Japan: Architekten, Konstruktionen, Stimmungen 9783034615327

Japan is becoming a popular travel destination for more and more architects today. With its wide variety of architecture

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German Pages 176 [178] Year 2012

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Japan: Architekten, Konstruktionen, Stimmungen
 9783034615327

Table of contents :
Japan - Land der Widersprüche?
Architektur und Ästhetik eines Inselvolkes
Japans moderne Architektur -von den Anfängen bis heute
Geografische Übersicht der Beispiel
Botanisches Museum bei Kochi
Kindertagesstätte in Odate
Wohnhaus in Kobe
Wohnhaus in Sakurajosui
Möbelhaus in Tokio
Wohnhaus in Tokio
Wohnhaus in Nagoya
Wohnhaus in Mineyama
Wohnhaus in Hadano
Wochenendhaus in Karuizawa
Wohnhaus mit Atelier in Kobe
Wohn- und Atelierhaus in Tokio
Wohnhaus bei Yamanakako
Wohnhaus in Kioto
Wohnhaus in Tokio
Wohnhaus in Suzaku
Wohnhaus in Hokusetsu
Kunsthaus auf Naoshima
Steinmuseum in Nasu
Sonntagsschule in Ibaraki
Galerie und Gästehaus einer Tempelanlage in Kioto
Mediothek in Sendai
Universität in Saitama
Stadion bei Sendai
Architekten
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im ∂

Japan Architekten Konstruktionen Stimmungen

Christian Schittich (Hrsg.)

Birkhäuser Edition Detail

im ∂ Japan

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Japan Architekten, Konstruktionen, Stimmungen

Christian Schittich (Hrsg.)

Edition Detail – Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG München Birkhäuser – Verlag für Architektur Basel · Boston · Berlin

Herausgeber: Christian Schittich Redaktion: Andrea Wiegelmann, Thomas Madlener

Dieses Buch ist eine Kooperation zwischen Edition Detail – Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH und Birkhäuser – Verlag für Architektur Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über »http://dnb.ddb.de« abrufbar.

* 2002 Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH, Postfach 33 06 60, D-80066 München und Birkhäuser – Verlag für Architektur, Postfach 133, CH-4010 Basel Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. Gedruckt auf säurefreiem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff (TCF • )

DTP: Peter Gensmantel, Andrea Linke, Cornelia Kohn, Roswitha Siegler Printed in Germany Reproduktion: Karl Dörfel Reproduktions-GmbH, München Druck und Bindung: Kösel GmbH & Co. KG, Kempten

ISBN 3-7643-6756-3 987654321

Inhalt

Japan – Land der Widersprüche? Christian Schittich Architektur und Ästhetik eines Inselvolkes Günter Nitschke

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Wohnhaus bei Yamanakako Shigeru Ban Architects, Tokio

108

Wohnhaus in Kioto Jun Tamaki/Tamaki Architectural Atelier, Kioto

110

Wohnhaus in Tokio Akira Watanabe Architect & Associates, Tokio

114

Japans moderne Architektur – von den Anfängen bis heute Christian Schittich und Andrea Wiegelmann

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Geografische Übersicht der Beispiele

56

Wohnhaus in Suzaku Waro Kishi + K. Associates, Kioto

118

Botanisches Museum bei Kochi Naito Architect & Associates, Tokio

58

Wohnhaus in Hokusetsu Toshihito Yokouchi Architect and Associates, Kioto

122

Kindertagesstätte in Odate Shigeru Ban Architects, Tokio

62

Kunsthaus auf Naoshima Tadao Ando Architect & Associates, Osaka

126

Wohnhaus in Kobe Toshiaki Kawai/Kawai Architects, Kioto

66

Steinmuseum in Nasu Kengo Kuma & Associates, Tokio

130

Wohnhaus in Sakurajosui Toyo Ito & Associates, Tokio

70

Sonntagsschule in Ibaraki Tadao Ando Architect & Associates, Osaka

134

Möbelhaus in Tokio Kazuyo Sejima & Associates, Tokio

74

Galerie und Gästehaus einer Tempelanlage in Kioto Takashi Yamaguchi & Associates, Osaka 142

Wohnhaus in Tokio Kazuyo Sejima & Associates, Tokio

78

Mediothek in Sendai Toyo Ito & Associates, Tokio

148

Wohnhaus in Nagoya Amorphe Takeyama & Associates, Kioto

82

Universität in Saitama Riken Yamamoto & Field Shop, Yokohama

160

Wohnhaus in Mineyama FOBA, Kioto

86

Stadion bei Sendai Atelier Hitoshi Abe, Sendai mit Syouichi Haryu Architect and Associates, Sendai

166

Architekten Autoren Bildnachweis

170 175 176

Wohnhaus in Hadano Tezuka Architects, Tokio

90

Wochenendhaus in Karuizawa Atelier Bow-Wow, Tokio

94

Wohnhaus mit Atelier in Kobe Go Yoshimoto Architecture & Associates, Hyogo

98

Wohn- und Atelierhaus in Tokio Naito Architect & Associates, Tokio

104

Japan – Land der Widersprüche? Christian Schittich

Japans zeitgenössische Architektur fasziniert wegen ihrer kompromisslosen Konzepte. Nirgendwo sonst werden innovative Lösungen ähnlich radikal umgesetzt, Grundrisse auf engerem Raum verwirklicht, unbefangener experimentiert, nirgendwo sonst werden Konstruktionen so sehr auf das absolut Notwendige reduziert. Die AvantgardeArchitektur des Inselstaats ist ausgesprochen facettenreich. Zu ihren vielfältigen Erscheinungen gehört Toyo Itos Medienarchitektur ebenso wie die minimalistischen Ansätze von Kazuyo Sejima oder die vorbehaltlosen räumlichen und konstruktiven Experimente eines Shigeru Ban. Dazu zählt aber auch das sinnliche Inszenieren von Material, wie es etwa Kengo Kuma demonstriert, oder die stillen, meditativen Räume von Tadao Ando. Mit Ando, der vor einem Vierteljahrhundert begann, konsequent seinen eigenen Weg zu gehen – unberührt von den gerade vorherrschenden Moden –, erlangte erstmals ein japanischer Architekt weltweit maßgeblichen Einfluss. In den vergangenen zehn Jahren erreichte die zeitgenössische japanische Architektur schließlich einen internationalen Stellenwert wie nie zuvor. Heute gehen entscheidende Impulse von verschiedenen Architekten aus. Doch Japans Baukultur präsentiert sich stets etwas anders als der internationale Mainstream, die Auseinandersetzung mit der eigenen Tradition spielt immer eine Rolle. Auf der anderen Seite gibt es von jeher eine große Offenheit für Einflüsse von außen. So wie die Japaner bereits in der Geschichte viele Kulturgüter von China übernommen, oftmals aber verfeinert haben – den Buddhismus etwa und die Bauweise der Tempel, die Schrift oder den Tee –, so wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg Kameras, Autos und Elektrogeräte aus Europa und Amerika adaptiert haben, so nehmen sie auch Architekturströmungen von außen unbefangen auf und assimilieren sie. Ein Land der Widersprüche? Als Betrachter aus dem Westen glaubt man in Japan zunächst überall Widersprüche zu sehen: Ästhetisch angerichtete Speisen und der Hang zur Formvollendung bei Verpackungen oder der Teezeremonie stehen dem Chaos der Städte gegenüber, das Durcheinander in den Metropolen der sprichwörtlichen Disziplin der Bevölkerung. Doch das Land – und das gilt auch für seine Architektur – an unseren eigenen Bewertungskriterien zu messen führt nicht zum Ziel: Die vollkommen anderen Voraussetzungen und die großen kulturellen Unterschiede erfordern eine andere Betrachtungsweise, eine andere Interpretation. Auch wenn das

Erscheinungsbild oftmals ähnlich ist: Wer japanische Architektur mit den Maßstäben des Westens misst, läuft Gefahr, ästhetische Aspekte überzubewerten, und bleibt im wahrsten Sinne des Wortes an der Oberfläche. Nach wie vor spielen die spezifischen Werte der japanischen Kultur eine große Rolle, während uns vertraute Grundsätze oftmals kaum verankert sind. Das gilt auch für einige Dogmen der Moderne und des Funktionalismus (auch wenn die Moderne in Japan schon sehr bald als Architekturstil großen Einfluss hatte), die bei uns, obwohl zunehmend in Frage gestellt, nach wie vor ein wesentliches Kriterium sind: Im Fernen Osten haben sie als theoretisches Leitbild kaum Gültigkeit. Überhaupt zeigen sich die Japaner Dogmen gegenüber skeptisch. Schon ihre Religionen, Shintoismus und Buddhismus, sind eher pragmatisch angelegt und besitzen eine große Offenheit für andere Glaubensrichtungen. Ohne sich mit den überlieferten ästhetischen Werten, dem im Vergleich zum Westen unterschiedlichen Verhältnis zur Einfachheit oder dem anderen Formempfinden auseinanderzusetzen, bekommt man auch zur heutigen Architektur Japans kaum Zugang. Immer wieder findet man in überlieferten Verhaltensmustern den Schlüssel zum Verständnis zeitgenössischen Entwerfens. Dies betrifft den gelegentlichen Hang zum Irrationalen ebenso wie die Begeisterung der Japaner für alles Natürliche und Rohe, das Denken in Zyklen ebenso wie ein anderes Verständnis von Authentizität. Seit den frühen Teemeistern beispielsweise, die mit ihrer Teehaus- und Gartenarchitektur ganz entscheidend die ästhetischen Werte bis heute prägen, erkennt man überall die Neigung, eine bestehende Ordnung zu durchbrechen, eine gewisse Liebe zum Widerspruch: Jeder gerade Weg in einem Garten hat irgendwo seine willkürliche Krümmung, jede ansonsten klar und rational gefügte Konstruktion eines Tee- oder Bauernhauses wird von einem besonders verwachsenen Balken durchbrochen. Gleichermaßen verankert und deshalb beinahe schonsprichwörtlich ist das Denken und Handeln der Japaner in Zyklen. Als plakativstes Beispiel dafür stehen die heiligen Schreine von Ise, die seit dem 7. Jahrhundert in einem festgelegten Turnus abgebrochen und in gleicher Form, aber mit neuem Holz wieder errichtet werden (S. 14ff). Neben dem ständigen Wandel verdeutlicht dieses Beispiel auch den anderen Stellenwert, den in Japan (wie fast überall in Asien) Authentizität besitzt. Der ideelle Wert eines Gebäudes oder Gegenstandes ist oft wichtiger als der historische: Der Symbolgehalt von Form und Farbe, die religiöse Bedeutung dominieren über das Alter, über das authentische Material. 9

1.2

Die Stadt Der Japans Kultur zugrunde liegende Prozess des permanenten Wandels zeigt sich im Moment nirgends so deutlich wie am Bild der Städte. Nichts hat hier Bestand. Gestern noch viel beachtete Bauten können heute schon wieder verschwunden sein. Bereits in der Vergangenheit haben die Japaner ihre Häuser nicht für die Ewigkeit gebaut – der vergängliche Baustoff Holz erforderte ständige Erneuerung, ebenso die dauernde Zerstörung durch Erdbeben, Brandkatastrophen und Taifune. Heute wird der stetige Wandel unterstützt durch exorbitant hohe Grundstückspreise in den Innenstädten, welche die eigentlichen Baukosten nebensächlich werden lassen und somit zur Schnelllebigkeit von Immobilien führen. Urbanität im europäischen Sinne gibt es traditionell in Japan nicht und auch keine großen öffentlichen Bauten mit städtebaulicher Wirkung. Das kleine hölzerne Wohnhaus war in der Vergangenheit der vorherrschende Gebäudetyp. Und noch heute wohnt im Großraum Tokio beinahe die Hälfte der 30 Millionen Menschen in kleinen Einfamilienhäusern mit oft weniger als 80 m2 Wohnfläche, die manchmal kaum einen halben Meter auseinander stehen. Der gesamte Moloch besteht aus dichtest bebauten und verkehrsreichen urbanen Zentren inmitten von einem Meer kleiner Häuser: Das Haus auf kleinstem Raum bleibt eine der wesentlichen Entwurfsaufgaben für Architekten (S. 32ff). Vor allem aber fällt in den japanischen Ballungszentren der ungeheure Wildwuchs von Gebäuden unterschiedlicher Baumasse auf. Sie präsentieren sich als ein gigantisches Wirrwarr, das gleichermaßen schockiert und fasziniert. Durcheinander und Dichte haben hier eine Dimension erreicht, die ihre eigenen ästhetischen Reize entwickelt. Und, was besonders verblüfft: Das Chaos hat seine eigene Ordnung – die japanische Stadt funktioniert. Nirgendwo auf der Welt beispielsweise fahren Züge pünktlicher, nirgendwo sonst gibt es einen effizienteren öffentlichen Nahverkehr: Allein an Tokios verkehrsreichstem Bahnhof Shinjuku steigen täglich mehr als drei Millionen Menschen um. Schließlich hat auch das Chaos als raffiniertes Ordnungssystem schon in der fernöstlichen Philosophie seinen Wert. Der stetige Wandel und die enorme unkontrollierte Heterogenität haben zur Folge, dass es für den Architekten keinen Anlass gibt, auf gewachsene Strukturen Rücksicht zu nehmen. Ohnehin sind stadträumliches Denken, Kontextualität und Raumplanung kaum entwickelt. Das bedeutet, dass ein Bauprojekt meist nur einen punktuellen Eingriff darstellt, keine städtebauliche Maßnahme. Die direkte Umgebung ändert sich laufend, ist zu chaotisch, zu heterogen, um darauf zu reagieren. Ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Das Fehlen von formalen Bindungen durch den städtebaulichen Kontext schafft den Architekten in Japan großen Freiraum. Zusätzlich schränken weit weniger Gestaltungsvorschriften oder verbindliche technische Standards als beispielsweise in Deutschland den Entwerfer ein (strenge Vorgaben gibt es allerdings für die Standsicherheit, den Brandschutz und die Abstandsflächen). Doch wer mit den Publikationen der Avantgarde-Architektur im Kopf nach Tokio oder Osaka reist und sich dort zunächst mit all dem Wildwuchs an Baumasse konfrontiert sieht, erkennt schnell, dass die Freiheit zwei Seiten hat: Den aus Veröffentlichungen bekannten – und durch herausragende

10

1.3

Fotos gelegentlich auch überzeichneten – Spitzenleistungen viel beachteter Architekten steht ein Meer von Banalem gegenüber. Gemessen am Gesamtbauvolumen gelingt es nur wenigen engagierten Architekten, den größeren Spielraum sinnvoll zu nutzen. Neben der größeren gestalterischen Freiheit ermöglichen ein gemäßigteres Klima und ein sorgloserer Umgang mit Energie filigranere Konstruktionen. So wird die Wärmedämmung in Dach und Fassade meist auf ein Minimum reduziert, die Vermeidung von Wärmebrücken, die bei uns in Mitteleuropa die Details oft so kompliziert werden lässt, ist kein Thema. Einfachverglasung bei Fenstern – mit den entsprechend dünneren Rahmenkonstruktionen – ist (außer in den nördlichsten Regionen des Landes) die Regel. Einfach verglaste Fenster und von innen nach außen ungedämmt durchgehende Stahlbetonwände müssen aber nicht unbedingt Energieverschwendung bedeuten, denn die Japaner akzeptieren weit größere Klimaschwankungen innerhalb ihrer Häuser als die Menschen im Westen. Temperaturen von unter 15 Grad Celsius werden im Winter auch für das Wohnzimmer nicht unbedingt als unerträglich angesehen. Viel mehr als wir reagieren sie mit ihrer Kleidung, viel mehr als im Westen respektieren die Japaner die unterschiedlichen Gegebenheiten der einzelnen Jahreszeiten. Wohnhäuser ohne Zentralheizung, aber mit raumweise angebrachten Klimageräten sind üblich. Energie wird vor allem im Sommer für Klimatisierung und Kühlung verbraucht. Aber auch für japanische Verhältnisse sind die aus Publikationen bekannten enorm reduzierten Details nicht immer vertretbar. Gerade einige Exponenten des Minimalismus reizen sie gelegentlich so sehr aus, dass schon bald Spuren des Verfalls sichtbar werden. Der traditionell akzeptierte Prozess von Entstehen und Vergehen läuft dann doch etwas zu schnell ab. Nicht immer kann man sich in Japan des Eindrucks erwehren, dass so manches Gebäude mit Blick auf die spätere Publikation entworfen ist, für den Tag also, an dem es nagelneu strahlend den Fotografen präsentiert wird. Dies erklärt sich in einem Land, wo Starkult groß geschrieben wird, wo Berühmtheit in einer überwiegend konformen und hierarchischen Gesellschaft besonderes Ansehen bedeutet. Planungsalltag in japanischen Architekturbüros Das Baugeschehen in Japan wickeln überwiegend die Planungsabteilungen der großen Baukonzerne und Architekturfirmen wie Nikken Sekkei mit teilweise mehr als 1000 Mitarbeitern ab. Die kleineren freien Architekturbüros (deren Projekte wir in diesem Buch vorstellen) sind nur mit einem verschwindend geringen Prozentsatz am Gesamtbauvolumen beteiligt. Sie haben eher den Status von exotischen Künstlern, die eine Art Vorreiterrolle spielen und neue Konzepte entwickeln. Entsprechend schwierig ist ihre wirtschaftliche Situation. Während der 80er-Jahre, zur Zeit der ungeheuren Spekulationswirtschaft, der sogenannten Bubble Economy, standen für einen begrenzten Zeitraum ausreichend Finanzmittel zur Verfügung. Öffentliche wie private Bauherrn entwickelten damals ein überraschend großes Interesse an Architektur und wollten sich mit ausgefallenen, teilweise schrillen Gebäuden schmücken. Kostspielige Baustoffe wie Marmor, Granit und Edelstahl wurden in Massen verbaut, junge unbekannte Architekten erhielten unversehens Großaufträge und konnten bei deren Umsetzung ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Doch als die 11

1.4

1.5

gigantische Blase platzte, kehrte schnell Ernüchterung ein. Die Mehrzahl der jungen Architekten, die während der Boomzeit ausgebildet wurden, kämpft heute um ihre Existenz. Statt großen Kulturbauten oder Firmenzentralen stehen Miniwohnhäuser auf dem Programm. Wer als europäischer Kollege japanische Architekturbüros besucht, ist oft über deren geringe Zahl von Mitarbeitern erstaunt. Tadao Ando, der zunehmend internationale Großprojekte entwirft und im eigenen Land ein Museum nachdem anderen baut, kommt mit ca. 25 Angestellten aus. Und auch bei Toyo Ito sind es nicht mehr. In den meisten der anderen Büros, die mit Projekten in diesem Buch vertreten sind, arbeiten lediglich zwischen etwa drei und zehn Architekten. Ein Grund für die geringe Anzahl von Leuten mag in anderen Arbeitsbedingungen liegen; Regelarbeitszeiten bis Mitternacht sind in Japans führenden Büros keine Seltenheit (und das bei oft sehr schlechter Bezahlung). Ein weiterer Grund ist natürlich in den überwiegend einfacheren Ausführungsdetails zu suchen, aber auch in der Tatsache, dass gerade die Ausführungsplanung und Detailarbeit nur bis zu einem gewissen Punkt in der Hand der Architekten liegt. Vieles wird den ausführenden Firmen und Handwerkern überlassen, die auch im Planungsprozess eine verantwortliche Rolle spielen. Sie verstehen es als ihre Aufgabe, noch auf der Baustelle zusammen mit den Architekten sinnvolle Detaillösungen zu entwickeln, und reagieren auf Änderungen gegenüber der Ausschreibung nicht unbedingt mit überzogenen Nachträgen, sondern sehen deren qualitätvolle Umsetzung als Herausforderung an. Natürlich ist es, wie überall im Land, auch in den meisten Architekturbüros sehr eng. Vier bis fünf Mitarbeiter in einem Raum von 12 m2 sind keine Seltenheit. Rein optisch aber unterscheiden sich die Räume kaum von denen im Westen. Typisch japanische Merkmale sind eher die Ausnahme. Bei Ando etwa, dessen Büro natürlich in einem selbst entworfenen Sichtbetonbau untergebracht ist, gibt es die im traditionellen japanischen Haus übliche Schwelle, wo man die Schuhe auszieht und in die heute überall bereit stehenden Plastikpantoffeln in Einheitsgröße schlüpft. Ansonsten finden sich alle gängigen Typen von Büros: chaotische und aufgeräumte, solche, die von Planrollen überquellen, und überwiegend papierlose mit nüchternen CAD-Arbeitsplätzen. Toyo Itos helle, klare Räume gleichen in vielen Bereichen einer Modellbauwerkstatt. Bei unserem letzten Besuch wurde dort mit Hilfe unzähliger Entwurfs- und Detailmodelle gerade der letzte Schliff an den Pavillon der Serpentine-Gallery gelegt. Kazuyo Sejimas Büro in einem alten Werkstattgebäude könnte mit seinem rohen, provisorischen Charme auch in einer früheren Lager- oder Industriehalle in New York oder Berlin zu finden sein. Von Japan lernen? Mit ihren eingangs erwähnten Qualitäten erfährt Japans zeitgenössische Architekturszene große internationale Beachtung. Der Inselstaat im Pazifik entwickelt sich zunehmend zum Traumziel für Architekten aus aller Welt. Wie kaum eine andere deutschsprachige Fachzeitschrift beleuchtet DETAIL bereits seit Jahren regelmäßig die japanische Architektur. Aus dem dabei gesammelten Erfahrungsschatz und aus den zahlreichen Gesprächen mit führenden Architekten vor Ort entstand dieses Buch. Im Mittelpunkt steht dabei ein breites Spektrum von

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Gebäudebeispielen, bei deren Auswahl wir bewusst auf Vielfalt geachtet haben. Unser Ziel ist es, die enorme Bandbreite qualitätvoller Architektur hinsichtlich Konzeption, Material und Konstruktion angemessen darzustellen. Da, wie schon erwähnt, sich die japanische Baukunst kaum ohne Kenntnis der kulturellen und geschichtlichen Grundlagen erschließen wird, skizziert Günter Nitschke in einem vorangestellten Essay die philosophischen und ästhetischen Grundlagen der traditionellen Architektur, während in einem zweiten Artikel die neuere Baugeschichte und die aktuellen Tendenzen reflektiert werden. Ein eigenes Kapitel ist dabei den kleinen Wohnhäusern gewidmet, wegen ihrer unverändert großen Bedeutung und den zahlreichen innovativen Ansätzen in diesem Bereich. Zu den vorgestellten Detailzeichnungen ist anzumerken, dass sie auf andere Kulturund Klimaregionen nicht einfach übertragbar sind. Trotzdem bleiben sie als konzeptionelle Anregung spannend. Gerade in Mitteleuropa, wo technische Standards vielerorts allzu reglementiert sind, kann die in Japan übliche unbekümmerte und unkomplizierte Vorgehensweise Denkanstöße geben. Das Gleiche gilt für die unkonventionellen Raumkonzepte und die Grundrisse für engste Verhältnisse, für die vielfältige Behandlung von Zwischenraum oder die bewusst gestalteten Übergänge von außen nach innen. Japanische Architektur ist eben oft einen Hauch einfacher, unbefangener, direkter ...

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Abbildungen: 1.1 Wohnhaus in Setagaya, Tokio, Toyo Ito 1999 1.2 Aura-Haus, Tokio, FOBA 1996 1.3 Café im Museum Yatsushiro, Toyo Ito 1994 1.4 Tadao Ando in seinem Büro in Osaka 1.5 Büro von Fumihiko Maki in Tokio 1.6 Wohnhaus bei Tokio, Shigeru Ban 2000

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Architektur und Ästhetik eines Inselvolkes Günter Nitschke

miyabi – höfische Eleganz yugen – mysteriöse Tiefe wabi – rustikale Einfachheit sakui – individuelle Kreativität

Prinzessin blühender Bäume oder Prinzessin zeitloser Felsen – aus der japanischen Mythologie Es ist eine in der japanischen Architekturgeschichte kaum erwähnte, aber doch weit reichende Tatsache, dass auf den japanischen Inseln bis zur Übernahme westlicher Bauweisen im 19. Jahrhundert kein einziger Bau aus Stein errichtet worden ist.1 Selbst Japans unzählige mächtige Burgbauten sind bis auf die gewaltigen Verteidigungsmauern, auf denen sie ruhen, immer Holzkonstruktionen. Dies liegt nicht daran, dass die Japaner nicht etwa in der Lage gewesen wären, chinesische Stein- oder Ziegelbauten zu kopieren, oder dass – wie wir heute wissen – niedrige Holzbauten erdbebensicherer sind als niedrige Bauten aus Stein. Nur ein Inselvolk – ein isoliertes Volk – kann sich so konsequent über zweitausend Jahre im Bauen auf ein einziges tragendes Konstruktionsmaterial, nämlich das Holz, beschränken. Dies deutet auf eine tief verwurzelte Vorliebe der Japaner für das Lebende und Vergängliche, den Wechsel der Jahreszeiten, ja sogar das Rohe. Diese Vorliebe dominiert bis heute schlechthin die traditionelle Ästhetik Japans. Bereits im Zeitalter der Götter in den ältesten Mythen Japans entschied sich, vor die Wahl gestellt, der erste japanische Kaiser auf Erden, der Enkel der Sonnengöttin, für die schöne Prinzessin der blühenden Bäume und nicht für ihre hässliche Zwillingsschwester, die Prinzessin der ewig währenden Felsen. Mythen legen oftmals Archetypen der menschlichen Psyche frei. Und diese Archetypen sind die Architekten unserer Kulturen. Sogar der japanische Städtebau spiegelt diese Einstellung wider. Im Gegensatz zu dem europäischen Ideal von der Stadt als Urbs aeterna oder ewige Stadt mit ihrer dauerhaften Architektur und einem sehr starren Städtebau verweisen die japanischen Städte bis zum heutigen Tage auf ein Stadtideal, das durch dynamische Vitalität, schnelle Veränderungen, zyklische Erneuerung der Einzelelemente und einen allgemeinen Hang zu ephemeren Strukturen charakterisiert ist.2 Den zentralen Platzanlagen in Europa, umgeben von steinernen Bauten städtischer und religiöser Institutionen, entsprechen in Japan chinju no mori, so genannte Götterhaine, kleine Wäldchen, lokalen Schutzgöttern geweiht, die je nach Jahreszeit ihr natürliches Erscheinungsbild wechseln.3 Die für westliche Architekten ungewöhnlichen urbanen Träume und Projekte der japanischen Metabolisten der frühen 60er-Jahre zeigen aus japanischer Sicht betrachtet nichts Neues.4 Die japanische Geschichte orientiert sich bis heute nicht an der linearen christlichen Zeitrechnung des Westens. Im Jahre 2002 lebt

der Japaner im Jahre Heisei 14, denn vor 14 Jahren sind mit der Krönung des jetzigen Kaisers Raum, Zeit und Volk in Japan erneuert worden. Dieses zyklische Bewusstsein hat tiefen Einfluss auf das Denken über die Vergangenheit und auch die Gegenwart. Seit der Meiji-Zeit wird mit dem Antritt eines neuen Kaisers auch ein neues nengo, wörtlich Jahresname oder -motto, ausgerufen. Vor dieser Zeit ist dies auch mehrmals innerhalb einer Kaiserperiode geschehen. Jedes torii oder Eingangstor zu einem Shinto-Schrein (Abb. 2.1) erinnert einen Japaner an die Erneuerung sowohl der Natur als auch seiner Gesellschaft. Baulich zeigen sich die erwähnte Liebe zum lebenden Baumaterial und das zyklische Denken am besten in den kaiserlichen Ahnenschreinen in den Wäldern von Ise. Diese Schreine erfüllen das Paradox, das das Heilige als Gebautes idealerweise zu erfüllen hat, nämlich uralt und gleichzeitig immer neu aussehen zu müssen. Diese insgesamt 115 Schreine des Ise-Systems, aller Wahrscheinlichkeit nach im 7. Jahrhundert entstanden, werden alle 20 Jahre (ursprünglich alle 21 Jahre) zusammen mit all den Schätzen in ihnen und den Kieselsteinen, auf denen sie ruhen, erneuert.5 Dieser Brauch ist ungefähr zu der Zeit eingeführt worden, als man es aufgegeben hatte, beim Antritt jedes neuen Kaisers aus Gründen religiöser Tabus die jeweilige Hauptstadt zu verlassen und andernorts wieder neu aufzubauen. Räumlich und konstruktiv spiegelt die Ise-Architektur den Kaiserhof aus der Nara-Zeit wider, dessen Gestalt wir ja sonst nur von Ausgrabungen und hypothetischen Rekonstruktionen kennen (Abb. 2.3, 2.4, 2.25).

2.2

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FUDO – Wind und Erde: holistisches Bauen, Wohnen, Denken Im Gegensatz zum antiken China mit seiner langen Folge von sich ablösenden Dynastien hat Japan nur ein Kaiserhaus, das seinen Ursprung auf die Sonnengöttin zurückführt. Für ein tieferes Verständnis japanischer Religiosität und auch japanischen Bauens in der Natur ist es wichtig zu wissen, dass die Japaner quasi in »Blutsverwandtschaft« mit den Göttern leben, die, um eine These von Tetsuro Watsuji (1889–1960) aufzugreifen, Energien der Natur verkörpern. Die Differenzierung zwischen Mensch, Gott und Natur, die den jüdisch-christlich-islamischen Kulturbereich kennzeichnet, hat in Japan auch der Buddhismus später nicht propagiert. Dieses religiöse Bewusstsein einer Einheit mit der Natur im Bauen, Wohnen und Denken sollte nach der Übernahme westlicher Denkweisen und der Imitation europäischer Bauformen von der Mitte des 19. Jahrhunderts an nie wieder gewonnen werden. Ebenso wie Japan bis heute nur eine Kaiserlinie besitzt, gab es nur eine Bauweise, die Holzrahmen entwickelte und Räume nur horizontal additiv kombinierte. Seit ca. hundert Jahren unterscheidet die japanische Architekturgeschichte in Anlehnung an die europäische Stilkunde drei Stile innerhalb dieser Konstruktionsweise und Raumordnung. Sie haben sich in Schritten von jeweils etwa vierhundert Jahren 2.3

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entfaltet. Neben dem Shinden-Stil (8.–12. Jh.) und dem Shoin-Stil (12.–16. Jh.) gibt es den Sukiya-Stil (16.–19. Jh.). Dabei überwiegen die gemeinsamen Merkmale dieser Baustile. Bis zur Übernahme einer neuzeitlichen Architektur seit der Mitte des 19. Jahrhunderts war Architektur in Japan von »Wind und Erde« geformt, wie Tetsuro Watsuji es in seinem gleichnamigen Buch aus den 30er-Jahren als erste holistische Vision von menschlicher Kultur und Klima entwickelt hat.6 Im ostasiatischen Küstenbereich gelegen, wohnen die Japaner in der Klimazone des Monsuns. Nach Watsuji prägt dieses Klima ihre Religion, die Künste, Kleidung, Nahrung und auch das Bauen. Das Regen spendende Klima, das die Japaner wie andere Monsunvölker von jeher ausreichend mit Nahrung versorgt hat, sei auch Ursache für ihr eher passives als revolutionäres Denken und Handeln. Andererseits werden sie jährlich von Erdbeben, Taifunen und Überschwemmungen heimgesucht, die alles von Menschen Gemachte und Gebaute in regelmäßigen Zyklen zerstören. Die Tatsache der Vergänglichkeit allen Daseins hat die Japaner praktisch und philosophisch geprägt. Auch hier liegt eine der Wurzeln ihres zyklischen Denkens. Von bleibendem Wert ist praktisch nur der Grund und Boden, das Grundstück.

Die charakteristischen Merkmale der traditionellen japanischen Architektur, die in allen Phasen der Geschichte vorhanden sind, seien hier kurz zusammengefasst: • Abheben des konstruktiven Bodens um einen oder zwei Fuß von der Erde, genug, um sich vor Bodenfeuchtigkeit zu schützen und die Luftzirkulation in dem feucht-heißen Klima zu erleichtern und trotzdem noch in Kontakt mit der Erde zu bleiben. • Weit überhängende, geneigte Dächer aus Schilf, Schindeln oder Ziegeln über dem Hauptbau und hinzugefügte umlaufende Veranden, meist unter separatem Dach, als Sonnen- und Regenschutz, Isolierung und Lichtmodulation. • Leere Räume, d. h. Räume ohne Stühle, Tische, Schränke und Teppiche; der ganze Fußboden aus gepressten Reisstrohmatten ist sozusagen »Stuhl«. • Horizontal additive Raumordnung, fast immer ohne Obergeschoss und Keller; Raumtrennung wird durch bewegliche Elemente und temporäre Installationen, nicht durch massive Wände erreicht. In diesem Sinne charakterisierte Watsuji das traditionelle japanische Raumund Wohngefühl als ein Gefühl der »Vereinigung ohne Distanz«6, da alle Unterteilungen wieder aufhebbar, beweglich sind. • Perfektionierung des Details und der Bautypen. Es gibt in Japan bis zur Einführung der nordamerikanischen Holzrahmenkonstruktion praktisch keinen schlecht gefügten Holzbau. Die Kultur des Inselvolkes ist nach innen und nicht nach außen orientiert. • Klare Unterscheidung zwischen tragenden und raumteilenden Konstruktionselementen, was leichte Auswechslung und Erneuerung von Raumteilen oder Bauelementen ermöglicht. Diese Unterscheidung erlaubt auch den einfachen Ab- und Neuaufbau eines Gebäudes an einem anderen Ort (Abb. 2.5, 2.6). • Multifunktionale Nutzung des gebauten Raumes – eine Folge des beschränkten Baulandes auf den japanischen Inseln. SHINDEN – weiblicher Akzent und weibliche Eleganz im Raum in der japanischen Antike, 8.–12. Jahrhundert In einer treffenden Karikatur von einem japanischen Architekten sind die wichtigsten der oben beschriebenen Merkmale in einer Art »Evolutionsgeschichte vom Stuhl zum Haus« humorvoll zusammengefasst (Abb. 2.2). Wie in der ersten Phase skizziert, gibt es aus dem Tumuluszeitalter von 250 bis 552 n. Chr. viele haniwa (Grabbeigaben) aus Ton, die sitzende Figuren auf sehr hohen Stühlen bzw. Thronen darstellen. Die zweite Phase zeigt Bauten auf hohen Pfeilern, die aus der Yayoi-Zeit als Reisspeicher oder Herrscherbauten bekannt sind. Die nächste Phase stellt im Prinzip einen ersten Schrein und Tempelbau – wie zum Beispiel den Ise-Schrein – dar und die vierte die voll entwickelte Form eines Palastes oder auch Wohnhauses. Das Gebäude hat symbolisch die Rolle des Stuhles übernommen. Die fünfte, von mir der ursprünglichen Karikatur hinzugefügte Phase des modernen Wohnens in Japan zeigt, dass das Haus seine Beziehung zur »Erde« vollkommen und zum »Winde« durch ein geschlossenes Äußeres und massive Innenwände in den meisten Fällen verloren hat. Man lebt klimatisiert in einer Wohnmaschine. Der Stuhl ist aus dem Westen eingeführt, und die Zimmer füllen sich mit immer mehr Hausgerät und Mobiliar.

2.4

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Dieselbe Karikatur drückt eine weitere Besonderheit der frühen japanischen Architektur aus, die Zweiteilung des Gebäudes in eine moya, einen Mutterbau, und angeheftete hisashi, Veranda-Räume. Der älteste Bau mit einer solchen Raumordnung aus der Nara-Zeit wird als Rekonstruktion von Masaru Sekino im Palast des Fujiwara-Regenten Toyonari gezeigt (Abb. 2.7). Das konstruktiv und räumlich voll entwickelte Prinzip sieht man in den Prachtpalästen der HeianZeit oder, in kleinerem Maßstab, auch in städtischen Wohnoder in Bauernhäusern.

2.5

2.6

2.7

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Der erste shishinden oder Purpur-Palast des japanischen Kaisers im 8. Jahrhundert ist sowohl in der Konstruktion wie dem Namen nach strengstens, doch in kleinerem Maßstab, dem chinesischen Kaiserpalast nachempfunden. Er wird zum Prototyp der Architektur, die dann als Shindenoder Schlafpalast-Stil die Bauten der Aristokratie der HeianZeit kennzeichnet. Obwohl der Stützenabstand zu dieser Zeit noch variabel ist, zeigen Ausgrabungen des Kaiserpalastes in Heiankyo, dem späteren Kioto, eine Spannweite von drei Metern. Nie wieder sollte die profane oder religiöse Architektur Japans eine derartige Offenheit nach außen und innere räumliche Flexibilität erreichen (Abb. 2.8, 2.10). Wichtig für den Raumeindruck ist, dass der Kaiserpalast runde Stützen und keine fixierten, sondern nur verschiebbare Wände aufweist. Shitomido, nach oben horizontal aufklappbare, gitterartige Holzfensterläden an der Südfassade, ermöglichen einen einmaligen, weiten Panoramablick über den gesamten Südgarten. Dazu wird die obere Hälfte nach oben geklappt und unter der Traufe befestigt, die untere Hälfte dagegen ganz entfernt – ein später in der japanischen Architektur nie wieder erreichter Effekt. An kalten Wintertagen bleiben sie allerdings meistens geschlossen, was die ganze Halle vollständig verdunkelt. Dies war sicher einer der Gründe, der zur Erfindung von Schiebetür und Schiebefenster beigetragen hat. In der Heian-Zeit wird der Innenraum mit Stellwänden, Faltschirmen, Stoffvorhängen, transparenten oder massiven, teilweise auch bemalten Flügeltüren und Schilfjalousien vielfältig und wandelbar gestaltet. Malereien auf Rollbild-Erzählungen aus dem 12.–14. Jahrhundert geben davon einen sehr lebendigen Eindruck. Einige Ausstellungskonzepte und auch Projekte von zeitgenössischen japanischen Architekten wie Toyo Ito haben hier ihre Wurzeln. Die Tatami, eine ca. 5–10 cm dicke gepresste Strohmatte, ist in dieser Zeit noch versetzbar. Sie spiegelt durch ihre Erhebung den gesellschaftlichen Status und ist nicht wie in späteren Zeiten nur Bodenbelag. Die Rollbilder vermitteln weiterhin den Eindruck einer überwiegend »weiblichen« Orientierung und Eleganz in der Gesellschaft und den Künsten; so war der höchste »Priester« in der Shinto-Liturgie der kaiserlichen Ahnenschreine in Ise eine Frau. Eine eigenständige japanische Literatur wurde in dieser Zeit von Frauen entwickelt. Miyabi, höfische oder weibliche Eleganz, beschrieb und beschreibt im Japanischen diese Ästhetik der Heian-Zeit. Somit kann der architektonische Raum in der ShindenBaukunst nicht nur wegen der imposanten Konstruktion von außen her gesehen, sondern aufgrund der raumdefinierenden Elemente aus dekoriertem Stoff und Wandmalereien mit jahreszeitlicher Blütenpracht von innen heraus betrachtet und als »weiblich« bezeichnet werden. Im Gegensatz dazu steht der strenge »männliche« Innenraum, der im Mittelalter

von den Samurai und den Zen-Priestern geprägt wird. Auf den Rollbildern der Heian-Zeit verschmelzen die Männer in Geste und Kleidung mit dem weiblichen Umfeld. Der Thron ist kein imponierender und protziger chinesischer Drachensessel, sondern eine einfache Strohliege, drapiert mit luftigen Stoffvorhängen (Abb. 2.14). FUSUI: sino-japanische Geomantie als frühe Entwurfstheorie Die Shinden-Architektur ist eine räumlich additive Gesamtanlage und mit wenigen Ausnahmen auf die für Kioto typischen 120 ≈ 120 m großen Parzellen ausgedehnt. Überdeckte und offene Korridore verbinden unabhängige Einzelgebäude. Die Aristokraten der Zeit imitieren mit ihren Bauten die kaiserliche Architektur. Da nach chinesischgeomantischer Tradition der Kaiser als Sohn des Himmels, der wie der Nordstern am Himmel steht, auf Erden ebenfalls im Norden lebt und nach Süden auf seine Untertanen blickt, sind alle Shinden-Paläste nordsüdlich orientiert. Somit hat die Öffnung der japanischen Wohnarchitektur nach Süden nicht nur rationale klimatische Gründe, sondern ist auch religiös in der chinesisch-japanischen Weltvorstellung verankert. Nord und Süd bestimmen die ostasiatische Stadt sozial und architektonisch. Die Menschen im Süden stehen am untersten Ende der sozialen Skala in einer strengen Klassengesellschaft. Südlich vom eigentlichen Schlafpalast liegt der mit weißen Kieselsteinen ausgelegte, weite Freiplatz. Nach Süden schließt der großflächige Garten, der als niwa – dem heutigen Wort für Garten allgemein – bezeichnet wird, an. Er ist tatsächlich auch der erste japanische Garten mit Teich, Insel, Flüssen und Hügeln, der sich aus Beschreibungen rekonstruieren lässt. Jedoch ist keine der Anlagen erhalten geblieben (Abb. 2.12). Die chinesisch-japanische Geomantie bestimmt die Platzierung und die Orientierung, physisch und gesellschaftlich, von allem Gebauten, ob Grabstelle, Gehöft, Palast oder Hauptstadt.8 Die ideale Anordnung entspricht der Form eines Armsessels, der aus Bergen oder Hügeln »konstruiert« wird: Westen, Osten und Norden der Anlagen sind von Erhebungen geschützt, das nach Süden abfallende Gelände öffnet sich zur Sonne. Eine solche landschaftliche Konfiguration wird auch für die Hauptstadt Kioto gewählt. Bei der Anlage des Kaiserpalastes innerhalb der Stadt ist die ideale natürliche Lage durch Bauten, die die Form des Armsessels nachzeichnen, gebildet. Der zentrale Kaisersitz ist, der gesellschaftlichen Ordnung folgend, einziger räumlicher Fokus in der streng symmetrischen Anlage. Aber nicht nur der Palastbau und die Hauptstadtplanungen entstehen mit dieser ersten großen Welle chinesischen Kultureinflusses der Sui-Tang-Dynastie, sondern auch der buddhistische Tempelbau und letzten Endes auch die Shinto-Schrein-Architektur (Abb. 2.13). Die großen Tempelanlagen in Nara und die darauf folgenden imposanten Amida-Buddha-Anlagen in Kioto mit ihren Gärten, die im buddhistischen Sinne reine Länder oder das Paradies auf Erden darstellen sollen, folgen dem Gestaltungsprinzip der Armsesselfigur. Beide Anlagen zeigen denselben symmetrischen Lageplan, bei dem überdachte Korridore südlich der Buddha-Halle einen großen Hof umschließen. Er wird seit der Nara-Zeit für religiöse Zeremonien, bei den Amida-Tempeln in Kioto jedoch zur Gestaltung weitläufiger Gärten mit Hügeln, Teichen und Inseln benutzt. Architektonisch und symbolisch sind alle sakralen Bauten in Japan – wie auch in China und Korea – am Sitz

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der einzigen säkularen Weltmacht dieser Zeit, dem Palast des »Sohns des Himmels«, orientiert (Abb. 2.11). Aber diese symmetrische und formale Komposition wird in Japan schnell aufgelockert. Die Einzelbauten in einer ShindenStil-Anlage sind jeweils für eine bestimmte Funktion errichtete Großräume. Es gibt keine Raumteilung durch feste Wände, abgehängte Decken kommen nur sehr selten vor. Die einzelnen Gebäude werden durch überdeckte Korridore verbunden. Gegen Ende der Heian-Zeit und zu Beginn der KamakuraZeit wird diese klare Komposition durch das Verschmelzen der Gebäude und ihrer Dächer zu einer kontinuierlichen Raumfolge abgelöst. Korridore entwickeln sich teilweise zu selbständigen Räumen. Andererseits geht das ursprünglich aus China übernommene Gestaltungsprinzip der Symmetrie langsam verloren (Abb. 2.15). Man kann diesen Bruch mit der Symmetrie allerdings nicht der typisch japanischen Vorliebe für das Asymmetrische zuschreiben, wie es Toshiro Inaji10 erstmals vorgeschlagen hat. Die ursprüngliche Anlage sollte als Urtyp betrachtet werden. Asymmetrische Kompositionen entwickelten sich durch äußerliche Zwänge im Laufe der Zeit, wenn etwa aus Platzgründen nur eine Hälfte des Ensembles errichtet werden konnte. Schwert und Meditation: Feudalismus als Staatsform und Disziplin als Religion Im Jahre 1185 wird südlich von Tokio eine unabhängige Militärregierung in der Stadt Kamakura – daher der Name Kamakura-Periode in der japanischen Geschichte – gegründet. Von dort regiert der Shogun das Land, obwohl Kioto noch für mehrere Jahrhunderte offiziell Hauptstadt und der Kaiser zumindest zeremonielles Oberhaupt des Staates bleibt. Damit beginnt eine Ära, die von Männern dominiert wird. Neben dem Shogun und der Kriegerklasse der Samurai sind dies die Priester. Was die unterschiedlichen Klassen einander annähert, ist ihre Betonung von Disziplin: Bei den Samurai die Disziplin des Tötens und die Loyalität gegenüber dem Feudalherren, bei den ZenPriestern die Disziplin in der Meditation und der Gehorsam gegenüber dem Meister. Zen ist eine der Schulen der Meditation Ostasiens, die als buddhistische Sekte im Kern auf das indische Yoga zurückgeht. Es ist kein Zufall, dass schon in Indien die Götter des Yoga männlich sind und alle berühmten Vertreter dieses Glaubens, wie auch Siddhartha, der spätere Buddha, aus der Kriegerklasse stammen. Die Götter des tantrischen Weges der Hingabe aus Indien und Tibet hingegen werden entweder weiblich oder als Paar dargestellt. In der ersten Phase der Einführung des Zen aus China im 13. Jahrhundert ziehen sich die japanischen Mönche mit ihren neuen Klosterbauten auf abgelegene Berge zurück, um den »Versuchungen des Fleisches« und politischen Einflüssen zu entgehen. Doch schon im 14. Jahrhundert werden die ersten innerstädtischen Zen-Tempel in Kioto gegründet. Der Daitokuji- und der Myoshinji-Tempel, beide zur Rinzai-Sekte gehörend, sind in der Muromachi-Zeit nach chinesischen Vorbildern gebaut. In diesen Großanlagen, die ganze Stadtteile von Kioto einnehmen, sollten die hojo-shoin der verschiedenen Äbte zu den neuen Kulturzentren werden. Die Kamakura- und die Muromachi-Zeit erfahren eine zweite Welle chinesischen Kultureinflusses. Karamono, wörtlich »chinesische Dinge«, wird das Wort für modern schlechthin. Delikates Teegerät, Weihrauchgefäße, Vasen, Töpferwaren

aller Art und besonders Landschaftsmalerei in Tusche gehören zu den wichtigsten Kunstobjekten, welche die Zen-Mönche stolz von ihren Exkursionen aus dem Reich der Mitte mitbringen. SHOIN – Raum für Männer, Krieger und Priester im japanischen Mittelalter, 12.–16. Jahrhundert Mit der Wandlung in eine mittelalterliche Feudalgesellschaft änderte sich auch die Architektur. Zwei Formen bilden sich in enger Verbindung miteinander heraus: die buke-shoin, die Villen der Shogune und Samurai, und die hojo-shoin, die Wohnquartiere der Äbte in den großen Zen-Tempelanlagen. Beide Formen des Shoin sind wie die früheren ShindenPaläste auf einen, wenn auch viel kleineren, Südgarten ausgerichtet. Sie zeigen jedoch keinen zentralen Fokus wie der Kaisersitz, welcher alle Symmetrie der Anlage bestimmt hat.11 Der Shoin-Bau hat sein räumliches und gesellschaftliches Zentrum in der wichtigsten Ecke des Hauptraumes, die immer außerhalb des Zentrums liegt. Der Name Shoin, ursprünglich eine Bezeichnung für kleine Schreibnischen, tritt allerdings erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf. Der Shogun und die Samurai dieser Zeit haben nicht bewusst eine neue Architektur oder Wohnform entwickelt. Im Gegenteil, sie imitieren bis ins Detail das Ideal des Shinden-Stils der Heian-Aristokratie, wenn auch in bescheidenerem Maßstab. So werden die runden Pfosten der Shinden-Paläste langsam durch quadratische ersetzt, was für die aufkommenden Schiebetüren und -fenster bessere Anschlussdetails ermöglicht. Auch die horizontal nach oben klappbaren Fensterläden werden nur noch dort eingesetzt, wo sie als Statussymbol aristokratischer Architektur fun-

gieren können, an der Haupt- oder Südfassade der Residenzhalle. Dieser Wandlungsprozess von runden zu eckigen Pfeilern und von Klappläden zu den aus der traditionellen japanischen Architektur nicht wegzudenkenden Schiebetüren und -fenstern lässt sich am besten an der viel zitierten Rekonstruktion der Villa des Ashikaga-Shoguns Yoshinori im Muromachi-Distrikt von Kioto nachvollziehen (Abb. 2.15). KE und HARE: räumliche und soziale Differenzierung in der Shoin-Architektur Eine wichtige architektonische Entwicklung der späten Heian-Zeit zeigt sich in der Art, die ursprüngliche EinraumStruktur des Shinden-Palastes zu unterteilen (Abb. 2.16). Diese Gliederung geschieht nicht willkürlich, sie ist konstruktionsgebunden und spiegelt gleichzeitig die strenge soziale Differenzierung der damaligen feudalen Gesellschaft wider. So wird es möglich, den ursprünglichen Großraum durch eine Wand direkt unter der Firstlinie in Nord-SüdRichtung in zwei oder in Ost-West-Richtung in drei Raumbänder zu gliedern. Bald werden beide Aufteilungen kombiniert. Obwohl nicht klar nachzuweisen, ist diese Unterteilung des Großraumes letzten Endes erst durch die Erfindung der abgehängten Decke möglich. In der sakralen Architektur, den buddhistischen Tempeln, tritt zur gleichen Zeit eine Trennung des Großraumes, der Buddha-Halle, in einen vorderen Raum für die Gläubigen und einen hinteren Raum für die Buddha-Statuen, das rituelle Zubehör und die Dekoration auf. Eine derartige horizontale Differenzierung erfolgte nach dem Prinzip der Unterscheidung allen gebauten Raumes und gesellschaftlicher Hierarchien in ke und hare (Abb. 2.19). Dieses japanische Prinzip entspricht in

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etwa der besser bekannten Polarität von Yin und Yang. Wenn hare auch ursprünglich das schöne Wetter und ke das schlechte bezeichnet haben mag, so steht hare auf die Gesellschaft übertragen für den öffentlichen, formellen Bereich und ke für den privaten, informellen Bereich. Für die japanische Raumordnung wird diese Unterscheidung durch einen am Shinden-Stil orientierten, nach Süden ausgerichteten L-förmigen Bau mit dem Eingang im Osten verdeutlicht. Der ganze östliche Teil der Anlage ist für den öffentlichen, der westliche für den privaten Gebrauch ausgelegt.12 Je niedriger man in der gesellschaftlichen Hierarchie steht, desto näher sitzt man bei offiziellen Anlässen am Eingang. Der Shoin spiegelt durch Platzierung und Orientierung im Raum die gesellschaftliche Position wider. Im Shinden- und Shoin-Stil ist das ganze Gebäude vom imposanten Eingangstor bis zur Tatami-Borte Statussymbol. Für den normalen Bürger war es allerdings bei Todesstrafe verboten, selbst die Gitterfensterläden des Shinden-Stils am eigenen Haus nachzuahmen.

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Die hojo-shoin, die Wohnquartiere der Äbte der großen Zen-Tempel im mittelalterlichen Kioto, liegen um eine axial angelegte Folge von gewaltigen Toren, Buddha- und Vorlesungshallen, die von allen Mönchen der Unterquartiere gemeinsam benutzt werden. Diese Quartiere sind sehr einfach gestaltet. Die Haupttempelhalle des Daisen-in, des Großen Eremiten-Tempels, innerhalb des Daitokuji-Komplexes der Rinzai-Sekte zeigt zum Beispiel die erwähnte Aufteilung eines Großraumes in zwei Nord-Süd-orientierte Raumzonen und drei Ost-West-Raumstreifen. Außerdem ist der Shoin, was ungewöhnlich ist, auf allen Seiten von einem karesansui, einem trockenen Landschaftsgarten, umgeben. Tempel und Garten sollen um 1513 von dem Priester Kogaku Soko errichtet worden sein (Abb. 2.18). Einige der raumtrennenden Schiebetüren sind mit Tuschemalereien des Künstlers Soami (gestorben 1525) verziert. So ist man in dem Raum selbst von zwei Arten Natur umgeben, der gemalten Natur innerhalb des Raumes und der geplanten Natur außen. Der mittlere Raum enthält eine Buddha-Statue. Der vollkommen neue Gartentyp der Kamakura- und Muromachi-Zeit ist kein Lust- und Wandelgarten mit künstlichem Teich und Bergen mehr, wie er noch zur Heian-Palastarchitektur gehörte. Für ganz bestimmte Räume aus dem Gebäude heraus geplant, ist er als in die Architektur integrierter Bestandteil komponiert. In Verbindung mit der Entwicklung der Shoin-Architektur der Zen-Tempel entstehen zwei Arten von trockenen Gärten: Anlagen mit abstrakter Komposition und solche mit einer natürlichen Komposition in Miniaturform. Der Garten des Daisen-in folgt dem Prinzip der zweiten Art. Er zeigt nicht nur eine höchst eindrucksvolle Folge von natürlichen Landschaftsszenerien, sondern stellt symbolisch das menschliche Leben in Form eines trockenen Stromes aus Sand dar. Er fließt von stürmischen Höhen über trügerische Wasserfälle und Stromschnellen in ein stilles Meer aus Sand, was auf die Möglichkeit der Erleuchtung und tiefsten Einsicht hinweist. Dieses Drama beginnt in der Nordost-Ecke des Gartens und endet in der Südwest-Ecke unter einem Buddha-Baum. Ganz im Gegensatz zum höfischen Dekor und der weiblichen Eleganz der Heian-Kunst und -Architektur deuten Garten, Raum und Malerei der Shoin-Architektur auf ein neues ästhetisches Ideal in Japan hin. Mit yugen bezeichnet,

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verweist es auf eine Schönheit, die im Mysteriösen, Verborgenen und Profunden zu finden ist. Das Thema der Künste ist nicht mehr die naturalistische farbenprächtige Darstellung vom Wechsel der Jahreszeiten oder die jährlichen Feste und Zeremonien einer höfischen Gesellschaft, sondern eine Trauer, die in uns aufkommt beim Bewusstwerden der Flüchtigkeit allen Daseins. Auch yohaku-no-bi, die Sensibilität für die Schönheit leerer Räume, des Kargen, gehört zur Ästhetik dieser Zeit. Sie ist nicht nur in den leeren Flächen der Tuschemalerei und der trockenen Zen-Gärten, sondern auch in der Ruhe des Tanzes oder in der Stille der Musik des Noh-Theaters zu spüren. So sagt Zeami, der Vater des heutigen Noh, senu-tokoro-omoshiroki, nicht vorhandene Stellen sind von besonderem Interesse. Entwicklung des modularen Raumes und des vorfabrizierten Bauens Die Muromachi-Zeit dauert von 1336 bis 1573. Es ist die Zeit der Bürgerkriege, des Mordens und der städtischen Verwüstungen. Mitte des 15. Jahrhunderts wird auch Kioto zerstört. Und doch könnte diese Periode als Geburtsstunde japanischer Kultur bezeichnet werden, da gerade in dieser Zeit die Architektur, die Gärten und viele neue Künste, die wir heute als typisch japanisch empfinden, entstanden sind. Dazu gehören die Teezeremonie, das Noh-Theater und eine eigenständige Akademie japanischer Malerei. In der Architektur sind es der karesansui (der trockene Garten), der Zen-Tempel und der Raum der Shoin-Bauten. Vom Innenraum aus betrachtet, weist die vollständig entwickelte Shoin-Architektur gegen Ende des 16. Jahrhunderts eine Reihe neuer räumlicher Qualitäten und dekorativer Eigenschaften auf, die sich zunächst unabhängig voneinander entwickelt haben. Als Beispiel für einen klassischen Shoin-Raum soll das joza-no-ma, der Raum mit gehobener Ebene, der Gästehalle des Kojoin-Tempels innerhalb der größeren Onjoji-Tempelanlage in Otsu dienen (Abb. 2.21). Im Folgenden werden die einzelnen Elemente vorgestellt: • Tsuke-shoin, ein niedriger hölzerner Schreibtisch, eingebaut in eine oft nach außen auf die Veranda ragende Nische mit Schiebefenstern; eine Art Studierecke, die erstaunlicherweise als Pars pro toto der ganzen Muromachi-Architektur den Namen verliehen hat. • Tokonoma, eine um Balkenstärke erhöhte und oft bemalte Nische ohne Fenster für ein Blumenarrangement und ein Rollbild, die wichtigste Dekoration des ganzen Raumes. Zwei Elemente haben zu der Herausbildung dieses gesellschaftlichen und geistigen Zentrums im Wohnen beigetragen, einmal das toko, ein etwas erhöhter Fußboden als Statussymbol, und das oshi-ita, ein Brett zur Ausstellung wertvoller Kunstobjekte. Bis heute ist auch im einfachsten Haus noch die Sitzordnung in Ausrichtung auf die tokonoma von höchster Wichtigkeit. • Chigaedana, eine fensterlose Nische mit überlappenden Regalen und Schubläden zum Ausstellen wertvoller Bücher und kunstvoller Utensilien, die zur Teezeremonie gehören. • Chodaigamae, bemalte, hölzerne Türen, die dem Hausherren einen bequemen Zugang zum Shoin in einem normalerweise geheim gehaltenen Raum er-laubten. • Fusuma und shoji, Schiebetüren mit unbemalter oder bemalter Oberfläche und gitterartige Holztüren, bezogen mit durchscheinendem japanischem Papier; entstanden während der Muromachi- und Momoyama-Zeit, sind sie heute weltweit gebräuchliche Begriffe (Abb. 2.21, 2.22).

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Der gesellschaftliche Status wird durch die Erhöhung des Tatami-Bodens um ca. 15 cm verdeutlicht. In vielen Shoins entsteht neben dem jodan, dem Raum von höchstem Rang, und dem gedan, dem Raum von niedrigstem Rang, manchmal auch ein chudan, ein Raum von mittlerem Rang (Abb. 2.19, 2.22). Weitere Abstufungen treten in der traditionellen japanischen Architektur nicht auf. Es sind die Tatami, die gepressten Strohmatten, heute der Fußboden per se, die seit der Muromachi-Zeit den ganzen Raum für das Auge modular und proportional zu einer abgestimmten Einheit verschmelzen. In diesem modularen System, dem japanischen kiwari-jutsu, wörtlich »System der Holzaufteilung«, gibt es nie das Bestreben, alles Bauen mit einem einzigen Bausystem zu beherrschen. Deutlich wird zwischen fünf Bautypen unterschieden: Toren, Shinto-Schreinen, buddhistischen Klosteranlagen, Pagoden und Wohnbauten. In japanischen Wohnbauten hat man mit dem Kiwari-System über lange Zeit versucht, die ästhetischer Proportionierung aller Teile in Einklang zu bringen. Stützenabstände, vorfabrizierbare Holzelemente und die modularen Anforderungen des Tatami-Systems mussten aufeinander abgestimmt werden. Das japanische ken, der Stützenabstand, änderte sich nicht nur mit dem sich kontinuierlich verändernden japanischen Maßsystem, sondern auch mit der Suche nach standardisierten Holzabmessungen, die sich einfach vorfabrizieren und verbinden ließen. Schließlich legte man sich beim Stützenabstand auf ein Maß von 197 cm in den Städten bzw. 181 cm auf dem Land fest. Im klassischen Kiwari-System, das uns in der Shomei-Zimmermannshandschrift von 1608 überliefert ist, ist darüber hinaus der Stützenquerschnitt auf ein Zehntel des Stützenabstandes, des ken, fixiert. Alle anderen Maße und Proportionen eines Gebäudes können als Teile oder ein Vielfaches davon dimensioniert werden. Auch die Änderungen der Tatami-Größen haben auf die Entwicklung des universellen ken einen bedeutenden Einfluss. Das Tatami-Maß entsteht aus den Proportionen des menschlichen Körpers und nicht aus materialbedingten Gründen. Da es die ideale Tatami-Größe nicht gibt, entwickelt man im Einklang mit den beiden Stützenrastern auch zwei Tatami-Module, eines für die Stadt mit einer Größe von 190 cm ≈ 95,4 cm und eines für das Land mit 181 cm ≈ 90,9 cm. Auch der Querschnitt der Holzstützen wird standardisiert. Ein Laie wird beim Betreten eines traditionellen japanischen Hauses mit Tatami kaum die kleinen Abweichungen im modularen Aufbau wahrnehmen. Dieser muss auch nicht perfekt sein, er entsteht in Handarbeit und wird nicht aus industriellen Bauteilen in immer gleichen Abmessungen gefertigt. Tatami mit von der Norm abweichenden Größen werden handwerklich hergestellt, kleine Bretter schließen die Lücken im Fußbodenbelag. Burg und Teehaus: goldener Prunk versus rustikale Einfachheit im 16. Jahrhundert Ab Mitte des 16. Jahrhunderts bekämpfen sich die aufstrebenden Daimyo-Fürsten in verschiedenen Allianzen. Erst Anfang des 17. Jahrhunderts entsteht durch die Fürsten Oda Nobunaga (1534–82) und Toyotomi Hideyoshi (1536–98) unter dem Shogun Tokugawa Leyasu (1542–1616) eine neue Zentralregierung in Edo – dem heutigen Tokio. Einerseits hat damit ein 250 Jahre währender Friede begonnen, andererseits wird Japan unter dieser Dynastie völlig 26

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vom Ausland abgeschottet. Edo wird das neue politische und kulturelle Zentrum Japans, der nun völlig entmachtete Kaiser residiert jedoch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in Kioto. Die kurze Übergangsperiode von 1573–1600, sehr oft als Goldenes Zeitalter bezeichnet, wird nach den Orten der wichtigsten Burgen von Nobunaga und Hideyoshi als Azuchi-Momoyama-Periode bezeichnet. Die Burgpaläste der Daimyo übernehmen jene Rolle in der japanischen Architektur, die zuvor, von der Heian- bis zur Muromachi-Zeit, Adelspalast, Shogun-Villa und Priesterquartiere gespielt hatten. Mit den joka-machi, den Städten unter der Burg, entstehen neue Zentren der Kreativität in einer säkularisierten Kunst und Architektur, die von der aufkommenden Klasse wohlhabender Großhändler, Kaufleute und Handwerker geprägt sind. Ungefähr 95 Prozent der japanischen Städte haben ihren Ursprung in den Burgstädten dieser Zeit. Die Macht und Prunk liebenden Shogune Nobunaga und Hideyoshi umgeben sich nicht nur mit den besten Malereien der Zeit, die bezeichnenderweise auf Blattgold ausgeführt werden, sondern zeigen auch ein starkes Interesse an Natürlichkeit, Schlichtheit sowie Askese. Für beide ist der Teemeister Sen-no-Rikyu (1522–91) höchster kultureller Berater. Er ist Begründer von wabi-cha, der natürlichen, schlichten Teezeremonie, soan, der einfachen grasgedeckten Teehütte, und roji, dem dazugehörigen Pfad aus Tau bzw. dem Teegarten. Wabi ist die einzigartige japanische Ästhetik der Einfachheit, Natürlichkeit und Zurückhaltung, die Sen-no-Rikyu durch seine spezielle Art des Teebereitens und -trinkens, der dafür benutzten Utensilien wie auch der Teehütte und des dazugehörigen Gartens gestaltet hat: »Vergiss niemals, dass der Weg des Tees nichts ist als dies: Wasser aufbrühen, Tee machen und Tee trinken.« Und an anderer Stelle: »Die Teezeremonie auf kleinstem Raume dient hauptsächlich der Praxis der Meditation und hat Erleuchtung zum Ziel.« Besser als allen bedeutenden buddhistischen Lehrmeistern dieser Zeit gelingt es Sen-no-Rikyu als Zen-Laie, Meditation neu zu definieren, indem er in die einfachsten Handlungen des alltäglichen menschlichen Lebens Bewusstsein legt. Für ihn konnten weder ein angelerntes Fürbittengebet noch das Rezitieren heiliger Texte eine derartige erhöhte menschliche Wachsamkeit hervorbringen. Hier liegt die Quintessenz für die Ästhetik der in Japan erzeugten Gegenstände (Abb. 2.20) und die japanische Spiritualität, die alle formale Religion transzendiert.

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In Japan ist der Garten traditionell immer Teil der Architektur und die Architektur Teil des Gartens gewesen. In diesem Sinne folgen hier einige Bemerkungen zur Beziehung zwischen dem Teegarten, einer vollkommen neuen Form des japanischen Gartens, und der Teehütte, einem ebenfalls neuen Gebäudetyp. Ursprünglich ist der Teegarten nichts weiter als ein notwendiger, bescheiden gehaltener Weg, der zur Teelaube führt. Er ist weder zum Wandeln in der Natur noch zum ernsthaften Betrachten von einem fixierten Aussichtspunkt vom Gebäude aus angelegt, wie dies etwa der Fall ist bei den beiden vorangehenden Beispielen des japanischen Gartens aus der Heian- und der MuromachiZeit. Das Vorbild des roji ist der einsame Bergpfad, über den man sich aus der alltäglichen Mühsal in die Stille und Abgeschiedenheit der Natur zurückziehen kann. 27

Obwohl alles im Teegarten, die Tore, Steinlaternen, Trittsteine, Wasserbecken, ja selbst die Toiletten, mit größter Sorgfalt entworfen und angelegt scheint, gibt es doch zunächst nichts Besonderes zu bewundern oder zu entdecken. Zumindest bei Sen-no-Rikyu ist die Anlage sehr natürlich gestaltet. Das soll sich bei seinen Nachfolgern jedoch ändern. Das einzige Entwurfsprinzip, das dem Teegarten nachträglich hinzugefügt wurde, ist das des mie-gakuri, ein dauernder Wechsel von Verbergen und Sichtbarmachen, das Schaffen von Attraktionen für das Auge. Der Teegarten bietet keinen großen Gesamtüberblick, sondern erschließt sich dem Gast, wenn auch oft auf kleinster Fläche, als eine Kette überraschender Miniaturaus- und Durchblicke, die er beim Gehen über die tobi-ishi, ausgesuchte Trittsteine, die die Bewegungs- und Blickrichtung im Garten beeinflussen, erleben kann. In diesen bescheidenen Experimenten mit einem neuen Bau- und Gartentyp und in der mie-gakuri-Gestaltungstechnik muss man den Anfang der späteren Wandelgärten der Daimyo-Fürsten und Shogune sehen. Sie zählen zu den größten parkartigen Anlagen mit einer Vielzahl von Teehäusern und Pavillons, die in der Geschichte Japans entstanden sind. Von außen betrachtet gleicht die Teelaube des wabi-Weges einer ärmlichen Eremitenklause, aber dennoch fühlt man, dass alles darin bewusst gestaltet ist. Durch den offiziellen Eingang, das nijiri-guchi, kriechend, eine Schiebetür von ca. 60 ≈ 60 cm, gelangt man in eine winzige Raumskulptur. Sie ist manchmal nur zwei Tatami-Matten groß und mit bewusst unbearbeiteten und roh gelassenen Holzpfeilern, Erdwänden, Bambusdecken und Papierfenstern gestaltet. Ausblick auf den Garten wird nicht geboten. Die Aufmerksamkeit ist somit auf den Gastgeber, das Geräusch des siedenden Wassers, den Geschmack des Tees und auf den Menschen selbst – nach innen – gerichtet.13

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SUKIYA – der freie Plan: individuelle Kreativität im vormodernen Japan, 17.–19. Jahrhundert Erstaunlicherweise ist es diese rustikale Grashütte mit bescheidenem Teegarten und Teeweg, welche die japanische Architektur von den Zwängen einer formalen Tradition lösen sollte und ihr eine neue Freiheit der Gestaltung und Nutzung erlaubte. Sie ist es auch, die im 20. Jahrhundert die moderne europäische Architektur beeinflussen wird (Abb. 2.24). Grundsätzlich hat diese neue Haltung, bekannt geworden als sukiya-zukuri (verfeinerter oder eleganter Baustil), die Abschaffung der schwülstigen Ornamentik, das Aufkommen des freien Grundrisses, die Belichtung des gesamten Innenraumes und die Durchdringung des Gebäudes mit der umgebenden Gartenszenerie zur Folge. Aber im Gegensatz zur kleinen, abgeschlossenen Teehütte, in der die Aufmerksamkeit vollkommen nach innen gerichtet wird, sind die aufkommenden Sukiya-Bauten zum Garten hin offen und nicht ohne diesen zu denken.12 Zum anderen liegt der Sukiya-Architektur ein neues Bewusstsein zu Grunde, das Teiji Itoh in seiner Monografie beschrieben hat.13 Dieses neue Bewusstsein, sakui, individuelle Intention in der Kreativität, überwindet das Befolgen der von einer speziellen Zunft überwachten formalen Tradition. Wichtig sind der persönliche Stil und der Ausdruck selbst der unbedeutendsten Handlung, und sei es nur die Art und Weise, wie eine Teeschale mit einem Tuch gesäu-

bert wird; ebenso verbindet man nun den Namen eines Baumeisters mit einem bestimmten Gebäude. Sen-no-Rikyu wird als Person von großer Originalität und Kreativität geschätzt. Jeder einzelne Aspekt seiner Teezeremonie, seiner Gartengestaltung und Teehausarchitektur zeugt von sakui. Man könnte behaupten, dass die Teemeister der Momoyama-Zeit die ersten Individualisten in den japanischen Künsten überhaupt sind. Höchstes Ziel auf dem Weg des Tees ist nicht mehr das Kopieren alter Formen, sondern Innovation. Teehäuser und Bauten im Sukiya-Stil sind darum nie kopiert worden. Die Wertschätzung individueller Kreativität wird jedoch mit dem Imitieren europäischer Bauformen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für ca. hundert Jahre verschwinden. Am Ende des 16. Jahrhunderts entsteht aus der SukiyaBauweise eine neue Form der Gesamtanlage, die aus dem formellen Shoin-Bau, der bescheideneren rustikalen Teehütte und dem eigentlichen Sukiya-Bau zusammengesetzt wird. Dieses Ensemble mit dem dazugehörigen Garten bezeichnet man als Sukiya-Stil. Die im Teegarten anfänglich verwendete Entwurfstechnik des mie-gakuri wird auch beim Zusammenfügen der oben genannten einzelnen Bauten effektiv genutzt. Reizvolle Durchblicke und komplexe visuelle Überschneidungen entstehen. Die Katsura-Villa in Kioto ist wohl das ausgereifteste Beispiel der Sukiya-Architektur. Entstanden aus dem kleinen »Teehaus im Melonenfeld«, dem Alten Shoin (Abb. 2.17; 1620) von Prinz Toshihito, dem später angefügten Mittleren Shoin (1641), dem Musikinstrumentenraum und dem Neuen Shoin (zwischen 1640–50) von Prinz Noritada, ist er über 40 Jahre

lang zu seiner jetzigen, diagonalen Form zusammengewachsen (Abb. 2.24). Der japanische Begriff für diese Art einer sägeblattförmigen, diagonalen Wachstumsstruktur ist ganko-kei, Gänseflugformation. Diese Formation ist eigentlich nur der letzte konsequente Schritt einer Grundrissentwicklung, die mit dem Shinden-Palast der Heian-Zeit und seiner vollkommen symmetrischen Armsesselfigur ohne dominierendes Zentrum begonnen hat. Im Mittelalter im Shoin-Stil der Kriegerklasse bzw. der Zen-Priester zu einer L-förmigen oder einarmigen Sesselfigur mit exzentrischem Fokus weiterentwickelt, entsteht seit dem 16. Jahrhundert ein offener, flexibler, wachstumsfähiger und freier Grundriss mit asymmetrischem und multifunktionalem Charakter. Betrachtet man die Gesamtkomposition, so zeigt die Geschichte der traditionellen japanischen Architektur eine Entwicklung von einer Umarmung zu einer Verzahnung mit dem Garten (Abb. 2.23). Der Sukiya-Stil der Architektur, befreit von Status und religiöser Ornamentik, ist die Quintessenz der eingangs erwähnten japanischen Vorliebe für das Natürliche, das Lebendige und Rohe im Bauen. Jetzt benutzt man bewusst wieder unbehandeltes Holz für Stützen, Fußböden, Decken, oft sogar mit Rinde belassen, wie etwa in den Teehäusern. Die neue Ästhetik sucht die natürliche Schönheit in den Materialien durch die Hand des Menschen zu enthüllen und nicht durch Ornamentik zu verbergen. Leichtigkeit durchzieht alle Aspekte der Sukiya-Architektur. Man kann eigentlich nicht mehr von einem Stil sprechen. Am Ende einer langen Entwicklung und eines Lernprozesses »ist eben das Spiel der Stil«, um Paul Scheerbart zu paraphrasieren.

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Anmerkungen/Literatur: 1 Nitschke, Günter, ISHI – Der Stein im japanischen Garten: Material oder lebendes Wesen, archithese 6, Zürich, Dez. 2000, S. 20–25 2 Nitschke, Günter, Rockflower – Transience and Renewal in Japanese Form, Kyoto Journal, Kioto, Mai 2002 3 Nitschke, Günter, CHINJU NO MORI – Urbane Götterhaine (Urban Deity Groves), Daidalos 15, Berlin 1997, S. 70–79 4 Nitschke, Günter, EKI – Im Bewußtsein des Wandels: Die japanischen Metabolisten, Bauwelt 18/19, Berlin 1964, S. 499–515 5 Nitschke, Günter, First Fruits Twice Tasted – Renewal of Time, Space and Man in Japan, From Shinto to Ando, London/Berlin 1993, S. 8–31 6 Watsuji, Tetsuro, FUDO – Wind und Erde. Der Zusammenhang von Klima und Kultur, Darmstadt 1997, S. 117–138 7 Nishia, K., und Hozumi, K., What is Japanese Architecture, Tokio 1985 8 Nitschke, Günter, Japanische Gärten – Rechter Winkel und natürliche Form, Köln 1999, S. 32–61 9 Inoue, Mitsuo, Space in Japanese Architecture, Tokio 1985, S. 66–87 10 Inaji, Toshiro, The Garden as Architecture, Tokio 1998, S. 1–60 11 Hashimoto, Fumio, Architecture in the Shoin Style – Japanese Feudal Residences, Tokio 1981 12 Yoshida, T., Das japanische Wohnhaus, Berlin 1969 13 Itoh Teiji, und Futagawa Yukio, The Elegant Japanese House – Traditional Sukiya Architecture, Tokio 1978, S. 44–84

Japanische Epochen ANTIKE Asuka-Zeit Nara-Zeit Heian-Zeit

552–710 710–794 794–1185

MITTELALTER Kamakura-Zeit Muromachi-Zeit Azuchi-Momoyama-Zeit

1185–1392 1392–1573 1573–1600

VORMODERNE Edo-Zeit

1600–1868

MODERNE Meiji-Zeit Taisho-Zeit Showa-Zeit Heisei-Zeit

1868–1912 1912–1926 1926–1988 seit 1988

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Abbildungen: 2.1 Eingangstore zu einem Shinto-Schrein mit heiligem Seil, Shiga Präfektur. Foto: Keiko Uehara 2.2 Karikatur zur Entwicklung der traditionellen japanischen Architektur 2.3 Innerer Schrein von Ise 1973, Alter Schrein neben Neuem Schrein, Luftaufnahme von 1973 2.4 Grundriss und Ansichten des mikeden, Halle der täglichen Nahrungsopfer innerhalb des Bezirks des Äußeren Schreins von Ise. Nach Toshio Fukuyama 1940, aus: G. Nitschke, From Shinto to Ando, 1993, S. 25 2.5 Perspektivischer Schnitt eines typischen eingeschossigen Wohnhauses, aus: Yoshida, T., Das japanische Wohnhaus, Berlin 1969, S. 71, 131 2.6 Perspektivischer Grundriss eines typischen eingeschossigen Wohnhauses, aus: Yoshida, T., Das japanische Wohnhaus, Berlin 1969, S. 71, 131 2.7 Palast des Fujiwara-Regenten Toyonari aus der Mitte des 8. Jh., Rekonstruktion von Masaru Sekino 2.8 Hypothetische Raumordnung eines Shinden-Stil-Palastes, aus: Yoshida, T., Das japanische Wohnhaus, Berlin 1969, S. 26 2.9 Todai-ji in Nara, errichtet in der Nara-Zeit; die gegenwärtige Konstruktion stammt aus der Edo-Zeit und ist im Vergleich zu den ursprünglichen Proportionen um etwa ein Drittel kleiner. 2.10 Jetziger shishinden mit freiem Vorplatz für das Hofzeremoniell, letzte Rekonstruktion in der Edo-Zeit 2.11 Skizze der geomantisch idealen Lage alles Gebauten in der Natur: generell, von Kioto und dem Kaiserpalast im Kleinen. 2.12 Älteste perspektivische Rekonstruktion einer Shinden-Anlage von einem Architekturhistoriker aus der späten Edo-Zeit, 1842 2.13 Todai-ji, der Große Buddha-Tempel in Nara aus dem 8. Jh., Holzschnitt 18. Jh. 2.14 »Weibliche« Raumqualität des Shinden-Stils, aus: kasuga gongen kenki e-maki, illustrierte Schriftrolle von 1309 zu den Wundern des Kasuga Gongen, National Museum, Tokio 2.15 Hypothetische Unterteilung der Shinden-Residenz des AshikagaShoguns Yoshinori in Kioto; runde Stützen im vorderen, formellen, eckige im hinteren, privaten Bereich 2.16 Soziale und räumliche Stratifizierung der Shoin-Architektur 2.17 Alter Shoin in der Katsura-Villa in Kioto, Blick in den Raum mit der irori-Feuerstelle 2.18 Der Daisen-in als Shoin, umgeben von trockenen Gärten, 16. Jh. 2.19 Villa eines Shoguns auf einem rakuchu-rakugai, »Faltschirm mit Darstellungen Kiotos innerhalb und außerhalb der Stadtgrenzen« in der Uesugi-Version von 1574. Uesugi-Museum der Stadt Yonezawa 2.20 Japanisches Teehaus von drei Tatami-Größen mit einer 2/3-TatamiFläche für den Gastgeber: A. Gästeeingang, B. tokonoma-Nische, C. Feuerstelle, D. Gastgeber 2.21 joza-no-ma der Gästehalle im Kojoin-Tempel, Otsu 2.22 L-förmiger, erhöhter Raum im kyusui-tei, dem weit vom Hauptgebäude entfernten Pavillon in der Shugakuin-Villa 2.23 Entwicklung der traditionellen japanischen Architektur: vom Shindenüber den Shoin- zum Sukiya-Stil 2.24 Kaiserliche Villa, Katsura, Innenraum des Shokintei-Teehauses 2.25 Innerer Schrein von Ise, während der Rekonstruktion 1993

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Japans moderne Architektur – von den Anfängen bis heute Christian Schittich und Andrea Wiegelmann

Utopie und Eigensinn – die Entwicklung bis zur Gegenwart

Die zeitgenössische Architektur Japans ist von dem permanenten Wechselspiel östlicher und westlicher Einflüsse geprägt. Ihre Anfänge liegen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die Regierung der Meiji-Dynastie (1868–1912) die über 200 Jahre dauernde völlige Isolation des Inselreiches aufhebt. Mit der zunehmenden Öffnung des Landes leitet sie einen Prozess der Auseinandersetzung mit den Kulturen und politischen Strukturen des Westens ein und holt, um die wirtschaftliche und technische Entwicklung voranzutreiben, ausländische Ingenieure und Wissenschaftler ins Land, darunter auch Bauexperten und Architekten. Diese errichten im Auftrag der Regierung öffentliche Gebäude und modernisieren die Architekturausbildung. Gleichzeitig reisen japanische Baumeister ins Ausland, manche auch, um in renommierten Büros in Paris, Berlin oder Wien zu arbeiten und zu lernen. Nach einer ersten, am europäischen Historismus orientierten Phase des Bauens beginnt zwischen 1910 und 1920 eine junge Generation von Architekten die Suche nach einem zeitgemäßen japanischen Stil; die modernen Strömungen in Europa – zunächst die deutschen Expressionisten, dann die De-Stijl-Bewegung, das Bauhaus und Le Corbusier – gewinnen dabei zunehmend an Einfluss. Weitere Impulse gehen von Frank Lloyd Wright aus, der 1905 erstmals nach Japan kommt und 1911 den Auftrag für das Imperial Hotel in Tokio erhält, das er 1923 vollendet. Mehr als Wright selbst – der in seinem eigenen Werk auch Ideen der traditionellen japanischen Architektur aufgreift – prägt sein tschechischer Mitarbeiter am Imperial Hotel, Antonin Raymond, die Entwicklung. Er bleibt über 40 Jahre im Land und konzipiert eine Formensprache, die traditionelle Elemente mit modernen Prinzipien von Konstruktion, Technik und Lebensstil verbindet. Le Corbusiers rationalistische Architektur dient ihm dabei als Vorbild. 1933 kommt Bruno Taut als Emigrant für drei Jahre ins Land. Er studiert die traditionelle Architektur eingehend und sieht im formalen und räumlichen Konzept der Villa Katsura (S. 29ff) große Verwandtschaft zur Architektur der Moderne. Taut propagiert in seinen zahlreichen in Japan veröffentlichten Schriften und Vorträgen einen modernen Architekturstil, der an die japanische Geschichte anknüpft, und wird nicht müde, auf die Qualitäten der traditionellen Bauweise hinzuweisen. Die Vergangenheit lediglich formal zu kopieren, lehnt er dabei entschieden ab. Unabhängig von Taut und ohne von ihm

zunächst beachtet zu werden, zeigen parallel dazu verschiedene japanische Architekten erste Ansätze einer Rückbesinnung auf die eigene Tradition. Sie greifen Ideen der Raumkomposition ebenso auf wie konstruktive Aspekte. Besonders Isoya Yoshida versucht, das traditionelle Bauen zu reformieren und – ähnlich wie Antonin Raymond – dessen Raumgliederungs- und Konstruktionsprinzipien an die sich verändernden gesellschaftlichen Bedürfnisse und baulichen Möglichkeiten anzupassen. Die Innenräume seiner Wohnhäuser sind flächig gestaltet, Durchblicke und Wandnischen setzen Akzente. Er trennt Konstruktion von Ausbau und reagiert damit auf die Möglichkeiten der neu aufkommenden Baustoffe Stahl und Beton. Die 50er-Jahre: Entstehen einer japanischen Moderne Mit dem Zweiten Weltkrieg findet die Entwicklung einer eigenständigen, modernen Architektur in Japan zunächst ein jähes Ende. Nach 1945 gelingt es den Architekten nur langsam, an den früheren Prozess anzuknüpfen – zu groß ist zunächst der Einfluss der Siegermacht USA. Kunio Maekawa und Junzo Sakakura – beide frühere Mitarbeiter von Le Corbusier – schaffen es, den roten Faden wieder aufzunehmen und traditionelle Raumkonzepte mit den Elementen moderner Architektur zu verweben. Die herausragende Rolle in dieser Zeit spielt aber Kenzo Tange, ein Schüler Maekawas. Sein Gedächtnismuseum des Friedenszentrums von Hiroshima (1956) wird zu Recht als einer der ersten eigenständigen Beiträge Japans zur modernen Architektur angesehen (Abb. 3.4). Tange verbindet bei dem auf schlanken Stahlbetonstützen aufgeständerten Bauwerk, das ebenso karg wie unprätentiös wirkt, die

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Formensprache seines Vorbilds Le Corbusier mit Konzepten der traditionellen Architektur. Den Höhepunkt in Tanges Werk bilden die Sporthallen für die Olympiade 1964 in Tokio (Abb. 3.5): expressive Bauten aus Beton und Stahl, die formale Bezüge zur Architektur eines Eero Saarinen, Pier Luigi Nervi oder Jørn Utzon zeigen. Durch sie gewinnt die japanische Architektur international an Bedeutung. Neben zahlreichen Einzelbauten, meist aus rauem Sichtbeton, wendet er sich zunehmend den Problemen des Städtebaus zu. Tanges Antwort auf das unkontrollierte Wachstum findet sich in seinem Masterplan für Tokio (1960), der eine lineare Entwicklung zum Meer hin und eine teilweise Überbauung der Tokioer Bucht vorsieht. Mit diesem Konzept steht er einer Gruppe junger Architekten und Designer nahe, die sich anlässlich der Internationalen Design-Konferenz in Tokio 1961 formiert, sich selbst als Metabolisten bezeichnet und im nachfolgenden Jahrzehnt die Architekturszene des Inselreiches entscheidend prägt. Die 60er-Jahre: Metabolismus und Stadtutopien Der Metabolismus (der Begriff stammt aus der Biologie) entsteht als Protestbewegung. Er sucht einerseits Alternativen zu der – als Folge des wirtschaftlichen Booms – zunehmenden Verstädterung der Küstenregionen um Osaka und Tokio und zur starken Verwestlichung andererseits. Zur Zeit der großen Utopien und einer ungebrochenen Technikgläubigkeit – die Eroberung des Weltraums hat gerade begonnen – antworten die Metabolisten auf die genannten Probleme mit futuristischen Stadtmodellen und flexiblen Strukturen, die eine formale Verwandtschaft mit den etwa gleichzeitig entstehenden Konzepten von Archigram in England oder von einigen Mitgliedern von Team 10 zeigen. Aufbauend auf systematischen Strukturen, entwickeln sie ein auf Vorfertigung beruhendes städtebauliches und architektonisches Programm, das die Wachstumsprozesse der sich rasch verändernden Gesellschaft kanalisieren soll. Bereits drei Jahre vor der Gründung der Bewegung demonstriert Kiyonori Kikutake an seinem eigenen Wohnhaus in Tokio (Sky House, 1958) das Grundprinzip des Metabolismus: zyklisches Wachsen und Erneuern. Das von vier schlanken Betonscheiben getragene, scheinbar über dem Boden schwebende eingeschossige Haus besteht aus einem einzigen, durch Schlaf-, Koch- und Sanitärzellen gegliederten Raum. Diese Zellen können bei Bedarf erneuert oder ausgetauscht, weitere Räume für Kinder angefügt werden. Analog zum menschlichen Organismus, wo laufend Zellen absterben und andererseits neue entstehen, wird hier eine vorgegebene Tragstruktur durch auswechselbare Bausteine gefüllt (Abb. 3.3). Auch wenn die Gruppe der Metabolisten keine einheitliche formale Haltung formuliert – die Arbeiten der einzelnen Vertreter sind von unterschiedlichem Charakter –, so teilen sie doch die Vision des organischen Wachstums. Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, dass beinahe alle ihre Entwürfe Utopien bleiben – so etwa Helix City (1961) von Kisho Kurokawa, der an Tanges Projekt für die Überbauung der Bucht von Tokio beteiligt ist, oder Arata Isozakis Cluster in the Sky (Abb. 3.2.) aus dem gleichen Jahr. In größerem Maßstab wurde kaum etwas gebaut. Eines der wenigen realisierten Projekte der Gruppe ist der Nagakin Capsule Tower in Tokio (1972) von Kurokawa. 140 standardisierte und vorgefertigte Wohnkapseln sind hier entlang von zwei vertikalen Erschließungsschächten gestapelt. Vorweg bestückt mit ihrer

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kompletten Ausstattung, ist jede davon als Wohneinheit oder als Ein-Raum-Büro nutzbar (Abb. 3.6, 3.7). Doch die grundlegende Idee, dass der Besitzer seine Kapsel bei einem Ortswechsel einfach mitnimmt und an seinem neuen Wohnort in eine ähnliche Struktur integriert, blieb Illusion. Nirgendwo sonst wurde ein passendes Gegenstück geschaffen, und auch die (mittlerweile patinierten) Zellen in Kurokawas Turm wurden bis heute weder bewegt noch ergänzt. Den Höhe- und gleichzeitigen Endpunkt des Metabolismus bildet die Weltausstellung 1970 in Osaka: Unter dem Motto »Fortschritt und Harmonie für die Menschheit« entsteht dort nach dem Masterplan von Kenzo Tange ein Ensemble eindrucksvoller Gebilde, die der Welt das Potenzial der metabolistischen Ideen und ihre Visionen vor Augen führen. Tanges eigene Raumstruktur gehört ebenso dazu wie die Kapselentwürfe Kikutakes und Kurokawas oder die pneumatische Pavillon-Konstruktion von Yutako Murata und Mamoru Kawaguchi. Mit dem Ende der Weltausstellung aber verblasst die technologische Euphorie. Bauindustrie und Gesellschaft versperren sich der Serienproduktion von Gebäuden, und die realisierten Projekte zeigen sich weniger flexibel als gedacht. Die Gruppe löst sich auf, ihre Mitglieder gehen nun getrennte Wege, viele verwerfen ihre utopischen Ideen. Einige ihrer herausragenden Vertreter prägen auf unterschiedliche Weise die weitere architektonische Entwicklung in Japan. Vor allem Arata Isozaki und Kisho Kurokawa zeigen dabei eine zunehmend formalistische Haltung und wenden sich schließlich der Postmoderne zu, während Fumihiko Maki bis heute eher dem modernen Formenvokabular verpflichtet geblieben ist.

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Die 70er- und 80er-Jahre: zwischen Formalismus und Raumkonzept Beinahe allen der sich nach 1970 ausbildenden Positionen ist die wiederkehrende Auseinandersetzung mit der japanischen Kultur ebenso wie die erneute Orientierung an aktuellen westlichen Strömungen gemeinsam. Auf die funktionalen Dogmen der Moderne und die starren, technizistischen Entwürfe der Metabolisten reagieren die Architekten nun zunehmend mit expressiven Gebäuden. Daneben zeichnet die Kritik am fortschreitenden Wildwuchs der japanischen Metropolen alle Richtungen aus, kommt dabei aber in unterschiedlicher Form zum Ausdruck: durch radikale Abkehr von der Stadt ebenso wie durch die Suche nach eigener Identität im Chaos oder durch Gebäude, die sich ihrem Umfeld aggressiv entgegenstellen. Nicht selten wird die Konfusion, die kritisiert werden soll, durch das eigene Auffallen um jeden Preis weiter verschlimmert. Daneben gibt es aber auch zahlreiche zurückhaltende Tendenzen. Fumihiko Maki, der bereits als Gründungsmitglied der Metabolisten eine gemäßigtere Haltung eingenommen hatte, vermeidet auch auf seinem weiteren Weg extreme Positionen. Sein Langzeitprojekt Hillside Terrace, ein Gebäudekomplex mit Geschäften, Wohnungen und Büros im Westen von Tokio, den er in insgesamt sechs Bauabschnitten für einen privaten Investor zwischen 1969 und 1992 realisiert, verdeutlicht seine Entwicklung von einer radikal modernen zu einer eher pragmatischen, spätmodernen Architektur (Abb. 3.15). Das Projekt, ursprünglich außerhalb Tokios auf einem bewaldeten Grundstück am Rand eines Vororts begonnen, wurde mittlerweile von der ausufernden Metropole verschluckt. Doch auch in dem neuen, heterogenen Umfeld 35

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hat es nichts von seinen städtebaulichen und formalen Qualitäten verloren. Wie auch weitere Projekte von Maki zeichnen sich die Häuser von Hillside Terrace aus durch klare Baukörper, spannungsvoll proportionierte Fassaden und präzise ausgearbeitete Details ebenso wie durch sorgfältig gestaltete Zwischenräume, Plätze und Wege. Während hier die einzelnen Gebäudekomplexe jedoch auf ihr Umfeld Bezug nehmen bzw. in der ersten Phase gar als Keimzelle für die spätere Urbanisierung des Bezirks dienen, kehrt Maki bei einem anderen Schlüsselbau, dem Spiral Building (1985), der Stadt den Rücken und verlegt, ähnlich wie andere Architekten zu dieser Zeit, den städtischen Erlebnisraum nach innen. Beinahe charakteristisch für Maki werden später seine leicht expressiven, glitzernden Metalldächer, mit welchen er beispielsweise die Konzerthalle in Kirishima (1994) oder das Tokyo Metropolitan Gymnasium (1990) bekrönt (Abb. 3.11). Im Gegensatz zu Maki verliert sich Arata Isozaki nach einer zunächst gemäßigten Phase Anfang der 70er-Jahre zunehmend in Formalismen. Bald schon beginnt er, historische europäische Stilformen zu zitieren, und wendet sich schließlich ganz der Postmoderne zu, deren renommiertester Vertreter er in seinem Heimatland wird. Isozaki ist bis heute einer der einflussreichsten Architekten Japans mit Großaufträgen weltweit. Doch maßgebliche Impulse für das internationale Baugeschehen gehen von ihm kaum noch aus. Seine eigentliche Bedeutung für die Architektur Japans erlangt er als Initiator und Mentor großer Demonstrativbauvorhaben, wie etwa Kumamoto Artpolis oder das GifuKitagata-Projekt. Offen für alle Richtungen, setzt er sich für die Vergabe von Aufträgen auch an unbekannte, junge und ausländische Architekten ein. Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre, in einer Zeit, die geprägt ist von Ratlosigkeit, aber auch von der Suche nach kultureller wie städtebaulicher Identität, findet die Postmoderne großen Zuspruch. Ein weiterer ihrer Vertreter, Kazuhiro Ishii, kombiniert zunächst, geprägt von seinem amerikanischen Lehrer Charles Moore, historische europäische Stilelemente, so etwa bei seinem Giebelhochhaus in Tokio. Ishii beginnt jedoch, die Verwendung von Zitaten aus der europäischen Architekturgeschichte zu hinterfragen. An seinem »Haus mit 54 Fenstern« in Tokio (1975) schafft er mit einer Vielfalt von Öffnungsformen und unterschiedlichen Materialien eine ironische, bunte Collage (Abb. 3.8). Durch die zunehmende Auseinandersetzung mit den geistigen Werten seiner Kultur entdeckt Ishii die eigene Tradition und entwickelt, wenn man so will, einen japanischen Postmodernismus, in den er auch historische Holzkonstruktionen einbezieht. Dieser gipfelt in den raffinierten Tragstrukturen des Bunraku-Puppentheaters in Seiwa (1992), die auf Ideen eines buddhistischen Mönchs des 12. Jahrhunderts ebenso zurückgreifen wie auf traditionelle Holzspiele. Eine andere, abstraktere Haltung bezieht Kazuo Shinohara, der bereits Mathematikprofessor ist, bevor er sich der Architektur zuwendet. Geometrische Formen und metallische Materialien unterstreichen seine Vorliebe für Assoziationen an Maschinen. Sind seine Wohnhäuser zunächst deutlich von dem Interesse für den »japanischen Charakter« gekennzeichnet, den er in seinen Raumkompositionen zum Ausdruck bringt (S. 48ff), so löst er sich mit der Hinwendung zu formalen Entwürfen von dieser Position. Obwohl Shinohara

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seine eigenen Bauten zunehmend als künstlerische Kompositionen ohne tiefgründige Bedeutung sieht, thematisiert er mit ihrer Gestaltung doch die Beliebigkeit und Zergliederung des städtischen Raums, etwa mit der Centennial Hall in Tokio (1987). Er setzt in das Durcheinander von Gebäuden und Verkehr einen Orientierungspunkt. Seine Großprojekte erlangen jedoch nicht die Bedeutung seiner Wohnbauten, die er vorwiegend in der Zeit seiner Professur am Tokyo Institute of Technology realisiert und damit großen Einfluss auf die junge Generation der Architekten hat. Shinoharas Prinzip der Komposition von Raum und Form setzt Itsuko Hasegawa mit frei kombinierten, industriell gefertigten, metallischen Baustoffen um. Die Architektin möchte Identität in den urbanen Raum bringen, seine Anonymität durchbrechen. Ihr Spiel mit Formen und Materialien bezieht sich nicht auf ein festgelegtes Vokabular, Hasegawa arbeitet intuitiv. Sie entwickelt die Projekte in Abhängigkeit von Ort und Aufgabe, wobei ihr Strukturen und Phänomene aus der Natur als Vorbild dienen. Die beiden Bürgerzentren in Tokioer Vorstädten, das ShonandaiKulturzentrum (1990) und die Sumida Culture Factory (1994), sind collagenhafte Landschaften, die durch das Spiel von Licht und Schatten inszeniert werden (Abb. 3.10). Die markanten Anlagen sollen, ausgestattet mit Freibereichen und Plätzen, städtische Qualitäten schaffen. Auch Hiroshi Hara versucht, dem ungeordneten, verwirrenden Erscheinungsbild der Stadt mit Metaphern entgegenzutreten, indem er ihre Bestandteile abstrahiert und neu zusammenstellt. Hara überträgt Bilder von Straßenfluchten, Dachlandschaften oder städtischen Agglomerationen auf seine Gebäude. Verlegt er diese Bilder zunächst auf den Innenraum (Hara House, 1974; S. 48ff) und stellt der äußeren damit eine innere Welt gegenüber, bezieht sich Hara später auf den städtischen Raum und gestaltet nach diesem Prinzip seine Fassaden. So dient ihm beim Yamato International Building (1986) ein Kykladendorf als Vorbild (Abb. 3.9). Jüngere Großprojekte bildet er als markante städtebauliche Zeichen aus, so zum Beispiel das Umeda Sky Building in Osaka (1993). Sein Thema verfolgt Hara jedoch weiter und organisiert den großen Erlebnisraum im Bahnhof von Kioto (1996) mit Wegeführung und räumlicher Gliederung als städtisches System aus Straßen und Plätzen. Shin Takamatsu vermeidet dagegen bewusst Assoziationen an bekanntes Vokabular und entzieht seine Architektur damit jeglicher Einordnung. Seine Hightech-Bauten wirken bizarr. Dem urbanen Wirrwarr aus heterogenen Baukörpern, Displays und Reklameschildern setzt Takamatsu Fantasiegebilde wie Origin (1981), Ark (1983) oder Syntax (1990) entgegen (Abb. 3.14). Noch einen Schritt weiter geht Makato Sei Watanabe. Für das Hauptgebäude des Aoyama Technical College in Shibuya, Tokio (1990), entwirft er eine dekonstruktive Plastik, deren Komponenten eher an Insektenoder Maschinenteile erinnern als an überlieferte tektonische Formen (Abb. 3.12). Aufsehen erregen um alles in der Welt – trotz eines noch so chaotischen Umfelds – ist das Motto. Das gilt auch für Kengo Kumas M2-Building (1991), obwohl sich dieser an den überlieferten Formenkanon hält. Kuma, der später für seine feinfühligen Materialinszenierungen bekannt wird (S. 44ff), realisiert mit seinem postmodernen Erstlingswerk eine Kulissenarchitektur, bei der ein ionisches Kapitell bis ins Groteske vergrößert ist (Abb. 3.13).

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Exzessive Formalismen wie diese sind typisch für die 80er-Jahre in Japan, doch daneben gibt es eine Reihe von Architekten, die den konzeptionellen Ansatz in den Vordergrund stellen. Dazu gehören zunächst Toyo Ito und Tadao Ando, die erstmals Mitte der 70er-Jahre auf sich aufmerksam machen (S. 40ff), sowie Riken Yamamoto, der vor allem im Wohnungsbau Impulse gibt. In seinem Bemühen, zeitgemäße städtische Wohnformen zu entwickeln, gelingt es Yamamoto, der in den 60er- und 70er-Jahren zum Massenwohnungsbau verkommenen Schaffung von Mietwohnungen Alternativen gegenüberzustellen. Er entwirft seine Gebäude als soziale Mikrokosmen und verlegt die dem Verkehr geopferten Nachbarschaften, das verloren gegangene soziale Leben im Viertel auf das Dach. Mehrfamilienhäuser wie Gazebo (1986), Rotunda (1987), Hamlet (1988) oder die Wohnanlage Hotakubo (1991) bestehen aus eigenständigen Wohneinheiten, die sich gemeinsame Lebens- und Terrassenbereiche teilen, die Infrastruktur ist größtenteils in den Erdgeschosszonen integriert (Abb. 3.17). Leichte Dachaufbauten in Form von gewölbten Zeltkonstruktionen betonen den gemeinschaftlichen Raum über der Stadt. Die Idee der sozialen Nachbarschaft setzt Yamamoto später auch bei größeren Bauaufgaben mit anderer Nutzung um. Bei der additiv gefügten Anlage der Universität in Saitama (2000) etwa dienen die Höfe als Kommunikationsraum für die Studenten (S. 160ff). Die in Stahl und Glas gehaltene Architektur wirkt eleganter als die Stahlbetonkonstruktionen der früheren Wohnanlagen.

Japanische Architektur heute Das Zusammentreffen formaler Moden wie Postmoderne und Dekonstruktivismus mit der überbrodelnden Bubble Economy, die enorme Finanzmittel freisetzt, führt in den 80erJahren in Japan zur Überbetonung origineller Formen. Unterstützt wird diese Haltung durch die große gestalterische Freiheit, den Wunsch der kommerziellen Bauherren nach unverwechselbaren Markenzeichen und den Drang vieler Architekten, als künstlerische Selbstdarsteller aus einer überwiegend konformen Gesellschaft auszubrechen. Auffallen um jeden Preis scheint vielerorts angesagt – formale Auswüchse werden beinahe zur Regel. Mit dem Zusammenbruch der Spekulationsblase Anfang der 90er-Jahre werden die Entwurfsaufgaben bescheidener und die Formen – wieder beeinflusst durch internationale Trends, die Neue Einfachheit oder den Minimalismus, – zusehends einfacher. Viele der früheren Formalisten, Arata Isozaki etwa oder Kisho Kurokawa, kehren nun zu einem gemäßigten internationalen Stil zurück. Das verdeutlicht Isozakis Kyoto Concert Hall (1995), die mit ihren klaren Geometrien, ihrer Spannung zwischen Volumen und Oberfläche, zwischen Leichtigkeit und Schwere, eines der reifsten Werke des Architekten ist und sich überwiegend frei von rein modischen Anklängen zeigt (Abb. 3.16). Auch Shin Takamatsu, der Rebell der 80er-Jahre, etabliert sich und wickelt, zunehmend auch in Europa und China, Großprojekte ab. Daneben realisiert er in seiner Heimatstadt Kioto, wo er nach wie vor das Architekturgeschehen maßgeblich prägt, auch einfühlsame kleinere Bauten. Doch unter der älteren Generation gibt es auch einige führende Vertreter, die zeit ihres Berufslebens

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einem modernen Selbstverständnis treu bleiben und modische Einflüsse nur in geringem Maße an sich heranlassen. Fumihiko Maki, der erst 1999 mit einem weiteren Ensemble aus Wohnungen, Büros und Läden ganz in der Nähe seines Hillside-Terrace-Komplexes eines seiner schönsten Werke vollendet und mit dem leichten, durchschimmernden Screen aus Aluminiumstäben demonstriert, dass auch von der etablierten Generation noch gestalterische Impulse ausgehen können, gehört ebenso dazu wie Yoshio Taniguchi. Taniguchi, der mit seinem eher konservativen, aber preisgekrönten Wettbewerbsentwurf für die Erweiterung des MoMA in New York international auf sich aufmerksam macht, realisiert in seinem eigenen Land im Laufe der Jahre eine Reihe von formal ruhigen, aber präzise detaillierten Museen, deren besondere Qualität in den bewusst formulierten Bezügen der Gebäude zur Umgebung liegt. Die reduzierten Formen und Oberflächen der zurückhaltend gestalteten Galerie der Horyuji-Schätze im Nationalmuseum von in Tokio (1999) zeugen von Taniguchis Hinwendung zu minimalistischen Strukturen. Insgesamt gesehen präsentiert sich die Architekturszene Japans am Beginn des neuen Jahrtausends als eine schillernde Mischung unterschiedlicher Ansätze. Einige der wesentlichen Haltungen und die dahinter stehenden Personen werden nachfolgend charakterisiert.

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Tadao Ando – Licht und Raum Die herausragende Persönlichkeit zu Beginn der 90er-Jahre ist zweifellos Tadao Ando. Ihm gelingt es zu dieser Zeit wie keinem anderen seiner Kollegen, den Blick nach Japan zu lenken, indem er der Weltöffentlichkeit ein neues Gesicht zeitgenössischer japanischer Architektur präsentiert. Es ist eine stille, meditative Haltung, mit Bauten, die ihre sinnliche Wirkung durch den rohen Beton und das akzentuiert eingesetzte Licht erlangen. Ando antwortet auf die städtebauliche und gesellschaftliche Situation in einer zunehmend von Computern bestimmten Welt mit Gebäuden, die sich von der Umgebung abwenden, aber auch, indem er versucht, das Bewusstsein für den Körper zu intensivieren und ein wirkliches Erfahren des Raums im physischen Sinne zu ermöglichen. Ein zunehmend perfekter Sichtbeton, gegliedert durch das Maß der Schaltafeln und die sichtbar gelassenen Ankerlöcher, ist sein Stilmittel, er verhilft dem Material damit zu einer weltweiten Renaissance. Der 1941 in Osaka geborene Autodidakt Ando tritt erstmals Mitte der 70er-Jahre mit schlichten, minimalistischen Hofhäusern in Erscheinung, die traditionelle Bautypen neu interpretieren und dem Chaos der Stadt kategorisch den Rücken zukehren. Neben den frühen Einfamilienhäusern – das Koshino-Haus in Ashiya (1984) ist das wohl bekannteste von ihnen – realisiert er bald andere Bauaufgaben, mit gleichem Material und ähnlichem Konzept: Kirchen und Tempel, Museen, aber auch Geschäftshäuser. Tadao Ando kombiniert seine Räume durch die Überlagerung klarer, auf einfachen Geometrien beruhender Volumina. Mit schmalen verglasten Öffnungen setzt er verschiedene Bauteile voneinander ab und erzeugt dadurch räumliche Tiefe. Eine seiner eindringlichsten Inszenierungen gelingt dem Betonvirtuosen mit der kleinen protestantischen Kapelle in Ibaraki (1989), die nicht umsonst den Beinamen »Kirche des Lichts« erhielt. Beim Betreten des schlichten, schachtelförmigen Baukörpers aus Sichtbeton wird der Blick des Besuchers unvermittelt auf das sonnendurchflutete Kreuz in der Altarwand gegenüber gelenkt. Der große Kontrast zwischen hell und dunkel, der von den

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nur 20 Zentimeter breiten Schlitzen herrührt, unterstreicht diese Wirkung. Ando gelingt es mit einfachen, aber wohl überlegten Mitteln, die Sinne anzusprechen und ein Gefühl von Erhabenheit zu erzeugen (Abb. 3.20). Beim Chikatsu Asuka Museum (1994) außerhalb von Osaka, auf einer frühgeschichtlichen Begräbnisstätte gelegen, will er mit einem für seine Verhältnisse düsteren Hauptraum die Atmosphäre eines der umliegenden Gräber widerspiegeln (Abb. 3.1). Eine Schlüsselrolle fällt hier auch dem Dach zu, das, als monumentale Freitreppe ausgebildet, zur Aussichtsplattform für die umliegenden Grabhügel wird – die Außenfläche wird selbst zum Museumsraum. Andos vielleicht typischstes Museum ist das Naoshima Art Museum (1992, Erweiterung 1995) mit seinen vielschichtigen Übergängen von außen nach innen, das sich malerisch gelegen auf einer Landzunge inmitten eines Nationalparks am Meer befindet. Der Grundriss baut auf klaren geometrischen Formen auf, das Oval spielt dabei eine wichtige Rolle, die Höfe und der Großteil des Bauvolumens sind in die Erde eingegraben, um die Landschaft möglichst unberührt zu lassen (Abb. 3.19). Ebenso in den Boden gegraben, aber in städtischem Umfeld, ist der Garden of Fine Arts in Kioto (1994). Trotz der für Menschen aus dem Westen eigenartigen Ausstellungsstücke – es handelt sich um auf Keramik reproduzierte Gemälde überwiegend aus der europäischen Kunstgeschichte – schafft Ando inmitten des Trubels der Stadt ein Refugium mit besonderen Qualitäten: Das ungewöhnliche Open-Air-Museum, das man auf Rampen und Stegen durchquert, zeichnet sich durch seine stillen, klar gestalteten Wasserbecken, seine Wasserfälle sowie ein akzentuiertes Licht- und Schattenspiel aus. Bekannt geworden durch seine kleinen meditativen Räume, überträgt Tadao Ando die dort angewandten Entwurfsprinzipien später zunehmend auf größere Projekte und entwickelt damit (ähnlich wie Richard Meier oder Frank Gehry in den USA) ein Label – seine Architektur wird zur Marke. Doch die ständige Wiederholung gleicher Stilelemente führt nicht immer zum Erfolg: In jüngerer Zeit lassen manche der nach einheitlichem Muster entworfenen Großbauten die Klasse seiner früheren Werke vermissen. Bis heute aber entwirft Tadao Ando immer wieder kleine Gebäude, die all die Qualitäten zeigen, für die er einst bekannt wurde – Bauten, die nach wie vor zum Besten gehören, was die japanische Architektur zu bieten hat. Zwei davon, ein kleines Wohnhaus in Osaka und ein schlichtes Museum für ein Kunstwerk von James Turrell (2000), sind in diesem Buch ausführlich dokumentiert (S. 49ff und S. 126ff). Bei dem kleinen Museum setzt Ando Holz ein, das zweite authentische Material, das er neben seinem bevorzugten Baustoff Beton gerne verwendet, so auch bei dem Japanischen Pavillon für die Expo in Sevilla (1992) oder für den Komyo-Tempel in Sajio (2000). Und er geht damit ebenso virtuos um: Der einfache Baukörper des Museums erhält seine beinahe archaische Wirkung durch schlichte, moderne Details im Geiste der Tradition seines Landes. Toyo Ito – »Blurring Architecture« Neben Tadao Ando ist Toyo Ito der zweite große Protagonist in der gegenwärtigen japanischen Architekturszene. Beide sind im gleichen Jahr geboren (1941), und beide treten etwa gleichzeitig (1976) mit einem eigenwilligen Einfamilienhaus in Erscheinung, wobei beide mit Sicherheit beeinflusst sind von den Wohnhauskonzepten Shinoharas. Ito wie Ando zeigt eine an der Moderne orientierte Grundhaltung, aber ansonsten ist 41

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ihre Architektur so verschieden wie ihre beiden Charaktere: hier der sinnliche, doch zugleich herbe, agile Tadao Ando, dort der intellektuelle Toyo Ito. Wo Andos Architektur schwer, plastisch, mit dem Boden verwachsen ist, möchte Ito »eine Architektur realisieren, die wie ein instabiler, fließender Körper ist«, mit wandelbaren, transparenten Räumen. Wo Ando sich auf authentische Baustoffe wie Beton und Holz beschränkt, seine Details minimiert, nutzt Ito industriell gefertigte Produkte, seine Architektur ist komplex. Wo Ando Vielschichtigkeit durch die Überlagerung von Räumen erzeugt, spielt Ito mit sich überlagernden Flächen aus Glas und gestanzten Blechen, mit Gittern und Kunststofftafeln. Anfangs stark von Shinohara geprägt, entfernt sich Ito später formal und konzeptionell von dessen Einfluss. Sein Grundthema bleibt aber, die sich wandelnde Gesellschaft des Informationszeitalters in seiner Architektur zu reflektieren. Wie sieht eine dem elektronischen Zeitalter entsprechende Architektur aus? Diese Frage spielt dabei eine entscheidende Rolle. Itos Überlegungen dazu gipfeln in der 2001 fertig gestellten Mediothek im nordjapanischen Sendai (S. 148ff), die international zu den meistbeachteten Bauten des beginnenden Jahrtausends zählt. Mit diesem Bauwerk schafft Toyo Ito endgültig den Sprung an die Weltspitze der Architektur und wird zum Vorbild der jüngeren Generation seines Landes. Seine Mediothek ist geprägt von flexibel nutzbaren Ebenen, die sich die Besucher selbst aneignen können. An den Fassaden versucht er mit unterschiedlichen Stufen der Transparenz, das Thema »Virtual Reality« durch reale Architektur zu versinnbildlichen. Daneben möchte Ito Transparenz durch die metaphorische Darstellung von Wasser symbolisieren: Die im Sinne der Statik nicht ganz rationale Tragstruktur aus Stahlrohren spielt auf Algen an, die sich im Meer wiegen – sie ist Ausdruck von Itos fließender Architektur. Doch all diese Anspielungen muss der Besucher kennen, um sie lesen zu können. Unabhängig von solcher Symbolik liegt eine der Hauptqualitäten der Mediothek ganz einfach in ihrer edlen Gestaltung und ihren präzisen, reduzierten Details: Bei Tag lässt sie eine große Offenheit von innen nach außen spüren, während bei Nacht die hell erleuchteten Räume hinter der aufgelösten Straßenfassade die Filigranität der Struktur zeigen und an die Vorstellungen von Transparenz in der frühen Moderne erinnern. Mit dieser zeitlos klaren Architektur indes entfernt sich der intellektuelle Ästhet von der Lockerheit seiner früheren Bauten, etwa der improvisiert wirkenden Silver Hut (S. 49ff). Toyo Itos Entwicklung bis zur Mediothek in Sendai ist neben zahlreichen kleinen Wohnhäusern von temporären Installationen gekennzeichnet wie dem Turm der Winde (1986) und dem Ei der Winde (1991), wo er Umweltsignale – Verkehrslärm und Windböen – computergesteuert in ein bewegtes Lichtspiel an den Fassaden überträgt. Bei dem städtischen Museum in Yatsushiro (1991) setzt Ito die Leichtigkeit seiner Architektur in einen Ausstellungsbau um. Er erreicht das, indem er das Erdgeschoss eingräbt und das transparente Obergeschoss mit den für ihn typischen mehrfach gewölbten, silberglänzenden Dächern bekrönt. Auch beim Altenheim in Yatsushiro (1994) erzeugt Toyo Ito eine offene Atmosphäre. Unterschiedliche Materialien und Farben verteilt er hier scheinbar willkürlich am Gebäude, mit locker angeordneten Räumen mildert er Übergänge zwischen Individual- und Gemeinschaftsbereichen (Abb. 3.22).

Kazuyo Sejima – die Formulierung des Übergangs Wie Toyo Ito experimentiert Kazuyo Sejima mit der Transparenz, um die Grenze zwischen physischem und virtuellem Dasein auszuloten. Als frühere Mitarbeiterin Itos entwickelt sie seine Konzepte weiter. Mit ihren radikalen Ansätzen ist sie zu einem der im Moment einflussreichsten Vorbilder gerade für die jüngere Generation avanciert. Tatsächlich ist ihr wesentliches Thema der Bezug des Bauwerks zu seiner Umwelt, eine ganz besondere Rolle spielt dabei die Zone des Übergangs, die manchmal als Pufferzone in Erscheinung tritt wie beim S-House in Okayama (1997). Das Spiel mit Transparenz, Transluzenz und Reflexion ist ihr zentrales architektonisches Ausdrucksmittel, das die klaren und präzisen Formen ihrer Bauten noch betont. Auch Sejima verwendet dafür zeitgemäße, industriell gefertigte Materialien, durchschimmernde Kunststoffe und Glas. Die Auflösung der Gebäudehüllen und die Reduktion des Tragwerks führen bei ihr zu einem Minimalismus, der gelegentlich konstruktive Gegebenheiten negiert. Das konsequente Umsetzen räumlicher und ästhetischer Konzepte geht dann schon einmal auf Kosten der Haltbarkeit. Sejimas schlüssige, immer auf strengen Grundrissen aufbauenden Entwürfe sind so unterschiedlich wie die jeweilige Situation. Ihre Häuser schotten sich ebenso radikal ab, wie sie sich vollkommen öffnen: Für die eine Haltung steht das zur Stadt hin mit Wellblech verkleidete, streng rechteckige M-House (1997), ein introvertiertes Hofhaus in Tokio. Für die andere das beinahe vollverglaste, unregelmäßig geformte Small House (S. 78ff). Auch Sejimas erstes wichtiges Werk, das Saishunkan Seiyaku Women‘s Dormitory (1991) für weibliche Angestellte eines Unternehmens in Kumamoto, verschließt 3.23

sich nach außen. Im Inneren zeigt es sich dann umso offener: Ein großer fließender Raum, der an beiden Seiten von je einer Reihe kleiner Individualräume begrenzt wird, beherbergt alle gemeinschaftlichen Funktionen. Einem Minimum an Individualraum steht ein Maximum an Gemeinschaftsfläche gegenüber. Innovative Grundrisse für den sozialen Wohnungsbau entwickelt Sejima zusammen mit Ryue Nishizawa, mit dem sie seit 1995 das Büro SANAA führt, bei der Wohnanlage in Gifu (1998, zweiter Bauabschnitt 2002), die im Rahmen eines Demonstrativbauvorhabens entsteht (Abb. 3.23). Innerhalb eines rigiden Systems, einer strengen Schottenbauweise mit engen Spannweiten, ordnet sie einfache Raumstrukturen an, die als Maisonette flexibel kombiniert werden können und eine Vielfalt von Nutzungs- und Lebensformen ermöglichen. Die Beziehung zur Umgebung, Transparenz und Reflexion stehen beim Möbelgeschäft hhstyle.com in Tokio (2001) im Vordergrund. Auf der rückwärtigen Seite des Ladens werden die ausgestellten Design-Stühle – regalartig platziert – zum Teil der Fassade. Als optische Pufferzone bilden sie den geschichteten Übergang von innen nach außen (S. 74ff). Shigeru Ban – Experimente mit Konstruktion und Raum Radikale Raumkonzepte, die Thematisierung des Übergangs von innen nach außen und ein weitgehend minimalistischer Ansatz sind auch kennzeichnend für Shigeru Ban. Was den Querdenker Ban jedoch besonders auszeichnet, ist sein uneingeschränktes Interesse an neuen Konstruktionen und Materialien. Während die meisten anderen japanischen Architekten seiner Generation die Lösung technischer Probleme eher als Mittel zum Zweck sehen, demonstriert Ban eine ausgesprochene Freude am konstruktiven Experiment. Ziel des ruhelosen Forschers ist es, sich und seine Architektur von Entwurf zu Entwurf konsequent weiter zu entwickeln, nicht umsonst bezeichnet er seine Wohnhäuser als Case Study Houses. Als typischer Einzelgänger ist Ban in keinen der in Japan üblichen »Stammbäume« einzusortieren. Das liegt mit Sicherheit auch daran, dass er seine Ausbildung in den USA absolviert und – außer einem kurzen Zwischenspiel bei Arata Isozaki – nie bei einem Architekten in Japan arbeitet. Kurz nachdem Shigeru Ban 1986 aus Amerika zurückkommt, eröffnet er sein eigenes Büro in Tokio. Ban hält sich zunächst mit der Gestaltung von Ausstellungen über Wasser und entdeckt in diesem Zusammenhang Papprollen, wie sie zum Aufrollen von Stoffbahnen eingesetzt werden. Erstmals verwendet er diese zu Dekorationszwecken in der von ihm gestalteten Alvar-Aalto-Ausstellung (1986) in seiner Heimatstadt Tokio. Dabei erkennt Shigeru Ban schnell auch die konstruktiven Vorzüge des Materials und setzt es tragend ein (Abb. 3.21). Den Höhepunkt seiner Papprohrkonstruktionen bildet zweifelsohne, trotz Einschränkungen durch die deutschen Behörden, der Japanische Pavillon für die Expo 2000 in Hannover, der ihn in Fachkreisen schlagartig weltweit ins Rampenlicht rückt. Aus ähnlichen Papprollen verwirklicht Ban bereits früher auf eigene Initiative auch Notunterkünfte für Katastrophenopfer in aller Welt, beispielsweise nach den verheerenden Erdbeben 1995 in Kobe oder 1999 in der Türkei. Doch wollte man Shigeru Ban auf seine Papprollen-Architektur reduzieren, würde man ihm nicht gerecht. Sein Interesse am Experiment gilt auch anderen Materialien. Beim Furniture House (S. 108ff) setzt er ein preiswertes Regalsystem aus dem Baumarkt als Tragwerk und Trennwand ein. 43

3.24

Für ein anderes Haus entwickelt er eine transluzente, wärmegedämmte Gebäudehülle aus billigem Verpackungsmaterial, bei wieder einem anderen Wohnhaus nimmt er den Begriff Curtain Wall wörtlich und verwendet einen Kunststoffvorhang als Außenhaut (S. 51ff). Shigeru Ban ist trotz aller Freude an konstruktiven Problemen kein Techniker, er verbindet mit seinen Experimenten stets auch innovative Raumkonzepte. Vorbild hierbei ist ihm nach wie vor Ludwig Mies van der Rohe mit seinem Begriff des fließenden Raums. Ban, wenn auch als Mensch eher zurückhaltend, ist mit seinem ungemein vielfältigen Werk die vielleicht schillernste Figur in der gegenwärtigen Architekturszene Japans. Er ist gleichermaßen konstruktiv wie ästhetisch und räumlichkonzeptionell orientiert, setzt ebenso auf auffallende, medienwirksame Entwürfe, wie er sich sozial engagiert. 3.25

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Kengo Kuma – Material als Konzept Ein weiterer Architekt dieser Generation, Kengo Kuma, zeigt ein anderes Verhältnis zum Material als Shigeru Ban oder auch Kazuyo Sejima. Da Ban industriell gefertigten Baustoffen neue, unkonventionelle Aufgaben zuweist, werden sie bei ihm Teil des Konzepts. Für Sejima dagegen ist das Material nur Mittel zum Zweck, das dazu dient, räumliche und ästhetische Wirkungen zu erzielen. Deshalb verwendet sie fast immer die gleichen Baustoffe – dünne Stahlprofile und Glas, manchmal auch Acrylglas und Beton. Ganz anders jedoch Kengo Kuma: Bei ihm ist, wenn man so will, das Material Konzept. Gerade in seinen jüngeren Bauten, die sich überwiegend auf dem Land befinden, inszeniert Kuma, der seit seinem postmodernen M2-Building (1991) eine erstaunliche Entwicklung durchgemacht hat, jeweils ein Material:

beim Steinmuseum in Nasu (S. 130ff) den Naturstein, beim Water/Glass-House in Atami (1995) das Glas, beim BambooHouse in Kamakura (2002) den Bambus und bei einem seiner jüngsten Projekte, dem Plastic-House in Tokio (2002), den Kunststoff. Kuma ist der Bezug zum jeweiligen Ort besonders wichtig, das veranlasst ihn, jedes Gebäude vollkommen anders zu gestalten. Und für ihn ist das authentische Material mit seiner Textur, seiner natürlichen Farbigkeit und seiner haptischen Qualität wichtiger als die Form eines Gebäudes: Die Ausstrahlung des Materials kann nur schwer mit Bildern erfasst werden und erhält somit in unserem Medienzeitalter, in dem beinahe alles mit dem Computer simuliert werden kann, einen besonderen Stellenwert. Die Lamellen, die er ebenso in Holz wie in Naturstein oder Kunststoff umsetzt, sind heute kennzeichnend für seine Architektur geworden. Mit dem Museum Hiroshige Ando in Batoh (2000) für einen bekannten japanischen Maler des 19. Jahrhunderts gelingt Kuma eines seiner eindrucksvollsten Bauwerke. Der lang gestreckte, mit einem schlichten Satteldach bekleidete Baukörper ist allseitig, innen wie außen, mit Holzlamellen verkleidet. Inmitten der baumreichen Umgebung entsteht durch die gleichmäßig angeordneten Hölzer die archetypische Form eines Hauses. Die Gestalt des umschlossenen Volumens innerhalb dieser durchlässigen Hülle ist nicht fassbar, da sich die Raumgrenzen je nach Lichteinfall und -stimmung optisch unterschiedlich darstellen, die Zedernholzfassade wird zum durchlässigen Filter (Abb. 3.25). Auch Kuma fühlt sich der traditionellen Architektur seines Landes verpflichtet, mit seinen Lamellen versucht er den Charakter der semitransparenten Außenwände der alten Häuser wieder zu beleben. Hiroshi Naito – expressionistische Stille Der strenge, schlichte Baukörper des Museum Hiroshige Ando mit seinem ruhigen Satteldach erinnert entfernt an ältere Museen von Hiroshi Naito. Dieser gehört der gleichen Generation wie Kuma und Ban an und ist unter den gegenwärtigen Architekten ein Individualist. Im Gegensatz zu Kengo Kuma, der in seinen Entwürfen stets ein Gespür für modische Trends zeigt, geht Naito, unbeeinflusst von allen Moden, seit Jahren unbeirrt seinen eigenen Weg. Der ruhige, aber sehr selbstbewusste Architekt sagt von sich, dass er kein Star sein möchte, und bezeichnet seine Entwürfe als silent architecture – stille Architektur. Mit seinen Bauwerken will er ganz bewusst einen Widerpart zu den heute in Japan üblichen lauten, schreienden Gebäuden bilden. Seine

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Gestalt prägenden Satteldächer – auch für Naito sind formale Aspekte zweitrangig – begründet er zunächst mit konstruktiven Überlegungen. Haltbarkeit ist ihm wichtig, im Gegensatz zu den in Japan heute gängigen Moden möchte Naito dauerhafte Gebäude mit beständigem Wert schaffen, aber auch Räume, die sich veränderten Verhältnissen anpassen und damit lange Zeit nutzbar sind. Die Hauptaufgabe der Architektur sieht er im shelter, dem Schutz gegen äußere Einflüsse und Witterung. Naito bildet jedes Detail sorgfältig aus und gliedert seine schlichten Baukörper durch expressive Tragwerke. Sein favorisierter Baustoff ist das Holz, aber auch den Umgang mit anderen Materialien beherrscht er gleichermaßen: Sichtbeton etwa bei dem Wohnhaus in Kanazawa (1996) oder Stahl bei dem Schutzdach für Kutani Ceramics (2002) auf Kyushu. Hiroshi Naitos herausragendes Werk, das Seafolk Museum (1992), liegt landschaftlich reizvoll am Ende der Halbinsel Ise, direkt am Meer. Die klaren, auf rechteckigem Grundriss basierenden Baukörper mit den ruhigen Satteldächern strahlen Erhabenheit aus und wecken Assoziationen an die berühmten, nahe gelegenen Schreine. Nutzung und Inhalt korrespondieren – durch das Material Holz am Hauptausstellungsgebäude, vor allem aber durch die gebogenen Leimbinder im Inneren, die an den Rumpf eines Schiffes erinnern (Abb. 3.24, 3.26). Das Prinzip des gliedernden Tragwerks findet sich auch bei Naitos Minihaus in Tokio (1997). Bei dem Makino Museum in Kochi (1999) steht die harmonische Einfügung in die geschützte Landschaft im Vordergrund. Naito gibt das Prinzip des schlichten Baukörpers auf und entwirft ein organisches Gebilde, das die sanften Konturen der bewaldeten Hügel aufnimmt (S. 58ff). 45

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Kleine Häuser – große Konzepte Kleine Häuser sind traditionell ein wichtiges Thema in Japan. Noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts bestand eine Großstadt wie Tokio beinahe ausschließlich aus schmalen Holzbauten mit einer überwiegend offenen Grundrissstruktur, Papierschiebewänden und Reisstrohmatten (Tatami) als Bodenbelag – und noch heute lebt knapp die Hälfte der Bevölkerung in den dicht besiedelten Ballungszentren in eng stehenden Einfamilienhäusern. Der Geschosswohnungsbau konnte sich, trotz einiger vielversprechender Ansätze wie den Wohnanlagen Riken Yamamotos, nie richtig durchsetzen. So bleibt der Entwurf von Minihäusern für die Architekten Japans, vor allem nach dem Ende der Bubble Economy, eine wesentliche Aufgabe. Eine ungezwungene Freude am Experiment mit innovativen Grundrisslösungen und Wohnkonzepten und die gegenüber Europa verschiedenen kulturellen und klimatischen Verhältnisse führen oftmals zu frappierenden Lösungen, die auch für uns inspirierend sein können. Darüber hinaus eignet sich das Einfamilienhaus mit seinem stets ähnlichen Raumprogramm und seiner überschaubaren Größe besonders dazu, die unterschiedlichen Haltungen der einzelnen Architekten zu vergleichen, und bietet die Möglichkeit, Unterschiede zum Westen zu thematisieren. Die beiden letzteren Aspekte werden hier behandelt. Die vorgestellten Projekte sind, wie der Umgang mit Konstruktion, Material und der Beziehung zum Umfeld deutlich macht, von der eigenen Tradition ebenso beeinflusst, wie sie auf unterschiedlichste Weise die Auseinandersetzung mit der internationalen sowie der zeitgenössischen japanischen Architektur suchen. Gerade dieser spannungsreiche Dialog zwischen westlichen und fernöstlichen Ideen macht die Bauaufgabe zu einem faszinierenden Thema. Widersprüchliche Tendenzen prägen die Entwicklung des modernen japanischen Hauses seit Mitte des letzten Jahrhunderts: zum einen die Kultivierung des Wohnens, der Rückzug ins Private, zum anderen die graduelle bis radikale Öffnung zur Stadt. Außerdem hat sich der Schwerpunkt von der Beschäftigung mit der Moderne und der Neuinterpretation der eigenen Tradition zur Auseinandersetzung mit Stadt und Gesellschaft im Informationszeitalter verlagert. Alle diese Ansätze durchziehen jedoch die Architektur des 20. und auch des beginnenden 21. Jahrhunderts, was besonders in den Wohnhausprojekten zum Ausdruck kommt. Beim Betrachten der folgenden Beispiele fällt auf, dass nicht immer der reine Wohnwert im Vordergrund steht. Manchmal geht die Experimentierfreude – das Ausloten von Grenzen – so weit, dass der praktische Nutzwert der Häuser eingeschränkt oder aber den Bewohnern ein bestimmter Lebensstil auferlegt wird. Das trifft etwa auf einige der Bauten von Kazuyo Sejima, Shigeru Ban oder FOBA zu. Doch gerade die Beschäftigung mit diesen Häusern führt dazu, überlieferte Positionen zu hinterfragen und über unkonventionelle Wege nachzudenken. Bei einigen der Beispiele handelt es sich um Wochenendhäuser mit einem von vornherein anderen Ansatz der Nutzung.

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Das Wohnhaus als Kunstwerk Kunio Maekawa, der von 1928 an zwei Jahre bei Le Corbusier in Paris gearbeitet hatte, versucht bei seinem eigenen Haus (1942), dessen Prinzipien der freien Fassade und des freien Grundrisses mit traditionellen Elementen zu verbinden. 47

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Der großzügige, lichtdurchflutete Wohnraum (Abb. 3.30) ist mit den weiß verputzten Wandflächen und den europäischen Möbeln Sinnbild moderner Lebensweise, das Licht- und Schattenspiel der transluzenten Schiebeelemente wirkt dagegen sehr japanisch. Diese spannungsvolle Gegensätzlichkeit durchzieht das ganze Projekt, wobei letztlich die westlichen Stilelemente in die japanische Architektur integriert werden. Während bei Maekawa die Symbiose beider Richtungen im Vordergrund steht, abstrahiert Kazuo Shinohara bei seinem House in White (1966) den Charakter japanischer Architektur und interpretiert ihn in einer modernen Formensprache. Er zitiert in dem großen, zweigeschossigen Wohn- und Essbereich mit den Holzschiebefenstern und der im Raum stehenden Stütze aus einem Zedernstamm traditionelle Elemente und macht sie damit zu isolierten Symbolen (Abb. 3.31). Shinohara baut in der Folgezeit vor allem Häuser, die sich gegenüber ihrem Umfeld abschotten, und setzt sich zunehmend theoretisch mit dem Wohnhaus auseinander. Der weiße, leere Raum, der dem House in White seinen Namen gab, wird auch für seine späteren Wohnbauten charakteristisch. Shinohara löst sich in der Folgezeit zunehmend vom traditionellen Formenrepertoire und entwirft immer abstraktere Kompositionen. Mit seinem eigenen Haus in Yokohama (1984) erklärt er das Wohnhaus schließlich zum Kunstwerk. Es ist ein Fantasiegebilde, eine Collage unterschiedlicher Formen und Materialien, die jeden Bezug sowohl zu zeitgenössischer als auch konventioneller Architektur verneint (Abb. 3.28). Der klar gegliederte Innenraum nimmt dem Formenspiel einiges von seiner Unruhe, durch eingeschnittene Öffnungen ergeben sich gerahmte Ausblicke in die umgebende Hügellandschaft. Diese Öffnungen, die Bildausschnitten gleichen, lassen Shinoharas ungebrochene Affinität zur japanischen Tradition spürbar werden. Spätestens hier zeichnet sich ab, dass die Auseinandersetzung mit dem Raum zunehmend zur Entwicklung reiner Innenwelten führt. In den Häusern Hiroshi Haras ist die Gestaltung solch autarker Mikrokosmen beinahe wörtlich umgesetzt. Die Qualitäten, die er in der realen Stadt vermisst, erzeugt Hara im Inneren, das chaotische Umfeld wird ausgeblendet. In seinem eigenen Wohnhaus in Machida, Tokio (1974), bildet er städtische Strukturen nach (Abb. 3.29). Straße, Platz und gliedernde Fassade werden zu Metaphern. Eine in der Mittelachse des Hauses liegende »Straße« ist von streng symmetrisch angeordneten Räumen flankiert, die sich als abstrahierte Gebäudesilhouetten abzeichnen. Sowohl Shinohara als auch Hara antworten letztlich auf die Frage nach zeitgemäßen Wohnformen mit Kunstobjekten, welche die Wohnfunktion mehr oder weniger negieren – sie lösen sich von der allgemeinen Diskussion und schaffen sich dadurch den Freiraum, Alternativen zu formulieren.

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Toyo Itos erstes bedeutendes Projekt, das Wohnhaus für seine Schwester in Nakano, Tokio (1975), ist von dieser Haltung beeinflusst. Das White U liegt in Sichtweite der Hochhäuser von Shinjuku, einem der Geschäftszentren der Metropole. Um dem Wunsch der verwitweten Schwester nach einem meditativen, geschützten Rückzugsbereich zu entsprechen, entwirft Ito ein abgeschirmtes Haus, das der Stadt förmlich den Rücken zukehrt (Abb. 3.34, 3.35). Der

tunnelartige Raum des u-förmigen Gebäudes ähnelt durch die weiß verputzten Wände und die gelegentlich eingeschnittenen Öffnungen einem klösterlichen Wandelgang. Im Gegensatz zu den Kompositionen eines Hiroshi Hara oder auch Tadao Ando ist der Raum bei Ito richtungslos, seine Konturen lösen sich auf, sind nicht fassbar. Der derart konsequente Ausschluss der Stadt, die Konzentration auf die Beziehung zwischen Mensch und Architektur bleibt jedoch in Itos Werk einmalig. Seine eigentlichen Themen, der sich wandelnde Raum und der differenzierte Übergang von außen nach innen, gewinnen in den folgenden Projekten an Bedeutung. Bei seinem eigenen Wohnhaus, Silver Hut (1984), das in unmittelbarer Nachbarschaft zum inzwischen abgerissenen White U steht, ist die Trennung zwischen innen und außen aufgehoben (Abb. 3. 3.36). Das Haus ist aus einzelnen, jeweils von einer Bogenkonstruktion überspannten Räumen zusammengesetzt, die nur soweit erforderlich voneinander abgetrennt sind. Perforierte Bleche und Gitterstrukturen ersetzen massive Wände. Der Charakter des Vergänglichen und nicht Fassbaren, den Ito in Aufsätzen wie »Blurring Architecture« formuliert, verschwindet jedoch zusehends aus seinen Projekten.

3.33

Sinnlicher Beton Eine klare Gestaltung und zunehmend perfekte Details zeichnen Itos jüngere Bauten aus. So erscheint sein Haus in Setagaya, Tokio (1999), – zweifellos eines der schönsten Einfamilienhäuser der letzten Jahre in Japan – im Vergleich zu den beiden oben erwähnten Beispielen eher undogmatisch. Es ist ein gut gestaltetes, praktisches Haus, das den Bewohnern die nötige Freiheit in der Nutzung lässt und das im Gegensatz zu so manch anderem Wohnhaus mit edlem Design die persönlichen Einrichtungsgegenstände und den Hausrat seiner Bewohner verträgt. Der offene Hof, den Ito sowohl beim White U als auch bei Silver Hut vorsah, wird bei dem schmalen Gebäude aus Sichtbeton und mattem Glas zur zentralen Eingangshalle. Links und rechts davon befinden sich auf zwei Geschossen die Individual- bzw. Arbeitsräume. Auf der oberen Ebene ermöglichen Schiebetüren aus Acrylstegplatten wandelbare Raumfolgen und den Blick über die ganze Etage (Abb. 3.38). Wer will, kann das als Umsetzung traditioneller Wohnformen in moderne Materialien interpretieren. Von gleicher Qualität, aber mit einem vollkommen anderen Konzept zeigt sich Tadao Andos sorgfältig detailliertes Nomi-Haus (1996) in Osaka. Wo bei Itos Haus in Setagaya gezielt platzierte Öffnungen und eine großflächige, transluzente Verglasung der Straßenseite dosierte Bezüge zur Außenwelt herstellen, schottet sich dieses Gebäude durch hohe Betonwände rigoros ab. Nur eine einzige schlichte Tür stellt die Verbindung zur Umgebung her. Im Inneren öffnet sich eine Folge von Höfen und Räumen, wobei jedes Zimmer nur über eine Außenfläche erreicht werden kann (Abb. 3.41, 3.42). Die einfach wirkende, sehr eigenwillige Konzeption geht, was die Wegeführung über Höfe und Treppen betrifft, über die Erfüllung rein funktionaler Erfordernisse hinaus. Sie zielt auf räumliche Vielfältigkeit und das Verwischen der Grenze von außen und innen ab, soll aber auch der reduzierten Naturerfahrung in der Stadt entgegenwirken. Das direkte Erleben von Wind, Sonne und Regen, manchmal auch Schnee sowie der Wechsel der Jahreszeiten schreiben den Bewohnern einen ganz eigenen Lebensstil vor. Ando inszeniert gewissermaßen den Kontrast zwischen den 49

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kargen Sichtbetonwänden und der reduzierten Begrünung der Höfe, um die sinnliche Wirkung beider Elemente zu erhöhen. Ähnliche Ansätze finden sich in beinahe allen seinen Wohnhäusern. Ando selbst sieht das zweigeschossige Reihenhaus Azuma (1976) als eigentlichen Ausgangspunkt für sein Werk (Abb. 3.40). Bei dem in Osaka gelegenen Wohnhaus ist der schmale Grundriss von einem Innenhof durchbrochen, der die Treppe aufnimmt. Bei Sonnenschein wird er durch das einfallende Licht förmlich in Szene gesetzt. Diese Wirkung steigert Ando im Haus Koshino (1984). Sowohl im Atelier als auch im zweigeschossigen Wohnbereich des Einfamilienhauses erzeugt er auf den glatten Betonwänden durch schmale Oberlichtbänder ein stimmungsvolles Spiel mit Licht und Schatten. An der gewellten Wand des Ateliers ist dieser Effekt besonders eindrucksvoll, die Betonoberfläche wird durch das einfallende Licht ihrer Massivität beraubt. Die Öffnung zur Stadt Im Gegensatz zu der distanzierten Haltung der Häuser von Ando öffnen sich die Wohnbauten heute zunehmend zur Stadt, wie es Projekte von Shigeru Ban, Kazuyo Sejima oder FOBA verdeutlichen. Auf immer kleiner werdenden Grundstücken wachsen die Gebäude in die Höhe. Sie sind in ihrer Ausstattung minimiert – das urbane Umfeld wird zunehmend als Versorgungseinrichtung genutzt. Die Architektin Kazuyo Sejima thematisiert mit dem Small House in Tokio (2000) die Zwänge eines kleinen Restgrundstücks. Im Unterschied zu früheren Projekten wie dem M-House, das sich mit seinen geschlossenen Fassaden gegenüber dem Außenraum verschließt, wird die Beziehung zwischen Wohnen und Stadt durch die transparente Fassade unmittelbar (S. 78ff). Die eigenwillige Form des Gebäudes entsteht aus den vorgeschriebenen Abstandsflächen. Sejima macht den in der dichten Metropole vorhandenen Negativraum sichtbar. Die minimierte Grundfläche verlangt von den Bewohnern einiges an Improvisation, eine Haltung, welche die Architektin bereits bei Projekten wie Platform (1988) und Platform II (1990), die deutliche Bezüge zu Itos eigenem Wohnhaus erkennen lassen, formuliert hat (Abb. 3.37) Sejimas Projekte verbindet der provisorische Charakter des Raums, der ganz gebautes Konzept bleibt. Doch die ungewöhnliche Form von Minihäusern wie dem Small House ist nicht neu. Bereits in den 60er-Jahren, etwa zeitgleich mit Shinoharas House in White, realisierte Takamitsu Azuma ein Gebäude, das durchaus als Vorgänger bezeichnet werden kann: Sein eigenes Wohnhaus (1966) in einer nur 20 m2 großen Baulücke in Shibuya, einem der Einkaufs- und Geschäftszentren Tokios, errichtet er als sechsgeschossigen Turm, dessen eigenwillige Silhouetten, wie bei Sejima, aus den Abstandsflächen resultieren (Abb. 3.39). Das Gebäude aus rohem Stahlbeton, in dem sich die einzelnen Räume übereinander drängen, ist lebendiger Kontrapunkt in einem indifferenten Umfeld. In den Baukörper geschnittene Öffnungen reagieren auf das Chaos der Stadt mit offensichtlichem Interesse und transportieren in Beton gerahmte Bilder in den Raum. Gegenüber der kraftvoll skulpturalen Architektur Azumas wirkt Sejimas Minimalismus beinahe fragil, doch beide Ansätze stehen mit ihrer Formensprache jeweils für ihre Zeit. Noch einen Schritt weiter als Kazuyo Sejima geht Shigeru Ban mit dem Curtain Wall House in Tokio (1995): Während Sejimas Small House durch die transparente Fassade einen

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räumlichen Abschluss erhält, verwendet Ban lediglich einen die beiden Wohnebenen verhüllenden weißen Vorhang. Die Wohnbereiche liegen offen zur Straße, nur die Schlafzimmer im zurückgesetzten zweiten Obergeschoss sind durch Wände geschützt. Der physische Kontakt mit dem Umfeld trägt das Wohnen in den städtischen Raum (Abb. 3.44). Der Effekt ist umso drastischer, da es sich um ein exponiertes Eckgrundstück handelt, das von zwei Seiten einsehbar ist. Ban verzichtet bei dem eingeschossigen Wall-less House, einem Wochenendhaus in Nagano (1997), schließlich völlig auf räumliche Gliederung und Fassade. An den Hang gelehnt, wölbt sich der Boden zur Rück- und Stützwand auf und wird Träger des den Grundriss überspannenden Flachdachs. Die Wohnebene ist nur durch eine Küchenzeile mit integriertem Sitzplatz, ein frei stehendes WC und eine Badewanne nebst flachem Sideboard möbliert (Abb. 3.43). Die Stadt als Wohnung Repräsentieren die bisher vorgestellten Wohngebäude auch noch so eigenwillige Konzepte, so geht doch keiner ihrer Architekten so weit, die Funktionen des Hauses an sich zu hinterfragen. Mit dem Aura-Haus in Tokio (1996) wagen die Entwerfer von FOBA schließlich diesen Schritt: Auf einem jener typischen, tiefen und schmalen Grundstücke der zentralen Tokioer Wohnviertel gelegen, berauben sie den Raum jeglicher vorgegebener Nutzung (Abb. 1.2). Wo Ban die physische Trennung von Privatem und Öffentlichem aufhebt, lösen sie die funktionale Grenze zwischen Haus und Stadt auf. Den Sichtbetonriegel überzieht eine transluzente Membran, einziger Abschluss nach außen. Mit der Hülle ist gleichzeitig das Innere beschrieben: keine Einbauten, keine trennenden Wände, nur Betonoberflächen – eine umhüllte Leere, die durch die Membran in indirekten Kontakt mit der Außenwelt tritt. Die Stadt ist es, in der das Wohnen stattfindet: Man isst im Restaurant, wäscht sich im öffentlichen Bad, kauft im multifunktionalen, 24 Stunden geöffneten Convenience-Store ein, verbringt seine Freizeit im Kino oder der Karaoke-Bar. Wohnen im traditionellen Sinne existiert nicht mehr, das Privatleben wird öffentlich. Der universale Raum Mit ihrem Wohnhaus Pleats verfolgt FOBA einen anderen Ansatz. Während beim Aura-Haus Wohn- und Stadtraum verschmelzen, wird hier mit den Grenzen im Inneren des Hauses gespielt, der Schwerpunkt der Diskussion um die Wohnform ist auf den Grundriss verschoben (S. 86ff). Die räumliche Schichtung japanischer Wohnhäuser nach dem oku-Prinzip – von außen nach innen, mit Zonen zunehmender Privatheit – ist hier umgekehrt. Mit dieser Umkehrung löst FOBA die Differenzierung zwischen Öffentlichem und Privatem auf, Wohnen wird als Experiment begriffen. Auch Jun Tamaki beschäftigt sich mit den Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Raum. Seine Architektur entsteht jedoch aus einer völlig anderen Idee als das Pleats-Projekt von FOBA. Abstrakte Kuben im äußeren Erscheinungsbild, höhlt er seine Häuser wie ein Stück Tofu von innen her aus. Aus dem positiven entsteht das negative Volumen – die Räume. In der verbleibenden »Masse« verschwindet die Konstruktion, der damit jegliche strukturelle Bedeutung aberkannt wird. Sowohl beim Haus Pleats als auch bei den Projekten von Tamaki steht das Thema des zentralen Raums im Vordergrund: Während FOBA die verbleibenden Nebenzonen (Küche, Bad etc.) durch die Fassade nach außen 51

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3.40

drückt, verschwinden sie bei Tamaki zwischen Wohnraum und Außenhaut. Beim eingeschossigen Tofu-Haus in Kioto, das er 1997 für ein älteres Ehepaar realisiert, wird der zentrale Raum multifunktional als Empfangs-, Wohn-, Essplatz und auch als Schlafzimmer genutzt, er ist nicht nur geometrischer, sondern auch inhaltlicher Mittelpunkt (S. 110ff). Beim Haus Hakama in Kioto (1998) unterscheidet Tamaki dagegen eindeutiger zwischen Wohnraum und privaten Zimmern. Alle Individualräume sind zum zweigeschossigen Zentrum geöffnet, das sich völlig durch Vorhänge abgrenzen lässt. Seine Funktion ist jedoch nicht von vornherein eindeutig festgelegt, sondern wird erst durch die individuelle Belegung der Bewohner definiert (Abb. 3.45). Die angrenzenden Privaträume sind nur durch den Vorhang abgetrennt, völliger Rückzug ist nicht möglich. Tamakis Häuser bieten überraschende Vorschläge, die auch für uns inspirierend sein können. Die Frage nach zeitgemäßen Wohnformen ist schließlich nicht nur in Japan aktuell. Yoshiharu Tsukamoto und Momoyo Kaijima, die ihr Architekturbüro Atelier Bow-Wow nennen, entwickeln eine weitere Variante des offenen Gemeinschaftsraums, der alle Funktionen miteinander verbindet. In ihrem Wochenendhaus Asama (2000) fehlen Türen und Wände. Wo Tamaki mit Vorhängen und in Nischen versteckten Schiebetüren arbeitet, nutzen Tsukamoto und Kaijima Wandscheiben unter dem Dach, um den großen Raum zu zonieren (S. 94ff). Je nach Sonnenstand akzentuiert das durch die Dachfenster einfallende Licht die raffinierte Gliederung des Großraums. Mit der sachlichen Architektur, den klaren Details und den warmen Tönen der Oberflächen gestalten sie einen ungewöhnlichen und dennoch zurückhaltenden Innenraum. Sowohl bei Tamaki als auch bei Bow-Wow verdeutlichen die Öffnungen, die eine ähnliche Wirkung wie die geöffneten Schiebeelemente bei traditionellen Bauten haben, dass der Bezug nach außen ein wichtiges Thema ist. Raumgestaltung durch Konstruktion Eine intelligente Übersetzung japanischer Wohnformen in eine moderne Holzkonstruktion gelingt Go Yoshimoto bei dem Wohnhaus mit integriertem Atelier für eine Künstlerin und ihre zwei erwachsenen Kinder in Kobe (1993). Hier prägt vor allem das Tragwerk aus rötlichem Holz den lang gezogenen, zweigeschossigen Innenraum (S. 98ff). Der Ausbau ist so schlicht wie möglich gehalten, so dass Rhythmus und Ausdruckskraft der Konstruktion sich ganz entfalten können. Der Architekt selbst bezeichnet das Haus in Anspielung auf den rohen Charme nordamerikanischer Scheunen als barn. Verstärkt wird die räumliche Wirkung durch den leichten Knick im Grundriss, der den Blick auf die Holzrahmen lenkt. Yoshimoto reduziert in seinem eigenwilligen Haus die Architektur auf ihre Grundelemente: Funktion, Konstruktion und Raum. Durch die Wahl einfacher Formen, natürlicher Baumaterialien und einen offenen Grundriss gelingt es ihm wie selbstverständlich, den Geist der Tradition in einem an sich sehr modernen Gebäude spürbar werden zu lassen. Von ganz anderer Art und doch ähnlich ist das Haus in Setagaya, Tokio (1997), von Hiroshi Naito, der wie Yoshimoto eine Vorliebe für den Baustoff Holz hegt. Von außen betrachtet stellt der schmale Baukörper mit dem steilen Pultdach zunächst eine originelle Lösung dar für ein zeitgemäßes Minihaus auf einem extrem engen Grundstück. Im Inneren wird der über die Stirnseiten belichtete Raum auf drei Etagen ganz von der regelmäßigen Struktur des offenen Tragwerks

bestimmt. Während bei Yoshimoto die lockere, zwanglose Architektur fasziniert, besticht hier gerade die strenge Regelmäßigkeit der Konstruktion aus Kiefernschichtholz (S. 104ff), die durch das einfallende Licht zusätzlich betont wird und in die geschickt auch Ausbauelemente wie Regalböden integriert sind. Ähnlich wie bei Itos Haus in Setagaya entwerfen Yoshimoto und Naito nach innen gewandte Wohnhäuser, die zwar subtil mit ihrem Umfeld verbunden sind, primär aber auf sich bezogen bleiben. Expressionismus mit Holz In einer vollkommen anderen Umgebung – einem ruhigen Waldgrundstück – befindet sich Hitoshi Abes Gästehaus in Miyagi (1997), das alternativ auch als Einfamilienhaus genutzt werden kann. Abes raffiniertes Konzept führt zu einem spannungsvollen, expressiven Innenraum, der durch das einfallende Licht der hoch sitzenden Öffnungen akzentuiert wird. Auch bei diesem Gebäude ist die Wirkung des Holzes prägend; sie wird durch das weiß verputzte Geländer der nach oben führenden Treppe zusätzlich betont. Die Konstruktion bleibt hier aber nicht sichtbar, sondern ist durch eine horizontale Schalung verkleidet (Abb. 3.32, 3.33).

3.42

Eine pragmatische Moderne Weniger von dogmatischen Konzepten als von Pragmatismus geprägt ist die Haltung von Waro Kishi, der vor allem für seine zahlreichen Einfamilienhäuser in der Kansai-Region bekannt wurde: Häuser, die sich durch ihre zeitlos moderne Gestaltung, ihre Funktionalität sowie eine bewusste Integration in ihre Umgebung auszeichnen und die ihren Charme durch die Nutzung entwickeln. Das gilt auch für das Wohnhaus in Suzaku bei Nara (1998), das aus zwei um einen Hof organisierten Wohnriegeln besteht (S. 118ff). Die Anordnung der Baukörper und die Wegeführung, die den Komplex aus vielfältigen Blickwinkeln erlebbar machen, gepaart mit den glatten Oberflächen aus Sichtbeton und Holz, formulieren ein angenehmes Wohnumfeld. Das luxuriös ausgestattete, westliche Wohnzimmer steht unbekümmert neben dem traditionellen Tatami-Raum. Es ist ein Haus, das in seiner Haltung weit von den konzeptionell orientierten, fragilen Gebilden einer Kazuyo Sejima entfernt ist. Zu Kishis bekanntesten Werken zählt das Haus in Nipponbashi (1992) – ein Vorläufer heutiger Minihäuser. Das schmale, mehrgeschossige Gebäude im Zentrum von Osaka besteht aus einer präzise detaillierten Rahmenkonstruktion, einem Regal aus Glas und Stahl (Abb. 3.27). Auf die schlichte Ausstattung der niedrigen unteren Etagen folgt die 6 m hohe Ess- und Wohnebene, die zwei Drittel der Gebäudetiefe einnimmt. Dahinter liegt eine Dachterrasse, mit der Kishi an die von Le Corbusier propagierte Idee des Dachgartens anknüpft. Auch wenn Kishi selbst Bezüge zur Tradition in seiner Architektur verneint, zeigen sie sich doch in der Raumauffassung und Tektonik. Ost und West – ein spannungsreiches Nebeneinander Wie im Haus in Suzaku von Waro Kishi finden sich klassische Tatami-Zimmer in zahlreichen modernen Wohnhäusern, oftmals für die Teezeremonie. Im Fernen Osten, wo Material und Symbol mehr Bedeutung haben als die Dogmen der westlichen Moderne, sehen auch führende Architekten keinen Widerspruch darin, traditionelle Räume in zeitgemäße Häuser zu integrieren. Toshihito Yokouchi fügt sie nicht nur ein, sondern stellt die beiden unterschiedlichen Lebens53

3.43

3.44

54

weisen einander gegenüber, indem er in seinem Haus in Hokusetsu (2001) westliche und östliche Räume übereinander stapelt (S. 122ff). Auch in der Konstruktion thematisiert Yokouchi diese Gegensätzlichkeit: Auf die gedämmte Stahlbetonkonstruktion des Erdgeschosses ist ein konventioneller Holzständerbau gestellt – das Gebäude als Sinnbild für den Dialog zwischen Ost und West. Beide Bereiche sind voneinander nicht unbeeinflusst geblieben, aber gerade dadurch erhält diese Architektur ihren ganz eigenen Charme. Vielleicht ist es letztlich auch das, was uns an den japanischen Häusern so fasziniert: Das Nebeneinander von traditionellem und modernem Wohnen. Die Selbstverständlichkeit, mit der beides akzeptiert wird, spiegelt letztlich den Zustand der japanischen Gesellschaft – die Koexistenz von Zeitgeist und Tradition.

Literatur: 1 Binder, Hans, Japans junge Wölfe«, Junge Avantgarde, db – deutsche bauzeitung 12, Stuttgart 1991, S. 54-61 2 Bognar, Botond, Die neue japanische Architektur, Stuttgart/Berlin/Köln 1991 3 Buntrock, Dana, Japanese Architecture as a Collaborative Process, London/New York 2002 4 Dal Co, Francesco Tadao Ando – Complete Works, London 1995 5 Dimensions of the Urban House, JA, The Japan Architect 34, Tokio 1999 6 Ernst & Sohn (Hrsg.), Kazuo Shinihara, Berlin 1994 7 Feldmeyer, Gerhard G., Die Kraft des Widersprüchlichen, Bauwelt 21, Berlin 1988, S. 856–872 8 Feustel Marc; Schneider, Ulrich Toyo Ito – Blurring Architecture, Aachen 1999 9 Fletcher, Banister, A history of architecture, London 1996 10 Frampton, Kenneth, Die Architektur der Moderne. Eine kritische Baugeschichte, Stuttgart 1997 11 Gabriel, Andreas, »Ich versuche immer, etwas Neues zu tun« – Shigeru Ban über das Experiment, Detail 8, München 2001, S. 1448-1450 12 Gleiter, Jörg H., Moderne und Tradition, Bauwelt 42/43, Berlin 1995, S. 2461-2467 13 Institut francais d´architecture, Itsuko Hasegawa, Basel/Boston/Berlin 1997 14 Japon«, L´architecture d´aujourd´hui 338, Paris 2002 15 Kira, Moriko; Terada, Mariko (Hrsg.) Japan. Towards Total scape, Ausstellungskatalog NAI, Rotterdam 2000 16 Kishi, Waro, 2G 19, Barcelona 2001 17 Klauser, Wilhelm; Yamamoto, Riken, Riken Yamamoto, Basel/Boston/Berlin 1999 18 Klotz, Heinrich, Vision der Moderne – Das Prinzip Konstruktion, München 1986 19 Knabe, Christopher; Noennig, Joerg Rainer (Hrsg.) Shaking the Foundations, Japanese Architects in Dialogue München/London/New York 1999 20 Kurokawa, Kisho, From Metabolism to Symbiosis, London 1992 21 Laurence King Publishing, Shigeru Ban, New York 2001 22 Meyhöfer, Dirk (Hrsg.), Contemporary Japanese Architects, Köln 1993 23 Montagnana, Francesco, Architectural Guide Japan Basel/ Boston/ Berlin 1997 24 Naito, Hiroshi, Gedanken zum geneigten Dach, Detail 5, München 1999, S. 784-785 25 Rössler, Hannes (Hrsg.), Minihäuser in Japan, Salzburg 2000 26 Schaarschmid-Richter, Irmtraud, Toyo Ito, Weinheim 1995 27 Schittich, Christian (Hrsg.), Einfamilienhäuser, München/Basel/Boston/Berlin 2000 28 Schittich, Christian (Hrsg.), Gebäudehüllen, München/Basel/Boston/Berlin 2001 29 Schittich, Christian, Hiroshi Naito: Silent Architecture, Shinkenchiku 12, Tokio 1997

30 Schittich, Christian, Holzbau in Japan – Tradition und Gegenwart, Detail 1, München 1997, S. 4–7 31 Schittich, Christian, Tadao Andos Museen – Ein Interview, Detail 2, München 1997, S. 137-140 32 Schittich, Christian, Von der Bedeutung des Materials: Ein Gespräch mit Kengo Kuma, Detail 7/8, München 2002, S. 892-897 33 Shigeru Ban, JA, The Japan Architect 30, Tokio 1998 34 Speidel Manfred, Japanische Architektur, Geschichte und Gegenwart, Düsseldorf 1983 35 Stewart, David B., The Making of a Modern Japanese Architecture Tokio/New York 1987 36 Tadao Ando/Inside Outside a + u, Architecture and Urbanism 378, Tokio 2002 37 Taut, Bruno; Speidel, Manfred, Das japanische Haus und sein Leben, Berlin 1997 38 »The House«, a + u, Architecture and Urbanism 361, Tokio 2000 39 Toyo Ito, 2G, Nr. 2, Barcelona 1997 40 Watanabe, Hiroshi, Waro Kishi – Buildings and Projects, Stuttgart/London 2000 42 Watanabe, Hiroshi, The Architecture of Tokyo, Stuttgart-Fellbach 2001 42 Wiegelmann, Andrea, Die Mediothek in Sendai – ein Gespräch mit Toyo Ito Detail 7, München 2001, S. 1202-1212

Abbildungen: 3.1 Chikatsu Asuka Museum bei Osaka, Tadao Ando 1994 3.2 Cluster in the Sky, Skizze, Arata Isozaki 1962 3.3 Sky House, Tokio, Kiyonori Kikutake 1958 3.4 Gedächtnismuseum des Friedenszentrums von Hiroshima, Kenzo Tange 1956 3.5 Sporthallen für die Olympiade, Tokio, Kenzo Tange 1964 3.6 Nagakin Capsule Tower, Tokio, Systemzeichnung einer Wohnkapsel Kisho Kurokawa 1962 3.7 Nagakin Capsule Tower, Tokio, Kisho Kurokawa 1962 3.8 Haus mit 54 Fenstern«, Tokio, Kazuhiro Ishii 1975 3.9 Yamato International Building, Tokio, Hiroshi Hara 1986 3.10 Sumida Culture Factory, Tokio, Itsuko Hasegawa 1994 3.11 Tokyo Metropolitan Gymnasium, Fumihiko Maki 1990 3.12 Aoyama Technical College, Tokio, Makato Sei Watanabe 1990 3.13 M2-Building, Tokio, Kengo Kuma 1991 3.14 Ark, Zahnklinik in Kioto, Shin Takamatsu 1983 3.15 Hillside Terrace, Tokio, Perspektive der Gesamtanlage, Fumihiko Maki 1969–1992 3.16 Kyoto Concert Hall, Skizze, Arata Isozaki 1995 3.17 Wohnanlage Hotakubo, Kumamoto, Riken Yamamoto 1991 3.18 Schulerweiterung, Tokio, Yoshio Taniguchi 2002 3.19 Naoshima Art Museum, Lageplan, Tadao Ando 1992, Erweiterung 1995 3.20 Kapelle in Ibaraki, Innenraum, Tadao Ando 1989 3.21 Miyake Design Studio Gallery,Tokio, Shigeru Ban 1994 3.22 Altenheim in Yatsushiro, Toyo Ito 1994 3.23 Wohnanlage in Gifu, Fassadenausschnitt, Kazuyo Sejima 1998 3.24 Seafolk Museum auf der Halbinsel Ise, Ansicht, Hiroshi Naito 1992 3.25 Museum Hiroshige Ando, Batoh, Kengo Kuma 2000 3.26 Seafolk Museum auf der Halbinsel Ise, Hiroshi Naito 1992 3.27 Haus in Nipponbashi, Osaka, Waro Kishi 1992 3.28 Shinohara-Haus, Yokohama, Innenraum, Kazuo Shinohara 1984 3.29 Hara-Haus, Tokio, »innere Straße«, Hiroshi Hara 1974 3.30 Maekawa Haus, Kunio Maekawa, 1942 3.31 House in White, Tokio, Wohnraum, Kazuo Shinohara 1966 3.32 Gästehaus in Miyagi, Grundriss, Hitoshi Abe 1997 3.33 Gästehaus in Miyagi, Wohnraum, Hitoshi Abe 1997 3.34 White U, Tokio, Grundriss, Toyo Ito 1975 3.35 White U, Tokio, Innenraum, Toyo Ito 1975 3.36 Silver Hut, Tokio, Toyo Ito 1984 3.37 Platform II am Mount Yatsugatake, Kazuyo Sejima 1990 3.38 Wohnhaus in Setagaya, Tokio, Toyo Ito 1999 3.39 Haus Azuma, Tokio, Takamitsu Azuma 1966 3.40 Reihenhaus Azuma, Osaka, Tadao Ando 1976 3.41 Nomi-Haus, Osaka, Grundrisse, Tadao Ando 1996 3.42 Nomi-Haus, Osaka, Innenhof, Tadao Ando 1996 3.43 Wochenendhaus »Wall-less House«, Nagano, Schnitt, Shigeru Ban 1997 3.44 Curtain Wall House, Tokio, Shigeru Ban 1995 3.45 Haus Hakama, Kioto, Innenraum, Jun Tamaki 1998

3.45

55

Geografische Übersicht der Beispiele

Syntax, S. Takamatsu (S. 38) Kyoto Concert Hall, A.Isozaki (S. 39) Garden of Fine Arts, T. Ando (S. 41) Haus Hakama (S. 52) und Wohnhaus »Tofu« in Ukyo-kui, J. Tamaki (S. 52, S. 110) Gästehaus einer Tempelanlage, T. Yamagushi (S. 142)

Wohnhaus »Pleats«, Foba (S. 51, S.86)

Kunsthaus (S. 126) und Kunstmuseum (S. 41), T. Ando

Friedenszentrum Hiroshima, K. Tange (S. 33)

Wohnanlage Hotakubo, R. Yamamoto (S. 39) Saishunkan Seiyaku Women’s Dormitory, K. Sejima (S. 43)

Wohnanlage, K. Sejima (S. 43)

Mineyama

Hiroshima Gifu

Kioto Ibaraki Naoshima

Nagoya

Kobe Osaka

Bunraku-Puppentheater, K. Ishii (S. 36) Städtisches Museum, T. Ito (S. 42) Altenheim, T. Ito (S. 42)

Kumamoto

Kochi

Nara

Yama

Toba

Seiwa Yatsushiro

Botanisches Museum, H. Naito (S. 45, S. 58)

Wohnhaus und Atelier, G. Yoshimoto (S. 52, S. 98) Wohnhaus, T. Kawai (S. 66)

Wohnhaus, K. Takeyama (S. 82) Seafolk Museum, H. Naito (S. 45) Wohnhaus in Suzaku, W. Kishi (S. 118) Kirche und Sonntagsschule, T. Ando (S. 40, S. 134) Chikatsu Asuka Museum (S. 41), Nomi-Haus (S. 49) und Azuma-Haus (S. 50), T. Ando Haus in Nipponbashi, W. Kishi (S. 53) Wohnhaus in Hokusetsu, T. Yokouchi (S. 54, S. 122)

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Sapporo

Platform und Platform II, K. Sejima (S. 50)

Odate

Mediothek, T. Ito (S. 148) Stadion (S. 166), H. Abe

Sendai

Nasu Batoh Karuizawa

Steinmuseum, K. Kuma (S. 45, S. 130) Hiroshige Ando Museum, K. Kuma (S. 45) Wochenendhaus, Bow-Wow (S. 52, S. 94)

Yatsu-ga-take Koshigaya Tokio

naka-ko

Machida Yokohama

Kindertagesstätte, S. Ban (S. 62)

Universität, R. Yamamoto (S. 160)

Olympiahallen, K. Tange (S. 34) Hillside Terrace, F. Maki (S. 35, S. 40) Curtain Wall House, S. Ban (S. 44, S. 50) Wohnhaus in Shibuya, T. Azuma (S. 50) Haus in Setagaya (S. 49) und Wohnhaus in Sakurajosui (S. 70), T. Ito Möbelhaus (S. 43, S. 74) und Wohnhaus (S. 50, S. 78), K. Sejima Wohnhaus, A. Watanabe (S. 114) Wohn- und Atelierhaus, H. Naito (S. 53, S. 104)

Wohnhaus, H. Hara (S. 48) Wohnhaus, K. Shinohara (S. 48)

Hadano

Wohnhaus, Tezuka Architects (S. 90) Wohnhaus, S. Ban (S. 44, S. 108)

Die in der Karte gekennzeichneten Orte zeigen die Standpunkte der nachfolgend dokumentierten Beispiele sowie ausgewählter, zeitgenössischer Bauten aus dem Einführungsteil.

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Botanisches Museum bei Kochi Architekten: Naito Architect & Associates, Tokio

Die Insel Shikoku südlich der japanischen Hauptinsel Honshu ist zu 84% mit Wald bedeckt und größtes Holzreservoir des Landes. Hoch über der Stadt Koshi, auf dem Rücken des Mount Godai, liegt das botanische Museum Dr. Makino. Die zwei über einen Steg verbundenen Baukörper – eine Ausstellungshalle und das rechteckig gefasste Haupthaus – schmiegen sich mit ihren organisch geformten Dächern dicht an den Hang. Hiroshi Naito hat ein Gebäudeensemble entworfen, dessen Dachkonstruktionen beeindrucken. Bei der Formfindung ließ er sich von pflanzlichen und tierischen Strukturen wie Blättern und Skeletten inspirieren. So haben die weit ausladenden Dächer ein »Rückgrat«, die Firstpfette, welche die Dynamik der Konstruktion vorgibt. Sie führt das Dach jeweils in einem Bogen um den Innenhof. Durch die Positionierung der Holzleimbinder entlang des »Rückgrats« erhalten die Baukörper ihre organische Form. Die in unterschiedlichen Neigungswinkeln verlaufenden Binder sind hofseitig über ein dreieckiges, einzeln justierbares Stahlelement an die Fußpfette angeschlossen. Zu den Innenhöfen hin lassen sich die Aus- stellungsräume großflächig öffnen. Hier kragen die Dächer aus und schaffen – ganz im Sinne der japanischen Tradition – fließende Übergänge von innen nach außen. Die Außenanlagen des Museums sind so konzipiert, dass die Gebäude in einigen Jahren von hohen Bäumen umgeben sein werden und die Architektur dann umso mehr zu einem Teil der umgebenden Landschaft wird. Schnitte Maßstab 1:1000

Lageplan Maßstab 1:4000

A Museum B Ausstellungshalle

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Schnitte • Untersicht 1 2 3 4 5 6

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Maßstab 1:50

Flachstahl 2≈ 19 mm Stahlrohr Ø 267,4 mm Blitzableiter aus Edelstahl Stahlrohr Ø 355,6 mm Kugelgelenk Stahl gefräst Ø 160 mm Dachaufbau: Edelstahlblech verzinkt 0,7 mm, mit offenen Bewegungsfugen Zinkblech 0,4 mm Bitumenvlies Sperrholz feuchtigkeitsbeständig 12 mm Wärmedämmung 45 mm Abdichtung Bitumenbahn 1,5 mm Schalung japanische Zeder 45 mm Pfette japanische Zeder 100 ≈ 150 mm Obergurt Douglasie BSH 171 ≈ 298 mm Untergurt Douglasie BSH 171 ≈ 221 mm Stahlrohr Ø 60,5 mm Rundstahl verzinkt Ø 7 mm

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Kindertagesstätte in Odate Architekten: Shigeru Ban Architects, Tokio

Warme Holztöne, Lichtspiele an den gebogenen Wänden und auf dem Boden. Der erste Blick in das Innere dieser Kindertagesstätte zeigt einen heiteren, ruhigen Raum – geprägt von der Konstruktion seiner Hülle. Wie kaum ein anderer hat sich Shigeru Ban dem Experiment verschrieben und versucht, mit jedem seiner Bauten neue Wege zu gehen. Sein Interesse gilt innovativen Raumkonzepten ebenso wie neuen Materialien und Konstruktionen. Vor einigen Jahren wurde Ban durch seine Architektur aus Pappröhren bekannt; Experimente mit Bambus, Membranen und Kunststoffen folgten. Einfache Räume und klare Gliederungen bis hin zu Ein-Raum-Lösungen zeichnen vor allem seine jüngsten Bauten aus. Die Verbundkonstruktion für diese Tagesbetreuung eines Krankenhauses in Odate, im Norden der japanischen Hauptinsel Honshu, ist aus Studien zu Konstruktionen mit Sperrholzelementen, die Ban mit Frei Otto entwickelt hat, entstanden. Der eingeschossige Baukörper zeigt sich von außen als gekippter Quader, dessen eine Kante im Boden zu verschwinden scheint. Faservertstärkter Kunststoff und Trapezblechtafeln bilden die äußere Haut des Gebäudes und verleihen ihm ein leichtes, transparentes Erscheinungsbild. Der Zugang ist von beiden Enden möglich. Das Innere besteht aus einem großen Aufenthaltsraum für die Kinder und ihre Betreuer; eine eingestellte, geschlossene weiße Box enthält Küche und Waschräume. Die Raum prägenden schmalen Sperrholztafeln sind in einzelnen Streifen über die gesamte Tiefe des röhrenförmigen Raumes gebogen und über Stahlanker im Fundament fixiert. Sie werden von in Längsrichtung verlaufenden Tafeln in Form gehalten. An ihren Kreuzungspunkten sind die Sperrholzelemente jeweils durch Bolzen miteinander verbunden. Durch die Überlagerung entsteht eine reliefähnliche Netzstruktur. Tageslicht fällt durch die sich ergebenden, gleichmäßig über den Grundriss verteilten quadratischen Spalte, die die munteren Lichtspiele erzeugen, in das Innere. Ohne großen Aufwand ist es gelungen, eine Atmosphäre zu schaffen, die gerade von der reduzierten Gestaltung im Innenraum lebt und von Bans Auseinandersetzung mit Raum und Material zeugt. Da der Norden Japans im Winter sehr schneereich ist, ist die äußere Hülle, eine Spitzdachkonstruktion im Winkel von 90 Grad so ausgelegt, dass sie bis zu 4,4 kN/m2 Schneelast tragen kann. Die an den gebogenen Elementen befestigte Unterkonstruktion aus Stahl ist Tragwerk und Rahmen der darüber liegenden Wetterhaut aus faserverstärktem Kunststoff und Wellblech. 62

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aa Grundriss • Schnitt Maßstab 1:250

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Schnitte Maßstab 1:50 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Trapezblech verzinkt 1,2 mm Faserverstärkter Kunststoff 2 mm Kantholz 120/120 mm Kantholz 90/90 mm Stahlstab Ø 25 mm Stahlplatte 275/275/6 mm Abdeckblech Stahl verzinkt Sperrholz 600/30 mm Bodenaufbau: Dielen Kirsche 12 mm Heizestrich 12 mm Beton 200 mm Trennlage Wärmedämmung 50 mm Beton 60 mm Kiesschüttung 90 mm

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Wohnhaus in Kobe Architekten: Toshiaki Kawai/Kawai Architects, Kioto

Schnitte Grundriss Erdgeschoss, 1. und 2. Obergeschoss Maßstab 1:200

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Eingangshof Tatami-Raum Bad Schrankraum Schlafen Terrasse Wohnen Kochen WC Arbeiten

Inmitten indifferenter Vorstadtbebauung erhebt sich der skulpturale, additiv aus Quadern zusammengesetzte Baukörper des Wohnhauses. Von der Straße aus ist zunächst nur eine weitgehend geschlossene Front mit einer Öffnung in den Eingangshof sichtbar, die übrigen Elemente des Gebäudes lassen sich nur erahnen. Erst im Hof, vor allem aber auf dem Weg durch den großflächig verglasten Treppenturm in die oberen Stockwerke erkennt man die komplexe Gebäudestruktur. Durch die gute Ausnutzung des engen Grundstücks ergeben sich vielfältige Verschränkungen der Innen- und Außenbereiche. Innerhalb des Baukörpers entstehen immer neue Blickbezüge – nur das feine Raster der Drahtglasscheiben markiert die gestaffelten Schichten der einzelnen Volumen. Auf der Gartenseite öffnet sich das Gebäude zur Umgebung – im Hintergrund sieht man die Hochhäuser Kobes. Rückzugsmöglichkeiten bieten die mit Schiebetüren abtrennbaren Schlafräume, der Tatami-Raum und das Studio im Obergeschoss. Zusätzlich zu den räumlichen Aspekten sind Faktoren wie Sonnenstand, Windrichtung und Möglichkeiten der Querlüftung im Entwurf berücksichtigt. Die Außenhaut besteht aus rotbraun gestrichenen, verzinkten Stahlblech. Im Innern dominieren die hellen Holzflächen der Einbaumöbel, Türen und Böden, die sich auf den Terrassen fortsetzen. Die Ausbauten sind klar und sachlich detailliert, ebenso der Tatami-Raum und der Hof. Beide zeigen eine strenge, moderne Variante traditioneller japanischer Gestaltung. Im Eingangsbereich entsteht, wie bei den Freibereichen in den oberen Geschossen, durch den einheitlichen Bodenbelag ein fließender Übergang zwischen innen und außen. Die farbig gestrichenen Türen setzen zusätzliche Akzente.

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Schnitt Maßstab 1:50 Detailschnitte Treppenhaus Maßstab 1:10 1 Trapezblech verzinkt 0,5 mm Wärmedämmung 100 mm Trapezblech verzinkt 0,5 mm im Gefälle Unterkonstruktion aus Leichtmetallprofilen 2 Gipskarton gestrichen 12,5 mm befestigt an Unterkonstruktion aus Leichtmetallprofilen 3 Dielen Zedernholz gewachst 19 mm auf Holzunterkonstruktion

4 Stufen Magashiroholz 20 mm 5 Weichfaserplatte beschichtet 6 mm befestigt an Unterkonstruktion aus Leichtmetallprofilen 6 Stahlblech verzinkt 0,4 mm Abdichtung Bitumen Holzwerkstoffplatte 25 mm Unterkonstruktion aus Leichtmetallprofilen Wärmedämmung 70 mm Gipskarton gestrichen 12,5 mm 7 Holzdielen 20 mm, wetterfest imprägniert 8 Bodenbelag Kies mörtelgebunden 9 Stahlprofil } 50/50/5/7 mm 10 Stahlrohr | 100/100/5 mm

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Wohnhaus in Sakurajosui Architekten: Toyo Ito & Associates, Tokio

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Das Einfamilienhaus in Sakurajosui steht in unmittelbarer Nachbarschaft eines Hauses, das Toyo Ito bereits 1975 für den gleichen Bauherrn errichtet hat. In einem der eng bebauten Wohnviertel von Tokio gelegen, ist das Grundstück fast vollständig überbaut. Trotz dieser Dichte ist die Fassade nicht geschlossen ausgeführt, geschosshohe Schiebeelemente aus Glas ermöglichen Ausblicke auf das direkte Umfeld. Den traditionellen Hofgarten ersetzt ein zweigeschossiger »Sonnenraum« im Zentrum des Hauses, der die Wohnbereiche zusätzlich belichtet. Von dort führt eine Treppe zum Gästezimmer und zu der großzügigen Terrasse, die beinahe zwei Drittel der Grundfläche einnimmt, in das Obergeschoss. Die schlanken Profile der Aluminiumkonstruktion und die verglasten Schiebeelemente verleihen dem Innenraum einen großzügigen Charakter. Durch die großzügige Verglasung wird der Wechsel von Sonne und Wolken, Wind und Regen auch im Wohnbereich spürbar. Ein Thema, das Ito bereits bei seinen frühen Wohnhausprojekten aufgegriffen hat. Ursprünglich sollte das Haus als Stahlbetonkonstruktion ausgeführt werden. Durch die Teilnahme an einem Forschungsprojekt für Aluminium-Modell-Häuser hat Toyo Ito die Tragstruktur jedoch in eine Aluminiumskelettkonstruktion umgewandelt. Eine Bedingung dafür war, dass das zuvor mit den Bauherren vereinbarte Budget nicht überschritten wird. Die an den Modellhäusern arbeitende Forschungsgruppe hatte bereits 1999 mit dem »Eco-Material-House« das erste Projekt dieser Art realisiert. Das entwickelte System beruht auf einem Stützenraster von 3,6 ≈ 3,6 m bzw. 1,8 m in den Randbereichen. Die Stützen haben einen außergewöhnlich kleinen quadratischen Querschnitt von nur 70/70 mm, sodass eine sehr filigrane Tragstruktur entsteht. Ein kreuzförmiger Kern, der zur Stabilisierung in die rechteckigen Aluminiumprofile eingesetzt wird, ermöglicht die minimierte Dimensionierung der Stützen. Darüber bilden Träger aus stranggepressten Å-Profilen einen Tragrost, in den wiederum Å-Profile in sehr dichten Abständen von nur 300 mm gelegt werden. In Verbindung mit steifen Stützenanschlüssen dient der Deckenrost der Aussteifung in der Horizontalen. Außen ist die Konstruktion einheitlich mit rechteckigen, geschosshohen Elementen aus Aluminiumblech verkleidet, während im Inneren die warmen Holztöne der Möbel, Türen und des Bodens vorherrschen. Die klare Architektur, die Bezüge zum Umfeld und die Verbindung der Räume im Inneren spiegeln Itos Formensprache wider. Ungewöhnlich für ihn ist jedoch der Ansatz, diese Prinzipien mit Hilfe standardisierter Systembaumodule umzusetzen.

a Axonometrie

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Aluminiumprofil { 146/70/8 mm Aluminiumprofil Å 146/70/6 mm Aluminiumrohr | 70/70/2 mm Aluminiumblech 4 mm

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Grundrisse 5 6 7 8 9 10 11

Maßstab 1:200

Tatami-Raum Wohnraum Küche Schlafzimmer Luftraum Gästezimmer Terrasse

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Aluminiumblech 4 mm auf Gummilager Aluminiumrohr | 70/70/2 mm Aluminiumprofil { 146/70/8 mm Aluminiumprofil Å 146/70/6 mm Schiebetür Aluminium 20 mm mit Verglasung ESG 6 mm Schiebetür Fichte 32 mm mit Verglasung ESG 6 mm Fenster Aluminium 20 mm mit Verglasung ESG 6 mm Parkett 15 mm Holzwerkstoffplatte 12 mm Lattung 30/30 mm Verblendung Aluminiumblech 4 mm Aluminiumprofil Å 96/70/6 mm Aluminiumprofil 10/10 mm Aluminiumprofil { 96/70/8 mm Wärmedämmung 30 mm Gipskartonplatte 10 mm Betonplatte 30 mm Flachaluminium 150/15 mm

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Möbelhaus in Tokio Architekten: Kazuyo Sejima & Associates, Tokio

Passanten sitzen auf dem Geländer, das den Gehweg von der Straße trennt, und betrachten das Geschehen im Inneren des Gebäudes. Sie blicken direkt in die »Schaufenster«, die geschosshohe Verglasung des Erdgeschosses, während sich in den oberen Geschossen Möbel und Kunden schemenhaft durch transluzente Scheiben abzeichenen. Der Möbelladen steht im lebendigen Stadtviertel Harajuku. Das dreigeschossige Gebäude liegt an einer der kleinteiligen, belebten In-Straßen, die direkt von der Haupteinkaufsstraße des Quartiers abzweigen. Durch die vollständig verglaste Front wird das ganze Gebäude zum Schaufenster. Das Spiel mit dem Bezug zwischen Außenraum und Verkaufsflächen macht das Haus zum Werbeträger für die angebotenen Möbel, die in das Gestaltungskonzept integriert sind. Sie setzen in der zurückhaltenden Architektur farbliche Akzente. Subtil durch die Modulierung des Bodens gegliedert, sind die offenen Geschossflächen ohne Unterteilungen bis an die Fassade geführt. Jede Ebene ist gleichzeitig Verkaufs- und Präsentationsfläche, auch die Kunden werden »ausgestellt«. Der Ausbau ist, um das Raumkonzept nicht zu beeinträchtigen, reduziert. Rampen verbinden die einzelnen Geschosse – gleitende Übergänge führen von einem Ausstellungsbereich zum anderen und leiten die Kunden durch das Gebäude. Wände, Stützen und die offen gelassenen Untersichten der Filigrandecke sind weiß gestrichen, der dunkle Parkettboden setzt Akzente. Das enge Raster der Tragstruktur ermöglicht die Minimierung der runden Stützenquerschnitte. Die Geschossdecken der Stahlkonstruktion sind über Konsolen an die Stützen in der Fassade gehängt, sodass die Decken im Straßenraum nicht direkt sichtbar werden. Lediglich die schmalen Halteleisten der geschosshohen Glasscheiben zeichnen ihren Verlauf nach. Ohne die üblichen Attribute der Konsumarchitektur ist mit dieser schlichten Interpretation des Bautypus‘ Kaufhaus ein elegantes Gebäude entstanden.

Schnitt Erdgeschoss 2. Obergeschoss Maßstab 1:400

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11 Schnitt Maßstab 1:10 1 Beton 50 mm Trennlage Wärmedämmung 30 mm Abdichtung Bitumen Ausgleichsschicht 30 mm Trennlage Wärmedämmung 50 mm Leichtbeton 70 mm Trapezblech 1,6/75 mm als verlorene Schalung 2 Stahlblech einbrennlackiert 1,6 mm 3 Stahlschwert einbrennlackiert 25/50 mm 4 Stahlschwert einbrennlackiert 25/100 mm 5 Festverglasung VSG 15 + 6,8 mm weiß bedruckt, punktgehalten 6 Glasöffnungselement für Wartung ESG bedruckt 12 mm 7 Scharnier 8 Festverglasung Drahtglas PVB-beschichtet 10 mm 9 Holzdielen 15 mm Sperrholzplatte 12 mm 10 Verbunddecke Stahlbeton in verlorener Trapezblechschalung 11 Stütze Stahlrohr Ø 114,3/12 mm 12 Stahlprofil Å 194/150/6/9 13 Bodenbelag Außenbereich: Estrich

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Wohnhaus in Tokio Architekten: Kazuyo Sejima & Associates, Tokio

In Harajuku, einem dicht bebauten Stadtteil und neuen In-Viertel Tokios mit unzähligen kleinen Geschäften und Lokalen steht das Haus für eine junge Familie. Auf dem kleinen Grundstück sind die einzelnen Ebenen übereinander gestapelt. Die eigenwillige Form des Gebäudes entspricht den baurechtlichen Vorgaben, nach denen die Geschosse bemessen sind. Fassadenelemente aus Glas und Stahlblech markieren die Kubatur des Baukörpers. Ganz im Sinne von Kazuyo Sejimas‘ Philosophie steht das Raumkonzept im Vordergrund, konstruktive Aspekte treten dahinter zurück, die tragende Stahlkonstruktion ist ebenso reduziert wie die Details der Fassade. Um offen zu bleiben für die sich ändernden Ansprüche der Familie, sind die Geschosse nur minimal ausgestattet. Auf den einzelnen Ebenen wird der Bezug zwischen innen und außen unterschiedlich thematisiert: Während das Schlafgeschoss halb in die Erde gesetzt und durch ein Oberlichtband belichtet ist, öffnet sich das darüber liegende Gästezimmer zum unbebauten Rückgrundstück. Der zur schmalen Zufahrtstraße gelegene Einschnitt in der Gebäudekubatur markiert den Parkbereich für das Auto. Wohn-, Essplatz und Terrasse sind wiederum zum hinteren Grundstück orientiert, zur Straße schützen Paneele aus Stahlblech oder transluzente Glasscheiben vor Einblicken. Vorhänge in allen Ebenen erlauben den vollständigen Rückzug von der Stadt. Die begrenzte Grundfläche wirkt durch den reduzierten, ganz in weiß gehaltenen Ausbau – auch die Stahlstützen sind weiß gestrichen – und die alle Ebenen verbindende Wendeltreppe großzügig. Das Haus erlaubt ein offenes Zu-sammenleben auf begrenztem Wohnraum, trotz der Enge bietet er Freiheiten im Umgang miteinander.

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Lageplan Maßstab 1:750 Grundrisse Maßstab 1:200

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Terrasse Bad Wohnen Kochen/Essen

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Gästezimmer Stellplatz Schlafzimmer Schrankraum

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Schnitt Maßstab 1:50 Detailschnitte Maßstab 1:10

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1 Dachaufbau: Dichtungsbahn 1,2 mm mit Schutzanstrich Sperrholzplatte 12 mm Unterkonstruktion aus Stahlrohren | Wärmedämmung 40 mm Estrich Stahlbeton 100 mm 2 Rahmen aus Flachstählen mit Streckmetallausfachung 3 VSG 8 mm 4 Bodenaufbau: Dielen Kirsche 15 mm Heizestrich 12 mm Estrich 10 mm Stahlbeton 125 mm 5 Stahlprofil Å 125/125/6,5/9 mm, weiß gestrichen 6 Treppenstufen: PVC 2 mm Stahlblech 2,5 mm 7 Wandaufbau: Verkleidung Stahlblech aluminiumbeschichtet 0,4 mm Abdichtung Bitumen Sperrholzplatte 12 mm Wärmedämmung zwischen Stahlprofilen fi Gipskarton 12,5 mm weiß gestrichen 8 Silikonfuge 9 Stahlrohr Ø 60,5/8 mm weiß gestrichen 10 Flachstahl 9/38 mm weiß gestrichen 11 Flachstahl 25/38 mm weiß gestrichen

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Wohnhaus in Nagoya Architekten: Amorphe Takeyama & Associates, Kioto

Das Wohnhaus für einen allein stehenden Restaurantbesitzer liegt in einem Wohnbezirk von Nagoya, inmitten eines ungeordneten Mosaiks aus vorgefertigten Einzelhäusern, niedrigen Apartmentblocks und einzelnen, unbebaut gebliebenen Reisfeldern. Der markante, in Schnitt und Grundriss geknickte, lang gezogene Hauptbaukörper besitzt eine Tragstruktur aus zueinander verdrehten Stahlrahmen. Die Längsseiten sind mit verzinktem, die Stirnseite mit rostendem 9 mm starkem Stahlblech verkleidet. Der Kubus des Sichtbetonturms ist kompositorisches Gegengewicht. Beide Körper sind durch einen Balkon miteinander verklammert. Ein durch Kies, Sand und Bambus gegliederter Vorplatz, der von beiden Gebäudeteilen L-förmig umschlossen ist, ersetzt den üblichen kleinen Garten. Trotz des expressiven Erscheinungsbildes konzentriert sich das Wohnen doch ganz auf den Innenraum, der nur gezielte Ausblicke nach außen erlaubt. Häuser für Singles werden in Japan mehr und mehr zu üblichen Bauaufgaben. Durch ihr begrenztes Raumprogramm ermöglichen sie Grundrisslösungen wie die hier gewählte Anordnung aller Hauptaktivitäten innerhalb eines röhrenartigen Raums. Im Inneren steht den durchgängig weißen Wänden eine Vielfalt an Bodenbelägen (Terrakottaplatten, Holzdielen, Tatami-Matten, polierter Beton, Bambusstäbe) gegenüber. Der Kubus enthält im Erdgeschoss einen kleinen japanischen Gästeraum, darüber liegen die Nassräume. Hinter der rostenden Stahlplatte der Straßenfassade, die wie ein Anschnitt des Baukörpers wirkt, vermutet man den weißen Innenraum nicht. Raffinierte Detailausbildungen wie minimierte Brüstungen, papierdünne Vordächer oder die kaum wahrnehmbaren Anschlüsse der Schiebetüre stehen in deutlichem Kontrast zu den eingesetzten, roh belassenen Materialien, die an die traditionelle japanische Teehausarchitektur erinnern. Lageplan Maßstab 1:2000 Grundrisse Maßstab 1:250

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Dachterrasse Bad Waschraum Balkon Schlafgalerie Galerie Tatami-Zimmer Küche Wasserfläche Wohnraum

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Deckung Stahlblech verzinkt 0,5 mm Dachdichtungsbahn Leichtbetonplatte dampfdruckgehärtet 50 mm Stahlprofil kaltgeformt 75/45/15/2,3 mm Stahlprofil ∑ 75 / 75 / 7 mm Stahlprofil Å 150 / 100 / 6 / 9 mm Stahlprofil Å 150 / 150 / 7/ 10 mm Stahlblech gekantet verzinkt 0,5 mm Deckung Stahlblech verzinkt 0,5 mm Holzfaserplatte zementgebunden 2≈ 19,5 mm Wärmedämmung Glaswolle 80 mm Gipskartonplatte 12,5 mm Stahlprofil ÅPE 100 Fensterrahmen Stahlblech Fliegengitter Floatglas 6 mm dauerelastische Versiegelung Sichtbeton Wasserfläche

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Schnitt Maßstab 1:250 Detailschnitt Maßstab 1:10

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Wohnhaus in Mineyama Architekten: FOBA, Kioto

Unweit der Küste im Norden der Präfektur Kioto liegt dieses ungewöhnliche Haus. Auf einem angelegten Plateau treten einzelne Räume unter einem deutlich abgesetzten, scheinbar schwebenden Dach hervor. Sie sind auf den Garten und die ländliche Umgebung ausgerichtet, mit Blicken über ein Tal im Osten und auf eine Bergkette im Süden. Diese prägnante Gestalt beruht auf der direkten Umsetzung eines sorgfältig erarbeiteten Funktionsdiagramms. Dabei werden überlieferte Raumkonzepte variiert. Die Schichtung traditioneller japanischer Wohnhäuser, nach dem »oku«Prinzip von außen nach innen als Abfolge von Zonen zunehmender Privatheit organisiert, ist umgekehrt. Durch einen Tunnel erreicht man den zentralen Gemeinschaftsraum, mit einem quadratischen »irori«, einem im Boden eingelassenen Herd, als Mittelpunkt. Die übrigen Bereiche des Gebäudes legen sich als Folge immer größer werdender Quadrate um diesen Kern, die Individualräume bilden den äußeren, der Umgebung zugewandten Abschluss. Im Inneren besticht das Haus durch zurückhaltende Detaillierung und edle Materialien. Boden und Wände aus dunkel gebeiztem Holz vermitteln im Wohnraum ein Gefühl von Geborgenheit; bei Bedarf können Tatami-Matten um den »irori« gelegt werden. Am Tag dringt Licht direkt von oben und eher diffus durch Schneisen in den äußeren Gebäudeschichten ein. Abends wird der Raum aus einer Fuge zwischen den dunklen Wänden und der hellen, zum Oberlicht ansteigenden Decke indirekt beleuchtet. Ein Ring mit offener Küchen- und Badzeile sowie Wandschränken umschließt das Zentrum. Die Einbaumöbel sind nach außen mit hellem Lindenfurnier verkleidet, außerdem sind hier die tragenden Stützen des Daches und die Haustechnik platziert. Die privaten Schlafzimmer in der äußeren Gebäudeschicht sind bewusst einfacher gehalten, die Öffnung zur Umgebung tritt in den Vordergrund. In unregelmäßigem Muster schieben sich die Räume als vom Zentrum des Hauses ausstrahlende Boxen in den Außenraum. Teilweise schräg auseinander laufende Seitenwände münden in vollständig verglaste Stirnflächen mit Austritten in den Garten; Decken und Böden weichen nach oben und unten zurück. Wie bei traditionellen japanischen Gebäuden erscheint die Umgebung als gerahmtes Bild.

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Grundriss Schnitt Maßstab 1:250

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Eingang Wohnraum Küche Essplatz Bad Schlafzimmer

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Schnitt Maßstab 1:20 1 Trapezblech 60/1 mm mit Polyurethanbeschichtung 2 Acrylglaskuppel 1800 ≈ 1800 mm als Sonderanfertigung 3 Kondenswasserrinne Edelstahl 1,6 mm 4 Edelstahl 1,6 mm mit Polyurethanbeschichtung 5 Stahlprofil Å 500/200 mm mit Polyurethanbeschichtung 6 Mineralfaserplatte 18 mm mit Dichtanstrich 7 Aluminiumblech beschichtet Abdichtung Gussasphalt zementgebundene Platte 18 mm Stahlprofil fi 75/40 mm 8 Vorhangschiene Holz lackiert

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9 Gipskarton gestrichen 9 mm Wärmedämmung 100 mm 10 Estrich 11 Fußboden PVC 2 mm Furniersperrholz 18 mm 12 Kantholz 45/60 mm 13 Kantholz 90/90 mm 14 Tür Wandschrank Sperrholz mit Lindenfurnier klarlackiert 15 Gipskarton gestrichen 12,5 mm Wärmedämmung 100 mm 16 Schiebetür Wandschrank Sperrholz mit Lindenfurnier gebeizt 17 indirekte Beleuchtung 18 Holzrahmen Zelkova abnehmbar 19 Holzrahmen Zelkova 60/110 mm 20 Mineralfaserplatte 18 mm 21 Dielen Eiche gebeizt 15 mm Sperrholz 18 mm

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Wohnhaus in Hadano Architekten: Tezuka Architects, Tokio

Wie ein Schiffsdeck mutet das leicht geneigte Dach des schlichten Einfamilienhauses, das südwestlich von Tokio liegt, an – nicht nur aufgrund seiner ungewöhnlichen Deckung. Als großzügige, multifunktional nutzbare Erweiterung der Wohnfläche konzipiert, ist es auch entsprechend möbliert: Ein windgeschützter Sitzplatz lädt zum Kochen und Sonnenbaden ein. Man kann den Blick über das angrenzende Tal und den nahen Mount Kobo genießen. Für die heißen Sommer und kalten Winter der Region gibt es sogar eine Dusche bzw. einen Ofen. Der Grundriss des eingeschossigen Gebäudes ist streng organisiert. Küche, Bad und Individualräume gruppieren sich um das Wohnzimmer und sind nur durch leichte Schiebeelemente getrennt. Sind sie geöffnet, entsteht ein großzügiger Raum, der sich über die ganze Hausbreite erstreckt. Über jedem Zimmer befindet sich ein Oberlicht, durch das man über Leitern auf das »Deck« gelangen kann. Die Südseite des Hauses ist völlig verglast und gibt den Blick auf einen kleinen Garten frei, während die Straßenfassade nahezu geschlossen ist und mit ihrer Oberfläche aus Faserzementplatten eher nüchtern wirkt. Die Dachkonstruktion besteht aus einem Trägerrost, dessen 105/105 mm starke Holzbalken beidseitig mit je zwei tragenden Furnierschichtholzplatten beplankt sind. Dadurch entsteht eine steife Scheibe mit geringer Konstruktionshöhe. Um die Eleganz des dünnen Dachrandes nicht zu beeinträchtigen, verzichteten die Architekten auf ein Geländer. Die Bewohner scheinen damit bislang keine Probleme zu haben. Grundriss • Dachaufsicht Maßstab 1:400

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Vertikalschnitt Maßstab 1:20

3 Schiebefenster Aluminiumrahmen mit Isolierverglasung 4 Kantholz 105/105 mm 5 Faserzementplatte 6 Schiebetür Pinienrahmen mit Einfachverglasung 7 Sperrholzplatte Lauan, klar lackiert 3 mm Furnierschichtholzplatte 12 mm Wärmedämmung Hartschaumplatte 30 mm Balken Nadelholz 45/60 mm Balken Nadelholz 105/52,5 mm auf Gummilager Stahlbeton 250 mm 8 Schiebeelement Sperrholz, klar lackiert

1 Uline-Bretter 19 mm auf Kantholz 45/60 mm 2 Dachaufbau: Stahlblech, verzinkt 0,4 mm Dachdichtung Bitumen 2x Furnierschichtholzplatte 12 mm Trägerrost aus Holzbalken 105/105 mm dazwischen Wärmedämmung Mineralwolle 105 mm 2x Furnierschichtholzplatte 12 mm Sperrholzplatte Lauan, klar lackiert 5,5 mm

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Wochenendhaus in Karuizawa Architekten: Atelier Bow-Wow, Tokio

Ungefähr zwei Autostunden nordwestlich von Tokio, am Rande eines Nationalparks und in Sichtweite des 2565 Meter hohen Mount Asama liegt das Grundstück für dieses kleine Wochenendhaus. Das mit dunkelbrauner Holzschalung verkleidete Gebäude fügt sich unauffällig in den Hain japanischer Eichen. Um dem Wunsch der Bauherren nach einem einfachen Leben inmitten der umgebenden Natur zu entsprechen, ist der Grundriss klar organisiert. Das Innere besteht aus einem großen Raum, der alle Gemeinschaftsfunktionen beherbergt. Auf trennende Wände oder Türen wurde verzichtet, der Wohnbereich ist durch Wandscheiben, die in der Ebene der Dachkonstruktion liegen, auf subtile Weise zoniert. In allen Wand- und Dachflächen sind Fenster angeordnet. Sie ermöglichen Ausblicke in den Himmel und auf die Umgebung des Hauses: Die Natur wird in den Wohnbereich einbezogen. Die sorgfältig platzierten Öffnungen machen den Lauf der Sonne erlebbar. Von der nach Osten orientierten und in die Wand integrierten Schlafnische über den zenital belichteten Essplatz und das große Südfenster im Wohnzimmer bis zur Veranda im Westen. Je nach Sonnenstand werden einzelne Kompartimente der Deckenebene durch das in die Dachfenster einfallende Licht akzentuiert. Dem einfachen Charakter des Hauses entsprechend sind die eng gestaffelten Stützen der Wände sichtbar gelassen. Die Dachkonstruktion liegt hinter weiß gestrichenem Gipskarton verborgen. Sie überspannt den Innenraum stützenfrei. Außen sind die Wände mit einer liegenden Stülpschalung aus dunkelbraun beschichtetem Zedernholz verkleidet, die mit der liegenden und ebenfalls dunkelbraun gefärbten Blechfalzdeckung des Daches korrespondiert.

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a Lageplan Maßstab 1:1000 Schnitte Deckenspiegel Grundriss Maßstab 1:200 1 2 3 4 5 6

Veranda Bad Küche Wohnbereich Schlafzimmer Wandnische mit Schlafplatz

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A Wandnische mit Schlafplatz B Südfassade Horizontalschnitt C Südfassade Vertikalschnitt Maßstab 1:10

1 Blechfalzdeckung liegend verzinkt und alubeschichtet 0,4 mm Bitumenbahn Furnierschichtholz Lauan 9 mm Sparren 90/120 mm, dazwischen Dämmung Mineralwolle 100 mm Dampfsperre Lattung Gipskarton weiss gestrichen 9,5 mm 2 Stülpschalung Zeder 15 mm Bitumenbahn Dämmung Mineralwolle 50 mm Sperrholz Lauan 9 mm 3 Kondenswasserrinne 4 Lüftungsklappe 5 Schiebeelement mit Fliegennetz 6 Furnierschichtholz Lauan 5,5 mm Sperrholz 12 mm Dämmung Polystyrol 30 mm zwischen Leisten 45/60 mm Kantholz 150/100 mm

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Wohnhaus mit Atelier in Kobe Architekten: Go Yoshimoto Architecture & Associates, Hyogo

Am Rande eines Wohngebietes in Kobe gelegen, ist das Haus für eine Künstlerin und deren erwachsene Kinder geplant. Das Grundstück liegt an einem kleinen Park und fällt nach Norden zur Straße steil ab. Der Architekt Go Yoshimoto reagiert mit seinem Entwurf auf die gegebenen Rahmenbedingungen. Der eingeschossige schmale Riegel mit eingezogener Galerieebene steht auf der von einer Stützmauer gefassten Böschung und öffnet sich zur Parkanlage nach Süden. Um den Grundriss flexibel zu halten, sind lediglich Küche, Bad und Toilette als feststehende Räume bzw. Elemente ausgeführt. Atelier, Wohn-, Ess- und Schlafbereich gehen ineinander über und betonen den großzügigen Charakter des Innenraumes, die Bewohner können auf Veränderungen flexibel reagieren. Zur Straßenseite ist die Fassade weitgehend geschlossen. Mit den großen Toren und der horizontal laufenden Lattung erinnert sie an eine einfache Scheune. Die zum Park orientierte Fassade ist dagegen überwiegend verglast, die Grenze zwischen innen und außen scheint aufgehoben, die baumbestandene Landschaft wird Teil des Raumes. Auch die Wände aus Holzlatten sind von Öffnungen unterbrochen und verstärken das Gefühl »im Freien zu sein«. Die reduzierte Ausführung im Innenraum unterstreicht die besondere Ästhetik des Hauses. Alles ist so schlicht wie möglich gehalten, die Konstruktion unverkleidet und ablesbar. So kann sich die Schönheit der tragenden Holzrahmenkonstruktion, deren Rhythmus und Ausdruckskraft spürbar bleibt, vollends entfalten. Auch die Materialwahl – Holz, Glas und Welltafeln – entspricht dieser Haltung. Dazu trägt das Spiel mit offenen, transparenten und geschlossenen Fassadenelementen bei, das die Beziehung zum Außenraum in ein variantenreiches Spiel von fließenden Übergängen verwandelt und das Prinzip der traditionellen Schiebeelemente interpretiert. Die Form des Hauses ist das Ergebnis einer Auseinandersetzung mit Architektur im Sinn der Reduzierung auf ihre wesentlichen Bestandteile bezüglich Funktion, Raumgestaltung und Konstruktion. Mit seinem offenen Grundriss, den einfachen Formen und natürlichen Baumaterialien erinnert das Gebäude an klassische japanische Wohnbauten. Traditionelle und moderne Elemente sind miteinander verschmolzen.

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Nordansicht Querschnitt Galeriegeschoss Erdgeschoss Maßstab 1:200

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Eingang Atelier Wohnbereich Koch- und Essbereich Terrasse Galerie: Schlafbereich Luftraum

Fassadenschnitte Maßstab 1:50 Details Maßstab 1:10

1 Dachaufbau: Blecheindeckung Bitumenbahn Sperrholzplatte 12 mm wasserfest verleimt Dämmung Glaswolle 100 mm Holzplatte furniert 12 mm Sparren 45/65 mm 2 Sekundärträger 105/150 mm 3 Primärträger 105/240 mm

4 Galerieboden: Holzbohlen 40/200 mm Sekundärträger 40/60 mm Primärträger 105/350 mm 5 Regenrinne Kunststoff Ø 80 mm 6 Aluminium-Abdeckung 7 Silikonversiegelung 8 Verglasung 5 mm 9 Aluminium-Flachprofil 4/40 mm 10 Aluminium-Winkel 45/60 mm

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11 Wandaufbau: Faserzement-Wellplatten Bitumenbahn Paneel aus Glaswolle-Dämmschicht 37 mm auf Sperrholzplatte 3 mm Holzschalung 15/90 mm mit offenen Zwischenräumen Holzstütze 120/120 mm, Zwischenstützen 45/90 mm

12 Blech, feuerverzinkt, mit Fangwinkel für Tauwasser 13 Insektenschutzgitter in Aluminium-Rahmen

Konstruktive Holzteile: amerikanische Kiefer Schalungen: amerikanische Fichte

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Wohn- und Atelierhaus in Tokio Architekten: Naito Architect & Associates, Tokio

Entwurfsbestimmend für dieses kleine, gerade drei Meter breite Haus waren neben dem winzigen langgezogenen Grundstück das schmale Budget und die unzähligen Wünsche der Bauherren sowie die einengenden Bauvorschriften. Sie haben im Grunde die Kubatur des Hauses vorgegeben. Eingezwängt zwischen der Nachbarbebauung – eine für Tokio typische städtische Situation – geht die Gebäudehülle bezüglich Höhe, Länge und Breite an die Grenze dessen, was der Bebauungsplan erlaubt. Das Haus öffnet sich nach vorne und hinten, die bestehende Bepflanzung wird in die Wohnbereiche miteinbezogen und das Tageslicht kann tief in den Raum eindringen. Zugleich symbolisiert dieses Öffnen die Aufgeschlossenheit der Bewohner, eines jungen Künstlerpaares. Im Inneren dominiert die Tragwerkstruktur aus Kiefernschichtholz. Als Aussteifung dient die Schalung von Wänden und Böden. Die verschiedenen Geschossebenen sind räumlich miteinander verbunden; der begrenzte Raum wirkt dadurch großzügig. Auch ist auf diese Weise – insbesondere während des heißen, feuchten Sommers – eine kontinuierliche Durchlüftung gewährleistet. Im Winter kann der straßenseitige vertikale Luftraum, in dem die Treppe liegt, geschlossen werden, sowohl um die Privatsphäre zu schützen als auch um das Haus warm zu halten.

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Schnitte Maßstab 1:10 1 Dach- und Wandaufbau: Wellblechtafeln 0,35 mm Lattung 13/40 mm, Bitumenbahn Gipskartonplatten 12,5 mm Luft 15 mm und Dämmung 30 mm zwischen Lattung 45/45 mm Sperrholzplatte 15 mm 2 BSH Kiefer 90/120 mm 3 BSH Kiefer 60/180 mm 4 Bodenaufbau: Kiefernholzbretter 15 mm Trittschalldämmung 12 mm Sperrholzplatte 12 mm 5 Blechabdeckung 0,4 mm 6 Insektennetz 7 Sicherheitsglas 6,8 mm 8 Aluminium-Profil 15/45mm 9 Rahmen aus Stahlblech 4,5/150 mm 10 Klappe: Holzrahmen, beidseitig Sperrholz 5 mm mit Faserzementplatte 8 mm 11 Horizontal-Fensterriegel BSH 60/130 mm 12 Flacheisen 13/65 mm 13 Schiebeelement mit Insektenschutzgewebe 14 Fachböden Leimholz d = 25 mm 15 Auflagernut 3/25 mm

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Wohnhaus bei Yamanakako Architekten: Shigeru Ban Architects, Tokio

Den Blick über die Berge der Nagano-Präfektur kann man vom offenen Wohnbereich des Wochenendhauses genießen. Keine Stütze beeinträchtigt die Sicht durch die raumhohe Verglasung. Auch im Inneren des eingeschossigen Gebäudes stört keine sichtbare Tragkonstruktion im Grundriss, Möbel und tragende Elemente sind kombiniert. So erklärt sich auch der Name des Projekts: Möbel-Haus. Es ist das erste einer Serie von drei Häusern, bei denen Shigeru Ban geschosshohe, raumgliedernde Einbaumöbel gleichzeitig als tragende Struktur einsetzt. Wie bei der Kindertagesstätte in Odate (S. 62ff) experimentiert Ban auch bei diesem Bau mit neuen Konstruktionsmöglichkeiten und damit mit einem neuen Raumkonzept. Der Innenausbau besteht aus drei den Raum zonierenden »Elementwänden«. Er nimmt sich ganz zurück und lässt die umgebende Natur zu einem wesentlichen Bestandteil des Hauses werden. Die geschosshohen Einheiten aus dem Baumarkt sind vorgefertigt und je nach Bedarf als Kleiderschränke, Regale oder Küchenmöbel ausgeführt. Die Produktion in der Fabrik gewährleistet neben einer besseren Qualität auch die exakte Ausführung der Module. Sie sind selbsttragend und jeweils 240 cm hoch, 90 cm breit und 70 bzw. 45 cm tief. Die einzelnen Elemente können von einem einzigen Handwerker montiert, d.h. zunächst untereinander und dann mit dem Boden verschraubt werden. Das Dach besteht ebenfalls aus vorgefertigten Trägern, die zur Horizontalaussteifung mit Sperrholztafeln verkleidet sind. Die ungewöhnliche Konstruktion ermöglicht nicht nur beträchtliche Materialeinsparungen, auch Bauzeit und Kosten sind gegenüber vergleichbaren konventionellen Lösungen gering. Nicht zuletzt wird durch das Verbinden von Tragstruktur und Innenausbau die Wohnfläche maximal nutzbar.

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1 Schnitt Maßstab 1:20

1 Stehfalzdeckung farbig Bitumendachbahn Sperrholzplatte wasserfest verleimt 12 mm auf Lattung mit Gefälle verlegt Sperrholzplatte 12 mm zur Aussteifung Holzstegträger h = 356 mm Wärmedämmung 100 mm Gipskartonplatte auf Unterkonstruktion 2 Sperrholzplatte 25 mm 3 Schranktüren beplankt mit Spanplatten 5,5 mm

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4 Schrankrückwand: Holzschalung farbig lasiert 12 mm Sperrholzplatte 9 mm Wärmedämmung 90 mm Sperrholzplatte 5,5 mm 5 Holzriegel 2≈ 50/100 mm in Fundament verankert 6 Kunststoffbelag Sperrholzplatte 2≈ 12 mm Holzbalken 45/105 mm dazwischen Wärmedämmung 100 mm wasserfeste Sperrholzplatte 7 Schiebeelemente 1≈ mit Glas 4≈ mit Drahtgewebe 8 Geländer Stahlrohr 19/44 mm

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Wohnhaus in Kioto Architekt: Jun Tamaki/Tamaki Architectural Atelier, Kioto

Der weiße Kubus ist vom Boden und von dem flachgeneigen Dach abgesetzt, das sich durch das Zurücksetzen von Traufe und Ortgang von der Wand löst. Inmitten einfacher Wohnbebauung tritt der quaderförmige Baukörper des Wohnhauses hervor. Direkt an der Straße gelegen, gewährt der monolithisch erscheinende Block durch ein tief eingeschnittenes großes Fenster Einblick auf den zentralen Wohnbereich in seinem Inneren. Wie bei vielen jungen japanischen Architekten steht auch bei Jun Tamaki das räumliche Experiment im Vordergrund, die Konstruktion ist lediglich Mittel zum Zweck; sie wird zwischen Fassade und Innenausbau versteckt. In das Volumen geschnittene Räume, deren Höhen entsprechend ihrer Funktion variieren, höhlen das Haus wie ein Stück Tofu aus. Der Name, den Tamaki dem Projekt geben hat, ist nicht zuletzt aus diesem Grund treffend: Tofu-Haus. Das eingeschossige Haus ist für ein älteres Ehepaar entworfen. Im Hinblick auf ihr Alter ist der Grundriss so organisiert, dass alle Bereiche möglichst direkt miteinander verbunden sind. Der zentrale Raum dient als Empfang, Wohn-, Essplatz und im hinteren Bereich als Schlafzimmer. Während dort Tatami-Matten ausgelegt sind, bildet im vorderen Teil Parkett den Bodenbelag. Trotz seiner begrenzten Abmessung wirkt der über die gesamte Gebäudehöhe reichende Raum großzügig. Er ist durch Schiebetüren, handwerklich gefertigte »fusuma«, in drei Abschnitte teilbar. Wegen ihrer Größe sind die Türen in Holzschienen geführt, sie können vollständig in Wandnischen verschwinden. Das Prinzip des Wohnens ist umgekehrt: An die Stelle des Rückzugs tritt das offene Miteinander. Alle Nebenräume sind, wie die Nischen im großen Wohnraum, die an die traditionellen »toko-no-ma« erinnern, in das Volumen zwischen Hauptraum und Fassade geschnitten. Sie verdeutlichen die Masse der hüllenden Schicht.

Lageplan Maßstab 1:1000

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Schnitte Maßstab 1:50 Grundriss, Schnitt Maßstab 1:200

1 Dachaufbau: Dichtungsbahn zementgebundene Spanplatte Stahlprofil 100/50/20/2,3 mm 2 Weichfaserplatte schwarz gestrichen 9 mm 3 Stahlblech phosphorsäurebehandelt schwarz gestrichen 1,6 mm 4 Wandaufbau: Putz zweilagig weiß Trägerplatte Stahlprofil fi

5 Stahlprofil Å 300/150/6,5/9 mm 6 Stahlprofil Å 100/100 mm 7 Verbundpaneel PVC/Wärmedämmung Leichtmetallunterkonstruktion 8 Gipskarton 12,5 mm Wärmedämmung 2x 50 mm zwischen Leichtmetallprofilen 9 Kragarm Stahlprofil Å (für geplanten Badlift) 10 Scheibe Polycarbonat 10 mm bündig mit Gipskartonwand 11 Betonsteine

12 Tatami-Matten 55 mm Sperrholzplatte 12 mm Wärmedämmung 13 Führungsschiene Abachiholz 14 Schiebetüre Abachiholz 15 Insektenschutzgitter aufrollbar 16 Schiebefenster ESG 8 mm 17 Dielen Ahorn 20 mm auf Holzunterkonstruktion dazwischen Wärmedämmung 18 Beton weiß verputzt 19 Sitzbank Zementputz weiß

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Wohnhaus in Tokio Architekten: Akira Watanabe Architect & Associates, Tokio

Die möblierten Apartments liegen in einem ruhigen Wohngebiet im Westen Tokios und sind für befristete Aufenthalte in der Metropole gedacht. Ein gepflasterter Fußweg führt zwischen einem Kiesgarten hindurch zu dem in zwei Hälften organisierten Gebäude; die Erschließung ist in die Gestaltung des Freibereiches einbezogen. Die minimierte Gartengestaltung korrespondiert mit den ruhigen, beinahe karg anmutenden Wänden. Reduziert in Material und Formengebung erinnert das Haus an traditionelle Bauten, wenn auch das Vokabular ein modernes ist. Eingebettet in das grüne Umfeld erstreckt sich der Riegel mit insgesamt sechs Wohneinheiten entlang einer kleinen Böschung und bietet gleichzeitig einen Panoramablick über die Stadt. Mit dem Zurücksetzen des Gebäudes wird auch der Straßenraum durch das Grün des Grundstücks aufgewertet – nicht nur für die Bewohner, auch für die Nachbarn ist ein angenehmes Wohnumfeld entstanden. Zwei separate Erschließungen führen zu den einzelnen Apartments. Das offene Treppenhaus im hinteren Gebäude wird über einen Patio betreten, es liegt im Zentrum zwischen den Wohnungen. Die räumliche Verzahnung von Grün und Wohnen, Garten bzw. Terrasse und Wohnraum bringt Tageslicht und Witterung in das Gebäude. Mit der Durchdringung von Außen- und Innenräumen entstehen interessante Sequenzen und Durchblicke, die an das traditionelle Prinzip der Tiefenstaffelung erinnern, wobei die Differenzierung zwischen Öffnen und Verschließen durch die Anordnung der Raumfolgen geschaffen und nicht mittels Schiebeelementen erreicht wird. Das Flair japanischer Architektur ist in modernem Formenvokabular umgesetzt. Durch eine klare, einfache Formensprache und Baustoffe wie Sichtbeton, Holz und Bambus im Ausbau wird der Materialcharakter raumprägend. Einbauten und Details sind bewusst reduziert. Horizontal strukturierte Betonwände korrespondieren mit den Holztönen von Boden- und Ausbauelementen. Die Loggien sind mit dunkel gebeiztem Holz verkleidet, das mit den Natursteinen im Außenbereich gut harmoniert. In traditioneller Technik sind die Außenwände mit einer 50 mm starken Schicht Stampferde (Kieselgur) überzogen. Sie ist Lage für Lage in Gleitschalung aufgebracht. Die aus Kieselalgen bestehende Erde ist nicht nur leicht, sie wirkt auch dämmend. Vor dieser homogen struk- turierten Fläche erscheinen die einfachen Details der filigranen Stahltreppe beinahe raffiniert. Im Licht- und Schattenspiel erzeugen sie auf der Steinstruktur der Fassade reizvolle Muster.

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Grundriss, Schnitt Maßstab 1:200

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Schnitte Fassade Maßstab 1:10 Schnitt Treppe Maßstab 1: 20

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1 Dachrandprofil Aluminium 2 Dachaufbau: Kiesschüttung Trennlage Wärmedämmung Dichtungsbahn Stahlbeton Wärmedämmung Polyurethan 3 Unterkonstruktion Leichtmetall 4 Gipskarton 9,5 mm 5 Schiebeelement Furnierschichtholz 6 Fenster Aluminium 7 Fensterbank Aluminium 5 mm einbrennlackiert 8 Stampflehm 50 mm lagenweise in Gleitschalung aufgebracht 9 Naturstein Aji 10 Dielen Quitte 15 mm Sperrholzplatte 12 mm Wärmedämmung 30 mm 11 Insektenschutzgitter faltbar 12 Verkleidung russische Rotpinie 13 Gitterrost verzinkt, untereinander und mit 14 verschweißt 14 Stahlrohr mit Zinkanstrich | 125/125 mm 15 Profil Vollgummi 16 Stahlrohr mit Zinkanstrich Ø165,2/5 mm 17 Handlauf Edelstahl 50/20 mm

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Wohnhaus in Suzaku Architekten: Waro Kishi + K. Associates, Kioto

Inmitten eines neuen Wohngebiets am Rand von Nara gelegen, zeigt das Wohnhaus eine moderne Interpretation des japanischen Hofhauses. Wie jenes schottet es sich nicht komplett von der Umgebung ab – durch den gezielten Einsatz von geschlossenen bis transparenten Flächen wird eine vielfältige Abstufung zwischen außen und innen, öffentlichen und privaten Bereichen erreicht. Hauptelemente des Gebäudes sind zwei Quader ähnlicher Größe mit gestaffelten Ebenen, die ein System aus Rampen miteinander verbindet. Der östliche Baukörper beherbergt die öffentlichen Bereiche wie Küche, Ess- und Wohnzimmer, die über eine außen liegende Rampe direkt von der Hofpforte erreichbar sind, sowie eine Dachterrasse. Im Westteil liegen die privaten Räume. Wie in vielen modernen japanischen Häusern gibt es auch hier ein traditionelles Tatami-Zimmer für die Teezeremonie, das mit dem zurückhaltend detaillierten Gebäude harmoniert. Der in seiner Haltung ebenfalls an die Tradition erinnernde, rundum abgeschlossene Hof bindet beide Baukörper zusammen. Die angrenzenden Räume im Erdgeschoss öffnen sich zu ihm. Auf den oberen Ebenen gibt es dagegen mehr Bezug zur Umgebung, die Räume wirken großzügiger: Der ohnehin schon über drei Meter hohe Wohnbereich weitet sich durch eine Stufe am Dachrand nach außen hin auf. Die in eine Holzlamellenkonstruktion aufgelöste Begrenzungsmauer im Süden stellt einen subtilen Bezug zum Umfeld her. Durch diesen Filter bekommt man auch von der Straße eine Vorstellung vom Innenleben des Hauses, ohne dass die Privatsphäre der Bewohner gestört wird. Dieser kontrollierte Außenbezug, aber auch die Anordnung der Baukörper, die Wegeführung und das Spiel mit unterschiedlichen Höhen ermöglichen es, den kompakten Komplex aus vielfältigen Blickwinkeln zu erleben.

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Erdgeschoss Obergeschoss Maßstab 1:250

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Eingang Hof Arbeiten Garage Hobbyraum Tatami-Raum Kochen/Essen Wohnen Schlafen

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1 Dachaufbau: Schutzschicht Mörtel Trennlage Abdichtung Bitumen Stahlbeton Wärmedämmung Gipskarton 2 Holzverkleidung Rotzeder 3 Aussenwand Sichtbeton wasserabweisend imprägniert

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Innenwand Sichtbeton Decke Bambus geflochten Wandoberfläche Lehmputz Tatami-Matten auf Holzunterkonstruktion 8 Holzrahmen mit Papierfüllung 9 Handwaschbecken für Teezeremonie schwarzer Granit 10 Bodenbelag Kiesel gebunden

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Wohnhaus in Hokusetsu Architekten: Toshihito Yokouchi Architect and Associates, Kioto

Das Haus steht auf einem Hanggrundstück im Norden Osakas, in unmittelbarer Nähe einiger Bambuswälder. Toshihito Yokouchi musste in dem Entwurf die gegensätzlichen Wünsche seiner Bauherren verbinden: einen modernen und komfortablen Wohnraum, ausgestattet mit allen Standards westlichen Lebensstils für den Bauherren und klassisch japanische Zimmerfolgen für dessen Ehefrau, die eine Meisterin des traditionellen Tanzes ist. Beide Wohnkulturen sind übereinander und damit einander gegenüber gestellt: Im Erdgeschoss befinden sich die modernen, im Obergeschoss die traditionellen Räume. Vor dem Hintergrund, dass in Japan zunehmend Wohnungen mit nur einem Tatami-Raum für Meditation und Teezeremonie entstehen, hat Yokouchi mit dem Obergeschoss die Sonderstellung, die der klassische Grundriss heute einnimmt, thematisiert. Unterhalb des Erdgeschosses sind die Garage und der Hauseingang in das Erdreich geschoben. Dadurch bleibt der auf dem Garagendach angelegte, um Geschossniveau erhöhte Garten vor Einblicken geschützt – der Wohnraum kann sich großzügig nach außen öffnen. Da normalerweise auch die traditionellen Räume zum Garten bzw. Innenhof ausgerichtet sind, ist im Obergeschoss eine schmale Terrasse als Miniaturgarten (»tsubo«) über die ganze Länge des Hauses angelegt. Auch Konstruktion und Detaillierung thematisieren die Gegensätzlichkeit der beiden Lebensstile: Auf die gedämmte Stahlbetonkonstruktion des Erdgeschosses ist ein konventioneller Holzständerbau gestellt. Das massive Sockelgeschoss bietet behaglichen Wohnkomfort, während der einfache Aufbau der lehmverputzten Wände im Obergeschoss den Wechsel der Jahreszeiten im Inneren spürbar werden lässt. Die Deckenverkleidung im Obergeschoss besteht aus schlichten Schilfrohrmatten. Bei der Ausführung der Fensterelemente steht der Isolierverglasung im Unteren die Schichtung der Schiebelemente im Oberen Geschoss gegenüber. Das ganze Haus ist gebauter Dialog zwischen Ost und West – beide Bereiche sind voneinander nicht unbeeinflusst geblieben, aber gerade das verleiht der Architektur ihren ganz eigenen Charme.

Schnitt Maßstab 1:250

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Grundrisse Maßstab 1:250

Schnitt Obergeschoss Maßstab 1:20 1 Deckung Stahlblech Systemelemente aluminiumbeschichtet Dachdichtung Bitumen Lattung Zeder Sparren 90 mm 2 Pfette Douglasie 105/180 mm 3 Lattung Zeder Schalung Bambus 15 mm

4 Sonnenschutz Schilfmatte 5 Schiebeelemente: Rahmen Zypresse Füllung: Insektenschutzgitter, Glas, Sperrholz, Papier 6 Austritt Bambusrost 7 Findling auf Kiesschicht Dichtungsbahn Estrich im Gefälle

Decke Stahlbeton 8 Tatami-Matte 60 mm Sperrholz 15 mm Dämmung 50 mm Balken aufgeständert 100 mm Decke Stahlbeton 9 Lehmputz zweilagig auf 2≈ Gipskartonplatte 10 Schilfrohrmatte Ø 15 mm

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Wohnen/Essen Kochen Wirtschaftshof Bad Schlafen Tanzzimmer Tatami-Raum Teezeremonie Miniaturgarten

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Kunsthaus auf Naoshima Architekten: Tadao Ando Architect & Associates, Osaka

Auf der Insel Naoshima zwischen Shikoku und der Hauptinsel Honshu sind mittlerweile viele Häuser nicht mehr bewohnt. Um dem zu begegnen, wurde das »Art House Project in Naoshima« ins Leben gerufen, bei dem leer stehende Häuser traditioneller Bauweise saniert und mit zeitgenössischer Kunst ausgestattet werden. Das Projekt bezieht auch den hier vorgestellten Neubau auf dem Grundstück eines vor über 100 Jahren zerstörten Tempels mit ein. Tadao Andos schlichte, zurückhaltende Holzkonstruktion ist eine moderne Interpretation traditioneller japanischer Architektur. In ihrer ruhigen Erscheinung erinnert sie an den meditativen Charakter seiner Betonbauten. Wenige gezielt eingesetzte Bauteile und Materialien nehmen Bezug auf Geschichte und Charakter des Ortes: Ähnlich den traditionellen Gebäuden Naoshimas sind die Wände mit geflämmten Zedernbrettern verkleidet, die Konstruktion des Dachüberstands folgt der japanischer Tempelarchitektur, auch die Gestaltung des Außenbereichs erinnert an japanische Gärten. Auf der Baustelle wurden mit traditionellen Techniken vertraute Handwerker beschäftigt, die mit alten japanischen Maßeinheiten gearbeitet haben. Im Innern ist der Bau ganz auf die Lichtinstallation »Backside of the Moon« von James Turrell ausgerichtet. Tageslicht wird durch eine Schleuse am Eindringen gehindert. Die einheitlich glatten Oberflächen treten zurück hinter Turrells Konzept, dem Licht eine physische Präsenz zu geben. Wie mehr als 100 Jahre zuvor entsteht ein stiller, meditativer Ort, nach dem Vorgängerbau »Minami-Dera« benannt.

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Ansicht • Schnitte Maßstab 1:50 Schnitt • Grundriss Maßstab 1:250

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1 Stehfalzdeckung Edelstahl verzinkt Bitumenbahn 2 Stahlprofil verzinkt, phosphorsäurebehandelt ∑ 65/65 mm 3 Leimbinder Douglasie gebeizt 90/120 mm 4 Lattung Zeder geflämmt, gebeizt 10/165 mm 5 Fußboden Betonplatten 6 Zugang 7 Vorraum 8 Schleuse 9 Lichtinstallation

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Steinmuseum in Nasu Architekten: Kengo Kuma & Associates, Tokio

Schnitt • Grundriss Maßstab 1:500 1 2 3 4 5

Foyer, Café, Shop Verwaltung Ausstellung Teezeremonie Sonderausstellung, Veranstaltung 6 Bibliothek

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Den Umgang mit Naturstein, die Möglichkeiten, dieses schwere Material transparent, leicht und vieldeutig erscheinen zu lassen, thematisiert Kengo Kuma in dem in der Ashino-Region gelegenen Museum. Dieser Landstrich zwischen Tokio und Yamagata ist eine der wenigen Gegenden Japans mit traditioneller Steinarchitektur, die in anderen Regionen des Landes aufgrund der Erdbebengefahr wenig Verbreitung fand. Drei Reisspeicher aus den 30er-Jahren sind mit drei Neubauten zu einem Museumskomplex verschmolzen, ein zentrales Wasserbecken weitet das kleine Grundstück optisch auf. Über dieses Becken mäandernde Stege führen den Besucher zu einem Hof, um den sich die einzelnen Gebäude gruppieren. Neben den Ausstellungsräumen gehört auch ein kleines Teehaus zu dem Ensemble. Auf der anderen Seite der Wasserfläche schließt ein lang gestreckter Baukörper die Anlage nach Süden ab. Die darin untergebrachte Bibliothek bietet, ergänzt durch eine Gesteinssammlung, einen Überblick über die Geologie der japanischen Inseln. Sowohl Neubauten als auch Bestand sind aus dem ortstypischen, vulkanischen Ashino-Stein, im Charakter jedoch verschieden. Dem traditionellen, massiven, grob gehauenen Mauerwerk der Altbauten werden präzise verarbeitete, teilweise aufgelöste Wände gegenübergestellt, die versuchen, dem Stein seine Eindeutigkeit und Schwere zu nehmen. Aus dem gleichen Rohstoff sind dabei verschiedene Strukturen hergestellt worden. Neben unterschiedlichen Brenntemperaturen, die die verschiedenen Farbigkeiten erzeugen, ist der Charakter des Steins von der Wahl der Oberflächenbehandlung geprägt. Neben Polieren, Schleifen oder Sandstrahlen ist die Textur auch durch traditionelle Steinmetzbearbeitung verändert. Die tragenden Wände der nördlichen Baukörper weisen in einem regelmäßigen Raster Öffnungen auf, die innen mit sehr dünn geschnittenem, transluzentem Marmor ausgefacht sind. Aufgrund behördlicher Auflagen wurden die Öffnungen teilweise geschlossen und sind nun durch zurückgesetzte Mauersteine markiert. Die die Wasserflächen begrenzende Wand des südlichen Gebäudes führt den Gedanken weiter. Der tragenden Stahlkonstruktion sind Steinlamellen vorgeblendet. Mit dieser dem Holzbau entlehnten Konstruktion wird einmal mehr mit den Möglichkeiten des Materials experimentiert. Fast alle Böden, innen wie außen, sowie die Dachschindeln eines Altbaus sind aus Shirakawastein, in Farbe und Struktur dem Ashino-Stein ähnlich. Die Anordnung um das zentrale Wasserbecken, die Wegeführung, vor allem aber der Umgang mit dem Material erzeugen aus Alt und Neu, Innen und Außen eine Einheit mit starker Identität inmitten einer unscheinbaren Umgebung.

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6 Schnitte Maßstab 1:20

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1 Außenwand Ashino-Stein 300/50 mm 2 Marmorplatte Bianco Carrara 6 mm 3 Bodenaufbau: Platten Shirakawa-Stein 30 mm Mörtelbett 20 mm Dichtungsanstrich Stahlbeton 4 Dichtungsbahn Wärmedämmung Polystyrol 25 mm OSB-Platte 25 mm 5 Balken Zeder ¡ 60/90 6 Lamelle Ashino-Stein 40/120 mm 7 Pfosten Stahlprofil } 175/122/11 8 Stütze Stahlprofil Å 175/175/11 9 Aluminiumblech Dichtungsbahn Wärmedämmung Polystyrol 25 mm OSB-Platte 25 mm 10 Balken Zeder ¡ 60/165 zwischen Stahlprofilen Å 175/175/11

Sonntagsschule in Ibaraki Architekten: Tadao Ando Architect & Associates, Osaka

Etwa zehn Jahre nach der Fertigstellung seiner berühmten »Kirche des Lichts« erhält Tadao Ando die Gelegenheit, den mittlerweile zum Klassiker avancierten Bau zu erweitern: Eine Sonntagsschule mit einem Versammlungssaal sowie Bibliothek, Büro und Küche soll das Kirchengebäude ergänzen. Der neue Baukörper nimmt das Thema der Kirche wieder auf: Auch hier durchschneidet eine Wand den streng rechteckigen Grundriss im Winkel von 15°, knickt ab und verläuft dann parallel zum bestehenden Altbau. Durch die schräg gestellten Wände entsteht eine Klammer zwischen den beiden Gebäuden und schließt sie zu einem Paar zusammen. Erst im Inneren erkennt man, dass hier – anders als bei dem kontemplativen Kirchenraum – ein Lebensraum für Gläubige und Kinder entstanden ist, die sich außerhalb des Gottesdienstes dort versammeln und verschiedenen Aktivitäten nachgehen können. Deshalb sind der Bodenbelag und Möbel der Schule ganz im Kontrast zu der harten Betonschale in weichen Holztönen gehalten und werden von durch gezielt platzierte Öffnungen einfallendem Licht durchflutet. Die Böden sind aus einfachem japanischen Zedernholz gefertigt, alle Möbel aus Furnierschichtholz handwerklich gearbeitet. In ihrer schlichten, sorgfältigen Ausführung und mit ihren haptischen Qualitäten sollen sie die Kinder ansprechen. Ein Gedanke Andos war es, einen Raum zu schaffen, in dem sich subtile Geräusche, wie Stimmen, Klaviermusik und Blätterrascheln, entfalten können und zusammen mit dem Ort in den Erinnerungen haften bleiben. Auch das Licht spielt wieder eine große Rolle; weniger sparsam eingesetzt als in der Kirche, dringt es durch zahlreiche Öffnungen und horizontale Schlitze unter der Decke in den zweigeschossigen Versammlungsraum und verleiht den Betonoberflächen ihren sinnlichen Charakter.

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Grundriss Erdgeschoss Grundriss Obergeschoss Vertikalschnitt Maßstab 1:500 1 2 3 4 5 6 7

Kirche des Lichts Empfang Versammlung Büro Küche Bibliothek Luftraum

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Isometrie und Schnitt ohne Maßstab

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Stuhl und Tisch Aufsicht, Schnitt Maßstab 1:20

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Treppe Schnitte Maßstab 1:10

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1 Furnierschichtholz japanische Linde 24 mm 2 Furnierschichtholz japanische Linde 12 mm 3 Ahornintarsie 4 Furnierschichtholz japanische Linde 24 / 65 mm 5 Furnierschichtholz japanische Linde 24 / 45 mm 6 japanische Zeder 28 mm 7 Furnierschichtholz japanisches Lauan-Holz 12 mm 8 Furnierschichtholz japanische Linde 6 mm 9 Aluminium-Profil 10 Drehmechanismus 11 L-Profil 35/65/6 mm 12 Arretierung 13 Stahlplatte 6 mm 14 Türstopper Ø 30 mm 15 Dielenboden japanische Zeder 28/190 mm Furnierschichtholz japanisches Lauan-Holz 12 mm Zement-Ausgleichsschicht 10 mm 16 ‰-Profil 50/150/6,5 mm 17 L-Profil 75/125/7 mm 18 Flachstahl mit Nut 12/50 mm 19 Flachstahl 6/38 mm 20 Flachstahl 6/25 mm 21 Zementmörtel 50/120 mm

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Vertikalschnitte Horizontalschnitte Maßstab 1:10

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Galerie und Gästehaus einer Tempelanlage in Kioto Architekten: Takashi Yamaguchi & Associates, Osaka

Lageplan Maßstab 1:1000

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Der Reigenko-ji liegt im Norden Kiotos. 1638 als Tempel der Kaiserfamilie erbaut, wird er noch heute genutzt. Die historischen Gebäude gliedern das Grundstück in vier Außenräume, die unterschiedlich gestaltet sind: Kirschbaum-, Stein-, Teich- sowie Ahornbaumgarten, der zwischen Eingangshalle, Haupttempel und Zeichenhalle liegt. Darin steht ein Jahrhunderte alter Ahornbaum, der genauso verehrt wird wie die Haupthalle des Tempels. Auch der Neubau, der als Gästehaus genutzt wird, liegt in diesem Garten. Um die alte Anlage möglichst unberührt zu lassen, ist das Gebäude in den Boden versenkt. Nur das Oberlicht, das den strahlend weißen Innenraum mit Tageslicht versorgt, ragt über dem Kiesbett des Gartens hervor. In der Architektur klar und sachlich, nimmt es sich doch zurück, Alt und Neu stehen in gelungenem Kontrast nebeneinander. Der Baukörper schiebt sich von der offenen Seite des Hofes behutsam unter den Ahornbaum, sein Glasdach fügt sich in die klare Architektur des Gartens. Parallel zu dem Gästehaus erfolgt der Zugang über eine Treppe, die eingelassen zwischen mit schwarzem Granit verkleideten Betonwänden nach unten führt. Seitlich an den Wänden entlang laufende Oberlichtschlitze lassen nur spärliches Licht in den Abgang fallen, der zum hölzernen Eingangstor des Gästehauses leitet. Nach dem Öffnen der Schiebetür betritt man die Galerie des Kubus, in dessen Zentrum ein nach oben offener Lichthof eingeschnitten ist; an ihn grenzen die eingestellten Räume. Der Lichthof erscheint durch die mattierten Glaswände als diffus leuchtendes Volumen, während der meditative Charakter des Teeraumes durch die indirekte Belichtung über seitliche Oberlichtschlitze und eine schmale über dem Boden verlaufende Öffnung erzeugt wird. Durch das transparente Glasdach fällt Licht ganz anderer Qualität, es lässt die Konturen des Raumes verschwimmen. Um Kondensation zu vermeiden, wurde die untere Scheibe als Isolierverglasung ausgeführt. Darüber liegt eine weitere Scheibe, die den Himmel reflektiert, das Glasdach wirkt wie ein tiefer blauer See. Die klaren Formen und die Reduktion auf wenige, sorgfältig gearbeitete Details sowie das fein abgestufte Spiel von Offen und Geschlossen entsprechen der Architektur der historischen Anlage.

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Detailschnitt Maßstab 1: 20 1 Klarglas VSG 12 mm 2 Sichtbeton beschichtet 3 schwarzer Granit geflammt 25 mm im Mörtelbett 4 Schiebetür japanische Zypresse 5 Schiebetür Lochblech silbern gestrichen 6 Baumwollnetz auf Putz weiß gestrichen 7 weißer Marmor 25 mm im Mörtelbett

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Dachaufsicht Grundrisse Schnitt Maßstab 1:400 8 9 10 11 12

Tatami-Raum Lichthof Büro Esszimmer Ausstellung

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Detailschnitt Maßstab 1:10 1 VSG 8 mm Klarglas 2 Entwässerungsrohr Edelstahl Ø 25 mm 3 Konstruktion Glasdach Flachprofil 150/25 mm silbern gestrichen 4 Edelstahlblech 1,5 mm weiß gestrichen 5 Baumwollnetz auf Putz weiß gestrichen

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6 Glasdach: Klarglas 12 mm VSG 8 mm + 10 mm Drahtglas 7 Edelstahl ¡ 12 mm 8 Lichthofverglasung VSG 12 mm sandgestrahlt 9 Paneel aus Edelstahl 2 mm Glaswolle 35 mm 10 Deckleiste Edelstahl 3 mm 11 weißer Marmor 25 mm 12 Bodeneinbauleuchte

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Mediothek in Sendai Architekten: Toyo Ito & Associates, Tokio

Eine Welt der Bewegung, der kontinuierlichen Veränderungen und fließenden Übergänge – die Mediothek in Sendai spiegelt Toyo Itos Vorstellungen von einer Architektur für das 21. Jahrhundert wider. Für Ito sind die Gebäude einer Stadt Teil eines Kommunikationsnetzes, dessen stetige Veränderung durch den permanenten Informationsfluss bedingt und nicht vorhersehbar ist. Architektur sollte darum nie endgültig und festgelegt sein, sondern flexibel auf das Umfeld reagieren. Die Mediothek ist als städtische Landschaft konzipiert. Ihre transparente Hauptfassade, der freie Grundriss und die klare Schichtung der Ebenen machen das Gebäude durchlässig; es öffnet sich im Gegensatz zur geschlossenen Bebauung der Umgebung zur Stadt. Die Mediothek soll auf die sich ändernden Bedürfnisse der Stadtbevölkerung reagieren. Als öffentliche Einrichtung der Kommune beherbergt sie neben einer Bibliothek zwei Galerien, ein Informationszentrum für behinderte Menschen, eine Multimedia-Bibliothek mit angeschlossenem Kino sowie Seminarbereiche und ein Café. Fassaden Die zur Hauptstraße orientierte, verglaste Doppelfassade liegt vor den Geschossebenen, die Trennung zwischen Gebäudeinnerem und Stadtraum scheint aufgehoben. Bei Dunkelheit, wenn die einzelnen Etagen im Wechsel mit warmen und kaltem Licht ausgeleuchtet sind, gleicht die Südfassade einer großformatigen Lichtinstallation, die Möbelstücke der Ebenen erinnern an inszenierte Ausstellungsstücke. Geschlossener sind West-, Ost- und Nordseite, die im Gegensatz zur Hauptfassade durch die Geschossdecken gegliedert werden. Je nach Nutzung bilden opake Aluminium-Paneele, einfache oder transluzente Glasscheiben den Raumabschluss. An der Westseite ist hinter vertikalen Metallbändern eine einläufige Fluchttreppe vorgelagert. Eine Gitterstruktur als »fünfte Fassade« ist räumlicher Abschluss über den auf dem Dach liegenden Technikaufbauten. Organisation Beim Betreten der Mediothek steht der Besucher direkt vor der organisch geformten, signalroten Infotheke und blickt in das weitläufige Foyer, das nur durch eingestelltes Mobiliar und die durch alle Geschosse rauschenden Stahlrohrstränge gegliedert ist. Die so genannte Plaza gleicht, wie die anderen Ebenen auch, mit ihrer Organisation einer Platzgestaltung. Nicht nur in ihrer Höhe variieren die einzelnen Geschosse, auch Wandelemente und Mobiliar unterstreichen die wechselnden Atmosphären. Durch die unregelmäßig über den Grundriss verteilten Stahlrohrsträngen entstehen Aufenthaltsbereiche unterschiedlicher Qualität. 148

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Tragstruktur Die Tragtruktur des Gebäudes besteht aus Ebenen und Stützen. Sie ist aus sehr dünnen Stahlteilen gefertigt. 40 cm starke Sandwichelemente bilden die Deckenkonstruktion, die 20 m überspannen kann. Ihre 6 bis 25 mm starken Stahlplatten sind zur Stabilisierung mit Querstegen ausgefacht. Im Bereich der Rohrstränge sind die Paneele mit radial laufenden, in den restlichen Bereichen mit gitterförmig angeordneten Stegen verstärkt. Bei der Montage wurden zunächst die unteren Stahlplatten mit den Stegen fixiert, im Anschluss sind die oberen Platten angeschweißt und an den Ringträgern der Rohrstränge befestigt worden. Bis zu 40 Schiffsbauer haben die aufwändigen Schweißarbeiten auf der Baustelle ausgeführt. Dickwandige, nahtlose Rohre aus feuerfestem Stahl bilden die 13 Stahlrohrstränge mit Durchmessern von 2 bis 9 m. Die vier größten Stränge wirken seismisch als eingespannte Träger, sie gewähren das größte Maß an Steifigkeit und sind im Grundriss so angeordnet, dass sie die Geschossdecken vor Verdrehungen durch Torsionskräfte schützen. Die übrigen neun Rohrstränge tragen die vertikalen Lasten ab und sind dementsprechend positioniert. Lediglich die vier größten Rohrstränge sind als komplexe dreidimensionale Gitterstrukturen ausgeführt. Um die Knickgefahr zu reduzieren sind sie zum Teil über die gesamte Höhe im Grundriss verdreht. In der vertikalen Tragstruktur ist neben der Erschließung auch die Versorgung untergebracht. Lichtlenkungselemente auf dem Dach und in den einzelnen Strängen führen Tageslicht bis in die unterste Ebene. 150

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Grundrisse Maßstab 1:1000 Querschnitt Maßstab 1:500 1 EG Plaza (Gestaltung Karim Rashid) 2 1.OG Information (Gestaltung Kazuyo Sejima) 3 2.OG Bibliothek (Gestaltung K.T. Architecture) 4 4.OG Galerie (Gestaltung Karim Rashid, ebenso Galerie im 3. OG) 5 5.OG Multimedia, Studios (Gestaltung Ross Lovegrove)

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Schnitt Stahlrohrstrang 2. OG Maßstab 1:20 Detail Glashalterung Maßstab 1:5 1 2 3 4 5 6 7 8 9

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Stahlrohr Ø 139,8 mm Stahlrohr Ø 114,3 mm Stahlstab Ø 12 mm Pressleiste Aluminium Verglasung ESG 8 mm Stahlprofil Å geschweißt 160/200 mm Stahlplatte 25 mm Leichtbeton 10 mm, mit Kunstharzanstrich Stahlhohlraumdecke 400 mm: Stahlplatte 25 mm Quersteg Stahl 25 mm Stahlplatte 25 mm Brandschutzverkleidung abgehängte Decke, Stahlblech verzinkt Kabelführung Edelstahl Ø 34 mm Doppelboden Stahlplatte

Alle frei liegenden Stahlteile sind mit Brandschutzanstrich versehen.

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Westfassade Vertikalschnitt Horizontalschnitt Maßstab 1:20

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1 Wandaufbau: Aluminiumpaneel 60 mm PU-Hartschaum 25 mm Luftraum Profilglas 262/60 mm 2 Stahlprofil 125/125/6,5 mm 3 Fassadenprofil Aluminium 4 Stahlrost verzinkt 60 mm 5 Stahlschwert 6 Revisionsöffnung Stahlplatte 4,5 mm 7 Stahlprofil ∑ 160/160/15 mm 8 Fußbodenbelag Pinie, gewachst 12 mm, auf Sperrholzplatte 9 mm 9 Doppelboden 10 Leichtbeton 70 mm 11 Stahlhohlraumdecke 400 mm: Stahlplatte 25 mm Quersteg Flachstahl 25 mm Stahlplatte 25 mm 12 Brandschutzverkleidung Alle frei liegenden Stahlteile sind mit Brandschutzanstrich versehen.

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3 Ostfassade Vertikalschnitt Horizontalschnitt Maßstab 1:20

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Fassadenelement Profilglas Stahlstab Ø 8 mm Fassadenprofil Aluminium Revisionsöffnung Stahlplatte 4,5 mm Stahlschwert Lüftungsgitter Stahl verzinkt Fußbodenbelag Pinie, gewachst 12 mm, auf Sperrholzplatte 9 mm Doppelboden Stahlhohlraumdecke 400 mm: Stahlplatte 25 mm Quersteg Flachstahl 25 mm Stahlplatte 25 mm Leichtbeton 70 mm Brandschutzverkleidung Stahlprofil ∑ 160/160/15 mm Heiz-, Lüftungskanal

Alle frei liegenden Stahlteile sind mit Brandschutzanstrich versehen.

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Südfassade Vertikalschnitt Maßstab 1:20

2 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

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Verglasung VSG aus ESG 19 mm Punkthalter Edelstahl Ø 125 mm Edelstahlstab Ø 35 mm Zugstab Edelstahl Ø 14 mm Glasschwert VSG aus ESG 19 mm innere Verglasung, mattiertes Glas ESG 10 mm Glashalter Edelstahl Stahlschwert Stahlplatte 1,6 mm, fixiert mit 2x Stahlprofil ∑ 50/50/3,2 mm Lüftungsgitter Stahl verzinkt Stahlprofil ∑ 110/110/10 mm Sonnenschutz beweglich Dachaufbau: Dachdichtungsbahn Wärmedämmung 50 mm Leichtbeton 130 mm Stahlhohlraumdecke 400 mm: Stahlplatte 25 mm Quersteg Stahl 25 mm Stahlplatte 25 mm Brandschutzverkleidung Lüftungsflügel Abdeckblech Aluminium Silikonverfugung Heiz-, Lüftungskanal

1

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Alle frei liegenden Stahlteile sind mit Brandschutzanstrich versehen.

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Universität in Saitama Architekten: Riken Yamamoto & Field Shop, Yokahama

Lageplan Maßstab 1:10 000

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Am Rande von Tokio, umgeben von Wohngebieten und Reisfeldern, liegt der Gebäudekomplex der Universität. Um dem großen Raumprogramm zu entsprechen und gleichzeitig auf die kleinteilige Bebauung des angrenzenden Wohngebietes zu reagieren, hat Riken Yamamoto die Seminarräume unter eine begrünte Dachlandschaft gelegt. Die durch Lichthöfe gegliederte Plattform wird von zwei parallelen Gebäuderiegeln gefasst. Wie ein Netzwerk sind die Disziplinen Krankenpflege, Rehabilitation und Sozialarbeit räumlich und funktional miteinander verwoben. In einer Gesellschaft, in der der Anteil alter Menschen immer größer wird, soll bei den Studenten auf diese Weise das Bewusstsein für soziale Fragen gefördert werden. Die Tiefhöfe sind mit Bäumen bepflanzt und wecken Assoziationen an chinesische Erdhäuser. Würfelförmige Glaskörper für Haustechnik und Erschließung ragen über das Platzniveau hinaus und nehmen die Maßstäblichkeit der umgebenden Häuser auf. Wie die Deiche, die über die nahe liegenden Reisfelder führen, sind Holzstege zwischen den Rasenflächen in einem orthogonalen Wegenetz angelegt. Sie verbinden die zweihundert Meter langen Gebäude für die Ober- und Unterstufe. Diese Riegel mit Labors und weiteren Seminarräumen werden über viergeschossige Galerien erschlossen, die sich über filigrane Glasfassaden zur Plattform hin öffnen. Die aufgelösten Fassaden sind als hinterspannte Glaskonstruktion mit horizontalen Trägern aus Flachstahl und vertikalen Zugstäben ausgebildet. Im Zusammenspiel mit den waagrechten Aluminiumlamellen des Sonnenschutzes entsteht ein ruhiges Erscheinungsbild. Verglaste Trennwände zu den Seminarräumen lassen Tageslicht in das ganze Gebäude. Über Öffnungen an den Längsseiten der Traufe strömt Zuluft in den Dachraum. Bei geöffneten Auslässen auf der Gegenseite entsteht eine Querlüftung, die durch natürlichen Sog für die gesamte Halle wirksam wird. Im Winter wird die durch Sonneneinstrahlung gewonnene Energie passiv genutzt. Die warme Luft des Dachraumes strömt dann über verglaste Kanäle nach unten ins Gebäude.

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Grundriss Platzniveau Grundriss Sockelgeschoss Maßstab 1:3000 1 Oberstufe 2 Unterstufe 3 interdisziplinäre Einrichtungen 4 Bibliothek 5 Verwaltung 6 Hörsaal 7 Sporthalle

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Schnitte Maßstab 1:1500

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Detailschnitt Südfassade Riegel Oberstufe Maßstab 1:20 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

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Sonnenschutz Aluminium Glaslamellen Lüftungsöffnungen Dachraum Oberlichtverglasung VSG Lichtkuppel Hörsaal Geländer Wartungsgang aus Stahlprofilen Vierendeelträgerrost aus Profilstahl 200/200/8/12 mm Verglasung ESG 15 mm Abspannungen Fassade Rundstahl Horizontalträger Fassade Flachstahl mit Punkthaltern Stütze Stahlrohr Ø 250 mm abgehängte Decke als Unterseite des Dachraums zur Luftführung beschichtete Holzzementfaserplatte, gekantetes Stahlblech Glaswolle poröse Calzium-Silikatplatte Leuchte

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Stadion bei Sendai Architekten: Atelier Hitoshi Abe, Sendai mit Syouichi Haryu Architect and Associates, Sendai

Ungefähr 10 km nördlich von Sendai liegt das zur Fußballweltmeisterschaft 2002 erbaute Leichtathletik- und Fußballstadion der Präfektur Miyagi mit etwa 50 000 Sitzplätzen, zwei Drittel davon sind überdacht. Rampen und Dächer nehmen mit geschwungenen Formen die hügelige Landschaft der Umgebung auf. Wie die Schale einer Muschel schiebt sich die Überdachung der Osttribüne aus dem Erdreich. Gegenüber, über der Haupttribüne, thront ein weiterer, mit Aluminium beschichtetem Profilblech verkleideter Fachwerkbogen. Er ruht auf dem Stahlbetonskelett der aufgelösten Westfassade, an die sich eine breite Rampe anlehnt – großzügiger Zugang zu den oberen Rängen und Überdachung für eine innen liegende Laufbahn zugleich. Gerade hier zeigt sich Hitoshi Abe‘s Idee eines »offenen Stadions«: Entgegen dem Trend, die Arena ohne Bezug zur Umgebung ganz aufs Spielfeld auszurichten, laden offen gestaltete Rampen und Treppen, Terrassen und Wasserbecken auch außerhalb der Wettkämpfe ein. Spaziergänger können bis unter die Ränge flanieren, Kinder und Jugendliche sich mit allen erdenklichen Sportgeräten im öffentlichen Park austoben. Für örtliche Vereine gibt es Trainingsmöglichkeiten in den Ebenen unter der Haupttribüne. Komplettiert wird die Anlage mit weiteren Trainingsfeldern, einer Sport- und einer Schwimmhalle.

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1

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5 Grundrisse Maßstab 1:5000 1 Zugangsrampe

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Ticketverkauf Trainingsbereiche Zugangstor Umgang

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Schnitt Maßstab 1:150 1 Deckung Stahl-Profilblech aluminiumbeschichtet 2 Aluminium farbig, beschichtet 3 mm 3 Flutlicht 4 Stahlrohr 5 Stahlbetonstütze 6 Entwässerung Alle tragenden Stahlteile mit Brandschutzbeschichtung

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Hiroshi Naito Geb. 1950 in Yokohama; 1976 Master an der Waseda University, Tokio; von 1976 bis 1978 bei Fernand Higueras, Madrid; 1979 bis 1981 bei Kiyonori Kikutake, Tokio; seit 1981 Naito Architect & Associates, Tokio. Botanisches Museum bei Kochi Bauherr: Präfektur Kochi Mitarbeit: N. Kawamura, T. Kambayashi, D. Takakusa, T. Yoshikawa Tragwerksplanung: Structural Design Group Co., Ltd.; Kunio Watanabe, Tokio Baujahr: 1999 Wohn- und Atelierhaus in Tokio Bauherr: privat Mitarbeit: Hiromi Furuno, Paddy Tomesen Tragwerksplanung: Structure Technical Design Architect Office, Syuichi Matsumoto, Tochigi Baujahr: 1997

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Shigeru Ban Geb. 1957 in Tokio; von 1978 bis 1980 Studium am Southern California Institute of Architecture, von 1980 bis 1982 an der Cooper Union School of Architecture; von 1982 bis 1983 bei Arata Isozaki Associates; Diplom 1985 an der Cooper Union School of Architecture; seit 1985 Shigeru Ban Architects, Tokio. Kindertagesstätte in Odate Bauherr: privat Mitarbeit: Nobutaka Hiraga, Soichiro Hiyoshi Tragwerksplanung: Hoshino Architect & Structural Engineer, Tokio Baujahr: 2002 Wohnhaus bei Yamanakako Bauherr: privat Mitarbeit: Yoko Nakagawa Tragwerksplanung: Gengo Matsul, Minoru Tezuka, Shuichi Hoshino, Tokio Generalunternehmer: Marukaku Kenchiku, Yamanashi-ken Baujahr: 1995

Toshiaki Kawai Geb. 1967 in Kobe; von 1986 bis 1991 Architekturstudium an der Kyoto University; von 1994 bis 1995 Aufbaustudium an der Architectural Association, London; 1995 Gründung des Architekturbüros Kenchiku-Shownen Partners & Associates, Kioto; 1999 Gründung des eigenen Architekturbüros Kawai Architects, Kioto. Wohnhaus in Kobe Bauherr: Hironori Sakai Mitarbeit: Teruko Shinmei Tragwerksplanung: Tac-D Structural Consultant Masamazu Taguchi, Hirosada Kotani, Osaka Baujahr: 2001

Toyo Ito Geb. 1941 in der Präfektur Nagano; Diplom 1965 an der Tokyo University; 1971 Gründung von Urban Robot; seit 1979 Toyo Ito & Associates, Architects, Tokio; Ehrenprofessur an der University of North London; zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Wohnhaus in Sakurajosui Bauherr: privat Mitarbeit: Tatsuo Kuwabara, Akihisa Hirata Tragwerksplanung: Oak Structural Design Office Inc., Tokio Baujahr: 2000 Mediothek in Sendai Bauherr: Stadt Sendai Mitarbeit: Takeo Higashi, Tatsuo Kuwabara, Makoto Yokomizo, Toyohiko Kobayashi; Hironori Matsubara, Leo Yokota Tragwerksplanung: Sasaki Structural Consultants, Tokio Baujahr: 2001

Kazuyo Sejima Geb. 1956 in der Präfektur Ibaraki, Diplom 1981 an der Japan‘s Women University; 1987 Gründung des Architekturbüros Kazuyo Sejima & Associates, Tokio; 1995 Gründung von SANAA mit Ryue Nishizawa. Möbelhaus in Tokio Bauherr: privat Mitarbeit: Kouichiro Tokimori, Yoshinori Nishimura Tragwerksplanung: Sasaki Structure Consultant, Tokio Baujahr: 2000 Wohnhaus in Tokio Bauherr: privat Mitarbeit: Yoshitaka Tanase, Shoko Fukuya Tragwerksplanung: Sasaki Structure Consultant, Tokio Baujahr: 2000

Kiyoshi Sey Takeyama Geb. 1954 in Osaka; Diplom 1977 an der Kyoto University, 1977 bis 1979 an der University of Tokyo; 1979 Gründung des Architekturbüros Amorphe Takeyama & Associates, Kioto. Wohnhaus in Nagoya Bauherr: Masayuki Hiraiwa Mitarbeit: Hisakazu Sutou Tragwerksplanung: K3 Structure Design Firm, Tokio, Hirofumi Kaneko, Tokio Haustechnik, Elektroplaner: Soh Mechanical Engineers, Tokio Generalunternehmer: Kawabe Construction Co., Ltd., Nagoya Baujahr: 2000

FOBA Katsu Umebayashi Geb. 1963 in Kioto; Diplom 1987 an der Osaka University of Arts; von 1987 bis 1993 bei Shin Takamatsu Architect & Associates; seit 1995 eigenes Architekturbüro FOBA, Kioto; seit 1998 FOB Homes in Zusammenarbeit mit Shingo Fujiwaki und Mitsue Masunaga. www.fob-web.co.jp Wohnhaus in Mineyama Bauherr: Shuji & Yoko Koishihara Mitarbeit: Ryosuke Inoue Tragwerksplanung: Daiki Maehara, S.D. Room, Osaka Generalunternehmer: Shimizu Corporation, Kioto Baujahr: 2000

Tezuka Architects Takaharu Tezuka Geb. 1964; Diplom 1987 am Musashi Institute of Technology; 1990 Master an der University of Pennsylvania; von 1990 bis 1994 bei Richard Rogers Partnership, London; 1994 Gründung des Architekturbüros Tezuka Architects mit Yui Tezuka, Tokio. Yui Tezuka Geb. 1969; Diplom 1992 am Musashi Institute of Technology; 1992 bis 1993 Bartlett School, London; 1992 bis 1993 bei Ron Herron Unit; 1994 Gründung des Architekturbüros Tezuka Architects mit Takaharu Tezuka, Tokio. http://www.tezuka-arch.com Wohnhaus in Hadano Bauherr: Hiroyuki Takahashi Projektleiter: Takeo Isoda, Kamakura Tragwerksplanung: Masahiro Ikeda, Tokio Lichtplanung: Masahide Kakudare, Waseda Generalunternehmer: Takeo Isoda, Kamakura Baujahr: 2001

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Atelier Bow-Wow Yoshiharu Tsukamoto Geb. 1965 in Kanagawa; Diplom 1987 am Tokyo Institute of Technology, von 1987 bis 1988 Gaststudent der Ecole d‘Architecture, Paris; seit 1992 Atelier Bow-Wow mit Momoyo Kaijima, Tokio. Momoyo Kaijima Geb. 1969 in Tokio, 1991 Diplom an Japan Women‘s University; seit 1992 Atelier Bow-Wow mit Yoshiharu Tsukamoto, Tokio; 1994 Master am Tokyo Institute of Technology. Wochenendhaus in Karuizawa Bauherr: Atsushi Kobayashi Mitarbeit: Shun Takagi Tragwerksplanung: Kanebako Structural Engineers, Tokio Generalunternehmer: Ide Construction Co Ltd., Nagano Baujahr: 2000

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Go Yoshimoto Geb. 1961 in Tokushima; 1984 Diplom am Nippon Institute of Technology; 1985 Studium am Institute for Architecture and Environment; seit 1989 eigenes Architekturbüro Go Yoshimoto Architecture & Associates, Hyogo. Wohnhaus in Kobe Bauherr: Takeo Ondo Mitarbeit: Kuniaki Uehara Tragwerksplanung: Go Yoshimoto, Hyogo (Holzkonstruktion); Hidekazu Hayakawa, Kioto (Betonkonstruktion) Baujahr: 1993

Jun Tamaki Geb. 1965 in Kioto; Diplom 1987 an der Kinki University, dortiges Aufbaustudium mit Masterabschluss 1989; von 1989 bis 1995 Mitarbeit bei Royji Suzuki und Kazuyuki Negishi; 1996 Gründung des Architekturbüros Tamaki Architectural Atelier, Kioto. www.wao.or.jp/user/tamaa Wohnhaus in Ukyo-ku, Kioto Bauherr: privat Tragwerksplanung: Junzo Harada und Steradian Architectural Engineering Associates, Hyogo Generalunternehmer: Kawana Kogyo, Kioto Baujahr: 1997

Akira Watanabe Geb. 1938 in Nagano; 1960 Diplom an der Nihon University, Tokio; von 1960 bis 1980 bei Takenaka Corporation, Tokio; 1980 Gaststudent an der Harvard University, Boston; seit 1980 eigenes Architekturbüro Akira Watanabe Architect & Associates, Tokio. www2.tky.3web.ne.jp/ ~awaas/ Wohnhaus in Tokio Bauherr: privat Mitarbeit: Kazumi Niibori, Naoto Kadono, Rie Mori Tragwerksplanung: Sekita Structural Design Consultant, Nagano Baujahr: 2000

Waro Kishi Geb. 1950 in Japan; 1973 Diplom in Elektrotechnik an der Kyoto University; 1975 Architekturdiplom; von 1975 bis 1978 Aufbaustudium; von 1978 bis 1981 bei Masayuki Kurokawa Architect & Associates, Tokio; 1981 Gründung des eigenen Architekturbüros Waro Kishi Architect & Associates, Kioto; 1993 Waro Kishi + K. Associates/ Architects, Kioto. http://k-associates.com Wohnhaus in Suzaku Bauherr: privat Mitarbeiter: Asako Takeuchi, Yushi Kajima Tragwerksplanung: Urban Design Institute, Osaka Generalunternehmer: Kunisada Construction, Nakamura Sotoji Construction Co., Kioto Baujahr: 1998

Toshihito Yokouchi Geb. 1954 in Yamanashi; 1978 Bachelor an der Tokyo University of Art; 1980 Master an der School of Architecture and City Planning, Massachusetts Institute of Technology; von 1982 bis 1990 bei Kunio Maekawa Architect and Associates, Tokio; 1991 Gründung des eigenen Architekturbüros Toshihito Yokouchi Architect and Associates inc., Kioto. www.yokouchi-t.com Wohnhaus in Hokusetsu Bauherr: Tokuya Fujihara Mitarbeit: Shigeko Iwasa, Yoko Takeyama Tragwerksplanung: Yoshiharu Kanebako, Tokio Baujahr: 2001

Tadao Ando Geb. 1941 in Osaka; von 1962 bis 1969 autodidaktische Architekturausbildung; 1969 Gründung des Architekturbüros Tadao Ando Architect & Associates, Osaka; zahlreiche Ehrenprofessuren, Preise und Auszeichnungen, darunter 1995 der PritzkerPreis für Architektur. Kunsthaus auf Naoshima Bauherr: Benesse Corporation Ltd. Mitarbeit: Kazuya Okano, Saiko Kosugi Generalunternehmer: Kajima Corporation, Hiroshima Baujahr: 1999 Sonntagsschule in Ibaraki Bauherr: Gemeinde der Ibaraki-Kasugaoka-Kirche Mitarbeit: Takaaki Mizutani, Kanya Sogo Tragwerksplanung: Ascoral Engineering Associates, Osaka Generalunternehmer: Zenitakaguma, Osaka Baujahr: 1997

Kengo Kuma Geb. 1954 in der Präfektur Kanagawa; 1979 Diplom an der School of Engineering, University of Tokyo; von 1985 bis 1986 an der Columbia University; 1987 Gründung Spatial Design Studio; 1990 Gründung des eigenen Architekturbüros Kengo Kuma & Associates, Tokio; zahlreiche Preise, Auszeichnungen und Veröffentlichungen. www02.so-net.ne.jp/~kuma/ Steinmuseum in Nasu Bauherr: Shirai Building Stone Mitarbeit: Keita Goto Tragwerksplanung: K Nakata & Associates, Tokio Haustechnik: M.I. Consultant, Tochigi Präfektur Generalunternehmer: Ishihara Construction & ECRIS, Tochigi Präfektur Baujahr: 2000

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Takashi Yamaguchi Geb. 1953 in Kioto; 1983 Diplom an der Kyoto University; 1983 bis 1996 Mitarbeit bei Tadao Ando Architect & Associates; 1988 Gründungsmitglied der internationalen Architektenvereinigung ARX; seit 1996 eigenes Architekturbüro Takashi Yamaguchi & Associates, Osaka. http://www.yamaguchi-a.jp Galerie und Gästehaus einer Tempelanlage in Kioto Bauherr: Reigenkou-ji Tempel, Kioto Mitarbeit: Masahiro Kato Tragwerksplanung: S.D. Room, Taiki Maehara, Osaka Generalunternehmer: Konoike Construction, Osaka Baujahr: 1998

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Riken Yamamoto Geb. 1945 in Peking, China; 1968 Bachelor an der Nihon University; 1971 Master an der Tokyo National University of Fine Arts and Music; seit 1973 eigenes Architekturbüro Riken Yamamoto & Field Shop, Yokohama; zahlreiche Preise und Auszeichnungen. http://www.ya-fa.ch

Hitoshi Abe Geb. 1962 in Sendai; 1989 Master am Southern California Institute of Architecture; von 1988 bis 1992 bei Coop Himmelb(l)au, Los Angeles; 1992 Doktortitel in Architektur an der Tohoku University; seit 1992 eigenes Architekturbüro Atelier Hitoshi Abe, Sendai.

Universität in Saitama Bauherr: Präfektur Saitama Mitarbeit: K. Nishikura, T. Tanabe, C. Hori, S. Nishida, K. Hachiya, N. Kawamura, A. Utsumi, K. Matsubara, K. Toki, Y. Fukushi, K. Oda, M. Nagaoka, T. Yokoyama, M. Yasuhara Tragwerksplanung: Takumi Orimoto Structural Engineer & Associates, Tokio; Plus One Structural Des. & Eng. Firm Inc., Tokio Haustechnik: Sogo Consultants, Tokio Baujahr: 1999

Leichtathletik- und Fußballstadion in Miyagi Bauherr: Präfektur Miyagi Architekt: Atelier Hitoshi Abe, Sendai; Syouichi Haryu Architect and Associates, Sendai Tragwerksplanung: SDG, Kozo Keikaku Engineering, Tokio Baujahr: 2000

Autoren Christian Schittich (Herausgeber) Jahrgang 1956 Architekturstudium an der TU München anschließend 7 Jahre Büropraxis, publizistische Tätigkeit; seit 1991 Redaktion DETAIL, seit 1992 verantwortlicher Redakteur, seit 1998 Chefredakteur; Autor und Herausgeber zahlreicher Fachbücher und Fachartikel; mehrere ausgedehnte Japanaufenthalte seit 1987 brachten ihn mit fast allen führenden Architekten des Landes zusammen. Günter Nitschke Jahrgang 1934 Architekturstudium in Deutschland, Städtebaustudium in London sowie des modernen und klassischen Japanisch in Tokio; seit 1969 Dozent für ostasiatische Architektur und Städtebau zunächst in Princeton, dann am MIT, seit 1987 an der Kioto Seika Universität, Direktor des Institute for East Asian Architecture and Urbanism, Gastdozenturen in den USA; Autor zahlreicher kritischer Essays in internationalen Publikationen, zu seinen jüngeren Büchern zählen »Japanische Gärten« und »From Shinto to Ando«. Andrea Wiegelmann Jahrgang 1969 Ausbildung als Bauzeichnerin, Berufstätigkeit, Architekturstudium an der TU Darmstadt; seit 1996 publizistische Tätigkeit, u.a. für die db – deutsche Bauzeitung, seit 2000 Redaktion DETAIL, seit 2002 Redakteurin; intensive Beschäftigung mit japanischer Architektur – vor Ort sowie im Rahmen ihrer redaktionellen Tätigkeit.

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Abbildungsnachweis Allen, die durch Überlassung ihrer Bildvorlagen, durch Erteilung von Reproduktionserlaubnis und durch Auskünfte am Zustandekommen des Buches mitgeholfen haben, sagen die Autoren und der Verlag aufrichtigen Dank. Sämtliche Zeichnungen in diesem Werk sind eigens angefertigt. Nicht nachgewiesene Fotos stammen aus dem Archiv der Architekten oder aus dem Archiv der Zeitschrift Detail. Trotz intensivem Bemühen konnten wir einige Urheber der Fotos und Abbildungen nicht ermitteln, die Urheberrechte sind aber gewahrt. Wir bitten um dementsprechende Nachricht.

Von Fotografen, Bildarchiven und Agenturen: • Asakawa, Satoshi/ZOOM, Tokio: 3.13 • Atsumi, Shunichi, Sendai: S. 166, 168 • Bognar, Botond, Illinois: 2.10, 3.9 • Carrascosa, Francisco, Zürich: 3.12 • Gilbert, Dennis, View, London: S. 169 • Helico Co. Ltd., Tokio: S. 130, 132 links • Hirai, Hiroyuki, Tokio: 1.6, 3.21, 3.27, 3.44, S. 63, 66–67, 69, 108–109, 119, 121

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• Ishimoto, Yasuhiro, Tokio: 2.17, 3.4 • Kida, Katsuhisa, Tokio: S. 93 • Kinumaki, Yutaka, Tokio: S. 98-99, 101, 103 • Nacása&Partners, Tokio: S. 157 • National Museum, Tokio: 2.14 • Nitschke, Günter: 2.21, 2,22, 2.24 • Nordström, Minna, Paris: 2.26 • Ohashi, Tomio, Tokio: 71–73, 162-163 • Sakaguchi, Hiro/A to Z,: S. 149, 156, 159 • Schittich, Christian, München: 1.3, 1.4, 1.5, 2.9, 3.1, 3.5, 3.11, 3.20, 3.22, 3.26, S. 68, 76, 78, 102, 112, 139, 142, 145-146, 158 • Shinkenshiku-sha, Tokio: 1.1, 3.3, 3.7, 3.10, 3.17, 3.18, 3.23, 3.25, 3.30–3.31, 3.33, 3.35, 3.37-3.40, 3.42, 3.45, S. 59, 62, 64-65, 75, 77, 79, 81, 86-89, 91, 94–97, 110-111, 113-118, 120, 122-124, 127–129, 131, 132 rechts, 133–135, 137–138, 140–141, 143–144, 147–148, 150–153, 155, 160-161, 165, 167 • Shiratori, Yoshio/ZOOM, Tokio: S. 83–85 • Uehara, Keiko, Kioto: 2.1 • Uesugi Museum, Yonezawa: 2.19 • Waki, Tohru/Shokokusha: 1.2, 3.8

Aus Büchern und Zeitschriften: • André, Jean Louis, Architekten und ihre Häuser, Knesebeck Verlag, München, 2000, S. 63: 3.29 • Berndt, Jaqueline, u. a., (Hg.), Bauen mit Eigensinn, Petruschat Verlag, Berlin, 1996, Nr. 23: 3.14 • Kazuo Shinohara – Philosopher of Architecture, Ernst & Sohn (Hg.) Berlin, 1994, S. 107: 3.28 • Luftaufnahme von 1973 von einer japanischen Zeitungsgesellschaft: 2.3