Keysers Antiqitäten-Lexikon - Ein Ratgeber für Sammler und Kunstliebhaber

Dieses Buch ist als Nachschlagewerk für die Hand des interessierten Laien ge­ dacht, und dieser Zweck bestimmte seine Gr

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Keysers Antiqitäten-Lexikon - Ein Ratgeber für Sammler und Kunstliebhaber

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KEYSERS ANTIQUITÄTEN-LEXIKON Ein Ratgeber für Sammler und Kunstliebhaber

Keysers

ANTIQUITÄTEN-LEXIKON

HERAUSGEGEBEN VON

PETER W. MEISTER UND CHRISTA DERICUM

KEYSERSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG

HEIDELBERG · MÜNCHEN

Copyright 1961 by Keysersche Verlagsbuchhandlung GmbH Heidelberg-München

Gesamtherstellung: A. Reiff & Cie., Offenburg Zeichnungen: Hans Eylert und Roger Seitz · Verlagsnummer: 116/11/348

Alle Redite Vorbehalten

VORWORT

Dieses Buch ist als Nachschlagewerk für die Hand des interessierten Laien ge­ dacht, und dieser Zweck bestimmte seine Grenzen. Die enge Verbindung zwi­ schen Kunst und Kunsthandwerk, das seine Stilelemente wesentlich von den Grundformen der Architektur, der Plastik und der Malerei bezieht, erschwert selbstverständlich die Trennung beider Bereiche. Auch kann bei der unermeß­ lichen Fülle des Stoffes ein einbändiges Lexikon nur eine möglichst umfas­ sende Auswahl bieten, bei der vor allem die heute besonders gefragten Sam­ melgebiete berücksichtigt wurden. Hauptgesichtspunkt bei der Zusammen­ stellung war die praktische Erwägung: Was muß der Sammler und Liebhaber von Antiquitäten in diesem Buch finden können, um bei der Betrachtung alter Dinge über ihre Stilmerkmale, die bedeutendsten Meister des betreffenden Sammelgebietes und die wichtigsten Herstellungsverfahren orientiert zu sein? Wie gibt man dem Benutzer des Buches eine Möglichkeit, Stile zu erkennen, Antiquitäten selbst zu bestimmen und — zumindest in großen Zügen — zu datieren? Die zahlreichen, die Texte erläuternden Abbildungen mögen dazu eine Hilfe sein. Darüber hinaus gibt im zweiten Teil des Buches eine kurzgefaßte Stil­ kunde von Dr. Sigrid Wechssler chronologische Auskunft über die Entwicklung und die charakteristischen Merkmale der europäischen Stile seit dem beginnen­ den Mittelalter, über ihre Auswirkungen auf das Kunsthandwerk und den Wandel der kunsthandwerklichen Materialien und Formen im Laufe der ver­ schiedenen Stilperioden. Für diejenigen, die Weiteres wissen möchten, ist ein reichhaltiges, nach Sachgebieten eingeteiltes Literaturverzeichnis angefügt. So will dieses Buch im Ganzen fortsetzen, was die anderen Bände dieser Reihe für die einzelnen Sammelgebiete durchführen: anregen zur intensiveren Be­ schäftigung mit schönen alten Dingen und das Wissen über sie bereichern.

INHALTSVERZEICHNIS

STICHWÖRTER DES ANTIQUITÄTENLEXIKONS

Seite

Aachener Möbel bis Zylinderbureau............................................

7

KLEINE STILKUNDE FÜR ANTIQUITÄTEN-SAMMLER . .

250

Karolingerzeit ca. 700—900

.........................................................

251

Ottonische Zeit 900—1030

.........................................................

254

Salierzeit 1030—1130

256

Stauferzeit 1130—1250

257

Frühgotik 1235—1300

..................................................................

261

Hochgotik 1300—1400

..................................................................

265

Spätgotik 1400—1520

270

Renaissance 1520—1630

278

Barodi 1630—1790

292

Empire, Klassizismus, Biedermeier 1790—1850

LITERATURVERZEICHNIS

......................

306

.................................................................. 311

AACHENER MÖBEL. Seit Anfang des 18. Jhs. entwickelte sidi Aachen unter dem Einfluß der Nachbarstadt Lüttich (-> Lüt­ ticher Möbel) zu einem bedeutenden Zen­ trum rheinischer Kunstschreinerei. Die durch flache, aus dem Grund herausgehobene orna­ mentale Reliefschnitzerei ausgezeichneten Aachener Eichenmöbel sind von den Arbeiten der Lütticher Werkstätten nur schwer zu unterscheiden, bekunden ihre Herkunft jedoch mitunter durch den einfacheren, grö­ beren Dekor und durch typisch deutsche Sonderformen (z. B. Schreibschrank, Kabi­ nett). ABASSIABUCHS, Holz des orientalischen bäum- oder strauchartigen Buchsbaumes, das für den Holzschnitt gut geeignet ist.

ABFASEN, in der Baukunst verwendeter Ausdruck für das Abschrägen der Kanten von Baugliedern. Die abgeschrägte Kante heißt Fase oder Schmiege. ABILGAARD, Nicolai Abraham, dänischer Maler (1743—1809), in Kopenhagen tätig. Nach 1794 wirkte er auch als Architekt und Dekorateur. Seine Möbelentwürfe zeigen klare Formen in klassizistischer Strenge.

ABRAXASGEMME, Abraxasstein, als Amu­ lett dienender geschnittener Stein (->Gemme), dessen eingetieftes Bild häufig die Darstel­ lung eines Wesens mit Hahnenkopf, mensch­ lichem Rumpf und Schlangenfüßen zeigt, das als Abbild der gnostischen Gottheit Abraxas

ABKLATSCH (fr. clichée), der Abdruck von erhabenen oder vertieften Bild- und Schrift­ formen mit Hilfe eines weichen, schmieg­ samen oder auch flüssiggemachten Materials (Gips, Papiermaché, Guttapercha, Wachs etc.), das nach dem Trocknen und Erhärten das Gegenbild plastisch bewahrt (-> Matrize).

ABLASSBILDER, kleine Gemälde oder — bereits im 15. Jh. — Kupferstiche mit reli­ giösen Darstellungen, die mit Gebetstexten und Angaben über die Erlangung des Ablas­ ses versehen sind.

gedeutet wird. Manchmal finden sich auch Schriftzeichen eingeschnitten, die das Wort Abraxas enthalten. Die Amulette waren im 2. Jh. V. Chr. im Orient verbreitet. 7

ADAM, ROBERT

ABSCHLAG, vertiefte Form (Matrize) für den Guß von Buchdrucklettern.

ABSEHE (oder Visier), bei englischen Ring­ sonnenuhren (^-Sonnenuhr) zum Ablesen der Tageszeit aufgesetztes Plättchen mit einem Loch (oder Schlitz), durch welches der Son­ nenstrahl auf das Zifferblatt fällt. ABTAFELN, ein fertiggewebtes Stück Tuch vom Webstuhl abnehmen.

ABTÖNEN, in der Malerei das Dämpfen einer Farbe: die Farbhelligkeit mindern, mit Hilfe von Farbauftrag den Gegensatz von Hell und Dunkel mildern.

ABTREIBEN, Edelmetall von anderen Me­ tallen reinigen, mit denen es versetzt ist.

ABUNDANTIA (lat. = Überfluß), Göttin, die häufig mit einem Füllhorn dargestellt wird, aus dem sie Früchte, Blumen, aber auch Goldmünzen über die Erde ausgießt. ACAJOUHOLZ, sog. weißes Mahagoni, eine Terebinthenart (Terpentinbaum) aus Senegal. In Frankreich wird Mahagoni überhaupt nur mit Acajou bezeichnet.

ACHAT, ein Halbedelstein, der nach Plinius zuerst am sizilischen Fluß Achates gefunden wurde. Heute in größeren Mengen in Ober­ stein im Nahetal, in Böhmen, Ostindien, Uruguay gefunden. Seine Zusammensetzung aus Schichten verschiedener Quarzarten gibt ihm das fleckige oder streifige Aussehen, das zu den charakterisierenden Beinamen Punkt-, Stern-, Band-, Regenbogen-, Wolkenachat u. a. führte. Der Achat wird in Schleifmüh­ len verarbeitet und zu Platten, Schalen und Schmuckgegenständen geformt.

ACHATWARE, englisches Steingutgeschirr aus dem Ende des 18. Jh., dessen Masse aus Lagen verschiedenfarbigen Tons zusammenge­ setzt ist und daher Ähnlichkeit mit dem ·> Achat hat. 8

ACHSELKRAGEN, Harnischkragen einer Rüstung. Er besteht aus mehreren Geschüben und hält die Achseln und das ->· Armzeug mit Hilfe von Lederriemen oder Federzapfen (■> Harnisch). ACHTKANTE, ein Winkelmaß, das bei der Holzarbeit zur Herstellung eines Achtecks gebraucht wird. Die Schenkel stehen in einem Winkel von 112^ Grad zueinander.

ACIER, Michel Victor, Bildhauer und Por­ zellanmodelleur. Geb. 1736 in Versailles, gest. 1795 in Dresden. Von 1764 bis 1781 arbeitete Acier als Modellmeister an der Porzellanmanufaktur Meißen, auf deren Stil er bestimmenden Einfluß gewann. Er schuf Einzelfiguren und Gruppen mit Szenen aus dem bürgerlichen Leben, allegorische Darstel­ lungen, Kinderszenen voller Leichtigkeit und Anmut.

ADAM, Elias (1669 oder 1670 — 1745). Hat auch für die -> Meißener Porzellanmanufak­ tur gearbeitet (Edelmetallmontierungen). Die meisten seiner Werke sind mit den Anfangs­ buchstaben seines Namens signiert. ADAM, Robert (1728—1792), Baumeister, der hauptsächlich in London gewirkt hat und auch auf die Innenausstattung seiner Ge­ bäude Einfluß nahm. Er wirkte bestim-

Teeservice im Adam Style. Edinburgh 1789

AIGRETTE

mend auf das Kunsthandwerk seiner Zeit. Seine Gedanken über die Einheit von Ar­ chitektur und Ausschmückung des Raumes mit Gegenständen legte er, zusammen mit seinem Bruder James, in einer theoretischen Ab­ handlung nieder, The Works in Architecture, 3 Bde., London 1773, 1779, 1822 (Neuaus­ gabe 1902). Adam Style nennt sich die von ihm ausgehende Richtung, die höchste Fein­ heit der Dekoration mit den Merkmalen des ■> Louis XVI-Stils verbindet.

ADER, ein feiner Streifen, der von der Grundfarbe abweicht, natürlichen Ursprungs z. B. bei Steinen, künstlich herbeigeführt in Geweben oder im Holz von Möbeln. Für die Einschnitte in das Möbelholz zum Einle­ gen schmaler Streifen von hellerem und dunklerem Holz werden besondere Werk­ zeuge benutzt: Adernsäge, Adernkratzer, Adernhohel. Eingelegte Holzadern sind als Möbelornament am Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jhs. häufig. ADERHOLZ, geschnittenes Holz, dessen Fläche dem Fasernlauf folgt. ADLER, Christian (1787—1850), Porzellan­ maler, 1811 an die Por­ zellanmanufaktur Nym­ phenburg gerufen, bald darauf zum Aufseher über die Porzellanma­ lerei dort ernannt. 1827 erhielt er von König Ludwig I. den Auftrag, Gemälde der königlichen Galerie auf Porzellan zu übertragen (-> Nymphenburger Porzellan).

ADLERPULT, ein Lese­ pult, das in den Kirchen des ΜAs üblich war: ein Adler mit ausgebreiteten Flügeln trug das Buch.

ADONIS, nach der griechischen Sage ein schöner Königssohn, der von einem von Ares ausgesandten Eber getötet wurde. Aphrodite, die Adonis liebte, ließ aus seinem Blut Blumen sprießen. Sie bat Zeus, ihn nur einen Teil des Jahres in der Unterwelt weilen zu lassen, die übrige Zeit aber mit ihr zusam­ men auf der Oberwelt. Das Fest des Adonis fand im Sommer statt, er wurde als Sinn­ bild des Aufblühens und Welkens der Natur verehrt, kleine hölzerne Bildwerke wurden ihm geweiht und zwischen sog. Adonisgärt­ lein — Gefäßscherben, in die rasch auf­ blühende und verwelkende Blumen gesetzt waren — aufgestellt. Darstellung auf Vasen­ bildern, der Tod des Adonis auf röm. Sarko­ phagen. AEQUATORIALE SONNENUHR, im 18. Jh. in Augsburg als Reise- oder auch als Tischsonnenuhr von Johann Martin, G. F. Brander, J. A. Schöner u. a. hergestellt. Das Zifferblatt liegt in der Aequatorebene, zu der senkrecht ein Polstab (oder eine ihm ent­ sprechende Scheibe) steht und den Schatten wirft.

AGNUS DEI, „Lamm Gottes“, Christusdarstellung als Lamm mit dem Kreuz oder der Kreuzesfahne und dem Kelch. Auch Wachs­ medaillons mit dem Agnus Dei werden so genannt. Im Mittelalter waren sie meistens rund, später länglich-oval. Auf die Kapseln, in denen diese Andachtmedaillons aufbe­ wahrt wurden, übertrug sich ebenfalls die Be­ zeichnung Agnus Dei.

AGRAFFE (fr. agrafe = Spange, Häk­ chen), Schließe, als Schmuckstück gearbeitet, zum Zusammenhalten verschiedener Teile eines Gewandes, auch zum Befestigen von Bändern, Federn u. dgl. Zuweilen werden mit Agraffe auch Ornamente der Baukunst be­ zeichnet, die einen Bindepunkt hervorheben (z. B. der Schlußstein eines Gewölbes). AIGRETTE (fr.), ursprünglich Federbusch, 9

ALABASTRON

vor allem Reiherbusch, der als Helmzier diente. Danach Bezeichnung für federbusch­ artigen Haar- und Kopfschmuck, Diamanten­ oder Perlenstrauß, Zitternadel. A JOUR -> Fassung.

AKANTHUS, distelartige Pflanze des Mit­ telmeergebietes, dem Bärenklau verwandt, deren Blätter ihrer schönen Form wegen als Ornament gestaltet wurden. Als Abschluß des Grabreliefs war das Akanthusornament in Athen seit dem 5. Jh. v. Chr. üblich. Reichste Ausprägung hat es im korinthischen Kapitell und später in den Kapitellformen der römischen, byzantinischen und auch der romanischen Kunst gefunden. Auch als Flä­ chenornament und im Kunsthandwerk wurde es angewandt, vor allem dann wieder in der Kunst der Renaissance und des Barock.

Akeleibecher

AKELEIBECHER (Aklei-, Akley-, Agley-), Pokal in Form einer Akeleiblüte. In meist gotisierender Gestaltung wurde er im 16. Jh. zuerst in Nürnberg hergestellt, wo er von der Goldschmiedezunft als Meisterstück ver­ langt war. AKROLITH (gr.), Bezeichnung für Bild­ werke, deren Körper aus vergoldetem Holz oder aus Erz, die unbekleideten Teile, Kopf, Hände und Füße, aber aus Marmor gear­ beitet waren (-> Chryselefantin).

to

ALABASTER, körniger, dichter Kalk- oder Gipssinter (Kalk- oder Gipsalabaster) von weiß-gelblicher oder auch grauschimmernder Farbe, leicht durchscheinend, auch fleckig. Er wurde im Altertum für Gefäße, Lampen, Fenster- oder Wandverkleidungen verwendet, auch für Reliefs. Im Mittelalter, etwa seit Mitte des 14. Jahrhunderts, vor allem in England wieder benutzt (Grabmalsfiguren), in Deutschland und Italien im 15. Jh. häu­ figer, besonders für kleinere Werke. Im 18. Jh. wurden Alabasterwerke durch die Er­ zeugnisse der Porzellanmanufakturen ver­ drängt. ALABASTRON, kleines Salbgefäß des griechischen Altertums, ursprünglich aus Ala­

persischem Vorbild in Italien seit dem 16. Jh. als -> Apothekergefäß hergestellt wurde. Auf niedrigem Fuß und Hals steht ein hoher zy­ lindrischer Gefäßkörper, der leicht nach innen baster hergestellt mit eingezogen ist. langgestrecktem oder ALBISSOLASPITZEN, rundem Spitzen Gefäßkörper aus verschie­ Fuß und denfarbigen Leinen- oderohne Seidenfäden, wiemit sie flacher Mündungs in Albissola bei Genua geklöppelt werden. ­ platte. Es wurde oft mitBezeichnung einem Riemdien ALCARRAZA (arabisch), für in am Gelenk Spanien übliche Wassergefäße aus getragen. hellem, porösem, unglasiertem Ton, in denen das Wasser verdunsten und dadurch kühl gehal­ ten werden kann.

O

ALCORAWARE, in Alcora, Spanien, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts herge­ stellte ■> Fayence, die sich an Delfter, fran­ zösische oder maurische Vorbilder anlehnt.

ALDEGREVER, Heinrich (1502 —1562), Kupferstecher, bis 1555 in Soest tätig. Unter den zahlreichen erhaltenen Werken (Dar­ stellung volkstümlicher Themen) sind die etwa 100 sog. -> Ornamentstiche von größter Bedeutung, da sie vor allem auf die Gold­ schmiedekunst weitergewirkt haben. Die Or­ namente sind von Formen der italienischen Renaissancekunst angeregt, aber noch phan­

AMBOINAHOLZ

tasievoll erweitert: Pflanzenmotive, ■> Ara­ besken u. ä.

ALDINEN, Bezeichnung für Bücher aus der Druckerei des Aldus Manutius aus Venedig seit etwa 1490, die hervorragend gearbeitet und wegen ihrer schönen Ausstattung be­ rühmt waren.

ALENÇONSPITZEN, Nadelspitzen ur­ sprünglich italienischer Machart, die in Frank­ reich zuerst gegen Ende des 17. Jhs. auf Ge­ heiß des Ministers Colbert auf dem Schloß Lonray bei Alençon von Klöpplerinnen aus Venedig angefertigt wurden. Seitdem besteht eine Spitzenindustrie in der Gegend von Alençon, mit dem charakteristischen Muster von Streublumen mit glattem Rand auf feinem Netz.

ALERION (fr. = kleiner Adler), in fran­ zösische Wappen eingefügter kleiner, ver­ stümmelter Adler, auch mehrere, mit ausge­ breiteten Flügeln, ohne Schnabel und Fänge, der als Zeichen des Sieges über einen Frem­ den aufgesteckt wurde.

AMARYL, Handelsbezeichnung für synthe­ tischen grünen -> Korund. AMAUSEN (von fr. émaux, Plural von émail), mittelalterliche Bezeichnung für Email, farbigen Glasfluß, künstliche Edel­ steine aus Glas, auch für farbige Metallegie­ rungen.

AMAZONENSTEIN, Amazonit, Halbedel­ stein, grüner -> Feldspat von lebhafter Fär­ bung, am Amazonas in Südamerika, in Ruß­ land, Grönland, in Mähren und anderswo gefunden, der zu Ringsteinen, Vasen und an­ deren Schmuckgegenständen verarbeitet wird.

AMBOINAHOLZ (Amboyna), hartes, ge­ sprenkeltes Holz von hellrotbrauner bis oran­ gefarbener Tönung; es kommt von den Mo­ lukken, hauptsächlich von Amboina und Ce­ ram, und wird zu Tischlerarbeiten verwendet.

II

AMPULLE

AMETHYST (urspr. gr. = nicht trunken), 1. Name für einen Edelstein: den violetten ->- Korund, Amethyst - Saphir oder auch orientalischer Saphir genannt, dessen Farbe sich bei künstlichem Licht tiefrot verdun­ kelt; 2. der Halbedelstein Amethystquarz, violett, aber bei künstlichem Licht zu hellem Grau verblassend. Im Altertum wurde dem Amethyst die Kraft zugeschrieben, Wider­ standsfähigkeit gegen die Trunkenheit zu verleihen. AMORBAND, Liebesband, ein beliebter Halsschmuck der Frauen um 1500. Ein breites Gold- oder Silberband war mit der Aufschrift amori und mit verschiedenen Anhängseln versehen. AMPEL (lat. ampulla = Fläschchen, und zwar ein Fläschchen mit geweihtem öl), Hängelam­ pe, in der öl in einer oder mehreren Flam­ men verbrennt. Seit dem 4. Jh. wird die A. als Kirchenleuchter verwendet, oft in kostbarer Verarbeitung. Zuweilen brennen auch Bündel mehrerer Ampeln. Im MA trat der ■> Kron­ leuchter an ihre Stelle, doch hat sich in der kathol. Kirche die Ampel bis heute noch als Ewiges Licht vor dem Altar erhalten.

AMPHORA, griechisches, zweihenkliges, bauchiges Gefäß, zur Aufnahme von öl oder Wein bestimmt. Es gibt verschiedene For­ men, so die Halsamphora: der Hals ist scharf vom Gefäßkörper abgesetzt; die

Halsamphora

12

Bauch­ amphora

Bauchamphora: der Gefäßhals geht in den bauchigen Gefäßkörper über; die Spitz­ amphora: der Gefäßfuß läuft spitz zu und hat nur eine kleine Standfläche, so daß das Gefäß von einem Gefäßständer gehalten werden muß. Die Spitzamphora kann Hals­ oder Bauchamphora sein. Unter den Halsamphoren gibt es solche mit besonderen Henkelformen: z. B. Bandhen­ kelamphora (mit bandartigen Henkeln), Strickhenkelamphora (mit gewundenen Hen­ keln). — Die sog. Panathenäische Preis­ amphora ist eine Bauchamphora, die bei den Panthenäen als Siegespreis verliehen wurde. Sie war bis ins 1. Jh. v. Chr. schwarzfigurig bemalt und trug das Bild der kämpfenden Athena. Häufig findet sich auf der Rückseite die Darstellung des Wettkampfes, auch der Name des Archonten, wodurch eine Datie­ rung möglich wird. AMPULLE (lat. ampulla = Fläschchen), Be­ zeichnung für das in der katholischen Litur­ gie beim Meßopfer verwendete Kännchen aus Glas oder Metall für Wasser und Wein. Auch zinnene Behälter für die am Grün­ donnerstag geweihten öle, sowie Behälter für öl, Wasser oder Erde, die von Wall­ fahrtsstätten mitgenommen werden (sog. Pilgerampullen), heißen Ampullen. Bedeu­ tende Beispiele und wegen der Ikonographie für die Kunstgeschichte von großer Wichtig-

Spitzamphora

Bandhenkel­ amphora

Strichhenkel­ amphora

ANLAUFEN

keit sind die Ölampullen im Domschatz zu Monza aus der Zeit um 600. Sie sind aus Sil­ berblech, rund und flach geformt und mit Reliefdarstellungen versehen.

AMULETT, ein kleinerer Gegenstand, der an einer Kette um den Hals oder in anderer Weise sichtbar oder unsichtbar getragen wird, und dem die Kraft, Dämonen, Un­ glück, Gefahr und Übles abzuwehren zuge­ schrieben wird (-> Talisman). Von vorge­ schichtlicher Zeit bis heute bekannt. Auch Edelsteine oder andere Steine mit geheimnis­ vollen Zeichen (z. B. -> Abraxasgemme) wurden als Amulett getragen.

ANDACHTSBILD, ein im frühen 14. Jh. in Deutschland aufkommender Bildtypus, der von mystischen Vorstellungen und von der religiösen Dichtung her bestimmt ist und der religiösen Andacht dienen soll. Diese Bildwerke waren anfangs meist aus Holz geschnitzt: Schmerzensmann, Vesperbild, Christus-Johannesgruppe, Schutzmantelma­ donna. Das kleine, meist gemalte Andachts­ bild, oft mit einem Gebetstext versehen, kommt auch schon im 14. Jh. vor, seit dem 15. Jh. wurde es auf graphischem Wege hergestellt und war daher sehr verbreitet. Andachtsbilder auf Papier oder Pergament sind in der katholischen Kirche noch heute üblich. ANDERTHALBHÄNDER, Bezeichnung für ein Schwert mit verlängertem Griff und ver­ längerter Klinge. ANDREOLI, italienische Malerfamilie des 15. Jhs., berühmt vor allem durch ihre Ar­ beiten in Majolikamalerei. Am bekann­ testen ist Giorgio Andreoli.

ANGERMAIR, Christoph (gest. um 1632), hervorragender Elfenbeinschnitzer, von 1618 an Hofbildhauer in München. Seine Haupt­ arbeiten sind die vier kostbaren Elfenbein­

schreine im Bayrischen Nationalmuseum in München.

ANGESPONNEN ist der Fuß eines Glas­ gefäßes, z. B. eines -> Römers, wenn er aus einem spiralförmig zusammengeschmolzenen Rundstab geformt ist.

ANGORAWOLLE, das feine Haar der An­ gora- oder Kämelziege in Kleinasien. ANGSTER (lat. angustus = eng), deutsches Glasgefäß des 15. bis 18. Jhs., das zu den Scherz- und Vexiergläsern gehört. Es hat einen zwiebelförmigen Gefäßbauch und einen en­ gen Hals aus mehreren umeinandergeschlun­ genen Röhren, die alle in einer gemeinsamen Mundschale enden. Auf diese Weise fließt das Getränk nur langsam aus dem Gefäßkörper in die Mundschale. Es wird auch Kuttrolf genannt (von lat. gutta = Tropfen).

ANGUSSFARBE (Begußmasse -> Engobe), Bezeichnung für die weiße oder farbige Masse, mit der Tongefäße vor dem Bemalen überzogen wurden. Die weiße Angußfarbe war vor allem in Italien üblich, auf sie wurde später dann die durchsichtige Glasur aufgetragen. ANILINFARBEN, früher übliche Bezeich­ nung für alle Teerfarbstoffe. Anilinfarben sind künstliche organische Farbstoffe, die in der Verbindung von Anilin mit oxydieren­ den Körpern gewonnen werden, aber trotz ihrer Leuchtkraft nicht dauerhaft sind. ANLAUFEN, Bezeichnung für den ersten Grad der Oxydation bei Metallen und Glas, wodurch die Oberfläche getrübt und schließ­ lich verändert wird. Das Anlaufen wird auch künstlich herbeigeführt, um eine be­ stimmte Farbwirkung zu erzielen.

B

APOSTELKRÜGE

ANREITER VON ZIRNFELD, Johann Karl Wendelin (1702 — 1747), Arkanist und Maler in der Porzellanfabrik des Marchese Carlo Ginori in -> Doccia. Er hat feinstes Porzellan gemacht und war berühmt wegen der Schönheit seiner malerischen Gestaltung, vor allem in Wien und in München, wo er eine Manufaktur gründen wollte.

ANRICHTE -> Kredenz.

ANSBACHER PORZELLAN. Die Porzel­ lanmanufaktur ging aus einer 1710 gegrün­ deten Fayencefabrik hervor, als Markgraf Karl Alexander im Jahre 1758 Meißener Porzellanarbeiter berief. Zuerst in Anleh­ nung an Meißner Erzeugnisse, besonders un­ ter der Leitung von Johann Friedrich Känd­ ler, einem Vetter von Johann Joachim ·> Kändler, gewann das Ansbacher Porzellan vor allem durch die Mitarbeit hervorragen­ der Maler bald eigene Ausprägung. Das Por­ zellan ist von leuchtend weißer Farbe, auf der die Bemalung in Purpur und zartem Blau Figuren- und Blumenmustern besonders lebhafte Wirkung verleiht. Die Manufaktur hat bis 1860 bestanden.

ANTIKGLAS, echten, alten Flachgläsern nachgebildetes Glas, das auf künstliche Weise mit Verfärbungen, Rissen, Unebenheiten ver­ sehen wurde (-> Glas). ANTIKISIEREND, Ausdruck für das Nach­ ahmen historischer Stile oder Stilformen.

ANTIMON (lat. Stibium), grauweißes Me­ tall von hellem Glanz, das als Sulfid, Grau­ spießglanz, vorkommt. Es war schon im Altertum bekannt und wurde für den Guß von Gefäßen verwendet. Man gewann dar­ aus auch den Farbstoff zum Schwärzen der Augenbrauen, zum Bronzieren von Gegen­ ständen. Antimon wurde häufig anstelle von Zinn bei Kupferlegierungen benutzt. ANTIQUA (lat.), die lateinische Druck­ schrift, die in Rom in der 2. H. des 15. Jhs. wieder eingeführt wurde.

ANTONIO, Maestro di San Simone aus Venedig. Angeblich ist es ihm bereits im Jahre 1470 in Venedig gelungen, mit Erde aus der Gegend von Bologna echtes ■> Por­ zellan herzustellen. APENGETER (Affengießer), mittelalterliche norddeutsche Bezeichnung für Metallgießer, die nur kleine Figuren oder Gegenstände gossen.

ANTICAGLIEN (ital. = alte Sachen), urspünglich jeder Überrest aus dem Altertum, im allgemeinen jedoch Bezeichnung für klei­ nere antike Kunstwerke oder Gegenstände. ANTIK (lat. antiquus = alt), in der Kunst­ geschichte Bezeichnung für dem griechischrömischen Altertum, der Antike, Zugehöri­ ges. Im Kunsthandel wird antik im Gegen­ satz zu modern gebraucht.

ANTIKBRONZE, eine Bronze, der eine künstliche Patina gegeben wurde, um ihr das Aussehen eines echt antiken Werkes zu ver­ leihen.

»4

APFELBAUMHOLZ, bräunliches, dichtes Holz, das für feine Tischler- und Drechsler­ arbeiten geeignet ist. APHTHIT, eine im Jahre 1879 in Marseille erfundene und bald allgemein bekannt ge­ wordene Legierung von 800 Teilen Kupfer, 25 Teilen Platin, 170 Teilen Gold und 10 Teilen Wolframsäure. Sie hat goldähnliches Aussehen und wird für Schmuckgegenstände verwendet.

APOSTELKRÜGE, im 16. und 17. Jh. in ·> Kreussen hergestellte, braunglasierte, nie­ dere Steinzeugkrüge mit Reliefdarstellungen

AQUAMANILE

der zwölf Apostel, die in Nischen stehend oder durch Pilaster oder Blumengirlanden voneinander getrennt gegeben sind. Einige Stücke sind nachträglich mit Schmelzfarben in Gelb oder hellem Blau versehen worden.

APOSTELLÖFFEL, ein Besteck von drei­ zehn Löffeln, deren Stiele als die Figuren der zwölf Apostel und der Maria gebildet sind. Sie waren im 16. und 17. Jh. beliebt, vor allem als Patengeschenk.

APOTHEKERGEFÄSSE, zur Aufnahme von Medikamenten bestimmte, meist urnen­ förmige Gefäße, die besonders in der Renais­ sancezeit in Italien kunstvoll verziert wur­ den. Berühmt sind die Gefäße für die Hof­ apotheke von Orazio Fontana, die Herzog Guidobaldo II. von Urbino im 16 Jh. hat anfertigen lassen und für deren Gestaltung auch Raffael und Giuliano Romano Vorlagen lieferten. Sie waren mit Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament, aus der Mythologie und der Geschichte oder mit Kinderszenen ausgestaltet. Gläserne Apothe­ kergefäße wurden in schönen Formen in Venedig hergestellt.

APOTROPÄON (gr. = Abwendendes), ein Gegenstand, der magische Abwehrkräfte be­ sitzt. Ornamenten an Kunstwerken wird oft apotropäische Bedeutung zugeschrieben. APPLIKATION (fr. appliquer = auflegen), eine selbständig gearbeitete Verzierung wird

an dem fertigen Werkstück befestigt; sie kann aus demselben oder aus anderem Ma­ terial als dieses sein (z. B. Holz- oder Me­ tallornamente an Möbeln). Vor allem in der Stickerei fand die A. vielseitige Verwendung. Im Mittelalter waren prächtige Kirchen­ gewänder mit Applikationen verschiedener figürlich-ornamentaler Gestalt aus bestick­ ter Seide oder Tuch versehen. Sie wurden mit Zierstichen aufgeheftet.

APRÈS LA LETTRE (fr.), der Abdruck von einer Kupferplatte, nachdem diese mit der Beschriftung versehen ist, d. h. mit Unter­ schrift, Name des Stechers etc. Die ersten Abdrucke sind vorher gemacht worden, avant la lettre oder épreuve d’artiste genannt, und wertvoller als die zahlreicheren Après la lettre — Drucke. AQUAFORTIS, Ätz- und Scheidewasser; Aquafortist, Ätzer oder Radierer (-> Ra­ dieren). AQUAMANILE, mittelalterliches Gießgefäß, zu dem eine ursprünglich mit A. bezeichnete Schale gehörte, die bei liturgischen Hand­ lungen das Wasser auffing, das aus dem Gießgefäß über die Hände des Priesters ge­ gossen wurde. Die Schalen sind meistens nicht mehr erhalten. Als Aquamanilia be­

zeichnet man nun die häufig in Tierform (Löwe, Hund, Greif, Hirsch o. ä.) ausgebil­ deten Gefäße aus Bronze oder Messing, die seit dem 12. Jh. bekannt und vor allem aus dem ausgehenden MA in großer Anzahl er­ halten sind. Auch menschliche, chimärische *5

ARGENTINE

und groteske Gestalten kommen vor, die auf eine Verwendung außerhalb des kirchlichen Bereichs schließen lassen. AQUAMARIN, ein -> Beryllstein von blauer bis bläulichgrüner Färbung (Aquama­ rin = Meerwasser). Der orientalische A. ist eine -> Korundart, härter und glänzender als der gewöhnliche A., während der brasiliani­ sche ein -> Topas von grünlicher Färbung ist. AQUARELL, Gemälde mit Wasserfarben (Aquarellfarben) auf Papier, Pergament oder Elfenbein, bei dem der Malgrund durch­ schimmert und die Eigenart der Farbwirkung mitbestimmt.

AQUATINTA ■> Kupferstich. ARABESKE, ein Ornament der islamischen Kunst, das seinen Ursprung in den Zier­ formen der hellenistischen Kunst hat. Es be­ steht aus Blatt- und Rankenornamenten, die in regelmäßigen Wiederholungen miteinan­ der verschlungen sind und — auch plastisch gebildet — die Fläche ausfüllen. Über die maurische Kunst in Spanien kam die A. im 16. Jh. nach Italien, Deutschland und Frank­ reich. Aus ihr entwickelte sich die -> Maureske. Die A. hat vor allem im Ornament­

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stich reichste und phantasievollste Ausbil­ dung erfahren (-> Aldegrever).

ARCA, venezianische Bezeichnung für Truhe. Arcella ist eine kleine Truhe.

ARCHAISCH (gr.), altertümlich, anfänglich. Mit archaischer Kunst oder archaischem Stil werden in der Kunstgeschichte Werke der griechischen Kunst bezeichnet, die der vor­ klassischen Stufe angehören (vor 480 v. Chr.). Archaisierend sind beibehaltene ar­ chaische Formen einer späteren, nicht mehr archaischen Kunststufe (archaistisch).

ARGENTAN, alte Bezeichnung für Neu­ silber (-> Silber). ARGENTANSPITZEN, Spitzen aus dem Ort Argentan in der Normandie. Ihre Blu­ menmuster werden meist auf sechseckigem Netzgrund geklöppelt, so daß sie sich sym­ metrisch um einen Mittelpunkt verteilen. Die Machart dieser Spitzen ist der der -> Alençonspitzen ähnlich.

ARGENTINE, Silberfarbe, fein verteiltes Zinn, das im Zeugdruck zum Färben ver­ wendet wurde.

ARMBRUST

Armbrust mit Winde

ARKANIST (lat. arcanum = Geheimnis), eine von der Alchemie herrührende Bezeich­ nung für die Porzellanhersteller, nämlich für die Kenner des Geheimnisses des Rezeptes. Bis ins 19. Jh. hinein war dieser Ausdruck üblich als Berufsbezeichnung. ARMADIO STIPO, italienische Bezeichnung für -> Kabinettschrank.

ARMARIUM (lat.), Schrank, in der Haupt­ sache Bezeichnung für einen Bücherschrank, im MA auch für eine Bibliothek (armarius = Bibliothekar).

ARMBAND, als Ring, Spange oder locker gefügtes Band getragenes Schmuckstück oder ein Zeichen von bestimmter Bedeutung. Bei den Naturvölkern kennt man Armbänder aus Muscheln, Tierzähnen, Haaren u. a., die am Handgelenk, am Unter- oder Oberarm getragen werden. Griechen und Römer hat­ ten kostbare Armbänder; ein Silberreif wur­ de den römischen Soldaten als Auszeichnung verliehen. Zum kaiserlichen Krönungsornat des Μ As gehörte bis ins 12. Jh. hinein auch ein kostbares Armband; im späteren MA war das A. ein Schmuck der Frauen. Die prachtvollen Gold- und Silberarmbänder aus

der 2. Hälfte des 16. Jhs. wurden von Frauen und von Männern getragen. Sie waren mit Edelsteinen und Emailverzierun­ gen geschmückt. In der Zeit danach wurde das A. lange kaum noch getragen. Erst im 19. Jh. ist es wieder ein Schmuckstück der Frauen.

ARMBRUST (aus mittellat. arcubalista), aus dem einfachen Pfeil und Bogen entwickelt, im Abendland seit den Kreuzzügen vielleicht nach orientalischem Vorbild bekannt. Der Schaft, oft wie der spätere Gewehrkolben gearbeitet, hatte einen Abziehhahn (Schneller oderDrücker genannt). An seiner Spitze war querstehend der Bügel (Bogen) mit gespann­ ter Sehne angebracht. Das Geschoß war ent­ weder ein Pfeil oder Bolzen, oder in späterer Zeit die Kugel aus verschiedenem Material. Für Kugelgeschosse wurden Armbrüste mit geschlossenem Lauf hergestellt (Kugelschnep­ per, Baläster). Die Römer hatten die große auf Rädern fortbewegte A. neben der trag­ baren. Im MA tauchte sie zuerst vereinzelt in Frankreich auf, zur Zeit der Kreuzzüge häufiger, im späteren MA waren ganze Fuß­ truppen damit ausgerüstet, vor allem Söld­ nerheere aus Italien. Die Armbrustschützen 17

ARMZEUG

der Städte sammelten sich in Schützengilden, in Deutschland oft St. Sebastiansbruderschaft genannt. Noch im 17. Jh. war die A. als Waffe neben der Feuerwaffe üblich. Der Schaft und der Kolben der A. war anfangs aus Holz und häufig mit Elfenbein­ einlagen oder Schnitzwerk verziert, ebenso der dazugehörige Köcher, der die Pfeile auf­ nahm. Audi die späteren Eisenarmbrüste hatten schmückende Metallauflagen oder sonstige Verzierungen. ARMENBIBEL (lat. Biblia pauperum), eine Bilderbibel des Spätmittelalters mit einer Auswahl von Szenen aus dem Neuen Testa­ ment, denen jeweils entsprechende Darstel­ lungen aus dem Alten Testament zugeordnet sind. Als A. kann sie sowohl für die Armen, die sich kein vollständiges Buch der Hl. Schrift verschaffen konnten, als auch für die Armen im Geiste, die Unwissenden, die nicht lesen konnten, bestimmt gewesen sein. Die Bilder sind nur mit wenigen Textworten unterschrieben. In Deutschland und in den Niederlanden war die A. seit dem Anfang des 14. Jhs. verbreitet, seit 1430 erschien sie als -> Blockbuch.

verbunden durch die Weltachse und durch Ringe, die durch die Jahrespunkte gehen. In der Mitte der Weltachse ist meist eine kleine Erdkugel. Vom 16. Jh. an wurden A. in vielen Größen und oft kunstvoll ausgestaltet hergestellt.

ARMKACHEL, Ellbogenteil der -> Arm­ zeuge einer Rüstung. ARMOIRE À DEUX CORPS (fr. armoire = Schrank), zweigeschossiger, viertüriger Schrank, meist mit verjüngtem Obergeschoß In der 2. Hälfte des 16. Jhs. verbreitetes französisches Möbel.

ARMILLARSPHÄRE (auch Armilla oder Ringkugel genannt), astronomisches Gerät aus dem Ende des MAs zur Messung von Himmelskreisen, das aus einem System von einander zugeordneten Kreisringen besteht, nämlich aus den Ringen des Äquators, der

ARMSTUHL, ein Stuhl mit Seitenlehnen für die Arme (Chorstuhl, Thronsessel).

Wende- und Polarkreise mit dem schräg da­ zu verlaufenden Tierkreis. Die Ringe waren i8

ARMZEUG, Armschienen, ein Teil des -> Harnischs. Es besteht aus Oberarmröhre, -> Armkachel, Unterarmröhre.

ASTERIE

ARRAS, Bezeichnung für den aus Arras, Frankreich, kommenden Wollstoff mit bun­ ten Mustern, der zu Teppichen und Meßge­ wändern verarbeitet wurde. Arras war wäh­ rend des ganzen MAs ein wichtiger Ort für die Tuchweberei und erlebte eine hohe Blüte zur Zeit der Burgunderherrschaft im 15. Jh. (-> Arrazzi, -> Bildweberei). ARRAZZI, italienischer Name für die in Arras und in Flandern gewirkten Teppiche. Die berühmtesten Arrazzi sind die zehn nach den Kartons von Raffael angefertigten Bild­ teppiche für die Sixtinische Kapelle in Rom (-> Arras, ->· Bildweberei). ARRETINISCHE GEFÄSSE, gegen Ende des 1. Jhs. vor Chr. bis in den ersten Jahr­ zehnten n. Chr. Gb. vornehmlich in Arrezzo hergestellte Tongefäße mit ziegelrotem Über­ zug und Reliefschmuck, die dann als -> Terra sigillata Hauptgattung der provinzial­ römischen Keramik, vor allem in Gallien und Germanien, waren.

ARTESONADO (span, von arteson = Trog), Bezeichnung für Holzmosaik in mau­ rischen Stil, wie es z. B. an den Türen der Paläste von Cordova, Toledo und Granada vorkommt. Auch Decken wurden so ausge­ legt. Das Täfelwerk besteht aus unzähligen bemalten oder vergoldeten Stückchen von Zypressen-, Zedern- oder Pinienholz, das in geometrischen Mustern aneinandergelegt wird. Dabei entstehen kunstvoll angeordnete Vertiefungen, die wahrscheinlich dem Mosaik seinen Namen gegeben haben. ART NOUVEAU (fr. = neue Kunst), Be­ zeichnung für die französische Form des -> Jugendstils. ARUNDEL-GESELLSCHAFT (Arundel So­ ciety for promoting the Knowledge of Art), eine nach Thomas Howard, Earl of Arundel, Duke of Norfolk (1586—1646),

einem der ersten großen Kunstsammler Eng­ lands (Sig. von Werken der Antike und der ital. Renaissance heute im British Museum), benannte Gesellschaft, die in London von 1849 bis 1895 bestand. Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Kenntnis von bedeu­ tenden Kunstwerken allgemein zu verbreiten, indem sie Reproduktionen davon herausgab. Die großformatigen Chromolithographien sind für die kunstgeschichtliche Forschung lange Zeit wichtiges Hilfsmittel gewesen. ARYBALLOS, kleines Salbgefäß der Griechen mit rundem Gefäßkör­ per und einem flachen ringförmigen Gefäßab­ schluß um die kleine Öffnung. Von diesem Ring aus geht ein Hen­ kel zum Gefäßkörper. Das Gefäß wurde bei der griechischen Palästra benutzt und oft an einem Riemen am Hand- oder Fußgelenk getragen.

ÄSKULAPSTAB, Stab des Asklepios, des Gottes der Heilkunde (römisch: Aesculap), oft von einer Schlange, dem heiligen Tier des Gottes, umwunden. Der Äskulapstab gilt noch heute als Wahrzeichen der Ärzte.

ASPALATHOLZ, grünes Ebenholz von einem tropischen Strauchgewächs, von Strei­ fen in hellerer oder dunklerer Tönung durch­ zogen. Es zeichnet sich durch besondere Dich­ te und Härte aus, ähnlich wie das schwarze -> Ebenholz.

ASTERIE (fr.), Sternenschein, Bezeichnung für einen Edelstein, der bei einfallendem Licht einen sechsstrahligen Stern zeigt. Der Asterismus ist hervorgerufen durch die be­ sondere Kristallbildung, meist mit feinen Streifen anderer Kristallarten (-> Korund). i9

AUFSATZSCHRANK

ASTERISCUS (lat.), das Sternchen, ein in der Buchdruckerkunst verwendetes Zeichen zum Hinweis auf eine Textstelle an einem anderen Ort im Buch (z. B. Anmerkung).

ASTROLABIUM (gr. = Sternfasser), Ana­ lemma, ein schon von Ptolemäus (um 150 n. Chr.) beschriebenes astronomisches Instru­ ment, scheibenförmig und mit verschiedenen Ringen und Zeigern an einem Stift (-> Armillarsphäre).

ATLAS, in der Webereikunst Bezeichnung für einen in besonderer Art gewebten Sei­ den-, Halbseiden- oder Wollstoff. Die Ober­ seite zeigt entweder fast nur Kettenfäden (Kettenatlas), die Schußfäden sind dann lose verteilt, während auf der unteren Seite die Schußfäden vorherrschen, oder umgekehrt (Schußatlas). Die Außenseite ist glänzend. Bei Verbindung zweierlei Materials kommt das wertvollere an die Oberfläche. ATTIKA, ein fensterloser Aufsatz oder ein Scheingeschoß über dem Hauptgesims eines Bauwerks, mit dem in den meisten Fällen das Dach verdeckt werden sollte (von der röm. Architektur in die Baukunst der Renaissance übernommen und seither üblich). Nach dem Beispiel der Baukunst wird an Möbeln eine Attika ab Bekrönung aufgesetzt.

ATTRAPPE (fr. = Falle, Trug), hohle Nachbildung eines Gegenstandes in Pappe oder anderem geeigneten Material, um den äußeren Anblick, oft auch nur die Verpakkung, vorzustellen. ATTRIBUT, ein Gegenstand, der einer be­ stimmten Person oder allegorischen Gestalt in der bildlichen Darstellung als Kennzeichen beigegeben wird. Aus dem Bereich der anti­ ken Kunst z. B. die Flügelschuhe des Hermes, der Dreizack des Poseidon usw. Im Mittel­ alter waren vor allem die Heiligen durch Attribute gekennzeichnet, so die vier Evan­ gelisten: für Mathäus der Engel, für Marcus

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der Löwe, für Lukas der Stier und für Johannes der Adler; oder Heilige, die ihre Marterwerkzeuge bei sich führen: das Rad der Katharina, der Rost des Laurentius oder der Turm der Barbara usw. Attribute haben meistens nur kennzeichnenden, nicht symbo­ lischen Charakter.

ÄTZUNG, eine Technik, bei der durch Ätzmittel die Oberfläche von Gegenständen an den Stellen, die mit der Lösung in Berührung kommen, weggenommen wird. Man unterscheidet Tief- und Hochätzung. Tiefätzung: die Oberfläche wird mit einem Ätzgrund, der von der Säure nicht an­ gegriffen wird (z. B. Asphalt, Paraffin u. a.), überzogen; dann wird die Zeichnung mit einer Nadel oder einem Stichel ein­ geritzt. In diesen Ritzen dringt die Ätz­ flüssigkeit auf die Oberfläche des Materials und ätzt es. Hochätzung: die Zeichnung wird durch Ätzgrund verdeckt und die freien Stellen der Oberfläche weggeätzt. Das Ätz­ verfahren wird zur Verzierung auf metal­ lenen Gegenständen sowie auf Glas oder Stein und in der Drucktechnik angewandt. Die Ätzflüssigkeit wird nach der Beschaf­ fenheit des zu ätzenden Materials bestimmt. (■> Kupferstich, Radierung). AUBUSSONTEPPICHE, in Aubusson, im Département Creuse in Frankreich, gewirkte Wandbehänge und Teppiche mit bildlichen Darstellungen oder schönen Mustern aus Blumen, Blumenmedaillons, Ranken und an­ deren Formen und Bordüren aus locker ge­ fügtem -> Bandelwerk.

AUFBAUSCHRANK -> Überbauschrank.

AUFGESCHWEIFTES MUSTER, in der We­ bereikunst Bezeichnung für ein Muster, das durch Anordnung von Kettenfäden in ver­ schiedener Farbe entsteht. AUFSATZSCHRANK, deutscher Schrank­ typ des 18. Jh. mit kommodenartigem Un-

AUSSETZEN

terteil mit Schubladen oder Türen und einem ein- oder zweitürigen Aufsatz. Die Bezeich­ nung A. wird auch häufig für den -> Schreibsdirank verwendet.

AUFSCHLÄCHTIG, ein in der Waffen­ kunde benutzter Ausdruck, der nach oben aufklappbar bedeutet.

AUFSTECHEN, bei einer gestochenen oder geätzten Kupferplatte das Nachzeichnen oder Nachritzen der Linien, wenn sie durch den Druck undeutlich geworden sind. Die nach dem Aufstechen abgezogenen Abdrücke wei­ chen fast immer von der ursprünglich ge­ gebenen Zeichnung ab. AUFTIEFEN, Behämmern einer Blechplatte in der Mitte, wobei eine Vertiefung dadurch entsteht, daß der Rand sich hebt (aufsteht).

AUFTREIBSCHERE, eine bei der Glas­ formung benutzte Schere mit stumpfen Blättern.

AUGENSTEIN, ein Halbedelstein mit augen­ artiger Zeichnung -> Chalcedon.

AUGSBURGER KABINETT, Kunstkammer­ schrank aus Ebenholz aus dem Anfang des 17. Jhs. Das Untergestell besteht aus Stüt­ zen, Fußplatte und Kugelfüßen; der Auf­ satz ist zweitürig. Im Innern des Kastens sind zahlreiche Schubfächer um ein mittleres Schließfach gruppiert. Das Möbel war mit Edelmetallbeschlägen, vergoldeter Bronze, Elfenbein, Perlmutter oder mit Steinen oder Miniaturen verziert und war vor allem we­ gen dieser kunstvollen Ausschmückung in ganz Europa beliebt. Der Hauptmeister war Ulrich -> Baumgartner. AUREOLE -> Heiligenschein. AURIPHRYGIUM (lat.), die römische Be­ zeichnung für Goldstickerei.

AUSBEUTEMÜNZE, eine aus dem Gold und Silber einheimischer Funde hergestellte ·> Münze. AUSGEBROCHEN heißt in der Heraldik eine Figur, wenn sich in ihrer Mitte als Verkleinerung ihr eigenes Abbild als Leer­ raum wiederholt. AUSGLÜHEN, um einem Metall seine Sprö­ digkeit und Härte zu nehmen, wird es glühend gemacht und wieder langsam ab­ gekühlt.

AUSLEGEN, in der Buchbinderei die Ge­ staltung des Einbandes durch Auslegen mit Papier- oder Lederteilchen zu einem Muster. AUSSCHLICHTHAMMER, ein zum Aus­ schlichten, zum Ebnen der Innenfläche eines Metallgefäßes verwendeter Hammer, der zu diesem Zweck mit verschiedenartig geformten -> Bahnen versehen ist: von kreisrunder, konvexer und kurzer spiegelglatter Form.

AUSSCHWEIFEN, die Mündung eines Me­ tallgefäßes durch Hämmern weiter machen, als sein Hals ist. AUSSETZEN -> Carta rigata.

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AZURÉ

AUSSPAREN, freilassen, offenlassen, nicht bedecken (z. B. der weiße Papiergrund in einer Zeichnung). Grubenschmelz (-> Email) heißt im Französischen émail en taille d'épargne: die Zeichnung entsteht dadurch, daß Metallteile ausgespart, d. h. nicht mit Emailfarbe bedeckt werden. AUSSTÜCKELN, das Herausschneiden kreis­ runder Stücke aus einer Metallplatte zur Herstellung von -> Münzen. AUTOGRAPH (gr. = Selbstgeschriebenes), die Originalhand- oder -Unterschrift.

AUVERA, Johann Wolfgang van der (1708 bis 1756), Würzburger Hofbildhauer, der nach 1742 an der dekorativen Plastik in der Residenz mitarbeitete. Er schuf auch einige der prachtvollen geschnitzten -> Konsoltische im Spiegelkabinett, die zu den schönsten Arbeiten des deutschen Rokoko gehören. AVANT LA LETTRE, avec la lettre -> après la lettre. AVENTURIN, ein bräunlicher oder gelb­ licher Quarz. Es scheint, als sei er von un­ zähligen Metallfäden oder von Rissen durch­ zogen. Beliebt für die Verarbeitung zu Schmuckstücken. Zu Beginn des 17. Jhs. be­ gann man, ihn künstlich herzustellen, indem man Kupfer oder Gold in den Glasfluß

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mischte, das sich dann in kleinen flimmernden Kristallteilchen absetzte: Aventurin glas, aus dem Geschirre und Schmuckgegenstände ge­ macht wurden. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jhs. wird Aventuringlas vor allem in Venedig hergestellt. AVERS, die Bildseite einer Münze oder Medaille. Revers ist die Rückseite. AVIGNON, Name für ein in Avignon her­ gestelltes leinwandartiges Seidengewebe.

AXMINSTER-TEPPICHE, in Axminster, Devonshire (England), gewirkte Teppiche des 19. Jhs. von samtartigem Aussehen mit auf­ geschnittenem -> Flor.

AZULEJOS (span, azul = blau), farbige Tonplatten mit Emailglasur, mit denen seit dem 14. Jh. (von den Mauren eingeführt) in Spanien in bunter Folge die Wände verklei­ det werden. Oft haben diese Platten auch eingepreßte Ornamente, die dann mit anders­ farbiger Tonmasse ausgefüllt wurden. Die vorherrschende Farbe aber ist blau, sie hat den A. ihren Namen gegeben. AZURÉ heißen in der Buchdruckerkunst Ver­ zierungen, die nicht voll ausgefüllt, sondern nur im Umriß oder in feiner waagerechter Schraffierung gegeben sind.

B BABUSCHEN (aus persisch paj-pusch = Fußbekleidung), orientalische spitz zulaufende Schuhe mit flacher Sohle ohne Absatz und Fersenbekleidung, in der Art von Pantoffeln. Sie sind meist reich bestickt. BACHMINSKI -> Kossower Majolika. BACILE (ital.), Bezeichnung für ein becken­ artiges Gefäß, vor allem für eine große, tiefe Majolikaschale.

BAHN heißen in der Schmiedekunst die Oberfläche des Ambosses und die auf das Material auftreffende Seite des Hammers, also die beiden Flächen, mit denen das Werk­ stück bei der Bearbeitung in Berührung kommt.

BAHUT, französische Bezeichnung für Truhe; ursprünglich verstand man unter B. einen großen Koffer mit gewölbtem Deckel, der mit Nägeln beschlagen und mit Leder be­ setzt war. BAIGNEUSE (fr. = Badehaube), Bezeich­ nung für eine Haube, die die Frauen gegen Ende des 18. Jhs. in Frankreich trugen. BAJOIRE (fr. wahrscheinlich von baisoire = Kußmünze), eine Münze, auf deren Bild im Vordergrund ein Kopf im vollen Profil sichtbar ist, während ein weiterer (oder mehrere andere Köpfe), ebenfalls im Profil, hinter ihm angeordnet, aber zum größten Teil von ihm verdeckt wird.

BAJONNET, eine nach der französischen Stadt Bayonne, dem ursprünglichen Her­ stellungsort, benannte Waffe, die im 17. Jh. eingeführt wurde. Eine drei- oder vier­ kantige, spitzzulaufende Klinge (manchmal auch hohl geschliffen) von einer Länge von

40—50 cm wurde in den Gewehrlauf ge­ steckt (sog. Spund-B.) oder sie wurde auf den Gewehrlauf aufgesetzt (Tüllen-B.). Das Bajonnet machte das Gewehr zu einer Mehrzweckwaffe, es war Schuß- und Stoß­ waffe zugleich. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jhs. war es die Hauptwaffe des Kriegers, das einfache Gewehr und die Piken der Landsknechte fielen weg. In den Heeren ein­ zelner Völker kommt es heute noch zur Ver­ wendung.

BALDACHIN (ital. Baldacchino; ursprüngl. Bezeichnung für den Seidenstoff aus Baldac = Bagdad), ein aus kostbarem Stoff gearbei­ teter Traghimmel, der von vier Stäben ge­ halten wurde und bei Prozessionen seit der zweiten Hälfte des 12. Jhs. mitgeführt wurde, um das Allerheiligste zu überdachen, auch als Ehrenhimmel für den Papst oder Bischof (auch Thronhimmel, Baldachin über einem Portal). In der Baukunst wurde ebenfalls seit dem 12. Jh. der Altar mit einem Baldachin überdacht, später bekamen auch Figuren einen baldachinähnlichen Auf­ bau (profane Verwendung: z. B. Betthimmel). BALKENUNRUH, Gangregler einer Uhr in Gestalt eines Balkens.

BALLASRUBIN, ein ·> Spinell von rosen­ roter Färbung.

BALLÄSTER, Baläster ■> Armbrust.

BALLEN, ein früher in der Druckerkunst benutztes Werkzeug zum Einschwärzen der Druckplatten. Es bestand aus einer Holz­ scheibe mit einem Stiel. Vorn an der Scheibe saß ein dickes, lederüberzogenes Polster aus Roßhaaren. Zwei solcher Ballen wurden in Druckerschwärze getaucht und fest anein­ andergerieben, damit diese sich gut verteilte, ehe sie auf die Platte übertragen wurde. In der Heraldik sind B. runde farbige (aber nicht goldene oder silberne) Flecke. *3

BAND

BALUSTER oder Dokke, kurzes Säulchen mit stark profiliertem Schaft, zu Geländern sind sie nebeneinandergereiht (Balustrade). Im Möbel­ bau seit der römischen Antike verwendet.

BALUSTERVASE, Fayence- oder Porzellan­ vase mit zwei Einziehungen wie der Baluster. BALZAC, Name für einen niedrigen, be­ quemen Lehnsessel, den der Dichter Honoré de Balzac (1799—1850) sich hat bauen lassen. BAMBOO (engl.), Bezeichnung für eine in -> Wedgwood, England, hergestellte Fay­ enceart von bambusgelber Farbe. BAMBUS, Bambusa, ein baumartiges Gras­ gewächs aus dem Malaiischen Archipel, In­ dien, China, Japan und Afrika mit hohlen knotigen Stengeln und Blättern in vielen verschiedenen Arten. Es wird zu Flecht­ arbeiten (so vor allem in Japan, China, In­ dien) oder als Bauholz verwendet (Afrika). Bambusblätter wurden in China schon früh als Schreibmaterial benutzt. Noch heute ge­ winnt man aus der Rinde der Stäbe das Rohmaterial zur Papierherstellung. In Eu­

ropa findet Bambus Verwendung als Möbel­ holz, für Stöcke aller Art, Matten. BANCALE (lat.), Bezeichnung für ein Sitz­ kissen, das z. B. auf einen Kirchenstuhl ge­ legt wurde.

BAND, in der Webkunst: ein schmales Ge­ webe mit festen Kanten an den Längsseiten. Es wird meist auf einem besonderen Band­ webstuhl hergestellt (-> Tressen). Seit dem 16. Jh. ist zum Weben von Bändern der sog. Mühlstuhl bekannt, einer mit Hilfe eines Drehbaumes von einer Antriebwelle betriebene Webvorrichtung, bei welcher die Schützen von einer Stange hin und her bewegt werden. Auf ihm konnten über zwan­ zig Bänder gleichzeitig gewebt werden. Nach ähnlichem Prinzip arbeiten die heutigen motorbetriebenen Bandwebstühle. Ein zweites Verfahren zur Herstellung von Bändern ist das Schneiden aus einem großen Webstück (Schnittband), die Kanten werden nachträg­ lich gearbeitet. Das Material für das B. wird von seinem Verwendungszweck bestimmt (Gebrauchs-, Zierband). Ordensbänder z. B. haben jeweils vorgeschriebenes Material und eine bestimmte Färb- und Musterzusammen­ stellung.

BAND in Möbelschreinerei und Architektur bezeichnet meist Beschläge zum Verbinden

BARANOWKA-PORZELLAN

zweier Teile. Äußerlich sichtbar ist es meist in Kunstschmiedearbeit ausgeführt, so das gerade Band, das Krewzband, das Schanierband, das Win^eZband, das Fisch- oder das Pfannenband.

BANDANOS (port.), leichte Taftgewebe aus Seide.

BANDELIER, Bandolier (fr.), ein breiter Gürtel des 15. und 16. Jhs., der zur Rü­ stung gehörte und als Traggurt für die Pulvertasche, für Lunte u. ä. und später für Patronen verwendet wurde. Audi der Schulterriemen der Neuzeit heißt B. BANDELWERK, reich gekurvtes und ver­ flochtenes Bandornament, meist mit natura­ listischem Laubwerk, mit Gehängen und Figuren durchsetzt. Von -> Bérain um 1700 in Frankreich nach italienischen und nieder­ ländischen Anregungen am reinsten ent­ wickelt. Das B. war in Deutschland in der Zeit von etwa 1715 bis 1740 ein allgemein verbreitetes Dekorationsmotiv.

BANDERILLA (span.), ein mit kleinen Fah­ nen, Bändern und buntem Papier verzierter Spieß mit Widerhaken, der bei den spani­ schen Stierkämpfen benutzt wird.

BANDEROLE (fr.), Bandrolle, ursprünglich der Wimpel am Speer der Ritter, auch die Zierschnur an Trompeten. In der Malerei ist mit B. das -> Spruchband bezeichnet. BANDHAKEN, ein Werkzeug des Bött­ chers, mit dem er das Band über das Faß zieht.

BANDLAUF oder Drahtlauf, Bezeichnung für einen aus gewundenen Eisenstäben oder -drähten gearbeiteten Gewehrlauf. Ein -> damaszierter B. ist aus einer Folge von Eisenund Stahlstäben zusammengeschweißt und mit einer schwachen Säure überzogen, so daß das Eisen eine graue Farbe annimmt, der unangegriffene Stahl aber hell bleibt.

BANDOL oder Bondolf, Jan, niederländi­ scher Maler aus Brügge, auch Jean oder Hennequin de Bruges genannt. Er war Hof­ maler König Karls V. von Frankreich. Zwi­ schen 1376 und 1379 machte er die Entwürfe für die 103 Bildteppiche mit Darstellungen aus der Apokalypse im Auftrag des Herzogs Ludwig von Anjou, von denen 73 erhalten sind (Kathedrale von Angers).

BANDORNAMENT, ein altes, schon aus vorgeschichtlicher Zeit bekanntes Ornament (Spiralbänder auf der jungsteinzeitlichen Bandkeramik), das in vielerlei Abwandlun­ gen vorkommt (vgl. z. B. -> Flechtwerk, -> Mäander). BANK, eine Sitzgelegenheit für mehrere Per­ sonen, in ältester Zeit aus Lehm oder Stein gearbeitet, aus dem Mittelalter als eigenes Möbel mit Rücklehne überliefert (frühestes erhaltenes Beispiel aus dem 13. Jh.). Im späten Mittelalter finden sich holzgeschnitzte Bänke in den Bürger- und Bauernhäusern, dort oft um den Ofen herumgeführt. Ver­ bindung von Truhe und Bank zur Sitztruhe seit dem 15. Jh. Aus der Verwendung der B. als Liege entwickelte sich im 17. Jh. in Frankreich das Sofa.

BANNER (lat. banderium), Panier, die Fahne des Bannerherrn, des anführenden Fürsten, dessen Wappen auf dem rechteckigen Tuch abgebildet war. Auch die Fahnen der Gilden und Zünfte des Mittelalters mit ihren Zeichen wurden B. genannt.

BANQUETTE (fr.), Bezeichnung für eine Bank ohne Lehne, häufig steht sie auf acht Beinen. BANTAM, englische Bezeichnung für eine Lacktechnik, bei der die Zeichnung in den Grund eingeschnitten und farbig belegt wurde. In der Wirkung ist diese Bearbeitung dem -> Koromandellack ähnlich.

BARANOWKA-PORZELLAN, in der russi­ schen Stadt B. seit 1801 von Michel Mezer 25

BAROCK

und seinem Bruder hergestelltes Porzellan, das wegen seiner hohen Qualität mit dem kaiserlichen Wappen versehen wurde. Nach Michel Mezers Tod (1820) wurde die Ware gröber und sank im Ansehen. Von 1845 bis 1895 wurde nur noch gewöhnliches Ge­ brauchsporzellan hergestellt.

BARBARENMÜNZEN, Nachahmungen grie­ chischer und römischer Münzen durch Grenzund Wandervölker (Kelten, Illyrer, Thraker, Skythen, vor allem für die römischen Mün­ zen: Germanen), die über fast ganz Europa verbreitet waren. Die Prägungen sind schwach, die Münzbilder nur noch verschwommen ge­ geben, auch Münzgewicht und Metallart sind gegenüber den originalen Münzen vermindert. BARBEAUX (fr. = Kornblumen), Bezeich­ nung für ein Muster aus Kornblumen, das auf Porzellan gemalt wurde. Angeblich wurde es im Jahr 1782 (-> Sèvres) für die Kaiserin Marie Antoinette von Frankreich entworfen. Später findet sich dieses Muster bei vielen französischen Manufakturen.

BARBOTINE (fr. barboter = im Schlamm wühlen), eine Fayencemalerei mit pastosen Frittefarben unter leicht schmelziger Blei­ glasur, eine Malerei -> pâte sur pâte. BARÈGE (fr.), nach dem Herstellungsort Barèges benannter, gazeartig gewebter Stoff, dessen Kettenfäden aus Rohseide und Schuß­ fäden aus feinem Kammgarn sind. Manchmal ist er noch mit Streifen aus Baumwollgarn durchzogen. Eine gröbere Art des B. wird aus Wolle und Baumwolle gewebt.

BÄRENFUSS, Bärenklaue, ein Schuh aus der ersten Hälfte des 16. Jhs. mit breiter, mehrmals geschlitzter Spitze und abgerun­ deter Sohle, der Fuß blieb fast unbeklei­ det. Auch der Eisenschuh der Ritterrüstung hieß B. 26

BARGELLO, Nationalmuseum für Kulturund Kunstgeschichte in Florenz, früherer Palazzo del Podestà, dann Sitz des Polizei­ hauptmanns (bargello). Hier sind reiche Sammlungen von Mamorwerken, Bronzen, Terrakotten, Majoliken, Gläsern, Glasgemäl­ den, Elfenbeinschnitzereien, Holzbildwerken usw. vor allem aus der Renaissancezeit vereinigt. BARMHERZIGKEITSKRÜGE, deutsche Steinkrüge mit religiösen Darstellungen und Sprüchen. Die Werke der Barmherzigkeit waren vom 12. Jahrhundert an Gegenstand bildlicher Darstellung. Es sind: Hungrige speisen, Durstige tränken, Arme bekleiden, Obdachlose beherbergen, Kranke pflegen, Ge­ fangene besuchen und (seit dem 13. Jh.) Tote bestatten. Szenen aus diesem Bereich finden sich auch auf den Barmherzigkeits­ krügen.

BAROCK, Stilbezeichnung für die europäi­ sche Kunst der Zeit von etwa 1600 bis 1750. Das Wort barocco (portugiesisch) bezeichnet ursprünglich etwas Regelwidriges, dem Form-

BATTERSEA-EMAILS

gefühl nicht Entsprechendes. Es wurde im ->- Klassizismus abwertend für die voran­ gegangene Stilepoche benutzt. Der B. nimmt, auf dem Boden der italienischen Renaissance, seinen Ausgang in Italien. Die ruhige Aus­ gewogenheit der Formen geht in Bewegung, in prachtliebende Steigerung des Ausdrucks, in kunstvolle Verschlingung einzelner Ele­ mente (z. B. Architektur und Malerei) über. Rauschende Fülle, stürmische Bewegtheit und Pathos sind die Merkmale, die für Baukunst, Plastik und Malerei kennzeichnend sind. Der Lebensstil an den Fürstenhöfen des Absolutis­ mus und der Geist der Gegenreformation haben dem B. ihr besonderes Gepräge auch in Deutschland gegeben. Als Spätform dieser Kunst wird für gewöhnlich das ->■ Rokoko angesehen. BARRACCO, Giovanni (1829—1914), italie­ nischer Politiker, der eine reiche Sammlung von Kunstwerken zusammengetragen hatte. Seine Sammlung antiker Skulpturen hat er 1905 der Stadt Rom geschenkt, wo sie im jetzigen Museo Barracco aufbewahrt werden.

BARTHAUBE, der aus Schienen, Platten oder Kettengeflecht bestehende Teil der Rü­ stung, der den Hals und einen Teil der Brust bedeckte. BARTMANNSKRUG, Bartkrug, Bartmänn­ chen, seit dem MA bekannte, vornehm­ lich aber im 16. und 17. Jh. hergestellte rheinische Steinzeugkrüge mit brauner Gla­ sur, die in Reliefarbeit unter dem Ausguß am Gefäßhals eine bärtige Maske zeigen. Über die Niederlande kamen diese Krüge nach England, wo sie unter dem Namen Greybeard (Graubart) beliebt waren.

BARTMÜNZEN, Bezeichnung für Münzen, deren Bildseite einen bärtigen Kopf trägt. BARYTFARBE (Baryt von gr. barys = schwer) aus dem Schwerspat Baryt gewon­

nene Farbe, vor allem weiß, die als Leim­ farbe bei der Tapetenherstellung und für den Holzanstrich verwendet wird.

BASALTWARE, Basaltgut, von -> Wedg­ wood erfundenes feines Steinzeug von basalt­ schwarzer Farbe, das ohne Glasur fertig­ gestellt wurde. BAS D’ARMOIRE, halbhoher, zweitüriger Schrank des 18. Jhs. mit Marmorplatte (meuble à hauteur d’appui). Er diente als Buffet.

BASDORF, ein Ort bei Berlin, in dem die Brüder Schackert 1751 eine Porzellanmanu­ faktur gründeten, von deren Arbeiten aber nur wenige Stücke — und zwar nur Frit­ tenporzellan — erhalten sind. Sie tragen alle die Signatur Basdorff. BASKÜLENSCHLOSS (von fr. bascule = Schlagbalken), ein Türschloß mit einem hori­ zontalen und zwei vertikalen Riegeln, von denen der eine nach oben, der andere nach unten schließt. Alle drei Riegel werden gleich­ zeitig bewegt, indem die Umdrehung eines Griffes auf ein mit ihnen verbundenes Zahn­ rad oder auf eine Scheibe übertragen wird.

BASRAH, Bezeichnung für einen weißgrun­ digen Teppich meist anatolischer Herkunft. BAS-RELIEF (fr.), Flachrelief ■> Relief. BASSE-LISSE (fr.), in der Webkunst die waagerechte Kette, im Gegensatz zur Hautelisse, der senkrechten Kette.

BASSE-RICHE, ein schwarzes, in der franz. Auvergne gefundenes Gestein, in dem Mu­ scheln eingeschlossen sind. Es wird zu Scha­ len und kleinen Gegenständen verarbeitet. BATIOLA (ital.), Bezeichnung für einen Be­ cher oder ein kleines Trinkgefäß.

BATTERSEA-EMAILS, englische Emailar27

BECHER

beiten, die in Battersea hergestellt wurden. Obwohl die Werkstätte nur von 1753 bis 1756 bestand, waren ihre Erzeugnisse sehr berühmt.

BAUER, Adam (geb. um 1743), ein Schüler von -> Lejeune. Er war von 1770 bis 1775 Hofbildhauer des Herzogs von Württemberg und arbeitete in der Ludwigsburger Porzel­ lanmanufaktur. Von 1777 bis 1779 war er als Modellmeister in der Frankenthaler Manu­ faktur tätig, danach arbeitete er mit Wilhelm -> Beyer in Wien zusammen. BAUER, Nikolaus, Bamberger Hofschreiner, der als Nachfolger von Servatius -> Brikkard seit etwa 1740 maßgebenden Einfluß auf die Gestaltung der Bamberger Möbel des Rokoko ausübte.

BAUERNMAJOLIKA, Bezeichnung für buntbemalte Fayencegefäße, die entweder in ländlichen Gegenden oder für den Gebrauch auf dem Lande hergestellt wurden.

BAUMEISTER, Samuel, ein Miniaturmaler der zweiten Hälfte des 18. Jhs., der 1763 als ■> Hausmaler für die Nymphenburger Por­ zellanmanufaktur arbeitete. BAUMGARTNER, Ulrich (um 1580—1652), berühmter Augsburger Kunstschreiner. Er fertigte u. a. Kunstkammerschränke für Her­ zog Philipp II. von Pommern (1617, Schloß­ museum Berlin), für Herzog Leopold von Tirol (1628, Palazzo Pitti Florenz) und für König Gustav Adolf (1632, Upsala). -> Augsburger Kabinett.

BAUMHAUER, Gaspar-Joseph (geb. 1747), Pariser Ebenist. Sohn des Kunstschreiners Jo­ seph B., weshalb er Joseph-fils genannt wur­ de. Die feinen Arbeiten seiner Werkstatt, die er 1772 vom Vater übernahm, erlangten über Paris hinaus Berühmtheit. 28

BAUMHAUER, Joseph (gest. 1772), gebür­ tiger Deutscher, Kunstschreiner in Paris, der seine Werke mit seinem Vornamen signierte. Seit 1767 war er „Ebéniste privilégié du Roi“. Seine Möbel zeigen die Motive des Rokoko in größter Freiheit angewandt, die Ornamente sind sparsam, aber mit schwingen­ der Leichtigkeit gestaltet. BAVARIA, Bezeichnung für modernes, in Bayern hergestelltes Gebrauchsporzellan.

BAVOCHE (fr. bavochure), Bezeichnung für einen unreinen oder verzeichneten Buchund Kupferdruck.

BAYREUTH, 1719 Gründung der Fayence­ manufaktur. Vor allem Herstellung von Krügen und Schalen mit blauweißer Email­ glasur und Malerei in graublauer Farbe. Ab 1806 neben Fayence Steingutherstellung. 1835 Einstellung der Manufaktur. Marken B.F.S., B.P. — Steinzeugherstellung in der Art des ■> Böttgersteinzeugs um 1730. — Porzellanmanufaktur wahrscheinlich um 1750 gegründet. Gesicherte Stücke nicht bekannt.

BEAUVAIS, Hauptstadt im franz. Depart­ ment Oise, in der bereits im 14. Jh. berühmte Tonwaren mit hellgrüner Glasur hergestellt wurden, später reliefverziertes Steinzeug. Ge­ gen Ende des 17. Jhs. hatte B. Tapetenfa­ briken und bekannte Teppichwebereien (-> Bildweberei). BECHDOLFF, Johann Andreas, -> Arkanist und Hausmaler in Ellwangen. In der Zeit von 1760 bis 1770 bemalte er Fayencen und Porzellankrüge. BECHER (gr. biko = irdenes Gefäß wird zu lat. bicarium, ahd. behhari, mhd. becher),

BEKRÖNUNG

BECKEN, großes schüsselartiges Gefäß von meist ovaler oder runder und tiefer Form, kunstvoll gearbeitet vor allem als Tauf- oder Opferbecken der Kirchen. BECKENHAUBE ·> Helm. BEEFWOOD -> Casuarina-Holz. BEELDENKAST (niederl. = Bildsäulen­ schrank), ein Typ des niederländischen Ba­ rockschranks, der außer Reliefs noch figurale Gliederung in Form von Atlanten und Ka­ ryatiden aufweist.

BEIDHÄNDER -> Einhänder. BEINARBEITEN, Gegenstände, die aus tie­ rischem Bein (Knochen) hergestellt sind (z. B. -> Elfenbein). BEINBERGE, Bezeichnung für die Beinbe­ kleidung der Ritterrüstung des 13. und 14. Jhs., die aus einem um das Bein vom Knie abwärts herumgelegten Kettengeflecht be­ stand.

BEINGLAS > Trübglas. Becherpokal, Straßburg um 1590

ein Trinkgefäß von zylindrischer oder ge­ schweifter Form. Der berühmte Goldbecher aus Mykenä hat einen Henkel, der griechische -> Kantharos ist zweihenklig. Römische Be­ cher aus Ton, Glas oder Edelmetall, die dann auf die rheinischen Formen des 9. Jhs. ge­ wirkt haben, sind meist ohne Henkel und mit abgesetztem Fuß gearbeitet. Kostbare Be­ cher aus dem Mittelalter sind uns erhalten. In der Zeit der Renaissance und des Barock wurde die Form auf mannigfache Weise um­ gewandelt und mit spielerischen Verzierungen versehen. Seit dem 18. Jh. trat der B. hinter Trinkgläsern und Porzellantassen zurück.

BECK, Sebald (gest. 1545 oder 1546), Nürn­ berger Kunstschreiner und Bildhauer, der eine Zeitlang in Italien war und seit 1534 in Nürnberg arbeitete.

BEINSCHIENEN, eine aus zwei Teilen oder aus beweglichen Metallschienen zusam­ mengesetzte Beinrüstung des Mittelalters, die Ober- und Unterschenkel bedeckte. Die grie­ chischen und römischen Krieger hatten einen ähnlichen Beinschutz aus Metallplatten auf Leder (-> Harnisch). BEIZEN, eine Bearbeitung der Oberfläche von Gegenständen aus Metall, Holz, Stein, Leder u. a. mit einer den Stoff angreifen­ den Lösung zur Reinigung, Färbung, Vor­ bereitung für einen Farbauftrag, oder auch zur stellenweisen Entfernung von Farbe (Ätzbeizen). Die Zusammensetzung der Lö­ sung richtet sich nach dem zu behandelnden Material.

BEKRÖNUNG, Bezeichnung für das obere, abschließende Glied eines Bauwerks, Möbels, Gefäßes u. ä.

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BÉRAIN

BELEGT nennt man in der Heraldik ein Feld oder eine Figur eines Wappens, wenn eine andere Figur mitten in dieses Feld oder in diese Figur hineingestellt ist.

BELGAMIRE, Name für einen Seidenstoff mit eingewebten Blumen aus Seide, der vor der Mitte des 19. Jhs. in Rouen hergestellt wurde. BELLANGÊ, Pierre Antoine (1757 — um 1840), Pariser Möbelsdireiner und Möbelfa­ brikant, der hauptsächlich Betten und Sitz­ möbel herstellte. Er arbeitete für den Hof Napoleons I. und für Louis XVIIL, Char­ les X. und Louis Philippe, der ihn zum „ébéniste du Roi“ ernannte.

P-BELLANGÉ BELUDSCHISTAN, turkmenischer Noma­ denteppich, meist als Brüàe gearbeitet. Die Grundfarbe ist lila. Das Muster ist geome­ trisch (Sterne oder Achtecke). In der Bordüre tritt immer Weiß als Farbe auf. Der B. ist nicht sehr haltbar und darum in alten Stükken nicht zu finden. Dennoch erfreut er sich großer Beliebtheit.

BENCKGRAFF, Johannes (1708—1753), -> Arkanist, der zuerst in Wien arbeitete und von da 1747 nach Künersberg an die Fayen­ cemanufaktur ging. Er war so berühmt für die Herstellung feinster Fayencen und Por­

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zellane, daß er an verschiedene Manufaktu­ ren gerufen wurde, so 1748 nach München, 1750 nach -> Höchst, 1752 war er in Berlin bei -> Wegely, 1753 wurde er nach Fürsten­ berg zur Begründung der Porzellanherstellung gerufen, aber er arbeitete dort nicht mehr BENEMAN, Johann Wilhelm (Guillaume), Pariser Kunstschreiner deutscher Herkunft. Er arbeitete bis 1785 mit -> Riesener zusammen, wurde dann selbst Meister seines Handwerks und war seit 1784 der bevorzugte Ebenist der Krone. Seine Möbel führen in ihrem kla­ ren Aufbau und der Betonung der Horizon­ talen unmittelbar zum -> Empirestil.

G-BEMEMAN BÉRAIN, Jean (1640—1711), Paris. Meister des Ornamentstichs unter Ludwig XIV. In seinen Vorlagen, die für die Innendekoration und vor allem für die ·> Boulle-Intarsie große Bedeutung gewannen, machte er das

graziöse, in Kurven sich bewegende und ver­ flechtende -> Bandelwerk zum Gerüst der ornamentalen Figuration und damit die be­ wegte Linie zum eigentlichen Träger des Or­ naments.

BERLINER PORZELLAN

BERBERITZE, Berberisholz, gelbes, hartes Holz des B.-strauches, in Deutschland Holz der gemeinen Berberis, das zu Drechslerund Schnitzarbeiten verwendet wird. Aus Rinde und Wurzeln wird der gelbe Farbstoff Berberin gewonnen. BERGAMÉES (fr.), Bergamotapeten, in der italienischen Stadt Bergamo erfundene und hergestellte gewebte Tapeten aus Flockseide, Wolle, Baumwolle, Hanf und anderen Mate­ rialien, die vor allem im 19. Jh. berühmt waren.

Bergamo

BERGÈRE, seit etwa 1735 Name für eine neu aufkommende Fauteuilform mit Pol­ sterung und geschlossenen Armlehnen, meist mit beweglicher Matratze. Wenn die Rück­ lehne auch noch Ohren hatte, so nannte man das Möbel bergère en confessionel, bergère à joue oder bergère à oreilles.

BERGKRISTALL ■> Kristall.

BERLINE, Bezeichnung für einen viersit­ zigen Reisewagen mit Verdeck aus dem Ende

des 17. Jhs. Er hat seinen Namen reich erhalten, als die Kurfürstin von Brandenburg einen solchen dem König Ludwig XIV. zum machte.

in Frank­ Dorothea Viersitzer Geschenk

BERLINER BLAU, Preußisch Blau, ein im Jahre 1704 von dem Chemiker Diesbach ent­ deckter tiefblauer Farbstoff, der aus Lösun­ gen von gelbem Blutlaugensalz und Ferrisalzen gewonnen wird. Als Malfarbe findet es in der Form von Wasser-, Leim- und Ölfarbe Verwendung. Auf Textilien läßt man es meist auf dem Gewebe selbst entstehen und sich so fest mit ihm verbinden. Abarten sind die Farben: Antwerpener, Erlanger, Braunschweiger, Chinesisch-, Mineral-Blau. Verwandt ist das feine ■> Pariser Blau sowie das -> Frankfurter Blau.

Berlin

Berlin

Berlin

Wegelÿ

Cotzkowsky

1763—1837

BERLINER PORZELLAN, von 1750—1757 von W. C. -> Wegely, in einer neu gegrün­ deten Manufaktur 1761—1763 von Ernst Gotzkowsky hergestellt. Im Jahre 1763 machte Friedrich der Große die Manufaktur zur Königlichen Porzellanmanufaktur, der er selbst großes Interesse widmete. Er veran­ laßte Aufträge für Porzellangeschirre und be­ stellte selbst die kostbaren Tafelservices für seine Schlösser. Namhafte Künstler, die zum Teil aus Meißen gekommen waren, haben mitgearbeitet. Die anfänglich im Rokokostil hergestellten Geschirre bekamen vor allem unter dem Einfluß des Modelleurs Karl Friedrich Riese (von 1789 an) ein klassizisti­ sches Gepräge. Zu dieser Zeit lieferte auch der Architekt Hans Christian Genelli, in der Biedermeierzeit Karl Friedrich Schinkel Ent3i

BERNWARDSKUNST

Km Berlin

Berlin

1763-18)7

1877—1844

KPM Berlin in Rot Malercimarkc 1817—1871

würfe. Die Berliner Porzellanmasse ist sehr feinkörnig und von leuchtend weißer Farbe. Im 18. Jh. war die feine Bemalung in Rosarot kennzeichnend. Um 1830 wurde eine Biskuit­ masse erfunden, aus der sog. Lithophanien, transparente Porzellanbilder, gemacht wur­ den. Etwa um die gleiche Zeit wurden Por­ zellanspitzen als Verzierung beliebt (Lei­ nenspitzen wurden in die Porzellanmasse gelegt und mitgebrannt). Die Erfindung des -> Segerporzellans (1880) brachte die Ber­ liner Manufaktur nach vorübergehendem

I Berlin

Berlin

1849—1870

1847—1849

Berlin ab 1870

Rückgang erneut zur Blüte. Gegen Ende des 19. Jhs. entwickelte sich dabei die Technik der Unterglasurmalerei. 1918 wurde die Kö­ nigliche Porzellanmanufaktur verstaatlicht, im 2. Weltkrieg wurde sie zerstört und in Selb (Oberfranken) neu aufgebaut. Geschirre und Vasen von schöner, schlichter Form und zarter Farbgebung sind die Kennzeichen des heutigen Berliner Porzellans.

KPM Berlin

Berlin

Segerporzeltan um 1882

Malercimarke in Rot, Blau, Grün ab 18^2

BERLOCKE, Berloque (fr. breloque = zier­ liche Kleinigkeit) ein Ziergegenstand, der im 18. Jh. als Uhranhängsel getragen wurde. Er

war aus Metall, Elfenbein, Edelstein oder an­ derem kostbaren Material gebildet und diente als eine Art -> Amulett.

BERNDINCK, Cordt, Kölner Möbelschnit­ zer des 16. Jhs., dessen schönstes Werk das zusammen mit Johan Withoup gearbeitete Orgelgehäuse in Kempen am Niederrhein aus dem Jahr 1553 ist. BERNER, Perner, kleine Tiroler Silbermün­ zen, die von 13. bis zum 15. Jh. als Nach­ bildung der Denare von Verona (Bern) ge­ prägt wurden.

BERNSTEIN, (von nd. bernen = brennen) eine Substanz aus fossilen Harzen, Bernstein­ säuren und ätherischen ölen, gelblich-weiß bis rötlich oder braunschwarz gefärbt. In Tertiärschichten vor allem an der Ostsee, bes. in Ostpreußen, gefunden, aber auch bei Bo­ logna in Italien, ,auf Sizilien und in Ru­ mänien. Aus B. wurden von altersher kleinere Gegenstände und Schmuckstücke geschnitten, auch kleine Figürchen (Amulette oder Idole). Im römischen Altertum wurde B. im ganzen röm. Reich, vor allem aber in den Werk­ stätten von Aquileja, verarbeitet. Aus dem Mittelalter sind uns Bernsteinschnitzereien er­ halten. Bernsteindreherzünfte gibt es seit dem 14. Jh., sie machten die Perlen der Rosen­ kränze. Im 16. und 17. Jh. war B. ein belieb­ tes Material des Kunsthandwerks. Königs­ berger und Danziger Bernsteinarbeiten waren hochberühmt. Gefäße, Schmuckstücke, Leuch­ ter, Brettspiele u. a. m. wurden kunstvoll ge­ schnitzt. B. -> Inkrustationen erscheinen an Möbeln im 18. Jh. Im 19. Jh. wurde B. weniger verwendet, erst wieder in neuerer Zeit als Material für Schmuckwaren. BERNWARDSKUNST, Bezeichnung für Kunstwerke, die unter Bischof Bernward von Hildesheim (etwa 990—1022) entstan­ den und von höchster Bedeutung für die Entwicklung der deutschen Kunst geworden

BESHIRE-TEPPICHE

sind. Außer Werken der Baukunst (z. B. St. Michael in Hildesheim) sind vor allem wichtig die beiden aus einem Stück gegosse­ nen Bronzetüren (Bernwardstüren, für St. Michael, jetzt im Dom aufbewahrt), eine Bronzesäule mit Reliefs aus dem Leben Christi (im Dom), die beiden silbernen Bernwardsleuchter (in der Magdalenenkirche zu Hildesheim) mit reichem Figurenschmuck an Fuß und Schaft, das Bernwardskreuz aus Gold, mit Perlen und Edelsteinen besetzt (Magdalenenkirche), und der Bernwardskruzifixus aus Silber mit einer Inschrift, nach der B. das Werk selbst gearbeitet haben soll.

BERYLL, ein Mineral, das als Edelstein in verschiedenen Varietäten bekannt ist: was­ serhell oder gelblich; als Aquamarin ist er blau oder grünlich; als in den Hohen Tau­ ern, in Kolumbien und am Ural vorkommen­ der Smaragd grün; als Heliodor grünlich­ gelb; als Marganit rosa und als Goldberyll gelblich. Der wasserhelle Beryll wurde im MA in Monstranzen oder Reliquiare einge­ schliffen, um den Inhalt sichtbar zu machen. Darauf geht um 1300 die Erfindung der Brille zurück, die von dem Stein ihren Namen hat. BESCHAUZEICHEN, Punzierung, die Zei­ chen, die von den Goldschmiedezünften auf Arbeiten aus Edelmetall gemacht wurden, um den Feingehalt nach vorheriger Prüfung zu garantieren. Die Stücke mußten zuerst mit dem Zeichen des Meisters versehen sein; wurden sie bei der Probe als vollgewichtig befunden, so prägte ein prüfender Zunft­ vertreter (die Probe wurde meist von einer Kommission aus gewählten Vertretern der Zunft und dem Vorsteher der Münze abge­ nommen) sein eigenes Zeichen ein. Danach brachte der Münzvorsteher das Ortszeichen oder Stadtwappen an. Diese Zeichen wurden meist mit einer Punze eingeschlagen, in sel­ tenen Fällen in Wachs aufgesetzt (sog. Wüchsenzeichen). Vorschriften über die Beschau

sind uns aus Frankreich und Deutschland seit dem 14. Jh. überliefert; Beschauzeichen seit dem ausgehenden Altertum.

BESCHLÄGE, Bezeichnung für die Verbin­ dungsstücke aus Metall, die zwei bewegliche Teile an Möbeln, Türen, Fenstern u. ä. an­ einanderhalten. B. aus Bronze oder Eisen sind aus dem röm. Altertum bekannt. Im MA wurden vor allem schmiedeeiserne Türbänder kunstvoll gearbeitet, wie wir sie an Kir­ chenportalen und Möbeln sehen. In der Folgezeit bis zu Beginn des 19. Jhs. wurden B. immer phantasievoller gestaltet und zu einem selbständigen Ornament umgewandelt (-> Beschlagwerk, Boulle).

BESCHLAGWERK, ein Ornament aus fla­ chen Bändern in symmetrischer Anordnung, mit denen Flächen verziert wurden. Es wurde um 1600 in Deutschland vor allem in der Möbelkunst ein beliebtes Ziermotiv, aber auch in der niederländischen und deutschen Bau­ kunst hat es Verbreitung gefunden.

BESCHOSST nennt man in der Heraldik ein Wappenschild, das durch eine Senkrechte, eine Waagerechte und zwei Diagonalen in acht Felder von zwei verschiedenen Farben geteilt ist.

BESHIRE-TEPPICHE werden in der Nähe von Afghanistan hergestellt. Symmetrisch an­ geordnete Formen, Rauten, Achtecke, aber auch Tupfen und Wolkenbänder sind die 33

BETT

Hauptmuster. Rotbraun, Dunkelblau — nicht so sehr Rot — sind die Grundfarben, die Zeichnung ist in Gelb oder Weiß.

BETNUSS, eine kleine, meist nußförmige, aufklappbare Kapsel aus Holz, Elfenbein oder Metall, deren beide inneren Hälften mit feinsten Schnitzereien ausgefüllt waren. Sie ist seit dem 16. Jh. bekannt und diente der religiösen Andacht. Oft war sie am Rosen­ kranz befestigt. Die Schnitzereien in ihrem Innern waren religiöse Darstellungen. Auch das Äußere konnte kostbar verziert sein.

BETT, als selbständiges Möbelstück aus Me­ tall oder aus Holz seit dem 2. Jahrtausend V. Chr. in Ägypten und im vorderen Orient

Barodebett, Langenburg 1711

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bekannt. Das Griechische B. hatte hohe, ge­ schnitzte oder gedrechselte Füße und eine Kopflehne, die ebenfalls verziert sein konnte. Der schmale Rahmen war mit Gurten oder Riemen bespannt. Das römische B. war in den Grundformen ähnlich, es gab auch ganz aus Bronze oder aus Silber gearbeitete Bett­ stellen. Eine Bank stand vor dem B., um das Besteigen zu erleichtern. Im frühen MA blieb diese Form neben den Kastenbetten, die hohe Seitenwände aus Holzbrettern hatten, bestehen. Aus den zunächst ein­ fachen Kastenbetten entwickelten sich dann geschlossene Betten, die hausähnlich von ho­ hen Wänden umschlossen waren und eine stoffbehangene Öffnung hatten. Später lok-

Rokokobett, Ansbadi 1741

BIEDERMEIER

kerte sidi diese Form, die Seiten wurden freier, das B. war von einem säulenge­ tragenen ■> Baldachin oder Himmel gekrönt, oft ringsherum mit Stoff behangen. Die Holzteile wurden reich mit Schnitzereien verziert oder auch bemalt. Diese Form hielt sich, bis im 17. und 18. Jh. der Himmel von Stoffmassen und Spitzen gebildet wurde, die in großer Fülle von der Zimmerdecke herab­ wallten und das ganze Bett umschlossen. Das B. des ■> Empirestils wurde dann niedriger, sparsamer und meist ohne Betthimmel gestal­ tet. Es hat die Form des 19. Jhs. bestimmt. BETTLERTALER, Bezeichnung für eine Münze des 16. und 17. Jhs., auf die ein Bild des Hl. Martin mit Christus als Bettler, mit dem er seinen Mantel teilt, geprägt ist.

BEYER, Johann Christian Wilhelm (1725 bis 1806), Architekt und Maler, später fast ausschließlich als Bildhauer und Porzellan­ modelleur tätig. Im Jahre 1759 trat er in den Dienst des Herzogs Karl von Württemberg und arbeitete für die Porzellanmanufaktur -> Ludwigsburg. Seine Modelle zeigen die kühle Strenge der klassizistischen Bildhauer­ kunst. Von 1768 an war Beyer als Hof­ maler und Bildhauer in Wien (Arbeiten für Schönbrunn), wo er vermutlich auch Modelle für die Porzellanmanufaktur entwarf.

BIANCO E NERO, italienische Bezeichnung für schwarzen Marmor mit weißen Adern. BIARELLE, Paul Amadeus (gest. 1752), Bildhauer aus Lüttich. Unter dem Archi­ tekten Leopold Retti war er Zeichner für die Innenausstattung der Ansbacher Residenz (1736—1744). Zusammen mit Johann Georg -> Wörfflein schuf er u. a. Konsoltische, Sitzmöbel und auch das Bett des Markgra­ fen. Alle seine Arbeiten sind von franzö­ sischen Vorbildern bestimmt. Von 1747 an war B. unter Retti am Ausbau des Stuttgarter Residenzschlosses beteiligt.

BIBELOT (fr.), ursprüngl. Werkzeug, kleines Gerät. Bezeichnung für kleinere Gegenstände des Kunsthandwerks, die von Liebhabern ge­ sammelt werden.

BIBLIA PAUPERUM > Armenbibel. BIBLIOTHÈQUE BASSE, ein niedriger, meist mit Glastüren verschlossener Bücher­ schrank.

BIDJAR, ·> persischer Teppich von hoher Qualität, der fast nur in älteren Stücken vor­ kommt. Er ist dicht und fest geknüpft und sehr kurz geschoren. Die Grundfarbe ist beige, auch rot und gelb. Im Mittelfeld liegt meist ein großes Medaillon, dem vier Eck­ medaillons entsprechen; sie sind mit Palmet­ ten und Blüten in bunten Farben gemustert. Die Bordüre hat einen Hauptstreifen, meist mit -> Heratimuster, und zwei Nebenstrei­ fen von gleicher Breite. BIEDERMEIER (Biedermaier), Bezeichnung für den Lebens- und Kunststil in Deutsch­ land in der Zeit von 1815—1848. Bieder­ meier ist ursprünglich ein von A. Kussmaul und L. Eidsrodt angegebenes Pseudonym, un­ ter dem sie in den „Fliegenden Blättern“ (1855—1857) Gedichte erscheinen ließen. Nach dem Inhalt dieser Gedichte wurde der Name Biedermeier zu einem Begriff, mit dem man einen verträumten, treuherzigen, aber engstirnigen, unbeholfenen Menschen bezeich­ nete. Der Biedermeierstil entspricht dieser stillen, zurückgezogenen und eingeengten Haltung des gebildeten Bürgertums. Bei der Ausgestaltung der Wohnräume wurden eng­ lische Anregungen aus dem Ende des 18. Jhs. aufgegriffen. Die Schwere des -> Empirestils wich einer klaren, nüchternen Einfachheit der Form, der etwas Vertraulich-Intimes anhaf­ tete. Dieses Intime, Bürgerliche, Idyllische, vermischt mit anekdotischen Zügen, fand in der Malerei lebhaften Ausdruck. Charakte-



BIRNBAUMHOLZ

ristisch für diese Zeit ist die sog. Bieder­ meiertracht: Die Frauen trugen Korsett und engtailliertes Kleid mit weitem, rundem Rock und weiten Ärmeln, dazu lange Spitzenbein­ kleider. Die Tracht der Männer war ein auf Taille gearbeiteter farbiger Rock, unter dem eine kurze, bestickte Weste getragen wurde, und enge, helle Beinkleider. Dazu trugen sie den Zylinder und einen weiten Mantel. Die­ ser im Bürgertum wurzelnde Stil war von bestimmender Bedeutung für die bürgerliche Kultur des 19. Jhs.

BIGA, ein von zwei Pferden gezogener meist zweirädriger Wagen der Römer. Von dem Bild einer solchen Biga auf dem Revers rö­ mischer Münzen leitet sich deren Name Bigati ab. BILDSCHNITZEREI -> Holzschnitzerei.

BILDWEBEREI, Bildwirkerei, die Herstel­ lung von Stoffen und insbesondere von -> Teppichen mit eingewirkten bildlichen Dar­ stellungen. Menschen- und Tierfiguren und Ornamente in Stoffen und Teppichen sind aus vorchristlicher Zeit bekannt. Bn. aus Seide sind uns aus Byzanz erhalten. Der älteste Bildteppich des Mittelalters ist der Teppich von Bayeux, die Darstellung der Schlacht von Hastings (Wilhelm der Eroberer, 1066). Im 12. und 13. Jh. entstanden in Frankreich ganze Bildzyklen, auch in Deutschland gab es seit dem 13. Jh. zahlreiche Werkstätten, in

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denen Bildteppiche und -behänge für kirch­ liche Zwecke in prächtiger Ausführung her­ gestellt wurden. Seit dem 14. und 15. Jh. wurde der Bildteppich ein Ausstattungsstück des Wohnraums. Die Themen der Darstellung waren jetzt nicht mehr nur religiöser Art. Im 15. Jh. waren die Teppichwebereien von Ar­ ras, Tournai und Brüssel berühmt. Die Ent­ würfe wurden oft von großen Malern ge­ macht (Raffael, für die Sixtinische Kapelle; Rubens; van Orley u. a.). Im 17. Jh. wurden gewirkte Teppiche in Paris hergestellt. Da die Werkstätte in dem Haus der Färberfamilie Gobelin lag, wurden die Erzeugnisse Gobe­ lins genannt. 1662 übernahm der Maler Ch. Lebrun die Leitung. Neben den Teppichen wurden um diese Zeit prachtvolle Bildwe­ bereien für Bezüge von Möbeln gearbeitet. Gegen Ende des 18. Jh. geriet die Kunst der Bildweberei und Bildwirkerei in Verfall, in neuerer Zeit sind wieder künstlerisch wert­ volle Arbeiten entstanden.

BILLON, franz. Bezeichnung für eine schlechte Münze oder für eine Gold- oder Silberlegierung mit wenig Feingehalt. BINDUNG, in der Weberei der Punkt der Kreuzung eines Ketten- und eines Schuß­ fadens.

BIOBU, japanischer Wandschirm, dessen Ge­ stell mit bemaltem Papier (auch Seide) be­ spannt ist. Meist sind sie in Paaren mit zu­ sammenhängender Darstellung hergestellt. Der große B. hat sechs Felder.

BIRKENHOLZ, sehr hartes und deshalb zum Furnieren gern benutztes Holz von schö­ ner Maserung. Das der Weißbirke ist weiß­ lich in der Färbung, zartrot das der ameri­ kanischen Zuckerbirke. BIRNBAUMHOLZ, das harte, rötlich-gelbe bis rotbraune Holz des wilden Birnbaums, das sehr hart und glatt ist. Es nimmt schwarze Beize gleichmäßig auf und wird

BLIND

deshalb häufig als Ersatz für Ebenholz ver­ wendet. BIRRUS, ein derber, flockig gewebter Stoff des Mittelalters, der seit der Spätantike be­ kannt war und zu — ebenfalls Birrus ge­ nannten — Mänteln und zu Mützen ver­ arbeitet wurde.

BISCHOFSSTAB, Krummstab, Hirtenstab (lat. baculus pastoralis oder Pedum), das Zeichen der Regierungsgewalt des Bischofs, zuerst in Spanien (7. Jh.), dann in Frank­ reich (9. Jh.) nachweisbar, seit dem 10. Jh. von Bischöfen und Äbten allgemein getragen. Der B. ist ein hoher Stab mit gekrümmter Krücke. Anfangs war diese im rechten Winkel zum Stab gebildet, rundete sich dann aber zu einer Spirale, die mit Schnitzwerk, mit Edelsteinen u. ä. ausgefüllt ist. BISKUIT -> Porzellan.

BLAKER (niederdeutsch blaken = qualmen), ein Wandleuchter aus Metall mit blankem Schild, von dem das Licht reflektiert wurde. Prächtig ausgestaltet und meist aus Silber ge­ arbeitet, waren sie vor allem im 18. Jh. in den Prunksälen der Schlösser angebracht (im Berliner Schloß z. B. waren 64 Wandblaker mit zentnerschweren Anschlagplatten). BLANKVERGLASUNG, Fenstermosaiken aus ungefärbten oder in der Masse gefärb­ ten Glasstücken, deren ornamentale Zusam­ menstellung durch die Gestalt des Holz- oder Bronzegerippes gegeben ist, in das sie einge­ setzt werden. Von einfachen geometrischen Formen entwickelte sich ein phantasievolles ornamentales Gefüge vor allem im 12. und 13. Jh. in den Zisterzienserklöstern, die Fi­ guren- und Farbenschmuck ablehnten, dafür umso kunstvoller diese einfarbigen Flachor­ namente zu gestalten wußten. Später ka­ men Wappen, Figuren und Landschaften in die B., die in neuerer Zeit in Blei gefaßt ist.

BLASEBALG, ein Gerät, mit dessen Hilfe das Feuer angeblasen werden kann. Im MA wurde es oft mit Schnitzereien verziert; z. B. gab man der Öffnung, aus der die Luft strömt, die Gestalt einer Fratze mit offenem Mund. BLATTGOLD, reines, zu dünnen Blättchen zwischen sog. Goldschlägerhäutchen (von der Darmhaut des Rindes) ausgeschlagenes Gold, das bis zu 0,00014 bis 0,00011 mm dünn ist. Es wird zum Vergolden von Kunstwerken, kostbaren Gegenständen, Buchschnitt usw. be­ nutzt.

BLAUEBENHOLZ > Polisander. BLAUSPAT, Lasurspat, ein Mineral von glasigem Aussehen, das aber undurchsichtig ist. Die Färbung ist blau bis schwarz. Es wird zu Schmuckgegenständen verarbeitet. BLECH, Bezeichnung für Metall, das zu dünnen Platten, Bändern, Streifen ausgehäm­ mert oder ausgewalzt wurde (geschlagenes oder gewalztes Blech). Platiertes Blech ist auf einer Seite mit einer dünnen Schicht von Edelmetall überzogen. Die verschiedenen Blecharten entstehen durch Variationen im Grundprinzip der Herstellung.

BLECHMÜNZE ■> Brakteat.

BLEIGLAS, Bleiglasur ■> Glas, Blankver­ glasung und Glasur. BLEIGUSS, seit dem 16. Jh. für die Her­ stellung von Gebrauchsgegenständen, aber auch von Kunstwerken benutzt (z. B. Gar­ ten- und Brunnenfiguren der Barockzeit). Wertvolle Medaillen z. B. konnten im Blei­ guß nachgebildet und verbreitet werden. BLIND, Bezeichnung für Scheindekorationen und Scheinkonstruktionen in der Architektur, Möbeltischlerei usw., z. B. Fensterrahmen, hinter denen keine Fenster sind, sondern die flach auf der Mauer aufliegen, Arkaden, Bögen und Ähnliches.

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BORDE

BLINDHOLZ nennt man das von der Furnierung bedeckte Holz eines Möbelstücks.

nicht mit Flüssigkeit gefüllt aus der Hand gelegt und muß daher ausgetrunken werden.

BLOCKBÜCHER, zu Büchern gebundene Holztafeldrucke, in der Zeit von 1430 bis 1450 in den Niederlanden und in Deutsch­ land entstanden. Es sind Bilderbücher mit volkstümlichen Darstellungen religiösen und belehrenden Inhalts, ähnlich wie die -> Ar­ menbibel mit anschaulichen Bildern, die je­ weils nur mit einem kurzen Text unterschrie­ ben sind. Die Blätter wurden einzeln von einer Holzplatte abgedruckt. Manchmal wur­ de der Text auch erst nachträglich mit der Hand unter das Bild geschrieben. Die B. wurden bis zu Beginn des 16. Jhs. zusam­ mengestellt, danach haben Holzschnitt und typographischer Druck sie verdrängt. Ins­ gesamt sind nur 33 Werke bekannt.

BOKHARA-Teppiche, harte Knüpfteppiche aus Ziegen oder Kamelhaar, die aus der Bokharei kommen.

BLUE BOKHARA, Handelsbezeichnung für -> Beshire-Teppiche. BOBBINNET (aus engl. bobbin = Spule und net = Netz), Bezeichnung für den ma­ schinell hergestellten Spitzennetzgrund. Das Verfahren wurde im Jahre 1809 von John Heathcoal erfunden. Die Spule verrichtet die Klöppelarbeit. BOGEN -> Armbrust.

BÖHMISCHE STEINE, Bezeichnung für Granatsteine und andere in Böhmen gefun­ dene Edel- oder Halbedelsteine, sowie für Kristalle, die wie Steine geschliffen wurden, und Edelsteinimitationen.

BOHRSCHWERT, ein kurzes, zweischnei­ diges Schwert des 16. Jhs. BOIS DE SPA, Erzeugnisse der im 18. und 19. Jh. in Spa, Belgien, beheimateten Lackindustrie. BOITOUT (fr. = Trink leer!), ein halb­ kugelförmiges Trinkgefäß ohne Fuß. Es kann

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BOLPOOTTAFEL (niederl. = Kugelfuß­ tisch), schwerer Tisch mit Kugelfüßen, der zur Zeit des Barock in den Niederlanden und in den angrenzenden deutschen Gebieten die gebräuchlichste Form des Eßtisches wurde.

BOLUS, gelbe, braune oder rotbraune Ton­ erde, aus der im Altertum Gefäße gemacht wurden (z. B. -> Arretinische Gefäße). Der braune Bolus, seiner Herkunft nach Terra di Siena genannt, wurde von den niederlän­ dischen Malern des 17. Jhs. als Farbgrund für ihre Bilder benutzt (Bolusgrund). Roter und gelber B. wurden seit dem Altertum als Unterlage für Vergoldungen verwendet. Auch als Poliermittel für Metall, Glas oder Stein ist er geeignet. BOMBYLIOS, ein griechisches Fläschchen mit sehr engem Hals, aus dem die Flüssig­ keit nur tropfenweise herausfließen konnte. BONHEUR DU JOUR (fr.), Name für einen kleinen Damenschreibtisch, auf dem gewöhnlich auch Toilettengegenstände Platz fanden. Das fast immer auf hohen Beinen stehende Möbel mit niedrigem, zurückge­ setztem Aufbau kam gegen 1760 auf, geriet aber verhältnismäßig schnell wieder außer Gebrauch.

BONNES GRACES, französ. Bezeichnung für die leichteren, beweglichen Vorhänge des Barockbettes. BORDE, Borte, ein gemustertes -> Band, mit dem Kleidungsstück, Polstermöbel, Tape­ ten usw. besetzt werden. Das Muster ist ein­ gewebt oder gestickt (z. B. die prächtigen italienischen Borden des 14. und 15. Jhs.).

BOULARD

Bordüre eines kleinasiatischen Teppichs

Die ornamentalen Einfassungen der Minia­ turmalerei oder Umrahmungen in Bildtep­ pichen u. ä. werden Bordüren genannt.

BORDÜRE ■> Borde. BOSSE, Bezeichnung für die Rohform einer Stein- oder Holzplastik (bossieren, bosseln, ist das Zubereiten dieser Rohform). — Eben­ falls B. genannt wird ein Buckel, meist ein Metallbuckel, der ein Werkstück ziert, sowie ähnlich aussehende runde Zierknöpfe oder -knäufe. BOTEH, von einer Blattform abgeleitetes Musterelement des persischen Teppichs, das in vielen Formen abgewandelt immer wieder vorkommt, z. B. auch auf den KashmirSchals und auf Wollmusselins.

BÖTTGER, Johann Friedrich (1682—1719). Als junger Apothekerlehrling in Berlin ver­ suchte Böttger, Gold künstlich herzustellen. Da er den Unwillen Friedrichs I. von Preußen mit seinen Experimenten erregte, mußte er Berlin verlassen und begab sich zu August dem Starken nach Dresden. Dort machte er, zusammen mit E W. von Tschirn­ haus, jahrelang vergebliche Versuche, Porzel­ lan zu erfinden. Das Ergebnis war zunächst (1707) nur die Herstellung eines Steinzeugs von roter Scherbenfarbe, das später Bött­ gersteinzeug genannt wurde. Bei wei­ teren Versuchen traf Böttger dann auf das Kaolin und damit auf die für das Porzellan notwendige unschmelzbare Substanz. Das erste hergestellte Porzellan war noch unrein. Böttger wandte nun seine Aufmerksamkeit der Herstellung eines weißen Scherbens zu und der Verzierungstechnik z. B. einer Un­ terglasurmalerei in Kobaltblau, die ihm aber nicht gelang. BOUCHER, François d. J. (1736—1782), Pariser Ornamentstecher, Sohn des berühm­ ten Malers François B. d. Ä. (1703—1770). B. zeichnete mehrere Serien von Entwürfen für Möbel und für Innendekorationen.

j.BoßOULARD BOULARD, Jean Baptiste (um 1725—1789), Pariser Kunsttischler, seit 1754 Meister. Von

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BOULLETECHNIK

BOULLETECHNIK, A. Ch. ■> Boulle ver­ vollkommnete die aus Italien stammende und in Deutschland weiterentwickelte -> Marketerie, wobei er wohl erstmalig größere Platten von Schildpatt und Zinn, auch Mes­ sing, verwendete. Diese Platten wurden auf­ einandergeleimt, dann wurde das Muster, das auf der oberen Platte eingezeichnet war, mit der Säge ausgeschnitten. Je nachdem, wie man die Platten wieder zusammenfügte, ergab sich als Wirkung entweder der premier effet, auch partie oder boulle genannt: helles Messing auf dunklem Schildpattgrund, oder der deuxième effet, auch contre-partie oder

1777 an erhielt er regelmäßig Aufträge von der Krone, so für die königlichen Gemächer in Versailles, Saint Cloud und Fontainebleau. BOULLE, André Charles (1642—1732), der berühmte Pariser -> Ebenist der Zeit Lud­ wigs XIV., dessen Einfluß bis zum Ende des 18. Jhs. andauerte. Als Sohn eines Tischlers in Zeichnung, Malerei und Bildhauerei aus­ gebildet, richtete er seine erste Werkstatt für Malerei und Marketerie im Jahre 1664 im Bereich der Universität zu Paris ein. Schon 1672 zeichnete ihn der König aus, indem er ihm auf Empfehlung seines Ministers Col­ bert eine Wohnung im Louvre zuwies und ihn bald darauf zu seinem ersten Ebenisten ernannte. B. hatte zeitweise bis zu 26 Mit­ arbeiter in seiner Werkstätte. Das Neue an seinen Möbeln ist der bewegte, kurvenreiche Umriß, sowie die eigenartige Verkleidung durch Einlegearbeit von Messing auf Sdiildpatt. Durch Bronzeschmuck, vor allem durch Beschläge mit vergoldeter Bronze, wird die Verzierung bereichert. Solche Bronze­ ornamente schmücken über ein Jahrhundert lang das französische Möbel. Die vier Söhne Boulles setzten die Tradition des Vaters zum Teil in derselben Werkstatt fort.

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BRICKARD

contre-boulle genannt: die Ornamentik ist in Schildpatt auf Metallgrund. BOURGUIGNON, burgundischer Helm -> Helm.

BOUT DE PIED -> Duchesse. BOZZETTO (Bozetto), die plastische, skiz­ zenhafte Vorstudie aus Ton, Gips, Wachs, Holz oder anderem leicht zu formenden und umzuformenden und weniger wertvollen Ma­ terial, nach der dann die Plastik geschaffen wird. Diese Arbeitsweise ist zuerst aus der italienischen Renaissance bekannt. Oft sind wegen des verschiedenen Materials B. und fertiges Kunstwerk von unterschiedlichem Ausdruck, wobei der B. die ursprüngliche Absicht des Künstlers vermittelt. In späterer Zeit wurde die Ausführung der Arbeit nach dem B. oft nicht mehr von dem entwerfenden Meister selbst vorgenommen. Die künstleri­ sche Qualität des B. ist dann meist höher als die des Kunstwerks. BRACKET CLOCK, engl. Bezeichnung für eine kleine Standuhr. BRAKTEAT (lat. bractea = dünnes Blech), Bezeichnung für eine Münze des MAs aus dünnem Silberblech, die vom 12. bis zur Mitte des 14. Jhs. in Umlauf war. Die Münzen, die nach Gewicht bewertet wurden, waren einseitig geprägt. Die Bilder — Kopf des Münzherrn, religiöse Darstellungen, Bil­ der aus dem Bereich des Rechtes oder des täglichen Lebens, Architektur-, Tierbilder u. a. — sind vor allem auf den Brakteaten des 12. Jhs. von hoher künstlerischer Quali­ tät. Halbbrakteaten nennt man die zweisei­ tig geprägten Münzen des 10. bis 12. Jhs. Goldbrakteaten sind goldene, auch als An­ hängsel gearbeitete Münzen der Völkerwan­ derungszeit, die mit figürlichen Darstellungen geschmückt sind und in den römischen Kai­ sermünzen ihr Vorbild haben. In ihrer Spät­

zeit (7. Jh.) zeigen sie nur noch mehr oder weniger schematische ornamentale Verzie­ rung.

BRAND, bei der Herstellung von Ton­ waren ist der Brand 1. die Brennzeit im Feuerofen, 2. die gesamte Menge der auf einmal gebrannten Gegenstände. — In der Heraldik wird ein schrägliegender Stab mit einer Flamme als B. bezeichnet.

BRANDEBOURGS, französische Bezeich­ nung für die zuerst in Brandenburg im 17. Jh. aufkommende Uniformverzierung in Form von schmalen Litzen, die über der Brust quer und parallel übereinanderge­ näht waren. BRANDREYTE hießen Kaminständer und Roste im 15. Jh.

BRASILIAN, edler -> Topas.

BRAUNSCHWEIGER SCHRANK, in Bür­ gerhäusern des 18. Jhs. beliebter zweitüriger Schrank mit hellem Nußbaumfurnier, häufig mit gekröpften Gesimsen und figürlichen Elfenbeineinlagen.

BRAUTTRUHE -> Hochzeitstruhe.

BRECHSCHEIBE, an der Turnierlanze des MAs die vorstehende Platte zum Schutz der Hand. BREST-LITOWSK, Stadt in Weißrußland, deren getriebene Silberwaren, Kirchengefäße, Reliefplatten u. a. berühmt waren.

BRIC-A-BRAC (fr.), Gerümpel, alte Geräte, Antiquitäten. BRICKARD, Servatius, Kunstschreiner flä­ mischer Herkunft, der von 1705 an in Bam­ berg arbeitete. Im Dienste des Kurfürsten zunächst unter -> Plitzner stehend, wurde er nach dessen Tod 1724 sein Nachfolger als

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BRONZEFARBEN

Hofschreiner in Pommersfelden. Er wandelte die französisch beeinflußte Ornamentik Plitzners ins Niederländische ab. Wahrscheinlich war er auch für den kaiserlichen Hof und für Prinz Eugen tätig.

fläche in Rauten geschliffen ist und das Licht vielfach bricht. Diese dem Brillantschliff nachgeahmte Art ist besonders in England üblich, wo bleihaltiges Glas hergestellt wird, das für diesen Schliff besonders geeignet ist.

Bezeich­

BRILLENSTEIN, Bezeichnung für einen -> Achat- oder ■> Chalcedonstein mit ringel­ förmiger Zeichnung.

BRIEFPANEEL, niederländische nung für ■> Faltwerk.

BRILLANT (fr. = glänzend, funkelnd), Bezeichnung für einen in bestimmter Weise zugeschliffenen Edelstein, meist -> Diamant. Brillantschliff: Der Diamant wird zunächst als Oktaeder, dem seine Rohform am näch­ sten ist, geschliffen (sog. Spitzstein). Dann werden die obere und die untere Spitze ab­ gesägt, und zwar muß der Durchmesser der unteren Fläche (Kalette) % von dem der oberen Fläche (Tafel) betragen. Von der unteren Hälfte des Diamants wird also etwa nur %, von der oberen % der Höhe weg­ genommen. Die Fläche, auf der die Seiten des Oktaeders Zusammentreffen, heißt Rundiste, an ihr wird der Stein später ge­ faßt. Oberhalb und unterhalb der Rundiste werden regelmäßige Facetten angeschliffen, deren Zahl den Wert des Brillanten bestimmt und ein Vielfaches der Zahl 8 sein muß. Tafel

Krone Randleiste Külasse

Kalette

Gewöhnlicher Brillantschliff

Dreifache Brillanten haben am oberen Teil 36, am unteren 24 Facetten, insgesamt 56; zweifache Brillanten haben auf jeder Hälfte nur 16. Amerikanische Bn. zeigen oben 48 und unten 24 Facetten. Der Brillant­ schliff kam im 17. Jh., vor allem durch An­ regung des Kardinals Mazarin in Frankreich, in Übung.

BRILLANTGLAS, Glasgefäße, deren Ober­ 42

BRIOT, François (1550 bis nach 1616), fran­ zösischer Zinngießer und Medaillenschneider, der von 1580 an für die Herzöge von Würt­ temberg arbeitete und prächtige Schüsseln, Medaillen, Plaketten, Siegel, Münzen u. dgl. geschaffen hat.

BRIQUETIEREN (von fr. briquet = Back­ stein), das Nachahmen einer Ziegelmauer im Wandanstrich. BRITANNIAMETALL, eine Legierung aus 70—94% Zinn mit Antimon, Kupfer, Blei, Zink und auch Wismut in verschiedenen Mengen, das — neben anderen Verwendungs­ möglichkeiten — zu Gebrauchsgeschirren und Gefäßen verarbeitet wird. BRIZAMBOURG -> Dupas.

BROKAT (von ital. braccato = gestickt), ein schwerer Seidenstoff, der mit Gold- oder Silberfäden durchwirkt ist (fr. drap d‘or und drap d’argent). Diese Art kam aus dem Orient und über Byzanz ins Abendland, wo­ bei ursprünglich die Schußfäden aus vergol­ deten Streifen aus Pergament oder Tierhaut bestanden. Seit dem MA wird B. für Prunk­ gewänder, Decken, Möbelbezüge, Tapeten und andere Kostbarkeiten verwendet. BROKATPAPIER, farbiges, mit Mustern in Gold- oder Silberzeichnung bedrucktes Tape­ tenpapier.

BRONZEFARBEN, feine mit einem Binde­ mittel verrührte Mctallpulver aus Zink-, Kupfer-, auch Zinn- oder Neusilberlegierun-

BRÜSSELER TEPPICHE

gen, die nach dem Aufstrich dem Gegenstand ein bronzeähnliches Aussehen geben. Das Verfahren wurde um die Mitte des 18. Jhs. erfunden. BRONZEKUNST, Bronze ist eine Legierung aus Kupfer und Zinn (meist 9 Teile Kupfer, 1 Teil Zinn; auch andere Kupferlegierungen, z. B. mit Zink, sind möglich), die durch ihre Festigkeit für den Guß feiner Formen beson­ ders geeignet ist. Die B. arbeitet mit einem vorgeformten Modell. Der Bronzeguß ge­ schieht entweder als Voll- oder als Hohlguß, wobei der Hohlguß bis ins 19. Jh. hinein vorwiegend geübt wurde, da sich Bronze sehr dünnwandig ausgießen läßt und der Ma­ terialverbrauch gering ist. Hohlguß ist Guß mit verlorener Form (fr. à cire perdue), nämlich: über einem festen Modellkern wird eine Wachsschicht aufgetragen, über die wie­ der ein mit Luft- und Eingußröhren versehe­ ner Formmantel aus Lehm gelegt wird. Beim Erhitzen schmilzt das Wachs und fließt ab, während die gleichzeitig eingegossene Bronze­ flüssigkeit an seine Stelle tritt und sich zwi­ schen Kern und Mantel legt. Beide, Kern und Mantel, können nach dem Erkalten nur ent­ fernt werden, indem man sie zerstückelt. Die Form geht also vollständig verloren, es kann nur jeweils ein Abguß von einem Modell gemacht werden. Diese Technik des Bronzegießens wurde von altersher geübt. Im 16. Jh. wurden Verfahren entwickelt, die Form (den Mantel) zu erhalten. Vollguß benutzt ein Gipsmodell, von dem eine Hohlform abgenommen wird. Diese wird dann ganz mit Bronze ausgegossen. Das Gipsmodell bleibt erhalten. Die Kunst des Bronzegießens war in fast allen alten Kulturen bekannt. Seit dem 6. Jh. V. Chr. arbeiteten die griechischen Künst­ ler in Bronze. Es sind aber nur wenige Ori­ ginale erhalten, die meisten der uns bekann­ ten Werke sind in römischen Marmorkopien überliefert. Ein bedeutendes Beispiel römi­

scher Bronzekunst ist das Reiterstandbild des Marc Aurel in Rom. Aus dem MA sind uns herliche Bronzearbeiten erhalten: aus der Zeit Karls des Großen Türen und Gitter des Aachener Münsters und die berühmte Reiter­ statuette Karls d. Gr.; die Bernwardskunst, und vom 12. Jh. an vor allem in Deutsch­ land (romanische Kunst) Kirchenportale, Leuchter, Geräte, Grabplatten usw. Die go­ tische Kunst zog Holz und Stein als Werk­ stoff vor. Die B. kam erst in der italienischen Renaissance wieder in Übung, zu Beginn des 16. Jhs. auch in Deutschland. Im Barockzeit­ alter war Frankreich führend, aber auch die niederländische und deutsche B. brachte prachtvolle Werke hervor. Berühmt ist das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten von Andreas Schlüter (um 1700). Reiterdenkmäler waren im 19. Jh. Hauptgegenstand für die B. Eine Rückkehr zur feinen Kleinbronze haben die Arbeiten von Rodin, Maillol, u. a. gebracht.

BRONZIEREN, mit Hilfe von ■> Bronze­ farben einem Gegenstand das Aussehen von Bronze geben. BROSCHE (von fr. broche = Nadel, Spieß), eine von Frauen getragene Ziernadel, der ·> Fibel und -> Agraffe nachgebildet.

BRÜNNE, Name für den mittelalterlichen -> Kettenpanzer oder das Panzerhemd. BRÜSSELER SPITZEN, feine Klöppelspit­ zen, die aus brabantischem Hanf hergestellt werden und denen als Netzgrund ein Muster aus Sechsecken zugrundeliegt. Heute werden B. S. auch maschinell geklöppelt (> Bobbinnet). BRÜSSELER TEPPICHE, in Brüssel ge­ webte Teppiche mit unbeschnittenem, schlin­ genförmigem ■> Flor. Das Grundgewebe ist aus Jute- oder Werggarn, der Flor aus Haar­ oder Wollgarn.

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BUSTELLI

BRUSTOLON, Andrea (1662—1732), vene­ zianischer Bildhauer, der u. a. den Palast der Venier di S. Vio mit Möbeln und Dekora­ tionen ausstattete (heute im Palazzo Rezzonico in Venedig). Seine Möbel zeichnen sich durch ungewöhnlich naturalistische Schnitzerei in Form von Baumstämmen und Ästen und durch reiche figürliche Beigaben aus.

BUNTPFLASTER, mittelalterliche Bezeich­ nung für Mosaikfußboden.

BRUYNESTEIN, Nicolaas (1699—1764), im Jahre 1723 als Meister in der St. Lucasgilde in Den Haag geführt. Er ist bekannt wegen seiner Entwürfe für Stuckdecken und für den Statthaltersitz im Rijksmuseum zu Amsterdam.

BUREAU CARTONNIER > Cartonnier.

BUCCHERO-VASEN, antike, schwarzfar­ bige Tongefäße, die vom 8. bis zum 4. Jh. V. Chr. in Etrurien, aber auch in der süd­ östlichen Ägäis hergestellt wurden. Sie sind oft mit Figuren in erhabenem oder einge­ preßtem Relief und mit Buckeln verziert.

BUREAU-TOILETTE, im 18. Jh. kleines Möbel, das gleichzeitig als Schreib- und als Toilettetisch benutzt werden konnte.

BUCKELKERAMIK, Bezeichnung für Ton­ gefäße mit plastischen Zierbuckeln, die der Jungsteinzeit und der Bronzezeit angehören. BUFFET -> Kredenz. BULGE (lat. bulga = Ledersack), ursprüng­ lich eine meist lederne Reisetasche, Feld­ flasche, ein Wasserbehälter. Danach Bezeich­ nung für eine ebenfalls als Wassergefäß be­ nutzte schweizerische Zinnflasche, die sechs­ seitig gearbeitet ist (17.—19. Jh.).

BULLE (lat. bulla = Kapsel), ursprünglich die Schutzkapsel für ein Urkundensiegel, die mit Schnüren an dem Schriftstück befestigt war. Danach Bezeichnung für das Siegel selbst, das je nach dem verwendeten Material Goldbulle, Silberbulle oder Bleibulle heißt. Auch die ganze, mit einem Metallsiegel ver­ sehene Urkunde (bes. Papsturkunden) heißt Bulle.

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BUNZLAUER TONWAREN, in Bunzlau, Schlesien, gegen Ende des 16. Jhs. herge­ stellte Gefäße und Gebrauchsgeschirre aus Steinzeug von grauer Grundfarbe, die braun glasiert wurden. Verzierung war Gold­ malerei oder vergoldetes aufgesetztes Relief.

BUREAU PLAT, seit dem Ende des 17. Jhs. gebräuchlicher vornehmer, flacher Schreibtisch, unter dessen Platte gewöhnlich eine Reihe von Schubfächern angebracht war.

BURGUNDISCHE GEWÄNDER, der Meß­ ornat und andere Prunkgewänder des Ordens vom Goldenen Vließ, der von dem Burgun­ derherzog Philipp dem Guten im Jahre 1429 gestiftet wurde. Die prächtigen, wunderbar in Farben und mit Perlen bestickten Gewän­ der werden zum größten Teil in der Wiener Schatzkammer aufbewahrt. BURMESTER, Warnike, Lüneburger Holz­ schnitzer. Er schuf um 1583—1584 die reiche Vertäfelung der Kommissionsstube im Rat­ haus zu Lüneburg und 1588—1593 das Chor­ gestühl der Johanniskirche. BURSLEM, englischer Ort, in dem im 16. Jh. Holländer eine Fayencefabrik gründeten, die Gefäße in der Art der -> Delfter Fayen­ ce herstellte. Im 19. Jh. wurde in B. auch Porzellan gemacht.

BUSTELLI, Franz Anton (1723—1763), Porzellanmodelleur aus Locarno. Er hat in Wien gearbeitet und kam nach München, wo

er von 1754 an Modellmeister an der Manu­ faktur -> Nymphenburg war. Er schuf reiz­ volle Figuren von vollendeter Grazie und Eleganz, Figurengruppen — z. B. Kommödianten — in köstlichem Zusammenspiel von Bewegung und Ausdruck. BÜTTENPAPIER > Handpapier. BUTZENSCHEIBE, eine runde Glasscheibe mit einer Erhöhung in der Mitte (Butz), die im 14. Jh. zuerst als Fensterverglasung vor­ kommt. Die B. ist meist in Blei gefaßt. B. V. R. B. -> Risenburgh, Bernard van.

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c CABARET (fr.), eigentlich die Schenke, dann Bezeichnung für ein Brett, auf dem Geschirr steht, auch für einen Satz von Schalen oder schalenartigen Gefäßen, die sich nach chine­ sischer Art zu einer Figur zusammensetzen lassen. CABINET ·> Kabinett. CABINET d’ALLEMAGNE (fr.), in der Renaissancezeit französische Bezeichnung für den deutschen Schreibkasten mit Klappdeckel und Schließfächern und Schubläden im Innern.

CABINET-MAKER, englische Bezeichnung für den Möbelschreiner (auch joiner) im Gegensatz zum (hair-maker (Stuhlmacher). CABOCHON (fr.), Bezeichnung für einen Edelstein, der in seiner natürlichen Gestalt erhalten und nur poliert und leicht zuge­ schliffen wird.

CABRIOLE LEG (engl.), zügig geschweifter Möbelfuß, der im Spätbarock in England die aus Kurven und gebrochenen Voluten zusammengesetzten Stützen ablöst. CACCIANFUORI (ital.), ein Werkzeug, das bei Metalltreibarbeiten benutzt wird, und zwar vor allem für die Verzierung eines enghalsigen Gefäßes mit erhabenem Relief, das aus dem Innern des Gefäßes herausgetrieben wird.

CACHE-NEZ (fr. = Nasenhülle), ursprüng­ lich Bezeichnung für eine Maske, die das Gesicht halb bedeckte; dann nannte man so in der Revolutionszeit die dicken Schals, die um den Hals gewickelt wurden und das Kinn bedeckten. Danach ist C. auch die

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Bezeichnung für seidene oder halbseidene Halstücher.

CACHE-POTS (fr. = Topfhülle), ein Übertopf aus Porzellan oder anderem Material oder eine Verkleidung aus Papier oder Stoff für die tönernen Blumentöpfe. CACHOLONG -> Opal. CADALSO-GLAS, in Cadalso, Spanien, her­ gestellte Glaserzeugnisse, die seit dem 16. Jh. bekannt waren und in Herstellungsart und Formen dem -> venetianischen Glas ähnlich waren.

CADÈNE (fr.), heute weniger häufig be­ nutzte Handelsbezichnung für levantinische Teppiche von geringem Wert. CADOGANKANNE, eine deckellose, ge­ schlossene Teekanne mit einer gewundenen Röhre im Innern, die in eine enge Öffnung am Kannenboden ausläuft. Diese Kanne wurde in England in der ersten Hälfte des 19. Jhs. sehr beliebt, sie war zuerst nach einem indischen Gefäß hergestellt worden, das sich im Besitz einer Mrs. Cadogan befand.

CAERULEUM, Bezeichnung für eine blau­ grüne Oel- oder Aquarellfarbe aus einer Kobaltoxydul- und Zinnoxydverbindung. CAFFAGIOLO, kleiner italienischer Ort (Toscana), in dem vor allem im 16. Jh. prächtige Majolika-Gefäße und -Geschirre, u. a. für die Medici, hergestellt wurden. CALAMACHA (ital.), genuesischen Atlasstoff.

Bezeichnung

für

CALAMUS (gr. kalamos = Schilf, Rohr), gespitztes Schilfrohr, mit dem auf Papyrus geschrieben wurde (Rohrfeder, Schreibrohr). Auch die späteren, aus anderem Material verfertigten Federn nannte man Calamus.

CANDIANA

CALATRAVAMÖBEL, in Calatrava, der seit dem 12. Jh. als Sitz des Ordens von Calatrava berühmten spanischen Stadt in Cuidad Real, Neukastilien, hergestellte, reich mit Eisenbeschlägen verzierte Möbel (·> Vargueno). CAELATUR (lat. = es wird ziseliert), Be­ zeichnung für die Arbeit des Treibens von Metallen, für das Herausarbeiten der Re­ liefs, für Punzieren, Ziselieren usw. CAFFIERI, Jacques (1678—1755), Pariser Bildhauer, der einem alten Geschlecht von Bildhauern und Ziseleuren entstammte. Sein Vater war von Mazarin nach Paris gerufen worden. Er selbst gehörte zu den Haupt­ meistern des französischen Rokoko. Für Prunkmöbel hat er kunstvolle und phantasie­ reiche Bronzen geschaffen.

CALCEUS (lat.), der zur feierlichen Tracht der Römer gehörende Schuh, der bis zur Wade hinauf reichte und mit Schnürriemen gehalten wurde.

CALDARISCHES ERZ, eine von dem Ber­ liner Medailleur Loos (1735—1809) erfun­ dene und nach dem römischen aes caldarium benannte Metall-Legierung (Goldbronze). CALIX -> Kelch. CALOTTE (fr. = Käppchen), Kopfbedekkung, eine Kappe, vor allem die der Geist­ lichen. In der Baukunst ist C. eine Gewölbe­ kappe. CAMAIEU (fr. = Kamee), aus einem Stein, der verschiedenfarbige Schichten hat (z. B. der -> Onyx), erhöht oder eingetieft geschnit­ tene -> Kamee. Mit C. bezeichnet man danach auch Malerein auf Glas, Porzellan, Holz, Lein­ wand, auch Kreidezeichnungen u. ä., die ein­ farbig, aber in verschiedenen Farbtönungen gemacht sind (·> Monochrom, Grisaille) und zuweilen kameenartig wirken.

CAMAIL (fr. = Kapuze, Mäntelchen), die zur Panzerrüstung gehörige Helmbrünne, die Kappe mit Schulterkragen, der Schildmantel (-> Harnisch). CAMBRIAN POTTERY (engl.), in Swansea (England) in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. hergestellte Steinzeuggefäße mit Emailmalerei.

CAMISIA (mittellateinisch), das Hemd. CAMPECHE-, Kampeschenholz, mittelameri­ kanische Holzart, auch Blau- oder Blutholz wegen seiner Färbung genannt. Es ist sehr hart, wird aber weniger zu Holzarbeiten als zur Herstellung von Farben benutzt.

CANAPÉ, breites Sitzmöbel mit Rüde- und Armlehnen, manchmal auch mit Wangen (dt. Kanapee).

CANAPÉ À CONFIDENTS, teiliges Kanapee, dessen Enden lehnen abgesonderte Ecksitze Möbel war seit dem letzten 18. Jhs. beliebt.

breites drei­ durch Arm­ bilden. Das Viertel des

CANCELLI (mittellateinisch), die Schranken im Kirchenraum, die den Chor mit dem Altarraum vom Kirchenschiff abtrennen. (-> Lettner). Sie waren aus Holz oder Marmor gearbeitet und meist sehr kunstvoll gestal­ tet. In der Renaissancezeit ersetzen Gitter aus Eisen oder Messing die C. oder den Lettner. CANDELABER ·> Kandelaber.

CANDIANA, ein Ort in der Nähe von Padua (Italien), in dem im 17. Jh. -> Fa­ yencen hergestellt wurden, die sich durch be­ sonders feine, farbige Bemalung mit Zier­ motiven nach persischen Vorbildern auszeich­ neten. 47

CARACO

CANEVAS, Kannevas, ein weitmaschig ge­ arbeitetes Baumwollgewebe, das wie ein Gitter wirkt. Für Kreuzstichstickerei z. B. ist das C. am geeignetsten. — Auch gitter­ artig liniertes Papier heißt Canevas.

CANIVET (fr.), Stichel; insbesondere be­ zeichnet man damit den Stichel, mit dem im 16. Jh. Zeichnungen und Schriftzeichen auf Pergament gemacht wurden. Die Linien be­ standen aus kleinen, nebeneinanderlaufenden Löchern, die verschiedenfarbig ausgefüllt wurden, indem man farbiges Papier als Un­ terlage benutzte.

CANTOGALLI, Majolikafabrik in Florenz, die vor allem um die Mitte des 19. Jhs. Nachahmungen alter Apothekergefäße und Renaissancegefäße herstellte. CANTONNIÈRES (fr.), Bezeichnung für die geraden Stoffbahnen der Vorhänge an den Ecken barocker Prunkbetten. Die leich­ teren, beweglichen Vorhänge heißen bonnes graces. CAPELLA (lat. von cappa = Mütze), be­ zeichnete u. a. irn MA den vollständigen Meßornat. Ursprünglich von der cappa des Hl. Martin von Tours ausgehend, hat sich die Bezeichnung capella auf den Aufbe­ wahrungsraum für diese und von da aus auf ähnliche kirchliche Räume und auf die Ge­ samtheit der liturgischen Gewänder über­ tragen. CAPO DI MONTE, eine Porzellanmanu­ faktur in Neapel, die von dem Bourbonen König Karl von Neapel zunächst im Park des Schlosses Capo di Monte gegründet wur­ de und von etwa 1740 bis 1806 oder 1807 bestanden hat. In den ersten Jahren wurde Porzellan in der Art des -> Meißner Por­ zellans hergestellt, dann fand die Manu­ faktur mit ihren bemalten Reliefverzierun­ gen, mit gemalten Muschel- oder Korallen­ ornamenten oder auch Figuren einen eigenen 4®

Stil. Auch die Nachahmung antiker Gefäß­ formen mit antikisierenden Reliefs war üblich. Als Karl im Jahre 1759 König von Spanien wurde (Karl IIL, 1759—1788), gründete er mit Künstlern von Capo di Monte im Schloß Buen Retiro bei Madrid eine Porzellanmanufaktur, die in derselben Manier weiterarbeitete. Diese Manufaktur wurde die bedeutendste in ganz Spanien, sie hat bis zum Jahre 1808 bestanden. Das Markenzeichen der ersten Jahrzehnte für die Capo di Monte-Erzeugnisse ist die bourbonische Lilie. Eine spätere, 1771 in Neapel gegründete Manufaktur hat eine Krone mit einem N (= Neapel) oder RF (= Real Fabbrica).

CAPUANISCHES BRONZEGESCHIRR, in der frühen römischen Kaiserzeit waren Gefäße und Geschirre aus Capua über den gesamten römischen Bereich und auch dar­ über hinaus verbreitet, wie die bisher aus­ gegrabenen Stücke gezeigt haben. CAQUETOIRE (fr. caqueter = plaudern), kleiner Armstuhl der Spätrenaissance, auch chaire à femme genannt.

CARACO, Bezeichnung für eine engan­ liegende Frauenjacke des 18. Jhs. mit langen, engen Ärmeln und Knopfverschluß. Am Hals war der C. weit ausgeschnitten, in der

CARTONNIER

Taille lag er eng an, weitete sich dann aber zu einem langen Schoß aus. Er war ein selb­ ständiges Kleidungsstück, das zu andersfar­ bigen Röcken, auch als Reitjacke getragen werden konnte. Seit der Einführung des C. bezeichnete man mit C. auch die englischen und französischen Jagd- und Reiterwesten des 15. Jhs., die ähnlich aussahen.

CARACOLI, die Ohren-, Nasen- und Arm­ ringe der Eingeborenen Amerikas. CARBONARO (ital.), ein Kleidungsstück, das von etwa 1820—1830, also zur Zeit der Carbonariaufstände, in Italien Mode war. Es ist ein weiter Mantel ohne Ärmel, mit einem Überschlag und farbigem, meist feu­ rig rotem Futter. CARBONATE, spanische Bezeichnung für einen schwarzen Diamant.

CARBONETTA (ital.), Name schwarzbraune -> Koralle.

für

die

CARCASSE (fr. = Gerippe, Gehäuse), Be­ zeichnung für eine Kopfbedeckung der Frau­ en des 19. Jhs., die über einem Drahtge­ stell aufgebaut war.

CARRARA-MARMOR, in den Steinbrüchen bei Carrara, einer italienischen Stadt in der Nähe von Modena gebrochener Marmor Er ist besonders feinkörnig und glänzend und war schon in römischer Zeit hochgeschätzt. Er kommt als weißer, schwarzer, gelblicher oder grünlich geaderter Marmor vor; vor allem der weiße Marmor galt als Kostbar­ keit, besonders die Künstler der italienischen Renaissance benutzten ihn als Werkstoff (-> Crestola). CARRARA-PORZELLAN, weißes englisches Gut, in der Masse porzellanartig (aber kein Porzellan), das im Aussehen dem -> Carrara­ Marmor ähnlich ist und aus dem Statuen und kleine Figuren gemacht wurden.

CARTA RIGATA (ital.), in der Web- und Stickkunst verwendetes Papier mit vorge­ zeichneten Quadraten, auf dem die zu we­ benden oder zu stickenden Muster in Ver­ größerung aufgesetzt sind. Das Quadrat bezeichnet jeweils die Einstichstelle. CARTONAGE (fr.), Arbeiten aus Pappe (-> Karton).

CARLIN, Martin (gest. 1785), berühmter Pariser Ebenist der 2. Hälfte des 18. Jhs. Er war ein Schüler von -> Oeben, wurde 1766 Meister und bald darauf ébéniste du roi. Gleichzeitig mit -> Riesener machte er Möbel für Saint Cloud. Er bevorzugte für seine Möbel — vor allem Tische, Kabinette und ■> bonheurs du jour — die Verzierung mit Japanlack, Sevresplatten und zierlidien Bronzedekorationen.

M«CARLIH CAROLEAN CHAIR (engl.), Bezeichnung für den seit König Karl II. (1660—1685) in England verbreiteten Stuhl in der Art des -> Louis XIII-Stuhls.

CARTONNIER (fr.), ein Gestell mit Fä­ chern und Schubladen für Schreibmaterial, auch serre-papier genannt, das an einer Schmalseite des Schreibtisches aufgesetzt oder angestellt wurde. 49

CELLINI

CASA PIROTA, eine der Hauptwerkstätten der Majolikaherstellung im Faenza des 16. Jahrhunderts.

CASSAPANCA, italienische Truhenbank mit überhöhter Rückwand und Seitenlehnen, meist auf stufenhohem Podest. Seit dem Ende des 15. Jhs. wurde dieses Möbel aus -> Truhe und dem Thron entwickelt und war vor allem in der Mitte des 16. Jhs. in den italienischen Renaissancepalästen zu finden. CASSONE (ital.), eine Truhe, die sich im Laufe des 14. und 15 Jhs. aus einem ein­ fachen Gebrauchsmöbel zum Prunkkasten entwickelte und vor allem als Hochzeitstruhe Verwendung fand. Zuerst wurde als Ver­ zierung vergoldeter Stuck u. ä. angebracht, später schmückte farbige Malerei die Flä­ chen der gerahmten Felder. Berühmte Maler wie Paolo Uccello, Botticelli, Andrea del Sarto u. a. haben solche Cassoni bemalt. Die Hochrenaissance brachte die klassische Durchgliederung mit plastischem Dekor, der sich im Barock zu bewegtem Reichtum steigerte.

CASUARINA-HOLZ, auch beef-wood, sehr hartes, dichtes Holz von dunkler, ziegel­ roter Färbung, das seit dem 18. Jh. häufig für -> Marketerie verwendet wird. Früher kam es aus Südafrika, heute wird es aus Australien bezogen.

CASULA ■> Kasel. CASTEL DURANTE (seit 1635 Stadt und

jo

nach dem Papst Urban VIII. Urbana ge­ nannt), alter Ort der -> Majolikaherstellung in Italien, dessen Blütezeit das 16. Jh. war. Gegen Ende des 17. Jhs. wurde die Her­ stellung eingestellt. Die bedeutenderen Städte Urbino und Gubbio haben zweifellos Einfluß auf die Herstellung genommen und vermut­ lich auch die Erzeugnisse von C. D. mit ihren eigenen Marken bezeichnet, so daß man nur wenige Stücke kennt, die nach­ weislich in C. D. gearbeitet wurden. CASTELLI, kleiner Ort in Italien (in den Abruzzen), in dem während des 16. Jhs. bedeutende Fayencearbeiten (-> Fayence) gemacht wurden: Gefäße, Platten mit Re­ liefdarstellungen. Sie zeichnen sich durch Farbgebung in Gelb und in matten Farben aus.

CATELLA (lat.), eine Halskette der Römer, die den Feldherren verliehen oder, mit Edelsteinen besetzt, von den Frauen getra­ gen wurde. Sie hing lang auf die Brust herab und war aus vielen kleinen Gliedern zusammengesetzt und daher sehr locker und beweglich.

CAUGHLEY, Porzellanmanufaktur in Eng­ land, die nach 1750 gegründet wurde und 1772 in den Besitz des Porzellanmalers Tho­ mas Turner (1749—1809) kam. Turner haue in Worcester gearbeitet und stellte nun Porzellan in der Art des -> Worcester­ porzellans her (Handelsbezeichnung seit 1783 „Salopian china"). 1799 übernahm John Rose das Unternehmen {Coalport), das bis 1814 bestehen blieb. CAUSEUSE (fr. causer = plaudern), ähn­ lich wie die -> Marquise oder der kleine englische ■> settee oder love-seat, ein klei­ nes Sofa oder ein großer Sessel, in dem zwei Personen sitzen können.

CELLINI, Benvenuto (1500—1571), italie­ nischer Bildhauer und Goldschmied, der in

CHAMBORDSTIL

Florenz, Rom, Mantua und in Paris tätig war. Seine bedeutendsten Werke sind das Salzfaß für König Franz I. von Frankreich (Kunsthistorisches Museum in Wien), die Bronzestatue des Perseus mit dem Haupt der Medusa (Loggia dei Lanzi, Florenz), ein Tafelaufsatz (London). Seine Erfahrun­ gen in der Goldschmiede- und Bildhauer­ kunst hat C. schriftlich niedergelegt in »Due trattati del oreficeria e della scultura", Florenz 1568. Auch eine Beschreibung seines Lebens hat er hinterlassen, die 1803 zuerst von Goethe ins Deutsche übertragen wurde. Früher wurden C. viele Werke zugeschrie­ ben, die nach den Kenntnissen der heutigen Kunstwissenschaft nicht von ihm stammen.

CERACHAT, Halbkarneol, eine Varietät des -> Chalcedon.

CEROPLASTIK (von lat. cera = Wachs), aus Wachs modellierte Figuren und Gegen­ stände (z. B. Medaillen), vor allem Modelle für Schnitz- oder Formarbeiten aus anderem Material.

CERTOSINA (ital. Certosa = Kartause), Bezeichnung für eine alte, vom Orient über Venedig nach Oberitalien gekommene und vor allem im 15. und 16. Jh. in den ober­ italienischen Kartäuserklöstern gepflegte In­ tarsientechnik (-> Intarsien), bei der flächen­ hafte geometrische Dekorationen aus weißen und getönten Bein- und Ebenholzplättchen zusammengesetzt wurden. CHAGRINPORZELLAN (fr. chagrin = ursprüngl. die rauhe Haut des Haifisches), Bezeichnung für -> japanisches Porzellan mit sehr rauher Oberfläche.

CHAIRE (fr.), repräsentativer Kastensitz mit hohem Rückenbrett und Armlehnen, meist mit geschnitzten Füllungen. Im 15. und 16. Jh. war der Ch. in Frankreich und in Flandern das vornehmste Sitzmöbel in Kir­

chen und in den Häusern des Adels und der Bürger. CHAIRE À FEMME -> Caquetoire. CHAIR-MAKER ■> Cabinet-maker.

CHAISE (fr.), ■> Stuhl. CHAISELONGUE, durch Verlängerung der Sitzfläche zum Ruhebett erweiterter -> Stuhl (-> Duchesse).

CHALCEDON, ein leicht durchsichtiger bis undurchsichtiger Halbedelstein, farblos oder von matter Färbung, eine Abart des -> Quarzes, aber weicher als dieser. Er wurde im Altertum zum Schneiden von Gemmen verwendet. Der von altersher bekannte -> Onyx, auch Karneol, der ·> Chrysopras u. a. sind Chalcedone. Der Stein kommt häufig in mehreren Schichten aufgebaut vor (Mandeln; -> Achat), die verschiedene Fär­ bung haben, die mittlere Schicht ist oft -> Amethyst. Bei der Verarbeitung zu Schmuck­ stücken u. ä. wird der Ch. oft künstlich ge­ färbt (z. B. blutrot oder schwarz). CHAMBORDSTIL, der nach dem Vorbild des Schlosses Chambord, das der Baumeister Pierre Nepveu gen. Trinqueau für König 5i

CHIAROSCURO

Franz L von Frankreich (1515—1547) er­ richtet hat, benannte Stil der Architektur und Inneneinrichtung der französischen Re­ naissance des 16. Jhs. mit z. T. phantastischen Formen.

CHANTILLY, Porzel­ lanmanufaktur in Frank­ reich, von Louis Henri von Bourbon, Prinz von Condé, 1725 gegründet; bis 1800 hat sie bestanden und unter verschiedenen Leitern mehrere Blütezeiten erlebt. Unter Ciquaire Cirou, der von 1751 bis 1754 dem Un­ ternehmen vorstand, gelang die Herstel­ lung besonders feinen Porzellans, das mit einer ungewöhnlich weißen Glasur überzogen war. Auch die Bemalung war in dieser Zeit von hoher künstlerischer Qualität. Von 1755 bis 1780 wurde vor allem einfaches Ge­ brauchsporzellan gemacht, gelblich glasiert (Zinn- oder Emailglasur), das sich aber durch besonders schöne Formen auszeichnete, die die Brüder Gilles und Robert Dubois und Louis Fournier entworfen hatten. Eine späte­ re, 1803 gegründete Porzellanmanufaktur in Ch. stellte vor allem Gebrauchsgeschirr her. Berühmt aus dieser Manufaktur sind die 19 Statuetten in Biskuit nach den Entwürfen des Bildhauers Jean Jacques Pradier (1792 bis 1862).

CHANTILLY-SPITZEN, feine, auf sechs­ eckigem Netzgrund gearbeitete Nadelspitzen aus der Stadt Chantilly in Frankreich, die im 17. und 18. Jh. berühmt waren. Wäh­ rend der Revolutionszeit durften die Spitzen­ macher nicht Weiterarbeiten, sie hatten vor­ her den französischen Adel beliefert. Seit der Mitte des 19. Jhs. werden wieder Ch.Sp. gemacht. CHARNY, Jean (geb. 1731), Pariser Bild­ hauer und Möbelschnitzer, der u. a. für Versailles und Fontainebleau arbeitete.

CHATARD, Pariser Möbelvergolder, der von 1785 an für die französische Krone arbeitete.

„CHATEAU DE FAIENCE“ nannte man in Frankreich das kleine Schloß, das König Franz I. (1515—1547) sich hatte bauen lassen (im Bois de Boulogne bei Paris): Innenund Außenwände waren mit Terracotten von Girolamo della Robbia und anderen Künst­ lern verziert und mit Emailplatten von Pierre Courtoys. Während der französischen Revo­ lution wurde es zerstört, nur einige Email­ platten haben sich erhalten.

CHÂTELEINE (fr. = Schloß-, Burgfrau), Bezeichnung für einen Frauengürtel des Mit­ telalters, an dem Schlüssel, Almosentäschchen u. ä. hängen konnte.

CHELSEA-PORZELLAN, die um die Mitte des 18. Jhs. berühmten Erzeugnisse einer Manufaktur in dem damaligen Dorf Chelsea (heute zu London gehörig). Chinesische Vor­ bilder waren maßgeblich für die Formen und auch für die Dekoration, die als Haupt­ farbe ein dunkles — fast lila — Rosa zeigt. CHENILLE (fr. = Raupe), eine gedrehte und ausgefranste Schnur aus Seidengarn, die ein raupenähnliches Aussehen hat. Sie wird zur Verzierung von Stoff, als Litze, oder auch bei der Herstellung von Spitzen (Chenillespitzen) verwendet. CHEST (engl. = Truhe). CHEST OF DRAWERS (engl. = Schub­ ladentruhe) -> Kommode. CHIAROSCURO (ital.), Clairobscur (fr.), Helldunkel, Bezeichnung für die Licht- und Schattenwirkung in Malerei und Graphik. Die Technik, durch Ch. besondere malerische Wirkung hervorzurufen, wurde von den italienischen Malern des ausgehenden 16.

CHINESISCHE TEPPICHE

und des 17. Jhs. gepflegt (Correggio, Cara­ vaggio), für Rembrandt war es ein Haupt­ ausdrucksmittel seiner Kunst, das in unüber­ troffener Weise von ihm angewendet wurde.

CHICHI-TEPPICHE, im Kaukasus, nörd­ lich von Lesghian von den Tsdietsdien her­ gestellte Wollteppiche (gelegentlich wird auch Baumwolle verwendet). Das allen kaukasi-· sehen Teppichen gemeinsame geometrische Grundmuster findet sich auch hier: zwei oder drei s-förmige oder kammartige Gebilde neben Rosetten, Botehs, Streifen.

Drachenmuster auf chinesischem Blau-WeißPorzellan des 14. Jahrhunderts.

CHIFFONNIÈRE (fr. = Lumpensammle­ rin), Pfeilerschrank oder -kommode mit mehr als vier Schubladen (mitunter bis zu 12) übereinander.

CHINA, China Ware, englische Bezeich­ nung für -> Porzellan. CHINA-CASE, englische Bezeichnung für einen Vitrinenschrank zum Aufbewahren von Porzellan.

CHINESISCHES PORZELLAN, späte­ stens in der T’ang-Zeit (618—906 n. Chr.) erfunden (-> Porzellan) und seitdem in Ver­ zierung und Gestalt in Anlehnung an die übrigen Künste, vor allem die Malerei und ihre jeweilig betonten Farben weiterent­ wickelt (so nacheinander grünes Porzellan, weißes Porzellan). Die Ming-Zeit (1368 bis 1644) brachte eine Blüte der Kunst der Porzellanherstellung, wie diese Zeit über­ haupt eine Blütezeit der chinesischen Kunst

war. Das Porzellan ist nun grün gefärbt und so dünnwandig, daß es beinahe durch­ sichtig ist (-> Eierschalenporzellan). Sonder­ arten sind das mit feinen Haarrissen ver­ sehene Porzellan, das durch zu rasche Ab­ kühlung — absichtlich herbeigeführt — diese Ritzungen (-> Craquelé) erhält, die durch Malerei noch betont werden, und das ge­ flammte Porzellan, dessen vorgesehene Fär­ bung durch Luftzufuhr während des Brandes verändert wurde und so eine Zwischen­ tönung zwischen zwei Farben hat (z. B. Rot bis Violett). Die Formen des ch. P.s reichen von einfachem Gebrauchsporzellan, vor allem Teeschalen und -kannen, bis zu großen, prachtvoll bemalten Vasen, die für den Hof bestimmt waren. Vor dem 15. Jh. sind nur selten chinesische Porzellanwaren nach Europa gekommen, danach, vor allem im 17. und 18. Jh., wurden sie als besondere Kostbarkeiten von den Fürsten gesammelt und seitdem nachgeahmt (-> Chinoiserie). Ch. P. ist meistens mit einem Zeichen der Dynastie versehen, unter der es hergestellt wurde.

CHINESISCHE TEPPICHE, erst nach dem 17. Jh. wurden in China Teppiche geknüpft, S3

CHIPPENDALE

obwohl turkestanische Arbeiten bekannt wa­ ren. Die Muster auf chinesischen Teppichen sind im Laufe der Zeit kaum abgewandelt worden. Es sind vor allem Blüten und end­ lose Ranken mit Streumustern nach Motiven der chinesischen Kunst: Embleme, Glück­ symbole, die Kennzeichen der acht Genien (Fächer, Schwert, Kürbis und Krücke, Blu­ menkorb, Klapper, Trommel, Flöte, Lotos­ blume), die Weissagungssymbole (Rad, Mu­ schel, Schirm, Vase, Baldachin, Fische, Kno­ ten), dann Tiere, Blumen, Kostbarkeiten wie Perlen, Trinkhörner u. a., Zeichen für Naturmächte, sowie geometrische Figuren (z. B. ein kunstvoll verschachtelter Mäander). Das Grundgewebe ist aus Baumwolle, der meist sehr hohe Flor aus Wolle. Neuere chinesische Teppiche haben einen Flor, der dem Muster entsprechend reliefartig zuge­ schnitten ist. Hauptherstellung in den Pro­ vinzen Shansi, Kansu, Shensi, Tschili (-> Chinesischer Säulenteppich).

CHINESISCHER SÄULENTEPPICH, eine nur in China beheimatete Teppichart, die

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zum Bekleiden von Säulen diente. Ausge­ breitet bildet dieser T. ein langes Rechteck. Als Muster ist oft ein Drache dargestellt, und zwar so, daß, nachdem der Teppich um die Säule gelegt wurde, der Eindruck ent­ steht, als winde sich das Tier mehrmals um die Säule herum.

CHINOISERIE (fr.), Nachahmung chinesi­ scher Motive zur Verzierung an Gegen­ ständen, die seit dem 17. Jh. sehr beliebt war, Darstellung chinesischer Landschaft und von Szenen aus dem Leben der Chinesen in Malerei und Plastik, wie sie sich seit Be­ ginn des 18. Jhs. von Frankreich aus ver­ breitete. Die Rokokozeit sah in dem, was sie von China erfuhr und sich vorstellte, das Ideal heiterer Lebensführung und suchte durch Ausgestaltung der Innenräume und durch Nachbildungen in der Baukunst das chinesische Leben darzustellen und sich zum Vorbild zu machen. In allen Künsten fanden chinesische Motive Aufnahme (am phantasie­ reichsten im Ornamentstich). Fast alle Schlös­ ser der Rokokozeit haben ein sog. Chinesi­ sches Zimmer. -> Chinesisches Porzellan wurde gesammelt und aufgestellt und von den einheimischen Porzellanherstellern nach­ geahmt.

CHIPPENDALE, Thomas (1718—1779), der bedeutendste englische Kunstschreiner, der den Möbelstil der Zeit König Georgs II. (1727—1760) geprägt und durch sein Vor­ lagewerk „The Gentleman and CabinetMakers Director“ (1754; 2. Ausgabe 1755; 3. Ausgabe 1762) über ganz Europa ver­ breitete. Sein Stil ist aus einer Verbindung verschiedenartiger Elemente hervorgegangen. Er ist eine Fortsetzung des -> Queen AnneStils, nimmt aber zugleich außerenglische Einflüsse auf (Chinataste, Frenchtaste), die mit gotisierenden Motiven (gothic taste) und neuen Ornamenten (modern taste) ver­ schmolzen werden. Von etwa 1753 an be-

CHRYSELEFANTIN

trieb Ch. eine Werkstatt in London, in der zahlreiche Handwerker unter seiner Leitung arbeiteten. Mahagoniholz war sein Hauptwerkstoff, aber auch Weichholz ließ er ver­ arbeiten. Dazu wurden Japanlack und Ver­ goldung verwendet. Es ist nicht sicher, ob er selbst an der Ausführung seiner Entwürfe in der Werkstatt beteiligt war.

großen Kirchen in mehreren Stufen überein­ ander gestaffelt, die für die Geistlichen be­ stimmt waren. Seit dem 13. Jh. besteht es meistens aus einer oberen und einer unteren Sitzreihe, die eine hohe gemeinsame Rück­ wand (Dorsale) haben. Prächtige, reich mit Schnitzereien verzierte Ch.e sind uns aus dem 14.—16. Jh. erhalten (z. B. das im Ulmer Münster von Jörg Syrlin d. Ä.). Die einzel­ nen Sitze des Ch.s (Stallen) können durch Armlehnen voneinander abgetrennt sein (of­ fenes Ch.) oder durch hohe Seitenwände den darin Sitzenden isolieren (geschlossenes Ch.). Außer den Armlehnen (Accoudoirs) dient auf dem Sitz, der auch ein Klappsitz sein kann, eine besondere, ins Holz gear­ beitete Sitzstütze der Bequemlichkeit (Miserikordie). Auch sie konnte mit — manchmal recht grotesken — Schnitzereien versehen sein. Über manchen Ch.n schwebt von der Rück­ wand ausgehend ein Baldachin. CHORGITTER -> Cancelli.

CHIROPLASTIK, das Modellieren mit der Hand, ohne Zuhilfenahme eines Werkzeugs (z. B. Wachs- oder Tonarbeiten). CHLOROSPINELL, lebhaft grüne, nur an den Kanten durchsichtige Abart des -> Spinell.

CHORBUCH, ein liturgisches, beim Gottes­ dienst benutztes Buch (Missale, Evangeliar, Epistolarium usw.), im MA kunstvoll ge­ schrieben und häufig mit prächtigen Initialen und mit Miniaturen versehen. CHORGESTÜHL, die im Chor der Kirchen reihenweise aneinandergefügten Sitze, in

CHRISMARIUM, Chrismatorium, Chrismale, das Gefäß für das geweihte öl, Salböl (Chrisma), anfangs eine ■> Ampulla oder eine kleinere Büchse im späteren MA ein kunstvoll gearbeitetes Gefäß von bestimmter figürlicher Gestalt (z. B. ein Horn oder ein Straußenei) auf einem kelchähnlichen Unter­ satz und mit turmartigem Aufbau. CHRISTFESTTALER, mittelalterliche Mün­ zen und Medaillen, auf die ein Bild mit der Darstellung der Geburt Christi aufgeprägt war. CHRYSELEFANTIN (von gr. chrysos = Gold; elephantinos = elfenbeinern), Gold­ elfenbein; in der klassischen Kunst Griechen­ lands wurden Statuen aus Gold und Elfen­ bein hergestellt. Der Kern einer solchen Statue war aus Holz, die nackten Teile des Körpers wurden mit Elfenbein belegt, wäh­ rend die bekleideten (Waffen, Kleider, Haare

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COALPORT

usw.) aus Gold waren (so waren die Athena Parthenos und der Zeus von Olympia von Phidias gearbeitet und die Hera von Argos von Polyklet). CHRYSOBERYLL, einer der härtesten Edel­ steine von grünlicher Färbung mit bläulich­ weißem Schimmer, der in Brasilien, auf Cey­ lon und auf Borneo gefunden wird. Er wird als Schmudestein verarbeitet.

CHRYSOGRAPHIE, Bezeidmung für die hauptsächlich in der byzantinischen, aber auch in der abendländischen Kunst geübte Tech­ nik des Schreibens mit Goldtinktur und des Vergoldens von Buchstaben. CHRYSOPRAS, ein Halbedelstein von hell­ grüner Färbung, eine Varietät des -> Chalcedons.

CHUTE (fr. = u. a. Ende), Bezeichnung für die Eckbronzen an Möbeln. CIMARRE, cimaise (fr.), eine Zinnkanne mit langem, schmalem Hals mit Deckel und zwei Henkeln, einem senkrecht am Gefäß befestigten und einem beweglichen waage­ rechten, mit dem es getragen wurde. Aus der C. wurde in Frankreich und im Burgund des 15. Jhs. Wein ausgeschenkt, vor allem der Willkommenstrunk, den die Städte beim Einzug des Herrschers entboten. Besonders prächtige, als Geschenk vorgesehene C.s waren aus Silber gearbeitet.

CIMIER (fr.), Helmzier. CIPOLLINO (ital.), Bezeichnung für einen Marmor von weiß-grün-gestreiftem Aus­ sehen, Zwiebelmarmor.

CISTA (lat. = Sdirein), Ciste, kleines Bron­ zegefäß aus Mittelitalien und Etrurien, das vor allem im 4. und 3. Jh. v. Chr. als 5«

Schmuck- oder Toilettenkästchen verwendet worden ist. Meist hatte es zylindrische Form und einen oftmals verzierten Deckel. Das Gefäß war häufig mit umlaufenden, eingravierten Darstellungen geschmückt. Als C.n bezeichnet man auch die kleinen aus Alabaster, Marmor oder auch aus Ton ge­ arbeiteten Urnen des 3.—1. Jhs. Sie haben die Form eines Sarkophags und sind mit Reliefs verziert, oft auch mit liegenden Figuren auf dem Deckel. Manchmal werden auch mittel­ alterliche Reliquienschreine C.n genannt. CLAIROBSCUR -> Helldunkel.

CLARETWARE, englisches Steinzeug aus Lambeth, das in der Masse gefärbt wurde. Claret bezeichnet die Farbe des ■> Chelsea­ Porzellans. CLAW AND BALL FOOT (engl.), Vogelfuß, der mit seinen Krallen eine Kugel umspannt, in England vom Anfang des 18. Jhs. an ein beliebtes Stützmotiv für Sitzmöbel. In Deutschland und Italien wurde es schon im Frühbarock verwendet, wahrscheinlich in An­ lehnung an chinesische Bronzen.

CLOISONNÉ (fr.), Zellenschmelz ·> Email. CLUB FOOT (engl.), ein keulenförmiger Fuß an englischen Sitzmöbeln (vielleicht nach chinesischem Vorbild), der neben dem -> claw and ball foot seit dem 18. Jh. vor­ kommt. CLYPEUS (lat.), der kreisrunde -> Schild der Etrusker und Römer, danach Bezeich­ nung für Metallscheiben überhaupt.

COALPORT, auch Coalbrookedale (Eng­ land), seit 1796 besteht in C. eine bedeu­ tende Porzellanmanufaktur. Von John Rose gegründet, erweiterte sie sich rasch und konnte 1799 die Manufaktur -> Caughley

CRESSENT

übernehmen. Das Caughley-Porzellan be­ stimmte in den ersten Jahrzehnten die Her­ stellung in Coalport, wie John Rose (gest. 1841) auch in späterer Zeit, etwa von 1820 bis 1830, keine originellen Schöpfungen hervorbrachte, sondern Porzellan anderer Manufakturen nachahmte. Heute stellt Coal­ port feines Gebrauchsporzellan her (Coal­ port China, Ltd., Stoke-on-Trent). COBB, John, Hofschreiner (upholsterer) Ge­ orgs III. (1760—1820) in London.

CODEX (lat.), Bezeichnung für ein hand­ geschriebenes Buch vor allem aus dem römi­ schen Altertum und dem MA: Handsdsrifl.

COFFRE (fr.) ■> Truhe.

CONTREFAIT-BÜCHSE, ein aus zwei in­ einandergestellten Büchsen bestehendes Ge­ fäß, das in einem Stück aus Elfenbein ge­ arbeitet wurde. Äußeres und inneres Gefäß haben die Form eines Eis. Die C. war als Spielerei vor allem im 17. Jh. beliebt. Besonders kunstvoll waren die von Lorenz -> Zick aus Nürnberg. COPERTAGLASUR, seit dem 16. Jh. für das Glasieren von -> Fayence benutzte Un­ terglasur, auf der die Farbe aufgetragen wurde. Sie war aus Blei hergestellt, farblos und durchsichtig. COPPA (ital. = Becher, auch Schale), Coppa amatoria, ein Majolikagefäß, das der Lie­ bende seiner Geliebten zum Geschenk machte. Es war mit dem Bildnis des Mädchens ge­ schmückt und mit Koseworten oder auch nur mit geheimen Liebeszeichen, mit Blumen oder mit Darstellungen von Liebenden. CORNER-CHAIR -> Eckstuhl. CORPORALE (lat.), Bezeichnung für das

feine Tuch aus Leinen, das in der katholi­ schen Meßfeier auf dem Altar als Unterlage für Hostie (corpus domini) und Kelch aus­ gebreitet wird.

COURTINE (fr.), Vorhang, vor allem als Bezeichnung für einen Theatervorhang ge­ bräuchlich.

COUVEN, Johann Joseph (1701—1763), Aachener Architekt, der durch seine Ent­ würfe Einfluß auf die Aachener Möbel­ kunst gewann.

CRAAZ, Gottfried (tätig von etwa 1730 bis 1750), Augsburger Zeichner, von dem mehrere Ornamentstiche mit Tischen, Sofas und Kaminen erhalten sind (s. Abb. S. 58). CRABETH, Dirk und Wouter, Brüder, Glasmaler in Gouda (Holland) in der zwei­ ten Hälfte des 16. Jhs. Die prächtigen Glas­ fenster der Johanneskirche sind von ihrer Hand oder nach ihren Entwürfen ausge­ führt worden. CRAQUELÉ (fr.), Bezeichnung für die fei­ nen Haarrisse, die in Porzellan, Fayence­ glasur u. a. durch zu rasches Abkühlen ent­ stehen und das Gefäß wie ein Netz über­ ziehen. Oft (z. B. bei einer Art des ·> Chine­ sischen Porzellans) wird der Vorgang auch künstlich herbeigeführt: C. entsteht bei der Abkühlung nach dem Brand, weil die Gla­ sur rascher erkaltet und sich zusammen­ zieht als das von ihr überzogene Material.

CRAQUELUREN, die Risse auf der oberen Farbschicht oder im Firnis eines Gemäldes, die durch Austrocknen entstanden sind.

CRESSENT, Charles (1685—1768), Pari­ ser Ebenist, der als der bedeutendste Mei­ ster der Régencezeit gilt. Er war der Sohn eines Bildhauers aus Amiens und kam zu Anfang des 18. Jhs. nach Paris, wo er 1714 17

CU VILLES

in die Académie de Saint-Luc aufgenom­ men wurde. 1719 heiratete er die Witwe des Ebenisten Joseph Pitou, der für den Herzog von Orléans gearbeitet hatte. Dessen Ge­ schäft übernahm C. und wurde nun selbst Hofebenist des Herzogs, für den er pracht­ volle Möbel herstellte. Außerdem arbeitete er für die Höfe von Schweden, Bayern und Rußland. Die meisten seiner Arbeiten sind prunkvoll ausgestattet. Geschwungene For­ men, ornamentale Plastik und Goldbronze­ beschläge bilden mit der kunstvollen Ver­ arbeitung verschiedenen Holzes eine künst­ lerische Einheit, wie sie in den Entwürfen vieler späterer Ebenisten nachgeahmt wurde.

C.CRESSENT CRESTOLA, Bezeichnung für weißen -> Carrara-Marmor, der bei Crestola in der Nähe von Carrara geschlagen wird.

CRIAERD, Matthieu (1689—1776), Pa­ riser Ebenist, der einer flämischen Kunst­ schreinerfamilie entstammte und 1738 Mei­ ster wurde. Er arbeitete in der Hauptsache für -> Oeben. Seine Möbel, vor allem die prächtigen Kommoden, sind sehr luxuriös und mit phantastischen Ornamenten ausge­ stattet.

ΜCRIAERD CRINOLINE (fr. crin = Roßhaar), ur­ sprünglich ein Stoff aus Roßhaar. Seit der Zeit Napoleons III. (1856) Bezeichnung für den weiten Reifrock der Frauen, der mit Draht und Pferdehaarfutter aufgesteift war.

CROUCH WARE (engl.), einfaches engli­ sches Steinzeug, oft mit aufgepreßten Deko­ rationen. Zu Beginn des 18. Jhs. benutzte

man für diese Ornamente Goldschmiede­ stanzen, so daß sie scharf herauskamen, die Grundfarbe war gelblich. Die späteren Er­ zeugnisse, vom Ende des 18. Jhs. an, sind weiß. CROY-TEPPICH, ein berühmter, 1554 von Peter Heymann, einem Niederländer, ge­ wirkter Teppich, auf dem neben Mitgliedern der sächsischen und pommerischen Fürsten­ familie und anderen auch Luther dargestellt ist. Der Teppich erhielt seinen Namen nach dem letzten Nachkommen der Familie Croy, der ihn 1684 der Universität Greifswald geschenkt hat.

CUL-DE-LAMPE (fr.), ursprünglich das un­ terste Ende einer Hängelampe, danach in der Buchdruckerkunst Bezeichnung für eine Vignette, die nach unten hin spitz zuläuft und z. B. am Ende eines gedruckten Ka­ pitels oder Abschnitts stehen kann.

CUSTODIA, (lat. = Obhut), der Behälter für die Hl. Hostie. In Spanien hat sie die Gestalt eines Tabernakels, das prächtig aus Silber gestaltet ist und in dem die Mon­ stranz bei der Fronleichnamsprozession ge­ tragen wird. CUVILLÉS, François d. Ä. (1695—1768), gebürtiger Wallone, war 1706 an den Hof Max Emanuels von Bayern als Kammer­ zwerg gekommen, wurde dann in Paris zum Baumeister und Stukkateur ausgebildet und war nach 1724 der bevorzugte Architekt des Kurfürsten Karl Albrecht. Er vollendete den durch ·> Effner vorbereiteten höfischen Stil des bayrischen Rokoko. Durch mehrere Werke mit Entwürfen: „pieds de tables“, „différentes dessins de commodes“, „livres de lambris“ und „dessins de lambris“ hat er auch die Entwicklung des deutschen Möbels weitgehend beeinflußt. 59

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C.A.M

D DACHTRUHE, frühmittelalterliche, aus Nadelholz gearbeitete Truhe, die sich als Typ in einigen späteren bäuerlichen Nachfahren erhalten hat. Die Wandbretter sind in dicke Eckstollen eingenutet, die zugleich die Füße bilden. Der Klappdeckel hat die Form eines Satteldachs aus zwei schräg liegenden Bret­ tern, deren Schmalseiten mit Zapfen in den aus dicken Bohlen geschnittenen Dachgiebeln befestigt sind. Das Dach ruht auf den vier Eckstützen und ist mit den beiden Rück­ pfosten durch zwei runde Holzbolzen dreh­ bar verbunden. Die D. war in der Schweiz, in Südtirol, Siebenbürgen, Norwegen und England verbreitet. Die Form war bereits in spätantiker Zeit bekannt

ken. Die Bordüre zeigt Pfeile, Dreiecke, sti­ lisierte Blumen. Der D. ist wegen seiner Haltbarkeit besonders geschätzt.

DAGLY, Gérard, belgischer Lackkünstler, der seit 1687 am Hof des Großen Kurfürsten in Berlin arbeitete. Zusammen mit seinem Bruder Jacques firnißte und lackierte er Möbel und Holzdekorationen. Von 1696 an hatte er als „Intendant der Ornamente“ die Oberaufsicht über die Ausstattung der Schlös­ ser. Erst das sparsame Regiment Friedrich Wilhelms I. führte zur Entlassung der Daglys. Wahrscheinlich kehrte Gérard nach Bel­ gien (Spa) zurück, während Jacques sich nach Paris wandte (gest. 1728). DAHLIN, Nils (gest. 1787), Kunstschreiner aus Stockholm, der für den schwedischen Hof arbeitete. 1761 wurde er Meister. Seine in verschiedenen schwedischen Schlössern erhal­ tenen Arbeiten lassen die Abhängigkeit von dem Stil französischer Möbel der späten ■> Rokokozeit erkennen.

DAFFINGER, Moritz Michael (1790—1849), berühmter Wiener Miniaturmaler, der Bild­ nisse fast aller bekannten Persönlichkeiten seiner Zeit gemalt hat.

DAGHESTAN, -> kaukasischer Teppich mit einem vielfarbigen Muster in medaillonarti­ gen Formen auf rotem, blauem oder beige Grund. Häufiges Muster ist ein stilisierter Adlerkopf, der in Viereranordnung vor­ kommt, sowie geometrische Muster mit Ha­

DAKTYLIOS (gr.), der Ring, Siegelring. Danach: Daktylioglyph und Daktylioglyphik = Steinschneider, Gemmenschneider, Stein-, Gemmenschneidekunst; Daktyliothek = Fin­ gerringsammlung, ursprl. Bezeichnung für ein Kästchen oder eine Kapsel, in der Ringe aufbewahrt wurden, dann für eine Sammlung von Gemmen, Steinen, aber auch von klei­ neren Abdrucken und Abgüssen.

DALMATIKA, ein gerade geschnittenes, kurzes Gewand mit weiten Ärmeln, das über 6i

DANIELSTALER

Dalmatien zu den Römern gekommen war. Die D. war weiß und hatte nur zwei senk­ rechte, bunte Zierstreifen, die sich über die Schultern von der Brust auf den Rücken fort­ setzten. Sie war seit dem 2. Jh. n. Chr. all­ gemein als zur römischen Kleidung gehörig verbreitet. Vom 4. Jh. an wurde die D. als kirchliches Gewand getragen, dabei hat sich die zuerst schlichte Verarbeitung immer prächtiger herausgebildet. Kostbare Stoffe, farbige Stickerei und Perlenbesatz waren nicht selten. Eine D. trug auch der Kaiser im MA bei der Krönung. Auch zum Meßornat der Burgunderherzöge des 15. Jh. gehörte die D.; ein herrliches figurengeschmücktes und perlenbesticktes Stück ist unter den -> burgundischen Gewändern.

Klinge verarbeiteten Werkstücke bestehen aus mehreren Lagen verschiedenen Stahls von unterschiedlicher Härte. Nach dem D. er­ scheint die härteste Schicht, die am wenigsten angreifbar ist, am dunkelsten, die weichste am hellsten. Kunstvolle nachträgliche Schmie­ dearbeit kann die Damaszierung in gewun­ denen Linien (-> Bandlauf), in Mosaik u. a. erscheinen lassen. Auch ein Tauschier­ verfahren, bei dem Gold- oder Silberdraht in Vertiefungen eingehämmert wird, die in ein härteres Metall eingegraben waren, nennt man D. Diese Art ist vor allem von orien­ talischen Schwertklingen her bekannt, die mit Gold eingelegt sind. (Damasklingen). Es ist eigentlich kein wirkliches D., sondern ein­ faches Tauschieren.

DAMASCHELLO (ital.), leichter italieni­ scher Damaststoff.

DAMENWAPPEN, Bezeichnung für ein Wappen, in dem die Familienzeichen beider Ehegatten nebeneinander erscheinen.

DAMASCHETTO (ital.), Bezeichnung für einen schweren geblümten Atlasdamast. DAMAST, ein Gewebe aus Leinen, Baum­ wolle oder Seide (u. a. — das Material rich­ tet sich nach der Bestimmung des Verwen­ dungszwecks: Tisch-, Bettwäsche, Vorhänge, Dekorationsstoffe, Tapeten usw.), das reich gemustert ist mit Blumen, Figuren, Orna­ menten. Die Muster sind in einer dem Grund­ gewebe entgegenlaufenden Bindung — und daher trotz der Einfarbigkeit sichtbar abge­ hoben — eingewebt. Auch mehrfarbiger D. in derselben Technik ist üblich. Diese Web­ art wurde zuerst in Damaskus geübt, von dem das Gewebe seinen Namen bekommen hat.

DAMASZENERKLINGEN -> damaszieren. DAMASZIEREN, die aus Damaskus über­ kommene Kunst, durch -> Tauschieren die Fasern verschiedener aufeinandergeschweißter Metalle in dunklerer oder hellerer Schattie­ rung sichtbar zu machen. Die meist zu einer 62

DAMM, eine Steingutfabrik bei Aschaffen­ burg, die von 1827 bis 1884 bestanden hat. Um 1840 begann man, die übernommenen Modelle der -> Höchster Porzellanmanufak­ tur in Steingut zu formen. Dem Höchster Zeichen, dem Rad, wurde dann oft ein D hin­ zugefügt.

DANHOFER (Dannhofer, Dannhöffer), Jo­ seph Philipp (1712—1790), Porzellanmaler, zuerst an der Wiener Manufaktur, dann in Bayreuth, 1749 war er in Höchst und von 1762 an in Ludwigsburg als Porzellanmaler. DANIELSTALER, eine Münze des 16. Jhs., die in der Stadt Jever geschlagen wurde. Auf dem Revers war ein Bild von Daniel

DECKFARBEN

in der Löwengrube (Buch Daniel, Kap. 6).

DANNECKER, Johann Heinrich (1758— 1841), Bildhauer aus Stuttgart, dessen Werke sehr berühmt waren und der einige Modelle für die Porzellanmanufaktur -> Ludwigs­ burg geliefert hat.

sches Möbel, das seit dem 17. Jh. sehr be­ liebt war. Eine lang-rechteckige, rohrbezogene Liegefläche auf sechs Beinen mit einer hohen, stark geneigten Lehne an einer der Schmal­ seiten. Die Form ist aus der des Stuhles her­ vorgegangen. Auch die Verzierungen an Leh­ ne und Beinen sind wie an Stühlen gebildet.

DANZIGER MÖBEL haben vor allem in der Zeit des Barock eine eigene Prägung gefunden (-> Danziger Schrank).

DANZIGER SCHRANK, schwerer, zweitü­ riger Barockschrank, im Typus dem Ham­ burger Schapp (-> Hamburger Schrank) ver­ wandt, meist mit verkröpften Füllungen und Schnitzereien in den Zwickeln und an den Pilastern. Der Giebel ist fast immer abge­ plattet, die Kugelfüße sind mit Kanten ver­ sehen.

Danziger Tisch. Um 1700.

DARDANELLENGESCHIRR, Bezeichnung für Tonwaren aus verschiedenen Werkstätten an der Dardanellenküste. Am bekanntesten sind die langhalsigen Henkelkrüge mit schö­ ner grüner, gelber oder brauner Glasur, mit Malerei oder Vergoldung. Sie haben meist einen durchbrochen gearbeiteten Deckel, der am Gefäß befestigt ist. DAVIDSGULDEN, Goldgulden, die Bischof David von Utrecht im 16. Jh. hat schlagen lassen. Das Bild auf dem Revers zeigt König David.

DAY-BED (engl. = Tagesbett), ein engli­

DECK, Theodor (1823—1891), gebürtig aus der Steiermark. Er verbrachte seine Lehrzeit in Wien, wo er die Herstellung von Fayen­ cen erlernte. 1856 gründete er zusammen mit seinem Bruder Xaver und seinem Neffen Richard in Paris eine bedeutende Fayence­ fabrik. Berühmt waren zu seiner Zeit seine Imitationen alter Fayencen, aber auch die Malereien auf Ton, die in seiner Werkstätte hergestellt wurden. 1887 wurde er zum Lei­ ter der Manufaktur von -> Sèvres ernannt. DECKER, Paul d. Ä. (1677—1713), Nürn­ berger Architekt und Kupferstecher. Von 1710 an war er im Dienst des Markgrafen von Bayreuth. Durch sein Kupferstichwerk „Fürstlicher Baumeister oder Architectar civilis“ (1711/1716) gewann er großen Ein­ fluß auf die Baukunst. Unter seinen übrigen Stichwerken befinden sich eine Anzahl von Möbelentwürfen, die sich meist an französi­ sche Ornamentstiche anlehnen. DECKFARBEN, Farben, die den Malgrund verdecken, d. h. die undurchsichtig sind (z. B. Pastell, Tempera, öl u. a.).

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DELFTER FAYENCE

DEGEN, eine dem Schwert verwandte Waf­ fe mit langer schmaler Klinge zum Stoßen und Stechen, ein- oder zwei­ schneidig. In Deutschland wurde der D. seit dem 16. Jh. benutzt, bekannt war er seit dem 14. Jh. aus den Mittelmeerländern. Ein korbähnlich gebildeter Handschutz (sog. Degenkorb) saß unter dem Griff. Turnierwaffe war der D. seit seinem Aufkommen (-> Dolch).

DEL., delineavit (lat. = hat es gezeichnet) wird auf Kupferstichen zu dem Namen des Künstlers gesetzt, der die Vorzeichnung für den Stich angefertigt hat (-> pinx. und sculps.).

DELAFOSSE, Jean Charles (1734—1789), Pariser Architekt und Ornamentstecher. Sein Stichwerk enthält zahlreiche Möbelentwürfe im Stil -> Louis XVI, die durch Girlanden, Eichenlaub und Lorbeer über architektoni­ schen Motiven gekennzeichnet sind (s. Abb. S. 65). DELAITRE, Louis, Pariser Ebenist der Regencezeit. Er wurde 1738 Meister. Seine Möbel sind im Stil von -> Boulle und -> Cressent abhängig, zeichnen sich aber durdi einen besonders feinen Bronzeschmuck aus.

DELANOIS, Louis (1731—1792), bedeuten­ der Pariser Kunstschreiner. Er wurde 1761 Meister als Schüler von Georges Jacob. Im Auftrag der Madame Dubarry, des Ho­ fes in Fontainebleau und in Versailles sowie

L’DELANOIS für den französischen und ausländischen Adel entstanden prachtvolle Arbeiten. Die elegante Wirkung seiner Sitzmöbel beruht auf leicht ineinanderfließenden Kurven und «4

sparsamem Dekor, der sich auf Eck- und Zentralmotive beschränkt. DELAULNE, Etienne (1520 — um 1585), ein hervorragender Goldschmied, Medailleur und Kupferstecher, der in Paris, Straßburg und Augsburg gearbeitet und bedeutende Fe­ derzeichnungen und Stiche als Belehrung für Goldschmiede hinterlassen hat. DELFTER FAYENCE, Fayenceware, die, in der Stadt Delft und, von Delft angeregt, in anderen niederländischen Orten herge­ stellt wird und durch die Vermischung heimi­ scher und fremder Elemente in Herstellung und Verzierung von Anfang an ihr beson­ deres Gepräge hatte. Gegen Ende des 16. Jhs. wurde in Delft die Kunst, Fayencen zu ma­ chen, von Italien her eingeführt. Bereits im 17. Jh. waren die Delfter Waren berühmt wegen ihrer phantasievollen, aber ausgewo­ genen Formen, der Bemalung in Blau und der herrlichen, hochglänzenden Glasur. Vorbilder für die Formen der Gefäße, Teller, Ofenkacheln, Fliesen, Figuren u. a. waren chinesische und japanische Porzellanwaren, deren Ornamente (Blumen, Vögel, Land­ schaften usw.) auch auf die Muster auf den D. Fn. eingewirkt haben. Zu diesen fremd­ artigen Motiven, für die die damalige Zeit sehr empfänglich war, kommt der Einfluß der niederländischen Malerei (Landschaften). D. F. ist meist blau bemalt, aber auch mehr­ farbig mit Rot, Gelb, Braun oder Grün. Die Glasur bekam ihr hochglänzendes Aussehen durch einen Zusatz von Glaspulver zu der Zinnglasur. Bis zur Mitte des 18. Jhs. stand die Herstellung in vielen Werkstätten in höchster Blüte, danach wurde die D. F. durch Erzeugnisse anderer Unternehmen (z. B. -> Meißner Porzellan, Englisches -> Stein­ gut) verdrängt. Gegen Ende des 19. Jhs. hat die D. F. eine Wiederbelebung erfahren, in der alten Weise werden Gebrauchsgeschirre, Ziergefäße und -gegenstände, Fliesen und andere Waren hergestellt.

DERBY-PORZELLAN

DELLA ROBBIA -> Robbia.

DENKMÜNZE ■> Medaille.

DELORME, Adrien Faizelot, Pariser Ebe­ nist, der 1748 Meister wurde. Er war bis 1783 tätig. Bei seinen früheren Möbeln ver­ wendet er häufig -> Japanlack. Die späteren Arbeiten sind durch hervorragende -> Marketerie — häufig mit Blumenvasen und -kör­ ben — gekennzeichnet.

DENTELLES (fr. = Zähnchen, Zänckchen), Bezeichnung für geklöppelte ■> Spitzen im Gegensatz zu genähten.

DELORME, Jean Louis Faizelot, Pariser Ebenist, jüngerer Bruder von Adrien D.; Meister 1763. Im Jahre 1768 übernahm er die Werkstatt seines Vaters François, die er bis um 1780 unterhielt. Er arbeitete im Stile von -> Boulle, jedoch zeigen seine Möbel an der leichteren Zeichnung des Ornaments und an den kleinteilig durchgestalteten Bronzen eine klassizistische Betonung des Dekorativen.

DERBEND, -> kaukasischer Teppich von be­ sonderer Weichheit. Er ist aus Wolle gear­ beitet, mit kurzem Flor. Das Muster ist meist ein strahlenförmiges Gebilde im Mittelfeld und Sterne, Quadrate, Dreiecke in der Bor­ düre.

DELORME DEMI-TEINTE (fr.), eine Farbbezeichnung: Halbton, Halbschatten, der Mittelton einer Farbe. DEMOULIN, Jean (1715—1798), französ. Ebenist, der um 1750 nach Paris kam. Zu Beginn der Regierung Ludwigs XVI. ging er nach Dijon, wo er Ebenist des Prinzen von Condé wurde. In Dijon wurde er 1783 Mei­ ster. Mit Vorliebe hat er seine Möbel mit chinesischer Lackmalerei geschmückt.

DENAR, Denarius, Silbermünze der Römer im Altertum, anfangs (etwa 187 v. Chr.) aus reinem Silber geprägt, später mit Zusätzen aus Kupfer. Der mittelalterliche Denar war eine Pfennigmünze.

DENDRITEN, Kalksteine, auch Chalcedone, in denen sich Eisenoxyd moosähnlich abge­ setzt hat (Moos-Achat). Die Steine werden gebrochen und zu Schmuckgegenständen und Schalen verarbeitet. 66

DERBY-PORZELLAN, in Derby, England, besteht seit 1750 eine bedeutende Porzellan­ manufaktur. William Duesbury hatte mit der Herstellung begonnen. Er konnte 1796 die damals berühmte Porzellanfabrik Chelsea übernehmen, kurz darauf eine weitere, so daß er in Derby eine Produktion bemalter Porzellanwaren in großem Stil beginnen konnte. Sein Sohn führte das Unternehmen fort, das nach dessen Tod an verschiedene

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DIAPHAN

Besitzer überging, bis es um 1847 in eine Gesellschaft umgewandelt wurde: Old Crown Derby China Company, noch an die Duesbury-Manufaktur erinnernd, die vom engli­ schen König die Erlaubnis erhalten hatte, in die Marke auf ihren Erzeugnissen die Krone aufzunehmen. Bei späteren Besitzern ver­ schwand die Krone. Heute ist das Unter­ nehmen als Royal Crown Derby Porcelain Co. wieder aufgelebt und stellt feinstes Ta­ felporzellan, Teegedecke und schöne Porzel­ lanplastiken her.

DERUTA-FAYENCE, in Deruta, Italien, hergestellte Fayencegefäße, die vor allem im 16. Jh. von besonderer Prächtigkeit waren. Sie sind gelblich gefärbt, die Zeichnung ist blau aufgetragen. Durch die Bemalung mit metallisch schillernden Farben und durch die feine Ornamentierung erhalten sie ihren reiz­ vollen festlichen Charakter. DESFORGES, Jean, Pariser Ebenist, der um 1739 eine Werkstatt führte, die kostbare Lackmöbel im Rokokostil fertigte. DESSIN (fr. = Zeichnung, Plan, Muster), vor allem in der Textilkunst verwendete Bezeichnung für das vorgezeichnete und für das gewebte Muster.

DETLER, Franz, Wiener Medailleur und Bronzebildhauer. Er war in der 1. Hälfte des 19. Jhs. tätig und schuf u. a. reizvolle figür­ liche Möbelbronzen.

chischen Jünglinge, besonders die Sieger in einem Wettkampf trugen eine Stirnbinde. Die Priester waren mit einem D. ausgezeich­ net. Seit Diokletian trugen die römischen Kaiser eine mit Perlen besetzte Stirnbinde. Aus germanischer Zeit sind bronzene oder goldene Diademe mit Ornamentschmuck er­ halten. Das goldene reichverzierte D. der byzantinischen Kaiser wurde im Laufe der Zeit zu einem Kopfreif und schließlich zur mittelalterlichen Krone umgestaltet.

DIAMANT, der aus reinem Kohlenstoff be­ stehende härteste Edelstein, meist farblos und durchsichtig. Er wird in der Form von Oktaedern gefunden, seltener in Würfeln. Hauptfundorte sind Süd- und Mittelafrika, Indien und Brasilien. Diamanten werden nach Klassen geordnet, gemessen am Ver­ gleich mit dem Wasser. So heißt der farblose, durchsichtige D. vom ersten Wasser, der et­ was trübere vom zweiten Wasser; ein D. mit starken Trübungen heißt vom dritten Wasser und ist weniger wertvoll als die anderen. Es gibt einige wegen ihrer Größe und Schönheit berühmte Diamanten, u. a. auch die an Krone, Szepter und Schwert der englischen Könige. Diamantschleifereien gibt es in fast allen europäischen Ländern, in USA und in Südafrika. Paris war lange Zeit wichtiger Ort der Bearbeitung des D. (-> Brillant), später hat Amsterdam es überflügelt. Der D. wird zu Schmuckgegenständen verarbeitet, wegen seiner Härte aber auch in der Technik verwendet.

DEVISE (fr. deviser = plaudern), ein Sinn­ oder Wahlspruch, der auf Wappen oder Bil­ dern oftmals angebracht wurde (z. B. -> Hosenbandorden).

DIAMANTSCHLIFF > Brillant und Bril­ lantglas.

DIADEM (gr. = Binde), eine Binde aus Stoff oder Metall, die um die Stirn oder um den Kopf getragen wurde. Aus dem alten Orient ist das D. überliefert. Griechische Frauen schmückten sich damit, auch die grie­

DIAPHAN (gr. = durchsichtig), ein farbiges Bild, das auf Glas gemalt oder mit einem besonderen Lack auf Glas aufgeklebt wurde und durch dieses hindurchscheint (->· Litho­ phanie).

DIAPER, englische Bezeichnung für damast­ artig geblümtes Tafelleinen.

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DINGLINGER

DIATRETA (gr.-lat. = durchbrochen), eine überaus kunstvoll gearbeitete Gattung römi­ scher Gläser aus der Spätzeit des Kaisertums. Um ein inneres Glas zieht sich mit kleinem Zwischenraum ein Netz aus ornamentalen Verschlingungen, das nur an einzelnen Stellen durch kleine Querstege mit dem Glas ver­ bunden ist, aber mit diesem zusammen in einem Stück gemacht wurde. Die wenigen erhaltenen Beispiele sind von höchster Voll­ kommenheit.

DICHROIT, Cordierit, Jolith, ein Edelstein, der bei durchfallendem Licht in verschiedenen Richtungen verschiedene Farben zeigt (Dich­ roismus): dunkelblau, gelblich-grau. Er wird als Schmuckstein verwendet.

DICKPFENNIGE, kleine, beiderseitig ge­ prägte Münzen des MAs, die seit dem 13. Jh. in Umlauf waren. Sie hießen denarius grossus, woraus franz, gros und deutsch Groschen ent­ standen sind. Die Silbermünzen des 15. Jhs. hießen Dickgroschen (später nach den in Joachimstal in Böhmen geschlagenen Taler genannt). Dickmedaillen sind ganz kleine, aber sehr dicke Schaumünzen. DIECHLING, Bezeichnung für einen Teil des zum -> Harnisch gehörenden Beinzeugs: der Oberschenkelschutz, der zusammen mit den Knieteilen das Oberbeinzeug bildet.

DIETRICH, Andreas Michael, Würzburger Bildhauer des 18. Jhs. Er fertigte geschnitzte 69

Möbel für die Würzburger Residenz, u. a. 1751 eine Sitzgarnitur und einen Konsoltisch. Auch die Bänke im weißen Vorzimmer des Kaisersaales sind von ihm.

DIETRICH, Joachim (gest. 1753), bedeuten­ der Münchner Rokokobildhauer, 1736 zum Hofbildhauer ernannt. Er führte unter -> Effner die Schnitzereien des Audienzsaales in den Reichen Zimmern der Residenz aus, ar­ beitete dann unter Cuvilliés u. a. an der Ausstattung der Amalienburg. DIETZ (Tietz), Adam Ferdinand (1709— 1777), berühmter fränkischer Bildhauer, von 1760 an Bamberger Hofbildhauer. Er hat die Sandsteinfiguren in den Schloßgärten von Seehof, Bamberg und Veitshöchheim geschaf­ fen. Als Schnitzer arbeitete er an Innen­ dekorationen mit. Von ihm sind z. B. auch die sieben Türen für die Würzburger Resi­ denz (1745/46). Wahrscheinlich hat er die Entwürfe für zahlreiche Konsoltische und Kommoden in Schloß Seehof bei Bamberg geliefert (um 1765).

DIKANIKION (gr.), der Bischofstab in der griechischen Kirche.

DIMYXOS (gr. = mit zwei Nasen), eine antike Lampe, deren Form sich heute noch im Orient findet. Sie hat zwei geformte Öff­ nungen für Dochte.

DINDARUOLO (ital.), eine kleine Terra­ kottabüchse aus antiker und frühchristlicher Zeit, die wahrscheinlich als Sparbüchse diente DINGLINGER, Johann Melchior (1665— 1731), Goldschmied und Emailkünstler, der 1698 Hofgoldschmied Augusts des Starken wurde und von 1702 an in Dresden arbeitete. Dort war er auch an der Ausstattung des Grünen Gewölbes der Residenz beteiligt. Viele seiner prächtigen barocken Plastiken, Schmuckgegenstände für die Tafel und für den Raum waren hier aufgestellt.

DOCCIA-PORZELLAN

DIOSKURIDES, ein Gemmenschneider aus der Zeit des Kaisers Augustus. DIPTYCHON (gr. = zweigefaltet), zwei kleine rechteckige Tafeln aus Holz, Elfenbein oder Metall, die zusammenklappbar aneinan­ dergefügt waren und zum Schreiben dienten, indem man die Innenflächen mit Wachs überzog. Die Außenseiten wurden in fein­ ster Arbeit reich verziert. Berühmt sind die elfenbeinernen römischen Konsular­ diptychen (5.—6. Jh.), die reich mit Reliefs geschmückt waren. Die frühchristliche Kirche benutzte D. zur Verzeichnung von Namen; ihre Außenseiten zeigten biblische Szenen, meist in Relief. In der mittelalterlichen Kunst bezeichnet man mit D. einen kleinen zwei­ flügeligen Altar. DIRECTOIRESTIL, der Stil, der die Kunst zur Zeit des Direktoriums in Frankreich (1795—1799) auszeichnet. Charakteristisch ist eine klassizistische Strenge der Formen, verbunden mit dem Rückgriff auf antike Vorbilder, von denen auch die Mode dieser Zeit bestimmt ist. Dem D. folgt unmittelbar der ■> Empirestil.

DISKUS, eine runde Scheibe, die die Grie­ chen und Römer als Wurfscheibe genützten. Als Diskus bezeichnet man auch den Körper

der antiken Ton- und Bronzelampen. In der griechischen Kirche heißt die runde und mit einem Fuß versehene Schale für das Heilige Brot Diskus. DIWAN (pers.), ein orientalisches Sitzmöbel aus einzelnen mit Teppichen bedeckten Pol­ stern, das meist an drei Raumwänden ent­ langlief. Auch Ottomane genannt. Mit D. be­ zeichnet man heute allgemein ein Liegesofa.

DOCCIA-PORZELLAN, der Marchese Car­ lo Ginori gründete in Doccia (Italien) eine Manufaktur, die zuerst -> Frittenporzellan herstellte. J. K. W. -> Anreiter von Zirnfeld stellte dann echtes Porzellan her. Die

Gl Doccia

Doccia

Stufsogenanntem Gapodimonte

19-ih-

Docda

Manufaktur erlangte bald Berühmtheit, vor allem da ihre Erzeugnisse von namhaften italienischen Künstlern entworfen waren. Zu Beginn des 19. Jhs. kaufte die Ginori-Manufaktur Modelle der aufgelösten Fabrik von Capo di monte. Seit 1896 erweiterte sich die Fabrik — Ginori-Richard — und kam in den Besitz anderer Unternehmen, so daß sich die Erzeugung über mehrere Fabriken in der Lombardei, Toskana und in Piemont verteilt.

GIN

GINORL

Doccia

Doccia

19.Jh.

19· Jh-

In Doccia selbst wird heute feines Porzellan hergestellt, auch Nachahmungen der alten Ginori-Ware, die schon früher gemacht wur­ den und häufig mit Ginori antico bezeichnet waren. *9

DOUBLIEREN

DOCKE, Bezeichnung für ein Säulchen, ■> Baluster. In der Heraldik: ein menschlicher Körper mit unausgebildeten Armen.

DOLCH, kurze, messerartige Stoßwaffe mit ein oder zwei Schneiden. Dolche aus vor­ geschichtlicher Zeit aus verschiedenem Mate­ rial haben sich erhalten. Im MA war der D. eine ritterliche Waffe. Der Griff war oft kunstvoll verziert, ebenso wie die Schneide, in der er am Gürtel oder an einer Kette ge­ tragen wurde. Da er meist dazu benutzt wurde, den bereits besiegten Gegner zu tö­ ten, wurde er auch miséricorde genannt (Gna­ denstoß versetzen). Vom 15. Jh. an trugen auch die Bürger der Städte den D., doch wurde er seit dem 17. Jh. nicht mehr als Kriegsinstrument benutzt (abgesehen vom Offiziersdolch der neueren Zeit). Eine beson­ dere Art von Dolchen gab es im Frankreich des 16. und 17. Jh., den main gauche ( = linke Hand), der im Zweikampf benutzt wurde und so gearbeitet war, daß sich beim Druck auf eine Feder die Klinge in drei Klingen auseinanderspreizte. Sie diente dazu, die Degenklinge des Gegners mit der linken Hand aufzufangen, während die rechte selbst einen Degen führte. DONATOR (lat. = der Geber), Bezeichnung für den Stifter eines Kunstwerks, dessen Bildnis oder Name oft darauf erscheint.

DONOVAN, irische Porzellanmalerfamilie aus der Zeit um 1800, die sehr bekannt war und von Dublin aus für viele Manufakturen arbeitete.

DOPPELBECHER, Kredenzbecher, ein Sil­ berbecher des 16. und 17. Jhs., dessen Deckel ebenfalls als Becher gebildet war, meist von etwas niedrigerer Form. Der zweite Becher diente aber nicht als Deckel, sondern die beiden Becher waren mit dem Gefäßboden gegeneinander gesetzt, so daß der Rand des einen jeweils die Standfläche für den ande­



ren Becher bildete. Im 16. Jh. gab es eine Sonder­ form des D., den Brautoder Jungfernbecher: der eigentliche größere Becher hatte die Gestalt einer höfisch gekleideten Da­ me; an ihm war ein klei­ nerer Becher verschiebbar angebracht, aus dem die Braut trank, bevor der Bräutigam das größere Gefäß an den Mund führte. Die Becher wa­ ren mit feinsten Verzie­ rungen geschmückt. DORAK, kleines arabisches, flaschenartiges Gefäß aus Ton mit langem, engem Hals.

DORMEUSE (fr. = Schläferin), Bezeich­ nung für eine Schlafhaube, die im Laufe des 18. Jhs. vor allem in Frankreich ein immer festlicheres Aussehen bekam und zur Tages­ haube der Frauen wurde.

DOSE, vermutlich ursprünglich Bezeichnung für den kleinen Behälter, in dem abgemessene Arzneimittel aufbewahrt wurden (14. Jh.). Seit dem 18. Jh. wurden Dosen in kunst­ vollen Formen aus Metall, Holz, Elfenbein, Porzellan und anderem Material gearbeitet, vor allem Tabaksdosen, die in kostbarer Ge­ staltung ein beliebtes Geschenk waren. Sie waren z. B. mit Edelsteinen besetzt oder mit Emailmalerei verziert.

DOSSIER EN CHAPEAU, Bezeichnung für die rechteckige Rücklehne eines Stuhles der Louis XVI-Zeit mit abgerundeten oberen Ecken. DOUBLIEREN (fr. = verdoppeln), die Kunst, zwei Materialstücke miteinander zu

DRESSOIR

verbinden, z. B. einen Edelstein mit Glas so zusammenzufügen, daß die Verbindungs­ stelle durch die Fassung verdeckt wird. In der Webereikunst bezeichnet man mit D. das Verbinden mehrerer Fäden vor dem We­ ben. DRACHENTEPPICHE, Bezeichnung für eine bestimmte Art -> kaukasischer Tep­ piche, deren Muster ursprünglich von dem Bild eines Drachen oder eines anderen Tieres nach persischem Vorbild ausging, sich aber in Verbindung mit Rauten, Blumen und phantasievollen Formen zu einem Ornament aufgelöst hat, das die Grundform eines Tier­ bildes nur noch ahnen läßt.

DRAGEOIR (fr. = Zuckerschale), ein Schäl­ chen oder ein kleines Gefäß, im Spätmittel­ alter zierlich aus Gold oder Silber, später aus Fayence, Porzellan u. ä. gearbeitet. DRAHTHAUBE, eine den Kopf eng um­ schließende Haube des 16. Jhs. Ein Geflecht aus dünnem Draht war mit Garn über­ zogen. Man trug die D. unter der eigent­ lichen Kopfbedeckung, z. B. unter dem Barett. DRAHTLAUF > Bandlauf.

DRAPERIE (fr.), Bezeichnung für die kunst­ volle Ausstattung eines Raumes oder eines Gegenstandes mit Stoffen: das Behängen von Wänden, von Altären in den Kirchen, das Bekleiden einer Figur. Auch der meist eigens zu diesem Zweck zubereitete Stoff, der mit Stickereien versehen, mit Bordüren ge­ schmückt oder durch Nähen gestaltet sein kann, heißt oft D. DREIBINDIGES GEWEBE, der Schußfaden läuft jeweils unter zwei Kettenfäden und wird erst über dem dritten sichtbar.

DREIFALTIGKEITSRINGE, Fingerringe aus der zweiten Hälfte des 17. Jhs., die mit drei miteinander verschlungene Reifen (meist aus einem Stück) das Symbol der Dreifaltig­ keit darstellen (Stephan -> Zick).

DREIFUSS, ein zwischen drei niedrigen bis mannshohen Füßen hängender Kessel, aus Bronze oder auch aus Ton kunstvoll gebil­ det. Er wurde im Altertum als Opfergefäß benutzt, auch als Weihgeschenk, und wurde in Griechenland bei den olympischen Spielen als Kampfpreis vergeben. DREISITZ, auch Zelebrantenstuhl, Leviten­ stuhl, ein mittelalterlicher Kirchenstuhl mit drei übereinandergestellten Sitzen, von denen der höchste für den Priester, der mittlere für den Diakon, der niedrigste für den Sudiakon bestimmt waren. Er stand anfangs in einer Nische in der Nähe des Altares, auch in Stein gearbeitet, später wurde er in das -> Chorgestühl mit einbezogen. DREIVIERTELSÄULE ■> Halbsäule. DRESSING-GLASS (engl. = Toilettespie­ gel)» in der -> Queen-Anne-Zeit niedriger, beweglicher Standspiegel zwischen zwei Stan­ gen auf einem Unterbau mit Schubladen, der auch als Schreibpult eingerichtet sein kann.

DRESSOIR (von fr. dresser = anrichten), französische -> Kredenz des 15. und 16. Jhs. mit offenem Untergestell, Rückwand, profilierter Fußplatte und kastenförmigem Aufsatz, manchmal mit stufenartigem Auf­ bau oder mit einem Baldachin versehen. Das Möbel diente zum Verwahren oder Anrich­ ten des Tischgeräts. Der Typ kommt aus Flandern, verbreitete sich außer in Frank­ reich auch in Holland (dort dressoor ge­ nannt) und im Rheinland (-> Stollen­ schrank), in meist einfacherer Gestalt. 7»

DURCHSCHNITTEN

DRUDENFUSS (nach Drude, die Zauberin, Hexe), ein aus Dreiecken entstandenes fünf­ oder sechszackiges Zeichen, das als Fußab­ druck der Drude galt und über der Tür­ schwelle des Hauses oder an Gegenständen zur Abwehr von Übel und bösen Geistern angebracht wurde. Es ist vor allem aus dem Alpengebiet seit dem Spätmittelalter über­ liefert. DUBOIS, Jacques (um 1693—1763), ein in seiner Zeit berühmter Pariser Ebenist; er wurde 1742 Meister. Seine Möbel, vor allem Kommoden und -> encoignures, ·> bureaux plats und ■> Sekretäre, zeichnen sich durch eine vollendete, aber einfache Marketerie, phantasievolle Bronzen und elegante, mit­ unter etwas schwere Formen aus. Auch Lack­ möbel hat er gemacht.

DUBOIS, René (1737—1799), Pariser Ebe­ nist, Sohn von ■> Jacques D.; er wurde 1755 Meister. Nach dem Tode seines Vaters (1763) führte er dessen Werkstatt und Stem­ pel weiter. Seine Möbel kennzeichnen den Übergang vom -> Louis XV- zum -> Louis XVI-Stil. Er verwendete gern Lack. In der Hauptsache machte er elegante Da­ menschreibtische und Möbel mit anspruchs­ voller Innenausstattung. Im Jahre 1779 wur­ de er zum Ebenisten der Marie Antoinette ernannt. DUCERCEAU, Jacques Androuet (um 1510 —1584), Architekt und Kupferstecher, der in Paris und in Orléans tätig war. Mit sei­ nen zahlreichen Entwürfen zu Kabinetten, Dressoirs, Türen, Betten u. a. gewann er maßgeblichen Einfluß auf die Entwicklung des französischen Renaissancemöbels. Von ■> Flötners Formen ausgehend, bevorzugte er anfangs strenge klare Linien. Später nahm er Anregungen der Schule von Fontainebleau auf, indem er die Ornamente immer reicher und locker gestaltete (s. Abb. S. 73). 7*

DUCHESSE, eine Art -> Chaiselongue, zu­ sammengesetzt aus einer -> Bergère, einem -> Tabouret und einer kleinen Bergère am Fußende, die bout de pied genannt wird. Sind die Fußteile nicht fest mit dem Sitz verbunden, so spricht man von duchesse brisée. DUESBURRY, William -> Derby. DUPAS, Enoch, ein Töpfer aus dem Anfang des 17. Jhs., der in Brizambourg (Frankreich) Gefäße aus -> Terra sigillata und aus -> Terracotta, sowie -> Fayencen gemacht hat. Diese Gefäße waren reliefartig verziert und meist mit einer Glasur von marmor­ artigem Aussehen überzogen.

DUPLESSIS, Jean Claude Thomas père (gest. 1774), Pariser Bildhauer und Bronze­ gießer. Er war kurz vor 1742 nach Paris gekommen, arbeitete dann für die Porzellan­ manufaktur in Vincennes, der er nach -> Sevres folgte. Im Jahre 1758 wurde er „Orfèvre du Roi“ (königlicher Goldschmied). Bekannt wurde er vor allem durch seine Entwürfe für die Bronzebeschläge am bureau du Roi Louis XV. Zu seinen Gönnern ge­ hörte u. a. die Marquise de Pompadour.

DURCHBROCHENE ARBEIT, das Aus­ arbeiten ornamentaler oder figuraler Ver­ zierung in einem flachen Werkstück durch Wegnehmen der die Zeichnung umrahmenden Flächen. Die Technik richtet sich nach dem Material, das Metall, Holz, Elfenbein u. a. sein kann. In der Webkunst entsteht D. A., indem man Fäden aus dem Gewebe heraus­ zieht und die stehengebliebenen Querfäden mit kunstvollen Stichen zu einem Muster zu­ sammenfaßt (z. B. -> Hohlsaum).

DURCHSCHNITTEN, Ausdruck der Heral­ dik für ein schräggeteiltes Wappenschild.

Schrankentwurf von J. A. Ducerceau

DÜSING

DUSAUTOY,

Jean

Pierre (1719—1800),

^DUSAUTOY Pariser Ebenist, der 1779 Meister wurde. Er hat in größerer Anzahl einfachere Möbel geschaffen, deren ->· Marketerie meist etwas einförmig erscheint.

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DÜSING, ein Gürtel des 14. und 15. Jhs., der seinen Namen von den Schellen und Glöckchen hat, die ursprünglich an ihm be­ festigt waren und Dus (niederdeutsch = Getöse) machten. Der D. wurde von Adligen« auch von den Frauen, getragen.

E EBELMANN, Hans Jakob, Kunstschreiner und Radierer, tätig in der Zeit von etwa 1598 bis 1609 in Speyer, vermutlich auch in Straßburg. Er gab zusammen mit Jakob -> Guckeisen mehrere Folgen von Möbel­ entwürfen heraus.

EBENHOLZ (von gr. ebenos), hartes fein­ zelliges, schwarzes Holz aus tropischen Län­ dern (Dattelpflaume), manchmal mit braunen oder purpurfarbenen Streifen. Sog. Grünes E. von Bignoniabäumen färbt sich bald dunkel; rotes E. wird das rotbraune -> Grenadillholz genannt; blaues E. kommt aus Guinea, ist anfangs grau und wechselt dann zu einer purpurnen Farbe über. E. wird für feine Tischlerarbeiten, vor allem für Einlegearbeiten, verwendet sowie als Umrahmung für Elfenbein- oder Metallein­ lagen. Der französische Kunstschreiner heißt heute noch ébéniste (danach deutsch: Ebe­ nist). EBENIST, fr. Ebéniste. Abgeleitet von italie­ nisch ebenista, dem Schreiner, der vor allem ■> Ebenholz verarbeitete. Die Bezeichnung wurde zu Beginn der Regierung Ludwigs XIV. auf alle Kunstschreiner ausgedehnt, die durch eine Verordnung der städtischen Zunft von 1645 das Recht erhielten, in ihren Werken alle Arten von Bildhauerarbeit selbst auszuführen und damit den Künstlern gleichgestellt waren. E. nannte man zunächst vor allem Kunstschreiner, die im Dienste des Hofes arbeiteten. In den Rechnungen der Krone wird dann auch seit 1657 die Bezeich­ nung menuisier en ébène durch das Wort ébéniste abgelöst. Es charakterisiert den Künstler, der sich ausschließlich dem Möbel als Kunstwerk widmet. Erst der Klassizis­ mus vollzieht wieder die Trennung von ho­ hen und niederen Künsten und überläßt die

Beschäftigung mit dem Möbel dem Hand­ werker. ECAILLEMALEREI (fr. écaille = Schale, Schuppe, Muschel), Verzierung auf Porzellan in Gestalt von Schuppen, Muscheln, Schild­ kröten.

ECCE HOMO (n. Joh. 19, 5, Worte des Pilatus), Darstellung Christi, der von den Kriegsknechten als König der Juden mit Dornenkrone, Purpurmantel und mit einem Szepter in den gefesselten Händen dem Volke vorgeführt wird. Zuerst um 1450 auf einem niederländischen Gemälde bekannt. Danach oft auf Gemälden und Stichen. ECHT, ein heute sehr weitgedehnter Begriff, das Material und den Gehalt, die innere Qualität, eines Kunstwerks betreffend. Für das Kunsthandwerk sind folgende Unterschei­ dungen wichtig: Porzellan: echtes Porzellan enthält als Hauptbestandteil Kaolin im Ge­ gensatz zu künstlichem, weichem Porzellan. Metall: echter Silberdraht und echte Folie be­ stehen aus reinem Silber, echter Golddraht dagegen aus Silber mit dünner Vergoldung. Echtes Goldpapier ist mit echtem Blattmetall belegt. Textilien: Handarbeit als wichtigstes Merkmal. Echte Spitzen sind handgeklöppelt. Echte Farben verändern sich nicht unter dem Einfluß von Licht, Luft, Wasser, Seife etc.

ECK, Adam (f 1664), Kunstschreiner in Eger, wo er seit 1632 selbständig arbeitete. Er ist vor allem durch seine feinen Reliefintarsien bekannt. ECKSCHRANK (fr. Encoignure), ein belieb­ tes Möbel des 18. Jhs. Ein- oder zweitürig in die Ecke des Zimmers eingepaßtes kommoden­ artiges Schränkchen, auch paarweise oder in Garnituren zu viert angefertigt. Der E. hatte fast immer einen offenen Aufsatz mit sich verjüngenden Stellbrettern (étagère), der heute bei den meisten Stücken fehlt. 75

EHLERS

EDELZINN, Bezeichnung für Zinngefäße, die nicht für den Gebrauch bestimmt sind, sondern als Prunkstücke hergestellt wurden. Sie sind kunstvoll gearbeitet und meist reich verziert.

EFFILURE (fr.) Ausfransung des Randes eines gewebten Stoffes.

ECKSTUHL, ein um die Mitte des 18. Jhs. üblicher Schreibstuhl, der übereck gestellt war, so daß ein Bein sich zur vorderen Mitte des Sitzes vorschiebt, die Armlehnen über den seitlichen Stuhlbeinen beginnen und sich als Rückenlehnen durchlaufend fortsetzen.

EDEL, Kennzeichen der Metalle Gold, Silber, Platin. Sie übertreffen alle übrigen Metalle an Glanz und Geschmeidigkeit, sind nicht rostend und nicht oxydierend. — Steine heißen edel, wenn sie sich durch Härte, Glanz, Schleiffä­ higkeit, Durchsichtigkeit, völlige Farblosigkeit und schöne Färbung auszeichnen. Edelsteine sind z. B. Diamant, Beryll, Korund, Sma­ ragd, Chrysoberyll, Spinell, Topas, Hyazinth, Granat, Turmalin, Türkis, Opal. Davon un­ terschieden sind Halbedelsteine wie Bergkri­ stall, Amethyst, Achat, Jaspis, Lapislazuli, Feldspat u.a.m., wobei die Festlegung nicht immer gleichbleibend ist. — Edles Holz nennt man solches von besonderer Härte, Dichte und schöner Färbung. 7*

EFFNER, Joseph (1684—1747), der bedeu­ tendste Münchner Architekt der Régencezeit. Er war 1724 Oberhofbaumeister, 1738 auch Leiter des Gartenbaus und an den wichtig­ sten Schloßbauten des Hofes beteiligt. U. a. schuf er Inneneinrichtungen für die Münch­ ner Residenz und für die Schlösser Nym­ phenburg und Schleißheim. Seine Möbelent­ würfe zeigen den Einfluß von -> Boulle und -> Cressent. Sie zeichnen sich durch unbe­ kümmerte figurale Dekoration und lebendiges üppiges Ornament aus, das in seiner Naturalistik das bayrische Rokoko weitgehend vor­ wegnahm. EGERER KABINETT, um die Mitte des 17. Jhs. in Egerer Kunstschreinereien entwickeltes zweitüriges Ebenholzkabinett, gewöhnlich ohne Untersatz und manchmal mit Aufsatz. Im Inneren gruppieren sich um ein großes Schubfach viele kleine Schubladen und Fächer. Die Türflächen und die Frontseiten sind mit farbigen Reliefintarsien geschmückt, die meist mit -> Flammleisten eingefaßt sind.

EGG SHELLS, der englische Ausdruck für -> Eierschalenporzellan.

EHLERS, Markenname auf englischem Stein­ zeug gegen Ende des 17. Jhs. bis zum An­ fang des 18. Jhs., das die Brüder Philipp und David Ehlers aus Sachsen in der englischen Stadt Bradwell herstellten. Die Ware ist von roter oder schwarzer Färbung und reich mit reliefartigen Verzierungen versehen.

EILBERT VON KOLN

EHRENSTÜCK, in der Heraldik der Strei­ fen, der senkrecht oder waagerecht ein Wap­ penschild durchschneidet. Dieser Streifen hat eine deutlich andere Farbe als die Wappen­ felder, die er bildet. Er kann mit geradem Rand oder in Zacken- oder Wellenlinie ver­ laufen. Auch waagerechte und senkrechte Streifen, die sich überschneiden, sind üblich. EIBE, Roteibe, Taxus, ein fast in jedem Kli­ ma wachsender Baum mit rötlich-braunem, sehr festem und dichtem Holz, das für Schnitzarbeiten geeignet ist.

EICHE, in verschiedenen Arten in Europa, Nordamerika und Westasien heimischer Baum oder Strauch. Für die künstlerische Verarbei­ tung am wichtigsten sind die Stiel- oder Sommereiche und die Trauben- oder Winter­ eiche, vor allem in Deutschland. In Süd­ europa findet sich die Korkeiche. — Eichen­ holz gehört zu den Edelhölzern (-> Edel), es wird zur Möbelherstellung, für den Schiffs­ bau, für Parkettfußböden u. a. m. verwendet. Die Wintereiche hat hartes, rötlich-braunes Holz, die Sommereiche feiner gefasertes, hel­ leres. Beide Arten dunkeln nach.

EICHEL, Name eines in Eichelform gebilde­ ten deutschen Trinkgefäßes des 16. Jhs. — Bezeichnung für eine Farbe der deutschen Spielkarte. EICHEL, Emanuel (1717—1782), Augsburger Kupferstecher. Unter seinen zahlreichen Or­ namentstichen befinden sich mehrere Entwür­ fe für Kommoden, Türen und andere Gegen­ stände der Inneneinrichtung. EIERSCHALENPORZELLAN, eierschalen­ dünnes, durchscheinendes, weißes Porzellan mit oft etwas rauher Oberfläche, ursprünglich nur in China und Japan (besonders Teescha­ len) hergestellt. Die englische Bezeichnung ist Egg Shells.

EILBERT VON KÖLN, Goldschmied des 12. Jhs. Sein Name findet sich auf dem Trag­ altar des Weifenschatzes, der mit Gruben­ schmelzplatten (Email) von höchster Feinheit ausgeschmückt ist. Dieses Werk läßt auf den Einfluß Eilberts auf die niederrheinische Goldschmiedekunst schließen. Es gibt auch Hinweise für die Zuschreibung anderer erhal­ tener Arbeiten an Eilbert von Köln.

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EISENLÜSTER

EINBINDEN, in der Buchbinderei: ein Buch in einen festen Deckel hängen. In der We­ berei: Kettenfäden durch Schußfäden ver­ binden.

EINBLATTDRUCK ■> Holzschnitt. EINBRENNEN, auf Metall, Glas oder Ton aufgetragene Sdimelzfarben durch Hitze ver­ flüssigen und wieder erkalten lassen, wo­ durch sie sich mit dem Grund verbinden.

EINHÄNDER, Bezeichnung für Schwerter, die mit einer Hand geführt werden konnten, im Gegensatz zu Zwei- oder Beidhändern. EINHORN, ein Fabeltier von Pferdegestalt mit einem langen, spitzen, geraden Horn auf der Mitte der Stirn. Im Altertum bereits be­ kannt, wurde es im Mittelalter oft dargestellt. Nach dem Bericht des Physiologus (gr. = Na­ turkundiger), dem Tierbuch eines unbekannten Verfassers aus der 2. H. des 4. Jhs., das vor allem seit dem 7. Jh. überall verbreitet war, ist das Einhorn ein wildes Tier, das sich nur zähmen läßt, wenn es seinen Kopf in den Schoß einer Jungfrau legt. Diese Sage fand im MA Aufnahme in die Darstellungen der Jungfrau Maria. Das Einhorn erscheint auf Verkündigungsbildern, es galt als Symbol der Keuschheit. — Im britischen Wappen ist das Einhorn das Sinnbild für Schottland.

EINLASSEN, technischer Ausdruck für das Verfahren, poröse Stoffe wie Holz oder Gips mit Firnis, öl oder Wachs (oder Ähnlichem) zu tränken, um sie zu färben, glänzend zu machen oder gegen Feuchtigkeit zu schützen. EINLEGEARBEIT -> Intarsien. EINMENNIG, ZWEI—, im Mittelalter ge­ bräuchliches Wort, in dem zum Ausdruck kommt, ob ein Stück Tuch von einem Mann allein oder von zwei Arbeitern am Web­ stuhl gefertigt wurde.

EINSCHLAG, eines Gewebes. 78

Einschuß,

der

Schußfaden

EINSCHLIESSEN, in der Weberei: den Schußfaden zwischen den Kettenfäden hin­ durchführen. EISACHAT, fast durchsichtiger und stellen­ weise farbloser Achatstein.

EISBLUMENGLAS, Nachahmung von Eis­ blumenmustern auf Glas. Früher mit Hilfe von weißem Emailpulver, heute mit dick­ flüssigem Leimaufstrich auf Mattglas herge­ stellt. Der Auftrag wurde erhitzt und rasch wieder abgekühlt, wobei das Emailpulver Kristalle bildete, es mußte dann noch einge­ brannt werden. Der Leim setzt sich in klei­ nen Fetzen ab und reißt Teilchen der mattier­ ten Oberfläche mit.

EISEN, unedles Metall, das auf der ganzen Erde vorkommt, wichtiger Werkstoff für das Schmiedehandwerk. Es war bereits im Alter­ tum hochgeschätzt, obwohl Kupfer und Gold früher und häufiger Verwendung fanden. Im früheren Mittelalter, vermutlich auf römi­ scher Tradition aufbauend, mannigfache Be­ arbeitung des Eisens, von dessen kunstvoller Gestaltung erhaltene Schmiedearbeiten zeu­ gen: Gitter in den Kirchen und um Brun­ nen, Leuchter, Türklopfer, Geräte u. a. m. Oft waren die Arbeiten bereichert durch Farbverzierungen (-> Tauschieren, Ätzen). EISENHAUBE, Bezeichnung für einen Helm aus Eisen.

EISENKUPFER-GEFÄSSE, ungarische Ge­ fäße aus dem 17. und 18. Jh., die aus ver­ kupfertem Eisen hergestellt sind. Es sind Kannen und kleine Trinkgefäße, die meist noch vergoldet wurden und oft eine Inschrift mit Beziehung auf ihre Herstellungsart tru­ gen.

EISENLÜSTER, Bezeichnung für den feinen, metallisch-grauen Glanz von Tongefäßen, die eine schwarze Färbung erhalten haben. Der E. entsteht durch Polieren des festen,

ELFENBEIN

gefärbten Tons vor dem Brennen (z. B. mit Feuerstein).

EISENPORZELLAN, seltene Art des ■> Böttgersteinzeugs von dunkler, bräunlich­ schwarzer Färbung. EISENSCHNITT, Bearbeitung des Eisens durch Schneiden mit Meißeln, Feilen und anderen Werkzeugen. Im Gegensatz zur Treibarbeit, bei der von der Rückseite des Eisenblechs her die Form gestaltet wird, gibt der Eisenschnitt von außen her dem Stück die Form. Für Rüstungen, Dolchgriffe, Schwertscheiden, Medaillen usw. wurde diese Technik angewendet.

EISENSCHUH, Eisenstrumpf, Fuß- und Beinbekleidung aus Eisenblech, die zur Rü­ stung gehörten. EISGLAS, ein von einem dichten Netz von Sprüngen durchzogenes Glas, das an Eisbil­ dung erinnert. Diese Bildung wird künstlich hervorgerufen, indem bei der Bearbeitung das heiße Glas plötzlich abgekühlt, d. h. in Wasser getaucht oder mit Wasser oder öl besprüht wird, wodurch die winzigen Risse entstehen. Danach wird das Glas (meist Hohl­ glas) nochmals erhitzt, um die Sprünge etwas zu verschmelzen, damit das Glas festen Zu­ sammenhalt hat. Oft wird auch Glas in glü­ hendem Zustand mit feinem Glaspulver an­ gesprüht. Es erhält dadurch eine rauhe Ober­ fläche, die wie eine feine Eiskruste aussieht.

EKTYPON (gr.), Abdruck eines geschnitte­ nen Steins, Stempels oder Siegels. Auch Be­ zeichnung für Reliefarbeit.

ELFENBEIN, das Zahnbein der Hauer des Elefanten und der Tiere Mammut, Walroß, Nilpferd, von weißgelblicher Farbe und leicht durchschimmernd. Es wurde von alters her zur Anfertigung kleiner Figuren und Gegen­ stände, für Reliefs odei auch zur Ritzzeich­ nung benutzt, so in Ägypten, Mesopotamien,

im ägäischen Bereich. Homer erwähnt mehr­ mals kostbare Gegenstände mit Elfenbein­ arbeit. Die griechische Kunst hat Reliefs in E. hervorgebracht und in der klassischen Kunst Goldelfenbeinstatuen (-> Chryselefantin). Die reich mit Reliefs verzierten elfen­ beinernen Konsulardiptychen (-> Diptychon) des ausgehenden Altertums sind von großer Bedeutung für die mittelalterliche Kunst des Elfenbeinschnitzens, die vor allem in Byzanz ihre reifste Ausprägung fand. Neben Di­ ptychen und Kleinplastik wurden Verzierun­ gen an Möbeln aus E. geschnitzt, auch Tür­ schmuck. Das bedeutendste der erhaltenen frühmittelalterlichen Werke ist der prächtige,, mit Reliefplatten aus Elfenbein besetzte Bi­ schofstuhl des Maximinian in Ravenna aus dem 6. Jh. Auch aus karolingischer und ottonischer Zeit sind schöne E.-arbeiten überlie­ fert. Ein kunstvolles Beispiel aus dem hohen MA. sind zwei Deckel eines Evangeliars aus· dem Kloster in St. Gallen, die Tuotilo zu­ geschrieben werden. Zweifellos haben die by­ zantinischen Elfenbeinschnitzereien zur Nach­ ahmung angeregt. Gegen Ende des 13. Jhs.. wurde Paris Zentrum der Elfenbeinschnitzer­ kunst. Jetzt wurden Marienstatuetten, Heili­ gengruppen, Reliquienschreine, Schnitzaltäre, Gebrauchsgegenstände wie Kannen, Dosen, Gefäße, Schwertgriffe, Trinkpokale, Figuren des Schachspiels u. a. m. aus E. gearbeitet. Diese Werke wurden oft bunt bemalt oder vergoldet. Auch im übrigen Frankreich und in Italien wurde die E.-schnitzerei geübt. Im 15. und 16. Jh. trat dann das E. hinter der Bronze zurück. Im Barockzeitalter fand es wieder Verwendung, vor allem zur Verzie­ rung von Möbeln, aber auch für Figuren und Gegenstände. Im 18. Jh. begann man mit dem Drechseln des E.s., die Schnitzkunst geriet in Verfall. Neue Verwendung fand das E. da­ gegen als Grund für Miniaturmalereien. In. neuerer Zeit wurden mehrmals Versuche ge­ macht, die Kunst des Elfenbeinschnitzens wiederzubeleben. 79-

EMAIL

ELFENBEINNUSS, Steinnuß, die Frucht der südamerikanischen Elfenbeinpalme (Phytelephas). Ihre harte Masse von weißer, durchschimmernder Färbung wird auch vege­ tabilisches Elfenbein genannt. Sie wird zum Schnitzen kleiner Gegenstände (z. B. Knöpfe) verwendet.

ELFENBEINPORZELLAN, Porzellan von der Farbe des Elfenbeins mit mattem Glanz, das zuerst im 18. Jh. in Worcester (Eng­ land) und dann auch in deutschen Manufak­ turen (Berlin, Karlsbad) hergestellt wurde.

ELIGIUS (französ. Eloi), der Schutzpatron der französischen Goldschmiede. Er lebte von etwa 588 bis um 660 und war zuerst Gold­ schmied in Paris und am Hofe der Mero­ winger. Später war er Geistlicher und Bischof von Noyon, er war an der Bekehrung der Germanen an der westlichen Nordseeküste und im französischen Bereich beteiligt. Nach seinem Tode wurde E. heiliggesprochen. ELIZABETHAN WARE, feines, weißes englisches Steingut aus dem Ende des 17. Jhs. von porzellanähnlichem Aussehen.

ELLENBOGENKACHELN, metallene Plat­ ten oder schalenförmige Hüllen zum Schutz der Ellenbogen an Rüstungen des späten Mittelalters. ELZEVIER (Elsevier), holländische Buch­ drucker- und Buchhändlerfamilie des 17. Jhs. Begründer des Buchverlags war Ludwig E. (um 1540—1617), der in Leiden Buchbinder war und mit dem Buchhandel begann. Seine Nachkommen verlegten das Geschäft 1683 nach Amsterdam. Unter seinem Leiter Lud­ wig E. (1640—1670) erlangte das Haus Be­ rühmtheit in ganz Europa. Der Verlag E. besorgte Ausgaben alter Werke und biblischer Schriften in kleinem Format (Duodez, Sedez),

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schön gedruckt mit Email-Antiqua-Schrift, häu­ fig mit roten Initialen. Daneben druckte E. etwa 2000 zeitgenössische wissenschaftliche Werke (z. B. Descartes, Bacon, Grotius, Mil­ ton, Hobbes, Galilei u. a.)

EMAIL (fr.) gefärbte Schmelzmasse, mit der Metallarbeiten verziert wurden: So das rote oder Blutemail, das bei Werken der kelti­ schen Kunst der ersten nachchristlichen Jahr­ hunderte zur Verzierung in eigens für die Aufnahme der Masse in das Werkstück ein­ gegrabene Furchen gegeben wurde (sog. Furchenschmelz). Im MA wurde eine bereits aus römischer Zeit bekannte Verzierungs­ technik mit Email zu höchster Vollkommen­ heit weiterentwickelt, der Grubenschmelz: In das Metall waren Gruben eingearbeitet, die mit der nun in mehreren Farben herge­ stellten Schmelzmasse ausgefüllt wurden. Im 12. und 13. Jh. wurde die Grubenschmelz­ technik vor allem an Rhein, Mosel und Maas in außerordentlicher Feinheit von Zeichnung und Farbgebung geübt. Der bedeutendste Emailmaler dieser Zeit war Nikolaus von Verdun (eines seiner schönsten Werke ist der Altar im Stift Klosterneuburg bei Wien mit Darstellungen aus dem Alten und Neuen Testament auf 51 Grubenschmelzplatten; sog. Verduner Altar). Eine andere Technik der Emailmalerei ist der Zellenschmelz, im 10. und 11. Jh. vor allem in Byzanz angewandt, seit dem 12. Jh. auch im Norden, oft in Ver­ bindung mit dem Grubenschmelz. Hierbei wird die Zeichnung mit Stegen aus Edel­ metall (Gold) auf eine Goldplatte aufge­ lötet. Die entstehenden Zellen, die den Farbflächen in der Malerei entsprechen, neh­ men die farbige Schmelzmasse auf. Silberschmelz nennt man Emailmalerei auf Silber­ platten mit eingeschnittenem Relief. Bei dün­ nem Schmelzauftrag gibt die Silberunterlage der Farbe einen feinen Schimmer. Die Tech­ nik wurde vor allem von Künstlern der

ENGEL

italienischen Renaissance angewandt. Als Maleremail bezeichnet man ein Verfahren, auf Kupferplatten ohne vertiefte Vorzeich­ nung die Schmelzfarben wie Malerfarben aufzutragen und dadurch erst die Zeichnung entstehen zu lassen, die dann eingebrannt wird. Alle diese Techniken werden in neuerer Zeit nachgeahmt. Die seit dem 17. Jh. üb­ liche Emailmalerei auf weißem Grund (-> Elfenbein) ist besonders an kleinen Gegen­ ständen beliebt.

EMBLEM (gr. emblema = Ein- oder Ange­ setztes), ursprünglich Metallverzierung, die einem Metallgefäß aufgesetzt war, meist von symbolhaftem Charakter. Daher gilt das Emblem als Sinnbild. EMPAISTIK (gr. empaiein = hineinschla­ gen), die Kunst, in Metall Zeichnungen ein­ zuschlagen oder einzugraben. Auch das Ein­ legen von Metallverzierungen in Metall be­ zeichnet man als Empaistik. EMPIRESTIL, der in der französischen Kunst und Dekoration zur Zeit der Herrschaft Napoleons I. ausgebildete Stil, der ägypti­ sche, griechische und römische Elemente mit klassizistischen Formen verbindet. Strenge Geradlinigkeit, schwere einfache Formen mit sparsamem antikisierendem Ornament und betonte Flächenhaftigkeit sind die Haupt­ merkmale dieses Stils, der in der Zeit von etwa 1800 bis 1830 alle Kunstbereiche be­ herrschte. Die Architekten Perder und Fon­ taine nahmen besitmmenden Einfluß auf die Innenraumgestaltung und Möbeltischlerei, so­ wie auf das gesamte Kunsthandwerk dieser Zeit. Ihre im „Recueil de décorations inté­ rieures” von 1812 veröffentlichten Entwürfe zeigen ebenfalls die klare Strenge der Bauten und die Anlehnung an antike Ornament­ motive. — Auch in der Kleidung prägte sich der E. aus (sog. Empiretracht), sie zeichnet sich durch gerade, fließende Linien und strenge, fast schmucklose Verarbeitung aus.

Vorbereitet war diese Richtung schon durch den Rückgriff auf antike Gewandformen in der Zeit des Directoire (1795 bis Ende 1799).

EN BURIN (fr. burin = Grabstichel), eine Kupferstichmanier, bei der nur der Grab­ stichel verwendet wird. ENDERLEIN, auch Enterlein, Endterlein, Caspar (gest. 1633), Goldschmied in Nürn­ berg, der unter dem Einfluß von François -> Briot sich der Kunst des Zinngießens zuwandte und prächtige Edelzinngefäße — Kannen, Becken, auch einen Zinnleuchter — mit reichen Figuren- oder Ornamentschmuck hergestellt hat. Er zeichnete wie auch Briot seine Arbeiten auf der Rückseite mit einer eingelassenen Münze, die sein Bildnis trägt.

EN FACE (fr. = von vorne gesehen), kennzeichnendes Wort bei der Beschreibung vor allem von Bildnissen in der vollen Vorderansicht. ENGEL wurden nach den Schilderungen des Alten und des Neuen Testaments bereits in der frühchristlichen Kunst dargestellt, zu­ erst flügellos und als Jünglinge. Seit dem 4. Jh. nach dem Vorbild antiker Nike- und Ge­ niendarstellungen mit Flügeln. Außerdem er­ hielt der Engel nun einen Heiligenschein. Die Erzengel Michael, Gabriel und Raphael wur­ den am häufigsten dargestellt. Michael, der den Drachen oder Satan überwindet, als Jüngling in voller Rüstung mit dem erlegten Drachen oder beim Jüngsten Gericht, wo er 8i

ENTRE-DEUX

die Waage hält. Gabriel als Verkündigungs­ engel mit dem Lilienszepter, Raphael wird erst im späteren Mittelalter als Begleiter des Tobias wandernd gesehen. Engel sind im MA. meist langgewandet, jugendlich und anmutig. Der in der frühgotischen Plastik vorkom­ mende kindliche E. wird in der Renaissance­ zeit in der Verbindung mit dem Vorbild der antiken Eroten zum -> Putto umgestaltet. Das Furchtbare im Wesen der Engel, das Dä­ monische, hat in Bildern Rembrandts bedeu­ tendsten Ausdruck gefunden.

ENGELLEUCHTER, Kirchenleuchter des späteren Mittelalters. Der Ständer wird von einer meist knieenden Engelsgestalt getragen.

ENGLISCHER EINBAND, ganz mit Kat­ tun überzogener Bucheinband mit schwachem Deckel. ENGLISCHE FAYENCE, Fayence von feiner weißer Farbe mit durchsichtiger Blei­ glasur. ENGLISCHES GLAS, ENGLISCHES POR­ ZELLAN, Glas mit hohem Prozentsatz an Bleigehalt, wodurch es für ■> Brilliant- oder Facettenschliff besonders geeignet ist. ENGLISCHES LEINEN, Bezeichnung für den Kattun des ■> Englischen Einbands. Auch feine gesteifte Leinwand wurde früher so genannt. ENGOBE (fr. = Anguß) Beguß von Ton­ waren mit einem Tonschlamm von anderer Farbe als sie der geformte Gegenstand besitzt. Z. B. bei der Herstellung von Halbfayence. Auch Porzellan kann mit einem Anguß aus einer Mischung von wasserverdünnter Porzel­ lanmasse und Farbstoffen versehen werden, bevor es in den Scharffeuerbrand kommt, und so mit einer dünnen farbigen Oberfläche über­ zogen werden.

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ENKAUSTIK (gr. egkaiein = einbrennen, durchglühen), antike Maltechnik. Mit Wachs verschmolzene Pigmentfarben werden heiß aufgetragen und mit Pinseln oder Spachteln aus Bronze untereinander und mit dem Mal­ grund verschmolzen. Es scheint verschiedene Arten der E. gegeben zu haben. Im Mittel­ alter wurde sie nicht mehr angewandt. Die Nachahmungsversuche im 18. und 19. Jh. haben als Wachsmalerei Bedeutung (/. Schnorr von Carolsfeld und F. X. Fernbach), haben das Geheimnis der E. aber nicht ergründen können.

ENKOLPION (gr. = auf der Brust Ge­ tragenes), Bezeichnung für eine Kapsel mit Reliquien, die die Bischöfe in frühchrist­ licher Zeit und im frühen Mittelalter auf der Brust trugen. Auch das von griechischen Bischöfen getragene Marienmedaillon heißt E. EN MINIATURE (fr.), in kleinem Format. Bildnisse von kleinstem Ausmaß, die als An­ hängsel getragen oder auf Broschen, Uhren usw. angebracht werden konnten.

ENTENSCHNABEL, Fußbekleidung gegen Ende des 15. und Anfang des 16. Jhs. (-> Schnabelschuh). Die etwa 5 cm lange Spitze hatte die Form eines Entenschnabels. Der Schuh war meist absatzlos und wurde häufig mit einer hölzernen Untersohle ge­ tragen. Im 16. Jh. wurde die spitze Form immer mehr zurückgenommen, bis schließlich ein breiter, Kuhmaul genannter Schuh dar­ aus wurde.

ENTERLEIN, Caspar -> Enderlein. ENTRE-DEUX (fr. = Zwischenraum, -glied), Bezeichnung für einen Spitzenein­ satz. Auch in der Raumgestaltung die Kom­ bination von zwei Fenstern und dazwischen­ stehendem Konsölchen oder Schrank.

ESPAGNOLETTE

ENTRELACS (fr. = Geflecht), verschlun­ gene Verzierung, z. B. bei Gittern. EOS (gr. Mythologie, röm. Aurora), die Göt­ tin der Morgenröte, Mutter der Winde, die jeden Morgen mit ihren Rossen aus dem Meer aufsteigt und dem Sonnengott vorauszieht. In späterer Zeit ist sie auch auf einem feurigen Wagen stehend dargestellt, Rosen streuend oder aus einem Gefäß Tau über die Erde gießend.

EPIGONATION (gr. Hypogonation, gonatos = Knie), rautenförmiges Anhängsel mit rotem, schwarzem oder violettem Samt über­ zogen, mit Quasten an den Ecken und einem goldenen Kreuz in der Mitte, das als Symbol des Wortes Gottes zur Amtstracht der grie­ chischen Bischöfe gehört. Es ist an der Tunika befestigt und hängt in Kniehöhe. Nach die­ sem Symbol heißt oft auch das Gewand der Geistlichen Epigonation. EPIGRAPH (gr.), Aufschrift, Inschrift. Epi­ graphik, Inschriftenkunde. Die epigraphische Seite einer Münze ist die beschriftete Seite. Zeigt sie lediglich eine Inschrift, so heißt sie monepigraphisch, trägt sie Beschriftung und Bild, anepigraphisch. ERASMUS, Johann Georg (1659—1710), Nürnberg. Er ist vor allem bekannt durch seine theoretischen Arbeiten über die Bau­ kunst. Sein „Bericht von denen fünff Seulen“ wirkte stark auf das Möbelhandwerk zurück, das sich vor allem in der Ornamentik davon hat anregen lassen.

ERKERSCHRANK, im 15. und 16. Jh. im Rheinland beliebte Form des -> Stollen­ schranks mit abgeschrägten Ecken auf dem Grundriß eines halben Achtecks. Die beiden vorderen Stützen wurden in der mittleren Breite des Schrankes häufig weggelassen, um einen breiteren Schauraum zu erhalten.

EROS (gr.), Amor, Cupido (röm.), der jugendliche Gott der Liebe und Freund­ schaft, Sohn der Aphrodite. Als schöner Knabe oder Jüngling dargestellt, mit Flü­ geln und mit Pfeil und Bogen ausgerüstet. Eroten, Amoretten: kleine Liebesgötter. ERZBILDNEREI, Erzguß ■> Bronzekunst.

ERZENGEL -> Engel. E. S. (Meister E. S.), Monogrammist. Kupferstecher, von 1450 bis etwa 1467 tätig. Er hinterließ rund 317 Stiche, von denen einige mit seinem Monogramm versehen sind, sowie Handzeichnungen. Seine offen­ sichtlich der oberrheinischen Kunsttradition nahestehenden Arbeiten haben in ihrer leben­ digen Durchgestaltung auf den Stil späterer Kupferstecher nachhaltig gewirkt, aber auch auf die bildende Kunst.

ESCHENHOLZ, Holz der in verschiedenen Arten über ganz Europa verbreiteten Esche von bräunlich-gelber Farbe, großer Dichte und Härte, aber sehr elastisch. Es wird für Möbel und Drechslerarbeiten verwendet. Manche Arten sind besonders fein in der Maserung. ESMANN, Joachim, Christian, Kunstschrei­ ner, tätig gegen Ende des 18. Jhs. in Kopenhagen. Seine Möbel, die einen eige­ nen, etwas schwerfälligen dänischen Stil repräsentieren, zeichnen sich durch eine farbige -> Marketerie mit Blumen und Figuren aus, wie sie erst Anfang des 19. Jhs. in Dänemark allgemeiner verbreitet war.

ESPAGNOLETTE, in der Möbeldekoration des frühen 18. Jhs. verwendeter Frauen­ kopf spanischen Typs, der nach italienischen Vorbildern in die Werke der Ornament­ stecher übergegangen war. Auch bei Watteau findet er ausdrucksvolle Gestaltung. 83

EXULTET

ETRURIA, ein Ort in Staffordshire, Eng­ land, in dem seit 1769 Fayencen hergestellt wurden. -> Wedgwood war der Begründer der Fabrik. Er gab ihr den Namen Etruria, weil er seine Tonwaren nach dem Vorbild der damals „etrurisch“ genannten griechischen Gefäße herstellen wollte. EULENKRUG, Steinzugkrug in Gestalt einer Eule, eine beliebte Form des 16. Jhs.

tum bekehrt worden sein. In dieser Szene ist er oft, auch als Schutzpatron der Jäger, dargestellt worden.

EVANGELIAR, ein Buch, das die vier Evan­ gelien enthält.

EVANGELISTAR, Zusammenstellung der Lesungen aus den Evangelien zum liturgi­ schen Gebrauch an Sonn- und Feiertagen (= Perikopenbuch). E. und Evangeliar waren im MA reich verziert und mit Initialen oder auch mit Buchmalerei versehen. EXPRESSIONISMUS, Stilrichtung der euro­ päischen Kunst im ersten Drittel des 20. Jahr­ hunderts, die die Darstellung des seelischen Ausdrucks anstrebte. EXPERTISE, Begutachtung eines Kunst­ werks durch einen Kenner (Experten), da­ nach auch Bezeichnung für das schriftlich niedergelegte Gutachten.

Eulenkrug 1543 (Kaufbeuren)

EUROPA (gr. Mythologie), die Tochter des Königs Agenor von Sidon, die Zeus in der Gestalt eines Stieres entführte und nach Kreta brachte. Dargestellt reitend auf dem Rücken des Stieres. In der ornamentalen Kunst verkörpert sie den nach ihr benannten Erdteil.

EUSTACHIUS, ein Heiliger und einer der vierzehn Nothelfer. Durch die Erscheinung eines Hirsches, der ein Kruzifix zwischen seinem Geweih trug, soll er zum Christen­

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EXULTET (lat. = es jauchze), Anfangswort einer Hymne, die am Gründonnerstag in der katholischen Kirche gesungen wurde. Sie wurde im MA auf eine lange Schriftrolle geschrieben, die nach dem Anfangswort Exultet hieß. Zwischen den Strophen der Hymne waren häufig bildliche Darstellungen, die aber vom lesenden Geistlichen aus gesehen auf dem Kopf standen. Da sie jeweils über dem Text angebracht waren, konnten sie an der der Gemeinde zugekehrten Rückseite des Lesepultes herabhängen und von den Gläu­ bigen betrachtet werden.

F FÄCHER, seit dem Altertum von fast allen Völkern in verschiedenartigen Formen (z. B. als Wedel) ausgebildeter Gegenstand, mit dem Kühle gefächelt, Insekten verscheucht oder auch Schatten gespendet wurde. Kunst­ voll gearbeitete F. hatten die Chinesen und Japaner. Der chinesische Faltenfächer, der in Falten zusammenklappbar ist und aufge­ spannt ein Rad bildet, kam während des 16. Jhs. nach Europa und wurde hier bis zum 19. Jh. ein Luxusgegenstand, der mit prächtigen Verzierungen in Goldschmiede­ arbeit, in Elfenbeinschnitzerei, Holz- und Perlmutterschnitzereien und in Malerei auf den gespannten Seiden- oder Papierflächen (auch Schwanenhaut) versehen wurde. Vor allem die französische Gesellschaft der Ro­ kokozeit und des Louis-Seize benutzte den F., für den Maler wie Watteau und Boucher Kompositionen von Szenen und Landschaften schufen. Während der Revolutionszeit wur­ den die Darstellungen politisch (sog. patrio­ tischer F.), im 19. Jh. übernahm in einfache­ rer Ausführung auch das Bürgertum den F. FACATA (lat. von falx = Sichel), ein alt­ spanisches Schwert mit sichelförmiger Klinge, die vorn breiter wird. Die Innenseite der Klinge ist ganz, die Außenseite nur vorn geschliffen. FACKEL > Kandelaber.

FADENEISEN, Bezeichnung für den schma­ len Eisenstab, mit dem der Glasmacher einen Glasfaden aus der geschmolzenen Glasmasse herauszieht. FADENGLAS (nicht -> Filigranglas!), ein im Altertum bekanntes farbloses Glas, in ’ dessen Masse feine weiße Glasfäden in be­ stimmter Anordnung eingeschmolzen sind. In Venedig wurde diese Technik im 16. Jh. nachgeahmt und kunstvoll erweitert. Die Fäden laufen meist diagonal, können sich aber auch kreuzen und bilden ein einheit-

Römisdies Fadenbandglas

liches Muster. Später machte man auch F. mit verschiedenfarbigen Fäden. FADENSTICHEL, ein feiner, gezähnter Stichel zum Kupferstechen und Gravieren.

FAENZA -> Fayence.

FALCONET, Etienne Maurice (1716 bis 1791), Bildhauer und Porzellanmodelleur, der im Jahre 1755 erster Modellmeister an der Manufaktur -> Sèvres wurde und dann bis 1766 Leiter der Manufaktur. Nach 1766 war er in Rußland tätig, wohin ihn Katha­ rina II. gerufen hatte (Reiterstandbild Peters d. Gr. in Leningrad). Figuren und Figuren­ gruppen in Biskuit sind von ihm erhalten, sie sind in Bewegung und Verzierung bei­ nahe klassizistisch streng gearbeitet. FALKE, als Wappentier mit Lederhaube oder Kappe {behaubt, bekappt) mit Hals­ band {am Halse geziert) und mit Geschüh {bescheilt) dargestellt.

FALTSTUHL, das Wort ist abgeleitet vom römischen Faldistorium, dem Sitz für den Konsul, Prätor und Quästor, das als Typus schon bei den Ägyptern bezeugt ist. Die ein­ fachste Form des F.s besteht aus zwei Paaren 81

FASSMALER

gekreuzter Kant- oder Rundhölzer, die oben und unten durch Querhölzer verbunden sind; die Sitzfläche ist meist aus Leder, das über Gurte gezogen ist. Im frühen MA ist der F. vor allem der repräsentative Sitz in kirch­ lichem Gebrauch. Erst im 19. Jh. findet er unter italienischem Einfluß als Faltsessel mit Lehne stärkere Verbreitung in Deutschland, wobei der Sitz meist starr konstruiert wird. Leicht bewegliche und faltbare Abwandlun­ gen hiervon sind Rippen- und Scherenstuhl oder -sessel aus sechs bis neun Kreuzholz­ paaren mit Lehne (in der Form des römi­ schen Feldklappstuhls), die vom 15. bis 17. Jh. vor allem in den Alpengegenden in Ge­ brauch waren.

FALTWERK (niederl. briefpaneel; fr. par­ chemin plié; engl. linen fold pattem), ein Ornament des 15. und 16. Jhs., das vor allem an Eichenmöbeln angebracht wurde. Es besteht aus aneinandergereihten, in der Richtung der Maserung des Holzes gehobel­ ten Hohlkehlen und Rundstäben, die oft oben und unten so umrissen und abgeschnit­ ten sind, daß sie wie gefaltete Pergament­ rollen wirken. FAMILLE NOIR, Bezeichnung für -> Chi­ nesisches Porzellan mit einem Grund von schwarzer Emailfarbe. K’ang-Hi-Zeit (1662 bis 1722).

FAMILLE ROSE, -> Chinesisches Porzellan, dessen Grundfarbe Rosa oder Rot ist. Kienlung-Zeit (1736—1796). Die Porzellan­ masse ist meist blütenweiß, die Stücke der F. r. haben phantastische Formen und sind oft sehr groß. 86

FAMILLE VERTE, -> Chinesisches Porzel­ lan, das mit grüner Emailfarbe bemalt ist. Es war in der K’ang-Hi-Zeit (1662—1722) die Hauptart. FARS, ein Ort in Südwest-Persien, in dem bereits im 9. Jh. n. Chr. Teppiche geknüpft wurden.

FASCES (lat. = Bündel), römisches Rechts­ symbol, ein Rutenbündel mit einem in der Mitte mit dem Eisen herausragenden Beil, das mit einem roten Lederriemen zusammen­ gebunden war. Als Ornament in verschie­ dener Umgestaltung sind die F. in die Kunst aufgenommen worden.

FASSADENSCHRANK, großer, zweige­ schossiger, süddeutscher Schrank der Spät­ renaissance und des Frühbarock, der seine Dekorationsmotive der Architektur entlehnt. Seine Gliederung ist im allgemeinen gleich­ bleibend: ein Schubladengeschoß bildet den Sockel, darüber folgt der zweigeschossige, durch einen Schubladengurt unterbrochene Aufbau, den das Gebälk abschließt. In der Spätzeit dient meist ein Giebel oder Aufsatz als Bekrönung. Die Türen sind etwas nach der Mitte hin gerückt und wie Fensterrahmen gearbeitet. Pilaster öder Säulen als Seiten­ abschluß und in der Mitte betonen die Glie­ derung, die in der späteren Zeit immer mehr durch plastischen Schmuck aufgelockert wird. FASSETTEN (fr. facette = kleine Fläche), die kleinen, beim Schleifen von Edelstein, Glas oder Metall entstehenden Flächen, drei­ oder mehrseitig (-> Brillant).

FASSMALER, der Maler, der Holzschnitz­ arbeiten bemalt (farbig „fassen“). Dabei wird auf das fertig geschnitzte Bildwerk eine Schicht von Kreide oder Gips gelegt, auf der dann die Farbe oder das Gold haften bleiben kann.

FEILNER

FASSONIERUNG, in der Porzellanherstel­ lung Bezeichnung für das Einkerben der Ränder von Geschirr zur Verzierung.

FASSUNG eines Edel­ steins ist das Schmuck­ stück oder der Rahmen, in dem der Stein befe­ stigt wird. Dabei gibt es verschiedene Arten: ■> au chaton (= im Ka­ sten) faßt den Stein mit seiner ganzen unteren Hälfte ein. Diese Fas­ sung macht ein Unterlegen mit einer -> Folie möglich, wodurch das Feuer des Steins erhöht werden kann. Λ ;o«r-Fassung hält den Stein nur mit einem schmalen Reifen, er bleibt ganz sichtbar (tritt „zutage“). FASTENTUCH, Palmtuch -> Hungertuch. FAUTEUIL (fr. von lat. faldistorium), der französische Armstuhl des 17. und 18. Jhs.

FAUTEUIL DE BUREAU, Sessel mit halb­ runder Rückenlehne, die zugleich als Arm­ lehne dient, mitunter auch fauteuil de cabinet oder (seit etwa 1780) fauteuil gondole genannt. FAUTEUIL GONDOLE, seit etwas 1780 Name für den ·> Fauteuil de bureau. FAYENCE (fr., nach der Stadt Faenza in Italien, von der aus die Ware zuerst be­ kannt wurde), oder Majolika (nach der span. Insel Mallorca, über die spanische Ton­ waren nach Italien gekommen waren), Ton­ waren mit farbigem Scherben, die mit einer undurchsichtigen Zinnglasur überzogen und mit Malerei verziert sind, deren Farben im Scharffeuerbrand entstanden. F. wurde im Altertum in Ägypten hergestellt, arabische Arbeiten haben wahrscheinlich die spanischen

F.n des frühen MAs beeinflußt. Nach spani­ schem Vorbild haben die Italiener F. her­ gestellt, im 14. Jh. zuerst in Orvieto, dann in Siena, Rom, Florenz (■> Robbia) und Faenza, das im 15. Jh. die anderen Städte überflügelt mit prächtigen bunten Tellern, Schüsseln und Gefäßen mit plastischen und malerischen Verzierungen, für die berühmte Maler die Entwürfe lieferten, sowie Flie­ sen. Eine bedeutende Werkstatt des 16. Jhs. war die Casa Pirota. Nach dem 16. Jh. trat Faenza hinter anderen Städten zurück. Die italienische F. war für die Herstellung im Norden Vorbild (-> Delfter Fayence, Oiron). Nach der Erfindung des Porzellans gingen vor allem in Deutschland Fayenceund Porzellanherstellung nebeneinander her, die F.-formen waren vielfach von den Por­ zellanmodellen angeregt.

FAYENCE HENRI-DEUX -> Henri-deuxFayence. FAYENCE PATRIOTIQUE (fr.), französi­ sches Gebrauchsgeschirr der Revolutionszeit, das mit politischen Darstellungen, Sprüchen oder Symbolen versehen ist.

FEC. = FECIT (lat. er hat gemacht), zu­ sammen mit dem Namen des Künstlers in Signaturen häufig verwendet. FEDERZAPFEN, ein Bolzen am ·> Har­ nisch mit einer durch Federdruck nach außen zu drückenden Nase, der zur raschen Be­ festigung der Harnischschultern vorgesehen war. FEDERZUGUHR, spätestens im 15. Jh. erfundene Uhr ohne Gewichte, die von einer aus Metall gebogenen Uhrfeder in Gang gehalten wurde. Aus ihr hat sich dann die Taschenuhr entwickelt.

FEILNER (Feylner) J. Simon (1726—1798), Porzellanmodelleur und -maler, zuerst in Paris Blumenmaler, vor 1753 in -> Höchst.

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FIBEL

Mit -> Benckgraff und Joh. Zechinger zu­ sammen kam er nach -> Fürstenberg. Von 1770 an arbeitete er für die Manufaktur in ■> Frankenthal, deren Leiter er 1775 wurde. Bei allen seinen Arbeiten galt sein Hauptinteresse der Entwicklung der Farbe und der Maltechnik. Ein tiefes Schwarz als Unterglasur ist seine Erfindung neben man­ chen anderen Farben und Farbzusammen­ setzungen, die von den Porzellanmalern sei­ ner Zeit vielfach nachgemacht und ange­ wendet wurden.

FEINGEHALT oder Korn, Bezeichnung für die Menge des Edelmetalls, das in einer Legierung enthalten ist. Bereits im MA haben die Goldschmiedezünfte die Überprüfung von Edelmetallarbeiten nach ihrem Goldoder Silbergehalt verlangt, es sollte nur fein­ stes Gold oder Silber verarbeitet werden. Auf heutigen Gold- und Silberarbeiten ist der F. stets angegeben.

FELDBINDE, Bezeichnung für eine Schärpe, die seit dem 13. Jh. von Kriegern getragen wurde. Sie war anfangs wie ein Gürtel ge­ arbeitet und mit Wappenbildern und kleinen Darstellungen bestickt. Später, vor allem während des 30jährigen Krieges, wurde sie als Band von der rechten Schulter bis zur linken Hüfte geschlungen und war mit den Landesfarben geschmückt. FELDKÜRISS, ein -> Harnisch des 15. Jhs.

FELDSPAT, ein Mineral (Kieselsäure, Alu­ minium, Kalium, Natrium oder Calcium), das in verschiedenen Varietäten vorkommt. Z. B. wasserhell und farblos ist der Adular, in etwas trüberer Art der Mondadular, der als Schmuckstein verarbeitet wird. Der Labrador ist schillernd und undurchsichtig, er wird ebenfalls als Schmuckstein verwen­ det, (s. auch Amazonenstein). Verwitterter F. liefert Kaolin für die Porzellanherstel­ lung, auch als Tonzusatz für Email und für Glasuren wird er gebraucht. 88

FELLWÖCK, Georg, Würzburger Hof­ schreiner. Er arbeitete zuerst mit Benedikt ■> Schlecht zusammen und wurde 1774 dessen Nachfolger als Hofschreiner des Würzburger Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim. FENSTERKORB, Eisenkorb, das Gitter, das vor allem in der Renaissancezeit vor die Fenster des Erdgeschosses der Gebäude gelegt wurde. Es war in seiner Form der Architektur angepaßt und wurde oft in feinster Schmiedearbeit ausgeführt.

FENSTERSOFA, engl. window stool, ein Sofa ohne Rückenlehne, aber mit der Form der Fensternische angepaßten Seitenlehnen.

FESTON, französische Bezeichnung für ein Gehänge aus Laub- oder Blumengewinden, Fruchtranken und dgl.

FEUERBOCK, Feuerhund, ein eisernes Ge­ stell, auf das das Holz im Kamin gelegt wurde. Schön verzierte Stücke sind aus der Renaissancezeit, vor allem aus Venedig, erhalten. FEUERSORGE (von lat. sorcium = Lade, mittelhochdeutsch sorc), ein meist aus Kupfer gearbeitetes Becken, in dem Feuer brannte; Kohlenbecken, Glutpfanne. Es war im Raum aufgestellt und hatte Henkel zum Tragen. In den mittelalterlichen Kirchen hatte man große F.n, die auf Rädern bewegt wurden.

FIBEL, Fibula, Gewandspange oder -nadel zum Zusammenhalten zweier Stoffteile eines Gewandes, die seit der Bronzezeit bekannt ist. Die frühe Entwicklung ist die ein-

FIRNIS

Große Adlerfibel .Giselaschmuck“ um 1025 (Mainz)

gliedrige F.: Bügel und Nadel sind (ähnlich wie eine Sicherheitsnadel) aus einem Stück gebogen. Der Bügel wird immer mehr zu einem Schmuckteil gestaltet. Zweigliedrige F.n haben getrennte Nadel und Bügel, auch an ihnen sind die sichtbaren Teile zu Orna­ mentformen erweitert und reich verziert, auch bemalt. Die römischen und germani­ schen Bügelfibeln waren bestimmend für die mittelalterlichen, in denen sich alte Orna­ mentformen erhalten haben. Sie bekommen ein broschenähnliches Aussehen, die Nadel ist unsichtbar auf der Rückseite, während die Schauseite verschiedene, auch figürliche Gestalt haben kann. Unter den Tierfibeln sind die Adlerfibeln aus der Zeit der -> Gotik besonders prächtig. FICHTELBERGER, Trinkgläser des 17. Jhs., die in Werkstätten des Fichtelgebirges, vor allem in Bischofsgrün, hergestellt wurden. Sie sind von grüner Färbung und mittels Emailfarben mit Landschafts- und Tier­ darstellungen aus dem Fichtelgebirge bemalt, oft auch mit Sprüchen beschriftet. FIEDLER, Johann Christian, Berliner Hof­ schreiner unter Friedrich dem Großen. Ge­ bürtig war er aus Görlitz, Schlesien. Sein Titel als Hofschreiner wurde ihm 1786 durch ein Patent Friedrich Wilhelms II. bestätigt. Das einzige heute bekannte Werk von F. ist der Schreibschrank aus dem Jahre 1775, der im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg aufgestellt ist und eine bewun­ dernswerte figürliche Marketerie zeigt.

FILIGRAN (von lat. filum = Faden, gra­ num = Korn), feine Goldschmiedeverzierung aus Gold- oder Silberdraht, der auf einen häufig mit feinen Gold- oder Silberkörnchen besetzten Grund (-> Granulierung) aufge­ legt wird. Die Drähte können glatt oder auf verschiedene Weise verziert sein. Sie werden zu einem Muster verschlungen und auf den Metallgrund aufgelötet. Diese Kunst wurde im Altertum in Griechenland (ab 1500 V. Chr.) und in Italien (etwa seit der Mitte des 9. Jhs. v. Chr.) geübt. Germani­ sche F.-arbeiten sind erst aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten bekannt, sie waren sehr kunstfertig ausgeführt und haben die Goldschmiedekunst des frühen und hohen Mittelalters nachhaltig beeinflußt. Eine zwei­ te, neuere Art von F. besteht aus einem Netzwerk von Gold- oder Silberfäden, die an den Stellen, an denen sie sich kreuzen, miteinander verlötet sind und gewöhnlich nicht mehr auf einer Metallunterlage auf­ ruhen. Solches F. wird vor allem in China und Indien bis heute in höchster Vollkom­ menheit gearbeitet. Es wirkt wie feine Nadel­ arbeit und wird zu Schalen, Tellern, Schmuckstücken, Ringfassungen, Gefäßen u. a. gestaltet. Die Nürnberger Goldschmiede des 17. Jhs. haben diese Technik ebenfalls ge­ übt und schöne Zierstücke (Schalen, Käst­ chen u. dgl.) aus Silberfiligran hergestellt. Heute findet man F. in Europa fast nur an Schmuckstücken.

FILIGRANGLAS wird fälschlich das -> Fadenglas genannt. Das aus vielen einzelnen eingeschmolzenen Fäden bestehende Muster des Fadenglases hat nur selten oberflächliche Ähnlichkeit mit dem Filigran. FIRNIS, eine in der Ölmalerei benutzte Flüssigkeit, die auf die Farbe aufgetragen wird, um sie gegen Einwirkungen von Luft, Feuchtigkeit, Staub u. dgl. zu schützen. Da der F. selbst eine ölige Masse ist, bildet er meist einen glänzenden Überzug. Er wird

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FLIESEN

aus reinem Leinöl oder aus Harzen mit verschiedenen Zusätzen hergestellt. FISCHBLASE, in seinen Einzelteilen an die Form einer Fischblase erinnernde Orna­ mentform, die besonders häufig in der spät­ gotischen Kunst vorkommt.

FISCHER, Johann Georg (gest. 1669), Ege­ rer Kunstschreiner, von dem mehrere signierte Reliefintarsien bekannt sind.

FISTULATOR, Blasius (gest. 1622), Münch­ ner Bildhauer und Stukkateur, der von 1587—1622 für den Hof gearbeitet hat. Wahrscheinlich sind die Tische für das Stein­ zimmer der Residenz von seiner Hand. FLACHPERL, Flachanzeiger, ein Werkzeug des Edelsteinschneiders (-> Gemme), mit dem er flache Vertiefungen herausschneidet.

FLACHSCHNITT, flächenhafter Reliefdekor bei den spätgotischen Nadelholzmöbeln in den Alpenländern und in Süddeutschland, vereinzelt auch im Norden (Dresden, Hal­ berstadt). Das Ornament — Bänder, Ran­ ken und Pflanzen — wurde mit dem -> Geißfuß ausgeschnitten und der Grund dann mit dem Meißel bearbeitet. Durch Bemalung des Grundes konnte die Relief­ wirkung noch verstärkt werden.

FLAMBOYANT (von fr. flamboyer = auf­ lodern, leuchten), auch Flammenstil genannt, Bezeichnung für den spätgotischen Stil in Frankreich, England und den Niederlanden, der seinen Namen nach der wie aus zün­ gelnden Flammen gebildeten Form von Fensterumrahmungen, Maßwerken usw. hat. FLAMMBERG, Flammberge, ein mit beiden Händen zu führendes Schwert (-> Beid­ händer) mit wellenförmiger oder in Zacken gearbeiteter Klinge. Vor allem bei den asiatischen Völkern im MA in Gebrauch.



FLAMMLEISTE, eine wellige Rahmenleiste, die seit dem Ende des 16. Jhs. besonders bei Ebenholzmöbeln zur Einfassung von Füllungen verwendet wird. FLECHELN, Bezeichnung für eine be­ stimmte Technik des -> Gravierens, bei der der Stichel eine schwingende Bewegung macht, so daß Zick-Zack-Linien entstehen. Vorwiegend auf Zinn ausgeführt.

FLECHTBAND, ein aus der Nachahmung von -> Bandgeflecht entstandenes Schmuck· motiv.

FLETSCHKANNE, ein niedriger, breiter Zinnkrug des 17. Jhs., der im Erzgebirge verbreitet war. FLIESEN, Platten aus Naturstein oder aus gebranntem Ton, die als Fußboden- oder Wandbelag zusammengestellt werden. Das Muster auf der mit F. belegten Fläche ent­ steht meist durch die verschiedene Färbung der einzelnen Platten. Fl. aus gebranntem oder glasiertem Ton wurden in der Bau­ kunst des Alten Orients verwandt, Marmor­ fliesen in der römischen Kaiserzeit. Herr­ liche Fliesenverzierungen sind aus dem MA erhalten, die einzelnen Platten waren oft mit abgeschlossenen Darstellungen bemalt. Vor allem aber hat die islamische Kunst des MAs in Wandbekleidung und Boden­ belag die F. kunstvoll zu gestalten gewußt (Alhambra). Diese Kunst hat wieder auf Italien gewirkt, vor allem auf die beginnen­ den Fayencearbeiten: es wurden Fliesen aus ·> Fayence gemacht, vor allem in Faenza. Mit den italienischen Fayencen ge­ langten auch die Fayencefliesen nach Deutsch­ land und vor allem in die Niederlande und

FLÜGELGLÄSER

nach Delft, wo nun, vor allem im 17. und 18. Jh., in der der -> Delfter Fayence eigenen Art Fliesen hergestellt wurden. Nach einem Rückgang der Fliesenarbeiten im 19. Jh. werden sie heute in vielerlei Formen allgemein als Wandbekleidung an Bauten verwendet. In Spanien werden noch heute nach dem Beispiel der islamischen Fliesen die -> Azulejos gemacht.

FLINDERHAUBE (von Flinder = Flitter), eine mit vielen Goldplättchen besteckte Frauenhaube des Mittelalters, die zu feier­ lichen Anlässen getragen wurde. FLITCROFT, Henry (1697—1769), Lon­ doner Architekt, der ursprünglich Zimmer­ mann war und dann unter der Protektion von Lord Burlington zum Baumeister aus­ gebildet wurde. Er hat Kirchen und Wohn­ häuser in London gebaut, sowie verschie­ dene Landsitze. Zugleich hat er Entwürfe für Inneneinrichtungen und Möbel gemacht, die dem italienisierenden Stil von William -> Kent folgen.

FLOCKTAPETEN, Tapeten, deren Muster aus aufgesetzter Flockwolle gebildet wurde. Sie kamen im 18. Jh. zuerst in Frankreich auf.

FLOR, bei Teppichen die aufrecht stehen­ den Woll- oder Seidenfasern des einge­ knüpften Materials. Die Florhöhe kann sehr verschieden sein, je nachdem, welchen Schnitt die Art des Teppichs erfordert.

FLORISSTIL, der von dem niederländischen Bildhauer und Ornamentzeichner Cornelis Floris (1514—1575) ausgebildete Ornament­ stil der zweiten Hälfte des 16. Jhs., be­ stehend vor allem aus -> Kartuschen- und ■> Rollwerk. FLÖRSHEIM, Fayencemanufaktur, die 1765 von Georg Ludwig Müller gegründet wurde, 1773 an die Kartäuser in Mainz verkauft wurde. Von 1781 bis 1797 wurde das Un­ ternehmen verpachtet, dann kam es in den Besitz der Familien Cronenbold und Machenhauer, die es bis ins 20. Jh. hinein betrieb. Die Manufaktur stellte in der Hauptsache Tafelgeschirr her, mit Bemalung in ■> Scharffeuerfarben, aber auch in ·> Muffelfarben. Blumenmuster sind die be­ vorzugte Dekoration für prunkvolles und für einfaches Geschirr. FLÖTNER, Peter (um 1485—1546), Nürn­ berger Goldschmied, Holzschneider, Schnit­ zer, Kunstschreiner. Er stammt aus dem Thurgau und kam 1522 nach Nürnberg. Durch die Vielseitigkeit seiner Kunst und durch Entwürfe für Ornamente, Arabesken, Grotesken, Mauresken usw.) erlangte er großen Einfluß auf das Kunsthandwerk der Renaissancezeit in Deutschland. Entwürfe für die Ausstattung des Hirschvogelsaals in Nürnberg, für Medaillen und kleine Re­ liefs u. a. sind von seiner Hand. Sein Stil ist von der italienischen Kunst her be­ stimmt. Aus seiner Werkstatt kommen auch der große Holzschuherschrank (1541) im Germanischen Museum zu Nürnberg und ein 1545 entstandener Schrank in Berlin.

FLÜGE, Bezeichnung für Teile der Schulter­ stücke eines -> Harnischs, die über Brust und Rücken greifen. FLÜGELGLÄSER, venezianische Kelchgläser mit langem Stil, an denen zwei symmetrisch gebildete flügelartige Verzierungen, manch-

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FRANCE

mal auch von anderer Färbung als die des Gla­ ses, angebracht sind. Die Flügel können Orna­ mentform haben oder als Pflanzen oder Tiere gestaltet sein. Prachtvol­ le Beispiele gibt es vor allem aus dem 16. und 17. Jh. Nach dem Vor­ bild von Venedig wur­ den F. auch in anderen europäischen Werkstät­ ten hergestellt.

FLUSSPAT, ein Mineral, das farblos, gelb, grün oder blau vorkommt. F. von schöner klarer Färbung wird zu kleinen Gefäßen geschliffen. FO-HUND, Fo, chinesische Bezeichnung für Buddha, als dessen Begleiter der Fo-Hund gilt. Dieser ist ein in der chinesischen Kunst häufig verwendetes Motiv und wird meist als stilisierter Löwe, mit wallender Mähne und weit geöffnetem Rachen, zuweilen mit einer Kugel, einem kleinen Fo-Hund oder etwas anderem zwischen den Vorderpfoten dargestellt.

FOLIE, ein sehr dünn ausgewalztes oder gehämmertes Blech, das in seiner Naturfarbe oder mit durchsichtiger Farbe überzogen als Unterlage verwendet wird: z. B. Gold­ Silber- oder Kupferfolie für -> Edelsteine oder künstliche Schmucksteine, um ihr Feuer oder ihre Farbe zu erhöhen; Zinnfolie (Stan­ niol) zur Herstellung des Spiegelglases. FOND, in der Teppichherstellung Bezeich­ nung für die Farbe, die den Grund für die Ornamentik bildet.

FONTAINE, Pierre François Léonard (1762 bis 1853), Pariser Architekt des Empire, seit 1807 erster Baumeister Napoleons und bis zu seinem Tode in höchsten Staatsämtern. Er hatte großen Einfluß auf Architektur und Kunsthandwerk seiner Zeit und kann zu­ sammen mit -> Perder als der Schöpfer des -> Empire-Stils angesehen werden. 1801 gab er, ebenfalls zusammen mit Percier, den „Recueill de Décorations intérieures“ heraus, der mehrere Auflagen erlebte und in dessen programmatischer Vorrede auch für das Mö­ bel die aus der Kunst der Antike abgeleiteten Gundsätze, welche die Architektur beherrsch­ ten (Einfachheit, Strenge, Schönheit), gefor­ dert wurden.

FORMGESCHIRR, Bezeichnung für Porzel­ lan- und Fayencegeschirr, das bestimmte Formen darstellt: Tiere, Früchte, Gegen­ stände u. dgl. FORTIER, Jean -> Savonnerie.

FORZIERE, in der Renaissance gebräuch­ liche Bezeichnung für -> Cassone.

FOLGEN, in der Waffenkunde Bezeichnung für die Schienen oder Reifen, die die beweglichen Teile des ■> Harnischs bilden (Geschübe). Ji

FRANCE, William, Londoner Kunstschrei­ ner, der 1785 cabinet-maker von König Georg III. wurde. Er fertigte u. a. für den ersten Lord Mansfield zusammen mit Thomas -> Chippendale die Einrichtung von Ken­ wood, durch die er bekannt wurde.

FRIEDHOFSTEPPICH

Frankenthal

Frankenthal

Frankenthal

Gebrüder Hannong

los. Adam Hannong

1756—1762

1759-’7Ö1

FRANKENTHAL, P. A -> Hannong ver­ legte 1755 seine Straßburger Porzellanmanu­ faktur nach F., da auf Grund eines Dekrets Ludwigs XIV. auf französischem Boden nur noch in der königlichen Manufaktur von Vincennes Porzellan hergestellt werden durfte. In F. bestand die Manufaktur dann noch bis 1800. Das Unternehmen war bis 1762 im Besitz von Hannongs Sohn, dann ging es an den Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz, unter dem es bis zur ersten Schließung durch Krieg 1795 in phantasie­ vollen Formen Porzellanwaren von hoher Qualität und schöner Verzierung hervor­ brachte. Der Bildhauer -> Konrad Lindi (1732—1793) modellierte prächtige Figuren, u. a. die 9 Musen, Allegorien auf Karl Theodor u. a. -> Feilner hatte als Por­ zellanmaler und Modelleur und bis 1793 als Leiter der Manufaktur großen Einfluß auf die künstlerische Gestaltung. Nach 1795 (Besetzung durch die Franzosen) wechselte die Manufaktur mehrmals den Besitzer, die Qualität der Arbeiten ging zurück. Die Mo­ delle wurden bei der Auflösung der Manu­ faktur nach -> Nymphenburg gebracht und dann zerstört.

und weit vorkragendem, verkröpftem, pro­ filiertem Abschlußgesims. Seitlich und in der Mitte des Hauptgeschosses sind Säulen oder Pilaster mit korinthischen -> Kapitellen an­ gebracht, an den Ecken mitunter vorstoßende, lange, wulstartige Füllungen, die sog. „Na­ sen“ (Nasenschrank). Charakteristisch sind die tiefen Hohlkehlen und Rundungen auf den Füllungen und das Nußmaserfurnier. Der Typus kommt auch in der Schweiz vor und heißt dort „Züricher Orgelkasten*.

FRANZBAND -> Halbfranz. Frankenthal

Frankenthal

Frankenthal

Carl Theodor

Adam Ber^doll 1762—1770

van Recum '79S—179&

1762—1795

FRANKFURTER SCHRANK, großer, zweitüriger Barockschrank mit hohem, ge­ gliedertem Sockel auf gedrückten Kugelfüßen

FRIEDHOFSTEPPICH, auf Friedhöfen und bei Begräbniszeremonien im Orient verwen­ deter Gebetsteppich mit Darstellung von Grabmal und Bäumen im -> Mihrab. Der F. wird in Kula und in anderen Orten Kleinasiens hergestellt. Die türkische Be­ zeichnung ist Mazarlek. 93

FÜRSTENBERG

FRISIERTISCH, Tisch mit Schubladen, auf dessen Platte meist ein Drehspiegel befestigt ist. Er trat im -> Empire an die Stelle des komplizierteren -> Toilettentischs.

FRITTENPORZELLAN, auch Weichporzel­ lan genannt, künstliches Porzellan aus einer Masse, die kein Koalin enthält. Das Ver­ fahren wurde 1760 in Frankreich erfunden (Claude Reverend und Louis Poterat) : Eine Mischung von Quarzsand, Seesalz, Salpeter, Soda, Gips, Alaun oder auch Alabaster­ teilchen werden zu Frittenmasse gebrannt, d. h. bis zum Erweichen erhitzt. Die Weiter­ verarbeitung braucht Zusätze von Ton und verschiedene Hilfsmittel. Die Herstellung ist sehr langwierig und umständlich. Das F. hat aber die Eigenschaft, aufgetragene Farben unter der Glasur leuchtender zu zeigen als echtes P. Daher war es im 18. Jh. trotz seiner Empfindlichkeit und kurzen Haltbarkeit be­ liebt zur Herstellung von Prunkgefäßen und Figuren (-> Sèvres). FULDA, Sitz einer 1765 von Fürstabt Hein­ rich VIII. von Bebra zu Fulda gegründeten Porzellanmanufaktur, die durch unglückliche Umstände (Brand, Besitzerwechsel, Tod der Modelleure und Arkanisten) nicht recht zur Entfaltung kam und 1790 geschlossen wurde. Schöne Stücke sind aus der Zeit erhalten, in welcher Laurenzius Russinger in der Manu­ faktur gearbeitet hat (1767—1768); sie gelten wegen ihres feinen, weißen Scherbens und der schönen Bemalung in meist nur einer Farbe als besondere Kostbarkeiten.

FÜLLHORN, ein gewundenes Horn mit weiter Öffnung, das mit Blumen und mit Früchten gefüllt ist, Zeichen des Überflusses (> Abundantia).

FÜRBUG, Bezeichnung für den aus meh­ reren Teilen zusammengesetzten Brustschutz des -> Roßharnischs. 94

FURCHENSCHMELZ -> Email. FURNIER, Edelholzfolie, die auf dem Kern­ holz (Tanne, Eiche) des Möbels fest verleimt und dann poliert wird, um das Äußere des Möbelstücks zu steigern. Die Technik ist im südlichen Deutschland seit der Spätgotik an­ wendet worden, gewann aber erst seit dem 17. Jh. Bedeutung, als überseeische Hölzer in größeren Mengen nach Europa exportiert und hier für die Kunstschreinerei verarbeitet wurden, u. a. eben als Furnierholz.

FÜRSTENBERG, als Porzellanmanufaktur 1747 von Herzog Karl I. von Braunschweig begründet. Johannes -> Benckgraff aus Höchst sowie Johannes Zechinger und J. Simon ■> Feilner haben im Anfang dort gearbeitet. Von 1770 an, dem Beginn einer großen Blütezeit für die Manufaktur, war in der Malerei der Einfluß von ->· Sevres und -> Wedgwood maßgebend. Vor allem Vasen wurden in Fürstenberg gemacht, in schönen Formen, die den Beginn des Klassi­ zismus zeigen, und mit feiner Malerei. Noch im 18. Jh. wurde die Manufaktur F. könig­ lich und nahm eine Krone in ihre Marke auf. Zu Beginn des 19. Jhs. ging vor allem die Vasenherstellung zurück, Biskuitarbeiten (Portraits, Figurengruppen) traten in den Vordergrund, doch brachte das 19. Jh. nur Niedergang. Als fabrikähnlicher Betrieb lebt die Manufaktur heute weiter und stellt Ge­ brauchsgeschirr her neben einigen Fracht­ stücken nach den alten Modellen.

G

GATE-LEG-TABLE, englischer Klapptisch des 17. Jhs. mit verstellbaren Beinen.

GABEL, zweizinkige, meist aus einem Stück gearbeitete Gabeln aus Metall, deren Griff ziseliert oder tauschiert war, wurden im 13. und 14. Jh. an den Fürstenhöfen zuerst nur für Früchte oder kleine Süßigkeiten benutzt. (Zum Anrichten der Speisen waren Gabeln schon in früheren Zeiten bekannt.) Als Spei­ sebesteck kam sie im 16. Jh., zunächst in Italien und dann allmählich im Norden, in Gebrauch. Seit dem 18. Jh. erst ist es all­ gemein üblich, mit der G. zu speisen. Sie wurde nun größer und mehrzinkig gestaltet.

GAGAT oder Jett, ein tiefschwarzer, glän­ zender Stein der Braun- oder Steinkohle, der als Trauerstein verwendet wird.

GALLÉGLÂSER, nach ihrem Schöpfer Emile Galle aus Nancy benannte Gläser, deren Blumendekor Einflüsse des Jugendstils zei­ gen und deren Form und Gestaltung (nach chinesischen Tabaksfläschchen) überaus kom­ pliziert sind. GARNIER, Pierre (um 1720 — 1800), Pa­ riser Ebenist, der 1742 Meister wurde. Seine Möbel sind zum Teil in reinstem ■> Rokoko­ stil gearbeitet, zum Teil aber auch in stren­ gem -> Empire; sie sind vielfach gegliedert und verziert, vor allem mit schönen Blumenmarketerien.

P -CARRIER GARTENTEPPICH, ·> persischer Teppich, dessen Muster aus Darstellungen von Gar­ tenszenen (Bäume, Beete, Wasserläufe mit Fischen und Vögeln u. dgl.) besteht, eine höfische Schöpfung des 17. und 18. Jhs.

GOUDREAU, Antoine Robert (um 1680 bis 1751), bedeutender Pariser Ebenist des Rokoko. Er war von 1726 an für den fran­ zösischen Hof tätig und hat an der Innen­ ausstattung der königlichen Bibliothek in Paris und der Tuilerien gearbeitet. Auch für die Marquise de Pompadour hat er Aufträge ausgeführt. Sein bekanntestes Möbel ist ein prunkvoller Münzschrank, den er 1738 für die königlichen Privatgemächer in Versailles schuf. An -> Cressents Arbeiten erinnern die figürlichen und pflanzlichen Ornamente.

GEBENDE, Gebände, ein Frauenkopfputz des 13. Jhs, der aus einer aus einem Tuch gebildeten flachen, runden Haube mit einer das Haar ganz bedeckenden, um das Kinn laufenden Binde bestand.

GEBETSTEPPICH, kleiner Teppich aus dem Orient mit einer örtlich verschieden ge­ formten Gebetsnische (Mihrab) im Mittel­ feld, auf dem stehend oder knieend die vor­ geschriebenen Gebete verrichtet werden, (s. Abb. S. %). GEBRANNTE ERDE -> Terracotta.

GEFASST ist eine heraldische Figur, wenn sie von einer anderen getragen wird.

GEFLUTET, in der ->- Heraldik Bezeich­ nung für die Abgrenzung durch eine Wel­ lenlinie. GEFUSSTER HALBER FLUG, Bezeich­ nung für eine heraldische Figur: ein Adler­ flügel, der auf einer Adlerklaue steht.

GEGENSIEGEL, ein kleines Siegel auf der Rückseite eines größeren.

GEHILZE, mittelalterliche Bezeichnung für den Schwertgriff.

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GEMME

Gebetsteppià) Ghiordes

GEHÖRROSE oder Ohrstern wird an Hel­ men des 16. Jhs. oft die Ohröffnung ge­ nannt, wenn sie die Form einer Rosette oder die eines Sterns hat.

GEISSFUSS, französisch pied de biche, Be­ zeichnung für den in gestreckter S-Form geschweiften Möbelfuß des Rokoko, der häu­ fig in einen Huf ausläuft. Er war an die Stelle des steifen Balusterfußes getreten, der an den Möbeln des -> Louis-XIV-Stils üb­ lich war. Später wurde der G. durch den geraden, sehr oft kannelierten und sich nach unten verjüngenden Fuß abgelöst. Die Form des G.es ist wahrscheinlich in Anleh­ nung an ostasiatische Vorbilder entstanden.

GEKRÖPFTES GESIMS, Bezeichnung für ein um Mauervorsprünge, Pfeiler, Säulen, herumlaufendes -> Gesims. GELBHOLZ in seinen verschiedenen Arten wird zum Färben von Baumwolle oder Lei­ nen benutzt. Für Tischlerarbeiten findet das mit roten Adern durchzogene ostindische Gelbholz Verwendung.

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Gebetsteppidi, türkische Hofmanufaktur

GEMEINE FIGUREN, Bezeichnung für heraldische Figuren, die etwas Bestimmtes, Erkennbares darstellen: natürliche gemeine Figuren sind Gestalten, Tiere, Pflanzen, Berge usw., künstliche gemeine Figuren Gebäude, Werkzeuge, Waffen und andere Gegenstände.

GÉMILLIONS (fr.) heißen zwei zusammen­ gehörende Schüsseln gleicher Form, aber verschiedener Größe, die im 13. Jh. zum Waschen der Hände nach dem Mahl benutzt wurden. Die kleinere Schüssel hatte ein Loch im Boden, durch das eingefülltes Wasser über die Hände des Tafelnden in die dar­ untergestellte größere Schüssel lief. Die G. wurden in Limoges gemacht, einige aus email­ liertem Kupfer.

GEMME, geschnittener Stein (Edelstein oder Halbedelstein). Erhaben geschnittene Gem­ men werden auch -> Kameen, solche mit gravierter Darstellung Intaglien genannt. Die Kunst des Steinschneidens (Glyptik oder Gemmoglyptik) wurde im Altertum geübt. Zunächst war die Gemme Siegelstein,

GERECHTIGKEITSHAND

vertieft geschnitten. In der mykenischen Kunst wurden Gemmen mit bildlichen Dar­ stellungen in feinster Arbeit geschnitten. Für die griechische Kunst seit dem 6. Jh. sind die geschnittenen Steine von außerordent­ licher Bedeutung. Sie sind kleine Kunst­ werke und geben in ihrer Darstellung und in ihrem Stil Hinweise auf die Plastik. Auch etruskische und römische Gemmen stehen der Kunst ihrer Zeit in nichts nach und wurden hochgeschätzt. Die antiken Gemmen galten im Mittelalter als besondere Kostbarkeiten, die als wertvolle Schmucksteine verwendet wurden. Im MA selbst wurde die Stein­ schneidekunst kaum gepflegt, erst die Re­ naissance wandte sich ihr wieder zu, indem sie in Nachahmung der antiken Motive eigene Arbeiten hervorbrachte (auch Bild­ nisse), vor allem aber die antiken Gemmen wieder als selbständige Kunstwerke ver­ stand und aus dem mittelalterlichen Rahmen befreite (bedeutende Sammlung von Gem­ men des Lorenzo Medici in Florenz). Zu einer wirklichen Blüte ist die Steinschneide­ kunst jedoch nicht gekommen, auch in spä­ terer Zeit (18. Jh.) nicht, als man die Tech­ nik vollkommen beherrschte und Fälschun­ gen hervorbringen konnte. So gehört die Gemme eigentlich ganz in den Bereich der antiken Kunst.

GENÄHTE SPITZEN ·> Nadelspitzen.

GENDSCHEH-TEPPICHE, Nomadentep­ piche, die auf dem Markt der heutigen Stadt Kirowabad im Kaukasus, die unter persischer Herrschaft Gengha oder Gendje hieß, verkauft wurden. Ihre Hauptfarbe ist Weiß. In der Musterung ähneln sie den

->· Kazaks: diagonale Streifen, Rauten, Ha­ ken, Rechtecke, Kreuzformen, breite Bor­ düren. GENUESER SPITZEN, in Genua herge­ stellte Klöppelspitzen mit einem Grundnetz aus sechseckigen Maschen. GEORGSTALER, Silbermünze mit der Darstellung des Hl. Georg als Ritter, der den Drachen tötet. Sie wurden von Krie­ gern als Amulett getragen. Am bedeutend­ sten sind die G. des 17. Jhs. aus Kremnitz (Ungarn) und die der Grafen von Mans­ feld. GEPRÄGE, erhabene Bilder und Schriften auf Münzen und Medaillen.

GERA, 1779 von Johann Gottlob Ehwaldt und Johann Gottbrecht gegründete Porzel­ lanmanufaktur, die bald darauf von Johann Andreas und Georg Wilhelm ·> Greiner als Zweigfabrik der -> Volkstedter Manu­ faktur übernommen und bis 1782 geführt wurde. Die Porzellanmasse ist nicht ganz weiß, die Glasur grau oder grünlich und die Dekoration in großer Zeichnung mit starker Farbe aufgemalt, oft stellt sie Nach­ ahmungen von Kupferstichen mit Thüringer Landschaft o. ä. dar. Die Formen sind klassizistisch.

ς.

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GERAIT, GEREIT, die prächtig verzierte, lang herabhängende Decke auf dem Rücken der Pferde, wenn sie beim Turnier oder in feierlichen Aufzügen mitritten.

GERECHTIGKEITSHAND, meist aus El­ fenbein geschnitzte Hand mit erhobenem Daumen, Zeige- und Mittelfinger, die den Segen erteilt und als Symbol der Gerechtig97

GHIORDESKNOTEN

keit auf der Spitze des Gerichtsszepters fränkischer, französischer und englischer Kö­ nige stand.

sind, deren jede von einem hölzernen er­ habenen Rahmen eingefaßt ist.

GETRIEBENE ARBEIT -> Treibarbeit.

GERLACH, J. Karl (gest. 1786), Porzellan­ maler, der bis 1745 in Meißen gearbeitet hat, dann im Dienste Friedrichs des Großen und in Wien tätig war, 1759 für zwei Jahre nach Ansbach ging und schließlich von 1761 an als berühmtester Porzellanmaler wieder an der Manufaktur Meißen war. GESCHABTE MANIER, Schwarze Kunst -> Kupferstich.

GESCHLAGEN nennt man Metallarbeiten, für die nur Hammer und Amboß Werk­ zeuge waren. GESCHNITTENER STEIN -> Gemme.

GESCHUPPT heißen heraldische Figuren, wenn sie mit Schuppen bedeckt sind. Hat die Figur nur an ihrem Rande Schuppen, so heißt sie ausgeschuppt, wenn die Rundseite der Schuppen nach außen, eingeschuppt, wenn sie nach innen weist.

GHIORDES, Teppich aus Ghiordes, dem antiken Gordium, in der nördlichen Türkei, der sehr dicht geknotet ist. Die Kette be­ steht aus Baumwolle oder Wolle, Schuß und Flor sind aus Wolle (-> Ghiordesknoten). Der G. ist meist Gebetsteppich, wobei in der Gebetsnische zwei Säulen stehen und von der Spitze des Giebels eine Ampel oder eine Blume herabhängt. Die Bordüren zei­ gen -> Herati- oder Blumenmuster. GHIORDESKNOTEN, türkischer Knoten, der den Flor bildende Knoten des klein­ asiatischen und kaukasischen Teppichs, der — im Gegensatz zum persischen Knoten (-> Senne) — zwei Kettenfäden von unten her umschlingt, so daß die Enden des Knoten­ fadens zwisdien ihnen wieder hervorkom­

GESIMS oder Sims, an Bauwerken oder Möbeln ein waagrechter Streifen, der aus der Mauer oder Fläche heraustritt und zur architektonischen Gliederung beiträgt, indem er — in einfacher oder z. B. mehrfach ge­ stufter Form — das Aufeinandertreffen von senkrechter und waagrechter Gliederung der Fläche auffängt (z. B. zwischen zwei Ge­ schossen, am Dach oder oberen Absdiluß, am Sockel usw. -> gekröpftes Gesims).

GESTRICKTE GLÄSER, Fadengläser mit zwei Schichten von Fäden, die einander kreuzen. GETÄFELT heißen Wände, Decken, Türen usw., wenn sie mit Holztafeln bekleidet

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men. Neuere Teppiche sind oft mit einem Knoten geknüpft, der vier statt zwei Ketten­ fäden auf einmal umschlingt, ein Zeit und Material sparendes Verfahren, das aber die Qualität des Teppichs herabsetzt.

GLAS

GIEBEL, das Wandstück zwischen den Schrägen eines Satteldaches, in der Grund­ form ein Dreieck, das in den einzelnen Stil­ epochen verschieden ausgestaltet wurde.

GIEBELSCHRANK, frühmittelalterlicher Kastenschrank mit einer schmalen Tür oder zwei kleineren übereinanderliegenden Türen. Er ist von einem spitzwinkligen Giebeldach bekrönt, das häufig mit Schnitzereien ver­ sehen und an der Rückseite abgetreppt wurde. Der Typus geht wahrscheinlich auf ein spätantikes Vorbild zurück; er war vor allem im 14. Jh. in Sachsen, Nord- und Süddeutschland, in Tirol, Skandinavien und England verbreitet. GIESSEN, flüssiges Metall, Glas u. dergl. wird in eine -> Hohlform gegossen, die nach dem Erkalten und Erstarren der Masse ent­ fernt wird.

GIESSGEFÄSS -> Aquamanile. GIESSKELLE, ein Eisenlöffel zum Einfüllen des geschmolzenen Metalls in die Form. GIESSPFANNE, ein großes, flaches Gefäß aus Eisen mit zwei Stielen, das beim ->· Gießen benutzt wird, um das flüssige Metall in die Form zu füllen.

GINORI -> Doccia.

GIOANETTI, Vittorio Amadeo (1729 bis 1815), ein Arzt, der 1780 die stilliegende Porzellanmanufaktur in Vinovo bei Turin wiedereröffnete, nachdem es ihm (Zufalls­ erfindung bei seinen wissenschaftlichen Ver­ suchen) gelungen war, eine Porzellanmasse von besonderer Feinheit herzustellen, aus der schöne Gefäße hergestellt wurden. GIOVANNI DA VERONA ■> Verona.

GIPSABGUSS ■> Abguß.

GIRANDOLE (fr. von ital. girandola = Feuerrad), Bezeichnung für einen großen Armleuchter mit vielen Armen.

GIRASOL, auf der Oberfläche hell schim­ mernder -> Korund, dessen eigentliche Farbe ein tiefes Rot, Gelb oder Blau ist. GITTER, Abschluß, Schranke — den Blick durchlassend — aus sich kreuzenden Stäben, Flechtwerk oder ausgeschnittenen Platten, aus Stein, Metall oder Holz gebildet. Vor allem im MA wurden Gitter aus Eisen oder Bronze zum Abschluß von Kirchen, als Chorgitter, Einfassungen von Grabmälern u. a. kunstvoll geschmiedet (z. B. das be­ rühmte Gitter der Scaligergräber in Verona). Das Verschlingen der Stäbe und die Gestal­ tung der eingefügten Zierformen (Blumen, Blätter, geometrische Figuren u. dgl.) wurde dann in der Barockkunst in phantasievoller Üppigkeit ausgeführt, so daß das G. den Blick allein auf sich zog und die dahinter­ liegende Aussicht beinahe ganz verdeckte. Be­ sondere Formen -> Korbgitter, Rollgitter.

GLANZVERGOLDUNG, ein zur Dekora­ tion einfachen Porzellans angewandtes Ver­ fahren anstelle der echten Vergoldung. Es wurde 1830 in Meißen erfunden: 10—15% Gold wird mit geschwefelten ölen vermischt (Goldbalsam) und wie Farbe aufgetragen. G. ist billiger und in der Ausführung ein­ facher als Vergoldung; die Wirkung des warmen Goldtons kann sie nicht erreichen.

GLAS wurde im 4. Jahrtausend vor Chr. in Ägypten hergestellt und zu kleinen Schmuck­ gegenständen verarbeitet. Gefäße, Gläser wurden erst in späterer Zeit geschaffen. Kunstvolle Glasarbeiten kamen aus den rö­ mischen Werkstätten (z.B. -> Diatreta), sie 99

GLOCKE

übertrafen die aus Alexandria. Im 1. Jh. n. Chr. war die Glasherstellungskunst auch in Gallien und am Rhein heimisch geworden, vor allem in der Gegend von Köln. Die Ver­ zierung von Glas geschah durch Einschmelzen andersfarbigen Glases in die Masse (-> Fa­ denglas, Millefiori), durch Färben mit Email­ farben oder Gold oder durch Überziehen mit einer zweiten farbigen Glasschicht (Über­ fanggläser). Das Glas selbst kann aber auch durch Schleifen oder Schneiden verziert wer­ den. Seit dem MA ist die Glaskunst in Nord­ europa aufgeblüht, im 14. und 15. Jh. be­ steht ein großer Reichtum an Formen und Verzierungen (-> Angster und andere For­ men). Bedeutend war das ■> Venezianische Glas und im Barock und Rokoko das -> Kri­ stallglas. Die neuere Zeit (->Gallé) greift auf die alten Techniken zurück. GLASACHAT -> Obsidian.

GLASIEREN -> Glasur. GLASOPAL -> Hyalith.

GLASUR, eine glasartige Masse, mit der -> Keramik überzogen wird, um den ->Scherben abzudichten und ihm eine glatte, glänzende Oberfläche zu geben. Die Zusam­ mensetzung richtet sich nach der Art des Scherbens, dessen Grundsubstanz sie meistens enthält. Porzellanglasuren sind Erdglasuren, die aus Kieselsäure, Tonerde, Alkalien und Erdalkalien bestehen und in dieser Zusam­ mensetzung schneller schmelzen als der Scher­ ben, in dessen Poren sie eindringen. Ton­ waren und Steingut erhalten häufig eine Bleiglasur, d. h. einen bleihaltigen Glasüber­ zug, der durchsichtig ist und ebenfalls bei niedrigerer Temperatur schmilzt als der Scher­ ben. Emailglasur ist eine farbige, undurch­ sichtige G., die die Farbe des Scherbens voll­ ständig überdeckt. Sie ist blei- und zinn­ haltig. Die meisten Werkstätten haben eigene 100

Glasuren entwickelt, deren Zusammenset­ zung der von ihnen verarbeiteten kerami­ schen Masse und ihrer künstlerischen Gestal­ tung am meisten entspricht. GLOCKE, die ältesten Glocken sind wohl in China nachweisbar; im christlichen Abend­ land kamen sie zuerst in den Klöstern in Nordafrika (vor 500) in Gebrauch und wur­ den von dort aus in den Kirchen Italiens und dann im Norden übernommen, um die Gläubigen zur Meßfeier zu rufen. Die an einigen Orten üblichen Trompetensignale wurden von Glockengeläut abgelöst. Für die — anfangs kleinen — Glocken fand sich in der Architektur bald ein eigener Platz, die Glockenstube, der Glockenstuhl oder der Glockenturm (ital. Campanile). Im Laufe des MAs wurden die Glocken zu vollkom­ mener Schönheit entwickelt, was ihre äußere Gestaltung und ihren Klang anbetrifft. Sie wurden nun nicht mehr geschmiedet, sondern gegossen. Seit dem 14. Jh. haben sie die große Form. Die Kunst, ein Zusammenspiel vieler, im Klang aufeinander abgestimmter Glocken zu schaffen, beherrschten im 14. und 15. Jh. vor allem die niederländischen Glockenmacher, die noch jahrhundertelang Meister des Glockenspiels blieben. Das Material für den Glockenguß, die Glockenspeise, ist eine Mischung von Kupfer und Zinn (in neuerer Zeit oft auch Guß­ stahl). Über einem gemauerten Lehmkern wird das sog. Hemd oder die „falsche Glocke“ aus Lehm, ein Modell der späteren richtigen Glocke, gelegt, das die Form an­ gibt. Über das Hemd wird ein Wachsüberzug gegeben, der die reliefartigen Inschriften und Ornamente trägt. Darüber kommt der Man­ tel aus Lehm. Nach dem Erhärten des Man­ tels wird er abgenommen, er trägt nun als Hohlform auch die Ornamente. Das Hemd wird entfernt, und nun kann zwischen Man­ tel und Kern die Glockenspeise eingegossen werden. Der Klang der Glocke ist durch ihr

GOLDENE ROSE

Profil bestimmt, das vom Gesamtdurchmes ­ ser der Glocke und von der Dicke der Wand abhängt.

GODRON (fr.), Rundfalte; Bezeichnung für einen rund geschwungenen oder länglichen Buckel an Metallarbeiten.

GLOCKENRAD ■> Schellenrad.

GOLD, das edelste Metall, das seit vor­ geschichtlicher Zeit als Kostbarkeit galt. Es kommt in der Natur gediegen vor, jedoch selten rein, sondern mit Silber-, Kupfer-, Eisenmetallen u. a. zusammen, und zwar in der Erde in Quarzgängen (Berggold) oder in Gesteinsablagerungen, bei denen durch Ver­ witterung des goldhaltigen Gesteins feiner Staub oder auch Körnchen und gar Klumpen aus Gold sich absetzen (Goldseifen). Haupt­ funde in Südafrika, der Sowjetunion, in Australien, Kanada, den Vereinigten Staaten von Amerika, in Schweden und Siebenbür­ gen. Die Funde auf dem europäischen Kon­ tinent sind heute gering. Frühere Funde sind erschöpft. Z. B. hatte in römischer Zeit Gal­ lien Gold, im MA hob man eine Zeitlang, wenn auch nur in kleinen Mengen, aus dem Rhein zwischen Basel und Mainz Gold, das im Flußsand lagerte. Die Hochschätzung des Goldes für die künstlerische Verarbeitung be­ ruht vor allem auf seiner Dehnbarkeit (-> Goldschmiedekunst).

GLOCKENTALER, braunschweigische Mün­ zen, die eine Glocke auf der Schauseite zei­ gen. Sie wurden geprägt zur Erinnerung an den Abzug der Kaiserlichen Truppen aus Wolfenbüttel im Jahre 1634 (Dreißigjähriger Krieg).

GLÜCKSRAD, in der mittelalterlichen Kunst häufig dar gestelltes Symbol der Wandelbar­ keit des Glücks: ein sich drehendes Rad, an dem Menschen sich festhalten und mit der Bewegung auf und ab steigen (z. B. Mosaik­ fußboden im Dom von Siena, Radfenster im Dom zu Basel). GLYPTIK (gr.), die Kunst, Steine zu schnei­ den ->■ Gemme.

GLYPTOTHEK, eigentlich Bezeichnung für eine Sammlung von -> Gemmen, aber auch Sammlungen antiker Skulpturen werden G. genannt: Münchener G. (erbaut von Leo von Klenze), Ny-Carlsberg-G. in Kopenhagen.

GOLDBRAKTEATEN -> Brakteaten.

GNADENPFENNIG, eine goldene Me­ daille mit Bildnis und Wappen des Für­ sten (meist 17. Jh.), die dieser als Zeichen seiner besonderen Gnade und als Auszeich­ nung verlieh. Die Medaille hing an einer Kette, der Gnadenkette.

GOLDENES VLIES (fr. Toison d’or; span. Toisón de oro), von dem Burgunderherzog Philipp dem Guten im Jahre 1430 gestifteter Orden mit einem Goldenen Vlies als Ordens­ zeichen: ein goldenes Widderfell unter einem Feuerstein hängt an einer mit Feuersteinen besetzten Kette. Unter den Habsburgern blieb das G. V. der höchste Orden.

GOBELIN (-> Bildweberei), handgewebter Bildteppich oder Bildbehang, dessen in fei­ nen Farben und Farbschattierungen gearbei­ tetes Muster nach einer Vorlage in Original­ größe gewebt wird. Die Arbeit geschieht auf einem Webstuhl in -> Basse-Lisse, die Kette besteht aus Baumwolle oder Leinen, der Schuß aus farbigen Wollfäden, die das Mu­ ster bilden.

GOLDENE ROSE, Tugendrose, eine aus Gold gearbeitete Rose, die der Papst jedes Jahr am 4. Fastensonntag weiht und als An­ erkennung für besondere Verdienste um die Kirche verschenkt. Der Brauch, goldene Ro­ sen zu schenken, kam zuerst im 11. Jahr­ hundert auf, als Papst Urban II. einen gol­ denen Rosenstock einem Grafen von Anjou als Geschenk überreichen ließ. Die Regel-

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GOTIK

mäßigkeit ist erst später nachzuweisen. Große prachtvolle Rosen wurden im 17. Jh. ver­ geben.

GOLDLÜSTER, aus einer Mischung von Gold und Zinn hergestellte Farbe für Por­ zellan und Steingut (vor allem englisches): ein zartes Rosarot mit goldenem Schimmer. GOLDSCHMIEDEKUNST, Kunstwerke aus Gold — auch Silber und Platin — durch Treib- und Hämmerarbeit fertigen. Diese Kunst wurde im Altertum, wie die Funde zeigen, in höchster Vollendung geübt, ebenso in der Völkerwanderungszeit. Das Material war vor allem Gold. Germanische Gold­ schmiede haben die Wirkung der Arbeiten noch durch farbige Einlagen oder mit Zellen­ verglasungen erhöht. Hervorragende Werke wurden in Byzanz gemacht, vor allem mit Emailverzierung. Goldschmiedearbeiten des MAs sind in herrlichen Arbeiten erhalten: Reliquiare, Meßkelche, Kreuze, die Reichs­ insignien usw., die häufig mit Perlen und Edelsteinen geschmückt sind. Ein berühmtes Werk mit Reliefarbeit ist z. B. eine Altar­ tafel aus Basel aus dem Anfang des 11. Jhs., die sich heute im Musée Cluny in Paris be­ findet. Bedeutende Werke der Romantik, vor allem prächtige Reliquienschreine, wurden in rheinischen Werkstätten gearbeitet (-> Eilbert von Köln, Nikolaus von Verdun). Die gotischen Arbeiten zeigen oft Elemente der Architektur. In der Zeit der Renaissance er­ weiterte sich der Bereich der Goldschmiede­ arbeiten: Tafelgeschirre, Pokale, Luxusgegen­ stände aus Gold und aus Silber. Im pracht­ liebenden Barockzeitalter blühte die Gold­ schmiedekunst weiter. Die Goldschmiede traten zuerst in Frank­ reich, in Paris spätestens 1275, zu einer Zunft zusammen, die auf die Verwendung reinsten Materials Wert legte (-> Besdrauzeichen). Besondere Techniken der Goldschmiedekunst -> Email, Filigran, Niello, Tauschieren. 102

GOTHA, Porzellanmanufaktur, die 1757 von W. von Rotberg gegründet und 1802 von Prinz August von Gotha übernommen wurde. Dieser verpachtete sie von 1814 bis 1834 an Edidius Henneberg. Die weiße Por­ zellanmasse ist mit weißer Glasur überzogen, kleine Service, -> Solitaires, Tête-à-têtes in schlichten, eleganten Formen. Der Dekor ist

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Gotha

Gotha

um 178$

Gotha

um 1783

ab 180 s

sehr sorgfältig ausgeführt: Malerei in zarter Farbgebung, Blumen, Bordüren, im Klassi­ zismus dann Ruinenlandschaften, antike Köpfe, Nachahmungen antiker Vasenmalerei. Auch Plastik in Biskuit wurde ausgeführt, in Anlehnung an Arbeiten der -> Fürsten­ berger Manufaktur.

GOTIK, Bezeichnung für den Kunststil des MAs in der Zeit von etwa der Mitte des 12. Jhs. (in der Baukunst in Frankreich beginnend, in England erst im dritten Viertel des 12. Jhs., in Deutsch­ land erst nach 1230) bis zu Beginn des 16. Jhs. Der Begriff Gotik wurde in Italien geprägt, dort verstand man in der be­ ginnenden -> Renaissan­ ce (um 1420) die voran­ gegangene, zwischen der Antike und den neuen Kunstströmungen liegen­ de Stilstufe als barba­ risch, „gotisch“ (Giorgio Vasari). In Italien hatte die G. dann auch nichr die Bedeutung wie in den anderen europä­ ischen Ländern. Von Frankreich aus nahm die

GRANATAPFELMUSTER

gotische Baukunst ihren Ausgang, die sich von der ->■ Romanik vor allem durch ein anderes Raumverständnis unterschied: der Raum wird mit allen seinen Gliedern als Einheit empfun­ den. Zwischenwände lockern sich und geben den Blick frei für das Ganze. Diesem Be­ streben der einheitlichen Durchgliederung des Baus entsprechen die Formen: Spitzbögen (statt der Rundbögen), Kreuzrippengewölbe, Strebewerk, Betonung der Vertikalen in der Gesamtwirkung. Die plastische Ausschmükkung dieser Bauten steht ganz im Dienst des gotischen Gedankens: hochstrebend, feingliedrig und schwebend, dabei aber kraftvoll realistisch sind die Figuren. Auch Arbeiten des Kunsthandwerks (Goldschmiedearbeiten, Möbel u. a.) dieser Zeit entsprechen den For­ men der gotischen Kunst. Nach der Abwer­ tung der G. im -> Klassizismus hat die Ro­ mantik vor allem sie wieder geschätzt (Neu­ gotik). GOURDIN, Jean Baptiste, Pariser Stuhl­ macher, der 1748 Meister seines Handwerks wurde und bis 1764 tätig war. Für den Prinzen von Soubise vor allem hat er zahl­ reiche Sitzmöbel geschaffen, die sich durch schlichte, elegante Formen, feine Profilierung der Linien und sparsame Schnitzerei aus­ zeichnen.

GOURDIN, Michel, Bruder von Jean Bap­ tiste G., Pariser Stuhlmacher, 1772 Meister. Er arbeitete für den französischen Hof.

Μ·GOURDTN GOUTHIÈRE, Pierre (1732—1813/14), Pa­ riser Bronzeziseleur (-> ziselieren), dessen Arbeiten zu seiner Zeit viel gerühmt wurden. Er wurde 1758 Meister und arbeitete von 1768 bis 1777 in vielen französischen Schlös­ sern. Ein Juwelenschrank für Marie Antoi­ nette, der von 1769 bis 1770 entstand, ist zum großen Teil von G. ausgestattet. Er hat

für die bekanntesten Pariser Kunsttischler Bronzebeschläge für Möbel gearbeitet. GRÄBNER, Karl, Verfasser eines 1837 er­ schienenen, vielbeachteten Buches: „Wahres eröffnetes Geheimnis der Zubereitung ver­ schiedener Porzellan-, Steingut-, Fayenceund Töpferglasuren.“ GRÄFENTHAL, Porzellanmanufaktur in Thüringen, die 1861 von -> Unger, Carl Schneider und -> Hutschenreuther gegrün­ det, von 1885 als Schneider & Hutschen­ reuther und bald darauf von Schneider allein geführt wurde. Heute besteht das Unter­ nehmen unter der Marke Carl Schneider’s Erben und stellt teilweise lebensgroße Figu­ ren und Figurengruppen, vor allem Tier­ plastiken her.

GRAFFIATO, (ital.) eine Technik des Be­ malens von Tongefäßen: eine Farbschicht wird dick aufgetragen, dann wird das Orna­ ment in sie eingegraben; darüber wird eine Glasur gegeben, so daß nach dem Brand die Ornamente in der Naturfarbe des Scherbens erscheinen. GRANAT kommt in verschiedenen Arten vor. Die edelsten sind: böhmischer Granat oder Pyrop, ein blutroter, feuriger Edelstein, der in kleinen Körnern vorkommt und zu Schmuckgegenständen verarbeitet wird. Er war vor allem im 19. Jh. ein beliebter Schmuckstein. Heute zieht man die noch feurigeren Pyrope Kaprubin aus Südafrika und Arizonarubin aus Amerika vor. Der Almandin kommt selten als klarer Edel­ stein vor, war als solcher aber der kostbare Karfunkel des frühen MAs. Ein anderer, sehr seltener Granatstein ist der gelbgrüne Demantoid. GRANATAPFELMUSTER, Bezeichnung für ein in Wiederholungen auftretendes Muster der Seidenweberei, wie es in europäischen Arbeiten seit dem Ende des MAs vorkommt:

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GROSSBREITENBACH

große, verschieden gelappte Blätter mit einem Herzstück, das meist eine Distelblüte dar­ stellt — selten einen Granatapfel (dennoch der Name G.).

GRANULIEREN (von lat. granum = Korn), ein leichtflüssiges Metall in kleine Körner verwandeln, indem man es z. B. schmilzt und dann in sehr feinem Strahl in kaltes oder auch heißes Wasser gibt. Je nach der Art des Metalles und nach der gewünsch­ ten Form des Korns werden auch andere Granulationsverfahren angewandt. GRASSI, Anton (1755-1807), Wiener Bild­ hauer, der für das Schloß Schönbrunn viele Porzellanplastiken geschaffen hat. Er be­ stimmte weitgehend den Stil der Formen und der Plastiken der -> Wiener Porzellanmanu­ faktur und hat selber als Modellmeister dort gearbeitet. Seine späteren Arbeiten sind klas­ sizistisch geprägt.

GRAVIEREN, Zeichnung oder Schrift in Metall, Glas oder Stein einschneiden (> Kupferstich, Ziselieren, Glas, Gemme).

GREIF, ein aus dem Orient überkommenes Fabeltier mit Raubtierkopf und -klauen und mit Flügeln, dessen Bedeutung nicht klar ist. Es wird in der griechischen Kunst zuerst in Metallarbeiten dargestellt, dann in anderen Kunstbereichen, auch paarweise, wie es vor

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allem die römische Kunst tat. Auch das MA kannte den G. als Fabeltier, er ist in der Kunst der Romanik häufig dargestellt.

GREINER, Familie von Töpfern und Por­ zellanherstellern und -malern, die gegen Ende des 18. Jhs. fast die gesamte thüringi­ sche Porzellanherstellung beherrschte. Gott­ helf G. gründete 1762 die Manufaktur -> Limbach, kaufte 1782 das Unternehmen von -> Großbreitenbach und 1786 das von -> Ilmenau auf. An der Gründung der Manu­ faktur Wallendorf 1764 war er ebenfalls be­ teiligt. Johann Georg Wilhelm G. und Jo­ hann Andreas G. waren Porzellanmaler in -> Volkstedt; sie übernahmen 1780 die Ma­ nufaktur -> Gera. Die Manufaktur -> Rau­ enstein wurde 1783 von Johann Friedrich, Johann Georg und Christian Daniel G. ge­ gründet. Ein Wilhelm Heinrich G. wurde 1799 Mitinhaber der Manufaktur ■> Volkstett.

GRENADILLHOLZ, rotes -> Ebenholz, nach den Grenadill-Inseln benannt, das aber auch in anderen Gegenden geschlagen wird. GRENZHAUSENER STEINKRÜGE, in Grenzhausen (Nassau) hergestellte Steinzeug­ krüge mit blauer oder blaubrauner Email­ verzierung in eingetiefter Zeichnung. Die schönsten stammen aus dem 16. und 17. Jh., ihre Formen sind volkstümlich: Krüge mit abgeplattetem Bauch, ring- oder wurstförmig gearbeitete Krüge. GRIECHISCHES KREUZ ■> Kreuz.

GRISAILLE, Bezeichnung für Malerei grau in grau, wie sie nach dem Beispiel der be­ rühmten Grisailletafeln am Genter Altar der Brüder van Eyck (1431) als Nachahmung von Plastik in der Malerei geübt wurde. GROSSBREITENBACH, Porzellanmanu­ faktur in Thüringen, 1778 von Anton Fried-

GUÉRIDON

ridi Wilhelm Ernst von Hofgarten gegrün­ det, 1782 von Gotthelf ■> Greiner über­ nommen und von diesem mit der Manufak­ tur ■> Limbach verbunden, deren Marke in Gestalt eines Kleeblatts die Erzeugnisse von G. seit 1788 trugen und deshalb heute von denen von Limbach schwer zu unterscheiden sind. Die heute noch bestehende Porzellan­ fabrik war bis 1869 Eigentum von Nach­ kommen des Gotthelf Greiner. GROTESKE, Bezeichnung für ein arabesken­ artiges Ornament (-> Arabeske), in das menschliche oder tierische Gestalten, Archi­ tekturteile, Blumen, Früchte oder Gegen­ stände verwoben sind. Sie wurde aus der Kunst der römischen Antike als Ornament­ motiv von den Renaissancekünstlern aufge­ nommen und phantasievoll gestaltet.

wurde der bedeutendste Barockbildhauer Schleswig-Holsteins. Er hat Altäre, Kanzeln, Epitaphe geschaffen, sowie andere Werke, deren Zuschreibung jedoch unsicher ist.

GUÉRIDON (fr.), ein hohes, schmales Tisch­ chen mit einer meist runden Tischplatte, das zum Abstellen der Kerze oder anderer Dinge diente. Es gehörte während des 17. Jhs. zur luxuriösen Zimmereinrichtung. Es ist benannt nach dem Namen eines berühmten Galeeren­ sklaven, der Guéridon hieß und die Aufgabe des Leuchtertragens zu erfüllen hatte. Man­ che der Tischchen waren auch in der Gestalt eines Negers gebildet, auf dessen erhobenen Händen ein rundes Tablett ruhte.

GRUBENSCHMELZ -> Emad.

GRUNDGEWEBE von Teppichen besteht wie ein einfaches Gewebe aus Kette und Schuß. GUCKEISEN, Jakob, Kunstschreiner und Kupferstecher aus Köln, der von 1596 bis 1611 in Straßburg tätig war. Er gab, zum Teil zusammen mit H. J. -> Ebelmann in mehreren Bänden Entwürfe für Architektur und Möbeltischlerei heraus, die sehr beachtet wurden.

GUDEWERDT, Hans I (gest. 1642), Bild­ schnitzer in Eckernförde (Holstein), zuerst 1596 nachweisbar. Sein Hauptwerk ist die Kanzel in der Kirche von Gettorf, die zwi­ schen 1596 und 1598 entstanden ist. Außer­ dem sind zahlreiche Truhen von seiner Hand erhalten, die reich mit Schnitzereien (bibli­ schen Szenen) geschmückt sind. Die Rahmen sind mit Rollwerkornamenten besetzt und mit figürlichen Schnitzereien (allegorische Gestalten, Tiere, Fabelwesen) belebt. Sein Sohn Hans Gudewerdt II (um 1600—1671)

àiur-i iim.

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GUTHMANN

GÜL, ein Schmuckmotiv auf Teppichen des Orients, eine Art Stammeswappen. Vor allem die kleinen viergeteilten Medaillons auf

GUSTAVSBERG, schwedische, um die Mitte des 17. Jhs. gegründete Manufaktur für Keramik, die seit 1822 Porzellan herstellte. Die Produktion lehnte sich anfangs vor allem an englische Vorbilder an, erst um die Jahr­ hundertwende und vor allem nach 1917, als Wilhelm Käge die Leitung der Fabrik übernahm, brachte sie originelle Schöpfungen hervor.

GUTE FORM, eine Gußform, die zum mehr­ maligen Gießen eines Metallwerks benutzt werden kann, im Gegensatz zur verlorenen Form (->- Bronzeguß).

Turkmenenteppichen werden je nach Form und Farbe verschiedenen Stämmen zuge­ schrieben.

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GUTHMANN, Georg Adam, Würzburger Hofbildhauer, der wahrscheinlich aus Mün­ chen stammte. Er wurde 1736 mit der Aus­ führung von Schnitzarbeiten für die Würz­ burger Residenz beauftragt. Einige Konsol­ tische im Südflügel sind von seiner Hand.

Entwurf für eine Truhe von Jakob Guckeisen

HAARDRAHT, der feinste Golddraht, un­ ter 0,1 mm dick. HAARLINEAL, ein bei der Metallbearbei­ tung benutztes Lineal aus gehärtetem Stahl mit messerscharfer gerader Kante, das zum Überprüfen der Ebenheit von Flächen und Kanten des Werkstücks dient, indem man das zwischen Linealkante und zu prüfender Fläche einfallende Licht beobachtet.

HAARNETZ, ein Haarputz der Frau, der seit der Bronzezeit in Nordeuropa bekannt ist. Das H. war aus Schnüren oder Bändern geflochten oder aus feinem oder grobem Garn in verschiedenen weiten und dichten Maschenmustern geknüpft oder gehäkelt. Im MA wurden auch Gold- und Silberfäden dazu verwendet, sowie Perlen- und Edel­ steinbesatz. HAARRISSE, feine Risse in gebranntem Ton, in Putz oder Beton, die dadurch ent­ standen sind, daß Oberfläche und Innen­ fläche des geformten Materials sich beim Er­ härten nicht gleichzeitig zusammenziehen, sondern die der Außenluft stärker ausge­ setzte Schicht rascher.

HABANERFAYENCE, Keramik der Habaner, einer ursprünglich deutschen Wiedertäu­ fersekte (sog. Huttersche Brüder nach ihrem Begründer Jakob Hutter, 1528), die sich zu­ erst in Mähren, dann in Ungarn, Siebenbür­ gen und in der Ukraine niedergelassen hatten. Ihre Teller, Schüsseln, Töpfe, Krüge u. dgl. zeigen bunte Bemalung, auch blaue Glasur mit Bemalung. H. wurde bis zum Ende des 18. Jhs. hergestellt. HABERMANN, Franz Xaver, Augsburger Ornamentstecher (1721—1796). Durch seine

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phantasiereichen Vorlagen für Innendekora­ tionen im reinen Rokokostil hatte er auf das Kunsthandwerk großen Einfluß. In mehreren Folgen seines umfangreichen Kupferstich­ werks legte er Möbelentwürfe — besonders von Tischen, Kommoden und Sitzen — vor, die sich vor allem durch ihre harmonische Linienführung und durch die feine, klare Ausgestaltung der Ornamente auszeichnen. HABERSTUMPF, Karl, Egerer Kunstschrei­ ner und Bildhauer (1656—1724). Von seinen Arbeiten sind ein Schreibtisch und eine Kom­ mode im Museum von Eger erhalten. Sein Sohn Nikolaus (1691—1728) arbeitete mit ihm zusammen, aber auch selbständig in Prag und Nürnberg, wo er offenbar große Beach­ tung fand. Von Nikolaus H. besitzt das Museum für Kunsthandwerk in Frankfurt am Main zwei Reliefintarsien, die mit der Jahreszahl 1714 bezeichnet sind.

HACHURE (fr. = Schraffierung), Strich­ technik, vor allem im Kupferstich zur Er­ zielung von Schattenwirkung angewandt. Auch zur Bezeichnung der Farben in der Heraldik bedient man sich der H. mit Stri­ chen und Punkten. Hadsures à deux tons in der Webkunst kennzeichnet eine Technik, mit der ein bestimmter Farbton erzielt wird, nämlich durch Schraffierung in zwei (oder auch drei) verschiedenen Farben, die in

HALSKLEINOD

schmalen Parallelstreifen hintereinanderge­ ordnet sind. HAERTL, Johann, Wiener Kunstschreiner der 1. Hälfte des 19. Jhs. Zu den originellen Formen der Wiener Möbel dieser Zeit steuerte er ein beachtenswertes Stück bei: den im österreichischen Museum für angewandte Kunst aufbewahrten Sekretär, der die Gestalt eines Rundtempels hat.

HAFNERKERAMIK (Hafner, sd. Häfner = Töpfer, Ofensetzer; Hafen = Geschirr), Bezeichnung für Gebrauchsgeschirr und Ofen­ kacheln aus Ton, die einen Überzug aus Blei- oder Zinnglasur haben. Berühmt sind Hafnerwaren aus der Zeit der deutschen Renaissance, sehr kunstvoll wurden sie in Nürnberg von der bekannten Hafnerfamilie -> Preuning im 16. Jh. hergestellt, aus deren Werkstatt auch die sog. ■> Hirschvogelkrüge (Hafnerkeramik mit Reliefdarstellungen) stammen. Auch in Sachsen, Schlesien und Österreich gab es Zentren der H., in Öster­ reich vor allem für Ofenkacheln. Alle diese Erzeugnisse sind reich verziert mit Figuren und Pflanzenornamenten.

seit der Jungsteinzeit vor, auch bei den mei­ sten nichteuropäischen Völkern ist es bekannt, nicht aber in Australien. Es hat vielfache Deutungen erfahren, in der germanischen Kunst z. B. als Thors Hammer, als Son­ nenrad, Blitze u. ä.

HALBBRAKTEATEN -> Brakteat. HALBDOUBLETTE, ein doublierter Edel­ stein, dessen obere Schicht ausgebohrt ist.

HALBFRANZ, Bezeichnung für einen Buch­ einband, dessen Rücken und Ecken mit Leder überzogen sind (Halbleder). HALBGUT, eine Zinnlegierung mit Zinn und Blei zu gleichen Teilen.

HALBPORZELLAN, alte Bezeichnung für -> Fayence.

HALBSÄULE (auch Viertel-, Dreiviertel­ säule usw.), eine mit nur halbem (oder einem viertel, dreiviertel usw.) Durchmesser aus der Mauer hervortretende Säule. HALBTINTEN, Übergangsfarben zwischen Licht- und Schattenfarbtönen.

HAGENAUER FAYENCE -> Hannong.

HAKENBÜCHSE wehr des 15. Jhs. Lauf des Gewehrs Haken gelegt und

(fr. arquebuse), Schießge­ Beim Schuß wurde der auf einen gabelförmigen von ihm gestützt.

HAKENKREUZ (lat.: crux gammata, fr.: croix gammé, Sanskrit: Swastika), ein Kreuz, dessen Arme gleich lang sind und in rechtwinkligen (machmal auch spitz­ winkligen) oder bogenförmigen Haken en­ den. Diese Haken können nach rechts oder nach links gerichtet sein, verlaufen aber alle vier jeweils in einer Richtung, so daß der Eindruck einer Drehbewegung entsteht. Als Schmuckmuster kommt das H. in Europa

HALLORENGLÄSER, keulenförmige Glas­ humpen, in Emailfarben mit Wappen und Figuren bemalt, die in der Zeit von 1679 bis etwa 1730 in Halle a. S. für die Halloren, die Mitglieder der Salzpfännerzunft, herge­ stellt wurden.

HALSBERGE, ursprünglich „Halsschutz“, dann ein hemdartiger Panzer, der den Kör­ per vom Kopf bis über die Schenkel hinaus bedeckte (-> Harnisch). HALSKLEINOD, Ausdruck der Heraldik: das kleine Schmuckstück in Medaillenform, das an einer Kette oder Schnur um den Hals des Helmes hängt.

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HAND

HALSUHR, an einer Halskette getragene Uhr, gegen Ende des 16. Jhs. in vielerlei Gestalt hergestellt, z. B. in Kreuz-, Buchoder sogar Schädelform.

HAMBURGER SCHRANK, auch Hambur­ ger Schapp. Großer Barocksdirank mit zwei Türen und einem Sdiubladengeschoß als Sockel, der auf gedrungenen Kugelfüßen steht. Das Hauptgeschoß ist durch Pilaster gegliedert, die Türen durch Aufteilung in Felder mit verkröpften Rahmen. Den oberen Abschluß bildet ein gerades, profiliertes, vorkragendes Gesims. Die Pilaster, die Zwikkel der Türfelder, das Gesims können mit Holzschnitzereien verziert sein, die geraden Flächen mit Nußbaumholz furniert. Das früheste datierte Beispiel dieses in Hamburg hergestellten Typs stammt aus dem Jahr 1682. Der H. S. hat sich aus dem zwei­ geschossigen, viertürigen Schrank mit meist gewundenen Säulen entwickelt, wie er zwi­ schen 1660 und 1680 üblich war.

HO

HAMERANI, die, italienische Familie, deren Mitglieder als Stempelschneider der päpst­ lichen Münze im 17. Jh. berühmt waren. HAMILTONSPITZEN, schottische Spitzen, nach dem Namen einer Lady Hamilton be­ nannt, die um die Mitte des 18. Jhs. das Tragen einfacher Klöppelspitzen in Schott­ land modisch machte. HAND, in frühchristlicher Kunst ist die Darstellung einer aus den Wolken nach unten hin ausgestreckten Hand Symbol für Gott­ vater. Die Heraldik spricht von flacher Hand, d. h. eine geöffnete Hand (in Eng­ land: von blutroter Färbung auf dem Helm der Baronets), von geschlossener Hand, wenn die Innenseite der geballten Faust darge­ stellt ist, von verwandter Faust oder Hand, wenn nur der Handrücken sichtbar ist. — Als Zeichen der Münzgerechtigkeit war im MA oft eine Hand auf Münzen abgebildet. Diese hießen dann Händleinsheller.

HARNISCH

HANDDRUCK, ein Abdruck, der aus frei­ er Hand, ohne Zuhilfenahme einer Presse, von der graphischen Originalplatte genom­ men wurde. Audi das Bedrucken von Stoff oder Tapeten mit Modeln, ohne maschinelle Presse, wird so gemacht.

HÄNDLEINSHELLER ·> Hand. HANDPAPIER oder BÜTTENpapier, auch geschöpftes Papier genannt. Mit der Hand aus der Papierbütte genommenes Papier, dessen Ränder den Handschnitt zeigen. HANDSCHUH, Handbekleidung verschie­ dener Form und aus verschiedenem Material. Ein Armhandschuh ist aus einem ägyptischen Grabfund aus der Zeit um 1300 v. Chr. be­ kannt, Fausthandschuhe und dünne Fingerhandschuhe wurden im alten Griechenland getragen. Im Norden war die älteste Form der Fausthandschuh, der im MA noch bei den Bauern üblich war. Fingerhandschuhe ge­ hörten schon in frühchristlicher Zeit zur Bi­ schofstracht, dann auch zur Herrschertracht. Der H. wurde zum Symbol für Investitur, Belehnung, Rechtsprechung. Feine, perlen­ bestickte H. wurden vom Adel getragen, der rechte hingeworfene H. galt als Fehdehand­ schuh. Vor allem in Frankreich gab es am Ende des MA kunstvoll gearbeitete H., die als modisches Bekleidungsstück dann im 16. Jh. mit den Hugenotten nach Deutschland kamen. HANDSTUHL, ein mit den Händen betrie­ bener Webstuhl. HANDWERK -> Kunsthandwerk. HANNONG, Familie von Porzellanherstellern. Karl Franz H. (1669— 1739) war zuerst Töpfer und Pfeifenmacher, nach seiner Lehrzeit in Hol­

land in Köln und in Mainz tätig. 1721 be­ gründete er zusammen mit dem Straßburger Fayencehersteller Heinrich Wolckenfeld die Straßburger Fayencemanufaktur in der Stampfgasse, die er allein leitete. 1724 kaufte er in Hagenau, eine kleine Fayencefabrik hin­ zu. Seine Söhne Paul Anton (1700—1760) und Balthasar (1703—1753) erweiterten das Un­ ternehmen um die Fabrik -> Frankenthal, wo Porzellan hergestellt wurde. Die Straßburger und Hagenauer Erzeugnisse sind denen von Frankenthal sehr ähnlich.

HÄNSLEIN, Bezeichnung für einen kurzen Oberrock des 15. Jhs., von dem Namen Hans abgeleitet. HARLEIAN, ein Bucheinband in rotem Ma­ roquinleder mit breiter Bordüre und Mittel­ stück, von dem Engländer Harley, Graf von Oxford, zu Beginn des 18. Jhs. für die zahl­ reichen Bände seiner Bibliothek verwendet. Da diese Bibliothek ins British Museum über­ nommen wurde, fand der Einband als Harleian allgemein Verbreitung. HARNASCH, im 16. Jh. Ausrüstung für Krieger zu Fuß oder zu Pferde mit Sturm­ haube, Kragen mit Achseln und Achselkragen, Brust- und Rückenpanzer, langen Schößen, Armzeug, Handschuhen, aber ohne -> Rüst­ haken. Der sog. knechtische Harnasch für Fußsoldaten ist einfacher und hat kein Arm­ zeug. HARNISCH, (urspr. keltisches Wort, altfr. harnais), ein Panzer aus Metall zum Schutz des Körpers, ganz oder in einzelnen Teilen gearbeitet (Br«stharnisch, ßeinharnisch etc.). Er wurde von Kriegern zu Pferd und zu Fuß getragen und hatte im Laufe der Jahr­ hunderte verschiedene Formen: Schuppenpan­ zer: auf Leder aufgesetzte Eisenschuppen, wodurch größere Beweglichheit möglich wur­ de, waren in der Antike und im MA bis zum

III

HARNISCH

14. Jh. in Gebrauch. Im MA daneben -> Halsberg, Kettenhemd, Kettenpanzer, Pan­ zerhemd: enganliegendes Geflecht aus Eisen­ ringen. Darüber wurde ein Lederpanzer ge­ zogen, der ärmellose kurze Lentner. Der Plattenharnisch, ein gotischer H. des 15. Jhs. hatte eng nebeneinanderliegende Lederriemen,

auf die einander überlappende Platten ge­ heftet waren. Er bedeckte den ganzen Körper und bestand aus Kragen-, Achsel- und Rumpfteil mit Arm- und Beinschienen. Die Taille war scharf eingezogen. In der 1. Hälfte des 16. Jhs. wurde der sog. Maximiliansharnisch allgemein üblich, ein Platten-

1. Visierhelm

a Kamm

b Helmglocke c Visier

d Kinnreff

2. Halsberge a Federzapfen oder Schnallen zur Befestigung des Arm­

zeuges

3. Armzeuge

a Schulter b Oberarmröhre c Armkachel

d Handschuhe e Unterarmröhre 4. Harnischbrust

a Brustrand b Armausschnitt c Rüsthaken

d Bauchreifen e Beintaschen

5. Beinzeug a Oberdiechling

b Unterdiechling

c Kniekachel

d Beinröhre e Schuhe

6. Panzerhemd

II2

HAUPT

harnisch, wie ihn Kaiser Maximilian I. trug. Er hieß auch Riffelharnisch wegen der fei­ nen, oft kunstvoll gearbeiteten Riffelplatten. In der 2. Hälfte des 16. Jhs. trugen Reiter und Landsknechte den halben H. (Feuer­ waffen verdrängen die Einzelkämpfe, schnel­ lere Beweglichkeit wurde wichtiger als die Bepanzerung des ganzen Körpers), der im 17. und 18. Jh. als Küraß weiterlebt. — H. in der Weberei bezeichnet die Anordnung der Schnüre am Webstuhl, von denen die Ketten­ fäden hochgezogen werden.

HARRASSGARN, grobes, hartes Kammgarn, Schußmaterial für Bänder (Harrasband) und für Teppiche. HÄRTE, in der Festigkeitslehre Bezeichnung für den Widerstand eines festen Körpers ge­ gen das Eindringen eines anderen festen Körpers bei Druck, Stoß o. ä. Die Härteskala der Mineralien (nach F. Mohs, 1779—1839) wird bestimmt nach der Reihenfolge, in der sich ein Mineral von einem anderen ritzen läßt. Härtegrade 1 bis 10, an oberster Stelle mit Ritzhärte 10 steht der Diamant. Be­ stimmte Stoffe können durch künstliches Ver­ fahren erhärtet werden.

HATSCHLU, geknüpfter Turkmenenteppich, der früher mit der Handelsbezeichnung „Prinzeß-Bokhara“ benannt wurde. Er fand als Zelttüre oder als Gebetsteppich Verwen­ dung. Der Gebetsteppich zeigte am oberen Ende meist einen oder mehrere Giebel als Muster. HAUBE, Kopfbedeckung für Männer und Frauen, auch der Kopfschutz, der zu einer Rüstung gehörte. In der Heraldik Bezeich­ nung für die Bischofsmütze. Das Wort wird übertragen auf ähnlich aussehende Gegen­ stände, z. B. Haubendach. Ursprl. gehörte die H. nur zur Frauentracht, und zwar trugen sie die verheirateten Frauen („unter die Haube kommen“), in Deutschland seit etwa 1350. Die erste bekannte Form war die Rüschenhaube. Vom 16. Jh. an trugen auch Männer Hauben. HAUFEBECHER, Häufebecher, satzweise in abnehmender Größe angefertigte und so ineinanderstellbare Metallbecher. Seit dem 16. Jh. bekannt.

HÄRTL, Johann Paul Rupert (1715—1792), wie sein Vater Johann Georg H. an der Porzellanmanufaktur Nymphenburg tätig. Von 1754—1761 verwaltete er die Fabrik. Wichtig ist seine 1762 verfaßte Denkschrift über die Porzellanherstellung.

HARZGULDEN, braunschweigischer Gulden aus Harzsilber, der vom 16. bis zum 18. Jh. in Gebrauch war. Er zeigte oft das Bild des Hl. Andreas oder das des Wilden Mannes. HARZKAPPE, kurzer Mantel des 16. Jhs. mit weiten geschlitzten Bauschärmeln oder ganz ohne Ärmel, wie er ähnlich auch in Spanien üblich war.

HAUPT, Georg (1741—1784), schwedischer Kunstschreiner, der in Stockholm gewirkt hat und sehr berühmt war. Er war Schüler von Johann Konrad -> Eckstein und ver­ brachte einige Lehrjahre in Paris und in Lon­ don. 1769 wurde er als Schreiner an den schwedischen Hof gerufen. Der französische Einfluß ist in seinen Arbeiten vorherrschend,

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HEILTUM

seine Möbel sind fast immer mit franzö­ sischen Bronzen geschmückt. Noch um 1780 verwendet H. Motive aus der Rokokozeit, verleiht aber gleichzeitig seinen Möbeln schwere Proportionen. HAUPTSEITE einer Münze oder Medaille ist die Seite mit dem Bild (-> Avers).

HAURÉ, Jean, franz. Bildhauer, von etwa 1766 bis nach 1796 in Paris tätig. Von 1780 bis 1787 arbeitete er im Auftrag des franzö­ sischen Königshauses an Schnitzereien für Möbel.

HAUSMALER, Fayence- und Porzellanma­ ler des 17. und 18. Jhs., die in eigener Werkstatt für eine bestimmte Manufaktur arbeiteten. HAUSMARKE (Hauszeichen, Handgemal, Hofzeichen), ein Zeichen, das Bauern und Bürger seit dem 13. Jh. besonders in Nord­ deutschland und in den Hansestädten zur Kennzeichnung ihres Eigentums in die Bal­ ken ihres Hauses oder ihre bewegliche Habe einritzten oder darauf aufmalten. Im 14. und 15. Jh. wurde die H. zum erblichen Familienzeichen, das in das Wappen aufge­ nommen wurde.

HAUTE-LISSE (fr. = senkrechte Kette), Wirkarbeit mit senkrechter Kette, im Gegen­ satz zu Basse-lisse, Wirkarbeit mit waage­ rechter Kette. HEATH, Charles (1784—1848), Londoner Kupferstecher, der von etwa 1820 an Stahl­ stiche machte und die Technik des Stahlste­ chens in England verbreitete. HEDLINGER, Johann Karl, (1691—1771), schweizerischer Stempelschneider. Er arbeitete in Paris und Nancy, machte auch Medaillen für die königliche Münze in Stockholm.

HEIDELBERGER, Thomas, als Bildschnitzer und Kunsttischler in Memmingen (Schwa­ ”4

ben) in der 1. Hälfte des 16. Jhs. tätig. H. arbeitete u. a. für die Klöster Ochsenhausen und Ottobeuren, wo in der Sakristei zwei Prunkschränke von seiner Hand stehen.

HEILIGE FAMILIE, Darstellung der Jung­ frau Maria mit dem Jesuskind und Joseph (manchmal sind auch noch Johannes der Täufer und Anna dabei). Die meist in häus­ licher Umgebung gegebene Gruppe ist als Typus aus der Schilderung der Flucht nach Ägypten hervorgegangen. Um 1500 wird die Heilige Familie immer mehr losgelöst von biblischer oder legendärer Überlieferung und mit Zügen der bürgerlichen Vorstellung eines trauten Familienlebens versehen. HEILIGENSCHEIN, Strahlenkranz oder kreisförmiger Lichtschein (Nimbus, Glorie, Gloriole), um das Haupt von Heiligen in bildlicher Darstellung, auch die ganze Ge­ stalt umschließender Lichtschein (Aureole), der häufig, vor allem bei Christus- und Mariadarstellungen, mandelförmig ist (Man­ dorla, Mandelglorie). Gottvater, Christus und die Taube als Symbol des Heiligen Gei­ stes haben oft einen kreuzförmigen Nimbus (Kreuznimbus). Der H. war ursprünglich eine runde goldene Scheibe um das Haupt, eben oder mit Ornamenten auf Goldgrund. In der Malerei der Renaissance wurde er zu einem Lichtschein und dann zu einem per­ spektivisch gemalten Reif über dem Haupt der Heiligen umgestaltet.

HEILIGTUMSKASTEN ■> Reliquiarium. HEILTUM, Reliquienschatz der Kirchen im MA, dessen kostbare Gegenstände seit dem 15. Jh. oft in einem Inventar verzeichnet und mit Holzschnitten abgebildet wurden. (Heiltumsbuch. Berühmt ist das schon 1509 veröffentlichte Heiltumsbuch von Wittenberg mit Holzschnitten von Lukas Cranach.)

HELM

HEKATE, (gr. Mythologie), oft dreileibig oder dreiköpfig dargestellte Göttin, die volkstümliche Verehrung vor allem als Göttin der Dreiwege fand. Als Attribute wurden ihr Fackel, Dolch, Schlange u. a. beigegeben. Sie findet sich als Beschwörerin der bösen Geister und der Gespenster noch in den Hexensagen des Mittelalters.

HELCHIS, Jakobus, Porzellanmaler. Bis ge­ gen 1747 in Wien tätig, von 1747 bis 1749 Arkanist an der Manufaktur Nymphenburg. H. bemalte das Porzellan in -> Schwarzlot­ zeichnung mit feinen Landschaften und Figu­ ren, aber auch mit zierlichen Blumen.

HELIOTROP (gr.), dunkelgrüner -> Chal­ cedon mit roten Punkten, der als Ringstein verwendet wird. HELLEBARDE, kombi­ nierte Hieb- oder Stich­ waffe, bis zu zwei Me­ tern und darüber lang,, mit der im MA das Fuß­ volk kämpfte. Noch heu­ te ist die H. die Parade­ waffe der päpstlichen Schweizergarde. Im Ver­ lauf des 16. Jhs. traten Spieß und Pike an ihre Stelle.

HELM, Kopfschutz des Kriegers. Die Form des Helms ist verschieden in den einzelnen Kulturbereichen. Im Abendland sind Ab­ wandlungen im Laufe der Jahrhunderte mit­ bedingt durch Veränderung der Waffen, ge­ gen die der Helm schützen sollte. Die Ägypter hatten enganliegende Helme, wahr­ scheinlich aus Leder, mit Federn oder Quasten als Verzierung. Ähnlich, aber wohl aus Metall oder metallbeschlagen, war der assyrische Helm, er konnte jedoch auch die Form eines Zuckerhuts haben und Ohren­

klappen. In Kleinasien findet sich die phry­ gische Mütze mit langem vornübergezogenem Zipfel. Der griechische Helm war rund mit einem Kamm oder Federbusch und Platten zum Schutz der Nase und der Wangen. Rö­ mische Helme haben einen stark ausgearbei­ teten Hinterkopf und kein Visier (nur bei Gladiatorenhelmen maskenartiges Visier). Die Germanen der Völkerwanderungszeit und die Franken trugen einen Stirnreif, von dem aus nebeneinanderliegende Metallbügel den Kopf umspannten (Spangenhelm). Im 10. und 11. Jh. wurde der Normannenhelm allgemein üblich, eine kegelförmige, glattgearbeitete Kopfbedeckung mit einem Naseneisen. Die Begegnung mit orientalischen Kriegern wäh­ rend der Kreuzzüge machte eine Änderung dieser Form notwendig, um den Kopf gegen die Hiebe des orientalischen Krummschwertes zu schützen. So entstand der Topfhelm, zylindrisch geformt, manchmal nach oben hin enger werdend, mit angearbeitetem Hals­ schutz. Er saß auf den Schultern auf. Darunter wurde noch eine Haube aus Leder oder Eisen getragen. Als Zierde wa­ ren oft Hörner daran befestigt. Im 14. Jh. ge­ brauchte man auf Kriegszügen und bei Waffenturnieren einen Helm mit vollem Visier, der Hundsgugel genannt wurde. Er war konisch geformt und bedeckte den Hals bis zur Schulter. Im Visier waren Seh­ spalten und Mundöffnung ausgeschnitten. Die sog. Schaller (cassis caelata, fr. Salade) des 15. Jhs. ist ein getriebener Helm mit eng-

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HENRI-DEUX-FA YENCE

anliegendem, verschiebbarem Nackenschutz. Im 16. Jh. setzte sich allgemein der burgun­ dische H. durch; er ist ganz geschlossen und hat ein bewegliches Visier und einen wulst­ artigen Abschluß am Hals. Daneben gab es als leichteren offenen H. die Deutsche Schüt­ zenhaube, konisch geformt mit kleinem Grat und gerader Krempe, sowie die Sturmhaube, der Schaller verwandt, aber mit hochgeschla­ gener Krempe über der Stirn und einer als Nackenschutz verlängerten Helmglocke mit Nackenschienen. Manchmal hat die Sturm­ haube auch Wangenklappen. Außerdem war der spanische H., der Morion, beliebt, eine dem Kopf angepaßte Haube, die tief in die Stirn und in den Nacken ragt, mit querlaufendem hohem Kamm und einer vorn und hin­ ten spitz zulaufenden Krempe. Helmtypen neuerer Zeit sind die Pickelhaube (in Preußen 1842 eingeführt) und dei Stahlhelm in seinen ver­ schiedenen Formen.

HELMBRÜNNE, ein zur Panzerrüstung des 13. und 14. Jhs. gehörendes Kettengeflecht, das Kopf, Hals und Schultern bedeckte. Dar­ über wurde dann meist noch der -> Helm getragen.

HELMDECKE, in der Heraldik übliche Be­ zeichnung für einen Helmzierrat auf Wap­ pen, der als Laubwerk, als Zotteln oder als Stoffbinde (Mantel) vom Helm aus an bei­ den Seiten des Schildes entlangläuft und die Farbe des Schildes hat. HELMFUTTER, gepolstertes Leinen-, Le­ der- oder auch Eisengitterfutter des Helmes. HELMKLEINODIEN, Wappenfiguren, die den Helm zieren.

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HELMLOR, (Lör altdeutsch für Riemen), ein Wulst aus Bändern auf Wappenhelmen zur Befestigung der ■> Helmkleinodien. Herab­ fallende Enden der Lör heißen Brünnlör, Zindel- oder ·> SendeZbinde.

HELMROST, ein Gitter, das an mittelalter­ lichen Helmen an Stelle des Visiers ange­ bracht war oder auch hinter diesem lag, um auch bei aufgeschlagenem Visier einen Gesichtsschutz zu haben. HEMD, beim Metallguß die Lehm- oder Wachsschicht auf dem Kern, über der die Hohlform, der Mantel, gemacht wird. Nach Fertigstellen des Mantels wird das Hemd entfernt, in den dadurch entstehenden Zwi­ schenraum zwischen Mantel und Kern wird das flüssige Metall gegossen. HENLEIN, Peter (um 1480—1542), Nürn­ berg. H. machte um 1510 die erste trag­ bare Räderuhr in Gestalt einer kleinen Büchse (Taschenuhr). Manche seiner Räder­ uhren waren dann auch mit einem Schlag­ werk ausgerüstet.

HENNIN (fr.), Frauenhaube des 15. Jhs. aus dem burgundischen Bereich. Sie lag an der Stirn eng an und stieg hoch und spitz über dem Hinterkopf auf. Von der Spitze hing ein feiner Schleier lang und faltig gerafft herunter.

HENRI-DEUX-STIL, Bezeichnung für den Kunststil in Frankreich zur Zeit Heinrichs II. (1547—1559), der von den Kunstformen der ■> Renaissance geprägt war.

HENRI-DEUX-FAYENCE (auch Oironfayence), französische Fayence aus der Zeit von etwa 1525—1555. Die so bezeichneten Gefäße und Leuchter sind aber von der

HEROLD

allgemeinen Entwicklung unabhängige Schöp­ fungen, die von einem einzelnen unbekannten Meister in Saint-Porchaire und in Oiron her­ gestellt wurden. In gelbliche Farben sind dunkel getönte Verzierungen in der Art von Mauresken gearbeitet und mit Bleiglasur überzogen; daneben höchst wirkungsvoll an­ geordnete Girlanden, Figuren, Voluten u. a. HENTZE, Bezeichnung für den eisernen Fausthandschuh der Panzerrüstung.

HEPHAISTOS (gr. Mythologie; lat. Vulca­ nus), Gott des Feuers und der Schmiedekunst, der kunstreiche Waffen und Rüstungen an­ fertigte, z. B. die Aegis und das Szepter des Zeus, den Schild des Herakles, die Rüstung des Achill. Auch Schmuck hat er gearbeitet. Er wurde hinkend und meist in der Tracht des Schmieds mit Schmiedewerkzeugen darge­ stellt. HEPPLEWHITE, Geor­ ge, (gest. 1786). Über sein Leben ist wenig be­ kannt. Er war Kunst­ schreiner in London und wurde nach seinem Tod bekannt durch eine Serie von Stichen, mit denen er den Stil der Möbelschrei­ ner um 1800 entscheidend beeinflußte. Das als „The Cabinet Maker’s and Upholsterer’s Guide“ 1788 zuerst und dann 1789, 1794 und 1897 herausgegebene Werk enthält Möbelentwürfe von großer Leichtigkeit in der Linienführung und Klarheit im Ornament. Sie stehen im Gegensatz zu den schwereren Formen des -> Chippendale-Stils.

HERALDIK, (fr. héraldique = Herolds­ kunst), Wappenkunde, Lehre vom Wappen­ recht, Wappenregeln, ursprünglich der Auf­ gabenbereich der ■> Herolde. Für die Kunst­

geschichte ist die Kenntnis der heraldischen Zeichen nicht nur wegen ihrer künstlerischen Gestaltung wichtig, sondern vor allem des­ halb, weil sie — auf Kunstwerken vorge­ funden — Hinweise auf die Datierung ge­ ben können. HERALDISCHE FARBEN, Tinkturen, die Farben Rot, Blau, Schwarz und Grün, sowie Gelb und Weiß als Ersatz für Gold und Silber, die zu den H. F. gehören. Die auf Wappen abgebildeten Gegenstände können auch in ihrer Naturfarbe erscheinen. Nach der heraldischen Regel ist das Anbringen von Farbe auf Farbe, Metall auf Metall nicht zulässig. HERATI-MUSTER, persisches Teppichmu­ ster aus regelmäßig wiederkehrenden Roset­ ten, oft in Rauten, Blüten und Blättern, die einander zugeordnet sind.

HEROLD (im MA auch Ehrnhold genannt). Im griechisch-römischen Altertum entsprach dem H. der Festordner. Im MA war er Amtsträger im Dienst eines Fürsten oder eines anderen wappenführenden Herrn. Er hatte u. a. die Aufgabe, bei Turnieren die Wappen zu prüfen und zu verzeichnen und die Zeremonien zu leiten. Herolde trugen einen mit Wappen und Abzeichen ihres

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HIRSCHVOGEL

Herrn versehenen Rock und den Heroldsstab. Der oberste Herold hieß Wappenkönig. HERRMANN, Balthasar, Bamberger Kunst­ schreiner. Seit 1773 Hofschreiner der Würz­ burger Residenz, für die er kostbare Fuß­ böden (nicht mehr erhalten) und Möbel schuf. Auch in Bamberg und Pommersfelden finden sich einige angeblich von seiner Hand gear­ beitete Möbel.

HERTEL, Hans Georg (geb. 1580), Augs­ burger Kunstschreiner, dessen bedeutendste Werke ein Ebenholzkasten für Kaiser Ma­ thias aus dem Jahre 1618 und ein Prunktisch in der Münchner Residenz, 1626 datiert, sind. HERZ, in der Heraldik bezeichnet H. den Mittelteil des Wappenschildes. HEXAMITUM, auch Xamitum (von gr. hex = 6 und mitos = Faden; daraus Samt), ein Gewebe aus 6 Fäden, das im MA aus Ostrom nach Nordeuropa kam. HEXENFUSS -> Drudenfuß.

HIFTHORN, Hiefthorn, (von hiefen = bla­ sen), kleines, einfaches Jagdhorn vom Rind, später durch Signalhörner aus Metall er­ setzt. HILLIARD, Nicholas (um 1547—1619), eng­ lischer Maler und Goldschmied. Hofmaler der Königin Elisabeth L, berühmt wegen seiner Miniaturporträts. Seine Maltechnik und die besondere Kunst des Schattierens verdeut­ lichte er in einem Traktat „Art of Limming“ (hg. 1911).

HIMATION (gr.) ein im alten Griechenland von Frauen wie von Männern über dem Chi­ ton getragener Mantel in Form eines wolle­ nen rechteckigen Stückes Tuch, das den Oberkörper umhüllte, aber den rechten Arm freiließ.

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HIMMELSZEICHEN, die 12 Bilder des Tierkreises (Zodiacus), Widder, Stier, Zwil­ linge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skor­ pion, Schütze, Steinbock, Wassermann, Fische. Sie sind in der mittelalterlichen Kunst auf vielfache Weise als Ornament verwendet worden, z. B. als Einlagen in Fußböden, als Monatszeichen in Kalendern, in Chroniken usw. HINTERGLASMALEREI, Malerei auf der Rückseite von Glas mit lichtundurchlässigen Farben, die sichtbar wird, wenn das Licht auf die Glasscheibe fällt (im Gegensatz zu der Glasmalerei, wo das Licht durch das Glas hindurchleuchtet). Die Möglichkeiten der Farbgebung bei der H. sind groß. Das Irrisieren kann durch Hinterlegen von Gold oder Silber oder von Metallfolien verstärkt wer­ den (-> Folie). Die H. ist eine alte Technik, seit späthellenistischer Zeit bekannt, in Deutschland besonders im 15. und 16. Jh. für Andachtsbilder, Reliquiare, kleine Motiv­ tafeln u. ä. beliebt. Im 18. und 19. Jh. wur­ den Werke der H. in großen Mengen und auf Kosten der Feinheit hergestellt.

HIPPOGRYPH (gr. = Roßgreif), der, Fa­ beltier des MAs in der Gestalt eines Pferdes mit Greifenkopf und Flügeln, das den Platz des griechischen Pegasos einnahm und den Reiter durch die Lüfte trug. HIRNFEDER, Hirnleiste, eine schmale Leiste aus -> Hirnholz. HIRNHOLZ, geschnittenes Holz, dessen Fläche den Fasernlauf rechtwinklig durch­ schneidet.

HIRSCHVOGEL, Augustin (1503—1553), tätig in Nürnberg und Wien, Sohn des be­ rühmten Glasmalers Veit H., der die Fenster in der Sebalduskirche in Nürnberg geschaffen hatte. A. H. war zugleich Maler, Radierer

HOEROLDT

und Töpfer. Radierungen von Landschaften, Bildnissen, Wappen, sowie Ornamentblätter von feiner Zeichnung sind von ihm erhalten. Berühmt war seine Töpferwerkstätte in Nürnberg, Jedoch sind die sog. ->■ Hirsch­ vogelkrüge nicht dort hergestellt worden. HIRSCHVOGELKRÜGE, früher irrtümlich dem Nürnberger Meister Augustin ->- Hirsch­ vogel zugeschrieben (-> Hafnerkeramik), bunt glasiert und mit Reliefdarstellungen versehen. Ein großer Teil der erhaltenen Stücke aus der Zeit um 1550 stammt aus der Werkstätte von P. und K. -> Preuning in Nürnberg. In neuerer Zeit wurden die H. oft nachge­ bildet, meist mit geflochtenen Henkeln.

HIRTENSTAB, Attribut Davids in alttestamentlichen Darstellungen, dann Zeichen des Guten Hirten bei Christusdarstellungen.

HISTORISMUS, in der Kunst die Zeit — besonders 2. Hälfte 19. Jh. — des Zu­ rückgreifens auf historische Stile.

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Echtes Porzellan wurde in der Höchster Manufaktur wahrscheinlich erst nach 1753, als Johannes Benckgraff die Herstellung überwachte, gemacht. Die Fayencen der Anfangszeit (1746—1753) erreichten unter dem Einfluß des aus Meißen zugewanderten Porzellanmalers Adam Friedrich von -> Lö­ wenfink höchste Feinheit. Es folgte eine Zeit, in der Rokokomotive, gemalte Blumenmuster und plastische Figuren als Schmuck vor­ herrschten, bis von 1770 bis 1778 Johann Peter -> Melchior als Modellmeister die Porzellanfigur in schon klassizistischer Aus­ prägung in den Vordergrund rückte, zarte Gestalten von empfindsamer Haltung in grü­ nen, rosa und kaminroten Farben, die für das Η. P. überhaupt charakteristisch sind.

HOCHÄTZEN -> Ätzen.

HOCHRELIEF ■> Relief. HOCHRENAISSANCE, etwa die Zeit von 1500 bis 1580 (Cinquecento) zwischen Frühund Spätrenaissance (-> Renaissance). HÖCHSTER FAYENCEN und Porzellan. Bereits im 17. Jh. wurden in Höchst Fayen­ cen hergestellt. 1746 wurde dann eine Por­ zellanmanufaktur gegründet, der bedeutende Meister vorstanden. Dieses Privatunterneh­ men ging 1765 in Kurmainzischen Besitz über, mußte aber 1796 infolge von Kriegs­ einwirkungen geschlossen werden. Die Marke der Höchster Manufaktur war das Rad, das Wahrzeichen von Mainz. Als 1840 die Stein­ gutfabrik in Damm b. Aschaffenburg die noch vorhandenen Modelle der Höchster Manufaktur übernahm, fügte sie dem Rad ein D hinzu (-> Damm).

HOCHZEITSTRUHE, Brauttruhe, eine kunstvoll gearbeitete Truhe, die die Wäsche­ aussteuer der Brautleute aufnehmen sollte. In Malerei oder Schnitzwerk finden sich häu­ fig Darstellungen antiker Liebessagen, Ver­ herrlichungen von Liebe, Tugend und Treue, wodurch die Zweckbestimmung des Möbels deutlich wurde. Aus dem 15. und 16. Jh. sind uns schöne H. erhalten.

HOEROLDT, Johann Gregor (1696—1775), ursprünglich Miniatur- und Emailmaler, dann Porzellanmaler an der Manufaktur in Wien. 1720 ging er nach Meißen, wo er 1723 Hof­ maler wurde und 1731 mit der Leitung der gesamten Manufaktur beauftragt wurde. Von 1756 bis 1763 (siebenjähriger Krieg, der ihn vermutlich auswandern ließ) arbeitete er in Frankfurt a. Μ., danach wieder in Meißen. Vor allem in den Jahren 1720 bis 1735, die

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HOLZBEIZEN

nach ihm die „Hoeroldtsche Zeit“ genannt werden, hat seine künstlerische Vorstellung den Dekor des Meißner Porzellans bestimmt. Mit Landschaftsbildern, Kampfszenen, Figu­ rengruppen, Vögeln oder Blumen wurde das Porzellan bemalt, wobei Hoeroldt die Por­ zellanfarben um einige neue bereicherte. Auch neue Porzellanformen hat er geschaffen. Sein Stil wurde von fast allen europäischen Manu­ fakturen übernommen und hat noch lange nach seinem Tod fortgewirkt.

HOFHANDWERKER, im MA und bis ins 17. und 18. Jh. hinein Bezeichnung für Hand­ werker, die im Dienst eines königlichen oder fürstlichen Hofes standen (in Frankreich z. B. „ébéniste du Roy“). Oft erreichten die Handwerkszünfte einer Stadt, daß die H. nur für den Hof arbeiten durften, damit sie gegenüber den Städtischen Handwerkern nicht in den Genuß doppelter Privilegien, höfischer und städtischer, gelang­ ten. HOFKELLEREIGLÄSER > Humpen.

HOGARTHMÖBEL, Bezeichnung für Möbel, wie sie auf Gemälden des englischen Malers und Kupferstechers William Hogarth (1697— 1764) vorkommen. HOHLGLAS, im Gegensatz zu Flachglas Erzeugnisse aus Glas, die nicht tafelförmig sind, sondern einen Hohlraum umschließen.

HOHLNAHT, Hohlsaum, Verzierung in ge­ webtem Stoff, die entsteht, indem mehrere nebeneinanderliegende Schußfäden aus dem Gewebe herausgezogen und die freiliegenden Kettenfäden in Gruppen von einer bestimm­ ten Anzahl mit Hilfe eines Fadens zusam­ mengerafft werden. Die entstehenden Öffnun­ gen haben dieser Ziernaht den Namen gegeben. no

HOLBEINSTICH, eine Weißstickerei, wie sie seit dem 14. und 15. Jh. üblich war und wie der Maler Hans Holbein d. J. (1497 oder 1498—1543) sie an den Gewändern auf sei­ nen Bildnissen häufig malte. Holbeins Vor­ liebe für Teppiche mit geometrischem Muster haben diesen ebenfalls den Namen Holbein­ teppiche eingetragen. HOLOSERICUM (gr. holos = ganz, serikon = Seide), mittelalterliche Bezeichnung für den ganz seidenen Stoff, im Gegensatz zu Sussericum. HOLZ (vgl. die verschiedenen Holzarten), Hauptwerkstoff für das Kunsthandwerk. Holz oder Splint ist die in der Wurzel, dem Stamm und in den Zweigen der Bäume und Sträucher das Mark ringförmig umschließende Substanz, die unter der Rinde jedes Jahr einen neuen Ring ansetzt. Die inneren Ringe sind die ältesten, hier entsteht durch Ver­ dichtung der Zellen das Holz (Kernholz); die jüngeren Ringe bilden das junge Holz. Die Dichtigkeit des Holzes ist für die Ver­ arbeitung von großer Bedeutung. Nach ihr richten sich Härte, Elastizität, Farbe, Reak­ tion auf Beize usw. Einzelne Hölzer unter­ scheiden sich von Natur aus in der Härte. Zu den härtesten gehören Ebenholz, Buchs­ baum, Mandelholz, Weißdorn, Weißbuche, Ahorn, Esche, Platane, Ulme, Buche, Eiche, Esche, Nuß-, Birnbaum usw., zu den weichen gehören Erle, Birke, Linde, Pappel, Weide, Roßkastanie u. a. Nach dem Fällen verliert das Holz durch Austrocknen an Volumen. Die Dauerhaftigkeit hängt von der Holzart und von klimatischen Bedingungen des Wachstums, der Aufbewahrung und der Ver­ arbeitung ab. (-> Aderholz, Hirnholz, Quer­ holz, die Holzarten, Holzbildnerei). HOLZBEIZEN, Auftrag einer künstlich her­ gestellten Flüssigkeit auf Holz, um den na­

HOPPENHAUPT

türlichen Farbton zu erhöhen oder eine be­ stimmte Farbe zu erreichen. Im Gegensatz zur Politur verdeckt die Beize die Maserung des Holzes nicht. Verwendung in Möbel­ schreinerei und Kunsthandwerk. HOLZBILDHAUEREI, Holzbildnerei, die zu allen Zeiten geübte Kunst, Bildwerke aus Holz zu schnitzen. Es gibt Beispiele aus der ägyptischen, asiatischen, griechischen und rö­ mischen Kunst. Aus den ersten christlichen Jahrhunderten ist wenig erhalten, das be­ rühmteste Beispiel dieser Zeit sind die Holz­ türen mit geschnitzten Reliefs an der Kirche Santa Sabina in Rom aus dem 5. Jh. Vom 11. Jh. an ist die Holzschnitzkunst auf Grund einer dichten Reihe von erhaltenen Werken besser zu bestimmen (Madonnenbildnisse, Kruzifixe), seit dem 12. und 13. Jh. werden Kruzifixe und vor allem Triumphkreuzgrup­ pen aus Holz geschnitzt, im 14. Jh. auch -> Andachtsbilder, Schnitzaltäre. Der Höhe­ punkt dieser Kunst ist im 15./16. Jh. (Veit Stoß, Μ. Pacher, T. Riemenschneider): Ein­ zelfiguren, Figurengruppen, Altäre, Relief­ schnitzerei. Bis zum 16. Jh. waren die Bild­ werke aus Holz mit Gips- oder Kreidemasse, manchmal auch mit Leinen überzogen, bevor sie bemalt oder vergoldet wurden. Tilman Riemenschneider (1460—1531) hat zuerst das Holz in seiner Naturfarbe wirken lassen, doch hat auch er noch die alte Technik geübt. Im Barockzeitalter schon trat das Holz hin­ ter anderem Material zurück, vor allem hinter dem Porzellan. Erst in unserer Zeit (Bar­ lach) kam die Kunst des Holzschnitzens wieder zu hoher Geltung. Für Schnitzarbeiten an Möbeln und Holz­ bauten benutzt der Künstler vor allem Lin­ denholz, das nicht zu hart und ziemlich dicht ist (-> Holz). Die Schnitzkunst wird mit Bildhauereisen, Stechbeiteln, Meißeln, Boh­ rern und Schnitzmessern ausgeführt, nachdem meist eine Vorzeichnung auf dem Block ge­ macht war.

HOLZSCHNITT, Holzschneidekunst. Aus einer Holzplatte (Holzstock) wird eine Zeich­ nung so herausgeschnitten, daß ihre Linien und Konturen erhaben auf dem abgeflachten Hintergrund stehen. Die erhabene Zeichnung der Holzplatte wird auf Papier abgedruckt.

HOLZSTOCKMANIER, eine Art von Zinn­ arbeit, die seit dem 16. Jh. besonders in Nürnberg geübt wurde (vor allem von Ni­ kolaus Horchheimer, gest. 1583). Die Zinn­ gefäße wurden in Modeln aus Stein, Messing, Kupfer, Eisen hergestellt, in die das flache Relief eingeätzt war. Die fertige Arbeit sah aber so aus, als sei sie aus Holzformen in der Art von Holzstöcken entstanden, wie sie für den ■> Holzschnitt verwendet wurden.

HOLZVERBINDUNGEN, Zusammentreffen zweier geschnittener Holzteile (-> Blattzap­ fen, Kreuzzapfen, Kamm, Schwalbenschwanz, Versetzung, Verzinkung). HOPLITEN (gr. hoplon = Schild), in der griechischen Antike die mit Schild, Beinschie­ nen, Schwert, Speer und Helm ausgerüsteten Schwerbewaffneten.

HOPPENHAUPT, Johann Christian (1719— 1778 oder 1786), jüngerer Bruder von -> Jo­ hann Michael H., Bildhauer und Dekorateur in Berlin. Seit 1746 war er an der Ausge­ staltung der Schlösser Friedrichs des Großen beteiligt, wobei er Entwürfe seines Bruders mitverwertete. Sein Stil zeichnet sich durch meisterhafte Verschmelzung von Ornament und Naturform aus und durch wirkungs­ vollen Kontrast zwischen glatten Flächen und bildnerischem Schmuck, sowie durch Klarheit der tektonischen Gliederung.

HOPPENHAUPT, Johann Michael, Bruder des ·> Joh. Christian H., Bildhauer und De­ korateur, seit 1740 in Berlin. Er arbeitete im Berliner Schloß, in Sanssouci, im Stadt­ schloß von Potsdam und im Schloß zu Zerbst. I2I

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HUMPEN

Unter der Leitung von 4· Knobelsdorff und -> Nahl war er maßgeblich an der Ausfor­ mung des friederizianischen Rokoko beteiligt. Über sein Leben und Wirken nach 1755, als er Berlin verließ, ist nichts bekannt. Nach seinen Entwürfen für Zimmerdekorationen und Möbel hat Joh. W. Meil zwischen 1751 und 1755 etwa 80 Radierungen gemacht.

HORIZONT (gr. horizein = abgrenzen), in der Lehre von der Perspektive wird mit Ho­ rizont die waagerechte Linie in der Höhe des Auges bezeichnet (horizontal — waagerecht).

HORN, Kopfauswuchs vieler Säugetiere, das als Trink- oder Blashorn schon früh Ver­ wendung fand. Auch zur Abwehr des Bösen wurde das Tierhorn aufbewahrt. Es galt als Zeichen des Überflusses und der Fülle (Füll­ horn). Im Altertum und im frühen MA wur­ den Hörner als Helmschmuck (Abwehr des Üblen) genommen und finden sich daher auch in der Heraldik. Horn als Material zur Herstellung von Do­ sen, Kämmen usw. wird zu Hornguß ver­ flüssigt oder geschnitten. HORNERHAUBE, englische Tracht der Frau aus dem Anfang des 15. Jhs. mit zwei hörner­ artigen Wülsten, an denen entlang der Schleier befestigt ist und auf den Rücken fällt.

HOUPPELANDE, die (fr. nach dem schot­ tischen Bergland Uplands), ein ursprünglich englisches Übergewand des 14. Jhs., fußlang oder auch bis zur Wade verkürzt mit langen, weiten Ärmeln, spitzem Halsausschnitt und vorn, hinten und an den Seiten hochge­ schlitzt. Die H. wurde mit einem Gürtel in der Taille gerafft und hatte oftmals eine Schleppe. Im 15. Jh. bis etwa 1450 war sie in Burgund und in den Niederlanden Hof­ tracht, aber auch in Frankreich. Zur Zeit der französischen Revolution bezeichnete man die Bauernkittel als H. HUBERTUSBURGER STEINGUT, Stein­ gut aus der Manufaktur des Hubertusburger Schlosses in Sachsen aus der Zeit von 1770— 1848.

HÜLLE, eine Haube aus dem 14. Jh., die Kopf, Hals und Schultern bedeckte und das Gesicht eng umschloß. HUMPEN, größeres, bauchig oder zylindrisch geformtes Trinkgefäß, das vor allem im 16. und 17. Jh. beliebt war. Es war meist aus Glas und mit Wappen, z. B. dem Reichsadler, bemalt. Der H. stand meistens auf einem runden, durch eine Hohlkehle vom Gefäß-

HOSENBAND (eng. garter = Knieband), „The most Noble Order of the Garter“, der Hosenbandorden, ist der höchste englische Orden. Er wurde 1348 von König Eduard III. gestiftet, die Entstehungsgeschichte ist nur in verschiedenen Legenden überliefert. Der Orden besteht aus einem Band aus blauem Samt mit goldenem Rand, auf das die Devise gestickt ist: Honni soit qui mal y pense. Außerdem ist es mit einem Kleinod mit der Darstellung des hl. Georg versehen. Das Band wurde unterhalb des Knies zur Ordenstracht getragen. “3

HUT

körper getrennten Fuß. Oft hatte er auch einen Deckel. Berühmte Beispiele sind die sog. Hofkellereigläser aus Sachsen, 16.—18. Jh., die mit Wappen und Initialen des je­ weiligen Herrschers und zuweilen auch mit den Zeichen des Entstehungsortes versehen waren. (->Kurfürstengläser, -> Münzbecher).

HUNGERMÜNZEN, Goldmünzen, die zum Andenken an die Zeit einer Hungersnot ge­ schlagen wurden.

HUNDSGUGEL ■> Helm.

HUNGERTUCH, Fastentuch, Fastenlaken, Palmtuch, ein großes Tuch, mit dem im MA zu Beginn der Fastenzeit in der Kirche der Altar zugedeckt wurde. Oft war es auch vor dem Chor ausgespannt. Indem es den Altar verhüllte, sollte es zur Buße und zum Fasten ermahnen. Der Brauch, in der Fastenzeit die Sicht auf den Altar zu verdecken, ist seit der Zeit um 1000 überliefert. Seit dem 14. Jh. sind in Deutschland große Hungertücher mit Darstellungen aus der Passion Christi oder mit biblischen Szenen bestickte Hunger­ tücher üblich, bes. im 15. und 16. Jh. Meist war das Tuch in quadratische Felder aufge­ teilt, von denen jedes ein Bild aufnahm. Die Darstellungen waren farbig gemalt, gestickt oder in der Art von Teppichen gewebt. Die bekanntesten Hungertücher stammen aus Westfalen, wo sie bis ins 18. Jh. hinein ver­ wendet wurden.

HUNGER, Christoph Conrad, Email- und Goldmaler. Bis 1717 arbeitete H. zusammen mit ■> Böttger in Meißen, ging dann nach Wien und gründete dort 1719 zus. mit S. Stölzel die Wiener Manufaktur, verließ Wien aber bereits nach zwei Jahren und gründete eine Porzellanfabrik in Venedig. Er ließ für die Porzellanherstellung sächsische Erde kom­ men. Doch schon 1725 war er wieder in Mei­ ßen als Vergolder tätig. Von 1729 bis 1748 zog er rastlos umher. Er gründete Manufak­ turen in Stockholm und in Petersburg. Seine besondere, von vielen nachgeahmte Technik des Vergoldens brachte eine sehr wirksame Verzierung hervor. Er legte das Gold und durchscheinende Emailfarben plastisch, in be­ stimmten Formen, auf. Das bekannteste Werk in dieser Art ist der sog. Kaiserbecher. Der junge Hoeroldt war von 1719 bis 1720 sein Schüler.

HUT, Kopfbedeckung. Der Hut aus Filz oder Leder war bei den Griechen bekannt. Für die Römer gehörte er zur Festtracht des freien Mannes. Im MA wurden Hüte ver­ schiedener Formen von den Fürsten getragen (Herzogshut). Seit etwa 1200 gab es den Judenhut, zuckerhutförmig. Um 1400 wurde der H. am burgundischen Hof allgemein üb­ lich; er war kostbar aus Filz, Marder- oder Wolfspelz gearbeitet. Von etwa 1480—1550 kam der Hut aus der Mode, stattdessen trug man das Barett. Die Herrschaft Philipps II. in Spanien und in den Niederlanden brachte die spanische Tracht und mit ihr den spani­ schen Hut nach Nordeuropa. Er war spitz und schmalkrempig. Im 17. Jh. wurde der H. mit breiter, lockerer Krempe getragen (Rubenshut, Schwedischer Schlapphut). Zur Zeit Ludwigs XIV. trug man den Dreispitz, einen Hut, dessen Krempe an drei Seiten

HUND (Hundt), Ferdinand (um 1704— 1758), Kunstschreiner und Holzbildhauer. Von 1735 bis 1750 war er in Würzburg tätig. 1750 oder 1751 ging er als Hofschreiner nach Bruchsal. Neben ■> Auvera war H. der be­ deutendste fränkische Möbelschnitzer des Rokoko. Er hat zahlreiche Tische, Spiegel­ rahmen, Kaminschirme, u. ä. für die Würz­ burger Residenz, für die Schlösser Pommers­ felden und Bruchsal angefertigt. Seine Ar­ beiten zeigen alle phantasievoll durchgestal­ tete Ornamente, vor allem die -> Rocaille wird in allen ihren Einzelformen weiter aus­ gestaltet.

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HYMENAIOS

hochgeklappt ist. Aus Nordamerika kam in der 2. Hälfte des 18. Jhs. der steife Quäker­ hut mit flacher Krempe, kurz vor 1800 in England zum Zylinderhut umgewandelt. Seit 1848 gab es den weichen, breitkrempigen Hut (Homburger, Camber, sowie den Stroh­ hut u. a.). Damenhüte traten vor allem vom 19. Jh. an in wechselnder Mode auf.

HYALITH (gr. = Glasstein), durchsichtiger, wasserheller Opal, sog. Glasopal.

HUTSCHENREUTHER -> Selb.

HYDRIA, griechisches Gefäß aus Ton oder Metall mit einem senkrechten Henkel am Hals und zwei waagrechten Henkeln am Gefäßkörper. Ursprünglich war die H. ein Wassergefäß. Sie wurde jedoch auch im Totenkult verwendet und war zur Aufnahme von Honig bestimmt.

HÜTTENGLAS, in der Glasmalerei die Glastafeln, die schon in der Glasmasse ge­ färbt wurden.

HYDROPHAN, ein Opal, der Farbe und Glanz verliert und undurchsichtig wird, aber durch Berührung mit Wasser seine alte Klar­ heit wiedergewinnt.

HUYGENS, Christian, englischer Erfinder, nach dessen Angaben in einer 1658 und 1673 gedruckten Abhandlung in England und auf dem Kontinent Pendeluhren gebaut wurden.

HYMENAIOS (gr. Mythologie), Gott der Hochzeitsfeier. Er wird als schöner Jüngling mit der Brautfackel und einem Kranz in der Hand dargestellt.

iM

IDOL (gr. eidelon = Bild), kleine Figur aus Stein oder Holz von menschlicher oder auch unbestimmbarer Gestalt. Bei den Naturvöl­ kern gelten solche Idole als Götzenbilder. Aus der Antike sind zahlreiche kleine Bild­ werke erhalten, die als Idole zu deuten sind.

IGEL, beliebtes Trinkgefäß des und 17. Jhs.

16.

ILMENAU, 1777 ge­ gründete Porzellan­ manufaktur, die 1782 von Herzog Karl August von Sachsen­ Weimar gekauft und 1786 von Gotthelf ·> Greiner gepachtet wurde. Christian Nonne, der als Nach­ folger von Greiner 1792 die Pacht übernommen hatte, kaufte — zusammen mit Roesch — schließlich das Unternehmen, das unter seiner Leitung eine große Blüte erlebte Das Porzellan war im Stil von -> Meißen, auch Reliefs in Biskuit, weiß auf blauem Grund, wurden hergestellt. Nun wurden auch die bisher unscheinbaren Porzellanmarken durch große ersetzt. Unter der Bezeichnung Nonne & Roesch standen die Erzeugnisse bis 1871. Später war die Gesellschaft Graf von Henneberg A.-G. bis 1945 Besitzerin. Die Fabrik besteht heute noch.

wurde. Hergestellt wurde es im 18. Jh. in der Manufaktur von Arita (daher auch Arita-Porzellan genannt). Das kleinteilige Muster ist meist in Blau, unter der Glasur, und mit Bemalung in Rot und in Gold. Der Dekor wurde in Europa auf Porzellan und Fayence häufig nachgeahmt. IMPASTO (ital.), Bezeichnung für einen dicken Farbauftrag. In der Kupferstechkunst nennt man Impastieren das Ausfüllen der Zwischenräume zwischen den Schatten­ strichen

IMPRESSIONISMUS, Stil der modernen Kunst, der die Darstellung der Impression, des sinnlichen Eindrucks, anstrebte. Er ent­ stand zwischen 1860 und 1870 in der fran­ zösischen Malerei (Monet) und breitete sich im letzten Viertel des 19. Jhs. über ganz Europa, zum Teil auch in Nordamerika aus. INC., INCIDIT (lat. = hat geschnitten), auf Kupferstichen Zusatz zu dem Namen des Stechers.

INCARNAT (fr. tiefrot), roter französischer Marmor (Département Aude). INDIANISCHE BLUMEN, Dekor an Por­ zellanwaren, der ein Gegenstück zu den Deutschen Blumen bildet. Die I.B. wurden vor allem von Hoeroldt in Meißen gemalt, in Anlehnung an asiatische Vorbilder. Später waren sie ein in fast allen Manufakturen bekanntes Motiv.

INDIKOLITH, ein blauer ■> Turmalin.

Ilmenau

18. und 19. Jh.

Ilmenau

18. und 19. Jh.

IMARI-PORZELLAN, japanisches Porzel­ lan, das seinen Namen bekam, weil es über den Hafen Imari nach Europa exportiert 126

INDISCHE TEPPICHE weisen meist per­ sischen Einfluß auf. Aus den Mitteilungen eines indischen Geschichtsschreibers des 16. Jhs. läßt sich entnehmen, daß zu seiner Zeit eine blühende Teppichindustrie in Indien bestand, aber es sind keine Arbeiten erhal-

ISFAHAN-TEPPICH

ten, die als rein indisch anzusehen wären. Die Darstellungen auch der neueren Teppiche zeigen wohl eine starke Vorliebe für pflanz­ liche Motive, eine Lockerung der Anordnung und viele Tiermuster, die alle in feinster Zeichnung ausgeführt sind. Zweifellos galten Teppiche in Indien als Luxus, so daß sie nur in schön ausgeführten Exemplaren am Hof oder in der höchsten Gesellschaftsschicht zu finden waren. Heute werden Teppiche in Nordindien hergestellt (Shrinagar, Lahore, Amritsar, Agra, Jaipur, Sindh); sie ver­ binden nun persisch-indische mit europäischen Elementen. INFUL -> Mitra. INKRUSTATION, Einlegearbeit von Stein in Stein (Intarsie, Tauschierung), also an Wänden, Fußböden u. dgl. Durch Einlegen verschiedenfarbiger Steine entsteht ein Mu­ ster. In der Antike waren vor allem Wände mit Inkrustationen geschmückt. In Byzanz wurde diese Kunst gepflegt und vor allem an den Kirchen Italiens im MA (Florenz; be­ sonders schön San Miniato al Monte) finden sich prächtig farbige Inkrustationen von herrlicher Wirkung. INKUNABELN, Wiegendrucke, Bezeich­ nung für alle vor 1500 gedruckten Werke.

INRO, kleine Dose aus Japan. Sie besteht aus mehreren einzelnen verzierten Elfen­ bein- oder Holzteilen, die von einer Schnur miteinander verbunden und zusammengehal­ ten werden. INTAGLIO -> Gemme.

INTARSIE, Einlegearbeit mit verschiedenen Hölzern, Metall, Elfenbein, Stein oder an­ derem Material in das Grundholz von Mö­ beln oder anderen Holzwerken. Neben der Schnitzerei ist die I. die wichtigste Schmuck­ technik am Mobiliar, vor allem in der Re­

naissancezeit und besonders in Italien, der Schweiz, in Tirol und in Süddeutschland; nach 1580 etwa wird sie auch eine Speziali­ tät der Kölner Kunstschreiner. INV., INVENIT (lat. = hat erfunden), am linken unteren Rand von Kupferstichen Zu­ satz zum Namen des Künstlers, der die Zeichnung für den Stich gemacht hat.

IONISCHE SÄULE ■> Säule. IRISIEREN von Glas, Veränderung des Glases durch Annahme der schillernden Far­ ben des Regenbogens. Nicht sehr hartes Glas irisiert durch Witterungseinflüsse. Künstlich wird diese Wirkung herbeigeführt, um das Glas zu verschönen. Es wird dabei Dämpfen von Metallflüssigkeit ausgesetzt. ISABAY, Jean Baptiste (1767—1855), berühmter Miniaturmaler zur Zeit Ludwigs XVI., der Bildnisse der kleinen Herzöge von Berry und Anjoulême, von Napoleon u. a. ge­ malt hat. Nach dem Entwurf von Percier wurde 1810 ein Tisch gefertigt, auf dem I. vierzehn Bildnisse anbrachte: Kaiser Napo­ leon mit seinen Marschällen. Seine Bildnisse waren so berühmt und schmeichelhaft, daß sich vor allem die Damen des europäischen Adels darum bemühten, von ihm gemalt zu werden, so z. B. Katharina Paulowna, die Tochter Kaiser Pauls I. von Rußland, die Gemahlin König Wilhelms I. von Württem­ berg, die Herzogin von Ragusa u. a. Auch für die Porzellanmanufaktur von Sèvres war I. tätig. In einer Selbstbiographie hat er seine Begegnungen mit den Fürstlichkeiten festgehalten („nicht ganz wahr, aber sehr hübsch“, sagt er selbst zu diesen Erinne­ rungen). ISFAHAN-TEPPICH, persischer Teppich, in Isfahan, Mittelpersien, hergestellt; vor allem die modernen Teppiche sind bekannt. Sie

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ISOKEPHALIE

tragen die klassischen -> Herati- und -> Boteh-Muster neben streng stilisierten ande­ ren Formen.

ISOKEPHALIE (gr. = gleiche Kopfhöhe), Bezeichnung für eine Darstellung mehrerer Figuren in Relief oder Malerei, die so ange­ ordnet sind, daß ihre Köpfe gleiche Höhe haben (in der antiken und in der mittel­ alterlichen Kunst).



J JACARANDAHOLZ, in verschiedenen ten in Südamerika vorkommendes Holz großer Härte und Dichte, sehr dunkel für Tischlerarbeiten gut geeignet. Die suchteste Art ist die brasilianische, Palisanderholz.

Ar­ von und ge­ das

JACOB, Georges (1739—1814), französi­ scher Kunsttischler, der 1765 Meister seines Handwerks wurde. Vor allem für Sitze hat er zahlreiche neue Formen und Abwandlun­ gen entworfen, aber auch für Tische, Ofen­ schirme, Betten. Durch die vollendete Tech­ nik und die Harmonie ihrer Proportionen, die ihnen Vornehmheit und Grazie ver­ liehen, wurden seine Schnitzmöbel vorbild­ lich für den -> Louis-XVI-Stil. Nach An­ regungen aus ·> Chippendale’s Director ver­ wendete er auch englische Formen und als einer der ersten Kunsttischler Mahagoni. Nach Entwürfen des Malers Jacques Louis David fertigte J. für Davids Atelier eine Einrichtung in antikisierendem Stil, durch die er berühmt wurde und großen Einfluß auf die späteren Arbeiten des -> Empire gewann.

G*IACOB JACOB-DESMALTER, François Honoré Ge­ orges (1770—1841), bedeutender Pariser Ebenist des -> Empire. Er war der Sohn von Georges -> Jacob und arbeitete zuerst in der Werkstätte seines Vaters, mit dem zu­ sammen er 1803 die Firma Jacob-Desmalter gründete. Diese umfaßte fünfzehn Werkstät­ ten und belieferte die französischen Schlösser, die Napoleon neu einrichten ließ, und die europäischen Höfe. Von den Möbeln waren zahlreiche nach Entwürfen von -> Perder und von -► Fontaine gearbeitet. Als Schmuck für seine streng linearen Möbel bevorzugte

J. reiche Bronzebeschläge im Stil der grie­ chisch-römischen und ägyptischen Antike, Sphinxen, Greifen, Palmetten, Lotosblumen, Jupiterblitze oder kriegerische Attribute, Helme, Schilde, Lorbeer u. dgl., daneben auch Porzellan- und Wedgwoodplatten, so daß der Gesamteindruck seiner Arbeiten überaus prunkvoll ist.

IB JACQUARD, Bezeichnung für ein Gewebe, das auf einer von dem Weber Jacquard aus Lyon um 1800 erfundenen Maschine herge­ stellt wird. Diese Maschine übernimmt auch vielfarbige Musterung, so daß z. B. auch ·> Gobelins und Stoffe mit Bilddarstellungen maschinell gewebt werden konnten. (Echte Gobelins sind gewirkt.)

JAGDKRÜGE, zum -> Kreußener Steinzeug gehörende Krüge des 16. und 17. Jhs., die in aufgelegtem buntem Relief Jagdszenen zeigen. JAGDWAFFEN des MAs waren vor allem das Jagdschwert, auch Auflauf- oder Schweinsschwert genannt, das bei der Jagd auf Wildschweine benutzt wurde und beson­ dere Geschicklichkeit in der Handhabung er­ forderte. Es hatte eine lange Klinge mit einer lanzettförmigen, zweischneidigen Spitze. Außer dem Jagdschwert waren Jagdsäbel, mit oft prächtig verziertem Griff und mit Scheide, und die sog. Weidpraxe, eine Art Jagdmesser, in Gebrauch.

JAKOBAS-KANNETJES (niederl. = Känn­ chen der Jakobäa), holländische Steinzeug­ krüge, gelblich oder grauweiß, von grober, wenig ausgewogener Form, meist zylindrisch mit einem schmalen Henkel unmittelbar un­ ter dem Rand. Sie wurden wohl zuerst im 15. Jh. gemacht und in späteren Zeiten nachgebildet. Es sind Weinkrüge, die mit der Geschichte der unglücklichen Jakobäa von Bayern in Zusammenhang gebracht werden. i*9

JOUBERT

JAKSHIBEHDIR oder Köhlerteppich heißt eine Art des Bergamo-Teppichs mit be­ sonders dunklen Farben, vor allem Dunkel­ rot und Dunkelblau. JAPANISCHE SCHWERTSTICH­ BLÄTTER ■> Stidiblätter. JAPANISCHES PORZELLAN wurde nach chinesischen Vorbildern erst seit Anfang des 16. Jhs. in Arita (Hizen) hergestellt (-> Inuri-Porzellan). Im 17. Jh. löste sich dann in Form und Dekor das J. P. von dem chinesischen Einfluß und brachte vor allem durch das Wirken des Porzellanmalers und -modelleurs -> Kakiemon originelle Schöp­ fungen hervor, die in Europa sehr begehrt waren und in ihrer herrlichen Vielfarbigkeit nachgeahmt wurden, u. a. von -> Meißen. Die Dekoration bestand vor allem aus Blu­ menmustern, Bambus, Quitten, Vögeln, Dra­ chen u. a., auch Landschaftsbildern.

JAPANLACK -> Ladearbeiten. JARRA (span.), der große zweihenklige spanische Wasserkrug, nach den maurischen Vasen mit zwei Flügelhenkeln (Alhambra­ vase) benannt.

JASPER-WARE, Bezeichnung für eine be­ sondere Art des ■> Wedgwood-Steinguts, das besonders hart, feinkörnig und durch­ scheinend war und meist in der ganzen Masse gefärbt wurde. Die farbigen Gefäße sind oft noch mit Reliefs in Weiß geschmückt, die im Stil der Zeit (klassizistisch) gestaltet sind.

JASPIEREN, lockeres Aufspritzen von Farbe mit dem Pinsel, wie es vor allem bei der Fayencemalerei geübt wird. JASPIS, ein Halbedelstein, Quarz, der in verschiedenen Farben, auch streifig, vor­

Bo

kommt und zu Schmuckwaren (auch Schalen, Tischplatten, Gemmen) verarbeitet wird. JASPOPAL oder Opaljaspis, ein trüber, gelblich oder braunrot gefärbter -> Opal. Er findet sich als Zierstein häufig an türki­ schen Dolchgriffen.

JEHOVAH-TALER, Schaumünze mit dem Wort Jehovah in einem Strahlenkranz, die nach Abschluß des Westfälischen Friedens 1648 in Münster geprägt wurde.

JESUITENPORZELLAN, in China herge­ stelltes Porzellan aus dem 18. Jh. mit Dar­ stellungen christlichen Inhalts nach euro­ päischen Vorbildern, das die dort missionie­ renden Jesuiten in Auftrag gaben. Es ist nur noch in seltenen Stücken erhalten, das meiste wurde nach der Vertreibung der Jesuiten vernichtet. JETONS (fr. jeter = werfen), Bezeichnung für kleine Münzen mit Bildprägungen, die in Frankreich seit dem Spätmittelalter z. B. bei Krönungen unter die Menge geworfen wurden.

JETT -> Gagat. JME = Jurés - Menuisiers - Ebénistes, Kontrollstempel der Pariser Zunft der Kunstschreiner, der sich häufig neben dem Meisterstempel auf Pariser Möbeln des 18. Jhs. findet.

JOHANNEUMSMARKEN, eingeschliffene Buchstaben und Ziffern auf frühem -> Meißner Porzellan, im Jahre 1720 ange­ bracht bei der Inventarisierung der damali­ gen Porzellanbestände des Dresdner Johanneums.

JOUBERT, Gilles (1689—1775), Pariser Kunstschreiner. Durch ■> Migeon, den Vet­ ter seiner Frau, wurde er der Madame de

JUWELENPORZELLAN

Pompadour empfohlen und erhielt von 1748 an Aufträge von der französischen Krone. 1758 wurde er „ébéniste ordinaire du Gardemeuble de la Couronne“, 1763 als Nach­ folger -> Oebens „ébéniste du Roi“. Dieses Amt hatte er bis 1774 inne, als -> Riesener es übernahm. Die Qualität seiner Möbel, von denen nur wenige signiert sind, ent­ spricht dem hohen Rang, den er in der Reihe der berühmten Ebenisten seiner Zeit einnahm.

von verschiedener Farbe. Manchmal saß auf der Spitze noch ein Wulst oder sie war nach hinten abgebogen, wie z. B. Darstellungen auf Gemälden des MAs zeigen.

JUGENDSTIL, in der Zeit von etwa 1895 bis 1905 und in Ausklängen noch einige Jahre länger war vor allem das Kunstge­ werbe darum bemüht, die Nachahmung histo­ rischer Stilformen abzustreifen und etwas Neues, Eigenes an die Stelle zu setzen (-> Henri van de Velde). Das Ornament wurde mit pflanzlichen oder abstrakten Formen zu einem wichtigen Ausdrucksmittel des Jugend­ stils, von dem Baukunst und Kunstgewerbe geprägt wurden, während Plastik und Ma­ lerei nur geringen Anteil an ihm hatten. JUNGFERNBECHER -> Doppelbecher.

JUDENHUT, die Kopfbedeckung der Juden im MA, ein hoher, spitz zulaufender Hut

JUWELENPORZELLAN heißt Porzellan, das mit Edelsteinen, Perlen oder Halb­ edelsteinen besetzt ist. In -> Sèvres war für Prunkgefäße dieser Porzellanschmuck gegen Ende des 18. Jhs. beliebt, im 19. Jh. bei vielen Manufakturen, z. B. in England mit blauen Emailperlen besetztes Porzellan.

P. Behrens, Kopfleiste 1899

ϋ’

K KABINETT, ein Prunkmöbel, das zum Auf­ bewahren von Kostbarkeiten und Schreib­ utensilien diente, häufig auch als Schreib­ tisch benutzt wurde. Im 16. Jh. hat es die Form eines rechteckigen Kastens, dessen Vorderseite durch einen Klappdeckel oder durch zwei Türen verschlossen ist. Im In­ neren birgt es zahlreiche Schübe, die oft um ein mittleres Schließfach gruppiert sind. Solche Kästen, die man zur Benutzung auf den Tisch oder auf ein eigenes Gestell setzte, wurden meistens mit reichen Ornament- und Bildintarsien geschmückt; vor allem in Süd­ deutschland und in Tirol; italienische und spanische Kabinette sind mit kostbarem De­ kor versehen. Zu Anfang des 17. Jhs. waren Kabinette meist aus Ebenholz gearbeitet und mit einem aus (acht) Säulenbeinen und einer Fußplatte gebildeten tischartigen Unterge­ stell fest verbunden. Ihr Schmuck ist durch Einlagen in Elfenbein, Edelmetall, Steinen oder durch Verkleidung mit Schildpatt oder Bronze oft überreich. In Deutschland wurde Augsburg Zentrum für die Herstellung die­ ses Möbels (> Augsburger Kabinett). Es war aber auch in Frankreich, in Flandern, Italien und anderen Ländern üblich. Um die Mitte des 17. Jhs. verwendete man immer mehr die allgemein gebräuchlichen Dekora­ tionstechniken, -> Furnier und -> Marketerie; zugleich begann die Umgestaltung des Untergestells zu Schrank oder Kommode. Im 18. Jh. wurde dann die Funktion des Kabinetts ganz auf den -> Schreibschrank übertragen.

KACHELN, Platten aus gebranntem und glasiertem Ton, aus denen sich die äußere Umwandung des Kachelofens zusammen­ setzt. Auch Wand-, Tisch-, Bodenplatten (-> Fliesen) werden oft Kacheln genannt. Sie können mit Bemalung verziert sein, auch

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mit Reliefdarstellungen, oder in verschiede­ nen, meist einem Zweck entsprechenden (vertiefte Kacheln strahlen z. B. die Hitze des Ofens stärker aus) Formen gearbeitet sein.

KAKIEMON SAKAIDA (1596—1666), ja­ panischer Töpfer und Porzellanmacher, der angeblich seinen Namen nach einem schönen Porzellangefäß in der Form einer Kakifrucht erhielt. Die sog. Kakiemonporzellane zeigen in sparsamen Dekor farbige Bema­ lung mit Schmelzfarben, wobei die unbe­ malte Fläche zum Schmuck mit beiträgt. Auf K. S. geht im wesentlichen die Technik der japanischen Porzellanmalerei zurück, durch die die japanischen Erzeugnisse in Europa so beliebt und nachahmenswert wurden. KALAMARI -> Kelim. KAMBLI, Johann Melchior (1718—1783), Kunstschreiner und Bildhauer, gebürtig aus Zürich. Er erlernte in Schaffhausen die Bild­ hauerkunst und kam 1746 nach Potsdam, wo er bald an der Ausstattung der Schlösser be­ teiligt war. 1752 erhielt er ein königliches Privileg für die Einrichtung einer „fabrique von Bronze doré Arbeit“. Das Bronze­ zimmer im Stadtschloß von Potsdam (1754/ 55) begründete seinen Ruhm. Danach machte er eine Reihe von Prunkmöbeln, die er meist mit dunklem Schildpatt oder hellem Zedern­ holz furnierte und mit reichen Bronzeappliken rahmte. Obwohl er mit seinen Arbeiten keine neuen Formen hervorbrachte, sondern sich an bekannte Vorbilder anlehnte (Arbeiten des -> Louis XV-Stils, ■> Hoppen­ haupt u. a.), gehören seine Möbel in ihrer handwerklichen Vollkommenheit zu den Meisterwerken des friderizianischen Rokoko.

KAMEE, ein geschnittener Stein mit erhabe­ nem Bild (-> Gemme). Besonders kunstvoll gearbeitet sind Kameen aus Steinen, die aus verschiedenen gefärbten Schichten bestehen

KAPITELL

(z. B. Achat, Onyx) und bei denen die herausgearbeitete Formung mit der jewei­ ligen Farbgebung übereinstimmt. Kameen galten als kostbares Schmuckstück. KANDELABER, stehender Leuchter, Kerzen­ ständer. Kandelaber aus Marmor oder aus Bronze sind im Altertum bekannt. Die mittel­ alterlichen Kerzenständer sind meist als der siebenarmige Leuchter gestaltet. Das Ma­ terial ist vorwiegend Bronze, Fuß und Arme sind mit Verzierungen versehen, auch Kan­ delaber, deren Schaft figürlich gestaltet ist, kommen vor (z. B. der berühmte Wolf­ ramsleuchter in Erfurt, 12. Jh.). Prachtvolle Stücke aus verschiedenem Material hat die Renaissance- und Barockkunst hervorge­ bracht.

KÄNDLER, Johann Joachim (1706—1775), zuerst Bildhauer in Dresden, wo er auch im sog. Grünen Gewölbe arbeitete. 1731 wurde er in die Porzellanmanufaktur -> Meißen berufen und 1733 als Nachfolger von J. G. -> Kirchner Modellmeister. Um diese Zeit leitete noch J. G. -> Hoeroldt die Manu­ faktur. Kändler schuf Porzellanplastiken von außerordentlicher Schönheit in Form und Ausdruck und war für diese Kunst in Mei­ ßen bahnbrechend. Aus seiner Anfangszeit sind Modelle für das japanische Palais und einige Services bekannt (Schwanenservice, Sulkowskyservice); dann die Figuren der zwölf Apostel für die Kaiserin Amalie von Österreich und eine Altargarnitur, die aller­ dings z. T. nach Gemälden oder Stichen modelliert sind. Bildnisbüsten der habsbur­ gischen Kaiser, das Grabmal des Freiherrn von Miltitz in Neustadt b. Meißen und vor allem seine graziösen, den Geist des -> Ro­ koko ausstrahlenden Figuren und Figuren­ gruppen (insgesamt etwa 900) haben ihn berühmt gemacht. In fast allen europäischen Porzellanmanufakturen wurden seine Arbei­ ten nachgeahmt. Sein letztes Werk, ein

lebensgroßes Reiterstandbild König Augusts III. in Porzellan, konnte er nur in Teilen vollenden. KANNELUREN, kanneliert. Bezeichnung für die nebeneinandergelegten Rillen, die den Schaft antiker Säulen der Länge nach überziehen. Auch die romanische Kunst des MAs kennt kannelierte Säulen. Die Renais­ sance hat sie dann wieder verwendet und z. B. auch auf Säulen oder Halbsäulen an Möbeln übertragen. KANTHAROS, griechisches Trinkgefäß mit zwei hohen Henkeln und Fuß, seit dem 6. Jh. V. Chr. üblich.

KAOLIN, Hauptbestandteil des echten -> Porzellans, Porzellanerde, ein weiß oder gelblich gefärbtes Mineral, in der Haupt­ sache aus Aluminiumsilikat bestehend. Den Namen hat das Kaolin vermutlich nach dem Hauptfundort in China, dem Berg Kao-Ling, erhalten. Wichtigste Fundorte in Deutsch­ land: in Aue bei Schneeberg (nach Schnorr von Carolsfeld Schnorrsche Erde genannt), in der Nähe von Passau (Passauer Erde), bei Meißen, Mügeln, Halle, Strehlen. KAPITELL, auch Kapitäl (von lat. capitel­ lum = Köpfchen), der obere Abschluß einer Stütze (Säule, Pfeiler oder Pilaster), die sich meist verbreitert, um eine größere Trag­ fläche für die aufruhende Architektur zu bilden. Das Kapitell ist daher als wichtiges Zwischenglied zwischen Säule und Architrav oder Bogen durch Querlinien von beiden abgehoben: zwischen Säule und Kapitell ist

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KASEL

meist ein wulstartiger Ring geschoben, zwi­ schen Kapitell und aufruhendem Mauerwerk eine Platte, der Kämpfer. Die künstlerische Gestaltung des Kapitells in Form und Ver­ zierung war vor allem im Laufe des MAs sehr wechselnd (die griechischen Formen -> Säule). Römische und byzantinische Ein­ flüsse sind in der Kunst der Frühromanik geltend. Eine Neuschöpfung dieser Kunst ist das schlichte W«r/e/kapitell, das später zu Kelch- oder Kelchhlochkapitellen abge­ wandelt wird. Diese Formen können reich mit Ornamenten versehen sein. Herrliche Kapitelle hat die romanische Kunst in Frankreich hervorgebracht, sog. Figurenkapitelle, die in vollendeter Steinmetzarbeit Figuren oder ganze Szenen zwischen Orna­ menten zeigen (z. B. in Autun). Gotische Kapitelle haben in der Hauptsache Blatt­ verzierung, die sich in ihrem schlanken Aufsteigen oder in feingliedriger Stilisierung dem gotischen Baugedanken (-> Gotik) an­ paßt. Auf die Vorbilder griechischer und römischer Kapitelle haben die Renaissance und die spätere Zeit vorwiegend zurück­ gegriffen. Die verschiedenen Kapitellformen wurden auch auf Arbeiten des Kunsthand­ werks, vor allem auf Möbel übertragen.

KARFUNKEL -> Granat.

KARTUSCHE, ein Ornament, das beson­ ders in der Kunst des Barock häufig ver­ wendet wurde. Es besteht aus einer schild­ förmigen Mittelfläche (in die Inschriften, Wappen oder dgl. gesetzt werden können), die von einem üppigen Rahmen aus ·> Roll­ werk umgeben ist. In der Möbelkunst hat vor allem Paul -> Vredemann de Vries mit seinen Entwürfen für die Verwendung des Kartuschenornaments gewirkt. (S. Abb. S. 135.) KARYATIDE (gr.), langgewandete griechi­ sche Frauengestalt, die in der antiken Bau­ kunst als Stützfigur die Säule ersetzte. Die­ ses Motiv wurde in der Renaissance wieder­ aufgenommen und seitdem auch auf den Möbelbau übertragen.

KARADAGH-TEPPICHE, persischer Woll­ teppich, der mit türkischem Knoten (> Ghiordes-Knoten) geknüpft wurde. Das Mu­ ster ist das -> Herati- oder -> Mina KhaniMuster mit Blumen oder Streifen. Die oft zweifache Bordüre zeigt geometrischen Dekor oder Ranken. 134

KASEL (lat. casula), Bezeichnung für das Meßgewand in der katholischen Kirche, das vor allem im MA reich mit Stickereien und aufgesetzten Bordüren verziert wurde. Es bestand anfangs aus einem Stück Stoff von Seide, in das ein Kopfschlitz (später auch Armschlitze) geschnitten war. Auf Brust und

KASTENTISCH

Rücken trug es ein Gabelkreuz. In neuerer Zeit sind Vorder- und Rückenteile getrennt gearbeitet, aber nach wie vor in geradem Fall lang herabfallend, mit einem lateini­ schen Kreuz auf dem Rücken.

KASHAN, ein in Kashan hergestellter ■> Persischer Teppich, der mit persischem Kno­ ten geknüpft wird. Der -> Flor ist sehr kurz. Das Muster zeigt meist ein Medaillon im Innenfeld und feines Rankenwerk in den Bordüren. KASTENSITZ, seit dem frühen MA be­

kanntes Sitzmöbel, dessen Hauptbestandteil ein kubischer, aus Brettern gefügter Sitz­ kasten mit oder ohne Lehne bildet. KASTENTISCH, seit dem 15. Jh. gebräuch­ liche Tischform, bei der die Platte auf einem rechteckigen Kasten ruht, dessen Innenraum sich durch Türen und zum Teil von oben durch Verschieben der Deckplatten öffnet. Bei Renaissancetischen liegt dieser Kasten häufig auf einem Fußbrett und ist mitunter auf eine architektonische Bogenstellung redu­ ziert. Kastentisch ist auch der als Arbeits­ oder Schreibtisch benutzte spätmittelalterliche

IM

KAUKASISCHE TEPPICHE

Tisch, bei dem der die Zarge ausfüllende flache Kasten (meist mit einem Kranz klei­ ner eingebauter Schübe versehen) auf Wan­ gen aufsitzt und durch Hochklappen der Deckplatte geöffnet wird. Die Kastentische sind hauptsächlich in den Alpengegenden und in Süddeutschland verbreitet, sie sind aber auch aus Mittel- und Norddeutschland und aus dem Rheinland bekannt. KATECHISMUSTALER hießen die Schau­ münzen mit aufgeprägten religiösen Dar­ stellungen oder Sinnbildern frommen Le­ bens, die Herzog Ernst der Fromme von Sachsen-Gotha (1640—1675) prägen ließ.

KATSCHLI, Bezeichnung für einen Dekor des Turkmenen-Teppichs, vor allem des Hatschlu, der als Zelttüre oder als Gebets­ teppich diente.

KAUKASISCHE TEPPICHE, die Teppich­ herstellung im Kaukasus ist unter dem Ein­ fluß Persiens schon alt. Daß so wenige alte kaukasische Teppiche bekannt sind, liegt wohl daran, daß sie über türkische Häfen in den Handel kamen und daher als türki­ sche Teppiche galten. Für den alten kauka­ sischen Teppich bildeten wohl persische Vasenteppiche mit ihren Blumen, Vasen und Phantasiestauden und Ranken das Vorbild. Die Bordüre des kaukasischen Teppichs z. B. aus der Zeit um 1600 ist gegenüber den persischen auffallend schmal. Auch die persischen Tiermuster treten in den kaukasischen Arbeiten auf, besonders Dra­ chen, die jedoch — vor allem in neuerer Zeit — bis zur Unkenntlichkeit stilisiert werden. Die Neigung zur Straffung der Linien, zu streng geometrischen Formen und zu klarer Absetzung der Farben gegenein-

KELSTERBACH

ander gibt den persischen Motiven in kauka­ sischen Teppichen eine neue Gestalt. Haupt­ orte der Herstellung sind Derbent, Kuba, Karabagh, Schirwan.

KAZAKTEPPICHE, kaukasische Teppiche, die von Frauen und Mädchen geknüpft wer­ den und in der Hauptsache kleine geometri­ sche Muster und Bordüren mit Sternrosetten und Ranken zeigen. Als Kazak bezeichnet man auch Teppiche, deren Dekor uneinheit­ lich und in der Anordnung nicht ganz ge­ lungen ist.

und aus Fuß, Schaft und Knauf, dem Nodus (lat.). Die Gestaltung folgt in Form und Ornament dem Stil der Zeit, in dem der Kelch gearbeitet wurde: Romanische Kelche sind in den Grundformen von Nodus und Kuppa kugelig. Kelche aus dem 13., 14. und 15. Jh. zeigen einen langgestreckten Nodus mit gotischer Ornamentierung und eine hohe Kuppa. Ebenso geben Renaissance-, Barockund die Kunstformen späterer Zeit dem Kelch ihr Gepräge.

KELIM, Bezeichnung für den gewirkten Teppich aus Kleinasien, d. h. für einen ge­ webten Teppich ohne eingeknoteten Flor. Hauptherstellungs- und Exportort war lange Kalamari, nach dem eine Zeitlang alle orientalischen Wirkteppiche benannt wurden. KELLEGHI, persische Bezeichnung für den quergelegten Teppich in der aus vier Tep­ pichen bestehenden Ausstattung des Fest­ raumes (-> Orientteppiche, Kenares, Khali).

KELSTERBACH, Porzellan wurde in Kel­ sterbach seit etwa 1760 hergestellt. Die

KELCH, der Meßkelch der christlichen Kir­ che, der nur aus kostbarstem Material und in feiner Arbeit geschaffen ist. Er besteht aus einer Trinkschale, der Kuppa (lat. cuppa), Kelsterbach 1765—1802

Kelsterbach 176;—2802

Fayencefabrik Königsstätten eröffnete ihren Betrieb dort und stellte den Arkanisten Christian Daniel Busch (gest. 1790) ein. Mit einer Unterbrechung von 1769—1789 hat die Manufaktur bis 1802 bestanden. Das Porzellan war in der Masse weiß und durch­ scheinend, mit grauweißer Glasur. Die For­ men waren schlicht, meist nach dem Vorbild von Meißen mit Blumen- und Figurendekor. Die Porzellanplastik brachte ebenfalls keine eigenen Neuschöpfungen hervor, aber schöne Arbeiten im Stile andrer Manufakturen.

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KIRMANSCHAH

KEMP, Wilhelm (Guillaume), Pariser Ebe­ nist, gebürtig aus Bonn, der 1764 Meister seines Handwerks wurde. Er arbeitete im Jahr 1786 mehrere Marketeriefelder an dem für Versailles bestimmten Bureau Ludwigs XVI-, das eine Schöpfung -> Benemanns ist.

G Orientteppiche, Kelleghi, Khali). KENOTAPH, leeres Grab, ein Grabmal, das zu Ehren eines Verstorbenen errichtet wurde, dessen Grab an anderer Stelle ist.

KENT, William (1684—1748), Londoner Maler und Architekt. Nach Studienjahren in Italien kehrte er 1719 mit dem einflußreichen Lord Burlington nach England zurück. Er wurde berühmt durch seine Entwürfe für Innendekorationen und Möbel, in denen die Einflüsse des prunkvollen italienischen Ba­ rocks spürbar sind. Kent hat den englischen Möbelstil nachhaltig bestimmt, obwohl seine Schöpfungen in der Verschmelzung südlicher ausladender Barockelemente mit der Strenge englischer Formen etwas schwerfällig und ge­ spreizt wirken. KERAMIK, (gr. kerameia) Töpferkunst, Be­ zeichnung für vom Töpfer aus gebranntem Ton hergestellte Gegenstände: also -> Fay­ ence oder Majolika, Terrakotta, Steingut, Steinzeug, Porzellan.

KETTE, in der Weberei Bezeichnung für die parallel nebeneinander gespannten Fäden eines Werkstücks. KETTENHEMD, ein Panzerhemd aus Ket­ tengeflecht, das im frühen Mittelalter zur Rüstung des Kriegers gehörte. Im Orient war es bis in neuere Zeit hinein gebräuchlich.

KHALI,

persische

Bezeichnung

für den

Hauptteppich im Festraum (-> Orienttep­ piche, Kelleghi, Kenares).

KIESER, Jakob (1764—1780), Hofebenist des Kurfürsten von der Pfalz in Mannheim, von dessen Arbeiten das Münchener Resi­ denzmuseum ein signiertes Tischchen besitzt. KILIMKI, Bezeichnung für gewebte Teppi­ che aus Südrußland, ganz aus Wolle beste­ hend, die für den eigenen Gebrauch in der Art der -> Kurdenteppiche gewebt wurden. KILIN, altpersisches Tiermotiv, das einem Löwen oder einer Hirschkuh ähnelt. Es ist aus der chinesischen Kunst übernommen und kommt auf persischen Teppichen häufig vor.

KIRCHNER, Johann Gottlieb (geb. 1706), Bildhauer und Porzellanmodelleur, der zuerst in Meißen arbeitete und von 1731 bis 1733 Modellmeister der Manufaktur war. An der Ausgestaltung des japanischen Zimmers war er beteiligt. Ein Waschbrunnen und mehrere Uhrgehäuse, Tierfiguren, eine Figur des Apo­ stels Petrus u. a. sind in dieser Zeit entstan­ den. Ein bedeutendes Werk ist seine Pietà. Nach 1733 scheint er Meißen verlassen zu haben. Er war von da an als Bildhauer tätig.

KIRMAN, nach dem Herstellungsort Kirman benannter -> persischer Teppich. Das Grund­ gewebe besteht aus Baumwolle, die Knüpf­ art ist persisch. Das Muster zeigt in schönen Farben Blumen, vor allem Rosen, Tiere und auch Menschendarstellungen (Porträts). KIRMANSCHAH, einer der bedeutendsten Orte der Teppichherstellung und des Handels mit Teppichen im alten Persien. Die Kirmanschah-Teppiche haben ein Grundgewebe aus Baumwolle, der Knoten ist persisch. Im Muster sind sie unterschiedlich: das Innen­ feld kann aus schmalen Streifen bestehen, es kann aber auch ein großes rautenförmiges

KNOCHENPORZELLAN

oder ovales Medaillon zeigen und Bäume und Blumen in den Zwickeln.

KLASSIZISMUS. Als Reaktion auf die Stil­ formen des -> Barock und des -> Rokoko zeigte sich in Baukunst, bildender Kunst und im Kunsthandwerk in Europa von etwa 1770 bis 1830 das Bestreben, im Sinne einer Er­ neuerung der Antike neue Formen zu schaf­ fen. Strenge und Klarheit im Aufbau, kühle Farben oder glatt-weißer Marmor (Thor­ valdsen) waren charakteristisch. Klassizistisch waren auch die Arbeiten des Kunsthand­ werks dieser Zeit sowie Inneneinrichtungen und Möbel gestaltet (-> Directoire, Empire).

KLEINMEISTER heißen eine Gruppe deut­ scher Maler und Kupferstecher des 16. Jhs., weil sie in kleinem Format gearbeitet haben. Fast alle stehen in der Nachfolge Dürers: Albrecht Altdorfer, Hans Sebald und Bar­ thel Beham, Georg Pencz, Jakob Bink, Hein­ rich Aldegrever u. a.

Klöppel eines Werkstücks ist von der Größe des Stücks und von der Art der Musterung abhängig. Beim Klöppeln werden die Spulen mit einer genau berechneten Bewegung ge­ schüttelt, so daß sich die Fäden in der vom Muster vorgeschriebenen Weise umeinander­ schlingen.

KLOSTER VEILSDORF, Porzellanmanu­ faktur, die 1760 von Prinz Eugen von Hild­ burghausen gegründet, 1795 von Herzog Friedrich von Sachsen-Altenburg und dann von -> Greiner übernommen wurde. Das Porzellan ist schön klar und weiß in der Masse, im Dekor zeigt es feine Bemalung: Blüten, Chinoiserien, Landschaften, Szenen. Die Form ist häufig stark plastisch durchge­ bildet in Rocaillenwerk und aufgelegten Blü­ ten. Die Porzellanplastik mit Figuren im höfischen Geschmack ist phantasievoll, aber etwas derb und bunt bemalt.

KLENZE, Leo von (1784—1864), Bau­ meister des Klassizismus. Er war von 1808 bis 1813 Hofarchitekt von König Jérôme in Kassel, von 1816 bis 1864 von Ludwig I. von Bayern in München. Mit seinen Bauten und Platzanlagen (Königsplatz, Odeonsplatz, Hofgartenarkaden, Glyptothek, Alte Pinako­ thek, Königsbau der Residenz u. a.) be­ stimmte er wesentlich das heutige Stadtbild von München. Für seine Gebäude entwarf er auch die Innendekorationen und die Möbel — hierbei von -> Perder und -> Fontaine beeinflußt — für die, wie auch für seine Architektur, antike, besonders griechische Vorbilder maßgebend waren.

KNOBELSDORFF, Georg Wenzeslaus von (1699 — 1753), Architekt und Maler. Im Jahre 1740 wurde ihm die Gesamtaufsicht über die königlichen Schlösser und Gärten in Berlin übertragen. Seine Bauten (u. a. 1740/43 Schloß Charlottenburg, „Neuer Flü­ gel“; 1744/51 Umbau des Potsdamer Stadt­ schlosses; 1745/47 Sanssouci) zeigen einen feingliedrigen Klassizismus, der durch die Klarheit der Tektonik ein Wesensmerkmal des friderizianischen Rokoko ist. K. hat seine Mitarbeiter, den Dekorateur -> Nahl und Hoppenhaupt entscheidend beeinflußt. Einige der für diese Zeit auffallend streng stilisierten Möbel in Charlottenburg sind wahrscheinlich unmittelbar auf Entwürfe oder zumindest Zeichnungen Knobelsdorffs zurückzuführen.

KLÖPPELN, das Herstellen von Spitzen mit Hilfe von Klöppeln, kegelförmigen Holz­ spulen, auf denen das Garn aufgewickelt ist. Auf einem sog. Klöppelpult stecken, dem Muster entsprechend, Nadeln, um die die Fäden geschlungen werden. Die Zahl der

KNOCHENPORZELLAN, Bezeichnung für englisches Frittenporzellan, das Knochenasche und Speckstein enthält und sich durch beson­ dere Härte auszeichnet. Es wurde in -> Chelsea und in -> Worcester um die Mitte des 18. Jhs. hergestellt.

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ΚΟΝΙΑ

KNORPELWERK oder Ohrmuschelwerk, ein Ornament des Frühbarock, das sich aus kurvig bewegten, verknorpelten, wulstigen und oft keulenförmigen Gebilden und ohr­ muschelähnlichen Voluten zusammensetzt und gegen 1600 vor allem in Deutschland und Holland entwickelt wurde. Besonders -> Erasmus und -> Unteutsch haben es als Möbelornament eingeführt.

KÖHLER, Johann, Würzburger Bildhauer, der u. a. zwischen 1764 und 1766 Sitzgarni­ turen für die Würzburger Residenz und für Schloß Seehof bei Bamberg geschaffen hat, die zu den reizvollsten Möbelschöpfungen des fränkischen Rokoko gehören.

KÖHLER-TEPPICH, Handelsbezeichnung für den in besonders dunklen Farben ge­ musterten -> Jakshibehdir, ein Teppich aus Bergama. KÖLNER INTARSIENMÖBEL, von etwa 1580 bis um 1620 schmückte man nach süddeutschem Vorbild auch in Köln die hei­ mischen Eichenmöbel mit -> Intarsien. Als Füllungen wurden häufig Tafeln mit Archi­ tekturprospekten, Blumenvasen, Wappen oder Ornamenten verwendet; ornamental war meistens auch die Verzierung der Rahmen­ teile, wenn nicht Schnitzereien diesen Platz einnahmen. Besonders an Schränken, aber auch an Truhen und Bettstellen wurde dieser Schmuck gern angebracht. Hauptmeister ist Melchior von -> Rheydt.

KOHLER, Daniel (gest 1778), Würzburger Bildhauer und Bruder von -> Johann Köh­ ler. Von seiner Hand ist die 1771 für die Würzburger Residenz gefertigte Sitzgarnitur im sog. Napoleonzimmer, die klassizistische Formen aufweist. Die Proportionen sind et­ was schwer, aber vorzüglich in der Einzel­ durchbildung.

KÖHLER, David (gest. 1725), bedeutender Arkanist der Meißener Porzellanmanufaktur, der die Bemalung mit Kobaltblau unter der Glasur (für Porzellan nach chinesischer Art mit blau-weißem Dekor und nach der Art der -> Delfter Fayence) entwickelte. Den jungen -> Hoeroldt weihte er in die Geheim­ nisse seiner Technik ein, die in Meißen weitergepflegt wurde.

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KÖLNISCHES EMAIL oder Rheinisches Email werden oft Arbeiten in Grubenschmelz­ technik (-> Email) genannt, die im frühen MA von niederrheinischen Künstlern herge­ stellt wurden.

KOLONNEN-LADIK, Handelsbezeichnung für -> Gebetsteppiche des 16. und 17. Jhs. aus Anatolien, deren Gebetsnische {Μ ihrab) durch Säulen oder Säulenpaare unterteilt ist. KOMETENTALER, Name für Straßburger Schaumünzen aus dem Jahr 1681 (Straßburg an Frankreich) mit dem Bild eines Kometen, wie er 1680 gesehen worden war. ΚΟΝΙΑ, seit alter Zeit ein Ort der Teppich­ herstellung in Kleinasien. Die ■> Gebetstep­ piche zeigten breite Gebetsnischen mit einem

KRATER

flachen, abgestuften Giebel. Die Nische ist mit Blütenzweigen ausgefüllt. Stilisierte Blü­ ten und Ranken auf den Bordüren und in den Zwickelfeldern.

KÖNIGSHOLZ -> Rosenholz. KONSOLTISCH, Wandtisch, der in beson­ derem Maße auf die Architektur des Raumes und auf die Vertäfelung abgestimmt ist. Er war meistens von Bildhauern oder von Schnitzern gearbeitet, also weniger ein Mö­ bel als ein Zierstück, das reich mit vergolde­ ten Schnitzereien geschmückt wurde. Seit der Zeit Ludwigs XIV. war es sehr beliebt. Zu­ erst rechteckig mit vier Stützen, wird der Konsoltisch im Laufe des 18. Jhs. immer mehr in die Wanddekoration einbezogen und seiner Selbständigkeit beraubt, im Rokoko steht er nur noch auf zwei geschwungenen Stützen, mitunter nur auf einer. Das ■> Em­ pire ersetzt ihn durch Nutzmöbel wie -> Servante und andere Möbeltypen.

KONSULARDYPTICHON ■> Dyptichon. KOPENHAGENER PORZELLAN, in einer 1779 königlich gewordenen Manufaktur seit 1763 hergestellt. Die Erzeugnisse zeichnen sich durch besonders feine Bemalung in Unter­ glasurmalerei aus. Eine um die Mitte des 19. Jhs. gegründete Manufaktur (Bing und Gröndahl) arbeitete in derselben Technik. Formen und Dekor des Kopenhagener Por­ zellans sind jedoch meist von denen anderer Manufakturen angeregt.

KÖRBLEIN, Thomas (um 1713 — 1753), Kunstschreiner, Mitinhaber der Hofspiegelund Kartonfabrik in Braunschweig. Zusam­ men mit J. H. B. -> Sang fertigte er den Spiegelschrank im Herzog-Anton-Ulrich-Mu ­ seum zu Braunschweig (1751/52). KOROMANDELHOLZ oder Zebraholz, Ebenholzart, die an der Koromandelküste wächst und sich durch helle Streifen von dem gewöhnlichen Ebenholz unterscheidet.

KOROMANDELLACK, eine chinesische Lackart, bei der über den Holzgrund eine Kreideschicht und darüber schwarzer Lack gelegt wird. Aus dem Lack ist dann die Dar­ stellung in vertieftem Relief so ausgeschnit­ ten, daß der Kreidegrund zum größten Teil freigelegt wird, um dann Bemalung in kräf­ tigen Farben zu erhalten. Diese Ladearbeiten stammen wahrscheinlich aus der Provinz Honan und verdanken ihren Namen den Umschlaghäfen an der Koromandelküste. KORUND, in mehreren Varietäten vorkom­ mender Edelstein: als farblose Tonerde, un­ durchsichtig oder trüb gefärbt (gemeiner Ko­ rund), oder in verschiedenen klaren Farben. So wird der blaue Korund Saphir genannt, der rote Rubin, der gelbe orientalischer To­ pas oder gelber Saphir, der grüne orientali­ scher Smaragd oder grüner Saphir, der vio­ lette orientalischer Amethyst. Der Korund ist nach dem Diamant der härteste Stein. Als wertvoller Edelstein wird er zu kost­ barem Schmuck verarbeitet. KOSSOWER MAJOLIKA, Bezeichnung für Tongefäße mit phantastischen Pflanzen- und geometrischen Ornamenten in Grau, Gelb und Braun auf graufarbigem Grund, die Alexander Bachminski in Kossow (Galizien) von 1820 bis 1882 herstellte. KRATER, großes griechisches Gefäß, zum

KRIPPE, WEIHNACHTSKRIPPE

Mischen von Wein verwendet, mit Fuß und zwei Henkeln gearbeitet. Je nach der Form des Gefäßbauches wird es auch Glockenkrater oder Kelchkrater genannt.

Christus. Aus verschiedenen Traditionsberei­ chen haben sich unterschiedliche Formen her­ ausgebildet, von denen die wichtigsten sind:

KRAUT, Hans, Hafner in Villingen, der in der zweiten Hälfte des 16. Jhs. vor allem Ofenkacheln hergestellt hat. Mehrere noch erhaltene Öfen mit farbigen Platten sind mit seinen Anfangsbuchstaben signiert.

KRAUTSTRUNK, ein Trinkgefäß des späten Mittelalters, aus Glas, mit plastisch vorstehen­ den Verzierungen ver­ sehen.

KREDENZ (ital. credenzone), Bezeichnung für das Möbel, auf dem man das Tischgerät, die credenza, anrichtet. In Italien ist die Kredenz ein halbhoher, kubischer, ein- oder mehrtüriger Schrank, der durch Gesimse, Ar­ chitekturmotive und Schnitzereien gegliedert wird und zum wichtigsten Mobiliar der Re­ naissance gehört. Seit der Mitte des 16. Jhs. werden häufig Schubladen unter der Platte eingefügt, bis etwa um 1600 die reine Schub­ ladenkredenz (cassettone) aufkommt. Das Gegenstück: der Kredenz im Norden ist der -> dressoir in Frankreich und Flandern, der dressoor in Holland und der -> Stollenschrank in Deutschland, später auch der -> Überhauschrank und die Anrichte.

KREUSSENER STEINZEUG, in Kreußen, Oberfranken, hergestellte dunkelglasierte Steinzeuggefäße des 16. bis 18. Jhs., die mit Relieffiguren geschmückt sind (-> Apostel-, Jagd- und Planetenkrüge). KREUZ, in alten Kulturen vorkommend, im Christentum Sinnbild für den gekreuzigten *4*

KREUZNIMBUS -> Heiligenschein. KRIPPE, WEIHNACHTSKRIPPE, im 16. Jh. wurden — wohl zuerst in Italien und dann in Süddeutschland — nach dem Vor­ bild alter Weihnachtsspiele und nach Darstel­ lungen der Anbetung des Kindes aus Schnitz­ altären und Gemälden das Weihnachtsgesche­ hen mit einzelnen Figuren dargestellt, die in eine Architektur, in einen Raum, hineinge­ stellt waren. Diese figürlich-räumliche Dar­ stellung, die in ihrer Anordnung verändert werden konnte, wurde in Deutschland von den Jesuiten in der Zeit der Gegenreforma­ tion aufgenommen und sehr gefördert. Die erste Krippe wurde in der Michaelskirche in München im Jahre 1603 aufgebaut: die Hei­ lige Familie mit Hirten und Engeln, Ochs und Esel (Lukas 2; Jes. 1,3) und die An­ betung der Könige. Krippen wurden dann in Deutschland sehr volkstümlich, vor allem

KULA-TEPPICH

in Tirol und in Bayern. In Italien war Ne­ apel der Ort, in dem Weihnachtskrippen ge­ macht wurden. Die Figuren sind aus Holz geschnitzt oder aus Ton oder Wachs geformt. Oft sind ihre Glieder beweglich gestaltet, die Kleidung ist aus buntem Stoff prachtvoll ge­ arbeitet. Vor allem im 18. Jh. wurden Krip­ pen von hervorragenden Künstlern geschaf­ fen. Eine bedeutende Sammlung von alten Krippen besitzt das Bayrische National­ museum in München. KRISTALL, Bergkristall, vollkommen durch­ sichtiger wasserheller Quarz, der in Gebirgs­ gegenden vorkommt. Er wurde seit dem Al­ tertum als Schmuckstein verwendet. Für die Steinschneidekunst (-> Gemme) ist er gut ge­ eignet. Kristallgefäße mit geschnittenen Or­ namenten oder Darstellungen sind aus dem Altertum erhalten. Sie wurden in der Re­ naissance besonders in Italien nadigeahmt und haben zur Weiterentwicklung der Kri­ stallschneidetechnik geführt. Auch im Barock wurden vor allem Prunkgefäße aus Berg­ kristall hergestellt. Die Technik des Kristall­ schneidens hat bereits im frühen Mittelalter auf die Verzierungsart an Gläsern einge­ wirkt.

KRISTALLGLAS, Bezeichnung für klares, farbloses Glas, das in der Art von ■> Kri­ stall mit geschnittener Verzierung versehen wurde. Die Hauptarten sind das Böhmische Kristallglas (kalkhaltig) und das schwerere, gut schneidbare RZeikristallglas. KRONLEUCHTER, auch Lichtkrone ge­ nannt, im Mittelalter von der Decke herab­ hängende Leuchter in Kirchen. Der nicht mehr erhaltene Kronleuchter für Bischof Bernward aus Hildesheim aus dem Anfang des 11. Jhs. hat in seiner Vorstellung vom Himmlischen Jerusalem zweifellos auf spä­ tere Kronleuchter der romanischen Kunst ge­ wirkt. Im Münster zu Aachen ist z. B. ein

K. aus dem 12. Jh. erhalten, der aus einem Reifen mit aufgesetzten Lichtern besteht, deren Einrahmung die Eingangstore bilden. In der Gotik wird diese Form verlassen, der K. besteht nun aus einem Schaft, von dem aus Leuchterarme aufsteigen. K. in den ver­ schiedensten Formen wurden seit der Renais­ sance für den Gebrauch in Kirchen, in Für­ stenpalästen und in Bürgerhäusern geschaffen.

KRÖSE, die spanische Halskrause des 16. Jhs., die radförmig gebildet war und steif vom Halse abstand. KUGELBRUST, Bezeichnung für das runde, durch Schmiedearbeit besonders zubereitete Bruststück der Plattenrüstung des 16. Jhs. KUGELSCHNEPPER -> Armbrust.

KUHMÄULER, Name für eine Fußbeklei­ dung des 15. Jhs., deren Form vorne breit und rund war. Sie kamen in Deutschland auf und verdrängten die spitzen französi­ schen -> Schnabelschuhe.

KULA - TEP­ PICH, in der Hauptsache in Kula, Klein­ asien, herge­ stellter Tep­ pich, der in der Musterung dem -> Ghiordes ähnlich ist. Der Ku­ la-Teppich ist meist ->- Ge­ betsteppich. Der sogenann­ te Friedhofs­ Kula zeigt in der Gebets143

KUPFERSTICH

nische ein Grabmal (-> Friedhofsteppith). Die Bordüre besteht aus kleinen Streublumen oder -mustern. KUNCKELGLÄSER, kostbare Rubingläser, die von dem Apotheker und Chemiker Jo­ hann Kunckel (1630—1702) hergestellt wur­ den. Kundtei, der in Diensten der Kurfür­ sten Johann Georg II. von Sachsen, Fried­ rich Wilhelm von Brandenburg (Leitung einer Glashütte auf der Pfaueninsel bei Potsdam) u. a. gestanden hat, schrieb ein Buch über die Glasmacherkunst mit Rezepten zur Herstel­ lung verschiedener Glasarten. Bei seinen Ex­ perimenten, die zur Herstellung des Rubin­ glases führten, stützte er sich auf alchimisti­ sche Rezepte des MAs. KÜNERSBERGER FAYENCE, Fayence­ gefäße aus einer 1745 von Jakob Küner in der Nähe von Memmingen gegründeten Manufaktur, die sich Künersberg nannte, nachdem Küner geadelt worden war und diesen Namen angenommen hatte. Die Arbeiten zeigen einen großen Reichtum an Formen und hohe Qualität. Die Glasur ist glänzend und weiß. Der Dekor ist in der Art eines Schrezheimer Blumendekors in Blau, Gelb oder Grün oder in monochromer Bema­ lung. Besonders kostbar sind Gefäße, die porzellanähnlich wirken, sie sind mit Muffel­ farben und mit Gold bemalt und zeigen Chinoiserien, Blumen, Landschaften, Figuren. Auch Gefäße mit grün gemalten Jagdszenen sind dabei, die sich an ähnliche Stüie aus der Manufaktur Lenzburg anlehnen.

KUNSTGEWERBE -> Kunsthandwerk. KUNSTHANDWERK, Bezeichnung für das Handwerk, das es versteht, Gegenstände, die als solche nicht Kunstwerke sondern für den Gebrauch bestimmt sind, künstlerisch zu ge­ stalten, so die Gold- und Silberschmiedear­ beit, Keramik, Möbelkunst, Textilkunst, Glas­ herstellung u. a. Dabei ist nicht immer zwi­ schen Kunst und Kunsthandwerk zu trennen

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(z. B. beim Bildteppich o. ä.). Erst im 19. Jh. wurde eine schärfere Unterscheidung vorge­ nommen, indem das K. als Spezialgebiet der bildenden Künste und vom Handwerk losge­ löst behandelt und als Kunstgewerbe bezeich­ net wurde, für das nun eigene Prinzipien geltend gemacht und eigene Museen eingerich­ tet wurden.

KUNSTKAMMER (auch Kunst- und Wun­ derkammer) hieß im 17. und 18. Jh. in Für­ stenhäusern der Raum, in dem Kunstwerke, Altertümlichkeiten, Raritäten u.ä. aufbewahrt wurden. KÜNSTLERDRUCKE, französisch épreuve d'artiste, heißen die ersten guten Abdrucke von einer gestochenen Kupferplatte, die mit den Namenszügen des Stechers versehen sind. Vor den nächsten Abzügen (avant la lettre) wird der Name wieder weggenommen.

KUPER (KUPPER), Johann (gest. um 1558/60), Möbelschnitzer aus Köln, der 1544 bis 1558 das berühmte Eichengetäfel des Kapitelsaales im Dom zu Münster in West­ falen geschaffen hat. Die prachtvollen Schnit­ zereien entstanden zum Teil nach Stichvor­ lagen von Cornelius Bosch und von Aldegrever und gehören zu den frühesten und besten Schnitzwerken der deutschen Renais­ sance. KUPFER, (früher auch „cyprisches Erz“ genannt), ein Metall, das von altersher für das Kunsthandwerk von Bedeutung war. Es ist verhältnismäßig weich und wird deshalb meist mit Zusätzen (als Legierung) verwen­ det, z.B. als Bronze (Kupfer-Zinnlegierung). Reines Kupfer wird in der Graphik benutzt, vor allem aber für den ■> Kupferstich.

KUPFERSTICH. Kurz vor der Mitte des 15. Jhs. wurde von einem anonymen deutschen Meister, genannt der Spielkartenmeister, die Kupferstechtechnik zuerst zur Herstellung von Karten angewandt. Bald darauf wurde der K. sehr verbreitet, bedeutende Maler

KUTTROLF

(Schongauer, Mantegna in Italien, Dürer, Lu­ kas van Leyden und andere) haben sich dieser Kunst zugewandt, vor allem die sog. -> Kleinmeister. Dürers Kupfersticharbeiten hat­ ten große Wirkung und bildeten den Höhe­ punkt dieser Kunst, die dann auf vielerlei Art technisch abgewandelt wurde. Zur Herstellung eines Kupferstichs wird mit Hilfe des Grabstichels die Zeichnung in eine Kupferplatte eingegraben oder eingestochen. Die Platte wird gefärbt und dann ein Ab­ druck auf Papier hergestellt. Diese Technik heißt auch Grabstichel- oder Linienmanier. Ein anderes Verfahren ist die -> Ätzung. Ge­ schabte Manier oder Schwarze Kunst (ita­ lienisch mezzo tinto) heißt eine Technik des Ks., bei der auf die auf der ganzen Ober­ fläche aufgerauhte Platte mit einem Schab­ eisen durch Glätten die Zeichnung und Lichtund Schattenwirkung gegeben werden. Aqua­ tinta oder Tuschmanier benutzt feinen Kolo­ phoniumstaub, mit dem die Platte überzogen wird; durch Erwärmen schmilzt er auf und bildet feine Kügelchen, wodurch der Kupfer­ grund frei bleibt. Nun erfolgen Ätzung und Färbung. Auch die Radierung ist eine Art des Kupferstichs, auch Ätzkunst genannt: Die Kupferplatte wird dabei mit einer säurefe­ sten Masse bedeckt, dem Ätzgrund, in den mit einer Nadel die Zeichnung so eingezogen wird, daß das Kupfer freiliegt. Die über die Platte gegossene Säure dringt nur an den freigelegten Stellen auf das Kupfer. Bei der Kaltnadelradierung zeichnet die Nadel (kalte Nadel) auf die ungeätzte Platte. Die Radie­ rung wurde seit dem 16. Jh. vor allem geübt. Die vollkommendsten Arbeiten in dieser Kunst sind die Radierungen von Rembrandt. (Über Beschriftung des K. s. -> Avant la lettre, après la lettre, inv. del., sc., exc.). Farbige Kupferstiche oder Radierungen sind selten, im 18. Jh. wurden in England eine Reihe von Farbstichen gearbeitet. Für das Kunsthandwerk waren die ■> Ornamentstiche (seit dem 15. Jh.) von großer Bedeutung.

KUPPA ·> Kelch.

KURDENTEPPICHE, Nomadenteppiche aus Kurdistan, die ganz aus Wolle sind und mit türkischem Knoten (-> Ghiordesknoten) geknüpft werden. Im Handel werden sie häufig als Sautsch-bulagh bezeichnet, nach der kurdischen Hauptstadt. Sie unterscheiden sich stark, je nach dem Ort der Herstellung. Fast alle Kurdenteppiche zeigen kräftigere Farben als andere -> Persische Teppiche. Als Muster sind -> Herati- und -> Mina KhaniMuster üblich neben Medaillons mit Haken, Sternen und Streifen. KURFÜRSTENGLÄSER, Kurfürstenhum­ pen, deutsche Trinkgefäße aus dem 16. bis 18. Jh. Auf dem glatten einfachen Becher waren in Emailmalerei Bildnisse der Kur­ fürsten und des Kaisers mit Wappen und Inschriften angebracht.

KURFÜRSTENKRÜGE, vorwiegend rhei­ nische Steinzeugkrüge des 16. und 17. Jhs. mit Darstellungen von Kurfürsten oder Bi­ schöfen oder deren Wappen in Architektur­ rahmung.

KURFÜRSTENTELLER, in Nürnberg im 16. und 17. Jh. hergestellte Teller aus Zinn: der Tellergrund zeigt ein Bildnis des Kaisers, auf dem Rand sind die Kurfürsten darge­ stellt.

KÜRISS, auch Kürass, ursprünglich der Lederpanzer (von fr. cuir = Leder), danach Bezeichnung für den -> Harnisch.

KUSSTÄFELCHEN, auch Pax, Pacificale genannt, kleine mit religiösen Darstellungen in Relief, Email- oder Hinterglasmalerei geschmückte Tafeln aus Elfenbein, Metall Holz oder Glas, die im späten MA (und seit­ dem) in den Kirchen vom Priester vor der Kommunion zum Kuß gereicht wurden. Sie galten als Reliquientäfelchen, trugen aber nicht immer eine Reliquie. KUTTROLF ·> Angster.

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L LABRADOR, ein Halbedelstein, Feldspat, der in verschiedenen Farben schillert. Als Schmuckstein verwendet. Seinen Namen hat er nach dem Hauptiundort, der Labrador­ küste.

LACKARBEITEN wurden zuerst in China und Japan hergestellt. Die am meisten ver­ wendete Lackart ist eine harzige Substanz von gelblicher bis durchsichtig grünlicher Färbung. Der Lack wird auf Töpferwaren, Metallarbeiten, vor allem aber auf Holz­ arbeiten aufgetragen. Nach dem Trocknen dunkelt er nach, je nach der Dicke des Auf­ trags stark oder weniger stark. Der Lackauf­ trag erfordert besondere Geschicklichkeit, feine Arbeiten werden bis zu achtzehn Mal gelackt, ehe sie das gewünschte Aussehen zeigen. Lackverzierungen, Ornamente, Figu­ ren, werden in die oberste Schicht gegeben, sie werden oft mit feinem Goldstaub oder mit Farben durchsetzt, das Holz ist dann meist nicht mehr sichtbar. Japanische Lade­ arbeiten (Japanlack), die feiner und halt­ barer sind als die chinesischen, haben vor allem im 18. Jh. die europäischen Kunst­ schreiner zu Nachahmungen angeregt. — Eine einfachere Art von Ladearbeit ist der Lade­ auftrag auf Möbel, deren Holz sichtbar blei­ ben soll. LACKPORZELLAN, japanisches Porzellan, das nicht glasiert, sondern mit rotem oder schwarzem Lade überzogen wurde. Es gibt auch Arbeiten, die teilweise glasiert und über den unglasierten Stellen lackiert sind und so Verzierungen darstellen. In Holland wurde das Lackporzellan nachgeahmt. LACROIX -> Vandercruse. LADIK, kleinasiatischer Teppich aus Ladik. Am häufigsten ist der ■> Gebetsteppich, der bereits im 17. Jh. geknüpft wurde. Das Mih-



rab, die Gebetsnische, hatte zuerst meist vier oder sechs Säulen, später wurde es ohne Säu­ len gestaltet. Der Giebel hat verschiedene For­ men: auch in der säulenlosen Gebetsnische kann er unterteilt sein, als ob er von Säulen getragen sei. Oft ist er auch abgestuft ge­ bildet, mit herabhängender Leuchte. In den frühen Ladiks ist über der Gebetsnische ein Querfeld, das meist mit Tulpenmustern ge­ schmückt wurde; die späteren haben dieses Feld unter der Nische. Die Bordüren zeigen spitze Arabesken, geometrische Muster und geometrisch stilisierte Ranken.

LALONDE, Richard de, Ornamentstecher in Paris, tätig um 1780 bis 1796. In seinem umfangreichen Stichwerk nehmen Vorlagen für Innendekorationen und Möbel einen be­ trächtlichen Teil ein. Ihre phantasievolle Zeichnung zeigt Ornamente im reinsten ■> Louis XVI-Stil.

LEIMVERGOLDUNG

LAMBETH, seit ca. 1571 bis Ende des 18. Jhs. Fayenceherstellung. Seit 1650 arbeiten holländische Töpfer nach Delfter (später auch nach italienischen und chinesischen) Vorbil­ dern. Daneben Steinzeug- und Steinguther­ stellung. LAMBREQUIN, Bezeichnung für ein zun­ genförmiges, häufig mit Quasten versehenes Schmuckmotiv einer Behangborte, das in der 1. Hälfte des 18. Jhs. zusammen mit Ban­ delwerk und Marketerie auch an Schnitze­ reien verwendet wurde.

LAMELLEN, Blättchen, Bezeichnung für feines dünnes Blech und für kleine blatt­ artige Verzierungen. LANDAUER, ein Reisewagen des 18. Jhs., benannt nach dem als Vorbild dienenden Wagen, mit dem im Jahre 1702 Kaiser Joseph I. zur Belagerung der Stadt Landau fuhr. Das Verdeck dieses Wagens kann nach vorne und nach hinten zurückgeschlagen werden. LANZETTBLATT, Lanzettornament, beliebtes Motiv auf Orienttep­ pichen, ein schmales, ge­ zähntes, meist geschwun­ genes Blatt.

LASURSTEIN, Lapis la­ zuli, ein Halbedelstein von dunkelblauer Fär­ bung mit kleinen gelben Flecken oder Adern. Er wird zu Schmuckstücken verarbeitet oder zu Ein­ legearbeiten an Möbeln verwendet.

LAUFENDER HUND, Bezeichnung für ein beliebtes Ornament der griechischen und römischen Kunst, das auch auf orientalischen Teppichen vorkommt.

LEBAS, Jean Baptiste (1729 — nach 1795), Pariser Kunstschreiner, der 1756 Meister seines Handwerks wurde. Seine Möbel zeich­ nen sich durch Kühnheit des Entwurfs und ausgesuchte Eleganz der Details aus, in der Spätzeit stehen sie den Entwürfen von ■> Delafosse nahe. Lebas arbeitete u. a. für Madame du Barry und für den Grafen von Artois. LEBENSBAUM, ein altassyrisches Orna­ ment, das in andere Kunstbereiche über­ nommen wurde. Ein baumartiger Stamm ist von einer großen Palmette bekrönt, die Zweige sind ebenfalls von stilisierten Pal­ metten gebildet, die meist miteinander ver­ schlungen sind.

LEGISTAN, ein Teppich aus dem westlichen Kaukasus und von der Ostküste des Schwar­ zen Meeres, dessen Kette aus Baumwolle oder Wolle besteht, Schuß und Flor sind aus Wolle. Das Muster ist meist in leuchten­ dem Blau in verschiedenen Tönungen gehal­ ten, der Grund zeigt oft Beige oder Rot als Farbe. Eines der Hauptmuster ist ein mehr­ strahliger Stern mit einer Rosette in der Mitte. Der kurzgeschorene Flor ist nicht sehr dicht geknüpft. Meist wird der Legistan im Handel als Schirwan oder Kabistan ange­ boten. LEHMANN, Caspar, Edelstein- und Kri­ stallschneider des 17. Jhs., der in Prag am Hofe Kaiser Rudolfs II. tätig war und als einer der ersten die Technik des Kristall­ schneidens auch für das böhmische Kristall­ glas anwandte. LEIMVERGOLDUNG, Leimversilberung, eine Verzierungstechnik an Holzarbeiten, bei der Gold- oder Silberplättchen auf einen

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LEPAUTRE

Auftrag von Leim oder Kreidesdilamm ge­ legt werden. LEINENTAPETEN, bemalte oder bestickte Leinentapeten galten im späten MA als Kostbarkeiten in den Räumen von Fürstenund Bürgerhäusern. Später traten die sog. -> Arrazzi an ihre Stelle. LEITHNER, Joseph, Maler, der um 1800 für die Wiener Porzellanmanufaktur tätig war und Geschirre in dem sog. „LeithnerBlau“ bemalte. Vor allem hat er auch Kopien alter Gemälde auf Porzellan gemacht.

LEJEUNE, Louis, Schreiner und Möbel­ schnitzer in Lüttich. Er war um die Mitte des 18. Jhs. tätig. Aus den Jahren 1743 und 1744 haben sich zwei signierte Arbeiten er­ halten: eine Standuhr und ein Schrank mit hervorragenden Schnitzereien. LEJEUNE, Pierre, François (1721—1790), Bildhauer aus Brüssel, der von 1753 bis 1778 Hofmaler des Herzogs Karls Eugen von Württemberg war und für die Ludwigs­ burger Porzellanmanufaktur arbeitete.

LEKYTHOS (gr.), kleines griechisches Gefäß für Salböl oder für geweihtes öl (im Toten­ kult verwendet). Es hat einen schlanken Gefäßkörper mit schmaler Halsöffnung, scha­ lenförmiger Mundplatte und einem kleinen Henkel am Gefäßhals. LELARGE, Jean Baptiste (1743—1802), Pa­ riser Kunstschreiner. Meister seines Fachs wurde er 1775. Er übernahm die Werkstatt seines Vaters. Vor allem Sitzmöbel von ein­ fachem Aufbau, klaren Proportionen und mit ovalen Rückenlehnen hat er gefertigt. Sein Hauptauftraggeber war die französische Krone.

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LELEU, Jean François (1729—1807), einer der besten Ebenisten der Zeit Ludwigs XVI. in Paris. Zusammen mit -> Riesener lernte er in der Werkstatt von -> Oeben und wurde 1764 Meister. Seine frühen Möbel sind mit ihren leicht geschweiften Konturen, abge­ rundeten Ecken und Blumenmarketerien den Arbeiten Oebens verwandt. Auch die Vor­ liebe für feinen Bronzeschmuck teilt Leleu mit Oeben. Die späteren Arbeiten sind schwe­ rer und strenger in den Formen, häufig in Mahagoni ausgeführt. Leleu arbeitete in der Hauptsache für den Prinzen von Condé, für Madame du Barry und für die Krone.

Êiffl} LEMARCHAND, Charles Joseph (gest. um 1818), Pariser Ebenist, der 1789 Meister wurde. Seine Mahagonimöbel sind häufig mit figürlichen Goldbronzen geschmückt. Er machte u. a. im Jahre 1791 achtzehn Kom­ moden für Saint Cloud und erhielt später von Napoleon zahlreiche Aufträge für die Neueinrichtung der Schlösser.

CLEMARCHAND LENDNER, Bezeichnung für einen kurzen (bis an die Lenden reichenden), eng anlie­ genden Waffenrock des MAs, der unter dem -> Harnisch zu tragen war. Später wurde ein ähnlich geschnittener Kleiderrock Lendner genannt.

LEPAUTRE, Jean (1618—1682), Radierer in Paris. Er war einer der bedeutendsten und phantasievollsten Ornamentstecher seiner Zeit. Sein Werk umfaßt etwa 2500 Vorlage­ blätter mit zahlreichen Entwürfen für Archi­ tekturen, für Innendekorationen und für Möbel, die meist mit üppigem Akanthus und mit Schnitzfiguren ausgestattet sind.

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Möbeicntwurf von Lepautre

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LITHOGRAPHIE

LEVASSEUR, Étienne (1721—1798), bedeu­ tender Pariser Ebenist des Louis XVI-Stils. Er wurde 1767 Meister, nachdem er in der Werk­ statt der Söhne von -> Boulle seine Lehrzeit verbracht hatte. Boulle-Marketerien hat er in feiner Arbeit hergestellt. Seine eigenen Mö­ bel aus Ebenholz oder Mahagoni waren stets mit reichem Goldbronzewerk verziert.

ENLEVA S5EUR LICHTSPALIER, Bezeichnung für ein Gitter mit hochstehenden Spitzen am oberen Ab­ schluß, auf die Kerzen gesteckt wurden. Es war im MA in Kirchen gebräuchlich und wird dort auch heute noch benutzt. LICHTTALER hießen in Braunschweig im 16. Jh. Taler, die auf der Schauseite ein Bild des wilden Mannes mit einer Kerze trugen.

LIEUTAUD, Balthazar (gest. 1780), Pariser Ebenist, der 1749 Meister seines Handwerks wurde. Er war bekannt für die Herstellung von Uhrgehäusen und zierlichen Möbeln, die er reich mit Goldbronzen schmückte. In seinen späten Arbeiten hat er sich von ■> Delafosse beeinflussen lassen.

LIMBACH, Porzellanmanufaktur, die im Jahre 1772 von Gotthelf -> Greiner gegrün­ det wurde. Die Porzellanmasse ist nicht ganz rein, die hergestellten Gefäße sind meist für den täglichen Gebrauch bestimmt und im Dekor wenig kunstvoll. Blumen, Putten, Landschaften sind die Hauptmotive. Von besserer Qualität ist die Porzellanplastik: Bauernfiguren, modisch gekleidete Bürger u.a.

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Limbach

Limbach

Limbach

1773—1788

1772—1788

1787—

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LIMUSINEN, LIMOGEN, Bezeichnungen für Emailarbeiten aus Limoges, Frankreich, die seit dem 15. Jh. dort gefertigt wurden, vor allem aber im 16. und 17. Jh. sehr b-rühmt waren. Es sind Platten, Gefäße, Geräte, meist aus Kupfer, die mit Schmelzfarben be­ malt wurden (sog. Maleremail, ohne Gruben oder Zellen). Für die Darstellungen waren Glasgemälde oft anregend, häufig wurden aber auch Kupferstiche als Vorlagen genom­ men. Es gab in Limoges zahlreiche Familien, die die Kunst des Emailmalens pflegten, am bekanntesten sind die Familien Penicaud, Limosin, Courteys aus dem 16. und 17. Jh.

LISENE, Bezeichnung für einen senkrechten, leicht hervortretenden Streifen zur Glie­ derung einer Wand. LIT À LA POLONAISE (fr. = Bett nach polnischer Art), eine beliebte Bettform des 18. Jhs. Das mit einer Längsseite an der Wand stehende Bett ist von zwei hohen Seitenwänden umrahmt und von einem klei­ nen Betthimmel überdacht, von dem aus Vor­ hänge lang herabwallen. Der Stoff wird an den Längsseiten des Bettes weggerafft und gibt den Blick auf das meist prächtig ver­ zierte Bettgestell frei. (-► Bett). LIT DE REPOS (fr. = Ruhebett), Ruhebank des Barock mit rechteckiger Liege auf meist acht Beinen, mit gerader Lehne an einer der Schmalseiten. LIT EN BATEAU (fr. = Kahnbett), ein Bett des Empire, das in seiner Form an einen Kahn erinnert, da Kopf und Fußwand durch gekurvte Längsbretter verbunden sind. Diese Bettform war auch noch im Biedermeier weit verbreitet.

LITHOGRAPHIE (von gr. lithos = Stein, graphein = schreiben), Steindruck, ein gegen Ende des 18. Jhs. von Alois Senefelder in Prag erfundenes Verfahren, Abdrucke von

LOUIS-QUATORZE

einer Steinplatte zu nehmen. Auf der Stein­ platte (Solnhofer Kalk) wird mit fettdurch­ setzter Kreide oder mit Tusche die Zeich­ nung ausgeführt. Dann wird die Platte be­ feuchtet, wobei das Wasser von der Fett­ schicht der Zeichnung abgestoßen wird. Die nun aufgetragene Druckerschwärze verbindet sich nur mit den Stellen, die die Feuchtigkeit angenommen haben, also nicht mit den Linien der Zeichnung, die nun beim Abdruck auf Papier als von der Druckerschwärze ausge­ sparter Raum weiß erscheint. Auch das um­ gekehrte Verfahren ist möglich, daß nämlich die Druckerschwärze nur an der Zeichnung haftet und diese allein auf dem Papier er­ scheint. Farbige Lithographien (Chromolitho­ graphien) erfordern mehrere Platten. Die Lithographie erscheint im Abdruck spiegel­ bildlich.

LITHOPHANIE, Porzellanbilder. In eine sehr dünne, unglasierte Porzellanplatte wird reliefartig ein Bild eingepreßt, und zwar so, daß Umrisse und Zeichnung durch die Licht­ effekte gegeben sind, die entstehen, wenn die Platte gegen das Licht gehalten wird: die Stellen, an denen das Porzellan am dünnsten ist, erscheinen am hellsten. Der Künstler hatte also das Bild so einzupressen, daß Umrisse und Schattenwirkungen auf der Platte die stärkste Dicke hatten. Im 19. Jh. waren solche Lithophanien als Fensterschmuck und als Lichtschirme sehr beliebt.

LITHYALINGLAS, undurchsichtiges Glas, das das Aussehen von farbigem Stein hat. Es wurde im 19. Jh. in böhmischen Glas­ hütten hergestellt und zu Gefäßen und an­ deren Gegenständen geformt. LOTOSBLÜTE, ein Blumenornament, das auf Kunstwerken aus Vorderasien häufig vor­ kommt, schlicht oder in komplizierten Formen gestaltet. Vor allem für Teppiche ist es ein oft verwendetes Motiv.

LOUIS XIII-Stuhl, Bezeichnung für einen meist mit Rohrgeflecht versehenen Stuhl oder Armstuhl mit gedrehten Stützen, der in der ersten Hälfte des 17. Jhs., zur Zeit Ludwigs XIII., in Frankreich beliebt war und ver­ mutlich aus Flandern kam. Charakteristisch ist die zwischen die Rückpfosten gespannte ovale Lehne mit durchbrochen geschnitztem Rahmen, dem ein ähnlich geschnitzter Steg zwischen den Vorderbeinen entspricht. Der Typ verbreitete sich über ganz Europa und war noch in der Zeit Ludwigs XIV. in Mode, dann aber meist in etwas abgewandelter Form, mit in Baluster unterteilten Rück­ pfosten und volutenförmigen Füßen.

LOUIS-QUATORZE, Louis XIV-Stil, Be­ zeichnung für den Kunststil in Frankreich zur Zeit Ludwigs XIV. (1643—1715). Es ist die Hochblüte des französischen Barocks, der in der Umgebung des Hofes seine stärkste Aus­ prägung gefunden hat.

LUKAS

LOUIS-QUINZE, Louis XV-Stil, im An­ schluß an den -> Louis-quatorze. Bezeich­ nung für den Kunststil in Frankreich in der Zeit Ludwigs XV. (1723—1774), der dem Rokoko entspricht.

LOUIS-SEIZE, Louis XVI-Stil, Bezeichnung für den Kunststil in Frankreich zur Zeit Lud­ wigs XVI. (-> Louis-quatorze, Louis-quinze). Er stellt die Endphase des Rokokostils dar, der jetzt schon von klassizistischen Elemen­ ten bestimmt ist.

LOVE-SEAT, seit der Queen-Anne-Zeit in England verbreitete kleine Settee, die der französischen -> Causeuse enspricht.

LÖWENFINCK, Adam Friedrich von (1714 bis 1754). Er war von 1727 bis 1736 Por­ zellanmaler in Meißen, danach in anderen Manufakturen, u. a. Ansbach und Fulda. 1746 gründete er eine eigene Manufaktur in Höchst, wahrscheinlich wurde dort zu seiner Zeit aber nur Fayence hergestellt. An der Manufaktur von Hannong in Hagenau war er von 1749 an Leiter der Werkstätten.

LÜBECKER SCHRANK, schwerer zweitü­ riger Barockschrank, im Typus ähnlich dem -> Hamburger Schrank, aber mit gewelltem Giebel. «P

LUDWIGSBURGER PORZELLAN, die Manufaktur wurde 1758 von Herzog Carl Eugen gegründet und Joseph Jakob Ring­ ler (1730—1802) unterstellt, der sie 43 Jahre lang leitete. Die Masse aus Passauer Erde ist nicht ganz rein und von grauer Färbung, die Glasur ist grünlich. Das L. P. hat weder durch die Qualität des Materials noch durch originelle Formen seine Bedeutung erlangt, sondern durch die außerordentliche Feinheit im gemalten Dekor. Gottlieb Friedrich Riedel war von 1759 bis 1779 Aufseher über die Maler, er hat vor allem Landschaften und Vögel als Dekor bevorzugt. Friedrich Kirsch­ ner war von 1770—1783 in Ludwigsburg tätig, er malte in der Hauptsache feine Blu­ menmuster, während Johann Friedrich Steinkopf, der von 1759 bis 1775 an der Manufaktur tätig war, Landschaften und Tiere darstellte. Bedeutender als die Ge­ schirre sind die Porzellanplastiken von Lud­ wigsburg: Bauern, Komödie, Ballett, Jahr­ markt, Vögel, Kaffeetrinkerin u. a., die im einzelnen nicht immer bestimmten Künstlern zugeschrieben werden können. Die bekann­ testen Meister sind: Johann Christian Wil­ helm -> Beyer (in Ludwigsburg von 1761 bis 1767), Joseph Weinmüller (von 1764 bis 1767), Johann Heinrich Dannedeer (von 1793 bis 1795). Ludwigsburger Porzellan wurde in neuerer Zeit vielfach nachgeahmt und auch gefälscht.

Ludwigsburg

Ludwigsburg

*758-1793

Ende 28. ]h.

Ludwigsburg in Rot oder Gold Anfang 19. Jh.

LUKAS, der Evangelist Lukas wird seit dem MA häufig als Maler dargestellt, der das Bildnis der Jungfrau Maria malt. Von den Malern wurde er als Patron ihrer Gilde ver­ ehrt: Lukasgilden, in denen auch Glaser, Goldschmiede, Holzschnitzer und andere Handwerker vereinigt waren.

LÜTTICHER MÖBEL

LÜNEBURGER SCHRANK, auf Rahmen und Füllung gearbeiteter spätgotischer Eichen­ schrank, der gegen Ende des 15. Jhs. in Lüneburg entstand und bis zum Barock in ganz Norddeutschland, besonders in Schles­ wig-Holstein, verbreitet war. Der häufig zur Aufstellung in Mauernischen als Wand­ schrank gearbeitete Kasten ist meist dreige­ schossig, Ober und Untergeschoß fast immer zweitürig, die Mitte oft mit einer Falltür, einer sog. Schenkscheibe (Schenkschive) aus­ gestattet, die von Eisenstäben gestützt wird und nach der häufig der ganze Schrank benannt wurde. Der Lüneburger Schrank ist das Gegenstück zu dem rheinischen Stollen­ schrank und diente wie dieser zum Anrichten und Verwahren des Tafelgeschirrs. Die schleswig-holsteinischen Nachfahren dieses Typs aus der Renaissance und dem Barock haben meistens noch einen zusätzlichen Schub­ ladengurt unter der Falltür, die in der Spät­ zeit oft mit seitlichen Scharnieren als Flügel­ tür gearbeitet ist. LÜNEBURGER TRUHE, Eichenholztruhe auf vier Stollen mit eingenuteten Wand­ brettern und durch waagerechte und verkreuzte Latten verstärkten Schmalseiten. Die frühesten Beispiele sind aus der Zeit der romanischen Kunst. Frühgotische Lüneburger Truhen zeigen gotisches Architekturwerk (Maßwerk, Wimperg, Kreuzblumen) an den Stirnseiten in flacher Schnitzerei. Diese Tru­ hen waren vor allem in Niedersachsen ver­ breitet, sie wurden in Schweden nachge­

ahmt. In der Renaissancezeit ist die Kon­ struktion noch ähnlich, jedoch nehmen jetzt geschnitzte, meist biblische Darstellungen, häufig unter Arkaden, die Schauseite ein.

LURISTAN, persischer Teppich, dessen Kette aus Baumwolle, Schuß und Flor aus Wolle bestehen. Meist ist er nur eine kleine Brücke, die als Gebrauchsteppich hergestellt wurde. Die Grundfarbe ist Blau oder Rot, das Muster zeigt Rosetten oder Blüten in Reihen. In den Bordüren sind meist eckige Ranken. LÜSTER, Bezeichnung für eine sehr dünne, schimmernde Metallschicht auf Porzellan oder Glas. LÜTTICHER MÖBEL, in der zweiten Hälfte des 17. Jhs. entwickelte sich Lüttich zu einem bedeutenden Zentrum der Möbelher­ stellung; die Blütezeit war im 18. Jh. Wäh­ rend sich in dieser Zeit an anderen Orten all­ gemein die Verkleidung des Holzes mit Fur­ nieren durchsetzte, pflegte man hier den Na­ turton der Eiche und brachte ihre Maserung kunstvoll zur Geltung. Die Schnitzerei hatte bedeutenden Anteil an diesen Arbeiten. Meist ornamentale, flach aus dem Grund gehobene Reliefschnitzerei betonte Rahmen und Fül­ lungen der Möbel. Dagegen erscheint der eigentliche Kontur häufig schwer und gedrun­ gen. Zu Anfang des 18. Jhs. gewann unter dem Einfluß von Lüttich Aachen seinen Ruf für ähnliche, geschnitzte Eichenmöbel (-> Aachener Möbel).

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Μ MÄANDER, ein altes Bandornament, das nach dem sich in vielen Windungen hinschlängelnden Fluß Maiandros in Kleinasien benannt ist. Die Grundform ist eine in rechtwinkligen Brechungen von bestimmter regelmäßiger Ordnung sich fortsetzende Linie; sie wurde auf verschiedene Weise abgewandelt (z. B. -> Laufender Hund).

Das Mäandermotiv kommt seit vorgeschicht­ licher Zeit als Ornament auf keramischen Erzeugnissen, auf Teppichen und Textilien, in der Wandmalerei, auf Porzellan usw. vor.

MADJEDIEH-TEPPICHE, benannt nach dem Sultan Abd-el-Madjid (1839—1861), weißgrundige Gebetsteppiche des 19. Jhs., die in ihren Ornamenten deutlich europäische Einflüsse verraten.

MADRIDER PORZELLAN, Buen Retiro ■> Capo di Monte. MAGDEBURGER FAYENCE, in der vor 1754 von Philipp Guichard gegründeten Ma­ nufaktur in Magdeburg wurden zuerst Flie­ sen hergestellt, dann Gefäße, die mit Scharf­ feuerdekor verziert waren. Die Hauptfarbe ist grün. Deutsche Blumen, Figuren nach Gemälden von Watteau sind die beliebtesten Ziermotive. Häufig zeigen Teller und Schüs­ seln an den Rändern durchbrochene Arbeit, auch Bildkartuschen mit Vergißmeinnichtblüten sind üblich.

MAHAGONI, feines, sehr dichtes und ziem­ lich hartes Holz von purpurroter oder gold­ roter Farbe, das von den westindischen In­ U4

seln, aus Afrika und Asien importiert wird. Die Möbelschreiner des 18. Jhs. bevorzugten wegen seiner schönen Maserung Mahagoni von Cuba. MAIGELEIN, ein Trinkgefäß des 15. und 16. Jhs., schalenförmig aus Glas gearbeitet und häufig mit gleichmäßig verteilten Buckelverzierungen versehen.

MAIKRÜGEL heißen Ziergefäße des 17. Jhs., aus Kristall oder aus anderen Halb­ edelsteinen geschliffen und in Metall gefaßt. Als Verzierung sind im Gefäß aus Steinen geschnittene Blumen angebracht. MAINZER MÖBEL, auch in Mainz ist das wichtigste Möbel der Barockzeit der mit Nuß­ baum furnierte zweitürige Säulenschrank auf Kugelfüßen, häufig mit reich verkröpften Füllungen oder, ähnlich wie beim -> Frank­ furter Schrank, mit Hohlkehlen und Wulsten versehen. Im 18. Jh. wird dann der ■> Schreibschrank zum bürgerlichen Prunkmöbel, das in Mainz durch harmonische Schweifung, bewegten Umriß und ornamentale Nußbaummarketerie eine besondere Prägung erhalten hat.

MAJOLIKA -> Fayence.

MAKRI-TEPPICHE (oft auch Rhodos-Teppiche genannt), kleinasiatische Teppiche mit sehr eigenwilliger Musterung: das Innenfeld ist oft der Länge nach durch einen hellen Streifen in zwei Teile getrennt, die unabhän­ gig voneinander gemustert werden. Häufig ist eine Reihe von hintereinander geordneten länglichen Sechsecken von verschiedener Grundfarbe, die mit Ornamenten gefüllt sind. Meist hat der Makri-Teppich drei oder

MAROT

gar vier Bordüren von ungefähr gleicher Breite; sie sind mit Rosetten, kleinen Ran­ ken und S-förmigen Mustern besetzt.

um 1520/30 in Italien einsetzt und in der zweiten Hälfte des 16. Jhs. allgemein in Europa verbreitet ist.

MALACHIT, ein Halbedelstein von weiß­ lich-grüner bis schwärzlich-grüner Färbung, der im Ural vorkommt und in Rußland zu Schmuckgegenständen verarbeitet wird. Auch zum Belegen von Tischen, als Ummantelung von Vasen u. ä. wird er verwendet. (-> Ma­ lachitmosaik).

MANTELHELM, ein mittelalterlicher Visier­ helm mit Kinnschutz, Hals- und Nacken­ reifen.

MALACHITMOSAIK, die russische Tech­ nik des Belegens von Möbeln und Prunk­ gefäßen mit dünnen Malachitplatten, die so zusammengefügt werden, daß die Farb­ nuancen des Steins ein Muster bilden.

MALEREMAIL, späteste Form der Email­ technik (-> Email). Auf eine glatte Kupfer­ platte ohne Zellen oder Gruben wird mit Schmelzfarben gemalt, die dann eingebrannt werden. MANCHETTE, französische Bezeichnung für die Polsterauflage der Armlehnen von Sitz­ möbeln, die seit dem 17. Jh. üblich war. MANDARINEN-PORZELLAN, Handels­ bezeichnung für chinesisches Porzellan des 18. Jhs. mit aufgemalten Kostümfiguren, die für Mandarine (chinesische Hofbeamte) ge­ halten oder auch, um den Wert des Porzel­ lans zu erhöhen, ausgegeben wurden. Wahr­ scheinlich war das Porzellan von vornherein für den Export nach Europa hergestellt worden, wie die Nachbildung europäischer Formen und Ziermotive verrät.

MANDORLA -> Heiligenschein.

MANIERISMUS, moderne, vor allem in Deutschland übliche Bezeichnung für den früher Spätrenaissance genannten Kunststil zwischen Hochrenaissance und Barock, der

MARCHAND, Nicolas Jean (geb. um 1697), Pariser Ebenist, der vor 1738 Meister seines Handwerks geworden war. Seine Möbel sind mit subtiler Marketerie und mit Lack­ malerei ausgestattet. Er arbeitete vor allem für den Marquis de Paulmy, den Gouver­ neur des Arsenals.

MARCHAnD MARIEBERG, schwedische Porzellanmanu­ faktur, die zuerst (1766—1769) Geschirre in Halbporzellan, von 1777 an für kurze Zeit in Porzellan mit farbiger, sorgfältig ausgeführter Bemalung herstellte. Der Ein­ fluß anderer Manufakturen, vor allem der von Kopenhagen ist deutlich. MARKETERIE, in der Kunstschreinerei Be­ zeichnung für ein aus verschiedenen Hölzern oder anderen Materialien zu Ornamenten oder Bildern zusammengesetztes Furnier, das dem Kernholz des Möbels aufgeleimt wird. Die Technik ist seit dem MA bekannt, verbreitete sich aber erst, nachdem der Tischler Renner in Augsburg im 16. Jh. eine Maschine zum Feinschneiden der Höl­ zer erfunden hatte. Im 17. Jh. wurden dann Marketerien aus Schildpatt und Mes­ sing verwendet, die von ■> Boulle in höch­ ster Vollkommenheit gestaltet waren. Da­ neben wurde auch die farbige Holzmarketerie gepflegt, vor allem im Rokoko. MAROT, Daniel (um 1663—1752), bedeu­ tender Architekt, Ornamentzeichner und Louis XIV ausgeübt, vor allem in Holland und in Eng­ land (sog. William-and-Mary-Stil).

MARQUISE, neuere Bezeichnung für eine sehr breite ->· bergère, die man im 18. Jh. confident oder tête-à-tête nannte. MARTELÉ (fr.), Bezeichnung für eine Treib­ arbeit, bei der die einzelnen Hammer­ schläge als Musterung der Fläche sichtbar gelassen sind. MATTERN, Carl Maximilian (gest. nach 1770), bedeutender Ebenist, der im Jahre 1733 von Schillingsfürst nach Würzburg kam und dort bis 1770 tätig war. Für die Würz­ burger Residenz fertigte er mehrere Prunk­ möbel, die sich durch prächtige Intarsien auszeichnen. Dennoch wirken seine Möbel schwerfällig und unelegant, die Proportionen sind gedrungen. Vermutlich war das der Grund, warum Mattern trotz seiner wieder­ holten Gesuche nicht zum Hofschreiner er­ nannt wurde. Auf das bürgerliche Würz­ burger Möbel haben seine Arbeiten stark gewirkt. Ein speziell Würzburger Schreib­ schrank, der Trisur, scheint auf seine Ent­ würfe zurückzugehen. MATUSCH (Matouche), Johann, bekannter Ansbacher Hofebenist der ersten Hälfte des 18. Jhs. Er war aus Böhmen gebürtig, er­ lernte in Paris die Boulle-Technik und wurde im Jahr 1702 in Ansbach als Kammerebenist angestellt. Von 1715 an war er Hofschrei­

nereiinspektor. Er war Lehrer von Ferdinand -> Plitzner und Martin -> Schuhmacher.

MAURESKE, ursprünglich islamisches (mau­ risches) stilisiertes Rankenornament, das — im Gegensatz zur -> Arabeske — seinen pflanzlichen Charakter weitgehend eingebüßt hat. Beliebtes Schmuckmotiv der Renaissance­ kunst.

MAZARLEK ·> Friedhofsteppich.

MEDAILLE, runde Schau- oder Denkmünze, die auf der Vorder- und Rückseite eine Reliefdarstellung trägt, seit der Renaissance meist als Bildnismedaille gestaltet. MEDICI-PORZELLAN, eine Art weißes Steinzeug mit Blaubemalung unter trüber, leicht verletzbarer Bleiglasur, das in Florenz unter Großherzog Franz I. (1547—1587) als Nachahmung des chinesischen Porzellans hergestellt wurde. MEISSEN, älteste, 1710 gegründete Porzel­ lanmanufaktur in Deutschland. Sie war ur­ sprünglich in Dresden, wo Friedrich Wilhelm -> Böttger seit 1710 Porzellan herzustellen versuchte. Aber bereits zwei Monate nach der Gründung wurde die Manufaktur nach Meißen verlegt. Von 1710 bis 1719 (Böttger­ Periode) wurde das rote Böttger-Steinzeug hergestellt. Daneben wurde von 1713 an Porzellan erzeugt, dessen Scherben aber noch trüb gelblich war. Reines Porzellan, das mit leuchtenden Farben bemalt wurde, brachte die Manufaktur unter der Leitung von Jo­ hann Georg -> Hoeroldt hervor (HoeroldtZeit: 1719—1731). Typische Muster waren die sog. Deutschen Blumen und das Zwiebel­ muster. Nachdem im Jahre 1731 Johann Joachim ■> Kändler in die Manufaktur ein­ getreten war, wurde die Manufaktur be­ rühmt durch ihre Porzellanplastiken (Plasti­ sche Zeit: 1731—1763). Der Bildhauer Mi­ chael Victor ■> Acier beeinflußte mit seinen

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MELAS-TEPPICHE

Meißen .Papierdrache"

1720—1725

Meißen um 2725

Meißen (Oberelasur blau) um 1724

schon klassizistisch bestimmten Porzellan­ plastiken die gesamte Manufaktur. Von 1774 bis 1814 stand die Meißener Manu­ faktur unter der Leitung von Graf Camillo Marcolini (Marcolini-Zeit), der die Blüte der vorangegangenen Zeit nicht aufrecht­ erhalten konnte. Die Formen und der Dekor sind meist in Anlehnung an Früheres neben Dekors wie z. B. Übertragungen von Kupferstichen auf Porzellan. Erst unter Hein­ rich Gottlieb Kühn, der das Unternehmen von 1833—1870 leitete, kam ein Aufschwung, für den die Erfindung der -> Glanzvergol­ dung von großer Bedeutung war. Berühmt waren auch Gefäße, die Kopien von Ge­ mälden der Dresdner Galerie zeigten. Von nun an hatte das Porzellan wieder hervor­ ragende Qualität; auch besonders dünnes, weißes Porzellan (Musselin-Porzellan) wurde hergestellt und die Bemalung in Unterglasur verfeinert. In neuerer Zeit arbeitet die Ma­ nufaktur in der Hauptsache nach den Mo­ dellen des 18. Jhs., die in leichten Abwand­ lungen immer wieder dem Zeitgeschmack entsprechen.

Meißen 1725—1730

* Meißen Marcolinizeit

Meißen

1774—1813

1934-1945

MEISSONNIER, Juste Aurèle (1693—1750), Bildhauer, Architekt, Maler, Ornamentzeich­ ner. In Turin geboren, kam Μ. früh nach Paris und wurde 1724 zum „orfèvre du Roi“ ernannt. Er schuf im Gegensatz zu dem in Frankreich vorherrschenden Klassizismus 10

einen extremen Rocaillestil, bei dem das Ornament weitgehend abstrahiert und als freies Spiel mit Kurven und akzentuierten Linien behandelt wird. Sein umfangreiches Stichwerk umfaßt Entwürfe für alle Details des Innenraums. Für den Pariser Hof, den König von Portugal, die Königin-Witwe von Spanien und den hohen Adel entwarf er Möbel und ganze Saloneinrichtungen.

MELAS-TEPPICHE, in Melas, südlich von Smyrna, geknüpfte Teppiche, vor allem Ge­ betsteppiche. Das Innenfeld ist ziemlich schmal. Die Nische hat eine eigenartige, typische Form: der Giebel ist durch tiefe dreieckige Einkerbungen scharf von der Nische abgehoben, er stellt gewissermaßen eine nachträgliche Bekrönung der schon mit einem angedeuteten Giebel versehenen Ge­ betsnische dar. In der Nische selbst ist meist nur eine kleine Schmuckform, ein Medaillon oder ein Baum. Über der Nische erscheinen häufig große Blattformen, wie sie in klein­ asiatischen Teppichen des 17. und 18. Jhs. üblich waren. Das Innenfeld ist von mehre-

MIGEON

ren (oft sieben oder acht) Bordüren um­ rahmt. Die Bordüre zeigt Blüten, Ranken, Blätter. Melas-Teppiche ohne Gebetsnische bestehen aus kleinen Längsstreifen mit Blü­ ten, Ranken, S-förmigen Mustern und sehr schmaler Bordüre aus Rosetten und Ranken. MELCHIOR, Johann Peter (1742—1825), Bildhauer, dessen Arbeiten starken französi­ schen Einfluß zeigen. Im Jahr 1767 wurde er Modellmeister an der Porzellanmanufaktur Höchst, von 1779 bis 1793 war er in Fran­ kenthal tätig, ebenfalls als Modellmeister. Beide Manufakturen hat er mit seinen Ent­ würfen nachhaltig in ihren Formen beein­ flußt. 1797 trifft man Μ. in Nymphenburg, wo er bis 1822 als Modellmeister und In­ spektor blieb. Aus dieser Zeit sind kleine Porträtreliefs und Büsten in Biskuit von ihm erhalten. (Theoretische Abhandlung: „Über das Sichtbare und Erhabene in der Kunst“.)

MENUISIER, französische Bezeichnung für den einfachen Möbelschreiner, den Tischler. Ursprünglich waren in Frankreich die Schrei­ ner in zwei Gruppen geteilt, die Stuhlmacher und die Kastenmacher (menuisier d’assemblage und menuisiers de placage et de marqueterie). Seit der Mitte des 17. Jhs. bezeichnete man den Fertiger marketierter Möbel als ébéniste (-> Ebenist). Von da an ist menuisier nur noch der Schreiner, der einfaches Gebrauchmobilar, Sitzmöbel, Betten, unfurnierte Ti­ sche und Schränke u. dgl. herstellt. Im 18. Jh. belieferte mitunter ein menuisier einen ébéniste mit Kastenmöbeln, die dieser furnierte und auf denen beide ihre Stempel anbrachten. MESCHED-TEPPICHE, in Mesched, Nord­ ostpersien, hergestellte fast quadratische Tep­

piche mit sehr feinem Muster in zarten Farben, die über einem Grundgewebe aus Baumwolle mit persischem Knoten geknüpft sind.

MEUBLE D’ENTRE DEUX (fr.), Bezeich­ nung für eine Kommode oder einen halb­ hohen Schrank mit einer Anzahl von Fä­ chern zu beiden Seiten, die meist offen sind, jedoch auch manchmal zugleich mit dem Mittelteil durch gekurvte Türen verschlossen werden. MEUNIER, Etienne, Pariser Schreiner, der um die Mitte des 18. Jhs. vor allem Bureau­ sessel herstellte.

E.MEVM1ER MIAN FARSH, persische Bezeichnung für den Hauptteppich im Festraum (-> Per­ sische Teppiche).

MIGEON, Pierre I (geb. um 1670), Stamm­ vater einer Pariser Familie von Ebenisten und Möbelhändlern, die im 18. Jh. einen weitreichenden Einfluß auf die Möbelherstel­ lung ausübte. Pierre I fertigte sowohl ein­ fache als auch sehr luxuriöse Möbel. Er erhielt zahlreiche Aufträge vom französischen Adel. MIGEON, Pierre II (1701—1758), Pariser Ebenist, Sohn und Nachfolger von Pierre I. Er gehörte zu den Lieferanten des Garde meuble und wurde besonders von der Mar­ quise de Pompadour gefördert. Seine in den Konturen etwas schweren, in der Marketerie sowohl einfachen als auch durch Blüten und Blätter reich verzierten Möbel verstand er

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MITTAGSKANONE

mit reizvollen Goldbronzen in der Wirkung zu steigern. Viel technisches Geschick be­ wies er in der Herstellung von Kombinations­ möbeln. Neben seiner Werkstatt betrieb er einen Handel als Wiederverkäufer und ließ bekannte Künstler für sich arbeiten, so daß sich sein Stempel oft neben dem eines ande­ ren Ebenisten auf Möbeln findet.

MIGEON

MIR, einer der ältesten persischen Teppiche, in Mir, Zentralpersien, hergestellt. Er zeigt ein stets gleichbleibendes Muster: sog. Serabendpalmetten in verschieden stilisierten Formen besetzen das ganze Innenfeld. Die Bordüre hat meist einen Hauptstreifen mit Lotosblüten und zwei schmale Nebenstreifen. Die Grundfarbe des Mir ist Blau, manchmal auch Rot oder Beige. Der Teppich ist meist nur klein (Brücke). Vor allem alte Mir sind von hoher Qualität; sie sind sehr selten.

MIGEON, Pierre III (1733—1775), Pariser Ebenist, Sohn und Nachfolger von Pierre II. Er wurde 1761 Meister seines Handwerks, war aber in der Hauptsache als Möbel­ händler tätig. Für seine eigenen Möbel ver­ wendete er den Stempel seines Vaters, doch unterscheiden sich seine Arbeiten durch ihre Ausprägung im Rokokostil klar von den in schwereren Formen gehaltenen des Pierre II.

MIHRAB, die Gebetsnische in der Moschee; Darstellung der Gebetsnische auf dem -> Ge­ betsteppich des Orients. MINA KHANI, ein Muster des persischen Teppichs, das aus großen, gerade hinterein­ ander geordneten, in wechselnden Farben gegebenen Rosetten zwischen Reihen von streng stilisierten Ranken besteht.

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MITTAGSKANONE, um die Zeit zum Mittagsläuten festzustellen, baute man im 19. Jh. Tischsonnenuhren aus Marmor mit

MORION

Serabendpalmetten, siehe MIR

einem waagerechten Zifferblatt und einer kleinen Kanone, auf deren Zündloch der Sonnenstrahl bei 12 Uhr Ortszeit durch eine Linse geworfen wurde. Die Zeit zum Mittagsläuten wird durch einen lauten Knall angezeigt. MÖBEL (fr. meuble nach lat. mobilis = beweglich), ursprünglich Bezeichnung für den gesamten Hausrat, die bewegliche Habe, jetzt gewöhnlich nur gebraucht für Schränke, Truhen, Tische, Sitz- und Liegestätten und dgl. Das Grundmaterial für Möbel ist in den meisten Fällen das Holz. Zur Verzie­ rung und Polsterung werden andere Mate­ rialien verwendet. Die künstlerische Gestal­ tung des Möbels hängt mit dem Formgefühl der großen Kunst jeweils aufs engste zu­ sammen. So werden z. B. gotische Architek­ turformen auf das Möbel aus derselben Zeit übertragen. (Vgl. die einzelnen Möbelformen und -typen und die Namen der Kunst­ schreiner.)

MOLITOR, Bernard (um 1730 bis nach 1811), Pariser Ebenist deutscher Herkunft. Er war von 1773 an in Paris ansässig und wurde 1787 Meister seines Handwerks. Sein Stil war von Arbeiten seines berühmteren

Zeitgenossen und Landsmann Adam -> Weis­ weiler stark beeinflußt. Molitor erhielt vor der Französischen Revolution Aufträge von der Krone, später vom Garde Meuble Impériale.

B »MOLITOR MONDUHR, ein Instrument des 15. Jhs., das mit Hilfe mehrerer Scheiben die Stel­ lung des Mondes zur Sonne festhält und damit Mondwechsel und Mondalter angibt. MONSTRANZ (lat.), Schaugefäß vornehm­ lich für die geweihte Hostie, auch für Reliquien. Das Gehäuse aus Kristall oder Glas bildet den Kern einer reich verzierten Metallarbeit. In gotischer Zeit ist die Mon­ stranz meist in architektonischem Aufbau gegeben, seit der Renaissance hat sie häufig die Gestalt einer Sonne mit Strahlen. Stets ruht sie auf einem Schaft mit Fuß.

MONSTRANZUHR, kleine Uhr des 16. Jhs. in Form einer Monstranz. MORETUS ■> Plantin. MORION, ursprünglich spanischer -> Helm des Spätmittelalters mit hohem Kamm und halbmondförmiger Krempe. i6i

MÜNZE

und die unmittelbare Einwirkung des Feuers verhindert (Muffelofen).

MOSBACHER FAYENCE, die Manufaktur wurde 1770 als kurfürstliches Unternehmen (Carl Theodor von der Pfalz) gegründet, sie hat bis 1836 bestanden. Die Produktion war sehr vielseitig. Im Anfang galten Ge­ fäße aus Straßburg als Vorbilder. Neben Tafelgeschirr aller Art waren die sog. Ge­ schenkkrüge sehr beliebt, die mit Sprüchen, Wappen und Emblemen verziert waren. Bei Tafelgeschirr, das ebenfalls mit Blumen, Sprüchen in herzförmiger oder runder Um­ rahmung u. dgl. ausgeschmückt ist, sind schmale Randstreifen in Grün mit roten Blättchen typisch.

MUFFELFARBEN, in der Keramik werden Emailfarben als Muffelfarben bezeichnet. Sie werden unter der ■> Muffel bei mäßiger Hitze in die Glasur eingebrannt.

MUD JUR-TEPPICHE sind meistens ·> Ge­ betsteppiche. Sie werden in Mudjur, Klein­ asien, hergestellt. Die Gebetsnische hat einen farbig abgestuften Giebel und einen turm­ artigen Aufsatz. Meist ist sie leer oder nur mit einem kleinen Baumstamm ausge­ schmückt. Das Querfeld liegt über der Nische. Die Bordüre hat meist ein typisches Muster: fliesenartig hintereinander angeord­ nete Quadrate mit eingeschriebenen Vier­ ecken mit Blütenrosetten.

MÜNZBECHER, deutsches Trinkgefäß aus dem 16. und 17. Jh., in feiner Silberarbeit ausgeführt. In Gefäßkörper und Deckel waren Silbermünzen eingesetzt.

MUFFEL, Bezeichnung für das feuerfeste Gefäß aus Schamotte oder Eisen, das bei der Herstellung von Tonwaren benutzt wird 162

MÜNZE, kleines mit geprägten Stempeln versehenes Metallstück, das einen bestimmten Wert darstellt. Münzen sind durch die Eigen­ art der geprägten Bilder, deren Darstellung

MUTTERGOTTESLEUCHTER

meist in Beziehung zu bestimmten Ereignissen steht, hervorragende Quellen für die Kennt­ nis der allgemeinen Geschichte und der Kunstgeschichte. Vor allem die künstlerisch hochstehenden Münzen des Altertums (vom 7. Jh. V. Chr. bis zum 5. Jh. n. Chr.) haben diese Bedeutung. Etwa gleichzeitig kommen geprägte Metallstücke zuerst in Lydien und in Griechenland in Umlauf. Danach sind sie allgemein im Mittelmeerraum und im nörd­ lichen Balkan verbreitet. Sie sind meist zweiseitig geprägt (-> Avers). Münzen des Mittelalters dagegen tragen oft nur eine einseitige Darstellung. Sie wurden bis ins 16. Jh. hinein von Hand gemacht, d. h. jedem Stück wurde mit der Hand das Bild aufgeprägt. Das Bild war häufig vom Münz­ herrn, der das Recht hatte, Münzen zu prägen, bestimmt (vgl. die einzelnen Münz­ arten). Seit der Renaissance werden Münzen als Kostbarkeit gesammelt (■> Münzbecher).

MONZSCHRANK, französisch médaillier, ein Schrank zum übersichtlichen Aufbewah­ ren einer Münzsammlung. Im 17. Jh. hatte er häufig die Form eines Kabinetts auf tischartigem Untergestell. Der Aufbau war meist mit zwei Türen versehen, hinter denen sich zahlreiche fiache Schubladen befanden, die oft in zwei Reihen nebeneinander ge­ ordnet waren. Im 18. Jh. ist der zweitürige, dreiviertelhohe, fast immer rechteckige Schrank gebräuchlich, der von oben bis unten mit flachen Schüben gefüllt war.

MURANO ·> Venezianisches Glas.

MUSCHKABAD-TEPPICHE, in Muschkabad, Mittelpersien, hergestellte Teppiche, die vor allem im 19. Jh. von hoher Qualität

waren. Die Kette besteht aus Baumwolle, der Schuß aus Wolle und Ziegenhaar, der kurze Flor ist aus Wolle. Auf den Grund­ farben Rot oder Blau ist meist ein Muster von großen stilisierten, meist achtblättrigen Blumen angebracht, die in Reihen hinter­ einander liegen und durch stilisierte Arabes­ ken verbunden sind. Die Bordüre zeigt Blüten zwischen eckigen Arabesken. Im Handel taucht der Muschkabad-Teppich des 19. Jhs. sehr selten auf. Die neueren Tep­ piche aus Μ. sind von geringem Wert. MUSEUM (von gr. museion = ein den Musen geweihter Ort), Ort, an dem Samm­ lungen von Kunstwerken und Antiquitäten aufbewahrt werden. Hervorgegangen aus den fürstlichen Kunstkammern des 16. Jhs., hatte mit der Eröffnung des British Museum (1759), des Louvre (1793) und des South Kensington Museum in London (1857) das Museum seine für das 19. Jh. gültige und auch noch für die heutige Zeit vorbildliche (wenn auch nicht immer sachgemäße) Aus­ prägung gefunden.

MUTSCHELE, Franz Martin (1733—1804), Bamberger Hofbildhauer, der zahlreiche Al­ täre, Kanzeln und Grabmäler für fränkische Kirchen geschaffen hat. Auch Schnitzmöbel hat er gefertigt, z. B. Konsoltische und ge­ schnitzte Lehnsessel für die Bamberger Residenz.

MUTTERGOTTESLEUCHTER, von der Decke herabhängender Kirchenleuchter: über dem Reifen, der die Kerzen trägt, erhebt sich eine Muttergottesfigur, oft in einer von einem Hirschgeweih gebildeten Mandorla. Μ. sind seit dem 15. Jh. in vielerlei Ab­ wandlungen bekannt.

163

N

das Schloß Berlin und Möbel für Berlin. Nach 1746 war Nahl an verschiedenen anderen Orten tätig, u. a. in Kassel in Schloß Wilhelmsthal.

NADAL, Jean (geb. 1733), Pariser Möbel­ tischler, der in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. tätig war und elegante Sitzmöbel im Stile -> Louis XV herstellte. Verschiedene signierte Arbeiten von ihm sind aber auch mit klassizistischen Schnitzereien verziert und zeigen in den Formen den Einfluß von -> Delafosse.

NADELSPITZEN (fr. points), genähte Spit­ zen. Dabei kann ein Grundgewebe, dessen Schußfäden ausgezogen und Kettenfäden in bestimmtem Muster umnäht werden, ähn­ lich wie beim Hohlsaum, zugrunde liegen; oder die Spitzen werden frei in Nadelarbeit gestaltet, entweder in einzelnen Mustern, die später aneinandergesetzt werden, oder in zusammenhängendem Netz (vgl. die Spitzenarten). NAHL, Johann August (1710—1785), Bild­ hauer und Dekorateur in Berlin. Als der bedeutendste Mitarbeiter von -> Knobels­ dorff wirkte er mitbestimmend auf die Eigenart des friderizianischen Rokoko. Wie sein Vater, der als Geselle am Schloßbau Friedrichs I. gearbeitet hatte, war er Bild­ hauer, kam nach Wanderjahren in Italien und Frankreich im Jahr 1735 nach Straß­ burg und nahm bereits 1741 als „Directeur des ornaments“ nach Knobelsdorff die zweite Stelle in der Bauleitung der preußischen Schlösser ein. In der sog. Goldenen Galerie im Schloß Charlottenburg arbeiteten Nahl und Knobelsdorff zusammen. Nahls Orna­ mentik ist durch naturalistische Blumen­ motive und durch Kurvenlinien ausgezeich­ net. Späte Arbeiten sind die Ausstattungen des Marschalltafelzimmers, Konzertzimmers, Zedernholzkabinetts und von Schlafzimmern im Stadtschloß, Speisezimmer und Konzert­ zimmer in Sanssouci, ein Schreibkabinett für

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NÄHTISCH, kleines, meist zierlich gebil­ detes Tischchen mit Schublade. Es kam im späten 18. Jh. in England als Arbeitstischchen der Frau auf und war oft mit Stoff behangen. In Deutschland wurde es in der Biedermeierzeit ein beliebtes Möbelstück. Ein ähnliches Tischchen gab es als Abstell- und Arbeitstisch seit dem 18. Jh. in Frankreich, den table à ouvrage.

NAMAZLIK, türkisdie Bezeichnung für den ■> Gebetsteppich.

NARGILEH, die türkische Wasserpfeife. Der Pfeifenkopf steht auf einer Wasservase aus Kupfer, Porzellan, Fayence oder Glas, durch die der Rauch geleitet, dabei abgekühlt und mit Duftstoffen vermischt wird.

NEUGOTIK

NASENSCHRANK, Frankfurter Barock­ schrank mit vorgezogenen langen, wulst­ artigen Eckausfüllungen, den sog. Nasen (■> Frankfurter Schrank). NEAPEL hatte im 17. Jh. eine bedeutende Majolikaindustrie, deren Niedergang kurz vor der Gründung der Manufaktur ·> Capo di Monte gelegen haben muß. Bekannt waren vor allem die Prunkgefäße in Blau und Gelb, die im 19. Jh. oft nachgemacht wurden. NEF (fr. = Schiff), Bezeichnung für einen Tafelaufsatz des Mittelalters, der die Gestalt eines Schiffes hatte. In ihm wurden die Speisegeräte aufbewahrt und meist ver­ schlossen, um zu verhindern, daß sie ver­ giftet würden. In späterer Zeit waren solche Tafelaufsätze auch in Form einer Burg, eines Verließes und anders gebildet.

NEPHRIT, Jade, ein Mineral von grüner bis grüngrauer Färbung, das im Orient und in Ostasien vorkommt und dort zu Dolch­ griffen, Schalen, Schmuckgegenständen u. dgl. verarbeitet wird. NESTFELL, Johann Georg (1694—1762), bedeutender Ebenist in Unterfranken neben Carl Maximilian ■> Mattern. Er stammte aus Oberhessen und trat 1720 als Hofschreiner in den Dienst des regierenden Grafen von Schönborn zu Wiesentheid. 1761 ging er nach Würzburg. Bedeutende Arbeiten sind: das Chorgestühl in Banz, die Altarausstattung in Wiesentheid und die Vertäfelungen im Schloß, zwei prunkvolle Schreibschränke für das Bruchsaler Schloß, die heute im Schloß Schwetzingen stehen — sie sind reich mit Elfenbeineinlagen verziert —, ein Schreib­ schrank in der Würzburger Residenz.

NETSUKE, zum plastischen Kleinkunst­ werk ausgebildete japanische Knöpfe an einer Gürtelschnur, an deren anderem Ende

kleine Behälter (z.B. ein -> Inro) befestigt sind.

NETZGLAS, ein Renaissanceglas mit kunst­ voll eingearbeitetem Netzmuster, vor allem in Venedig in höchster Feinheit und Voll­ kommenheit hergestellt. (Mit den häufig ebenfalls Netzglas genannten römischen ■> Diatreta hat es nichts gemein.) NEUABSCHLAG, Neuprägung einer Münze unter Verwendung des alten Origi­ nalstempels.

NEUBAROCK, Bezeichnung für eine Kunst­ richtung der zweiten Hälfte des 19. Jhs., die Nachahmungen barocker Formen in Architektur und Kunstgewerbe anstrebte. NEUFFORGE, Jean François de (1714— 1791), Architekt und Radierer in Paris. Mit seiner Schrift „Recueil élémentaire d’archi­ tecture“ (1757—80) und mit seinen zahlrei­ chen Ornamentstichen übte er in Frankreich großen Einfluß auf die Möbelkunst der Zeit Ludwigs XVI. aus.

NEUGOTIK, Neogotik, das im mittleren 18. Jh. in England beginnende Zurückgreifen auf gotische Kunstformen; im frühen 19. Jh. wurde diese Richtung in Deutschland von der Romantik aufgegriffen und war

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NÜRNBERGER SCHRANK

von etwa 1840 bis 1900 bestimmend für die Kirchenbaukunst.

für Innendekorationen und Möbel im Em­ pirestil.

NEURENAISSANCE, Nachahmung von Renaissanceformen in Architektur und Kunst­ handwerk, in Deutschland vor allem wäh­ rend des letzten Drittels des 19. Jhs.

NOTMÜNZEN heißen Münzer satzstücke, die z. B. während der Belagerung einer Stadt hergestellt wurden.

NEVERS, Frankreich, hatte eine bedeu­ tende Majolikaindustrie. Im Jahre 1565 hatte sich die Erbin des Herzogstums, Hen­ riette, eine Nachkommin der Herzöge von Cleve, die seit 1491 in Besitz von Ne­ vers waren, mit Ludwig Gonzaga, einem Sohn des Herzogs von Mantua, vermählt. Dieser brachte italienische Fayencearbeiter mit. Als Ornament auf den anfangs stark italienisch beeinflußten Gefäßen ist häufig ein Schwan, das Wappentier von Cleve. Die späteren Arbeiten sind stärker franzö­ sisch bestimmt. Im 17. Jh. herrschten persische, japanische und holländische Vor­ bilder, im 18. die der Manufaktur von Rouen vor. NIELLO (ital.), Bezeichnung für das Sicht­ barmachen einer in Metall eingravierten Zeich­ nung durch Einschmelzen einer schwarzen Masse; auch für die Zeichenlinien. Diese Ver­ zierungstechnik war im Altertum bekannt und wurde dann vor allem im MA an Gold­ schmiedearbeiten verwendet. Vom 16. Jh. an wurde die Niello-Technik in Europa von anderen Verzierungsarten verdrängt. Auch der Abdruck, der von einer in Niello-Technik bearbeiteten Platte genommen wird, heißt N. NOGARET, Pierre (1720—1771), Stuhl­ macher in Lyon, dessen mit Schnitzereien verzierte Buchenholzstühle weit über Lyon hinaus begehrt waren.

NOGA^HA LVQN NORMAND, Charles Pierre Joseph (1765— 1840), Architekt und Kupferstecher in Paris, hinterließ zahlreiche Kupferstichentwürfe i66

NUMISMATIK, Münzkunde, die Wissen­ schaft von der Münze.

NÜRNBERGER EI, Bezeichnung für die von Peter Henle (Henlein) in Nürnberg um 1500 erfundene Taschenuhr. NÜRNBERGER FAYENCE, in der 1712 von den Kaufleuten Christoph Marx, Heinrich Gottfried Hemmon und Johann Conrad Romedi gegründeten Manufaktur wurden vor allem zwischen 1720 und 1740 Fayencegefäße von hervorragender Qualität hergestellt. Die Formen waren vielgestaltig und der Dekor phantasievoll und eigenwillig, ohne die übliche Abhängigkeit von ost­ asiatischen Vorbildern. Die bevorzugte Farbe war Blau. Bemalung mit Laub- und Bandwerk, Fliederblättern, Bordüren aus Barockornamenten, Kartuschen mit Darstel­ lungen von Stilleben, Landschaften, Scenen. Die bedeutendsten Maler sind: Georg Fried­ rich Kordenbusch (gest. 1763), Andreas Kordenbuscb (gest. 1754), Georg Michael Tauber (gest. 1735), Ernst Gluer, der vor allem bunte Malerei pflegte, und Georg Friedrich Grebner. Typisch für Nürnberg sind die bauchigen, enghalsigen, „Wurst-“ oder „Mildtkrüge“ genannten Gefäße mit schräg laufenden Rillen über dem Gefäß­ körper. Die Manufaktur hat bis 1840 bestanden. Seit dem 16. Jahrhundert Her­ stellung von ->Hafnetware. Seit dem 17. Jahrhundert zahlreiche Nürnberger-> Haus­ maler.

NÜRNBERGER SCHRANK, in der 1. Hälfte des 16. Jhs. in Nürnberg entstande­ ner Schranktyp, im Aufbau dem in Süd­ deutschland verbreiteten spätgotischen, zweigeschossigen Kasten mit Sockel,

6Ï Cahier

Ν' i-f-

NYMPHENBURGER PORZELLAN

Schubladengurt und Abschlußgesims ähnlich, jedoch mit stärker betontem Rahmen. Die Rahmenteile sind meist durch das von ·> Flötner inspirierte, feine geschnitzte Früh­ renaissanceornament hervorgehoben, wäh­ rend die Türflügel gewöhnlich ein ge­ schnitztes Mittelfeld erhalten. Vereinzelt kommen auch seitlich Säulen vor, die beide Geschosse zusammenfassen. In der 2. Hälfte des 16. Jhs. und im Frühbarock ist der Schrank zuweilen auch eingeschossig gear­ beitet, mit zwei Türen. Auch einfache Kästen mit stumpfem Giebel kommen vor. Eine Sonderform des Nürnberger Schrankes stellen die schmalen dreiviertelhohen Schränkchen dar, deren Vorderseite eine Mitteltür oder zwei übereinanderliegende, durch ein Gesims getrennte kleinere Türen hat, die seitlich durch Pilaster eingefaßt sind. NOTE, in der Kunsttischlerei Bezeichnung für eine furchenartige Vertiefung, in die z. B. eine Ader gelegt wird. Sie wird mit einem Nuthobel herausgeholt. NYMPHENBURGER PORZELLAN. Die Manufaktur wurde 1747 von Ignaz Nie­ dermeyer in Neudeck bei München gegrün­ i68

det. Kurfürst Max III. Joseph von Bayern gab dem Unternehmen seine Unterstützung. Es konnte sich jedoch erst entfalten, als es von dem Wiener Arkanisten Joseph Jacob Ringler geleitet und 1761 nach Nymphenburg verlegt wurde. Im Schloß Nymphenburg war für die Manufaktur eigens ein Gebäude hergerichtet worden, wo sie noch heute besteht. Bis 1862 war die Manufaktur staat­ lich, danach wurde sie verpachtet, seit 1888 ist sie von Alfred Bäumel und seinen Erben gepachtet. Das Nymphenburger Porzellan ist weiß in der Masse, enthält aber weniger Kaolin als das Meißener. Die Glasur ist in den Anfängen grünlich, später glänzend blau-grau. Die Formen waren weitgehend von den Modell­ meistern bestimmt. Von 1754—1763 schuf Franz Anton -> Bustelli seine prachtvollen Porzellanplastiken und Rocaillenservices. Von 1797 bis 1822 war Johann Peter -> Melchior Modellmeister der Manufaktur.

Nymphenburg 175^—1765

Nymphenburg

Nymphenburg moderne Markt

Er war, wie viele Porzellanarbeiter, nach dem Niedergang der Frankenthaler Manu­ faktur nach Nymphenburg gekommen (Porträtbüsten der bayrischen Kurfürsten). Neben diesen und den plastischen Werken anderer Modelleure wurde schön geformtes und mit feinem Dekor versehenes Geschirr hergestellt. Mit Blumen nach Stichen und nach der Natur, Vögeln und Figuren, kup­ fergrünen Landschaften mit Goldspalier wurden Schalen und Gefäße bemalt. Chinoiserien waren in Nymphenburg seltener als in anderen Manufakturen. Alle diese For­ men und ihr Dekor werden in neuerer Zeit häufig nachgeahmt (z. B. Bustelli-Figuren). Daneben werden heute in der Manufaktur Geschirre in einfachen modernen Formen mit entsprechendem Dekor hergestellt.

ο OBERWAPPEN, in der Heraldik Bezeich­ nung für die Teile, die sich oberhalb des Schildes befinden, z. B. die sog. Helmkleino­ dien. OBSIDIAN, Glasachat, auch Glaslava genannt, vulkanischer Stein von meist tief­ schwarzer Färbung und glasartigem Aussehen, der zu Schmuckgegenständen, Spiegeln und anderem verarbeitet wird. Die Indianer Amerikas pflegten Pfeilspitzen und Messer aus O. zu schneiden. Obsidian wird in vul­ kanischen Gegenden, in Ungarn, in Pennsyl­ vania u. a. gefunden.

quise de Pompadour, 1754 „ébéniste du Roi“ wurde. -> Riesener und -> Leleu waren seine Schüler, mit -> Carlin und Caffieri hat er eng zusammengearbeitet. 1760 erhielt Oeben den Auftrag für das nach seinem Tod von Riesener vollendete bureau du roi, das als das prachtvollste Möbel im Besitz der Krone angesehen wurde. Er kehrte wieder zu geradlinigen Formen zurück. Während er zunächst Blumenmarketerien als Dekoration wählte, be­ vorzugte er später geometrische Muster, die er mit einem doppelten Bande aus Eben­ holz und hellem Holz einfaßte. Am mei­ sten schätzte man jedoch seine Möbel we­ gen ihrer technisch hervorragenden Ver­ arbeitung und der erfindungsreichen, oft komplizierten mechanischen Vorrichtungen und Geheimfächer.

OCHSENAUGE -> Butzenscheibe. ODIOT, Jean Baptiste Claude (1763—1850), Pariser Goldschmied, dessen hervorragende Arbeiten über Frankreich hinaus berühmt waren. Seine bedeutendsten Werke sind die zusammen mit Pierre Philippe ■> Thomire nach Entwürfen von dem Maler Pierre Paul Prudhon (1758—1823) gefertigte silberne Toilettengarnitur für die Kaiserin Marie Louise aus dem Jahre 1810 und die Wiege für Napoleon II., den König von Rom, von 1811.

OEBEN, Jean François (um 1720—1763), berühmter Pariser Ebenist, gebürtig aus Ebern (Unterfranken). Er erlangte in Paris wegen seiner handwerklichen Fähigkeit und Er­ findungsgabe und wegen seiner Beziehun­ gen zu anderen Möbelkünstlern eine hervor­ ragende Stellung. Im Jahre 1749 heiratete er die Tochter des Ebenisten François ■> Vandercruse. 1751 trat er in die Werk­ statt von Charles Joseph Boulle (jüngster Sohn von André Charles -> Boulle) ein, nach dessen Tod er, wahrscheinlich auf Empfehlung seiner Gönnerin, der Mar­

J F-OEBEN OEBEN, Simon (gest. 1786), Pariser Ebe­ nist, der 1764 Meister seines Handwerks wurde. Er war der jüngere Bruder von ->- Jean François Oeben, nach dessen Tode er erster Ebenist der manufacture des Go­ belins in Paris wurde. Seine Arbeiten sind wegen der großen Ähnlichkeit und der gleichen technischen Vollkommenheit häu­ fig mit denen seines berühmteren Bruders verwechselt worden, zeichnen sich aber doch oft durch originelle Besonderheiten aus.

S«OEBEH OELBERG heißt die plastische Darstellung des Leidens Christi im Garten von Geth­ semane, die seit dem 15. Jh. häufig an oder neben den Kirchen aufgestellt wurde. Oft stand sie in Zusammenhang mit anderen Passionsdarstellungen. Die Gruppe: der be­ tende Jesus, der Engel mit dem Kelch, die

169

OPPENORT

schlafenden Jünger im Vordergrund, oft auch noch die Häscher mit Judas in der Ferne, wurde meist in eine Architektur hineinge­ stellt. OETTNER, Andreas Philipp, Wiener Porzel­ lanmaler, der 1759 in Frankenthal tätig war, kurz darauf nach Ludwigsburg ging und 1766 in Höchst nachweisbar ist. Auch als Maler der Nymphenburger Porzellanmanufaktur ist er gerühmt. Auf Grund seiner guten Arbeiten war er offenbar ein gesuchter Meister, der die Porzellanmalerei der jeweiligen Manufaktur fördern sollte.

OEUVRE-KATALOG, ein Verzeichnis des Gesamtwerks eines Künstlers, meist in chro­ nologischer Ordnung und vollständig.

OFENKACHEL ■> Kacheln. OHRMUSCHELORNAMENT, ein im 17. Jh. in den Niederlanden und in Deutsch­ land aufkommendes und seitdem häufig verwendetes Ornament des Kunsthandwerks, das als sich wiederholendes Motiv eine ohrmuschelähnliche Form zeigt. Es ist der Groteske und dem Knorpelwerk verwandt, aber meistens weicher und schwebender in der Ausführung.

wurde, Wein aus einem Krater zu schöp­ fen und in ein Trinkgefäß zu gießen. OIRON-FAYENCE, frühere Bezeichnung für die -> Henry-deux-Fayence.

OLIFANT (altfranzösisch = Elefant), Jagd- oder Kriegshorn, das aus Elfenbein geschnitzt und häufig mit Jagd- oder Kampfdarstellungen und Ornamenten ver­ ziert war. Es war im MA seit dem 10. Jh. bekannt. ONGARESCA (ital.), Bezeichnung für eine tiefe Majolikaschale mit niedrigem Fuß. ONYX (gr. = Kralle, Nagel), Name für die aus verschiedenfarbigen Schichten zusam­ mengesetzten Chalcedone, meist in Zusam­ mensetzungen gebraucht (z. B. Sardonyx). Der Onyx war im Altertum der bevorzugte Stein für -> Kameen. Seinen Namen hat er nach der Sage seiner Entstehung erhalten: er sei aus den Fingernägeln der Venus ent­ standen, die Amor ihr mit seinem Pfeil be­ schnitten habe.

OPAK, undurchsichtig, aber durchscheinend. OPAL, ein Edelstein (Quarz) mit schönem roten, grünen und violetten Farbenspiel. Der edle Opal ist bläulich weiß, der Feu­ eropal rot, der gemeine Opal gelblich bis weiß, rot oder grün, der Halbopal scheint nur an den Kanten durch. Hydrophan, Cacholong, Jaspopal und Hyalith sind ebenfalls Opalarten. Der echte Opal ist für Schmuck­ gegenstände sehr geschätzt, der Hauptfund­ ort ist Ungarn. OPALISIEREND, in vielen Farben wie ein Opal schillernd.

OINOCHOE, griechische Weinkanne mit einem Henkel, die meist dazu benutzt 170

OPPENORT, Gilles Marie (1672—1742), Architekt, Zeichner und Kupferstecher in

Zusammenstellung der Teppiche in orientalischen Räumen

ORNAMENT

Paris. Er gilt als der bedeutendste Orna­ mentkünstler der Régencezeit. Von 1692 bis 1699 weilte er in Italien, danach war er ständig im Dienst des Herzogs Philipp von Orléans und von 1715 an Leiter der könig­ lichen Manufakturen und Intendant der königlichen Gärten. In seinem umfangreichen Zeichnungs- und Stichwerk finden sich u. a. Vorlagen für alle Zweige des Kunsthand­ werks, besonders auch für Innendekorationen und Möbel, denen er durch die Verquickung von Ornament und naturalistischen Motiven äußerst lebendige Züge verleiht.

OPUS ANGLICUM, Bezeichnung für eine englische Stickerei des MAs, die in einer Art Kettenstich ausgeführt wurde. Meist war die Mustervorlage ein Bildnis. Die Arbeit begann bei den Fleischpartien in der Mitte und bewegte sich spiralförmig weiter, bis die Fläche gefüllt war; bei den Gewän­ dern und dem Beiwerk wechselten je nach der Form geradlinige und krummlinige Füh­ rung ab. Zuletzt wurde durch Eindrücken der Konturen mit einem erhitzten Eisen dem Bild eine reliefartige Prägung gegeben. ORIENTTEPPICHE heißen allgemein die Teppiche, welche im Orient hergestellt wur­ den. Ursprünglich sind sie vermutlich aus den gewebten Wärmedecken der Nomaden hervorgegangen, die als besonderen Wärme­ schutz noch Wollfäden in das Gewebe ein­ knüpften, welche wie Zotteln an einer Seite herabhingen. Bald darauf wurden diese Wollzotteln farbig und in Mustern einge­ knüpft und dann geschoren, um das Muster sichtbar zu machen. Die ältesten bekannten und erhaltenen Orientteppiche stammen aus dem 3. bis 6. Jh. n. Chr., ihr Entstehungs­ gebiet ist Ostturkestan. Die Blütezeit der orientalischen Teppichknüpfkunst liegt zwi­ schen dem 13. und 16. Jh. Knüpfungsart (-> Ghiordesknoten, Sennée-Knoten) und Muster sind örtlich sehr verschieden. Ein'7*

zelne Nomadenstämme und Herstellungs­ orte haben häufig bestimmte Eigenarten, die sich unabhängig von der Zeit der Ent­ stehung als typisch für den Teppich erwei­ sen (vgl. die einzelnen Teppicharten unter ihren Namen oder Herkunftsorten). Die Hauptgruppen, nach Landschaften eingeteilt, sind folgende: der türkische oder ·> Turkmenen-Teppich (Kleinasien, Anatolien), der -> kaukasische Teppich, der ■> persische Teppich, Teppiche aus Ostasien, der -> indi­ sche und der -> chinesische Teppich. Das Material ist meistens Wolle, dazu für Kette oder Schuß Baumwolle, auch Jute (Turk­ menenteppiche) und manchmal Seide. Als an­ tike Orientteppiche werden solche bezeich­ net, die vor 1800 entstanden sind. Sie sind im Handel selten und wenn, dann meist nur in Fragmenten zu finden. Teppiche aus der Zeit zwischen 1800 und 1870 (noch keine Verwendung von Anilinfarben) heißen Alte Teppiche, solche, die zwischen 1870 und 1940 entstanden sind, Ältere Teppiàe. Die neuesten Teppiche, nach 1945, werden in Industriewerkstätten geknüpft. Sie sind meist von guter Qualität, aber da die Hersteller die Muster aller Orientteppiche — oft audi vermischt — anbringen können, haben sie nicht mehr den Reiz des Originalen. Man kann heute alle Arten von Orientteppichen von einer großen Teppichwerkstatt beziehen. Alte Teppiche zeigen meist das Format, das durch die Art der Benutzung in den Häu­ sern des Orients vorgegeben war. Der Raum war meist mit fünf (oder vier) Teppichen in bestimmter Anordnung ausgelegt (s. Abb. S. 171). ORNAMENT (lat. ornare = schmücken), Bezeichnung für künstlerische Verzierung, Ausschmückung, die aber Beiwerk und nicht ein Bestandteil des verzierten Gegenstandes selbst ist. Wohl aber steht das Ornament in Beziehung zu dem Möbel, Bild oder sonstigen Kunstwerk, das es verzieren soll. Häufig ist ihm auch eine Bedeutung zugemessen, die den

OUD-LOOSDRECHT-PORZELLAN

Gegenstand in einen bestimmten Bereich ver­ weist (z. B. kirchlich). Die Motive des Orna­ ments können abstrakt geometrisch, Nach­ bildungen von Pflanzen, Blumen u. dgl. (Arabeske, Feston u. a.) sein. Das Ornament ist der älteste Ausdruck künstlerischen Ge­ staltungswillens des Menschen. Die ersten Or­ namente sind, wie die Funde zeigen, wohl bei allen Völkern ähnlich gewesen: Bänder, Spiralen, wellenförmige- und Zickzacklinien (-> Mäander), dann geometrische Muster, Punkte, schließlich Pflanzen und Tiere. Diese Motive wurden von Ton, Stein oder Holz auch auf die Weberei übertragen, wie alte Gewebe verraten. An der Ausprägung der Ornamentik ist ein Kunststil meist zu er­ kennen, die Entwicklung bestimmter Motive, z. B. der Palmette, kann bedeutende Hin­ weise auf die Entwicklung der Kunst über­ haupt bieten.

ORNAMENTAL, verzierend, schmückend, im Gegensatz zu figural oder konstruktiv. Als ornamentale Künste bezeichnet man die kleinen, handwerklichen Künste. ORNAMENTSTICH, Entwürfe zu kunst­ handwerklichen Arbeiten (Möbel, Innen­ dekorationen, Ornamentformen für solche u. dgl.) oder Abbildungen solcher Werke in Kupferstich oder Holzschnitt. Sie wur­ den meist von den Goldschmieden, Kunst­ schreinern, Architekten oder Dekorateuren selbst ausgeführt oder in ihrem Auftrag von Kupferstechern oder Holzschnittkünstlern hergestellt. Häufig hatten Künstler gerade mit ihren Ornamentstichen großen Einfluß auf das Kunsthandwerk ihrer Zeit.

OSAKA-PORZELLAN, dünnwandiges japa­ nisches Porzellan, das in der Stadt Osaka hergestellt wurde. Auch die feinen Porzellan­ schälchen mit einem Rohrgeflechtüberzug, die als Teeschalendeckel dienen, und mit Zellen­ schmelz versehenes Porzellan kommen aus Osaka.

OSTERSPEI, Jakob (1730—1782), Porzellan­ maler in Frankenthal, wo er wegen seiner feinen Arbeiten gerühmt wurde. Einige si­ gnierte Stücke sind von ihm erhalten.

OTTWEILER, Porzellanmanufaktur, die im Jahre 1763 von Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken begründet und von Éti­ enne Dominique Pellevé zusammen mit Ge­ org Heinrich Jeremias Wagner nud Isaak Wille geleitet wurde, die auch Besitzer des Unternehmens waren. 1769 übernahmen die Franzosen René François Jolly und Nicolas Leclerc die Manufaktur und beriefen franzö­ sische Künstler, die fein gearbeitete Waren hervorbrachten. Allerdings war der Scherben trüb. Der Dekor des Tafelgeschirrs, das in den Formen ausgeprägten Rokokostil zeigte, war ausgewogen in Farben und Darstellung (allegorische und mythologische Darstellung). OUDER AMSTEL-PORZELLAN wurde in der 1784 von ■> Oud-Loosdrecht nach Am­ stel verlegten Manufaktur hergestellt. Ge­ schirre in klassizistischen Formen, kleine Porzellanplastiken und Büsten lösten die Formen ab, die von Oud-Loosdrecht über­ nommen worden waren.

Μ·’·ν

JW. Ouder Amstel-Manufaktur über. Ge­ schirre im Stil des Porzellans von -> Meißen und -> Sèvres mit bunter Bemalung und Rand-Rocaillen, sowie gute Porzellanplastiken und Porträtbüsten in Biskuit sind die be­ kanntesten Arbeiten. 173

des Palmenblattes, vor allem des Fächer­ palmenblattes besteht.

P

PALMTUCH, Fastentuch ·> Hungertuch.

PACEM, PACIFICALE ■> Kußtafel.

PAENULA (lat.), der geschlossene wollene Mantel der Römer, der ärmellos und mit Kopf und Armlöchern versehen war. PAGODEN, Nachbildungen chinesischer Por­ zellanfiguren, vor allem in Meißen zur Zeit -> Böttgers aber auch in anderen Manufak­ turen hergestellt. PAKPATTON, -> Ladearbeit.

Bezeichnung

für

indische

PALISANDER -> Rosenholz.

PALISSY, Bernard (um!510 — um 1590), französischer Töpfer, dessen keramische Ar­ beiten vor allem im 18. Jh. sehr bewundert wurden. Besonders seine bunten, mit Pflan­ zen- und Tierreliefs in naturalistischen For­ men verzierten Schalen und Schüsseln haben ihn berühmt gemacht, sowie seine theoreti­ schen Schriften über die Töpferkunst. PALLIUM (lat.), das wollene weiße Oberkleid, wie es die Griechen in Rom trugen. Danach wird auch die weiße, mit roten Kreuzchen besetzte Wollbinde Pallium ge­ nannt, die ein Erzbischof um die Schulter trägt.

PANACHE, französische Bezeichnung für den Helm- oder Federbusch, auch für den Kopfputz des Pferdes.

PANATHENÄISCHE -> Amphora.

PREISAMPHORA

PANDERMA-TEPPICH, türkischer Teppich, meist -> Gebetsteppich. Das Muster greift auf alte Formen zurück: Kula, Ghiordes, Herati. Ein typisches Merkmal ist der drei bis vier Fäden starke Baumwollrand an den Längsseiten. Alte Panderma-Teppiche aus Wolle sind selten zu finden, die neueren sind nicht sehr wertvoll und wenig haltbar. Sie werden, da der Flor aus Baumwolle und Seide gemischt gearbeitet ist, meist nicht als Bodenteppich, sondern nur als Wand­ behang benutzt.

PANEEL (niederländisch), Pa­ neelwerk, die hölzerne Tafel­ fläche, die als Füllung zwischen dem Leisten- und Rahmenwerk einer Täfelung liegt.

PANZERHEMD, aus verniete­ ten oder zusammengeschweißten Ringen hergestelltes Hemd, das im MA dem Krieger als Kör­ perschutz diente.

PANZERRÜSTUNG ■> Har­ nisch.

PALMETTE, eine ursprünglich griechische Verzierungsform, die aus freier Nachbildung 174

PANZERSTECHER, Bezeich­ nung für ein mittelalterliches Schwert mit meist dreikantiger steifer Klinge, die das Ketten­ geflecht des Panzers durchstoßen sollte.

PASTORALRING

PÄONIE, Pfingstrose. Die roten, dichtgefüllten Blüten der Pfingstrose sind ein häu­ figes Dekorationsmotiv der ostasiatischen Kunst, vor allem auf Porzellan, als Muster auf gewebten oder bestickten Stoffen und auf Email.

PARTISANE (von fr. partisan = Partei­ gänger, Landsknechtführer), eine Lanze des 14. Jhs., die hinter der Spitze ein abge­ rundetes Beil und einen hakenförmigen Stachel oder Hammer trägt, ähnlich der ■> Hellebarde oder Helmbarte.

PAPIERTAPETEN mit Malereien waren schon in alter Zeit in China gebräuchlich. Von dorther kam wahrscheinlich auch die Anregung zur Herstellung von P. nach Europa. Im 17. Jh. werden sie zuerst in England und dann in Frankreich erwähnt. Die Vorliebe für alles Chinesische, die das 18 Jh. zeigte, hat wohl auch die Papier­ tapete allgemein eingeführt. Sie war rasch überall verbreitet und hat nach kurzer Zeit alle anderen Arten von Wandbehängen weitgehend verdrängt. Zuerst wurde sie aus freier Hand bemalt, später mit Hilfe von Schablonen, in neuerer Zeit wird sie mit Modeln oder maschinell bedruckt, wo­ bei kostbare Tapeten immer noch Handarbeit aufweisen.

PASSAMENT (ital. passamano, fr. passe­ ment), Bezeichnung für Borten- oder Tressen­ arbeit, Goldstickerei. Im 18. Jh. nannte man den Bortenwirker oder Goldsticker „Posamentier“.

PARAGONE, schwarzer italienischer Marmor. PARAMENTE (mittellateinisch = Schmuck­ stücke), Bezeichnung für kirchliche Behänge, die prachtvoll verziert sind: Gewänder, Altarbekleidungen, Kelchtuch, Vorhänge, Tep­ piche, Fahnen usw.

PARAVENT, spanische Wand, aus mehreren hochrechteckigen, durch Scharniere verbun­ denen Feldern bestehende zusammenlegbare Stellwand. PARISER BLAU (Preußisch Blau, Berliner Blau, Luisenblau usw.), kräftiges, gut decken­ des Blau aus Blaulaugensalz und Eisenvitriol, das vor allem in der Textilkunst und im Druck Verwendung gefunden hat.

PASSEPARTOUT, ein Kartonrahmen mit Rückfläche zum Einlegen graphischer Blätter.

PASSGLAS, ein Trink­ gefäß des 16. und 17. Jhs., meist zylindrisch geformt, das seinen Na­ men von den häufig pla­ stisch gebildeten Maß­ strichen hat, die waage­ recht und in bestimmten Abständen das Glas um­ ziehen; nach „passen“ in der Bedeutung von „an­ gemessen sein“. PASSIONSSÄULE, eine Säule mit Darstel­ lungen der Leidenswerkzeuge Christi (Nägel, Geißel, Lanze, Rohr mit dem Essigschwamm, Zange, Würfel, Stricke) und dem krähenden Hahn. Sie kommt vor allem im 15. und 16. Jh. häufig vor. PASTICCIO (ital. = Pastete, Vermischtes), Bezeichnung für ein Kunstwerk, das — meist in der Absicht einer Fälschung — in der Manier eines bestimmten Künstlers von einem anderen gearbeitet wurde. PASTORALRING, der Ring eines Bischofs

175·

PAVESE

oder Abtes, der geweiht ist und seinem Träger bei Antritt des Amtes als Zeichen seiner Würde verliehen wird.

PATENE (lat.), der zum ->■ Kelch gehörige Teller für die Hostie. Die Patene ist aus ebenso kostbarem Material gearbeitet wie der Kelch und paßt auf diesen wie ein Deckel. Meist trägt sie ein Kreuz neben anderen ornamentalen und figürlichen Ver­ zierungen. PATERA heißt die flache Trinkschale der Römer.

PATERNOSTER (lat. = Vater unser). Der Rosenkranz wurde im MA und bis in die neuere Zeit hinein so genannt. Paternoster­ maker waren die Bernsteindreher, die die Perlen für den Rosenkranz herstellten. Über­ tragen heißen auch Perlenschnüre oder Münzketten Paternoster. PÂTE SUR PÂTE (fr. = Masse auf Masse), eine Verzierungstechnik für Porzellan und Steinzeug, bei der auf den farbigen Glasur­ grund ein schwaches, weißes, durchscheinen­ des Relief aufgelegt wird, so daß die Farbe der Glasur durchschimmert und dem Relief seine Nuancierung gibt. In Nachahmung chinesischer Vorbilder war diese Technik im 19. Jh. vor allem in Sèvres und in Meißen beliebt. PATINA (lat.), eine flache Schüssel mit nur leicht erhabenem Rand aus Ton oder aus Edelmetall, die die Römer als Fisch- oder Fleischschüssel benutzten. PATINA, ein Überzug auf der Oberfläche von Gegenständen aus Kupfer oder Bronze, der durch Oxydation entstanden ist und je nach der Zusammensetzung des Metalls grün, braun oder braunschwarz gefärbt ist. Eine Patina wird heute oft künstlich erzeugt,

176

um einem Kunstwerk ein altes Aussehen zu geben.

PATRONE, Bezeichnung für die gezeich­ nete Vorlage für einen Wirkteppich, die unter dem Stuhl liegt, während der Wirker arbeitet. PAVÊ-FASSUNG (fr. = Pflaster), eine rückwärts durchbrochene Fassung, die eine besonders enge Anordnung der Edelsteine erlaubt.

PAVESE, Bezeichnung für den schweren mittelalterlichen Setzschild, den die Fuß­ soldaten trugen. Dicht aneinandergereiht, ergaben die Pavesen eine Schutzmauer gegen Pfeilbeschuß. Sie waren häufig mit dem Wappen des Georgenritterbundes versehen. Nach der Einführung der Feuerwaffen kam die Pavese außer Gebrauch.

PERGO PAX ■> Kußtäfelchen. PECTORALE (lat.) heißt der Brustschmuck, der als reliefverzierte Spange oder Schnalle zu alten liturgischen Gewändern gehörte. Auch das Brustkreuz der katholischen Bischöfe ist ein Pectorale.

PELERINE (fr. pelerin = Pilger), der Pilgermantel; danach Bezeichnung für den losen, weiten, kurzen Frauenmantel des Spätmittelalters. PELIKAN. Auf religiösen Darstellungen ist ein Pelikan, der sich die Brust öffnet, um mit dem Blut seine Jungen zu nähren, ein Siimbild des Opfertodes Christi. PENDEH, Turkmenenteppich, dessen Mu­ ster meist aus Vielecken besteht, zwischen die oft kleinere Vielecke fast der gleichen Art gelegt sind. Bei Gebetsteppidien hat die Nische meist fünf oder mehr kleine Giebel und ein baumartiges Muster darunter.

ring, einer Brosche oder einem anderen Schmuckstück lose hängenden Edelstein; da­ nach für Schmuckanhängsel überhaupt und für die hängenden Glastropfen an Kron­ leuchtern oder anderen Leuchtern. PENDULE, Bezeichnung für eine Tischuhr mit Pendel, die vor allem in Frankreich im 18. Jh. beliebt war. PENTAGRAMM, Pentalpha -> Drudenfuß.

PENTELISCHER MARMOR, der Marmor vom Pentelikon, Griechenland, weiß mit feinem goldgelbem Schimmer. Die Tempel der Akropolis von Athen u. a. sind aus pentelischem Marmor gebaut.

PENTIMENTI (von ital. pentimento = Reue), noch sichtbare gezeichnete oder ein­ geritzte Entwurfslinien auf einem Kunst­ werk, die verraten, daß der Künstler wäh­ rend der Ausführung von seiner ursprüngli­ chen Vorstellung abgewichen ist und den Entwurf geändert („bereut“) hat.

PERCIER, Charles (1764—1838), Pariser Architekt. Er gehört mit Pierre ■> Fontaine, mit dem er von 1794 bis 1814 zusammen­ arbeitete, und François Honore Georges ■> Jacob-Desmalter, dem die Ausführung des größten Teils ihrer Möbelentwürfe übertragen wurde, zu den eigentlichen Schöpfern des Empirestils. Perciers Haupt­ werk ist der zusammen mit Fontaine heraus­ gegebene „Recueil de décorations intéri­ eurs“ von 1801.

PENDELOQUE (fr.), heute seltener be­ nutzte Bezeichnung für einen an einem Ohr­

PERGO, Franz (gest. 1629), Bildschnitzer aus Großbrunn (Grandfontaine) bei Pruntrut. Er arbeitete im Stil der südfranzösischen Spätrenaissance (Hughes ->· Sambin). Er ist zuerst 1593 in Basel nachweisbar, wo er 177

PERSISCHE TEPPICHE

am Chorgestühl des Münsters mitgearbeitet hat. Bekannt ist auch seine Zimmervertäfe­ lung und ein Büfett aus dem Bärenfelsenhof in Basel von 1607. Außerdem wird ihm der auf 1617 datierte Prunkschrank des Remi­ gius Fäsch zugeschrieben, der schon deutlich barocke Elemente aufweist (beide im Historischen Museum zu Basel).

PERILLO (span. = Hündchen), spanische Schwertklinge des 15. und 16. Jhs. Sie er­ hielt ihren Namen nach der Marke, einer hundeähnlichen Figur, ihres Schmiedes: Julian del Rey (der König Ferdinand der Katho­ lische war der Taufpate dieses Mauren ge­ wesen) arbeitete zuerst in Granada, dann in Saragossa und Toledo. Aus ganz Spanien erhielt er Aufträge zur Herstellung der fein gearbeiteten scharfen Klingen. PERLENKRONEN heißen perlengeschmückte Diademe.

auf

Wappen

PERLENPUNZEN, kleine Stahlpunzen mit halbkugeligen Vertiefungen am Ende, um perlförmige Verzierungen an Metall zu schlagen.

PERLMUTTER, die Innenschicht der Perl­ muschel- oder anderer Muschelschalen, sil­ bern glänzend und irrisierend. In Plättchen zerschnitten wurde Perlmuter schon früh zu Verzierungen verwendet, spätestens in der byzantinischen Kunst, häufig in der Kunst der Renaisance, aus der P.-Schnitzereien erhalten sind. Vor allem aber für Einlege­ arbeiten an Möbeln war P. seit dem 16. Jh. beliebt, besonders im 17. und 18. Jh. (-> Intarsie, -> Boulletechnik). PERSISCHE KERAMIK, Fliesen mit relief­ artiger Darstellung von Blumen, Vögeln, Figuren, auch beschriftet und bunt bemalt, sind die häufigsten Erzeugnisse der Persischen Keramik. Daneben waren in Europa vor

178

allem im 19. Jh. feine Gefäße mit durch­ brochen gearbeitetem Rand beliebt, dessen Öffnungen mit durchsichtiger Glasur wie­ der geschlossen wurden. Sie sind in Frank­ reich häufig nachgeahmt worden. PERSISCHE TEPPICHE. Die frühesten erhaltenen Beispiele der persischen Tep­ pichknüpfkunst stammen aus dem 14. und 15. Jh., doch zeigen Teppichdarstellungen auf Miniaturen, daß diese Kunst nicht in den Anfängen steckte, sondern bereits Tra­ dition haben mußte. Die Muster dieser frühen Teppiche sind meist geometrisch, manchmal durch Ranken aufgelockert. Vom 15. Jh. an finden sich dann Medaillons und Ranken im Innenfeld, Ranken auf den Bor­ düren. Die Blütezeit der Teppichknüpfkunst in Persien liegt zwischen 1500 und 1722, der Regierungszeit der Safawiden. Die Manu­ fakturen waren meist mit dem Hof verbun­ den. Die Teppiche werden nun zu pracht­ vollen Kunstwerken gestaltet. Für die Mu­ stervorlagen, die von Malern gemacht wur­ den, galten oft persische Buchmalerei und die Fayencemalerei als Vorbild. Zeichneten sich die früheren Teppiche durch Musterung des Innenfeldes in unendlicher Reihung aus, so gewinnt nun ein betontes Mittelornament, das Medaillon, an Bedeutung. Die Ecken werden ebenfalls durch Medaillonviertel be­ tont, deren Muster anders ist als das des Mittelmedaillons. Aber auch Darstellungen von Gärten (-> Gartenteppich), Jagdszenen, Tieren usw. sind üblich. Diese Hauptmotive sind von Blüten- und Rankendekors, von Arabesken, Wolkenbändern u. a. umrahmt. Nach dem Ausstreben der Safawiden-Dynastie erlebte die Teppichknüpfkunst einen Rückgang. Von nun an wird sie zur Volks­ kunst, die an verschiedenen Orten ausge­ führt wird. Aus den Musterelementen der Hofmanufaktur wurden Elemente übernom­ men und mit eigenen Schöpfungen ver­ mischt. Die Städte Täbris, Kashan, Me-

PIETRA-DURA-EINLAGEN

sched, Kirman, Isfahan sind die Fortsetzer der höfischen Tradition. Außerdem sind als wichtigste Teppicharten der neueren Zeit bekannt: ->■ Karadagh, Ferahan, Serabend, Hamedan, Saruk, Sultanabad, Senneh, Bidjar, Kurdistan, Kirmanschah, Herat, Khain, Schiras. (Persischer Knoten -> Senneh-Knoten.)

PESARO in Italien war bereits im 15. und 16. Jh. bekannt für seine Majolikagefäße.

PFAUENGEWEBE, mittelalterliche Bezeich­ nung für einen vielfarbigen Seidenstoff aus dem Orient. PFAUENHUT, einfacher Topfhut der Män­ ner des 13. Jhs., mit kleinem aufgeschlagenen Rand, der mit Pfauenfedern besteckt war.

PFEIFENTON hat seinen Namen nach der Verwendung für Tabakspfeifen. Es ist weis­ ser Bolus, ein feldspathaltiges Mineral, das zu plastischen Arbeiten sehr gut geeignet, schwer schmelzbar und nach dem Brand weiß ist. Es findet Verwendung bei der Her­ stellung von Fayence, Steinzeug, Halbpor­ zellan u. ä., auch als Farbe (Angußfarbe) kann es benutzt werden. PFEILER, vier- oder mehreckige Stütze (Architektur, Möbel), im Gegensatz zu der stets runden Säule.

PFLAUMBAUMHOLZ ist hart und von rotbrauner Färbung, aber so spröde, daß es nur für kleinere Schnitz- oder Drechsler­ arbeiten benutzt werden kann. PHILOTECHNIE (von gr.), Liebe Kunst; Philotechnos, der Kunstfreund.

gio. Verzierte Gewänder wurden auch im MA noch häufig als phrygisch bezeichnet. PHRYGISCHE MÜTZE, die Kopfbedekkung der kleinasiatischen Krieger des Alter­ tums, eine beutelförmige Mütze mit einem nach vorn über den Kopf gezogenen Zipfel.

PIATTI DI POMPA (ital.), Bezeichnung für besonders prunkvolle Gefäße aus Ma­ jolika, die im Spätmittelalter und in der Renaissance in Italien als kostbare Zier­ stücke beliebt waren. PICHLER, berühmte Familie von Gemmen­ schneidern, die im 18. Jh. in Italien vor allem Nachahmungen antiker Steine schnitt. Anton P. (1697—1779), Giovanni P. (1734 bis 1791), beide hauptsächlich tätig in Neapel, Luigi P. (1773—1854) zeitweilig in Wien.

PICHLER, Johann Adam (gest. 1761), Bildhauer. Er wurde von 1709 bis 1715 in Paris ausgebildet. Danach war er in München Leiter der von Kurfürst Max Emanuel gegründeten „französischen Hof­ kistlerei“, die die Schnitzarbeit der Ver­ täfelungen und Möbel für den Hof zu fer­ tigen hatte und bis zu 80 Gesellen be­ schäftigte. Er war zuerst unter -> Effner, dann unter ·> Cuvilliés an der Ausstat­ tung von Schleißheim, Nymphenburg und der sog. Reichen Zimmer der Residenz be­ teiligt.

PIÈCES RUSTIQUES nannte man früher häufig die Gefäße von Bernard -> Palissy.

zur

PHRYGIEN war im Altertum berühmt we­ gen seiner feinen Kunststickereien. Bei den Römern hieß der Kunststicker danach phry-

PIED DE BICHE ■> Geißfuß. PIETRA-DURA-EINLAGEN, aus Mar­ morplättchen zusammengesetzte -> Intar­ sie. Die seit der Mitte des 16. Jhs. vor 179

PLAKETTE

allem in Florenz und Turin zum Schmuck an Antependien, Grabplatten, Tischplatten u. ä. gepflegte Technik erfreute sich zu Anfang des 17. Jhs. an den Prunkmöbeln deutscher Fürstenhöfe (München, Kassel, Braunschweig) großer Beliebtheit.

PIQUETECHNIK, sehr mühsame, vor allem zur Verzierung von Dosen ange­ wandte Technik, bei der Gold- oder Silber­ stifte ornamental in einen Grund aus Schildkrot, manchmal auch Holz, einge­ schlagen werden.

PIGACIA -> Schnabelschuhe.

PISTORINI, Antonio Francesco, Baumei­ ster und Innenarchitekt, der vermutlich aus Bologna stammte. Nach der Mitte des 17. Jhs. ist er unter dem Kurfürsten Ferdi­ nand Maria am Münchner Hof tätig gewe­ sen. Er leitete u. a. die Ausstattung der päpstlichen Zimmer in der Residenz (1665 bis 1667).

PIKDAN, der vasen- oder flaschenförmige orientalische Spucknapf, häufig mit Relief­ darstellungen, Gravierungen u. a. verziert. Er ist meist aus Kupfer oder Messing ge­ arbeitet. PILASTER -> Wandpfeiler. PILGERTRACHT. Die Pilger zum Hei­ ligen Land trugen bei ihrer Rückkehr häu­ fig eine Tracht, an der sie erkenntlich wa­ ren: einen breitkrempigen Hut mit einer Jordanmuschel (Muschelhut), den weiten grobgewebten Pilgermantel, den Pilgerstab, an dem oft eine Pilgerflasche, eine Art Feldflasche, hing und die an einem Schul­ terriemen getragene Pilgertasche.

PINAKOTHEK (von gr.), Gemäldesamm­ lung. PINEAU, Nicolas (1684—1754), Bildhau­ er, Dekorateur und Zeichner in Paris. Durch seine Ornamentstiche erlangte er großen Einfluß auf die Innendekoration vor allem des frühen ■> Louis XV. Er gilt als der erste, der das asymmetrische Ornament angewandt hat.

PINIENZAPFEN waren seit dem MA ein beliebtes Ornamentmotiv, z. B. als Deckel­ knopf an Gefäßen. Die Goldschmiede der Stadt Augsburg hatten einen Pinienzapfen auf ihrem Beschauzeichen. PINX., PINXIT (lat. = hat gemalt), Zu­ satz zum Namen des Künstlers auf Ge­ mälden und auf bemalten Kupferstichen (-> del., sculps.). i8o

PITHOS (gr.), großes, weitbauchiges Wein­ faß der Griechen, das nach unten hin spitz zulief, um in die Erde oder auf ein Fuß­ gestell gesetzt zu werden. PI-TONG, chinesisches, zylindrisch geform­ tes Gefäß aus Ton, Bronze, Holz, Elfen­ bein, Stein oder anderem Material, das zum Aufbewahren der Schreibfedern be­ nutzt wird. Es kann reich mit Email- oder Lackmalerei oder auch mit Reliefs ver­ ziert sein. PLAKETTE, Bezeichnung für eine Schau­ münze in runder, ovaler oder eckiger Form mit einseitiger Reliefdarstellung.

PLITZNER

Plaketten waren als Anhängsel mit Bild­ nissen, Darstellungen aus Mythologie und biblischer Erzählung vor allem in der Renais­ sance beliebt und wurden von bedeutenden Künstlern geschaffen. Meist bestanden sie aus runden oder eckigen Metallplatten, auf die in Relief die Darstellung gearbeitet wurde. Die Bildnisse der Renaissancefürsten und hochstehender Persönlichkeiten wurden häufig auf Plaketten festgehalten. Aber auch im kirchlichen Bereich waren sie üblich, z. B. als Kußtäfelchen. Plaketten werden zu be­ sonderen Gelegenheiten auch heute noch her­ gestellt und umgehängt.

PLANETENKRÜGE, ·> Kreussener Stein­ zeugkrüge mit allegorischen Darstellungen der Planeten, die unter Arkaden neben­ einandergestellt sind.

PLANIEREN (von lat. planus = eben), glätten, ebnen. Der Planierhammer hat eine glatte, flache Bahn und dient zum Ebnen von Blech.

PLATTNER, der Harnischmacher, der aus einzelnen Platten den -> Harnisch schmie­ dete.

PLATTSTICH, in der Stickereikunst ein Stich, der nicht den Verlauf des Gewebes, sondern nur das vorgeschriebene Muster berücksichtigt: in meist langen, dicht nebenoder übereinander befestigten Fäden be­ deckt die Stickerei den Stoff. Diese Technik war schon im Altertum bekannt, sie wurde opus plumarium, Federwerk, genannt.

PLEONAST, schwarzer, undurchsichtiger ■> Spinell, der als Trauerstein verwendet wird.

PLITZNER, Ferdinand (1678—1724), be­ kannter fränkischer Kunstschreiner des frühen 18. Jhs. Er erlernte bei Johann ■> Matusch in Ansbach die Boulletechnik und richtete sich 1706 beim Oberstallmeister des

PLANTIN, Christoph (1514—1589), be­ rühmter Antwerpener Buchdrucker des 16. Jhs., in dessen Werkstatt mehr als 1500 Bücher gedruckt wurden. Sein Schwieger­ sohn Jan Moerentorf, gen. Moretus über­ nahm 1589 das Geschäft, das seitdem Plantin-Moretus hieß (heute Plantin-Moretus-Museum in Antwerpen). Plantins Drukkerzeichen ist eine Hand mit einem Zirkel und einem „Labore et constantia“ beschrif­ teten Spruchband.

PLASMA, Name für den grasgrünen -> Chalcedon, der von den Römern zu Gem­ men geschnitten wurde. PLATTENRÜSTUNG, die aus zahlreichen Platten, Schienen, Schirmen zusammenge­ setzte Rüstung des 15. und 16. Jhs. i8i

PORTATILE

Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn, Hans Georg von Rotenhan, in Eyrichshof eine Werkstatt ein. Außer den Spiegelka­ binetten arbeitete er Möbel für die Schlösser Gaibach und Pommersfelden und wurde der Schöpfer des fränkischen Regencemöbels, das in der Silhouette noch ganz fran­ zösisch ist und eine besonders feine Marketerie aufweist. PLUDERHOSEN, weite, faltige Beinklei­ der, die bis zum Knie reichten und im 16. Jh. einen so bauschigen Überfluß an Stoff hatten, daß sie von kirchlicher Seite als verschwenderischer Luxus angesehen und an vielen Orten sogar verboten wurden.

PLUVIALE, (lat. = Regenmantel) ur­ sprünglich der weite Kapuzenmantel, den die Geistlichen bei Prozessionen im Re­ gen trugen. Gegen Ende des 13. Jhs. wurde dieser weite, ärmellose Mantel als reichver­ ziertes Gewand auch in der Kirche ge­ tragen und zum Chormantel umgestaltet. Die Kapuze ist noch in dem Zierschild auf dem Rücken angedeutet. POKAL, ein ->- Becher mit Fuß, meist als Prunkgefäß gearbeitet. Vor allem in der Renaissance und im Barock fand der P. reichste Ausprägung in Form und Verzierung. POL, Bezeichnung für den Samtflor.

POLENTEPPICHE, Bezeichnung für per­ sische Teppiche des 16. und 17. Jhs., die auf Bestellung von Europäern gearbeitet sind und häufig die Wappen polnischer Ad­ liger tragen. Lange wurde irrtümlich ange­ nommen, sie seien in Polen hergestellt wor­ den. Die meisten sind in Isfahan geknüpft. Es sind zum größten Teil Seidenteppiche, oft in den zartesten Farben und mit Gold oder Silber broschiert. Die Muster sind prachtvoll in ihrer phantasievollen, unge­ 182

regelten Zusammenstellung. Doch stellen diese Teppiche im Vergleich mit anderen Arbeiten der persischen Teppichknüpfkunst eher ein Verfallsprodukt dar, ein sich nach europäischem Geschmack richtendes Erzeug­ nis, dem die Kraft des Originalen mangelt. POLYPTYCHON, ein aus mehr als drei mit Wachs überzogenen und beschriebenen Holztafeln zusammengesetztes Buch des Al­ tertums und frühen MAs. (-> Diptychon).

POMPADOURROT heißt die fleischrote Malfarbe auf Sèvres-Porzellan aus der Zeit, als die Marquise de Pompadour in Frank­ reich Einfluß hatte (etwa von 1756—1764).

PORTATILE, die Reliquienplatte auf dem Altartisch oder der Tragaltar mit Reliquien.

POTPOURRIVASE

PORTUGIESENTEPPICHE werden Tep­ piche des 17. Jhs. mit Darstellungen von Europäern (Portugiesen) auf ihren Koloni­ sationsfahrten genannt, die in Südpersien hergestellt wurden.

PORZELLAN, keramisches Erzeugnis aus feuerbeständigem weißem Kaolin und schmelzbarem Feldspat, das weiß, durchschei­ nend, hellklingend und mit dem Stahl nicht ritzbar ist. Das geformte und getrocknete Porzellan heißt Scherben. In einem ersten Brand, dem sog. Verglühbrand, wird der Scherben bei nicht allzu hoher Temperatur gefestigt. Dann wird er mit einer -> Glasur überzogen, die aus einer ähnlichen Masse wie der Scherben besteht und auch bereits gefärbt sein kann. Nun wird das Ganze noch einmal einem stärkeren sog. Garbrand ausgesetzt, wobei sich die Glasur fest mit dem Scherben verbindet. Durch Verminde­ rung seines Volumens im Brand erhält das Porzellan seine Dünne, auf die der Scher­ ben vorher berechnet war. Der farbige Dekor kann auf verschiedene Weise angebracht wer­ den. Am einfachsten ist das Färben in der Masse: der Scherben ist ganz mit Farbe durchtränkt, oder die Glasur ist gefärbt. Weit schwieriger ist die Unterglasurmalerei: nach dem ersten Brand wird der Scherben bemalt, dann die durchsichtige Glasur aufgetragen und das Ganze gargebrannt. Die Farben sind fest unter der Glasur und haltbar, aber da der Garbrand bei sehr hoher Temperatur ge­ schieht, können nur bestimmte Farben für die Unterglasurmalerei verwandt werden, nämlich nur solche, die den hochgradigen Garbrand vertragen: Metalloxyde, die sog. Scharffeuerfarben. Dadurch ist die Farbskala beschränkt. Die Überglasurmalerei, das Auf­ trägen von farbiger Bemalung auf die Glasur nach dem Garbrand, erlaubt die Verwen­ dung zahlreicher Farben und Farbnuancen, ist aber weniger haltbar. Die Farben werden mit Hilfe von Muffeln bei mäßiger Hitze eingebrannt. Verschiedene Porzellanarten, die

sich nach der Zusammenstellung und Beschaf­ fenheit der Porzellanerde richten, erfor­ dern verschiedene Brenntemperaturen. Von der Höhe der Brenntemperatur sind auch die Möglichkeiten der Bemalung abhängig. Das chinesische Porzellan z. B. ist Weichporzellan, ebenso Biskuit- und Frittenporzellan, d. h. es bedarf nur niedriger Brenntemperatur; bei Weichporzellan ist die Unterglasurmalerei vielgestaltiger. Das europäische Porzellan ist meist Hartporzellan, das eine hohe Brenn­ temperatur erfordert (Meißen): Unterglasur­ malerei mit beschränkter Farbgebung oder Überglasurmalerei. Porzellan kommt ursprünglich aus China, wo es in der T’ang-Zeit (618—906 n. Chr.) erfunden wurde. Seit dem 17. Jh. begann in Europa das Interesse für dieses wie für andere chinesische Erzeugnisse (Chinoiserien). Die Porzellanherstellung in Europa geht auf die Erfindung von Johann Friedrich ■> Böttcher zurück, unter dessen Leitung im Jahre 1710 die Manufaktur Meißen gegrün­ det wurde, die als erste in Europa Porzel­ lan herstellte. Bald darauf folgen die bekann­ ten Manufakturen, die alle an der Verbes­ serung des Scherbens und der Möglichkeiten der Dekoration arbeiteten (vgl. die einzel­ nen Manufakturen). PORZELLANSPITZEN -> Berliner Porzel­ lan.

POSSET-KRÜGE, englische, seit dem 15. Jh. bekannte Steinzeugtrinkgefäße für posset, ein warmes Mischgetränk aus Bier oder Sekt mit Zucker, Eiern, Gewürzen und anderen Zutaten. Die alten Posset-Krüge haben Henkel und Deckel und sind mit Reliefornamenten verziert. POTPOURRIVASE, Bezeichnung für eine Vase aus Porzellan oder Fayence mit durch­ brochenem Deckel, durch den der Duft der in der Vase aufbewahrten Kräuter oder Es­ senzen dringen kann. i*5

PYROP

POTSDAMER FAYENCE wurde von 1740 bis 1800 in einer von Christian F. Rewend gegründeten Manufaktur hergestellt. Von 1775 an leitete der Stukkateur Sartori das Unternehmen. Neben Gefäßen von auch in anderen Manufakturen üblichen Formen wurden in Potsdam Schalen mit gebogenem Rand hergestellt, deren Grund mit einer großblütigen Blume oder einem Vogelmotiv bemalt ist. Unter Sartori waren lackierte und vergoldete Ziervasen aus einer Art Stuck die Besonderheiten der Manufaktur. PRÄGEN, Einschlagen einer Stempelform in massives Metall unter starkem Druck. PREUNING, bedeutende Nürnberger Haf­ nerfamilie, in deren Werkstatt im 16. Jh. prachtvolle Gefäße hergestellt wurden, u. a. einige der sog. ■> Hirschvogelkrüge.

PREUSSISCH BLAU ·> Pariser Blau.

PROSKAUER FAYENCE. Die schlesische Manufaktur Proskau wurde 1763 von Graf Leopold von Proskau gegründet. Bis 1793 wurde Fayence, von 1788 bis 1850 Stein­ gut hergestellt. Vor allem die ersten Jahre nach der Gründung waren eine Blütezeit. In Formen und Dekor lehnte sich die Manufak­ tur an Straßburg an, doch sind die Muffel­ farben kräftiger und zusätzlich wurden plastische Blumen und Früchte angebracht. In großem Umfang wurden auch Formgeschirre in vielerlei Gestalt (Tiere, Figuren) herge­ stellt. Nach 1780 wurden in der Hauptsache Gebrauchsgeschirre in klassizistischen Formen gearbeitet. Trotz des Farbenreichtums und der phantasievollen Formen sind die Proskauer Erzeugnise jedoch denen von Straßburg unter­ legen.

PSYCHE, in der Möbelkunst Bezeichnung für einen in ein Rahmengestell eingefügten Standspiegel, wie er im Empire und im Bie­ dermeier allgemein verbreitet war. Seine

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klassische Form mit plastisch gebildeten Trägern hat er von Charles ->■ Perder und Pierre -> Fon­ taine erhalten.

PUNKT­ CHALCEDON, wei­ ßer -> Chalcedon mit feuerroten Flecken.

PUNZEN, PUNZIEREN, Einschla­ gen kleiner Muster in Metall mit Hilfe einfacher Instrumen­ te, die Punzeisen oder Punzen ge­ nannt werden. PURPURHOLZ, auch „amarante“ oder „bois violet“ genannt, kommt hauptsächlich aus Brasilien und Französisch-Guinea. Es ist von Natur aus braun, färbt sich aber nach dem Schnitt an der Luft purpurrot.

PUSSA, in der chinesischen Mythologie der Schutzgeist der Porzellanmacher. Die Sage berichtet, daß Pussa sich aus Verzweiflung über das ständige Mißlingen beim Brand eines besonders schönen, weißen Tongefäßes, das für einen König bestimmt war, schließlich selbst in den Ofen stürzte. Da gelang der Brand, und das herrliche Gefäß kam un­ versehrt aus dem Ofen.

PUTTEN (ital. putti = Kinder), Darstel­ lung kleiner nackter Knaben mit oder ohne Flügel, wie sie die Kunst der Frührenaissance in Italien eingeführt hat. Das Motiv ist von den Eroten der Antike und von den kind­ lichen Engeln der gotischen Kunst angeregt.

PYNACKER, Jacobus und Adriaen, be­ rühmte Fayencehersteller des 17. Jhs. in Delft. Adriaen Pynackers Nachahmungen japanischen Porzellans waren über die Nie­ derlande hinaus bekannt. PYROP -> Granat.

Q

gespannten Pferden gezogen wurde. Die Quadriga wurde seit dem 6. Jh. v. Chr. in der Kunst häufig dargestellt.

QUADRANT, ein wissenschaftliches In­ strument, das zur Bestimmung der Zeit und zur Winkelmessung im Gelände und am Himmel seit dem Spätmittelalter gebaut wurde. Es besteht aus dem Viertel einer Kreisscheibe mit einem Schieber am Rand, auf dem Ziffern der Tage, Monate, Stunden angegeben sind, und einem Schattenquadrat. Zwei Absehen, d. h. zwei senkrechte Plätt­ chen mit je einem Loch an einer Kante, sind für die einfachste Form notwendig. Vom Mittelpunkt des Viertelkreises hängt ein Lot herab, das, wenn der Sonnenstrahl durch beide Löcher der Absehen geht, die Sonnen­ höhe und damit die Tagesstunde angibt. Dieses Grundprinzip wurde häufig abgewan­ delt und verfeinert, wie die Abbildung eines Sonnenquadranten aus dem Jahre 1438 zeigt.

QUASTE, ein Büschel von Fäden oder Schnüren von gleicher Länge, die an einem Ende zusammengebunden und als Verzie­ rung an Gegenstände aus Stoff, an Hüte, Möbel u.dgl. angehängt werden.

QUADRIGA (lat.), der zweirädrige Wagen des Altertums, der von vier nebeneinander

QUATTROCENTO (ital.), das 15. Jh.; in der Kunstgeschichte wird der Begriff Quat-

QUARTIERE heißen die viereckigen Goldoder Silberblätter, in die das Blech geschnit­ ten wird, bevor es vom Goldschläger bear­ beitet wird. QUARZ, ein Mineral aus reiner Kiesel­ säure. Quarz ist in vielen Steinen enthalten, die als Schmucksteine verwendet werden, z. B. im Amethyst, Citrin; Bergkristall ist wasserheller Quarz, auch der Chalcedon ist eine Quarzvarietät.

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QUINCAILLERIE

trocento häufig auf die Kunst der italie­ nischen Frührenaissance angewandt, deren Beginn um 1420 liegt.

QUEEN ANNE, Bezeichnung für den Kunst­ stil in England von etwa 1700—1720, nach der Königin Anna (1702—1714). Vor allem das Kunsthandwerk kam in dieser Zeit zu voller Entfaltung. Außer Möbeln und Innendekorationen, die sich durch schwe­ re barocke Formen auszeichneten, ist das sog. Queen-Anne-Silber berühmt, in den schlichten, klaren Formen das Erlesenste und Feinste, was die englische Goldschmiedekunst her­ vorgebracht hat. Diese Arbeiten haben auf kontinentale Silberwerke zurückgewirkt. Der Schmude ist meist mit der Form gegeben,

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ein eingraviertes Wappen bildet häufig das einzige Ornament der Gefäßflächen.

QUEENS WARE (engl. = Königins Gut), Bezeichnung für das von -> Wedgwood erfundene Steinzeug von weißgelblicher Farbe und mit durchsichtiger Glasur. Es ist besonders hart und fest.

QUERHOLZ, Bezeichnung für geschnit­ tenes Holz, dessen Schnittfläche in rechtem Winkel zum Faserlauf steht und die Fasern quer durchschneidet. QUINCAILLERIE (fr. = Tand), kleinere Metallarbeiten, unechte Schmuckwaren, Ga­ lanterien.

R

sache bildet, ist der Rahmen in seiner Ge­ staltung auf diesen abgestimmt.

RAAB, Johann Valentin, Würzburger Kunstsdireiner, der an der Ausstattung der 1808 bis 1812 für den Großherzog Ferdi­ nand von Toscana durch Salin de Monfort neu eingerichteten Zimmerfluchten in der Würzburger Residenz beteiligt war.

RANKENORNAMENT, frei gestaltetes pflanzliches Ornament, das von der Kunst der Antike bis heute verwendet wurde. Viele ausgeprägte Formen (z. B. Akanthus, Pal­ mette, in der islamischen Kunst die Arabeske u. a.) haben sich aus dem Rankenornament entwickelt.

RABENDUKATEN, Schaumünzen mit einem Raben, die der König Mathias Cor­ vinus von Ungarn (1457—1490) hat prägen lassen und die später häufig als Amulett getragen wurden. RADIEREN, Einätzen einer Zeichnung in eine Metallplatte, die mit säurefestem Harz überzogen ist und nur die Zeichnungslinien freigibt. Beim Abdruck von dieser Platte entsteht die Radierung. (-> Kupferstich).

RADSCHLOSS, Handfeuerwaffenschloß des späten ΜAs und der beginnenden Neuzeit, bei dem die Zündung durch die Reibung eines Rades an dem daraufliegenden Schwe­ felkies erfolgt (s. Abb. S. 188). RADUNRUH, der Gangregler der Uhr in Gestalt eines Rades oder Ringes.

RAEREN, ein Ort in der Nähe von Eupen, der im 16. und 17. Jh. eine bedeutende Stein­ zeugindustrie hatte. Wahrscheinlich kamen auch die sog. -> Bartmannskrüge hierher. Bekannt sind gelbgraue und bräunliche, bauchige Krüge mit Wappen und Figuren, szenischen Darstellungen und Spruchbändern. RAHMEN, Einfassung einer Tür, eines Fensters oder Bildes, Spanngestell beim We­ ben und Wirken, Einfassung von Verzie­ rungen z. B. beim Möbel u. ä. Im Rahmen sind häufig die Ziermotive des Kunststils der jeweiligen Zeit verwendet; als Umrandung eines Innenteils, der die Haupt­

RAPPEN, kleine Münzen von dunkler Fär­ bung (Brakteaten), die um 1350 in Basel und in anderen Städten am Oberrhein ge­ prägt wurden.

RAPPORT, Bezeichnung für Muster in den textilen Künsten, bei denen sich die Motive in regelmäßiger Abfolge wiederholen. Die Entfernung vom Musterbeginn bis zu seiner Wiederholung heißt Rapportlänge. RASCH, Bezeichnung für eine Stoffart aus Kammgarn, nach der Stadt Arras, wo sie zu­ erst hergestellt wurde, benannt. Die Rasch­ macher bildeten eine eigene Zunft und leg­ ten Wert auf die Unterscheidung von den gewöhnlichen Webern. Rasch ist ein kunst­ voll gefertigtes vierbindiges Gewebe, in ein­ zelnen Städten verschieden gearbeitet, z. B. in Florenz von besonderer Qualität. RASPEL, ein Werkzeug zum Bearbeiten von Holz, Horn oder Elfenbein und anderem weichen Material. Es wird in verschiedenen Formen namentlich von Bildhauern und Drechslern benutzt.

RASTHAKEN, der schwere Stützhaken für die mittelalterliche Turnierlanze.

RATIONALE, ein seit dem 10. Jh. bekann­ ter Überwurf über Schultern, Brust und Rücken, den der Bischof trug (heute nur noch der Erzbischof von Paderborn, von Krakau, die Bischöfe von Eichstädt und von Nancy). Das Rationale bot mannigfaltige Verzierungs­ möglichkeiten in Stickereien, Perlenbesätzen, 187

Radschloß RADSCHLOSS AUSSEN

RADSCHLOSS INNEN

a Schloßplatte

a Schloßplatte

b Zündpfanne

b Zündpfanne

b* Pfannendeckel

c Radachse

c Rad

d Gliederkette

c* Radwelle mit Vierkant zum Aufsetzen

e „Studel“ Lager der Radwelle

des Spannschlüssels d Radkranz, aufgeschraubt

e Hahnfeder

f Hahn

g Klaue der in der Gliederkette eingehängten Feder

f Hahn

h doppelarmige Feder

P Hahnlippen

h1 Deckplatte für die Feder

P Lippenschraube

h’ Federlager

g Schwefelkies

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REGENCY

Bordüren. Darstellungen biblischer Szenen, von Aposteln und Propheten in Feldern oder in Architektur u. a. waren häufige Motive.

zur Zeit Kaiser Maximilians und gegen Ende des 16. Jhs.

RÄTSELWAPPEN werden falsche Wappen genannt, in denen, der heraldischen Regel zuwider, Metall auf Metall und Farbe auf Farbe gesetzt sind. Sie kamen besonders in Frankreich häufig vor.

RECHENPFENNIG, kleine Metallscheiben von pfennigähnlichem Aussehen, die im MA als Rechenhilfe benutzt wurden, indem sie auf mit Linien und Zahlen ausgestatteten Brettern oder Tüchern verschoben wurden. Die Rechenpfennige wurden in besonderen Werkstätten geschlagen und vor allem von den Kaufleuten benutzt.

RAUCHFASS, ein Ge­ fäß für glühende Kohlen oder Weihrauch, das seit dem MA vor allem in den Kirchen üblich war. Es ist meist aus Kupfer und hängt an Ketten, an denen es geschwenkt werden kann. Häufig war es auch in Gestalt einer Burg oder eines Turmes gebildet.

RECHTS UND LINKS, Kunstwerke werden vom Beschauer aus beschrieben: rechts ist die Seite, die zur rechten Hand des Betrach­ ters liegt. In der Heraldik ist es umge­ kehrt: die rechte Seite eines Wappens liegt, wenn man es sich wie ein Kunstwerk gegen­ überstellt, links für den Beschauer. Das wird deutlich, wenn man sich z. B. einen Herold vorstellt, der das Wappen seines Herrn auf der Brust auf dem Gewände trug: die rechte Seite des Wappens ist zur Rechten des Trägers, ist also objektiv rechts.

RAUCHTOPAS, ein bräunlich bis schwar­ zer Quarz, der ähnlich wie Bergkristall ge­ schnitten und zu Gefäßen verarbeitet wird. Die kleineren Stücke werden als Schmuck­ steine geschliffen. RAUFDEGEN, Bezeichnung für den beim Stoßfechten verwendeten ■> Degen seit dem Spätmittelalter. REAL (von lat. regalis), Königspfennig, spa­ nische Münze aus Kupfer oder Silber, die zuerst unter Peter I. von Arragon (1350 bis 1369) geprägt wurde. Auch in Portugal gab es den Real, sowie in den Niederlanden

RÊGENCE-STIL, der nach der Regentschaft (régence) des Philipp von Orléans (1715 bis 1723) benannte französische Übergangs­ stil zwischen Hochund Spätbarock, der von 1710 bis etwa 1735 währt. Die Be­ zeichnung wird auch in anderen Ländern, z. B. in Deutschland, angewandt. REGENCY (engl.), Bezeichnung für den nach der Regentschaft König Georgs IV. be­ nannten englischen Kunststil von etwa 1800 bis 1830. 189

RELIQUIAR

REIFROCK, der auf Reifen gespannte Un­ terrock des Frauenkleides, im 16. Jh., der in etwas veränderter Form um die Mitte des 19. Jhs. als -> Krinoline wiederkehrte. REIHE als Bezeichnung eines Teppidimusters bedeutet, daß die Motive sowohl neben als hintereinander in ungefähr gleichen Abstän­ den angebracht sind. Bei der versetzten Reihe werden die Motive jeder zweiten Reihe so verschoben, daß sie hintereinander schräg ge­ reiht sind. REIHERBUSCH, Reiherstutz, ein Feder­ busch aus verschiedenen Reiherfedern. Auch Nachahmungen des Federbuschs in Metall oder Glas heißen so.

hoch — bei Figuren etwa mit halben Kör­ pern — aus der Hintergrundfläche heraus­ ragen. Natürlich liegen zwischen diesen bei­ den Typen viele Möglichkeiten; es kommt auch vor, daß z. B. der Kopf oder der Oberkörper einer Figur beinahe vollplastisch herausgearbeitet sind.

RELIEFINTARSIE, eine besondere Art der -> Intarsie, bei der die Einlegearbeit durch Schnitzereien (Reliefs) bereichert wird und somit sowohl farbliche als auch plastische Wirkung erreicht. Die R. wurde zuerst in Deutschland im 17. Jh. als Verzierung an Möbeln angewandt.

REINECK (Reinecke), Johann Martin (1714 bis 1783), Sohn eines Schreiners aus Mag­ deburg. Im Jahr 1736 wurde er Hofschreiner der Grafen zu Solms in Laubach, Oberhes­ sen. Mehrere durch ihre Marketerie und Einlegearbeiten ausgezeichnete Möbel haben sich im Laubacher Schloß erhalten.

RELIEFSTICKEREI, Stickerei auf Stoff, auf dem die Muster als modellierte Figuren aus leimdurchtränktem Stoff oder Karton aufgetragen sind. Die so entstandenen Reliefs wurden zuerst mit Taft überzogen und dann überstickt (meist mit Gold- oder Silber­ fäden: relief satiné). Die Reliefstickerei war vor allem bei kostbaren Meßgewändern des späteren MAs üblich.

REISPORZELLAN, chinesisches Porzellan mit durchbrochenen Verzierungen, die nach­ träglich mit feiner durchsichtiger Glasur ge­ füllt wurden.

RELIQUIAR, Bezeichnung für den Behäl­ ter, in dem Reliquien von Heiligen und Mär­ tyrern aufbewahrt werden. Die Kostbarkeit der Reliquien im Mittelalter erforderte ein

REIZELL (Reitzel), François (gest. 1788), Pariser Ebenist deutscher Herkunft, der 1764 Meister seines Handwerks wurde. Von 1773 an arbeitete er vor allem im Auftrag der Prinzen von Condé für das Palais Bourbon sowie für die Schlösser von Chantilly und Villegénis. RELIEF (fr. von lat. relevare = erheben), erhabene Arbeit, bei der Figuren oder Or­ namente aus einem ebenen Hintergrund her­ ausgearbeitet werden. Flachrelief heißt die Arbeit, wenn die Darstellung nur ganz flach über dem Grund steht, Hochrelief, wenn sie 190

RHEINDIAMANTEN

prachtvolles Reliquiar. Es konnte ein Kasten oder Schrein sein, Nachbildung von Architek­ tur, ein Kreuz, eine Tafel (-> Kußtafel) oder von anderer Gestalt. REMARQUEDRUCKE heißen die ersten Abdrucke von Kupferstichen oder Radierun­ gen. Sie sind benannt nach dem Zeichen oder der Notiz (remarque), die der Stecher mit seinem Namen auf diese Blätter zur Kenn­ zeichnung der Qualität o. ä. machte. RENAISSANCE, als „rinascita“, Wieder­ geburt, bezeichnet Girogio Vasari in seinen 1550 erschienenen Lebensbeschreibungen den Einsatz der neuen Bewegung der Kunst seiner Zeit im Gegensatz zum MA. Im 19. Jh., besonders durch Jakob Burckhardts Werk „Die Kultur der Renaissance in Italien“ (1860), erweitert sich die Bedeutung von Re­ naissance und wird nun zur Bezeichnung eines eigenen Zeitalters. Die Rückbesinnung auf die Antike ließ ein neues Lebensgefühl entstehen, das wiederum eine negative Beur­ teilung der mittelalterlichen Kunst (-> Gotik) nach sich zog. Das Heraufkommen eines neuen Persönlichkeitsbewußtseins ließ auch den Künstler aus seiner Anonymität, wie sie im MA bestand, heraustreten; er gelangte zu einer gesellschaftlichen Stellung, die ihn an die Höfe der weltlichen und geistlichen Fürsten führte. Die Kunst der Renaissance hat ihren Ausgang zu Beginn des 15. Jhs. in Italien genommen und ist dort um 1520/30 zu Ende gegangen. Von da an spricht man im Gegensatz zu den vergangenen Abschnitten der Früh- und Hochrenaissance von Spätre­ naissance oder -> Manierismus. Kennzeich­ nend für die Baukunst der italienischen Re­ naissance sind antike Bauelemente: Säulen, Pilaster mit antiken Kapitellen, Gesimsen und mit Ornamenten, wie sie in der antiken Baukunst vorkamen. Von Italien aus verbrei­ tete sich die Kunst der Renaissance auch in den nordischen Ländern.

Die Prinzipien der Renaissancekunst wie Harmonie, Symmetrie und Ausgewogenheit sind auch für das Kunsthandwerk bestimmend gewesen. Der Gestaltungsreichtum ist in allen seinen Bereichen erkennbar (Goldschmiede­ kunst, Fayence, Glas, Möbel u. a.).

RENNHUT, ein Turnierhelm des späten MAs, dem Schaller ähnlich (-> Helm), mit Stirnplatten, die von einer Klammer gehal­ ten werden.

RENNTARTSCHE, Bezeichnung für den schweren, lederüberzogenen, aufgeschraubten Eisenschild der mittelalterlichen Panzer­ rüstung, der Brust und Kinn schützen sollte.

RENTOILIEREN, ein schwieriges Verfah­ ren, mit dessen Hilfe ein schlecht erhaltenes Leinwandbild auf eine neue Leinwand über­ tragen wird. REPOUSSIEREN, Einschlagen von geraden oder spiralförmig geführten Riefeln und Wölbungen auf Zinngefäße. RÉSEAU (fr.), der Netzgrund von Klöppel­ spitzen, in den die Muster eingearbeitet wer­ den. Er besteht aus vier- oder sechseckigen Maschen, die entweder über einem Rahmen geklöppelt oder mit der ·> Bobbinetmaschine hergestellt wurden. RESTAURATION, die Wiederherstellung eines beschädigten Kunstwerks ohne eigen­ willige Änderung.

REVERS, Rückseite einer Münze oder Me­ daille; die Vorder- oder Schauseite heißt Avers.

RHEINDIAMANTEN, Rheinkiesel, heißen die im Rhein gefundenen Bergkristallstücke, die im Fluß abgeschliffen wurden. Sie werden zu Schmuckstücken verarbeitet. 191

RIESENER

RHEYDT, Melchior von, Schreiner und Schnitzer in Köln, der zwischen 1590 und 1624 tätig war. Er war der Hauptmeister der -> Kölner Intarsienmöbel.

RHODOS-TEPPICHE werden manchmal die -> Makri-Teppiche genannt. RHÖNTISCH, eine bäuerliche Form des viereckigen Tischs mit Steg und Seitenbret­ tern als Gestell, der häufig auch als Kasten­ tisch mit Schublade gebildet war. Er war

vom 16. Jh. an beliebt und bis ins 18. Jh. in Franken und in Hessen verbreitet. RIBBAND BACK CHAIR, englischer Stuhl­ typ des 18. Jhs., dessen durchbrochene Rückenlehne mit zarten, welligen, verschlun­ genen, oft zwischen Voluten aufgehängten, naturalistisch geknitterten Bändern (ribbands) geschmückt ist. Das Motiv wurde wahrschein­ lich von Stichen von -> Bérain angeregt und dann vor allem von Thomas -> Chippendale in seinem „Director“ von 1754 ausführlich variiert.

RIESENER, Jean Henri (1734—1806), der berühmteste Pariser Ebenist deutscher Her­ kunft (gebürtig in Gladbeck, Westfalen). Er arbeitete zuerst in der Werkstatt von Jean François -> Oeben, dessen Witwe er 1767 heiratete. 1768 wurde er Meister seines Handwerks und 1774 als Hofebenist Nach­

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folger von Gilles -> Joubert, der ihm durch einen Vertrag sein Geschäft abtrat. Bis 1784 war er fast ausschließlich mit Möbelausstat­ tungen für die königlichen Schlösser beschäf­ tigt. Auch nachdem Johann Wilhelm -> Bene­ mann ihm vom Garde meuble de la Cou­ ronne vorgezogen wurde, arbeitete er noch weiter für Marie Antoinette. Sein Haupt­ werk ist das sog. bureau du roi Louis XV., das Oeben begonnen hatte. Es wurde 1769 fertig. Außer mehreren anderen Rollbureaus dieser Art hat er Sekretäre, Schreibpulte, Toilettentische, Kommoden, Schmuckkabinette

J-H* RI E SENER u. a. in prunkvoller Ausstattung geschaffen. Wie Oeben überraschte er mit komplizierten mechanischen Einrichtungen. Seine sorgfäl­ tige Marketerie (Blumen, Figuren, Rauten, geometrische Muster) und sein Bronzeschmuck wurden viel bewundert, ebenso wie der klare Aufbau seiner Möbel und die lockere Ver­ teilung der Verzierungen.

ROBBIA

RIJDER, niederländische Goldmünze (Gouden Rijder, fr. chevalier d’or), die seit der Mitte des 15. Jhs. in Holland, später auch in anderen Provinzen der Niederlande ge­ prägt wurden. Auf dem Avers war meist ein Reiter mit Pferd dargestellt. RING, ein Reif aus Metall, Stein oder an­ derem Material, der als Schmude für Finger oder für das Handgelenk, für Arme, Ohren, Fußgelenk usw. getragen wird. Der Finger­ ring war auch im Altertum bekannt, auch als Siegelring (-> Skarabäus). Prachtvolle, mit Steinen geschmückte Ringe sind uns vor allem aus dem MA erhalten. Ursprünglich hatte der R. außer der schmückenden auch symbolische Funktion. RINGELBECHER, eine belieb­ te Trinkgefäßform des 16. und 17. Jhs., so genannt, weil er ineinandergeschlungene Ringe als Henkel hatte und häufig auch mit ringelförmig um den Gefäßkörper herumlaufenden Verzierungen versehen war. RINGELINK (Ringering), Heinrich (gest. 1629), Bildschnitzer, vielleicht aus Westfalen gebürtig, 1583 in Flensburg, um 1626 in Kopenhagen. Neben -> Gudewerdt war er der bekannteste schleswig-holsteinsche Mö­ belschnitzer der Spätrenaissance, der auch Kanzeln, Taufbecken und Altäre für Kirchen arbeitete. In den vier reich gerahmten Front­ feldern seiner Truhen sind fast immer reli­ giöse Szenen unter Arkaden dargestellt, auch auf seinen Schränken sind sie zu finden. (-> Schenkscheibe). Seine Schnitzerei ist etwas derber als die von Gudewerdt.

RINGGEFLECHT, Panzergeflecht, eine aus vielen kleinen vernieteten Eisenringen zu­ sammengesetzte Schutzkleidung des Kriegers im MA.

RINGKRUG, Wurstkrug, ein Gefäß aus blaubemaltem Ton oder Steinzeug, dessen Gefäßkörper die Form eines aufrechtstehen­ den Ringes hat, der in einen schmalen, run­ den Hals übergeht. Er steht auf einem ebenso schmalen, runden Fuß. Er ist seit dem 16. Jh. bekannt. Ringkrüge kommen auch mit zwei sich kreuzenden Ringen als Gefäßkör­ per vor. Seit dem 17. Jh. gibt es sie auch unter den Glasgefäßen.

RISENBURGH, Bernard II van (gest. 1765/ 66), berühmter Pariser Ebenist, dessen Stem­ pel „B.V.R.B.“ erst vor kurzem identifi­ ziert werden konnte. Er entstammte einer holländischen Ebenistenfamilie. Sein Vater, Bernard I, kam gegen Ende des 17. Jhs. nach Paris. Bernard II wurde dort 1730 Mei­ ster. Seine Werkstatt wurde nach seinem Tod von seinem Sohn Bernard III weiter­ geführt, Möbel wurden jedoch nur bis etwa 1786 dort hergestellt, da Bernard III sich der Bildhauerkunst zuwandte (gest. 1800). Die Möbel von Bernard II gehören zu den besten des Louis XV. Den meist einfachen Aufbau wußte er durch Blumenmarketerei oder durch Lackfassung wirkungsvoll zu beleben. Bronze­ beschläge aus Rocaillen und C-Linien glie­ dern meist das Möbel. Die bekannteste Mö­ belgarnitur Risenburghs stand im Dresdner Schloß: sechs Kommoden, zwei Encoignures. Viele seiner Arbeiten sind mit seinem Stem­ pel „B.V.R.B.“ signiert. ROBBIA, della, Familie von bildenden Künstlern in Florenz. Lucca della Robbia (1400—1482) schuf Werke aus Marmor, Bronze und Terrakotta in schlichter, aber außerordentlich lebendiger Gestaltung (be­ rühmtestes Werk die Sängerkanzel aus Mar­ mor mit Darstellung singender, spielender und tanzender Knaben in Relief, die für den Dom von Florenz zwischen 1431 und 1437 entstanden war und sich heute im Dommu­ seum befindet.). Lucca della Robbia war 193

ROENTGEN

einer der ersten Meister der Frührenaissance in Florenz, neben Ghiberti und Donatello. Er hat auch Plastiken in Fayence gemacht, wodurch er auf das Kunsthandwerk fort­ wirkte. Andrea della Robbia war der Schüler Luc­ cas und sein Neffe (1435—1525). Er wid­ mete sich vor allem der farbigen Plastik (Farbglasur auf Ton), die Lucca schon ge­ pflegt hatte (bedeutendstes Werk sind die Rundreliefs mit Kinderdarstellungen am Fin­ delkinderhaus von Brunelleschi in Florenz 1463—66). In dieser Kunst arbeiteten auch seine Söhne Giovanni (1469 bis nach 1529) und Girolamo (1488—1566). Girolamo della Robbia lebte von 1529 an in Frankreich und war an der Ausgestaltung des sog. Chateau de fayence beteiligt, des Schlöß­ chens „Madrid“, das Franz I. sich im Bois de Boulogne bei Paris hat erbauen lassen und das mit bemalten Terrakottaplatten ge­ schmückt war.

ROCAILLE (fr. roc = Fels), asymmetrisches, muschelförmiges, von bizarren felsenartigen Gebilden begleitetes Ornament, das wichtigste Dekorationsmotiv des Rokoko. ROCKELOR, nach dem letzten französischen Herzog de Roquelaure (1656—1738) be­ nannter weiter, langer Reisemantel mit lan­ gen Ärmeln, der mit zwei Knopfreihen ver­ sehen war und bis oben durchgeknöpft wurde. Über den Schultern lag ein loser Kragen. Der Rockelor war als das Klei­ dungsstück des Herzogs zu Beginn des 18. Jhs. in Mode.

ROENTGEN, Abraham (1711—1793),Kunst­ schreiner, Vater von ■> David Roentgen. Seine Lehrjahre verbrachte er von 1731 bis 1738 in Rotterdam, Den Haag, Amsterdam und London, wo er den Grafen Zinzendorf kennenlernte. 1738 trat er der Herrenhuter Brüdergemeinde bei und ließ sich in Ma194

rienborn nieder. 1740 richtete er sich in Herrnhag bei Büdingen eine Werkstatt ein. Durch die Verbindung der Herrnhuter zu den Adelsgeschlechtern der Wetterau (Solms, Ysenburg) kamen ihm zahlreiche Aufträge zu. 1750 verlegte Roentgen seine Werkstatt nach Neuwied und vergrößerte sie beträcht­ lich. Nun arbeitete er Prunkmöbel für den Kurfürsten von Trier, Johann Philipp von Waidendorf. Von 1761 an war auch sein Sohn David in der Werkstatt tätig, die auch Möbel für ausländische Besteller fertigte. 1772 übernahm David die Werkstatt ganz, in der Abraham Roentgen aber noch bis 1785 ar­ beitete. Dann zog er sich nach Herrnhut (Sachsen) zurück. Die Möbel Abraham Roentgens sind meist gedrungen und schwer, doch kraftvoll im Aufbau. Holländische und englische Einflüsse haben seinen Stil stark bestimmt (z. B. -> Cabriole legs, claw and ball). Die frühen Arbeiten sind meist mit Obstbaumholz (Kir­ sche) furniert, auch mit sparsamen Schnitzerei­ en und Beschlägen versehen oder mit einer sehr feinen Bandeinlage aus Messing, die mit Tierchen und Muscheln, oft aus gravier­ tem Perlmutter, besetzt ist. Erst nach 1750 arbeitet er mit feinen Marketerien in geo­ metrischen Mustern, Blumen und Bildern, wozu er auch Elfenbein und Perlmutter benutzte. Die Bronzebeschläge sind ebenfalls reicher. Die schwere, gedrungene Form der Möbel ist aber auch in der Spätzeit geblie­ ben, trotz der feiner gearbeiteten Verzierung. ROENTGEN, David (1743—1807), der be­ rühmteste deutsche Kunstschreiner des 18. Jhs., Sohn von ■> Abraham Roentgen. Er war seit 1761 in der Werkstatt seines Va­ ters tätig, deren Leitung ihm 1772 über­ tragen wurde. Er übte früh großen Einfluß auf die Arbeiten seines Vaters aus. Im Jahre 1774 unternahm er seine erste Reise nach Paris, 1779 wurde er dort bei Hofe vor­ gestellt und konnte kostbare Möbel aus seiner

ROKOKO

erhielt. Unter französischem Einfluß schuf Roentgen wahrscheinlich zuerst 1778/79 Mö­ bel im Louis-XVI-Stil, denen er durch Kan­ nelierungen und hervorgehobene Profile eine eigene Note gab. Diese „Neuwieder Manier" wurde später viel in Deutschland nachgeahmt. Am bekanntesten waren Roentgens Schreib­ tische mit hohen, mit kompliziertem Mecha­ nismus versehenen Aufsätzen (Mitarbeit des Uhrmachers Peter Kinzing), die an Pracht und Vollkommenheit in der Ausführung an­ dere deutsche Möbel dieser Zeit weit über­ ragen.

Werkstatt verkaufen, 1780 erreichte er seine Einschreibung als maître-ébéniste bei der Pariser Zunft. Auch eine Werkstatt hat er in Paris eingerichtet. Weitere Reisen führ­ ten ihn nach Brüssel, Berlin und Peters­ burg. Auch in Berlin und wahrscheinlich auch in Petersburg hatte er eine Werkstatt. Fried­ rich Wilhelm II. ernannte ihn 1791 zum Ge­ heimen Kommerzienrat und diplomatischen Agenten am Niederrhein. Bei Fürsten und Künstlern stand Roentgen in gleich hohem Ansehen, wie aus zahlreichen literarischen Zeugnissen überliefert ist. Durch die franzö­ sische Besatzung 1795 mußte er seine Werk­ statt in Neuwied schließen, das Inventar wurde an verstreute Orte geschafft, aber nicht wieder zu einer Werkstatt aufgestellt. Die ersten Arbeiten David Roentgens (1770 bis 1775) sind im Aufbau leichter und ele­ ganter als die seines Vaters. Der Intarsien­ schmude, Blüten, Federn, Schreibgeräte, Briefe, die meist an Bändern aufgehängt erscheinen, sind sorgfältig in konturierte Felder gebettet, Rahmen und Aufbau erhal­ ten dadurch eine klare Gliederung. Seit etwa 1770 wird die kostbare Bildintarsie eine Spezialität der Roentgenwerkstatt, die durch die Entwürfe des Malers Januarius Zick eine außerordentliche Frische und Natürlichkeit

ROKOKO (von fr. rocaille = Grotten- oder Muschelwerk), der nach der Bezeichnung für ein immer wiederkehrendes beliebtes Orna­ ment, der -> Rocaille, benannte Stil der europäischen Kunst von etwa 1730 bis 1780, der, aus dekorativen Elementen hervorge­ gangen, am Ende des ■> Barock steht. Vor allem im Kunsthandwerk hat das Rokoko mit seinen leichten, schwingenden, zierlichen Formen gegenüber dem schweren, üppigen Barock etwas Neues hervorgebracht, so be-

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ROMANTIK

sonders in Porzellanplastik, Innendekoration und Möbelkunst.

ROLLBUREAU -> Zylinderbureau. ROLL WERK, aus gerollten und ineinander­ gezogenen Bändern, Voluten mit Figuren u. ä. gebildetes, plastisch und räumlich wirken­ des Ornament, das sich in der Hochrenais­ sance und im Manierismus (2. Hälfte 16. und Anfang 17. Jh.) aus dem flachen -> Be­ schlagwerk als wichtigstes Dekorationsmittel für Rahmenfüllungen entwickelte. Es nahm seinen Ausgang im Kunsthandwerk der Nie­ derlande.

ROMANIK, als „romanisch“ bezeichnete man seit etwa 1825 die Baukunst der Zeit von etwa dem Jahr 1000 bis zur ersten Hälfte des 13. Jhs., und zwar vor allem die Baukunst in Frankreich und in Deutsch­ land, obwohl in Frankreich die -> Gotik früher als bei uns angebrochen ist. Ein französischer Kunstgelehrter, de Gerville, hatte diesen Begriff „romanisch“ geprägt, weil die Baumeister in diesem Zeitabschnitt bestimmte Motive der Baukunst des alten Roms (z. B. Rundbogen und Säule) ver­ wendeten; in Anlehnung an den schon vor­ handenen Begriff „romanische Sprachen“ wurde nun von „romanischer Kunst“ ge­ sprochen. Die vor dem Jahr 1000 ent­ standenen Bauwerke werden oft mit „vor­ romanisch“ charakterisiert, in Deutschland pflegt man auch von karolingischer und ottonischer Kunst zu sprechen. Die vorro­ manische Kunst hat zweifellos schon roma­ nische Züge, ist aber mit ihren antiken, orientalischen und nordischen Elementen noch nicht zu der Synthese eines einheit­ lichen Baugedankens gekommen, wie sie die eigentlich romanische Kunst vollzogen hat. Die Festigung des romanischen Stils hängt zweifellos mit der Erstarkung der Kirche aufs engste zusammen, fast alle Bauten im

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romanischen Stil sind kirchliche Bauten. Die Grundform der christlichen Kirchen von frühchristlicher Zeit bis zum Spätmittel­ alter, also Romanik und Gotik umfassend, ist die Basilika. Sie war eine antike Bau­ form, die die Christen übernommen haben, hervorgegangen aus der griechischen Kö­ nigshalle. Aus der Umgestaltung der Basi­ lika im Verlauf des MAs läßt sich die Ent­ wicklung der christlichen Baukunst ablesen, wobei die andersartige Raumauffassung der romanischen Kunst im Vergleich zur Gotik von großer Bedeutung ist. Jedes einzelne Element des in schweren Mauern erstellten Baus — Mittelschiff, Seitenschiff, Chorka­ pellen usw. — ist als einzelner Raum aufge­ faßt. Die Wände zwischen Mittelschiff und Seitenschiffen sind als tatsächliche Trenn­ wände zu verstehen, ihre Gliederung in eine Arkaden-, Emporen- und Fensterzone als Gliederung der Wand, als Aufteilung der Fläche. Hauptelement der romanischen Baukunst ist die Fläche, deren kunstvolle Ausgestaltung aufgegeben war. Von hier aus ist der reiche plastische Schmuck zu ver­ stehen, sowie die Tatsache, daß die Wände romanischer Kirchen bemalt waren. Der Schmuck war ein Bestandteil des Ganzen. Arbeiten des Kunsthandwerks aus roma­ nischer Zeit sind uns in prachtvollen Bei­ spielen erhalten (-> z. B. Aquamanile, Bernwardskunst). Sie stehen in Form, Darstel­ lung und Verzierung in enger Beziehung zur Plastik und Malerei, die eine eigene Formensprache von kraftvoller Strenge ge­ funden haben.

ROMANTIK, Bezeichnung für die Geistes­ haltung des beginnenden 19. Jhs., die sich in der Kunst vor allem auf die Malerei aus­ gewirkt hat. Andere Kunstbereiche, so auch das Kunsthandwerk, waren von der Liebe der Romantik zur Kunst des MAs (Neugotik) geprägt und von der neuen Hinwendung zu Natur und der Welt von Sagen und

ROSSHARNISCH

Märdien und zum Volkstum. Daneben leb­ ten die Vorstellungen des -> Klassizismus weiter. RÖMER, ein Trinkgefäß, dessen Name sich wahrscheinlich aus dem Niederländischen „roemen“ = preisen herleitet. Es ist ein Prunkgefäß aus grünem oder bräunlichem Glas mit fast kugeligem Kelch und zylin­ drischem, mit Buckeln und Warzen besetztem Schaft. Manchmal besteht der Schaft auch aus einem Knauf mit einem sich zu einer Platte erweiternden, mit Spiralen oder dicht nebeneinandergesetzten Ringen verzierten Fuß. Der Römer hat sich zu Beginn des 16. Jhs. aus dem sog. Warzenbecher, einem mit warzenartigen Erhöhungen verzierten Trink­ gefäß des 15. Jhs., entwickelt und wurde seit­ dem vor allem in den Niederlanden und in der Kölner Gegend in vielerlei Abwandlun­ gen hergestellt. Daher ist auch der Rhein­ wein das diesem Gefäß angemessene Ge­ tränk.

RÖRSTRAND, Ort in der Nähe von Stock­ holm, Schweden, in dem seit 1727 Fayence und Porzellan hergestellt wurde. Von 1729 bis 1733 hat auch Chr. C. -> Hunger dort gearbeitet. Auffallend ist die Bemalung mit sehr hellen Farben. Die Manufaktur be­ steht noch heute und stellt schönes Ge­ brauchsgeschirr her

ROSENHOLZ, auch Königsholz oder Pali­ sander genannt. Es ist grobkörnig von unter­ schiedlicher Härte, schwarzbraun gestreift, schwarz oder von einem dunklen Purpur­ braun. Diese Arten kommen vor allem aus Brasilien und von den Westindischen Inseln, eine weit hellere Art aus Indien. Es wird für feine Tischlerarbeiten verwendet. ROSENKRANZ. Im Mittelalter wurden Gebete häufig mit Blumen, Rosen, verglichen.

Das Rosarium ist eigentlich ein Kranz von Rosen: eine Schnur mit Perlen, an denen die Gebete abgezählt werden, die in bestimmter Zahl vorgeschrieben sind. Dieser Brauch kam aus dem Orient, er wurde von den Kreuz­ fahrern übernommen. Der Rosenkranz ist oft kostbar gestaltet und auch mit kleinen plastischen Bildwerken versehen.

ROSENOBEL, englische Goldmünze, die von der Mitte des 14. Jhs. bis 1649 geprägt wurde und auf beiden Seiten eine Rose zeigte.

ROSENPIASTER, eine toskanische Gold­ münze des 18. Jhs., die auf dem Revers drei Rosen zeigt.

ROSENTHAL-PORZELLAN wird seit 1891 in Selb, Kronach, München hergestellt. Phi­ lipp Rosenthal hat die Manufaktur in Selb 1867 gegründet; sie wurde später Aktienge­ sellschaft. Die Herstellung umfaßt sowohl einfaches Gebrauchsgeschirr als auch Luxus­ gefäße und Figuren.

ROSETTE (fr. = Röschen), ein altes Orna­ ment in Gestalt einer von oben gesehenen Blüte, die, kreisrund stilisiert, in blattförmigen Strahlen sich entfaltet. Besonders frei ist die Gestaltung der Rosetten als Teppichmuster. ROSSHARNISCH, ein dem Pferdekör­ per angepaßt gear­ beiteter Plattenhar­ nisch, der dem mit­ telalterlichen -> Har­ nisch für den Krieger entsprach und das Pferd vor Verlet­ zungen schützen soll­ te. Der R. war häu­ fig mit dem Wap­ pen des Reiters ge­ schmückt.

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RUBIN

Schwerer Roßharnisch I. Roßstirne, a) Augenlöcher, b) Ohrenbecher — II. Kanz — III. Fürbug — IV. Flankenblech V. Gelieger — VI. Sattel

ROSS-STIRN, ganzer oder halber, zum -> Roßharnisch gehöriger Eisenschutz für die Stirn des Pferdes.

ROTFIGURIG -> Vasen. ROTGOLD, eine Legierung von Gold und Kupfer zu gleichen Teilen. ROUSSEL, Pierre I (1723—1782), einer der bekanntesten Ebenisten des 18. Jhs. Im Jahre 1745 wurde er Meister. Er erweiterte seine anfangs sehr kleine Werkstatt zu einem großen Unternehmen, das von 1775 bis 1780 zahlreiche Aufträge vom Prinzen von Condé für das Palais Bourbon und das Schloß Chantilly erhielt. Nach Roussels Tod führte seine Frau das Geschäft mit seinen beiden Söhnen Pierre Michel und Pierre II weiter,

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sie benutzten den alten Stempel. Die Ar­ beiten von Pierre I sind besonders für den Übergang vom Louis XV zum Louis XVI kennzeichnend. Sie umfassen viele Möbel­ typen, die durch ihre hohe handwerkliche Qualität und durch reiche Ausschmückung auffallen. Trophäen, Landschafts- und Rui­ nenmotive und geometrische Flächenmuster sind beliebte Verzierungen.

P-ROUSSEL ROYAL BOKHARA, HaniMsbezeiAnung für Turkmenenteppiche.

RUBIN, roter -> Korund, der von alters her wegen seiner funkelnden Schönheit zu den kostbarsten Edelsteinen gehörte.

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s: Möhelentwürfe von Johann Rumpp

RÜSTUNG

RUBINSPINELL, dunkelroter -> Spinell. RÜCKLAKEN werden niedrig hängende, schmale Wandteppiche des MAs genannt, die in Rückenhöhe der Sitzenden gespannt wa­ ren und die Mauerkälte abhalten sollten.

RUMPP, Johann (1702—1755), Kunstschrei­ ner und Zeichner in Augsburg, 1739 Meister. Von ihm stammen zahlreiche Möbelentwürfe, die für das bürgerliche Mobiliar des frühen Rokoko in Süddeutschland charakteristisch sind.

RUSSISCHE KERAMIK. Fayence- und Por­ zellanherstellung wurde im 18. Jh. in Ruß­ land vom Hof sehr gefördert. Ausländische Arbeiter wurden herangeholt und Manufak­ turen in Petersburg — in Polen in War­ schau — und an anderen Orten gegründet. Vor allem Petersburg hat gute Fayence- und Porzellangefäße im Stil der bekannten euro­ päischen Manufakturen hergestellt. Im 19. Jh. war sog. altrussisches Geschirr beliebt, benannt nach altrussischen Ornamentmotiven, die als Dekor angebracht waren.

RUNDIEREN, ein Ausdruck der Edelstein­ schleifer: einen Edelstein abrunden, bevor er mit Facetten versehen wird (daher „Rundiste“, -> Brillant).

RUSSISCHES MOSAIK, Bezeichnung für ein Malachit- oder Lapislazulimosaik als Furnierung von Möbeln, Gefäßen, Geräten.

RUNENMÜNZEN, frühmittelalterliche Mün­ zen mit Runenzeichen (schwedisch, dänisch, angelsächsisch).

RÜSTHAKEN, starres oder aufklappbares, auf der Brust des mittelalterlichen -> Har­ nischs aufgeschraubtes Lager für die Lanze.

RÜSSELBECHER, fränkische Rüsselbecher aus dem 7. bis 9. Jh. sind die seltenen Bei­ spiele von Glasgefäßen des frühen Mittelalters, das die römische Glas­ kunst nicht übernom­ men hatte.

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RÜSTKAMMER, ursprünglich die Waffen­ kammer auf Burgen oder Schlössern, dann Bezeichnung für eine Sammlung alter Waf­ fen und Kriegsgeräte.

RÜSTUNG, zusammenfassende Bezeichnung für die Waffen und die Schutzkleidung des Kriegers.

schaft mancher Salamanderarten, die Farbe zu wechseln.

SÄBEL, ein Schwert mit gekrümmter, ur­ sprünglich sichelför­ miger Klinge, das aus dem Altertum be­ kannt ist und im MA im Norden von asia­ tischen Kriegern vor allem als Reiterwaf­ fe übernommen wur­ de, meist in einer verzierten Scheide. SAGUM (lat.), der kurze, an der Schul­ ter befestigte Woll­ mantel der römischen Soldaten, in späterer Zeit länger getragen.

SAINT-CLOUD, Porzellanmanufaktur in Saint-Cloud in der Nähe von Paris, die angeblich seit 1693 Weichporzellan herstellte. Die Manufaktur hat bis 1766 bestanden, sie war stets im Besitz der Familie ChicaneauTrou. Das frühe Porzellan ist gelblich und schwer, orientalische und Meißner Porzellane waren Vorbilder für Formgebung und Dekor. Später wurden vor allem figürlich geformte Dosen und Krüge und Geschirre in Blau hergestellt. SALADE -> Sturmhaube, Helm. SALAMANDER, im MA ein kostbarer, in Gold leuchtender Stoff von glühenden Far­ ben. Seinen Namen bezog er von der Eigen­

SAMBIN, Hughes (um 1515/20—1601/02), Architekt und Bildhauer in Dijon, 1549 Meister bei der Zunft der menuisiers. Er gewann großen Einfluß auf das südfranzö­ sische Möbel der Spätrenaissance, besonders auf die Zentren Dijon und Lyon. Seine Ab­ handlung „Oeuvre de la diversité des termes“ von 1572 gibt Anleitungen für das figurale Schnitzwerk an Möbeln, für deren Verzie­ rung er reichen Figurenschmuck, Hermen, Karyatiden, Menschen mit Tierfiguren und anderes vorschlägt.

SAMMLERMARKE. Als S. bezeichnet man die geschriebenen, gestempelten oder gedruck­ ten Marken, die auf graphischen Blättern das Stück als einem bestimmten Sammler oder zu einer Sammlung gehörend bezeichnen. Sn. kamen mit dem beginnenden 17. Jh. in Gebrauch. Mit ihrer Hilfe kann die Herkunft eines Blattes bestimmt werden.

SANDELHOLZ (arab. sandal, gr. santalon, lat. santalum), Holz des in Südostasien hei­ mischen Baumes. Es ist hart, bräunlich bis rot und wird in Indien zu Schnitzarbeiten verwendet. SANDUHR, Stundenglas, gewöhnlich zwei kegelförmige Glasgefäße mit einer engen Öffnung an den gegeneinander gestellten Spitzen, durch die feiner Sand in einer be­ stimmten Zeit abläuft. Die S. diente frü­ her dem Priester als Zeitmesser und gilt als Symbol der stetig rinnenden Zeit und des Todes. Oft wurden vier Sanduhren in einem Gestell vereinigt, die durch ihr Ablaufen eine bis vier Viertelstunden anzeigten.

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SATSUMA

SÄNFTE, ursprünglich asiatischer Tragstuhl, von Menschen oder Tieren getragen, der im Altertum in Griechenland und in Rom be­ kannt war, von den Arabern nach Spanien gebracht wurde und seit den Kreuzzügen in allen Ländern Europas zu besonderen An­ lässen verwendet wurde. Die S. war mehr oder weniger geräumig, auch zum Liegen ein­ gerichtet, offen oder mit Dachgestell (Balda­ chin) oder Vorhängen. Sie wurde auf Stan­ gen getragen. Aus der S. ist gegen Ende des 18. Jhs. die kleinere Portechaise entstanden, ein Tragkasten mit Fenstern, in dem ein Ses­ sel oder eine Bank waren, oft reich verziert und bis zum 18. Jh. als an Stangen trag­ bare Kutsche zur Fortbewegung in den großen Städten üblich.

SANG, Johann Heinrich Balthasar (geb. 1723), Glasschneider, gebürtig aus Weimar. Im Jahr 1747 wurde er Hofglasschneider beim Herzog Carl von Braunschweig. Er ar­ beitete zusammen mit dem Kunstschreiner Thomas Körblein in der Braunschweiger Hofspiegetfabrik, die später teilweise in den Be­ sitz Körbleins überging. Ein Spiegelschrank von 1751/52 im Herzog-Anton-Ulrich-Museum zu Braunschweig und eine Spiegelstand­ uhr von 1754/55 im Landesgewerbemuseum zu Stuttgart sind von ihm erhalten. SAPHIR, blauer -> Korund. Männlicher Sa­ phir heißt der dunkelblaue, sehr geschätzte Stein, weiblicher Saphir ist hell; ganz helle werden Wassersaphire, schwärzliche oder grünlichblaue Luchs- oder Katzensaphire ge­ nannt. Bei den Alten hieß auch der Lasur­ stein Saphir. SARUK, einer der ältesten und besten -> persischen Teppiche. Meist sind Kette und Schuß aus Baumwolle, der Flor aus Wolle. Die Grundfarbe ist Rot oder Blau, manch­ mal auch Beige. Im Innenfeld ist meist ein großes Mittelmedaillon mit -> Heratimuster,

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das auch auf der übrigen Teppichfläche vor­ herrscht, auch auf der Bordüre. Der alte Saruk ist besonders gut gearbeitet, sehr dicht geknüpft, der Wollflor ist glänzend und kurz geschoren, so daß das Muster prächtig zur Geltung kommt.

SARWÜRCHER, alte Bezeichnung für die Hersteller von Panzergeflechten für die Rü­ stung. SASSANIDEN, persische Dynastie (226 bis 641), unter deren Herrschaft Kunst und Kunsthandwerk eine hohe Blüte erlebten. Unter den kunstgewerblichen Arbeiten sind vor allem Schalen aus getriebenem Silber, reich ornamentierte Bronze- und Silberkan­ nen sowie schön geschnittene Gemmen be­ deutend. Berühmt war der „Frühling des Khosroes", ein großer Gartenteppich, der unter Khosroes I. (531—579) entstand und bei der Eroberung Ktesiphons, der Residenz der Sassaniden, den Arabern in die Hände fiel. Durch farbige Steine waren die üppigen Blumenornamente der Bordüre dargestellt; der Goldgrund des Fonds deutete die Erde an, kristallhelle Steine gaben das Gewässer wieder, perlengroße Steinchen die Kiespfade. Stengel und Äste bestanden aus Gold und Silber, Blätter und Pflanzen aus Seide, die Früchte aus bunten Steinen. SATINHOLZ hat seinen Namen von dem seidigen Glanz seiner Oberfläche. Es ist ziem­ lich hart, feinkörnig, gelb oder hellbraun und findet sich in Mittel- und Südindien, an der Krormandelküste und auf Ceylon. Eine we­ niger kostbare Art wächst auf den Westin­ dischen Inseln.

SATSUMA, früherer Name der japanischen Provinz Kagoshima, in der seit dem 16. Jahr­ hundert dort angesiedelte koreanische Töpfer Steinzeug herstellten. Es war sehr fein, weiß, mit elfenbeinfarbener Glasur und später mit

SAVONNERIE-TEPPICHE

Muffelfarben bemalt. Die seit der 2. Hälfte des 19. Jhs. in Tokio und Yokohama für den Export nach Europa in Mengen fabrizierte S.-Fayence ist damit nicht verwandt. SATTEL, der Sitz des Reiters auf dem Rükken des Pferdes. Die frühesten Sättel sind aus dem 4. Jh. n. Chr. bekannt, vorher be­ legte man den Pferderücken mit Fellen, Tüchern u. dgl. Prachtvoll gestaltet waren die Turniersättel des Spätmittelalters, sie wa­ ren mit Stickereien, Lederarbeiten und Be­ malung geschmückt.

SATZTELLER heißen feingearbeitete Silber­ teller des 18. Jhs., die als Untersätze für Porzellanteller benutzt wurden. SÄULEN, Säulenordnung. Im antiken Tem­ pel haben Reihung der Säulen und ihre Be­ ziehung zu den anderen Baugliedern eine bestimmte Ordnung. Dafür sind drei Säu­ lenarten charakteristisch: 1. die dorische Säule, für die die ältesten Beispiele aus der Zeit um 625 v. Chr. erhalten sind; die Säule hat einen kannelierten Schaft, keine Basis und ein einfaches quadratisches, abgeschräg­ tes Kapitell. 2. Die ionische Säule ist eben­ falls am Schaft kanneliert, aber mit Stegen dazwischen. Ihr Hauptmerkmal sind die weit ausladenden Voluten am Kapitell (älteste Beispiele aus der Zeit um 570).

3. die korinthische Säule (seit etwa 400 v. Chr.) ist vor allem durch das mit Reihen von Akanthusblättern und -geschlingen ver­ zierte Kapitell ausgezeichnet. Eine aus ioni­ scher und korinthischer Säule entstandene Mischform eines Kapitells mit Akanthus­ blättern und Voluten heißt Kompositkapitell. Es war vor allem an römischen Bauten üblich. Diese Säulenformen haben die des MAs nachhaltig geprägt.

SÄULENTEPPICH. Bei vielen anatolischen -> Gebetsteppichen des 17. und 18. Jhs. wurde die Nische durch Säulen oder Säulen­ paare unterteilt. Am längsten hat sich dieser Dekor bei den -> Ladiks erhalten, die als Säulenteppiche im Handel die Bezeichnung Kolonnen-Ladik haben. Im Gegensatz dazu ist der ■> chinesische S. kein Bodenteppich, sondern wird um eine Säule gelegt. SAUNIER, Claude-Charles (1735—1807), bekannter Pariser Ebenist, der 1752 Meister wurde, sich aber erst 1765 bei der Zunft eintragen ließ, um dann das Geschäft seines Vaters zu übernehmen. Er arbeitete Zylin­ derbureaus und Konsoltische im -> LouisXVI-Stil. Seine Möbel sind gut gearbeitet und zeigen elegante Formen und feine Ver­ zierungen, die er vor allem durch die Wir­ kung des Gegensatzes von hellen und dunk­ len Hölzern hervorzubringen wußte. SAVONNERIE-TEPPICHE. Unter König Heinrich IV. von Frankreich (1589—1610) wurde im Louvre zu Paris unter Pierre Dupont eine erste Teppichknüpfwerkstätte eingerichtet, die nach orientalischem Vorbild Teppiche mit eigenen, dem Barockstil entspre­ chenden Mustern herstellte. Duponts Schüler war Simon Lourdet. 1672 erforderte die günstige Entwicklung, einen Teil der Werk­ statt — unter Lourdet — in das „Hospice de la Savonnerie“ in Chaillot zu verlegen, einer ehemaligen Seifensiederei, die in ein

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SCHAPER

Kinderheim umgewandelt worden war. Lourdet gewann dadurch billige, dauerhafte Ar­ beitskräfte, das Heim eine materielle Hilfe. Der Name des Hospizes wurde zum Mar­ kennamen. Ludwig XIII. förderte sie durch das Einfuhrverbot von Orient- und anderen Teppichen. 1672 wurde auch die LouvreWerkstatt in die Savonnerie verlegt, die von nun an Duponts Sohn und Lourdets Witwe leiteten. Ludwig XIV. bestellte neunzig große Teppiche für die Grand Galerie im Louvre, die 1689 geliefert wurden. Bis 1750 blieb die Savonnerie ausschließlich königliche Manu­ faktur. Sie überlebte die Zeiten der Revolu­ tion, Napoleons und seines Sturzes und über­ siedelte 1825 in die Manufacture Nationale des Gobelins. Savonnerie-Teppiche sind meist sehr groß, sie sind mit türkischen Knoten, aber etwas grob geknüpft. Das Grundgewebe besteht oft aus Flachs. In den frühen Teppichen herrscht ein Muster dichter, bunter Blumen vor. Seit Ludwig XIV. sind ihre Muster meist der Wand- und Deckendekoration des Raumes, für den sie gearbeitet wurden, angepaßt: Kartuschen, Girlanden, Akanthusblätter sind häufige Motive. Im 18. Jh. herrschen zarte Rokokomotive als Muster vor. In napoleoni­ scher Zeit erscheint auch ein N in einem Medaillon. Seit dem 18. Jh. wurden Savonnerieteppiche nachgeahmt, u. a. in Felletin und in einer 1748 von Peter Parisot eigens dafür einge­ richteten Werkstatt in Fulham bei London, auch in Italien. Diese Nachahmungen erreich­ ten jedoch nicht die Qualität der echten Savonnerieteppiche. SCAGLIUOLA (ital.), Bezeichnung für Nach­ ahmungen von Marmormosaik mit gemalten Gipsplatten, zu Anfang des 17. Jhs. zum er­ sten Mal von Guido del Conte in Capri ver­ sucht, eine der Stuckarbeit ähnliche Technik.

SCHABKUNST, Schabmanier ■> Kupfer­ stich. «4

SCHALE, ein weites, flaches und offenes Gefäß, mit oder ohne Fuß, das zu allen Zei­ ten künstlerisch gestaltet worden ist. Hol­ ländische Schale aus dem 17. Jh.

SCHALL, Jörg Adam, Bamberger Bildhauer, der zusammen mit seinem Bruder Valentin eine Werkstatt führte, in der auch Möbel her­ gestellt wurden. Um 1769/70 arbeitete er mehrere geschnitzte Konsoltische für Schloß Pommersfelden, die mit naturalistischen Or­ namentformen, Beeren, Zweigen, Blättern, Baumstrünken, Tieren, verziert sind. SCHALLER, ■> Helm des 15. Jhs. mit Vi­ sier oder eingeschnittenem Sehschlitz.

SCHAPER, Johann, Glas- und Fayencema­ ler aus Harburg, der von 1640 bis 1670 in Nürnberg tätig war. Er erfand einen eigenen Dekor in Schwarz auf weißer Glasur, indem er die Farbe mit äußerst feinen Strichen auf­ trug. Krüge mit Landschaften, Szenen, vor allem Schlachten, die von vergoldeten Kar­ tuschen umrahmt sind, haben sich erhalten, sie werden auch Schaperkrüge genannt. Die Schapermanier ist von anderen oft nachge­ ahmt worden, auch auf dem sog. ■> Jesuiten­ porzellan kommt sie vor.

SCHEMEL

SCHAPERGLÄSER, zylindrische Gläser auf drei Kugelfüßen mit gewölbtem Deckel und Kugelknauf, die nach Johann -> Schaper be­ nannt sind, weil von ihm erstmalig die ■> Schwarzlotmalerei auf Hohlglas angewendet wurde. (Sammlung im Berliner Schloßmu­ seum.) SCHAPERKRÜGE, ■> Schaper, Johann.

SCHAPERUN, ein Übergewand des 12. und 13. Jhs., meist weit und ärmellos, zuweilen mit spitzer Kapuze.

SCHAPP, häufig gebrauchte norddeutsche Bezeichnung für den Barockschrank, vor allem für den ->- Hamburger, aber auch für den -> Braunschweiger Schrank.

SCHATTENFARBIG heißen in der Heraldik Figuren, die nur im Umriß angegeben sind. SCHAUBE, der weite, vorn offene, mit Pelz besetzte Überrock für Männer im 16. Jh., der nach dem Rang des Trägers bis zum Knie reichte oder fußlang war. Die Sch. hat sich bis heute erhalten in den verschiedenen Amtstrachten (Universitätsrektoren und -de­ kane, Talar der evangelischen Geistlichen).

SCHAUFELSTUHL, Bezeichnung für einen Biedermeierstuhl, dessen Lehne oben breiter wird und in Voluten ausläuft. SCHAUMÜNZEN sind eigentlich keine Münzen, sondern ■> Medaillen, die aus einem bestimmten Anlaß geprägt wurden und ein Bildnis oder eine Darstellung zeigen, die an ein Ereignis oder eine Person erinnern sollen. SCHEIBENHEMD, das mit Metallscheiben besetzte Panzerhemd des 11. Jhs.

SCHEIERN, Name für den -> Doppelbecher des 15. und 16. Jhs.

SCHELLE, Handglocke, eine Kugel aus Me­ tallblech mit Eisenkügelchen im Innern. Kleine Schellen dienten im MA als Schmuck an Kleidersäumen und Ärmeln und wurden dann zum Attribut der Schalksnarren. SCHELLENRAD, eisernes, drehbares und mit im Klang aufeinander abgestimmten Glöckchen besetztes Rad, das in den Kirchen im MA häufig anstelle der Meßschelle be­ nutzt wurde. SCHARFFEUERFARBEN, in der Ton-, Fayence- und Porzellanmalerei verwendete Farben, die hohe Temperaturen vertragen. Sie werden vor dem Glasurbrand (Scharffeuer) aufgetragen (-> Muffelfarben, Porzellan).

SCHEMEL, eines der ältesten europäischen Möbel. Zuerst war der Schemel ein nied­ riges Bänkchen, auf das man beim Sitzen die Füße stellte. Im Mittelalter stand er unter

WJ

SCHINKEL

der Bank oder vor dem Bett, um das Be­ steigen zu erleichtern. Als Sitzgelegenheit wurde er wohl anfangs von Niedrigergestellten benutzt, die nicht auf der Bank sitzen durften. Der Schemel hat sich in seiner ein­ fachen Form bis heute beinahe unverändert erhalten. Eine Abwandlung hat er im 17. und 18. Jh. als Hocker erfahren, sonst blieb er stets ein Zusatzmöbel. Eine Sonderform war auch der italienische -> Sgabello des 15. und 16. Jhs. SCHENKSCHIVE (Schenkscheibe), Bezeich­ nung für die Falltür am -> Lüneburger Schrank.

SCHERBEN heißt bei keramischen Erzeug­ nissen das fertig bearbeitete aber noch unver­ zierte Material, d. h. der gebrannte Ton, das Porzellan usw. SCHERENSTUHL, Scherensessel, eine Stuhl­ form des 15. bis 17. Jhs., die vor allem in Alpengegenden gebräuchlich war und sich aus dem -> Faltstuhl entwickelt hat.

SCHILD, die Schutzplatte des Kriegers gegen Hieb- und Stoßwaffen, die vom Altertum bis zur Einführung der Feuerwaffen in Ge­ brauch war. Zwei Grundformen des Schs. waren üblich: der große Setzschild, der auf den Boden aufgestützt wurde und den gan­ zen Körper des Kriegers bedeckte, und der kleine beweglichere Sch., der an einem Griff und mit Riemen um die Schulter getragen wurde. Der Setzschild war meistens vier­ eckig, zuweilen auch nach unten hin abge­ rundet, der kleine Schild konnte viereckig, rund, oval sein. Im 15. Jh. wird für die Lanze an der rechten Seite des Schildes ein Schlitz gemacht, die sog. Tartsche (der mit einem solchen Ausschnitt versehene Sch. heißt danach ebenfalls Tartsche). Das Material für Schilde war zu verschiedenen Zeiten verschie­ den, am wichtigsten waren Holz, Leder, Me­ 206

tall. Im MA überwiegt der Metallschild. Von jeher wurden Verzierungen, besondere Zei­ chen, Wappen u. dgl., auf Schilden ange­ bracht. Aus diesem Brauch hat sich im MA die Form der auch nach den Schilden benann­ ten Wappenschilde entwickelt, auf denen die Wappenbilder angebracht werden. SCHILDPATT, auch Schildkrot, die Schale der Schildkröte, vor allem der mit großen Rückenschuppen versehenen Carettschildkröte. Die gewonnene hornartige Substanz läßt sich erhitzen und formen, auch schmelzen und gießen. Das gelblich bis braun oder gar schwarz gefärbte Schildpatt wurde schon im Altertum zu Verzierungen verwendet. Seit dem 17. Jh. ist es wieder beliebt, vor allem zum Einlegen in Möbel. ■> Boulle hat Schild­ patt zusammen mit Bronze für seine Möbel benutzt. Auch für Dosen und kleine Ge­ fäße nach japanischem Vorbild mit Goldlack oder mit Metalleinlagen wurde Schildpatt seither verwendet. SCHINDLER, Philipp Ernst (1723—1793), Porzellanmaler, der in der Manufaktur in Wien tätig war und wegen seiner Figuren­ malereien berühmt wurde. Er hat Schäfer­ szenen, Jagddarstellungen, Bauerngruppen, Reiterkämpfe und Watteauszenen auf Por­ zellangefäße gemalt. SCHINKEL, Karl Friedrich (1781—1841), Berlin, der bedeutendste Architekt der Ro­ mantik, Schüler von Gilly. Nach seiner Italienreise (1803—05) widmete er sich zu­ nächst mehr der Malerei, 1810 kam er an die Oberbaudeputation in Berlin. Nach 1816 entstanden seine großen Bauten: Neue Wache (1817/18), Schauspielhaus (1818/21), Museum (1824/30), daneben zahlreiche Kirchen, Ver­ waltungs- und Wohnbauten, von denen das Stadtbild Berlins mitbestimmt wurde. Für die Innendekoration und Möbelkunst sind vor allem die Bauten, Umbauten und Aus-

SCHLEUNIG

gestaltungen der Schlösser für die könig­ liche Familie von Bedeutung. Wahrschein­ lich hat Schinkel auf die Gestaltung der schlichten, streng stilisierten Möbel, die der Architektur angepaßt sind, mit eigenen Ent­ würfen Einfluß genommen. SCHIRAS-TEPPICHE,Nomadenteppiche aus Südpersien, aus Ziegenhaar und Wolle ge­ knüpft. Sie sind nicht über 3,50 m lang, Brücken kommen bis zu 2,50 m Länge vor. Der Schiras ist nicht sehr dicht geknüpft und daher weich. Die Grundfarbe ist meist blau, ganz selten rot oder beige. Die Musterung besteht aus vielen aneinander­ gereihten stilisierten Blumen und Tieren (Hähne und Kamele) in hakenbesetzten Rhomben. Die mehrstreifige Bordüre ist mit geometrischen Mustern besetzt.

SCHLECHT, Benedikt, Würzburger Hof­ schreiner, nachweisbar zwischen 1720 und 1774. Er fertigte außer der Bauschreinerei zahlreiche Möbel für die Würzburger Re­ sidenz; so wird er 1751 und 1764 für Dutzende einfacher Sessel und 1766 für einen „Kasten mit Postament“ bezahlt.

SCHLEIER, lockeres, leicht durchsichtiges Leinen- oder Baumwollgewebe, schon bei den alten Völkern als Schmuck oder zur Verhüllung des Gesichts von den Frauen getragen. In manchen arabischen Ländern legen ihn die Frauen außerhalb des Hauses noch heute in Form zweier Binden um die Stirn und die untere Gesichtshälfte, so daß nur die Augen freibleiben. Im Abendland dient der Sch. als Brautschmuck und gehört zur Tracht der Nonnen.

SCHIRWAN-TEPPICHE werden im öst­ lichen Kaukasus geknüpft. Sie sind ganz aus

SCHLEIFKANNE, ein hohes Schankgefäß aus -> Zinn, das bei den Festgelagen der Zünfte verwendet wurde.

Wolle gearbeitet und sehr dicht geknüpft, der Flor ist kurz. Als Muster auf blauer, roter oder beige Grundfarbe zeigen sie meist auf die Spitze gestellte Quadrate, die mit kleinen geometrischen Figuren gefüllt sind. Die Bordüre ist ziemlich breit, sie besteht aus einem Haupt- und zwei bis manchmal sechs Nebenstreifen.

SCHLEUNIG, Johann Georg (geb. um 1715), Bildhauer, Dekorateur und Form­ gießer, der von 1728 bis 1762 für den Hof in Bayreuth arbeitete und wahrscheinlich auch geschnitzte Möbel geschaffen hat. Ver­ mutlich hat er mit den Gebrüdern -> Spindler zusammengearbeitet, da er wie diese 1762 nach Berlin übersiedelte. 207

SCHNELL

SCHLOTT, Franz Anton (um 1696/97 bis 1736), Hofbildhauer in Bamberg. Außer verschiedenen Altären für fränkische Kir­ chen fertigte er um 1734 einige der braun­ gefaßten und teilvergoldeten Konsoltische im Südflügel der Würzburger Residenz. SCHMACHTEND heißt in der Heraldik ein Adler oder Delphin ohne Augen und Zunge. SCHMELZMALEREI -> Email.

SCHMIDT, Johann Michael, Schnitzer und Dekorateur des 18. Jhs. in München. Er arbeitete unter -> Cuvilliés an der Ein­ richtung der Kurfürstenzimmer der Resi­ denz (1760/63).

SCHNABELSCHUHE waren im MA mehr­ mals Mode. Im 11. und 12. Jh. wurden sie mit kurzen Schnäbeln getragen. Im 15. Jh., vor allem am burgundischen Hof, waren die Schnäbel häufig so lang, daß sie einen Bügel erforderten oder mit der Spitze am Bein befestigt werden mußten. SCHNAPPHAHNSCHLOSS, Bezeichnung für das Schloß an alten Handfeuerwaffen, bei dem die Zündung durch Aufschlagen des vom Hahn gehaltenen Steines auf einen Schlagstahl erfolgt. SCHNEEBALLENBELEGE heißen die zu­ erst von -> Kändler in Meißen auf Por­ zellan angebrachten plastischen Verzierungen, die in ihrer Form an Schneeballenblumen er­ innern. SCHNEGG, Johann (1724—1784), Bildhauer, gebürtig aus Imsterberg, Tirol. Er kam um 1745 nach Bayreuth und heiratete hier die Tochter des Bildhauers J. G. ■> Ziegler, dessen Werkstätte er übernahm. Von 1749 an war er für die Einrichtung des Bay­ reuther Schlosses tätig. Von ihm stammen

208

einige Konsoltische, die sich durch die kräftigen Kurven und Schwingungen ihrer Stützen auszeichnen. Ein offenbar speziell von Schneggs Werkstatt verwendetes Zier­ motiv sind die kleinen Vogelschwingen, die auch nach 1761, als Georg Dorsch der Werk­ statt vorsteht, die Zargen der Konsoltische zieren. Schnegg ging 1761 nach Berlin und stand bis 1769 im Dienst Friedrichs d. Gr. Nach abenteuerlicher Flucht kehrte er nach Tirol zurück, wo er bei Imsterberg starb. Auch zahlreiche Skulpturen sind von ihm erhalten. SCHNELL, Martin (um 1675 bis um 1740), bedeutender Lackkünstler, der von 1703 bis 1710 in Berlin arbeitete, wahrscheinlich in Verbindung mit Gerard ■> Dagly. 1710 wurde er zum sächsischen Hoflackierer in Dresden ernannt und fertigte Lackmöbel

SCHREIBSCHRANK

für die königlichen Schlösser und die Pa­ läste des Adels (vor allem für das Japani­ sche Palais, für Schloß Pillnitz und für die Brühlschen Schlösser). Vorübergehend war er um 1712 auch für die Meißner Porzellan­ manufaktur als Lackierer tätig. Um 1731 ist er in Warschau nachweisbar, wo er um 1740 starb. Seine Möbel, besonders die Schreibschränke, sind von englischen Vor­ bildern beeinflußt. Für seine Lackarbeiten bevorzugte er ostasiatischen Dekor. SCHNELLE, deutsche Krugform, schlank und sich nur wenig nach oben verjüngend, manchmal fast zylindrisch, mit Reliefs ver­ ziert. Bekannt sind vor allem die im aus­ gehenden 16. Jh. in ■> Siegburg hergestell­ ten Schnellen aus weißgrauem Steinzeug. SCHNEPPER -> Armbrust.

SCHÖLL (Scholl), Georg Christoph (1720 bis 1805), Ansbach-Bayreuther Hofkabinett­ bildhauer und Vergolder, der u. a. 1776 die Vertäfelung des Audienzzimmers in der Ans­ bacher Residenz fertigte und von dem zwei frühklassizistische Tische für denselben Raum stammen.

SCHRANK, ein Möbel, das in der Antike in verschiedenen Formen bekannt war, im MA aber sich erst aus einfachen Borden zu geschlossenen Kästen entwickelt hat. Die -> Truhe war das gebräuchlichere Möbel. Der Schrank taucht zuerst wieder in den Kirchen zum Aufbewahren der langen, kostbaren kirchlichen Gewänder auf. Der erste ge­ formte Schrank im Norden ist offenbar der Giebelschrank, der sich bis ins 14. und 15. Jh. erhalten hat. Seit dem 15. Jh. wird der Schrank zu einem Möbel in den reichen Bürgerhäusern, besonders in den Nieder­ landen. Nun entwickelt sich auch seine Form, er wird zu einem Prunk- und Ziermöbel mit Schnitzereien und Bemalung, für den praktischen Bedarf enthält er Fächer, Schub­ laden. Es entstehen nun auch in Deutschland Schranktypen, die von lokalen und allge­ meinen Kunstbestrebungen bestimmt sind: -> Stollenschrank, Frankfurter, Nürnberger, Lüneburger, Hamburger, Danziger Schrank,

SCHOTTILIER, vermutlich von dem Wort Schatulle abgeleitete, im 16. Jh. übliche Be­ zeichnung für den Tischler, der kleine Kunst­ arbeiten herstellt. SCHOTTISCHE TEPPICHE sind Boden­ teppiche aus drei Geweben, die so gearbei­ tet sind, daß das Muster auf beiden Seiten gleich erscheint, aber in verschiedenen Farben.

SCHRAFFIEREN (von ital. sgraffiare = kratzen, ritzen), in einer Zeichnung Farben oder Schatten durch parallele Striche oder sich kreuzende Strichlagen angeben. Schraf­ fierung wird vor allem in der Heraldik verwendet, um die Farben eines Wappens zu kennzeichnen. 209

SCHUPPENPANZER

Augsburger Kabinett, Ulmer Fassaden­ schrank, Dressoir, Kabinett, Schreibschrank.

SCHREIBKASTEN ■> Kabinett. SCHREIBSCHRANK, Aufsatzschrank mit kommodenartigem Unterteil, im allgemeinen mit drei Schüben und meist zweitürigem, von einem Giebel bekröntem Aufsatz, dessen Inneres wie ein Kabinett mit Schließfächern und Schüben oder mit einfachen Regal­ brettern ausgestattet ist. Zwischen beide Teile schiebt sich ein von einem Pultdeckel verschlossener Sekretär mit kleinen Schub­ läden und Fächern. Der herabgeklappte Deckel dient als Schreibplatte. Der Schreib­ schrank übernimmt im 18. Jh. die Aufgabe des Kabinetts und entlehnt diesem auch seine Form. Die frühesten Beispiele aus dem Anfang des 18. Jhs. entstanden in England, von wo aus der Typ sich bald in Holland und in Deutschland verbreitete. Vor allem in Mainz und Würzburg ist er zum bürger­ lichen Prunkmöbel ausgebildet worden, hat aber auch in anderen Gegenden eigene Prä­ gung gefunden.

Kunstschreiner, Schüler von Johann ■> Matusch in Ansbach, wo er nach 1730 Nach­ folger seines Lehrers als Hofebenist wurde. Nach 1737 war er ständig für den Hof tätig. Von 1756 an arbeitete er mit seinem Vetter Ludwig Michael Schuhmacher zusam­ men. Wahrscheinlich hat Martin Sch. einige Zeit in England, vielleicht auch in Frank­ reich verbracht, denn seine Möbel zeigen in ihren Proportionen Anklänge an den frühen georgianischen Stil. Auffallend ist außerdem die Verwendung von Mahagoni und anderen dunklen Ebenhölzern (Palisander), sowie die englisch anmutende Art der Bronzebeschläge. Fränkisch dagegen ist die feine Einlage, bei den frühen Möbeln ganz ornamental (meist mit Ahorn), seit der Mitte des Jahrhunderts auch mit Blumen und Figuren, wobei er wieder stärker das hellere einheimische Nuß­ baumfurnier verwendet. SCHUPPENPANZER, der mit Blechstücken wie mit Schuppen besetzte Panzer des MAs;

SCHREIBTAFELN waren bei den Römern aus Holz oder Elfenbein und mit Wachs überzogen (-> Diptychon). Diese Form wurde im frühen MA und in der Kirche bis in noch spätere Zeit hinein beibehalten.

SCHREIN, Lade, Kasten oder Schrank aus Holz, auch Reliquienbehälter. Der unbe­ wegliche Mittelteil eines Flügelaltars wird ebenfalls Schrein genannt. SCHRITTZÄHLER sind Wegmesser, die seit dem 16. Jh. hergestellt wurden. Im 17. Jh. waren sie mit mehreren Ziffer­ blättern versehen, von denen eines die Zeit angab. Alle wurden von dem Uhrwerk im Inneren bewegt.

SCHUHMACHER, 210

Martin

(1695—1781),

Schrittzähler

SCHWERT

audi Bezeichnung für das frühmittelalterliche Panzerhemd.

als schwarze Farbe in der Glasmalerei ver­ wendet wurde.

SCHUTZPATRONE von Künstlern und Handwerkern sind: der Evangelist -> Lukas für die Maler und die ihnen angeschlossenen Handwerke; der Glasmaler und Domini­ kanermönch Jakob Griesinger, gen. Jacobus Alemannus für die Glasmaler und Glaser; Bischof Bernward von Hildesheim (-> Bernwardskunst), der Hl. ■> Eligius oder Eloi, Erzbischof Dunstun von Canterbury (925 bis 988) für die Goldschmiede; der Hl. Eli­ gius auch für die Schlosser und Schmiede; Goar, der Einsiedler des 6. Jhs. in der Gegend des heutigen St. Goar, für die Töpfer: er wird mit einem Milchkrug in der Hand abgebildet; der Hl. Josef für die Tischler; Marinus, der im 4. Jh. an der Brüche von Rimini gebaut haben soll und dann Ein­ siedler im Gebiet des heutigen S. Marino wurde, für die Maurer; auch der Märtyrer Reinhold, der mit dem Hammer dargestellt wird, mit dem er erschlagen wurde; die Steinmetzen haben die »vier gekrönten Steinmetzen“ Severus, Severianus, Carpophorus und Victorius als Schutzpatrone, die unter Diokletian den Märtyrertod fanden.

SCHWEFELKÄNNCHEN, gelbbraune, zy­ linderähnlich geformte Steinzeugkrüge mit aufgepreßtem Ornament, die im 18. Jh. in Siegburg hergestellt wurden.

SCHWANENMUSTER, ein von Kändler entworfenes Muster auf Meißner Porzellan, das zuerst für ein Service des Grafen Brühl entworfen wurde (1737—41). Es ist mit leicht plastisch gebildeten Schwänen und Reihern verziert.

SCHWANHARDT, Hans (gest. 1612), Nürn­ berger Kunstschreiner, der als der Erfinder der ·> Flammleiste angesehen wird. SCHWARZEBENHOLZ ist das eigentliche Ebenholz, zum Unterschied vom roten, blauen usw.

SCHWARZLOT, gefärbtes Bleiglas, das sich leicht aufschmelzen läßt und seit dem MA

SCHWEIF WERK, eine Form des ·> Be­ schlagwerks, bei der die flachen, geometri­ schen Schmuckornamente sich mit anderen, die Symmetrie unterbrechenden Ornamenten verbinden, z. B. mit Voluten, Blüten, Blät­ tern. Es wird zum Rollwerk, wenn die Enden der Beschläge erhaben und eingerollt sind.

SCHWEINSSCHWERT,mittelalterlicheJagd­ waffe mit steifer Klinge, in die ein Knebel eingesetzt ist, um ein zu tiefes Eindringen in den Tierleib zu verhindern.

SCHWERDTFEGER, Johann Ferdinand, von etwa 1760 bis 1798 in Paris als Kunst­ schreiner nachweisbar. Er wurde 1786 Mei­ ster. Wie andere bedeutende Ebenisten deut­ scher Herkunft wurde auch er von Marie Antoinette bevorzugt. Er arbeitete für sie 1788 den prächtigen Schmuckschrank, den die Stadt Paris der Königin zum Geschenk machte. Dieses Möbel ist, wie andere Arbei­ ten aus Schwerdtfegers Werkstatt, von eigen­ artig prunkhafter Schwere und zeichnet sich durch her­ vorragende handwerkliche Verarbeitung aus. SCHWERT, Hieb- und Stichwaffe mit gerader, ein­ oder zweischneidiger Klinge, die in einer Scheide getragen wird. Scheide und Schwert­ griff boten von altersher Gelegenheit für kunstvolle Verzierungen, Einlegearbei­ ten, Damaszieren u. a. Das sog. Gefäß mit dem Hand­ schutz besteht seit dem MA zu

SEICHUR-TEPPICH

aus dem Griff und der querlaufenden Parier­ stange, die im 16. Jh. an beiden Enden gebogen wurde, um den Hieb besser auf­ fangen zu können. Bald darauf erhielt es noch Bügel und wurde ähnlich wie beim Degen als Korb gestaltet.

SCHWERTSTICHBLATT -> Stichblatt. SCHWINDSCHALEN, chinesische Teeschalen aus Porzellan, die zu den Scherzgefäßen gehören. Im Innern der Schale ist in einer bestimmten Höhe eine kleine plastische Figur angebracht, die winzige Löcher verdeckt. Steigt die Flüssigkeit bis an diese Figur, z. B. wenn man das Gefäß zum Trinken an den Mund setzt, so beginnt sie abzu­ fließen, bis das Gefäß leer ist. Der Vorgang beruht auf einer Hebervorrichtung im In­ neren der Schalenwand.

SCULPS, sc. = sculpsit (lat. „hat gestochen“), Bezeichnung des Meisters auf Kupferstichen. ->■ del. und pinx.

SECRÉTAIRE À CYLINDRE -> Zylinder­ bureau. SECRÉTAIRE EN ARMOIRE, auch secré­ taire à abattant genannt, hochrechteckiger Schreibschrank, dessen Unterteil meist durch zwei Türen verschlossen, mitunter auch mit Schüben versehen ist. Den Mittelteil füllt eine vertikale Verschlußklappe, die nach Herunterklappen als Schreibplatte dient und zahlreiche kleine Sdiübe und Fächer frei­ gibt, über denen eine breite, flache Schub­ lade den Aufbau beschließt. Für diesen Sekretär haben vor allem -> Oeben und -> Riesener seit etwa 1760 die klassische Form gefunden, die noch im Empire und Biedermeier gebräuchlich war, zu dieser Zeit jedoch häufig mit prunkvollen Aufsätzen. SECRÉTAIRE 212

EN PENTE,

französische

Bezeichnung für einen Pultschreibtisch mit schräger Verschlußklappe, die herunterge­ klappt als Schreibplatte dient. Der durch diese Klappe verschlossene Aufbau ist meist mit kleinen Schubladen und Fächern aus­ gestattet und in der Mitte oft mit einem Geheimfach versehen. Dieser seit etwa 1730 in Frankreich entwickelte Typ wird heute häufig als „secrétaire en dos d’âne“ (mit Eselsrücken) bezeichnet. Im Louis XV wandte man auch den Ausdruck „secrétaire à abattant“ (der aber zugleich auch den ■> Secrétaire en armoire bezeichnete) darauf an, während er im Louis XVI auch „secré­ taire à tombeau“ hieß. Eine seltene Abart dieses Schreibtisches ist der secrétaire en double pente mit zwei einander gegenüber­ liegenden Verschlußklappen.

SEGER-PORZELLAN, eine nach seinem Erfinder H. Seger (1880) benannte Art des ■> Berliner Porzellans, die um etwa 20 % weniger Hitze erfordert und daher die Ver­ wendung zahlreicherer Farben unter der Glasur ermöglicht. SEICHUR-TEPPICH, alter -> kaukasischer Teppich aus Wolle. Das Innenfeld ist sehr schmal, die Bordüre meistens viel breiter mit einem Haupt- und zwei bis vier Neben­ streifen an jeder Seite. Der Hauptstreifen ist meist in hellen leuchtenden Farben mit Rhomben gemustert. Das schmale Innenfeld ist in der Regel in zwei Längsstreifen auf­ geteilt, die mit geometrischen Mustern aus­ gefüllt sind. Der Seichur kann ein großer Teppidi sein, kommt aber auch als Brücke vor, die ebenso dicht gemustert ist. Er wird mit dem türkischen Knoten geknüpft.

SENNÉE-TEPPICHE

SEKRETÄR, deutsche Bezeichnung für den französischen ->· Secrétaire en armoire und -> Secrétaire en pente. SEKRETSIEGEL -> Siegel. SELADON, eine Modefarbe des 17. Jhs. von mattem Grün. Die Bezeichnung S. wurde dann auf chinesische Porzellan- und Steinzeuggefäße mit schillernder, ins Graue spielender Emailglasur übertragen.

SELB, Porzellanmanufaktur von Lorenz Hutschenreuther, die er 1856 dort gründete. Zuerst wurde nur weißes Gebrauchsgeschirr, nach etwa 1880 feines, verziertes Tafelge­ schirr hergestellt. Seit 1902 ist die Hutschenreuther-Manufaktur eine Aktiengesellschaft, die sich um mehrere Fabriken erweiterte, in Selb, Tirtschenreuth und Weiden. Die Be­ zeichnung ist heute: Porzellanfabriken Lo­ renz Hutschenreuther A. G.

SELB, Rosenthal-Porzellanmanufaktur, die 1879 gegründet wurde. Daneben bestehen Manufakturen von Rosenthal in Selb-Flößberg, Kronach und an verschiedenen Orten, deren Porzellanmanufakturen der RosenthalAktiengesellschaft angeschlossen sind. Rosen­ thal stellt feines Tafelgeschirr her neben ein­ fachem Gebrauchsporzellan. Die Luxus­ geschirre der Rosenthal-Manufaktur aus neue­ rer Zeit vor allem sind beachtenswert; be­ deutende Künstler wurden für die Entwürfe der Formen und für die Gestaltung des De­ kors gewonnen. Die Marke der Manufaktur zeigt den voll ausgeschriebenen Namen Rosen­ thal mit Trennung der schräg zueinander stehenden Silben und mit einer Krone über dem Trennungskreuz.

SENDELBINDE, auch Zendelbinde, Zindel­ binde, Schapel; Kopfputz der Männer und Frauen des späten MAs, der vor allem am burgundischen Hof Mode war. Die Sendelbinde war aus zwei, meist verschieden­ farbigen Stoffstücken zusammengewunden und hing in zwei langen Bahnen von der eigent­ lichen Kopfbedeckung herab. SÉNÉ, Jean Baptiste Claude (1748—1803), bekannter Pariser Kunsttischler, der 1769 Meister wurde und von 1785 an für den Hof arbeitete. Vor allem Sitze im -> LouisXVI-Stil hat er geschaffen. Die Rücklehnen sind meist mit einer Trophäe, einer Figur oder einem Schmuckmotiv bekrönt. Seine berühmteste Arbeit ist das Lit à la polonaise in Fontainebleau, das Bett der Marie Antoinette.

SENNÊE-KNOTEN, der persische Knoten in der orientalischen Teppichknüpfkunst, der eine feinere Knüpfung zuläßt als der türki­ sche -> Ghiordes-Knoten, da er jeden Faden einzeln umschlingt und das Muster daher enger und klarer erscheint. Auf der Rück­ seite von Teppichen, die mit Sennée-Knoten geknüpft wurden, ist der dünne Schluß faden immer wieder sichtbar.

SENNÉE-TEPPICHE kommen aus Zentral­ persien. Sie sind sehr eng geknüpft und kurz geschoren und daher besonders fein in der Musterung (-> Sennée-Knoten). Die Grund­ farbe ist blau, manchmal rot oder beige. Das Muster zeigt meist schräggestellte mehr-

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SGABELLO

farbige Palmetten, die Bordüre auf einem von zwei Nebenstreifen begleiteten Haupt­ streifen streng stilisierte Blüten. Der Sennée ist einer der besten persischen Teppiche.

SERABEND-TEPPICHE werden in Zentral­ persien geknüpft. Kette und Schuß sind meist aus Baumwolle, der Flor aus Wolle. Die Grundfarben sind blau und rot. Das Muster ist beinahe immer aus sog. Serabendpalmetten (-> Mir), die in regelmäßigen Abständen wiederkehren und kleine farbige Tupfen haben. Diese typischen Palmetten sind auch das Muster des Mir. Die Bordüre des Serabend hat drei Streifen, von denen der mittlere mit Arabesken und Ranken gemustert ist. SERPENTIN, »Schlangenstein“, ein Stein von vorherrschend grüner, in verschiedenen Nuancen spielender Farbe, mit grauen, brau­ nen, roten und gelben Flechen, Adern und Streifen. Er wird verarbeitet zu Geräten, Gefäßen, Kaminen, Tischplatten und Archi­ tekturteilen.

SERVANTE (fr. = Dienerin), Bezeichnung für einen Abstelltisch. Im 18. Jh. pflegte man einen kleinen Wandtisch mit Marmor­ platte und zusätzlichem Stellbrett zwischen den Stützen als Servante aufzustellen. Im Empire war die Servante ein offenes, schrankhohes Gestell, meist mit Spiegelrück­ wand, in das mehrere Regale oder Tabletts eingebaut waren. SESSEL -> Armstuhl, Stuhl. SETTEE (engl.), einem kleinen Sofa ent­ sprechender, meist gepolsterter Doppelsitz mit Rücken- und Armlehnen, der sich in England gegen Ende des 17. Jhs. entwickelte, vor allem aber seit Anfang des 18. Jhs. verbreitet war.

SÈVRES, bedeutende Porzellanmanufaktur in Frankreich, die aus der Verlegung der

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Manufaktur von Vincennes nach Sèvres im Jahre 1756 hervorgegangen ist. Das Unter­ nehmen wurde 1759 königlich und einem Direktor unterstellt. Hervorragende Arkanisten und die besten Maler der Zeit haben für die Manufaktur gearbeitet (Falconet, Pigalle, Leclerc, Caffiéri u. a.). Nachdem Kao­ lin aus einem in der Nähe liegenden Vor­ kommen gewonnen werden konnte, stellte die Manufaktur auch Hartporzellan her, daneben aber nach wie vor Frittenporzellan. Der De­ kor ist vorwiegend von Watteau, Fragonard, Boucher bestimmt. Die anfangs vorwiegenden chinesischen und japanischen Motive werden von Genreszenen verdrängt. Um 1800 über­ nahm Alexandre Brongniard das Unterneh­ men und führte es durch rationelle Bewirt­ schaftung zu hoher Blüte. Er arbeitete im Auftrag des Kaisers und lieferte vor allem Prunkgefäße. Im Laufe des 19. Jhs. wurden dann wieder Geschirre aus verschiedenen Por­ zellanarten und in vielerlei Formen und De­ korationsweisen hergestellt.

kn'* Sèvres — Ί—

Vincennes,

Vincennes. Sèvres

Sèvres

um lino

SGABELLO (ital.), eine italienische Ab­ wandlung des -> Schemels aus dem 15. und 16. Jh. Der ein­ fachen niedrigen Sche­ melform wurde eine hohe schmale Rücken­ lehne hinzugefügt. Der Sgabello fand im Norden im 17. und 18. Jh. als Brett­ schemel Verbreitung, die Rückenlehne wur­ de oft reich verziert.

Vincennes, Sèvres 1«J4—1«7O

SIEBENRÄNDERSCHALEN

SGRAFFITO (ital. = abgekratzt), Einritzen einer Zeichnung in einen mit Tünche oder anderem Material bedeckten farbigen Grund, der an den abgekratzten Stellen hervor­ kommt. Diese Technik wurde seit der Re­ naissance vor allem als Wand Verzierung an Bauten angewandt.

Armlehnen und Beine, so daß die Sitze außerordentlich leicht erscheinen. Ähnlich sind seine anderen Möbeltypen charakterisiert.

SHERATON, Thomas (1751—1806), engli­ scher cabinet-maker und berühmter Möbel­ zeichner. Zuerst war er als einfacher Arbeiter in seiner Heimatstadt Stockton-upon-Tees tätig, ging aber um 1790 nach London, wo er 1791 sein Stichwerk „The Cabinet Maker’s and Upholsterer’s Drawing Book“ herausgab, das ihn weithin bekannt machte (2. Auflage 1794; 3. Auflage 1802; deutsche Ausgabe von G. T. Wenzel, Leipzig 1794). Gegenüber ·> Hepplewhite schließt sich Sheraton deut­ licher französischen Vorbildern an, die er vereinfacht und in strengeren Formen um­ gestaltet. Seine Stuhlrücken z. B. sind fast immer rechteckig, mit einem Rahmen aus gekehlten schmalen Stäben und durchbroche­ nen Verzierungen in Vasen- oder Lyraform in der Mitte. Dünn und zierlich sind auch

SIEBENBÜRGER-TEPPICHE. Siebenbür­ gen stand von 1526 bis 1699 unter türkischer

SHOBOKLI heißt die aus vielen schmalen Streifen bestehende Bordüre von anatolischen Teppichen. Der Name stammt von der Be­ zeichnung für Pfeife, Tschibuk.

Herrschaft. Bei den sog. Siebenbürger Tep­ pichen handelt es sich nicht um Erzeugnisse aus Siebenbürgen, sondern um kleinasiatische Teppiche, die in den Siebenbürger Kir­ chen als Schmuck aufgehängt waren (noch bis zu Beginn des 20. Jhs.). Meist sind es -> Ge­ betsteppiche des 17. und 18. Jhs., etwas größer als üblich und oft mit einer doppelten Nische. Die Bordüre ist durch längliche Felder mit abwechselnden Ara­ besken und Achteckster­ nen gekennzeichnet. Ver­ mutlich stammt die größ­ te Zahl dieser Teppi­ che aus der Gegend von Ladik.

SIEBENRÄNDER­ SCHALEN, Bezeichnung für chinesische Porzellan­ schalen aus Eierschalen­ porzellan aus der Zeit zwischen 1723 und 1737 (Yung-Tscheng-Dynastie). Die Farbe der Ver­ zierungen ist in der Hauptsache Rosa (famil-

SILBER

le rose). Auf den Rändern sind Feldern, far­ big eingerahmt, mit feinen Mustern.

SIEGBURG hatte vom Mittelalter an eine blühende Steinzeugindustrie, die im 16. Jh. ihren Höhepunkt erreichte. Hergestellt wur­ den vor allem weiße, nur wenig ins Gelb­ liche oder Graue spielende -> Schnellen, Kannen und Prunkgefäße, die schön geformt und mit aufgepreßten oder eingeschnittenen Ornamenten verziert waren. Während die ältesten Arbeiten graugelbe oder dunkel­ graue, mit wenig Sorgfalt gedrehte und mit Querrillen versehene zylinderförmige Krüge sind, folgten bald lichtgraue, sorgfältig ver­ arbeitete Gefäße, oft mit trichterförmigem Ausguß und aufgepreßten Medaillons. Die Masse ist Steinzeug mit dünner Salzglasur, um die Reliefs nicht in ihrer Schärfe zu beeinträchtigen. SIEGEL (von lat. sigillum, auch secretum — Sekretsiegel — signum). Heute versteht man unter Siegel einen Stempel mit einem Zeichen oder Bild, um Urkunden, Briefe u. ä. mit einem Verschluß aus Wachs, Siegellack, Ton, aufgeweichtem Papier oder ähnlichem Mate­ rial und dem eingeprägten Zeichen gegen die Einsicht Unbefugter zu sichern. Siegel sind aus dem Altertum bekannt, sie wurden aber meist, wie bis ins späte MA hinein, an das Schriftstück angehängt. Siegel waren aus Stei­ nen geschnitten, sie waren als Siegelring, (Stempel), als Rollsiegel, als Zylindersiegel (Anhängsel) üblich. Bedeutsam sind vor allem die Rollsiegel wegen ihrer Darstellungen aus dem Bereich der Mythologie und der Reli­ gion (zuerst Sumer, 3. Jahrtausend v. Chr. dann bis nach Ägypten). Vor allem im MA spielten Siegel an Urkunden und Schriftstükken eine große Rolle. Seit dem 5. Jh. sind sie im Gebrauch der Herrscher, seit dem 10. Jh. begannen Geistliche, Klöster, Städte Siegel zu führen. Sie wurden meist an das Schrift­ stück angehängt. Um Fälsdaungen zu ver­ meiden, gab es ein besonderes Siegel, das Sekretsiegel, auf der Rückseite. Es war klei­ 216

ner und meist im Bild komplizierter als das normale Siegel auf der Vorderseite. Miß­ brauch oder Fälschung von Siegeln wurde schwer bestraft, ein Siegel konnte nur der­ jenige führen, der dazu befugt war (Siegel­ mäßigkeit). Gegen Ende des MAs konnte jeder unbescholtene Mann sich ein Siegel zu­ legen. Anfangs waren die mittelalterlichen Siegel aus Gold oder Silber, sog. Münzsiegel (Papstsiegel aus Blei), später wurden sie aus Wachs gearbeitet, im 16. Jh. kam der Sie­ gelstempel mit Petschaft aus Metall, Elfen­ bein, Holz o. a. auf. — Die Siegelkunde (Sphragistik) befaßt sich mit den Darstel­ lungen auf Siegeln. SIENA in Italien hatte im 16. und 17. Jh. eine bekannte Fayenceindustrie, die Gefäße mit zierlichen Grotesken auf gelbem oder orangefarbigem Grund (manchmal auch auf schwarzem) und Fliesen (z. B. die im Dom von Siena) herstellte.

SIGNATUR, seit dem Altertum die An­ fangsbuchstaben oder der voll ausgeschriebene Name des Meisters auf einem Kunstwerk. Manchmal auch eine geometrische oder eine Tierfigur, welche der Künstler als sein spe­ zielles Zeichen verwendete.

SILBER. Arbeiten in Silber werden mit in den Bereich der -> Goldschmiedekunst ge­ rechnet. Wie bei Goldarbeiten ist das Häm­ mern und Treiben die Hauptart der Bear­ beitung. Vor allem das MA hat prachtvolles Silbergerät, Reliquienschreine aus Silber, Ge­ fäße u. a. geschaffen. In der Zeit der Re­ naissance waren besonders Tafelgeschirre, Be­ cher und Pokale aus Silber gearbeitet, von nun an gab es auch Künstler, die sich auf Silber als Material für ihre Werke speziali­ sierten. Sie waren in Zünften vereinigt und führten eigene Marken. Bedeutend war das Ratssilber der Städte, Altäre und Altarge­ räte, Leuchter. Heute ist die Silberschmiede­ kunst meist als ein eigener Zweig der Schmie­ dekunst aufgefaßt (z. B. Schmuckindustrie).

SPÄTGOTIK

SILBERSCHMELZ -> Email.

SILBERTANNE, Edelfichte. Das Holz der Silbertanne ist gelblich gefärbt, sehr lang­ faserig und leicht zu schneiden; es wird für viele Holzarbeiten verwendet. SILEH-TEPPICH, gewirkter Orientteppich mit eingestickten Mustern, stilisierten Tieren, Spiralen und Quadraten oder Z-förmigen Figuren. Der Sileh kommt ursprünglich aus dem Kaukasus.

in Peru gefunden wird. Im Altertum war er hochgeschätzt. Orientalischer Smaragd ist der dunkelgrüne ■> Korund, brasilianischer der grüne -> Turmalin. Schon seit Jahr­ hunderten wird der Smaragd in Glasfluß imitiert. SMYRNA-TEPPICHE waren vor allem im 19. Jh. in Europa sehr beliebt und wurden von den Manufakturen in Smyrna in Mu­ sterung und Farbgebung auf den europä­ ischen Geschmack abgestimmt. Die Knüpfung ist sehr locker und der Wollflor lang, so daß er sich leicht niedertritt. Zu Beginn des 20. Jhs. entstanden viele europäische Werkstät­ ten, die den Smyrna-Teppich nachahmten, u. a. in Schmiedeberg, Schlesien.

SOEST, Albert von -> Albert von Soest. SOLITÄR, Bezeichnung für einen besonders großen und deshalb sehr kostbaren Diaman­ ten.

SKARABÄUS ist eigentlich der Mistkäfer, der den Ägyptern als heiliges Tier galt. Er wurde als Larve dargestellt und in grün­ glasiertem, getrocknetem Nilschlamm als Siegel verwendet, später aber auch in Stein geschnitten und als Schmuck oder Amulett getragen. Skarabäen tragen auf der Unter­ seite oft Inschriften oder figürliche Darstel­ lungen. Sie werden häufig gefälscht (Fayence) und erscheinen als echte Stücke nur selten im Handel. SKYPHOS (gr.), griechisches tiefes Trinkge­ fäß mit weitem Rand. Es steht auf einem schmalen Fuß und hat zwei kleine waage­ rechte Henkel am Rand. SMARAGD, leuchtend tiefgrüne Varietät des ·> Beryll, der vor allem in Rußland und

SONNENLOUISDOR, allgemein übliche Bezeichnung für die Goldmünze, die Ludwig XIV. von Frankreich, der Sonnenkönig, hat prägen lassen. Auf dem Revers war eine strahlende Sonne mit einem L zu sehen. Die Münze hatte einen Wert von 24 damaligen Francs. SONNENQUADRANT ■> Quadrant.

SOUVERAIN (engl.) eine zu den ■> Rose­ nobles gehörige englische Goldmünze mit dem Bild des regierenden Königs, des Souverain, auf dem Thron. Sie wurde seit der Zeit König Heinrichs VIII. (1509—1547) ge­ prägt. Später wurde die Guinee nach ihr Sovereign genannt. SPANGENHELM -> Helm.

SPÄTGOTIK, eine für die Kunst des 15. Jahrhunderts (außer für die Kunst in Ita217

SPINDLER

lien) häufig angewandte Bezeichnung, mit der die letzte Phase der -> Gotik diarakterisiert ist. SPÄTRENAISSANCE, Bezeichnung für den Stil der europäischen Kunst in der Zeit von etwa 1530—1600, meist I____ I auch Manierismus ge­ I__________ nannt.

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SPECHTER, ein Trink­ gefäß des 16. und 17. Jhs., stangenförmig aus Glas gearbeitet mit Zier­ streifen, zwischen denen oft Reihen mit aufge­ setzten Bücheln stehen.

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SPECKSTEIN, ein talg­ ähnliches Mineral von gelblicher oder grauwei­ ßer Farbe und von spekkigem Aussehen. Er ist leicht zu bearbeiten und wird vor allem in der ostasiatischen Kleinplastik benutzt. In Deutschland hat man ihn im 16. und 17. Jh. für kleine Rundfiguren, Reliefs u. a. verwendet.

Nachbildung des Obsidian, waren bereits in den ersten nachchristlichen Jhn. im Gebrauch. Seit dem 13. Jh. wurden geblasene und auf der Rückseite mit Blei belegte Sp. in Vene­ dig hergestellt, wo man später das Blei durch Zinnamalgam ersetzte. Die Spiegelher­ stellung von Murano blieb in höchster Blüte, bis Abraham Thevart in Frankreich um 1688 das Gießen des Spiegelglases erfand. Damit war die Anfertigung viel größerer Tafeln möglich, als bisher durch Blasen und Strecken. Von nun an konnte man Spiegel jeder Art und Größe herstellen: drehbare Toilette­ spiegel, Wandspiegel zum Aufhängen oder Einlassen, die z. T. von der Decke bis zum Fußboden reichten (Trumeaux) und zu einem Element der Innenarchitektur wurden (Spiegelsaal von Versailles).

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SPHINX, ein Fabelwesen wahrscheinlich altasiatischen Ursprungs mit Löwenleib und Menschenkopf. Im alten Ägypten wurde die Sph. ruhend mit dem Kopf eines Mannes (Gizeh) oder mit Widderkopf dargestellt, in Griechenland mit dem Kopf einer Frau. In der Kleinkunst fand die Sph. vielfache, rein dekorative Verwendung.

SPIEGEL gibt es seit dem Altertum. Im alten Griechenland wurden vor allem in Ko­ rinth kunstvolle Bronze- und Kupferspiegel gearbeitet, die bekanntesten Arbeiten des rö­ mischen Reiches kamen aus Brundisium. Zahlreidre etruskische Handspiegel aus Bronze, von ovaler Form und mit gravierter Rückseite, wurden bei Ausgrabungen gefun­ den. Spiegel aus schwarzem Glas, einer 218

SPIELKARTEN sind in China und Korea seit dem 12. Jh. erwähnt, in Europa seit dem 14. Jh. Die frühesten Karten sind mit der Hand gezeichnet und ausgemalt, seit dem 15. Jh. druckte man sie von Kupfer- oder Holz­ platten und ließ sie von Briefmalern kolo­ rieren. Für Deutschland wurden Nürnberg und Augsburg führend in der Spielkarten­ herstellung. Außer in Asien, wo man kreis­ runde Kartenblätter findet, ist überall die rechteckige Form im Gebrauch. SPIELKARTENMEISTER, lebte etwa 1430 —1450 am Oberrhein und hat diesen Namen nach den hervorragenden Kupferstichen seiner Spielkarten, die zu den frühesten Zeugnissen der deutschen Kupferstichkunst gehören.

SPINDLER, Johann Friedrich (gest. nach 1793), Kunstschreiner. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder Heinrich Wilhelm Spindler betrieb er eine Werkstätte in Bayreuth, die von etwa 1754 bis 1762 zahlreiche Möbel für die Ausstattung des Neuen Schlosses fer­ tigte, die sich durch ihre Eleganz, hervorra­ gende Marketerie und feine Bronzefas­ sungen auszeichnen und französische Schu-

SPRUDELSTEIN

gestrickte Spitzen, nicht so alt wie genähte. Sie waren vor allem im 17. und 18. Jh. in besonders kunstvoller Arbeit in den Nieder­ landen und in Frankreich üblich, wo sie auch noch heute von Hausarbeitern mit der Hand gemacht werden. Seit dem 19. Jh. werden alle Spitzenarten auch maschinell her­ gestellt. SPLINT -> Holz.

lung verraten. Im Jahre 1762 siedelten die Spindlers nach Berlin über, um an der Ein­ richtung für das Neue Palais in Potsdam mitzuarbeiten. Die außerordentlich prunkvol­ len Kommoden, Schränke und Tische lassen die enge Zusammenarbeit mit -> Kambli erkennen, dessen Bronzeschmuckarbeiten den Rahmen für die sehr farbige Marketerie bilden. Diese Marketerien sind in Schild­ patt, Perlmutter, Silber oder Elfenbein aus­ geführt und zeigen Blumenvasen, Blumen­ gehänge, die dem Möbel eine schöne Gliede­ rung geben. Die Spindlers gehören zu den bedeutendsten deutschen Ebenisten.

SPINELL, ein verschiedenfarbig vorkom­ mender Edelstein, je nach Farbe benannt als Rubinbalais (rosarot), Ballasrubin (rubinrot), Rubiceli (rosa), Saphirin (blau), Pleonast (schwarz), Chlorospinell (grasgrün).

SPITZEN sind vermutlich entstanden, als man begann, durch Herausziehen von Schuß­ fäden aus dem Gewebe und Vernähen der Kettenfäden (z. B. -> Hohlsaum) Verzie­ rungen in dem Stoff anzubringen. Genähte Spitzen werden in dieser Art hergestellt. Sie sind wohl in größerem Umfang zuerst in Italien im 15. Jh. hergestellt worden. Klöp­ pelspitzen sind, ebenso wie gehäkelte und

SPOTTMÜNZEN, -> Schaumünzen und -> Jetons, die in Kriegs- und Revolutions­ zeiten zur Verspottung der Gegenpartei ge­ prägt wurden.

SPRINGFÄDEN, Springgläser, Glastränen, Scherzgläser mit einem faden- oder tropfen­ förmigen Glaskörper, der im Wasser rasch abgekühlt wird und daher bei der geringsten Berührung in Glasstaub zerfällt. Diese Spie­ lerei war vor allem im 16. und 17. Jh. be­ liebt. SPRUCHBAND, ein bandartiger Streifen mit einer Inschrift, auf mittelalterlichen Ge­ mälden, Miniaturen, Emailarbeiten u. dgl. den Personen in die Hand gegeben oder, wenn es sich um einen Ausspruch von ihnen handelt, in der Nähe des Mundes angebracht, um ihre Worte oder eine bestimmte Bedeu­ tung mitzuteilen. Auf Gefäßen wurden Spruchbänder häufig angebracht, auch zusam­ men mit einem Dargestellten, den sie kenn­ zeichnen sollten; dann meist um seinen Kopf herumgeschlungen.

SPRUDELSTEIN, Sprudelschale, Bezeich­ nung für den ohne Zutritt von Luft sich bil­ denden, an Kalkerde reichen Niederschlag der heißen Quellen in Karlsbad mit im Querschnitt verschiedenfarbigen, parallelen Streifen von Weiß, Blaßgelb, Blaßrosa bis Braunrot. Mitte des 18. Jhs. begann der 219

STICHBLATT

Steinschleifer Joseph Müller den S. zu Schmuckgegenständen, Kästchen usw. zu ver­ arbeiten und wurde damit der Begründer eines eigenen Herstellungszweiges.

SPÜLKELCH, das Gefäß, in dem der ka­ tholische Priester nach Austeilung der Hostien die Fingerspitzen spült oder in welchem der über seine Finger gegossene Wein aufgefan­ gen wird. STAFFIERUNG, in der Porzellan- und Fayencemalerei Bezeichnung für die farbige Verzierung von Rändern, Reliefs und Fi­ guren (also nicht die eigentliche Malerei).

STAHLSTICHE wurden vor allem um die Mitte des 19. Jhs. hergestellt. Statt des Kup­ fers für eine Kupferstichplatte verwendete man Stahl, wodurch eine größere Menge von Abdrucken möglich wurde. Der Stahlstich war besonders in England üblich.

die Achse des Werkzeugs stehender, einseitig zugeschärfter Schneide.

STEHEND bedeutet in der Heraldik ein Tier, das keinen Fuß hebt.

STEINGUT, ein Ausdruck, der oft für -> Steinzeug verwendet wird, aber nicht diese aus besonders hartem Ton hergestellte Ware bezeichnet, sondern die aus porösem Ton be­ stehende Fayence.

STEINSCHNITT -> Gemme. STEINZEUG, Tonwaren von harter, fein­ körniger, dichter Masse, die glasartig bricht und am Stahl Funken gibt (-> Wedgwood, Kreussen, Böttger). Die Formen und Ver­ zierungsarten sind ähnlich wie bei der Fayence.

STAUF, in der Schweiz übliche Bezeichnung für einen hohen Silberbecher mit ausschwin­ gendem Lippenrand.

STERBEMÜNZEN, Sterbetaler sind Mün­ zen, die auf den Tod eines Königs und an­ derer hochgestellter Personen geschlagen wurden. Besonders bekannt sind die Sterbe­ taler, die im Todesjahr Friedrichs d. Großen in Berlin geprägt wurden. Er starb am 17. August 1786; da A das Münzzeichen Berlins ist, ergab die durdi das A getrennte Jahres­ zahl zugleich den Todestag: 17. A. 86.

STEATIT -> Speckstein.

STERNACHAT ■> Achat.

STECHBEITEL, ein Werkzeug des Bild­ hauers: Holzmeißel mit rechtwinklig gegen

STICHBLATT, die Platte über dem Degen­ griff zum Schutze der Hand. Japanisdie

STANZEN, Reliefverzierung von dünnem Gold- und Silberblech, die durch das Ein­ pressen zwischen zwei Formen entsteht.

Plattner-Tsuba mit Libelle 220

Myôchin-Tsuba

Heianjö-Tsuba

Namban-Tsuba

Tsuba im Goto-Stil

STOLZEL

Schwertstichblätter (Tsuba) sind häufig sehr kunstvoll geschnitten und vergoldet oder mit Ornamenten versehen. Sie sind ein be­ liebtes Sammelobjekt.

STILISIEREN nennt man die Art künst­ lerischer Darstellung, die Gegenstände unter Weglassen zufälliger Attribute auf ihre Grundform zurückzuführen. STIPPEN, eine Verzierungstechnik für Glas, um die Oberfläche aufzurauhen, mit Hilfe einer Stahl- oder Diamantspitze, die Punkt an Punkt setzt.

STIRN, Bezeichnung für die Vorder- oder Schmalseite eines Gegenstandes. STIRNBINDE -> Diadem. STOBWASSER, Johann Heinrich (1740 bis 1829), berühmter Lackkünstler, Leiter der von seinem Vater Sigmund Stobwasser (1717 bis 1776) im Jahre 1763 in Braunschweig ge­ gründeten Lackwarenfabrik, deren Erzeug­ nisse, vor allem Dosen, Teekannen, Schatullen und Möbel, wegen ihrer guten Qualität auch im Ausland sehr begehrt waren. Nach Stobwassers Tod blühte vor allem die Berliner Werkstatt, die sein Schwager Jean Guérin unter seiner Leitung 1772 gegründet hatte. STOER, Lorenz (gest. nach 1620), Augs­ burger Maler, der 1567 ein Musterbuch (Holzschnitte) für Intarsien mit perspekti­ vischen Gebäuden herausgab: „Geometria et Perspectiva. Hierjnn Etliche Zerbrochne Gebew, den Schreinern jn eingelegter Arbeit dienstlich".

STOKE-ON-TRENT, Porzellanmanufaktur in England, die 1770 durch die Verzie­ rung der Geschirre mit Kupferstichen, die auf Porzellan-Unterglasur übertragen wur­ den, großen Aufschwung erlebte. Josiah Spode war es gelungen, eine Technik zu fin­ den, mit der die Kupferstichvorlagen voll­ kommen auf dem Porzellan wieder erschie-

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a) um 1790 b) um 1805 c) 1847 — 1867

d) moderne Maske

nen. Um 1795 stellte er auch durchschei­ nendes Knochenporzellan her, sog. „bonechina“. Sein Sohn setzte die Experimente des Vaters fort. Ihm gelang es, eine Art Hartporzellan herzustellen, die er „stonechina“ nannte. Von 1829 an ist das Unter­ nehmen in den Händen der Erben von Spodes Partner William Copeland. Porzellanplastik aus einem harten, marmorähnlichen Porzel­ lan waren die Haupterzeugnisse des 19. Jhs. Die Manufaktur besteht noch heute u. stellt Gebrauchsgeschirr und Zierporzellan her. STOLA (lat.), ursprünglich das schleppende Obergewand der römischen Frauen, das über dem Gürtel gebauscht hochgezogen wurde. In der katholischen Kirche ist die S. ein zum Priesterornat gehörendes Tuch, das, über die Schultern gelegt, mit beiden Enden vorn bis in Kniehöhe niederhängt.

STOLLENSCHRANK, in Flandern und im Rheinland verbreitetes Hausmöbel der Spät­ gotik, das zum Verwahren und Anrichten des Tafelgeschirrs diente. Im Aufbau war der Stollenschrank dem französischen -> Dressoir verwandt, doch meist einfacher gestaltet. Der kastenförmige, ein- oder zweitürige Aufsatz wird von vier hohen Eckstollen getragen, die auf einem profilierten Podest stehen. Eine Sonderform des Stollenschranks ist der Erkerschrank des 15. und 16. Jhs.

STÖLZEL, Samuel (gest. 1737), Porzellan221

STUNDENGLAS

brenner in Meißen zur Zeit -> Böttgers von 1713 bis 1719. Danadi arbeitete er in Wien als Arkanist, kehrte aber 1720 nach Meißen zurück, wo er Porzellan formte und Farben für die Bemalung herstellte. STRADA, Giacomo (gest. 1588), gebürtig aus Mantua, einer der ersten Kunstkenner und Sammler, die mit Kunstwerken Handel trieben. Er war ständig auf Reisen, um für sich selbst oder für Kaiser Rudolf IL, in dessen Gunst er stand, den er aber zweifellos oft betrogen hat, für Fürsten und Adlige Kunstgegenstände zu kaufen. Seine Schriften über Münzen wurden von seinem Enkel Ottavio Strada herausgegeben, der auch Ent­ würfe für Edelmetallgefäße hinterlassen hat.

STRASSBURGER FAYENCE ■> Hannong.

STRAUSSENEIER hielt man im MA für die Eier des Greifen. Sie wurden vom 14. Jh. an zu Pokalen gefaßt, auch zu Reliquien­ gefäßen und anderen Prunkgegenständen verarbeitet. STREICHHOSE hieß die gesteppte Bein­ bekleidung der Ritter im 15. Jh.

STREITHAMMER, eine mittelalterliche Schlagwaffe mit kur­ zem Stiel.

STREITKOLBEN, eine kurzstielige Schlagwaffe, die der Fußsoldat des MAs trug. STREUBLUMEN, Bezeichnung für ein aus kleinen Blümdien oder Blättern bestehendes Muster

222

auf Fayence oder Porzellan, auch auf Teppi­ chen, Tapeten, Spitzen u. dgl.

STROHMAYER, Lienhart (gest. 1568), Augsburger Kunstschreiner, der u. a. im Jahr 1555 für Kaiser Karl V. ein prunkvolles Schreibkabinett anfertigte, dessen Fassade kunstvoll in eine minutiöse Architektur auf­ gelöst ist. Auch für andere Fürsten und Höfe in Deutschland, Frankreich, in den Nieder­ landen und in Italien hat Strohmayer ähn­ liche Möbel geschaffen.

STUHL, bezeichnet ur­ sprünglich (germanisch) den Herrensitz; er ist ein Einzelsitz mit Lehne, dessen früheste erhaltene Beispiele aus dem Hoch­ mittelalter stammen. Zweifellos ist der St. aber ein altes Sitzmöbel. Seit der Renaissance wird der St. mit reichen Verzierungen versehen, auch mit stärker ausge­ bauten Seitenstützen zum Sessel umgestaltet. Bei gleichbleibender Grundform wird von nun an dem St. durch seine ornamentale Ge­ staltung im besonderen Stil der jeweiligen Zeit sein Gepräge gegeben (-> Chippendale, Hepplewhite, Biedermeier, Régence). STUNDENBUCH, ein Gebetbuch für den Gebrauch von Laien, das die Gebete für die einzelnen Stunden des Tages enthält. Ver­ schiedene Stundenbücher erlangten kunstge­ schichtliche Berühmtheit, vor allem die, welche zu Beginn des 15. Jhs. aus der niederländisch­ französischen Schule hervorgingen und reich mit Miniaturen ausgestattet waren; so »Les très riches heures du Duc de Berry" (Chan­ tilly) der Brüder von Limburg. STUNDENGLAS ■> Sanduhr.

SWEEBAC

STURMHAUBE, mittelalterlicher ■> Helm mit Augenschirm und Wangenklappen, ohne Visier, aber manchmal mit einem Spangen­ schutz für das Gesicht versehen. Die St. wurde auch Salade genannt.

STURZBECHER, ein trichterförmiges, fuß­ loses Trinkgefäß, das, gefüllt, nicht stehen kann, sondern leer mit der Öffnung nach unten gestellt wird. St. wurden vor allem im 16. Jh. in Nürnberg hergestellt. STUTZGLAS, ein Trinkglas mit kurzem, dickem Fuß.

SULTAN-TEPPICH, ein Nomadenteppich aus der östlichen Türkei, der aus Wolle und Ziegenhaar sehr dicht geknüpft ist. Seine Musterung ist von der auf kaukasischen Teppichen beeinflußt: geometrisdie Muster, die mit Haken besetzt sind. Die Grundfar­ ben sind vorwiegend blau und rot, sie sind, wie alle vorkommenden Farben, von beson­ derer Leuchtkraft. Der Sultan ist meist klein in den Ausmaßen (Brücke) und zuweilen etwas unregelmäßig gearbeitet, was ihn im Wert nicht herabsetzt. SUTTMEIER, Gertt (gest. 1568), Lünebur­ ger Ratstischler, der 1534 Bürger der Stadt

geworden war. Von 1564 bis 1567 arbeitete er an der Vertäfelung des Ratszimmers, für das -»-Albert von Soest 1584 die vier figu­ rengeschmückten Türen geschaffen hat.

SWANSEA. Steinzeug und Frittenporzellan 1765—1870. Die Stücke sind mit -> Lüster und -> Muffelfarben bemalt oder haben rahmweiße, schwarze oder marmorierte Scherben. Zwischen 1814 und 1822 wurde Porzellan hergestellt. Die Gefäße sind wegen ihrer naturalistisch dargestellten Blumen, Vögel und Pflanzen bekannt. SWASTIKA -> Hakenkreuz. SWEEBAC, auch Swebach, Jacques François José (1769—1823), Porzellanmaler deutscher Herkunft, der zuerst in Ludwigsburg arbei­ tete und 1788 in Sèvres tätig war (Deko­ rationen für das ägyptische Service). Bald darauf ging er auf Einladung des Zaren Alexander I. nach Petersburg, um ein Schlach­ tenservice zu bemalen, das als Geschenk für die Schwester des Zaren, die Königin von Württemberg, gedacht war. Sweebac weilte zwei Jahre in Petersburg und kehrte dann nach Sèvres zurück, wo er als Porzellan­ maler und als Kupferstecher arbeitete.

223

T

-> Herati-Muster. Neuere Teppiche sind häufig ganz mit Heratimotiven durchgemu­

TABARRO, ärmelloser weiter Mantel aus schwarzem Seidenzeug, der im 16. Jh. be­ liebt war und als Maskenkleid (Domino) noch heute auftaucht.

TABERNAKEL, auf dem Altar stehender Schrank für Hostie und Kelch in der katho­ lischen Kirche; von Säulen getragenes, über­ dachtes Ziergehäuse der gotischen Architek­ tur, meist kostbar verziert.

TABLE À CAFÉ (fr.), zierliches, leicht zu transportierendes Tischchen auf vier Stützen, häufig mit einer kleinen Schublade ausgestat­ tet, dessen Deckplatte aus Lack, Marmor oder Porzellan gestaltet ist. Es kam zur Zeit Lud­ wigs XV. in Frankreich auf und wurde häufig als Frühstückstischchen benutzt.

stert, auch mit Blumen oder Ranken. Die Bordüre hat meist drei Streifen mit Lotos­ blüten, Heratimustern oder Ranken.

TABLE EN CHIFFONIÈRE (fr.), leicht transportables Tischchen mit einer oder meh­ reren kleinen Schubladen unter der Deck­ platte und einem Tablett zwischen den Bei­ nen. Es V ar zur Zeit Ludwigs XV. in Frankreich sehr verbreitet und erfüllte vie­ lerlei Zwecke. Vor allem diente es den Damen als Arbeitstischchen. Häufig waren Deckplatte und Zwischentablett mit einem Gitterrand versehen, um das Herabfallen der Utensilien zu verhindern. TABOURET (fr.), niedriger, gepolsterter Hocker auf vier kurzen Beinen, die manch­ mal durch Sprossen miteinander verbunden sind. TÄBRIS-TEPPICHE kommen aus Nord­ persien. Die Grundfarben dieses sehr halt­ baren, glänzend wollenen Teppichs sind rot, blau und beige. Der alte Täbris zeigt in seinem Innenfeld ein großes Mittelmedaillon, dem mehrere kleine Medaillons eingeschrieben sein können. Die Medaillons zeigen oft ein

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TABULA (lat.), Tafel, Schreibtafel, Gemälde. Die Schreibtafel der Antike, aus Wachs oder mit Wachs überzogen, so daß die Schrift wieder gelöscht werden konnte (7. rasa). T. triumphalis hieß im alten Rom die Tafel, auf der ein siegreicher Feldherr seine Ruh­ mestaten und die errungene Beute aufzeich­ nete und die auf dem Capitol aufgehängt wurde. Die 7. votiva (Votivtafel) wurde an dem Bild eines Gottes aufgehängt, durch den man aus Not oder Lebensgefahr erret­ tet zu sein glaubte.

TASSE

TAFEL, Bezeichnung für ein Gemälde auf Holz oder auf Leinwand; für eine Platte aus Stein oder Ton zum Belegen von Fuß­ böden (Fliesen); für die Holzplatte der Ver­ täfelung.

TAFT wird seit dem 17. Jh. hergestellt. Er besteht aus einem Gemisch verschiedener nicht ganz hochwertiger Seiden und hat leinwandähnliches, glänzendes Aussehen. Vor allem als Stoff für Untergewänder und Fut­ ter wurde er von Anfang an benutzt. TALAVERA, Bezeichnung für spanische Fay­ ence aus Talavera de la Reyna, wo vor allem im 16. und 17. Jh. -> Azulejos und fein glasierte Gefäße hergestellt wurden. Mit Talavera bezeichnet man auch andere spanische Tonwaren, gleich welcher Herkunft: Trinkgefäße in rotem, porösem Ton in der Gestalt von Tieren oder die sog. Brinquinos, eßbare Trinkgefäße für Damen. Sie wurden verzehrt, nachdem sie geleert waren. TALER, Bezeichnung für größere Silber­ münzen nach den aus dem Silber von Joachimstal in Böhmen geprägten „Joachimstalern.“ Die Bezeichnung Taler wurde auch ins Amerikanische übernommen (Dollar).

TALISCH-TEPPICHE, ■> kaukasische Tep­ piche, die oft als -> Kasak-Teppiche in den Handel kommen. Es sind gute Gebrauchs­ teppiche von fester, glänzender Wolle, die ein viel schmaleres Mittelfeld zeigen als der Kasak. Das Muster besteht oft aus Streifen, die auch diagonal verlaufen können. Die Bordüre kann aus einem oder mehreren schmalen Streifen bestehen. Die Hauptfarben sind rot und blau. TALISMAN (ital. talismano), ein Zauber­ bild, Böses abwehrend, ähnlich dem ■> Amu­ lett.

TANAGRA-FIGUREN,

griechische Grab­

figuren aus -> Terracotta, seit 1872 in und um Tanagra, der Hauptstadt Böotiens, sehr zahlreich gefunden. Es sind zierliche, außer­ ordentlich kunstvoll modellierte und häufig fein bemalte graziöse Frauengestalten oder Burlesken, die von Fälschern häufig nach­ geahmt wurden. TAPETE (lat.), Behang oder Bekleidung der Wände, bis zum Ende des 17. Jhs. aus­ schließlich aus gewebtem oder gewirktem Stoff. Bei den Nomadenvölkern des Orients bildete sie Dach und Wände des Zeltes. Von den seßhaften Völkern wurde die T. beibe­ halten als Behang der gemauerten Wände und als Vorhang, um große Räume zu teilen. Neben Tapeten aus Wolle oder Seide oder aus beiden, die auch mit Gold oder Silber durchwirkt oder bestickt waren, wurden, von Spanien seit dem 14. Jh. ausgehend, gepreßte oder vergoldete Ledertapeten in Europa be­ liebt, und unter dem Einfluß chinesischer Arbeiten im 17. und 18. Jh. gemalte Tapeten aus Leinwand oder Seide. Auch Federtape­ ten, von den Indianern mit den Federn tro­ pischer Vögel dekoriert, waren eine Zeitlang in Mode. Seit dem 18. Jh. herrscht die -> Papiertapete vor.

TAPISSERIE, die Kunst des Wirkens von Teppichen und Tapeten. Ursprünglich Hand­ arbeit, später auch übertragen auf die Ar­ beit am mechanischen Webstuhl. TAPPART (von mittellat. tabardum), ein Mantel des 15. Jhs., der aus grobem, farbigem Wollstoff gearbeitet war.

TARTSCHE ■> Schild. TASSE, seit dem 17. Jh. übliche Bezeichnung für die kleine Trinkschale, in neuerer Zeit nur für das Kaffee- oder Teetrinkgefäß an­ gewandt. Die Tasse hat in späterer Zeit meist eine Untertasse.

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TEPPICHE

TAUSCHIEREN (von ital. taussia), Auf­ hämmern oder Einlegen von Gold- oder Silberverzierungen in unedle Metalle. Diese Kunst ist aus Asien nach Europa gekommen. Die Ornamente werden eingraviert und dann mit Gold- oder Silberdraht eingelegt. Die Technik ist der der -> Intarsie an Möbeln ähnlich. Dabei ist für die Haltbarkeit ent­ scheidend, auf welche Weise die Drähte be­ festigt werden. Die beste, aus Arabien über­ kommene Technik ist die, daß die Zeichnung rinnenförmig eingeritzt wird, wobei sich diese Rinne nach unten hin verbreitert, so daß der eingelegte Draht nicht mehr heraus­ springen kann. Einfacher aber weniger halt­ bar ist das Auflegen des Edelmetalls auf eine aufgerauhte Zeichenlinie. Tauschieren wurde im Altertum geübt. Von den Arabern haben die Spanier diese Verzierungsart übernommen, im 16. Jh. war sie allgemein in Europa verbreitet. — Mit Tauschieren be­ zeichnet man auch das -> Damaszieren, ob­ wohl dies keine Einlege-, sondern eine Ätz­ technik ist.

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TEETISCH, in England entwickelter Typ, für den in der 2. Hälfte des 18. Jhs. die Dreifußstütze charakteristisch ist. In dieser Form ist der Teetisch auf dem Kontinent nachgebildet worden, häufig aus Mahagoni, in Frankreich oft auch mit Porzellanplatte.

TENEBERLEUCHTER, seit dem späten MA und nur in der Karwoche verwendeter Standleuchter für dreizehn Kerzen, die Christus und die zwölf Apostel symbolisieren. Bei der Schilderung der Finsternis (tenebrae) werden die zwölf Apostelkerzen verlöscht, woher der Leuchter seinen Namen hat. TEPPICHE -> Orientteppiche, persische Tep­ piche, kaukasische Teppiche, Kurdenteppi­ che, chinesische Teppiche, indische Teppiche usw., Gobelins, Bildweberei und die einzel­ nen Teppicharten. Unter Teppich versteht man heute im allgemeinen einen Boden­ teppich, und zwar den geknüpften Teppich­ Der Wandbehang ist meist als solcher ge-

THUYAHOLZ

kennzeichnet: Wandteppich. Der älteste er­ haltene Teppich, der bisher gefunden wurde (1949 entdeckt), ist der auf etwa 500 v. Chr. datierte Teppich aus einem Fürstengrab im Pasyryk-Tal am Altai (s. untenstehende Abb.), der bereits von einer hohen Tradi­ tion in dieser Kunst zeugt. Die Römer pfleg­ ten vor allem die -> Bildweberei, während im Orient die bedeutenden Teppichmanufak­ turen erst um 700 n. Chr. arbeiteten und im 16. und 17. Jh. zum Höhepunkt ihrer Ent­ wicklung gelangten.

TERNEAUX-SCHALS, nach dem Fran­ zosen Guillaume Louis Terneaux benannte Schals aus Kashmirwolle, die im 18. Jh. in Frankreich hergestellt wurden. Die Wolle wurde aus der Zucht von eigens für ihre Herstellung importierten tibetanischen und anderen Ziegen gewonnen.

TERRACOTTA, Terrakotta, gebrannte Ton­ erde, deren Farbe je nach dem Gehalt an Eisenoxyd gelb, braun, hellrot oder dun­ kelrot ist. Von Griechen, Etruskern und Römern, dann seit der Renaissancezeit wie­ der zu Gefäßen, kleineren Gegenständen, Fi­ guren, Architekturverzierungen u. a. viel­ fach verarbeitet.

TERRA DI SIENA, Siena-Erde, bei Siena in Italien gefunden, vor dem Brand von gelblicher, nachher von brauner Färbung, auch rotgelb oder dunkelrot. Sie wird vor allem in der Malerei (Farbe) verwendet. TERRA SIGELLATA, Siegelerde, Tonerde von gelblicher oder roter Färbung, der im Altertum Heilkraft zugeschrieben wurde. Ge­ fäße mit Stempelabdruck wurden daraus hergestellt (römische Kaiserzeit -> Arretinische Gefäße). TERRES DE SAINT-ESPRIT, französische Kacheln und Geschirre aus Ton, die gegen Ende des 18. Jhs. in Lille hergestellt wurden.

THEOPHILUS, ein Mönch des frühen MAs,

von dem ein Traktat über die Kunsthand­ werke überliefert ist: „Schedula diversarum artium“. Dieses Werk, das über Glasmalerei und Glaserzeugung und über Metallarbeiten berichtet, ist das wichtigste Zeugnis für diese Künste im MA. Wahrscheinlich ist Theophilus mit Rotgerus von Helmershausen, einem Benediktinermönch, identisch, von dem einige Metallarbeiten (in Paderborn) erhalten sind.

THOMIRE, Pierre Philippe (1751—1843), bedeutender Goldschmied und Bronzebild­ hauer, Sohn eines Ziseleurs und Schüler der Académie de Saint Luc. 1783 trat er die Nachfolge von -> Duplessis in der Porzel­ lanmanufaktur -> Sèvres an, nach 1784 lie­ ferte er Bronzen für Möbel, u. a. an ->Benemann und -> Schwerdtfeger. Seit etwa 1800 verlegte er sich auf die Herstellung von Tafelaufsätzen, Kandelabern, Vasen, Uhren­ gehäusen u. dgl. aus vergoldeter Bronze. Durch diese Arbeiten ist er berühmt gewor­ den und erhielt von Napoleon I. bedeu­ tende Aufträge. Für die Stadt Paris fertigte er 1810, zusammen mit -> Odiot, die „Toilette de l’Impératrice“ als Hochzeits­ geschenk für Marie Louise und 1811, eben­ falls zusammen mit Odiot, die Wiege des Königs von Rom, beide nach Entwürfen von Prudhon. Nach 1833 arbeitete er nicht mehr. Seine Werkstatt, die zeitweise 700 bis 800 Arbeiter beschäftigt hat, bestand noch bis nach 1850. THRONZELT, in der Heraldik Bezeichnung für eine den Wappenschild umgebende, von einem festen Himmel herabfallende Draperie in Rot mit goldener Einfassung. Ist diese Draperie mit Wappen bestickt, so heißt das Thronzelt Wappenzelt. THUYAHOLZ oder Gelbe Zeder, ziemlich weiches, engkörniges, aber schwammiges Holz mit auffallend gefleckter Maserung, am Stamm von einem hellen Braunrot, das spä­ ter nachdunkelt. Es wächst in Nordamerika

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TOILETTETISCH

und ist für Tischler- und Schnitzarbeiten geeignet.

TIARA, die päpstliche Krone, eine kegel­ förmige Mütze mit drei Goldreifen. TILLIARD, Jean Baptiste I (1685—1766), berühmter Pariser Tischler, der in der ersten Hälfte der Regierungszeit Ludwigs XV. für den Hof gearbeitet hat. Besonders seine Stühle für die Gemächer der Königin und für Chambre und Kabinett des Königs aus den Jahren 1737 bis 1739 haben ihn be­ kannt gemacht.

TIL LIARD TILLIARD, Jean Baptiste II (gest. 1797), Pariser Tischler, Sohn von -> Jean Baptiste I. Er führte Werkstatt und Stempel seines Vaters weiter, ohne jedoch durch selbständige Neuschöpfungen hervorzutreten. Für seine einfachen, um die Jahrhundertmitte entstan­ denen Sitze sind die gefälteten Palmetten am Ansatz der Beine charakteristisch. TINAJA (span.), ein großes Tongefäß, in der Form der griechischen -> Amphora ähn­ lich, das für Wein und öl seit dem MA in Andalusien und Toledo üblich ist. Es ist oft mit eingegrabenen oder eingepreßten Verzie­ rungen versehen.

üblich. In der weiteren Entwicklung war der Tisch von den Formen der einzelnen Kunst­ stile bestimmt. Seit dem 18. und 19. Jh. ist auch der schlichte, runde Tisch üblich.

TOFTSCHÜSSELN, englische Tonschüsseln, die zuerst im 17. Jh. von der Familie Toft hergestellt wurden. Sie sind meist braun, mit Bleiglasur, haben einen gegitterten Rand und sind reich mit Ornamenten, heraldischen Tie­ ren und mit Figuren verziert.

TOGA (lat.), das Obergewand der römischen Männer, das über der Tunika getragen wurde; dem Himation der Griechen entsprechend. TOILETTETISCH, neben der einfachen „toilette“, einem schlichten Tisch, der ringsum mit Spitzen und Vorhängen verkleidet war, einem Möbel des 18. Jhs., auf dem man

TIROLER TEPPICHE, einfache Wandoder Bodenteppiche der neueren Zeit, die in Tirol aus Kuh- oder Ziegenhaargarnen mit Leinen vermischt hergestellt werden. TISCH. Tische aus der Zeit vor 1400 ken­ nen wir in der Hauptsache nach Darstellun­ gen. Vom 15. Jh. an sind Tische erhalten. Sie haben in der Zeit der Gotik und der Renaissance eine kunstvolle Gestaltung er­ fahren. Die beliebteste Form des 16. und 17. Jhs. war der Wangentisch (■> Rhöntisch). In Frankreich wurde etwa gleichzeitig der Pfostentisch, meist auf vier Säulen ruhend,

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Spiegel, Dosen, Kämme u. dgl. verteilen konnte, entwickelte sich zur Zeit Ludwigs XV. dieser feinere Typ. Beim Toilettetisch konnte die Mitte der Deckplatte, die auf der Innen-

TRESSEN

seite mit einem Spiegel versehen war, zurück­ geklappt werden, während die beiden übrigen Teile seitlich aufgeschlagen wurden, um Dinge darauf abzustellen. Gegen Ende des 18. Jhs. gab es aber auch Toilettetische, deren ganze Deckplatte als Spiegel aufgestellt werden konnte. Daneben bildeten sich viele Sonder­ formen, fast immer rechteckig, manchmal aber auch mit herzförmigem Grundriß, meist mit vielen Schubfächern versehen. Oft war der Toilettetisch auch ein kombinierter Toi­ lette- und Schreibtisch. Für Herren wurde der Tisch gegen Ende des 18. Jhs. mit einem hohen Standspiegel ausgerüstet. TOISON DOR, das -> Goldene Vließ, Zei­ chen des von Herzog Philipp dem Guten von Burgund 1429 gestifteten Ordens. TOLEDO, Spanien, seit dem Mittelalter be­ rühmt für die Herstellung von Waffen (Tole­ daner Klingen), Stahlwaren und Einlege­ arbeiten.

TOLERANZ, die größte gestattete Ab­ weichung von dem gesetzlichen Gewicht und Feingehalt der Münzen. TOPAS. Der echte Topas ist durchsichtig hellgelb, bräunlich, rot, auch lichtblau (dann brasilianischer Saphir genannt) oder meer­ grün (brasilianischer Aquamarin). Er wird in Brasilien und in Sibirien gefunden. Orienta­ lischer Topas ist gelber ■> Korund, hat aber ein lebhafteres Feuer als der echte Topas. Böhmischer Topas ist eine Quarzart, er ist eigentlich nur topasähnlich.

Blattarrangements sowie allerlei Geräte, Tas­ sen, Körbchen, Flaschen usw. auf hellem Grund.

C-TOPINO, TOREUTIK (gr.), die Kunst, Metall zu bearbeiten: Treibarbeit, Ziselierung, das Her­ stellen erhabener Arbeiten an Metall.

TOURNOIS, die in Tournai geschlagene französische Silbermünze des MAs.

TRAPEZKAPITELL, das aus dem Würfel­ kapitell hervorgegangene byzantinische Ka­ pitell, dessen Seitenflächen trapezförmig ab­ geschrägt sind. TRAUBENACHAT, ■> Achat mit einer traubenähnlichen Zeichnung.

TRAUERKRÜGE, eine besondere Art des -> Kreußener Steinzeugs: Krüge und Kan­ nen mit eingeschnittenen Rauten oder Blatt­ werk, auf die das Ornament mit schwarzem (manchmal auch mit rotem oder blauem) Email mit wenig Vergoldung gegeben ist. TREIBARBEIT, getriebene Arbeit, die seit dem frühen Altertum bei den meisten Kultur­ völkern geübte Kunst, Metallblech auf kaltem Weg mit Hammer und Punze zu bearbeiten, so daß Erhebungen und Vertiefungen ent­ stehen. Geeignet dafür sind fast alle Metalle, am besten die weichen. Unterlage und Werk­ zeug sind je nach der Art des zu bearbeiten­ den Materials verschieden.

TOPFHELM -> Helm. TOPINO, Charles, Pariser Ebenist, der 1773 Meister wurde. Er arbeitete kleine Tische in jeder Form, die zur Zeit des Louis XV. und Louis XVI. bekannt waren. In seinen Marketerien verteilte er häufig Blumen- und

TRESSEN, Borten mit seidener Kette und Schuß aus echten (oder auch unechten) Silber­ oder Golddrähten, die auf der Ober- und der Unterseite das gleiche Muster zeigen. Die Kettenfäden sind bei guten Arbeiten nicht sichtbar. 2*9

TUMMLER

Füßen. Die Platte ist rund oder viereckig, oft verhältnismäßig groß und umklappbar.

TRIPPEN, die sandalenartigen Unterschuhe, die im 15. Jh. oft unter den -> Schnabel­ schuhen getragen wurden.

TRICOTEUSE (fr. tricoter = stricken), kleiner Arbeitstisch des 18. Jhs., dessen Deckplatte oder Tabletts kastenförmig ge­ bildet oder von Gittern umrahmt waren, damit die Strickutensilien nicht herunterfielen. TRINKHORN ■> Horn. TRIPOD-TABLE (engl.). Das englische Ge­ genstück zu den zahlreichen Ziertischen des

TRUHE, eines der ältesten Kastenmöbel aus Holz, zuerst wohl aus Brettern mit Deckel bestehend, aber schon im Altertum zu eigener Form gestaltet. Im Frühmittelalter wurde der tektonische Aufbau der Truhe dann stark betont, z. B. wurden die tragenden Eckbretter architektonisch gestaltet (Säulen und Rundbögen). In der Zeit der gotischen Kunst wurde die Truhe mit Schmuckmotiven verziert, die aus der Architektur kamen, mit Spitzbogenarkaden und Maßwerk. Diese Art war vor allem in Frankreich üblich, dann in Deutschland. Auch Eisenbandbeschläge waren beliebt. Die großartigste Prägung hat die Truhe in der Renaissance in Italien erfah­ ren (-> Cassone), die wieder auf andere Länder gewirkt hat. Aus der Truhe hat sich die Truhenbank entwickelt (-> Cassapanca). TSCHAI-YAO, altchinesisches türkisblaues Porzellan von äußerster Dünne. Es war mit feinen Haarrissen überzogen. Im 19. Jh. war es in China selbst bereits so selten geworden, daß kleine Scherben davon wie Edelsteine eingefaßt und als Schmuck getragen wurden.

TSUBA ■> Stichblatt. TULAWARE, Metallarbeiten aus der russi­ schen Stadt Tula, die vor allem in -> Niello­ technik verziert sind.

TULPENHOLZ, Bezeichnung für ein ziem­ lich hartes, dichtes Holz aus Brasilien und Peru, das mit seiner hellen Färbung, die rot gemasert ist, an rot-weiß gestreifte Tulpen erinnert. französischen Rokoko ist ein Tischchen auf einem Schaft mit drei oder vier geschweiften

23°

TUMMLER, ein Trinkglas des 16. bis 18. Jhs.

TYGS

Es war in gedrungener Form ohne Fuß mit dickem Boden gearbeitet, der mit leichter Rundung so geformt war, daß sich das Ge­ fäß stets wieder aufrecht stellte, wenn es umgestoßen wurde.

TUNIKA, das enge, ärmellose Unterkleid der Römer, das sich als Bestandteil des geist­ lichen Ornats bis heute erhalten hat.

TÜRKIS, ein undurchsichtiger Edelstein von blau-grüner Färbung. Er kommt am häufig­ sten in Persien vor und wurde an orientali­ schen Schwertern und anderen Waffen als Schmuckstein verwendet. Seit 1861 werden in Deutschland künstliche Türkise herge­ stellt. Imitationen sind aus Glasfluß mit Metalloxyden und Braunstein gemacht worden.

TÜRKISCHER KNOTEN > GhiordesKnoten. TÜRKLOPFER > Klopfer. TURKMENENTEPPICHE, Teppiche aus Turkestan, die als gemeinsame Merkmale die Vorliebe für die dunkelrote Farbe haben. Die Knüpfung ist sehr dicht, meist mit persischem Knoten. Die meisten Turkmenen­ teppiche sind Nomadenteppiche, nach ihrer Herkunft unterschieden. Einige Muster tau­ chen auf den meisten Turkmenenteppichen auf: kleine Medaillons in geraden oder versetzten Reihen, Vielecke, die meist wieder gevierteilt sind ■> Gül. Auch zeigen fast

alle Turkmenenteppiche einen breiten, ge­ musterten Randstreifen. Die wichtigsten Ar­ ten sind: -> Bokhara, Pendeh, Khiva, Beshire, Afghan, Herat, Belutschistan.

TURMALIN, ein in vielen Farben vorkom­ mender Edelstein, meist durchscheinend; die nicht durchsichtige schwarze Varietät heißt gemeiner Turmalin. TUTILO, Tuotilo, ein Mönch aus dem Klo­ ster St. Gallen, der im 9. Jh. als Metall­ und Elfenbeinkünstler gerühmt wurde. Zwei Elfenbeintafeln dort sollen von ihm ge­ schnitzt sein.

TYGS werden englische Tongefäße des 17. Jhs. genannt. Sie sind bräunlich gefärbt und haben mehrere Henkel, die rund um den meist zylindrisch geformten Gefäßkörper angebracht sind, manchmal auch zu Paaren übereinander. Die Gefäße sind fast immer mit erhabenen Verzierungen, Blumen, Emble­ men, Vögeln und mit Jahreszahlen versehen.

2JI

u ÜBERBAUSCHRANK, im späten 16. Jh. in Köln entwickelter Schranktyp mit schmalerem, zurückgesetztem Oberteil, dessen vorragen­ des Abschlußgesims von Pfeilern, Säulen oder Figuren getragen wird. Häufig wird das Möbel auch als Büfett, Kredenz oder Auf­ bauschrank bezeichnet.

ÜBERFANGGLAS heißt ein kunstvoll gearbeitetes Glas, bei dem eine dünne Schicht farbigen Glases auf eine dicke Schicht farb­ losen oder andersfarbigen Glases aufge­ schmolzen wird. In hervorragender Technik, mit Darstellungen in Hell auf dunklem Un­ tergrund wurden Überfanggläser von den Römern gearbeitet (berühmtestes Beispiel die sog. Portlandvase in London). In der Bie­ dermeierzeit wurden römische Überfanggläser nachgeahmt.

ÜBERGLASURMALEREI ■> Porzellan. »Ji

ÜBERSCHLICHTEN, MetaU auf der gan­ zen Fläche mit einem Schlichthammer glätten. UDINE (Friaul) hat eine alte Fayenceindu­ strie. Berühmt sind Weinkrüge mit gelblich­ weißer Glasur und einem Pflanzendekor in Blau mit schwarzer Umrandung.

UHREN wurden seit dem Aufkommen der Räderuhren gegen Ende des 13. Jhs. künst­ lerisch gestaltet. Vor allem die großen Kir­ chen- oder Stadtuhren boten Gelegenheit für ein reiches Verzierungswerk am Gehäuse. Nach der Erfindung der Taschenuhr durch Peter Henlein um 1510 kamen feine Metall­ arbeiten, Miniaturmalerein u. ä. auch an Uhren zur Anwendung. Als besonders prachtvoll gearbeitetes Werk, das wie ein Möbelstück be­ handelt wurde, war seit dem 15. Jh. die Stand­ uhr beliebt. Standuhren waren im 15. Jh. meist sechseckig, mit einem Zifferblatt, das oft auch den Mondwechsel angab, sie waren in Deutschland und in Frankreich ver­ breitet. Im 16. Jh. wa­ ren viereckige Stand­ uhren üblich (Augsburg Zentrum der Herstel­ lung). Nun wurden auch an allen Seiten der Uhr Zifferblätter ange­ bracht, oft auch Glocken. Die Uhr war dann häu­ fig von einem Dach be­ krönt. Überhaupt bot das Uhrgehäuse die Mög­ lichkeit, die Uhr als Ar­ chitektur erscheinen zu lassen. Das 17. und 18. Jh. liebte reich verzierte

UNTEUTSCH

Uhren, da die Einführung des langen Huy­ gens-Pendels um die Mitte des 17. Jhs. viel­ seitige Möglichkeiten der Ornamentierung bot (besonders in Holland und England). Höl­ zerne Wanduhren wurden vor 1700 herge­ stellt. (Die sog. Schwarzwälder Uhren sind erst später bekannt.) Mit hölzernen Uhren waren die Rathäuser der Städte oft ausgestat­ tet. Schnitzereien (z. B. die Bamberger Uhr mit dem Apostelumgang) waren die Hauptverzienmgen. Figuren, die bei Stundenschlag erschienen, wurden nun üblich. Gegen Ende des 17. Jhs. kamen, wohl zuerst in Augsburg, die Uhren mit Spielwerken auf, die wieder für die Goldschmiede ein reiches Feld der Verzierung boten. Seit dem 18. Jh. wurden Uhren auch von Porzellangehäusen (-> Chinoiserien) umgeben. Die neuere Zeit ahmt häufig, neben der Herstellung moderner Ge­ häuse, alte Formen nach.

tren Süddeutschlands. Zu lokaler Berühmtheit gelangte der Ulmer Fassadenschrank, dessen prunkvolle Sdiauwand im 16. Jh. besonders reich mit farbigen Hölzern eingelegt wurde. Im Barock verzierte man die zweigeschossi­ gen Nußholzschränke prächtig mit architek­ tonischen Motiven, glatten oder gedrehten Säulen auf Konsolen, schmalen Nischen auf den Seitenfeldern, Blendrahmen und Bekrö­ nungen auf den Türflügeln und einem meist dreiteiligen, hohen Aufsatz. In die schmalen Gesimse wurden fast immer Schubladen ein­ gefügt.

UMLAUF heißt der gestickte Behang eines Schenktisches. UNBEWAFFNET, in der Heraldik ein Löwe ohne Klauen, ein Adler ohne Fänge, ein Ele­ fant ohne Stoßzähne u. ä. UNECHT, echt aussehend, aber nicht -> echt.

UNIFORM (lat. uniformis = gleichförmig), mit dem Aufkommen stehender Heere im 17. Jh. ging die gleiche Bekleidung einher. Die Soldaten eines bestimmten Heeres waren durch ihre Tracht gekennzeichnet. Seit dem 18. Jh. ist die Uniform allgemein üblich. UNTERARMRÖHRE, der untere Teil des Armzeugs eines -> Harnischs. Die Ober­ armröhre ist der obere Teil und meist geson­ dert gearbeitet.

UNTERBEINZEUG eines ■> Harnischs oder Kürisses besteht aus Beinröhren oder Beinschienen mit Schuhen. UNTERGLASURMALEREI > Porzellan.

ULMER FASSADENSCHRANK. Vor al­ lem in der Spätrenaissance und im Frühbarock war Ulm eines der bedeutendsten Möbelzen­

UNTEUTSCH, Friedrich, Kunsttischler und Ornamentzeichner in Frankfurt am Main, der um die Mitte des 17. Jhs. tätig war. Er wurde bekannt durch sein Stichwerk „Neues Zieratenbuch den Schreinern ... sehr dienst­ lich“, in dem er das Knorpelwerkornament vielfach abwandelt. -233

Knorpelwerkornament von Friedrich Unteutsch

UTTMANN

URBINO hatte seit dem Beginn des 16. Jhs. eine bedeutende Fayenceindustrie (-> Fay­ ence). Charakteristisch sind weiße Gefäße mit Grotesken. USCHAK-TEPPICHE, kleinasiatische Tep­ piche, die neben denen der Hofmanufakturen bereits im 17. und 18. Jh. von hervorragen­ der Qualität gewesen sein müssen. Sie werden in Uschak hergestellt. Es sind zum Teil sehr große Teppiche, die im Innenfeld mit großen Medaillons gemustert sind, in die sich häufig

ein zweites Medaillonsystem vom Rand her schiebt. Der wenige freibleibende Raum im Mittelfeld wird von Ranken ausgefüllt. Auch rapportartige Arabesken im Mittelfeld sind üblich. Die vorherrschenden Farben sind rot, blau, gelb und elfenbein. Die Bordüren zeigen manchmal Verschlingungen, die an arabische Schriftzeichen erinnern.

OTTMANN, Barbara, geb. von Elterlein aus Nürnberg, führte um die Mitte des 16. Jhs. die Spitzenherstellung im Erzgebirge ein.

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VALENCIA, von altersher ein Ort der Fayenceherstellung. Vor allem die -> Azulejos werden dort gemacht.

VALENCIENNES-SPITZEN, feine Nadel­ spitzen, die in Valenciennes hergestellt wur­ den. Sie zeigen einen beinahe durchsichtigen Netzgrund, auf den das Blumenmuster mit feinstem Garn zart aufgenäht wird. Seit dem 18. Jh. werden häufig auch in anderen fran­ zösischen oder belgischen Orten genähte Spit­ zen mit viereckigem Netzgrund „Valen­ ciennes“ genannt.

VALLOIS, Nicolas (1738 bis um 1880), Bild­ hauer, der in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. in Paris arbeitete und in den Jahren vor der Revolution Aufträge vom Garde Meuble erhielt. 1784 wurde er Hofbildhauer und Lehrer an der Akademie in Kassel. Dort war er an der Ausstattung des Schlosses Wil­ helmshöhe beteiligt. VANDERCRUSE, Roger, französisch La­ croix oder Delacroix genannt (1728—1799), bedeutender Pariser Ebenist, Meister 1755. Er signierte seine Möbel mit „R. V. L. C." (Roger Vandercruse La Croix). Drei seiner Schwestern waren mit Pariser Ebenisten ver­ heiratet, die älteste mit Jean François Oeben und nach dessen Tod mit -> Rie­ sener. Auch die Möbel Vandercruses stehen in Marketerie und Bronzeschmuck denen Oebens nahe. Besonders die kleinen Tischchen zeichnen sich durch Gefälligkeit der Form und subtilen Schmuck aus. Als einer der ersten verwendete er Zitronenholz mit Eben­ holzeinlagen, doch verzierte er seine Möbel auch mit Lack, Vernis oder Sèvresporzellan. VARGUENO, nach dem Hauptherstellungs­ ort Vargas benannter spanischer Typ des -> Kabinetts.

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VASEN, Bezeichnung, die für antike Tonge­ fäße verwendet wird, vor allem in Zu­ sammenhang mit der Vasenmalerei. Bema­ lung von Gefäßen ist schon aus vorgeschicht­ licher Zeit nachgewiesen, in Griechenland geht sie von der kretisch-mykenischen Kunst aus. Gefäße verschiedener Formen (-> Am­ phora und die einzelnen Gefäße) werden mit geometrischen Ornamenten (geometrischer Stil) geschmückt, später kommen geometri­ sche stilisierte Tiere und auch Menschen hin­ zu. Pflanzliche Motive und Lockerung der streng geometrischen Elemente in der Vasen­ malerei kommen durch orientalischen Ein­ fluß im 7. Jh. vor allem zum Ausdruck (orientalisierender Stil, protokorinthischer und korinthischer Stil). Danach Entwicklung der Darstellungen aufVasen.Die attischen Va­ sen des 6. Jhs. sind schwarzfigurig, d. h. die Figuren sind schwarz auf dem Tongrund ge­ geben, die Innenzeichnung ist durch Rit­ zung angegeben (Exekias).

Gegen Ende des 6. Jhs. wird die Malerei rotfigurig: die Figuren werden aus der schwar­ zen Umrahmung auf dem roten Ton ausge­ spart, die Innenzeichnung ist schwarz. Der Höhepunkt der griechischen Vasenmalerei mit Darstellungen aus der Mythologie und aus

VENEDIG

dem Leben der Griechen fällt ins 5. Jh. Die Namen einiger Künstler sind uns überliefert (Klitias, Ergotimos, Oltos, Epiktet, Euphronios, Duris und einige andere, die zwar nicht namentlich überliefert sind, aber auf Grund ihrer Arbeiten bestimmt werden können). Die griechische Vasenmalerei lebte in Italien weiter, wohin attische Gefäße importiert worden waren.

VASENTEPPICHE, Bezeichnung für ■> per­ sistile Teppiche mit reichem Blumendekor, auf denen auch meist eine Blumenvase dar­ gestellt ist. VEDUTE, Ansicht, nach der Natur gemalte Landschaft oder Ansicht von Architektur. Vom 17. bis 19. Jh. häufig. VEILLEUSE, Sofaform des Rokoko, deren Rückenlehne auf der einen Seite höher ist als auf der anderen. Veilleusen wurden im­ mer paarweise aufgestellt und z. B. symme­ trisch zu beiden Seiten des Kamins gruppiert.

VEILSDORF -> Kloster Veilsdorf. VELDE, Henri van de (1863—1957) bel­ gischer Architekt, der großen Einfluß auf das Kunstgewerbe genommen hat. Von 1900 bis 1914 war er in Deutschland tätig, von 1907 an als Leiter der Kunstgewerbe­ schule in Weimar. Der Jugendstil in Deutsch­ land war stark von seinem Schaffen be­ stimmt. Auch in Brüssel, wo er 1925 eine Schule für Baukunst und Kunstgewerbe ein­ richtete, fand er mit seinen neuen Formen

starken Anklang. Nachahmungen historischer Stile, wie sie vom 19. Jh. her üblich waren, lehnte er ab und versuchte etwas Eigenes an die Stelle zu setzen. Theoretisch hat er seine Vorstellungen in mehreren Schriften niedergelegt (z. B. Vom neuen Stil, 1907).

Vene***».

Ven:

Venedig

Venedig

Venedig

Vezzi

Vezzi

Vezzi

VENEDIG hatte im 18. Jh. mehrere Porzel­ lanmanufakturen, von denen die bedeutend­ sten die von Francesco Vezzi, die von 1720 bis 1727 bestand, und die von Friedrich Hewelcke, die von 1758 bis 1761 arbeitete, waren. Vezzi hatte sein Unternehmen der Leitung des ehemaligen Meißner Emailmalers und Vergolders Christoph Conrad Hunger unterstellt. Es wurden vor allem Gefäße her­ gestellt, die mit Chinoiserien, Wappen, my­ thologischen und anderen Darstellungen ver­ ziert waren. Die Manufaktur von Hewelcke kam 1765 an Geminiano Cozzi, der die Pro­ duktion von Tellern, Dosen und anderen Gefäßen, auch von unbemalten Figuren, fort­ setzte. Vom 15. bis zum Ende des 18. Jhs. wurden in Venedig in mehreren Manufak­ turen Majoliken hergestellt. In der Frühzeit waren diese Stücke stark vom chinesischen Ming-Porzellan und von türkischer Keramik beeinflußt.

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VERNEH-TEPPICH

VENEZIANISCHE GLÄSER. Im 16. Jh. wurde die auch schon im MA geübte Glas­ herstellung in Venedig zur bedeutendsten in Europa. Aus feinstem Glas wurden in tech­ nisch hervorragender Arbeit Gläser in neuen, prachtvollen Formen, auch farbig und mit Schmuck versehen, hergestellt. Die Technik des Glasblasens erfuhr durch Erfindung und Rückgriffe auf alte Vorbilder in dieser Kunst höchste Verfeinerung. Bis ins 17. Jh. hinein war Venedig vorbildlich für alle anderen Glaswerkstätten in Europa, die die venezia­ nischen Erzeugnisse nachzuahmen bemüht waren. Noch heute ist Murano bei Venedig berühmt für schöne Glasarbeiten. VENEZIANISCHE MAJOLIKA wurde seit dem 15. Jh. hergestellt. Die Grundfarbe ist meist weißlich bis gelb, die Dekoration lehnt sich an Zierformen aus der Gold­ schmiedekunst an. Man war lange Zeit bemüht, dünnwandige harte Gefäße herzu­ stellen; die dabei geschaffenen Formen haben auf die von Glasgefäßen aus Murano ge­ wirkt. Im 18. Jh. wurde in Venedig auch Frittenporzellan hergestellt. VENEZIANISCHE PERLEN werden vor allem in Murano hergestellt, aus Millefiori-, gestricktem und anderem farbigen ■> Glas. Auch Perlen, die aus dünnen gefärbten Glas­ röhren geschnitten wurden, sind üblich. VENEZIANISCHE SPITZEN, vor allem im 16. Jh. kunstvoll hergestellte Nadel­ spitzen, deren Muster reliefartig gearbeitet war (Reliefspitzen), indem die Umrisse der Blumen und Blätter mit dicken Fadenrändern umzogen wurden. Sie erscheinen dadurch plastisch gearbeitet. Meist stehen sie auf dunkler Unterlage und sind miteinander durch ein feines Geschlinge verbunden. Eine besondere Kostbarkeit sind die sog. Rosen­ spitzen, bei denen einzelne Blätter sogar aufrechtstehend gearbeitet sind. Im 17. Jh. 238

wurde das Muster dann kleiner gestaltet, man nannte diese kleinteiligen Spitzen ver­ micelli, Würmchen.

VERDURE, ein Wirkteppich, der als Haupt­ farbe Grün aufweist und mit Pflanzen- und Tiermustern geschmückt ist. Er kommt zuerst im 15. Jh. als eine Sonderart des Bildteppichs vor und hat sich bis ins 18. Jh. als Typ des Wandteppichs erhalten.

VERGLÜHEN, Tonwaren oder Porzellan zum ersten Mal (vor dem Glasieren) bei schwachem Feuer brennen.

VERKLEIDEN, die Oberfläche von Mauer­ werk mit Platten, Täfelwerk, Mosaik u. ä. bedecken. VERKROPFTES GESIMS -> Gesims. VERLORENE FORM -> Bronzekunst.

VERNEH-TEPPICH, gewirkter kaukasischer Teppich mit eingestickten Mustern: in der Hauptsache stilisierte Tiere, auch Vögel, in quadratischen Feldern mit kleinen Orna­ menten in Querstreifen.

VINCENNES

VERNIS MARTIN heißt ein grüner Möbel­ lack, der von den Brüdern Martin in Nach­ ahmung östlicher Lacke um die Mitte des 18. Jhs. in Paris entwickelt wurde.

VERONA, Giovanni da, Fra (1459—1537), ein großer Meister der -> Intarsie, der prachtvolle Verzierungen an Chorgestühlen, Türen, Schränken, Vertäfelungen, in Intar­ sientechnik ausgeführt hat, vor allem in der Kirche des Klosters S. Maria in Organa, dem er als Mönch angehörte; aber auch in Siena und Monte Oliveto (Chorstühle), in Rom (Türen im Vatikan), in Neapel (Wandgetäfel in S. Anna dei Lombardi) und an anderen Orten. VERTÄFELN, eine Mauer mit Holztäfelung verkleiden.

VERWANDTE FAUST, auf Wappen eine Faust, die den Handrücken zeigt. VEXIERGLÄSER, Scherzgläser des 16. und 17. Jhs., aus denen die Flüssigkeit nicht durch die Halsöffnung, sondern auf komplizierten Umwegen (z. B. durch den Henkel) und meist nur tropfenweise herausfließt. Häufig­ stes Beispiel ist der -> Angster. Auch im Altertum waren Vexiergläser bekannt.

VIANEN, Paul und Adam van, bedeutende holländische Silberschmiede des ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jhs. Sie waren in der Hauptsache in Utrecht tätig. Paul van Vianen war zuletzt Kammergoldschmied Kaiser Rudolfs II. und starb 1613 in Prag. Sein Bruder Adam, vermutlich älter als Paul, hat zahlreiche Ornamententwürfe hinterlas­ sen, die 1652/54 veröffentlicht wurden und großen Einfluß auf die Goldschmiedekunst hatten. Adam van Vianen gilt als der Schöp­ fer des sog. -> Knorpelwerks, das er selbst in vielerlei Abwandlungen verwendet hat.

Adam van Vianen

VINCENNES (Frankreich). Im Schloß von Vincennes begannen 1740 auf Veranlassung Ludwigs XV. Versuche, Porzellan in der Art des Meißner Porzellans herzustellen. Den Brüdern Dubois gelang, nach langer vergeblicher Arbeit, zusammen mit Gravant, die Herstellung von Frittenporzellan, das bald von bedeutenden Künstlern geformt wurde und von hoher Qualität war. Auch Buntmalerei, die in Frankreich sonst nicht erlaubt war, wurde angewandt. 1756 wurde die Manufaktur nach Sèvres verlegt.

Vincennes

Vincennes,

Sèvres

Sèvres

Vincennes, Sèvres Louis Philippo

VINCENNES-Fayence -> Hannong.

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VULCANUS

VISIER, am Helm der verschiebbare Ge­ sichtsschutz, der mit Gitterwerk, Mund- und Augenlöchern versehen ist. Oft hatte seine Form auch Ähnlichkeit mit einem Tierkopf.

VOLLGUSS -> Bronzekunst.

VOLU'l'E, schneckenförmige Windung am ionischen Kapitell, seit der Renaissance wiederverwendet, auch an Möbeln, in Orna­ menten usw.

VOTIVTAFEL -> Tabula. VOYEUSE (fr.), ein Stuhl, auf dem man rittlings sitzen und dabei die Arme auf der hohen, mit einem Polster ausgestatteten Lehne verschränken und so bequem Karten­ spiele u. dgl. beobachten konnte. Die Form kam um die Mitte des 18. Jhs. in Frank­ reich auf. VITRINE (von lat. vitruns = Glas), ein Schrank mit Glastüren oder Glaswänden, Schaukasten.

VLIES ■> Goldenes Vlies.

VOGELTEPPICHE. Auf anatolischen Tep­ pichen des 17. Jhs. kommen in regelmäßiger Anordnung breite kantige Blätter mit dün­ nen Stielen vor, die entfernt wie unge­ schickt gezeichnete Vögel aussehen. VOLKSTEDT, 1762 von Georg Heinrich Machleid gegründete Porzellanmanufaktur, die 1804 an Gotthelf ■> Greiner in Rudol­ stadt verkauft wurde. Anfangs wurde Weich-, dann Hartporzellan hergestellt, der Scher­ ben war nicht ganz rein. Die Manufaktur arbeitete nach Meißener Vorbild, was sich in der zuerst benutzten Marke zeigte. Seit 1804 — die Manufaktur besteht noch — ist die Marke wie die zuletzt abgebildete.

w

VolkstedtRudolstadt 1767—1787

240

ώJi Volkstedt-

Volkstedt-

Rudolstadt

Rudolstadt

«799-

VREDEMAN DE VRIES, Jan (1527 bis nach 1604), Architektur- und Ornament­ zeichner, geboren in Leeuwarden. Er arbeitete von 1549 bis 1570 hauptsächlich in Ant­ werpen, danach in verschiedenen deutschen Städten und in Prag. Er gewann mit seinen zahlreichen Architekturperspektiven und Or­ namentstichen mit Rollwerk und Grotesken als Hauptdekorationselemente bedeutenden Einfluß auf die Möbelkunst. In seinen Möbel­ vorlagen zeigte sich ein strenger Stil, der für die Niederlande und Norddeutschland, aber auch für England und Skandinavien vorbildlich wurde. VREDEMAN DE VRIES, Paul (1567 bis nach 1630), Architektur- und Ornamentzeich­ ner, Sohn, Schüler und Mitarbeiter von Jan Vredeman de Vries. Für die Möbelkunst ist besonders sein Stichwerk „Verscheyden Schrynwerck“ (Amsterdam 1630) durch die zahlreichen Entwürfe für Türen, Schränke, Truhen, Tische, Betten usw. von Bedeutung.

VULCANUS ·> Hephaistos.

Schrankentwürfe von Paul Vredeman de Vries

w WACHSOPAL, ein durchscheinender gelber Opal, der wachsähnlich glänzt. WAGNER, Johann Peter (1730—1809), be­ deutender Würzburger Bildhauer, dessen Skulpturenstil in ganz Franken nachgeahmt wurde. Nach dem Tode von Johann Wolf­ gang van der Auvera (1756) wurde er dessen Nachfolger, heiratete 1759 die Witwe und führte die Werkstatt zusammen mit Lukas van der Auvera fort. Von da an arbeitete er auch für die Inneneinrichtung der Resi­ denz, vor allem Konsoltische. Sie zeigen den Spätstil des Rokoko und die allmäh­ liche Rückentwicklung der Rocaille zu akanthusartiger Form. An die Möbel des Louis XVI erinnern die Blattgehänge und Blattmuster in den Füllungen der Beine.

WANGEN, in der Kunstschreinerei Bezeich­ nung für einschließende Seiten — z. B. eines Chorgestühls oder an Treppen; auch die Seitenbretter am Tischgestell werden so genannt (-> Rhöntisch). WAPPENKUNDE ■> Heraldik, Herold.

WÄRMEPFANNEN, Kohlenbehälter mit durchbrochen gearbeitetem Deckel, über die man die Hände halten konnte. Manche waren in schöner Treibarbeit aus Kupfer gemacht.

auf blauem Grund, mit Bildnismedaillons, Nachbildungen von Kameen u. ä. Gelblich glasiertes Steinzeug, das mit Pflanzen­ mustern und Tierornamenten in haupt­ sächlich grüner Farbe verziert war, hieß seit 1765 nach der Königin Charlotte -> Queens-Ware. Nachahmungen von antiken Gefäßen entsprachen vor allem dem klassi­ zistischen Zeitgeschmack. Von 1795 bis etwa 1815 wurde von Wedgwoods Sohn Knochen­ porzellan hergestellt, das nach 1878 das Hauptprodukt von Wedgwood wurde. WEDGWOOD-DINNER-SERVICE, ein be­ rühmtes Service aus Steinzeug, 1774 von Wedgwood für die Kaiserin Katharina II. von Rußland vollendet. Es besteht aus 950 Teilen. Der Dekor zeigt in Bemalung mit Maulbeerpurpur Kopien alter Stiche, eng­ lische Landschaften und Szenen.

WED OWOO)) WEESP, holländische Porzellanmanufaktur, die 1757 gegründet wurde, vermutlich aber erst 1762 mit der Herstellung von Hart­ porzellan beginnen konnte. Das Porzellan ist gut und weiß, Formen und Dekors sind von anderen Manufakturen weitgehend über­ nommen. Neben einfachem Gebrauchsgeschirr wurden schöne Gefäße mit guter Malerei (z. B. nach Watteau) hergestellt und auch Plastiken. 1771 übernahm Johannes de Moll das Unternehmen und verlegte es nach -> Oude Loosdrecht.

WARZENBECHER ■> Römer.

WEDGWOOD, Josiah (1730—1795) grün­ dete 1769 die Steinzeugmanufaktur Wedg­ wood in -> Etruria, Staffordshire, England, in der Ton- und Steinzeuggefäße von be­ sonders guter Form und Qualität herge­ stellt wurden, die für viele andere Manu­ fakturen vorbildlich waren. Berühmt war vor allem die feine sog. ->■ Jasper-Ware, feine Steinzeuggefäße mit weißen Reliefs M2

WEGELY, Wilhelm Caspar, gründete 1750 mit Porzellanarbeitern, die vorher in Höchst tätig waren, eine Manufaktur in Berlin, aus der später die Königliche Porzellanmanufak­ tur hervorgegangen ist.

WEIDBESTECK, ein im Köcher getragenes Zerwirkmesser mit Beimessern und Gabel.

WIENER PORZELLAN

WEIDPRAXE -> Jagdwaffen.

WEISHAUPT, Bartholomä (gest. 1581), Augsburger Kunstsdireiner, der Schränke in kunstvoller Ausführung an Philipp II. von Spanien geliefert hat. WEISWEILER, Adam (geb. um 1750), be­ kannter Pariser Ebenist. Gebürtig wahr­ scheinlich aus Neuwied, wo er in der Werk­ statt von David -> Roentgen lernte. Im Jahre 1777 ließ er sich als freier Hand­ werker in Paris nieder und wurde 1778 mâitre-ébéniste. Er lieferte hauptsächlich an den Kaufmann Daguerre, durch dessen Vermittlung eine große Anzahl seiner Möbel in die königlichen Schlösser kam. Seine Arbeiten sind oft etwas schwer und un­ proportioniert. Die Kommoden sind meist dreitürig. Statt mit Marketerien schmückte er seine Möbel mit japanischen Lacktafeln oder mit Bronzen, manchmal auch mit Porzellanauflagen.

A ♦WEISWEILER. WELLENSCHRANK, Frankfurter Barock­ schrank ohne plastischen Schmuck, bei dem Füllungen und Gesimse abwechselnd aus Wulst und Kehle bestehen.

WERNER, L. J., Pariser Ebenist des -> Empire, von dem das Musée des Arts déco­ ratifs einen Sekretär und eine Kommode besitzt, für die — im Gegensatz zu den Ebenisten seiner Zeit — wieder einheimische Hölzer (Nußbaum) in Verbindung mit stren­ gem Bronzeschmuck verwendet wurden. WICHMANN, Friedrich, Bildhauer und In­ haber einer Möbelmanufaktur in Kassel zu Beginn des 19. Jhs. Er lieferte 1810/11 einen Schreibtisch und zwei Blumentische für Jérôme Bonaparte nach Schloß Wilhelms­ feld, die ihn bekannt machten.

WIELAND DER SCHMIED, ein Held der germanischen Sage, der bei den Zwergen alle kunstreichen Metallarbeiten erlernt hatte. Sein berühmtes Schwert Mimung war so scharf, daß es bei nur schwachem Hieb einen Menschen mitten durchschnitt und der dabei nur das Empfinden hatte, als sei ihm ein Tropfen Wasser durch den Körper gelaufen.

WIENER PORZELLAN. Der österreichische Hofkriegsagent Claudius Innocentius Du Paquier gründete 1717 in Wien eine Por­ zellanmanufaktur, die mit Hilfe des Ver­ golders -> Hunger, des Arkanisten ■> Stölzel und anderer ehemals Meißner Arbeiter 1719 Porzellan herstellte, das von dem Meißner zwar verschieden, aber nicht schlechter als dieses war. Der Scherben war etwas grau, die Formen waren einfach, Meißner Vor­ bilder wurden bewußt nicht nachgeahmt. Beliebte Formen: zierliche Tassen, Terrinen mit figürlichen Deckelknäufen, Uhrgehäuse u. a. mit gemalten Chinoiserien, indianischen oder deutschen Blumen und — früher als in Meißen — Streublumen. Um 1749 gelang es, ein gutes Porzellan mit Kaolin aus Un­ garn und Böhmen herzustellen. Die Manu­ faktur wurde nun staatlich und arbeitete

C . G w Wien

in größerem Umfang. Sèvres-Porzellan und überhaupt französische Motive bestimmten den Dekor. Auch die Porzellanplastik ent­ faltete sich nun: Komödienfiguren, Volks­ typen, Liebespaare, Putten u. dgl. Hierbei wirkten zweifellos Meißner Arbeiten anre­ gend. 1784 wurde die Manufaktur an den Fabrikanten Sörgel von Sorgenthai aus Linz verkauft. Die Arbeiten werden nun klas­ sizistisch. 1864 wurde das Unternehmen ge­ schlossen. M3

WÖCHNERINNENSCHALE

WILLIAM AND MARY, Bezeichnung für den englischen Wohnstil zur Zeit Wil­ helms III. von Oranien (in England 1689 bis 1702) und seiner Gemahlin Maria. WILLKOMM, prachtvoller Becher oder Po­ kal, in dem der Willkommenstrunk darge­ reicht wurde. Willkommsbecher sind in Deutschland vom 16. bis 18. Jh. aus Glas oder aus Edelmetall gearbeitet und reich verziert worden. Aus dem 15. Jh. (um 1450) hat sich der berühmte Willkomm der Grafen von Katzenelnbogen in Hessen er­ halten (Kassel, Landesmuseum).

WINTERKÖNIGSTALER heißen die wäh­ rend der kurzen Regierung des Pfalzgrafen Friedrich V. von der Pfalz als König von Böhmen (1619/20), des Winterkönigs, ge­ schlagenen Taler. Die Schrift zeigt ein auf dem Kopf stehendes D.

WIRKTEPPICH ·> Bildteppich.

WINDOW-STOOL -> Fenstersofa. WINDSOR-STUHL, gegen Ende des 17. Jhs. in England entwickelter Stuhltyp mit sattel­ förmigen Sitz aus Rüster, vier Beinen aus Buche oder Esche, halbrunder Rückenlehne aus Taxus, die gleichzeitig als Armlehne vorgezogen ist, und mit federnden Rund­ stäben oder ausgeschnittenen Brettern als Füllung der Lehne.

244

WÖCHNERINNENSCHALE, französisch bouillon de mariée oder coupe d'accouchée genannt. Vom 15. bis ins 18. Jh. hinein war es Brauch, den Wöchnerinnen eine Suppenschale, d. h. eine Schale mit Unter­ satz und Deckel, als Geschenk zu über­ reichen. In Italien waren sie oft aus Majolika und mit Darstellungen der Maria mit dem Kinde oder mit Kinderszenen be­ malt. In Frankreich kamen sie meist aus Limoges und waren in limusiner Email ge­ macht, aber auch aus Zinn und im 18. Jh. aus Silber. In Deutschland gab es sie vor­ nehmlich in Fayence oder Steinzeug.

WURSTKRUG

WOLFF, Christoph (1720—1795), Pariser Ebenist, dessen Arbeiten sich wie die fast aller deutschen Ebenisten in Frankreich durch hervorragende Ausführung und solide mecha­ nische Einrichtungen auszeichnen. Seine Mö­ bel sind mit guten Marketerien (Blumen und Landschaften) ausgeschmückt.

nächst einfaches Tafelgeschirr mit unter­ glasurblauen Dekorationen her. Später wurde

Worcester

Worcester

Worcester

WOLFSKLINGEN, Schwertklingen des aus­ gehenden MAs, die sehr geschmeidig und deshalb hochgeschätzt waren. Sie sollen, mit einem Wolf als Marke versehen, im 13. Jh. zuerst in Passau hergestellt worden sein. Später übernahmen die Klingenmacher die Wolfsmarke als ihr Zeichen.

der Dekor reicher und kostbarer: ImariDekore, Blumen, Meißner Vorbilder, von 1756 an wurden auch Kupferstiche auf das Worcester-Porzellan übertragen, sowie ganze Sèvres-Muster. 1840 verschmolz die Manu­ faktur mit der von Flight und Barr, deren Namen oder Initialen ihrer Namen seitdem in der Marke erscheinen. Die Manufaktur besteht noch heute und ist bekannt für feines Gebrauchsgeschirr.

WOLKENBAND, die Darstellung zarter Wolken ist aus der chinesischen Kunst früh bekannt. Persien hat in der Blütezeit der Teppichknüpfkunst (16./17. Jh.) dieses Schmuckmotiv in immer neuen Variationen verwendet.

WÖRFLEIN, Johann Georg, Bildhauer, der 1736 bis 1744 als Gehilfe von Paul Amadeus -> Biarelle an der Ausstattung der Ansbacher Residenz mitgearbeitet hat. 1752 wurde er Biarelles Nachfolger als Hofbildhauer. Er wird bis 1769 im Ansbacher Adreßkalender als „Designateur“ geführt.

CO WOLFF

WRISBERGHOLZEN, Fayencemanufaktur, die 1735 von dem Baron v. Wrisberg auf seinem Gut Wrisbergholzen gegründet wurde und bis 1834 bestanden hat. Die Herstellung umfaßte Vasen und Geschirre, aber auch Ziergefäße in Tier- oder Menschgestalt oder Figuren, die eine Schale tragen. Im Dekor lehnt sich die Manufaktur an Vorbilder aus Braunschweig an.

WORCESTER-PORZELLAN. Die Manufak­ tur wurde 1751 gegründet und stellte zu-

WURSTKRUG ■> Ringkrug.

MS

XAMITUM -> Hexamitum.

XANTO, eigentlich Francesco Xanto Avelli, Majolikamaler, der von 1530 bis 1542 in Urbino tätig war. Für seine figürlichen Ma­ lereien hat er häufig auch die Gemälde be­ rühmter Zeitgenossen (nachweislich Raffael) als Vorbild genommen. Die meisten seiner Arbeiten sind signiert. XYELE (gr.), das Schab- oder Schnitzmesser.

XYLOGLYPH (von gr. xylos = Holz und glyphein = schneiden), der Holzschnitzer; Xyloglyphik, Holzschnitzerei. XYLOGRAPHIE (von gr.), Holzschneide­ kunst, xylographische Bücher sind z. B. ·> Blockbücher.

Boteh möglich) oder eine dichte Reihe von Rautenmedaillons und Dreieckzwickeln mit Haken. Die Bordüre zeigt meist eine enge Folge von kleinen Rauten mit Häkchen. Der Yürük wird aus Ziegenhaar und Wolle ge­ knüpft, sein Flor ist lang. Die Musterung ist stark vom Kaukasus her bestimmt, aber die prachtvollen differenzierten, aber kräftigen Farben geben diesem Teppich seinen eigenen Charakter. Er erscheint als Brücke, als schmaler, langer Teppich oder sehr klein in den Ausmaßen.

z ZAHNTÜRKIS, ein unechter -> Türkis. ZARGE, schmale Hängekante beim Möbel, z. B. unter der Tischplatte, als unterer Ab­ schluß von Schränken und Kommoden oder als Zierleiste um die Sitze von Stühlen, Sofas usw.

ZEBRAHOLZ ist ■> Koromandelholz aus Ostindien mit braunen o. schwarzen Adern. YAO (chinesisch), eigentlich Brennofen, da­ nach Bezeichnung für chinesische Keramik.

YATAGAN, orientalisches Kurzschwert mit leicht gekrümmter Spitze und ohne Parier­ stange.

YÜRÜK-TEPPICH, Nomadenteppich aus Kurdistan, dessen Innenfeld meist mit Mu­ stern gefüllt ist: diagonale Streifen mit kleinen geometrischen Motiven, Zypressen mit umgebogenen Wipfeln (Einfluß des

246

ZELLENSCHMELZ, Email.

émail

cloisonné

->

ZERBST hatte von 1721 bis 1861 eine Fayence- und Steingutmanufaktur, die von Johann Caspar Ripp, einem Porzellanarbeiter, der schon in Delft, Hanau, Frankfurt, Ans­ bach, Nürnberg, Bayreuth und Braunschweig tätig gewesen war, gegründet wurde. In den Anfangsjähren wurden Fayencegefäße im

ZINN

Delfter Stil hergestellt, Balustervasen, die blau oder bunt bemalt waren, Schnabel­ kannen, Kürbisflaschen. Das Porzellan rich­ tete sich nach Berliner Arbeiten. Die Manu­ faktur kam nie recht in Blüte, da die thürin­ gische Konkurrenz zu groß war. Ein neuer Anlauf wurde um 1800 gemacht, als man nur noch Fayence und Steingut herstellte. 1861 wurde das Unternehmen geschlossen.

gebildeten Larvenkörper auf einem mit geo­ metrischen Verzierungen versehenen Schild und hängt als Motiv vermutlich mit dem Totenkult zusammen. Es wird auch in der späteren chinesischen Kunst noch verwendet.

ZEUGDRUCK, ein Muster auf Stoff, das mit Hilfe von Holzmodeln aufgedruckt wur­ de. Seit dem 4. Jh. ist das Verfahren be­ kannt, im Mittelalter sind prachtvolle Muster mit Rot- und Goldfärbung aufgedruckt wor­ den. Der Zeugdruck wurde bis ins 18. Jh. auf die alte Weise geübt.

ZICK, Nürnberger Familie von Kunsthand­ werkern. Peter Zick (gest. 1632) hat vor allem Elfenbeinarbeiten geschaffen. Er wurde von Kaiser Rudolf II. nach Prag geholt, um ihn das Drechseln zu lehren. Sein Sohn Lorenz (1594—1666) war Drechslermeister am Hofe Kaiser Ferdinands III. in Wien. Wahrscheinlich hat er zuerst die sog. Kunst­ eier gemacht, eine Spielerei aus Elfenbein: in einer Kugel befindet sich eine zweite, aus demselben Stück gedrehte. Der Sohn von Lorenz Zick, Stephan 1639—1715) war am bekanntesten: seine -> Dreifaltigkeitsringe und künstliche Augen aus Elfenbein haben ihn berühmt gemacht.

ZIEGLER, Johann Georg (um 1707—1749), Bildhauer, der 1740 Bayreuther Hof- und Kabinettbildhauer wurde. Vermutlich hat er die Konsoltische für das Alte Schloß Eremi­ tage angefertigt, die mit ihren schweren, tei­ gigen Rocailleformen etwas provinziell wir­ ken. Nach seinem Tode wurde seine Werk­ statt von Johannes -> Schnegg weitergeführt. ZIKADEN-ORNAMENT, ein altchinesisches Ornament, das zuerst auf Bronzearbeiten des Yin-Stils (etwa 1500—1100 v. Chr.) auftaucht. Es besteht aus einem geometrisch

ZINN wurde von altersher zur Herstellung von Bronze (-> Bronzekunst) verwendet. Gefäße und Geräte aus Zinn haben sich aus vorgeschichtlicher Zeit und aus dem Alter­ tum nur selten erhalten. Zinn ist der Ver­ witterung stärker ausgesetzt als andere Me­ talle. Zweifellos wurde im Mittelalter vor dem 13. Jh. mit Zinn gearbeitet, nach dem 13. Jh. aber durch bedeutende Zinnfunde im Erzgebirge in erhöhtem Maße. Von nun an ist die Zinnkunst greifbar, vom 14. Jh. an sind Kunstwerke aus Zinn erhalten. Zahlreiche Werkstätten entstehen, die seit dem 14. Jh. eine Werkstattmarke zusammen mit dem Stadtzeichen in die Arbeiten schlagen. Die Blütezeit der Zinngießkunst lag im 16. und im Anfang des 17. Jhs. Vor allem Tafel­ geschirr, das auch in den Bürgerhäusern nun das einfache Steinzeug- oder Fayencegeschirr verdrängte, wurde hergestellt: Kannen, Schüsseln, Krüge, Becher, große Weinkannen, die häufig auf Löwenfüßen standen (Schleif­ kannen). Neben diesem Gebrauchsgeschirr wurden prachtvolle Schaugefäße aus Zinn

*47

ZWIEBELMUSTER

ZISELIEREN, letztes Überarbeiten einer gegossenen oder getriebenen Metallarbeit mit Meißel, Feile, Punze und Stahlstift.

ZITRONENGOLD, eine Goldlegierung von hellgelber Farbe, hervorgerufen durch, reich­ lichen Silberzusatz. ZITTERNADEL, eine Schmucknadel mit Edelsteinkopf, die aus dünnem, gedrehten Draht gearbeitet ist und bei jeder Berüh­ rung in Bewegung gerät. ZOPFSTIL, Bezeichnung für den dem fran­ zösischen -> Louis XVI entsprechenden deutschen Kunststil von etwa 1770 bis 1790.

gegossen, auch Leuchter, Kerzenständer, Pla­ ketten. Die Verzierungen wurden graviert, häufig durch ■> Flecheln angebracht. Diese Schmuckstücke nannte man Edelzinn. Nürn­ berg war außer für Goldschmiedearbeiten bekannt für gute Zinngefäße. Einer der be­ kanntesten Meister war Caspar -> Ender­ lein. Auch Augsburg war berühmt. In Mömpelgard arbeitete einer der bedeutendsten Zinnkünstler überhaupt, François ·> Briot. In der Zeit des Barock lehnte sich die Zinn­ kunst an Silberarbeiten an, bald danach ver­ lor sie gegenüber Porzellan, Glas und Fayence an Gewicht. Alte Zinngefäße und -geräte sind heute ein beliebter Sammelgegenstand.

ZINNBRONZE, Musivgold, die älteste, heute kaum noch verwendete Bronzefarbe.

ZINNPEST, Erkrankung von Zinngeräten, die sich in schwarzen, warzenartigen Flecken äußert und schließlich zur völligen Zer­ setzung des Metalls führt.

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ZOPFTALER heißen Münzen mit dem Bild von König Friedrich Wilhelm I. von Preu­ ßen, der einen langen Zopf trägt.

ZWEIHÄNDER, lange Schwerter des 15. Jhs., die nur mit beiden Händen ge­ führt werden konn­ ten und einen ent­ sprechend langen Griff hatten. Sie wer­ den auch Beidhänder genannt.

ZWIEBELMUSTER, ein berühmtes Blau­ Weiß-Porzellanmuster auf einfachem Ge­ brauchsgeschirr, das auf ostasiatische Blu­ menornamente zurückgeht. Es wurde zuerst 1739 in Meißen verwendet, dann allein von der Meißner Manufaktur Teichert herge­ stellt und nach 1912 von Hutschenreuther und Könitz übernommen.

ZYLINDERBUREAU

ZYLINDERBUREAU, Rollbureau, bureau à cylindre, ein Schreibtisch, der durch einen häufig als Jalousie eingerichteten Halb- oder Viertelzylinder verschlossen wird. Die frü­ hesten Beispiele aus Deutschland und Öster­ reich sind aus der Mitte des 18. Jhs., das Zylinderbureau ist als flacher Schreibtisch gebildet, über den sich der Rollverschluß als Halbzylinder legt. Beim öffnen ver­ senkte sich der Verschluß zwischen Rück­ wand und Schubladenteil. Der erste Sekretär

mit Aufsatz und Zylinderverschluß ist offen­ bar das berühmte bureau du roi Louis XV von ■> Oeben und ■> Riesener, dessen Me­ chanismus angeblich von Graf Kaunitz an­ geregt wurde (daher auch bureau à la Kau­ nitz genannt). Bei diesem Prunkmöbel wie auch bei den zahlreichen späteren Rollbureaus bewirkt das Zurückschieben des Zylinders gleichzeitig ein Vorrücken der Schreibtisch­ platte. Zylinderbureaus wurden häufig noch in der Zeit des -> Empire hergestellt.

249

SIGRID WECHSSLER

KLEINE STILKUNDE

FÜR ANTIQUITÄTEN SAMMLER

Eine Stilkunde des Kunstgewerbes auf kleinem Raum zu geben, ist ein schwieriges Unterfangen: Die Fülle der Gegen­ stände und die Vielfalt der verwendeten Stoffe lassen nur zu, in großen Zügen die Hauptmerkmale der in den jeweili­ gen Zeitabschnitten besonders beliebten Materialien, deren Verarbeitung und Ausschmückung aufzuzeigen, da sonst die Darstellung an Übersichtlichkeit verlieren würde. Es muß dem Liebhaber und Sammler überlassen werden, die Ge­

schichte der einzelnen Werkstoffe und deren Wesen selbst

einem gründlichen Studium zu unterziehen. Fachausdrücke, Bezeichnungen, Meister, die im vorstehenden

Lexikon angeführt sind, werden in der Stilkunde nur ange­ führt. Das Nähere kann der Leser unter dem jeweiligen Stichwort finden. Der Sinn dieser Stilkunde ist es, dem Leser an Hand eines historischen Überblicks die Möglichkeit zu geben, kunsthand­

werkliche Gegenstände zeitlich zu bestimmen. Metall, Glas, Ton, Holz, Textilien sind uralte Werkstoffe, die in der Antike schon von den Handwerkern mit großer künstlerischer Fertigkeit verarbeitet wurden. Die einzelnen

Materialien wurden in den verschiedenen Stilperioden, je

nach der Beliebtheit, mehr oder weniger herangezogen. Tech­ nische Errungenschaften gerieten in Vergessenheit, um später wieder neu belebt zu werden. In der Material wähl drückt

sich oft deutlich der Stilwille aus.

Karolingerzeit ca. 700—900 Der Zerfall des römischen Kaiserreiches brachte zugleich den

Niedergang des römischen und römisch beeinflußten Kunst­ gewerbes. Im Frankenreich wurden große Teile der handwerklichen Gebrauchsgerät

Tradition des Römerreiches bewahrt. Gebrauchsgeräte aus Ton, Glas und Edelmetall sind in fein gestalteten Formen

auf uns gekommen. Die Karolingerzeit erweckte das Kunsthandwerk, nun aller­ dings ausschließlich in den Dienst der christlichen Kirche ge­ stellt, zu neuem Leben. Das Bedürfnis nach würdig und Kirchengerät

prachtvoll ausgestattetem Kirchengerät zur Dokumentation

der kirchlichen Macht und des christlichen Kaisertums ver­

anlaßte die Klöster, in ihren Mauern Mönche auszubilden, die

hohe künstlerische Qualitäten in Goldschmiedekunst, Elfen­ beinschnitzerei und Buchbinderei erreichten.

EDELMETALL Reliquiar Kruzifix Bucheinband

Die Goldschmiedearbeiten, — Reliquiar, Kruzifix, Buchein­ band — zeigen kompakte und gedrungene Formen. Die Fas­

sungen für Glas und Stein sind aus einfachem Filigranwerk hergestellt. Außer Glas und Stein wird Zellenschmelz, Email und Goldemail zur bunten Ausstattung herangezogen.

Die sparsamen figürlichen Darstellungen sind von über­

reicher Band- und Tierornamentik umrankt und über­ wuchert.

252

ELFENBEIN

Der Bucheinband erhält oft ein Relief aus Elfenbeinschnitze­ rei, ein Material, das sich durch die Bekanntschaft mit By­

Bucheinband

zanz im frühen Mittelalter großer Beliebtheit erfreut. Die

kleinen Reliefs wurden zuerst direkt von Byzanz bezogen,

später dann durch eigene Schulen hergestellt. Es sind Dar­ stellungen mit biblischen Szenen, von feierlich-strenger Aus­ drucksweise.

HAUSRAT

Neben diesen prachtvoll gearbeiteten Gegenständen kirch­ licher Kunst haben sich wenige Gebrauchsgeräte aus Glas und Ton erhalten. Die Formen sind schlicht und von angenehmer Struktur. Glasbecher von hochgereckter Form, mit Faden und Rüssel belegt, deuten das fränkische Erbe an.

ORNAMENT

Das kreisende, schlängelnde Band- und Tierornament wird durch irische und angelsächsische Mönche im ganzen christ­

Band- und Tierornamente

lichen Abendland verbreitet. Unter antikem Einfluß wird die menschliche Figur in abstrahierender Stilisierung gegeben und erhält dadurch eine strenge Feierlichkeit.

25)

Ottonisdie Zeit 900—1030 Das Kunstschaffen in der Zeit der Ottonen führt die gefun­

denen Formen der karolingischen Epoche weiter, jedoch kommen noch starke antike Züge und, durch verwandtschaft­

liche Bindungen mit Byzanz, byzantinisches Kunstempfinden

hinzu.

EDELMETALL Kirchengerät Kaisennsignien

Gold repräsentiert die Allgewalt der Kirche und des christ^εη Kaisertums. Reliquien, Vortragekreuze, Kruzifixe,

Einbanddeckel von Evangeliaren, aber auch die Kaiserinsi­ gnien und Königskronen werden von goldschmiedenden Mön­ chen mit unendlichem Fleiß und großem Feingefühl für das Material angefertigt. Auf der Goldplatte sind Filigran­ architekturen in Miniaturgröße aufgebaut mit Rundbogen,

Arkaden, Türmen, bekrönt mit buntem Glas, Perlen und Steinen. Es sind Gebilde von strahlender Ausdruckskraft.

Wir spüren das Bestreben, das neu erstandene Kaisertum deutscher Nation und christlichen Glaubens zu dokumen­ Zellenschmelz icllo

tieren. Figürliche Darstellungen werden in Zellenschmelz und häufig __ .

in Niello ausgeführt, ihr Thema ist die christliche Lehre. Der Mensch wird feierlich streng, aber dodi viel lebensnaher als in karolingischer Zeit dargestellt. Die Vorbilder dieser Dar­

stellungen sind in der Buchmalerei zu finden.

254

BRONZE

Der Bronzeguß gelangt unter Bischof Bernward von Hildesheim zu großer Bedeutung. Türen, Leuchter, Tauf- und

Bernhard von

Hildesheim

Weihwasserbecken, Bischofsstab, alles Gerät, was in der Kirche nicht zur liturgischen Handlung herangezogen wird, erhält seine Gestaltung in Bronze.

TEXTILIEN

Textilien als vergängliches Material sind nur in spärlichen Resten auf uns gekommen: geistliche Gewänder, Wirktep­ piche für Kirchen, mit biblischen und Heiligenszenen, einge­

faßt in Kreis oder Mandorla, umsponnen von Ornamenten.

ORNAMENT

Den Geräten eignet die gleiche Ornamentik. Unter irisch­ angelsächsischem Einfluß finden wir eckig-gebrochene Band­ leisten, verschlungen und verknotet mit Tier- und Dämonen­ köpfen und -leibern. Das italienisch-antike Akanthusblatt und die Palmette, teilweise bereichert durch die Lilie, werden beliebte Schmuckformen. Im Gegensatz zur karolingischen

Ornamentik werden jetzt streng abgeteilte Felder mit Or­ namenten, Symbolen oder mit figürlichen Darstellungen nach

antikem Vorbild ausgefüllt.

Bandleisten Akanthus Palmette

Salierzeit 1030-1150 Bronzeguß in Hildesheim Messingguß in Lüttich

Die Auseinandersetzungen zwischen Kaiser- und Papsttum in dieser Epoche haben nur wenige Gegenstände des Kunst­ handwerks uns überliefert. Der Bronzeguß in Hildesheim,

der Messingguß in Lüttich geben uns einige Beispiele aus

dieser Zeit. Das Ornament ist aufgelockerter, die menschliche Figur freier. Palmetten und Akanthusblätter rollen sich leicht an den Blattspitzen, dazwischen finden Greifen, Löwen, Schlangen, Drachen, Dämonen Platz. Die Auflockerung durchbricht aber noch nicht die streng stilisierende Ausdrucks­ weise dieser Zeit.

256

Stauferzeit 1150—1250 Um 1100 bildet sidi ein neues Form ver langen aus. An Stelle der stilisierten, schwebenden Gebilde macht sich das Be­

Körperhafte Gestaltung

mühen um kompakte, übersichtlich gegliederte körperhafte Gestaltung bemerkbar. Die unzähligen Neugründungen von Klöstern und Kirchen

im alten christlichen Raum und in den neu kolonisierten Gebieten läßt den Bedarf an Altargeräten, Reliquien, Schrei­ nen, Tragaltärdien usw. stark an wachsen.

EDELMETALL Der Bedarf an goldenem Gerät ist so groß, daß man dazu

Vergoldungen

übergeht, silberne Geräte zu vergolden, da reines Gold in so

großem Ausmaß nicht zur Verfügung steht. Besonders beliebt wegen seiner außerordentlichen Farbigkeit ist der in kupfer­ vergoldete Geräte eingegossene Grubenschmelz. Einen Höhe­ punkt dieser Technik bilden hierin die Arbeiten des Niko­

laus von Verden. Die Erzählerfreude dieses Jahrhunderts findet Ausdruck in dem behäbigen Aufrollen der Heiligenund Märtyrergeschichten, meistens begrenzt von Schriftbän­ dern mit schön ausgewogener Unzialschrift oder Rankenwerk. Die Geräte zeichnen sich durch Schlichtheit, übersichtliche

Grubenschmelz Nikolaus von Verden

Gliederung mit leicht verständlicher Darstellung aus, ebenso

durch Sicherheit in den Proportionen der Ornamentleisten und der Größenverhältnisse der figürlichen Darstellung. Allenthalben findet man das Herabsteigen aus entrückter Geistigkeit der ottonischen Zeit in eine derbere höfisch­

irdische Welt.

*J7

SilbeTbrakteaten

Zahlreiche Silberbrakteaten aus der Stauferzeit zeigen uns

das große Können der Stempelsdineider jener Zeit. Auf

kleinstem Raum geben sie vereinfachte, aber groß wirkende Darstellungen des Münzherrn, eines Herrschers, einer Stadt,

eines Wappentiers oder eines Heiligen, umgeben von einem Schriftrahmen in antiker oder Unzialsdirift.

BRONZE, MESSING

Der Bronze- und Gelbguß setzt sich für weniger repräsen­ tative kirchlidie Geräte durch, wie z. B. für Schalen, Aqua­ manile, Leuchter. Die bekanntesten Bronzegießereien be­

finden sich in Lothringen, im Rheinland und in Niedersach­ sen. An der Maas in Dinant ist das Zentrum für Messing­

guß. Bronze- und Messinggefäße werden bis nach Rußland, vor­ nehmlich durch die norddeutschen Hafenstädte, ausgeführt.

EISEN

Eisenbeschlag

An Kirchtürmen, besonders in Spanien und Frankreich, wird dem Eisenbeschlag große Sorgfalt zugewendet. Flacheisen werden gekerbt, gerillt, punziert, geschlitzt zu Ranken und Spiralen ausgeschmiedet und über die ganze Tür gebreitet.

Die Ornamentik ist der Buchmalerei entnommen.

ELFENBEIN Die Ritter der Stauferzeit üben das Schach- und Brettspiel, das über Sizilien den Weg nach Europa fand und im 13.

Jahrhundert große Mode ist. Zahlreiche Brettsteine aus

Brettsteine

Walroßzahn und Elfenbein mit geschnitzten Reliefs, auf denen Zweikämpfe mit Fabelwesen, Abenteuer mit Unhol­

den, Minneszenen usw. dargestellt sind, bekunden die Be­ liebtheit des Spiels.

MÖBEL

An Möbeln aus dieser Zeit sind aus Kloster- und Kirchen­ besitz einige große Sitzbänke in einfacher, abgewogener Drechslerarbeit erhalten. Zum ersten Male treffen wir auf Schränke, die in den

Sitzbank

Schrank

Sakristeien für die Chorkleidung der Geistlichen aufgestellt

waren. Es sind schmale, hohe Kästen, mit Satteldächern als

Abschluß. Wände und Türen sind aus Brettern zusammen­ gefügt und durch Eisenbänder gehalten. Die Beschläge be­ stehen aus Bandeisen, deren Ende geschlitzt und zu Schnecken gedreht sind. Für klösterlichen und weltlichen Hausrat ist die Truhe das

Truhe

alleinige Möbel zur Aufbewahrung. Sie ist nur sparsam mit geschnitzten Ornamenten verziert. Die Minnekästchen, zur Aufnahme von Geschenken des Rit­

Minnekästchen

ters an seine Dame bestimmt, zeigen reichen Schmuck, deren geschnitzte und gemalte Verzierungen das Thema der Minne zum Inhalt haben.

ORNAMENT

Das Ornament bevorzugt lebhafte Schwingungen. Eichen­ laub, Weinlaub, daneben Palmetten, Akanthus und Lilie ^59

beleben die Flächen, dazwischen tummeln sich Drachen,

Schlangen, Menschenleiber, Hasen, Affen und Jäger. Das Ornament scheint gleichsam plastisch aus der Fläche herauszuwachsen/

260

Frühgotik 1235-1300 Die Wandlung des Stils vom Spätromanischen zur Früh­

gotik läßt sich anschaulich an einem liturgischen Gerät, dem Abendmahlskelch, demonstrieren. Die Zeremonie des Abend­

Λ bendmahlskelch

mahls beteiligte bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts die ganze Gemeinde, d. h. Wein und Brot wurde jedem einzelnen

Gemeindeglied gereicht. Deswegen hatte der Abendmahls­ kelch eine größere Menge Wein zu fassen. Die Form der Kuppa war dem antiken Trinkgefäß nachgebildet, d. h. sie

bestand aus einer Halbkugel mit zwei Henkeln, der man zur Standfestigkeit einen großen kreisrunden Fuß gab, der im Mittelpunkt hochgezogen war und als Bindeglied der beiden Teile einen Nodus (Kugel, Wulst) um den Berüh­ rungspunkt der beiden Teile legte. Der Kelch war verziert

bis auf einen schmalen Trinkrand. Mitte des 13. Jahrhun­ derts ändert sich die Liturgie. Der Priester nimmt für die ganze Gemeinde allein Wein und Brot. Die Kuppa des Kel­ ches wird kleiner und in die Höhe gereckt. Der Fuß wird in Paßform ausgebildet und der Kelch auf einen hohen Schaft gesetzt. Das Stilgefühl hat sich der Änderung der Liturgie

bemächtigt und das Gerät seinem Formprinzip angepaßt.

EDELMETALL

Die Goldschmiedekunst wird nun nicht mehr allein von Mönchen betrieben: das neu entstandene bürgerliche Hand­ werk bemächtigt sich ihrer. Weltliche Aufträge verlangen

Weltliche Handwerker

weltliche Handwerker. Es werden Zunftbestimmungen erlas-

261

sen, wonach genau festgelegt wird, wieviel Beimischung das Gold enthalten darf, um als reines Gold zu gelten. Solche Zunftordnungen kennen wir 1231 aus Braunschweig, 1259 aus Köln, 1275 aus Paris und Montpellier, 1288 aus Wien,

1298 aus Breslau. Andere Städte folgen im 14. Jahrhundert. Diese Zunftbestimmungen wurden von Vertrauensleuten überwacht. Bei richtigem Befund wurde die Ware dann mit

dem Beschauzeichen gestempelt. Neben kirchlichem Gerät aus Edelmetall tritt nun auch Schmuck

Schmuck für Ritter und Edelfrauen: Gürtelschließe, Fürspan,

Ring und Minnekästchen. Aus den Kreuzzügen und aus fernen Ländern mitgebrachte Kostbarkeiten, wie Straußen­ eier, werden mit kostbaren Goldfassungen umgeben. Sie sind

begehrte Kleinodien des höfischen Lebens.

BRONZE Der Bronzeguß tritt in der Frühgotik etwas zurück. Oster­

leuchter, Kerzenhalter, Weihrauchgefäße, Taufbrunnen usw. werden weiterhin aus diesem Metall hergestellt. In Frank­ Limoges

reich bildet sich in Limoges, die Treibarbeit in Bronze her­ vorragend aus.

TEXTILIEN Textilien sind jetzt zahlreicher erhalten. In Halberstadt Perlen- und

Korallensiickerei

wird hauptsächlich Perlen- und Korallenstickerei mit Silberfljtter uncj Stanzreliefs auf Seide gepflegt. Zahlreiche Ge­ wänder und kirchliche Textilien geben darüber Aufschluß.

262

Auch hier sind unteritalienisdie und sarazenische Einflüsse spürbar, besonders bei der kostbaren Damaststickerei. In der Ostschweiz wird die Leinenstickerei gepflegt, ein

Leinenstickerei

Handwerk, das noch heute dort geübt wird. Farbige Stickereien aus Seide und Wolle bleiben der Aus­

schmückung des Kirchenraums vorbehalten.

MÖBEL

Lesepult, Truhe, Chorgestühl, Sakristeischrank werden nun mit ornamentalem und figürlichem Schmuck ausgestattet. Klappstuhl und Klappsessel finden Verwendung im ritter­ lichen Haushalt. Die Beine, mit leichtem Schwung nach innen

Klappstuhl Klappsessel

und oben, oder schräg gekreuzt, erhalten ebenfalls Schnitze­ reien.

HAUSRAT Über einfachen Hausrat aus Holz ist man in jüngster Zeit

durch Grabungen insbesondere im bombenzerstörten Lübeck

gut unterrichtet. Es handelt sich um schlichte Holzgefäße,

Teller, Becher, Büchsen, Krüge, die gedrechselt oder geböttchert sind. Neben den zylindrischen Bechern tritt der soge­

Holzgefäße .Kopf’

nannte „Kopf“ auf, der auch im süddeutschen Raum, aus

Glas geblasen, gefunden wird.

ORNAMENT

Unter süditalienischem und sarazenischem Einfluß nimmt das 2^3

Geometrische Formen

Ornament stark geometrische Formen an. Die Ranken, Bän­

der, Rosetten, Medaillons werden geometrisch aneinander und zueinander geordnet, durch vegetabile Teile aufgelockert und umspielt.

2*4

Hochgotik 1300—1400 Mit dem Aufkommen der Mystik um 1300 setzt eine Nei­ gung zur Vertiefung und Verfeinerung ein. Diese Richtung

ist hauptsächlich im süddeutschen Raum zu spüren. In Nord-

und Ostdeutschland und am Niederrhein faßt diese Strö­ mung nicht lange Fuß.

EDELMETALL

Dem Mystizismus kommt die Technik des Tiefschnittemails

Tiefscbnittemail

entgegen mit seiner transparenten farbigen Leuchtkraft, die durch das Silber erhöht wird. Silber mit seinem hellen Glanz

wird hauptsächlich für die zarten, fragilen Figürchen der Heiligen und Märtyrer verwandt. Jedoch treten in erhöhtem Maß neben den Heiligen die Stifterfiguren in Erscheinung,

Stifterfiguren

zwar in kleinerem Format, aber voll lebensnaher Darstel­

lungskraft, ein Dokument für das zunehmende Daseins­ bewußtsein des Menschen.

Den Goldschmiedearbeiten eignet allen ein starke Aufteilung der Fläche, deren Rahmenmotive aus der Architektur ent­ liehen sind, wie Paß, Giebel, Wimperge mit Krabben und

Kreuzblume usw. Als Einfassung der Ränder ist das Orna­ ment der Herzpalmette als ruhig fortlaufender und glie­

dernder Fries beliebt. Die Technik des Tiefschnittemails breitet sich, von Italien und Frankreich kommend, rasch am Rhein, hauptsächlich am Oberrhein aus.

26$

Aber auch schlichte Formen kirchlichen Geräts sind uns Silberkanne der Heiligen Elisabeth

überkommen. Beispielhaft dafür ist die Deckelkanne, die so­ genannte Silberkanne der Heiligen Elisabeth, um 1300 in

Schloß Braunfels. Über einem kreisrunden Fuß, um dessen aufgestellten Rand Rauten und Paßornament laufen, erhebt sich ein niedriger breiter Schaft mit Perlstab, Wulsten und Rosetten. Darauf sitzt der Kannenkörper, der Bauch halb­ kugelförmig, durch zwei Wulste gegen den schlank sich auf­ reckenden Kannenhals abgegrenzt. Um den eingezogenen

Hals legt sich ebenfalls ein Wulst. Der Halsrand ist zu einer kaum wahrnehmbaren Tülle erweitert. Der Deckel hebt sich

in der Mitte etwas an und ist von einer Bergkristallkugel

mit Kreuzblume bekrönt. Der schlanke Henkel schwingt sich in einer leichten Kurve vom Halsrand zum Bauch der Kanne.

BRONZE

Im 14. Jahrhundert trennen sich die Bronzegießer von den Goldschmieden. Ihre Selbständigkeit zahlen sie mit dem Verlust ihrer besten Meister. Es werden fortan nur kleinere

Gefäße und andere Geräte, wie Türgriffe, Aquamanile usw. angefertigt.

EISEN

Beschlag und

Gater

Die Verwendung des Eisens beschränkt sich hauptsächlich auf Beschlag und Gitter. Besonders in Frankreich wird die Kunst des Beschlags an Kirchentüren sichtbar, wo die viel­ fältige Formenwelt des Ornaments zur Flächenaufgliederung

der Türen verwandt wird. 266

In Deutschland entwickelt sich diese Kunst nur zögernd.

Italien gibt den Gittern entsprechend dem italienischen Formgefühl plastischere Gestalt. Hier wird das Vierkantei­

sen daher viel verwendet. Das englische Beschlagwerk liebt spielerisches, leicht maniriertes Ornament.

FLIESEN

Der Orient bringt die Anregung zur Herstellung von Ton­ fliesen, die zuerst in Westeuropa hergestellt werden und dann im 13. Jahrhundert bis an den Rhein vordringen. Vor-

Kirchenböden

nehmlich Kirchenböden werden mit dem neuen Material aus­

gelegt. Die figürlichen Darstellungen zeigen Ritter, Turnier­ kämpfe, Tiere, Fabelwesen und Ornamente. Sie werden mit

bräunlicher Bleiglasur zum Schutz und zur Farbgebung

überzogen. In Norddeutschland sind hartgebrannte Fliesen mit schwarz­

oder braunglasiertem Überzug als Fries und Formstein für die Architektur gebräuchlich.

TON

Die gehenkelten und henkellosen Gefäße für den Haus­ bedarf zeigen einfache Formen. Als Schmuck erhalten sie

Einfache Formen

Rillen um Bauch und Hals. Norddeutschland liebt mehr

kugelförmige Gefäße, deren größte Ausladung im unteren Drittel ist, während die süddeutschen Gefäße keulenförmig sind, also die größte Ausladung in der oberen Hälfte haben. 267

MÖBEL

Truhe

Große Verbreitung findet im 14. Jahrhundert die Truhe. Der viereckige Kasten hängt zwischen Stollenbrettern, die bis zum Truhendeckel hodigezogen sind. Der Deckel, in Frank­ reich und Italien zuweilen auch segmentförmig, ist zumeist

mit eingeschnitzten Vierpaßmotiven verziert. Die Schmal-

und Rückenseiten sind ohne Zier oder durch ein aufgelegtes Lattengitter gegliedert. Die eigentliche Schmuckseite ist die Vorderwand. Um 1300 sind diese mit stilisierten Tieren oder Fabelwesen, in Medaillons eingeschlossen, geschmückt. Später

rücken die Medaillons auf die Stollen, darüber wird der Kastenwand ein Fries aus Maßwerk und Blättern mit ein­ gestellten Figuren gegeben.

TEXTILIEN

Der auffallend ansteigende Verbrauch an weniger kostbarem Tuch zeugt von dem verbesserten Lebensstandard der bür­ gerlichen Kreise. Bild- und Wirkteppiche

Neben Bild- und Wirkteppichen zu kirchlichen Zwecken werjen auch solche mit weltlichen Darstellungen für Bürger und Adel angefertigt. Besonders bevorzugt werden Darstel­ lung von Heldengeschichten und Minnebräuchen des höfi­

schen Lebens. Nadelmalerei

Die Nadelmalerei auf Mänteln für Kirchenherren, Fürsten und deren Dienstleute gelangt zu ganz besonderer Fertigkeit.

Wir können uns ein Bild von der außerordentlich verfeiner­ ten Lebensweise des Hofes machen, wenn wir die Miniaturen und Wandteppiche der Herzöge von Burgund studieren. Zeugdrude 268

Der Zeugdruck wird für weniger repräsentative Stoffe her-

angezogen. Die Musterung geht von in kreisrunden Medail­

lons eingeschlossenen Figuren am Anfang des Jahrhunderts über mandorlaförmige Medaillons hin zu rautenförmig offen

angeordneten und versetzt gedruckten figürlichen Darstel­ lungen.

ZINN Vereinzelte Pilgerzeichen, Pilgerfläschchen, Reliquienkäst­ chen — meist italienische oder französische Arbeiten — aus Zinn sind die ersten Geräte, die in größeren Mengen aus diesem Material gefertigt werden.

ORNAMENT

Das Ornament wandelt den Vierpaß zu Fischblasen um. Das Laubwerk — Eichenblätter, Weinlaub, Früchte, Akanthusblätter — gerät in Schwingung, verliert aber an Plastizität.

Fischblase

269

Spätgotik 1400—1520 Bei allen Arbeiten des Kunstgewerbes spürt man die wechsel­ seitigen Einflüsse der europäischen Kunstgebiete. Der Nord­

länder zieht nach Italien, aber auch der Italiener lernt in

Avignon und Paris andere Formen kennen.

EDELMETALL

Turmmonstranz

Die Monstranz, in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts durch das Fronleichnamsfest in die Lithurgie aufgenommen, bildet sich in der Spätgotik zur Turmmonstranz aus. Der Fuß entspricht dem eines Kelches in Sechs- oder Achtpaß­ form, ebenso wie der polygonale Schaft und Knauf. Der

Hostienbehälter selbst, ein zylindrisches oder rundes Kristall­

gefäß, wird flankiert und bekrönt von Türmchen und Fialen, deren Formen der Architektur entnommen sind. Neben Kannen mit glatt gehämmerten Außenflächen finden Buckelkannen

wir jetzt auch Ansätze zu den in der Renaissance weit verbreiteten Buckelkannen und -bechern. Insbesondere für den bürgerlichen Besteller werden diese hergestellt. Mit der

üppigen Wirkung verbindet sich ein geringer Materialver­ brauch und wohlfeiler Erwerb. Das Silber wird an den Buk-

keln zu hauchdünnem Blech ausgetrieben, ohne daß der Ge­

genstand an Festigkeit verliert. Neben den Kannen gibt es auch Schalen und konisch oder zylindrisch geformte Becher

und Pokale, entweder glatt, graviert oder gebuckelt, zumeist

mit einem Laubkranz an Ansatz oder Rand umgeben. Als Fuß dienen Engel, Ritter, Wildmänner, Affen, Adler, Löwen

oder Türme. Die Bekrönung des Dciels bildet gewöhnlich eine Wappenfigur. 270

Ein typisches Erzeugnis dieser Zeit ist der Bisam- oder Moschusapfel, eine aus Silber getriebene und durchbrochene

Bisam- und Moschusapfel

Kapsel zur Aufnahme des Duftstoffes, der als Vorbeugungs­

mittel gegen die Pest galt. Den Kern des Apfels bildet im

allgemeinen eine kleine Madonnenstatuette. Die Kugelaus­ schnitte sind mit gravierten Heiligendarstellungen, die durch­ brochenen Teile mit Laubwerk geschmückt.

BRONZE

Der Bronzeguß wird ausschließlich von den Rotschmieden besorgt. Behälter für kostbaren Inhalt werden vergoldet. Die Behältnisse werden, da die schöpferischen Elemente haupt­

sächlich in der Goldschmiedekunst tätig sind, mit schlichten

Schriftbändern in gotischer Minuskel umgeben. Der Mörser, nötig im Haushalt und in der Apotheke, zeigt

Mörser

zylindrische Form mit vier säulenartigen Verstärkungen zur

Standfestigkeit des Gefäßes. Meßgeräte werden mit Vorliebe aus Bronze hergestellt, da

Meßgeräte

das Material unverwüstlich ist. Solche Meßgefäße sind uns hauptsächlich aus dem Gebiet der Hanse und von Nürnberg erhalten. Ihre Form ist zylindrisch, konisch oder bauchig, je

nach Art des zu Messenden. Auch hier ist um den Gefäß­ körper meist ein Schriftband gelegt, das darüber Auskunft gibt, nach welchem Maß damit gemessen wird.

271

MESSING Nürnberger Tand

In Nürnberg wird der sogenannte „Tand“ hergestellt. Leuch­ ter, Kannen, Becken, Gewichte, aber auch wissenschaftliche

Geräte wie Uhren, Quadranten, Globen, Sonnenuhren ziehen

das Messing anderen Metallen vor. In Nürnberg werden auch durch Beckenschläger für den Haushalt Hand- und

Gießbecken, Aderlaßschüsseln und Taufschalen gefertigt. Es Kronleuchter

sind schlichte Formen, aber von meisterlicher Hand. Ein im Ostseeraum häufig anzutreffender Leuchtertyp ist ein Kron­

leuchter aus Messing: ein mit Eichenlaub aus Messing um­

gebenes Gestänge, das vertikal eine Eiform beschreibt, um­ schließt eine Madonnenstatuette. An der Mitte der einzelnen

Rundstangen schwingt sich jeweils ein mit Eichenlaub ge­ schmückter Arm heraus, der den Kerzenhalter trägt.

ZINN Für Hohlgefäße wird im 15. Jahrhundert das Zinn allge­ mein gebräuchlich. Das leicht form- und gravierbare Mate­

rial, vereint mit seinem silbrigen Glanz, bietet sich dem Kannengießer

Formgefühl dieser Zeit geradezu an. Die Zinngießer sind in der Zunft der Kannengießer, so ge­ nannt wegen der hauptsächlichen Herstellung von Kannen, zusammengeschlossen. Auch ihnen wird eine Vorschrift zur Mischung von Zinn mit Blei gemacht (10:1). Daher auch die Beschaumarken der einzelnen Städte, die durch die Prüfung

den Bleigehalt kontrollieren, damit nicht durch zu starke

Beimischung von Blei die Gesundheit der Benützer leidet. Die frühen Kannen beschränken sich auf einfache Formen. Im Raum der Hanse sind es kugelige, gedrungene Kannen *7*

mit ringartigem Fuß, schlankem Hals und einfach geschweif­ tem Henkel, der Deckel mit Scharnier und Daumenruhe ver­ sehen. Die süddeutschen Kannen sind mehr birnförmig auf

rundem Fuß und Schaft, ähnlich dem Kelchfuß, mit lang­

gezogenem schlankem Hals, langgezogenem Henkel mit Scharnier und Daumenruhe. Als Deckelbekrönung wird ein einfacher runder Knauf oder eine Figur verwendet. Eine besondere und eigene Art sind die schlesischen Schleif­

kannen, so genannt, weil diese Schenkkannen sehr hoch sind

Schlesische Schleijkannen

und gefüllt an die Tafel geschleift werden mußten. Der Kannenkörper ist polygon, nach oben verjüngt und ruht auf Klauenfüßen. Die polygonen Wandungsfelder sind in der

Höhe dreigeteilt und jeweils durch Eselsrücken abgeschlos­ sen. Das Mittelfeld wird im Verhältnis zu den beiden Rand­ feldern versetzt. Die Felder sind graviert mit Heiligen oder

allegorischen Figuren, oft gegenüber dem Henkel mit dem Wappen der Stadt oder der Zunft. Am Boden der Kanne befindet sich ein Zapfhahn, um den Wein in kleinere Trink­ gefäße abzuzapfen.

EISEN

Das Schmiedeeisen findet weiter Verwendung als Gitter an Kapellen, Tabernakeln, Monstranzen, neben seiner Verwen­ dung als Beschlag für Türen. Auch hier sehen wir bei den Gittern das Übertragen der Ardiitekturformen auf die Form

Gitter

des Gitterwerks. Fischblasen, Rauten, Türmchen, Wimperge, Fialen, Ast- und Rankenwerk werden von dem Schmied in

vollendeter Form gearbeitet.

vj

WAFFEN

Das gleiche technische und künstlerische Formgefühl finden

wir bei den Waffenschmieden jener Zeit. Der schützende Panzer des Ritters folgt den Formen des menschlichen Kör­ pers, betont die Gelenke durch Scharniere und übereinander­ geschobene Ringe. Die Platten werden durch Grate und Schaller

Gravierungen geschmückt. Der Schaller, die Helmform der Zeit, der Rennhut zeigen die vollendete Beherrschung des

Treibens des Eisens. Aus der gleichen Zeit sind viele Helle­ barden, Hippen und Lanzen überkommen.

HAFNERERZEUGNISSE

Bartmannskrüge

In Hessen oder am Mittelrhein entstehen im 15. Jahrhundert die ersten, in der Renaissance so beliebten Bartmannskrüge,

becherförmige Krüge mit schachbrettartig gestempelten Wan­ dungen, mit dünner rötlicher bis violetter Glasur und nahe am Rand erhaben aufgesetzten, fleischfarben oder golden

bemalten bärtigen Männerköpfen.

Tonkrüge aus verschiedenen Gegenden für den Hausgebrauch zeichnen sich durch schlanke Becherform mit sparsamem Ornament aus.

Die Verdrängung des Kamins durch den Kachelofen in Süd­ Kadeln

deutschland bringt einen neuen Handwerkszweig zum blühen. Die Kacheln wurden bald mit Figuren und Ornamen­ ten ausgestattet, mit gelber und grüner Glasur versehen und bunt bemalt.

*74

MÖBEL

Der Schrank, früher allein für kirchliche Zwecke verwandt, findet Platz im bürgerlichen Haushalt. In Norddeutschland tritt er zumeist als Wandschrank —

Schenkschive — auf. In Süddeutschland steht er frei vor

Schenkschive

der Wand. Er ist zur Aufbewahrung von kostbaren Gegen­

ständen im Ratshaus oder bei reichen Bürgern bestimmt.

Technisch ist er unserem heutigen Schrank gleich, mit Rah­ men und Füllung, im Gegensatz zu den frühen Sakristei­ schränken, die aus einzelnen Brettern zusammengezimmert

und durch Eisenbeschlag zusammengehalten werden. Rahmen

und Füllung werden durch christliche, allegorische und bib­ lische Darstellungen geschmückt und durch Ornamente ge­

rahmt. Führend in der Ausgestaltung sind Tirol und Nord­ deutschland. Hier und in den Niederlanden ist in dem späten 15. Jahr­ hundert das Ornament des Faltwerks in den Füllungen be-

Faltwerk

sonders beliebt.

GLAS

Im 15. Jahrhundert treffen wir auf eine lebhafte Glasher-

Waldglas

Stellung in den mitteldeutschen Waldgebieten. Das Glas ist

von grünlich bis violetter Farbe, da es noch nicht von seinen Unreinheiten befreit werden kann. Nach dem Herstellungs­

gebiet nennt man es Waldglas. Hauptsächlich werden Trinkschalen, sogenannte Maigelein,

Maigelein

fabriziert, mit ziemlich hochgeschobenen Böden, die vom Hafteisen herrühren. Optisch geblasene Becher, am Rand

ausladend, Stangengläser mit Nuppen und Rüsseln, Kraut^75

Strünke in Becherform und Formen, denen unseres heutigen

Bierkruges ähnlich, ohne Henkel, Rippengläser usw. gehören

zu dem Repertoire des Glasbläsers.

TEXTILIEN Neben gestickten und gewirkten Teppichen wird auf die Stickerei

Granatapfel

Fahnen

Stickerei an Gewändern und Kleidern große Sorgfalt gelegt. In Italien werden die feinsten Stickereien auf Seide angefertigt, meistens mit dem damals modischen Muster des Granatapfels. Der Zeugdrudk findet in den vielen Fahnen und Fähnchen der Bürgerschaft ein weites Feld zur Ausstattung mit heral­ discher Zier.

ORNAMENT Ende des 14. Jahrhunderts sind die der Architektur entlie­

henen Teile klar in sich geschlossen gegliedert. Dann kommen die Figuren hinzu, die wohl abgewogen zu den Architektur­ Ranken

teilen stehen, während am Ende des Jahrhunderts eine Wandlung ins Vegetabilische sich anbahnt, das wuchernd und rankend die starren architektonischen Teile aufzulösen sucht.

Das weiche, schwingende Blattornament des beginnenden 15. Jahrhunderts erstarrt und verknorrt im Laufe des Jahr­

hunderts immer mehr. Aststücke, starre, dünne Pflanzen­ blätter, insbesondere die Distel, verknotet, verwirrt, über­ wuchern die ganze Fläche.

276

ORNAMENTSTICH Die Erfindung des Kupferstichs ruft Meister auf den Plan

Kupferstich

wie Israel von Meckenem, die Vorlageblätter für Schmuck,

Gerätschaften usw. aus Holz und Metall stechen, die dann,

zu Hunderten verbreitet, den Weg in die Werkstätten fin­ den. Dort werden sie zur Herstellung von Zierat benützt.

*77

Renaissance 1520—1630

Das Kunsthandwerk der Renaissance wird durch die neuen Impulse der Entdeckung der Antike und der Bekanntschaft

mit Architektur, Plastik und Malerei der Frührenaissance in Italien im Verein mit der genaueren Kunde der außereuro­

päischen Länder zu neuer Tätigkeit angeregt. Wenn auch gerade das Absonderliche und Kuriose jene Zeit besonders stark beschäftigt und seinen Niederschlag in allen Zweigen

des Kunsthandwerks findet, so werden doch auch Grund­ formen gefunden, die sich durch Jahrhunderte gehalten haben.

EDELMETALL

In Deutschland kommt auf dem Gebiet der Gold- und Sil­

berschmiedekunst die Renaissance zuerst zum Durchbruch. Zwar ist von italienischen Goldschmiedearbeiten so gut wie

gar nichts erhalten, was wohl auf die Kriegsnöte, Einschmel­

zung und Raub zurückzuführen ist. Jedoch Künstler wie Cellini

Benvenuto Cellini, der zeitweise am französischen Hof lebte,

haben doch großen Einfluß auf die Gestaltung der Gold­ Dürer, Holbein

schmiedearbeiten gehabt. Meister wie Dürer, Holbein d. J.,

Altdorfer

Altdorfer u. a. fertigten Zeichnungen zu Pokalen, Deckel­ schalen und Schmuck an. Die Goldschmiede holen sich die Anregungen zur neuen „welschen Manier“ aus den Musterbüchern und Ornament­

Flötner Jamnitzer

*7*

stichen, die oft von Zunftangehörigen hergestellt werden, wie Peter Flötner, Christoph Jamnitzer. Nürnberg und Augsburg

werden die führenden Städte in Gold- und Silberschmiede­

arbeiten. Ulm, Straßburg, Wien, Frankfurt, Köln, Lüneburg, Lübeck und Breslau verfügen ebenfalls über ausgezeichnete

Meister. Im 1. Drittel des Jahrhunderts geht man behutsam und zögernd mit den neuen Formen zu Werk. Mitte des Jahr­

hunderts stößt aber auch das etwas zögernde deutsche Kunst­

schaffen zu dem allgemeinen europäisch-höfischen Stil, der von Italien ausgeht und als Manierismus bezeichnet wird.

Manierismus

Die Ornamentik und figürliche Darstellung auf den Geräten

überwuchert die Form, das Seltsame, Bizarre und Fremde lockt.

Die Pokalform des 16. Jahrhunderts leitet sich aus dem Buckelpokal ab. Auf hohem Schaft mit mehreren Ringen

Buckelpokal

sitzt die Kuppa in Becher- oder Kelchform, oder sie zeigt mehrere Einschnürungen und Wulste am Kelch. Eine völlige Auflösung der Form zeigen die sogenannten Annanas- und

Weintraubenpokale, die die Form dieser Früchte angenom­ men haben. Straußenei und Kokosnuß, von den seefahrenden Spaniern

und Holländern aus fernen Ländern mitgebracht, werden

mit Gold- und Silberfassungen wegen ihrer Kostbarkeit um­ geben.

Ein in Wenzel Jamnitzers Werkstatt hergestellter Pokal, der „Agleibecher“, ist fortan das Meisterstück eines jeden Nürn­

Agleibecher

berger Goldschmieds. Die Form des Bechers ahmt die Akelei­ blüte nach.

Nautilus- und Seeschneckenschalen regen die Phantasie der Goldschmiede an. Sie werden als Prunkstücke in die fürst­

lichen Kunst- und Wunderkammern aufgenommen. Eine Augsburger Spezialität sind die Kunstschränke, deren

Kunstschrank

berühmtester der Pommersche Kunstschrank für Philipp II. *79

von Pommern ist, von den Augsburger Silberschmieden und

Ebenisten Altenstetter und Wallbaum hergestellt. Zu diesen phantastischen Gebilden der Goldschmiedekunst gehören auch die Tafelaufsätze, die Pokale für Trinkspiele wie Windmühlenbecher, Jungfraubecher usw.

Neben Prunkgeräten werden natürlich auch Becher, Pokale und Kannen in schlichter Form angefertigt, die nur sparsam das Ornament jener Zeit verwenden und damit edle Grund­ formen schaffen, die von großem Feingefühl für Propor­

tionen zeugen.

ZINN

In dieser prunkfreudigen Zeit gibt man sich nicht mit der

Gravierung von Zinngeräten zufrieden. Man schafft mit dem Edelzinn

Edelzinn eine neue Technik. Bisher wurde die gewünschte Form gegossen und der Zierat eingraviert. Nun wird gleich­ zeitig mit der Form auch der Schmuck gegossen, so daß dieser reliefartig hervortritt. Mit der Änderung der Technik

kam auch die formale Umgestaltung. Das Ornament, Mäan­

der, Eier- und Perlstab, Akanthusblatt, Pfeifenfries ist der Antike entlehnt. Bevorzugt wird die Groteske mit ihrer

Briot

antiken Mythologie und Allegorie. Aber auch die Arabeske wird gern verwandt. In Frankreich ist es hauptsächlich François Briot, der von Lyon, dem Zentrum des französischen Zinngusses, nach Mömpelgard zieht und dort eine blühende Zinngießerei auf­ macht mit vielen Gesellen. Von ihm stammen die zahlreichen Temperantiaschalen und -kannen.

Das Zinn sichert sich durch seine schon erwähnten Eigen­

schaften in der zierliebenden Renaissance einen hervorragen280

den Platz. Hauptsächlich für Eß- und Trinkgeschirr im bür­ gerlichen Haushalt, in Ratshäusern und Klöstern findet es

stärkste Verbreitung. Ratskannen mit birnförmigem oder

Ratskannen

keulenförmigem Umriß, an Fuß, Bauch und Gießrand mit zartem Ornament versehen, halten sich bis weit in das 17. Jahrhundert hinein.

Nürnberg ist neben Schlesien in der Herstellung von Zinn­

geschirr und Edelzinn führend. Bedeutende Nürnberger Zinngießer sind Martin Harscher, Melchior Koch, Hans Lob­ singer, Nikolaus Horchaimer und schließlich der in Basel geborene und 1633 in Nürnberg gestorbene Caspar Ender­ lein. Hauptsächlich Schüsseln aus Edelzinn hat das Bemühen

Enderlein

der Nürnberger gegolten. Die Schalen haben flache Ver­ tiefungen und breiten Rand. Spiegel und Rand werden ver­ ziert. Anfang des 16. Jahrhunderts werden die Schalen zu­ nächst mit Ornamenten ganz bedeckt. Beliebt sind Eichel und Grotesken. Dann folgt unter dem Einfluß Briots die figürliche Ausgestaltung. Im Schalenspiegel auf erhöhtem Mittelgrund ist die Figur, die der Schale den Namen gibt (Temperantia, Doppeladler, Opfer Noahs, Adam und Eva,

Allianzwappen, Fürsten und Feldherrn) in zartem Relief angebracht. Diese Mitte wird durch Perlstab, Eierstab, Wulst gegen einen breiten Fries mit figürlichen Darstellungen mit inhaltlichem Bezug zur Zentralfigur, mit Grotesken, Mauresken, Rollwerk usw. abgeteilt. Auf dem breiten Schalenrand wiederholt sich das Friesmuster. Eine Sonderstellung nimmt die erzgebirgische Zinngießerei

ein. Besonders Zittau (Paul Weise) und Breslau sind zu

Erzgebirgische Zinngießerei

nennen. Hier werden die Kannen ohne figürlichen Schmuck gegossen.

Dieser wird in einem zweiten Arbeitsgang aufgelötet. Diese technische Besonderheit rührt daher, daß die Meister sich der 281

Bleiplaketten

kleinen hochrechteckigen Bleiplaketten, vornehmlich derer

Flötner

von Peter Flötner, bedienen. Sie werden, ohne Rücksicht auf ihr Thema, aneinandergereiht bis zum gewünschten Maß des

Kannenumfangs, wo der Fries aufgebracht werden soll. Da­ von wird dann eine Form hergestellt und mit Zinn dünn ausgegossen, darauf zusammengebogen; die Gußnähte wer­ den verputzt und schließlich auf den Kannenkörper aufge­ lötet und mit einem Zierstab versäubert. Diesem Umstand Walzenkrüge

haben wir es zu verdanken, daß trotz des Dekors die Form deutlich sichtbar bleibt. Es ist die Form der Walzenkrüge, wie sie geböttchert, aus Ton und Glas in dieser Zeit allent­ halben üblich ist.

Die schlesischen Schleifkannen haben ihre Form seit dem

15. Jahrhundert kaum verändert. An Stelle des polygonalen Umrisses tritt das Rund, sonst bleiben aber Fuß, Henkel und

Deckel unverändert.

EISEN Rundstab

Die Renaissance entdeckt für das Gitter den Rundstab, der eine geschmeidigere und biegsamere Ornamentik als das

Flacheisen oder der Vierkantstab zuläßt. Die Gitter werden aus Rundeisen zusammengesteckt, indem man am Kreuzungs­ punkt der Stäbe den einen durchbohrt und den anderen

durchsteckt. So entstehen mannigfach verschlungene Gitter von zugleich großer Festigkeit und Leichtigkeit.

In der Ornamentik unterscheiden sich zwei Gruppen. Die eine naturalistische bevorzugt Ornamente, die sich stark an die Groteske anlehnen. Aus einer Vase wachsen Pflanzen heraus, deren Zweige die ganze Gitterfüllung mit ihrem

Geranke, ihren Blüten, Blättern und Früchten überwuchern. 282

Die Vorbilder dazu geben die Ornamentstiche von Alde­ greve, Behaim u. a. Diese Gitter sind hauptsächlich in Nord­ deutschland anzutreffen.

Aldegreve Behaim

Die zweite Gruppe bevorzugt mehr lineare Motive, ähnlich der Maureske.

Beide gemeinsam verwenden aber die Spindelblume. Ein

Spindelblume

spindelförmig gewundener Eisenstab wird über einem Holz­

kern geschmiedet, der später ausgebrannt wird. Die Spindel­ blume kommt entweder als Schmuck der durchbrochenen Rundstäbe innerhalb des Gitters vor, oder sie bekrönt das Ganze.

WAFFEN

Die Waffenschmiede und Plattner geben den Rüstungen der Fürsten einen unvergleichlichen Prunk als Abgesang der

Ritterkultur. Die Eisenätzung bemächtigt sich der Flächen und überzieht sie mit Ornamenten, die dann oft noch ver­ goldet oder lackiert werden. Oder der Stahl wird gebläut, punziert und tauschiert.

Colmann Seusenhofer Lochner Kaiser Sadeler

Coloman Colmann, Jörg Seusenhofer, Kunz Lochner, Hans Kaiser, Daniel Sadeler schaffen meisterliche Prunkstücke.

EISENGUSS

Der Eisenguß, im späten Mittelalter für Kanonen und Ku­ geln zuerst am Mittelrhein angewendet, findet ein neues Feld

im Guß von Eisenöfen und Ofenplatten. Zur figürlichen Ausgestaltung bedient man sich der vom Formschnitzer an­

Öfen und Ofenplatten

gefertigten Holzmodel, die in Sand ausgedrückt werden, der 2»3

die heiße Eisenmasse aufnimmt und zum Erstarren bringt. Soldan

Ein Hauptmeister dieser Kunst ist Philipp Soldan von Fran­ kenberg.

GLAS Venedig

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts gelingt es den venezianischen Glashütten, das Glas wasserhell herzustellen. Damit wird es

mit einem Schlag hoffähig. Zuerst venezianisches Monopol, gelingt es anderen italienischen Glashütten, ebenfalls klares Glas herzustellen. Durch weniger strenge Zunftordnungen wird das Verfahren bald von dort weit verbreitet. Hall

Nördlich der Alpen wird in Hall die neue Glasherstellung

zuerst angewandt, um dann von den alten deutschen Glas­ hütten in Hessen, im Fichtelgebirge und im Böhmer Wald übernommen zu werden. Die Formen des 15. Jahrhunderts werden nun in klarem Glas geblasen. Römer

Die einzige Ausnahme bildet der Römer. Im Krautstrunk schon vorgebildet, erhält er jetzt seine heute noch bestehende

Form. Er wird auch jetzt noch aus grünem oder gelblichem

Glas, das nicht ganz gereinigt ist, geblasen. Spechter KKelchglas

Die Glasformen des 15. Jahrhunderts werden erweitert durch Paßglas, Ringbecher, Spechter, Keulenglas und Ende des Jahrhunderts durch das Kelchglas. Die optisch geblasenen Gläser kommen dem Formprinzip der Renaissance sehr entgegen. Das Waffelmuster ist auf den Stangengläsern außerordentlich beliebt.

Die Kannen erinnern teilweise stark an venezianische Vor­ bilder mit ihrem amphora-artigen Bauch, außerordentlich

schlankem Hals, mit graziös gebogener langer Tülle und Henkel. 284

Eine besondere Gruppe bilden die Scherz- oder Vexiergläser,

Scherzgläser

die durch ihre Form nur ein tropfenweises Trinken erlauben

und bei Trinkspielen beliebt sind. Gefäße in Tierform, der

Angster, mehrmals eingezogene Blasen usw. sind häufige

Angster

Formen. Sie geben in Glasform das, was wir bei den Silber­

pokalen in Windmühlenform schon gesehen haben. Von Venedig beeinflußt, werden in Hall Gläser mit reicher

Kaltmalerei hergestellt. Aber recht eigentlich sagt der deut­ schen Renaissance die Emailmalerei zu. Sie ist typisch für die Gläser der Spätrenaissance. Apostel, Reichsadler, Kur­ fürsten, biblische Szenen, Allegorien, Jagd- und Genredar­

Kaltmalerei Emailmalerei

Reichsadlerhumpen

stellungen bedecken die Humpen und Gläser vollständig.

GLASMALEREI Die Glasmalerei findet nun auch Einlaß in die bürgerliche Wohnung. Hans Kulmbach, Jörg Breu d. Ä., Hans Holbein

d. J., Baldung Grien geben Scheibenrisse zur Ausführung kleiner Scheiben, die zur Zierde der Rats- und Zunfthäuser,

Kulmbach, Grien Breu, Holbein,

als Geschenk von Stadt zu Stadt sich außerordentlicher Be­ liebtheit erfreuen.

HAFNERKERAMIK

Während in Frankreich und den Niederlanden die italie­ nische Fayence ihren Einzug hält, ist im 16. Jahrhundert in Deutschland die Hafnerkeramik und das rheinische Stein­

Fayence

Hafnerkeramik

zeug zu bedeutenden Schöpfungen gekommen. Hafnerkeramik ist hauptsächlich in Oberösterreich, im Salz­

kammergut, in Nürnberg, Sachsen und Schlesien beheimatet. 285

Neben Ofenkacheln werden Schalen, Krüge und Töpfe her­

gestellt. Sie haben biblische Szenen, Allegorien, Genreszenen zum Gegenstand ihrer Darstellung. Diese Stücke zeichnen

sich durch vielfarbige Glasuren und Bemalungen der Reliefs aus. Weiß, gelb, grün, blau, schwarz, mangan sind die Haupt­ Rieder Riemenschneider Preuning

farben. Aus Tirol sind uns Meister bekannt wie Peter Rie­

der, Bartlmä Dill Riemenschneider, ein Sohn Tilman Rie­

menschneiders. In Nürnberg arbeitet die Hafnerfamilie Preu­ ning in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. In Neiße befindet sich ebenfalls eine bedeutende Hafnerzunft.

STEINZEUG

Steinzeugschnelle

Bartmarmskrug

Die Vorkommen von Pfeifenton im Westerwald und Siegerianj lassen dort eine besondere Art von Krügen entstehen: die Steinzeugschnelle und den Bartmannskrug.

Die Eigenschaft des Pfeifentons bietet sich zum Schneiden und Modellieren von Reliefs sehr an. Dazu kommt, daß der Ton im Siegerland von weißlicher Farbe ist. Er verträgt nur keinen starken Brand, deswegen werden die Krüge dort ge­ backen (Kannenbäckerland). Die Reliefs haben nach dem

Brand deswegen nichts von ihrer Schärfe und zugleich Ge­

schmeidigkeit eingebüßt. Die figürliche Darstellung beschränkt Pilgerflasâen Rtngflaschen

sich hauptsächlich auf biblische Szenen. Neben den Steinzeugschnellen werden auch Pilgerflaschen und Ringflaschen hergestellt. Ihre flache runde Form wird meistens mit einem Wappen geschmückt.

Die Bartmannskrüge nehmen von Köln ihren Ausgang. Dort

werden Anfang des 16. Jahrhunderts bauchige, mit Eichen­ laub oder Wappenmedaillons erhaben umrankte Krüge mit eisenhaltigem Tonschlicker bestrichen, um nach dem Brand 286

eine bräunlich gesprenkelte Glasur zu erhalten. Im Laufe

des Jahrhunderts wird diese durch die Salzglasur ersetzt. Gegenüber dem Henkel wird die Maske eines bärtigen Kop­ fes in Relief angebracht, die diesen Krügen den Namen gibt. Herstellungsorte sind Köln, Siegburg, Höhr (Hafnerfamilie

Knütgen) Raeren (Jan Emens) und Frechen.

MÖBEL

Die Formen des Möbels schließen sich streng an die Architek­ tur an. Es gilt auch hier das Prinzip der Architektur, die Fläche tektonisch zu gliedern, das Rahmenwerk funktionell

klar zu gestalten und ein ruhiges symmetrisches Ornament einzufügen. An Stelle des gotischen Rankenwerkes treten

jetzt die für die Renaissance typischen Ornamente. Gegen Ende des Jahrhunderts zeigt sich jedoch wieder das Bestreben

nach bewegten Formen und nach großem Gesamteindruck. Wie im Mittelalter bleibt auch in der Renaissance in Italien

Truhe

die Truhe das Hauptstück des Haushalts. Während in

Deutschland der Schmuck der Truhen der Schnitzerei über­ lassen bleibt, findet man in Italien für die Cassoni ver­ schiedene Techniken angewandt. Im 15. Jahrhundert sind Schablonemalerei, Stuckdekor und Schnitzerei bei der Aus­ gestaltung der Truhen üblich. Häufig werden die Wappen der Eheleute (Hochzeitstruhe) angebracht, daneben perspek­

Schablonen­ malerei Stuckdekor

tivische Städteansichten, Ornamente usw. Meist sind die

italienischen Truhen von niedriger langgestreckter Form, die Ecken durch Pilaster zum Zeichen ihrer tragenden Funktion betont. Im Laufe des 16. Jahrhunderts laden die Truhen aus und

nehmen die Gestalt eines antiken Sarkophags an. Relief287

Schnitzerei belebt die Flächen. Die Ecken werden durch Halb­

figuren betont, die Mitte der Schauseite erhält eine Wappen­ kartusche. Vielfach wird jetzt die einfachere kastenartige Form der Truhe mit einer Rückenlehne versehen und bildet

damit den Vorläufer des Sofas. Kredenz

Die eigentümlichste italienische Schöpfung auf dem Gebiet des Möbels ist die Kredenz (Credenzone). Sie dient als Prunkbüfett. Die Kastenform ist in zwei horizontale Zonen geteilt, wovon jede Zone mit zwei Türen versehen ist. Eine

Schreibschrank

Abart davon ist der Schreibschrank, der im oberen Teil statt der beiden Türen eine herausklappbare Platte hat. Die Tische sind entweder langgestreckt rechteckig, rund oder polygonal. Sie werden als Prunkgerät gebraucht. Die Beine

tragen Schnitzereien mit schweren Voluten, Akanthuslaub und Halbfiguren.

Als Tafel verwendet man noch immer eine lange Platte mit darunter gesetzten Böcken. In Frankreich herrscht im 1. Drittel des 16. Jahrhunderts

noch der Stollenschrank, verwandt mit dem rheinischen und flämischen. Lediglich das Ornament wird aus Italien über­

nommen. Um die Jahrhundertmitte dringt die neue Form­

gebung des Schrankes ein, namentlich durch die Stichwerke Sambin

zur Möbelkunst des Dijoner Hugues Sambin und von Jac­

Ducerceau

ques Androuet Ducerceau. Es wird nun statt der bisher ver­ wendeten Eiche Nußbaum bevorzugt. Die überall verbreitete

meuble à deux corps

Schrankform ist das meuble à deux corps. Über einem breiten zweitürigen Unterbau, der vollkommen für sich gearbeitet

ist, steht das etwas schmalere und höhere zweitürige Oberteil,

bekrönt von gesprengtem Segment- oder Dreieckgiebel. Die Füllungen zeigen Reliefs mit allegorischen Figuren, das Rah­

menwerk Pilaster, Hermen, Trophäen. Stollenschrank

288

In Norddeutschland und den Niederlanden bleiben die Stol-

lenschränke und der große vieltürige Schrank mit seiner Auf­ lösung in viele kleine Füllungen erhalten, nur tritt öfter an Stelle des Wandschrankes, der Schive, der freistehende Schrank. Das Material, Eiche, bleibt das gleiche. Nur das Ornament ist welsch. Im Laufe des Jahrhunderts regt sich

aber wieder die Freude an der figürlichen Darstellung und nimmt Besitz von der Füllung.

In Süddeutschland bleibt zunächst der Typ des Tiroler

Tiroler Schrank

Schrankes erhalten, bekommt nur Renaissanceornamentik am Rahmenwerk. Auch hier hat Peter Flötner gestalterisch mit­ gewirkt. Mehr und mehr tritt aber das Bestreben der Zu­

sammenfassung der beiden übereinanderliegenden Schrank­ teile hervor, zugleich mit dem Bestreben, das Möbel als ein kleines Bauwerk zu gestalten. Es entsteht der süddeutsche Fassadenschrank mit reicher Intarsienarbeit, vornehmlich aus

Fassadenschrank

ungarischem Eschenholzfurnier.

Ein weiterer Schranktyp ist das von Tirol bis Mitteldeutsch­ land vorkommende Kabinett, ebenfalls mit Intarsien ge-

Kabinett

schmückt.

Die süddeutsche Truhe gliedert die Schauwand in Felder mit Rundbogenarchitektur und ornamentaler und figürlicher Schnitzerei.

Die norddeutsche Truhe ist reicher in ihrem figürlichen Schmuck, der die ganze Vorderseite überzieht.

Die Sitzmöbel sind von einfacher Form, mit hölzernem oder ledernem Sitzbrett, gedrechselten Beinen, die durch ge­ schnitzte und profilierte Zargenhölzer verbunden sind. Ähn­ lich gestaltet sind die Querhölzer der Rückenlehne, zwischen

denen ein reicher ausgebildetes breiteres Brett sitzt. Die Längshölzer der Rückenlehne sind gekerbt und münden in Löwenköpfe oder Masken. Der sogenannte Bauernstuhl, eine

Bauernstuhl

Hockerform mit auswärts gestellten gedrechselten Beinen 289

und reidi geschnitzter Rückenlehne mit ovalem oder herz­ förmigem Ausschnitt in Akanthusblattwerk oder Maske, ist

insbesondere in Süddeutschland und den Alpenländern zu

Hause. Der Tisch hat kurzrechteckige Form, mit breiten Wangen und unten oder in der Mitte herumlaufenden Zargen, den wir Bauerntisà

als Bauerntisch bezeichnen und der bis heute seine Form nicht

geändert hat.

TEXTILIEN

Die Stickerei wird überall betrieben. Die Freude an schönen Brokatstickerei

Gewändern und ihre kostbare Ausstickung bringt die Bro­ katstickerei zur Blüte. Über den ganzen Kontinent breiten sich die Bildteppiche aus

Brüsseler

Brüssel aus, das Paris und Arras im 16. Jahrhundert überflügelt. Kein geringerer als Raffael hat für den Vatikan

Btldtepptche

Kartons entworfen, die von Pieter van Aelst in Brüssel ge­ wirkt werden. Die in Brüssel ausgebildeten Bildwirker ziehen

^^

auch an deutsche Höfe und stellen ihre Kunst dort in den

Heymanns

dienst. Seger Bombeck, Peter Heymanns, Hans van der Biest sind hier zu nennen.

&

van der Biest

ORNAMENT

Das Ornament läßt in der Renaissance eine genauere Datie­ rung der Gegenstände zu, wobei natürlich das Weiterwirken eines beliebten Ornaments über den Zeitraum hinaus durch­ aus möglich ist. Außerdem gibt es landschaftliche Nuancen. 290

1530 Maureske 1550 Rollwerk 1580 Beschlagwerk 1600 Akanthusblatt, daneben Rollwerk

1615 Ohrmusdielwerk. Verbreitet und in Mode werden diese Ornamente durdi die Ornamentstidie gebracht. Von deutschen Ornamentstechern

sind in dieser Periode zu nennen Peter Quentel, Virgil Solis, Peter Flötner, Mathias Zündt, Hans Sibmacher, Hans Bro­ samer und Christoph Jamnitzer.

291

Barock 1630-1790

Der Übergang von Renaissance zum Barock läßt sich nicht

deutlich wahrnehmen. Das Ornament der Ohrmuschel leitet

von einem zum anderen Stil unmerklich über.

In Deutschland bildet der dreißigjährige Krieg eine Zäsur.

Er verhindert zwar nicht die Ausübung des Kunsthandwerks ganz, jedoch tritt eine starke Stockung ein. Dies gilt insbe­ sondere für die Goldschmiedekunst.

EDELMETALL Niederländische Goldschmiede­ kunst

Während und kurz nach dem dreißigjährigen Krieg macht

sich zunächst ein starker Einfluß der niederländischen Gold­ schmiedekunst bemerkbar. Dort war das italienische Orna­ ment durch Abwandlung in heimische Blumenformen zu einem neuen Dekor gebildet worden. In der Art von Akanthusranken werden Stengel und Laub geordnet, aus denen

Blumen herauswachsen. Diese runden schwellenden Formen werden in Silber meisterhaft getrieben. Antike Götter und Putten breiten sich in üppigen Formen auf den Wandungen der Gefäße aus. Die Pokale werden von Tritonen, Nym­

phen, aber auch von Putten, Bauern, Bettlern und Kindern

getragen. Ende des 17. Jahrhunderts übernimmt Frankreich die Füh­ rung. Die Stichwerke Lepautres und Berains werden in Augs­

burg nachgestochen und über ganz Deutschland verbreitet. Prunksilber

Die Höfe entfalten einen Luxus, der in dem Prunksilber seinen Ausdruck findet.

In Notzeiten wurde dieses Silberzeug, meistens von sehr 29»

schwerer Qualität, eingeschmolzen, weswegen heute nur noch

ein Teil dieses Riesenschatzes erhalten ist. (Lüneburger Rats­ silber.) Im Barock und Rokoko treten die Silberschmiedearbeiten in den Vordergrund. Als Eßgerät wird es vergoldet. Die Schmelzarbeit beschränkt sich auf kleine Einsätze, die Bema­

lung in Lackfarben wird fast völlig aufgegeben. Die Umriß­

linien beleben sich stark. Kokosnuß und Straußeneier sind keine Seltenheit mehr und werden daher auch nicht in Edel­

metall gefaßt. Dagegen wird Elfenbein, von den holländi­ schen Handelskompanien in großen Stücken eingeführt, zu Humpen, die der Zahnform folgen, verarbeitet und in Sil­

Silber- und Goldfassungen

ber und Gold gefaßt. Porzellan, solange es noch aus China in einzelnen Stücken eingeführt wird, erfreut sich ebenfalls

kostbarer Fassung.

Die Münzbecher, Anfang des 16. Jahrhunderts so beliebt,

Münzhecher

werden um die Jahrhundertwende wieder hergestellt. Das Trinkgerät aus Edelmetall, zuerst im 16. Jahrhundert

durch das Glas zurückgedrängt, verliert im 18. Jahrhundert noch mehr an Boden. Lediglich als Abendmahlskelch spielt

es noch die gleiche Rolle. Ebenso wird in den Zünften und Ratshäusern noch bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts aus sil­ bernen Pokalen der Willkomm- und Ehrentrunk kredenzt. Die Pokalform des ausgehenden 16. Jahrhunderts behauptet

Pokal

sich. Der Fuß beschreibt ein kleines Rund, der Schaft wird gewöhnlich durch zierliche tragende Figuren gebildet, der Kelch in der Mitte durch ein breites Band eingeschnürt. Der

Deckel erhält einen breit vorspringenden Rand und reiche

Bekrönung durch Figuren und Wappen, Tier oder Blume.

Der Humpen in flacher zylindrischer Form, flachem Boden und Klappdeckel, der zylindrische Becher sind Lieblings­

Humpen Becher

geräte der Zunftgenossen. 295

Die silbernen Gießgefäße werden durch Glas verdrängt. Tafelsilber

Das Tafelsilber mit allem Zubehör ist die vornehmste Auf­

gabe der Silberschmiede. Neben Teller, Messer, Gabel, Löf­ fel, Schüssel und Platte kommen die Suppenterrine, die Sau­ cière, Eiskühler und Kühlbecken, Körbe für Früchte, Streu-

büchschen für Gewürz, Senfdose und Messerbänkchen hinzu.

Tafelaufsatz und Leuchter gehören zur Ausstattung des Ta­ felsilbers. Daneben werden große Reisebestecke in Kästen oder Leder­ futteralen angefertigt, ebenso Toilettengerät. Kaffee-, Teeund Schokoladenkanne werden aus Silber gefertigt, bis das Porzellan auch auf diesem Gebiet das Silber zurückdrängt. Schmude Dosen

Schmuck, Tabaksdosen, Stockgriffe, Döschen fallen in das

Arbeitsgebiet des Juweliers, eines Spezialzweigs der Gold­

schmiede. Halbedelsteine, Perlen von bizarrer Form, Perl­ mutt und Elfenbein werden zu diesem Zweck in Gold und Silber gefaßt. Eine Vorstellung dieses Reichtums kann das

Grüne Gewölbe in Dresden geben. Im 17. Jahrhundert sind an Meistern in den Niederlanden

zu nennen: Paul und Adrian van Vianen und Johann Lutma.

In Paris sind es Thomas und François-Thomas Germain, Claude Ballin, Juste Aurel Meissonier, Robert-Josephe Au­ guste u. a. m. Nürnberg bleibt bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts führend

in Silberschmiedearbeiten (Hans Petzold, „Meister der Tul­

penkuppen“, Ferrn). Dann wird es von Augsburg abgelöst. Johann Lenker, Isaac Lotter, die Familie Thelot, Biller, Busch, Drentwet, Elias Adam, Salomon Dreyer u. a. sind von der Unzahl dortiger Silberschmiede zu nennen. Queen-AnneSilber

294

Eine ganz eigene Entwicklung und Formgebung ist in der

englischen Silberschmiedekunst zu sehen. Queen-Anne-Silber

besitzt sehr elegante Formen und trägt als einzigen Schmuck

gravierte Wappen. Die mittelgeorgianische Zeit bevorzugt

üppige Rokokoformen.

BRONZE, MESSING Bronze und Messing werden auf einfadie Geräte für das

tägliche Leben beschränkt, zeigen aber Formen, die noch weit in das 19. Jahrhundert hineinwirken.

EISEN Die Starre der schmiedeeisernen Gitter der Renaissance wird gebrochen. Viele Vorlagebücher, sowohl von Schlossern als

auch von Architekten und Ornamentstechern in Frankreich und Deutschland, beeinflussen die Arbeiten der Schlosser.

Das Vierkanteisen, der Rundstab, das Eisenblech zum Trei­

ben und Stanzen werden herangezogen, um die Fülle der

barocken Formen auf das Eisen zu übertragen. Nicht nur

Gitter, wovon die sog. perspektivischen Gitter in der Schweiz und Süddeutschland zu den vollendetsten Schöpfungen der Barockkunst gehören, sondern Schlösser, Schlüssel, Tür­

Gitter

beschlag, Türklopfer, Klingelzug werden mit der gleichen Liebe für den Dekor ausgestattet.

Die Schlosserbücher von Jean Marot, Jean Lepautre, Jean Tijou, Pierretz le Jeune, Michel Hasté, Jean Bérrain, Daniel Marot u. a. m. haben in ganz Europa befruchtend gewirkt.

Schlosserbücher

In Deutschland sind es zuerst Heinrich Oelcker und Fried­

rich Hink, die, von den französischen Vorlagebüchern be­ einflußt, solche in Deutschland herausgeben. Johann Chri*95

stoph Weigel in Augsburg hat diese, dem Wandel des Orna­

ments folgend, in mehreren Auflagen herausgegeben. Kein

Geringerer als François de Cuvilliés hat sich mit einem Vor­ lagebuch für Schlosser beschäftigt.

GUSSEISEN Ofenplatten

Schöne gußeiserne Ofenplatten sind aus der 2. Hälfte des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts erhalten. Zuerst haben die Reliefs, meist in Rundbögen eingestellt, biblische Themen

zum Gegenstand (Hochzeit zu Kanaan), dann folgen in Kar­ tuschen gerahmt die Wappen der Besteller. Die Platten werden in die Feuerstelle für die Kachelöfen, die sich mei­ stens auf dem Flur befand, als Tür eingebaut.

GLAS

Das Hohlglas, jetzt zu wasserheller Klarheit gekommen, ver­ langt, dem Formgefühl folgend, nach schwellendem, beleben­ dem Dekor. Aufgelegte oder eingeschmolzene Fäden, Auf­

setzen und Einkneifen von Bändern genügen nicht mehr. Schliff und

Schnitt

Der Schliff und Schnitt werden erfunden (Caspar Lehmann). sein Schüler Georg Schwanhardt d. Ä. läßt sich in Nürnberg

nieder. Seine Gläser in Ätzung und Tiefschnitt mit Land­

schafts- und Städtedarstellungen sind sehr begehrt. Nürnberg Tiefschnittgläser

wird das Zentrum der Tiefschnittgläser mit Meistern wie Schmidt, Killinger, Schwinger. Daneben stellt Johann Caspar

Schaper-Becher

Schaper Becher auf Kugelfüßen mit zarter eingebrannter

Schwarzlotmalerei her, die große Verbreitung finden. Der Hochschnitt wird von dem Hirschberger Friedrich Win10

ter erfunden. Diese Schnittform verbreitet sich aber weniger.

Die Vorherrschaft behält der Tiefschnitt, der besonders in Böhmen und Schlesien angewendet wird. Johann Kunkel, vom Großen Kurfürst nach Potsdam beru­ fen, um eine Glashütte einzurichten, erfindet das Rubinglas.

Rubinglas

Dort sind noch Winter, Gottfried Spieler und später Elias Rossbach tätig. Hessen, Sachsen, Kassel (Franz Gondlach), Braunschweig

(A. F. Sang) verfügen gleichfalls über namhafte Glashütten. Die ornamentalen und figürlichen Darstellungen werden vom Ornamentstich aufs stärkste beeinflußt.

STEINZEUG

Kreussen in Oberfranken befriedigt das ganze 17. Jahrhun­

Kreussen

dert hindurch den Bedarf an Steinzeugkrügen im weiten Umkreis. Der Ton ist ebenso bildsam wie der rheinische, von

braungrauer Farbe, glasiert mit brauner Salzglasur. Die Krüge werden mit aus Modeln aufgelegten Reliefs mit Orna­ menten, Aposteln, Kurfürsten, Planeten und Jagdszenen versehen und bemalt mit leuchtend bunten Emailfarben. Ein

Einfluß der Emailgläser des Fichtelgebirges ist unverkennbar.

Die Krüge sind meist von untersetzter Form mit Wulstringen am Boden und Zinndeckeln. Sebastian Dattier und die Fa­ milie Vest sind die Hauptvertreter für Kreussen.

HAFNERKERAMIK

Eine zweite Gruppe von Hafnerfayencen ist in Hamburg

Hamburg

zu finden. Hier sind über Portugal chinesische Porzellane *97

eingeführt worden und haben die Hafner zur Nachahmung angeregt. Die Krüge und Schüsseln zeigen europäische Vor­

bilder bei den gemalten figürlichen Szenen, der ornamentale Schmuck ist aber an chinesischen Vorbildern geschult.

FAYENCE Durch die Ostindische Kompanie wurden chinesische Por­

zellane nach Europa eingeführt und begehrtes Objekt an den Delft

Höfen. In Delft werden diese Stücke, zumeist in weiß mit aufgemaltem blauem Dekor, in Fayence nachgebildet. Später tritt neben die zartblaue auch bunte Bemalung. Diese wird

hauptsächlich nach Deutschland ausgeführt.

Die in Delft ausgebildeten Handwerker werden bald nach Deutschland geholt. 1661 entsteht die erste deutsche Fa­

yencemanufaktur in Hanau, es folgen Heusenstamm und

Frankfurt, Berlin und Kassel. Im 18. Jahrhundert werden

allerorts Fayencemanufakturen gegründet, um dem Bedarf nachzukommen. Ansbach, Nürnberg, Bayreuth, Crailsheim, Erfurt, Fulda, Höchst, Straßburg, Mosach usw. haben eine relativ kurze Dauer bestanden, aber Ware von größter Fein­

heit hergestellt. Rouen

In Frankreich entwickelt sich Mitte des 17. Jahrhunderts ebenfalls eine große Fayenceindustrie mit Rouen, Necers

und Moustiers als Mittelpunkt.

Es kann in diesem begrenzten Rahmen nicht möglich sein, die Manufakturen und ihre Besonderheiten, die oft nur in kleinsten Abweichungen bestehen, zu behandeln.

PORZELLAN

1709 gelingt es Johann Friedrich Böttger in Dresden, das erste deutsche Porzellan herzustellen, nachdem er vorher das rote

Böttger

Steinzeug erfunden hatte. In Meißen wird die erste Por-

Meißen

zellanmanufaktur Europas gegründet. Neben Tafelauf­ sätzen, Vasen, Figuren wird das neue Material bestimmend

für das Tafelservice. Porzellan löst Edelmetall und Zinn ab.

Zunächst werden die Porzellanformen nach chinesischen Vor­ bildern oder als Imitation von Silbergefäßen und -schalen hergestellt. Dann werden neue Geschirrformen gefunden: Ozier, Brandenstein, Schwanenservice. Oft werden zu be­

sonderen Gelegenheiten riesige Tafelservice bestellt und mit eigens dafür entworfenen Mustern bemalt, wie das Krö­

nungsservice von Frankenthal zur Frankfurter Kaiser­ krönung. Jeder Fürst strebt danach, eine eigene Porzellanmanufaktur zu seiner Verfügung zu haben. Es kommt allenthalben zu Manufakturgründungen, oft an Orten, wo schon Fayence­ manufakturen beheimatet sind. Die Bossierer und Maler

wandern von einer zur anderen, so daß sich gleiche Formen und Dekor an verschiedenen Manufakturen finden. Nur einige Manufakturen, wie Meißen, Berlin, Nymphenburg, Sevres, überdauerten die napoleonischen Kriege. Die Fülle und Vielgestaltigkeit aber in der kurzen Zeit ihres Bestehens ist um so erstaunlicher und großartiger. Außer den ange­

führten Manufakturen sind noch zu nennen Höchst, Fran­

kenthal, Gotha, Ludwigsburg, Kloster Veilsdorf, Ansbach u. a. m.

299

ZINN Nach einer kurzen Blüte während und nach dem dreißig­

jährigen Krieg verliert das Zinn immer mehr an Bedeu­

tung. Jedoch werden Teller, Schalen, Kannen und Flaschen noch weit in das 19. Jahrhundert hinein hergestellt. In der

Hauptsache wird es jedoch durch Porzellan und später durch Willkomm

das wohlfeile Steingut ersetzt. Der Willkomm ist bei den Zünften zum Umtrunk in Be­

nützung. Es ist ein Deckelhumpen mit balusterartig gestalte­ tem Fuß, mehrmals eingezogenem Kelch und ebenso gestal­ tetem Deckel, der durch eine Figur bekrönt wird, die häufig

Wappen oder Fahne der Zunft hält. Schenkkannen, Abend­ mahlskelch, Kruzifix und Leuchter werden in der verarmten

Zeit während und nach dem dreißigjährigen Krieg aus Zinn gefertigt. Der Reliefschmuck tritt im 18. Jahrhundert stark zurück. Man ist bestrebt, das Zinn den Formen des Silbers anzu­ Godron

passen. Dosen, Leuchter, Terrine, Schüssel, Platte, Teller, Kanne ahmen den Godron des Silbers nach, der den Stücken schwingende Bewegung verleiht. Der Spiegel von Teller

und Platte, die Wandung von Flaschen wird auch häufig graviert.

MÖBEL

Die relative Ruhe und Klarheit der Möbel, die architekto­ nische Strenge der Schränke wird abgelöst durch irrationelle,

malerische Auflösung der Form, die betonte Negierung der tektonischen Form und das Bestreben nach Bewegtheit. Das

Häufen von kleinen Motiven in der Schreinerarbeit des 500

16. Jahrhunderts wird im 17. Jahrhundert abgelöst von dem

Bestreben nach einigen wenigen Akzenten, die das Ganze beherrschen. Einlegearbeiten aus Messing, Schildpatt, farbi­

Einlegearbeit

gen Steinen in Ebenholz sind bevorzugt. Im 2. Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts, im Régence, nimmt

Régence

werden die Formen ungezwungener. Besonders typisch dafür ist das schräg Auswärtsstellen der flankierenden Säulen oder Pilaster an den Schränken, ein der Architektur der Zeit ent­ liehenes Motiv, Asymmetrie des Schrankgiebels und der Intarsienarbeit an den Füllungen, Verschleifen der Form durch Band- und Rocailleornament. Die Beine der Tische,

Kommoden, Konsoltische und Stühle erhalten s-förmige Schwingung. Während das 17. Jahrhundert die Schnitzereien an den Mö­

beln zu vergolden liebt, bedient man sich vom Anfang bis

zum 2. Drittel des 18. Jahrhunderts häufig des vergoldeten

Bronze- oder Silberbeschlags, der die Leichtigkeit des Orna­ ments unterstützt. Die Beschläge haben außer der Funktion des Verzierens noch den technischen Zweck, die überall mit

Vergoldete Beschläge

edlen und seltenen Hölzern furnierten Flächen vor dem Ab­ springen und Abstoßen zu bewahren. Nur das Sitzmöbel und der Konsoltisch, aus gedrechselten und geschnitzten For­ men gestaltet, wird weiterhin mit Gold und später mit Weiß

und Gold gefaßt.

In Frankreich verschwindet der Schrank im 18. Jahrhundert fast vollständig, während er im deutschen und flämischen Bürgerhaus seine Heimat behält. Schreibtisch und Kommode, dieses ein neues Möbel, sind

Kommode

Lieblingsmöbel des 17. und 18. Jahrhunderts. Im 18. Jahr­ hundert kommen neue Möbel typen hinzu; Boudoirtischchen,

Kartonnier, Eckschrank, alles Stücke, die der Bequemlichkeit

Boudoirtischchen, Kartonnier Eckschrank

dienen. joi

Neben der Einlegearbeit in farbigen Hölzern werden Tische, Lackmalerei

Schreibschränke, Kommoden auch mit Lackmalereien ge­ schmückt, hervorgerufen durch die Chinamode.

Holländische Vitrine

Ein in Holland gebräuchlicher Möbeltyp ist die sog. hollän­ dische Vitrine, ein über einem kommodenartigen geschwun­

genen Unterbau aufgesetzter Glasaufsatz mit Rahmen aus Holz, nach vorn und oben geschwungen. In Norddeutschland

wird er nachgeahmt, hier allerdings meistens mit auf Volu­ tenfüßen stehendem Aufbau. Schrank

Der Ulmer, Frankfurter, Danziger u. a., Schränke bezeichnen

die landschaftlich unterschiedliche Gestaltung des Schrankes in Deutschland.

Boulle, Cressent, Caffieri, Riesener, Dubois sind in Frank­

reich zu nennen, Keller, H. D. Sommer, Plitzner, Schnell, Cuvilliés

Effner, Cuvilliés, Hoppenhaupt, Roentgen, Kambly, Spind­ ler in Deutschland. Möbel, die auf Intarsien und Lackmalerei verzichten, wer­

den in Nußbaum (Frankreich, Süddeutschland), Ebenholz (Frankreich, Holland), Eiche (Norddeutschland), Mahagoni (Holland) hergestellt.

Gegen Ende des Jahrhunderts werden die Schreib schränke Sekretär

vom Sekretär abgelöst, ein auf hohen Füßen stehender Ka­ sten mit herausklappbarer Platte, in der Form dem Kabinett

Zylinderbureau

ähnlich. Eine weitere Form des Schreibtisches ist das Zylin­

derbureau, in Frankreich in der Louis XVI.-Zeit ausgebildet.

Eine zylinderförmige Rolljalousie verschließt die Schreib­

platte. Standuhren

Mit besonderer Liebe werden die Standuhren von den Tisch­ lern mit einem Gehäuse versehen. Die komplizierten Uhr­

werke der Uhrmacher mit Uhr, Monatsuhr, Monduhr usw.

werden mit Bildern ausgeschmückt, auf denen der ganze Kosmos bemüht wird. 302

England geht audi in der Möbelkunst eigene Wege. Im

17. Jahrhundert hauptsächlich mit holländischen Möbel­ formen vertraut, tritt unter der Regierung Königin Annas der Londoner Tischler Thomas Chippendale hervor. Seine

Chippendale

Möbel sind schlicht in der Form, von schwerem, festem Cha­

rakter. Sie sind noch heute ein gesuchtes Sammelobjekt. Von Robert Adam angeregt, stellen die Tischler Heppelwhiste und Thomas Sheraton im ausgehenden 18. Jahrhun­ dert Möbel von graziler Einfachheit her, die ihren Einfluß auch in Deutschland bemerkbar machen.

TEXTILIEN Paris löst nach der Mitte des 17. Jahrhunderts Brüssel als

Zentrum der Gobelinwirkerei ab. Dort wird zunächst, im Unterschied zum Brüsseler Gobelin mit seinen Blumenbor­

pariser Gobelins

düren als Rahmen, die Rahmenbordüre als Einfassung der

Bilddarstellung verwandt. Ähnlich dem Bilderrahmen der Zeit sind die Bordüren in braungoldnem Ton gehalten, mit Kartuschenwerk, Trophäen und Aktfiguren belebt. Erst im

Laufe des 18. Jahrhunderts folgt Brüssel dieser Anregung. In Paris werden hauptsächlich große Wandteppiche für die

königlichen Schlösser angefertigt, während in der Zweig­ niederlassung Beauvais Möbelbezüge und Kissenbezüge her­ gestellt werden. Die Wirker dieser Manufakturen gründen in Deutschland, Spanien, Rußland an den Höfen Manufakturen, die aber

nur kurze Lebensdauer haben. England hat in Soho eine eigene Teppichwirkerei entwickelt,

die hauptsächlich chinesischen Vorbildern folgt. Auf ein­

farbigem Grund werden Grotesken eingewirkt. 503

Stramin­ stickerei

Im 17. und 18. Jahrhundert gewinnt die Straminstickerei für

Bezüge, Wandschirme, Bettbehänge, Klingelzüge Bedeutung. Meist auf schwarzen Grund werden bunte Blumenmuster und figürliche und landschaftliche Szenen nach Watteau ein­

gestickt auf feinem und gröberem Stramin im Wechsel (petit­ point und gros-point). Spitzen Brokatweberei

Spitzen, Brokatweberei, Stickerei werden gleichermaßen in diesem prunk- und schmuckfreudigen Zeitalter zur Ausge­

staltung der Kostüme herangezogen. Der Phantasie sind keine Grenzen in der Bemusterung der Stoffe gesetzt.

LEDER Ledertapete

Neben dem Gobelin als Wandbekleidung wird die aus Spa­ nien übernommene Ledertapete als dauerhaftes Material verwendet. Die Tapete wird, um Stoffcharakter vorzutäu­

schen, mit erhabenen Mustern geprägt, gepunzt, versilbert, überlasiert und bunt bemalt. Bevorzugt sind die Arabeske und figürliche Szenen. Ledereinband

Der geprägte und mit Gold verzierte Ledereinband der Bü­

cher ist französisches Monopol. Nur vereinzelt treffen wir in Deutschland auf ähnlich schöne Arbeiten, z. B. unter Fried­ rich II. in Berlin die Einbände für dessen Bibliothek, oder in

Heidelberg, wo unter dem Einfluß von Ottheinrich eine Tra­ dition des guten Ledereinbands herrscht.

î°4

ORNAMENT Das Ornament bevorzugt in der ganzen Periode, mit Aus­ nahme der letzten zwei Jahrzehnte, quellende, schwingende lebhafte Bewegung.

1620 Ohrmuschel, Schotenwerk

1630 Schweifgroteske 1650 Gedärmornament 1660 kanalförmiges Knorpelwerk 1680 Akanthuslaubwedel 1710 Régence, Laub- und Bandelwerk 1750 Rokoko, Rocaille, Blumen, Früchte 1770 Louis XVL, Zopf, Schleifen, hängende Tücher, Gir­ landen, Blumensträuße.

305

Empire, Klassizismus, Biedermeier 1790—1850 Der Louis XVL- und Zopfstil war das müde und leise Aus­

klingen eines feudalen Zeitalters voller Leben, Repräsen­ tation und Prunk. Die französische Revolution vernichtete alles. Bürgertum, bürgerlich sich gebende Fürsten bestimmen von nun an den Lebensstil. Das Griechentum, durch Johann Joachim Winkelmann nahegebracht, wird zum geistigen und

künstlerischen Vorbild erhoben. Der Individualismus zieht

weite Kreise. Das feste Gefüge der Zünfte wird dadurch zerstört. Autodidakten bemächtigen sich der Handwerks­ kunst. Immer häufiger werden Gegenstände, die früher von

dem ausführenden Handwerker selbst gestaltet wurden, von Architekten entworfen (Schinkel, Klenze) und dem Hand­ werker zur Nacharbeit übergeben. Da, wo der Handwerker noch selbst gestaltet, treffen wir auf einfache Formen, die aus der Überlieferung des Handwerks schöpfen.

EDELMETALL

Schmuck

Gold- und Silberschmiedearbeiten werden hauptsächlich für Schmuck herangezogen. Der griechischen Kleidermode fol­

gend sind die Schmuckstücke von großer Einfachheit und edler Form. Antike Gemmen und Kameen — als Ersatz da­ für die von Wedgwood gelieferten weißen Medaillons —,

Miniaturen, kleine Mosaiken, werden schlicht gefaßt. In Schinkel

Cornelius

306

Berlin haben auch hier Schinkel und Cornelius Entwürfe für Goldschmiede und Juweliere geliefert.

PORZELLAN

Die Berliner Porzellanmanufaktur stellt um 1800 Services mit Medaillons nach antikem Muster her.

Berlin

Wedgwood war geradezu vorbildlich in der Herstellung seiner Jasperware, die mit auf blaugefärbtem Scherben weiß

Wedgwood

aufgelegten Reliefs mit antikisierenden Figuren und Orna­

menten den Zeitgeschmack am offenkundigsten zum Aus­ druck bringt.

STEINGUT

Ohne künstlerische Bedeutung, aber mit klaren einfachen Formen findet das Steingut den Weg in den bürgerlichen

Haushalt. Oft durch einfache Überglasurmalerei oder Stein­ druck geschmückt, stellt es eine im Preis erschwingliche Ware dar.

GLAS Die Erzeugnisse aus Glas gehen den gleichen Weg. Kelch,

Becher, Flasche, Bierkrug sind von schlichter Form. Daneben werden in Böhmen die sogenannten Badegläser Mode. In

Badegläser

Tiefschnitt werden die Portraits der Badegäste in das Trink­

glas eingeschnitten und geätzt. Den Bemühungen des Autodidakten Friedrich Egermann

Egermann

gelingt es, farbiges undurchsichtiges Glas dickwandig herzu­ stellen und in Steinart zu schleifen. Mildner fertigt in Gutenbrunn, dem ehemaligen Sitz einer Porzellanmanufaktur, Gläser mit Zwischengoldmalerei von

großem Reiz an.

Zwischengold­ malerei

307

In Dresden blüht unter Samuel Mohn, ursprünglich PorzelTransparentmaleret

lanmaler, die Transparentmalerei auf Glas. Ihm gelang es, jas Durchsichtige des Glases auch beim Bemalen nicht zu

zerstören. Neben Portraits sind es hauptsächlich Landschaf­ ten und Städteansichten, die von großer Feinheit und Durch­

sichtigkeit sind. Auch in Wien, von Anton Kothgasser ge­ leitet, befindet sich eine derartige Glasmalerei, jedoch sind

diese Stücke kraftvoller in der Art.

MÖBEL Empire

Bronzeappliken

Der Möbelstil des napoleonischen Kaiserreichs liebt steife pathetische Möbel, die mit vergoldeten Bronzeappliken (Greifen, Sphinx, Masken, Schwäne, Harfen usw.) besetzt sind. Der so entstehende Eindruck ist steif-pathetisch und

kennzeichnend für das Kaiserreich. Die Möbel wurden jedoch

an alle europäischen Fürstenhöfe ausgeführt. Nach dem Zu­ sammenbruch der Herrschaft Napoleons bemächtigt sich das Biedermeier

schlichte bürgerliche Möbel auch der Schlösser. Das Bieder­ meier, in Deutschland und Österreich beheimatet, erlangt

internationale Bedeutung. Solide Arbeit, gutes Material, einfache Form ohne Häufung des Ornaments, Bequemlich­

keit sind die Kennzeichen des deutschen Möbels der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die edlen und einfachen Formen kann Schinkel

man am besten bei den Entwürfen Schinkels studieren. Die vorherrschenden Hölzer sind Mahagoni mit hellen In­

tarsienbändern, Kirschbaum, Birke, Ulme. Sekretär, Vitrine,

Näh- und Arbeitstisch, alles häusliche, nicht zur Repräsen­

tation gedachte Möbel, sind Lieblinge der Zeit. Die Sitzmöbel sind im wesentlichen vom englischen Shera­

tonmöbel angeregt. Lehn- und Ohrenstuhl gehören in jeden bürgerlichen Haushalt.

Der Möbelbezug ist entweder aus Roßhaar oder geblümtem oder gestreiftem Kretonne angefertigt.

Trotz der handwerklich oft sehr guten Arbeit ist es jedoch nicht zu übersehen, daß das Kunsthandwerk und das Hand­ werk einem Niedergang entgegengehen, wie es im Laufe der Betrachtung noch nie der Fall war. Das industrielle Streben,

Niedergang des Handwerks

der Historizismus und die Massenproduktion taten das ihre, um die handwerkliche Arbeit immer mehr zu entwerten.

Erst im 20. Jahrhundert greift man wieder auf die Hand­ werkstradition zurück, dodi kann dies nur in kleinem Rah­ men bleiben und die maschinelle Produktion an Gebrauchs­ gerät in Formgebung zu beeinflussen trachten.

ORNAMENT

Die Ornamente des Empire (1804—1815) sind: Lorbeer, Bandschleife, Sphinx, Pyramide, Lotosblüte, Schwan, Triglyphen, Mäander usw.

Der Klassizismus (um 1800) greift auf griechische und

römische (pompejanische) Ornamentik zurück. Biedermeier und Romantik (1815—1850) bevorzugen Blu­ menmotive und Ornamente der Spätgotik.

309

LITERATURVERZEICHNIS

ALLGEMEIN

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3M

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jw

SILBER UND GOLD

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SILBERMARKEN

Deutschland

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L. A. F. Crooy, L’Orfèvrerie religieuse en Belgique depuis la fin du XVe siècle jusqu’à la Révolution française, Paris 1911

Frankreich: E. Beuque et Μ. Frapsauce, Dictionnaire des Poinçons Maîtres-Orfèvres Fran­ çais, Paris 1929

3“

L. Carré, Les poinçons de Paris, Paris 1926, 1928, 1931

Großbritannien: Hall-Marks on Gold and Silver Wares, issued by the worshipful Company of Goldsmiths, Goldsmith Hall, London 1949 C. J. Jackson, English Goldsmiths snd their Marks, 2. Aufl., London 1921

Holland: E. Voet jr., Merken van Amsterdamsche Goud- en Zilversmeden, Den Haag 1912 E. Voet jr., Haarlemsdie Goud- en Zilversmeden en hunne merken, 2. Aufl., Haarlem 1928 E. Voet jr., en R. Visscher, Merken van Friesche Goud- en Zilversmeden, Den Haag 1932 E. Voet jr., en Dr. H. E. van Gelder, Merken van Haagsche Goud- en Zilversme­ den, Den Haag 1941 E. Voet jr. en P. W. Voet, Nederlandse Goud- en Zilvermerken 1445—1951 (Stadtmarken), Den Haag 1951 Ungarn:

E. Kószegly, Merkzeichen der Goldschmiede Ungarns, Budapest 1936

ZINN

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323

MÜNZEN

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Griechische Münzen E. Babelon, Traité des monnaies grecques et romaines, 4 Bde., Paris 1900—1932 P. Gardner, A History of ancient Coinage 700—300, Oxford 1918 B.V. Head, Historia Numorum, 3. Auflage, Oxford 1911 C. T. Seltman, Greek Coins. A History of metallic Currency and Coinage down to the Fall of the Hellenistic Kingdoms, 2. Auflage, London 1955

Römische Münzen E. Babelon, Description et chronologie des monnaies de la république romaine, Bd. I und II, Paris 1885—1886 Μ. Bahrfeldt, Die römische Goldmünzprägung während der Republik und unter Augustus, Halle 1923 Μ. Bernhardt, Handbuch zur Münzkunde der römischen Kaiserzeit, Halle 1926 J. Haeberlin, Aes grave, Frankfurt a. Μ. 1910 E. A. Sydenham, The Coinage of the Roman Republic, London 1952 R. Thomson, Early Roman Coinage, Kopenhagen 1957

Mittelalterliche Münzen

A. Luschin von Ebengreuth, Allgemeine Münzkunde und Geldgeschichte des Mittelalters und der neueren Zeit, 2. Auflage, München und Berlin 1926 H. Gebhardt, Numismatik und Geldgeschichte, Heidelberg 1949

3*4

MEDAILLEN UND PLAKETTEN

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MODE

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UHREN UND WISSENSCHAFTLICHE INSTRUMENTE

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3V

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3*8