (in Bonn) beför­ dert. Das Grabmal errichtete Modius seinem unvergleichlichen Onkel. 3. Jhdt. n. Chr. Die Inschrift schildert die Laufbahn des Clau­ dius Victor beim Militär. CIL X III 8282. — Inv. N r.: 19,2. FO: Köln, unbekannt.

Nordseite

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4 Ein Grabdenkmal für den Soldaten Cassius Gesatus CASSIVS · GESATVS BORISSI ■ F(ilius) ■ MIL(es) * COHO(rtis) I · VINDELICORV(m) · ANN(orum) * L · sTIP(endiorum) X IÏX · H(eres) ■EX ■ T(estamento) ■F(aciendum) ■C(uravit) ■ — FRATEr p(osuit) Für Cassius Gesatus, Sohn des Borissus, Soldat in der 1. vindelizisdien Infanterieabteilung. (Er lebte) 50 Jahre, davon 18 Dienstjahre. Sein Erbe ließ (das Grabmal) aufgrund des Testamentes errichten.----sein Bruder----Ende 1, Jhdt. n, Chr. Über der Inschrift ist der Tote bei einem Totenmahl dargestellt. Das Speisesofa steht unter einem Baldachin. Cassius hält das Trink­ gefäß mit der rechten Hand. Der runde, d reibeinige Tisch ist mit einer Fransendecke bedeckt. Ein Diener steht am Fußende des Sofas mit einer Serviette über dem Arm. Vindelicien entspricht etwa dem heutigen Oberbayern und Schwaben. CIL X III 8320. — Inv. Nr.: 643. FO: Köln, Severinstraße, Ecke Hirschgasse. 5 Bruchstück

von der Bekrönung eines Grabbaues Das Bruchstück stammt von einem „Schuppen­ dach“, auf dem entweder ein Pinienzapfen oder ein mit Blättern verziertes Säulenhaupt die Bekrönung bildete. Die Aushöhlung an der linken Seite des Steines zeigt, daß das Stück später für einen anderen Bauzusammenhang verwendet war. Inv. Nr.; 19,1. FO; Köln, unbekannt. 256

Unser Wissen über die Vergangenheit beruht nicht allein auf den vielen schönen Dingen, die sich aus der römischen Epoche erhielten, son­ dern viel häufiger auf Bruchstücken, die oft zunächst unansehnlich sind. Rennt man die Fundumstände solcher Reste, gelingt es, sie in einen größeren Zusammenhang einzuordnen. Nicht selten können so Aussagen zu einzelnen Fragen gewonnen werden, auf die wir sonst keine Antwort wüßten. Inv. Nr.; 20,1—32. FO; Alle Bruchstücke sind in Köln gefunden.

Senkrecht 1 (von oben nach unten) 1. Bruchstück eines Gesimses 2. Eine Maske 3. Eine Rosette 4. /5. Bruchstücke von Gesimsen 6. Bruchstück einer Bauzier 7. Bruchstück eines Altares 8. Ein Greifenkopf Senkrecht 2 (von oben nach unten) 9. 10. 11. 12. 13.

Bruchstück von einem Waff enf ries Bruchstück von der Figur eines Knaben Bruchstück einer Säulenbasis Bruchstück eines Gesimses Bruchstück einer Säulentrommel

Senkrecht 3 (von oben nach unten) 14. Bruchstück eines Steins.arges 15. Bruchstück einer Säulenbasis 16. /17. Bruchstücke von Säulentrommeln Senkrecht 4 (von oben nach unten) 18. Bruchstück eines Steinsarges 19. Bruchstück eines Pfeilers 20. Bruchstück einer Säulentrommel Senkrecht 3 (von oben nach unten) 21. /22. Bruchstücke von Gesimsen 23. Bruchstück mit Kreuzbandmuster von einem Gesims 24. Bruchstück einer Säulentrommel 25. /26. Bruchstück einer Säulenbasis; ein Kapitell Senkrecht 6 (von oben nach unten) 27. Bruchstück eines Gesimses 28. /29. Bruchstück einer Säulentrommel; ein Kapitell 30. Bruchstück eines Gesimses 31. /3 2. Bruchstücke von Säulenbasen

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Vier Pinienzapfen

Fünf Säulentrommeln

Solche steinernen Pinienzapfen waren als Be­ krönung vieler römischer Grabdenkmäler be­ liebt. Meist ist ihre Oberfläche glatt gehalten. Bisweilen war sie aber auch durch ornament­ artig gemeißelte Schuppen geziert. Nadelbäume wie Pinien und Zypressen galten, weil sie in Sommer und Winter grün blieben, in der antiken Vorstellung als Symbole der Unvergänglichkeit. Deshalb wurden sie oft auch auf Gräbern angepflan2 t. Gelegentlich wurden Pinienzapfen dem Toten sogar mit in den Sarg gelegt. Die steinernen Pinienzapfen auf den Grab­ denkmälern gaben der Hoffnung auf Weiter­ leben nach dem Tode Ausdruck. Vor allem Menschen, die an die kleinasiatische Große Göttermutter Kybele glaubten, ließen auf ihren Gräbern Pinienzapfen aufstellen. 1.—3. jhdt. n. Chr. Inv. Nr.: 21,1—4. FO; Köln, unbekannt.

Zwei der fünf Säulentrommeln auf dieser Sockelinsel haben einen glatten Schaft. Die kleinere ist aus einem Granitblock geschlagen, die größere aus einem Kalksteinblock. Zwei weitere Säulentrommeln sind durch breite Stege und tief ausgehöhlte Furchen (Kanneluren) gegliedert. Eine Säulentrommel ist sehr fein gekerbt und zeigt schöne plastisch herausgearbeitete Stäbe. Diese fünf Säulentrommeln belegen anschau­ lich, wie vielgestaltig die Gliederung römischer Bauten in Köln beschaffen war. Inv. N r.: 22,5—9. FO: Köln, unbekannt.

257

Dionysosgeschoß

013

Terrassengeschoß

Γ Terrassen­ geschoß

258

3) Kapitell von einem Grabma l 4) G ra bm ä le r und A rc hit e ktu r 5) Architekturbr uchstücke und Bau­ urk u n d e n 6) Säulen u nd Kapitelle 7) Säulen und G ra bde nkm äler 8) Architekturbruchstüeke 9) Säulen u nd Kapitelle 10) A rchite ktur 11) Bruchstücke von G ra bba ute n und Steinsärgen 12) G ra bde nkm äler und A rch it ektu r 13) G ra bausstattungen 14) G ra bde nkm äler und A rc hit e ktu r 15) Kanalrinnen 16) A rchite ktur 17) G ra bdenkm äl er 18) G ra bdenkm äl er 19) G ra bdenkm äl er 20) A rchite ktur 21) Grabplastik 22) A rc hite ktur

Φ O A Δ □

D o m b a u h ü tte Terrasse des Restaurants Kleiner Hörsaal · G ro ß e r Hörsaal Dionysos Resta urant

Dionysosgeschoß 01 02 04 05 06 09 011 013 014 015 016 017

Römischer B runnen V orr a t Gemauert es Bett Römische Küche Die römische Familie H a kenkreuz m osaiken un d Tische mit Eßservices Wandm alerei Mosaik Dionysos-Mosaik Steinsärge G ra bw ädite r G ra bdenkm äl er

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CCAA Köln wird Stadt Urgeschichte Agrippa vermißt das Land der Ubier Handbibliothek: Ein Turm der römi­ schen Stadtmauer (Abguß) mit Architek­ turfragmenten des Mercurius-AugustusTempels Oppidum Ubiorum, Stadt der Ubier Militär erschließt das Land Herrschaft, Straßen, Plätze, Stadtplanung Giebel eines Grabtempels Die Agrippinenser Menschen und Verwaltung in der Stadt Gewerbe und Handel

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Einheimische Muttergöttinnen Großbauten Kunst und Politik Güterumschlag im Rheinhafen Römischer Reisekomfort Philosophenmosaik, Wandmalerei Kulturbetrieb Neue Erlöser Bauten und Bilder der alten Götter Die ersten Christen in Köln Vier Säulen im Innenhof IO M — Kaiser der Götter, Gott der Kaiser 129 Grabwächter

Große Ausstellungshalle

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Herrscher stellen sich vor D ie fo lg e n d e n chen

m it

F rauen

ku rzen

K a is e r n ,

b e k a n n t,

Illu s tr ie r te n "

L e b e n s b e s c h r e ib u n g e n

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und

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erw ähnt w erden. A m

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R öm er-

A n f a n g s te h t

A u g u s t u s , w ä h r e n d d e s s e n R e g i e r u n g s z e i t d ie U b ie r a u f d e m l i n k e n R h e i n u f e r a n g e s ie d e lt w u r d e n . D ie R e ih e e n d e t m i t H o n o r i u s , d e r d i e l e t z t e n pen vo m

T rup­

R h e in a b z ie h e n l ie ß . D ie A u s w a h l d e r

L e b e n s b e s c h r e ib u n g e n u n d d i e D a r s t e l l u n g d e r e in ­ z e ln e n

H errsch er

E r e ig n is s e

und

R e ic h s h ä lfte

w u rd en

davon

E n tw ic k lu n g e n

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s c h ic h te K ö l n s w a r e n .

fü r

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b e s tim m t, d a ß der

w e s tlic h e n

r ö m is c h e

G e­ W f.

ziehen w ill, ü bernim m t, vom S enat gedrängt, Be­ fried u n g und Schutz neuer P ro v in zen , u. a. G a l­ liens u n d Spaniens. D as entscheidende Ja h r w ar das J a h r 27 v. C h r. m it dem S ta a tsa k t, der nach außen hin W iederherstellung d er alten R epublik p ro p a g ie rte , tatsächlich ab er die K o n stitu ie ru n g der M onarchie bedeutete. Eine R eihe von au ß er­ ordentlichen M achtbefugnissen (O berbefehl, trib u nizische G ew alt) w erden ihm ebenso zuteil wie besondere E hru n g en : V erleihung d er B ürgerkm nc und des E hrennam ens A ugustus; ein M onat w ird nach ihm b en an n t. D ie V erw altu n g des Reiches w ird nach außen hin zwischen S enat und P rinceps geteilt; es gibt von 23 an 7 kaiserliche und 10 senato rische P ro v in z en , wobei das Z ahlen Verhältnis nichts über das M acht V erhältnis aussagt, denn die kaiserlichen P ro v in zen w aren die reichsten, u n d d er g rö ß te Teil d er T ru p p en w ar in ihnen sta tio ­ niert. — A llm ählich w erden bei W ah ru n g alter re­ publikanischer Form en Stellung u n d P u n k tio n des K aisers ausgebaut; u. a. R eichsfeldherr über neu e r­ w orbene P ro v in zen , O beraufsicht über G etreide­ versorgung, über V erkehrsw ege; B egnadigungs­ recht, V era n tw o rtu n g fü r die Plebs (Ü b ertragung des orientalischen W o h lfah rtsstaates au f R om ). — E ine Reichsreligion w ird zur V erklam m erung der disp araten Teile des Reiches angestrebt. D er K a i­ serkult setzt sich zunächst in den östlichen P ro v in ­ zen durch, wo d er K aiser als G o tt v ereh rt w ird, sp ä ter auch im W esten. H ie r ab er w ird er au f die V erbindung von R o m a und A ugustus festgelegt. D er K u lt findet an den „ a ra e “ s ta tt (z. B. ara U biorum in K öln). N eubelebung altröm ischer K u lte: R e sta u ra tio n a lte r und Bau neuer Tem pel u n d K u ltstä tte n in R om (z. B. a ra pacis). Pflege d er L ite ra tu r; V ergil, H o ra z , O v id sind Z eitge­ nossen des A ugustus. — E he- und Sittengesetze sollen F am iliengründung und K inderreichtum fö r­ dern. — R eo rg an isatio n des H eeres: B erufsarm ee aus röm ischen B ü rg ern m it ca. 28 L egionen; M ili­ tärkasse z u r A ltersversorgung der V eteranen. —

A ug u stu s (C. lu liu s C aesar O c tav ian u s), 63 V, C h r. — 14 n. C h r., röm ischer K aiser (Princeps) von 27 V. C h r. — 14 n. C h r. V on C a esar, dessen N effe er ist, w ird er testam entarisch a d o p tie rt und zum H a u p te rb e n bestim m t. E r ist dreim al verhei­ ratet, in 3. Ehe m it L ivia D rusilla, aus zw eiter Ehe stam m t die T ochter Ju lia . N ach C aesars T od w ird er 43 in den S enat a u f genom m en, b ild et im gleichen J a h r m it A nto n iu s und L epidus ein auf 5 Ja h re befristetes T riu m v ira t z u r N eu o rd n u n g des S taates. E in J a h r sp ä ter w erden die M örder C aesars besiegt. O c tav ian erh ält O b erbefehl über den W esten, Lepidus über A frik a und A ntonius über den O sten des Reiches. 37 w ird d er T riu m ­ v ira t v erlän g ert. Doch es k om m t b a ld zu D iffe­ renzen u n ter den R egenten und zu kriegerischen A useinandersetzungen. L epidus k a p itu lie rt, die F lo tte des A ntonius w ird bei A ctiu m (31 v . C hr.) vernichtet. E inzug O ctav ian s in A lex an d ria (Selbstm ord von A ntonius und C leo p a tra), Ä g y p ­ ten w ird römische P ro v in z . O c ta v ia n ist jetzt A lleinherrscher u n d b ekom m t in R om einen d re i­ fachen T riu m p h (29), — O c ta v ia n , d er sich zurück­ 260

N e u o rd n u n g der Z o ll- u n d S teu erv erw altu n g be­ günstigen den w irtschaftlichen A ufschw ung der P ro v in z en , deren R om anisierung v o r allem auch durch die G rü n d u n g zahlreicher „C o lo n iae“ f o rt­ schreitet. In der A u ß en p o litik verzichtet A ugustus im O sten a u f E roberungen, expansive P o litik w ird n u r im W esten u n d N o rd en betrieben. D ie noch nicht u n terw o rfen en G ebiete Spaniens w erden i. J. 26— 25 erobert. A ugustus begibt sich 16 v. C h r. nach G allien. Seine Stiefsöhne T iberius und D rusus u n terw erfen das A lp en v o rlan d , um die N o r d ­ grenze bis zu r D o n a u vorzuschieben, M ilitärk o m ­ m andos w erden in R aetien und N oricum einge­ richtet. W ährend A ugustus nach R om zurückkehrt, wo e r 12 v. C h r. zum P ontifex m axim us e rn an n t w ird, ü b e rlä ß t er D rusus Schutz u n d V erw altu n g G alliens. Dieser stö ß t bis z u r Elbe vo r, um sie zu r Reichsgrenze zu m achen. N ach seinem T o d (9 v. C h r.) ü bernim m t T iberius den O berbefehl in G er­ m anien. Infolge der k atastro p h alen N iederlage des V arus in der Schlacht vom T eutoburger W ald (9 n. C h r), w erden die rechtsrheinischen G ebiete endgültig aufgegeben, aber die R heingrenze w ird gehalten. — T iberius ist in verschiedenen F eld­

zügen erfolgreich gegen die aufständischen D alm atier und P an n o n ier. Illyrien w ird kaiserliche P ro v in z und die G renze auch hier bis zu r D onau vorgeschoben. D a A ugustus keine m ännlichen N achkom m en h at, a d o p tie rt er zunächst zw ei Söhne aus der Ehe seiner T ochter Ju lia m it M. V ipsanius A g rip p a (C aius u n d L. C aesar), nach deren frü h en T o d (2 und 4 n. C hr.) bestim m t er seinen Stiefsohn T iberius zum N achfolger. W f.

L ivia D ru silla, 58 v. C hr. — 29 n. C h r., in erster Ehe m it T ib. C lau d iu s N ero v erh eira te t. D as P a a r floh vor A ugustus nach G riechenland (40), k eh rte ab er bald nach R om zurück. A u g u s t u s v e r l a n g t e die Scheidung, um L iv ia (im Ja h re 38) heiraten zu können. Aus d er ersten Ehe stam m ten die Söhne T iberius und D rusus, le tz te re r w u rd e k u rz v or o d er nach d er H ochzeit m it A ugustus geboren. L. h a t d an k Intelligenz u n d E hrgeiz großen E in ­ fluß auf ihren M ann, begleitet ihn häufig au f seinen Reisen und K riegszügen und versucht in die P o litik einzugreifen. T estam entarisch w ird sie in das jüti­ sche Geschlecht aufgenom m en und erh ält den T itel A ugusta (14 n. C h r.). Infolge ihres politischen E hrgeizes tr ü b t sich ih r V erh ältn is zu T iberius nach dessen T hronbesteigung. E r v erb ietet alle ihr öffentlich geltenden E hrungen un d z ie h t sich schließlich g anz von ihr zurück. Ihre K o n sek ratio n (V ergöttlichung) erfolgt erst 42 durch ihren E nkel C laudius. W f.

A g rip p a (M arcus V ipsanius) 63 — 12 v . C h r, V on niederer H e rk u n ft, Ju g e n d freu n d des A ugustus und sein b ed eu ten d ster F eld h err. E r w ird i. J . 39 als S ta tth a lte r nach G allia T ran salp in a geschickt, besiegt die A q u itan er, ü b erq u ert den R hein u n d siedelt seit 38 die U b ier linksrheinisch an — in dem G ebiet der ausg ero tteten E b u ro nen. E r nim m t an den K äm p fen in Illy rie n teil, schlägt Sextus P o m ­ peius in d er Schlacht bei M ylae (36) und vernichtet die F lo tte des A ntonius bei A ctium (31). F ü r seine großen E rfo lg e als A d m iral zu r See und als G ene­ ral des L andheeres e rh ä lt er eine d er g rö ß ten E h­ rungen: die V erleihung sow ohl der goldenen Schiffskrone als auch d er M auerkrone. E r v e r­ tr itt A ugustus w äh ren d län g erer A bw esenheit in R om . 20 — 18 w ird er z u r Beilegung v o n U n ­ ruhen nach S panien geschickt, sp ä ter m ehrm als in den O rien t. — E r ist ein h erv o rrag en d er O rg a n i­ sa to r, fö rd e rt den S traß en b au und die R eidisverm essung. Seine W eltk arte w u rd e an d er W an d einer öffentlichen Säulenhalle in R om angebracht. — V erh eiratet w a r er in 1. E he m it C aelia A ttica (Tochter aus dieser V erb in d u n g : A g rip p in a d. Ä.), in 2. E he m it Ju lia, der einzigen T ochter des Au­ gustus. Z u dieser E he w a r e r von A ugustus ge­ zw ungen w ord en , um die N achfolge im K aiserhaus zu sichern. D ie beiden Söhne aus dieser Ehe, Caius u n d L. C aesar, w u rd en v o n A ugustus a d o p tie rt, a b e r sie starb en frü h . Wf.

Drusus maior

(N ero C lau d i us D rusus G erm anicus), 38 — 9 v. C h r,, Sohn des C lau d iu s N e ro u n d der L iv ia D ru silla, k u rz v o r o d er nach ih rer F leirat m it A ugustus geboren. D en F eldzug des Jahres 15 v. C h r. gegen die A lp en v ö lker (R aeter) fü h rt er zusam m en m it seinem älteren B ruder T iberius. 13 v. C h r. w ird er zum S ta tth a lte r der gallischen P rov in zen un d zum O b erbefehlshaber an der

R h e in fro n t e rn a n n t. G ründlich bereitet er eine g roße O ffensive gegen die G erm anen vo r durch F lo tten b au , A nlage v o n S tra ß en und K astellen (u. a. N euss), H a u p ts tü tz p u n k te sin d V etera C a stra bei X an ten u n d M ogontiacum (M ainz). 12 v. C h r. stö ß t seine F lotte bis zu r W eserm ün­ dung vor, und das F le rr erreicht a u f dem L andw eg en tlan g der L ippe ihren M ittellau f. In den folgen­ den Ja h re n käm pft er gegen C h a tte n u n d Sugam brer, b ew irk t durch einen Feldzug, d a ß die M a rk o ­ m annen das R hein-N eckar-G ebiet verlassen u n d nach Böhm en ab w an d e rn , kom m t 9 v. C h r. bis an die E lbe. A uf dem Rückm arsch stü rz t er vom P fe rd u n d stirb t an den F olgen eines Beinbruchs in G egenw art des in einem G e w a ltritt herbeige­ eilten T iberius. A uf G ru n d seiner m ilitärischen E r­ folge w ird ihm d er erbliche T itel „G erm anicus" verliehen. E r w ar m ît A n to n ia v erh eira te t, aus der E he stam m ten G erm anicus und C laudius. W f.

T iberius (C laudius N ero ), 42 v. C h r. — 37 n. C hr., K aiser von 14 — 37. S ohn des C laudius N e ro und d er L ivia, Stiefsohn von A ugustus nach dessen H e ira t m it L ivia. — N achdem er a u f verschiede­ nen K riegsschauplätzen eingesetzt w ar, fü h rt er zusam m en m it seinem B ruder D rusus m aio r v o r allem die K äm p fe gegen die A lp cn v ö lk er (R aeter) und gegen die P an n o m er u n d D a lm a tie r 12— 10 v, C h r. z u r Sicherung der D onaugrenzen. Z um ersten M al erh ält er 8 v. C h r. den O berbefehl in G erm anien u n d lä ß t die S ugam brer und Sueben um siedeln. V on seiner ersten F rau A g rip p in a (d. ä .) m uß er sich a u f A n o rd n u n g des A ugustus tren n en u n d 12 V . C h r. dessen T ochter J u lia h eiraten . D a er sich gegen die beiden Enkel des A ugustus zuriiekgesetzt fü h lt, v e rlä ß t er R om u n d lebt von 6 v. C h r. bis 2 n. C h r. a u f R hodos, bis Livia seine R ückkehr erw irk t. N ach dem T ode der T h ro n fo l­ ger w ird er a d o p tie rt. S o fo rt begibt er sich nach G erm anien, w o er zu m zw eiten M al den O b er­

befehl erhält, und d rin g t über die W eser zu r Elbe vo r (4 — 5). U n te r großen O p fe rn u n terd rü ck t er m it H ilfe des G erm anicus den A u fstan d d er P an n onier u n d D a lm a tie r (6 — 9). D ie K a ta stro p h e des römischen H eeres in der Sdii acht im T e u to b u r­ ger W ald z w in g t zum Rückzug, doch die R h ein ­ grenze w ird gehalten. F ü n fu n d fü n fzig jäh rig w ird er Kaiser. M eutereien der Legionen in G erm anien und P an n o n ien zu Beginn seiner R egentschaft w e r­ den von G erm anicus und D rusus niedergeschlagen. Intrig en innerhalb d er kaiserlichen Fam ilie v e r­ b itte rn den H errscher, er zieht sich 26 nach C a p ri zurück und ü b erläß t die R egierung dem P rä to ria ­ n erp rä fek ten Seianus. Auch nach dessen S tu rz (31) ü bernim m t er die R egierung nicht m ehr, sondern h ä lt sich fern von R om bis zu seinem T o d e. F ü r seine N achfolge h a tte er kein e en d g ü ltig e W ahl getroffen, u n d d er S enat b e stim m te endlich C aius C aügula, den G ro ß n effen , d a d er E n k el des T. noch zu jung w ar. W f.

G erm an icu s (Iulius C aesar), 15 v. C h r. — 19 n. C h r. Sohn des D rusus m aio r u n d d er A nto n ia. A uf Befehl von A ugustus w ird er 4 n. C h r. von T iberius a d o p tie rt. E r n im m t a n d er N ie d e rw e r­ fung des p a n n o n h d i-d a l m anschen A u fstandes (6 — 9 n. C h r.) teil. Seit 13 n. C h r. ist er als O berbefehlshaber am R hein u n d S ta tth a lte r G a l­ liens eingesetzt. O b w o h l er den A u fsta n d d er Le­ gionen gegen T iberius 14 n .C h r . u n terd rü ck t, bleibt sein V erh ältn is zum K aiser g e trü b t w egen seiner großen B eliebtheit. V on 14— 17 u n tern im m t er drei etw as eigenm ächtige F eldzüge gegen die G erm anen (dabei G efangennahm e d er T h u sn eld a), siegt über A rm inius bei Id istav iso u n d am A n g riv arierw all. Es gelingt ihm, zw ei d er in d e r Schlacht im T eu to b u rg erw ald verlorengegan g en en F eld ­ zeichen w iederzuerobern. D a fü r e rh ä lt er in R om einen T riu m p h . D ie römische T ra n sp o rtflo tte w ird durch einen H erb ststu rm vernichtet. In K öln e r­ f ä h r t er seine A bberufung, d er er sich w id erw illig fü g t (17). N ach seinem T riu m p h in R om b ekom m t er als E ntschädigung ein um fassendes O b erk o m ­ m ando im O sten, richtet K a p p a d o k ie n un d K oinm agene als P ro v in z en ein. E r stirb t, angeblich vo n Piso vergiftet, in A ntiochia. E r w a r seit 5 n. C hr. m it A g rip p in a d. Ä . v erh eira te t u n d h a tte neun K inder. W f. 261

m it seinem E nkel gem einsam zum privatrechtlichen E rben bestim m t. 37 w ird er zum Im p e ra to r aus­ gerufen. Schon b ald versucht er, den augusteischen P rin z ip a t zum hellenistisch-orientalischen G o tt­ kaisertum um zugestalten. 39/40 u n tern im m t er m ilitärisch bedeutungslose E xped itio n en zu r K a ­ nalk ü ste und an den R hein. Seine V erschw endungs­ sucht, G rau sam k eit und M aßlosigkeit (er w ollte z. B, ein P fe rd zum C onsul erheben) machen ihn so v e rh a ß t, d a ß er — nach m ehreren vergeblichen A ttentatsversuchen — schließlich durch P rä to ria ­ neroffiziere erm o rd et w ird . W f.

A g rip p in a d. A. (V ipsania), 14/13 v. C h r, — 33 n. C h r. T o ch ter von A g rip p a u n d Julia (T ochter des A ugustus). Sie h e iratet 5 n. C h r. ihren V etter G erm anicus un d b ekom m t neun K in d er. A uf allen Feldzügen begleitet sie ih ren M a n n in G erm anien (13 — 16) un d im O rie n t (ab 17). N ach seinem Tode in A ntiochia (19) k e h rt sie nach R om zurück u n d beschuldigt Piso (dadurch in d ire k t auch K ai­ ser Tiberius) des G iftm o rd es an G erm anicus. Das V erh ältn is zu T iberius un d seinem S tellv ertreter Seianus verschlechtert sich im L au f d er Ja h re so sehr, d aß sie wegen H o ch v errats an g ek lag t und au f die Insel P a n d a te ria v e rb a n n t w ird . D o rt stirb t sie freiw illig den H u n g erto d . WF.

C aligula (C aius Iulius C aesar G erm anicus), 12 bis 41 n. C h r., K aiser vo n 37 — 41. Jü n g ster Sohn von G erm anicus un d A g rip p in a d. Ä . E r verbrachte seine frü h este K in d h eit in den H eereslag ern seines V aters (d o rt bekam er den B einam en C aligula = Soldatenstiefelchen) zunächst in G erm anien, d an n im O rien t. N ach dessen T od w ird er von L ivia un d A nto n ia in R om betreut, erw irb t die G u n st des m it seiner M u tte r verfeindeten Kaisers Tiberius, der ihn Î. J. 31 zum Q u ästo r m acht u n d 262

C lau d iu s (T iberius N e ro G erm anicus), 10 v, C hr. — 54 n. C h r,, K aiser von 41 — 54 n. C h r. Sohn des D rusus N e ro u n d der A ntonia, geboren in L ugdunum (L yon). V erspottet wegen seines Ä uße­ ren , als Schw achkopf verachtet, w idm ete er sich zunächst n u r seinen S tudien, v e rfa ß te zahlreiche S chriften. E r v e rd a n k t seine E rhebung zum K a i­ ser P rä to rian ero ffizieren , den M ördern des C a li­ gula. — Als K aiser ist er äu ß erst a k tiv : z e n tra li­ stischer A usbau d er V erw altu n g , O rd n u n g der kaiserlichen K asse und d er Öffentlichen F inanzen, V erstaatlichung d er F lo tte u. a. E r ü b erträg t F rei­ gelassenen w ichtige Ä m ter. Z um ersten M al w er­ den gallische A dlige in den S enat aufgenom m en, d a m it beginnt dessen D urchsetzung m it P ro v in z ia ­ len. G roßzügige B ürgerrechtsverleihung und G rü n ­ dung zahlreicher K olonien (u. a. K öln). Auch außenpolitisch ist C laudius sehr erfolgreich: 43 — 47 w ird S ü d b ritan n ien erobert, T h rak ien w ird P ro v in z u n d das Bosporanische Reich K lien tel­ sta at. E r gerät zunehm end u n ter den Einfluß der Freigelassenen und seiner F rauen, u. a. M essalina (bis 49) und A g rip p in a d. J., deren Sohn aus erster Ehe, N ero , er ad o p tieren m uß. U m ihrem Sohn a u f den T h ro n zu verhelfen, lä ß t A g rip p in a C la u ­ dius vergiften. W f.

A g rip p in a d. J. (lu lia), 15 — 59 n. C h r. T ochter v o n G erm anicus und A g rip p in a d. Ä., geboren in O p p id u m U b io ru m . E rste E he m it C n. D om itius A henobarbus i. J. 28, Sohn aus dieser Ehe ist D om itius N ero . W egen T eilnahm e an einer V er­ schw örung gegen ihren B ruder C a lig u la w ird sie (40) au f die pontischen Inseln v erb an n t, ab er im folgenden J a h r bereits v o n ihrem O n k el K aiser C laudius zurückgeholt. Nach dem S tu rz d er Mes­ salina und Beseitigung ihres zw eiten M annes hei­ r a te t sie C laudius und erh ält im Ja h re 50 den E h ren n am en „A ugusta“ . A uf ihr B etreiben w ird ihre G eb u rtsstad t i. J. 50 K olonie un d nach ih r b en an n t: C olonia C lau d ia A ra A grippinensium . Sie erreicht die A d o p tio n ihres Sohnes N ero durch C laudius und versucht, ihm die T h ro n fo lg e gegen den S tiefb ru d er B ritannicus zu sichern. D er vo n C laudius v erb an n te Seneca w ird zurückgerufen u n d L ehrer N eros. 54 lä ß t sie C lau d iu s vergiften und N e ro zum K aiser ansrufen. Z u Beginn seiner H errschaft h at sie eine ungew öhnliche M achtstel­ lung, sie d a rf sogar an S enatssitzungen teilnehm en. B ald üb erw irft sie sich m it ihrem Sohn, d er sich ih rer H errschaft zu entziehen sucht u n d sie a u f grausam e Weise erm orden läß t. Wf. N e ro (C laudius C aesar D ru su s G erm an icu s), 37 — 68 π. C h r., K aiser von 54 — 68. Sohn von A henobarbus und A g rip p in a d. J. Sie laß t ihn nach ih rer H e ira t m it K aiser C lau d iu s ad o p tieren (50). N . h e ira te t O ctav ia, T o c h te r des C laudius. N ach V ergiftung des K aisers (54) erlan g t N ero m it H ilfe der P rä to ria n e r den T h ro n . Z unächst regiert er, geleitet von seinen E rzieh ern Seneca und B urrus, gem äßigt u n d besonnen, b eto n t die augusteische F orm des P rin z ip a ts, stärk ere E in ­ schaltung des Senats. A nlage von K o lonien. D ie ersten fü n f Ja h re seiner H errschaft w erden als „goldenes Z e ita lte r“ besungen. D och b ald versucht er rücksichtslos sich U n ab h än g ig k eit zu verschaffen: V ergiftung des K ro n p räte n d en ten B ritan n icu s (55), E rm o rd u n g d er M u tte r (59), T ren n u n g vo n seiner F rau. Seneca zieht sich zurück, B urrus stirb t (62). D ie W illkürherrschaft p ro v o z ie rt die O p p o sitio n . Eine V erschw örung gegen N ero w ird entdeckt, u. a. w ird Seneca hingerichtet (65). B ran d von R om (64), löst erste system atische C hristen v erfo lg u n g en aus. G ro ß zü g ig er A ufbau der zerstö rten S ta d t be­ ginnt, N e ro h ä lt sich fü r einen großen K ünstler,

G alba (Servius Sulpicius), 72 Ja h re alt, als e r sich 68 n. C hr. in S panien nach N eros T od zum K a i­ ser erhebt. W ird in R om an erk an n t, verscherzt sich durch G eiz die S ym pathien d er T ru p p e. D er G egenkaiser O th o lä ß t ihn a u f dem F orum um bringen {15. 1. 69). W f. O th o (M. Salvius), 32 — 69 n. C hr. Schließt sich 68 dem A u fstan d G albas gegen N e ro an. N ach der E rm o rd u n g G alb as in R om lä ß t er sich selbst zum K aiser ausrufen, zieh t gegen die R heinarm ee des V itellius, w ird bei B etriacum geschlagen u n d gibt sich selbst den T o d (16. 4. 69). W f.

B ritannien. T itus beendet den Jüdischen K rieg (71), gem einsam er T riu m p h von V ater u n d Sohn in R om . Im O sten w ird die G ren zv erteid ig u n g neu g eordnet: G alatien, P o n tu s u n d K ap p ad o k ien w erd en zusam m en ge schlossen. 72 E ingliederung von K om m agene. D ie O p p o sitio n gegen V espasian aus K reisen des Senats, der Stoa u n d d er K y n ik er, w ird durch A usw eisung der P hiloso p h en (74) z e r­ schlagen. V . starb am Fieber; die letzten ihm z u ­ geschriebenen W o rte; „E in K aiser m uß stehend sterben.“ W f.

tr itt öffentlich als W agenlenker, S auger u n d L au­ tenspieler au f, u n tern im m t sogar eine G riechenlandreise (66/67). A ußenpolitische E rfolge v er­ d a n k t er seinen tüchtigen F eldherren: C orbula m acht E ro b eru n g en in A rm enien und erreicht d o rt die A n erk en n u n g der röm ischen O berhoheit. A u f­ stand in B ritannien w ird niedergeschlagen. N ach der Beseitigung von zw ei gallischen S ta tth a lte rn , kom m t es 68 u n ter V index zu einer E m pörung in G allien, d er sich G alb a in S panien u n d CI. M acer in A frik a anschließen. N ero w ird von der G ard e verlassen, vom S enat geächtet u n d tö te t sich selbst.

Wf.

V itellius (A,), 15 — 69 n. C h r., röm ischer K aiser vom 19. 4. — 20. 12. 69. Seit E nde 68 Legat des niedergerm anischen H eeres. N ach dem T od N eros w ird V .in K öln von den T ru p p en zum K aiser aus­ gerufen und im W esten an erk an n t. Z ieht m it sei­ nem H e e r nach Italien , besiegt den G egenkaiser O th o bei B etriacum . E inzug in Rom , A nerkennung durch den Senat. R heinarm ee stellt die P rä to ria ­ nergarde. Verschwendungssucht und E rpressungen bringen ihn bald um die G unst seiner A nhänger. Nach d er E roberung Rom s durch die flavischen T ruppen w ird er erschlagen. W f.

V espasianus (T itus F lavius), 9— 79 n. C h r., K aiser von 69 — 79. S tam m t aus satanischem B auerngeschlecht. U m 62 Proconsul in A frik a. Begleitet N ero a u f der G riechenland-T ournee (66). W ird S ta tth a lte r in Syrien und B efehlshaber im Jü d i­ schen K rieg. Am 1. 7. 69 in A lexandria zum K ai­ ser ausgerufen. N ach dem Sieg d er D onau-A rm ee über Vitellius und dessen T od w ird er vom Senat an erk an n t. Im H e rb st 70 zieht er in Rom ein. N ach der Krise des „D reikaiserjahres“ gelingt ihm die W iederherstellung des P rinzipats, die R ückkehr zu augusteischen T rad itio n en und die N eu o rd n u n g des Reiches: S chuldentilgung durch äußerste S p ar­ sam keit im S taatshaushalt, R eorganisation des H eeres, S tärkun g der L andw irtschaft durch A nsied­ lung von K leinpächtern. E rgänzung des Senats durch Ita lik e r u n d P ro v in ziale. Sein Sohn T itus w ird M itregent. Rege B autätigkeit in R om (Be­ ginn des Kolosseum s u. a.) und in den P rovinzen. Erfolgreiche U nternehm ungen in den G renzgebie­ ten: A ufstand der B ataver, T reverer und Lingonen u n ter Julius C ivilis w ird von C erialis nieder­ geschlagen (70/71). A usw eitung d er H errschaft in

T itu s (Flavius V espasianus), 39 — 81 n . C h r., K aiser von 79 — 81. Sohn des V espasian und der D om itilla. D ien t zunächst als M ilitä rtrib u n in G er­ m anien u n d B ritannien. Seit A nfan g 67 als L e­ gionslegat in Ju d a ea im G efolge seines V aters, um den jüdischen A ufstand niederzuw erfen. N ach A n ­ erkennung seines V aters w ird T . C aesar u n d erh ält den T itel „princeps iu v e n tu tis“. 70 E roberung Jerusalem s, großer T rium ph in R om zusam m en m it seinem V ater (71). M itregent un d designierter N achfolger. Seine kurze R egierungszeit ist voller K a tastro p h en : 79 Z erstörung von Pom peji und H erculaneum durch den V esuvausbruch, 80 Brand und Pest in Rom . E r erw irb t sich durch M ilde und G roßzügigkeit V ertrauen und V erehrung, h at ein gutes E invernehm en m it dem Senat. D ie B a u tä tig ­ k eit seines V aters w ird fo rtgesetzt: V ollendung des Kolosseums, T herm enbau. W f.

263

V

D o m itia n u s (T itu s F lavius), 51 — 96 n. C h r., K ai­ ser vo n 81 — 96. Jü n g ster S ohn des V espasian und der D o m iti 11a. Lange zurückgesetzt gegen seinen B ru d er T itu s h a tte er keine G elegenheit zu p r a k ­ tischer B ew äh ru n g u n d besteigt ohne E rfah ru n g den T h ro n . Seine a u to k ra tisd ie P o litik f ü h r t rasch zum D espotism us. E rh ö h u n g d er eigenen P erson, O p fe r beim K aiserb ild g efo rd ert, M a jestätsp ro ­ zesse, F orm el „dom inus et deus“. D . s tü tz t sich v o r allem a u f das H eer, dessen B esoldung erhöht w ird , u n d a u f das V olk. E influß des S enats w ird zurü ck g ed rän g t. D er ü bersteigerte A nspruch und die M ajestätsprozesse p ro v o z ie re n die O p p o s itio n , besonders in d er S en atsaristo k ratie, w as v e rstä rk ­ ten T e rro r zu r Folge h at. 96 w ird D o m itia n in R om erm o rd et. T ilgung seines A ndenkens (d am ­ n atio m em oriae). — In d er A ußen- und G re n z ­ p o litik ist D . sehr a k tiv u n d erfolgreich: In B ri­ tan n ien w ird die röm ische P ro v in z bis S chottland ausgedehnt (84). D urch den F eldzug gegen die C h a tte n w erd en die röm ischen Stellungen bis zum N eckar vorgeschoben. A b 88 w ird m it dem Bau des Lim es begonnen. D ie o b er- u n d niedergerm am sdten H eeresb ezirk e w erd en P ro v in z en , G erm ania su p erio r m ît M ainz un d G erm an ia in fe rio r m it K ö ln als H a u p ts tä d te n . T ro tz d er E rfolglosigkeit des K rieges gegen die D a k e r u n d S arm aten (86 bis 90) kan n d er römische E in flu ß g ew ah rt w erden. W f.

.v-i

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N e rv a (M . C occeius), 30 (?) — 98 n . C hr., K aiser von 96 — 98 (16 M onate). S tam m t aus U m brien. N ach E rm o rd u n g D o m itian s vo m S enat zum K a i­ ser ausgerufen, s tü tz t er sich vo r allem au f den Senat. In seiner k u rzen R egierungszeit ist er n u r innenpolitisch a k tiv , u. a. L andverteilungen an die B auern, A usbau d e r röm ischen G etreide- u n d W as­ serversorgung, H ilfe fü r K in d er (alim en ta). E r v erw irk lich t den G edanken, daß n u r der Beste im S ta a t die H errschaft übernehm en soll durch A dop­ tio n des als S ta tth a lte r von O bergerm anien be­ w ä h rte n T raianus. W f.

— T . h a t ein gutes V erh ältn is zum Senat, ohne ihm viel E influß zu lassen. Innenpolitisch sorgt er fü r geordnete V erw altung, D iszip lin im S taats­ h aushalt, erw eitert italische B in nenkolonisation, G eldspenden an das röm ische V o lk u n d G etreid e­ verteilung. D urch den Z u flu ß des dakischen G o l­ des w ird die B au tätig k eit in R om (u, a. F o ru m T raian u m m it T raianssäule) u n d in den P ro v in z en fin an ziert. W f.

T ra ia n u s (M, U lpius), 53 — 117 n. C h r., K aiser v o n 98 — 117. G eb o ren in S panien. S teigt als be­ w ä h rte r O ffizier bis zum K onsul u n d S ta tth a lte r in S panien a u f (91). Als S ta tth a lte r von O b e r­ germ anien e rh ä lt er in K ö ln die N achricht v o n seiner A d o p tio n durch N erv a. 98 w ird er K aiser (d er erste „A d o p t i v k a l s e r “), bleibt ab er noch bis 99 am N ied errh ein , setzt den A usbau der G ren z­ verteidigungen fo rt. G rü n d u n g der K olonien N ijm egen u n d X a n te n . — S eit 101 W iederbeginn der E ro b eru n g sp o litik durch Feldzüge an allen G ren zen ; das römische Reich e rh ä lt seine größte A usdehnung. V erlagerung des m ilitärischen Schwergewichtes a n die O st- und W estgrenzen. — Z w ei Feldzüge gegen die D a k e r 101/2 u n d 105/6. E rste steinerne Brücke über die D o n au . N ach dem Sieg über die D a k e r G rü n d u n g d er P ro v in z D acia, A nsiedlung v o n K olonisten. D ie G o ldbergw erke in Siebenbürgen w erd en erobert. — Im P a rth e rkrieg (ab 114) stoßen die röm ischen T ru p p en bis zum persischen G o lf v o r, A rm enien, M esopota­ m ien, A ssyrien, A rabien w erden römische P ro v in ­ zen. D ie O ffensive m uß aber w egen des jüdischen A ufstandes 115 abgebrochen w erden. A uf der Rüdereise stirb t T ra ia n u s in Selinus (K leinasien).

H a d ria n u s (P ublius Aelius), 76 — 138 n. C h r., K aiser von 117 — 138. S tam m t aus S panien. F rüh v erw aist, wuchs er u n ter d er V orm undschaft des e n tfe rn t v erw an d ten T raianus auf. H e ira te t des­ sen G roßnichte S abina. Seit 95 ist er M ilitä rtrib u n verschiedener Legionen an R h e in un d D o n au . In K öln überb rin g t er T raian u s die N achricht vom T o d N e rv a s (98), N im m t an beid en D ak erk rieg en (101/2 und 105/6) teil. Seit e tw a 116 ist er S ta tt­ h a lte r in Syrien. T raian u s a d o p tie rt ih n k u rz v o r Seinem T od. — E r g ibt die expansive G ren z­ p o litik seines V orgängers auf, beschränkt sich a u f Sicherung der G renzen. D er Lim es w ird durch H o lzp alisad en v e rstä rk t. In B ritan n ien lä ß t er einen W all quer durch die Insel anlegen ( „ H a ­ d rian s-W all“ ). D as H e e r re k ru tie rt sich m ehr u n d m ehr aus einheimischen H ilfstru p p e n . — H . w id m et sich vo r allem der In n en p o litik , reist u n er­ m üdlich durch das ganze Reich z u r In sp ek tio n , zu r Rechtsprechung und z u r eigenen B ildung. V on den zahlreichen R eform en seien n u r g en an n t: S traffu n g der V erw altu n g , hum anere Rechtsprechung, E in ­ schränkung der Rechte d er S klav en b esitzer, V er­ besserung der juristischen Stellung von F rau en und M ädchen, A usbau der A lim ente-Stiftungen, V er-

m in d eru n g des H eeres. — E r besucht m ehrm als G riechenland, b a u t A then zum geistigen M ittel­ p u n k t des O stens auf, fö rd e rt die griechische K u l­ tu r, versucht die olym p isd ien Spiele w ied erein zu ­ füh ren . — G ro ß er jüdischer A u fstan d (133) e rfo r­ d e rt seine A nw esenheit in P alästin a. N ach E in ­ nahm e un d Z erstö ru n g vo n Jerusalem G rü n d u n g d er P ro v in z S yria P alaestin a . — K u rz v o r sei­ nem T ode bestim m t er A n to n inus P ius als N ach­ folger. — G ro ß e B auten in R om : P an th eo n , E n ­ gelsburg, P alast in T ivoli. W f.

A n to n in u s P ius (T. A elius H a d ria n u s), 86 — 161 n. C hr., K aiser vo n 138 — 161. S tam m t aus galli­ scher Fam ilie. U m 134 35 ist er P roconsul in Asia. M itglied v o n H a d ria n s K aiserrat, 138 w ird er ad o p tiert. N och zu L ebzeiten H a d ria n s m uß er seinen N achfolger bestim m en: M arcus A urelius. N ach seiner T hronbesteigung se tzt A. die friedliche P o litik H a d ria n s fo rt un d w idm et sich v o r allem d er R eichsverw altung, Ita lie n v e rlä ß t er nicht m ehr. E r g ilt als Id eal eines m ilden F ürsten. — A b­ gesehen vo n kleineren A u fstän d en u n d K riegen an einigen G ren zen herrscht F rieden im Reichs­ gebiet w äh ren d seiner R egierungszeit. G ren zw älle in B ritan n ien (V alium A n to n in i) u n d G erm anien (Limes) w erd en ausgebaut, erw eitert od er begra­ digt. W f.

M arcus A u reliu s (A ntoninus Augustus), 121 — 180 n. C h r., K aiser v o n 161 — 180. Aus v ornehm er spanischer F am ilie. V erw an d ter H a d ria n s, a u f dessen V eranlassung er 138 von A ntoninus Pius a d o p tie rt, und zusam m en m it Lucius V erus zum T h ro n fo lg er bestim m t w ird . E rzieh u n g zum über­ zeugten S toiker. V erh eiratet m it F austina d. J., T ochter des A n toninus Pius. Bis 169 ist Lucius V erus sein M itregent. W äh ren d der ganzen RegierungsZeit toben unablässig K äm p fe an fa st allen G ren ­ zen. P a rth e r greifen in O sten an (161— 66), w er­ den ab er zunächst w ieder zurückgedrängt. Die R öm er müssen ih ren V orm arsch w egen der Pest abbrechen, die sich b ald verheerend über das ganze Reich ausbreitet, 166 stoßen die M arkom annen über die A lpen bis A quileja, dem H a u p ts ta p e lp la tz fü r den H an d el nach N o rd en , vor. M arcus A u re­ lius u n d L. V erus übernehm en den O berbefehl und w erfen die F einde bis über die D o n au zurück (168). Im nächsten J a h r beginnen w ieder schwere u n d verlustreiche K äm p fe gegen M a rkom annen und Q u a d e n (dargestellt a u f der A urels-S äule in R om ). Sie enden m it v o rübergehender N ied erw erfu n g d er germ anischen Stäm m e (175). G renzsicherung durch einen b reiten S treifen unbesiedelten G ebie­ tes an der D o n au . D as V o rfeld w ird durch K a ­ stelle gesichert. In den durch K rieg u n d Pest geschwächten G ebieten an der D o n au sverden G e r­ m anen angesiedelt. H an d el u n d V erk eh r w erden im G renzgebiet an feste P lä tz e gebunden. U n z u ­ fried en h e it d er M a rk o m an n en m it den F riedens­ bedingungen fü h rt 177 w ieder zum K rieg, an dem der K aiser m it seinem Sohn C om m odus teilnim m t. N och v o r E nde des Krieges stirb t er an d er Pest in V in d o b o n a (W ien), designiert a u f dem T o te n ­ bett seinen einzigen überlebenden Sohn C om m odus als N achfolger. — A u ß er diesen schweren K riegen w erd en K äm pfe u. a. in Ä gypten, Spanien, D akien und B ritannien gefü h rt. — D as eigentlidie Interesse des K aisers gilt d e r In n en p o litik u n d V erw altung (z. B. A nlage von R egistern aller röm ischen B ü r­ ger auch in den P ro v in zen ), der Rechtsprechung u n d d er W issenschaft. D ie finanzielle G ro ß zü g ig ­ k eit des K aisers, die K riegslasten und die P est sind Ursache fü r die schlechte w irtschaftliche Lage am E nde seiner R egierungszeit. W f.

L ucius V erus (L. C eionius C om m odus), 130 — 169 n. C hr., K aiser von 161 — 169. S tam m t aus etru rischer Fam ilie. A uf A n o rd n u n g H a d ria n s zusam ­ m en m it M arcus A urelius 138 von A n to n in u s Pius a d o p tie rt. E r w ird Q u aesto r u n d C onsul u n d 161 M itreg en t des M arcus A urelius (m it gleichen W ü r­ den). N ach dem E in fa ll d er P a rth e r in S yrien begibt er sich in den O rien t. A b er er ü b erläß t die K riegsführung seinen F eldherren, reist u m h er un d fü h rt ein angenehm es Leben. 164 h eiratet e r L u­ cilla, die T ochter des M. A urelius. A u f G ru n d der Siege kom m t ein günstiger Friedensschluß m it dem P a rth e rk ö n ig zu stan d e (166). Rückzug d er rö m i­ schen T ru p p e n beschleunigt die A usb reitu n g der in Seieukeia ausgebrochenen Pest. — 167 E in fall der M ark o m an n en . Sie dringen bis A quileja v o r. Beide K aiser übernehm en das O b erkom m an d o . D ie w est­ lichen D o n au p ro v in zen w erd en zurückgew onnen. L. V. stirb t au f dem Weg nach R om . W f.

C o m m o d u s (L. Aelius A ureliu s A n to n in u s), 161 — 192 n. C h r., K aiser von 180 — 192. Sohn des M arcus A urelius und der F austina d. J. Bereits 166 w ird er zum C aesar erhoben. E r n im m t am M ar-

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k o m an n en k n eg teil (175), w ird P rin zreg en t (princeps iuven tu tis). N a d i dem T o d seines V aters und Beendigung des M ark o m annenkrieges (180) k eh rt er nach R om zurück, das er nicht m ehr v e r­ läß t. D a n k d er Leistung tüchtiger G eneräle bleibt es ziem lich ru h ig an den G ren zen, D ie E ro b eru n ­ gen nördlich d er D o n au w erden aufgegeben, C. fü h rt, g estü tz t a u f ergebene P rä to ria n e rp rä fe k te n ein absolutistisches R egim ent in O p p o sitio n zum S enat, u n te rstü tz t von Freigelassenen u n d G ü n st­ lingen. E r sieht sich am liebsten in der R o lle eines Fechters un d G lad iato rs, tr itt öffentlich im A m phi­ th e a te r auf. H ercu les ist sein S chutzgott. E r fö r­ d ert den K u lt aller G ö tte r, v o r allem d er o rien­ talischen, ist sogar to le ra n t gegenüber den C h ri­ sten. Seiner ständigen A ngst vor V erschw örungen fallen seine F ra u C n s p in a u n d seme Schwester L ucilla zum O p fer. 192 w ird er erm o rd et u n d vom S enat zu m S taatsfein d erk lä rt. W f.

P ertin a x (P. H elvius), 126 — 193 n. C h r., K aiser vom 1. 1. 193 — 28. 3. 193, Sohn eines F reigelas­ senen. W ar u n ter A nto n in u s O ffiizier, u n ter M a r­ cus A urelius P rä fek t d e r R heinflotte in G erm anien, nahm an den M a rk o m an n en k riegen teil, w u rd e J75 wegen seiner T üchtigkeit C onsul und 180 S ta tth a l­ ter in S yrien. V om H eer zum N achfolger des er­ m o rd eten C om m odus b estim m t und vom S enat an erk an n t. D urch seine strenge D isziplin m achte er sich u n b elieb t bei den P rä to ria n e rn , die ihn nach k u rz e r R egierungszeit erm o rd eten. Wf· 266

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S eptim ius Severus, 142 — 211 n. C h r., K aiser von 193 — 211. G eboren in L eptis M agna in A frica, aus R itterfa m ilie stam m end. V erh eiratet m it Ju lia D om na. Als L egat v o n O b erp an n o n ien (seit 190) u n d b ew äh rter F eld h err h at er große S ym pathien bei der D onau-A rm ee, die ihn nach dem T ode des P e rtin a x zum K aiser ausruft. E r w ird der erste „S o ld aten k äiser“ . M i t H ilfe seiner T ru p p en be­ siegt er die übrigen T h ro n k a n d id a te n , zunächst D idius Ju lian u s u n d Pescennius N ig er, sp ä ter C lo ­ dius A lbinus. D ieser w a r von den britischen Legio­ nen zum K aiser erhoben und auch von G allien a n e rk a n n t w orden. D ie germ anischen T ru p p e n h a t­ ten Septim ius Severus d ieT reu e gehalten. A nerken­ nung durch den S enat. D ie beiden Söhne des K a i­ sers: C a raca lla und G eta w erden zu C aesaren e r­ n an n t. N ach erfolgreichen Feldzügen gegen die F a rth e r (d arg estellt a u f dem S eptim ius-SeverusBogen in R om ) w ird M esopotam ien w ieder rö m i­ sche P ro v in z (199). — ln B ritan n ien fü h rt er (206) die K äm p fe gegen P ik ten und M aeten, D er H a d ria n sw a ll w ird erneuert. W äh ren d der R ü ­ stungen zum K rieg gegen die K aled o n ier stirb t er in Y ork, Innenpolitisch erfolgt u n ter S. Severus die U m w an d lu n g des P rin z ip a ts zu r M ilitärm onarchie. Z ugeständnisse an die S oldaten, B evorzugung der R itter, Z urückdrängung des Senats. D ie V orrechte Rom s u n d Italiens gegenüber den P ro v in zen w er­ den w eiter abgebaut, die U nterschiede w erden n iv elliert. W f.

C aracalla (M arcus A urelius A nton in u s), 188— 217 n. C h r., K aiser von 211 — 217. Sohn des S ep ti­ mius Severus u n d der J u lia D o m n a. 196 zu m C aesar, 198 z.um Augustus ern an n t. K e h rt nach dem T od seines V aters in Y o rk so fo rt nach R om zurück. E r regiert zunächst m it seinem B ru d er G eta zusam m en, den er 212 erm orden lä ß t. W äh ­ rend seiner F eldzüge liegt die eigentliche L eitung des S taates in den H ä n d e n seiner M u tter. D as wichtigste E d ik t C a raca llas ist die C o n stitu tio A n to n in ian a von 212, die allen freien B ew ohnern des Reiches das römische B ürgerrecht v erleih t. D er politischen G leichstellung aller B ew ohner entsp rid it eine synkreristische R clig io n sp o litik : o rien ­ talische G ö tte r erhalten in R om H eilig tü m er (u. a. Serapis u n d M ith ras). — G ren zk äm p fe an R hein u n d D onau gegen A lam annen (deren N am e zum ersten M al auftaucht) u n d G oten (213). V erh an d ­ lungen m it germ anischen F ürsten an der N o rd see­ küste; ihre V ertragstreue müssen die R ö m er m it G old bezahlen. D er obergerm anische Lim es w ird durch breiten G raben, der raetisd ie durch S tein ­ m auern gesichert. C. hatte eine V orliebe fü r G er­ m anen: er h ie lt sich eine germ anische Leibwache und tru g germ anische K leidung. — C . fü h lt sich auch als N achfolger A lexanders d, G r., fü h rt ein absolutistisches, a u f die Arm ee gestütztes R egim ent. E r versucht das P artherreich w ied er zu erobern, w ird aber w äh ren d des Feldzuges in M eso p o ta­ m ien erm o rd et. W f.

d er Severus w ird er von den T ru p p en zum K aiser ausgerufen. Siegreiche B eendigung des A lam an n en ­ krieges. A nschließend A b w eh r der S arm aten , D a ­ k er u n d G oten, die im m er w ieder die D o n au über­ schreiten. — ln A frica w a re n inzw ischen G o rd ia ­ nus, V ater u n d Sohn, zu G egen k aisem erhoben u n d vom S enat a n e rk a n n t w orden . Z u m K am p f gegen sie zieh t M. T h ra x nach Italie n . In Aquileja w ird er von seinen S oldaten erschlagen. W f.

G eta (P. Septim ius), 189 — 212 n, C h r., röm ischer K aiser von 209 — 212. Sohn des Septim ius SeVerus un d d er Iu lia D o m n a. W ird 198 C aesar. Be­ gleitet seinen V ater in den O rien t u n d nach A frica zusam m en m it seinem B ru d er C a racalla. Die G eschwister sind von K indheit an verfeindet. Sept. Severus nim m t beide Söhne au f den B rita n ­ nienfeldzug m it (208), G eta e rh ä lt T itel Augustus. N ach dem T od des V aters (209) w ird er M itregent C aracallas. Beide K aiser ziehen nach R om , ihr H a ß d a u e rt u n v erm in d ert fo rt, C a ra c a lla lä ß t G. erm orden und seine A n h än g er verfolgen. Wf.

E lagabalus (V ariu s A vitus Bassianus), 204 — 222 n. C h r., K aiser von 218 —- 222 (unter dem N am en M. A urelius A ntoninus). N ach dem T o d seines O nkels C aracalla, aus R o m vertrieben, w urde er P riester des S onnengottes von Emesa (217). A uf Betreiben seiner G ro ß m u tte r Ju lia M aesa w ird er von den syrischen Legionen zum K aiser erhoben. L äß t den G egenkaiser M acrinus beseitigen und zieh t 219 in Rom ein. Als S onnenpriester von Emesa fü h rt E. den syrisdien B aalskult offiziell als S taatsreligion ein. F ür den M inderjährigen re­ gieren die G ro ß m u tte r u n d die M u tter Ju lia Soemias, die auch Sitze im S enat haben. D as aus­ schweifende Leben, der pathologische C h a rak ter, die R eligioiispolitik machen den jungen K aiser bald so unbeliebt, d aß sich Senat, V olk und M ilitä r gegen ihn w enden. E r und seine M u tter werden erschlagen.

Severus A lex an d er (M arcus A urelius), 208 — 235 n. C h r., K aiser von 222 —- 235. G eboren in Phoenikien. Sohn d er Ju lia M am aea, die fü r den M in ­ derjährigen zusam m en m it ih rer M utter J u lia M aesa (bis 226) und, beraten von den großen J u r i­ sten U lpianus und J. Paulus, regiert. R eligions­ p o litik E lagabals w ird nicht fortgesetzt, E in fü h ­ rung des Sonnengottes als Reichsgott aufgehoben. Im O sten w ird d er A ngriff des neupersischen R e i­ ches u n ter den Sassaniden tro tz h oher V erluste ab­ g ew eh rt und die Reichsgrenze b ehauptet. D er K rieg m uß wegen des E inbruchs der A lam annen in G al­ lien abgebrochen w erden (233). V or einem Feldzug zu r Sicherung d er R heingrenze wrerden der K aiser u n d seine M u tter von m euternden S oldaten in M ainz erschlagen. W f.

G o rd ia n u s III. (M arcus A n to n iu s), 222 — 224 n. C h r., K aiser von 238-— 244. N ach d em T o d e des M axim inus T h ra x v o n den P rä to ria n e rn zu m K aiser erhoben. F ü r den M in d erjäh rig en regieren hohe Beam te. W ährend des erfolgreichen F eldzuges gegen den Sassaniden S chapur 1. laß t ihn P h ilip ­ pus A rabs erm orden. W f.

M axim inus T h ra x (C. lulius V erus M .), 173(?) — 238 n. C h r., K aiser v o n 235 — 238. B auernsohn aus T hrakien. E r w u rd e 234 von A lexander Seve­ rus m it den V orbereitungen z u r A bw ehr der A la ­ m annen b eau ftra g t. N ach E rm o rd u n g des A lexan­

P h ilip p u s A rabs (M arcus lu liu s), 198— 249 n. C h r., K aiser von 244 —- 249. Sohn eines Araberscheichs. L ä ß t G ordianus I II . w äh ren d des Krieges gegen die Sassaniden erm orden und sich v on den S o ld a ­ ten zum K aiser ausrufen. E r erreicht V erstän d i­ gung m it den Persern a u f G ru n d finanzieller Z uge­ ständnisse. 247 große T au sen d jah rfeier in R om . Seine H errschaft ist ständig durch U su rp ato ren in O sten u n d W esten b ed ro h t. G egen die, über d ie D o n au einbrechenden G oten und V an d alen w ird der von P h ilippus A rabs zum „d u x M oesiae et P a n n o n ia e “ ern an n te D ecius entsan d t. D ieser lä ß t sich ab er von den T ru p p en zum G egenkaiser erhe­ ben und besiegt P hilippus A rabs in einer Schlacht bei V erona. w f. 267

V alerianus (P. Licinius), v o r 200 — 260 n. C h r., K aiser von 253 — 260. S tam m t aus senatorischer F am ilie. E r w urde — wahrscheinlich in R aetien — von den T ru p p en zu m K aiser ausgerufen u n d vom S enat an erk an n t. E rn e n n t seinen Sohn G allienus so fo rt zum M itregenten, ü b e rträ g t ihm die V er­ teidigung des W estens. E r selbst begibt sich in den O rie n t. Seit der Schlacht von A brittus (251) im m er w ieder V orstöße d er G oten, auch über das M eer bis K leinasien. G leichzeitig greift Schapur I. von P ersien an, z e rs tö rtD u ra -E u ro p o s u n d A ntiochia, ero b ert A rm enien. V ,k a n n die alte G renze w ied er­ herstellen. — F o rtsetzu n g der C h risten v erfo lg u n ­ gen des D ecius durch zw ei E d ik te (257 und 258), v o r allem gegen die führenden P ersönlichkeiten und gegen die kirchlichen O rganisationen. Z a h l­ reiche M ä rty re r. K onfiskationen des V erm ögens sollen die Staatskassen füllen. V. w ird bei Edessa von den Persern gefangengenom m en, stirb t in p e r­ sischer G efangenschaft. W f.

D ecius (C . Messius Q u in tu s T raianus), um 190/200 — 251 n. C h r., K aiser von 249 — 251. P annonisch-illyrischer A bstam m ung. Z u r B ekäm pfung der G erm an en von P h ilip p u s A rab s nach P a n n o ­ nien geschickt, w ird er gegen seinen W illen von den S o ld aten zum K aiser ausgerufen. T ro tz seiner Versicherung, den P u rp u r w ieder abzuiegen, rüstet P h ilip p u s A rabs gegen ihn. D ie H eere treffen sich bei V ero n a, P hilip p u s A rabs f a llt in der Schlacht. D . zieh t nach R om , w ird vom S enat a n e rk an n t. 250 E inbruch d er G oten u n d K arp en in M oesien. D ecius schickt zunächst seinen Sohn H eren n iu s zur A bw ehr, ü b ern im m t d an n selbst die H eeresfü h ­ rung. N ach w echselvollen K äm p fen unterliegen die R öm er (251) den G oten bei A b ririu s (D obrudscha). D er K aiser versin k t m it einem großen T eil seiner T ru p p e im Sum pf. — D . u n te rstü tz t u n d fö rd e rt den K u lt d e r alten röm ischen G ö tter. C h risten ­ verfo lg u n g en im ganzen Reich au f G ru n d von E d ik ten (V erpflichtung fü r alle, an den K u lt- und O p ferh a n d lu n g en teilzunehm en}. W f. 268

G allienus (P. L icinius E gnatius), u m 218 — 268, K aiser von 253 — 268, — Sohn u n d M itregent K aiser V alerianus, d er ihn m it V erw altu n g und V erteidigung der westlichen P ro v in z en u n d der D onaugrenze b e tra u t. G . begibt sich an den R hein, m acht K öln zu seiner R esidenz. V erstärk u n g der S tad tm au ern , E in rich tu n g einer kaiserlichen M ünz­ stä tte (seit 257). V on 254 an ständige K äm pfe gegen die G erm an en , die 259/60 den Limes ü b er­ rennen, F ranken d ringen über den R hein bis G a l­ lien, A lam annen stoßen tief nach Ita lie n vo r. 259 v e rlä ß t G . K öln, ü b e rträ g t P ostum us das O b er­ kom m an d o über die rheinischen T ru p p en , u n d m a r­

schiert nach O b eritalien . In der N ä h e vo n M a ila n d schlägt er die A lam annen vernichtend. N ach d er G efan g en n ah m e seines V aters d u rch die P erser (260) w ird seine Regentschaft stän d ig durch U su r­ p a to re n b ed ro h t. Postum us lä ß t sich vo n den Sol­ d a te n am R hein zum G egenkaiser erheben. D er jüngere Sohn des G allienus, P rin z Saloninus, w ird in K öln erm o rd et. D en K a m p f gegen Postum us m uß G. w egen der großen G erm an en ein fälle (be­ sonders der H e ru le r) au f dem B alk an abbrechen. E r ü b ern im m t die H ceresfuhrung un d schlägt die bis G riechenland vorgedrungenen H e ru le r bei N estos in T h rak ien . A u f die N ach rich t vom A b ­ fall des A reoius begibt sich der K aiser nach M a i­ la n d , w o er durch die V erschw örung seiner G e­ neräle getö tet w ird. - W ichtig ist die N e u o rd ­ nung des H eeres zu beweglicherem E in satz gegen die G erm anen : neben d er L egionsreiterei selbstän­ dige R eiterverbände, hauptsächlich aus M auren und Illy re rn bestehend, sie w erd en das R ü ck g rat des H eeres. Im m er m ehr G erm anen tre te n in den römischen H eeresdienst als „ fo e d e ra ti“, — S ena­ toren w erden allm ählich von m ilitärischen P osten ausgeschlossen. — G. bem üht steh um die E rn eu e­ ru n g griechischen G eisteslebens. A n h än g er und E reund P lo tin s, fö rd e rt N eu p lato m sm u s u n d M y sterienkulte von Eleusis. T o le ran t gegenüber den C hristen, h eb t er die E dikte seines V aters au f, W f.

A urelianus (L. D om itius), 214 — 275, K aiser von 270 — 275. B auernsohn aus U ly rien. Stieg zum O ffizier au f u n ter K aiser G allienus, an dessen E r ­ m ordung er sich beteiligte. B ew äh rte sich u n ter K aiser C lau d iu s (G othicus) im G o ten k rieg , erhielt den O berbefehl über die R eiterei. N ach dem T ode des C laudius erheben ihn die D onau leg io n en zum K aiser. D ie S onderreidte P a lm y ra u n d G allien v e r­ w eigern zunächst die A nerkennun g . — D as erste R egierungsjahr ist ungefüllt m it erfolgreichen F eldzügen gegen verschiedene G erm anenstäm m e; die w eit nach Italie n eingedrungenen Ju th u n g en u n d A lam annen w erden vernichtend geschlagen; R o m e rh ä lt eine sta rk e U m m a u e ru n g („A u relian sm au er“ ). V erhandlungen m it P a lm y ra (K önig V a b a lla th u n d K önigin Z enobia) h ab en zu m E r ­ gebnis, d a ß A urelian a n e rk a n n t w ird , P a lm y ra , z u dem u. a. Ä gypten, S yrien, A rab ien gehören, aber w eitgehend selbständig bleibt. — T ro tz seines Sieges über die G oten ü b e rlä ß t ihnen A. das G e­ biet nördlich d e r D o n au (D akien), um d ie D o n au grenze zu sichern. Südlich d er D o n a u w ird ein neues D ak ien gegründet. — 272 bricht Z enobia den V ertrag, sagt sich v o n R om los, V ab allath n im m t den K aisertitel an. D urch d en Sieg über die P alm y re n er bei Em esa v e re ite lt A. d en V er­ such dieser S taatsg rü n d u n g in n erh alb des Im p e-

rìums. D ie H errscher w erden gefangen. Diesen Sieg schreibt A. dem S o n n en g o tt (sol) z u , d er sida ihm zu g ew a n d t habe. In einem zw eiten Feldzug (273) gegen die aufständischen P alm y re n er und Ä g y p ter ist A. w ied er siegreich. P a lm y ra w ird total zerstö rt, A lex an d ria u n terw o rfen , Ä gypten w ird w ieder röm ische P ro v in z . N ach diesen E r­ folgen A .’s erg ib t sich ihm der gallische S onder­ kaiser T etricu s fast kam pflos, G allien und B rita n ­ nien w erd en dem Reich eingegliedert, die Reichs­ einheit ist endlich w iederhergestellt. G län zen d er T riu m p h zu g in R o m 274. Sol invictus (d er unbe­ siegte S onn en g o tt) e rh ä lt in R om einen T em pel, er w ird höchster S taatsg o tt u n d Schutz g o tt des K a i­ sers, d er 25, 12, ist sein Jahres fest. A. versucht im K u lt des S onnengottes die verschiedenen R eligio­ nen des Im p eriu m s zu vereinen, ein G egengew icht zu dem bereits starken C h risten tu m zu schaffen. D er K aiser f ü h lt sich als H errscher v o n G ottes G n ad en , die E rh ö h u n g des P rin z ip a ts zum D om i­ n ât fü h rt zum A bsolutism us. T ro tz der zahlreidten kriegerischen U n tern eh m u n g en , die nu r au f G ru n d w iederhergestellter m ilitärischer D isziplin m öglich sind, tst A. auch innenpolitisch a k tiv : M ü n z refo rm soll z e rrü tte te W äh ru n g stabilisieren und die W irt­ schaft beleben, R o m w ird als H a u p ts ta d t gefördert. — A u f einem Marsch na dt B yzanz w ird d er K ai­ ser vo n hohen O ffizieren erm o rd et. Wf.

D io cletian u s (C. A urelius V alerius), um 24C— 316, K aiser vo n 284 — 305. ln kleinen V erhältnissen in D alm atien geboren, im M ilitärd ien st aufgestie­ gen. E r w ird von den T ru p p e n zum K aiser aus­ geru fen ; nach E rm o rd u n g des G egenkaisers C a r i­ ous ist er A lleinherrscher. E r teilt die M acht z u ­ nächst m it seinem F reu n d M axim ian, d er 284 zum C aesar erh ob en w ird . Feierliche P ro k la m a tio n bei­ d er zu A ugusti in N ico m ed ia. D . e rh ä lt den Bei­ nam en „ Io v iu s“, M ax im ian „H ercu liu s". M a x i­ m ian ü b ern im m t den W esten, D . den O sten. — Friedensschluß, m it d en P ersern (288) erm öglicht v erstärk te A b w eh r der v o rd rin g en d en G erm anen, S arm aten un d S arazenen. U n terd rü ck u n g eines gro ß en A u fstandes in O b eräg y p ten . — 293 w ird in N ico m ed ia die sog. T etrarch ie b eg rü n d et: neben den A ugusti w erden zw ei C aesares (G alerius und C o n stan tiu s C hlorus) eingesetzt, jeder übernim m t u n te r W a h ru n g d er R eich seinheit einen Teil

z u r V e rw a ltu n g und V erteidigung. D .: O rien t, R esidenz: N ico m ed ia; G alerius: Illyricum , M ake­ donien, G riechenland, R esidenz: S irm ium ; M axi­ m ian: Italien , A frik a , R e sid e n z :M a ila n d ;C o n sta n ­ tinus C hlorus: S panien, G allien, sp ä ter B ritannien, R esidenzen: T rie r u n d Y ork. R om bleibt z w a r H a u p ts ta d t, ist ab er nicht m ehr kaiserliche R esi­ d en z. -— D urda T eilu n g der M acht, D eze n tralisa­ tion der V erw altu n g sucht D. Sonderbestrebungen einzelner Reichsteiie zu v erhindern, die K aiser­ stellung gegen U su rp a to re n zu sichern, die s ta a t­ liche G ew alt überall gegenw ärtig sein zu lassen. A ufgabenteilung soll die E in h e it des Reiches festi­ gen. D ., ein genialer O rg an isato r, o rd n et das Reich neu. Z ah l der P ro v in z en w ird v erm eh rt, ihre A usdehnung v errin g ert (12 D iözesen), d er n o t­ w endige B e a m te n a p p a ra t ausgebaut, M ilitär- und Z iv ilv e rw a ltu n g w erd en g etrennt, sie k o n tro llie ­ ren sich gegenseitig. V erstärkte G ren zv erteid ig u n g e rfo rd e rt größeres H e e r, die h ohen K osten m üs­ sen von den U n te rta n e n aufgebracht w erden. F olge: S teuerreform und staatlicher Z w ang. S teueraufkom m en — m eistens N a tu ra lie n — w ird jährlich neu festgesetzt. B auern d ürfen ihr L and nicht verlassen, H a n d w e rk e r u n d G eschäftsleute den B eruf nicht wechseln, K u riale in den S täd ten h aften fü r Steuerschuld, H ö ch stpreisverordnungen fü r W aren und D ienstleistungen, um Preissteige­ rungen zu v erhindern. V ereinheitlichung des M ü n z­ system s. Z usätzliche B elastung fü r die R eichsfinanzen ist die bewegliche und aufw endige H o f h a l­ tu n g D .’s. E rh ö h u n g d er kaiserlichen Stellung, H errscher w ird zum G ottk aise r, H ofzerem oniell nach orientalischem V orbild (K n iefall u n d K u ß des K aiserp u rp u rs) g ew in n t religiösen Sinn und w ird zum A usdruck des au tokratischen A bsolutis­ m us. — 296 w ird B ritan n ien zurückgew onnen, 298 w erden die P erser besiegt und müssen die römische O b erh o h eit über A rm enien an erk en n en . D am it sind die m ilitärischen A ufgaben v o rerst gelöst. — D . versucht die G ö tte rk u lte w iederzubeleben, im S ta a tsk u lt soll die E in h eit d er R ö m er zum A us­ druck gebracht w erden. D as fü h rt konsequent zu V erb o t und V erfo lg u n g von M anichäern u n d C hristen. 299 w erd en die C hristen aus dem H e e r e n tfe rn t, dann allgem eine V erfolgung durch E d ik te von 303. V erbot d er G laubensausübung, V erh af­ tu n g des K lerus, O p fe rz w a n g u. a. D ie E d ik te w erden im O sten strenger befolgt als im W esten. N ach schwerer K ra n k h e it d a n k t D . 305 in N icom edta ab, m it ihm M axim ian. G alerius u n d C o n ­ stantius C h lo ru s rücken als A ugusti nach. D . zieht sich in seinen P alast A spalathos (S plit) zurück, w o er bis zu seinem T ode bleibt. E r greift n u r noch einm al im K aiscik o n g reß v o n C a rn u n tu m (308) in die S treitigkeiten seiner N a d tfo lg e r ein.

Wf.

C o n s ta n tin u s (C aius F lavius V alerius C alus A u g u ­ stus), um 280— 337, K aiser v, 306— 324. Sohn des C o n stan tiu s C hlorus und seiner G eliebten H elena, geboren ln N aissus (Nîsch). V e rh e ira te t m it F au sta, T ochter M axim ians. — Sein V ater w u rd e nach d er A b d an k u n g D iocletians 305 zum A ugustus fü r den W esten e rn a n n t, G alerius fü r den O sten. C , v e r ­ brachte seine Ju g e n d am H o fe D iocletian s, w u rd e d o rt m ilitärisch ausgebildet; d an n in B ritan n ien , w o er nach dem T o d e des V aters 306 in Y o rk von den S oldaten zum A ugustus ausgerufen w urde. Diesen A ugustustitel behielt er eigenm ächtig bei, obw ohl er ihm m ehrm als abgesprochen w urde. G alerius ern en n t Severus zum A ugustus fü r den W esten. — Beim K aiserk o n zil von C a rn u n tu m 308 w ird L icinius die A ugustu sw ü rd e fü r den W esten ü bertragen, M axim inus D a ia bem ächtigt sich ih rer im O sten. — C . besetzt S panien, sol invictus (d er unbesiegte S onnen g o tt) w ird sein S chutzgott. 312 zieht er von d er R h ein g ren ze m it seinen besten T ru p p en nach Italie n un d besiegt den G egenkaiser M axentius an d er M ilvischen Brücke vo r den T o re n Rom s. E r schreibt diesen Sieg dem christlichen G o tt zu, E inzug in Rom . D er L a te ra n ­ p alast w ird dem röm ischen Bischof überlassen. In d er K onferenz von M a ila n d (dem sogenannten T o le ran ze d ik t von 3 Î3 ) einigen sichC . un d Licinius über die B ehandlung d er C h risten : F reih eit d er R eligionsausübung u n d G leichstellung m it allen and eren R eligionen. Rückgabe beschlagnahm ter K irchengüter, K lerik er sind v o n S teuern befreit. C hristen bekom m en allm ählich Z u g an g zu allen Ä m tern. — D er christliche S o n n tag w ird 321 a ll­ gem einer R uhetag. — D er röm ische S en at w id er­ setzt sich d er C hristianisierung Rom s (a m C o n sta n tinsbogen, vom S enat gestiftet, noch heidnische S on­ nensym bole). 313 siegt Licinius ü b er M axim inus 269

D aia, ein J a h r sp äter C . über Licinius, doch kom m t es zu einer friedlichen E inigung. Licinius bleibt A ugustus im O sten, C ’s. neu er R egierungssitz ist m eistens Serdica (das heutige Sofia). D ie D o n a u ­ grenze m u ß gegen G oten u n d S arm aten, die R h e in ­ grenze gegen F ra n k en und A lam annen verteid ig t w erden. B au der R heinbrücke bei K öln und des B rückenkopfkastells in D eu tz. — D ie Schikanen des L icinius gegen die C h risten veranlassen C ., den K am p f gegen den M itreg en ten aufzunehm en. Nach zw ei verlo ren en S d ilad iten m uß sich L icinius 324 ergeben, C . ist nu n A lleinherrscher, von jerzt an fü h rt er das Kreuzeszeichen a u f seinen Fahnen. L icinius w ird hingerichtet. E in J a h r später lä ß t C. seine F ra u u n d seinen Sohn um bringen. — F rie­ densschluß m it den G oten, die sich zum G ren z­ schutz un d z u r T ru p p en stellu n g verpflichten gegen G o ld zah lu n g und G etreidelicfcrungcn. Die sanfte B ehandlung d er G oten zeigt die Schwäche des R ei­ ches. — C . v erb in d et als „K aiser v o n G o ttes G n a ­ d e n “ die heidnische Id ee einer Rcichsreligion m it dem U n iv ersalitätsan sp ru ch des C hristentum s. D er G laube an den im K aiser w irkenden G o tt w ird christlich g eprägt. C . ist als S tellv ertreter C hristi H e r r des S taates u n d d er K irche. D eshalb greift er, obw ohl m it theologisdien P roblem en nicht v e r­ tra u t, im m er w ieder a k tiv in die kirchlichen V er­ hältnisse ein. 325 w ird u n te r seinem V o rsitz das K on zil von N icaea einberufen. D ie L ehre des Arius, d er nicht die v olle G o tth e it C hristi a n e r­ kennen w ill, w ird v erd am m t, die des A thanasius an erk an n t. Kirchliche E inheit sollte die E in h eit des Rei dies festigen. M it dem N achlassen des Druckes von au ß en schw indet ab er die kirchliche E inheit, die ideologischen S p altu n g en beginnen, die das ganze 4. Ja h rh u n d e rt an d au ern . — C . f ü h rt die von D io cletian begonnene N eu o rg an isa tio n des Reiches fo rt, er stä rk t die unum schränkte S taats­ gew alt in d er H a n d des H errschers (A u to k ratie). E ntw icklung des H ofzerem o n iells, der p ru n k v o lle n K leidung z u r B etonung d er G o ttäh n iich k eit des K aisers, strenge R a n g o rd n u n g am H o f. S tändiger K ro n ra t b e rä t den K aiser, F achm inister haben H au p tresso rts inne. B eam te w erden m it G eld be­ soldet, w as zu r V erg rö ß eru n g d er S teuerlast führt, der C . durch R efo rm des M ünzw esens entgegen­ w irk t. W eiterhin strenge erbliche B indung an den B eruf. — T eilung des Reiches in 4 P rä fe k tu re n , 14 D iözesen un d 117 P ro v in z en . — D as H eer w ird in ein bewegliches Feldheer und in ein ansässiges G ren zh eer geschieden. Im m er m ehr G erm anen tre ­ ten in die T ru p p e ein u n d erhalten Z ugang zur O ffizierslau fb ah n . — C . g rü n d et in b ew u ß ter G e­ genüberstellung zum heidnischen R om im O sten eine neue H a u p ts ta d t, K o n sta n tin o p e l, die 330 ein­ gew eiht w ird und sp ä ter H a u p ts ta d t des Ostreiches ist. — F ö rd e ru n g vo n B ildung, L iteratu r, K unst u n d v o r allem d er A rch itek tu r, erste m onum entale K irchenbauten in F orm d er Basilika. — C . v e r ­ sucht die M onarchie seiner Fam ilie zu erh alten und erhebt drei Söhne un d einen N effen zu C aesares, denen je ein Reichsteil zugew iesen w ird . — W äh­ rend des Feldzuges gegen den persischen K önig Schapur I I . stirb t C. bei N ico m ed ia. N och au f dem S terb eb ett lä ß t er sich tau fen . ^ f· 270

C o n s ta n tiu s II. (F lav iu s Iulius), 317 — 361, K aiser von 337 — 361. Sohn C onstantins d. G r. und der Fausta. Bereits siebenjährig zum C aesar ern an n t. Nach dem T ode C o n stan tin s (337) w urde das Reich u n ter die drei S öhne geteilt; die zu M itregenten bestim m ten S eiten v erw an d ten w urd en fast alle um gebracht, m an verdächtige C . als A nstifter der M assenm orde. Als 340 der d ritte B ruder starb, teilten sich C . u n d C onstans die H errschaft, C o n ­ stans erhielt den W esten, C . den O sten. K o n stan ­ tinopel w u rd e zu r zw eiten R eichshauptstadt erh o ­ ben und R om gleichgestellt. — W ährend d er g a n ­ zen Regierungs zeit ist C. in A b w eh rk äm p fe gegen die P erser u n ter Schapur II. verw ickelt, die er vorsichtig und zö g ern d fü h rt. D e r römische Besitz kan n ab er b eh au p tet w erden. -— In die heftigen innerkirchlichen S treitigkeiten zwischen A rianern u n d N icäan e rn („T rinitarischer S tre it“), zu deren Beilegung zahlreiche S pnoden ein berufen w erden, greift C . im m er w ieder ein. E r begünstigt die A rianer, C onstans die N icäan e r. — C onstans, e r­ folgreich gegen die F ranken, w ird 350 von dem U su rp a to r M agnentius vertrieben und au f der F lucht um gebracht. C . v e ra n la ß t d a ra u fh in die G erm anen in G allien einzufallen, er selbst beginnt die O ffensive gegen M agnentius. N ach dem Sieg bei M ursa (351) d rin g t er w eiter in den W esten üb er die A lpen vor, besiegt den U su rp a to r, der sich tö tet. — E in neuer G egenkaiser, Silvanus, w ird 355 von den F ra n k en in K öln e rn a n n t und nach vier M onaten erm o rd et. K ö ln w ird nach langer B elagerung von den G erm anen ero b ert und v erw üstet. Z um Schutz der R heingrenze setzt C. sei­ nen einzigen noch lebenden m ännlichen V erw an d ­ ten Iulianus ein, er selbst käm pft an d er unteren D o n au gegen Q u ad en u n d S arm aten. Als die P e r­ ser 359 die w egen d er G erm anenabw ehr n u r schlecht verteidigten römischen G renzen angreifen, rüstet C. zum G egenangriff. D ie gallischen T ru p ­ pen lehnen seine U n te rstü tz u n g ab, erheben Iu lia­ nus zum G egenkaiser. C . schließt eilig Frieden m it Schapur, um sich gegen Iulianus w enden zu k ö n ­ nen. A uf dem M arsch stirb t er in K ilikien, b e­ stim m t Iu lia n als N achfolger, da er selbst k in d e r­ los ist. W f.

Iulianus (Flavius C laudius, gen. A p o stata), 331 —363, K aiser von 361 — 363. N effe C o n stan tin s d. G r., seinen V ater ließ sein V etter C o n stan tiu s II. erm orden. 1. wuchs in K o n sta n tin o p e l un d N ik o m edia auf, erzogen in klassischer B ildung von z u ­ meist christlichen L ehrern. U n te r dem E in flu ß des M axim os von Ephesos w endet er sich dem N e u ­ platonism us zu, äußerlich bleibt er C hrist. Nach H in rich tu n g seines Bruders G allus w ird er von dem m ißtrauischen K aiser lange In O beritalren festgehalten, durch Fürsprache d er K aiserin Eusebia ab er zum S tu d iu m nach A then entlassen. B asileios d. G r. und G regor v. N a z ia n z sind d o rt seine K om m ilitonen. K u rz d a ra u f (355) w ird er nach M ailand gerufen, zum C aesar ern an n t un d wegen der E in fälle der G erm anen nach G allien geschickt. W äh ren d der W in terq u artiere bereitet er sich auf seine m ilitärischen A ufgaben vor. E r be­ weist bald sein u n g e w ö h n l ic h e s F eld h erren talen t, v ertreib t die G erm anen aus G allien, n im m t K öln den F ran k en ab, sichert den R hein als Reichs­ grenze (Sieg bei S traß b u rg ), m acht ih n als H a n ­ delsw eg w ieder b en u tzb ar, — R esid en zstad t ist Paris. — Als C o n sta n tiu s IL U n te rs tü tz u n g fü r den P erserkrieg an fo rd e rt, verw eigern I.’s T ru p ­ pen den G ehorsam und erheben ihn zum Augustus. C onstantius stiftet die G erm anen zu neuen R a u b ­ zügen an . ln Eilm ärschen, die D o n au als W asser­ weg b enutzend, zieht I. dem K aiser entgegen, der ihn noch a u f dem S terbebett zum N achfolger designiert (361). E inzug in K o n stan tin o p el. I. v e r­ k ü n d et allgem eine G laubensfreiheit, befiehlt O p fer und V erehrung heidnischer G ö tte r, R ückerstattu n g heidnischen Tenipelgutes, heidnische Feldzeichen sta tt des labarum s (Fahne m it C hristu sm o n o ­ gram m ). N ach anfänglicher T o le ran z w erd en C h ri­ sten von hohen Ä m tern ausgeschlossen. I. schürt Z w ietracht u n ter den Sekten, versucht die rö m i­ sche R eligion w iederzubeleben un d nach christ­ lichem V orbild zu organisieren. — Als pflichtbe­ w u ß ter R egent v erm in d ert er A usgaben fü r den S taatsh au sh alt, bem üht sich um gerechtere V er­ teilung der Steuern, um U nterd rü ck u n g der K o r­ ru p tio n , Beseitigung von Im m u n itäten usw. — 362 w ird A ntiochia R esidenzstadt. V on d o rt bricht I. zum F eldzug gegen die Perser auf, erreicht die H a u p ts ta d t K tesiphon, ohne sie einnehm en zu können. A uf dem Rückmarsch w ird er tödlich v er­ w u n d et und stirb t, ohne einen N ach fo lg er bezeich­ n et zu haben. W f.

V alen tin ian u s 1. (Flavius), 321 — 375, K aiser von 364 — 375, O ffizierssohn aus P annonien. E rw arb als S o ld at unter lu lian in G allien die K enntnisse der K rieg sfü h ru n g gegen die G erm anen. K am in die kaiserliche Leibwache nach A ntiochia, fiel als C h rist In U ngnade, nahm am Perserfeldzug teil. Stieg nach lu lian s T o d (363) u n ter Iovianus zum hohen O ffizier auf, w urde nach dessen T o d von den T ru p p e n zum K aiser ausgerufen. Sein B ruder V alens w ird Augustus fü r den O sten, V. selbst übernim m t den W esten. A n d er Reichseinheit w ird festgehalten, aber die V orherrschaft h at d er W e­ sten. Kirchliche A useinandersetzungen v ertiefen die E n tfrem d u n g der Reichshälften. V. begibt sich nach G allien, wo seine A nw esenheit w egen der ständigen G erm an en ein fälle nötig ist. H a u p tq u a r­ tier ist zunächst Paris, R esid enzstadt w ird T rier. D ie A lam annen w erd en über den R hein zu rü tk g ed rän g t, römische T ru p p en stoßen bis zu den D o ­ nauquellen vor. D ie R heingrenze w ird von der N ordsee bis R ätien durch V erm ehrung und V er­ stä rk u n g von K astellen und W achtürm en neu be­ festigt. — In B ritan n ien sichert sein F eldherr T h e­ odosius den römischen Besitz gegen P ikten und Skott’ii- — V. ist to le ra n t gegen die H eiden, er hält sich in d er K irchenpolitik zurück, geht aber h a rt gegen D onatisten und M anichäer vor. In n en ­ politisch bem üht er sich um S parsam keit, um niedrige S teu erfo rd etu n g en (d a fü r K onfiskationen d er V erm ögen seiner G egner), um geordnete Recht­ sprechung und V erw altu n g , E n tlastu n g d er unteren Volksschichten. Gegen seine politischen F einde ist er rücksichtslos. — W äh ren d des Krieges gegen Q uaden und S arm aten stirb t er an einem Schlagan fall. W f.

G ratian u s (Flavius), 359 — 383, K aiser von 367 — 383. Sohn V alentinians L, 367 in Am iens zum '/Tagostus ausgerufen. E r w ird von dem römischen D ichter A usonius erzogen, d er lange sein B erater bleibt. E r versucht, sich im G egensatz zu seinem A aier durch M ilde p o p u lär zu machen. In religiö­ sen Fragen v erh ält er sich zunächst toleran t, später, u n te r dem Einfluß des Bischofs A m brosius, u n ter­ drückt er das H eid en tu m , v o r allem in Rom . Legt als erster K aiser den T itel des P o n tifex m axim us ab. B em üht sich um den A bbau der S teu erp riv i­ legien d er begüterten Schichten. — 37S w erden die ü ber den R hein vorgedrungenen A lam annen zu rück geschlagen. G. bietet K aiser Valens, seinem

O nkel, H ilfe im K a m p f gegen die W estgoten an, die von den H u n n en auf den B alkan gedrängt w erden, er kom m t ab er zu spät. V alens w ird in der Schlacht von A drian o p el besiegt und stirb t. G. beruft den S panier Theodosius als F eld h errn , er­ nennt ihn 379 zum Augustus u n d übergibt ihm den O sten des Reiches. Die G oten w erden in P a n ­ nonien angesiedelr, — Im W esten rufen b rita n n i­ sche S oldaten M axim us als G egenkaiser aus. Als er nach G allien übersetzt, läuft ein großer Teil der kaiserlichen T ru p p en zu ihm über. G. w ird au f der Flucht getötet. W f.

(394), A rbogastes, sein F eld h err, begeht S elbst­ m ord, D ie bei T h. m itkäm pfenden G oten w erden von A la n d i geführt. D urch diesen Sieg, der den U n terg an g des H eidentum s bedeutet, v ereinigt T h. zum letzten M al das G esam treich in einer H a n d . W äh ren d d er Siegesfeiern in M a ila n d stirb t er. T eilt das Reich zwischen seine S öhne H o n o ­ rius und A rcadius. W f.

T heodosius I. (F lavius), 347— 395, K aiser von 379 — 395. Aus reicher spanischer F am ilie stam m end, zeichnete sich im K a m p f gegen die S arm aten aus, w u rd e von G ra tia n nach dem T ode des Kaisers V alens an den H o f nach Sirm ium berufen und 379 zum A ugustus fü r den O sten pro k lam iert. D ie 'W estgoten w erd en m it H ilfe der T ru p p e n G ra tia n s (u n ter B au to und A rbogastes) zurück­ gewiesen, d an n als F oederaten südlich der D o n au angesiedelt. F ür A utonom ie und S teuerfreiheit stellen sie hochbezahlte S oldaten. Ih re S o ld fo r­ derungen m achen drastische S teuererhöhungen erforderlich (P rü g elstrafen fü r nicht zahlende K u riale). D as römische H eer besteht jetzt zum grö ß ten T eil aus B arb aren . Im K o n zil von K o n ­ stan tin o p el (381) w ird der K irchenstreit gegen die A rianer zugunsten der nicäanisehen Richtung entschieden und b eendet. - N ach G ratian s T od w ird V alentinian I I. W estkaiser. D er von den westlichen Reichsteilen gegen ih n aufgestellte M axim us w ird 384 von T h. a n e rk an n t. Als M axim us zum A n g riff übergeht, w erden seine T ru p p en geschlagen, er w ird bei A quileja gefangen und erm ordet. V alen tin ian übernim m t m it be­ schränkter A u to ritä t den W esten w ieder, —- 38S E in fall der ripuarisehen F ranken in der N äh e von K öln. A rbogastes schließt zw ar F rieden m it ihnen, rächt sich später durch V erw üstung ihres rechts­ rheinischen Gebietes, Dem V alentinian fo lg t E ugenius als W estkaiser. — T h., anfänglich to le­ ra n t gegen das H eid en tu m , b etreib t u n ter dem E influß des Bischofs A m brosius eine a n tih eid ­ nische P o litik : B etreten heidnischer Tem pel und K u lth an d lu n g en v erboten, A bfall vom C h risten ­ tum w ird schwer bestraft. D agegen u n terstü tzt E ugenius die heidnische R e stau ratio n . T h . v e r­ w eigert ihm A nerkennung und M itregentschaft. Eugenius unterliegt in der Schlacht von Frigidus

H o n o riu s (Flavius), 384— 423, K aiser vo n 393— 423. Jü n g erer Sohn des K aisers T heodosius. Ihm w ird d er westliche Reichsteil nach dem T ode seines V aters (395) zugewiesen. D ie R egierung fü h rt sein V orm und und sp ä terer Schw iegervater, der H eerm eister Stütcho. D ie G o ten u n ter A latidn, die S tilid io vergeblich aus G riechenland zu vertreiben versucht h a t, brechen 401 in Italien ein. Z u r V erstärk u n g ih rer A bw eh r w erden die letzten römischen T ru p p en aus B ritan n ien und vom R hein abgezogen. D ie R esidenz w ird von T rie r nach M ailand verlegt. N ied erlag en d er G o ­ ten bei P o llen tia und V erona (403); sie w erden vertraglich zu F oederaten. H . b rin g t die H o f ­ h a ltu n g in das durch S üm pfe geschützte R av en n a in Sicherheit. — G ladiatorenspiele w erden en d ­ gültig verboten. — D ie von T ru p p en en tb lö ß te R h e in fro n t überschreiten A lanen, V an d alen , Sue­ ben in breiter F ro n t und ziehen bis nach Spanien. D ie E rfolge der G erm anen verstärk en d en E influß der antigerm anischen P artei am H o f. Stilicho w ird erm ordet. H . ü b erläß t das R egieren und K riegfuhren w eiterhin M inistern u n d F eld h erren , von denen C o n stan tiu s d er tüchtigste ist. 410 erobern die G oten, die versprochene Z ahlungen nicht bekom m en haben, R om . G alla P lacid ia, H albschw ester des H „ w ird gefangen. N achfolger des in S üditalien gestorbenen A lar Ich. w ird A th au lf. E r fü h rt die G oten nach G allien (h eiratet G alla P lacidia), dann nach S panien, als zugesagte K ornlieferungen ausbleiben. D o r t stirb t er. G e­ gen K orn w ird G alla P lacid ia ausgetauscht un d m it C o n stan tiu s v erh eira te t. E in T eil d er G oten w ird in A quitanien als F oederaten angesiedelt. 421 erhebt H . C onstantius zum A ugustus, d odi er stirb t nach einigen M onaten . Seine W itw e flieht m it den K in d ern nach K o n stan tin o p el. H . erliegt im gleichen J a h r (423) d er W assersucht. W f. 271

Informationen Beschriftung der Steindenkmäler In den „Führer zu den Steindenkmälern“ Seite 198 ff. sind die Museumsbeschriftungen zu allen Gegenständen einbezogen worden. Die Texte erstellten die Damen und Herren: Dr. Eva-Maria Cahn, Prof. Dr. Hugo Borger, Dr. Jörgen Bracker, Dr. Ursula BrackerWester, Inciser Damm, Dipl.-Ardi., Dr. Bri­ gitte Galsterer, Dr. Helmut Gaisterer, Dr. Andreas Liniert, Dr. Daniela Linfern-Reich, Peter Noelke, M.A., Dr. Sven Seiler. Abbildungsnachweise Mit freundlicher Genehmigung wurden fol­ gende Bildvorlagen verwendet:

Schmuck der antiken Welt in der Sammlung des Römisch-Germanischen Museums Köln Text: Dr. Eva-Maria Cahn, Inciser Damm, Dipl.-Arch. Schmucktechniken der antiken Welt Text: Maria Weber-Vogel

Taschenbücher, die geplant sind:

Einheimische Götter in Köln Text: Dr. Gunter Ristow

U. Bracker-Wester, Köln im römischen Weltreich J. Bracker, Das gallische Sonderreich

Römische Götter in Köln Text: Dr. Günter Ri stow Oppidum Ubiorum Text: Dr. Peter La Baume Prunkglas Text : Dr. Peter La Baume Antike Lampen Text: Inciser Damm, Dipl.-Arch, Philosophen und Kaiser in Köln Text: Dr. Jörgen Bracker

Informationsprogramme

Von der Antike zum frühen Mittelalter Text: Prof. Dr. Hugo Borger

Die römische Stadtmauer von Köln Text: Sven Seiler

Verwaltung der Koloniestadt Text: Dr. Brigitte Galsterer

Das Grabmal des Lucius Poblicius Text: Dr. Ursula Bracker-Wester Das Dionysos-Mosaik Text: Dr. Ursula Bracker-Wester Römische Wandmalerei in Köln Text: Dr. Andreas Linfert Bronze- und Eisenzeit Text: Dr. Walter Meier-Arendt Steinzeit Text: Dr. Walter Meier-Arendt 272

G. Ristow, Zur Religionsgeschichte des römischen Köln

Orientalische Erlösungsreligionen und Christentum Text; Dr. Günter Ristow

A.G. Photo, Paris, S. 267; Britisches Museum, London, Bild 61; Deutsches Archäologisches Institut, Rom, S. 260, 261, 262, 263, 264, 265, 266, 267, 268, 269; Ny Carlsberg Glyptothek, Ein Tag aus dem Leben eines Römers in Kopenhagen, S. 260; Rheinisches Bildarchiv, Köln — Kaufen und Verkaufen — Die Woh­ Köln, Bild 7, 42, 56, 57, 58, 159, 216, 265. nung — Essen und Trinken S. 261, 262, 267, 270; O. Böhm, Venedig, Text: Dr, Daniela Lmfert-Reich S. 269; Helmut Loose, Köln, Bild 202—206; Ein Tag aus dem Leben eines Römers in Vitalis Schulter, Köln, Bild 1—6, S. 261, 267, Köln — Die Familie — Kindererziehung — 268, 271. Die Arbeit — Hygiene — Kosmetik — Be­ kleidung Die Zeichnungen im Text fertigten Ernst Herwagen, Rosemarie Roden, Klaus Text; Dr. Daniela Linfert-Reich Wildt. Bildung in römischer Zeit Die Zeichnungen für den „Führer zu den Text: Dr. Daniela Linfert-Reich Stein denk malern" führte Frau Astrid Becker Römische Schauspiel Vorführungen Text: Dr. Daniela Linfert-Reich aus. Die Graphiken für Bild 69 und 155 wurden Die Stadt und ihre Bauten von Jan Konietzko und Michael Zimmermann Text: Dr. Hansgerd Hellenkemper Handel und Gewerbe im römischen Köln angefertigt. Text: Peter Noelke, M. A.

Der römische Hafen von Köln Schiffahrt — Hafen -— Handel Text: Dr. Jörgen Bracker

P. Noelke, Handel und Gewerbe im römischen Köln G. Predtt, Das Poblicius-Grabmal

Publikationen Im Oktober 1974 erscheinen folgende Taschenbücher: H. Borger und J. Bracker, Das römische Köln D. Linfert-Reich, Römischer Alltag in Köln A. Linfert, Römische Wandmalerei der nord­ westlichen Provinzen W. Meier-Arendt, Die Steinzeit in Köln

H. Borger, Das fränkische Köln

P. La Baume, Römisches Kunsthandwerk in Köln G. Ristow, Das frühe Christentum m Köln S. Seiler, Die Römer und ihre Toten G. Biegel, Die Römer und ihr Geld G. Prédit, Das Prato π um in Köln

Technische Hinweise Die vorliegende Römer-Illustrierte 1, 1974, soll in erster Linie das im Römisch-Germani­ schen Museum Köln dargebotene Muscumsgut einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen und unserer Arbeit neue Freunde ge­ winnen. Die für die jeweiligen Arbeitsgebiete zuständigen Fachkollegen haben sich bemüht, auch die neuesten anstehenden Fragen der Forschung zu berücksichtigen und allgemeinverständlich darzuiegen. Dabei ist fast gänz­ lich auf Anmerkungen verzichtet worden, die dem unbefangenen Leser wenig sagen und dem in der Forschung stehenden Fachgelehr­ ten meist entbehrlich sind. Γη dem Bestreben, Informationen in allge­ mein zugänglicher Form abzugeben, sind alle technischen Hilfsmittel ausgeschöpft wor­ den, die ein moderner Ìllustriertendruck zur Verfügung stellen kann. Um beispielsweise das Lesen lateinischer Inschriften für den Nicht-Fachmann zu vereinfachen, sind die sog. Ligaturen, d. h. die zusammengeschriebe­ nen Doppelbuchstaben, hier aufgelöst und hintereinandergesetzt worden. Ein Wissenschaft!idier Kommentar mit allen notwendigen Literaturhinweisen und Ergän­ zungen wird nach Erscheinen dieser Kölner Römer-Illustrierten Nr. 1 vorbereitet. Köln, 15. Februar 1974 Jörgen Bracker



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Das Musum mit seinen Steindenkmälern und die Dombauütte, in der Steine bearbeitet werden wie vor 2000/ahren. KI